Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 20. Feb. 2018 - 8 Sa 390/17

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2018:0220.8Sa390.17.00
bei uns veröffentlicht am20.02.2018

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 12.07.2017, Az.: 1 Ca 1466/16 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

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Die Parteien streiten im Berufungsverfahren allein noch über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung sowie über einen arbeitgeberseitigen Auflösungsantrag.

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Der 1987 geborene, ledige Kläger war zunächst ab dem 01.01.2014 bis zum 31.12.2015 für die E GmbH tätig und wechselte dann aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrages vom 22.12.2015 (Bl. 82 ff. d.A.) zum 01.01.2016 innerhalb der gleichen Unternehmensgruppe unter Anrechnung der Vorbeschäftigungszeiten zur Beklagten als "Werksleiter Aquaristik" gegen eine monatliche Vergütung von zuletzt 4.800,00 EUR brutto. Die Beklagte fertigt Aquarien und Aquaristikzubehör und beschäftigt im Werk in C-Stadt ungefähr 80 Arbeitnehmer. Es besteht ein Betriebsrat.

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Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger ohne vorherige Anhörung des Betriebsrats erstmals mit Schreiben vom 21.04.2016 unter Berufung auf betriebsbedingte Gründe ordentlich zum 31.10.2016. Der Kläger wurde mit Erhalt des Kündigungsschreibens von seiner Arbeitspflicht freigestellt. Zur Begründung dieser ersten Kündigung hatte die Beklagte im Wesentlichen angeführt, dass die Gesellschafter der Beklagten am 18.02.2016 wegen der sich abzeichnenden schlechten Umsatz- und Ertragssituation die unternehmerische Entscheidung getroffen hätten, die Führungsorganisation in den Gesellschaften der E.-Gruppe wiederum neu aufzusetzen. Es sei entschieden worden, eine hierarchische Leitungsebene, die überwiegend erst 2013 bis 2015 aufgebaut worden sei, wieder zu streichen. Für den Betrieb in C-Stadt sei insbesondere entschieden worden, die Position des faktischen Standortleiters wieder zu streichen und die Aufgaben der Standortleitung wieder dem Geschäftsführer zuzuweisen, der diese Aufgaben bis 31.12.2014 bereits ausgeübt habe und nach Ausspruch der Kündigung gegenüber dem Kläger seit 22.04.2016 auch wieder ausübe. Bei den verbleibenden Tätigkeiten der Werksleitung für die Bereiche Aquaristik und Objektbau sei entschieden worden, diese zusammen zu fassen. Es sollte nur noch einen Arbeitsplatz Werksleitung geben. Die vom Kläger erbrachten Tätigkeiten der Werksleitung Aquaristik seien an den sozial schutzwürdigeren weiteren Werksleiter Herrn W. übertragen worden. Der Bereich Produktmanagement, der von Herrn W. zuvor verantwortet gewesen sei, sei zeitgleich auf Herrn S.-S. übertragen worden, der zuvor die Qualitätssicherung verantwortet habe.

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Die diesbezügliche Kündigungsschutzklage des Klägers hatte Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 20.02.2017- Az. 3 Sa 476/16 entschieden, dass die Kündigung vom 21.04.2016 sowohl wegen fehlender Anhörung des Betriebsrats gem. § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG als auch wegen der fehlenden sozialen Rechtfertigung gem. § 1 KSchG rechtsunwirksam sei. Die fehlende soziale Rechtfertigung folge dabei daraus, dass nach dem Vorbringen der Beklagten in erster und zweiter Instanz weder davon ausgegangen werden könne, dass eine willkürfreie Unternehmerentscheidung vorliege, noch, dass diese zum Wegfall des (vollständigen) Beschäftigungsbedarfs des Klägers geführt habe.

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Mit Schreiben vom 28.11.2016 (Bl. 5 d.A.) kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis erneut ordentlich zum 31.05.2017.

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Gegen diese Kündigung wehrt sich der Kläger mit seiner vorliegenden am 13.12.2016 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 23.12.2016 zugestellten Klage.

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Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils vom 12.07.2017 (Bl. 151-157 d.A.) Bezug genommen.

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Das Arbeitsgericht hat - soweit für das vorliegende Berufungsverfahren von Relevanz - mit Urteil vom 12.07.2017 festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 28.11.2016 mangels sozialer Rechtfertigung im Sinne des § 1 KSchG nicht aufgelöst worden ist. Zudem hat es den von der Beklagten gestellten Auflösungsantrag zurückgewiesen, da der Kläger kein leitender Angestellter i.S.d. § 14 Abs. 2 KSchG sei.

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Die Beklagte hat gegen das am 04.08.2017 zugestellte Urteil mit am 24.08.2017 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 06.11.2017 verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit am 03.11.2017 eingegangenem Schriftsatz begründet.

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Die Beklagte macht zusammengefasst im Wesentlichen geltend,

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das Arbeitsgericht habe zu Unrecht eine willkürliche, rechtsmissbräuchliche Unternehmensentscheidung angenommen. Der streitgegenständlichen Kündigung lägen die Unternehmensentscheidungen vom 18.02.2016 und vom 25.10.2016 zu Grunde. Am 25.10.2016 sei in einer Sondersitzung des Beirats unter Berücksichtigung des fortschreitenden Organisationsumbaus in der E.-Gruppe und der erstinstanzlichen Klagestattgabe bezüglich der ersten Kündigung vom 21.04.2016 sodann die unternehmerische Entscheidung getroffen worden, dass die Produktionsbereiche Aquaristik und Objektbau in einem Arbeitsplatz vereint blieben und gleichzeitig die gesamte operative Tätigkeit neu verteilt werde. Der neue Geschäftsführer, Herr K., sollte die übergeordneten Standortleitungsaufgaben des Klägers übernehmen. Vor Ort sollte es bei der einen Werksleitung in Händen des sozial schutzwürdigeren Herrn W. verbleiben, der jedoch den Bereich Produktmanagement auf Herrn S.-S. zum 26.10.2016 übertragen habe. Dabei habe die Beklagte zuvor die Aufgaben der disziplinarischen und fachlichen Leitung des Betriebes C-Stadt nochmals untersucht und festgestellt, dass diese ab dem 25.10.2016 maximal 30 % einer Vollzeitbeschäftigung ausmachen werden. Das Arbeitsgericht habe zudem verkannt, dass die Entscheidung zum Wegfall eines eigenständigen Arbeitsplatzes Werksleitung Aquaristik und Standortleitung verbunden mit einer geänderten Struktur ab dem 21.04.2016 beschlossen gewesen sei und hierdurch bereits festgestanden habe, dass der Bedarf einer Weiterbeschäftigung des Klägers unmittelbar entfallen sei. Auch sei nicht beachtet worden, dass die Beklagte ihren Organisationsentschluss tatsächlich umgesetzt habe. Das Landesarbeitsgericht sei in seinem Urteil vom 20.02.2017- im Vorprozess (Az. 3 Sa 476/16) bezüglich der ersten Kündigung vom 21.04.2016 bereits fehlerhaft und rechtsirrig der Auffassung gewesen, dass die Beklagte sich auf diese Kündigung nicht berufen könne, da diese auf keiner nicht willkürlichen und auch nicht rechtsmissbräuchlichen Unternehmensentscheidung beruhe. Ebenso rechtsirrig sei das Landesarbeitsgericht im Vorprozess davon ausgegangen, dass aufgrund ihrer Unternehmensentscheidung der Bedarf an der klägerischen Arbeitsleistung nicht vollständig entfallen sei.

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Bezüglich ihres erneut im Kammertermin gestellten weiteren Auflösungsantrags sei zu berücksichtigen, dass der Kläger leitender Angestellter im Sinne des § 14 KSchG sei. Im übrigen sei aber auch eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit nicht zu erwarten, da sich im Rahmen des Kündigungsschutzprozesses insbesondere durch den Vortrag des Klägers zusätzlich weitere Spannungen aufgebaut hätten, die eine weitere den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit insbesondere mit dem Werksleiter W. nicht mehr vorstellbar machten. So habe der Kläger bewusst falsch in seiner Berufungserwiderung vom 18.12.2017 nebeneinander zum einen auf Seite 12 die Behauptungen aufgestellt, er sei in Vollzeit als Werksleiter tätig gewesen, nachdem der bisherige Werksleiter Sch. zum 31.12.2015 ausgeschieden sei. Zum anderen behaupte er auf Seite 7, ihm habe allein die Verantwortung für den Bereich Aquaristik oblegen und er habe seine Aufgabe in der Stabsstelle behalten, sowie Herr W. sei das Produktmanagement entzogen und neben der Abteilungsleitung Innendienst Objektbau, der Abteilungsleitung Innendienst Aquaristik und dem Vertrieb die Werksleitung Objektbau übertragen worden.

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Die Beklagte beantragt,

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das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 12.07.2017, Az.: 1 Ca 1466/16 teilweise abzuändern

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und den Kündigungsschutzantrag des Klägers abzuweisen,

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hilfsweise

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das Arbeitsverhältnis der Parteien gegen Zahlung einer Abfindung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, zum 31.05.2017 aufzulösen.

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Der Kläger beantragt,

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die Berufung der Beklagten einschließlich des Auflösungsantrags zurückzuweisen.

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Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil als zutreffend und verweist insbesondere darauf, dass sich die Ausführungen der Beklagten letztlich darin erschöpften, dass sie am 25.10.2016 entschieden habe, dem Kläger zu kündigen.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, auf die Sitzungsniederschrift sowie den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

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Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie erweist sich auch sonst als zulässig.

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Einen Auflösungsantrag konnte die Beklagte gemäß § 9 Abs. 1 S. 3 KSchG bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz erneut stellen. Er kann deshalb weder in erster noch in zweiter Instanz als verspätet zurückgewiesen werden. § 9 Abs. 1 Satz 3 KSchG ist lex speciales gegenüber § 533 ZPO.

II.

24

In der Sache hatte die Berufung der Beklagten insgesamt (einschließlich des hilfsweisen Auflösungsantrags) keinen Erfolg. Wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat, ist das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die ordentliche Kündigung vom 28.11.2016 zum 31.05.2017 beendet worden. Auch der zweitinstanzlich erneut von der Beklagten gestellte Auflösungsantrag hatte keinen Erfolg.

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1. Die ordentliche Kündigung vom 28.11.2016 ist sozial ungerechtfertigt. Sie ist nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG bedingt.

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a) Dringende betriebliche Erfordernisse für eine Kündigung iSv. § 1 Abs. 2 KSchG können sich aus innerbetrieblichen oder außerbetrieblichen Gründen ergeben. Innerbetriebliche Gründe liegen vor, wenn sich der Arbeitgeber zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt, bei deren Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt. Eine solche unternehmerische Entscheidung ist gerichtlich nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (BAG 24.05.2012 – 2 AZR 124/11 – Rn. 21, NZA 2012, 1223 ff.; 16.12.2010 – 2 AZR 770/09 - Rn. 13, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 186). Nachzuprüfen ist aber, ob die fragliche Entscheidung tatsächlich umgesetzt wurde und dadurch das Beschäftigungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer entfallen ist (BAG 24.05.2012 – 2 AZR 124/11 – Rn. 21, NZA 2012, 1223 ff.; 16.12.2010 – 2 AZR 770/09 - Rn. 13, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 186).

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Allerdings kann in Fällen, in denen die Organisationsentscheidung des Arbeitgebers und sein Kündigungsentschluss praktisch deckungsgleich sind, die ansonsten berechtigte Vermutung, die fragliche Entscheidung sei aus sachlichen Gründen erfolgt, nicht unbesehen greifen. Dies verkennt die Beklagte. Da die Kündigung nach dem Gesetz an das Vorliegen von Gründen gebunden ist, die außerhalb ihrer selbst liegen, muss der Arbeitgeber in solchen Fällen seine Entscheidung hinsichtlich ihrer organisatorischen Durchführbarkeit und zeitlichen Nachhaltigkeit verdeutlichen (BAG 24.05.2012 – 2 AZR 124/11 – Rn. 22, NZA 2012, 1223 ff.; 16.12.2010 – 2 AZR 770/09 - Rn. 14, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 186). Daran fehlt es, wenn die Kündigung zu einer rechtswidrigen Überforderung oder Benachteiligung des im Betrieb verbliebenen Personals führte oder die zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung lediglich Vorwand dafür wäre, bestimmte Arbeitnehmer aus dem Betrieb zu drängen, obwohl Beschäftigungsbedarf und Beschäftigungsmöglichkeiten objektiv fortbestehen und etwa nur der Inhalt des Arbeitsvertrags als zu belastend angesehen wird (BAG 24.05.2012 – 2 AZR 124/11 – Rn. 22, NZA 2012, 1223 ff.; 23.02.2012 – 2 AZR 548/10 – Rn. 18, NZA 2012, 852 ff.).

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Läuft die unternehmerische Entscheidung auf den Abbau einer Hierarchieebene oder die Streichung eines einzelnen Arbeitsplatzes hinaus, verbunden mit einer Umverteilung der dem betroffenen Arbeitnehmer bisher zugewiesenen Aufgaben, muss deshalb der Arbeitgeber konkret erläutern, in welchem Umfang und aufgrund welcher Maßnahmen die bisher vom gekündigten Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten für diesen zukünftig entfallen. Nur so kann geprüft werden, ob die Entscheidung den dargestellten Voraussetzungen genügt. Der Arbeitgeber muss die Auswirkungen seiner unternehmerischen Vorgaben und Planungen auf das erwartete Arbeitsvolumen anhand einer schlüssigen Prognose im Einzelnen darstellen (BAG 24.05.2012 – 2 AZR 124/11 – Rn. 23, NZA 2012, 1223 ff.).

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 b) Zudem kann eine Kündigung darüber hinaus nicht erfolgreich auf Gründe gestützt werden, die der Arbeitgeber schon zur Begründung einer vorhergehenden Kündigung vorgebracht hat und die in dem über diese geführten Prozess mit dem Ergebnis materiell geprüft worden sind, dass sie eine solche Kündigung nicht tragen. Mit einer Wiederholung dieser Gründe zur Stützung einer späteren Kündigung ist der Arbeitgeber in diesem Fall ausgeschlossen. Dies gilt auch bei einem sog. Dauertatbestand (BAG 20.03.2014 - 2 AZR 840/12 - Rn. 13, NZA 2014, 1415 ff.).

30

Eine Präklusionswirkung entfaltet die Entscheidung über die frühere Kündigung allerdings nur bei identischem Kündigungssachverhalt. Hat sich dieser wesentlich geändert, darf der Arbeitgeber ein weiteres Mal kündigen (BAG 18.12.2014 - 2 AZR 163/14 - Rn. 33, NZA 2015, 635 ff.; 20.03.2014 - 2 AZR 840/12 - Rn. 13, NZA 2014, 1415 ff.). Die Präklusionswirkung tritt ferner dann nicht ein, wenn die frühere Kündigung bereits allein aus formellen Gründen, also etwa wegen der nicht ordnungsgemäßen Beteiligung der Mitarbeitervertretung für unwirksam erklärt worden ist (BAG 20.03.2014 - 2 AZR 840/12 - Rn. 13 NZA 2014, 1415 ff.).

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c) Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze erweist sich die Kündigung der Beklagten vom 28.11.2016 schon deshalb als unwirksam, weil es sich um eine unzulässige Wiederholungskündigung handelt. In dem über die erste Kündigung vom 21.04.2016 geführten Prozess ist die Entscheidung nicht nur auf den formalen Aspekt der fehlenden Betriebsratsanhörung, sondern auch selbständig tragend auf das Fehlen eines Kündigungsgrundes gestützt worden. Die im Vorprozess vorgetragenen Gründe sind dabei bereits mit dem Ergebnis materiell geprüft worden, dass sie die Kündigung nicht tragen. Die Beklagte macht - nach dem hier maßgeblichen Lebenssachverhalt - keinen "anderen" Kündigungsgrund geltend, bei dem sie vielleicht den verbrauchten Kündigungsgrund unterstützend heranziehen könnte. Auch hat sich der Sachverhalt nicht wesentlich geändert und es ist insbesondere kein neuer Kündigungstatbestand gegeben.

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(1) Nach der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts vom 20.02.2017 im Vorverfahren (Az.: 3 Sa 476/16) steht rechtskräftig fest, dass diese Kündigung nicht aus dringenden betrieblichen Erfordernissen i.S.v. § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt war.

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Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, dass nach dem Vorbringen der Beklagten weder davon ausgegangen werden könne, dass eine willkürfreie Unternehmerentscheidung vorliege, noch, dass diese zum Wegfall des Beschäftigungsbedarfs in dem Bereich, in dem der Kläger beschäftigt sei, in einem Ausmaß geführt habe, welches eine ordentliche betriebsbedingte Beendigungskündigung rechtfertigen könnte. Hierzu hat es zusammengefasst ausgeführt:

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Es sei allein deutlich geworden, dass die Beklagte sich bereits seit Ende 2012 - Anfang 2013 in einem organisatorischen Umwandlungsprozess befände, der zu fortgesetzten Entscheidungen zur Neustrukturierung und Umorganisation in allen möglichen Bereichen geführt habe und führe. So sei Ende 2015 bestimmt worden, dass der Kläger ab 01.01.2016 direkt bei der Beklagten eingestellt werde. Insoweit habe der Kläger tatsächlich am 01.01.2016 seine Tätigkeit aufgenommen. Nur wenige Wochen später solle dann am 18.02.2016 beschlossen worden sein, eine hierarchische Leitungsebene, die gerade erst aufgebaut worden sei, wieder zu streichen, so dass der Bedarf für die Beschäftigung des Klägers entfallen sei. Es erschließe sich schon nicht aus dem Beklagtenvortrag, was nach einem Zeitraum von gerade einmal sechs Wochen bezogen auf den Kläger Anlass gegeben habe, eine fällige Neustrukturierung zu beschließen. Zumal seine zweijährige Vorbeschäftigung als Assistent der Geschäftsführung letztlich nichts anderes zum Ziel gehabt haben könne, als ihn auf eine entsprechende Tätigkeit vorzubereiten. Diese in besonderem Maße ungewöhnliche Zeitschiene führe nach Auffassung der Kammer unter Berücksichtigung auch des § 162 Abs. 1 BGB zu einem besonderen Begründungsbedarf, dem die Beklagte durch den lapidaren Hinweis auf die sich abzeichnende schlechte Umsatz- und Ertragssituation auch im Ansatz nicht genügt habe, zumal mangels entsprechendem Tatsachenvortrag offenbliebe, inwieweit sich die insoweit maßgeblichen Parameter zwischen Ende 2015 und dem 18.02.2016 substantiell geändert hätten.

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Darüber hinaus sei zudem nicht nachvollziehbar, wie sich die behauptete Unternehmerentscheidung, die die Kammer nicht als willkürfrei ansehe, auf den Beschäftigungsbedarf in dem Bereich, in dem der Kläger beschäftigt sei, ausgewirkt habe. Insbesondere sei nicht ausreichend dargelegt worden, dass bei den verbleibenden Arbeitnehmern sowie dem Geschäftsführer tatsächlich Arbeitszeitkapazitäten vorhanden seien, die neu übernommenen Tätigkeiten zumindest im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Arbeitszeitbestimmungen nur ohne überobligationsmäßige Zusatzbelastung tatsächlich verrichten zu können. Zumal die Beklagte erst Ende 2015 in diesem Zusammenhang offensichtlich davon ausgegangen sei, dass ein vollzeitiger Beschäftigungsbedarf für den Kläger an dem ihm zugewiesenen Arbeitsplatz bestehe und maßgebliche diesbezügliche Veränderungen der Arbeitsbelastung innerhalb von sechs Wochen bis zum 18.02.2016 nicht dargelegt worden seien. So erschließe sich schon nicht ansatzweise, weshalb nach Ausscheiden des den Geschäftsführer unterstützenden Herrn Sch. zum 31.12.2015 bei einer unterstellten gewöhnlichen Belastung des Geschäftsführers die Möglichkeit bestanden habe, diesem wiederum weitere Aufgaben zuzuweisen. Nichts anderes gelte für die Übertragung von Tätigkeiten an Herrn W.. Denn Ende 2015 sei die Beklagte offensichtlich noch davon ausgegangen, dass dieser in Vollzeit ausgelastet sei. Zudem sei auch insoweit zu berücksichtigen, dass Herr Sch. den Betrieb zum 31.12.2015 verlassen habe. Diese Überlegungen träfen in gleichem Maße auf die Tätigkeit von Herrn S.-S. zu, der nach der Darstellung der Beklagten zuvor die Qualitätssicherung verantwortet habe. Dabei bleibe bereits offen, wer denn nach Herrn S.-S. diese Tätigkeit übernommen habe. Auch sei unklar, welche Wochenarbeitszeit er darauf verwendet habe und wie sich dazu die ihm neu übertragenen Aufgaben verhalten. Soweit die Beklagte prozentualen Angaben zu summarisch aufgelisteten einzelnen Tätigkeiten des Klägers mache, sei dieses Vorbringen bereits in sich unschlüssig. Zum einem führe die Addition der Prozentanteile zu einer Summe von lediglich 89,5 Prozent, so dass unklar bleibe welcher Aufgaben- und Verantwortungsbereich des Klägers die restlichen 10,5 Prozent ausmache. Ebenso unklar sei, wie was mit diesen Zeitanteilen in Zukunft geschehen solle. Schließlich ergebe die Summe der Prozentsätze im Zusammenhang mit den Aufgaben, die vermeintlich von anderen Arbeitnehmern wahrgenommen werden sollen oder wegfallen, lediglich 48,5 Prozent, so dass nicht nachvollziehbar sei, wie es sich mit den verbleibenden 51,5 Prozent verhalte. Selbst wenn die prozentualen Angaben, was der Kläger nachvollziehbar in Abrede gestellt habe, also zutreffend wären, wäre nach dem Vorbringen der Beklagten nicht einmal die Hälfte der Tätigkeit des Klägers entfallen, so dass nach dem ultima-ratio Prinzip eine Änderungskündigung vorrangig gewesen wäre.

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(2) Verglichen mit den der ersten Kündigung vom 21.04.2016 zugrunde liegenden Umständen ist der Kündigungssachverhalt im Wesentlichen unverändert geblieben.

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Die Beklagte stützt die vorliegend streitgegenständliche weitere Kündigung vom 28.11.2016 ausdrücklich erneut auch auf die Unternehmensentscheidung vom 18.02.2016, die der ersten Kündigung zugrunde lag. Die der streitgegenständlichen Kündigung sodann vorausgegangene weitere Unternehmensentscheidung der Beklagten vom 25.10.2016 ändert hieran nichts. Denn mit dieser haben sich die tatsächlichen Umstände, aus denen die Beklagte den Kündigungssachverhalt ableitet, nicht wesentlich verändert.

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Soweit die Beklagte meint, eine wesentliche Änderung liege darin, dass am 25.10.2016 eine weitergehende unternehmerische Entscheidung getroffen worden sei, indem die Geschäftsführung bei der Beklagten mit Herrn K. neu besetzt worden und ihm die operative Führung (Standortleitung) des Standorts übertragen worden sei, kann dem nicht gefolgt werden. Denn eine wesentliche inhaltliche Änderung des Kündigungssachverhalts bezüglich des Klägers ist damit nicht eingetreten. Insoweit hat die Beklagte letztlich mit ihrer weiteren Unternehmensentscheidung vom 25.10.2016 lediglich auf ihrer vorherigen Unternehmensentscheidung vom 18.02.2016 beharrt. So wurde entschieden, an der ersten Unternehmensentscheidung festzuhalten, die Produtkbereiche Aquaristik und Objektbau auch nach der gerichtlichen Entscheidung im Vorprozess vereint unter der Leitung eines Werksleiters zu lassen und deshalb dem Kläger erneut zu kündigen. Auch bezüglich der mit der Wegrationalisierung des Arbeitsplatzes des Klägers nötig werdenden Aufgabenumverteilung ist im Großen und Ganzen nichts anderes als am 18.02.2016 entschieden worden. Denn die Neuverteilung entspricht inhaltlich ganz überwiegend der bereits damals entschiedenen Aufgabenverteilung mit Übertragung der Standortleitungsaufgaben an den Geschäftsführer, der lediglich in der Person gewechselt hat sowie einer einzigen Werksleitung besetzt mit Herrn W. mit Entlastung durch Übertragung des Bereichs Produktmanagement auf Herrn S.-S..

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Soweit die Beklagte anführt, dass das Landesarbeitsgericht im Vorprozess fehlerhaft und rechtsirrig zur fehlenden sozialen Rechtfertigung der ersten Kündigung vom 21.04.2016 gelangt sei, so ist dies nicht weiterführend. Eine erneute materielle Prüfung der unternehmerischen Entscheidung vom 18.02.2016 ist schon wegen der entgegenstehenden Rechtskraft der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts vom 20.02.2017 (Az.: 3 Sa 476/16) im Vorprozess ausgeschlossen. Denn bei der Würdigung, ein bestimmter Lebenssachverhalt könne eine Kündigung materiell nicht begründen, handelt es sich nicht bloß um ein Element der Begründung für die Feststellung, dass die Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst hat. Diese Würdigung nimmt vielmehr selbst an der Rechtskraftwirkung der Entscheidung teil. Der Grund liegt in der Gleichwertigkeit einer solchen Feststellung mit einem (fiktiven) Gestaltungsurteil, in dem eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen der fraglichen Gründe abgelehnt wird. Dementsprechend umfasst die materielle Rechtskraft der einer Kündigungsschutzklage stattgebenden Entscheidung die Untauglichkeit eines vorgetragenen Lebenssachverhalts als Kündigungsgrund, wenn er materiell geprüft worden ist (vgl. ausführlich BAG 20.12.2012 – 2 AZR 867/11 – Rn. 27, NZA 2013, 1003, 1005). Die entgegenstehende Rechtskraft schließt daher eine erneute Prüfung des Kündigungsgrundes aus und verbietet es vorliegend insbesondere die Frage der Richtigkeit oder Unrichtigkeit der rechtskräftigen Entscheidung im Vorprozess nochmals aufzuwerfen.

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2. Da die Kündigung vom 28.11.2016 sozialwidrig ist, ist der hilfsweise gestellte Auflösungsantrag zur Entscheidung angefallen. Der Antrag ist zurückzuweisen. Die Beklagte hat keinen Anspruch auf gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses gemäß §§ 9, 10 KSchG (i.V.m. § 14 Abs. 2 KSchG) zum 31.05.2017.

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Denn der Kläger ist weder leitender Angestellter im Sinne des § 14 Abs. 2 KSchG noch sind die gesetzlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 Satz 2 KSchG vorliegend gegeben.

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a) Gemäß § 14 Abs. 2 S. 2 KSchG bedarf zwar der Antrag des Arbeitgebers auf Auflösung eines Arbeitsverhältnisses mit einem leitenden Angestellten keiner Begründung. Vorliegend ist jedoch davon auszugehen, dass die Voraussetzungen eines leitenden Angestellten im Sinne des § 14 Abs. 2 S. 1 KSchG in der Person des Klägers offensichtlich nicht erfüllt sind.

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Die Beklagte hat nicht ausreichend substantiiert dargelegt, dass der Kläger i. S. d. § 14 Abs. 2 S. 1 KSchG zur selbstständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt war. Denn zum einem hat das Arbeitsgericht den erstinstanzlichen Auflösungsantrag der Beklagten, den sie allein darauf stützte, dass der Kläger leitender Angestellter sei, bereits rechtskräftig abgewiesen. Die Beklagte hat sich in ihrer Berufungsbegründung nach § 64 Abs. 6 S. 1 i.V.m. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2, 3 ZPO in unzulässiger Weise darauf beschränkt, formelhaft lediglich anzuführen, dass das Arbeitsgericht rechtsfehlerhaft den Kläger nicht als leitenden Angestellten angesehen habe. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Argumentation des Arbeitsgerichts, dass insoweit der Argumentation des Landesarbeitsgerichts im Vorprozess folgt und deshalb auf dessen Ausführungen im Urteil vom 20.02.2017 (Az.: 3 Sa 476/16) Seite 16 – 21 verweist, erfolgt hingegen überhaupt nicht. Zum anderen lässt sich auch ihrem zweitinstanzlichen Vorbringen, insbesondere in ihrem Auflösungsantrag vom 20.02.2018, das im hier maßgeblichen Zusammenhang jegliche Einzelheit vermissen lässt, nicht entnehmen, dass der Kläger leitender Angestellter ist. So hat sie hierzu lediglich erneut ohne nähere Ausführungen tatsächlicher Art angeführt, dass zu berücksichtigen sei, dass ihrer Auffassung nach der Kläger leitender Angestellter sei.

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b) Folglich kommt eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses aufgrund Antrags des Arbeitgebers vorliegend lediglich gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG in Betracht, bedarf also einer Begründung. Entgegen der Auffassung der Beklagten liegt ein Auflösungsgrund nicht vor. Gründe, die i. S. d. § 9 Abs. 1 S. 2 KSchG eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen, hat die hierfür darlegungspflichtige Beklagte nicht dargelegt.

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(1) Unter Beachtung der auf Bestandsschutz gerichteten Intention des Kündigungsschutzgesetzes kommt auf Antrag des Arbeitgebers eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 9 Abs. 1 Satz 2 ArbGG nur in Betracht, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Dabei sind an die Gründe strenge Voraussetzungen zu stellen. Auflösungsgründe i. S. v. § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG können solche Umstände sein, die das persönliche Verhältnis zum Arbeitnehmer, die Wertung seiner Persönlichkeit, seiner Leistung oder seiner Eignung für die ihm gestellten Aufgaben und sein Verhältnis zu den übrigen Mitarbeitern betreffen. Die Gründe, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen den Vertragspartnern nicht erwarten lassen, müssen nicht im Verhalten, insbesondere nicht im schuldhaften Verhalten des Arbeitnehmers liegen. Entscheidend ist, ob die objektive Lage die Besorgnis rechtfertigt, dass die weitere zukünftige gedeihliche Zusammenarbeit mit dem Arbeitnehmer gefährdet ist. In diesem Sinne können als Auflösungsgrund auch Erklärungen des Arbeitnehmers oder von ihm veranlasste Erklärungen seines Prozessbevollmächtigten geeignet sein, wenn er sie sich zu Eigen gemacht hat. Allerdings ist dabei zu berücksichtigen, dass gerade Erklärungen im laufenden Kündigungsschutzverfahren durch ein berechtigtes Interesse gedeckt sein können. Parteien dürfen zur Verteidigung ihrer Rechte schon im Hinblick auf den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) alles vortragen, was als rechts-, einwendungs- oder einredebegründeter Umstand prozesserheblich sein kann. Ein Prozessbeteiligter darf dabei auch starke, eindringliche Ausdrücke und sinnfällige Schlagworte benutzen, um seine Rechtsposition zu unterstreichen, selbst wenn er seinen Standpunkt vorsichtiger hätte formulieren können (vgl. BAG 29.08.2013 – 2 AZR 419/12 - Rn. 37, NZA 2014, 660 ff.). Dies gilt allerdings nur in den Grenzen der Wahrheitspflicht. Parteien dürfen nicht leichtfertig Tatsachenbehauptungen aufstellen, deren Unhaltbarkeit ohne Weiteres auf der Hand liegt (BAG 29.08.2013 – 2 AZR 419/12 - Rn. 37, NZA 2014, 660 ff.; 24.03.2011 - 2 AZR 674/09 - Rn. 22 m.w.N., NZA-RR 2012, 243 ff.).

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(2) Hieran gemessen liegen die strengen Voraussetzungen des Auflösungsantrags vorliegend nicht vor.

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Die Beklagte meint, dass aufgrund des prozessualen Vortrags des Klägers über die Wahrnehmung von Aufgaben der bisherigen und aktuellen Mitarbeiter die weitere Zusammenarbeit als äußerst belastet zu bezeichnen sei. Dies gelte insbesondere, weil der Kläger begehre neben Herrn W. wieder als Werksleiter zu fungieren, sein Vorbringen im Berufungserwiderungsschriftsatz vom 18.12.2017 habe jedoch dazu geführt, dass eine den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit mit Herrn W. nicht mehr denkbar sei. Dem folgt die Berufungskammer nicht.

48

Die von der Beklagten monierten in diesem Schriftsatz aufgestellten Behauptungen sind zum einem lediglich bruchstückhaft und zum anderen aus dem Zusammenhang gerissen aufgezählt worden. Weder liegt ihrer Wahrheitswidrigkeit unter Beachtung ihres Kontexts auf der jeweiligen Seite auf der Hand, noch erschließt sich für die Berufungskammer, weshalb diese Aussagen das Vertrauensverhältnis des Klägers und des weiteren Werksleiters Herrn W. schwer belastet haben sollten. Der Kläger stellt auf Seite 12 der Berufungserwiderung lediglich dar, dass sein Vollzeitarbeitsplatz als Werksleiter nichts mit der Zukunftsplanung für 2016 zu tun gehabt habe und das Landesarbeitsgericht im Vorprozess ebenso wie das Arbeitsgericht im hiesigen Verfahren zu Recht davon ausgegangen seien, dass sein Beschäftigungsbedarf nicht entfallen sei. Allein in diesem Zusammenhang gibt er an, dass er in Vollzeit als Werksleiter tätig gewesen, nachdem der bisherige Werksleiter Sch. zum 31.12.2015 ausgeschieden sei und niemand diese Arbeit habe übernehmen wollen. Berücksichtigt man den gesamten Inhalt dieses Schriftsatzes, so ist klar und deutlich, dass er damit nicht in Abrede stellt, dass auch Herr W. für einen Teilbereich die Werksleitung ab 01.01.2016 inne hatte. Insbesondere folgt dies aus seinen Ausführungen auf Seite 7 der Berufungserwiderung, mit denen er den Behauptungen der Beklagten zur Organisation des Werkes C-Stadt zum 01.01.2016 widerspricht. So gibt er hierzu an, dass ihm die Leitung der Aquaristik übertragen worden sei und er daneben seine Aufgabe in der Stabsstelle behalten habe, die sich überwiegend in lokalen Aufgaben erschöpft hätte. Bezüglich Herrn W. führt der Kläger an selber Stelle aus, dass diesem das zum 01.01.2015 übertragene Produktmanagement wieder entzogen worden sei und statt dessen ihm neben der Abteilungsleitung Innendienst Objektbau, der Abteilungsleitung Innendienst Aquaristik und dem Vertrieb auch die Werksleitung Objektbau übertragen worden sei. Schließlich bleiben die Behauptungen des Klägers alle sachlich. An keiner Stelle wird etwa die Arbeitsleistung des Herrn W. vom Kläger schlecht geredet oder angegriffen. Anhaltspunkte dafür, dass die Besorgnis gerechtfertigt ist, dass die weitere Zusammenarbeit mit diesem Arbeitnehmer gefährdet ist, bestehen nicht.

49

Im Übrigen vermögen betriebliche Gegebenheiten, die keinen Bezug zur Person oder zum Verhalten des Arbeitnehmers haben, keinen Auflösungsgrund begründen. Deshalb führt der Umstand, dass der Kläger entsprechend seinem Arbeitsvertrag aufgrund der unwirksamen Kündigung grundsätzlich weiter als Werksleiter Aquaristik zu beschäftigen ist, obwohl die Beklagte die Werksleitung in der Hand des Herrn W. zusammenführen wollte, zu keinem Auflösungsgrund.

50

Die Beklagte hat mithin bereits keine schlüssigen Gründe vorgetragen, die eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach §§ 9, 10 KSchG bedingen. Eines Schriftsatznachlasses für den Kläger bedurfte es nicht. Der Auflösungsantrag der Beklagten ist nicht begründet.

III.

51

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

52

Für eine Zulassung der Revision war nach Maßgabe der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben.

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Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 11.10.2016, Az.: 8 Ca 596/16 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten (im Berufungsverfahren nur noch) darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund ordentlicher betriebsbedingter Arbeitgeberkündigung sein Ende gefunden hat, oder aber nicht.

2

Der Kläger war zunächst ab dem 01.01.2014 bis zum 31.12.2015 für die E. Verwaltungs GmbH tätig und wechselte dann innerhalb der gleichen Unternehmensgruppe unter Anrechnung der Vorbeschäftigungszeiten zur Beklagten. Die Beklagte fertigt Aquarien und Aquaristikzubehör. Im Werk in C-Stadt sind ungefähr 80 Arbeitnehmer beschäftigt. Der Kläger erzielte zuletzt ein Monatseinkommen von ca. 4.500,00 Euro brutto zuzüglich eines geldwerten Vorteils für den Dienstwagen von 895,19 Euro monatlich und erhielt eine Bonuszahlung; hinsichtlich der arbeitsvertraglichen Regelung im Einzelnen wird auf Bl. 23 ff. d. A.) Bezug genommen.

3

Der Kläger hatte Gesamtprokura mit einem weiteren Prokuristen, die auch im Handelsregister eingetragen ist (vgl. Bl. 32 d. A.). Intern durfte der Kläger zusammen mit einem anderen Prokuristen Verträge bis zu einer Jahressumme von 15.000,00 Euro abschließen. Die "Hauptaufgaben" des Klägers hat die Beklagte im Entwurf für ein Zwischenzeugnis, hinsichtlich dessen weiteren Inhalts auf Blatt 72 ff. d. A. Bezug genommen wird, wie folgt wiedergegeben:

4

"Herr A. übernimmt in seiner Position folgende Hauptaufgaben:

5

- disziplinarische und fachliche Leitung des Standorts mit 60 Mitarbeitern einschließlich des Werks; monatlicher Bericht an die Konzerngeschäftsführung
- -Co-Planung und alleinverantwortliche Steuerung der Sanierung des Werks inklusive Umsetzung von Rationalisierungsmaßnahmen
- Sicherstellung der Lieferfähigkeit des Werks während des Turnarounds und darüber hinaus unter Minimierung der Lagerbestände und der benötigten Personalkapazität
- Budgetplanung und Budgetverantwortung für das Werk
- Investitionsplanung sowie Beschaffung von Investitionsgütern und Umsetzung von Investionsvorhaben
- Controlling
- Kalkulation
- Abwicklung von größeren Rechtsstreitigkeiten und größeren Versicherungsfällen
- Vorbereitung und ordnungsgemäße Durchführung der jährlichen Inventur
- Kommunikation und Verhandlungen mit dem Betriebsrat
- Kommunikation mit Banken, daher Verhandlungsführung zur Sicherstellung der weitern Finanzierung
- Kommunikation mit den weiteren Konzernfunktionen, insbesondere Logistik, Vertrieb und F&E
- Schaffung einer Basis für datengetriebene Entscheidungsfindung
- Etablierung von Produktionsleistungsdaten
- Vorbereitung und Umsetzung von arbeitsrechtlichen Maßnahmen
- Betreuung und Weiterentwicklung des xy-Projekts
- federführender Projektleiter für die Einführung von S. am Standort
- Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften hinsichtlich Arbeitssicherheit."

6

Die Beklagte hat mit Schreiben vom 21.04.2016 das Arbeitsverhältnis zum 31.10.2016 ordentlich gekündigt. Der Kläger wurde nach Überreichen der Kündigung freigestellt. Den bei der Beklagten bestehenden Betriebsrat hat sie zuvor nicht angehört.

7

Der Kläger hat vorgetragen,

8

Er sei entgegen der Auffassung der Beklagten kein leitender Angestellter im Sinne von § 5 Abs. 3 BetrVG. Deshalb habe der Betriebsrat zur Kündigung seines Arbeitsverhältnisses angehört werden müssen. Die Erteilung der Gesamtprokura führe, wie vorliegend, keineswegs automatisch dazu, dass der Kläger auch leitender Angestellter sei. Es handele sich lediglich um einen Titel. Im Innenverhältnis sei die Prokura nämlich unbedeutend, weil sie auf Beträge von 15.000,00 Euro zusammen mit einem anderen Prokuristen beschränkt sei. Es sei auch nicht erkennbar, welche Leitungsaufgaben der Kläger im Werk in C-Stadt wahrnehme. Er sei zu dem nicht zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt gewesen. Er habe keine Aufgaben gehabt, die für den Bestand oder die Entwicklung der Beklagten oder den Betrieb in C-Stadt bedeutend seien. Er habe schließlich auch keine alleinige Entscheidungsbefugnis über etwaige Sanierungs- oder Rationalisierungsmaßnahmen gehabt. Er habe nicht die Budgetplanung oder Investitionsplanung durchgeführt. Beim Budget habe er zwar einen Entwurf erstellt, der aber dann vom Aufsichtsrat habe genehmigt werden müssen. Er habe nicht die Kalkulation durchgeführt, er habe auch keine Befugnis gehabt, etwa die Verbraucherpreise festzulegen.

9

Die Personalbefugnis bis 50.000,00 Euro Jahresgehalt sei nicht für Einstellungen oder Entlassungen erteilt worden, sondern nur im Zusammenhang mit Vertragsverlängerungen oder Ersatzeinstellungen. Er selbst habe nie eine Neueinstellung durchgeführt. Diese müsse vom Aufsichtsrat genehmigt werden. Der Kläger sei auch nicht Standortleiter in C-Stadt gewesen, sondern lediglich einer von zwei Werksleitern.

10

Die Beklagte trage zudem widersprüchlich unterschiedliche Kündigungssachverhalte vor. Zunächst habe sie vorgetragen, sein Posten sei gestrichen worden und auf die Geschäftsführung übertragen worden. Sodann sei nach ihrem Vorbringen die Tätigkeit zum Teil vom Geschäftsführer und zum Teil von Herrn W. übernommen worden. Es treffe nicht zu, dass die S.-Einführung abgeschlossen sei. Dies solle erst im Sommer 2017 der Fall sein.

11

Der Kläger hat beantragt,

12

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die mit Schreiben der Beklagten vom 21.04.2016 ausgesprochene ordentliche Kündigung nicht zum 31.10.2016 beendet wird.

13

2. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ein qualifiziertes Zwischenzeugnis zu erteilen.

14

Die Beklagte hat beantragt,

15

die Klage abzuweisen.

16

Die Beklagte hat vorgetragen,

17

der Betriebsrat habe nicht angehört werden müssen, weil der Kläger leitender Angestellter sowohl im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG als auch gem. § 14 Abs. 3 KSchG sei. Er sei Werksleiter gewesen. Die Prokura, die er innegehabt habe, sei nicht unbedeutend gewesen. Mit einem anderen Prokuristen zusammen habe er Arbeitnehmer bis 50.000,00 Euro Jahreseinkommen einstellen können. Seine Tätigkeit sei keineswegs unbedeutend, das gelte schon deshalb, weil das Aufgabengebiet nicht unbedeutend gewesen sei. Er habe über den Standort mit 8 Millionen Euro Jahresumsatz weitgehend weisungsfrei und selbstverantwortlich entscheiden können. Die vorgegebenen Rahmenbedingungen sowie die Unterschriftsrichtlinie sprächen nicht gegen eine eigene Entscheidungsbefugnis des Klägers. Vielmehr hätte er bei der Beklagten, wenn er denn länger beschäftigt gewesen wäre, für den Standort Entscheidungen treffen können, an denen die Beklagte nicht vorbeigekommen wäre. Er sei verantwortlich gewesen für die Steuerung des Werkes und für die Umsetzung der Rationalisierung, von der rund 80 Arbeitnehmer betroffen seien. Auch das 4-Augen-Prinzip ändere daran nichts, dass der Kläger leitender Angestellter gewesen sei. Er habe die Personalauswahl im operativen Bereich verantwortlich innegehabt. Bei längerer Beschäftigung hätte er die grundsätzliche Kompetenz zur Einstellung und Entlassung von Arbeitnehmern auch ausüben können. Es sei für eine Befugnis zur Einstellung und Entlassung nicht erforderlich, dass man die Personalverantwortung für alle trage, sondern es genüge, wenn man für Arbeitnehmer, die für den Betrieb wesentlich seien, die Personalverantwortung trage.

18

Im Übrigen sei die Kündigung auch sozial gerechtfertigt. Am 18.02.2016 habe die Beklagte die Unternehmerentscheidung getroffen, dass die Ebene der Bereichsleiter wegfalle. Vom 01.12.2015 bis zum 31.12.2015 sei Herr S. Werkleiter in C-Stadt gewesen und danach Geschäftsführer bis zu seinem Austritt. Die Werksleitung sei dann ab 01.01.2016 aufgeteilt worden zwischen dem Kläger, der den Bereich Aquaristik betreut habe, und Herrn W., der Objektbau und Produktmanagement betreut habe. Der Kläger sei auch für die Einführung der S.-Software am Standort federführend gewesen. Die S.-Einführung sei abgeschlossen und diese Arbeit folglich weggefallen.

19

Ab dem 22.04.2016, also ab dem Zeitpunkt der Freistellung des Klägers, werde die Arbeit, die er zuvor verrichtet habe, von Anderen durchgeführt. Herr W. habe jetzt die Werksleitung sowohl für Aquaristik wie Objektbau und Innendienst alleine inne. Das Produktmanagement sei auf Herrn St. übertragen worden. Der Kläger sei mit Letzterem nicht vergleichbar. Dieser sei gelernter Modellbauer, habe ein FH-Studium Holztechnik hinter sich sowie einen Ausbilderabschluss und ferner die Ausbildung als Qualitätssicherungsassistent. Des Weiteren habe er die Qualitätsausbildung als interner Auditor Iso durchlaufen. Herr W. sei schutzwürdiger als der Kläger, weil er 7 Jahre älter und seit 11 Jahren Arbeitnehmer der Beklagten sei, er sei verheiratet und habe zwei Kinder.

20

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat daraufhin durch Urteil vom 11.10.2016 - 8 Ca 596/16 - festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die von der Beklagten am 21.04.2016 ausgesprochene ordentliche Kündigung nicht zum 31.10.2016 beendet wird und die Beklagte verurteilt, dem Kläger ein qualifiziertes Zwischenzeugnis zu erteilen. Hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Bl. 92 - 99 d. A. Bezug genommen.

21

Gegen das ihr am 08.11.2016 zugestellte Urteil hat die Beklagte durch am 11.11.2016 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Sie hat die Berufung durch am 06.12.2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

22

Die Beklagte wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, die E. Gruppe befinde sich seit Ende 2012/Anfang 2013 in einem organisatorischen Umwandlungsprozess, nach dem zum 01.01.2013 ein neuer Holdinggeschäftsführer seine Tätigkeit aufgenommen habe. Insbesondere die Führungsaufgaben seien im Nachgang dazu nach und nach neu strukturiert worden. Er habe die Führungsstrukturen, die Mitglieder des Managements seien rationell bei der Holding angestellt gewesen, in der E. Gruppe, also bei der E. Verwaltungs GmbH, aber auch in den Einzelgesellschaften neu aufgesetzt und ausgeweitet. Dazu seien neben dem Kläger weitere Managementarbeitsplätze in der E. Gruppe in 2013/2014 geschaffen und besetzt und u.a. der Kläger, zuletzt als Assistent der Geschäftsführung, eingestellt worden. Es habe bis 2014 jeweils einen nicht vor Ort permanent anwesenden Geschäftsführer gegeben, der auch weitere Gesellschaften verantwortlich geführt habe. Ab 2014 sei dieses Organisationsmodell dahin geändert worden, dass es eine einheitliche Werksleitung gebe, die neben dem überörtlichen Geschäftsführer auch aus der Person des (örtlichen) Werksleiters bestehe. Deshalb sei parallel dazu ein zuerst externer Interimsmanager eingesetzt worden, der dann ab 01.01.2015 in der Holding als Führungskraft direkt angestellt worden sei. Der Kläger habe als Assistent des Geschäftsführers während seiner Beschäftigungszeit bei der Holding bis 31.12.2015 Herrn S. insoweit bereits in vielen Funktionen unterstützt. Herr S. habe den Betrieb aber zum 31.12.2015 verlassen. Deshalb sei von der Holding eine neue Organisation für die Beklagte Ende 2015 bestimmt und entschieden worden, dass zum 01.01.2016 der Kläger direkt bei der Beklagten eingestellt werde. Hinsichtlich der Darstellung der Beklagten zur Neuorganisation, zum Arbeitsentgelt des Klägers und zu seinen Aufgaben wird auf Seite 4, 5 der Berufungsbegründung (= Bl. 523, 524 d. A.) Bezug genommen. Im Frühjahr 2016 hätten die Gesellschafter der Beklagten bereits kurz nach Übergabe der Aufgaben an den Kläger zum 01.01.2016 am 18.02.2016 wegen der sich abzeichnenden schlechten Umsatz- und Ertragssituation die unternehmerische Entscheidung getroffen, die Führungsorganisation in den Gesellschaften der E. Gruppe wiederum neu aufzusetzen. Es sei entschieden worden, eine hierarchische Leitungsebene, die überwiegend erst 2013 bis 2015 aufgebaut worden sei, wieder zu streichen. Für den Betrieb in C-Stadt sei entschieden worden, die Position des faktischen Standortleiters wieder zu streichen und die Aufgaben der Standortleitung wieder dem Geschäftsführer zuzuweisen, der diese Aufgaben bis 31.12.2014 bereits ausgeübt habe und nach Ausspruch der Kündigung gegenüber dem Kläger seit 22.04.2016 auch wieder ausübe. Bei den verbleibenden Tätigkeiten der Werksleitung für die Bereiche Aquaristik und Objektbau sei entschieden worden, diese zusammen zu fassen. Es solle demnach nur noch einen Arbeitsplatz Werksleitung geben. Die vom Kläger erbrachten Tätigkeiten der Werksleitung Aquaristik seien an Herrn W. übertragen worden. Der Bereich Produktmanagement, der von Herrn W. zuvor verantwortet gewesen sei, sei zeitgleich auf Herrn St. übertragen worden, der zuvor die Qualitätssicherung verantwortet habe. Wegen der Umgestaltung und Zusammenfassung der Werksleitung sei ein Arbeitsplatz auf Werksleiterebene entfallen. Hierarchisch vergleichbar seien die Bereiche von Herrn St. und Herrn W. gewesen; der Betriebsrat sei nicht angehört worden, da die Beklagte davon ausgegangen sei, der Kläger sei leitender Angestellter i. S. d. BetrVG.

23

Aus der Gesamtprokura könne kein Schluss gezogen werden, dass die Prokura unbedeutend sei. Die Prokura sei als Gesamtprokura ausgestaltet gewesen, weil dies zur Wahrung des 4-Augen-Prinzips schon aus Compliance Gesichtspunkten geboten gewesen sei. Er sei immerhin Werksleiter und faktischer Standortleiter in einem kleinen Betrieb mit 60 Mitarbeitern gewesen, für den er die komplette Verantwortung getragen habe. Daneben hätten nur noch Herr W. und Frau R. Prokura gehabt. Hinsichtlich des Jahresbudgets müsse berücksichtigt werden, dass es bei der Beklagten seit Februar 2014 eine Unterschriftenregelung gegeben habe, wonach Prokuristen bei Arbeitsverträgen bis 50.000,00 €, sowie bei Liefer- oder Werksverträgen bis 200.000,00 € unterschriftsberechtigt seien. Eine Einschränkung der Prokura ergebe sich daraus nicht. Die Gesamtprokura sei bewusst erteilt worden, damit die Beklagte unter Berücksichtigung des 4-Augen-Prinzips einerseits jederzeit handlungsfähig sei, auch wenn ein Geschäftsführer nicht vor Ort sei und andererseits sei so eine Kontrollfunktion aus Compliance Gesichtspunkten ermöglicht worden. Dies sei auch im Rahmen der Verantwortungsbereiche vor Ort gelebt worden. Hinsichtlich der insoweit beispielhaft benannten Verträge wird auf S. 13 der Berufungsbegründung (= Bl. 132 d. A.) Bezug genommen.

24

Der Kläger habe mit der Prokura die operativen Tätigkeiten des Werkleiters umsetzen können. Er sei auch zu selbständigen Einstellungen und Entlassungen berechtigt gewesen und habe diese Berechtigung nur deshalb nur in geringem Umfang ausgeübt, weil das Arbeitsverhältnis bis zur Kündigung nur knapp 4 Monat gedauert habe. Auch die Aufgaben des Klägers im Zusammenhang mit der Einführung der S. Software könnten nicht gegen die Eigenschaft als Leitender Angestellter ins Feld geführt werden. Zur Darstellung des tatsächlichen Vorbringens der Beklagten insoweit wird auf S. 14 - 16 der Berufungsbegründung (= Bl. 133 - 135 d. A.) Bezug genommen. Insoweit habe es sich gerade und insbesondere um eine Aufgabe gehandelt, die ein Leitender Angestellter wahrzunehmen habe. Gegen die Einordnung des Klägers als Leitender Angestellter spreche auch nicht seine arbeitsvertragliche Vergütung; insoweit wird auf S. 16, 17 der Berufungsbegründung (= Bl. 135, 136 d. A.) Bezug genommen.

25

Schließlich sei die streitgegenständliche Kündigung auch sozial gerechtfertigt. Denn der Arbeitgeber sei frei, die betrieblichen Abläufe so zu organisieren, wie er es für zweckmäßig halte. Lediglich bei der Kongruenz zwischen Organisationsentscheidung und Kündigungsentschluss seien nähere konkrete Angaben dazu erforderlich, wie sich die Organisationsentscheidung auf die Einsatzmöglichkeiten des Arbeitnehmers auswirke. Hinsichtlich der Aufschlüsselung der Einzeltätigkeiten des Klägers für die Beklagte unter Angabe prozentualer Anteile wird auf S. 18 - 20 der Berufungsbegründungsschrift (Bl. 137 - 139 d. A.) Bezug genommen. Herr W. sei insoweit entlastet worden durch Übertragung von bestimmten Aufgaben, die er erledigt habe, auch von Herrn St.. Insgesamt sei des Weiteren auch das Arbeitsvolumen aller Führungskräfte rückläufig, was sich durch die rückläufigen Umsätze und die rückläufige Auftragssituation erkennbar gemacht habe und auch Anlass gewesen sei, die Entscheidung zu treffen, die Organisationsstruktur zu straffen.

26

Bei den von den Änderungen der Verantwortungsbereiche betroffenen Arbeitnehmern sei keine Überlastung eingetreten. Vielmehr seien die Prioritäten anders gesetzt worden. Mit der Freistellung des Klägers verantworte Frau R. wieder den gesamten Bereich Personal. Nach der Freistellung des Klägers seien bei der Beklagten, wie in anderen Gesellschaften der E. Gruppe, der zweiten Ebene wieder mehr Befugnisse eingeräumt und für die jeweiligen Bereiche mehr eigenständiges Handeln zugestanden worden. Der Kläger habe insoweit keinem Mitarbeiter vertraut und daher vieles selbst gemacht, was er habe delegieren können und müssen.

27

Zur weiteren Darstellung des Vorbringens der Beklagten wird auf die Berufungsbegründung vom 05.12.2016 (Bl. 120 - 139 d. A.) nebst Anlagen (Bl. 140 - 153 d. A.) sowie den Schriftsatz vom 01.02.2017 (Bl. 203 - 211 d. A.) Bezug genommen.

28

Die Beklagte beantragt,

29

1. das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern, Aktenzeichen: 8 Ca 596/16, vom 11.10.2016, zugestellt am 08.11.2016, abzuändern.

30

2. Den Klageantrag Ziffer 1) abzuweisen.

31

Der Kläger beantragt,

32

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

33

Der Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens und hebt insbesondere hervor, er sei zu keinem Zeitpunkt Standortleiter des Betriebes der Beklagten in C-Stadt gewesen.. Eine derartige Leitung sei ihm zu keinem Zeitpunkt übertragen worden, er habe sie auch nicht rein faktisch innegehabt. Ihm habe lediglich die Verantwortung für den Bereich Aquaristik der Beklagten oblegen. Er habe deshalb insbesondere keine Weisungsbefugnis gegenüber dem für den Bereich Objektbau zuständigen Mitarbeiter Herrn W. und auch keinerlei Entscheidungsbefugnisse betreffend diesen Teilbereich in C-Stadt gehabt. Das Vorbringen der Beklagten sei widersprüchlich. Einerseits sei der Geschäftsführer Herr Wa. wegen seiner anderen Tätigkeit für die E. Gruppe nicht permanent für die Gesellschaft einsetzbar gewesen, an diesen anderen Tätigkeiten habe sich nichts geändert, andererseits sei von Herrn Wa. aber nunmehr ein Teilbereich, der bislang in dem Aufgaben- und Verantwortungsbereich des Klägers gelegen habe, mit übernommen. Die von der Beklagten behaupteten unternehmerischen Entscheidungen seien mit Nichtwissen zu bestreiten. Gleiches gelte für die behauptete Übertragung von Teiltätigkeiten des Klägers auf andere Personen. So sei z. B. Herr W. bereits mit seiner "normalen" Tätigkeit völlig überlastet gewesen. Das Vorbringen der Beklagten zum vermeintlichen betriebsbedingten Kündigungsgrund sei insgesamt nicht hinreichend substantiiert und nachvollziehbar.

34

Der Kläger sei kein leitender Angestellter gewesen. Er habe zwar Vorschläge unterbreiten können, doch diese seien entweder völlig abgelehnt worden bzw. nicht einmal die Konzernführung sei berechtigt gewesen, ihr Einverständnis zu erklären, sondern habe insoweit das Einverständnis des Beirats einholen müssen. Eine Einstellungsbefugnis habe er lediglich im Hinblick auf die Verlängerung/Entfristung befristeter Arbeitsverträge oder Ersatzeinstellungen gehabt. Hinsichtlich des weiteren Vorbringens des Klägers insoweit wird auf S. 8 - 10 der Berufungserwiderung (= Bl. 190 - 192 d. A.) Bezug genommen. Auch sei die Tätigkeit des Klägers im Zusammenhang mit der beabsichtigten Einführung der S. Software sicherlich nicht für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens von Bedeutung. Es handele sich keineswegs um eine der Unternehmensleitung gleichgestellte Tätigkeit, sondern vielmehr um eine solche, die schlicht und ergreifend Arbeitnehmern übertragen würde, die entsprechende EDV Kenntnisse aufweisen könnten. Auch unter Heranziehung der Zweifelsfallregelung des § 5 Abs. 4 BetrVG könne der Kläger nicht als Leitender Angestellter im Hinblick auf seine Bruttomonatsvergütung angesehen werden. Es handele sich nicht um ein Arbeitsentgelt, das bei der Beklagten für Leitende Angestellte üblich sei. Das dreifache der in § 5 Abs. 3 Nr. 4 BetrVG genannten Bezugsgröße des § 18 SGB IV habe im Jahr 2012 zudem in den alten Bundesländern einschließlich Berlin 94.500,00 € brutto/Jahr betragen und dürfte sich im Jahr 2016 auf einen sechsstelligen Betrag belaufen. Die Arbeitsvergütung des Klägers habe also nicht einmal 50 Prozent dieses Grenzwertes erreicht.

35

Im Hinblick auf die Auswirkungen der behaupteten Organisationsentscheidung sei es zudem völlig unzureichend, die bisherige und künftige Aufgabenverteilung pauschal unter Angabe von Prozentsätzen darzulegen; die Einzelangaben seien im Übrigen zu bestreiten. Bemerkenswert sei, dass die Auflistung der bislang vom Kläger wahrgenommenen Tätigkeiten in der Summe lediglich 89,5 Prozent ausmachten. Wenn künftig zu 30 Prozent die disziplinarische und fachliche Leitung des Standorts durch Herrn W. wahrgenommen werde, bleibe zudem offen, wer die verbleibenden 70 Prozent dieses Aufgabenbereiches übernehme. Insgesamt seien die behaupteten anderweitig verteilten Aufgabenbereiche des Klägers lediglich mit 48,5 Prozent angegeben, so dass auch insoweit unklar bleibe, wer die übrigen 51,5 Prozent übernehme. Zudem sei die Prozentzahl, die die Beklagte einzelnen Aufgaben beimesse, teilweise völlig unrealistisch.

36

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens des Klägers im Berufungsverfahren wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 09.01.2017 (Bl. 183 - 199 d. A.) nebst Anlagen (Bl. 200 - 202 d. A.) Bezug genommen.

37

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen.

38

Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 20.02.2017.

Entscheidungsgründe

I.

39

Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

40

Das Rechtsmittel der Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

41

Denn die streitgegenständliche ordentliche betriebsbedingte Kündigung der Beklagten vom 21.04.2016 hat das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht mit Ablauf des 31.10.2016 beendet.

42

Vielmehr ist die ordentliche Kündigung der Beklagten sowohl wegen fehlender Anhörung des Betriebsrats gem. § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG als auch wegen der fehlenden sozialen Rechtfertigung gem. § 1 KSchG rechtsunwirksam.

43

Mit dem Arbeitsgericht ist zunächst davon auszugehen, dass die Kündigung wegen unterbliebener Anhörung des Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG rechtsunwirksam ist.

44

Der Kläger unterfällt dem Anwendungsbereich des BetrVG, denn er ist entgegen der in beiden Rechtszügen geäußerten Auffassung der Beklagten nicht Leitender Angestellter i. S. d. § 5 Abs. 3 BetrVG.

45

Das Arbeitsgericht hat insoweit in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt.

"aa)

46

Der Kläger hat zwar Prokura, aber auch nur Prokura zusammen mit einem weiteren Prokuristen, die außerdem Verträge betrifft, die - von der Beklagten nicht bestritten - bis 15.000,00 Euro Jahressumme laufen. Das ist im Vergleich zu der Umsatzgrößenordnung des Betriebes in C-Stadt unbedeutend. Zumindest hat die Beklagtenseite nicht vortragen können, worin die besondere Bedeutung der Prokura des Klägers liegen könnte.

bb)

47

Das gleiche gilt hinsichtlich von § 5 Abs. 3 Ziff. 3 BetrVG. Die Beklagte behauptet zwar, dass der Kläger bei Fortbestand des Arbeitsverhältnisses hätte Entscheidungen treffen können, die von besonderer Bedeutung für den Betrieb gewesen wären. Woraus sie diesen Schluss zieht, ist aber nicht zu erkennen.

cc)

48

Die Beklagte hat auch behauptet, der Kläger sei zur selbständigen Einstellung und Entlassung nach § 5 Abs. 3 Ziff. 1 BetrVG berechtigt, gleichzeitig aber auch eingeräumt, dass er diese behauptete Berechtigung nicht ausgeübt hat. Der Arbeitsvertrag selbst sieht diese Berechtigung nicht vor, obwohl es nahegelegen hätte, bei dem Unterpunkt „fachliche und disziplinarische Leitung der Mitarbeiter des Werkes Aquaristik" (Bl. 23 d. A.) auch den Punkt Befugnis der Einstellungen und Entlassungen zu vereinbaren. Es ist also die behauptete Befugnis zur eigenverantwortlichen Einstellung und Entlassung weder aus dem Arbeitsvertrag des Klägers ersichtlich noch hat er sie zur Zeit des Arbeitsverhältnisses ausgeübt.

dd)

49

Gegen die Einordnung des Klägers als leitender Angestellter spricht auch, dass die Beklagte die Einführung der S.-Software als „wesentlichen Teil" der Tätigkeit des Klägers (Bl. 64 d. A.; Bl. 4 des Schriftsatzes vom 29.09.2016) bezeichnet. Das ist aber etwas, was überhaupt nicht mit der Funktion eines leitenden Angestellten zu tun hat."

50

Diesen Ausführungen schließt sich die Kammer zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen zustimmend an, stellt dies hiermit ausdrücklich fest und nimmt darauf gem. § 69 Abs. 2 ArbGG voll inhaltlich Bezug.

51

Das Berufungsvorbringen der Beklagten rechtfertigt insoweit keine abweichende Beurteilung des hier maßgeblichen Lebenssachverhalts. Denn es enthält keinerlei neue, nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiierte Tatsachenbehauptungen, die zu einem abweichenden Ergebnis führen könnten. Gleiches gilt für etwaige Rechtsbehauptungen. Es macht lediglich - wenn auch aus der Sicht der Beklagten heraus verständlich - deutlich, dass die Beklagte mit der tatsächlichen und rechtlichen Würdigung des schriftsätzlichen Vorbringens der Parteien im erstinstanzlichen Rechtszug durch das Arbeitsgericht, dem die Kammer folgt, nicht einverstanden ist.

52

Zwar hat die Beklagte im Hinblick auf die Gesamtprokura zutreffend auf BAG 25.03.2009 (EzA § 5 BetrVG 2001 Nr. 4; vgl. Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, 13. Aufl., 2016, DLW-Wildschütz, Kap. 13 Rdnr. 50 = S. 2705) hingewiesen. Danach muss zwar keine völlige Deckungsgleichheit zwischen rechtlichem Können nach außen und rechtlichem Dürfen nach innen gegeben sein; andererseits genügt es aber nicht, dass es sich lediglich um einen sog. Titula-Prokuristen handelt oder der Prokura nur ein unbedeutender Aufgabenbereich mit starken Einschränkungen im Innenverhältnis zu Grunde liegt. Zur Beurteilung, welches Maß an rechtlichem Dürfen im Innenverhältnis erforderlich ist, kann auf die Merkmale des § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG zurückgegriffen werden, so dass die Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 Nr. 2 BetrVG dann erfüllt sind, wenn dem Prokuristen Aufgaben zugewiesen sind, die denen nach Nr. 3 in etwa gleichwertig sind, wenn also der Prokura ein bedeutender Aufgabenbereich mit erheblichem Entscheidungsspielraum zu Grunde liegt. Prokuristen, die ausschließlich Stabsfunktionen wahrnehmen, sind deshalb keine Leitenden Angestellten i. S. d. § 5 Abs. 3 Nr. 2 BetrVG (BAG 29.06.2011 EzA § 5 BetrVG 2001 Nr. 6).

53

Zusammengefasst hat die Beklagte insoweit im Berufungsverfahren an sich lediglich darauf hingewiesen, dass der Kläger als Werksleiter und faktischer Standortleiter in einem kleinen Betrieb mit 60 Mitarbeitern für diese die komplette Verantwortung getragen habe. Des Weiteren hat sie beispielhaft vier Verträge (Aufhebungsvertrag, Änderung/Anstellungsvertrag (Bonusvereinbarung), Arbeitsvertrag, Investwasserfilterungsanlage) thematisiert. Insoweit ist dieses Vorbringen nach Auffassung der Kammer ungeeignet, nachzuvollziehen, dass dem Kläger die zuvor beschriebenen Aufgaben in einem den gesetzlichen Anforderungen genügenden Ausmaß mit entsprechenden Inhalten tatsächlich übertragen worden sind. Insgesamt ist darauf hinzuweisen, dass sich dem Vorbringen der Beklagten in beiden Rechtszügen auch im Ansatz nicht nachvollziehen lässt, welche Arbeitstätigkeiten mit welchen Inhalten der Kläger tatsächlich im Laufe seiner Beschäftigung bei der Beklagten im Rahmen der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit ausgeführt hat. Das gilt insbesondere bei einem Vergleich der Ausführungen der Beklagten zu § 5 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 BetrVG einerseits und der von ihr behaupteten - vom Kläger bestrittenen - Übersicht über die vom Kläger für die Beklagte auszuführenden Tätigkeiten (S. 10 ff., 18 ff. der Berufungsbegründungsschrift = Bl. 129 ff., 137 ff. d. A.). Insoweit ist nicht einmal nachvollziehbar, in welchem zeitlichen Ausmaß der von ihm vertraglich geschuldeten Arbeitstätigkeit der Kläger zumindest nach Auffassung der Beklagten bei den von ihr angegebenen Prozentanteilen sich mit Aufgaben i.S. d. § 5 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 BetrVG beschäftigt haben soll.

54

Nichts anderes gilt im Hinblick auf § 5 Abs. 3 Nr. 1 BetrVG, denn die von dieser Norm vorausgesetzte Personalverantwortung kann den Status als Leitender Angestellter nur begründen, wenn sie von erheblicher unternehmerischer Bedeutung ist. Diese kann sich aus der Zahl der betreffenden Arbeitnehmer oder aus der Bedeutung von deren Tätigkeit für das Unternehmen ergeben (BAG 10.10.2007, EzA § 5 BetrVG 2001 Nr. 3; 16.04.2002, EzA § 5 BetrVG 1972, Nr. 66).

55

Nachvollziehbare Anhaltspunkte dafür, dass diese Voraussetzungen vorliegend gegeben sein könnten, lassen sich dem Vorbringen der Beklagten in beiden Rechtszügen nicht entnehmen. Hinzu kommt, dass bereits das notwendige Zusammenwirken z.B. des Leiters der Personalabteilung mit den Leitern der Fachabteilungen die Selbständigkeit ausschließt, es sei denn, der Personalleiter ist befugt, sich in begründeten Fällen über das Votum der Fachabteilungen hinweg zu setzen (vgl. DLW-Wildschütz a.a.O. Rdnr. 47). Anhaltspunkte dafür bestehen vorliegend ersichtlich nicht. Des Weiteren ist auch in zeitlicher Hinsicht nicht nachvollziehbar, in welchem Ausmaß sich der Kläger tatsächlich mit derartigen Teiltätigkeiten beschäftigt haben könnte; dies lässt sich ebenso wie hinsichtlich der Prokura bei einer Gegenüberstellung des tatsächlichen Vorbringens des Beklagten in der Berufungsbegründungsschrift einerseits und der tabellarischen Auflistung von Teiltätigkeiten andererseits nicht nachvollziehen. Hinzu kommt letztlich, dass die Beklagte selbst eingeräumt hat, dass der Kläger diese Berichtigung nur in geringem Umfang ausgeübt hat. Sie hat insoweit darauf hingewiesen, dass das Arbeitsverhältnis bis zur Kündigung des Klägers nur knapp 4 Monate gedauert hat und in diesem Zeitraum keine Vielzahl von Einstellungen oder Entlassungen anstanden. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass vorliegend maßgeblich die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung sind, und zu diesem Zeitpunkt hatte die jedenfalls nach Auffassung der Beklagten dem Kläger vertraglich eingeräumte Einstellungs- und Entlassungsbefugnis offensichtlich für den Vollzug des Arbeitsverhältnisses de facto keine signifikante oder praktische Bedeutung erlangt. Anhaltspunkte dafür, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Annahme eines Leitenden Angestellten insoweit gegeben sein könnten, bestehen nach alledem nicht.

56

Zwar ist nach § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG ein Arbeitnehmer ferner dann Leitender Angestellter, wenn kumulativ folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

57

- regelmäßige Wahrnehmung sonstiger Aufgaben, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebes von Bedeutung sind;
- deren Erfüllung besonderer Erfahrung und Kenntnisse voraussetzt;
- wenn der Angestellte entweder die Entscheidung im Wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst. Damit soll der ganz überwiegende Teil der Leitenden Angestellten erfasst werden, die zwar Führungsaufgaben wahrnehmen, aber die Kriterien nach Nr. 1 und Nr. 2 nicht erfüllen. Damit werden wesentlich auch Angestellte in sog. Stabsfunktionen befasst, die die Entscheidung wesentlich vorbereiten und somit planen und beratend tätig seien (vgl. BAG 23.01.1986 EzA § 5 BetrVG 1972, Nr. 42; DLW/Wildschütz, a.a.O. Rdnr. 55).

58

Soweit die Beklagte insoweit zur Tätigkeit des Klägers im Zusammenhang mit der S. Software vorgetragen hat, sind die von ihr beschriebenen allgemeinen Aufgaben, Tätigkeiten zum einen nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen völlig unsubstantiiert. Warum es sich insoweit um eine Aufgabe handeln soll, wie von ihr behauptet, die ein Leitender Angestellter wahrzunehmen hat, erschließt sich danach im Hinblick auf die zuvor dargestellten Anforderungen keineswegs. Zum anderen verhält sich das Vorbringen der Beklagten insoweit weder über das Erfordernis besonderer Erfahrungen und Kenntnisse, noch dazu, dass der Kläger insoweit Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen getroffen hat, hätte treffen können oder sie jedenfalls maßgeblich beeinflusst hat. Im Übrigen muss die Wahrnehmung derart wesentlicher Aufgaben der Tätigkeit auf das Gepräge geben, darf also nicht nur gelegentlich erfolgen (BAG 23.01.1986, EzA § 5 BetrVG 1972 Nr. 42); die Wahrnehmung derartiger Aufgaben muss die Tätigkeit also schwerpunktmäßig bestimmen (BAG 25.10.1989 EzA § 5 BetrVG 1972 Nr. 49). Insoweit muss ein beachtlicher Teil der Arbeitszeit von diesen Tätigkeiten beansprucht werden (BAG 23.01.1986, a.a.O.; DLW/Wildschütz a.a.O. Rdnr. 62). Auch insoweit fehlt es an tatsächlichem Vorbringen der Beklagten in beiden Rechtszügen.

59

Gem. § 5 Abs. 4 BetrVG ist Leitender Angestellter nach § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG im Zweifel, wer einer Leitungsebene angehört, auf der in dem Unternehmen überwiegend Leitende Angestellte vertreten sind (Nr. 2), oder ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das für Leitende Angestellte in dem Unternehmen üblich ist (Nr. 3). Zu beiden Vorschriften fehlt es an nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiiertem, tatsächlichem Vorbringen der Beklagten, so dass vom Vorliegen der Voraussetzungen eine dieser beiden Alternativen im hier zu entscheidenden Einzelfall nicht ausgegangen werden kann. Hinzu kommt, das nach Auffassung der Kammer § 5 Abs. 4 BetrVG ohnehin nicht zur Anwendung kommt, weil es sich bei den beim Rückgriff auf § 5 Abs. 4 BetrVG vorausgesetzten Zweifeln um rechtliche, nicht tatsächliche Zweifel handeln muss (DLW/Wildschütz a.a.O., Rdnr. 72). Im hier zu entscheidenden Einzelfall lässt sich aber bereits dem tatsächlichen Vorbringen der Beklagten nicht das nötige Tatsachensubstrat entnehmen, auf dessen - ggf. im Bestreitensfall durch Beweisaufnahme ermittelten - Grundlage Raum für die erforderlichen rechtlichen Zweifel wäre. Ob der Kläger einer Leitungsebene angehört hat, auf der in dem Unternehmen überwiegend Leitende Angestellte vertreten sind, lässt sich ebenso wenig feststellen, wie, ob er ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhalten hat, das für Leitende Angestellte in dem Unternehmen üblich ist. Denn insoweit fehlt es an tatsächlichen substantiierten Angaben der Beklagten, die einem substantiiertem Bestreiten durch den Kläger zugänglich gewesen wären. Die Beklagte hat insoweit auf das Durchschnittseinkommen im Donnersbergkreis in Rheinland-Pfalz abgestellt, auf die Durchschnittsvergütung aller Arbeitnehmer im Donnersbergkreis. Darauf kommt es aufgrund der dargestellten gesetzlichen Kriterien aber ersichtlich nicht an.

60

Gem. § 5 Abs. 4 Nr. 4 BetrVG ist ein Arbeitnehmer Leitender Angestellter nach § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG auch dann, wenn bei der Anwendung des § 5 Abs. 4 Nr. 3 BetrVG noch Zweifel bleiben, wenn er ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, dass das dreifache der Bezugsgröße nach § 18 SGB IV überschreitet. Ob das Arbeitseinkommen des Klägers das dreifache dieser Bezugsgröße überschreitet, lässt sich aber dem Vorbringen der Beklagten nicht entnehmen, denn dazu verhält sich ihr Vorbringen schlicht nicht; es beschränkt sich, wie dargelegt, auf das Durchschnittseinkommen im Donnersbergkreis. Ob die Vergütung des Klägers also auffallend über der durchschnittlichen Vergütung im Donnersbergkreis liegt, ist nach Maßgabe der zuvor dargestellten Grundsätze unerheblich.

61

Folglich kann der Kläger auch nach dem Vorbringen der Beklagten im Berufungsverfahren nicht als Leitender Angestellter i. S. d. § 5 Abs. 3, 4 BetrVG angesehen werden, so dass die streitgegenständliche ordentliche Arbeitgeberkündigung gem. § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG rechtsunwirksam ist.

62

Darüber hinaus ist die ordentliche Kündigung der Beklagten auch sozial ungerechtfertigt i.S.d. § 1 KSchG. Sie ist nicht als ordentliche Kündigung aufgrund von dringenden betrieblichen Erfordernissen gerechtfertigt.

63

Betriebliche Erfordernisse liegen dann vor, wenn Umstände aus dem wirtschaftlichen oder betriebstechnischen Bereich dazu führen, dass die betriebliche Arbeitsmenge so zurückgeht, dass der Beschäftigungsbedarf für einen oder mehrere Arbeitnehmer entfällt. Erforderlich ist eine konkrete Auswirkung auf die Einsatzmöglichkeit des gekündigten Arbeitnehmers. Es fehlt an einem betrieblichen Erfordernis zur wirksamen Beendigung eines Arbeitsverhältnisses i. S. d. § 1 Abs. 2 KSchG, wenn außer- oder innerbetriebliche Umstände nicht zu einer dauerhaften Reduzierung des betrieblichen Arbeitskräftebedarfs führen (BAG 23.02.2012 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 166 = NZA 2012, 852).

64

Es muss also zumindest ein Arbeitsplatz weggefallen sein, wobei dies nicht in der Weise zu verstehen ist, dass es sich dabei gerade um den konkret fixierten Arbeitsplatz des gekündigten Arbeitnehmers handeln muss (BAG 30.05.1985 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 36).

65

Vielmehr ist nach Maßgabe der sozialen Auswahl ggf. einem Arbeitnehmer zu kündigen, dessen Arbeitsplatz noch vorhanden ist, wenn nur die Anzahl der vergleichbaren Arbeitsplatze insgesamt zurückgegangen ist mit der Folge, dass die Zahl der benötigten Arbeitsplätze aufgrund der Entwicklung der Arbeitsmenge kleiner ist als die Zahl der auf diesen Arbeitsplätzen bislang beschäftigten Arbeitnehmer. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für die soziale Rechtfertigung der Kündigung ist grds. der Zeitpunkt des Kündigungszugangs. Grundsätzlich muss dann der Kündigungsgrund - Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit - vorliegen (LAG Düsseld. 16.11.2005 - 12 Sa 1150/05, EzA-SD 1/06 S. 8 LS; vgl. Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht 13. Aufl. 2016, DLW-Dörner, Kap. 4 Rn. 2523 ff.).

66

Das Merkmal der Dringlichkeit wird dadurch charakterisiert, dass eine Weiterbeschäftigung der nunmehr überzähligen Arbeitnehmer nicht, insbes. nicht unter bestimmten organisatorischen Voraussetzungen möglich ist. Die Kündigung muss in Anbetracht der betrieblichen Situation unvermeidbar sein. Der Betrieb muss sich in einer Zwangslage befinden, die nur durch eine Kündigung, nicht aber durch andere Maßnahmen beseitigt werden kann (APS/Kiel § 1 KSchG Rn. 561 ff.).

67

Diese betrieblichen Erfordernisse müssen dringend sein und eine Kündigung im Interesse des Betriebes unvermeidbar machen (LAG RhPf 10.05.1988 NZA 1989, 273). Es fehlt an einem betrieblichen Erfordernis zur wirksamen Beendigung eines Arbeitsverhältnisses i. S. d. § 1 Abs. 2 KSchG, wenn außer- oder innerbetriebliche Umstände nicht zu einer dauerhaften Reduzierung des betrieblichen Arbeitskräftebedarfs führen. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen näher darzulegen, aus denen sich ergeben soll, dass zukünftig auf Dauer mit einem reduzierten Arbeitsvolumen und Beschäftigungsbedarf zu rechnen ist; das Vorliegen von möglicherweise nur kurzfristigen Produktions- oder Auftragsschwankungen muss ausgeschlossen sein. Der Arbeitgeber hat den dauerhaften Rückgang des Arbeitsvolumens nachvollziehbar darzustellen, in dem er die einschlägigen Daten aus repräsentativen Referenzperioden miteinander vergleicht (BAG 23.02.2012 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 166 = NZA 2012, 852; s. Hunold NZA-RR 2013, 57 ff.: Schrader/Siebert NZA-RR 2013, 113 ff.). Die organisatorischen Maßnahmen, die der Arbeitgeber trifft, um seinen Betrieb dem Umsatzrückgang oder der verschlechterten Ertragslage anzupassen (wozu weder der Ausspruch der Kündigung selbst [BAG 20.02.1986 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 37] gehören), sind vom Arbeitsgericht nicht auf ihre Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit, sondern nur daraufhin zu überprüfen, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich sind (BAG 30.04.1987 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 47; 13.03.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 159; LAG BW 12.08.2004 - 22 Sa 99/03 EzA-SD 1/05, S. 7 LS; LAG Bln.-Bra. 01.03.2007 - 2 Sa 18/07, EzA-SD 19/2007 S. 5; Schrader/Schubert NZA-RR 2004, 393 ff.; Kaiser NZA 2005, Beil. 1/2005 zu Heft 10, S. 31 ff.). Für eine beschlossene und tatsächlich durchgeführte unternehmerische Organisationsentscheidung spricht die Vermutung, dass sie aus sachlichen Gründen erfolgt ist und nicht auf Rechtsmissbrauch beruht (BAG 23.04.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 160; 27.01.2011 - 2 AZR 9/10, EzA-SD 13/2011 S. 8 LS; s. Hunold NZA-RR 2013, 57 ff.; Schrader/Siebert NZA-RR 2013, 113 ff.).

68

So erfüllen offensichtlich unsachliche oder willkürliche Rationalisierungsmaßnahmen den Tatbestand der unzulässigen Rechtsausübung des betrieblichen Gestaltungsrechts durch den Arbeitgeber. Es ist missbräuchlich, in diesem Sinne, einen Arbeitnehmer durch die Bildung separater betrieblicher Organisationsstrukturen bei unverändertem Beschäftigungsbedarf aus dem Betrieb zu drängen, indem die tatsächlichen Arbeitsabläufe und die hierarchischen Weisungswege als solche unangetastet gelassen und nur, gewissermaßen pro forma, in allein zu diesem Zweck erdachte rechtliche Gefüge eingepasst werden (BAG 23.04.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 160 = NZA 2008, 939).

69

Läuft die unternehmerische Entscheidung also letztlich nur auf den Abbau einer Hierarchieebene oder die Streichung eines einzelnen Arbeitsplatzes hinaus, verbunden mit einer Umverteilung der dem betroffenen Arbeitnehmer bisher zugewiesenen Aufgaben, so sind gesteigerte Anforderungen an die Darlegungslast zu stellen (BAG 10.10.2002 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 122; 13.02.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 158; 16.12.2010 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 165; 24.05.2012 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 167 = NZA 2012, 1223; s. Hunold NZA-RR 2013, 57 ff.; Schrader/Siebert NZA-RR 2013, 113 ff.). Der Arbeitgeber muss dann konkret erläutern, in welchem Umfang und aufgrund welcher Maßnahmen die bisher vom gekündigten Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten für diesen zukünftig entfallen.

70

Er muss- im Rahmen einer abgestuften Darlegungslast - die Auswirkungen seiner unternehmerischen Vorgaben und Planungen auf das erwartete Arbeitsvolumen anhand einer schlüssigen Prognose im Einzelnen darstellen und angeben, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige Leistungen erledigt werden können. In welcher Weise ein Arbeitgeber darlegt, dass die Umverteilung von Arbeitsaufgaben nicht zu einer überobligatorischen Beanspruchung im Betrieb verbliebener Arbeitnehmer führt, bleibt ihm überlassen. Handelt es sich um nicht taktgebundene Arbeiten, muss nicht in jedem Fall und minutiös dargelegt werden, welche einzelnen Tätigkeiten die fraglichen Mitarbeiter künftig mit welchen Zeitanteilen täglich zu verrichten haben. Es kann - je nach Einlassung des Arbeitnehmers - ausreichend sein, wenn der Arbeitgeber die getroffenen Vereinbarungen zu Umfang und Verteilung der Arbeitszeit darstellt und Anhaltspunkte dafür darlegt, dass Freiräume für die Übernahme zusätzlicher Aufgaben vorhanden sind (BAG 16.12.2010 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 165; 24.05.2012 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 167 = NZA 2012, 1223).

71

Ist die unternehmerische Entscheidung also verbunden mit einer Neuverteilung der dem betroffenen Arbeitnehmer bisher zugewiesenen Aufgaben, bedarf es - wie beschrieben - der Konkretisierung dieser Entscheidung, damit geprüft werden kann, ob der Arbeitsplatz des betroffenen Arbeitnehmers tatsächlich weggefallen ist und die Entscheidung nicht offensichtlich unsachlich oder willkürlich ist (BAG 13.02.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 158; 10.10.2002 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 122).

72

Hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast gilt insgesamt Folgendes:

73

Ist der Rückgang der Beschäftigungsmöglichkeit unmittelbar auf einen organisatorischen Entschluss des Arbeitgebers zurückzuführen (z. B. die ersatzlose Streichung einer Stelle), so muss der Arbeitgeber substantiiert den Inhalt seines Entschlusses, dessen praktische Umsetzung und dessen zahlenmäßige Auswirkungen auf die Beschäftigungsmöglichkeit darlegen (s. Bitter DB 1999, 1214 ff.).

74

Handelt es sich insoweit um eine nur beschränkt überprüfbare Unternehmerentscheidung, so ist der Arbeitgeber nicht an sich verpflichtet, die hierfür maßgeblichen Erwägungen offen zu legen. Andererseits muss der Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess konkrete Angaben dazu machen, wie sich die Verringerung bzw. Veränderung der Produktion auf die Arbeitsmenge auswirkt und in welchem Umfang dadurch ein konkreter Arbeitskräfteüberhang entsteht. Zu dem Entscheidungsspielraum des Arbeitgebers gehört dabei die Befugnis, die Zahl der Arbeitskräfte zu bestimmen, mit denen eine Arbeitsaufgabe erledigt werden soll. Der Arbeitgeber kann grds. sowohl das Arbeitsvolumen - die Menge der zu erledigenden Arbeit - als auch das diesem zugeordneten Arbeitskraftvolumen - Arbeitnehmerstunden - und damit auch das Verhältnis dieser beiden Größen zueinander festlegen. Zwar muss nicht ein bestimmter Arbeitsplatz entfallen sein, Voraussetzung ist aber, dass die Organisationsentscheidung ursächlich für den vom Arbeitgeber behaupteten Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses ist. Dies ist nur dann der Fall, wenn die Entscheidung sich auf eine nach sachlichen Merkmalen genauer bestimmte Stelle bezieht. Der allgemeine Beschluss, Personalkosten zu senken, erfüllt diese Anforderungen nicht (LAG BW 20.02.2004 AuR 2004, 356 LS).

75

Hingegen hat der Arbeitnehmer darzulegen und zu beweisen, dass die fragliche innerbetriebliche Maßnahme (z. B. eine Rationalisierungsmaßnahme) offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (BAG 09.05.1996 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 85), wobei aber ggf. die Erleichterung des Anscheinsbeweis in Betracht kommt (BAG 24.10.1979 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 13). Denn insoweit spricht für eine beschlossene und tatsächlich durchgeführte unternehmerische Organisationsentscheidung die Vermutung, dass sie aus sachlichen Gründen erfolgt ist (BAG 23.04.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 160). Es ist aber andererseits missbräuchlich in diesem Sinne, einen Arbeitnehmer durch die Bildung separater betrieblicher Organisationsstrukturen bei unverändertem Beschäftigungsbedarf aus dem Betrieb zu drängen, indem die tatsächlichen Arbeitsabläufe und die hierarchischen Weisungswege als solche unangetastet gelassen und nur, gewissermaßen pro forma, in allein zu diesem Zweck erdachte rechtliche Gefüge eingepasst werden (BAG 23.04.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 160).

76

Läuft also die unternehmerische Entscheidung dagegen letztlich nur auf den Abbau einer Hierarchieebene hinaus, so sind gesteigerte Anforderungen an die Darlegungslast zu stellen (BAG 13.02.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 158; 24.05.2012 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 167 = NZA 2012, 1223). Ist die unternehmerische Entscheidung verbunden mit einer Neuverteilung der dem betroffenen Arbeitnehmer bisher zugewiesenen Aufgaben, bedarf es der Konkretisierung dieser Entscheidung, damit geprüft werden kann, ob der Arbeitsplatz des betroffenen Arbeitnehmers tatsächlich weggefallen ist und die Entscheidung nicht offensichtlich unsachlich oder willkürlich ist (BAG 10.10.2002 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 122; 13.02.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 158). Der Arbeitgeber muss insbes. konkret darlegen, in welchem Umfang die bisher von dem Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten zukünftig im Vergleich zum bisherigen Zustand entfallen. Er muss aufgrund seiner unternehmerischen Vorgaben die zukünftige Entwicklung der Arbeitsmenge anhand einer näher konkretisierten Prognose darstellen und angeben, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligatorische Leistungen erbracht werden können (BAG 13.02.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 158; 24.05.2012 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 167 = NZA 2012, 1223).

77

In Anwendung dieser Grundsätze ist vorliegend davon auszugehen, dass im Verhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten keine nicht willkürliche, nicht rechtsmissbräuchliche Unternehmerentscheidung gegeben ist, auf die sich die Beklagte zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Erfolg berufen kann. Gleiches gilt für etwaige sonstige dringende betriebliche Gründe.

78

Den insoweit an das tatsächliche Vorbringen der Beklagten zu stellenden Anforderungen genügen die Ausführungen in beiden Rechtszügen ersichtlich nicht. Es bleibt insgesamt unklar, worin die tatsächlich vom Kläger erbrachte Arbeitsleistung für die Beklagte vom Beginn seines Arbeitsverhältnisses für die Beklagte an bestanden hat. Die Darstellung der Beklagten ist insoweit pauschal, unpräzise und verzichtet auf die Angabe jeglicher nachvollziehbarer Zeitanteile. Sie ist auch in sich unschlüssig. Welche Einzeltätigkeiten des Klägers aufgrund welcher Entscheidung der Beklagten entfallen sein sollen, bleibt im Einzelnen ebenfalls unklar. Ebenso, aufgrund welcher Umstände der Wegfall eines Arbeitsplatzes derart, wie ihn der Kläger innehatte, gegeben sein soll. Deutlich wird lediglich, dass die Beklagte sich bereits seit Ende 2012 - Anfang 2013 in einem organisatorischen Umwandlungsprozess befindet, der zu fortgesetzten Entscheidungen zur Umorganisation in allen möglichen Bereichen zur Neustrukturierung und Umorganisation geführt hat/führt. Bereits insoweit ist eine willkürfreie Entscheidung unter Berücksichtigung auch des § 162 Abs. 1 BGB nicht nachvollziehbar dargelegt. Insoweit hat die Beklagte vorgetragen, Ende 2015 sei bestimmt worden, dass der Kläger ab 01.01.2016 direkt bei der Beklagten eingestellt werde. Insoweit hat der Kläger tatsächlich am 01.01.2016 seine Tätigkeit aufgenommen. Nur wenige Wochen später, so die Beklagte, wurde am 18.02.2016 beschlossen, eine hierarchische Leitungsebene, die gerade erst aufgebaut worden war, wieder zu streichen. Damit, so die Beklagte, sei der Bedarf für die Beschäftigung des Klägers entfallen. Berücksichtigt man, dass die zweijährige Vorbeschäftigung des Klägers als Assistent der Geschäftsführung letztlich nichts anderes zum Ziel gehabt haben kann, als ihn auf eine entsprechende Tätigkeit vorzubereiten, erschließt sich nicht, was Veranlassung gegeben haben könnte, nach einem Zeitraum von gerade einmal sechs Wochen eine, bezogen auf den Kläger, fällige Neustrukturierung zu beschließen. Diese in besonderem Maße ungewöhnliche Zeitschiene führt nach Auffassung der Kammer zu einem besonderen Begründungsbedarf, dem die Beklagte durch den lapidaren Hinweis auf die sich abzeichnende schlechte Umsatz- und Ertragssituation auch im Ansatz nicht genügt hat, zumal offenbleibt, inwieweit sich die insoweit maßgeblichen Parameter zwischen Ende 2015 und dem 18.02.2016 substantiell geändert haben. Tatsächliches Vorbringen dazu fehlt vollständig.

79

Nicht nachvollziehbar dargestellt wird sodann, wie sich die behauptete Unternehmerentscheidung, die die Kammer nicht als willkürfrei ansieht, auf den Beschäftigungsbedarf in dem Bereich, in dem der Kläger beschäftigt ist, ausgewirkt hat. Dabei bedarf dies schon deshalb der gerichtlichen Überprüfung, weil Kündigungsgrund regelmäßig nicht eine schlechte Umsatz- und Ertragssituation ist, sondern der Wegfall des Beschäftigungsbedarfs aufgrund einer unternehmerischen Entscheidung. Insofern ist zudem darauf hinzuweisen, dass gerade sich abzeichnende schlechte Umsatz- und Ertragszahlen in einem unternehmerischen Bereich, der sich mit verantwortlichen Entscheidungen aus strategischer Art insoweit beschäftigt, es nicht ungewöhnlich ist, dass erhebliche Mehranstrengungen unternommen werden, was Arbeitszeit kostet, um die Umsatz- und Ertragssituation zu verbessern. Wenn es, wovon die Beklagte wohl ausgeht, vorliegend stattdessen allein um Kostenreduzierung gegangen sein sollte, lässt sich dies dem Vorbringen der Beklagten jedenfalls nicht nachvollziehbar entnehmen.

80

Selbst dann wäre aber nach den zuvor dargestellten Grundsätzen zu fordern, dass die Beklagte darlegt, aus welchen Einzeltätigkeiten die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung des Klägers im Wesentlichen zumindest summarisch zusammensetzt und wie sich dieses Arbeitsvolumen in Arbeitsstunden pro Woche/Monat aufgrund der unternehmerischen Entscheidung voraussichtlich verändern wird. Ein Rückgang des Beschäftigungsbedarfs kann insoweit darin bestehen, dass zuvor ausgeübte Einzeltätigkeiten schlicht entfallen. Angaben dazu lassen sich dem Vorbringen der Beklagten jedoch nicht hinreichend substantiiert entnehmen. Des Weiteren besteht die Möglichkeit, Einzeltätigkeiten auf Vorgesetzte, Geschäftsführer oder andere Arbeitnehmer zu übertragen, was allerdings voraussetzt, dass dies in einer Weise erfolgt, dass bei den verbleibenden Arbeitnehmern/Geschäftsführern tatsächlich Arbeitszeitkapazitäten vorhanden sind und die neu übernommenen Tätigkeiten zumindest von den betroffenen Arbeitnehmern im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Arbeitszeitbestimmungen nur ohne überobligationsmäßige Zusatzbelastung auch tatsächlich verrichtet werden können. Und dies insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass die Beklagte erst Ende 2015 in diesem Zusammenhang offensichtlich davon ausgegangen ist, dass ein vollzeitiger Beschäftigungsbedarf für den Kläger an dem ihm zugewiesenen Arbeitsplatz besteht. Auch insoweit wäre es also erforderlich gewesen, darzulegen, wie und warum sich dies innerhalb von sechs Wochen maßgeblich verändert haben soll.

81

Die Beklagte hat hinsichtlich des Geschäftsführers Herrn Wa. insoweit zunächst vorgetragen, dass dieser nicht permanent für die Gesellschaft tätig werden konnte (Bl. 122 d.A.). Er wurde deshalb durch Herrn S. unterstützt, der aber zum 31.12.2015 ausgeschieden ist. Warum angesichts des Ausscheidens von Herrn S. nunmehr bei einer unterstellten gewöhnlichen Belastung von Herrn Wa. die Möglichkeit bestand, diesem wiederum weitere Aufgaben zuzuweisen, erschließt sich bereits im Ansatz nicht. Nichts anderes gilt für die Übertragung von Tätigkeiten an Herrn W. (Bl. 126 d.A.). Denn Ende 2015 ist die Beklagte offensichtlich noch davon ausgegangen, dass dieser in Vollzeit ausgelastet ist; zudem ist auch insoweit zu berücksichtigen, dass Herr S. den Betrieb zum 31.12.2015 verlassen hat. Diese Überlegungen treffen in gleichem Maße auf die Tätigkeit von Herrn St. zu, der nach der Darstellung der Beklagten (Bl. 126 d.A.) zuvor die Qualitätssicherung verantwortet hatte. Dabei bleibt bereits offen, wer denn nach Herrn St. diese Tätigkeit übernommen hat. Auch ist unklar, welche Wochenarbeitszeit er darauf verwendet hatte und wie sich dazu die ihm neu übertragenen Aufgaben verhalten. Insoweit wäre es also Sache der Beklagten gewesen, im Einzelnen einer die vom Kläger ausgeübten Teiltätigkeiten unter Angabe von ungefähren Zeitanteilen darzustellen, und andererseits, welche Teiltätigkeiten mit welchen Zeitanteilen auf wen im Einzelnen übertragen wurde, ergänzt um Angaben, woraus sich insoweit freie Arbeitszeitkapazitäten unter Beachtung des Arbeitszeitgesetzes, soweit es sich um Arbeitnehmer handelt, ergeben. Daran fehlt es. Soweit die Beklagte sodann im Berufungsverfahren (Bl. 137-139 d.A. = S. 18-20 der Berufungsbegründungsschrift) prozentuale Angaben zu summarisch aufgelisteten einzelnen Tätigkeiten macht, ist dieses Vorbringen bereits in sich unschlüssig. Der Kläger hat insoweit zutreffend darauf hingewiesen, dass die Addition der Prozentanteile zu einer Summe von lediglich 89,5 Prozent führt. Welcher Aufgaben- und Verantwortungsbereich des Klägers 10,5 Prozent ausmacht, ist ebenso unklar, wie was mit diesen Zeitanteilen in Zukunft geschehen sollte. Soweit die Beklagte behauptet hat, die disziplinarische und fachliche Leitung des Standortes werde künftig zu 30 Prozent durch Herrn W. wahrgenommen, fehlt es an jeglichen Angaben dazu, durch wen die übrigen 70 Prozent dieses Aufgabenbereichs zukünftig wahrgenommen werden sollen. Schließlich ergibt die Summe der Prozentsätze im Zusammenhang mit den Aufgaben, die vermeintlich von anderen Arbeitnehmern wahrgenommen werden sollen oder wegfallen, lediglich 48,5 Prozent, sodass nicht nachvollziehbar ist, wie es sich mit den verbleibenden 51,5 Prozent verhält. Selbst wenn die prozentualen Angaben, was der Kläger nachvollziehbar in Abrede gestellt hat, also zutreffend wären, wäre nach dem Vorbringen der Beklagten nicht einmal die Hälfte der Tätigkeit des Klägers entfallen. Dann wäre aber nach dem Grundsatz des Vorrangs der Änderungskündigung vor der Beendigungskündigung als Ausfluss des ultima-ratio-Prinzips der Ausspruch einer Änderungskündigung statt einer Beendigungskündigung in Betracht zu ziehen gewesen.

82

Nach alledem kann vorliegend nach dem Vorbringen der Beklagten weder davon ausgegangen werden, dass eine willkürfreie Unternehmerentscheidung vorliegt, noch, dass diese zum Wegfall des Beschäftigungsbedarfs in dem Bereich, in dem der Kläger beschäftigt ist, in einem Ausmaß geführt hat, das eine ordentliche betriebsbedingte Beendigungskündigung rechtfertigen könnte.

83

Folglich war die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

84

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

85

Für eine Zulassung der Revision war nach Maßgabe der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben.

(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.

(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn

1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat,
2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt,
3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,
4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder
5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.

(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.

(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn

1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder
2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder
3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.

(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.

(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Die Vorschriften dieses Abschnitts gelten nicht

1.
in Betrieben einer juristischen Person für die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist,
2.
in Betrieben einer Personengesamtheit für die durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit berufenen Personen.

(2) Auf Geschäftsführer, Betriebsleiter und ähnliche leitende Angestellte, soweit diese zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind, finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit Ausnahme des § 3 Anwendung. § 9 Abs. 1 Satz 2 findet mit der Maßgabe Anwendung, daß der Antrag des Arbeitgebers auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses keiner Begründung bedarf.

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 11.10.2016, Az.: 8 Ca 596/16 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten (im Berufungsverfahren nur noch) darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund ordentlicher betriebsbedingter Arbeitgeberkündigung sein Ende gefunden hat, oder aber nicht.

2

Der Kläger war zunächst ab dem 01.01.2014 bis zum 31.12.2015 für die E. Verwaltungs GmbH tätig und wechselte dann innerhalb der gleichen Unternehmensgruppe unter Anrechnung der Vorbeschäftigungszeiten zur Beklagten. Die Beklagte fertigt Aquarien und Aquaristikzubehör. Im Werk in C-Stadt sind ungefähr 80 Arbeitnehmer beschäftigt. Der Kläger erzielte zuletzt ein Monatseinkommen von ca. 4.500,00 Euro brutto zuzüglich eines geldwerten Vorteils für den Dienstwagen von 895,19 Euro monatlich und erhielt eine Bonuszahlung; hinsichtlich der arbeitsvertraglichen Regelung im Einzelnen wird auf Bl. 23 ff. d. A.) Bezug genommen.

3

Der Kläger hatte Gesamtprokura mit einem weiteren Prokuristen, die auch im Handelsregister eingetragen ist (vgl. Bl. 32 d. A.). Intern durfte der Kläger zusammen mit einem anderen Prokuristen Verträge bis zu einer Jahressumme von 15.000,00 Euro abschließen. Die "Hauptaufgaben" des Klägers hat die Beklagte im Entwurf für ein Zwischenzeugnis, hinsichtlich dessen weiteren Inhalts auf Blatt 72 ff. d. A. Bezug genommen wird, wie folgt wiedergegeben:

4

"Herr A. übernimmt in seiner Position folgende Hauptaufgaben:

5

- disziplinarische und fachliche Leitung des Standorts mit 60 Mitarbeitern einschließlich des Werks; monatlicher Bericht an die Konzerngeschäftsführung
- -Co-Planung und alleinverantwortliche Steuerung der Sanierung des Werks inklusive Umsetzung von Rationalisierungsmaßnahmen
- Sicherstellung der Lieferfähigkeit des Werks während des Turnarounds und darüber hinaus unter Minimierung der Lagerbestände und der benötigten Personalkapazität
- Budgetplanung und Budgetverantwortung für das Werk
- Investitionsplanung sowie Beschaffung von Investitionsgütern und Umsetzung von Investionsvorhaben
- Controlling
- Kalkulation
- Abwicklung von größeren Rechtsstreitigkeiten und größeren Versicherungsfällen
- Vorbereitung und ordnungsgemäße Durchführung der jährlichen Inventur
- Kommunikation und Verhandlungen mit dem Betriebsrat
- Kommunikation mit Banken, daher Verhandlungsführung zur Sicherstellung der weitern Finanzierung
- Kommunikation mit den weiteren Konzernfunktionen, insbesondere Logistik, Vertrieb und F&E
- Schaffung einer Basis für datengetriebene Entscheidungsfindung
- Etablierung von Produktionsleistungsdaten
- Vorbereitung und Umsetzung von arbeitsrechtlichen Maßnahmen
- Betreuung und Weiterentwicklung des xy-Projekts
- federführender Projektleiter für die Einführung von S. am Standort
- Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften hinsichtlich Arbeitssicherheit."

6

Die Beklagte hat mit Schreiben vom 21.04.2016 das Arbeitsverhältnis zum 31.10.2016 ordentlich gekündigt. Der Kläger wurde nach Überreichen der Kündigung freigestellt. Den bei der Beklagten bestehenden Betriebsrat hat sie zuvor nicht angehört.

7

Der Kläger hat vorgetragen,

8

Er sei entgegen der Auffassung der Beklagten kein leitender Angestellter im Sinne von § 5 Abs. 3 BetrVG. Deshalb habe der Betriebsrat zur Kündigung seines Arbeitsverhältnisses angehört werden müssen. Die Erteilung der Gesamtprokura führe, wie vorliegend, keineswegs automatisch dazu, dass der Kläger auch leitender Angestellter sei. Es handele sich lediglich um einen Titel. Im Innenverhältnis sei die Prokura nämlich unbedeutend, weil sie auf Beträge von 15.000,00 Euro zusammen mit einem anderen Prokuristen beschränkt sei. Es sei auch nicht erkennbar, welche Leitungsaufgaben der Kläger im Werk in C-Stadt wahrnehme. Er sei zu dem nicht zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt gewesen. Er habe keine Aufgaben gehabt, die für den Bestand oder die Entwicklung der Beklagten oder den Betrieb in C-Stadt bedeutend seien. Er habe schließlich auch keine alleinige Entscheidungsbefugnis über etwaige Sanierungs- oder Rationalisierungsmaßnahmen gehabt. Er habe nicht die Budgetplanung oder Investitionsplanung durchgeführt. Beim Budget habe er zwar einen Entwurf erstellt, der aber dann vom Aufsichtsrat habe genehmigt werden müssen. Er habe nicht die Kalkulation durchgeführt, er habe auch keine Befugnis gehabt, etwa die Verbraucherpreise festzulegen.

9

Die Personalbefugnis bis 50.000,00 Euro Jahresgehalt sei nicht für Einstellungen oder Entlassungen erteilt worden, sondern nur im Zusammenhang mit Vertragsverlängerungen oder Ersatzeinstellungen. Er selbst habe nie eine Neueinstellung durchgeführt. Diese müsse vom Aufsichtsrat genehmigt werden. Der Kläger sei auch nicht Standortleiter in C-Stadt gewesen, sondern lediglich einer von zwei Werksleitern.

10

Die Beklagte trage zudem widersprüchlich unterschiedliche Kündigungssachverhalte vor. Zunächst habe sie vorgetragen, sein Posten sei gestrichen worden und auf die Geschäftsführung übertragen worden. Sodann sei nach ihrem Vorbringen die Tätigkeit zum Teil vom Geschäftsführer und zum Teil von Herrn W. übernommen worden. Es treffe nicht zu, dass die S.-Einführung abgeschlossen sei. Dies solle erst im Sommer 2017 der Fall sein.

11

Der Kläger hat beantragt,

12

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die mit Schreiben der Beklagten vom 21.04.2016 ausgesprochene ordentliche Kündigung nicht zum 31.10.2016 beendet wird.

13

2. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ein qualifiziertes Zwischenzeugnis zu erteilen.

14

Die Beklagte hat beantragt,

15

die Klage abzuweisen.

16

Die Beklagte hat vorgetragen,

17

der Betriebsrat habe nicht angehört werden müssen, weil der Kläger leitender Angestellter sowohl im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG als auch gem. § 14 Abs. 3 KSchG sei. Er sei Werksleiter gewesen. Die Prokura, die er innegehabt habe, sei nicht unbedeutend gewesen. Mit einem anderen Prokuristen zusammen habe er Arbeitnehmer bis 50.000,00 Euro Jahreseinkommen einstellen können. Seine Tätigkeit sei keineswegs unbedeutend, das gelte schon deshalb, weil das Aufgabengebiet nicht unbedeutend gewesen sei. Er habe über den Standort mit 8 Millionen Euro Jahresumsatz weitgehend weisungsfrei und selbstverantwortlich entscheiden können. Die vorgegebenen Rahmenbedingungen sowie die Unterschriftsrichtlinie sprächen nicht gegen eine eigene Entscheidungsbefugnis des Klägers. Vielmehr hätte er bei der Beklagten, wenn er denn länger beschäftigt gewesen wäre, für den Standort Entscheidungen treffen können, an denen die Beklagte nicht vorbeigekommen wäre. Er sei verantwortlich gewesen für die Steuerung des Werkes und für die Umsetzung der Rationalisierung, von der rund 80 Arbeitnehmer betroffen seien. Auch das 4-Augen-Prinzip ändere daran nichts, dass der Kläger leitender Angestellter gewesen sei. Er habe die Personalauswahl im operativen Bereich verantwortlich innegehabt. Bei längerer Beschäftigung hätte er die grundsätzliche Kompetenz zur Einstellung und Entlassung von Arbeitnehmern auch ausüben können. Es sei für eine Befugnis zur Einstellung und Entlassung nicht erforderlich, dass man die Personalverantwortung für alle trage, sondern es genüge, wenn man für Arbeitnehmer, die für den Betrieb wesentlich seien, die Personalverantwortung trage.

18

Im Übrigen sei die Kündigung auch sozial gerechtfertigt. Am 18.02.2016 habe die Beklagte die Unternehmerentscheidung getroffen, dass die Ebene der Bereichsleiter wegfalle. Vom 01.12.2015 bis zum 31.12.2015 sei Herr S. Werkleiter in C-Stadt gewesen und danach Geschäftsführer bis zu seinem Austritt. Die Werksleitung sei dann ab 01.01.2016 aufgeteilt worden zwischen dem Kläger, der den Bereich Aquaristik betreut habe, und Herrn W., der Objektbau und Produktmanagement betreut habe. Der Kläger sei auch für die Einführung der S.-Software am Standort federführend gewesen. Die S.-Einführung sei abgeschlossen und diese Arbeit folglich weggefallen.

19

Ab dem 22.04.2016, also ab dem Zeitpunkt der Freistellung des Klägers, werde die Arbeit, die er zuvor verrichtet habe, von Anderen durchgeführt. Herr W. habe jetzt die Werksleitung sowohl für Aquaristik wie Objektbau und Innendienst alleine inne. Das Produktmanagement sei auf Herrn St. übertragen worden. Der Kläger sei mit Letzterem nicht vergleichbar. Dieser sei gelernter Modellbauer, habe ein FH-Studium Holztechnik hinter sich sowie einen Ausbilderabschluss und ferner die Ausbildung als Qualitätssicherungsassistent. Des Weiteren habe er die Qualitätsausbildung als interner Auditor Iso durchlaufen. Herr W. sei schutzwürdiger als der Kläger, weil er 7 Jahre älter und seit 11 Jahren Arbeitnehmer der Beklagten sei, er sei verheiratet und habe zwei Kinder.

20

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat daraufhin durch Urteil vom 11.10.2016 - 8 Ca 596/16 - festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die von der Beklagten am 21.04.2016 ausgesprochene ordentliche Kündigung nicht zum 31.10.2016 beendet wird und die Beklagte verurteilt, dem Kläger ein qualifiziertes Zwischenzeugnis zu erteilen. Hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Bl. 92 - 99 d. A. Bezug genommen.

21

Gegen das ihr am 08.11.2016 zugestellte Urteil hat die Beklagte durch am 11.11.2016 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Sie hat die Berufung durch am 06.12.2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

22

Die Beklagte wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, die E. Gruppe befinde sich seit Ende 2012/Anfang 2013 in einem organisatorischen Umwandlungsprozess, nach dem zum 01.01.2013 ein neuer Holdinggeschäftsführer seine Tätigkeit aufgenommen habe. Insbesondere die Führungsaufgaben seien im Nachgang dazu nach und nach neu strukturiert worden. Er habe die Führungsstrukturen, die Mitglieder des Managements seien rationell bei der Holding angestellt gewesen, in der E. Gruppe, also bei der E. Verwaltungs GmbH, aber auch in den Einzelgesellschaften neu aufgesetzt und ausgeweitet. Dazu seien neben dem Kläger weitere Managementarbeitsplätze in der E. Gruppe in 2013/2014 geschaffen und besetzt und u.a. der Kläger, zuletzt als Assistent der Geschäftsführung, eingestellt worden. Es habe bis 2014 jeweils einen nicht vor Ort permanent anwesenden Geschäftsführer gegeben, der auch weitere Gesellschaften verantwortlich geführt habe. Ab 2014 sei dieses Organisationsmodell dahin geändert worden, dass es eine einheitliche Werksleitung gebe, die neben dem überörtlichen Geschäftsführer auch aus der Person des (örtlichen) Werksleiters bestehe. Deshalb sei parallel dazu ein zuerst externer Interimsmanager eingesetzt worden, der dann ab 01.01.2015 in der Holding als Führungskraft direkt angestellt worden sei. Der Kläger habe als Assistent des Geschäftsführers während seiner Beschäftigungszeit bei der Holding bis 31.12.2015 Herrn S. insoweit bereits in vielen Funktionen unterstützt. Herr S. habe den Betrieb aber zum 31.12.2015 verlassen. Deshalb sei von der Holding eine neue Organisation für die Beklagte Ende 2015 bestimmt und entschieden worden, dass zum 01.01.2016 der Kläger direkt bei der Beklagten eingestellt werde. Hinsichtlich der Darstellung der Beklagten zur Neuorganisation, zum Arbeitsentgelt des Klägers und zu seinen Aufgaben wird auf Seite 4, 5 der Berufungsbegründung (= Bl. 523, 524 d. A.) Bezug genommen. Im Frühjahr 2016 hätten die Gesellschafter der Beklagten bereits kurz nach Übergabe der Aufgaben an den Kläger zum 01.01.2016 am 18.02.2016 wegen der sich abzeichnenden schlechten Umsatz- und Ertragssituation die unternehmerische Entscheidung getroffen, die Führungsorganisation in den Gesellschaften der E. Gruppe wiederum neu aufzusetzen. Es sei entschieden worden, eine hierarchische Leitungsebene, die überwiegend erst 2013 bis 2015 aufgebaut worden sei, wieder zu streichen. Für den Betrieb in C-Stadt sei entschieden worden, die Position des faktischen Standortleiters wieder zu streichen und die Aufgaben der Standortleitung wieder dem Geschäftsführer zuzuweisen, der diese Aufgaben bis 31.12.2014 bereits ausgeübt habe und nach Ausspruch der Kündigung gegenüber dem Kläger seit 22.04.2016 auch wieder ausübe. Bei den verbleibenden Tätigkeiten der Werksleitung für die Bereiche Aquaristik und Objektbau sei entschieden worden, diese zusammen zu fassen. Es solle demnach nur noch einen Arbeitsplatz Werksleitung geben. Die vom Kläger erbrachten Tätigkeiten der Werksleitung Aquaristik seien an Herrn W. übertragen worden. Der Bereich Produktmanagement, der von Herrn W. zuvor verantwortet gewesen sei, sei zeitgleich auf Herrn St. übertragen worden, der zuvor die Qualitätssicherung verantwortet habe. Wegen der Umgestaltung und Zusammenfassung der Werksleitung sei ein Arbeitsplatz auf Werksleiterebene entfallen. Hierarchisch vergleichbar seien die Bereiche von Herrn St. und Herrn W. gewesen; der Betriebsrat sei nicht angehört worden, da die Beklagte davon ausgegangen sei, der Kläger sei leitender Angestellter i. S. d. BetrVG.

23

Aus der Gesamtprokura könne kein Schluss gezogen werden, dass die Prokura unbedeutend sei. Die Prokura sei als Gesamtprokura ausgestaltet gewesen, weil dies zur Wahrung des 4-Augen-Prinzips schon aus Compliance Gesichtspunkten geboten gewesen sei. Er sei immerhin Werksleiter und faktischer Standortleiter in einem kleinen Betrieb mit 60 Mitarbeitern gewesen, für den er die komplette Verantwortung getragen habe. Daneben hätten nur noch Herr W. und Frau R. Prokura gehabt. Hinsichtlich des Jahresbudgets müsse berücksichtigt werden, dass es bei der Beklagten seit Februar 2014 eine Unterschriftenregelung gegeben habe, wonach Prokuristen bei Arbeitsverträgen bis 50.000,00 €, sowie bei Liefer- oder Werksverträgen bis 200.000,00 € unterschriftsberechtigt seien. Eine Einschränkung der Prokura ergebe sich daraus nicht. Die Gesamtprokura sei bewusst erteilt worden, damit die Beklagte unter Berücksichtigung des 4-Augen-Prinzips einerseits jederzeit handlungsfähig sei, auch wenn ein Geschäftsführer nicht vor Ort sei und andererseits sei so eine Kontrollfunktion aus Compliance Gesichtspunkten ermöglicht worden. Dies sei auch im Rahmen der Verantwortungsbereiche vor Ort gelebt worden. Hinsichtlich der insoweit beispielhaft benannten Verträge wird auf S. 13 der Berufungsbegründung (= Bl. 132 d. A.) Bezug genommen.

24

Der Kläger habe mit der Prokura die operativen Tätigkeiten des Werkleiters umsetzen können. Er sei auch zu selbständigen Einstellungen und Entlassungen berechtigt gewesen und habe diese Berechtigung nur deshalb nur in geringem Umfang ausgeübt, weil das Arbeitsverhältnis bis zur Kündigung nur knapp 4 Monat gedauert habe. Auch die Aufgaben des Klägers im Zusammenhang mit der Einführung der S. Software könnten nicht gegen die Eigenschaft als Leitender Angestellter ins Feld geführt werden. Zur Darstellung des tatsächlichen Vorbringens der Beklagten insoweit wird auf S. 14 - 16 der Berufungsbegründung (= Bl. 133 - 135 d. A.) Bezug genommen. Insoweit habe es sich gerade und insbesondere um eine Aufgabe gehandelt, die ein Leitender Angestellter wahrzunehmen habe. Gegen die Einordnung des Klägers als Leitender Angestellter spreche auch nicht seine arbeitsvertragliche Vergütung; insoweit wird auf S. 16, 17 der Berufungsbegründung (= Bl. 135, 136 d. A.) Bezug genommen.

25

Schließlich sei die streitgegenständliche Kündigung auch sozial gerechtfertigt. Denn der Arbeitgeber sei frei, die betrieblichen Abläufe so zu organisieren, wie er es für zweckmäßig halte. Lediglich bei der Kongruenz zwischen Organisationsentscheidung und Kündigungsentschluss seien nähere konkrete Angaben dazu erforderlich, wie sich die Organisationsentscheidung auf die Einsatzmöglichkeiten des Arbeitnehmers auswirke. Hinsichtlich der Aufschlüsselung der Einzeltätigkeiten des Klägers für die Beklagte unter Angabe prozentualer Anteile wird auf S. 18 - 20 der Berufungsbegründungsschrift (Bl. 137 - 139 d. A.) Bezug genommen. Herr W. sei insoweit entlastet worden durch Übertragung von bestimmten Aufgaben, die er erledigt habe, auch von Herrn St.. Insgesamt sei des Weiteren auch das Arbeitsvolumen aller Führungskräfte rückläufig, was sich durch die rückläufigen Umsätze und die rückläufige Auftragssituation erkennbar gemacht habe und auch Anlass gewesen sei, die Entscheidung zu treffen, die Organisationsstruktur zu straffen.

26

Bei den von den Änderungen der Verantwortungsbereiche betroffenen Arbeitnehmern sei keine Überlastung eingetreten. Vielmehr seien die Prioritäten anders gesetzt worden. Mit der Freistellung des Klägers verantworte Frau R. wieder den gesamten Bereich Personal. Nach der Freistellung des Klägers seien bei der Beklagten, wie in anderen Gesellschaften der E. Gruppe, der zweiten Ebene wieder mehr Befugnisse eingeräumt und für die jeweiligen Bereiche mehr eigenständiges Handeln zugestanden worden. Der Kläger habe insoweit keinem Mitarbeiter vertraut und daher vieles selbst gemacht, was er habe delegieren können und müssen.

27

Zur weiteren Darstellung des Vorbringens der Beklagten wird auf die Berufungsbegründung vom 05.12.2016 (Bl. 120 - 139 d. A.) nebst Anlagen (Bl. 140 - 153 d. A.) sowie den Schriftsatz vom 01.02.2017 (Bl. 203 - 211 d. A.) Bezug genommen.

28

Die Beklagte beantragt,

29

1. das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern, Aktenzeichen: 8 Ca 596/16, vom 11.10.2016, zugestellt am 08.11.2016, abzuändern.

30

2. Den Klageantrag Ziffer 1) abzuweisen.

31

Der Kläger beantragt,

32

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

33

Der Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens und hebt insbesondere hervor, er sei zu keinem Zeitpunkt Standortleiter des Betriebes der Beklagten in C-Stadt gewesen.. Eine derartige Leitung sei ihm zu keinem Zeitpunkt übertragen worden, er habe sie auch nicht rein faktisch innegehabt. Ihm habe lediglich die Verantwortung für den Bereich Aquaristik der Beklagten oblegen. Er habe deshalb insbesondere keine Weisungsbefugnis gegenüber dem für den Bereich Objektbau zuständigen Mitarbeiter Herrn W. und auch keinerlei Entscheidungsbefugnisse betreffend diesen Teilbereich in C-Stadt gehabt. Das Vorbringen der Beklagten sei widersprüchlich. Einerseits sei der Geschäftsführer Herr Wa. wegen seiner anderen Tätigkeit für die E. Gruppe nicht permanent für die Gesellschaft einsetzbar gewesen, an diesen anderen Tätigkeiten habe sich nichts geändert, andererseits sei von Herrn Wa. aber nunmehr ein Teilbereich, der bislang in dem Aufgaben- und Verantwortungsbereich des Klägers gelegen habe, mit übernommen. Die von der Beklagten behaupteten unternehmerischen Entscheidungen seien mit Nichtwissen zu bestreiten. Gleiches gelte für die behauptete Übertragung von Teiltätigkeiten des Klägers auf andere Personen. So sei z. B. Herr W. bereits mit seiner "normalen" Tätigkeit völlig überlastet gewesen. Das Vorbringen der Beklagten zum vermeintlichen betriebsbedingten Kündigungsgrund sei insgesamt nicht hinreichend substantiiert und nachvollziehbar.

34

Der Kläger sei kein leitender Angestellter gewesen. Er habe zwar Vorschläge unterbreiten können, doch diese seien entweder völlig abgelehnt worden bzw. nicht einmal die Konzernführung sei berechtigt gewesen, ihr Einverständnis zu erklären, sondern habe insoweit das Einverständnis des Beirats einholen müssen. Eine Einstellungsbefugnis habe er lediglich im Hinblick auf die Verlängerung/Entfristung befristeter Arbeitsverträge oder Ersatzeinstellungen gehabt. Hinsichtlich des weiteren Vorbringens des Klägers insoweit wird auf S. 8 - 10 der Berufungserwiderung (= Bl. 190 - 192 d. A.) Bezug genommen. Auch sei die Tätigkeit des Klägers im Zusammenhang mit der beabsichtigten Einführung der S. Software sicherlich nicht für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens von Bedeutung. Es handele sich keineswegs um eine der Unternehmensleitung gleichgestellte Tätigkeit, sondern vielmehr um eine solche, die schlicht und ergreifend Arbeitnehmern übertragen würde, die entsprechende EDV Kenntnisse aufweisen könnten. Auch unter Heranziehung der Zweifelsfallregelung des § 5 Abs. 4 BetrVG könne der Kläger nicht als Leitender Angestellter im Hinblick auf seine Bruttomonatsvergütung angesehen werden. Es handele sich nicht um ein Arbeitsentgelt, das bei der Beklagten für Leitende Angestellte üblich sei. Das dreifache der in § 5 Abs. 3 Nr. 4 BetrVG genannten Bezugsgröße des § 18 SGB IV habe im Jahr 2012 zudem in den alten Bundesländern einschließlich Berlin 94.500,00 € brutto/Jahr betragen und dürfte sich im Jahr 2016 auf einen sechsstelligen Betrag belaufen. Die Arbeitsvergütung des Klägers habe also nicht einmal 50 Prozent dieses Grenzwertes erreicht.

35

Im Hinblick auf die Auswirkungen der behaupteten Organisationsentscheidung sei es zudem völlig unzureichend, die bisherige und künftige Aufgabenverteilung pauschal unter Angabe von Prozentsätzen darzulegen; die Einzelangaben seien im Übrigen zu bestreiten. Bemerkenswert sei, dass die Auflistung der bislang vom Kläger wahrgenommenen Tätigkeiten in der Summe lediglich 89,5 Prozent ausmachten. Wenn künftig zu 30 Prozent die disziplinarische und fachliche Leitung des Standorts durch Herrn W. wahrgenommen werde, bleibe zudem offen, wer die verbleibenden 70 Prozent dieses Aufgabenbereiches übernehme. Insgesamt seien die behaupteten anderweitig verteilten Aufgabenbereiche des Klägers lediglich mit 48,5 Prozent angegeben, so dass auch insoweit unklar bleibe, wer die übrigen 51,5 Prozent übernehme. Zudem sei die Prozentzahl, die die Beklagte einzelnen Aufgaben beimesse, teilweise völlig unrealistisch.

36

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens des Klägers im Berufungsverfahren wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 09.01.2017 (Bl. 183 - 199 d. A.) nebst Anlagen (Bl. 200 - 202 d. A.) Bezug genommen.

37

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen.

38

Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 20.02.2017.

Entscheidungsgründe

I.

39

Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

40

Das Rechtsmittel der Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

41

Denn die streitgegenständliche ordentliche betriebsbedingte Kündigung der Beklagten vom 21.04.2016 hat das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht mit Ablauf des 31.10.2016 beendet.

42

Vielmehr ist die ordentliche Kündigung der Beklagten sowohl wegen fehlender Anhörung des Betriebsrats gem. § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG als auch wegen der fehlenden sozialen Rechtfertigung gem. § 1 KSchG rechtsunwirksam.

43

Mit dem Arbeitsgericht ist zunächst davon auszugehen, dass die Kündigung wegen unterbliebener Anhörung des Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG rechtsunwirksam ist.

44

Der Kläger unterfällt dem Anwendungsbereich des BetrVG, denn er ist entgegen der in beiden Rechtszügen geäußerten Auffassung der Beklagten nicht Leitender Angestellter i. S. d. § 5 Abs. 3 BetrVG.

45

Das Arbeitsgericht hat insoweit in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt.

"aa)

46

Der Kläger hat zwar Prokura, aber auch nur Prokura zusammen mit einem weiteren Prokuristen, die außerdem Verträge betrifft, die - von der Beklagten nicht bestritten - bis 15.000,00 Euro Jahressumme laufen. Das ist im Vergleich zu der Umsatzgrößenordnung des Betriebes in C-Stadt unbedeutend. Zumindest hat die Beklagtenseite nicht vortragen können, worin die besondere Bedeutung der Prokura des Klägers liegen könnte.

bb)

47

Das gleiche gilt hinsichtlich von § 5 Abs. 3 Ziff. 3 BetrVG. Die Beklagte behauptet zwar, dass der Kläger bei Fortbestand des Arbeitsverhältnisses hätte Entscheidungen treffen können, die von besonderer Bedeutung für den Betrieb gewesen wären. Woraus sie diesen Schluss zieht, ist aber nicht zu erkennen.

cc)

48

Die Beklagte hat auch behauptet, der Kläger sei zur selbständigen Einstellung und Entlassung nach § 5 Abs. 3 Ziff. 1 BetrVG berechtigt, gleichzeitig aber auch eingeräumt, dass er diese behauptete Berechtigung nicht ausgeübt hat. Der Arbeitsvertrag selbst sieht diese Berechtigung nicht vor, obwohl es nahegelegen hätte, bei dem Unterpunkt „fachliche und disziplinarische Leitung der Mitarbeiter des Werkes Aquaristik" (Bl. 23 d. A.) auch den Punkt Befugnis der Einstellungen und Entlassungen zu vereinbaren. Es ist also die behauptete Befugnis zur eigenverantwortlichen Einstellung und Entlassung weder aus dem Arbeitsvertrag des Klägers ersichtlich noch hat er sie zur Zeit des Arbeitsverhältnisses ausgeübt.

dd)

49

Gegen die Einordnung des Klägers als leitender Angestellter spricht auch, dass die Beklagte die Einführung der S.-Software als „wesentlichen Teil" der Tätigkeit des Klägers (Bl. 64 d. A.; Bl. 4 des Schriftsatzes vom 29.09.2016) bezeichnet. Das ist aber etwas, was überhaupt nicht mit der Funktion eines leitenden Angestellten zu tun hat."

50

Diesen Ausführungen schließt sich die Kammer zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen zustimmend an, stellt dies hiermit ausdrücklich fest und nimmt darauf gem. § 69 Abs. 2 ArbGG voll inhaltlich Bezug.

51

Das Berufungsvorbringen der Beklagten rechtfertigt insoweit keine abweichende Beurteilung des hier maßgeblichen Lebenssachverhalts. Denn es enthält keinerlei neue, nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiierte Tatsachenbehauptungen, die zu einem abweichenden Ergebnis führen könnten. Gleiches gilt für etwaige Rechtsbehauptungen. Es macht lediglich - wenn auch aus der Sicht der Beklagten heraus verständlich - deutlich, dass die Beklagte mit der tatsächlichen und rechtlichen Würdigung des schriftsätzlichen Vorbringens der Parteien im erstinstanzlichen Rechtszug durch das Arbeitsgericht, dem die Kammer folgt, nicht einverstanden ist.

52

Zwar hat die Beklagte im Hinblick auf die Gesamtprokura zutreffend auf BAG 25.03.2009 (EzA § 5 BetrVG 2001 Nr. 4; vgl. Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, 13. Aufl., 2016, DLW-Wildschütz, Kap. 13 Rdnr. 50 = S. 2705) hingewiesen. Danach muss zwar keine völlige Deckungsgleichheit zwischen rechtlichem Können nach außen und rechtlichem Dürfen nach innen gegeben sein; andererseits genügt es aber nicht, dass es sich lediglich um einen sog. Titula-Prokuristen handelt oder der Prokura nur ein unbedeutender Aufgabenbereich mit starken Einschränkungen im Innenverhältnis zu Grunde liegt. Zur Beurteilung, welches Maß an rechtlichem Dürfen im Innenverhältnis erforderlich ist, kann auf die Merkmale des § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG zurückgegriffen werden, so dass die Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 Nr. 2 BetrVG dann erfüllt sind, wenn dem Prokuristen Aufgaben zugewiesen sind, die denen nach Nr. 3 in etwa gleichwertig sind, wenn also der Prokura ein bedeutender Aufgabenbereich mit erheblichem Entscheidungsspielraum zu Grunde liegt. Prokuristen, die ausschließlich Stabsfunktionen wahrnehmen, sind deshalb keine Leitenden Angestellten i. S. d. § 5 Abs. 3 Nr. 2 BetrVG (BAG 29.06.2011 EzA § 5 BetrVG 2001 Nr. 6).

53

Zusammengefasst hat die Beklagte insoweit im Berufungsverfahren an sich lediglich darauf hingewiesen, dass der Kläger als Werksleiter und faktischer Standortleiter in einem kleinen Betrieb mit 60 Mitarbeitern für diese die komplette Verantwortung getragen habe. Des Weiteren hat sie beispielhaft vier Verträge (Aufhebungsvertrag, Änderung/Anstellungsvertrag (Bonusvereinbarung), Arbeitsvertrag, Investwasserfilterungsanlage) thematisiert. Insoweit ist dieses Vorbringen nach Auffassung der Kammer ungeeignet, nachzuvollziehen, dass dem Kläger die zuvor beschriebenen Aufgaben in einem den gesetzlichen Anforderungen genügenden Ausmaß mit entsprechenden Inhalten tatsächlich übertragen worden sind. Insgesamt ist darauf hinzuweisen, dass sich dem Vorbringen der Beklagten in beiden Rechtszügen auch im Ansatz nicht nachvollziehen lässt, welche Arbeitstätigkeiten mit welchen Inhalten der Kläger tatsächlich im Laufe seiner Beschäftigung bei der Beklagten im Rahmen der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit ausgeführt hat. Das gilt insbesondere bei einem Vergleich der Ausführungen der Beklagten zu § 5 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 BetrVG einerseits und der von ihr behaupteten - vom Kläger bestrittenen - Übersicht über die vom Kläger für die Beklagte auszuführenden Tätigkeiten (S. 10 ff., 18 ff. der Berufungsbegründungsschrift = Bl. 129 ff., 137 ff. d. A.). Insoweit ist nicht einmal nachvollziehbar, in welchem zeitlichen Ausmaß der von ihm vertraglich geschuldeten Arbeitstätigkeit der Kläger zumindest nach Auffassung der Beklagten bei den von ihr angegebenen Prozentanteilen sich mit Aufgaben i.S. d. § 5 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 BetrVG beschäftigt haben soll.

54

Nichts anderes gilt im Hinblick auf § 5 Abs. 3 Nr. 1 BetrVG, denn die von dieser Norm vorausgesetzte Personalverantwortung kann den Status als Leitender Angestellter nur begründen, wenn sie von erheblicher unternehmerischer Bedeutung ist. Diese kann sich aus der Zahl der betreffenden Arbeitnehmer oder aus der Bedeutung von deren Tätigkeit für das Unternehmen ergeben (BAG 10.10.2007, EzA § 5 BetrVG 2001 Nr. 3; 16.04.2002, EzA § 5 BetrVG 1972, Nr. 66).

55

Nachvollziehbare Anhaltspunkte dafür, dass diese Voraussetzungen vorliegend gegeben sein könnten, lassen sich dem Vorbringen der Beklagten in beiden Rechtszügen nicht entnehmen. Hinzu kommt, dass bereits das notwendige Zusammenwirken z.B. des Leiters der Personalabteilung mit den Leitern der Fachabteilungen die Selbständigkeit ausschließt, es sei denn, der Personalleiter ist befugt, sich in begründeten Fällen über das Votum der Fachabteilungen hinweg zu setzen (vgl. DLW-Wildschütz a.a.O. Rdnr. 47). Anhaltspunkte dafür bestehen vorliegend ersichtlich nicht. Des Weiteren ist auch in zeitlicher Hinsicht nicht nachvollziehbar, in welchem Ausmaß sich der Kläger tatsächlich mit derartigen Teiltätigkeiten beschäftigt haben könnte; dies lässt sich ebenso wie hinsichtlich der Prokura bei einer Gegenüberstellung des tatsächlichen Vorbringens des Beklagten in der Berufungsbegründungsschrift einerseits und der tabellarischen Auflistung von Teiltätigkeiten andererseits nicht nachvollziehen. Hinzu kommt letztlich, dass die Beklagte selbst eingeräumt hat, dass der Kläger diese Berichtigung nur in geringem Umfang ausgeübt hat. Sie hat insoweit darauf hingewiesen, dass das Arbeitsverhältnis bis zur Kündigung des Klägers nur knapp 4 Monate gedauert hat und in diesem Zeitraum keine Vielzahl von Einstellungen oder Entlassungen anstanden. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass vorliegend maßgeblich die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung sind, und zu diesem Zeitpunkt hatte die jedenfalls nach Auffassung der Beklagten dem Kläger vertraglich eingeräumte Einstellungs- und Entlassungsbefugnis offensichtlich für den Vollzug des Arbeitsverhältnisses de facto keine signifikante oder praktische Bedeutung erlangt. Anhaltspunkte dafür, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Annahme eines Leitenden Angestellten insoweit gegeben sein könnten, bestehen nach alledem nicht.

56

Zwar ist nach § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG ein Arbeitnehmer ferner dann Leitender Angestellter, wenn kumulativ folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

57

- regelmäßige Wahrnehmung sonstiger Aufgaben, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebes von Bedeutung sind;
- deren Erfüllung besonderer Erfahrung und Kenntnisse voraussetzt;
- wenn der Angestellte entweder die Entscheidung im Wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst. Damit soll der ganz überwiegende Teil der Leitenden Angestellten erfasst werden, die zwar Führungsaufgaben wahrnehmen, aber die Kriterien nach Nr. 1 und Nr. 2 nicht erfüllen. Damit werden wesentlich auch Angestellte in sog. Stabsfunktionen befasst, die die Entscheidung wesentlich vorbereiten und somit planen und beratend tätig seien (vgl. BAG 23.01.1986 EzA § 5 BetrVG 1972, Nr. 42; DLW/Wildschütz, a.a.O. Rdnr. 55).

58

Soweit die Beklagte insoweit zur Tätigkeit des Klägers im Zusammenhang mit der S. Software vorgetragen hat, sind die von ihr beschriebenen allgemeinen Aufgaben, Tätigkeiten zum einen nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen völlig unsubstantiiert. Warum es sich insoweit um eine Aufgabe handeln soll, wie von ihr behauptet, die ein Leitender Angestellter wahrzunehmen hat, erschließt sich danach im Hinblick auf die zuvor dargestellten Anforderungen keineswegs. Zum anderen verhält sich das Vorbringen der Beklagten insoweit weder über das Erfordernis besonderer Erfahrungen und Kenntnisse, noch dazu, dass der Kläger insoweit Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen getroffen hat, hätte treffen können oder sie jedenfalls maßgeblich beeinflusst hat. Im Übrigen muss die Wahrnehmung derart wesentlicher Aufgaben der Tätigkeit auf das Gepräge geben, darf also nicht nur gelegentlich erfolgen (BAG 23.01.1986, EzA § 5 BetrVG 1972 Nr. 42); die Wahrnehmung derartiger Aufgaben muss die Tätigkeit also schwerpunktmäßig bestimmen (BAG 25.10.1989 EzA § 5 BetrVG 1972 Nr. 49). Insoweit muss ein beachtlicher Teil der Arbeitszeit von diesen Tätigkeiten beansprucht werden (BAG 23.01.1986, a.a.O.; DLW/Wildschütz a.a.O. Rdnr. 62). Auch insoweit fehlt es an tatsächlichem Vorbringen der Beklagten in beiden Rechtszügen.

59

Gem. § 5 Abs. 4 BetrVG ist Leitender Angestellter nach § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG im Zweifel, wer einer Leitungsebene angehört, auf der in dem Unternehmen überwiegend Leitende Angestellte vertreten sind (Nr. 2), oder ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das für Leitende Angestellte in dem Unternehmen üblich ist (Nr. 3). Zu beiden Vorschriften fehlt es an nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiiertem, tatsächlichem Vorbringen der Beklagten, so dass vom Vorliegen der Voraussetzungen eine dieser beiden Alternativen im hier zu entscheidenden Einzelfall nicht ausgegangen werden kann. Hinzu kommt, das nach Auffassung der Kammer § 5 Abs. 4 BetrVG ohnehin nicht zur Anwendung kommt, weil es sich bei den beim Rückgriff auf § 5 Abs. 4 BetrVG vorausgesetzten Zweifeln um rechtliche, nicht tatsächliche Zweifel handeln muss (DLW/Wildschütz a.a.O., Rdnr. 72). Im hier zu entscheidenden Einzelfall lässt sich aber bereits dem tatsächlichen Vorbringen der Beklagten nicht das nötige Tatsachensubstrat entnehmen, auf dessen - ggf. im Bestreitensfall durch Beweisaufnahme ermittelten - Grundlage Raum für die erforderlichen rechtlichen Zweifel wäre. Ob der Kläger einer Leitungsebene angehört hat, auf der in dem Unternehmen überwiegend Leitende Angestellte vertreten sind, lässt sich ebenso wenig feststellen, wie, ob er ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhalten hat, das für Leitende Angestellte in dem Unternehmen üblich ist. Denn insoweit fehlt es an tatsächlichen substantiierten Angaben der Beklagten, die einem substantiiertem Bestreiten durch den Kläger zugänglich gewesen wären. Die Beklagte hat insoweit auf das Durchschnittseinkommen im Donnersbergkreis in Rheinland-Pfalz abgestellt, auf die Durchschnittsvergütung aller Arbeitnehmer im Donnersbergkreis. Darauf kommt es aufgrund der dargestellten gesetzlichen Kriterien aber ersichtlich nicht an.

60

Gem. § 5 Abs. 4 Nr. 4 BetrVG ist ein Arbeitnehmer Leitender Angestellter nach § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG auch dann, wenn bei der Anwendung des § 5 Abs. 4 Nr. 3 BetrVG noch Zweifel bleiben, wenn er ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, dass das dreifache der Bezugsgröße nach § 18 SGB IV überschreitet. Ob das Arbeitseinkommen des Klägers das dreifache dieser Bezugsgröße überschreitet, lässt sich aber dem Vorbringen der Beklagten nicht entnehmen, denn dazu verhält sich ihr Vorbringen schlicht nicht; es beschränkt sich, wie dargelegt, auf das Durchschnittseinkommen im Donnersbergkreis. Ob die Vergütung des Klägers also auffallend über der durchschnittlichen Vergütung im Donnersbergkreis liegt, ist nach Maßgabe der zuvor dargestellten Grundsätze unerheblich.

61

Folglich kann der Kläger auch nach dem Vorbringen der Beklagten im Berufungsverfahren nicht als Leitender Angestellter i. S. d. § 5 Abs. 3, 4 BetrVG angesehen werden, so dass die streitgegenständliche ordentliche Arbeitgeberkündigung gem. § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG rechtsunwirksam ist.

62

Darüber hinaus ist die ordentliche Kündigung der Beklagten auch sozial ungerechtfertigt i.S.d. § 1 KSchG. Sie ist nicht als ordentliche Kündigung aufgrund von dringenden betrieblichen Erfordernissen gerechtfertigt.

63

Betriebliche Erfordernisse liegen dann vor, wenn Umstände aus dem wirtschaftlichen oder betriebstechnischen Bereich dazu führen, dass die betriebliche Arbeitsmenge so zurückgeht, dass der Beschäftigungsbedarf für einen oder mehrere Arbeitnehmer entfällt. Erforderlich ist eine konkrete Auswirkung auf die Einsatzmöglichkeit des gekündigten Arbeitnehmers. Es fehlt an einem betrieblichen Erfordernis zur wirksamen Beendigung eines Arbeitsverhältnisses i. S. d. § 1 Abs. 2 KSchG, wenn außer- oder innerbetriebliche Umstände nicht zu einer dauerhaften Reduzierung des betrieblichen Arbeitskräftebedarfs führen (BAG 23.02.2012 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 166 = NZA 2012, 852).

64

Es muss also zumindest ein Arbeitsplatz weggefallen sein, wobei dies nicht in der Weise zu verstehen ist, dass es sich dabei gerade um den konkret fixierten Arbeitsplatz des gekündigten Arbeitnehmers handeln muss (BAG 30.05.1985 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 36).

65

Vielmehr ist nach Maßgabe der sozialen Auswahl ggf. einem Arbeitnehmer zu kündigen, dessen Arbeitsplatz noch vorhanden ist, wenn nur die Anzahl der vergleichbaren Arbeitsplatze insgesamt zurückgegangen ist mit der Folge, dass die Zahl der benötigten Arbeitsplätze aufgrund der Entwicklung der Arbeitsmenge kleiner ist als die Zahl der auf diesen Arbeitsplätzen bislang beschäftigten Arbeitnehmer. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für die soziale Rechtfertigung der Kündigung ist grds. der Zeitpunkt des Kündigungszugangs. Grundsätzlich muss dann der Kündigungsgrund - Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit - vorliegen (LAG Düsseld. 16.11.2005 - 12 Sa 1150/05, EzA-SD 1/06 S. 8 LS; vgl. Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht 13. Aufl. 2016, DLW-Dörner, Kap. 4 Rn. 2523 ff.).

66

Das Merkmal der Dringlichkeit wird dadurch charakterisiert, dass eine Weiterbeschäftigung der nunmehr überzähligen Arbeitnehmer nicht, insbes. nicht unter bestimmten organisatorischen Voraussetzungen möglich ist. Die Kündigung muss in Anbetracht der betrieblichen Situation unvermeidbar sein. Der Betrieb muss sich in einer Zwangslage befinden, die nur durch eine Kündigung, nicht aber durch andere Maßnahmen beseitigt werden kann (APS/Kiel § 1 KSchG Rn. 561 ff.).

67

Diese betrieblichen Erfordernisse müssen dringend sein und eine Kündigung im Interesse des Betriebes unvermeidbar machen (LAG RhPf 10.05.1988 NZA 1989, 273). Es fehlt an einem betrieblichen Erfordernis zur wirksamen Beendigung eines Arbeitsverhältnisses i. S. d. § 1 Abs. 2 KSchG, wenn außer- oder innerbetriebliche Umstände nicht zu einer dauerhaften Reduzierung des betrieblichen Arbeitskräftebedarfs führen. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen näher darzulegen, aus denen sich ergeben soll, dass zukünftig auf Dauer mit einem reduzierten Arbeitsvolumen und Beschäftigungsbedarf zu rechnen ist; das Vorliegen von möglicherweise nur kurzfristigen Produktions- oder Auftragsschwankungen muss ausgeschlossen sein. Der Arbeitgeber hat den dauerhaften Rückgang des Arbeitsvolumens nachvollziehbar darzustellen, in dem er die einschlägigen Daten aus repräsentativen Referenzperioden miteinander vergleicht (BAG 23.02.2012 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 166 = NZA 2012, 852; s. Hunold NZA-RR 2013, 57 ff.: Schrader/Siebert NZA-RR 2013, 113 ff.). Die organisatorischen Maßnahmen, die der Arbeitgeber trifft, um seinen Betrieb dem Umsatzrückgang oder der verschlechterten Ertragslage anzupassen (wozu weder der Ausspruch der Kündigung selbst [BAG 20.02.1986 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 37] gehören), sind vom Arbeitsgericht nicht auf ihre Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit, sondern nur daraufhin zu überprüfen, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich sind (BAG 30.04.1987 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 47; 13.03.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 159; LAG BW 12.08.2004 - 22 Sa 99/03 EzA-SD 1/05, S. 7 LS; LAG Bln.-Bra. 01.03.2007 - 2 Sa 18/07, EzA-SD 19/2007 S. 5; Schrader/Schubert NZA-RR 2004, 393 ff.; Kaiser NZA 2005, Beil. 1/2005 zu Heft 10, S. 31 ff.). Für eine beschlossene und tatsächlich durchgeführte unternehmerische Organisationsentscheidung spricht die Vermutung, dass sie aus sachlichen Gründen erfolgt ist und nicht auf Rechtsmissbrauch beruht (BAG 23.04.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 160; 27.01.2011 - 2 AZR 9/10, EzA-SD 13/2011 S. 8 LS; s. Hunold NZA-RR 2013, 57 ff.; Schrader/Siebert NZA-RR 2013, 113 ff.).

68

So erfüllen offensichtlich unsachliche oder willkürliche Rationalisierungsmaßnahmen den Tatbestand der unzulässigen Rechtsausübung des betrieblichen Gestaltungsrechts durch den Arbeitgeber. Es ist missbräuchlich, in diesem Sinne, einen Arbeitnehmer durch die Bildung separater betrieblicher Organisationsstrukturen bei unverändertem Beschäftigungsbedarf aus dem Betrieb zu drängen, indem die tatsächlichen Arbeitsabläufe und die hierarchischen Weisungswege als solche unangetastet gelassen und nur, gewissermaßen pro forma, in allein zu diesem Zweck erdachte rechtliche Gefüge eingepasst werden (BAG 23.04.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 160 = NZA 2008, 939).

69

Läuft die unternehmerische Entscheidung also letztlich nur auf den Abbau einer Hierarchieebene oder die Streichung eines einzelnen Arbeitsplatzes hinaus, verbunden mit einer Umverteilung der dem betroffenen Arbeitnehmer bisher zugewiesenen Aufgaben, so sind gesteigerte Anforderungen an die Darlegungslast zu stellen (BAG 10.10.2002 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 122; 13.02.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 158; 16.12.2010 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 165; 24.05.2012 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 167 = NZA 2012, 1223; s. Hunold NZA-RR 2013, 57 ff.; Schrader/Siebert NZA-RR 2013, 113 ff.). Der Arbeitgeber muss dann konkret erläutern, in welchem Umfang und aufgrund welcher Maßnahmen die bisher vom gekündigten Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten für diesen zukünftig entfallen.

70

Er muss- im Rahmen einer abgestuften Darlegungslast - die Auswirkungen seiner unternehmerischen Vorgaben und Planungen auf das erwartete Arbeitsvolumen anhand einer schlüssigen Prognose im Einzelnen darstellen und angeben, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige Leistungen erledigt werden können. In welcher Weise ein Arbeitgeber darlegt, dass die Umverteilung von Arbeitsaufgaben nicht zu einer überobligatorischen Beanspruchung im Betrieb verbliebener Arbeitnehmer führt, bleibt ihm überlassen. Handelt es sich um nicht taktgebundene Arbeiten, muss nicht in jedem Fall und minutiös dargelegt werden, welche einzelnen Tätigkeiten die fraglichen Mitarbeiter künftig mit welchen Zeitanteilen täglich zu verrichten haben. Es kann - je nach Einlassung des Arbeitnehmers - ausreichend sein, wenn der Arbeitgeber die getroffenen Vereinbarungen zu Umfang und Verteilung der Arbeitszeit darstellt und Anhaltspunkte dafür darlegt, dass Freiräume für die Übernahme zusätzlicher Aufgaben vorhanden sind (BAG 16.12.2010 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 165; 24.05.2012 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 167 = NZA 2012, 1223).

71

Ist die unternehmerische Entscheidung also verbunden mit einer Neuverteilung der dem betroffenen Arbeitnehmer bisher zugewiesenen Aufgaben, bedarf es - wie beschrieben - der Konkretisierung dieser Entscheidung, damit geprüft werden kann, ob der Arbeitsplatz des betroffenen Arbeitnehmers tatsächlich weggefallen ist und die Entscheidung nicht offensichtlich unsachlich oder willkürlich ist (BAG 13.02.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 158; 10.10.2002 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 122).

72

Hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast gilt insgesamt Folgendes:

73

Ist der Rückgang der Beschäftigungsmöglichkeit unmittelbar auf einen organisatorischen Entschluss des Arbeitgebers zurückzuführen (z. B. die ersatzlose Streichung einer Stelle), so muss der Arbeitgeber substantiiert den Inhalt seines Entschlusses, dessen praktische Umsetzung und dessen zahlenmäßige Auswirkungen auf die Beschäftigungsmöglichkeit darlegen (s. Bitter DB 1999, 1214 ff.).

74

Handelt es sich insoweit um eine nur beschränkt überprüfbare Unternehmerentscheidung, so ist der Arbeitgeber nicht an sich verpflichtet, die hierfür maßgeblichen Erwägungen offen zu legen. Andererseits muss der Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess konkrete Angaben dazu machen, wie sich die Verringerung bzw. Veränderung der Produktion auf die Arbeitsmenge auswirkt und in welchem Umfang dadurch ein konkreter Arbeitskräfteüberhang entsteht. Zu dem Entscheidungsspielraum des Arbeitgebers gehört dabei die Befugnis, die Zahl der Arbeitskräfte zu bestimmen, mit denen eine Arbeitsaufgabe erledigt werden soll. Der Arbeitgeber kann grds. sowohl das Arbeitsvolumen - die Menge der zu erledigenden Arbeit - als auch das diesem zugeordneten Arbeitskraftvolumen - Arbeitnehmerstunden - und damit auch das Verhältnis dieser beiden Größen zueinander festlegen. Zwar muss nicht ein bestimmter Arbeitsplatz entfallen sein, Voraussetzung ist aber, dass die Organisationsentscheidung ursächlich für den vom Arbeitgeber behaupteten Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses ist. Dies ist nur dann der Fall, wenn die Entscheidung sich auf eine nach sachlichen Merkmalen genauer bestimmte Stelle bezieht. Der allgemeine Beschluss, Personalkosten zu senken, erfüllt diese Anforderungen nicht (LAG BW 20.02.2004 AuR 2004, 356 LS).

75

Hingegen hat der Arbeitnehmer darzulegen und zu beweisen, dass die fragliche innerbetriebliche Maßnahme (z. B. eine Rationalisierungsmaßnahme) offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (BAG 09.05.1996 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 85), wobei aber ggf. die Erleichterung des Anscheinsbeweis in Betracht kommt (BAG 24.10.1979 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 13). Denn insoweit spricht für eine beschlossene und tatsächlich durchgeführte unternehmerische Organisationsentscheidung die Vermutung, dass sie aus sachlichen Gründen erfolgt ist (BAG 23.04.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 160). Es ist aber andererseits missbräuchlich in diesem Sinne, einen Arbeitnehmer durch die Bildung separater betrieblicher Organisationsstrukturen bei unverändertem Beschäftigungsbedarf aus dem Betrieb zu drängen, indem die tatsächlichen Arbeitsabläufe und die hierarchischen Weisungswege als solche unangetastet gelassen und nur, gewissermaßen pro forma, in allein zu diesem Zweck erdachte rechtliche Gefüge eingepasst werden (BAG 23.04.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 160).

76

Läuft also die unternehmerische Entscheidung dagegen letztlich nur auf den Abbau einer Hierarchieebene hinaus, so sind gesteigerte Anforderungen an die Darlegungslast zu stellen (BAG 13.02.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 158; 24.05.2012 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 167 = NZA 2012, 1223). Ist die unternehmerische Entscheidung verbunden mit einer Neuverteilung der dem betroffenen Arbeitnehmer bisher zugewiesenen Aufgaben, bedarf es der Konkretisierung dieser Entscheidung, damit geprüft werden kann, ob der Arbeitsplatz des betroffenen Arbeitnehmers tatsächlich weggefallen ist und die Entscheidung nicht offensichtlich unsachlich oder willkürlich ist (BAG 10.10.2002 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 122; 13.02.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 158). Der Arbeitgeber muss insbes. konkret darlegen, in welchem Umfang die bisher von dem Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten zukünftig im Vergleich zum bisherigen Zustand entfallen. Er muss aufgrund seiner unternehmerischen Vorgaben die zukünftige Entwicklung der Arbeitsmenge anhand einer näher konkretisierten Prognose darstellen und angeben, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligatorische Leistungen erbracht werden können (BAG 13.02.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 158; 24.05.2012 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 167 = NZA 2012, 1223).

77

In Anwendung dieser Grundsätze ist vorliegend davon auszugehen, dass im Verhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten keine nicht willkürliche, nicht rechtsmissbräuchliche Unternehmerentscheidung gegeben ist, auf die sich die Beklagte zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Erfolg berufen kann. Gleiches gilt für etwaige sonstige dringende betriebliche Gründe.

78

Den insoweit an das tatsächliche Vorbringen der Beklagten zu stellenden Anforderungen genügen die Ausführungen in beiden Rechtszügen ersichtlich nicht. Es bleibt insgesamt unklar, worin die tatsächlich vom Kläger erbrachte Arbeitsleistung für die Beklagte vom Beginn seines Arbeitsverhältnisses für die Beklagte an bestanden hat. Die Darstellung der Beklagten ist insoweit pauschal, unpräzise und verzichtet auf die Angabe jeglicher nachvollziehbarer Zeitanteile. Sie ist auch in sich unschlüssig. Welche Einzeltätigkeiten des Klägers aufgrund welcher Entscheidung der Beklagten entfallen sein sollen, bleibt im Einzelnen ebenfalls unklar. Ebenso, aufgrund welcher Umstände der Wegfall eines Arbeitsplatzes derart, wie ihn der Kläger innehatte, gegeben sein soll. Deutlich wird lediglich, dass die Beklagte sich bereits seit Ende 2012 - Anfang 2013 in einem organisatorischen Umwandlungsprozess befindet, der zu fortgesetzten Entscheidungen zur Umorganisation in allen möglichen Bereichen zur Neustrukturierung und Umorganisation geführt hat/führt. Bereits insoweit ist eine willkürfreie Entscheidung unter Berücksichtigung auch des § 162 Abs. 1 BGB nicht nachvollziehbar dargelegt. Insoweit hat die Beklagte vorgetragen, Ende 2015 sei bestimmt worden, dass der Kläger ab 01.01.2016 direkt bei der Beklagten eingestellt werde. Insoweit hat der Kläger tatsächlich am 01.01.2016 seine Tätigkeit aufgenommen. Nur wenige Wochen später, so die Beklagte, wurde am 18.02.2016 beschlossen, eine hierarchische Leitungsebene, die gerade erst aufgebaut worden war, wieder zu streichen. Damit, so die Beklagte, sei der Bedarf für die Beschäftigung des Klägers entfallen. Berücksichtigt man, dass die zweijährige Vorbeschäftigung des Klägers als Assistent der Geschäftsführung letztlich nichts anderes zum Ziel gehabt haben kann, als ihn auf eine entsprechende Tätigkeit vorzubereiten, erschließt sich nicht, was Veranlassung gegeben haben könnte, nach einem Zeitraum von gerade einmal sechs Wochen eine, bezogen auf den Kläger, fällige Neustrukturierung zu beschließen. Diese in besonderem Maße ungewöhnliche Zeitschiene führt nach Auffassung der Kammer zu einem besonderen Begründungsbedarf, dem die Beklagte durch den lapidaren Hinweis auf die sich abzeichnende schlechte Umsatz- und Ertragssituation auch im Ansatz nicht genügt hat, zumal offenbleibt, inwieweit sich die insoweit maßgeblichen Parameter zwischen Ende 2015 und dem 18.02.2016 substantiell geändert haben. Tatsächliches Vorbringen dazu fehlt vollständig.

79

Nicht nachvollziehbar dargestellt wird sodann, wie sich die behauptete Unternehmerentscheidung, die die Kammer nicht als willkürfrei ansieht, auf den Beschäftigungsbedarf in dem Bereich, in dem der Kläger beschäftigt ist, ausgewirkt hat. Dabei bedarf dies schon deshalb der gerichtlichen Überprüfung, weil Kündigungsgrund regelmäßig nicht eine schlechte Umsatz- und Ertragssituation ist, sondern der Wegfall des Beschäftigungsbedarfs aufgrund einer unternehmerischen Entscheidung. Insofern ist zudem darauf hinzuweisen, dass gerade sich abzeichnende schlechte Umsatz- und Ertragszahlen in einem unternehmerischen Bereich, der sich mit verantwortlichen Entscheidungen aus strategischer Art insoweit beschäftigt, es nicht ungewöhnlich ist, dass erhebliche Mehranstrengungen unternommen werden, was Arbeitszeit kostet, um die Umsatz- und Ertragssituation zu verbessern. Wenn es, wovon die Beklagte wohl ausgeht, vorliegend stattdessen allein um Kostenreduzierung gegangen sein sollte, lässt sich dies dem Vorbringen der Beklagten jedenfalls nicht nachvollziehbar entnehmen.

80

Selbst dann wäre aber nach den zuvor dargestellten Grundsätzen zu fordern, dass die Beklagte darlegt, aus welchen Einzeltätigkeiten die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung des Klägers im Wesentlichen zumindest summarisch zusammensetzt und wie sich dieses Arbeitsvolumen in Arbeitsstunden pro Woche/Monat aufgrund der unternehmerischen Entscheidung voraussichtlich verändern wird. Ein Rückgang des Beschäftigungsbedarfs kann insoweit darin bestehen, dass zuvor ausgeübte Einzeltätigkeiten schlicht entfallen. Angaben dazu lassen sich dem Vorbringen der Beklagten jedoch nicht hinreichend substantiiert entnehmen. Des Weiteren besteht die Möglichkeit, Einzeltätigkeiten auf Vorgesetzte, Geschäftsführer oder andere Arbeitnehmer zu übertragen, was allerdings voraussetzt, dass dies in einer Weise erfolgt, dass bei den verbleibenden Arbeitnehmern/Geschäftsführern tatsächlich Arbeitszeitkapazitäten vorhanden sind und die neu übernommenen Tätigkeiten zumindest von den betroffenen Arbeitnehmern im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Arbeitszeitbestimmungen nur ohne überobligationsmäßige Zusatzbelastung auch tatsächlich verrichtet werden können. Und dies insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass die Beklagte erst Ende 2015 in diesem Zusammenhang offensichtlich davon ausgegangen ist, dass ein vollzeitiger Beschäftigungsbedarf für den Kläger an dem ihm zugewiesenen Arbeitsplatz besteht. Auch insoweit wäre es also erforderlich gewesen, darzulegen, wie und warum sich dies innerhalb von sechs Wochen maßgeblich verändert haben soll.

81

Die Beklagte hat hinsichtlich des Geschäftsführers Herrn Wa. insoweit zunächst vorgetragen, dass dieser nicht permanent für die Gesellschaft tätig werden konnte (Bl. 122 d.A.). Er wurde deshalb durch Herrn S. unterstützt, der aber zum 31.12.2015 ausgeschieden ist. Warum angesichts des Ausscheidens von Herrn S. nunmehr bei einer unterstellten gewöhnlichen Belastung von Herrn Wa. die Möglichkeit bestand, diesem wiederum weitere Aufgaben zuzuweisen, erschließt sich bereits im Ansatz nicht. Nichts anderes gilt für die Übertragung von Tätigkeiten an Herrn W. (Bl. 126 d.A.). Denn Ende 2015 ist die Beklagte offensichtlich noch davon ausgegangen, dass dieser in Vollzeit ausgelastet ist; zudem ist auch insoweit zu berücksichtigen, dass Herr S. den Betrieb zum 31.12.2015 verlassen hat. Diese Überlegungen treffen in gleichem Maße auf die Tätigkeit von Herrn St. zu, der nach der Darstellung der Beklagten (Bl. 126 d.A.) zuvor die Qualitätssicherung verantwortet hatte. Dabei bleibt bereits offen, wer denn nach Herrn St. diese Tätigkeit übernommen hat. Auch ist unklar, welche Wochenarbeitszeit er darauf verwendet hatte und wie sich dazu die ihm neu übertragenen Aufgaben verhalten. Insoweit wäre es also Sache der Beklagten gewesen, im Einzelnen einer die vom Kläger ausgeübten Teiltätigkeiten unter Angabe von ungefähren Zeitanteilen darzustellen, und andererseits, welche Teiltätigkeiten mit welchen Zeitanteilen auf wen im Einzelnen übertragen wurde, ergänzt um Angaben, woraus sich insoweit freie Arbeitszeitkapazitäten unter Beachtung des Arbeitszeitgesetzes, soweit es sich um Arbeitnehmer handelt, ergeben. Daran fehlt es. Soweit die Beklagte sodann im Berufungsverfahren (Bl. 137-139 d.A. = S. 18-20 der Berufungsbegründungsschrift) prozentuale Angaben zu summarisch aufgelisteten einzelnen Tätigkeiten macht, ist dieses Vorbringen bereits in sich unschlüssig. Der Kläger hat insoweit zutreffend darauf hingewiesen, dass die Addition der Prozentanteile zu einer Summe von lediglich 89,5 Prozent führt. Welcher Aufgaben- und Verantwortungsbereich des Klägers 10,5 Prozent ausmacht, ist ebenso unklar, wie was mit diesen Zeitanteilen in Zukunft geschehen sollte. Soweit die Beklagte behauptet hat, die disziplinarische und fachliche Leitung des Standortes werde künftig zu 30 Prozent durch Herrn W. wahrgenommen, fehlt es an jeglichen Angaben dazu, durch wen die übrigen 70 Prozent dieses Aufgabenbereichs zukünftig wahrgenommen werden sollen. Schließlich ergibt die Summe der Prozentsätze im Zusammenhang mit den Aufgaben, die vermeintlich von anderen Arbeitnehmern wahrgenommen werden sollen oder wegfallen, lediglich 48,5 Prozent, sodass nicht nachvollziehbar ist, wie es sich mit den verbleibenden 51,5 Prozent verhält. Selbst wenn die prozentualen Angaben, was der Kläger nachvollziehbar in Abrede gestellt hat, also zutreffend wären, wäre nach dem Vorbringen der Beklagten nicht einmal die Hälfte der Tätigkeit des Klägers entfallen. Dann wäre aber nach dem Grundsatz des Vorrangs der Änderungskündigung vor der Beendigungskündigung als Ausfluss des ultima-ratio-Prinzips der Ausspruch einer Änderungskündigung statt einer Beendigungskündigung in Betracht zu ziehen gewesen.

82

Nach alledem kann vorliegend nach dem Vorbringen der Beklagten weder davon ausgegangen werden, dass eine willkürfreie Unternehmerentscheidung vorliegt, noch, dass diese zum Wegfall des Beschäftigungsbedarfs in dem Bereich, in dem der Kläger beschäftigt ist, in einem Ausmaß geführt hat, das eine ordentliche betriebsbedingte Beendigungskündigung rechtfertigen könnte.

83

Folglich war die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

84

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

85

Für eine Zulassung der Revision war nach Maßgabe der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben.

(1) Die Vorschriften dieses Abschnitts gelten nicht

1.
in Betrieben einer juristischen Person für die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist,
2.
in Betrieben einer Personengesamtheit für die durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit berufenen Personen.

(2) Auf Geschäftsführer, Betriebsleiter und ähnliche leitende Angestellte, soweit diese zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind, finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit Ausnahme des § 3 Anwendung. § 9 Abs. 1 Satz 2 findet mit der Maßgabe Anwendung, daß der Antrag des Arbeitgebers auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses keiner Begründung bedarf.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Die gleiche Entscheidung hat das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers zu treffen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz stellen.

(2) Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzusetzen, an dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte.

Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn

1.
der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und
2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 2. Dezember 2010 - 11 Sa 649/10 - im Kostenausspruch und insoweit aufgehoben, wie es die Beklagte zur Zahlung von 16.854,00 Euro brutto nebst Zinsen verurteilt hat.

2. Die Anschlussberufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 24. März 2010 - 1 Ca 2392/09 - wird als unzulässig verworfen.

3. Die weitergehende Revision der Beklagten wird zurückgewiesen.

4. Die Kosten der Berufungsinstanz haben der Kläger zu 1/6, die Beklagte zu 5/6 und die Kosten der Revision haben der Kläger zu 1/5, die Beklagte zu 4/5 zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen, auf betriebsbedingte Gründe gestützten Kündigung und damit in Zusammenhang stehende Ansprüche.

2

Die Beklagte ist ein Tochterunternehmen eines amerikanischen Konzerns. Sie hat in Deutschland drei Produktionsstätten. In ihrem Werk O beschäftigte sie regelmäßig etwa 85 Arbeitnehmer.

3

Der im August 1954 geborene Kläger ist promovierter Chemiker und seit April 1986 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Seit Dezember 2006 ist er als „Betriebsleiter GUR“ Leiter der Kunststoffgranulat-Produktion in O. Anfang Februar 2007 wurde ihm zusätzlich die Leitung des gesamten Standorts übertragen. Laut § 1 des im Juni/Juli 2004 geschlossenen Anstellungsvertrags sieht ihn die Beklagte als leitenden Angestellten iSv. § 5 Abs. 3 BetrVG an. Seine Vergütung richtete sich nach einem unternehmensweit angewandten „Vertragsstufensystem für leitende Angestellte“. Danach bezog er ein Bruttomonatsgehalt von etwa 9.860,00 Euro, das sich aus einem Fixum und Bonuszahlungen zusammensetzte.

4

Im August 2009 stellte die Beklagte den Kläger unter Berufung auf anstehende seinen Arbeitsplatz betreffende Veränderungen von seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei. Mit Schreiben vom 24. September 2009 kündigte sie das Arbeitsverhältnis der Parteien ordentlich zum 30. April 2010, „vorsorglich ... zum zulässigen Termin“. Der „vorsorglich“ zur Kündigung angehörte Betriebsrat des Werks O hatte der Kündigung mit der Begründung widersprochen, die Beschäftigungsmöglichkeiten für den Kläger seien nicht weggefallen.

5

Der Kläger hat gegen die Kündigung rechtzeitig die vorliegende Klage erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, ein dringendes betriebliches Erfordernis für eine Kündigung liege nicht vor. Sein Arbeitsplatz sei bei im Wesentlichen gleich gebliebenen Aufgaben lediglich neu besetzt worden. Eine Verlagerung bisher durch ihn erledigter Aufgaben auf andere in O beschäftigte Arbeitnehmer sei nicht ohne deren überobligatorische Inanspruchnahme möglich gewesen. Auch habe die Möglichkeit bestanden, ihn auf dem frei gewordenen Arbeitsplatz des „Forschungsleiters“ weiter zu beschäftigen.

6

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 24. September 2009 nicht aufgelöst worden ist;

        

2.    

für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiter zu beschäftigen;

        

3.    

für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, ihm ein wohlwollendes Zwischenzeugnis zu erteilen, das sich auf Führung und Leistung erstreckt;

        

4.    

für den Fall der Abweisung des Antrags zu 1. die Beklagte zu verurteilen, ihm ein „endgültiges“ wohlwollendes Zeugnis zu erteilen, das sich auf Führung und Leistung erstreckt.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat behauptet, im September 2009 sei auf Konzernebene die - anschließend durch ihren Geschäftsführer umgesetzte - unternehmerische Entscheidung getroffen worden, Produktionsstandorte zusammenzulegen sowie Funktionen und Zuständigkeiten zu bündeln. In diesem Zusammenhang sei die globale Verantwortlichkeit für die Prozessentwicklung und das Qualitätsmanagement in O angesiedelt worden. An diese Funktion habe sie die Hälfte der bisher vom Kläger wahrgenommenen Leitungsaufgaben „angekoppelt“; die Stelle habe sie mit Frau K besetzt, die zuvor Geschäftsführerin eines anderen Konzernunternehmens gewesen sei. Die andere Hälfte der Tätigkeiten habe sie auf insgesamt sieben, dem Kläger bisher nachgeordnete Arbeitnehmer verteilt, die auch in der Lage seien, das zusätzliche Pensum zu bewältigen. Der Kläger sei fachlich nicht in der Lage, die neu zugeschnittene Leitungsstelle auszufüllen. Er verfüge, anders als Frau K, die neben ihrem Chemie- ein Ingenieurstudium absolviert habe, nicht über die erforderlichen Kenntnisse und die notwendige Berufserfahrung auf dem Gebiet der Prozessentwicklung und des Qualitätsmanagements. Außerdem sei die Stelle mit einem Aufgaben- und Kompetenzzuwachs verbunden, der sich in veränderten Berichtspflichten unmittelbar gegenüber dem Management der Beklagten und der Zuordnung des Arbeitsplatzes zu einem höheren „Gehaltslevel“ ausdrücke. Zur Weiterbeschäftigung des Klägers auf einer solchen „Beförderungsstelle“ sei sie nicht verpflichtet.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt. Der Kläger hat in der Berufungsinstanz zusätzlich beantragt, an ihn 16.854,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten aus jeweils 8.427,00 Euro brutto seit dem 1. November 2010 und seit dem 1. Dezember 2010 zu zahlen. Er hat die Auffassung vertreten, das damit geforderte Gehalt für die Monate Oktober und November 2010 stehe ihm unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs zu. Die Beklagte hat gerügt, die Klageerweiterung sei unzulässig. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und diese zur Gehaltszahlung in beantragter Höhe verurteilt. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter, die Klage - ausgenommen den Anspruch auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses - abzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision ist begründet, soweit die Beklagte ihre Verurteilung zur Zahlung von Vergütung für die Monate Oktober und November 2010 angreift (I.). Im Übrigen bleibt die Revision ohne Erfolg. Die Kündigung vom 24. September 2009 ist unwirksam und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst (II.). Die (Hilfs-)Anträge auf vorläufige Weiterbeschäftigung und auf Erteilung eines Endzeugnisses sind dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen (III.).

10

I. Mit Erfolg wendet sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung zur Gehaltszahlung, die der Kläger erstmals in der Berufungsinstanz geltend gemacht hat. Die Revision ist insoweit aus prozessualen Gründen erfolgreich. Bei der Klageerweiterung handelt es sich um eine nach § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO iVm. § 64 Abs. 6 Satz 1, § 66 Abs. 1 Satz 3 ArbGG verspätete und deshalb unzulässige Anschlussberufung. Das hat das Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen (BGH 24. Oktober 2007 - IV ZR 12/07 - Rn. 7, MDR 2008, 159).

11

1. Dem Kläger stand für eine Erweiterung der Klage im Berufungsrechtszug nur der Weg der Anschlussberufung zur Verfügung. Als solche ist sein Zahlungsbegehren deshalb zu behandeln; einer ausdrücklichen Bezeichnung als Anschlussberufung bedarf es dazu nicht (BAG 28. Juni 2011 - 3 AZR 282/09 - Rn. 20, EzA BetrAVG § 16 Nr. 59; 30. Mai 2006 - 1 AZR 111/05 - Rn. 42, BAGE 118, 211). Es genügt, dass schriftsätzlich klar und deutlich der Wille zum Ausdruck gebracht wird, eine Änderung des vorinstanzlichen Urteils auch als Rechtsmittelbeklagter zu erreichen. Dazu reicht es, dass der Rechtsmittelbeklagte die Klage - wie im Streitfall mit Schriftsatz vom 19. November 2010 geschehen - erweitert. Einer Beschwer bedarf es für die Anschlussberufung grundsätzlich nicht (vgl. BAG 10. Februar 2009 - 3 AZR 728/07 - Rn. 11, AE 2009, 331).

12

2. Nach § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO iVm. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG ist eine Anschlussberufung zulässig bis zum Ablauf der dem Berufungsbeklagten gesetzten Frist zur Berufungserwiderung. Im arbeitsgerichtlichen Verfahren wird zwar - anders als nach § 521 Abs. 2 Satz 1 ZPO - dem Berufungsbeklagten vom Gericht keine Frist zur Berufungserwiderung „gesetzt“; vielmehr gilt für die Berufungsbeantwortung die durch § 66 Abs. 1 Satz 3 ArbGG bestimmte gesetzliche Frist von einem Monat. Gleichwohl ist § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG im Berufungsverfahren vor den Landesarbeitsgerichten entsprechend anwendbar. Eine Anschlussberufung, die nicht innerhalb eines Monats nach Zustellung der Berufungsbegründung - bei Verlängerung der Berufungsbeantwortungsfrist nach § 66 Abs. 1 Satz 5 ArbGG innerhalb der dann geltenden Frist(vgl. GK-ArbGG/Vossen Stand April 2012 § 64 Rn. 105; GMP/Germelmann ArbGG 7. Aufl. § 64 Rn. 106) - eingeht, ist entsprechend § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen(BAG 30. Mai 2006 - 1 AZR 111/05 - Rn. 45, BAGE 118, 211).

13

3. Danach war die Anschlussberufung des Klägers verspätet.

14

a) Der betreffende Schriftsatz ist am 22. November 2010 beim Landesarbeitsgericht eingegangen. Zu diesem Zeitpunkt war seit der am 26. Juli 2010 bewirkten Zustellung der Berufungsbegründung weit mehr als ein Monat vergangen. Die Frist zur Berufungsbeantwortung war nicht verlängert worden. Ein Fall des § 524 Abs. 2 Satz 3 ZPO liegt nicht vor.

15

b) Die Frist zur Berufungsbeantwortung ist ordnungsgemäß in Lauf gesetzt worden. Insbesondere ist der nach § 66 Abs. 1 Satz 4 ArbGG gebotene Hinweis erfolgt. Dies konnte der Senat selbst im Wege des Freibeweises klären (vgl. BAG 18. Januar 2012 - 7 AZR 211/09 - Rn. 17, NZA 2012, 691).

16

aa) Die Verwerfung der Anschlussberufung wegen Fristversäumnis setzt voraus, dass der Berufungsgegner mit der Zustellung der Berufungsbegründung gemäß § 66 Abs. 1 Satz 4 ArbGG auf die gesetzliche Verpflichtung hingewiesen wurde, die Berufung binnen eines Monats nach Zustellung der Berufungsbegründung zu beantworten. Fehlt es an einem solchen Hinweis, wird weder die Frist zur Berufungsbeantwortung noch die zur Einlegung der Anschlussberufung in Lauf gesetzt (BA G 30. Mai 2006 - 1 AZR 111/05 - Rn. 45, BAGE 118, 211).

17

bb) Der Klägervertreter hat mit Empfangsbekenntnis vom 26. Juli 2010 den Erhalt der Berufungsbegründung bestätigt. Laut Empfangsbekenntnis ist ihm neben der Berufungsbegründung ein „Hinweis gemäß § 66 Abs. 1 Satz 3 ArbGG“ zugestellt worden. Dies bezieht sich auf ein zugleich übermitteltes, vom Kläger in Kopie zur Senatsakte gereichtes gerichtliches Begleitschreiben vom 16. Juli 2010, das - auszugsweise - wie folgt lautet:

        

„Gemäß § 66 Abs. 1 Satz 3 Arbeitsgerichtsgesetzmuss die Berufung innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung anliegender Berufungsbegründung b e a n t w o r t e t werden.

                 
        

Werden Angriffs- oder Verteidigungsmittel in der Berufungsbeantwortung nicht rechtzeitig vorgebracht, so lässt sie das Gericht nur zu, wenn nach seiner freien Überzeugung ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder die Verspätung genügend entschuldigt wird.“

18

cc) Dieser Hinweis war mit Blick auf die Anschlussberufung ausreichend. Insoweit geht es vor allem um die Klarstellung, zu welchem Zeitpunkt die Frist des § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO iVm. § 66 Abs. 1 Satz 3 ArbGG in Gang gesetzt worden ist. Über die Möglichkeit der Anschließung als solche braucht hingegen nicht belehrt zu werden. Ob das gerichtliche Schreiben eine hinreichende Belehrung über die Präklusionsvorschrift des § 67 ArbGG und mögliche Folgen aus einer Versäumung der Beantwortungsfrist enthält, kann offenbleiben. Auf die Präklusionsregelung kommt es für die Frage, ob die Anschlussberufung frist- und formgerecht erhoben worden ist, nicht an. Überdies handelt es sich bei der Klageerweiterung als solche nicht um ein Angriffs- oder Verteidigungsmittel iSv. § 67 ArbGG, sondern um den Angriff selbst(BAG 11. April 2006 - 9 AZN 892/05 - Rn. 12, BAGE 117, 370).

19

dd) Den Akten ist nicht zu entnehmen, ob das gerichtliche Schreiben vom 16. Juli 2010 oder auch nur die Verfügung, mit der die Zustellung der Berufungsbegründung „mit Belehrung über die Frist gem. § 66 I 3 ArbGG“ veranlasst worden ist, vom Vorsitzenden der Kammer unterzeichnet war. Das ist unschädlich. Der Hinweis hat von Gesetzes wegen „mit der Zustellung der Berufungsbegründung“ zu erfolgen (§ 66 Abs. 1 Satz 4 ArbGG). Ein Tätigwerden des Gerichts bzw. seines Vorsitzenden in jedem Einzelfall ist damit nicht verlangt. Es reicht, dass der Hinweis auf allgemeine Anordnung hin durch die Geschäftsstelle erfolgt. Dieser obliegt ohnehin die Ausführung der Zustellung (§ 168 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Zudem besteht hinsichtlich der Erteilung des Hinweises kein Ermessensspielraum; die Regelung des § 66 Abs. 1 Satz 4 ArbGG ist zwingend. Die Anschlussberufung war damit als unzulässig zu verwerfen.

20

II. Die Revision ist unbegründet, soweit sie sich gegen die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über den Feststellungsantrag richtet. Diesem hat das Landesarbeitsgericht zu Recht stattgegeben. Die Kündigungsschutzklage ist begründet. Die ordentliche Kündigung vom 24. September 2009 ist sozial ungerechtfertigt. Sie ist nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG bedingt.

21

1. Dringende betriebliche Erfordernisse für eine Kündigung iSv. § 1 Abs. 2 KSchG können sich aus innerbetrieblichen oder außerbetrieblichen Gründen ergeben. Innerbetriebliche Gründe liegen vor, wenn sich der Arbeitgeber zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt, bei deren Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt. Eine solche unternehmerische Entscheidung ist gerichtlich nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10 - Rn. 17, NZA 2012, 852; 16. Dezember 2010 - 2 AZR 770/09 - Rn. 13, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 186 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 165). Nachzuprüfen ist aber, ob die fragliche Entscheidung tatsächlich umgesetzt wurde und dadurch das Beschäftigungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer entfallen ist (BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10 - aaO; 16. Dezember 2010 - 2 AZR 770/09 - aaO).

22

2. Allerdings kann in Fällen, in denen die Organisationsentscheidung des Arbeitgebers und sein Kündigungsentschluss praktisch deckungsgleich sind, die ansonsten berechtigte Vermutung, die fragliche Entscheidung sei aus sachlichen Gründen erfolgt, nicht unbesehen greifen. Da die Kündigung nach dem Gesetz an das Vorliegen von Gründen gebunden ist, die außerhalb ihrer selbst liegen, muss der Arbeitgeber in solchen Fällen seine Entscheidung hinsichtlich ihrer organisatorischen Durchführbarkeit und zeitlichen Nachhaltigkeit verdeutlichen (BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 770/09 - Rn. 14, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 186 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 165; 17. Juni 1999 - 2 AZR 522/98 - zu II 1 c der Gründe, BAGE 92, 61). Daran fehlt es, wenn die Kündigung zu einer rechtswidrigen Überforderung oder Benachteiligung des im Betrieb verbliebenen Personals führte (vgl. Rost Jahrbuch des Arbeitsrechts Bd. 39 S. 83) oder die zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung lediglich Vorwand dafür wäre, bestimmte Arbeitnehmer aus dem Betrieb zu drängen, obwohl Beschäftigungsbedarf und Beschäftigungsmöglichkeiten objektiv fortbestehen und etwa nur der Inhalt des Arbeitsvertrags als zu belastend angesehen wird (BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10 - Rn. 18, NZA 2012, 852; 22. Mai 2003 - 2 AZR 326/02 - zu B I 3 d (1) der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 128 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 126).

23

Läuft die unternehmerische Entscheidung auf den Abbau einer Hierarchieebene oder die Streichung eines einzelnen Arbeitsplatzes hinaus verbunden mit einer Umverteilung der dem betroffenen Arbeitnehmer bisher zugewiesenen Aufgaben, muss der Arbeitgeber konkret erläutern, in welchem Umfang und aufgrund welcher Maßnahmen die bisher vom gekündigten Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten für diesen zukünftig entfallen. Nur so kann geprüft werden, ob die Entscheidung den dargestellten Voraussetzungen genügt. Der Arbeitgeber muss die Auswirkungen seiner unternehmerischen Vorgaben und Planungen auf das erwartete Arbeitsvolumen anhand einer schlüssigen Prognose im Einzelnen darstellen und angeben, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige Leistungen, dh. im Rahmen ihrer vertraglich geschuldeten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit erledigt werden können (BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10 - Rn. 18, NZA 2012, 852; 13. Februar 2008 - 2 AZR 1041/06 - Rn. 16, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 174 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 158).

24

3. Zu den nur auf Willkür zu überprüfenden Organisationsentscheidungen des Arbeitgebers zählt die Festlegung des Anforderungsprofils einer Stelle. Das Bestreben des Arbeitgebers, bestimmte Tätigkeiten nur von Arbeitnehmern mit bestimmten Qualifikationen ausführen zu lassen, ist grundsätzlich hinzunehmen (BAG 18. März 2010 - 2 AZR 337/08 - Rn. 19, AP BGB § 626 Nr. 228 = EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 17). Schafft der Arbeitgeber neu zugeschnittene Arbeitsplätze, ist dies jedenfalls dann zu respektieren, wenn die Qualifikationsmerkmale einen nachvollziehbaren Bezug zur Organisation der auszuführenden Arbeiten haben (BAG 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 25, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 181 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 163; 7. Juli 2005 - 2 AZR 399/04 - Rn. 32 mwN, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 138 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 138).

25

a) Erhöhte Anforderungen an die Darlegungslast sind dabei mit Blick auf § 1 Abs. 2 KSchG dann zu stellen, wenn der Arbeitgeber das Anforderungsprofil für Arbeitsplätze ändert, die bereits mit langjährig beschäftigten Arbeitnehmern besetzt sind. Der Arbeitgeber kann nicht unter Berufung auf eine gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbare Unternehmerentscheidung den Kündigungsschutz des betreffenden Arbeitnehmers dadurch umgehen, dass er in sachlich nicht gebotener Weise die Anforderungen an die Kenntnisse des Arbeitsplatzinhabers verschärft (BAG 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 26, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 181 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 163; 7. Juli 2005 - 2 AZR 399/04 - Rn. 33, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 138 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 138).

26

b) Der Arbeitgeber muss deshalb, will er dem Vorwurf des Missbrauchs entgehen, dartun, dass es sich bei der zusätzlich geforderten Qualifikation für die Ausführung der Tätigkeit nicht nur um eine „wünschenswerte Voraussetzung”, sondern um ein sachlich gebotenes, arbeitsplatzbezogenes Kriterium für das Stellenprofil handelt (BAG 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 26, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 181 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 163; 24. Juni 2004 - 2 AZR 326/03 - zu B II 2 a der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Nr. 76 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 132). Die Änderung des Anforderungsprofils muss im Zusammenhang mit einer organisatorischen Maßnahme des Arbeitgebers stehen, die nach ihrer Durchführung angesichts eines veränderten Beschäftigungsbedarfs - etwa aufgrund von Änderungen des Arbeitsvolumens oder des Inhalts der Tätigkeit - auch die Anforderungen an den Arbeitsplatzinhaber erfasst (BAG 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 31, aaO). Gestaltet der Arbeitgeber lediglich Arbeitsabläufe um, ohne dass sich die Tätigkeit inhaltlich ändert, und ist der bisherige Stelleninhaber aufgrund seiner Fähigkeiten und Ausbildung in der Lage, die künftig anfallenden Arbeiten zu verrichten, so ist eine auf betriebliche Gründe gestützte Kündigung selbst dann nicht sozial gerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber die Änderungen zum Anlass nimmt, die Stelle in eine „Beförderungsstelle“ umzuwandeln (ähnlich BAG 10. November 1994 - 2 AZR 242/94 - zu B I 2 der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 65 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 77). Das gleiche gilt, wenn der Arbeitgeber die auf dem Arbeitsplatz bislang zu verrichtende Tätigkeit um zusätzliche Aufgaben erweitert, der dadurch veränderte Arbeitsplatz aber nach Bedeutung und Verantwortung nicht um so viel anspruchsvoller ist, dass insgesamt ein anderer Arbeitsbereich entstanden wäre (BAG 30. August 1995 - 1 ABR 11/95 - zu A II 3 b bb der Gründe, AP BetrVG 1972 § 99 Versetzung Nr. 5 = EzA BetrVG 1972 § 99 Nr. 130).

27

4. Daran gemessen hat das Landesarbeitsgericht an die Darlegungslast der Beklagten zu Recht erhöhte Anforderungen gestellt. Dabei macht es keinen Unterschied, ob sich die behauptete Umstrukturierung als Umgestaltung des bisherigen Arbeitsplatzes des Klägers oder als Abbau dieser Stelle bei gleichzeitiger Einrichtung eines neuen, als Beförderungsstelle zu qualifizierenden Arbeitsplatzes darstellt. In beiden Fällen liegt die Organisationsentscheidung nahe am Kündigungsentschluss. Hinzu kommt, dass nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten die bisherigen Aufgaben des Klägers weiterhin anfallen. Die Beklagte musste deshalb zum einen aufzeigen, dass durch die behauptete Bündelung von Funktionen und Zuständigkeiten auf der Leitungsebene tatsächlich ein anderer Arbeitsbereich entstanden ist. Zum anderen war sie gehalten, ihren Entschluss zur Umverteilung der anfallenden Tätigkeiten hinsichtlich seiner Durchführbarkeit und Nachhaltigkeit durch konkreten Tatsachenvortrag zu verdeutlichen.

28

5. Dem wird das Vorbringen der Beklagten nicht gerecht. Sie hat nicht nachvollziehbar dargelegt, dass zum Zeitpunkt der Kündigung die Prognose gerechtfertigt war, die Hälfte der bisherigen Arbeitsaufgaben des Klägers könnten von dem ihm bislang nachgeordneten Personal im Rahmen regulärer zeitlicher Verpflichtungen erledigt werden. Bereits dies führt zur Unwirksamkeit der Kündigung.

29

a) Die Beklagte hat durchaus im Einzelnen vorgetragen, welche konkreten Aufgaben aus den Bereichen „Betriebsleitung GUR“ und „Standortleitung“ in welchem zeitlichen Umfang künftig durch Frau K und weitere sieben namentlich benannte Arbeitnehmer übernommen werden sollten. Sie hat es aber versäumt schlüssig darzutun, dass die fraglichen sieben Personen über hinreichend freie Arbeitszeitkapazität verfügten, um das zusätzliche Pensum von täglich bis zu einer Stunde ohne überobligationsmäßige Leistungen zu bewältigen. Sie hat dies lediglich pauschal behauptet ohne aufzuzeigen, worauf sich ihre Einschätzung stützt. Spätestens nachdem der Kläger die mangelnde Schlüssigkeit ihres Vorbringens beanstandet und sich beispielhaft unter Angabe von Beginn und Ende täglicher Arbeitszeiten darauf berufen hatte, zwei der betroffenen Mitarbeiter seien bereits in der Zeit vor seiner Freistellung voll ausgelastet gewesen, hätte die Beklagte ihren Vortrag im Rahmen der abgestuften Darlegungslast substantiieren müssen. Das ist nicht geschehen. Sie hat nur ihren nicht weiter einlassungsfähigen Vortrag wiederholt, einer der Genannten sei „genau wie alle anderen Mitarbeiter in der Lage, die ihm übertragenen Aufgaben ohne überobligatorische Verpflichtung zu übernehmen“, die Arbeitszeit eines anderen werde vom Kläger unzutreffend dargestellt. Stattdessen hätte sie, um ihrer Vortragslast zu genügen, die zutreffenden Arbeitszeiten der fraglichen Mitarbeiter nebst der Möglichkeit, „freie“ Kapazitäten für die Übertragung weiterer Arbeiten zu nutzen, darstellen müssen.

30

b) Eine Konkretisierung ihres Vorbringens war auch dann nicht entbehrlich, wenn es sich - wie die Beklagte geltend macht - bei den fraglichen Arbeitnehmern um „leitende Angestellte“ oder zumindest außertariflich vergütete Arbeitnehmer handeln sollte. Aus beidem folgt nicht, dass mit diesen keine vertraglichen Vereinbarungen hinsichtlich des Umfangs der zu leistenden Arbeitszeit bestanden. Im Übrigen unterliegen auch sog. AT-Mitarbeiter den Grenzen des Arbeitszeitgesetzes und nimmt nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 ArbZG nur leitende Angestellte iSv. § 5 Abs. 3 BetrVG aus seinem Anwendungsbereich aus(vgl. BAG 6. Mai 2003 - 1 ABR 13/02 - zu B II 2 b aa der Gründe, BAGE 106, 111). Inwieweit diese Voraussetzungen bei einzelnen Arbeitnehmern erfüllt sind, ist dem Vorbringen der Beklagten nicht zu entnehmen.

31

c) In welcher Weise ein Arbeitgeber darlegt, dass die Umverteilung von Arbeitsaufgaben nicht zu einer überobligatorischen Beanspruchung im Betrieb verbliebener Arbeitnehmer führt, bleibt ihm überlassen. Handelt es sich um nicht taktgebundene Arbeiten, muss nicht in jedem Fall und minutiös dargelegt werden, welche einzelnen Tätigkeiten die fraglichen Mitarbeiter künftig mit welchen Zeitanteilen täglich zu verrichten haben. Es kann ausreichend sein, wenn der Arbeitgeber die getroffenen Vereinbarungen zu Umfang und Verteilung der Arbeitszeit darstellt und Anhaltspunkte dafür darlegt, dass Freiräume für die Übernahme zusätzlicher Aufgaben vorhanden sind. Im Streitfall hat die Beklagte auch dies unterlassen. Soweit das Landesarbeitsgericht noch strengere Anforderungen an ihr Vorbringen gestellt hat, wirkt sich dies im Ergebnis nicht aus.

32

d) Die Rüge der Beklagten, das Landesarbeitsgericht habe sie auf die Mängel in ihrem Vortrag hinweisen müssen, ist unberechtigt.

33

aa) Ein Verstoß gegen die richterliche Hinweispflicht (§ 139 ZPO) liegt schon deshalb nicht vor, weil die Beklagte darauf durch die erstinstanzliche Entscheidung und die Ausführungen der Gegenseite aufmerksam gemacht wurde (vgl. BGH 23. April 2009 - IX ZR 95/06 - Rn. 6 mwN, NJW-RR 2010, 70). Das Arbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage mit der Begründung stattgegeben, die Beklagte sei ihrer Darlegungslast nicht nachgekommen. Sie habe es ua. versäumt deutlich zu machen, in welchem Umfang die anderen Mitarbeiter, auf die nunmehr neue Aufgaben zukämen, bisher ausgelastet gewesen seien und warum sie in der Lage sein sollten, die neuen Arbeitsaufgaben ohne überobligatorischen Aufwand zu bewältigen. Dies hat der Kläger aufgegriffen und geltend gemacht, das Vorbringen der Beklagten in ihrer Berufungsbegründung sei „immer noch“ unsubstantiiert. Überdies stützen sich die Entscheidungen der Vorinstanzen insoweit auf die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Die Beklagte war daher auch ohne richterlichen Hinweis gehalten, deutlich konkreter vorzutragen.

34

bb) Ob der im Rahmen der Revision nachgeholte Vortrag den Anforderungen an eine substantiierte Darlegung entspricht, kann dahinstehen. Allerdings handelt es sich bei der Vereinbarung einer „Vertrauensarbeitszeit“, auf die die Beklagte hinsichtlich einzelner Arbeitnehmer verweist, typischerweise um ein Arbeitszeitmodell, bei dem der Arbeitgeber lediglich auf die Festlegung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit verzichtet und darauf vertraut, dass die Arbeitnehmer ihre Arbeitsverpflichtung auch ohne Kontrolle erfüllen (vgl. BAG 6. Mai 2003 - 1 ABR 13/02 - Rn. 65, BAGE 106, 111; Schaub/Vogelsang ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 160 Rn. 33). Aus der Vereinbarung einer „Vertrauensarbeitszeit“ folgt dagegen nicht, dass es an arbeits- oder tarifvertraglichen Vorgaben zur wöchentlichen Arbeitszeit fehlt und die Beklagte über die tatsächlich erbrachte Arbeitszeit hinaus Arbeitsleistungen im Umfang von bis zu einer Stunde täglich verlangen konnte.

35

e) Dringende betriebliche Erfordernisse, die die Kündigung bedingen, hat die Beklagte damit nicht dargelegt. Unerheblich ist, dass das in Rede stehende zu verteilende Arbeitsvolumen - ausgehend vom Vorbringen der Beklagten - lediglich 50 Prozent der bislang dem Kläger zugewiesenen Arbeitsaufgaben umfasst. Auch wenn die Übertragung der anderen 50 Prozent auf Frau K kündigungsrechtlich nicht zu beanstanden sein sollte, hätte die Beklagte dem Kläger zumindest eine Weiterbeschäftigung im entsprechend reduzierten Umfang anbieten müssen. Dafür, dass ein solches Angebot wegen „Unannehmbarkeit“ hätte unterbleiben können (vgl. dazu BAG 23. Februar 2010 - 2 AZR 656/08 - Rn. 57, BAGE 133, 226; 21. September 2006 - 2 AZR 607/05 - Rn. 34, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 130 = EzA KSchG § 2 Nr. 62), fehlt es an Anhaltspunkten. Im Übrigen kann der Vortrag der Beklagten so verstanden werden, dass ihre gesamte Organisationsentscheidung mit der Möglichkeit der Umverteilung von Aufgaben auf nachgeordnete Mitarbeiter „steht und fällt“.

36

III. Der Antrag auf Weiterbeschäftigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag ist dem Senat nicht angefallen. Der Kündigungsrechtsstreit ist rechtskräftig entschieden. Der Antrag auf Erteilung eines Endzeugnisses ist nur für den Fall des Unterliegens mit dem Feststellungsantrag gestellt. Diese Bedingung ist nicht eingetreten.

37

IV. Die Kosten der Berufungsinstanz und der Revision waren im Verhältnis von jeweiligem Obsiegen und Unterliegen der Parteien zu teilen (§ 97 Abs. 1 iVm. § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

        

    Kreft    

        

    Koch    

        

    Berger    

        

        

        

    Gans    

        

    F. Löllgen    

                 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 2. Juli 2009 - 11 Sa 278/09 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer von der Beklagten auf betriebliche Gründe gestützten Kündigung.

2

Der Kläger war seit dem 1. September 2006 als Hauswirtschaftsleiter bei der Beklagten beschäftigt. Die Beklagte versorgt Seniorenstifte und beliefert deren Küchen. Sie beschäftigt mehr als zehn Arbeitnehmer. Der Kläger war zuständig für sechs Seniorenstifte, die von insgesamt drei Produktionsstätten der Beklagten beliefert werden.

3

Mit Schreiben vom 23. Juni 2008 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis aus betrieblichen Gründen zum 30. September 2008. Dagegen hat der Kläger rechtzeitig Klage erhoben und - soweit in der Revisionsinstanz noch von Interesse - beantragt

        

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 23. Juni 2008 nicht aufgelöst worden ist.

4

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat geltend gemacht, sie habe am 30. Mai 2008 die Entscheidung getroffen, die Stelle des Klägers als Hauswirtschaftsleiter zum 30. Juni 2008 ersatzlos zu streichen. Hierfür seien sowohl außer- als auch innerbetriebliche Gründe maßgeblich gewesen. Negative wirtschaftliche Ergebnisse hätten sie zur Personalreduzierung gezwungen. Die bisher vom Kläger wahrgenommenen Aufgaben seien auf die jeweiligen Küchenleiter der einzelnen Produktionsküchen verteilt worden. Diese hätten die Aufgaben bereits vor ihrer Entscheidung entweder gänzlich oder doch zu einem großen Teil selbständig erbracht. Zur Erledigung der vom Kläger übernommenen Aufgaben seien sie ohne überobligatorische Leistungen in der Lage.

5

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision ist zulässig (I), aber unbegründet (II). Die Kündigung vom 23. Juni 2008 hat das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgelöst.

7

I. Die Revision ist zulässig. Die Revisionsbegründung genügt den Anforderungen des § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO. Von den als einzige geltend gemachten Verfahrensrügen ist zumindest die Rüge einer Verletzung der Hinweispflicht zulässig erhoben.

8

1. Ob von mehreren erhobenen Verfahrensrügen zumindest eine zulässig ist, ist eine Frage der ausreichenden Revisionsbegründung (§ 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO) und damit der Zulässigkeit der Revision (vgl. BAG 6. Januar 2004 - 9 AZR 680/02 - zu II 4 der Gründe, BAGE 109, 145).Verfahrensrügen müssen nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO die Bezeichnung der Tatsachen enthalten, die den Mangel ergeben, auf den sich die Revision stützt.

9

2. Danach ist die Revision zulässig. Die Beklagte hat jedenfalls die Rüge, das Landesarbeitsgericht habe die Hinweispflicht nach § 139 Abs. 2 ZPO verletzt, ausreichend begründet und damit zulässig erhoben.

10

a) Wird gerügt, das Landesarbeitsgericht habe den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt, weil es der Hinweispflicht nach § 139 Abs. 2 ZPO nicht nachgekommen sei, muss der Revisionskläger konkret darlegen, welchen Hinweis das Gericht hätte geben müssen und wie er auf einen entsprechenden Hinweis reagiert, insbesondere welchen tatsächlichen Vortrag er gehalten oder welche für die Entscheidung erheblichen rechtlichen Ausführungen er gemacht hätte(vgl. BAG 23. September 2008 - 6 AZN 84/08 - Rn. 13, BAGE 128, 13; 14. März 2005 - 1 AZN 1002/04 - zu II 2 a der Gründe, BAGE 114, 67).

11

b) Die Beklagte meint, das Gericht habe den Hinweis geben müssen, es halte ihre unternehmerische Entscheidung für nicht hinreichend konkretisiert, gehe von einer Sollarbeitszeit des Klägers von 40 Stunden pro Woche aus und könne nicht ausschließen, dass dieser durch seine Tätigkeiten voll ausgelastet gewesen sei. Die Beklagte hat im Einzelnen ausgeführt, welchen Vortrag sie auf einen entsprechenden gerichtlichen Hinweis gehalten hätte.

12

II. Die Revision ist unbegründet. Dabei kann dahinstehen, ob die Rüge einer Verletzung der gerichtlichen Hinweispflicht schon deswegen unberechtigt ist, weil die Beklagte nach dem Prozessverlauf auch ohne gerichtlichen Hinweis hätte erkennen können, dass ihr Sachvortrag zu den betrieblichen Gründen für die Kündigung vom 23. Juni 2008 nicht ausreichend war. Der mögliche Verfahrensfehler war jedenfalls nicht entscheidungserheblich. Auch unter Berücksichtigung des ergänzenden Vorbringens der Beklagten aus der Revisionsbegründung ist die Kündigung vom 23. Juni 2008 nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 KSchG bedingt und damit sozial ungerechtfertigt.

13

1. Dringende betriebliche Erfordernisse für eine Kündigung iSv. § 1 Abs. 2 KSchG können sich aus innerbetrieblichen oder außerbetrieblichen Gründen ergeben. Innerbetriebliche Gründe liegen vor, wenn sich der Arbeitgeber zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt, bei deren betrieblicher Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt. Diese unternehmerische Entscheidung ist gerichtlich nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist ( Senat 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 24 mwN, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 181 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 163; 18. Oktober 2006 - 2 AZR 434/05 - Rn. 31, EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 151 ). Von den Arbeitsgerichten nachzuprüfen ist dagegen, ob die fragliche Entscheidung tatsächlich vollzogen wurde und dadurch das Beschäftigungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer entfallen ist (Senat 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - aaO; 17. Juni 1999 -  2 AZR 522/98 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 92, 61 ).

14

a) Allerdings kann in Fällen, in denen die Organisationsentscheidung des Arbeitgebers und sein Kündigungsentschluss praktisch deckungsgleich sind, die ansonsten berechtigte Vermutung, die fragliche Entscheidung sei aus sachlichen Gründen erfolgt, nicht unbesehen greifen. In diesen Fällen muss der Arbeitgeber vielmehr konkrete Angaben dazu machen, wie sich seine Organisationsentscheidung auf die Einsatzmöglichkeiten der Arbeitnehmer auswirkt (Senat 18. März 2010 - 2 AZR 337/08 - Rn. 20, EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 17; 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 26, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 181 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 163).

15

b) Läuft die unternehmerische Entscheidung letztlich nur auf den Abbau einer Hierarchieebene hinaus verbunden mit einer Umverteilung der dem betroffenen Arbeitnehmer bisher zugewiesenen Aufgaben, bedarf es dementsprechend näherer Darlegungen, damit geprüft werden kann, ob der Beschäftigungsbedarf für den betroffenen Arbeitnehmer tatsächlich entfallen und die Entscheidung weder offensichtlich unsachlich noch willkürlich ist. Der Arbeitgeber muss konkret erläutern, in welchem Umfang und aufgrund welcher Maßnahmen die bisher von dem betroffenen Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten für diesen zukünftig entfallen. Er muss die Auswirkungen seiner unternehmerischen Vorgaben auf die zukünftige Arbeitsmenge anhand einer schlüssigen Prognose konkret darstellen und angeben, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige Leistungen erledigt werden können (Senat 13. Februar 2008 - 2 AZR 1041/06 - Rn. 16 mwN, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 174 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 158; 10. Oktober 2002 - 2 AZR 598/01 - zu C I 4 der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 123 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 122).

16

2. Im Streitfall liegt der Entschluss der Beklagten, die Stelle des Hauswirtschaftsleiters zu streichen, nahe an der Kündigungsentscheidung. Er hat allein den Abbau einer Leitungsebene zum Gegenstand und geht einher mit der Umverteilung der dem Kläger bisher zugewiesenen Aufgaben auf andere Beschäftigte. Es bedurfte daher der beschriebenen näheren Erläuterung dieses Entschlusses.

17

3. Dem wird der Vortrag der Beklagten auch unter Berücksichtigung ihres Vorbringens in der Revisionsbegründung nicht gerecht. Die Beklagte hat nicht schlüssig dargelegt, dass zum Zeitpunkt der Kündigung die Prognose gerechtfertigt war, die bisher vom Kläger wahrgenommenen Aufgaben könnten vom verbliebenen Personal im Rahmen seiner regulären Verpflichtungen erledigt werden.

18

a) Zwar stellt die Beklagte die vom Kläger im letzten halben Jahr vor Ausspruch der Kündigung ausgeübten Tätigkeiten und wahrgenommenen Aufgaben monatsweise dar und konkretisiert sie im Hinblick auf die dafür im Einzelnen aufgewendete Arbeitszeit. In gleicher Weise trägt sie für die drei Mitarbeiter vor, denen sie die Aufgaben des Klägers übertragen habe, soweit diese nicht an Drittfirmen vergeben oder von ihrer Geschäftsführung übernommen worden seien.

19

b) Unklar ist aber, wann die Beklagte welche Aufgaben des Klägers auf die Küchenleiter übertragen und wann sie einen Teil der Tätigkeiten an Drittfirmen vergeben oder die Geschäftsführung diese übernommen hat. Hatte sie ursprünglich vorgetragen, sie habe sämtliche Aufgaben des Klägers als Hauswirtschaftsleiter auf die Küchenleiter in den einzelnen Produktionsstätten übertragen, legt sie nunmehr dar, eine Reihe der Tätigkeiten seien von Drittfirmen und von ihrer Geschäftsführung übernommen worden.

20

c) Unklar ist zudem das Schicksal der Aufgaben des Klägers als Personaleinsatzleiter uä. Dazu gehören die von der Beklagten selbst als Beispiele genannten Tätigkeiten wie die Erstellung von Dienst- und Urlaubsplänen, die Beratung der Geschäftsführung und die Öffentlichkeitsarbeit, die Planung und Organisation einer wirtschaftlichen Beschaffung von Ver- und Gebrauchsgütern, die Durchführung von Warenbestandsaufnahmen sowie die Umsetzung und Überwachung der Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften. Die Beklagte hat insoweit weder eine Übertragung auf die Küchenleiter noch eine Vergabe nach außen oder Übernahme durch die Geschäftsführung behauptet.

21

d) Die Beklagte hat außerdem die Umverteilung von Tätigkeiten im Umfang eines Arbeitszeitbedarfs von insgesamt lediglich 98,39 Stunden monatlich dargelegt. Sie geht indessen selbst von einer durchschnittlichen monatlichen Soll-Arbeitszeit des Klägers von 174 Stunden aus. In dem ihrer Aufstellung zugrunde liegenden Halbjahreszeitraum sind lediglich für die Monate Februar bis Mai 2008 Minusstunden im Umfang von zweimal 4, einmal 6,5 und einmal 7,5 Stunden ausgewiesen. Aus den angegebenen arbeitsfreien Zeiten wegen Urlaubs, krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit und Feiertagen ergibt sich nicht, dass und weshalb der Kläger auch während der verbliebenen Arbeitszeit nicht ausgelastet gewesen wäre.

22

e) Der Vortrag der Beklagten ist ferner deshalb unschlüssig, weil die Aufstellung der Arbeitszeiten ihrer drei Küchenleiter ergibt, dass zwei von ihnen über keinerlei freie Arbeitszeitkapazität verfügten und der dritte nur in einem geringen Maße. Damit erscheint eine Übernahme der Aufgaben des Klägers nicht ohne überobligationsmäßige Leistungen der neuen Aufgabenträger möglich.

23

aa) Keinerlei freie Kapazitäten ergeben sich aus den Arbeitszeiten der Küchenleiterin. Diese leistete von Januar bis April 2008 sogar monatlich zwischen 40 und 50 Überstunden. Soweit die Beklagte darauf verweist, diese seien durch die vorübergehende Einarbeitung zweier Mitarbeiter angefallen, folgt daraus nicht, dass und in welchem Umfang die Küchenleiterin ohne diese Mehrbelastung freie Kapazitäten gehabt hätte, um innerhalb ihrer regulären Arbeitszeit weitere Aufgaben zu übernehmen. Einer der Küchenleiter leistete nach der Aufstellung der Beklagten insgesamt mehr Überstunden als Minusstunden anfielen.

24

bb) Lediglich für den dritten Küchenleiter sind für nahezu jeden Monat fünf Minusstunden verzeichnet. Doch reicht auch diese Kapazität nicht aus, um die fraglichen, nach dem Vorbringen der Beklagten im Umfang von monatlich etwa 12 Stunden angefallenen Aufgaben des Klägers zu übernehmen. Weitergehende Erläuterungen lassen sich dem Vortrag der Beklagten nicht entnehmen.

25

4. Die Rüge der Beklagten, das Landesarbeitsgericht habe sich ausschließlich mit den innerbetrieblichen Gründen für die Kündigung befasst und sich nicht mit dem erstinstanzlich vorgetragenen Umsatzrückgang auseinandergesetzt, ist unzulässig. Ihre Begründung genügt nicht den Anforderungen des § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO.

26

a) Rügt der Revisionskläger, das Landesarbeitsgericht habe von ihm gehaltenen Vortrag übergangen, muss er im Einzelnen unter Angabe des Schriftsatzes nach Datum und bei entsprechendem Umfang auch Seitenzahl darlegen, um welchen Vortrag es sich handeln soll (vgl. BAG 23. September 2008 - 6 AZN 84/08 - Rn. 19, BAGE 128, 13), es sei denn, dies wäre ohne Weiteres klar ( BAG 6. Januar 2004 - 9 AZR 680/02 - zu II 3 d bb der Gründe, BAGE 109, 145).

27

b) Diesen Anforderungen wird die Rüge der Beklagten nicht gerecht. Die Beklagte verweist lediglich pauschal auf erstinstanzlich vorgetragene außerbetriebliche Gründe. Sie legt nicht dar, welche konkreten tatsächlichen oder rechtlichen Ausführungen das Landesarbeitsgericht übergangen haben soll, ohne dass dies auf der Hand läge.

28

III. Als unterlegene Partei hat die Beklagte gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Berger    

        

    Rachor    

        

        

        

    Sieg    

        

    Jan Eulen    

                 

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 2. Dezember 2010 - 11 Sa 649/10 - im Kostenausspruch und insoweit aufgehoben, wie es die Beklagte zur Zahlung von 16.854,00 Euro brutto nebst Zinsen verurteilt hat.

2. Die Anschlussberufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 24. März 2010 - 1 Ca 2392/09 - wird als unzulässig verworfen.

3. Die weitergehende Revision der Beklagten wird zurückgewiesen.

4. Die Kosten der Berufungsinstanz haben der Kläger zu 1/6, die Beklagte zu 5/6 und die Kosten der Revision haben der Kläger zu 1/5, die Beklagte zu 4/5 zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen, auf betriebsbedingte Gründe gestützten Kündigung und damit in Zusammenhang stehende Ansprüche.

2

Die Beklagte ist ein Tochterunternehmen eines amerikanischen Konzerns. Sie hat in Deutschland drei Produktionsstätten. In ihrem Werk O beschäftigte sie regelmäßig etwa 85 Arbeitnehmer.

3

Der im August 1954 geborene Kläger ist promovierter Chemiker und seit April 1986 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Seit Dezember 2006 ist er als „Betriebsleiter GUR“ Leiter der Kunststoffgranulat-Produktion in O. Anfang Februar 2007 wurde ihm zusätzlich die Leitung des gesamten Standorts übertragen. Laut § 1 des im Juni/Juli 2004 geschlossenen Anstellungsvertrags sieht ihn die Beklagte als leitenden Angestellten iSv. § 5 Abs. 3 BetrVG an. Seine Vergütung richtete sich nach einem unternehmensweit angewandten „Vertragsstufensystem für leitende Angestellte“. Danach bezog er ein Bruttomonatsgehalt von etwa 9.860,00 Euro, das sich aus einem Fixum und Bonuszahlungen zusammensetzte.

4

Im August 2009 stellte die Beklagte den Kläger unter Berufung auf anstehende seinen Arbeitsplatz betreffende Veränderungen von seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei. Mit Schreiben vom 24. September 2009 kündigte sie das Arbeitsverhältnis der Parteien ordentlich zum 30. April 2010, „vorsorglich ... zum zulässigen Termin“. Der „vorsorglich“ zur Kündigung angehörte Betriebsrat des Werks O hatte der Kündigung mit der Begründung widersprochen, die Beschäftigungsmöglichkeiten für den Kläger seien nicht weggefallen.

5

Der Kläger hat gegen die Kündigung rechtzeitig die vorliegende Klage erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, ein dringendes betriebliches Erfordernis für eine Kündigung liege nicht vor. Sein Arbeitsplatz sei bei im Wesentlichen gleich gebliebenen Aufgaben lediglich neu besetzt worden. Eine Verlagerung bisher durch ihn erledigter Aufgaben auf andere in O beschäftigte Arbeitnehmer sei nicht ohne deren überobligatorische Inanspruchnahme möglich gewesen. Auch habe die Möglichkeit bestanden, ihn auf dem frei gewordenen Arbeitsplatz des „Forschungsleiters“ weiter zu beschäftigen.

6

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 24. September 2009 nicht aufgelöst worden ist;

        

2.    

für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiter zu beschäftigen;

        

3.    

für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, ihm ein wohlwollendes Zwischenzeugnis zu erteilen, das sich auf Führung und Leistung erstreckt;

        

4.    

für den Fall der Abweisung des Antrags zu 1. die Beklagte zu verurteilen, ihm ein „endgültiges“ wohlwollendes Zeugnis zu erteilen, das sich auf Führung und Leistung erstreckt.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat behauptet, im September 2009 sei auf Konzernebene die - anschließend durch ihren Geschäftsführer umgesetzte - unternehmerische Entscheidung getroffen worden, Produktionsstandorte zusammenzulegen sowie Funktionen und Zuständigkeiten zu bündeln. In diesem Zusammenhang sei die globale Verantwortlichkeit für die Prozessentwicklung und das Qualitätsmanagement in O angesiedelt worden. An diese Funktion habe sie die Hälfte der bisher vom Kläger wahrgenommenen Leitungsaufgaben „angekoppelt“; die Stelle habe sie mit Frau K besetzt, die zuvor Geschäftsführerin eines anderen Konzernunternehmens gewesen sei. Die andere Hälfte der Tätigkeiten habe sie auf insgesamt sieben, dem Kläger bisher nachgeordnete Arbeitnehmer verteilt, die auch in der Lage seien, das zusätzliche Pensum zu bewältigen. Der Kläger sei fachlich nicht in der Lage, die neu zugeschnittene Leitungsstelle auszufüllen. Er verfüge, anders als Frau K, die neben ihrem Chemie- ein Ingenieurstudium absolviert habe, nicht über die erforderlichen Kenntnisse und die notwendige Berufserfahrung auf dem Gebiet der Prozessentwicklung und des Qualitätsmanagements. Außerdem sei die Stelle mit einem Aufgaben- und Kompetenzzuwachs verbunden, der sich in veränderten Berichtspflichten unmittelbar gegenüber dem Management der Beklagten und der Zuordnung des Arbeitsplatzes zu einem höheren „Gehaltslevel“ ausdrücke. Zur Weiterbeschäftigung des Klägers auf einer solchen „Beförderungsstelle“ sei sie nicht verpflichtet.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt. Der Kläger hat in der Berufungsinstanz zusätzlich beantragt, an ihn 16.854,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten aus jeweils 8.427,00 Euro brutto seit dem 1. November 2010 und seit dem 1. Dezember 2010 zu zahlen. Er hat die Auffassung vertreten, das damit geforderte Gehalt für die Monate Oktober und November 2010 stehe ihm unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs zu. Die Beklagte hat gerügt, die Klageerweiterung sei unzulässig. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und diese zur Gehaltszahlung in beantragter Höhe verurteilt. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter, die Klage - ausgenommen den Anspruch auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses - abzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision ist begründet, soweit die Beklagte ihre Verurteilung zur Zahlung von Vergütung für die Monate Oktober und November 2010 angreift (I.). Im Übrigen bleibt die Revision ohne Erfolg. Die Kündigung vom 24. September 2009 ist unwirksam und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst (II.). Die (Hilfs-)Anträge auf vorläufige Weiterbeschäftigung und auf Erteilung eines Endzeugnisses sind dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen (III.).

10

I. Mit Erfolg wendet sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung zur Gehaltszahlung, die der Kläger erstmals in der Berufungsinstanz geltend gemacht hat. Die Revision ist insoweit aus prozessualen Gründen erfolgreich. Bei der Klageerweiterung handelt es sich um eine nach § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO iVm. § 64 Abs. 6 Satz 1, § 66 Abs. 1 Satz 3 ArbGG verspätete und deshalb unzulässige Anschlussberufung. Das hat das Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen (BGH 24. Oktober 2007 - IV ZR 12/07 - Rn. 7, MDR 2008, 159).

11

1. Dem Kläger stand für eine Erweiterung der Klage im Berufungsrechtszug nur der Weg der Anschlussberufung zur Verfügung. Als solche ist sein Zahlungsbegehren deshalb zu behandeln; einer ausdrücklichen Bezeichnung als Anschlussberufung bedarf es dazu nicht (BAG 28. Juni 2011 - 3 AZR 282/09 - Rn. 20, EzA BetrAVG § 16 Nr. 59; 30. Mai 2006 - 1 AZR 111/05 - Rn. 42, BAGE 118, 211). Es genügt, dass schriftsätzlich klar und deutlich der Wille zum Ausdruck gebracht wird, eine Änderung des vorinstanzlichen Urteils auch als Rechtsmittelbeklagter zu erreichen. Dazu reicht es, dass der Rechtsmittelbeklagte die Klage - wie im Streitfall mit Schriftsatz vom 19. November 2010 geschehen - erweitert. Einer Beschwer bedarf es für die Anschlussberufung grundsätzlich nicht (vgl. BAG 10. Februar 2009 - 3 AZR 728/07 - Rn. 11, AE 2009, 331).

12

2. Nach § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO iVm. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG ist eine Anschlussberufung zulässig bis zum Ablauf der dem Berufungsbeklagten gesetzten Frist zur Berufungserwiderung. Im arbeitsgerichtlichen Verfahren wird zwar - anders als nach § 521 Abs. 2 Satz 1 ZPO - dem Berufungsbeklagten vom Gericht keine Frist zur Berufungserwiderung „gesetzt“; vielmehr gilt für die Berufungsbeantwortung die durch § 66 Abs. 1 Satz 3 ArbGG bestimmte gesetzliche Frist von einem Monat. Gleichwohl ist § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG im Berufungsverfahren vor den Landesarbeitsgerichten entsprechend anwendbar. Eine Anschlussberufung, die nicht innerhalb eines Monats nach Zustellung der Berufungsbegründung - bei Verlängerung der Berufungsbeantwortungsfrist nach § 66 Abs. 1 Satz 5 ArbGG innerhalb der dann geltenden Frist(vgl. GK-ArbGG/Vossen Stand April 2012 § 64 Rn. 105; GMP/Germelmann ArbGG 7. Aufl. § 64 Rn. 106) - eingeht, ist entsprechend § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen(BAG 30. Mai 2006 - 1 AZR 111/05 - Rn. 45, BAGE 118, 211).

13

3. Danach war die Anschlussberufung des Klägers verspätet.

14

a) Der betreffende Schriftsatz ist am 22. November 2010 beim Landesarbeitsgericht eingegangen. Zu diesem Zeitpunkt war seit der am 26. Juli 2010 bewirkten Zustellung der Berufungsbegründung weit mehr als ein Monat vergangen. Die Frist zur Berufungsbeantwortung war nicht verlängert worden. Ein Fall des § 524 Abs. 2 Satz 3 ZPO liegt nicht vor.

15

b) Die Frist zur Berufungsbeantwortung ist ordnungsgemäß in Lauf gesetzt worden. Insbesondere ist der nach § 66 Abs. 1 Satz 4 ArbGG gebotene Hinweis erfolgt. Dies konnte der Senat selbst im Wege des Freibeweises klären (vgl. BAG 18. Januar 2012 - 7 AZR 211/09 - Rn. 17, NZA 2012, 691).

16

aa) Die Verwerfung der Anschlussberufung wegen Fristversäumnis setzt voraus, dass der Berufungsgegner mit der Zustellung der Berufungsbegründung gemäß § 66 Abs. 1 Satz 4 ArbGG auf die gesetzliche Verpflichtung hingewiesen wurde, die Berufung binnen eines Monats nach Zustellung der Berufungsbegründung zu beantworten. Fehlt es an einem solchen Hinweis, wird weder die Frist zur Berufungsbeantwortung noch die zur Einlegung der Anschlussberufung in Lauf gesetzt (BA G 30. Mai 2006 - 1 AZR 111/05 - Rn. 45, BAGE 118, 211).

17

bb) Der Klägervertreter hat mit Empfangsbekenntnis vom 26. Juli 2010 den Erhalt der Berufungsbegründung bestätigt. Laut Empfangsbekenntnis ist ihm neben der Berufungsbegründung ein „Hinweis gemäß § 66 Abs. 1 Satz 3 ArbGG“ zugestellt worden. Dies bezieht sich auf ein zugleich übermitteltes, vom Kläger in Kopie zur Senatsakte gereichtes gerichtliches Begleitschreiben vom 16. Juli 2010, das - auszugsweise - wie folgt lautet:

        

„Gemäß § 66 Abs. 1 Satz 3 Arbeitsgerichtsgesetzmuss die Berufung innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung anliegender Berufungsbegründung b e a n t w o r t e t werden.

                 
        

Werden Angriffs- oder Verteidigungsmittel in der Berufungsbeantwortung nicht rechtzeitig vorgebracht, so lässt sie das Gericht nur zu, wenn nach seiner freien Überzeugung ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder die Verspätung genügend entschuldigt wird.“

18

cc) Dieser Hinweis war mit Blick auf die Anschlussberufung ausreichend. Insoweit geht es vor allem um die Klarstellung, zu welchem Zeitpunkt die Frist des § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO iVm. § 66 Abs. 1 Satz 3 ArbGG in Gang gesetzt worden ist. Über die Möglichkeit der Anschließung als solche braucht hingegen nicht belehrt zu werden. Ob das gerichtliche Schreiben eine hinreichende Belehrung über die Präklusionsvorschrift des § 67 ArbGG und mögliche Folgen aus einer Versäumung der Beantwortungsfrist enthält, kann offenbleiben. Auf die Präklusionsregelung kommt es für die Frage, ob die Anschlussberufung frist- und formgerecht erhoben worden ist, nicht an. Überdies handelt es sich bei der Klageerweiterung als solche nicht um ein Angriffs- oder Verteidigungsmittel iSv. § 67 ArbGG, sondern um den Angriff selbst(BAG 11. April 2006 - 9 AZN 892/05 - Rn. 12, BAGE 117, 370).

19

dd) Den Akten ist nicht zu entnehmen, ob das gerichtliche Schreiben vom 16. Juli 2010 oder auch nur die Verfügung, mit der die Zustellung der Berufungsbegründung „mit Belehrung über die Frist gem. § 66 I 3 ArbGG“ veranlasst worden ist, vom Vorsitzenden der Kammer unterzeichnet war. Das ist unschädlich. Der Hinweis hat von Gesetzes wegen „mit der Zustellung der Berufungsbegründung“ zu erfolgen (§ 66 Abs. 1 Satz 4 ArbGG). Ein Tätigwerden des Gerichts bzw. seines Vorsitzenden in jedem Einzelfall ist damit nicht verlangt. Es reicht, dass der Hinweis auf allgemeine Anordnung hin durch die Geschäftsstelle erfolgt. Dieser obliegt ohnehin die Ausführung der Zustellung (§ 168 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Zudem besteht hinsichtlich der Erteilung des Hinweises kein Ermessensspielraum; die Regelung des § 66 Abs. 1 Satz 4 ArbGG ist zwingend. Die Anschlussberufung war damit als unzulässig zu verwerfen.

20

II. Die Revision ist unbegründet, soweit sie sich gegen die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über den Feststellungsantrag richtet. Diesem hat das Landesarbeitsgericht zu Recht stattgegeben. Die Kündigungsschutzklage ist begründet. Die ordentliche Kündigung vom 24. September 2009 ist sozial ungerechtfertigt. Sie ist nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG bedingt.

21

1. Dringende betriebliche Erfordernisse für eine Kündigung iSv. § 1 Abs. 2 KSchG können sich aus innerbetrieblichen oder außerbetrieblichen Gründen ergeben. Innerbetriebliche Gründe liegen vor, wenn sich der Arbeitgeber zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt, bei deren Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt. Eine solche unternehmerische Entscheidung ist gerichtlich nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10 - Rn. 17, NZA 2012, 852; 16. Dezember 2010 - 2 AZR 770/09 - Rn. 13, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 186 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 165). Nachzuprüfen ist aber, ob die fragliche Entscheidung tatsächlich umgesetzt wurde und dadurch das Beschäftigungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer entfallen ist (BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10 - aaO; 16. Dezember 2010 - 2 AZR 770/09 - aaO).

22

2. Allerdings kann in Fällen, in denen die Organisationsentscheidung des Arbeitgebers und sein Kündigungsentschluss praktisch deckungsgleich sind, die ansonsten berechtigte Vermutung, die fragliche Entscheidung sei aus sachlichen Gründen erfolgt, nicht unbesehen greifen. Da die Kündigung nach dem Gesetz an das Vorliegen von Gründen gebunden ist, die außerhalb ihrer selbst liegen, muss der Arbeitgeber in solchen Fällen seine Entscheidung hinsichtlich ihrer organisatorischen Durchführbarkeit und zeitlichen Nachhaltigkeit verdeutlichen (BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 770/09 - Rn. 14, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 186 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 165; 17. Juni 1999 - 2 AZR 522/98 - zu II 1 c der Gründe, BAGE 92, 61). Daran fehlt es, wenn die Kündigung zu einer rechtswidrigen Überforderung oder Benachteiligung des im Betrieb verbliebenen Personals führte (vgl. Rost Jahrbuch des Arbeitsrechts Bd. 39 S. 83) oder die zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung lediglich Vorwand dafür wäre, bestimmte Arbeitnehmer aus dem Betrieb zu drängen, obwohl Beschäftigungsbedarf und Beschäftigungsmöglichkeiten objektiv fortbestehen und etwa nur der Inhalt des Arbeitsvertrags als zu belastend angesehen wird (BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10 - Rn. 18, NZA 2012, 852; 22. Mai 2003 - 2 AZR 326/02 - zu B I 3 d (1) der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 128 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 126).

23

Läuft die unternehmerische Entscheidung auf den Abbau einer Hierarchieebene oder die Streichung eines einzelnen Arbeitsplatzes hinaus verbunden mit einer Umverteilung der dem betroffenen Arbeitnehmer bisher zugewiesenen Aufgaben, muss der Arbeitgeber konkret erläutern, in welchem Umfang und aufgrund welcher Maßnahmen die bisher vom gekündigten Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten für diesen zukünftig entfallen. Nur so kann geprüft werden, ob die Entscheidung den dargestellten Voraussetzungen genügt. Der Arbeitgeber muss die Auswirkungen seiner unternehmerischen Vorgaben und Planungen auf das erwartete Arbeitsvolumen anhand einer schlüssigen Prognose im Einzelnen darstellen und angeben, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige Leistungen, dh. im Rahmen ihrer vertraglich geschuldeten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit erledigt werden können (BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10 - Rn. 18, NZA 2012, 852; 13. Februar 2008 - 2 AZR 1041/06 - Rn. 16, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 174 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 158).

24

3. Zu den nur auf Willkür zu überprüfenden Organisationsentscheidungen des Arbeitgebers zählt die Festlegung des Anforderungsprofils einer Stelle. Das Bestreben des Arbeitgebers, bestimmte Tätigkeiten nur von Arbeitnehmern mit bestimmten Qualifikationen ausführen zu lassen, ist grundsätzlich hinzunehmen (BAG 18. März 2010 - 2 AZR 337/08 - Rn. 19, AP BGB § 626 Nr. 228 = EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 17). Schafft der Arbeitgeber neu zugeschnittene Arbeitsplätze, ist dies jedenfalls dann zu respektieren, wenn die Qualifikationsmerkmale einen nachvollziehbaren Bezug zur Organisation der auszuführenden Arbeiten haben (BAG 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 25, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 181 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 163; 7. Juli 2005 - 2 AZR 399/04 - Rn. 32 mwN, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 138 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 138).

25

a) Erhöhte Anforderungen an die Darlegungslast sind dabei mit Blick auf § 1 Abs. 2 KSchG dann zu stellen, wenn der Arbeitgeber das Anforderungsprofil für Arbeitsplätze ändert, die bereits mit langjährig beschäftigten Arbeitnehmern besetzt sind. Der Arbeitgeber kann nicht unter Berufung auf eine gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbare Unternehmerentscheidung den Kündigungsschutz des betreffenden Arbeitnehmers dadurch umgehen, dass er in sachlich nicht gebotener Weise die Anforderungen an die Kenntnisse des Arbeitsplatzinhabers verschärft (BAG 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 26, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 181 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 163; 7. Juli 2005 - 2 AZR 399/04 - Rn. 33, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 138 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 138).

26

b) Der Arbeitgeber muss deshalb, will er dem Vorwurf des Missbrauchs entgehen, dartun, dass es sich bei der zusätzlich geforderten Qualifikation für die Ausführung der Tätigkeit nicht nur um eine „wünschenswerte Voraussetzung”, sondern um ein sachlich gebotenes, arbeitsplatzbezogenes Kriterium für das Stellenprofil handelt (BAG 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 26, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 181 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 163; 24. Juni 2004 - 2 AZR 326/03 - zu B II 2 a der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Nr. 76 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 132). Die Änderung des Anforderungsprofils muss im Zusammenhang mit einer organisatorischen Maßnahme des Arbeitgebers stehen, die nach ihrer Durchführung angesichts eines veränderten Beschäftigungsbedarfs - etwa aufgrund von Änderungen des Arbeitsvolumens oder des Inhalts der Tätigkeit - auch die Anforderungen an den Arbeitsplatzinhaber erfasst (BAG 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 31, aaO). Gestaltet der Arbeitgeber lediglich Arbeitsabläufe um, ohne dass sich die Tätigkeit inhaltlich ändert, und ist der bisherige Stelleninhaber aufgrund seiner Fähigkeiten und Ausbildung in der Lage, die künftig anfallenden Arbeiten zu verrichten, so ist eine auf betriebliche Gründe gestützte Kündigung selbst dann nicht sozial gerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber die Änderungen zum Anlass nimmt, die Stelle in eine „Beförderungsstelle“ umzuwandeln (ähnlich BAG 10. November 1994 - 2 AZR 242/94 - zu B I 2 der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 65 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 77). Das gleiche gilt, wenn der Arbeitgeber die auf dem Arbeitsplatz bislang zu verrichtende Tätigkeit um zusätzliche Aufgaben erweitert, der dadurch veränderte Arbeitsplatz aber nach Bedeutung und Verantwortung nicht um so viel anspruchsvoller ist, dass insgesamt ein anderer Arbeitsbereich entstanden wäre (BAG 30. August 1995 - 1 ABR 11/95 - zu A II 3 b bb der Gründe, AP BetrVG 1972 § 99 Versetzung Nr. 5 = EzA BetrVG 1972 § 99 Nr. 130).

27

4. Daran gemessen hat das Landesarbeitsgericht an die Darlegungslast der Beklagten zu Recht erhöhte Anforderungen gestellt. Dabei macht es keinen Unterschied, ob sich die behauptete Umstrukturierung als Umgestaltung des bisherigen Arbeitsplatzes des Klägers oder als Abbau dieser Stelle bei gleichzeitiger Einrichtung eines neuen, als Beförderungsstelle zu qualifizierenden Arbeitsplatzes darstellt. In beiden Fällen liegt die Organisationsentscheidung nahe am Kündigungsentschluss. Hinzu kommt, dass nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten die bisherigen Aufgaben des Klägers weiterhin anfallen. Die Beklagte musste deshalb zum einen aufzeigen, dass durch die behauptete Bündelung von Funktionen und Zuständigkeiten auf der Leitungsebene tatsächlich ein anderer Arbeitsbereich entstanden ist. Zum anderen war sie gehalten, ihren Entschluss zur Umverteilung der anfallenden Tätigkeiten hinsichtlich seiner Durchführbarkeit und Nachhaltigkeit durch konkreten Tatsachenvortrag zu verdeutlichen.

28

5. Dem wird das Vorbringen der Beklagten nicht gerecht. Sie hat nicht nachvollziehbar dargelegt, dass zum Zeitpunkt der Kündigung die Prognose gerechtfertigt war, die Hälfte der bisherigen Arbeitsaufgaben des Klägers könnten von dem ihm bislang nachgeordneten Personal im Rahmen regulärer zeitlicher Verpflichtungen erledigt werden. Bereits dies führt zur Unwirksamkeit der Kündigung.

29

a) Die Beklagte hat durchaus im Einzelnen vorgetragen, welche konkreten Aufgaben aus den Bereichen „Betriebsleitung GUR“ und „Standortleitung“ in welchem zeitlichen Umfang künftig durch Frau K und weitere sieben namentlich benannte Arbeitnehmer übernommen werden sollten. Sie hat es aber versäumt schlüssig darzutun, dass die fraglichen sieben Personen über hinreichend freie Arbeitszeitkapazität verfügten, um das zusätzliche Pensum von täglich bis zu einer Stunde ohne überobligationsmäßige Leistungen zu bewältigen. Sie hat dies lediglich pauschal behauptet ohne aufzuzeigen, worauf sich ihre Einschätzung stützt. Spätestens nachdem der Kläger die mangelnde Schlüssigkeit ihres Vorbringens beanstandet und sich beispielhaft unter Angabe von Beginn und Ende täglicher Arbeitszeiten darauf berufen hatte, zwei der betroffenen Mitarbeiter seien bereits in der Zeit vor seiner Freistellung voll ausgelastet gewesen, hätte die Beklagte ihren Vortrag im Rahmen der abgestuften Darlegungslast substantiieren müssen. Das ist nicht geschehen. Sie hat nur ihren nicht weiter einlassungsfähigen Vortrag wiederholt, einer der Genannten sei „genau wie alle anderen Mitarbeiter in der Lage, die ihm übertragenen Aufgaben ohne überobligatorische Verpflichtung zu übernehmen“, die Arbeitszeit eines anderen werde vom Kläger unzutreffend dargestellt. Stattdessen hätte sie, um ihrer Vortragslast zu genügen, die zutreffenden Arbeitszeiten der fraglichen Mitarbeiter nebst der Möglichkeit, „freie“ Kapazitäten für die Übertragung weiterer Arbeiten zu nutzen, darstellen müssen.

30

b) Eine Konkretisierung ihres Vorbringens war auch dann nicht entbehrlich, wenn es sich - wie die Beklagte geltend macht - bei den fraglichen Arbeitnehmern um „leitende Angestellte“ oder zumindest außertariflich vergütete Arbeitnehmer handeln sollte. Aus beidem folgt nicht, dass mit diesen keine vertraglichen Vereinbarungen hinsichtlich des Umfangs der zu leistenden Arbeitszeit bestanden. Im Übrigen unterliegen auch sog. AT-Mitarbeiter den Grenzen des Arbeitszeitgesetzes und nimmt nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 ArbZG nur leitende Angestellte iSv. § 5 Abs. 3 BetrVG aus seinem Anwendungsbereich aus(vgl. BAG 6. Mai 2003 - 1 ABR 13/02 - zu B II 2 b aa der Gründe, BAGE 106, 111). Inwieweit diese Voraussetzungen bei einzelnen Arbeitnehmern erfüllt sind, ist dem Vorbringen der Beklagten nicht zu entnehmen.

31

c) In welcher Weise ein Arbeitgeber darlegt, dass die Umverteilung von Arbeitsaufgaben nicht zu einer überobligatorischen Beanspruchung im Betrieb verbliebener Arbeitnehmer führt, bleibt ihm überlassen. Handelt es sich um nicht taktgebundene Arbeiten, muss nicht in jedem Fall und minutiös dargelegt werden, welche einzelnen Tätigkeiten die fraglichen Mitarbeiter künftig mit welchen Zeitanteilen täglich zu verrichten haben. Es kann ausreichend sein, wenn der Arbeitgeber die getroffenen Vereinbarungen zu Umfang und Verteilung der Arbeitszeit darstellt und Anhaltspunkte dafür darlegt, dass Freiräume für die Übernahme zusätzlicher Aufgaben vorhanden sind. Im Streitfall hat die Beklagte auch dies unterlassen. Soweit das Landesarbeitsgericht noch strengere Anforderungen an ihr Vorbringen gestellt hat, wirkt sich dies im Ergebnis nicht aus.

32

d) Die Rüge der Beklagten, das Landesarbeitsgericht habe sie auf die Mängel in ihrem Vortrag hinweisen müssen, ist unberechtigt.

33

aa) Ein Verstoß gegen die richterliche Hinweispflicht (§ 139 ZPO) liegt schon deshalb nicht vor, weil die Beklagte darauf durch die erstinstanzliche Entscheidung und die Ausführungen der Gegenseite aufmerksam gemacht wurde (vgl. BGH 23. April 2009 - IX ZR 95/06 - Rn. 6 mwN, NJW-RR 2010, 70). Das Arbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage mit der Begründung stattgegeben, die Beklagte sei ihrer Darlegungslast nicht nachgekommen. Sie habe es ua. versäumt deutlich zu machen, in welchem Umfang die anderen Mitarbeiter, auf die nunmehr neue Aufgaben zukämen, bisher ausgelastet gewesen seien und warum sie in der Lage sein sollten, die neuen Arbeitsaufgaben ohne überobligatorischen Aufwand zu bewältigen. Dies hat der Kläger aufgegriffen und geltend gemacht, das Vorbringen der Beklagten in ihrer Berufungsbegründung sei „immer noch“ unsubstantiiert. Überdies stützen sich die Entscheidungen der Vorinstanzen insoweit auf die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Die Beklagte war daher auch ohne richterlichen Hinweis gehalten, deutlich konkreter vorzutragen.

34

bb) Ob der im Rahmen der Revision nachgeholte Vortrag den Anforderungen an eine substantiierte Darlegung entspricht, kann dahinstehen. Allerdings handelt es sich bei der Vereinbarung einer „Vertrauensarbeitszeit“, auf die die Beklagte hinsichtlich einzelner Arbeitnehmer verweist, typischerweise um ein Arbeitszeitmodell, bei dem der Arbeitgeber lediglich auf die Festlegung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit verzichtet und darauf vertraut, dass die Arbeitnehmer ihre Arbeitsverpflichtung auch ohne Kontrolle erfüllen (vgl. BAG 6. Mai 2003 - 1 ABR 13/02 - Rn. 65, BAGE 106, 111; Schaub/Vogelsang ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 160 Rn. 33). Aus der Vereinbarung einer „Vertrauensarbeitszeit“ folgt dagegen nicht, dass es an arbeits- oder tarifvertraglichen Vorgaben zur wöchentlichen Arbeitszeit fehlt und die Beklagte über die tatsächlich erbrachte Arbeitszeit hinaus Arbeitsleistungen im Umfang von bis zu einer Stunde täglich verlangen konnte.

35

e) Dringende betriebliche Erfordernisse, die die Kündigung bedingen, hat die Beklagte damit nicht dargelegt. Unerheblich ist, dass das in Rede stehende zu verteilende Arbeitsvolumen - ausgehend vom Vorbringen der Beklagten - lediglich 50 Prozent der bislang dem Kläger zugewiesenen Arbeitsaufgaben umfasst. Auch wenn die Übertragung der anderen 50 Prozent auf Frau K kündigungsrechtlich nicht zu beanstanden sein sollte, hätte die Beklagte dem Kläger zumindest eine Weiterbeschäftigung im entsprechend reduzierten Umfang anbieten müssen. Dafür, dass ein solches Angebot wegen „Unannehmbarkeit“ hätte unterbleiben können (vgl. dazu BAG 23. Februar 2010 - 2 AZR 656/08 - Rn. 57, BAGE 133, 226; 21. September 2006 - 2 AZR 607/05 - Rn. 34, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 130 = EzA KSchG § 2 Nr. 62), fehlt es an Anhaltspunkten. Im Übrigen kann der Vortrag der Beklagten so verstanden werden, dass ihre gesamte Organisationsentscheidung mit der Möglichkeit der Umverteilung von Aufgaben auf nachgeordnete Mitarbeiter „steht und fällt“.

36

III. Der Antrag auf Weiterbeschäftigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag ist dem Senat nicht angefallen. Der Kündigungsrechtsstreit ist rechtskräftig entschieden. Der Antrag auf Erteilung eines Endzeugnisses ist nur für den Fall des Unterliegens mit dem Feststellungsantrag gestellt. Diese Bedingung ist nicht eingetreten.

37

IV. Die Kosten der Berufungsinstanz und der Revision waren im Verhältnis von jeweiligem Obsiegen und Unterliegen der Parteien zu teilen (§ 97 Abs. 1 iVm. § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

        

    Kreft    

        

    Koch    

        

    Berger    

        

        

        

    Gans    

        

    F. Löllgen    

                 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 2. Juli 2009 - 11 Sa 278/09 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer von der Beklagten auf betriebliche Gründe gestützten Kündigung.

2

Der Kläger war seit dem 1. September 2006 als Hauswirtschaftsleiter bei der Beklagten beschäftigt. Die Beklagte versorgt Seniorenstifte und beliefert deren Küchen. Sie beschäftigt mehr als zehn Arbeitnehmer. Der Kläger war zuständig für sechs Seniorenstifte, die von insgesamt drei Produktionsstätten der Beklagten beliefert werden.

3

Mit Schreiben vom 23. Juni 2008 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis aus betrieblichen Gründen zum 30. September 2008. Dagegen hat der Kläger rechtzeitig Klage erhoben und - soweit in der Revisionsinstanz noch von Interesse - beantragt

        

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 23. Juni 2008 nicht aufgelöst worden ist.

4

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat geltend gemacht, sie habe am 30. Mai 2008 die Entscheidung getroffen, die Stelle des Klägers als Hauswirtschaftsleiter zum 30. Juni 2008 ersatzlos zu streichen. Hierfür seien sowohl außer- als auch innerbetriebliche Gründe maßgeblich gewesen. Negative wirtschaftliche Ergebnisse hätten sie zur Personalreduzierung gezwungen. Die bisher vom Kläger wahrgenommenen Aufgaben seien auf die jeweiligen Küchenleiter der einzelnen Produktionsküchen verteilt worden. Diese hätten die Aufgaben bereits vor ihrer Entscheidung entweder gänzlich oder doch zu einem großen Teil selbständig erbracht. Zur Erledigung der vom Kläger übernommenen Aufgaben seien sie ohne überobligatorische Leistungen in der Lage.

5

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision ist zulässig (I), aber unbegründet (II). Die Kündigung vom 23. Juni 2008 hat das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgelöst.

7

I. Die Revision ist zulässig. Die Revisionsbegründung genügt den Anforderungen des § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO. Von den als einzige geltend gemachten Verfahrensrügen ist zumindest die Rüge einer Verletzung der Hinweispflicht zulässig erhoben.

8

1. Ob von mehreren erhobenen Verfahrensrügen zumindest eine zulässig ist, ist eine Frage der ausreichenden Revisionsbegründung (§ 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO) und damit der Zulässigkeit der Revision (vgl. BAG 6. Januar 2004 - 9 AZR 680/02 - zu II 4 der Gründe, BAGE 109, 145).Verfahrensrügen müssen nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO die Bezeichnung der Tatsachen enthalten, die den Mangel ergeben, auf den sich die Revision stützt.

9

2. Danach ist die Revision zulässig. Die Beklagte hat jedenfalls die Rüge, das Landesarbeitsgericht habe die Hinweispflicht nach § 139 Abs. 2 ZPO verletzt, ausreichend begründet und damit zulässig erhoben.

10

a) Wird gerügt, das Landesarbeitsgericht habe den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt, weil es der Hinweispflicht nach § 139 Abs. 2 ZPO nicht nachgekommen sei, muss der Revisionskläger konkret darlegen, welchen Hinweis das Gericht hätte geben müssen und wie er auf einen entsprechenden Hinweis reagiert, insbesondere welchen tatsächlichen Vortrag er gehalten oder welche für die Entscheidung erheblichen rechtlichen Ausführungen er gemacht hätte(vgl. BAG 23. September 2008 - 6 AZN 84/08 - Rn. 13, BAGE 128, 13; 14. März 2005 - 1 AZN 1002/04 - zu II 2 a der Gründe, BAGE 114, 67).

11

b) Die Beklagte meint, das Gericht habe den Hinweis geben müssen, es halte ihre unternehmerische Entscheidung für nicht hinreichend konkretisiert, gehe von einer Sollarbeitszeit des Klägers von 40 Stunden pro Woche aus und könne nicht ausschließen, dass dieser durch seine Tätigkeiten voll ausgelastet gewesen sei. Die Beklagte hat im Einzelnen ausgeführt, welchen Vortrag sie auf einen entsprechenden gerichtlichen Hinweis gehalten hätte.

12

II. Die Revision ist unbegründet. Dabei kann dahinstehen, ob die Rüge einer Verletzung der gerichtlichen Hinweispflicht schon deswegen unberechtigt ist, weil die Beklagte nach dem Prozessverlauf auch ohne gerichtlichen Hinweis hätte erkennen können, dass ihr Sachvortrag zu den betrieblichen Gründen für die Kündigung vom 23. Juni 2008 nicht ausreichend war. Der mögliche Verfahrensfehler war jedenfalls nicht entscheidungserheblich. Auch unter Berücksichtigung des ergänzenden Vorbringens der Beklagten aus der Revisionsbegründung ist die Kündigung vom 23. Juni 2008 nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 KSchG bedingt und damit sozial ungerechtfertigt.

13

1. Dringende betriebliche Erfordernisse für eine Kündigung iSv. § 1 Abs. 2 KSchG können sich aus innerbetrieblichen oder außerbetrieblichen Gründen ergeben. Innerbetriebliche Gründe liegen vor, wenn sich der Arbeitgeber zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt, bei deren betrieblicher Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt. Diese unternehmerische Entscheidung ist gerichtlich nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist ( Senat 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 24 mwN, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 181 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 163; 18. Oktober 2006 - 2 AZR 434/05 - Rn. 31, EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 151 ). Von den Arbeitsgerichten nachzuprüfen ist dagegen, ob die fragliche Entscheidung tatsächlich vollzogen wurde und dadurch das Beschäftigungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer entfallen ist (Senat 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - aaO; 17. Juni 1999 -  2 AZR 522/98 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 92, 61 ).

14

a) Allerdings kann in Fällen, in denen die Organisationsentscheidung des Arbeitgebers und sein Kündigungsentschluss praktisch deckungsgleich sind, die ansonsten berechtigte Vermutung, die fragliche Entscheidung sei aus sachlichen Gründen erfolgt, nicht unbesehen greifen. In diesen Fällen muss der Arbeitgeber vielmehr konkrete Angaben dazu machen, wie sich seine Organisationsentscheidung auf die Einsatzmöglichkeiten der Arbeitnehmer auswirkt (Senat 18. März 2010 - 2 AZR 337/08 - Rn. 20, EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 17; 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 26, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 181 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 163).

15

b) Läuft die unternehmerische Entscheidung letztlich nur auf den Abbau einer Hierarchieebene hinaus verbunden mit einer Umverteilung der dem betroffenen Arbeitnehmer bisher zugewiesenen Aufgaben, bedarf es dementsprechend näherer Darlegungen, damit geprüft werden kann, ob der Beschäftigungsbedarf für den betroffenen Arbeitnehmer tatsächlich entfallen und die Entscheidung weder offensichtlich unsachlich noch willkürlich ist. Der Arbeitgeber muss konkret erläutern, in welchem Umfang und aufgrund welcher Maßnahmen die bisher von dem betroffenen Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten für diesen zukünftig entfallen. Er muss die Auswirkungen seiner unternehmerischen Vorgaben auf die zukünftige Arbeitsmenge anhand einer schlüssigen Prognose konkret darstellen und angeben, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige Leistungen erledigt werden können (Senat 13. Februar 2008 - 2 AZR 1041/06 - Rn. 16 mwN, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 174 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 158; 10. Oktober 2002 - 2 AZR 598/01 - zu C I 4 der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 123 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 122).

16

2. Im Streitfall liegt der Entschluss der Beklagten, die Stelle des Hauswirtschaftsleiters zu streichen, nahe an der Kündigungsentscheidung. Er hat allein den Abbau einer Leitungsebene zum Gegenstand und geht einher mit der Umverteilung der dem Kläger bisher zugewiesenen Aufgaben auf andere Beschäftigte. Es bedurfte daher der beschriebenen näheren Erläuterung dieses Entschlusses.

17

3. Dem wird der Vortrag der Beklagten auch unter Berücksichtigung ihres Vorbringens in der Revisionsbegründung nicht gerecht. Die Beklagte hat nicht schlüssig dargelegt, dass zum Zeitpunkt der Kündigung die Prognose gerechtfertigt war, die bisher vom Kläger wahrgenommenen Aufgaben könnten vom verbliebenen Personal im Rahmen seiner regulären Verpflichtungen erledigt werden.

18

a) Zwar stellt die Beklagte die vom Kläger im letzten halben Jahr vor Ausspruch der Kündigung ausgeübten Tätigkeiten und wahrgenommenen Aufgaben monatsweise dar und konkretisiert sie im Hinblick auf die dafür im Einzelnen aufgewendete Arbeitszeit. In gleicher Weise trägt sie für die drei Mitarbeiter vor, denen sie die Aufgaben des Klägers übertragen habe, soweit diese nicht an Drittfirmen vergeben oder von ihrer Geschäftsführung übernommen worden seien.

19

b) Unklar ist aber, wann die Beklagte welche Aufgaben des Klägers auf die Küchenleiter übertragen und wann sie einen Teil der Tätigkeiten an Drittfirmen vergeben oder die Geschäftsführung diese übernommen hat. Hatte sie ursprünglich vorgetragen, sie habe sämtliche Aufgaben des Klägers als Hauswirtschaftsleiter auf die Küchenleiter in den einzelnen Produktionsstätten übertragen, legt sie nunmehr dar, eine Reihe der Tätigkeiten seien von Drittfirmen und von ihrer Geschäftsführung übernommen worden.

20

c) Unklar ist zudem das Schicksal der Aufgaben des Klägers als Personaleinsatzleiter uä. Dazu gehören die von der Beklagten selbst als Beispiele genannten Tätigkeiten wie die Erstellung von Dienst- und Urlaubsplänen, die Beratung der Geschäftsführung und die Öffentlichkeitsarbeit, die Planung und Organisation einer wirtschaftlichen Beschaffung von Ver- und Gebrauchsgütern, die Durchführung von Warenbestandsaufnahmen sowie die Umsetzung und Überwachung der Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften. Die Beklagte hat insoweit weder eine Übertragung auf die Küchenleiter noch eine Vergabe nach außen oder Übernahme durch die Geschäftsführung behauptet.

21

d) Die Beklagte hat außerdem die Umverteilung von Tätigkeiten im Umfang eines Arbeitszeitbedarfs von insgesamt lediglich 98,39 Stunden monatlich dargelegt. Sie geht indessen selbst von einer durchschnittlichen monatlichen Soll-Arbeitszeit des Klägers von 174 Stunden aus. In dem ihrer Aufstellung zugrunde liegenden Halbjahreszeitraum sind lediglich für die Monate Februar bis Mai 2008 Minusstunden im Umfang von zweimal 4, einmal 6,5 und einmal 7,5 Stunden ausgewiesen. Aus den angegebenen arbeitsfreien Zeiten wegen Urlaubs, krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit und Feiertagen ergibt sich nicht, dass und weshalb der Kläger auch während der verbliebenen Arbeitszeit nicht ausgelastet gewesen wäre.

22

e) Der Vortrag der Beklagten ist ferner deshalb unschlüssig, weil die Aufstellung der Arbeitszeiten ihrer drei Küchenleiter ergibt, dass zwei von ihnen über keinerlei freie Arbeitszeitkapazität verfügten und der dritte nur in einem geringen Maße. Damit erscheint eine Übernahme der Aufgaben des Klägers nicht ohne überobligationsmäßige Leistungen der neuen Aufgabenträger möglich.

23

aa) Keinerlei freie Kapazitäten ergeben sich aus den Arbeitszeiten der Küchenleiterin. Diese leistete von Januar bis April 2008 sogar monatlich zwischen 40 und 50 Überstunden. Soweit die Beklagte darauf verweist, diese seien durch die vorübergehende Einarbeitung zweier Mitarbeiter angefallen, folgt daraus nicht, dass und in welchem Umfang die Küchenleiterin ohne diese Mehrbelastung freie Kapazitäten gehabt hätte, um innerhalb ihrer regulären Arbeitszeit weitere Aufgaben zu übernehmen. Einer der Küchenleiter leistete nach der Aufstellung der Beklagten insgesamt mehr Überstunden als Minusstunden anfielen.

24

bb) Lediglich für den dritten Küchenleiter sind für nahezu jeden Monat fünf Minusstunden verzeichnet. Doch reicht auch diese Kapazität nicht aus, um die fraglichen, nach dem Vorbringen der Beklagten im Umfang von monatlich etwa 12 Stunden angefallenen Aufgaben des Klägers zu übernehmen. Weitergehende Erläuterungen lassen sich dem Vortrag der Beklagten nicht entnehmen.

25

4. Die Rüge der Beklagten, das Landesarbeitsgericht habe sich ausschließlich mit den innerbetrieblichen Gründen für die Kündigung befasst und sich nicht mit dem erstinstanzlich vorgetragenen Umsatzrückgang auseinandergesetzt, ist unzulässig. Ihre Begründung genügt nicht den Anforderungen des § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO.

26

a) Rügt der Revisionskläger, das Landesarbeitsgericht habe von ihm gehaltenen Vortrag übergangen, muss er im Einzelnen unter Angabe des Schriftsatzes nach Datum und bei entsprechendem Umfang auch Seitenzahl darlegen, um welchen Vortrag es sich handeln soll (vgl. BAG 23. September 2008 - 6 AZN 84/08 - Rn. 19, BAGE 128, 13), es sei denn, dies wäre ohne Weiteres klar ( BAG 6. Januar 2004 - 9 AZR 680/02 - zu II 3 d bb der Gründe, BAGE 109, 145).

27

b) Diesen Anforderungen wird die Rüge der Beklagten nicht gerecht. Die Beklagte verweist lediglich pauschal auf erstinstanzlich vorgetragene außerbetriebliche Gründe. Sie legt nicht dar, welche konkreten tatsächlichen oder rechtlichen Ausführungen das Landesarbeitsgericht übergangen haben soll, ohne dass dies auf der Hand läge.

28

III. Als unterlegene Partei hat die Beklagte gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Berger    

        

    Rachor    

        

        

        

    Sieg    

        

    Jan Eulen    

                 

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 2. Dezember 2010 - 11 Sa 649/10 - im Kostenausspruch und insoweit aufgehoben, wie es die Beklagte zur Zahlung von 16.854,00 Euro brutto nebst Zinsen verurteilt hat.

2. Die Anschlussberufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 24. März 2010 - 1 Ca 2392/09 - wird als unzulässig verworfen.

3. Die weitergehende Revision der Beklagten wird zurückgewiesen.

4. Die Kosten der Berufungsinstanz haben der Kläger zu 1/6, die Beklagte zu 5/6 und die Kosten der Revision haben der Kläger zu 1/5, die Beklagte zu 4/5 zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen, auf betriebsbedingte Gründe gestützten Kündigung und damit in Zusammenhang stehende Ansprüche.

2

Die Beklagte ist ein Tochterunternehmen eines amerikanischen Konzerns. Sie hat in Deutschland drei Produktionsstätten. In ihrem Werk O beschäftigte sie regelmäßig etwa 85 Arbeitnehmer.

3

Der im August 1954 geborene Kläger ist promovierter Chemiker und seit April 1986 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Seit Dezember 2006 ist er als „Betriebsleiter GUR“ Leiter der Kunststoffgranulat-Produktion in O. Anfang Februar 2007 wurde ihm zusätzlich die Leitung des gesamten Standorts übertragen. Laut § 1 des im Juni/Juli 2004 geschlossenen Anstellungsvertrags sieht ihn die Beklagte als leitenden Angestellten iSv. § 5 Abs. 3 BetrVG an. Seine Vergütung richtete sich nach einem unternehmensweit angewandten „Vertragsstufensystem für leitende Angestellte“. Danach bezog er ein Bruttomonatsgehalt von etwa 9.860,00 Euro, das sich aus einem Fixum und Bonuszahlungen zusammensetzte.

4

Im August 2009 stellte die Beklagte den Kläger unter Berufung auf anstehende seinen Arbeitsplatz betreffende Veränderungen von seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei. Mit Schreiben vom 24. September 2009 kündigte sie das Arbeitsverhältnis der Parteien ordentlich zum 30. April 2010, „vorsorglich ... zum zulässigen Termin“. Der „vorsorglich“ zur Kündigung angehörte Betriebsrat des Werks O hatte der Kündigung mit der Begründung widersprochen, die Beschäftigungsmöglichkeiten für den Kläger seien nicht weggefallen.

5

Der Kläger hat gegen die Kündigung rechtzeitig die vorliegende Klage erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, ein dringendes betriebliches Erfordernis für eine Kündigung liege nicht vor. Sein Arbeitsplatz sei bei im Wesentlichen gleich gebliebenen Aufgaben lediglich neu besetzt worden. Eine Verlagerung bisher durch ihn erledigter Aufgaben auf andere in O beschäftigte Arbeitnehmer sei nicht ohne deren überobligatorische Inanspruchnahme möglich gewesen. Auch habe die Möglichkeit bestanden, ihn auf dem frei gewordenen Arbeitsplatz des „Forschungsleiters“ weiter zu beschäftigen.

6

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 24. September 2009 nicht aufgelöst worden ist;

        

2.    

für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiter zu beschäftigen;

        

3.    

für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, ihm ein wohlwollendes Zwischenzeugnis zu erteilen, das sich auf Führung und Leistung erstreckt;

        

4.    

für den Fall der Abweisung des Antrags zu 1. die Beklagte zu verurteilen, ihm ein „endgültiges“ wohlwollendes Zeugnis zu erteilen, das sich auf Führung und Leistung erstreckt.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat behauptet, im September 2009 sei auf Konzernebene die - anschließend durch ihren Geschäftsführer umgesetzte - unternehmerische Entscheidung getroffen worden, Produktionsstandorte zusammenzulegen sowie Funktionen und Zuständigkeiten zu bündeln. In diesem Zusammenhang sei die globale Verantwortlichkeit für die Prozessentwicklung und das Qualitätsmanagement in O angesiedelt worden. An diese Funktion habe sie die Hälfte der bisher vom Kläger wahrgenommenen Leitungsaufgaben „angekoppelt“; die Stelle habe sie mit Frau K besetzt, die zuvor Geschäftsführerin eines anderen Konzernunternehmens gewesen sei. Die andere Hälfte der Tätigkeiten habe sie auf insgesamt sieben, dem Kläger bisher nachgeordnete Arbeitnehmer verteilt, die auch in der Lage seien, das zusätzliche Pensum zu bewältigen. Der Kläger sei fachlich nicht in der Lage, die neu zugeschnittene Leitungsstelle auszufüllen. Er verfüge, anders als Frau K, die neben ihrem Chemie- ein Ingenieurstudium absolviert habe, nicht über die erforderlichen Kenntnisse und die notwendige Berufserfahrung auf dem Gebiet der Prozessentwicklung und des Qualitätsmanagements. Außerdem sei die Stelle mit einem Aufgaben- und Kompetenzzuwachs verbunden, der sich in veränderten Berichtspflichten unmittelbar gegenüber dem Management der Beklagten und der Zuordnung des Arbeitsplatzes zu einem höheren „Gehaltslevel“ ausdrücke. Zur Weiterbeschäftigung des Klägers auf einer solchen „Beförderungsstelle“ sei sie nicht verpflichtet.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt. Der Kläger hat in der Berufungsinstanz zusätzlich beantragt, an ihn 16.854,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten aus jeweils 8.427,00 Euro brutto seit dem 1. November 2010 und seit dem 1. Dezember 2010 zu zahlen. Er hat die Auffassung vertreten, das damit geforderte Gehalt für die Monate Oktober und November 2010 stehe ihm unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs zu. Die Beklagte hat gerügt, die Klageerweiterung sei unzulässig. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und diese zur Gehaltszahlung in beantragter Höhe verurteilt. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter, die Klage - ausgenommen den Anspruch auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses - abzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision ist begründet, soweit die Beklagte ihre Verurteilung zur Zahlung von Vergütung für die Monate Oktober und November 2010 angreift (I.). Im Übrigen bleibt die Revision ohne Erfolg. Die Kündigung vom 24. September 2009 ist unwirksam und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst (II.). Die (Hilfs-)Anträge auf vorläufige Weiterbeschäftigung und auf Erteilung eines Endzeugnisses sind dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen (III.).

10

I. Mit Erfolg wendet sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung zur Gehaltszahlung, die der Kläger erstmals in der Berufungsinstanz geltend gemacht hat. Die Revision ist insoweit aus prozessualen Gründen erfolgreich. Bei der Klageerweiterung handelt es sich um eine nach § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO iVm. § 64 Abs. 6 Satz 1, § 66 Abs. 1 Satz 3 ArbGG verspätete und deshalb unzulässige Anschlussberufung. Das hat das Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen (BGH 24. Oktober 2007 - IV ZR 12/07 - Rn. 7, MDR 2008, 159).

11

1. Dem Kläger stand für eine Erweiterung der Klage im Berufungsrechtszug nur der Weg der Anschlussberufung zur Verfügung. Als solche ist sein Zahlungsbegehren deshalb zu behandeln; einer ausdrücklichen Bezeichnung als Anschlussberufung bedarf es dazu nicht (BAG 28. Juni 2011 - 3 AZR 282/09 - Rn. 20, EzA BetrAVG § 16 Nr. 59; 30. Mai 2006 - 1 AZR 111/05 - Rn. 42, BAGE 118, 211). Es genügt, dass schriftsätzlich klar und deutlich der Wille zum Ausdruck gebracht wird, eine Änderung des vorinstanzlichen Urteils auch als Rechtsmittelbeklagter zu erreichen. Dazu reicht es, dass der Rechtsmittelbeklagte die Klage - wie im Streitfall mit Schriftsatz vom 19. November 2010 geschehen - erweitert. Einer Beschwer bedarf es für die Anschlussberufung grundsätzlich nicht (vgl. BAG 10. Februar 2009 - 3 AZR 728/07 - Rn. 11, AE 2009, 331).

12

2. Nach § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO iVm. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG ist eine Anschlussberufung zulässig bis zum Ablauf der dem Berufungsbeklagten gesetzten Frist zur Berufungserwiderung. Im arbeitsgerichtlichen Verfahren wird zwar - anders als nach § 521 Abs. 2 Satz 1 ZPO - dem Berufungsbeklagten vom Gericht keine Frist zur Berufungserwiderung „gesetzt“; vielmehr gilt für die Berufungsbeantwortung die durch § 66 Abs. 1 Satz 3 ArbGG bestimmte gesetzliche Frist von einem Monat. Gleichwohl ist § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG im Berufungsverfahren vor den Landesarbeitsgerichten entsprechend anwendbar. Eine Anschlussberufung, die nicht innerhalb eines Monats nach Zustellung der Berufungsbegründung - bei Verlängerung der Berufungsbeantwortungsfrist nach § 66 Abs. 1 Satz 5 ArbGG innerhalb der dann geltenden Frist(vgl. GK-ArbGG/Vossen Stand April 2012 § 64 Rn. 105; GMP/Germelmann ArbGG 7. Aufl. § 64 Rn. 106) - eingeht, ist entsprechend § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen(BAG 30. Mai 2006 - 1 AZR 111/05 - Rn. 45, BAGE 118, 211).

13

3. Danach war die Anschlussberufung des Klägers verspätet.

14

a) Der betreffende Schriftsatz ist am 22. November 2010 beim Landesarbeitsgericht eingegangen. Zu diesem Zeitpunkt war seit der am 26. Juli 2010 bewirkten Zustellung der Berufungsbegründung weit mehr als ein Monat vergangen. Die Frist zur Berufungsbeantwortung war nicht verlängert worden. Ein Fall des § 524 Abs. 2 Satz 3 ZPO liegt nicht vor.

15

b) Die Frist zur Berufungsbeantwortung ist ordnungsgemäß in Lauf gesetzt worden. Insbesondere ist der nach § 66 Abs. 1 Satz 4 ArbGG gebotene Hinweis erfolgt. Dies konnte der Senat selbst im Wege des Freibeweises klären (vgl. BAG 18. Januar 2012 - 7 AZR 211/09 - Rn. 17, NZA 2012, 691).

16

aa) Die Verwerfung der Anschlussberufung wegen Fristversäumnis setzt voraus, dass der Berufungsgegner mit der Zustellung der Berufungsbegründung gemäß § 66 Abs. 1 Satz 4 ArbGG auf die gesetzliche Verpflichtung hingewiesen wurde, die Berufung binnen eines Monats nach Zustellung der Berufungsbegründung zu beantworten. Fehlt es an einem solchen Hinweis, wird weder die Frist zur Berufungsbeantwortung noch die zur Einlegung der Anschlussberufung in Lauf gesetzt (BA G 30. Mai 2006 - 1 AZR 111/05 - Rn. 45, BAGE 118, 211).

17

bb) Der Klägervertreter hat mit Empfangsbekenntnis vom 26. Juli 2010 den Erhalt der Berufungsbegründung bestätigt. Laut Empfangsbekenntnis ist ihm neben der Berufungsbegründung ein „Hinweis gemäß § 66 Abs. 1 Satz 3 ArbGG“ zugestellt worden. Dies bezieht sich auf ein zugleich übermitteltes, vom Kläger in Kopie zur Senatsakte gereichtes gerichtliches Begleitschreiben vom 16. Juli 2010, das - auszugsweise - wie folgt lautet:

        

„Gemäß § 66 Abs. 1 Satz 3 Arbeitsgerichtsgesetzmuss die Berufung innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung anliegender Berufungsbegründung b e a n t w o r t e t werden.

                 
        

Werden Angriffs- oder Verteidigungsmittel in der Berufungsbeantwortung nicht rechtzeitig vorgebracht, so lässt sie das Gericht nur zu, wenn nach seiner freien Überzeugung ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder die Verspätung genügend entschuldigt wird.“

18

cc) Dieser Hinweis war mit Blick auf die Anschlussberufung ausreichend. Insoweit geht es vor allem um die Klarstellung, zu welchem Zeitpunkt die Frist des § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO iVm. § 66 Abs. 1 Satz 3 ArbGG in Gang gesetzt worden ist. Über die Möglichkeit der Anschließung als solche braucht hingegen nicht belehrt zu werden. Ob das gerichtliche Schreiben eine hinreichende Belehrung über die Präklusionsvorschrift des § 67 ArbGG und mögliche Folgen aus einer Versäumung der Beantwortungsfrist enthält, kann offenbleiben. Auf die Präklusionsregelung kommt es für die Frage, ob die Anschlussberufung frist- und formgerecht erhoben worden ist, nicht an. Überdies handelt es sich bei der Klageerweiterung als solche nicht um ein Angriffs- oder Verteidigungsmittel iSv. § 67 ArbGG, sondern um den Angriff selbst(BAG 11. April 2006 - 9 AZN 892/05 - Rn. 12, BAGE 117, 370).

19

dd) Den Akten ist nicht zu entnehmen, ob das gerichtliche Schreiben vom 16. Juli 2010 oder auch nur die Verfügung, mit der die Zustellung der Berufungsbegründung „mit Belehrung über die Frist gem. § 66 I 3 ArbGG“ veranlasst worden ist, vom Vorsitzenden der Kammer unterzeichnet war. Das ist unschädlich. Der Hinweis hat von Gesetzes wegen „mit der Zustellung der Berufungsbegründung“ zu erfolgen (§ 66 Abs. 1 Satz 4 ArbGG). Ein Tätigwerden des Gerichts bzw. seines Vorsitzenden in jedem Einzelfall ist damit nicht verlangt. Es reicht, dass der Hinweis auf allgemeine Anordnung hin durch die Geschäftsstelle erfolgt. Dieser obliegt ohnehin die Ausführung der Zustellung (§ 168 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Zudem besteht hinsichtlich der Erteilung des Hinweises kein Ermessensspielraum; die Regelung des § 66 Abs. 1 Satz 4 ArbGG ist zwingend. Die Anschlussberufung war damit als unzulässig zu verwerfen.

20

II. Die Revision ist unbegründet, soweit sie sich gegen die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über den Feststellungsantrag richtet. Diesem hat das Landesarbeitsgericht zu Recht stattgegeben. Die Kündigungsschutzklage ist begründet. Die ordentliche Kündigung vom 24. September 2009 ist sozial ungerechtfertigt. Sie ist nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG bedingt.

21

1. Dringende betriebliche Erfordernisse für eine Kündigung iSv. § 1 Abs. 2 KSchG können sich aus innerbetrieblichen oder außerbetrieblichen Gründen ergeben. Innerbetriebliche Gründe liegen vor, wenn sich der Arbeitgeber zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt, bei deren Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt. Eine solche unternehmerische Entscheidung ist gerichtlich nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10 - Rn. 17, NZA 2012, 852; 16. Dezember 2010 - 2 AZR 770/09 - Rn. 13, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 186 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 165). Nachzuprüfen ist aber, ob die fragliche Entscheidung tatsächlich umgesetzt wurde und dadurch das Beschäftigungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer entfallen ist (BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10 - aaO; 16. Dezember 2010 - 2 AZR 770/09 - aaO).

22

2. Allerdings kann in Fällen, in denen die Organisationsentscheidung des Arbeitgebers und sein Kündigungsentschluss praktisch deckungsgleich sind, die ansonsten berechtigte Vermutung, die fragliche Entscheidung sei aus sachlichen Gründen erfolgt, nicht unbesehen greifen. Da die Kündigung nach dem Gesetz an das Vorliegen von Gründen gebunden ist, die außerhalb ihrer selbst liegen, muss der Arbeitgeber in solchen Fällen seine Entscheidung hinsichtlich ihrer organisatorischen Durchführbarkeit und zeitlichen Nachhaltigkeit verdeutlichen (BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 770/09 - Rn. 14, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 186 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 165; 17. Juni 1999 - 2 AZR 522/98 - zu II 1 c der Gründe, BAGE 92, 61). Daran fehlt es, wenn die Kündigung zu einer rechtswidrigen Überforderung oder Benachteiligung des im Betrieb verbliebenen Personals führte (vgl. Rost Jahrbuch des Arbeitsrechts Bd. 39 S. 83) oder die zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung lediglich Vorwand dafür wäre, bestimmte Arbeitnehmer aus dem Betrieb zu drängen, obwohl Beschäftigungsbedarf und Beschäftigungsmöglichkeiten objektiv fortbestehen und etwa nur der Inhalt des Arbeitsvertrags als zu belastend angesehen wird (BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10 - Rn. 18, NZA 2012, 852; 22. Mai 2003 - 2 AZR 326/02 - zu B I 3 d (1) der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 128 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 126).

23

Läuft die unternehmerische Entscheidung auf den Abbau einer Hierarchieebene oder die Streichung eines einzelnen Arbeitsplatzes hinaus verbunden mit einer Umverteilung der dem betroffenen Arbeitnehmer bisher zugewiesenen Aufgaben, muss der Arbeitgeber konkret erläutern, in welchem Umfang und aufgrund welcher Maßnahmen die bisher vom gekündigten Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten für diesen zukünftig entfallen. Nur so kann geprüft werden, ob die Entscheidung den dargestellten Voraussetzungen genügt. Der Arbeitgeber muss die Auswirkungen seiner unternehmerischen Vorgaben und Planungen auf das erwartete Arbeitsvolumen anhand einer schlüssigen Prognose im Einzelnen darstellen und angeben, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige Leistungen, dh. im Rahmen ihrer vertraglich geschuldeten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit erledigt werden können (BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10 - Rn. 18, NZA 2012, 852; 13. Februar 2008 - 2 AZR 1041/06 - Rn. 16, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 174 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 158).

24

3. Zu den nur auf Willkür zu überprüfenden Organisationsentscheidungen des Arbeitgebers zählt die Festlegung des Anforderungsprofils einer Stelle. Das Bestreben des Arbeitgebers, bestimmte Tätigkeiten nur von Arbeitnehmern mit bestimmten Qualifikationen ausführen zu lassen, ist grundsätzlich hinzunehmen (BAG 18. März 2010 - 2 AZR 337/08 - Rn. 19, AP BGB § 626 Nr. 228 = EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 17). Schafft der Arbeitgeber neu zugeschnittene Arbeitsplätze, ist dies jedenfalls dann zu respektieren, wenn die Qualifikationsmerkmale einen nachvollziehbaren Bezug zur Organisation der auszuführenden Arbeiten haben (BAG 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 25, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 181 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 163; 7. Juli 2005 - 2 AZR 399/04 - Rn. 32 mwN, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 138 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 138).

25

a) Erhöhte Anforderungen an die Darlegungslast sind dabei mit Blick auf § 1 Abs. 2 KSchG dann zu stellen, wenn der Arbeitgeber das Anforderungsprofil für Arbeitsplätze ändert, die bereits mit langjährig beschäftigten Arbeitnehmern besetzt sind. Der Arbeitgeber kann nicht unter Berufung auf eine gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbare Unternehmerentscheidung den Kündigungsschutz des betreffenden Arbeitnehmers dadurch umgehen, dass er in sachlich nicht gebotener Weise die Anforderungen an die Kenntnisse des Arbeitsplatzinhabers verschärft (BAG 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 26, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 181 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 163; 7. Juli 2005 - 2 AZR 399/04 - Rn. 33, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 138 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 138).

26

b) Der Arbeitgeber muss deshalb, will er dem Vorwurf des Missbrauchs entgehen, dartun, dass es sich bei der zusätzlich geforderten Qualifikation für die Ausführung der Tätigkeit nicht nur um eine „wünschenswerte Voraussetzung”, sondern um ein sachlich gebotenes, arbeitsplatzbezogenes Kriterium für das Stellenprofil handelt (BAG 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 26, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 181 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 163; 24. Juni 2004 - 2 AZR 326/03 - zu B II 2 a der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Nr. 76 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 132). Die Änderung des Anforderungsprofils muss im Zusammenhang mit einer organisatorischen Maßnahme des Arbeitgebers stehen, die nach ihrer Durchführung angesichts eines veränderten Beschäftigungsbedarfs - etwa aufgrund von Änderungen des Arbeitsvolumens oder des Inhalts der Tätigkeit - auch die Anforderungen an den Arbeitsplatzinhaber erfasst (BAG 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 31, aaO). Gestaltet der Arbeitgeber lediglich Arbeitsabläufe um, ohne dass sich die Tätigkeit inhaltlich ändert, und ist der bisherige Stelleninhaber aufgrund seiner Fähigkeiten und Ausbildung in der Lage, die künftig anfallenden Arbeiten zu verrichten, so ist eine auf betriebliche Gründe gestützte Kündigung selbst dann nicht sozial gerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber die Änderungen zum Anlass nimmt, die Stelle in eine „Beförderungsstelle“ umzuwandeln (ähnlich BAG 10. November 1994 - 2 AZR 242/94 - zu B I 2 der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 65 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 77). Das gleiche gilt, wenn der Arbeitgeber die auf dem Arbeitsplatz bislang zu verrichtende Tätigkeit um zusätzliche Aufgaben erweitert, der dadurch veränderte Arbeitsplatz aber nach Bedeutung und Verantwortung nicht um so viel anspruchsvoller ist, dass insgesamt ein anderer Arbeitsbereich entstanden wäre (BAG 30. August 1995 - 1 ABR 11/95 - zu A II 3 b bb der Gründe, AP BetrVG 1972 § 99 Versetzung Nr. 5 = EzA BetrVG 1972 § 99 Nr. 130).

27

4. Daran gemessen hat das Landesarbeitsgericht an die Darlegungslast der Beklagten zu Recht erhöhte Anforderungen gestellt. Dabei macht es keinen Unterschied, ob sich die behauptete Umstrukturierung als Umgestaltung des bisherigen Arbeitsplatzes des Klägers oder als Abbau dieser Stelle bei gleichzeitiger Einrichtung eines neuen, als Beförderungsstelle zu qualifizierenden Arbeitsplatzes darstellt. In beiden Fällen liegt die Organisationsentscheidung nahe am Kündigungsentschluss. Hinzu kommt, dass nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten die bisherigen Aufgaben des Klägers weiterhin anfallen. Die Beklagte musste deshalb zum einen aufzeigen, dass durch die behauptete Bündelung von Funktionen und Zuständigkeiten auf der Leitungsebene tatsächlich ein anderer Arbeitsbereich entstanden ist. Zum anderen war sie gehalten, ihren Entschluss zur Umverteilung der anfallenden Tätigkeiten hinsichtlich seiner Durchführbarkeit und Nachhaltigkeit durch konkreten Tatsachenvortrag zu verdeutlichen.

28

5. Dem wird das Vorbringen der Beklagten nicht gerecht. Sie hat nicht nachvollziehbar dargelegt, dass zum Zeitpunkt der Kündigung die Prognose gerechtfertigt war, die Hälfte der bisherigen Arbeitsaufgaben des Klägers könnten von dem ihm bislang nachgeordneten Personal im Rahmen regulärer zeitlicher Verpflichtungen erledigt werden. Bereits dies führt zur Unwirksamkeit der Kündigung.

29

a) Die Beklagte hat durchaus im Einzelnen vorgetragen, welche konkreten Aufgaben aus den Bereichen „Betriebsleitung GUR“ und „Standortleitung“ in welchem zeitlichen Umfang künftig durch Frau K und weitere sieben namentlich benannte Arbeitnehmer übernommen werden sollten. Sie hat es aber versäumt schlüssig darzutun, dass die fraglichen sieben Personen über hinreichend freie Arbeitszeitkapazität verfügten, um das zusätzliche Pensum von täglich bis zu einer Stunde ohne überobligationsmäßige Leistungen zu bewältigen. Sie hat dies lediglich pauschal behauptet ohne aufzuzeigen, worauf sich ihre Einschätzung stützt. Spätestens nachdem der Kläger die mangelnde Schlüssigkeit ihres Vorbringens beanstandet und sich beispielhaft unter Angabe von Beginn und Ende täglicher Arbeitszeiten darauf berufen hatte, zwei der betroffenen Mitarbeiter seien bereits in der Zeit vor seiner Freistellung voll ausgelastet gewesen, hätte die Beklagte ihren Vortrag im Rahmen der abgestuften Darlegungslast substantiieren müssen. Das ist nicht geschehen. Sie hat nur ihren nicht weiter einlassungsfähigen Vortrag wiederholt, einer der Genannten sei „genau wie alle anderen Mitarbeiter in der Lage, die ihm übertragenen Aufgaben ohne überobligatorische Verpflichtung zu übernehmen“, die Arbeitszeit eines anderen werde vom Kläger unzutreffend dargestellt. Stattdessen hätte sie, um ihrer Vortragslast zu genügen, die zutreffenden Arbeitszeiten der fraglichen Mitarbeiter nebst der Möglichkeit, „freie“ Kapazitäten für die Übertragung weiterer Arbeiten zu nutzen, darstellen müssen.

30

b) Eine Konkretisierung ihres Vorbringens war auch dann nicht entbehrlich, wenn es sich - wie die Beklagte geltend macht - bei den fraglichen Arbeitnehmern um „leitende Angestellte“ oder zumindest außertariflich vergütete Arbeitnehmer handeln sollte. Aus beidem folgt nicht, dass mit diesen keine vertraglichen Vereinbarungen hinsichtlich des Umfangs der zu leistenden Arbeitszeit bestanden. Im Übrigen unterliegen auch sog. AT-Mitarbeiter den Grenzen des Arbeitszeitgesetzes und nimmt nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 ArbZG nur leitende Angestellte iSv. § 5 Abs. 3 BetrVG aus seinem Anwendungsbereich aus(vgl. BAG 6. Mai 2003 - 1 ABR 13/02 - zu B II 2 b aa der Gründe, BAGE 106, 111). Inwieweit diese Voraussetzungen bei einzelnen Arbeitnehmern erfüllt sind, ist dem Vorbringen der Beklagten nicht zu entnehmen.

31

c) In welcher Weise ein Arbeitgeber darlegt, dass die Umverteilung von Arbeitsaufgaben nicht zu einer überobligatorischen Beanspruchung im Betrieb verbliebener Arbeitnehmer führt, bleibt ihm überlassen. Handelt es sich um nicht taktgebundene Arbeiten, muss nicht in jedem Fall und minutiös dargelegt werden, welche einzelnen Tätigkeiten die fraglichen Mitarbeiter künftig mit welchen Zeitanteilen täglich zu verrichten haben. Es kann ausreichend sein, wenn der Arbeitgeber die getroffenen Vereinbarungen zu Umfang und Verteilung der Arbeitszeit darstellt und Anhaltspunkte dafür darlegt, dass Freiräume für die Übernahme zusätzlicher Aufgaben vorhanden sind. Im Streitfall hat die Beklagte auch dies unterlassen. Soweit das Landesarbeitsgericht noch strengere Anforderungen an ihr Vorbringen gestellt hat, wirkt sich dies im Ergebnis nicht aus.

32

d) Die Rüge der Beklagten, das Landesarbeitsgericht habe sie auf die Mängel in ihrem Vortrag hinweisen müssen, ist unberechtigt.

33

aa) Ein Verstoß gegen die richterliche Hinweispflicht (§ 139 ZPO) liegt schon deshalb nicht vor, weil die Beklagte darauf durch die erstinstanzliche Entscheidung und die Ausführungen der Gegenseite aufmerksam gemacht wurde (vgl. BGH 23. April 2009 - IX ZR 95/06 - Rn. 6 mwN, NJW-RR 2010, 70). Das Arbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage mit der Begründung stattgegeben, die Beklagte sei ihrer Darlegungslast nicht nachgekommen. Sie habe es ua. versäumt deutlich zu machen, in welchem Umfang die anderen Mitarbeiter, auf die nunmehr neue Aufgaben zukämen, bisher ausgelastet gewesen seien und warum sie in der Lage sein sollten, die neuen Arbeitsaufgaben ohne überobligatorischen Aufwand zu bewältigen. Dies hat der Kläger aufgegriffen und geltend gemacht, das Vorbringen der Beklagten in ihrer Berufungsbegründung sei „immer noch“ unsubstantiiert. Überdies stützen sich die Entscheidungen der Vorinstanzen insoweit auf die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Die Beklagte war daher auch ohne richterlichen Hinweis gehalten, deutlich konkreter vorzutragen.

34

bb) Ob der im Rahmen der Revision nachgeholte Vortrag den Anforderungen an eine substantiierte Darlegung entspricht, kann dahinstehen. Allerdings handelt es sich bei der Vereinbarung einer „Vertrauensarbeitszeit“, auf die die Beklagte hinsichtlich einzelner Arbeitnehmer verweist, typischerweise um ein Arbeitszeitmodell, bei dem der Arbeitgeber lediglich auf die Festlegung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit verzichtet und darauf vertraut, dass die Arbeitnehmer ihre Arbeitsverpflichtung auch ohne Kontrolle erfüllen (vgl. BAG 6. Mai 2003 - 1 ABR 13/02 - Rn. 65, BAGE 106, 111; Schaub/Vogelsang ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 160 Rn. 33). Aus der Vereinbarung einer „Vertrauensarbeitszeit“ folgt dagegen nicht, dass es an arbeits- oder tarifvertraglichen Vorgaben zur wöchentlichen Arbeitszeit fehlt und die Beklagte über die tatsächlich erbrachte Arbeitszeit hinaus Arbeitsleistungen im Umfang von bis zu einer Stunde täglich verlangen konnte.

35

e) Dringende betriebliche Erfordernisse, die die Kündigung bedingen, hat die Beklagte damit nicht dargelegt. Unerheblich ist, dass das in Rede stehende zu verteilende Arbeitsvolumen - ausgehend vom Vorbringen der Beklagten - lediglich 50 Prozent der bislang dem Kläger zugewiesenen Arbeitsaufgaben umfasst. Auch wenn die Übertragung der anderen 50 Prozent auf Frau K kündigungsrechtlich nicht zu beanstanden sein sollte, hätte die Beklagte dem Kläger zumindest eine Weiterbeschäftigung im entsprechend reduzierten Umfang anbieten müssen. Dafür, dass ein solches Angebot wegen „Unannehmbarkeit“ hätte unterbleiben können (vgl. dazu BAG 23. Februar 2010 - 2 AZR 656/08 - Rn. 57, BAGE 133, 226; 21. September 2006 - 2 AZR 607/05 - Rn. 34, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 130 = EzA KSchG § 2 Nr. 62), fehlt es an Anhaltspunkten. Im Übrigen kann der Vortrag der Beklagten so verstanden werden, dass ihre gesamte Organisationsentscheidung mit der Möglichkeit der Umverteilung von Aufgaben auf nachgeordnete Mitarbeiter „steht und fällt“.

36

III. Der Antrag auf Weiterbeschäftigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag ist dem Senat nicht angefallen. Der Kündigungsrechtsstreit ist rechtskräftig entschieden. Der Antrag auf Erteilung eines Endzeugnisses ist nur für den Fall des Unterliegens mit dem Feststellungsantrag gestellt. Diese Bedingung ist nicht eingetreten.

37

IV. Die Kosten der Berufungsinstanz und der Revision waren im Verhältnis von jeweiligem Obsiegen und Unterliegen der Parteien zu teilen (§ 97 Abs. 1 iVm. § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

        

    Kreft    

        

    Koch    

        

    Berger    

        

        

        

    Gans    

        

    F. Löllgen    

                 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 2. Juli 2009 - 11 Sa 278/09 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer von der Beklagten auf betriebliche Gründe gestützten Kündigung.

2

Der Kläger war seit dem 1. September 2006 als Hauswirtschaftsleiter bei der Beklagten beschäftigt. Die Beklagte versorgt Seniorenstifte und beliefert deren Küchen. Sie beschäftigt mehr als zehn Arbeitnehmer. Der Kläger war zuständig für sechs Seniorenstifte, die von insgesamt drei Produktionsstätten der Beklagten beliefert werden.

3

Mit Schreiben vom 23. Juni 2008 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis aus betrieblichen Gründen zum 30. September 2008. Dagegen hat der Kläger rechtzeitig Klage erhoben und - soweit in der Revisionsinstanz noch von Interesse - beantragt

        

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 23. Juni 2008 nicht aufgelöst worden ist.

4

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat geltend gemacht, sie habe am 30. Mai 2008 die Entscheidung getroffen, die Stelle des Klägers als Hauswirtschaftsleiter zum 30. Juni 2008 ersatzlos zu streichen. Hierfür seien sowohl außer- als auch innerbetriebliche Gründe maßgeblich gewesen. Negative wirtschaftliche Ergebnisse hätten sie zur Personalreduzierung gezwungen. Die bisher vom Kläger wahrgenommenen Aufgaben seien auf die jeweiligen Küchenleiter der einzelnen Produktionsküchen verteilt worden. Diese hätten die Aufgaben bereits vor ihrer Entscheidung entweder gänzlich oder doch zu einem großen Teil selbständig erbracht. Zur Erledigung der vom Kläger übernommenen Aufgaben seien sie ohne überobligatorische Leistungen in der Lage.

5

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision ist zulässig (I), aber unbegründet (II). Die Kündigung vom 23. Juni 2008 hat das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgelöst.

7

I. Die Revision ist zulässig. Die Revisionsbegründung genügt den Anforderungen des § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO. Von den als einzige geltend gemachten Verfahrensrügen ist zumindest die Rüge einer Verletzung der Hinweispflicht zulässig erhoben.

8

1. Ob von mehreren erhobenen Verfahrensrügen zumindest eine zulässig ist, ist eine Frage der ausreichenden Revisionsbegründung (§ 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO) und damit der Zulässigkeit der Revision (vgl. BAG 6. Januar 2004 - 9 AZR 680/02 - zu II 4 der Gründe, BAGE 109, 145).Verfahrensrügen müssen nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO die Bezeichnung der Tatsachen enthalten, die den Mangel ergeben, auf den sich die Revision stützt.

9

2. Danach ist die Revision zulässig. Die Beklagte hat jedenfalls die Rüge, das Landesarbeitsgericht habe die Hinweispflicht nach § 139 Abs. 2 ZPO verletzt, ausreichend begründet und damit zulässig erhoben.

10

a) Wird gerügt, das Landesarbeitsgericht habe den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt, weil es der Hinweispflicht nach § 139 Abs. 2 ZPO nicht nachgekommen sei, muss der Revisionskläger konkret darlegen, welchen Hinweis das Gericht hätte geben müssen und wie er auf einen entsprechenden Hinweis reagiert, insbesondere welchen tatsächlichen Vortrag er gehalten oder welche für die Entscheidung erheblichen rechtlichen Ausführungen er gemacht hätte(vgl. BAG 23. September 2008 - 6 AZN 84/08 - Rn. 13, BAGE 128, 13; 14. März 2005 - 1 AZN 1002/04 - zu II 2 a der Gründe, BAGE 114, 67).

11

b) Die Beklagte meint, das Gericht habe den Hinweis geben müssen, es halte ihre unternehmerische Entscheidung für nicht hinreichend konkretisiert, gehe von einer Sollarbeitszeit des Klägers von 40 Stunden pro Woche aus und könne nicht ausschließen, dass dieser durch seine Tätigkeiten voll ausgelastet gewesen sei. Die Beklagte hat im Einzelnen ausgeführt, welchen Vortrag sie auf einen entsprechenden gerichtlichen Hinweis gehalten hätte.

12

II. Die Revision ist unbegründet. Dabei kann dahinstehen, ob die Rüge einer Verletzung der gerichtlichen Hinweispflicht schon deswegen unberechtigt ist, weil die Beklagte nach dem Prozessverlauf auch ohne gerichtlichen Hinweis hätte erkennen können, dass ihr Sachvortrag zu den betrieblichen Gründen für die Kündigung vom 23. Juni 2008 nicht ausreichend war. Der mögliche Verfahrensfehler war jedenfalls nicht entscheidungserheblich. Auch unter Berücksichtigung des ergänzenden Vorbringens der Beklagten aus der Revisionsbegründung ist die Kündigung vom 23. Juni 2008 nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 KSchG bedingt und damit sozial ungerechtfertigt.

13

1. Dringende betriebliche Erfordernisse für eine Kündigung iSv. § 1 Abs. 2 KSchG können sich aus innerbetrieblichen oder außerbetrieblichen Gründen ergeben. Innerbetriebliche Gründe liegen vor, wenn sich der Arbeitgeber zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt, bei deren betrieblicher Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt. Diese unternehmerische Entscheidung ist gerichtlich nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist ( Senat 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 24 mwN, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 181 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 163; 18. Oktober 2006 - 2 AZR 434/05 - Rn. 31, EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 151 ). Von den Arbeitsgerichten nachzuprüfen ist dagegen, ob die fragliche Entscheidung tatsächlich vollzogen wurde und dadurch das Beschäftigungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer entfallen ist (Senat 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - aaO; 17. Juni 1999 -  2 AZR 522/98 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 92, 61 ).

14

a) Allerdings kann in Fällen, in denen die Organisationsentscheidung des Arbeitgebers und sein Kündigungsentschluss praktisch deckungsgleich sind, die ansonsten berechtigte Vermutung, die fragliche Entscheidung sei aus sachlichen Gründen erfolgt, nicht unbesehen greifen. In diesen Fällen muss der Arbeitgeber vielmehr konkrete Angaben dazu machen, wie sich seine Organisationsentscheidung auf die Einsatzmöglichkeiten der Arbeitnehmer auswirkt (Senat 18. März 2010 - 2 AZR 337/08 - Rn. 20, EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 17; 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 26, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 181 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 163).

15

b) Läuft die unternehmerische Entscheidung letztlich nur auf den Abbau einer Hierarchieebene hinaus verbunden mit einer Umverteilung der dem betroffenen Arbeitnehmer bisher zugewiesenen Aufgaben, bedarf es dementsprechend näherer Darlegungen, damit geprüft werden kann, ob der Beschäftigungsbedarf für den betroffenen Arbeitnehmer tatsächlich entfallen und die Entscheidung weder offensichtlich unsachlich noch willkürlich ist. Der Arbeitgeber muss konkret erläutern, in welchem Umfang und aufgrund welcher Maßnahmen die bisher von dem betroffenen Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten für diesen zukünftig entfallen. Er muss die Auswirkungen seiner unternehmerischen Vorgaben auf die zukünftige Arbeitsmenge anhand einer schlüssigen Prognose konkret darstellen und angeben, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige Leistungen erledigt werden können (Senat 13. Februar 2008 - 2 AZR 1041/06 - Rn. 16 mwN, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 174 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 158; 10. Oktober 2002 - 2 AZR 598/01 - zu C I 4 der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 123 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 122).

16

2. Im Streitfall liegt der Entschluss der Beklagten, die Stelle des Hauswirtschaftsleiters zu streichen, nahe an der Kündigungsentscheidung. Er hat allein den Abbau einer Leitungsebene zum Gegenstand und geht einher mit der Umverteilung der dem Kläger bisher zugewiesenen Aufgaben auf andere Beschäftigte. Es bedurfte daher der beschriebenen näheren Erläuterung dieses Entschlusses.

17

3. Dem wird der Vortrag der Beklagten auch unter Berücksichtigung ihres Vorbringens in der Revisionsbegründung nicht gerecht. Die Beklagte hat nicht schlüssig dargelegt, dass zum Zeitpunkt der Kündigung die Prognose gerechtfertigt war, die bisher vom Kläger wahrgenommenen Aufgaben könnten vom verbliebenen Personal im Rahmen seiner regulären Verpflichtungen erledigt werden.

18

a) Zwar stellt die Beklagte die vom Kläger im letzten halben Jahr vor Ausspruch der Kündigung ausgeübten Tätigkeiten und wahrgenommenen Aufgaben monatsweise dar und konkretisiert sie im Hinblick auf die dafür im Einzelnen aufgewendete Arbeitszeit. In gleicher Weise trägt sie für die drei Mitarbeiter vor, denen sie die Aufgaben des Klägers übertragen habe, soweit diese nicht an Drittfirmen vergeben oder von ihrer Geschäftsführung übernommen worden seien.

19

b) Unklar ist aber, wann die Beklagte welche Aufgaben des Klägers auf die Küchenleiter übertragen und wann sie einen Teil der Tätigkeiten an Drittfirmen vergeben oder die Geschäftsführung diese übernommen hat. Hatte sie ursprünglich vorgetragen, sie habe sämtliche Aufgaben des Klägers als Hauswirtschaftsleiter auf die Küchenleiter in den einzelnen Produktionsstätten übertragen, legt sie nunmehr dar, eine Reihe der Tätigkeiten seien von Drittfirmen und von ihrer Geschäftsführung übernommen worden.

20

c) Unklar ist zudem das Schicksal der Aufgaben des Klägers als Personaleinsatzleiter uä. Dazu gehören die von der Beklagten selbst als Beispiele genannten Tätigkeiten wie die Erstellung von Dienst- und Urlaubsplänen, die Beratung der Geschäftsführung und die Öffentlichkeitsarbeit, die Planung und Organisation einer wirtschaftlichen Beschaffung von Ver- und Gebrauchsgütern, die Durchführung von Warenbestandsaufnahmen sowie die Umsetzung und Überwachung der Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften. Die Beklagte hat insoweit weder eine Übertragung auf die Küchenleiter noch eine Vergabe nach außen oder Übernahme durch die Geschäftsführung behauptet.

21

d) Die Beklagte hat außerdem die Umverteilung von Tätigkeiten im Umfang eines Arbeitszeitbedarfs von insgesamt lediglich 98,39 Stunden monatlich dargelegt. Sie geht indessen selbst von einer durchschnittlichen monatlichen Soll-Arbeitszeit des Klägers von 174 Stunden aus. In dem ihrer Aufstellung zugrunde liegenden Halbjahreszeitraum sind lediglich für die Monate Februar bis Mai 2008 Minusstunden im Umfang von zweimal 4, einmal 6,5 und einmal 7,5 Stunden ausgewiesen. Aus den angegebenen arbeitsfreien Zeiten wegen Urlaubs, krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit und Feiertagen ergibt sich nicht, dass und weshalb der Kläger auch während der verbliebenen Arbeitszeit nicht ausgelastet gewesen wäre.

22

e) Der Vortrag der Beklagten ist ferner deshalb unschlüssig, weil die Aufstellung der Arbeitszeiten ihrer drei Küchenleiter ergibt, dass zwei von ihnen über keinerlei freie Arbeitszeitkapazität verfügten und der dritte nur in einem geringen Maße. Damit erscheint eine Übernahme der Aufgaben des Klägers nicht ohne überobligationsmäßige Leistungen der neuen Aufgabenträger möglich.

23

aa) Keinerlei freie Kapazitäten ergeben sich aus den Arbeitszeiten der Küchenleiterin. Diese leistete von Januar bis April 2008 sogar monatlich zwischen 40 und 50 Überstunden. Soweit die Beklagte darauf verweist, diese seien durch die vorübergehende Einarbeitung zweier Mitarbeiter angefallen, folgt daraus nicht, dass und in welchem Umfang die Küchenleiterin ohne diese Mehrbelastung freie Kapazitäten gehabt hätte, um innerhalb ihrer regulären Arbeitszeit weitere Aufgaben zu übernehmen. Einer der Küchenleiter leistete nach der Aufstellung der Beklagten insgesamt mehr Überstunden als Minusstunden anfielen.

24

bb) Lediglich für den dritten Küchenleiter sind für nahezu jeden Monat fünf Minusstunden verzeichnet. Doch reicht auch diese Kapazität nicht aus, um die fraglichen, nach dem Vorbringen der Beklagten im Umfang von monatlich etwa 12 Stunden angefallenen Aufgaben des Klägers zu übernehmen. Weitergehende Erläuterungen lassen sich dem Vortrag der Beklagten nicht entnehmen.

25

4. Die Rüge der Beklagten, das Landesarbeitsgericht habe sich ausschließlich mit den innerbetrieblichen Gründen für die Kündigung befasst und sich nicht mit dem erstinstanzlich vorgetragenen Umsatzrückgang auseinandergesetzt, ist unzulässig. Ihre Begründung genügt nicht den Anforderungen des § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO.

26

a) Rügt der Revisionskläger, das Landesarbeitsgericht habe von ihm gehaltenen Vortrag übergangen, muss er im Einzelnen unter Angabe des Schriftsatzes nach Datum und bei entsprechendem Umfang auch Seitenzahl darlegen, um welchen Vortrag es sich handeln soll (vgl. BAG 23. September 2008 - 6 AZN 84/08 - Rn. 19, BAGE 128, 13), es sei denn, dies wäre ohne Weiteres klar ( BAG 6. Januar 2004 - 9 AZR 680/02 - zu II 3 d bb der Gründe, BAGE 109, 145).

27

b) Diesen Anforderungen wird die Rüge der Beklagten nicht gerecht. Die Beklagte verweist lediglich pauschal auf erstinstanzlich vorgetragene außerbetriebliche Gründe. Sie legt nicht dar, welche konkreten tatsächlichen oder rechtlichen Ausführungen das Landesarbeitsgericht übergangen haben soll, ohne dass dies auf der Hand läge.

28

III. Als unterlegene Partei hat die Beklagte gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Berger    

        

    Rachor    

        

        

        

    Sieg    

        

    Jan Eulen    

                 

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 2. Dezember 2010 - 11 Sa 649/10 - im Kostenausspruch und insoweit aufgehoben, wie es die Beklagte zur Zahlung von 16.854,00 Euro brutto nebst Zinsen verurteilt hat.

2. Die Anschlussberufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 24. März 2010 - 1 Ca 2392/09 - wird als unzulässig verworfen.

3. Die weitergehende Revision der Beklagten wird zurückgewiesen.

4. Die Kosten der Berufungsinstanz haben der Kläger zu 1/6, die Beklagte zu 5/6 und die Kosten der Revision haben der Kläger zu 1/5, die Beklagte zu 4/5 zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen, auf betriebsbedingte Gründe gestützten Kündigung und damit in Zusammenhang stehende Ansprüche.

2

Die Beklagte ist ein Tochterunternehmen eines amerikanischen Konzerns. Sie hat in Deutschland drei Produktionsstätten. In ihrem Werk O beschäftigte sie regelmäßig etwa 85 Arbeitnehmer.

3

Der im August 1954 geborene Kläger ist promovierter Chemiker und seit April 1986 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Seit Dezember 2006 ist er als „Betriebsleiter GUR“ Leiter der Kunststoffgranulat-Produktion in O. Anfang Februar 2007 wurde ihm zusätzlich die Leitung des gesamten Standorts übertragen. Laut § 1 des im Juni/Juli 2004 geschlossenen Anstellungsvertrags sieht ihn die Beklagte als leitenden Angestellten iSv. § 5 Abs. 3 BetrVG an. Seine Vergütung richtete sich nach einem unternehmensweit angewandten „Vertragsstufensystem für leitende Angestellte“. Danach bezog er ein Bruttomonatsgehalt von etwa 9.860,00 Euro, das sich aus einem Fixum und Bonuszahlungen zusammensetzte.

4

Im August 2009 stellte die Beklagte den Kläger unter Berufung auf anstehende seinen Arbeitsplatz betreffende Veränderungen von seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei. Mit Schreiben vom 24. September 2009 kündigte sie das Arbeitsverhältnis der Parteien ordentlich zum 30. April 2010, „vorsorglich ... zum zulässigen Termin“. Der „vorsorglich“ zur Kündigung angehörte Betriebsrat des Werks O hatte der Kündigung mit der Begründung widersprochen, die Beschäftigungsmöglichkeiten für den Kläger seien nicht weggefallen.

5

Der Kläger hat gegen die Kündigung rechtzeitig die vorliegende Klage erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, ein dringendes betriebliches Erfordernis für eine Kündigung liege nicht vor. Sein Arbeitsplatz sei bei im Wesentlichen gleich gebliebenen Aufgaben lediglich neu besetzt worden. Eine Verlagerung bisher durch ihn erledigter Aufgaben auf andere in O beschäftigte Arbeitnehmer sei nicht ohne deren überobligatorische Inanspruchnahme möglich gewesen. Auch habe die Möglichkeit bestanden, ihn auf dem frei gewordenen Arbeitsplatz des „Forschungsleiters“ weiter zu beschäftigen.

6

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 24. September 2009 nicht aufgelöst worden ist;

        

2.    

für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiter zu beschäftigen;

        

3.    

für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, ihm ein wohlwollendes Zwischenzeugnis zu erteilen, das sich auf Führung und Leistung erstreckt;

        

4.    

für den Fall der Abweisung des Antrags zu 1. die Beklagte zu verurteilen, ihm ein „endgültiges“ wohlwollendes Zeugnis zu erteilen, das sich auf Führung und Leistung erstreckt.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat behauptet, im September 2009 sei auf Konzernebene die - anschließend durch ihren Geschäftsführer umgesetzte - unternehmerische Entscheidung getroffen worden, Produktionsstandorte zusammenzulegen sowie Funktionen und Zuständigkeiten zu bündeln. In diesem Zusammenhang sei die globale Verantwortlichkeit für die Prozessentwicklung und das Qualitätsmanagement in O angesiedelt worden. An diese Funktion habe sie die Hälfte der bisher vom Kläger wahrgenommenen Leitungsaufgaben „angekoppelt“; die Stelle habe sie mit Frau K besetzt, die zuvor Geschäftsführerin eines anderen Konzernunternehmens gewesen sei. Die andere Hälfte der Tätigkeiten habe sie auf insgesamt sieben, dem Kläger bisher nachgeordnete Arbeitnehmer verteilt, die auch in der Lage seien, das zusätzliche Pensum zu bewältigen. Der Kläger sei fachlich nicht in der Lage, die neu zugeschnittene Leitungsstelle auszufüllen. Er verfüge, anders als Frau K, die neben ihrem Chemie- ein Ingenieurstudium absolviert habe, nicht über die erforderlichen Kenntnisse und die notwendige Berufserfahrung auf dem Gebiet der Prozessentwicklung und des Qualitätsmanagements. Außerdem sei die Stelle mit einem Aufgaben- und Kompetenzzuwachs verbunden, der sich in veränderten Berichtspflichten unmittelbar gegenüber dem Management der Beklagten und der Zuordnung des Arbeitsplatzes zu einem höheren „Gehaltslevel“ ausdrücke. Zur Weiterbeschäftigung des Klägers auf einer solchen „Beförderungsstelle“ sei sie nicht verpflichtet.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt. Der Kläger hat in der Berufungsinstanz zusätzlich beantragt, an ihn 16.854,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten aus jeweils 8.427,00 Euro brutto seit dem 1. November 2010 und seit dem 1. Dezember 2010 zu zahlen. Er hat die Auffassung vertreten, das damit geforderte Gehalt für die Monate Oktober und November 2010 stehe ihm unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs zu. Die Beklagte hat gerügt, die Klageerweiterung sei unzulässig. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und diese zur Gehaltszahlung in beantragter Höhe verurteilt. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter, die Klage - ausgenommen den Anspruch auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses - abzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision ist begründet, soweit die Beklagte ihre Verurteilung zur Zahlung von Vergütung für die Monate Oktober und November 2010 angreift (I.). Im Übrigen bleibt die Revision ohne Erfolg. Die Kündigung vom 24. September 2009 ist unwirksam und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst (II.). Die (Hilfs-)Anträge auf vorläufige Weiterbeschäftigung und auf Erteilung eines Endzeugnisses sind dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen (III.).

10

I. Mit Erfolg wendet sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung zur Gehaltszahlung, die der Kläger erstmals in der Berufungsinstanz geltend gemacht hat. Die Revision ist insoweit aus prozessualen Gründen erfolgreich. Bei der Klageerweiterung handelt es sich um eine nach § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO iVm. § 64 Abs. 6 Satz 1, § 66 Abs. 1 Satz 3 ArbGG verspätete und deshalb unzulässige Anschlussberufung. Das hat das Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen (BGH 24. Oktober 2007 - IV ZR 12/07 - Rn. 7, MDR 2008, 159).

11

1. Dem Kläger stand für eine Erweiterung der Klage im Berufungsrechtszug nur der Weg der Anschlussberufung zur Verfügung. Als solche ist sein Zahlungsbegehren deshalb zu behandeln; einer ausdrücklichen Bezeichnung als Anschlussberufung bedarf es dazu nicht (BAG 28. Juni 2011 - 3 AZR 282/09 - Rn. 20, EzA BetrAVG § 16 Nr. 59; 30. Mai 2006 - 1 AZR 111/05 - Rn. 42, BAGE 118, 211). Es genügt, dass schriftsätzlich klar und deutlich der Wille zum Ausdruck gebracht wird, eine Änderung des vorinstanzlichen Urteils auch als Rechtsmittelbeklagter zu erreichen. Dazu reicht es, dass der Rechtsmittelbeklagte die Klage - wie im Streitfall mit Schriftsatz vom 19. November 2010 geschehen - erweitert. Einer Beschwer bedarf es für die Anschlussberufung grundsätzlich nicht (vgl. BAG 10. Februar 2009 - 3 AZR 728/07 - Rn. 11, AE 2009, 331).

12

2. Nach § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO iVm. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG ist eine Anschlussberufung zulässig bis zum Ablauf der dem Berufungsbeklagten gesetzten Frist zur Berufungserwiderung. Im arbeitsgerichtlichen Verfahren wird zwar - anders als nach § 521 Abs. 2 Satz 1 ZPO - dem Berufungsbeklagten vom Gericht keine Frist zur Berufungserwiderung „gesetzt“; vielmehr gilt für die Berufungsbeantwortung die durch § 66 Abs. 1 Satz 3 ArbGG bestimmte gesetzliche Frist von einem Monat. Gleichwohl ist § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG im Berufungsverfahren vor den Landesarbeitsgerichten entsprechend anwendbar. Eine Anschlussberufung, die nicht innerhalb eines Monats nach Zustellung der Berufungsbegründung - bei Verlängerung der Berufungsbeantwortungsfrist nach § 66 Abs. 1 Satz 5 ArbGG innerhalb der dann geltenden Frist(vgl. GK-ArbGG/Vossen Stand April 2012 § 64 Rn. 105; GMP/Germelmann ArbGG 7. Aufl. § 64 Rn. 106) - eingeht, ist entsprechend § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen(BAG 30. Mai 2006 - 1 AZR 111/05 - Rn. 45, BAGE 118, 211).

13

3. Danach war die Anschlussberufung des Klägers verspätet.

14

a) Der betreffende Schriftsatz ist am 22. November 2010 beim Landesarbeitsgericht eingegangen. Zu diesem Zeitpunkt war seit der am 26. Juli 2010 bewirkten Zustellung der Berufungsbegründung weit mehr als ein Monat vergangen. Die Frist zur Berufungsbeantwortung war nicht verlängert worden. Ein Fall des § 524 Abs. 2 Satz 3 ZPO liegt nicht vor.

15

b) Die Frist zur Berufungsbeantwortung ist ordnungsgemäß in Lauf gesetzt worden. Insbesondere ist der nach § 66 Abs. 1 Satz 4 ArbGG gebotene Hinweis erfolgt. Dies konnte der Senat selbst im Wege des Freibeweises klären (vgl. BAG 18. Januar 2012 - 7 AZR 211/09 - Rn. 17, NZA 2012, 691).

16

aa) Die Verwerfung der Anschlussberufung wegen Fristversäumnis setzt voraus, dass der Berufungsgegner mit der Zustellung der Berufungsbegründung gemäß § 66 Abs. 1 Satz 4 ArbGG auf die gesetzliche Verpflichtung hingewiesen wurde, die Berufung binnen eines Monats nach Zustellung der Berufungsbegründung zu beantworten. Fehlt es an einem solchen Hinweis, wird weder die Frist zur Berufungsbeantwortung noch die zur Einlegung der Anschlussberufung in Lauf gesetzt (BA G 30. Mai 2006 - 1 AZR 111/05 - Rn. 45, BAGE 118, 211).

17

bb) Der Klägervertreter hat mit Empfangsbekenntnis vom 26. Juli 2010 den Erhalt der Berufungsbegründung bestätigt. Laut Empfangsbekenntnis ist ihm neben der Berufungsbegründung ein „Hinweis gemäß § 66 Abs. 1 Satz 3 ArbGG“ zugestellt worden. Dies bezieht sich auf ein zugleich übermitteltes, vom Kläger in Kopie zur Senatsakte gereichtes gerichtliches Begleitschreiben vom 16. Juli 2010, das - auszugsweise - wie folgt lautet:

        

„Gemäß § 66 Abs. 1 Satz 3 Arbeitsgerichtsgesetzmuss die Berufung innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung anliegender Berufungsbegründung b e a n t w o r t e t werden.

                 
        

Werden Angriffs- oder Verteidigungsmittel in der Berufungsbeantwortung nicht rechtzeitig vorgebracht, so lässt sie das Gericht nur zu, wenn nach seiner freien Überzeugung ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder die Verspätung genügend entschuldigt wird.“

18

cc) Dieser Hinweis war mit Blick auf die Anschlussberufung ausreichend. Insoweit geht es vor allem um die Klarstellung, zu welchem Zeitpunkt die Frist des § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO iVm. § 66 Abs. 1 Satz 3 ArbGG in Gang gesetzt worden ist. Über die Möglichkeit der Anschließung als solche braucht hingegen nicht belehrt zu werden. Ob das gerichtliche Schreiben eine hinreichende Belehrung über die Präklusionsvorschrift des § 67 ArbGG und mögliche Folgen aus einer Versäumung der Beantwortungsfrist enthält, kann offenbleiben. Auf die Präklusionsregelung kommt es für die Frage, ob die Anschlussberufung frist- und formgerecht erhoben worden ist, nicht an. Überdies handelt es sich bei der Klageerweiterung als solche nicht um ein Angriffs- oder Verteidigungsmittel iSv. § 67 ArbGG, sondern um den Angriff selbst(BAG 11. April 2006 - 9 AZN 892/05 - Rn. 12, BAGE 117, 370).

19

dd) Den Akten ist nicht zu entnehmen, ob das gerichtliche Schreiben vom 16. Juli 2010 oder auch nur die Verfügung, mit der die Zustellung der Berufungsbegründung „mit Belehrung über die Frist gem. § 66 I 3 ArbGG“ veranlasst worden ist, vom Vorsitzenden der Kammer unterzeichnet war. Das ist unschädlich. Der Hinweis hat von Gesetzes wegen „mit der Zustellung der Berufungsbegründung“ zu erfolgen (§ 66 Abs. 1 Satz 4 ArbGG). Ein Tätigwerden des Gerichts bzw. seines Vorsitzenden in jedem Einzelfall ist damit nicht verlangt. Es reicht, dass der Hinweis auf allgemeine Anordnung hin durch die Geschäftsstelle erfolgt. Dieser obliegt ohnehin die Ausführung der Zustellung (§ 168 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Zudem besteht hinsichtlich der Erteilung des Hinweises kein Ermessensspielraum; die Regelung des § 66 Abs. 1 Satz 4 ArbGG ist zwingend. Die Anschlussberufung war damit als unzulässig zu verwerfen.

20

II. Die Revision ist unbegründet, soweit sie sich gegen die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über den Feststellungsantrag richtet. Diesem hat das Landesarbeitsgericht zu Recht stattgegeben. Die Kündigungsschutzklage ist begründet. Die ordentliche Kündigung vom 24. September 2009 ist sozial ungerechtfertigt. Sie ist nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG bedingt.

21

1. Dringende betriebliche Erfordernisse für eine Kündigung iSv. § 1 Abs. 2 KSchG können sich aus innerbetrieblichen oder außerbetrieblichen Gründen ergeben. Innerbetriebliche Gründe liegen vor, wenn sich der Arbeitgeber zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt, bei deren Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt. Eine solche unternehmerische Entscheidung ist gerichtlich nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10 - Rn. 17, NZA 2012, 852; 16. Dezember 2010 - 2 AZR 770/09 - Rn. 13, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 186 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 165). Nachzuprüfen ist aber, ob die fragliche Entscheidung tatsächlich umgesetzt wurde und dadurch das Beschäftigungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer entfallen ist (BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10 - aaO; 16. Dezember 2010 - 2 AZR 770/09 - aaO).

22

2. Allerdings kann in Fällen, in denen die Organisationsentscheidung des Arbeitgebers und sein Kündigungsentschluss praktisch deckungsgleich sind, die ansonsten berechtigte Vermutung, die fragliche Entscheidung sei aus sachlichen Gründen erfolgt, nicht unbesehen greifen. Da die Kündigung nach dem Gesetz an das Vorliegen von Gründen gebunden ist, die außerhalb ihrer selbst liegen, muss der Arbeitgeber in solchen Fällen seine Entscheidung hinsichtlich ihrer organisatorischen Durchführbarkeit und zeitlichen Nachhaltigkeit verdeutlichen (BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 770/09 - Rn. 14, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 186 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 165; 17. Juni 1999 - 2 AZR 522/98 - zu II 1 c der Gründe, BAGE 92, 61). Daran fehlt es, wenn die Kündigung zu einer rechtswidrigen Überforderung oder Benachteiligung des im Betrieb verbliebenen Personals führte (vgl. Rost Jahrbuch des Arbeitsrechts Bd. 39 S. 83) oder die zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung lediglich Vorwand dafür wäre, bestimmte Arbeitnehmer aus dem Betrieb zu drängen, obwohl Beschäftigungsbedarf und Beschäftigungsmöglichkeiten objektiv fortbestehen und etwa nur der Inhalt des Arbeitsvertrags als zu belastend angesehen wird (BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10 - Rn. 18, NZA 2012, 852; 22. Mai 2003 - 2 AZR 326/02 - zu B I 3 d (1) der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 128 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 126).

23

Läuft die unternehmerische Entscheidung auf den Abbau einer Hierarchieebene oder die Streichung eines einzelnen Arbeitsplatzes hinaus verbunden mit einer Umverteilung der dem betroffenen Arbeitnehmer bisher zugewiesenen Aufgaben, muss der Arbeitgeber konkret erläutern, in welchem Umfang und aufgrund welcher Maßnahmen die bisher vom gekündigten Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten für diesen zukünftig entfallen. Nur so kann geprüft werden, ob die Entscheidung den dargestellten Voraussetzungen genügt. Der Arbeitgeber muss die Auswirkungen seiner unternehmerischen Vorgaben und Planungen auf das erwartete Arbeitsvolumen anhand einer schlüssigen Prognose im Einzelnen darstellen und angeben, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige Leistungen, dh. im Rahmen ihrer vertraglich geschuldeten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit erledigt werden können (BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10 - Rn. 18, NZA 2012, 852; 13. Februar 2008 - 2 AZR 1041/06 - Rn. 16, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 174 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 158).

24

3. Zu den nur auf Willkür zu überprüfenden Organisationsentscheidungen des Arbeitgebers zählt die Festlegung des Anforderungsprofils einer Stelle. Das Bestreben des Arbeitgebers, bestimmte Tätigkeiten nur von Arbeitnehmern mit bestimmten Qualifikationen ausführen zu lassen, ist grundsätzlich hinzunehmen (BAG 18. März 2010 - 2 AZR 337/08 - Rn. 19, AP BGB § 626 Nr. 228 = EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 17). Schafft der Arbeitgeber neu zugeschnittene Arbeitsplätze, ist dies jedenfalls dann zu respektieren, wenn die Qualifikationsmerkmale einen nachvollziehbaren Bezug zur Organisation der auszuführenden Arbeiten haben (BAG 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 25, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 181 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 163; 7. Juli 2005 - 2 AZR 399/04 - Rn. 32 mwN, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 138 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 138).

25

a) Erhöhte Anforderungen an die Darlegungslast sind dabei mit Blick auf § 1 Abs. 2 KSchG dann zu stellen, wenn der Arbeitgeber das Anforderungsprofil für Arbeitsplätze ändert, die bereits mit langjährig beschäftigten Arbeitnehmern besetzt sind. Der Arbeitgeber kann nicht unter Berufung auf eine gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbare Unternehmerentscheidung den Kündigungsschutz des betreffenden Arbeitnehmers dadurch umgehen, dass er in sachlich nicht gebotener Weise die Anforderungen an die Kenntnisse des Arbeitsplatzinhabers verschärft (BAG 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 26, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 181 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 163; 7. Juli 2005 - 2 AZR 399/04 - Rn. 33, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 138 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 138).

26

b) Der Arbeitgeber muss deshalb, will er dem Vorwurf des Missbrauchs entgehen, dartun, dass es sich bei der zusätzlich geforderten Qualifikation für die Ausführung der Tätigkeit nicht nur um eine „wünschenswerte Voraussetzung”, sondern um ein sachlich gebotenes, arbeitsplatzbezogenes Kriterium für das Stellenprofil handelt (BAG 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 26, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 181 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 163; 24. Juni 2004 - 2 AZR 326/03 - zu B II 2 a der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Nr. 76 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 132). Die Änderung des Anforderungsprofils muss im Zusammenhang mit einer organisatorischen Maßnahme des Arbeitgebers stehen, die nach ihrer Durchführung angesichts eines veränderten Beschäftigungsbedarfs - etwa aufgrund von Änderungen des Arbeitsvolumens oder des Inhalts der Tätigkeit - auch die Anforderungen an den Arbeitsplatzinhaber erfasst (BAG 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 31, aaO). Gestaltet der Arbeitgeber lediglich Arbeitsabläufe um, ohne dass sich die Tätigkeit inhaltlich ändert, und ist der bisherige Stelleninhaber aufgrund seiner Fähigkeiten und Ausbildung in der Lage, die künftig anfallenden Arbeiten zu verrichten, so ist eine auf betriebliche Gründe gestützte Kündigung selbst dann nicht sozial gerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber die Änderungen zum Anlass nimmt, die Stelle in eine „Beförderungsstelle“ umzuwandeln (ähnlich BAG 10. November 1994 - 2 AZR 242/94 - zu B I 2 der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 65 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 77). Das gleiche gilt, wenn der Arbeitgeber die auf dem Arbeitsplatz bislang zu verrichtende Tätigkeit um zusätzliche Aufgaben erweitert, der dadurch veränderte Arbeitsplatz aber nach Bedeutung und Verantwortung nicht um so viel anspruchsvoller ist, dass insgesamt ein anderer Arbeitsbereich entstanden wäre (BAG 30. August 1995 - 1 ABR 11/95 - zu A II 3 b bb der Gründe, AP BetrVG 1972 § 99 Versetzung Nr. 5 = EzA BetrVG 1972 § 99 Nr. 130).

27

4. Daran gemessen hat das Landesarbeitsgericht an die Darlegungslast der Beklagten zu Recht erhöhte Anforderungen gestellt. Dabei macht es keinen Unterschied, ob sich die behauptete Umstrukturierung als Umgestaltung des bisherigen Arbeitsplatzes des Klägers oder als Abbau dieser Stelle bei gleichzeitiger Einrichtung eines neuen, als Beförderungsstelle zu qualifizierenden Arbeitsplatzes darstellt. In beiden Fällen liegt die Organisationsentscheidung nahe am Kündigungsentschluss. Hinzu kommt, dass nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten die bisherigen Aufgaben des Klägers weiterhin anfallen. Die Beklagte musste deshalb zum einen aufzeigen, dass durch die behauptete Bündelung von Funktionen und Zuständigkeiten auf der Leitungsebene tatsächlich ein anderer Arbeitsbereich entstanden ist. Zum anderen war sie gehalten, ihren Entschluss zur Umverteilung der anfallenden Tätigkeiten hinsichtlich seiner Durchführbarkeit und Nachhaltigkeit durch konkreten Tatsachenvortrag zu verdeutlichen.

28

5. Dem wird das Vorbringen der Beklagten nicht gerecht. Sie hat nicht nachvollziehbar dargelegt, dass zum Zeitpunkt der Kündigung die Prognose gerechtfertigt war, die Hälfte der bisherigen Arbeitsaufgaben des Klägers könnten von dem ihm bislang nachgeordneten Personal im Rahmen regulärer zeitlicher Verpflichtungen erledigt werden. Bereits dies führt zur Unwirksamkeit der Kündigung.

29

a) Die Beklagte hat durchaus im Einzelnen vorgetragen, welche konkreten Aufgaben aus den Bereichen „Betriebsleitung GUR“ und „Standortleitung“ in welchem zeitlichen Umfang künftig durch Frau K und weitere sieben namentlich benannte Arbeitnehmer übernommen werden sollten. Sie hat es aber versäumt schlüssig darzutun, dass die fraglichen sieben Personen über hinreichend freie Arbeitszeitkapazität verfügten, um das zusätzliche Pensum von täglich bis zu einer Stunde ohne überobligationsmäßige Leistungen zu bewältigen. Sie hat dies lediglich pauschal behauptet ohne aufzuzeigen, worauf sich ihre Einschätzung stützt. Spätestens nachdem der Kläger die mangelnde Schlüssigkeit ihres Vorbringens beanstandet und sich beispielhaft unter Angabe von Beginn und Ende täglicher Arbeitszeiten darauf berufen hatte, zwei der betroffenen Mitarbeiter seien bereits in der Zeit vor seiner Freistellung voll ausgelastet gewesen, hätte die Beklagte ihren Vortrag im Rahmen der abgestuften Darlegungslast substantiieren müssen. Das ist nicht geschehen. Sie hat nur ihren nicht weiter einlassungsfähigen Vortrag wiederholt, einer der Genannten sei „genau wie alle anderen Mitarbeiter in der Lage, die ihm übertragenen Aufgaben ohne überobligatorische Verpflichtung zu übernehmen“, die Arbeitszeit eines anderen werde vom Kläger unzutreffend dargestellt. Stattdessen hätte sie, um ihrer Vortragslast zu genügen, die zutreffenden Arbeitszeiten der fraglichen Mitarbeiter nebst der Möglichkeit, „freie“ Kapazitäten für die Übertragung weiterer Arbeiten zu nutzen, darstellen müssen.

30

b) Eine Konkretisierung ihres Vorbringens war auch dann nicht entbehrlich, wenn es sich - wie die Beklagte geltend macht - bei den fraglichen Arbeitnehmern um „leitende Angestellte“ oder zumindest außertariflich vergütete Arbeitnehmer handeln sollte. Aus beidem folgt nicht, dass mit diesen keine vertraglichen Vereinbarungen hinsichtlich des Umfangs der zu leistenden Arbeitszeit bestanden. Im Übrigen unterliegen auch sog. AT-Mitarbeiter den Grenzen des Arbeitszeitgesetzes und nimmt nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 ArbZG nur leitende Angestellte iSv. § 5 Abs. 3 BetrVG aus seinem Anwendungsbereich aus(vgl. BAG 6. Mai 2003 - 1 ABR 13/02 - zu B II 2 b aa der Gründe, BAGE 106, 111). Inwieweit diese Voraussetzungen bei einzelnen Arbeitnehmern erfüllt sind, ist dem Vorbringen der Beklagten nicht zu entnehmen.

31

c) In welcher Weise ein Arbeitgeber darlegt, dass die Umverteilung von Arbeitsaufgaben nicht zu einer überobligatorischen Beanspruchung im Betrieb verbliebener Arbeitnehmer führt, bleibt ihm überlassen. Handelt es sich um nicht taktgebundene Arbeiten, muss nicht in jedem Fall und minutiös dargelegt werden, welche einzelnen Tätigkeiten die fraglichen Mitarbeiter künftig mit welchen Zeitanteilen täglich zu verrichten haben. Es kann ausreichend sein, wenn der Arbeitgeber die getroffenen Vereinbarungen zu Umfang und Verteilung der Arbeitszeit darstellt und Anhaltspunkte dafür darlegt, dass Freiräume für die Übernahme zusätzlicher Aufgaben vorhanden sind. Im Streitfall hat die Beklagte auch dies unterlassen. Soweit das Landesarbeitsgericht noch strengere Anforderungen an ihr Vorbringen gestellt hat, wirkt sich dies im Ergebnis nicht aus.

32

d) Die Rüge der Beklagten, das Landesarbeitsgericht habe sie auf die Mängel in ihrem Vortrag hinweisen müssen, ist unberechtigt.

33

aa) Ein Verstoß gegen die richterliche Hinweispflicht (§ 139 ZPO) liegt schon deshalb nicht vor, weil die Beklagte darauf durch die erstinstanzliche Entscheidung und die Ausführungen der Gegenseite aufmerksam gemacht wurde (vgl. BGH 23. April 2009 - IX ZR 95/06 - Rn. 6 mwN, NJW-RR 2010, 70). Das Arbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage mit der Begründung stattgegeben, die Beklagte sei ihrer Darlegungslast nicht nachgekommen. Sie habe es ua. versäumt deutlich zu machen, in welchem Umfang die anderen Mitarbeiter, auf die nunmehr neue Aufgaben zukämen, bisher ausgelastet gewesen seien und warum sie in der Lage sein sollten, die neuen Arbeitsaufgaben ohne überobligatorischen Aufwand zu bewältigen. Dies hat der Kläger aufgegriffen und geltend gemacht, das Vorbringen der Beklagten in ihrer Berufungsbegründung sei „immer noch“ unsubstantiiert. Überdies stützen sich die Entscheidungen der Vorinstanzen insoweit auf die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Die Beklagte war daher auch ohne richterlichen Hinweis gehalten, deutlich konkreter vorzutragen.

34

bb) Ob der im Rahmen der Revision nachgeholte Vortrag den Anforderungen an eine substantiierte Darlegung entspricht, kann dahinstehen. Allerdings handelt es sich bei der Vereinbarung einer „Vertrauensarbeitszeit“, auf die die Beklagte hinsichtlich einzelner Arbeitnehmer verweist, typischerweise um ein Arbeitszeitmodell, bei dem der Arbeitgeber lediglich auf die Festlegung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit verzichtet und darauf vertraut, dass die Arbeitnehmer ihre Arbeitsverpflichtung auch ohne Kontrolle erfüllen (vgl. BAG 6. Mai 2003 - 1 ABR 13/02 - Rn. 65, BAGE 106, 111; Schaub/Vogelsang ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 160 Rn. 33). Aus der Vereinbarung einer „Vertrauensarbeitszeit“ folgt dagegen nicht, dass es an arbeits- oder tarifvertraglichen Vorgaben zur wöchentlichen Arbeitszeit fehlt und die Beklagte über die tatsächlich erbrachte Arbeitszeit hinaus Arbeitsleistungen im Umfang von bis zu einer Stunde täglich verlangen konnte.

35

e) Dringende betriebliche Erfordernisse, die die Kündigung bedingen, hat die Beklagte damit nicht dargelegt. Unerheblich ist, dass das in Rede stehende zu verteilende Arbeitsvolumen - ausgehend vom Vorbringen der Beklagten - lediglich 50 Prozent der bislang dem Kläger zugewiesenen Arbeitsaufgaben umfasst. Auch wenn die Übertragung der anderen 50 Prozent auf Frau K kündigungsrechtlich nicht zu beanstanden sein sollte, hätte die Beklagte dem Kläger zumindest eine Weiterbeschäftigung im entsprechend reduzierten Umfang anbieten müssen. Dafür, dass ein solches Angebot wegen „Unannehmbarkeit“ hätte unterbleiben können (vgl. dazu BAG 23. Februar 2010 - 2 AZR 656/08 - Rn. 57, BAGE 133, 226; 21. September 2006 - 2 AZR 607/05 - Rn. 34, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 130 = EzA KSchG § 2 Nr. 62), fehlt es an Anhaltspunkten. Im Übrigen kann der Vortrag der Beklagten so verstanden werden, dass ihre gesamte Organisationsentscheidung mit der Möglichkeit der Umverteilung von Aufgaben auf nachgeordnete Mitarbeiter „steht und fällt“.

36

III. Der Antrag auf Weiterbeschäftigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag ist dem Senat nicht angefallen. Der Kündigungsrechtsstreit ist rechtskräftig entschieden. Der Antrag auf Erteilung eines Endzeugnisses ist nur für den Fall des Unterliegens mit dem Feststellungsantrag gestellt. Diese Bedingung ist nicht eingetreten.

37

IV. Die Kosten der Berufungsinstanz und der Revision waren im Verhältnis von jeweiligem Obsiegen und Unterliegen der Parteien zu teilen (§ 97 Abs. 1 iVm. § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

        

    Kreft    

        

    Koch    

        

    Berger    

        

        

        

    Gans    

        

    F. Löllgen    

                 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 10. August 2010 - 7 Sa 903/10 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung.

2

Der 1956 geborene und mit einem Grad von 50 schwerbehinderte Kläger ist bei der Beklagten, die mit mehr als 200 Arbeitnehmern Messingprodukte produziert und verarbeitet, seit dem 15. November 1982 als Arbeiter beschäftigt. Er war bis August 2003 als Zieher an der 20-Tonnen-Ziehbank, danach bis zum März 2004 an der 15-Tonnen-Ziehbank und zuletzt in der Funktion eines „Anfasers/Ofenbedieners/Einteilsägers“ in der „Zieherei Allgemein“ (Rohrzieherei) tätig. Zumindest in Vertretungsfällen arbeitete er auch als „Stößler“. Nach der Stellenbeschreibung ist die Tätigkeit eines „Anfasers/Ofenbedieners/Einteilsägers“ in die Entgeltgruppe 2 h ERA eingruppiert. Der Kläger erhielt zuletzt eine Vergütung nach der Entgeltgruppe 3 ERA.

3

Anfang 2009 verhandelten die Beklagte und der in ihrem Betrieb gebildete Betriebsrat vor dem Hintergrund eines beabsichtigten Personalabbaus im Umfang von 48 Stellen über einen Interessenausgleich und einen Sozialplan. In einer Absichtserklärung vom 13. Februar 2009 beschrieben die Betriebsparteien bestimmte Maßnahmen als erstrebenswerte Alternativen zu den erwogenen Entlassungen; ua. war die Einführung von Kurzarbeit mit Wirkung zum 1. März 2009 bei einer maximalen Laufzeit von 18 Monaten und verteilt auf jeweils sechs Monate vorgesehen.

4

Am 27. Februar 2009 schlossen die Betriebsparteien mehrere Betriebsvereinbarungen. Mit der Betriebsvereinbarung Nr. 163 wurde in den Produktionsbereichen Gießerei, Rohrlinie und Indirektlinie für die Zeit vom 1. März 2009 bis zum 31. August 2009 Kurzarbeit eingeführt. Der Umfang der in der jeweiligen Abteilung verringerten Wochenarbeitszeit ergab sich aus der Anlage 1 zur Betriebsvereinbarung. Diese sah ua. für die „Rohrlinie und die Zieherei Allgemein“ eine Reduzierung der Arbeitszeit auf 14 Stunden/Woche vor. Mit der Betriebsvereinbarung Nr. 164 verschoben die Betriebsparteien die zweite Stufe einer Tariferhöhung. Mit der Betriebsvereinbarung Nr. 165 führten sie ein Prämienentgelt und eine außertarifliche Leistungszulage ein. Ab dem 1. Mai 2009 sollte für bestimmte Produktionsmitarbeiter, zu denen auch der Kläger gehörte, eine neue Leistungsentgeltstruktur in Form der Entgeltmethode „Prämie“ gelten. Durch die Absenkung der Vergütung für die betroffenen Arbeitnehmer sollte eine Kostenersparnis im Umfang von 22 Produktionsarbeitsplätzen eintreten. Für die bereits Beschäftigten sollte die Anwendung der neuen Entgeltstruktur durch den Abschluss von Änderungsverträgen umgesetzt werden. Ziff. 11 der Betriebsvereinbarung Nr. 165 sah weiter vor, dass die Beklagte gegenüber denjenigen Arbeitnehmern, die das Angebot eines solchen Änderungsvertrags annähmen, bis zur vollständigen Beendigung der in der Produktion durchgeführten Kurzarbeit auf den Ausspruch von ordentlichen betriebsbedingten Kündigungen verzichte. Auf dieser Grundlage bot die Beklagte im März 2009 den in Frage kommenden 127 Arbeitnehmern den Abschluss entsprechender Änderungsverträge an. Das Angebot nahmen 111 Arbeitnehmer an. Der Kläger lehnte es ab.

5

Angesichts weiter rückläufiger Aufträge entschloss sich die Beklagte am 19. Mai 2009, zahlreiche Arbeitsplätze, darunter den eines „Anfasers/Ofenbedieners/Einteilsägers“ in der Rohrzieherei, ab 1. Oktober 2009 wegfallen zu lassen. Von der Streichung waren fast ausschließlich Arbeitsplätze von Arbeitnehmern betroffen, die das Angebot auf Abschluss eines Änderungsvertrags abgelehnt hatten.

6

Nach Anhörung des Betriebsrats und nach Zustimmung des Integrationsamts kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 7. Juli 2009 das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 28. Februar 2010 und stellte ihn mit Wirkung vom 1. Oktober 2009 von seiner Arbeitsleistung frei.

7

Mit seiner vorliegenden Klage hat sich der Kläger gegen die Kündigung gewandt und seine vorläufige Weiterbeschäftigung als Arbeiter in der Rohrzieherei begehrt. Er hat die Auffassung vertreten, die Entscheidung der Beklagten laufe auf einen bloßen Stellenabbau verbunden mit einer Neuverteilung der bisherigen Tätigkeiten hinaus. Einen dauerhaften Rückgang der Produktion und eine Reduzierung des Arbeitsvolumens habe die Beklagte nicht hinreichend dargelegt. Ein Vergleich der Auftrags- und Arbeitsstundenzahlen von Januar bis Mai 2009 mit den gleichen Monaten des Vorjahrs reiche hierfür nicht aus; nur ein längerer Betrachtungszeitraum könne die Basis für eine nachhaltige Prognose bilden. Zudem habe die Beklagte weder berücksichtigt, dass ab 1. März 2009 kurz gearbeitet worden sei, noch dass seit Oktober 2009 im Betrieb wieder samstags gearbeitet werde und Arbeitnehmer aus anderen Abteilungen in der Rohrzieherei zusätzlich eingesetzt würden. Im Übrigen belege der Umstand, dass im Jahr 2010 - unstreitig - 35 Leiharbeitnehmer beschäftigt worden seien, die Fehlerhaftigkeit der Prognose. Ebenso wenig habe die Beklagte dargelegt, wer welche seiner bisherigen Tätigkeiten in welchem Umfang ohne eine übermäßige dauerhafte Beanspruchung übernehmen könne. Im Übrigen sei die Sozialauswahl fehlerhaft. Statt seiner hätten andere Arbeitnehmer mit deutlich schlechteren Sozialdaten gekündigt werden müssen. Sie seien mit ihm vergleichbar, selbst wenn deren Kündigung nach der Betriebsvereinbarung Nr. 165 ausgeschlossen sei. Der einzelvertraglich gewährte Sonderkündigungsschutz sei mit ihnen in unzulässiger Weise zu seinen Lasten vereinbart worden.

8

Der Kläger hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die Kündigung vom 7. Juli 2009 aufgelöst worden ist,

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Kündigungsschutzantrag als Arbeiter in der Abteilung Rohrzieherei weiterzubeschäftigen.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, Anfang 2009 habe sie geplant, den Personalbestand zu reduzieren, da die Mitarbeiter in der Produktion schon im Jahr 2008 nicht ausgelastet gewesen seien. Zwar habe sie zur Vermeidung dieses Personalabbaus mit dem Betriebsrat die Betriebsvereinbarungen Nr. 163 bis Nr. 165 geschlossen. Zu diesem Zeitpunkt sei der Auftragsbestand aber erst um ca. 25 % geringer gewesen. Nach Einführung der Kurzarbeit habe sich die Auftrags- und Auslastungssituation weitergehend verschlechtert. Ab der 14. Kalenderwoche 2009 sei die Auslastung auf rund 60 % der des Vorjahrs zurückgegangen, die (Grundlagen-)Produktion in der Gießerei habe sich im Zeitraum von Januar bis Mai 2009 um etwa 36 % reduziert.

10

Vom Rückgang der Grundlagenproduktion seien sämtliche nachgeordneten Bereiche betroffen gewesen. Im Bereich Rohrzieherei sei die Arbeitsmenge im Zeitraum von Januar 2009 bis Mai 2009 um 34,5 % zurückgegangen, was einem verminderten Arbeitszeitbedarf von etwa 33 % entspreche. Bei einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden würden je Arbeitnehmer im Durchschnitt 12,2 Arbeitsstunden wöchentlich nicht mehr benötigt. Zur Sicherung ihrer Wettbewerbsfähigkeit und zur Steigerung der Effizienz habe sie deshalb die Stelle eines „Anfasers/Ofenbedieners/Einteilsägers“ gestrichen und dessen Arbeit auf - sieben namentlich genannte - Mitarbeiter der Rohrzieherei verteilt. Aufgrund des Rückgangs ihrer eigenen Tätigkeiten seien diese Mitarbeiter nicht mehr ausgelastet gewesen und hätten die Aufgabe des Klägers ohne Weiteres mitübernehmen können. Den Rückgang der Arbeitsmenge habe sie im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung als dauerhaft angesehen, Anhaltspunkte für eine Besserung habe es nicht gegeben.

11

Die Sozialauswahl sei zutreffend, da die vom Kläger benannten Mitarbeiter aufgrund ihres Sonderkündigungsschutzes nicht in die Auswahl einzubeziehen gewesen seien.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerfrei entschieden, dass die Kündigung der Beklagten vom 7. Juli 2009 das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht beendet hat.

14

I. Die Klage ist begründet. Die Kündigung vom 7. Juli 2009 ist nicht aus dringenden betrieblichen Erfordernissen iSv. § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt.

15

1. Eine Kündigung ist durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt, wenn der Bedarf für eine Weiterbeschäftigung des gekündigten Arbeitnehmers im Betrieb voraussichtlich dauerhaft entfallen ist. Auf der Grundlage der betrieblichen Dispositionen des Arbeitgebers müssen im Tätigkeitsbereich des Gekündigten mehr Arbeitnehmer beschäftigt sein, als zur Erledigung der anfallenden Arbeiten benötigt werden. Dieser Überhang muss auf Dauer zu erwarten sein. Regelmäßig entsteht ein Überhang an Arbeitskräften nicht allein und unmittelbar durch bestimmte wirtschaftliche Entwicklungen (Produktions- oder Umsatzrückgang etc.), sondern aufgrund einer - oftmals durch diese Entwicklungen veranlassten - Organisationsentscheidung des Arbeitgebers (unternehmerische Entscheidung).

16

a) Betriebliche Erfordernisse, die eine Kündigung bedingen, können sich aus außerbetrieblichen Umständen ergeben. Passt der Arbeitgeber im Fall eines Auftragsverlustes oder eines reduzierten Auftragsbestands die Anzahl der benötigten Arbeitnehmer unmittelbar an die verbliebene Arbeitsmenge an, kann sich daraus ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Kündigung ergeben, wenn der Arbeitsanfall - dauerhaft - so zurückgegangen ist, dass zukünftig für einen oder mehrere Arbeitnehmer kein Bedürfnis für eine Weiterbeschäftigung mehr besteht (BAG 17. Juni 1999 - 2 AZR 141/99 - BAGE 92, 71 und - 2 AZR 456/98 - BAGE 92, 79). Behauptet der Arbeitgeber, das Bedürfnis für eine Weiterbeschäftigung sei wegen eines solchen Auftragsrückgangs entfallen, kann das Gericht in vollem Umfang nachprüfen, ob die außerbetrieblichen Umstände für die Kündigung zum Zeitpunkt der Kündigung tatsächlich vorlagen und zu einem dauerhaften Rückgang des Beschäftigungsvolumens führen. Dabei reicht ein bloßer Hinweis auf auslaufende Aufträge und das Fehlen von Anschlussaufträgen regelmäßig nicht aus, um einen dauerhaften Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses zu begründen. Der Arbeitgeber muss vielmehr anhand seiner Auftrags- und Personalplanung im Einzelnen darstellen, warum nicht nur eine - kurzfristige - Auftragsschwankung vorliegt, sondern ein dauerhafter Auftragsrückgang zu erwarten ist (BAG 18. Mai 2006 - 2 AZR 412/05 - Rn. 18, AP AÜG § 9 Nr. 7 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 146).

17

b) Ein Rückgang des Arbeitskräftebedarfs kann sich auch daraus ergeben, dass sich eine im Betrieb tatsächlich umgesetzte unternehmerische Organisationsentscheidung auf die Anzahl der verbliebenen Arbeitsplätze auswirkt. Eine unternehmerische Organisationsentscheidung kann etwa in der Bestimmung der Zahl der Belegschaftsmitglieder liegen, mit denen die im Betrieb anfallende Arbeitsmenge erledigt werden soll (vgl. BAG 2. Juni 2005 - 2 AZR 480/04 - mwN, BAGE 115, 92). Unternehmerische Entscheidungen sind von den Gerichten nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich sind (BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 770/09 - Rn. 13, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 186 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 165; 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 24, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 181 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 163). Nachzuprüfen ist aber, ob die fragliche Entscheidung tatsächlich umgesetzt wurde und dadurch das Beschäftigungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer entfallen ist (BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 770/09 - Rn. 13, aaO; 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 24, aaO).

18

c) Führen die außer- oder innerbetrieblichen Umstände nicht zu einer dauerhaften Reduzierung des Arbeitskräftebedarfs im Betrieb, so besteht kein dringendes betriebliches Erfordernis zur Beendigung eines Arbeitsverhältnisses. Erschöpft sich die unternehmerische Entscheidung des Arbeitgebers im Wesentlichen darin, Personal einzusparen, so ist sie vom Kündigungsentschluss selbst kaum zu unterscheiden. Da die Kündigung nach dem Gesetz an das Vorliegen von Gründen gebunden ist, die außerhalb ihrer selbst liegen, muss der Arbeitgeber in solchen Fällen seine Entscheidung hinsichtlich ihrer organisatorischen Durchführbarkeit und zeitlichen Nachhaltigkeit verdeutlichen. Nur so kann das Gericht prüfen, ob sie missbräuchlich ausgesprochen worden ist (BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 770/09 - Rn. 14, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 186 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 165; 17. Juni 1999 - 2 AZR 522/98 - BAGE 92, 61). Das wäre der Fall, wenn die Kündigung zu einer rechtswidrigen Überforderung oder Benachteiligung des im Betrieb verbleibenden Personals führte (Rost Jahrbuch des Arbeitsrechts Bd. 39 S. 83) oder die zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung lediglich Vorwand dafür wäre, bestimmte Arbeitnehmer aus dem Betrieb zu drängen, obwohl Beschäftigungsbedarf und Beschäftigungsmöglichkeiten objektiv fortbestehen und etwa nur der Inhalt des Arbeitsvertrags als zu belastend angesehen wird (BAG 22. Mai 2003 - 2 AZR 326/02 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 128 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 126). Der Arbeitgeber muss deshalb konkret erläutern, in welchem Umfang und aufgrund welcher Maßnahmen die bisher vom gekündigten Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten für diesen zukünftig entfallen. Er muss die Auswirkungen seiner unternehmerischen Vorgaben und Planungen auf das erwartete Arbeitsvolumen anhand einer schlüssigen Prognose konkret darstellen und angeben, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige Leistungen, dh. im Rahmen ihrer vertraglich geschuldeten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit, erledigt werden können (BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 770/09 - Rn. 15, aaO; 13. Februar 2008 - 2 AZR 1041/06 - Rn. 16, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 174 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 158).

19

d) Wird die Kündigung auf eine zu erwartende künftige Entwicklung der betrieblichen Verhältnisse gestützt, braucht diese bei Kündigungsausspruch noch nicht tatsächlich eingetreten zu sein. Es genügt, dass sie sich konkret und greifbar abzeichnet (vgl. BAG 9. September 2010 - 2 AZR 493/09 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 185 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 164; 13. Februar 2008 - 2 AZR 79/06 - Rn. 21, 22; 26. Mai 2011 - 8 AZR 37/10 - Rn. 27, EzA BGB 2002 § 613a Nr. 125). Das ist der Fall, wenn im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung die auf Tatsachen gestützte, vernünftige betriebswirtschaftliche Prognose gerechtfertigt ist, mit Ablauf der Kündigungsfrist werde mit einiger Sicherheit ein die Entlassung erforderlich machender betrieblicher Grund vorliegen (BAG 23. Februar 2010 - 2 AZR 268/08 - Rn. 18, BAGE 133, 240; 27. November 2003 - 2 AZR 48/03 - BAGE 109, 40; 12. April 2002 - 2 AZR 256/01 - zu II 2 a der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 120 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 118). Dabei muss eine der entsprechenden Prognose zugrunde liegende eigene unternehmerische Entscheidung des Arbeitgebers aber bereits im Kündigungszeitpunkt endgültig getroffen worden sein. Andernfalls kann eine zum Wegfall des Arbeitsplatzes führende Entscheidung nicht sicher prognostiziert werden.

20

aa) Der Arbeitgeber hat die Tatsachen näher darzulegen, aus denen sich ergeben soll, dass zukünftig auf Dauer mit einem reduzierten Arbeitsvolumen und Beschäftigungsbedarf zu rechnen ist. Das Vorliegen von möglicherweise nur kurzfristigen Produktions- oder Auftragsschwankungen muss ausgeschlossen sein (BAG 18. Mai 2006 - 2 AZR 412/05 - Rn. 18, AP AÜG § 9 Nr. 7 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 146). Dem muss der Inhalt und die Substanz des Sachvortrags Rechnung tragen. Der Arbeitgeber hat den dauerhaften Rückgang des Arbeitsvolumens nachvollziehbar darzustellen, indem er die einschlägigen Daten aus repräsentativen Referenzperioden miteinander vergleicht (BAG 18. Mai 2006 - 2 AZR 412/05 - Rn. 17, aaO).

21

bb) Für die Zukunftsprognose ist auch von Bedeutung, ob die Kündigung im zeitlichen Zusammenhang mit einer vereinbarten oder prognostizierten Kurzarbeit erfolgt. Wird Kurzarbeit geleistet, so spricht dies dafür, dass die Betriebsparteien nur von einem vorübergehenden Arbeitsmangel und nicht von einem dauerhaft gesunkenen Beschäftigungsbedarf ausgehen. Ein nur vorübergehender Arbeitsmangel wiederum kann eine betriebsbedingte Kündigung nicht rechtfertigen. Dieses aus der Kurzarbeit folgende Indiz kann der Arbeitgeber durch konkreten Sachvortrag entkräften (BAG 26. Juni 1997 - 2 AZR 494/96 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 86 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 93). Entfällt die Beschäftigungsmöglichkeit für einzelne von der Kurzarbeit betroffene Arbeitnehmer aufgrund später eingetretener weiterer Umstände oder veränderter wirtschaftlicher und/oder organisatorischer Rahmenbedingungen auf Dauer, so kann trotz der Kurzarbeit ein dringendes betriebliches Erfordernis für eine Kündigung bestehen (BAG 26. Juni 1997 - 2 AZR 494/96 - aaO).

22

Da die betrieblichen Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des gekündigten Arbeitnehmers entgegenstehen, dringend sein müssen, die Kündigung im Interesse des Betriebs also unvermeidbar sein muss, hat der Arbeitgeber zuvor alle Möglichkeiten auszuschöpfen, die mit dem Ziel geschaffen worden sind und bestehen, durch eine Flexibilisierung der Arbeitszeit betriebsbedingte Kündigungen in Zeiten geringeren Arbeitsanfalls zu vermeiden (BAG 8. November 2007 - 2 AZR 418/06 - Rn. 16, EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 157, zur Inanspruchnahme von Arbeitszeitkonten). Haben die Betriebsparteien durch die Einführung von Kurzarbeit den Umfang der vertraglich geschuldeten Arbeitszeit auf ein Niveau abgesenkt, dass den Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen gerade überflüssig macht, so kann ein dringendes betriebliches Kündigungserfordernis regelmäßig erst dann angenommen werden, wenn der Arbeitgeber die Möglichkeit zur Arbeitszeitreduzierung voll ausgeschöpft hat und gleichwohl noch ein Beschäftigungsüberhang besteht (vgl. BAG 8. November 2007 - 2 AZR 418/06 - aaO).

23

2. Unter Beachtung der vorstehenden Grundsätze hält die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Beklagte habe für die Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist keine dringenden betrieblichen Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 KSchG dargelegt, der revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Bei Ausspruch der Kündigung war die Prognose nicht gerechtfertigt, der Bedarf für eine Weiterbeschäftigung des Klägers sei zum 1. März 2010 auf Dauer entfallen. Das hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt. Einen revisionsrechtlich relevanten Fehler im Zusammenhang mit dieser Würdigung hat die Beklagte nicht aufgezeigt.

24

a) Aus dem Vortrag der Beklagten lässt sich - auch unter Berücksichtigung ihres Vorbringens in der Revisionsbegründung - nicht hinreichend konkret entnehmen, dass ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Kündigung des Klägers vorgelegen hat. Ihr Entschluss, die Stelle eines „Anfasers/Ofenbedieners/Einteilsägers“ zu streichen und dessen Tätigkeiten auf insgesamt sieben Mitarbeiter der Rohrzieherei zu verteilen, lag nahe an der Kündigungsentscheidung. Die Beklagte musste demnach die Möglichkeit, ihre Organisationsentscheidung tatsächlich umzusetzen, näher erläutern.

25

b) Die Beklagte hat nicht dargetan, dass zum Zeitpunkt der Kündigung die Prognose gerechtfertigt war, die bisher vom Kläger ausgeübten Tätigkeiten könnten von den verbliebenen Mitarbeitern ab dem 1. März 2010 im Rahmen ihrer normalen Verpflichtungen (mit-)übernommen werden. Sie hat zwar das vom Kläger und den fraglichen sieben Mitarbeitern zum Kündigungszeitpunkt zu erledigende Arbeitsvolumen dargestellt. Danach waren sie sämtlich nicht voll ausgelastet. Sie hat auch dargetan, dass durch die Neuorganisation und Umverteilung der Arbeit eine Übernahme der Tätigkeiten des Klägers durch die anderen Arbeitnehmer möglich erscheint. Soweit die Beklagte aber dafür auf den 1. Oktober 2009 abstellt, hat sie den Zeitpunkt verkannt, zu welchem die dringenden betrieblichen Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 KSchG vorliegen müssen. Eine entsprechende Prognose war nicht für den 30. September 2009, sondern für den beabsichtigten Beendigungszeitpunkt, den 28. Februar 2010, zu erstellen. Die Beklagte konnte für ihre Prognose nicht auf einen beliebigen Zeitpunkt zwischen Ausspruch der Kündigung und Ablauf der Kündigungsfrist abstellen. Maßgeblich ist vielmehr ausschließlich letzterer. Erst bei Ablauf der Kündigungsfrist, aber zugleich auch dann noch müssen dringende betriebliche Erfordernisse gegeben sein, die einer Weiterbeschäftigung des gekündigten Arbeitnehmers entgegenstehen. In den Fällen, in denen längere Kündigungsfristen zu beachten sind, kann der Prognosezeitpunkt nicht etwa vorgezogen werden. Bei der Kündigung länger beschäftigter Arbeitnehmer würden sonst unter Umständen geringere Anforderungen an eine Prognose und damit an den Kündigungsgrund gestellt als bei weniger lang beschäftigten Arbeitnehmern (vgl. BAG 12. April 2002 - 2 AZR 256/01 - zu II 2 c der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 120 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 118).

26

c) Das Landesarbeitsgericht hat ferner zu Recht darauf hingewiesen, dass die Beklagte zur Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit eines nur geringen - und damit auf andere Arbeitnehmer aufteilbaren - Arbeitsvolumens des Klägers nicht hinreichend vorgetragen hat. Sie hat sich auf den pauschalen Vortrag beschränkt, das Volumen habe sich zum 30. September 2009 dauerhaft reduziert, Anhaltspunkte für eine Besserung habe sie zum Zeitpunkt der Kündigung nicht gehabt, auch seien keine Überstunden geleistet worden. Damit hat sie ihrer Darlegungslast nicht genügt. Bestimmte Tatsachen, aus denen zu schließen wäre, dass der mögliche Rückgang der Arbeitsmenge im Kündigungszeitpunkt als dauerhaft anzusehen war, hat sie auf diese Weise nicht behauptet. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass es sich bei diesem Rückgang nur um einen kurzzeitigen, nicht nachhaltigen Trend gehandelt hat. Aus dem Rückgang der Produktion in den ersten Monaten des Jahres 2009 im Vergleich zum selben Zeitraum im Jahr 2008 lässt sich nicht hinreichend sicher folgern, diese Entwicklung werde sich auch im weiteren Verlauf des Jahres fortsetzen. Hierzu hätte es eines stärker substantiierten, detaillierten Vortrags bedurft, dem beispielsweise die üblichen Auftragseingangszahlen und Bearbeitungsabläufe aus den Vorjahren zu entnehmen gewesen wären. So kann sich die Situation bei kurzfristig erfolgenden Auftragsabrufen anders darstellen als bei langfristigen und planbaren Auftragserteilungen.

27

d) Zudem bleibt unklar, ob sich selbst bei Ausschöpfung der vereinbarten Optionen für Kurzarbeit das Arbeitsvolumen so verringert hat, dass ein dringendes Erfordernis für eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger bestand. Immerhin erlaubte es die Betriebsvereinbarung Nr. 163 der Beklagten, die wöchentlich geschuldete Arbeitszeit der Mitarbeiter auf 14 Stunden abzusenken. Im Streitfall geht es deshalb nicht darum, ob der Arbeitgeber rechtlich gezwungen sein kann, vor dem Ausspruch der Kündigung die Einführung von Kurzarbeit zu betreiben. Hier besaß die Beklagte vielmehr bei Ausspruch der Kündigung bereits die Möglichkeit, die Arbeitszeit der Mitarbeiter rechtswirksam bis auf 14 Wochenstunden zu reduzieren. Von ihr hatte sie wegen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes Gebrauch zu machen. Dass auch dann noch ein Arbeitskräfteüberhang bestanden hätte, hat sie nicht dargelegt. Auch hat sie nicht dargelegt, dass die fraglichen sieben Arbeitnehmer ausgehend von einem durch Kurzarbeit absenkbaren Arbeitszeitumfang überhaupt in der Lage gewesen wären, die verbliebenen Tätigkeiten des Klägers ohne Überschreitung dieses Zeitumfangs mitzuerledigen.

28

e) Schließlich ist offen, ob im umgekehrten Fall - bei Aufhebung der Kurzarbeit - die fraglichen sieben Mitarbeiter die Arbeiten des Klägers weiterhin ohne überobligationsmäßige Zusatzleistungen würden übernehmen können. Die Betriebsparteien gingen, wie die Betriebsvereinbarung Nr. 163 und ihre Ergänzungen zeigen, von einer vorübergehenden, 18-monatigen Reduzierung des Beschäftigungsbedarfs aus. Dies spricht dafür, dass sie erwarteten, das frühere oder zumindest ein deutlich höheres Arbeitsvolumen als in den ersten Monaten des Jahres 2009 würde in absehbarer Zeit wieder erreicht.

29

II. Da die Kündigung vom 7. Juli 2009 das Arbeitsverhältnis des Klägers wegen Fehlens dringender betrieblicher Erfordernisse iSv. § 1 Abs. 2 KSchG nicht rechtswirksam beendet hat, bedurfte es keiner Auseinandersetzung mit der Frage, ob die Sozialauswahl fehlerhaft iSv. § 1 Abs. 3 KSchG war.

30

III. Der Antrag auf Weiterbeschäftigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über das Feststellungsbegehren ist dem Senat nicht mehr angefallen. Der Kündigungsrechtsstreit ist rechtskräftig entschieden.

31

IV. Die Beklagte hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Berger    

        

    Eylert    

        

        

        

    A. Claes    

        

    Wolf    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 2. Dezember 2010 - 11 Sa 649/10 - im Kostenausspruch und insoweit aufgehoben, wie es die Beklagte zur Zahlung von 16.854,00 Euro brutto nebst Zinsen verurteilt hat.

2. Die Anschlussberufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 24. März 2010 - 1 Ca 2392/09 - wird als unzulässig verworfen.

3. Die weitergehende Revision der Beklagten wird zurückgewiesen.

4. Die Kosten der Berufungsinstanz haben der Kläger zu 1/6, die Beklagte zu 5/6 und die Kosten der Revision haben der Kläger zu 1/5, die Beklagte zu 4/5 zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen, auf betriebsbedingte Gründe gestützten Kündigung und damit in Zusammenhang stehende Ansprüche.

2

Die Beklagte ist ein Tochterunternehmen eines amerikanischen Konzerns. Sie hat in Deutschland drei Produktionsstätten. In ihrem Werk O beschäftigte sie regelmäßig etwa 85 Arbeitnehmer.

3

Der im August 1954 geborene Kläger ist promovierter Chemiker und seit April 1986 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Seit Dezember 2006 ist er als „Betriebsleiter GUR“ Leiter der Kunststoffgranulat-Produktion in O. Anfang Februar 2007 wurde ihm zusätzlich die Leitung des gesamten Standorts übertragen. Laut § 1 des im Juni/Juli 2004 geschlossenen Anstellungsvertrags sieht ihn die Beklagte als leitenden Angestellten iSv. § 5 Abs. 3 BetrVG an. Seine Vergütung richtete sich nach einem unternehmensweit angewandten „Vertragsstufensystem für leitende Angestellte“. Danach bezog er ein Bruttomonatsgehalt von etwa 9.860,00 Euro, das sich aus einem Fixum und Bonuszahlungen zusammensetzte.

4

Im August 2009 stellte die Beklagte den Kläger unter Berufung auf anstehende seinen Arbeitsplatz betreffende Veränderungen von seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei. Mit Schreiben vom 24. September 2009 kündigte sie das Arbeitsverhältnis der Parteien ordentlich zum 30. April 2010, „vorsorglich ... zum zulässigen Termin“. Der „vorsorglich“ zur Kündigung angehörte Betriebsrat des Werks O hatte der Kündigung mit der Begründung widersprochen, die Beschäftigungsmöglichkeiten für den Kläger seien nicht weggefallen.

5

Der Kläger hat gegen die Kündigung rechtzeitig die vorliegende Klage erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, ein dringendes betriebliches Erfordernis für eine Kündigung liege nicht vor. Sein Arbeitsplatz sei bei im Wesentlichen gleich gebliebenen Aufgaben lediglich neu besetzt worden. Eine Verlagerung bisher durch ihn erledigter Aufgaben auf andere in O beschäftigte Arbeitnehmer sei nicht ohne deren überobligatorische Inanspruchnahme möglich gewesen. Auch habe die Möglichkeit bestanden, ihn auf dem frei gewordenen Arbeitsplatz des „Forschungsleiters“ weiter zu beschäftigen.

6

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 24. September 2009 nicht aufgelöst worden ist;

        

2.    

für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiter zu beschäftigen;

        

3.    

für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, ihm ein wohlwollendes Zwischenzeugnis zu erteilen, das sich auf Führung und Leistung erstreckt;

        

4.    

für den Fall der Abweisung des Antrags zu 1. die Beklagte zu verurteilen, ihm ein „endgültiges“ wohlwollendes Zeugnis zu erteilen, das sich auf Führung und Leistung erstreckt.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat behauptet, im September 2009 sei auf Konzernebene die - anschließend durch ihren Geschäftsführer umgesetzte - unternehmerische Entscheidung getroffen worden, Produktionsstandorte zusammenzulegen sowie Funktionen und Zuständigkeiten zu bündeln. In diesem Zusammenhang sei die globale Verantwortlichkeit für die Prozessentwicklung und das Qualitätsmanagement in O angesiedelt worden. An diese Funktion habe sie die Hälfte der bisher vom Kläger wahrgenommenen Leitungsaufgaben „angekoppelt“; die Stelle habe sie mit Frau K besetzt, die zuvor Geschäftsführerin eines anderen Konzernunternehmens gewesen sei. Die andere Hälfte der Tätigkeiten habe sie auf insgesamt sieben, dem Kläger bisher nachgeordnete Arbeitnehmer verteilt, die auch in der Lage seien, das zusätzliche Pensum zu bewältigen. Der Kläger sei fachlich nicht in der Lage, die neu zugeschnittene Leitungsstelle auszufüllen. Er verfüge, anders als Frau K, die neben ihrem Chemie- ein Ingenieurstudium absolviert habe, nicht über die erforderlichen Kenntnisse und die notwendige Berufserfahrung auf dem Gebiet der Prozessentwicklung und des Qualitätsmanagements. Außerdem sei die Stelle mit einem Aufgaben- und Kompetenzzuwachs verbunden, der sich in veränderten Berichtspflichten unmittelbar gegenüber dem Management der Beklagten und der Zuordnung des Arbeitsplatzes zu einem höheren „Gehaltslevel“ ausdrücke. Zur Weiterbeschäftigung des Klägers auf einer solchen „Beförderungsstelle“ sei sie nicht verpflichtet.

8

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt. Der Kläger hat in der Berufungsinstanz zusätzlich beantragt, an ihn 16.854,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten aus jeweils 8.427,00 Euro brutto seit dem 1. November 2010 und seit dem 1. Dezember 2010 zu zahlen. Er hat die Auffassung vertreten, das damit geforderte Gehalt für die Monate Oktober und November 2010 stehe ihm unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs zu. Die Beklagte hat gerügt, die Klageerweiterung sei unzulässig. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und diese zur Gehaltszahlung in beantragter Höhe verurteilt. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter, die Klage - ausgenommen den Anspruch auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses - abzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision ist begründet, soweit die Beklagte ihre Verurteilung zur Zahlung von Vergütung für die Monate Oktober und November 2010 angreift (I.). Im Übrigen bleibt die Revision ohne Erfolg. Die Kündigung vom 24. September 2009 ist unwirksam und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst (II.). Die (Hilfs-)Anträge auf vorläufige Weiterbeschäftigung und auf Erteilung eines Endzeugnisses sind dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen (III.).

10

I. Mit Erfolg wendet sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung zur Gehaltszahlung, die der Kläger erstmals in der Berufungsinstanz geltend gemacht hat. Die Revision ist insoweit aus prozessualen Gründen erfolgreich. Bei der Klageerweiterung handelt es sich um eine nach § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO iVm. § 64 Abs. 6 Satz 1, § 66 Abs. 1 Satz 3 ArbGG verspätete und deshalb unzulässige Anschlussberufung. Das hat das Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen (BGH 24. Oktober 2007 - IV ZR 12/07 - Rn. 7, MDR 2008, 159).

11

1. Dem Kläger stand für eine Erweiterung der Klage im Berufungsrechtszug nur der Weg der Anschlussberufung zur Verfügung. Als solche ist sein Zahlungsbegehren deshalb zu behandeln; einer ausdrücklichen Bezeichnung als Anschlussberufung bedarf es dazu nicht (BAG 28. Juni 2011 - 3 AZR 282/09 - Rn. 20, EzA BetrAVG § 16 Nr. 59; 30. Mai 2006 - 1 AZR 111/05 - Rn. 42, BAGE 118, 211). Es genügt, dass schriftsätzlich klar und deutlich der Wille zum Ausdruck gebracht wird, eine Änderung des vorinstanzlichen Urteils auch als Rechtsmittelbeklagter zu erreichen. Dazu reicht es, dass der Rechtsmittelbeklagte die Klage - wie im Streitfall mit Schriftsatz vom 19. November 2010 geschehen - erweitert. Einer Beschwer bedarf es für die Anschlussberufung grundsätzlich nicht (vgl. BAG 10. Februar 2009 - 3 AZR 728/07 - Rn. 11, AE 2009, 331).

12

2. Nach § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO iVm. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG ist eine Anschlussberufung zulässig bis zum Ablauf der dem Berufungsbeklagten gesetzten Frist zur Berufungserwiderung. Im arbeitsgerichtlichen Verfahren wird zwar - anders als nach § 521 Abs. 2 Satz 1 ZPO - dem Berufungsbeklagten vom Gericht keine Frist zur Berufungserwiderung „gesetzt“; vielmehr gilt für die Berufungsbeantwortung die durch § 66 Abs. 1 Satz 3 ArbGG bestimmte gesetzliche Frist von einem Monat. Gleichwohl ist § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG im Berufungsverfahren vor den Landesarbeitsgerichten entsprechend anwendbar. Eine Anschlussberufung, die nicht innerhalb eines Monats nach Zustellung der Berufungsbegründung - bei Verlängerung der Berufungsbeantwortungsfrist nach § 66 Abs. 1 Satz 5 ArbGG innerhalb der dann geltenden Frist(vgl. GK-ArbGG/Vossen Stand April 2012 § 64 Rn. 105; GMP/Germelmann ArbGG 7. Aufl. § 64 Rn. 106) - eingeht, ist entsprechend § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen(BAG 30. Mai 2006 - 1 AZR 111/05 - Rn. 45, BAGE 118, 211).

13

3. Danach war die Anschlussberufung des Klägers verspätet.

14

a) Der betreffende Schriftsatz ist am 22. November 2010 beim Landesarbeitsgericht eingegangen. Zu diesem Zeitpunkt war seit der am 26. Juli 2010 bewirkten Zustellung der Berufungsbegründung weit mehr als ein Monat vergangen. Die Frist zur Berufungsbeantwortung war nicht verlängert worden. Ein Fall des § 524 Abs. 2 Satz 3 ZPO liegt nicht vor.

15

b) Die Frist zur Berufungsbeantwortung ist ordnungsgemäß in Lauf gesetzt worden. Insbesondere ist der nach § 66 Abs. 1 Satz 4 ArbGG gebotene Hinweis erfolgt. Dies konnte der Senat selbst im Wege des Freibeweises klären (vgl. BAG 18. Januar 2012 - 7 AZR 211/09 - Rn. 17, NZA 2012, 691).

16

aa) Die Verwerfung der Anschlussberufung wegen Fristversäumnis setzt voraus, dass der Berufungsgegner mit der Zustellung der Berufungsbegründung gemäß § 66 Abs. 1 Satz 4 ArbGG auf die gesetzliche Verpflichtung hingewiesen wurde, die Berufung binnen eines Monats nach Zustellung der Berufungsbegründung zu beantworten. Fehlt es an einem solchen Hinweis, wird weder die Frist zur Berufungsbeantwortung noch die zur Einlegung der Anschlussberufung in Lauf gesetzt (BA G 30. Mai 2006 - 1 AZR 111/05 - Rn. 45, BAGE 118, 211).

17

bb) Der Klägervertreter hat mit Empfangsbekenntnis vom 26. Juli 2010 den Erhalt der Berufungsbegründung bestätigt. Laut Empfangsbekenntnis ist ihm neben der Berufungsbegründung ein „Hinweis gemäß § 66 Abs. 1 Satz 3 ArbGG“ zugestellt worden. Dies bezieht sich auf ein zugleich übermitteltes, vom Kläger in Kopie zur Senatsakte gereichtes gerichtliches Begleitschreiben vom 16. Juli 2010, das - auszugsweise - wie folgt lautet:

        

„Gemäß § 66 Abs. 1 Satz 3 Arbeitsgerichtsgesetzmuss die Berufung innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung anliegender Berufungsbegründung b e a n t w o r t e t werden.

                 
        

Werden Angriffs- oder Verteidigungsmittel in der Berufungsbeantwortung nicht rechtzeitig vorgebracht, so lässt sie das Gericht nur zu, wenn nach seiner freien Überzeugung ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder die Verspätung genügend entschuldigt wird.“

18

cc) Dieser Hinweis war mit Blick auf die Anschlussberufung ausreichend. Insoweit geht es vor allem um die Klarstellung, zu welchem Zeitpunkt die Frist des § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO iVm. § 66 Abs. 1 Satz 3 ArbGG in Gang gesetzt worden ist. Über die Möglichkeit der Anschließung als solche braucht hingegen nicht belehrt zu werden. Ob das gerichtliche Schreiben eine hinreichende Belehrung über die Präklusionsvorschrift des § 67 ArbGG und mögliche Folgen aus einer Versäumung der Beantwortungsfrist enthält, kann offenbleiben. Auf die Präklusionsregelung kommt es für die Frage, ob die Anschlussberufung frist- und formgerecht erhoben worden ist, nicht an. Überdies handelt es sich bei der Klageerweiterung als solche nicht um ein Angriffs- oder Verteidigungsmittel iSv. § 67 ArbGG, sondern um den Angriff selbst(BAG 11. April 2006 - 9 AZN 892/05 - Rn. 12, BAGE 117, 370).

19

dd) Den Akten ist nicht zu entnehmen, ob das gerichtliche Schreiben vom 16. Juli 2010 oder auch nur die Verfügung, mit der die Zustellung der Berufungsbegründung „mit Belehrung über die Frist gem. § 66 I 3 ArbGG“ veranlasst worden ist, vom Vorsitzenden der Kammer unterzeichnet war. Das ist unschädlich. Der Hinweis hat von Gesetzes wegen „mit der Zustellung der Berufungsbegründung“ zu erfolgen (§ 66 Abs. 1 Satz 4 ArbGG). Ein Tätigwerden des Gerichts bzw. seines Vorsitzenden in jedem Einzelfall ist damit nicht verlangt. Es reicht, dass der Hinweis auf allgemeine Anordnung hin durch die Geschäftsstelle erfolgt. Dieser obliegt ohnehin die Ausführung der Zustellung (§ 168 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Zudem besteht hinsichtlich der Erteilung des Hinweises kein Ermessensspielraum; die Regelung des § 66 Abs. 1 Satz 4 ArbGG ist zwingend. Die Anschlussberufung war damit als unzulässig zu verwerfen.

20

II. Die Revision ist unbegründet, soweit sie sich gegen die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über den Feststellungsantrag richtet. Diesem hat das Landesarbeitsgericht zu Recht stattgegeben. Die Kündigungsschutzklage ist begründet. Die ordentliche Kündigung vom 24. September 2009 ist sozial ungerechtfertigt. Sie ist nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG bedingt.

21

1. Dringende betriebliche Erfordernisse für eine Kündigung iSv. § 1 Abs. 2 KSchG können sich aus innerbetrieblichen oder außerbetrieblichen Gründen ergeben. Innerbetriebliche Gründe liegen vor, wenn sich der Arbeitgeber zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt, bei deren Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt. Eine solche unternehmerische Entscheidung ist gerichtlich nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10 - Rn. 17, NZA 2012, 852; 16. Dezember 2010 - 2 AZR 770/09 - Rn. 13, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 186 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 165). Nachzuprüfen ist aber, ob die fragliche Entscheidung tatsächlich umgesetzt wurde und dadurch das Beschäftigungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer entfallen ist (BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10 - aaO; 16. Dezember 2010 - 2 AZR 770/09 - aaO).

22

2. Allerdings kann in Fällen, in denen die Organisationsentscheidung des Arbeitgebers und sein Kündigungsentschluss praktisch deckungsgleich sind, die ansonsten berechtigte Vermutung, die fragliche Entscheidung sei aus sachlichen Gründen erfolgt, nicht unbesehen greifen. Da die Kündigung nach dem Gesetz an das Vorliegen von Gründen gebunden ist, die außerhalb ihrer selbst liegen, muss der Arbeitgeber in solchen Fällen seine Entscheidung hinsichtlich ihrer organisatorischen Durchführbarkeit und zeitlichen Nachhaltigkeit verdeutlichen (BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 770/09 - Rn. 14, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 186 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 165; 17. Juni 1999 - 2 AZR 522/98 - zu II 1 c der Gründe, BAGE 92, 61). Daran fehlt es, wenn die Kündigung zu einer rechtswidrigen Überforderung oder Benachteiligung des im Betrieb verbliebenen Personals führte (vgl. Rost Jahrbuch des Arbeitsrechts Bd. 39 S. 83) oder die zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung lediglich Vorwand dafür wäre, bestimmte Arbeitnehmer aus dem Betrieb zu drängen, obwohl Beschäftigungsbedarf und Beschäftigungsmöglichkeiten objektiv fortbestehen und etwa nur der Inhalt des Arbeitsvertrags als zu belastend angesehen wird (BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10 - Rn. 18, NZA 2012, 852; 22. Mai 2003 - 2 AZR 326/02 - zu B I 3 d (1) der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 128 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 126).

23

Läuft die unternehmerische Entscheidung auf den Abbau einer Hierarchieebene oder die Streichung eines einzelnen Arbeitsplatzes hinaus verbunden mit einer Umverteilung der dem betroffenen Arbeitnehmer bisher zugewiesenen Aufgaben, muss der Arbeitgeber konkret erläutern, in welchem Umfang und aufgrund welcher Maßnahmen die bisher vom gekündigten Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten für diesen zukünftig entfallen. Nur so kann geprüft werden, ob die Entscheidung den dargestellten Voraussetzungen genügt. Der Arbeitgeber muss die Auswirkungen seiner unternehmerischen Vorgaben und Planungen auf das erwartete Arbeitsvolumen anhand einer schlüssigen Prognose im Einzelnen darstellen und angeben, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige Leistungen, dh. im Rahmen ihrer vertraglich geschuldeten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit erledigt werden können (BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10 - Rn. 18, NZA 2012, 852; 13. Februar 2008 - 2 AZR 1041/06 - Rn. 16, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 174 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 158).

24

3. Zu den nur auf Willkür zu überprüfenden Organisationsentscheidungen des Arbeitgebers zählt die Festlegung des Anforderungsprofils einer Stelle. Das Bestreben des Arbeitgebers, bestimmte Tätigkeiten nur von Arbeitnehmern mit bestimmten Qualifikationen ausführen zu lassen, ist grundsätzlich hinzunehmen (BAG 18. März 2010 - 2 AZR 337/08 - Rn. 19, AP BGB § 626 Nr. 228 = EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 17). Schafft der Arbeitgeber neu zugeschnittene Arbeitsplätze, ist dies jedenfalls dann zu respektieren, wenn die Qualifikationsmerkmale einen nachvollziehbaren Bezug zur Organisation der auszuführenden Arbeiten haben (BAG 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 25, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 181 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 163; 7. Juli 2005 - 2 AZR 399/04 - Rn. 32 mwN, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 138 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 138).

25

a) Erhöhte Anforderungen an die Darlegungslast sind dabei mit Blick auf § 1 Abs. 2 KSchG dann zu stellen, wenn der Arbeitgeber das Anforderungsprofil für Arbeitsplätze ändert, die bereits mit langjährig beschäftigten Arbeitnehmern besetzt sind. Der Arbeitgeber kann nicht unter Berufung auf eine gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbare Unternehmerentscheidung den Kündigungsschutz des betreffenden Arbeitnehmers dadurch umgehen, dass er in sachlich nicht gebotener Weise die Anforderungen an die Kenntnisse des Arbeitsplatzinhabers verschärft (BAG 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 26, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 181 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 163; 7. Juli 2005 - 2 AZR 399/04 - Rn. 33, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 138 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 138).

26

b) Der Arbeitgeber muss deshalb, will er dem Vorwurf des Missbrauchs entgehen, dartun, dass es sich bei der zusätzlich geforderten Qualifikation für die Ausführung der Tätigkeit nicht nur um eine „wünschenswerte Voraussetzung”, sondern um ein sachlich gebotenes, arbeitsplatzbezogenes Kriterium für das Stellenprofil handelt (BAG 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 26, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 181 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 163; 24. Juni 2004 - 2 AZR 326/03 - zu B II 2 a der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Nr. 76 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 132). Die Änderung des Anforderungsprofils muss im Zusammenhang mit einer organisatorischen Maßnahme des Arbeitgebers stehen, die nach ihrer Durchführung angesichts eines veränderten Beschäftigungsbedarfs - etwa aufgrund von Änderungen des Arbeitsvolumens oder des Inhalts der Tätigkeit - auch die Anforderungen an den Arbeitsplatzinhaber erfasst (BAG 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 31, aaO). Gestaltet der Arbeitgeber lediglich Arbeitsabläufe um, ohne dass sich die Tätigkeit inhaltlich ändert, und ist der bisherige Stelleninhaber aufgrund seiner Fähigkeiten und Ausbildung in der Lage, die künftig anfallenden Arbeiten zu verrichten, so ist eine auf betriebliche Gründe gestützte Kündigung selbst dann nicht sozial gerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber die Änderungen zum Anlass nimmt, die Stelle in eine „Beförderungsstelle“ umzuwandeln (ähnlich BAG 10. November 1994 - 2 AZR 242/94 - zu B I 2 der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 65 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 77). Das gleiche gilt, wenn der Arbeitgeber die auf dem Arbeitsplatz bislang zu verrichtende Tätigkeit um zusätzliche Aufgaben erweitert, der dadurch veränderte Arbeitsplatz aber nach Bedeutung und Verantwortung nicht um so viel anspruchsvoller ist, dass insgesamt ein anderer Arbeitsbereich entstanden wäre (BAG 30. August 1995 - 1 ABR 11/95 - zu A II 3 b bb der Gründe, AP BetrVG 1972 § 99 Versetzung Nr. 5 = EzA BetrVG 1972 § 99 Nr. 130).

27

4. Daran gemessen hat das Landesarbeitsgericht an die Darlegungslast der Beklagten zu Recht erhöhte Anforderungen gestellt. Dabei macht es keinen Unterschied, ob sich die behauptete Umstrukturierung als Umgestaltung des bisherigen Arbeitsplatzes des Klägers oder als Abbau dieser Stelle bei gleichzeitiger Einrichtung eines neuen, als Beförderungsstelle zu qualifizierenden Arbeitsplatzes darstellt. In beiden Fällen liegt die Organisationsentscheidung nahe am Kündigungsentschluss. Hinzu kommt, dass nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten die bisherigen Aufgaben des Klägers weiterhin anfallen. Die Beklagte musste deshalb zum einen aufzeigen, dass durch die behauptete Bündelung von Funktionen und Zuständigkeiten auf der Leitungsebene tatsächlich ein anderer Arbeitsbereich entstanden ist. Zum anderen war sie gehalten, ihren Entschluss zur Umverteilung der anfallenden Tätigkeiten hinsichtlich seiner Durchführbarkeit und Nachhaltigkeit durch konkreten Tatsachenvortrag zu verdeutlichen.

28

5. Dem wird das Vorbringen der Beklagten nicht gerecht. Sie hat nicht nachvollziehbar dargelegt, dass zum Zeitpunkt der Kündigung die Prognose gerechtfertigt war, die Hälfte der bisherigen Arbeitsaufgaben des Klägers könnten von dem ihm bislang nachgeordneten Personal im Rahmen regulärer zeitlicher Verpflichtungen erledigt werden. Bereits dies führt zur Unwirksamkeit der Kündigung.

29

a) Die Beklagte hat durchaus im Einzelnen vorgetragen, welche konkreten Aufgaben aus den Bereichen „Betriebsleitung GUR“ und „Standortleitung“ in welchem zeitlichen Umfang künftig durch Frau K und weitere sieben namentlich benannte Arbeitnehmer übernommen werden sollten. Sie hat es aber versäumt schlüssig darzutun, dass die fraglichen sieben Personen über hinreichend freie Arbeitszeitkapazität verfügten, um das zusätzliche Pensum von täglich bis zu einer Stunde ohne überobligationsmäßige Leistungen zu bewältigen. Sie hat dies lediglich pauschal behauptet ohne aufzuzeigen, worauf sich ihre Einschätzung stützt. Spätestens nachdem der Kläger die mangelnde Schlüssigkeit ihres Vorbringens beanstandet und sich beispielhaft unter Angabe von Beginn und Ende täglicher Arbeitszeiten darauf berufen hatte, zwei der betroffenen Mitarbeiter seien bereits in der Zeit vor seiner Freistellung voll ausgelastet gewesen, hätte die Beklagte ihren Vortrag im Rahmen der abgestuften Darlegungslast substantiieren müssen. Das ist nicht geschehen. Sie hat nur ihren nicht weiter einlassungsfähigen Vortrag wiederholt, einer der Genannten sei „genau wie alle anderen Mitarbeiter in der Lage, die ihm übertragenen Aufgaben ohne überobligatorische Verpflichtung zu übernehmen“, die Arbeitszeit eines anderen werde vom Kläger unzutreffend dargestellt. Stattdessen hätte sie, um ihrer Vortragslast zu genügen, die zutreffenden Arbeitszeiten der fraglichen Mitarbeiter nebst der Möglichkeit, „freie“ Kapazitäten für die Übertragung weiterer Arbeiten zu nutzen, darstellen müssen.

30

b) Eine Konkretisierung ihres Vorbringens war auch dann nicht entbehrlich, wenn es sich - wie die Beklagte geltend macht - bei den fraglichen Arbeitnehmern um „leitende Angestellte“ oder zumindest außertariflich vergütete Arbeitnehmer handeln sollte. Aus beidem folgt nicht, dass mit diesen keine vertraglichen Vereinbarungen hinsichtlich des Umfangs der zu leistenden Arbeitszeit bestanden. Im Übrigen unterliegen auch sog. AT-Mitarbeiter den Grenzen des Arbeitszeitgesetzes und nimmt nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 ArbZG nur leitende Angestellte iSv. § 5 Abs. 3 BetrVG aus seinem Anwendungsbereich aus(vgl. BAG 6. Mai 2003 - 1 ABR 13/02 - zu B II 2 b aa der Gründe, BAGE 106, 111). Inwieweit diese Voraussetzungen bei einzelnen Arbeitnehmern erfüllt sind, ist dem Vorbringen der Beklagten nicht zu entnehmen.

31

c) In welcher Weise ein Arbeitgeber darlegt, dass die Umverteilung von Arbeitsaufgaben nicht zu einer überobligatorischen Beanspruchung im Betrieb verbliebener Arbeitnehmer führt, bleibt ihm überlassen. Handelt es sich um nicht taktgebundene Arbeiten, muss nicht in jedem Fall und minutiös dargelegt werden, welche einzelnen Tätigkeiten die fraglichen Mitarbeiter künftig mit welchen Zeitanteilen täglich zu verrichten haben. Es kann ausreichend sein, wenn der Arbeitgeber die getroffenen Vereinbarungen zu Umfang und Verteilung der Arbeitszeit darstellt und Anhaltspunkte dafür darlegt, dass Freiräume für die Übernahme zusätzlicher Aufgaben vorhanden sind. Im Streitfall hat die Beklagte auch dies unterlassen. Soweit das Landesarbeitsgericht noch strengere Anforderungen an ihr Vorbringen gestellt hat, wirkt sich dies im Ergebnis nicht aus.

32

d) Die Rüge der Beklagten, das Landesarbeitsgericht habe sie auf die Mängel in ihrem Vortrag hinweisen müssen, ist unberechtigt.

33

aa) Ein Verstoß gegen die richterliche Hinweispflicht (§ 139 ZPO) liegt schon deshalb nicht vor, weil die Beklagte darauf durch die erstinstanzliche Entscheidung und die Ausführungen der Gegenseite aufmerksam gemacht wurde (vgl. BGH 23. April 2009 - IX ZR 95/06 - Rn. 6 mwN, NJW-RR 2010, 70). Das Arbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage mit der Begründung stattgegeben, die Beklagte sei ihrer Darlegungslast nicht nachgekommen. Sie habe es ua. versäumt deutlich zu machen, in welchem Umfang die anderen Mitarbeiter, auf die nunmehr neue Aufgaben zukämen, bisher ausgelastet gewesen seien und warum sie in der Lage sein sollten, die neuen Arbeitsaufgaben ohne überobligatorischen Aufwand zu bewältigen. Dies hat der Kläger aufgegriffen und geltend gemacht, das Vorbringen der Beklagten in ihrer Berufungsbegründung sei „immer noch“ unsubstantiiert. Überdies stützen sich die Entscheidungen der Vorinstanzen insoweit auf die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Die Beklagte war daher auch ohne richterlichen Hinweis gehalten, deutlich konkreter vorzutragen.

34

bb) Ob der im Rahmen der Revision nachgeholte Vortrag den Anforderungen an eine substantiierte Darlegung entspricht, kann dahinstehen. Allerdings handelt es sich bei der Vereinbarung einer „Vertrauensarbeitszeit“, auf die die Beklagte hinsichtlich einzelner Arbeitnehmer verweist, typischerweise um ein Arbeitszeitmodell, bei dem der Arbeitgeber lediglich auf die Festlegung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit verzichtet und darauf vertraut, dass die Arbeitnehmer ihre Arbeitsverpflichtung auch ohne Kontrolle erfüllen (vgl. BAG 6. Mai 2003 - 1 ABR 13/02 - Rn. 65, BAGE 106, 111; Schaub/Vogelsang ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 160 Rn. 33). Aus der Vereinbarung einer „Vertrauensarbeitszeit“ folgt dagegen nicht, dass es an arbeits- oder tarifvertraglichen Vorgaben zur wöchentlichen Arbeitszeit fehlt und die Beklagte über die tatsächlich erbrachte Arbeitszeit hinaus Arbeitsleistungen im Umfang von bis zu einer Stunde täglich verlangen konnte.

35

e) Dringende betriebliche Erfordernisse, die die Kündigung bedingen, hat die Beklagte damit nicht dargelegt. Unerheblich ist, dass das in Rede stehende zu verteilende Arbeitsvolumen - ausgehend vom Vorbringen der Beklagten - lediglich 50 Prozent der bislang dem Kläger zugewiesenen Arbeitsaufgaben umfasst. Auch wenn die Übertragung der anderen 50 Prozent auf Frau K kündigungsrechtlich nicht zu beanstanden sein sollte, hätte die Beklagte dem Kläger zumindest eine Weiterbeschäftigung im entsprechend reduzierten Umfang anbieten müssen. Dafür, dass ein solches Angebot wegen „Unannehmbarkeit“ hätte unterbleiben können (vgl. dazu BAG 23. Februar 2010 - 2 AZR 656/08 - Rn. 57, BAGE 133, 226; 21. September 2006 - 2 AZR 607/05 - Rn. 34, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 130 = EzA KSchG § 2 Nr. 62), fehlt es an Anhaltspunkten. Im Übrigen kann der Vortrag der Beklagten so verstanden werden, dass ihre gesamte Organisationsentscheidung mit der Möglichkeit der Umverteilung von Aufgaben auf nachgeordnete Mitarbeiter „steht und fällt“.

36

III. Der Antrag auf Weiterbeschäftigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag ist dem Senat nicht angefallen. Der Kündigungsrechtsstreit ist rechtskräftig entschieden. Der Antrag auf Erteilung eines Endzeugnisses ist nur für den Fall des Unterliegens mit dem Feststellungsantrag gestellt. Diese Bedingung ist nicht eingetreten.

37

IV. Die Kosten der Berufungsinstanz und der Revision waren im Verhältnis von jeweiligem Obsiegen und Unterliegen der Parteien zu teilen (§ 97 Abs. 1 iVm. § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

        

    Kreft    

        

    Koch    

        

    Berger    

        

        

        

    Gans    

        

    F. Löllgen    

                 

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 26. April 2012 - 5 Sa 1632/11 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 15. September 2011 - 5 Ca 916/11 - abgeändert:

 Es wird festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen gemäß der Kündigung der Beklagten vom 29. März 2011 sozial ungerechtfertigt ist.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Änderungskündigung.

2

Die Beklagte betreibt eine Spielbank. Sie beschäftigt regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer.

3

Der 1962 geborene Kläger ist bei der Beklagten seit August 1987 als Croupier gegen ein Bruttomonatsentgelt von zuletzt 4.000,00 Euro beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fanden die bei der Beklagten geltenden Haustarifverträge Anwendung, darunter der Tronc- und Gehaltstarifvertrag für die Arbeitnehmer der Gruppe A (TG-TV) in seiner ab dem 1. Januar 2000 geltenden Fassung.

4

Mit Schreiben vom 2. Juli 2003 beförderte die Beklagte den Kläger mit Wirkung zum 1. Juli 2003 in Croupierstufe I TG-TV. Am 26. August 2003 legte der Kläger der Beklagten eine „fachorthopädische Bescheinigung“ vom 21. August 2003 vor, nach der er „Vorbeuge- und Rotationspositionen für die Gesamtwirbelsäule“ während seiner vornehmlich sitzenden Tätigkeit, insbesondere am Pokertisch, zu vermeiden habe. Die Beklagte setzte den Kläger seither nicht mehr am Pokertisch ein.

5

Im September 2003 beantragte die Beklagte beim Betriebsrat die Zustimmung zur Versetzung des Klägers in den Tätigkeitsbereich der Croupierstufe III und zu seiner entsprechenden Umgruppierung. Nachdem der Betriebsrat die Zustimmung verweigert hatte, beantragte die Beklagte deren gerichtliche Ersetzung. Durch - rechtskräftigen - Beschluss vom 26. April 2005 wies das Landesarbeitsgericht die Anträge ab. Es hat angenommen, der Betriebsrat habe seine Zustimmung zu den beabsichtigten Maßnahmen zu Recht verweigert. Die beabsichtigte Versetzung stelle eine unberechtigte Benachteiligung des Klägers dar. Sie sei durch seine beschränkte Einsetzbarkeit nicht gerechtfertigt. Für die Tätigkeit und Eingruppierung als Croupier in der Croupierstufe I komme es auf einen Einsatz oder die Einsetzbarkeit am Pokertisch nicht an. Dafür sei nach den tariflichen Bestimmungen vielmehr ausreichend, dass der Croupier erfolgreich an einer Grundausbildung teilgenommen habe.

6

Mit Schreiben vom 19. Dezember 2003 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 30. Juni 2004. Zugleich bot sie dem Kläger an, ihn ab dem 1. Juli 2004 als Croupier III - ohne Einsatz am Pokertisch - weiter zu beschäftigen. Der Kläger nahm das Änderungsangebot unter dem Vorbehalt der gerichtlichen Überprüfung an. Seine Änderungsschutzklage hatte Erfolg. Mit Urteil vom 28. August 2008 hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen gemäß der Änderungskündigung vom 19. Dezember 2003 sozial ungerechtfertigt war.

7

Mit Schreiben vom 30. September 2010 fragte die Beklagte beim Kläger an, ob sich sein Gesundheitszustand mittlerweile verändert habe. Im Oktober 2010 teilte der Kläger mit, die fachorthopädische Bescheinigung sei zeitlich nicht begrenzt. Sobald sich sein Gesundheitszustand verbessere, werde er sich melden.

8

Mit Schreiben vom 29. März 2011 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31. Oktober 2011, erneut verbunden mit dem Angebot, den Kläger ab dem 1. November 2011 zu veränderten Arbeitsbedingungen als Croupier der Croupierstufe III weiter zu beschäftigen. Der Kläger nahm das Angebot unter dem Vorbehalt der gerichtlichen Überprüfung an und hat rechtzeitig die vorliegende Änderungsschutzklage erhoben. Er hat gemeint, bei der Kündigung handele es sich um eine unzulässige Wiederholungskündigung. Die Ausgangsbedingungen seien unverändert. Seine Gesundheit habe sich weder verbessert noch verschlechtert.

9

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass die von der Beklagten mit Schreiben vom 29. März 2011 gewünschten Änderungen der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt und damit unwirksam sind.

10

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, die tatsächliche Einsetzbarkeit auch am Pokertisch sei für einen Croupier zur Eingruppierung in die Tarifstufe I notwendig. Der Kläger könne die Tätigkeiten am Pokertisch dauerhaft nicht mehr ausüben. Es sei ihr nicht zuzumuten, ihn weiterhin in nicht gerechtfertigter Höhe zu vergüten und damit das Vergütungsgefüge zu verzerren.

11

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision ist begründet. Die Änderung der Arbeitsbedingungen gemäß der Kündigung der Beklagten vom 29. März 2011 ist sozial ungerechtfertigt iSv. § 1 Abs. 2 KSchG. Dies folgt bereits daraus, dass es sich bei der Kündigung um eine unzulässige Wiederholungskündigung handelt.

13

I. Eine Kündigung kann nicht erfolgreich auf Gründe gestützt werden, die der Arbeitgeber schon zur Begründung einer vorhergehenden Kündigung vorgebracht hat und die in dem über diese geführten Prozess mit dem Ergebnis materiell geprüft worden sind, dass sie eine solche Kündigung nicht tragen. Mit einer Wiederholung der früheren Kündigung ist der Arbeitgeber in diesem Fall ausgeschlossen. Eine Präklusionswirkung entfaltet die Entscheidung über die frühere Kündigung allerdings nur bei identischem Kündigungssachverhalt. Hat sich dieser wesentlich geändert, darf der Arbeitgeber ein weiteres Mal kündigen (BAG 11. Juli 2013 - 2 AZR 994/12 - Rn. 37; 20. Dezember 2012 - 2 AZR 867/11 - Rn. 26). Das gilt auch bei einem sog. Dauertatbestand (BAG 20. Dezember 2012 - 2 AZR 867/11 - Rn. 26; 6. September 2012 - 2 AZR 372/11 - Rn. 13). Ein anderer Kündigungssachverhalt liegt auch in diesem Fall nur vor, wenn sich die tatsächlichen Umstände, aus denen der Arbeitgeber den Kündigungsgrund ableitet, wesentlich verändert haben (BAG 6. September 2012 - 2 AZR 372/11 - Rn. 13). Die Präklusionswirkung tritt ferner dann nicht ein, wenn die frühere Kündigung bereits aus formellen Gründen, also etwa wegen der nicht ordnungsgemäßen Beteiligung der Mitarbeitervertretung für unwirksam erklärt worden ist (BAG 20. Dezember 2012 - 2 AZR 867/11 - Rn. 26; 25. März 2004 - 2 AZR 399/03 - zu C I der Gründe).

14

II. In Anwendung dieser Grundsätze stellt die Änderungskündigung vom 29. März 2011 eine unzulässige Wiederholungskündigung dar. Die Beklagte stützt sie auf dieselben Gründe, die sie schon zur Begründung der Kündigung vom 19. Dezember 2003 vorgebracht hat. In dem über diese geführten Prozess sind die Gründe mit dem Ergebnis materiell geprüft worden, dass sie die Kündigung nicht tragen.

15

1. Nach der Entscheidung des Senats vom 28. August 2008 im Vorverfahren (- 2 AZR 967/06 - BAGE 127, 342) steht rechtskräftig fest, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen gemäß der Kündigung der Beklagten vom 19. Dezember 2003 iSv. § 1 Abs. 2 KSchG sozial ungerechtfertigt war. Der Senat hat angenommen, die mit dem Ziel einer Versetzung und Umgruppierung des Klägers erklärte Änderungskündigung sei unverhältnismäßig. Auch wenn dieser nicht am Pokertisch eingesetzt werden könne, sei für seine Vergütung weiterhin die Croupierstufe I maßgeblich. Dies folge aus der rechtskräftigen Entscheidung des Landesarbeitsgerichts in dem Verfahren auf Ersetzung der Zustimmung zur beabsichtigten Umgruppierung. Die Beklagte sei an dessen Ergebnis gebunden. Es sei ihr gegenüber dem Kläger verwehrt, sich zur Rechtfertigung einer Änderungskündigung auf die Maßgeblichkeit der Croupierstufe III zu berufen.

16

2. Verglichen mit den der Änderungskündigung vom 19. Dezember 2003 zugrunde liegenden Umständen ist der Kündigungssachverhalt unverändert. Dies gilt sowohl für die beschränkte Einsetzbarkeit des Klägers als auch für die Bindung der Beklagten an das Ergebnis des Zustimmungsersetzungsverfahrens.

17

a) Die Beklagte stützt die Änderungskündigung vom 29. März 2011 erneut auf die - unverändert gebliebenen - gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers, die einen Einsatz am Pokertisch nicht erlaubten und eine Beschäftigung und Vergütung lediglich als Croupier III rechtfertigten. Es ist jedoch weder dargelegt noch objektiv ersichtlich, dass sich die für die zutreffende Eingruppierung des Klägers maßgeblichen Umstände durch den bloßen Fortbestand seiner gesundheitlichen Einschränkungen geändert hätten.

18

b) Die aus der rechtskräftigen Entscheidung des Landesarbeitsgerichts in dem Zustimmungsersetzungsverfahren folgende Bindungswirkung besteht fort. Die Beklagte kann sich zur Begründung der Änderungskündigung vom 29. März 2011 weiterhin nicht darauf berufen, der Kläger sei richtigerweise als Croupier III zu vergüten.

19

aa) Das Landesarbeitsgericht hatte den Antrag der Beklagten auf Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Umgruppierung des Klägers in die Croupierstufe III zurückgewiesen. Die Eingruppierung in die Croupierstufen I und II sei nicht von der Einsetzbarkeit des Croupiers beim Poker abhängig. Unter Beachtung der von ihm erworbenen Grundausbildung im Bereich des Poker-Spiels erfülle der Kläger weiterhin die Tätigkeitsmerkmale der bisherigen Croupierstufe. Dies ergebe die Auslegung der §§ 5, 6 TG-TV.

20

bb) Der für die Eingruppierung des Klägers sowohl bei Kündigungszugang als auch bei Ablauf der Kündigungsfrist maßgebliche Tarifvertrag ist derselbe wie der, welcher der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts vom 26. April 2005 zugrunde lag. Die Bestimmungen der §§ 5, 6 TG-TV galten unverändert fort.

21

cc) Die Bewertungsgrundlagen in der Person des Klägers hatten sich nicht geändert.

22

dd) Der Umstand, dass die Beklagte den Betriebsrat erneut um Zustimmung zur Umgruppierung des Klägers ersucht und nach Zustimmungsverweigerung ein weiteres Verfahren auf Ersetzung der Zustimmung eingeleitet hat, welches derzeit beim Bundesarbeitsgericht anhängig ist (- 1 ABR 1/13 -), führt nicht dazu, dass die Bindungswirkung der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts vom 26. April 2005 für die vorliegende Änderungskündigung entfallen wäre.

23

(1) Bei Einstellungen und Versetzungen ist es dem Arbeitgeber zwar grundsätzlich unbenommen, nach rechtskräftigem Unterliegen im Zustimmungsersetzungsverfahren die auf das gleiche Ziel gerichtete personelle Maßnahme erneut nach Maßgabe von § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG einzuleiten und erforderlichenfalls gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG die gerichtliche Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zu beantragen(BAG 22. April 2010 - 2 AZR 491/09 - Rn. 18, BAGE 134, 154; 18. März 2008 - 1 ABR 81/06 - Rn. 20, BAGE 126, 176). Durch die rechtskräftige Ablehnung der Zustimmungsersetzung in einem vorangegangenen Verfahren ist der Ausgang eines weiteren Ersetzungsverfahrens auch nicht präjudiziert ( BAG 22. April 2010 - 2 AZR 491/09 - Rn. 18, aaO; 16. Januar 2007 - 1 ABR 16/06  -). Bei den erneuten Anträgen handelt es sich um neue, prozessual eigenständige Gegenstände (BAG 18. März 2008 - 1 ABR 81/06 - Rn. 20, aaO).

24

(2) Im Verfahren auf Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zu einer Ein- oder Umgruppierung entfaltet aber die Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung bei gleichbleibendem Sachverhalt Bindungswirkung auch für nachfolgende Verfahren. Die gerichtliche Zustimmungsersetzung ist solange bindend, wie keine neue Eingruppierung erforderlich wird, die das Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG auslöst(BAG 11. November 1997 - 1 ABR 29/97 - zu B II 1 b der Gründe). Dies gilt im umgekehrten Fall entsprechend. Hat das Gericht die Zustimmung des Betriebsrats rechtskräftig nicht ersetzt und dabei die Richtigkeit der beabsichtigten Eingruppierung materiell geprüft, ist der Arbeitgeber auch daran materiell gebunden. Das Mitbestimmungsrecht bei Ein- und Umgruppierungen ist ein Mitbeurteilungs-, nicht ein Mitgestaltungsrecht. Die Eingruppierung des Arbeitnehmers in eine im Betrieb angewandte Lohn- und Gehaltsgruppenordnung ist keine konstitutive Maßnahme, sondern Rechtsanwendung oder Kundgabe einer Rechtsansicht (BAG 4. Mai 2011 - 7 ABR 10/10 - Rn. 17, BAGE 138, 39; 11. November 2008 - 1 ABR 68/07  - Rn. 23 , BAGE 128, 265 ). Die Beteiligung des Betriebsrats nach § 99 BetrVG soll dazu beitragen, rechtlich möglichst zutreffende Ergebnisse zu erzielen(BAG 19. Oktober 2011 - 4 ABR 119/09 - Rn. 19; 11. November 2008 - 1 ABR 68/07  - Rn. 2 4, aaO). Dabei ist es ohne Bedeutung, ob die Beurteilung eine Eingruppierung oder eine Umgruppierung zum Gegenstand hat (BAG 11. November 1997 - 1 ABR 29/97 - zu B III 1 der Gründe; 2. April 1996 -  1 ABR 50/95  - zu B II 1 a der Gründe). Umgruppierung iSd. § 99 BetrVG ist die Neu-Einreihung des Beschäftigten in eine im Betrieb geltende Vergütungsordnung. Sie besteht in der Feststellung des Arbeitgebers, dass die Tätigkeit des Arbeitnehmers nicht - oder nicht mehr - die Merkmale erfüllt, die der bisherigen Beurteilung zugrunde liegen. Anlass für eine solche Feststellung kann eine Änderung der Tätigkeit sein, aber auch eine Änderung des Entgeltschemas (BAG 12. Januar 2011 - 7 ABR 15/09 - Rn. 23; 11. November 1997 - 1 ABR 29/97 - zu B III 1 der Gründe) oder - sofern ein vorhergegangenes Zustimmungsersetzungsverfahren keine Bindungswirkung entfaltet - eine nach Ansicht des Arbeitgebers bisher fehlerhafte Eingruppierung (vgl. BAG 2. April 1996 - 1 ABR 50/95 - zu B II 1 a der Gründe; 20. März 1990 - 1 ABR 20/89 - zu B II 2 b der Gründe, BAGE 64, 254). Hat ein Gericht im Rahmen des Verfahrens nach § 99 Abs. 4 BetrVG rechtskräftig die Richtigkeit der bisherigen Eingruppierung festgestellt und haben sich seitdem weder die Tätigkeit des Arbeitnehmers noch das Entgeltschema geändert, ist diese Entscheidung bindend(vgl. zur Unzulässigkeit schon eines neuerlichen Ersuchens um Zustimmung zur Eingruppierung bei unveränderter Tätigkeit BAG 1. Juli 2009 - 4 ABR 18/08 - Rn. 14, BAGE 131, 197).

25

(3) Das neuerliche, beim Bundesarbeitsgericht anhängige Zustimmungsersetzungsverfahren ist für den vorliegenden Rechtsstreit nicht vorgreiflich. Selbst wenn die Beklagte mit ihrem dortigen Begehren wegen einer späteren Tarifänderung oder sonstigen Änderung der Umstände Erfolg haben sollte, wäre dies unbeachtlich. In dem hier maßgeblichen Zeitraum bis zum Zugang der Änderungskündigung vom 29. März 2011 hat sich die Sach- und Rechtslage - verglichen mit den dem Beschluss des Landesarbeitsgerichts vom 26. April 2005 zugrunde liegenden Umständen - nicht geändert.

26

III. Die Kosten des Rechtsstreits hat gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Beklagte zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Berger    

        

    Rachor    

        

        

        

    Perreng    

        

    Wolf    

                 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 17. Januar 2014 - 9 Sa 728/13 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen und zweier hilfsweise erklärter ordentlicher Kündigungen.

2

Die Beklagte ist die deutsche Zweigniederlassung einer Aktiengesellschaft schweizerischen Rechts. Der 1971 geborene Kläger war bei ihr seit dem 17. August 1998 als Lagerarbeiter/Kommissionierer im „Importlager West“ beschäftigt. In dem Betrieb wurden Logistikarbeiten für verschiedene Fachzentren der Unternehmensgruppe ausgeführt. Die Beklagte beschäftigte dort etwa 80 Arbeitnehmer.

3

Am 21. November 2012 hielt sich der Kläger bei einer in B ansässigen Kundenfirma auf, um dort für die Beklagte Inventuraufträge durchzuführen. In einer Arbeitspause unterhielt er sich mit den dortigen Arbeitnehmern.

4

Mit Schreiben vom 10. Dezember 2012 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien fristlos, hilfsweise fristgerecht zum nächstmöglichen Zeitpunkt. Sie warf dem Kläger vor, sich gegenüber Arbeitnehmern ihrer Kundin geschäftsschädigend über sie geäußert zu haben. Das Kündigungsschreiben wurde am 12. Dezember 2012 um 07:35 Uhr in den Briefkasten der ehemals gemeinsamen Wohnung des Klägers und seiner Ehefrau eingeworfen. Der Kläger arbeitete zunächst im Betrieb der Beklagten weiter.

5

Mit Schreiben vom 17. Dezember 2012 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien erneut fristlos, hilfsweise fristgerecht zum nächstmöglichen Termin. Das Kündigungsschreiben ging dem Kläger am 19. Dezember 2012 zu.

6

Mit seiner am 21. Dezember 2012 bei Gericht eingegangenen Klage hat der Kläger die Unwirksamkeit der Kündigung vom 10. Dezember 2012 geltend gemacht. Er hat vorgetragen, er habe von der Kündigung erst am 15. Dezember 2012 tatsächlich Kenntnis erlangt. Dem angekündigten Antrag nach § 4 Satz 1 KSchG war der Halbsatz „… und das Arbeitsverhältnis unverändert fortbesteht“ angefügt. Mit einem am 25. Januar 2013 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz vom selben Tag hat der Kläger geltend gemacht, es solle auch die Unwirksamkeit der Kündigung vom 17. Dezember 2012 festgestellt werden. In dem Schriftsatz heißt es:

        

„[…] wird ergänzend zur Klageschrift vom 21.12.2012 vorgetragen, dass der zweite Teil des dort gestellten Feststellungsantrags sich nicht nur auf die Kündigung der Beklagten vom 10.12.2012 bezieht, sondern ein allgemeiner Feststellungsantrag ist, der auch mögliche weitere Kündigungen abdecken soll. Dieser Feststellungsantrag wurde in den Klageantrag aufgenommen, weil weitere Kündigungen durch den Arbeitgeber zu befürchten waren. Diese Befürchtung hat sich in der Zwischenzeit bewahrheitet.“

7

Der Kläger hat gemeint, die Kündigungen vom 10. und 17. Dezember 2012 seien unwirksam. Für die außerordentlichen Kündigungen fehle es an einem wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB, die hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigungen seien sozial ungerechtfertigt gemäß § 1 Abs. 1 und Abs. 2 KSchG. Der Kläger hat bestritten, sich anlässlich seiner Tätigkeit bei der Kundenfirma geschäftsschädigend über die Beklagte geäußert zu haben.

8

Er hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien weder durch die Kündigung der Beklagten vom 10. Dezember 2012 noch durch die Kündigung der Beklagten vom 17. Dezember 2012 aufgelöst worden ist und auch nicht durch andere Beendigungstatbestände geendet hat.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat dem Kläger vorgeworfen, am 21. November 2012 eine Reihe von Mitarbeitern ihrer Kundin verunsichert zu haben, indem er erklärt habe, die Geschäftsbeziehungen der beiden Firmen würden in der nächsten Zeit beendet, die Arbeitsplätze der Mitarbeiter der Kundin seien daher gefährdet. Aufgrund dieser Bemerkungen sei eine erhebliche Unruhe entstanden. Dies habe ein Mitarbeiter der Kundin ihrem Logistikleiter am 6. Dezember 2012 mitgeteilt. Die Beklagte hat gemeint, das Arbeitsverhältnis der Parteien habe spätestens mit Zugang der fristlosen Kündigung vom 17. Dezember 2012 sein Ende gefunden. Der Kläger habe diese Kündigung nicht rechtzeitig gerichtlich angegriffen.

10

Das Arbeitsgericht hat festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch „die Kündigung der Beklagten vom 10. Dezember 2012“ nicht aufgelöst worden ist. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Es hat gemeint, das Arbeitsverhältnis der Parteien sei durch die außerordentliche Kündigung vom 17. Dezember 2012 aufgelöst worden. Einer Entscheidung darüber, ob die hilfsweise erklärte fristgerechte Kündigung vom 10. Dezember 2012 wirksam sei, bedürfe es daher nicht.

11

Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis „auch durch die Kündigung der Beklagten vom 17. Dezember 2012“ nicht aufgelöst worden ist.

12

Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht entschieden, das Arbeitsverhältnis der Parteien habe weder aufgrund der außerordentlichen Kündigung der Beklagten vom 17. Dezember 2012 noch aufgrund einer der hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigungen vom 10. und 17. Dezember 2012 geendet. Dass es nicht schon durch die außerordentliche Kündigung vom 10. Dezember 2012 aufgelöst worden ist, stand mangels Berufung der Beklagten rechtskräftig fest.

14

I. Die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 17. Dezember 2012 ist unwirksam.

15

1. Die Wirksamkeit der Kündigung wird nicht gemäß § 7 KSchG fingiert. Der Kläger hat gegen sie rechtzeitig innerhalb der Frist des § 4 Satz 1 KSchG Klage erhoben.

16

a) Will ein Arbeitnehmer geltend machen, eine schriftliche Kündigung sei sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam, muss er gemäß § 4 Satz 1 KSchG innerhalb von drei Wochen nach ihrem Zugang Klage auf die Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch sie nicht aufgelöst worden ist. Wegen § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG gilt diese Frist auch für die Klage gegen eine außerordentliche Kündigung(BAG 26. September 2013 - 2 AZR 682/12 - Rn. 26, BAGE 146, 161; 26. März 2009 - 2 AZR 403/07 - Rn. 17). Wird die Unwirksamkeit der Kündigung nicht rechtzeitig geltend gemacht, gilt diese gemäß § 7 KSchG als von Anfang an rechtswirksam. Eine verspätet erhobene Kündigungsschutzklage muss als unbegründet abgewiesen werden (BAG 26. September 2013 - 2 AZR 682/12 - aaO; 26. März 2009 - 2 AZR 403/07 - aaO mwN).

17

b) Das Landesarbeitsgericht ist ersichtlich davon ausgegangen, die Beklagte habe das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 17. Dezember 2012 erneut eigenständig gekündigt und nicht nur die Kündigung vom 10. Dezember 2012 ein weiteres Mal verlautbart (zur Abgrenzung vgl. BAG 22. März 2012 - 2 AZR 224/11 - Rn. 38; 6. September 2007 - 2 AZR 264/06 - Rn. 38). Gegen dieses Verständnis haben die Parteien keine Einwände erhoben. Ob es zutrifft, bedarf keiner Entscheidung. Der Kläger hat auch gegen eine als eigenständig zu betrachtende außerordentliche Kündigung vom 17. Dezember 2012 rechtzeitig Klage erhoben.

18

aa) Einen dem Wortlaut von § 4 Satz 1 KSchG entsprechenden Antrag hat der Kläger gegen die Kündigung vom 17. Dezember 2012 allerdings erstmals mit Schriftsatz vom 25. Januar 2013 angekündigt. Zu diesem Zeitpunkt war die Klagefrist von drei Wochen, die mit dem Zugang des Kündigungsschreibens am 19. Dezember 2012 begann, verstrichen.

19

bb) Dennoch hat der Kläger die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG - zumindest in entsprechender Anwendung von § 6 KSchG - gewahrt.

20

(1) Dies beruht nicht schon darauf, dass der Kläger innerhalb der Klagefrist einen allgemeinen Feststellungsantrag nach § 256 Abs. 1 ZPO angekündigt hätte. Ein solcher Antrag ist der gegen die Kündigung vom 10. Dezember 2012 gerichteten Klage entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht zu entnehmen. Der Kläger hat den Antrag nach § 4 Satz 1 KSchG zwar ergänzt um den Zusatz „… und das Arbeitsverhältnis unverändert fortbesteht“ angekündigt. Es wird aus der Klageschrift aber nicht ersichtlich, dass es sich hierbei um einen eigenen Sachantrag handeln sollte. Der Zusatz war dem Kündigungsschutzantrag unmittelbar angefügt und von diesem optisch nicht abgesetzt. Er konnte ebenso gut als gleichsam redaktionelle Bekräftigung ohne eigenständigen Inhalt zu verstehen sein (vgl. dazu BAG 15. März 2001 - 2 AZR 141/00 - zu B II 3 der Gründe; 16. März 1994 - 8 AZR 97/93 - zu III 2 a der Gründe, BAGE 76, 148). Ein Hinweis, dass ein allgemeiner Feststellungsantrag nach § 256 Abs. 1 ZPO gestellt werden solle, ließ sich weder der Klagebegründung noch sonstigen Umständen entnehmen, die dies innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung vom 17. Dezember 2012 deutlich gemacht hätten (vgl. für einen solchen Hinweis vor Zugang einer weiteren Kündigung BAG 13. März 1997 - 2 AZR 512/96 - zu II 4 b der Gründe, BAGE 85, 262). Der Kläger hat erstmals mit der Klageerweiterung vom 25. Januar 2013 und damit nach Ablauf der Frist des § 4 Satz 1 KSchG mitgeteilt, der Zusatz zu dem mit der Klageschrift angekündigten Feststellungsantrag beziehe sich nicht nur auf die Kündigung vom 10. Dezember 2012, sondern verstehe sich als allgemeiner Feststellungsantrag, der auch mögliche weitere Kündigungen erfassen solle.

21

(2) Stattdessen war bereits aufgrund des Antrags nach § 4 Satz 1 KSchG, der sich gegen die ordentliche Kündigung vom 10. Dezember 2012 richtete, erkennbar, dass der Kläger auch andere Beendigungstatbestände nicht gegen sich gelten lassen wollte, die eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses noch vor oder bis zu dem mit dieser Kündigung angestrebten Termin bewirken könnten. Die Klage gegen die Kündigung vom 10. Dezember 2012 konnte nur dann Erfolg haben, wenn das Arbeitsverhältnis bis zu dem fraglichen Termin auch nicht durch einen anderen Auflösungstatbestand - etwa eine weitere Kündigung - beendet würde. Mit dem gegen die Kündigung vom 10. Dezember 2012 gerichteten Antrag wurde damit die Frist für eine Klage gegen die Kündigung vom 17. Dezember 2012 zumindest deshalb gewahrt, weil der Kläger deren Unwirksamkeit noch vor Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz ausdrücklich geltend gemacht und auch sie mit einem § 4 Satz 1 KSchG entsprechenden Klageantrag angegriffen hat.

22

(a) Von einem Antrag nach § 4 Satz 1 KSchG ist regelmäßig auch das Begehren umfasst festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis bis zum vorgesehenen Auflösungszeitpunkt noch bestanden hat(BAG 20. März 2014 - 2 AZR 1071/12 - Rn. 17; 12. Mai 2011 - 2 AZR 479/09 - Rn. 18). Zwar ist Gegenstand und Ziel einer Kündigungsschutzklage nach § 4 Satz 1 KSchG die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die bestimmte, mit der Klage angegriffene Kündigung zu dem vom Arbeitgeber vorgesehenen Termin nicht aufgelöst worden ist. Falls der Klage stattgegeben wird, steht aber zugleich fest, dass das Arbeitsverhältnis vor oder bis zu diesem Termin auch nicht aufgrund irgendeines anderen Umstands sein Ende gefunden hat. Die einem Antrag nach § 4 Satz 1 KSchG stattgebende Entscheidung enthält zugleich die Feststellung, dass zum vorgesehenen Auflösungszeitpunkt ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien noch bestanden hat(sog. erweiterter punktueller Streitgegenstandsbegriff, vgl. BAG 5. Oktober 1995 - 2 AZR 909/94 - zu II 1 der Gründe, BAGE 81, 111; zur Vorgängerregelung des § 3 Satz 1 KSchG 1951 vgl. BAG 13. November 1958 - 2 AZR 573/57 - zu III 3 der Gründe, BAGE 7, 36). Mit Rechtskraft einer solchen Entscheidung steht fest, dass das Arbeitsverhältnis bis zu dem vorgesehenen Auflösungstermin auch nicht durch mögliche andere Beendigungstatbestände aufgelöst worden ist, selbst wenn diese von keiner Seite in den Prozess eingeführt wurden (BAG 5. Oktober 1995 - 2 AZR 909/94 - aaO; vgl. auch BAG 13. November 1958 - 2 AZR 573/57 - aaO). Ein Verständnis, wonach Gegenstand des Antrags nach § 4 Satz 1 KSchG lediglich - rein punktuell - die Wirksamkeit der angegriffenen Kündigung ist, würde dem weitergehenden Wortlaut des Gesetzes nicht gerecht und könnte das Ziel der Rechtskraft, Rechtsfrieden herzustellen und Rechtsgewissheit zu schaffen, nicht erreichen(BAG 5. Oktober 1995 - 2 AZR 909/94 - aaO; vgl. auch BAG 13. November 1958 - 2 AZR 573/57 - aaO). Etwas anderes gilt, wenn der Kläger selbst den Gegenstand eines Kündigungsschutzantrags in dieser Weise (konkludent) begrenzt hat und das Gericht auf die Unwirksamkeit einer später wirkenden Kündigung erkennt, ohne dass der Rechtsstreit über die Wirksamkeit einer früher wirkenden Kündigung bereits rechtskräftig entschieden wäre (vgl. dazu BAG 22. November 2012 - 2 AZR 732/11 - Rn. 20).

23

(b) Daraus folgt, dass in einer Kündigungsschutzklage nach § 4 Satz 1 KSchG - für den beklagten Arbeitgeber in der Regel erkennbar - zugleich der Angriff gegen solche Kündigungen liegt, die dem Arbeitnehmer noch während des Laufs der von der ersten Kündigung ausgelösten Auflösungsfrist zugehen und innerhalb dieser Frist oder zeitgleich mit ihrem Ablauf Wirkung entfalten sollen(offen gelassen BAG 26. September 2013 - 2 AZR 682/12 - Rn. 29, BAGE 146, 161; vgl. auch Gallner FS Wank 2014 S. 117, 124 f.). Ergibt sich weder aus der Klagebegründung noch aus sonstigen Erklärungen des Arbeitnehmers oder in den Rechtsstreit eingeführten Umständen, dass er den Gegenstand der Kündigungsschutzklage auf die Wirksamkeit der konkret angegriffenen Kündigung beschränken will, muss der Arbeitgeber davon ausgehen, der Arbeitnehmer wende sich mit seiner Klage zugleich gegen die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses durch mögliche andere Tatbestände bis zu dem in der angegriffenen Kündigung vorgesehenen Auflösungstermin.

24

(c) Demgegenüber ist Gegenstand der allgemeinen Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO die Frage, ob das Arbeitsverhältnis über den durch eine Kündigung bestimmten Auflösungstermin hinaus bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung fortbestanden hat(BAG 20. März 2014 - 2 AZR 1071/12 - Rn. 18; 26. September 2013 - 2 AZR 682/12 - Rn. 31, BAGE 146, 161). Die Klage soll, soweit sie neben der Klage gemäß § 4 Satz 1 KSchG erhoben wird, klären, ob das Arbeitsverhältnis aufgrund von Beendigungstatbeständen aufgelöst worden ist, die vom Streitgegenstand der Kündigungsschutzklage nicht erfasst sind(BAG 20. März 2014 - 2 AZR 1071/12 - aaO; 26. September 2013 - 2 AZR 682/12 - aaO).

25

(d) Danach war hier vom Streitgegenstand der Klage gegen die Kündigung vom 10. Dezember 2012 das Begehren umfasst festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch durch die außerordentliche Kündigung vom 17. Dezember 2012 nicht aufgelöst wird.

26

(aa) Die Beklagte hatte mit Schreiben vom 10. Dezember 2012 fristlos, hilfsweise „fristgerecht zum nächstmöglichen Termin“ gekündigt. Der Kläger hat mit seiner Klage ausdrücklich die Unwirksamkeit sowohl der fristlosen als auch der ordentlichen Kündigung geltend gemacht. Er hat damit zu verstehen gegeben, dass er sich gegen die Auflösung seines Arbeitsverhältnisses sowohl zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung als auch zum Ablauf der Kündigungsfrist wehre. Dies schließt das Begehren ein, den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über den Zugang der außerordentlichen Kündigung vom 17. Dezember 2012 hinaus festzustellen.

27

(bb) Es sind keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen oder objektiv ersichtlich, dass der Kläger andere Beendigungstatbestände, die bis zu dem in der Kündigung vom 10. Dezember 2012 vorgesehenen Auflösungstermin Wirksamkeit erlangen könnten, mit der Klage nicht erfassen wollte. Im Gegenteil spricht die Antragsergänzung „… und das Arbeitsverhältnis unverändert fortbesteht“ gerade für das Verständnis seiner Kündigungsschutzklage im dargestellten Sinne. Der Umstand, dass dem Kläger die Kündigung vom 17. Dezember 2012 bei Erhebung der Klage gegen die Kündigung vom 10. Dezember 2012 bereits zugegangen war, verlangt keine andere Würdigung. Der Klagebegründung lassen sich auch angesichts dessen keine Anzeichen dafür entnehmen, der Kläger wolle die weitere Kündigung gegen sich gelten lassen.

28

(3) Eine Kündigungsschutzklage wahrt die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG für eine Folgekündigung, die vor dem oder bis zum Termin der ersten Kündigung wirksam werden soll, jedenfalls dann, wenn der Kläger ihre Unwirksamkeit - wie hier - noch vor Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz explizit geltend gemacht und mit einem Antrag nach § 4 Satz 1 KSchG erfasst hat. Dies folgt aus einer analogen Anwendung von § 6 KSchG. Ob ein solcher Antrag dafür tatsächlich erforderlich ist, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung (bejahend bei einem ursprünglich allgemeinen Feststellungsantrag BAG 13. März 1997 - 2 AZR 512/96 - zu II 3 a der Gründe, BAGE 85, 262; Spinner in Löwisch/Spinner/Wertheimer KSchG 10. Aufl. § 4 Rn. 105 ff.; ablehnend Gallner FS Wank 2014 S. 117, 125).

29

(a) § 6 KSchG zielt auch in der geltenden Fassung darauf ab, den Arbeitnehmer davor zu bewahren, seinen Kündigungsschutz aus formalen Gründen zu verlieren(BAG 26. September 2013 - 2 AZR 682/12 - Rn. 35, BAGE 146, 161). Trotz seiner (zu) engen Formulierung ist die Bestimmung weiterhin nicht nur auf bestimmte Unwirksamkeitsgründe anzuwenden. Die Neufassung des § 6 KSchG sollte der bisherigen Regelung entsprechen und lediglich auf die Änderung des § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG Bedacht nehmen(BT-Drs. 15/1509, 15/1204 S. 13; BAG 26. September 2013 - 2 AZR 682/12 - aaO; 23. April 2008 - 2 AZR 699/06 - Rn. 24 mwN). Eine entsprechende Anwendung von § 6 KSchG kommt deshalb - wie schon vor der Gesetzesnovelle - in Betracht, wenn der Arbeitnehmer mit einer Leistungsklage Lohnansprüche oder Weiterbeschäftigung für die Zeit nach Zugang der Kündigung bzw. Ablauf der Kündigungsfrist innerhalb von drei Wochen gerichtlich geltend gemacht hat (BAG 15. Mai 2012 - 7 AZR 6/11 - Rn. 23; 23. April 2008 - 2 AZR 699/06 - Rn. 23). Das durch § 4 Satz 1, § 7 KSchG geschützte Interesse des Arbeitgebers an einer schnellen Klärung der Rechtslage und sein Vertrauen in den Bestand der ausgesprochenen Kündigung wird in diesen Fällen durch die „Verlängerung“ der Anrufungsfrist nicht stärker berührt als im unmittelbaren Anwendungsbereich des § 6 Satz 1 KSchG(BAG 26. September 2013 - 2 AZR 682/12 - Rn. 36, BAGE 146, 161). Diese Erwägungen treffen auch auf Kündigungen zu, die vom Streitgegenstand einer Kündigungsschutzklage gegen eine frühere Kündigung zwar erfasst, aber nicht schon selbst explizit in den Prozess eingeführt sind. Für Folgekündigungen, die dem Arbeitnehmer schon vor Erhebung der Klage gegen die frühere Kündigung zugegangen sind, gilt nichts Anderes (vgl. BAG 26. September 2013 - 2 AZR 682/12 - Rn. 37, aaO). Ein sachlicher Grund, bezüglich ihrer an die Klageanträge des Arbeitnehmers weitergehende Anforderungen zu stellen als bezüglich solcher Kündigungen, die erst während des schon laufenden Rechtsstreits erklärt wurden, ist nicht erkennbar (vgl. BAG 26. September 2013 - 2 AZR 682/12 - aaO). Die Frage, ob durch einen Kündigungsschutzantrag nach § 4 Satz 1 KSchG die Frist zur Klage gegen eine Folgekündigung gewahrt wird, ist auch in diesem Fall danach zu beantworten, ob die weitere Kündigung vom Streitgegenstand der ursprünglichen Klage erfasst wird.

30

(b) Der Kläger hat mit dem Schriftsatz vom 25. Januar 2013 noch in erster Instanz die Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung vom 17. Dezember 2012 ausdrücklich geltend gemacht und auch insoweit einen dem Wortlaut von § 4 Satz 1 KSchG entsprechenden Antrag angekündigt. Jedenfalls in analoger Anwendung von § 6 KSchG hat er damit die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG auch für die fristlose Kündigung vom 17. Dezember 2012 gewahrt. Diese Kündigung war vom Streitgegenstand der Klage gegen die Kündigung vom 10. Dezember 2012 bereits erfasst.

31

2. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, für die außerordentliche Kündigung vom 17. Dezember 2012 fehle es an einem wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat gegen sie keine Einwände erhoben.

32

a) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Auffassung des Arbeitsgerichts, für die außerordentliche Kündigung vom 10. Dezember 2012 habe kein wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB vorgelegen, sei zutreffend und gelte auch für die aus demselben Grund ausgesprochene außerordentliche Kündigung vom 17. Dezember 2012.

33

b) Es kann dahinstehen, ob die außerordentliche Kündigung vom 17. Dezember 2012 nicht schon als sog. Wiederholungskündigung unwirksam ist. Eine Kündigung kann nicht erfolgreich auf Gründe gestützt werden, die der Arbeitgeber schon zur Begründung einer vorhergehenden Kündigung vorgebracht hat und die in dem über diese geführten Prozess mit dem Ergebnis materiell geprüft worden sind, dass sie eine solche Kündigung nicht tragen. Mit einer Wiederholung der früheren Kündigung ist der Arbeitgeber in diesem Fall ausgeschlossen. Eine Präklusionswirkung entfaltet die Entscheidung über die frühere Kündigung allerdings nur bei identischem Kündigungssachverhalt. Hat sich dieser wesentlich geändert, darf der Arbeitgeber ein weiteres Mal kündigen (BAG 20. März 2014 - 2 AZR 840/12 - Rn. 13; 11. Juli 2013 - 2 AZR 994/12 - Rn. 37).

34

c) Selbst wenn die fristlose Kündigung vom 17. Dezember 2012 trotz der rechtskräftigen Entscheidung des Arbeitsgerichts über die fristlose Kündigung vom 10. Dezember 2012 einer eigenen materiellen Überprüfung unterläge, hat die Beklagte Umstände, die es ihr iSv. § 626 Abs. 1 BGB unzumutbar gemacht hätten, das Arbeitsverhältnis auch nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fortzusetzen, nicht dargelegt. Dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.

35

aa) Zwar kann eine bewusste und gewollte Geschäftsschädigung, die geeignet ist, bei Geschäftspartnern des Arbeitgebers Misstrauen in dessen Zuverlässigkeit hervorzurufen, einen wichtigen Grund zur Kündigung bilden ( BAG 31. Juli 2014 - 2 AZR 505/13 - Rn. 41; 6. Februar 1997 -  2 AZR 38/96  - zu II 1 e der Gründe). Aus dem Vorbringen der Beklagten ergibt sich jedoch nicht, dass die behauptete Äußerung des Klägers eine Geschäftsschädigung mit sich gebracht hätte. Von ihr war nach dem Vortrag der Beklagten nur das Betriebsklima bei der Kundenfirma negativ betroffen. Welche Rückwirkung dies auf ihr Geschäft gehabt habe, hat die Beklagte nicht dargelegt. Im Übrigen hat das Landesarbeitsgericht keine Umstände dafür festgestellt, dass dem Kläger der mögliche geschäftsschädigende Charakter seiner Äußerung hätte bewusst sein müssen. Verfahrensrügen hat die Beklagte nicht erhoben.

36

bb) Soweit in den behaupteten Äußerungen des Klägers unabhängig von einer möglichen geschäftsschädigenden Wirkung eine Verletzung seiner Pflicht gemäß § 241 Abs. 2 BGB zur Rücksichtnahme auf die Belange der Beklagten liegen sollte, weil es erkennbar nicht in deren Interesse liegen konnte, bei den Mitarbeitern ihrer Geschäftspartnerin Unruhe zu erzeugen, wäre eine Abmahnung vorrangig gewesen. Die Pflichtverletzung wäre weder so schwer wiegend, dass auf eine Abmahnung hätte verzichtet werden können, noch ist vorgetragen oder objektiv ersichtlich, dass eine Abmahnung das Verhalten des Klägers in der Zukunft nicht positiv hätte beeinflussen können.

37

II. Die hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigungen vom 10. Dezember 2012 und 17. Dezember 2012 haben das Arbeitsverhältnis der Parteien ebenfalls nicht aufgelöst. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, sie seien nicht iSv. § 1 Abs. 1 und Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt.

38

1. Das Landesarbeitsgericht hat die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung vom 10. Dezember 2012 zu Recht in die Prüfung einbezogen. Der Streit über ihre Wirksamkeit ist in der Berufungsinstanz angefallen.

39

a) Zwar hat das Arbeitsgericht im Tenor seiner Entscheidung ausgesprochen, das Arbeitsverhältnis sei durch „die Kündigung“ vom 10. Dezember 2012 nicht aufgelöst worden. Falls damit die Unwirksamkeit nicht nur der außerordentlichen, sondern auch der hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung vom 10. Dezember 2012 festgestellt worden wäre, wäre dies in Rechtskraft erwachsen. Die Beklagte hat gegen die erstinstanzliche Entscheidung keine Berufung eingelegt.

40

b) Das Arbeitsgericht hat jedoch in seiner Begründung ausgeführt, auf die Wirksamkeit der hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung vom 10. Dezember 2012 komme es nicht an. Das Arbeitsverhältnis sei bereits durch die außerordentliche Kündigung vom 17. Dezember 2012 aufgelöst worden. Ob es damit den Kündigungsschutzantrag gegen die hilfsweise ordentliche Kündigung vom 10. Dezember 2012 als nicht mehr angefallen erachtet oder ob es angenommen hat, die Klage sei insoweit ohne Weiteres abzuweisen, bedarf keiner Klärung. In beiden Fällen ist die ordentliche Kündigung vom 10. Dezember 2012 aufgrund der Berufung des Klägers Gegenstand des zweitinstanzlichen Verfahrens geworden. Dass das Landesarbeitsgericht ihre Unwirksamkeit nicht noch einmal gesondert im Tenor ausgesprochen hat, ist unschädlich.

41

2. Weder die ordentliche Kündigung vom 10. Dezember 2012 noch die ordentliche Kündigung vom 17. Dezember 2012 sind wirksam.

42

a) Die hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigungen sind sozial ungerechtfertigt iSd. § 1 Abs. 1 und Abs. 2 KSchG. Wie ausgeführt, kann nicht angenommen werden, dass der Kläger die Beklagte bewusst und gewollt hat schädigen wollen. Eine leichtfertige Beunruhigung der Mitarbeiter der Kundenfirma durch entsprechende Äußerungen des Klägers hätte zuvor abgemahnt werden müssen.

43

b) Die Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung vom 17. Dezember 2012 wird auch nicht nach § 7 KSchG fingiert. Der Kläger hat sie - zumindest bei der gebotenen entsprechenden Anwendung von § 6 KSchG - rechtzeitig innerhalb der Frist des § 4 Satz 1 KSchG gerichtlich angegriffen. Bereits aufgrund der Klage gegen die zum 31. Mai 2013 erklärte Kündigung vom 10. Dezember 2012 war erkennbar, dass der Kläger die Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch einen anderen zum selben Termin wirkenden Beendigungstatbestand ebenso wenig hinnehmen wollte.

44

aa) Durch eine Kündigungsschutzklage sind in der Regel auch solche Auflösungstatbestände mit angegriffen, die zu demselben Termin wirken sollen. Eine Klage nach § 4 Satz 1 KSchG ist - wie ausgeführt - auch auf die Feststellung gerichtet, dass zum vorgesehenen Auflösungszeitpunkt zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis noch bestanden hat(BAG 5. Oktober 1995 - 2 AZR 909/94 - zu II 1 der Gründe, BAGE 81, 111; vgl. auch BAG 13. November 1958 - 2 AZR 573/57 - zu III 3 der Gründe, BAGE 7, 36). Dies setzt voraus, dass es bis zu eben diesem Auflösungszeitpunkt - einschließlich seiner selbst - durch keinen anderen Tatbestand geendet hat (ebenso KR/Friedrich 10. Aufl. § 4 KSchG Rn. 265; zweifelnd KR/Fischermeier 10. Aufl. § 626 BGB Rn. 393 unter Hinweis auf ArbRBGB/Corts 2. Aufl. § 626 Rn. 273). In einem Kündigungsschutzprozess nach § 4 Satz 1 KSchG wird (auch) darüber gestritten, ob ein Arbeitsverhältnis zu einem bestimmten Termin sein Ende gefunden hat oder nicht(zur Vorgängerregelung des § 3 Satz 1 KSchG 1951 vgl. BAG 13. November 1958 - 2 AZR 573/57 - aaO). Mit einer Klage nach § 4 Satz 1 KSchG erstrebt der Arbeitnehmer deshalb der Sache nach die Feststellung, dass sein Arbeitsverhältnis über den in der Kündigung vorgesehenen Auflösungstermin hinaus fortbesteht. Dafür spricht nicht zuletzt der Wortlaut der §§ 11 und 12 KSchG. Ihm zufolge „besteht“ nach der einer Kündigungsschutzklage stattgebenden Entscheidung „das Arbeitsverhältnis fort“. Einer Kündigungsschutzklage kann demnach trotz ihres grundsätzlich punktuellen Charakters nicht stattgegeben werden, wenn zwar nicht die angegriffene Kündigung, aber ein anderer Beendigungstatbestand das Arbeitsverhältnis zu demselben Termin auflöst; dabei kann dahinstehen, ob die Klage in diesem Fall bereits unzulässig oder ob sie unbegründet ist. Ein Arbeitnehmer, der mit einer Kündigungsschutzklage Erfolg haben will, muss deshalb zugleich nicht nur alle vor dem fraglichen Auflösungszeitpunkt wirkenden, sondern auch alle zum selben Zeitpunkt wirkenden Auflösungstatbestände angreifen. Auch letztere sind damit regelmäßig Streitgegenstand einer Klage nach § 4 Satz 1 KSchG.

45

bb) Danach hat der Kläger die Unwirksamkeit der ordentlichen Kündigung vom 17. Dezember 2012 - zumindest in entsprechender Anwendung von § 6 KSchG - rechtzeitig innerhalb der Frist des § 4 Satz 1 KSchG gerichtlich geltend gemacht. Diese Kündigung sollte zu demselben Termin wirken wie die ordentliche Kündigung vom 10. Dezember 2012, die ihrerseits mit der ursprünglichen Kündigungsschutzklage schon angegriffen war. Die Beklagte hatte beide Kündigungen fristgerecht zum nächstmöglichen Zeitpunkt erklärt. Dies war beide Male der 31. Mai 2013. Nach Ziff. 5 des Arbeitsvertrags der Parteien vom 14. August 1998 - dessen Bedingungen in das ab dem 17. August 1999 unbefristete Arbeitsverhältnis übernommen worden waren - galt die maßgebliche gesetzliche Kündigungsfrist. Diese betrug im Zeitpunkt beider Kündigungen gemäß § 622 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 BGB fünf Monate zum Monatsende.

46

III. Als unterlegene Partei hat die Beklagte gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Berger    

        

    Rachor    

        

        

        

    F. Löllgen     

        

    Gerschermann    

                 

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 26. April 2012 - 5 Sa 1632/11 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 15. September 2011 - 5 Ca 916/11 - abgeändert:

 Es wird festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen gemäß der Kündigung der Beklagten vom 29. März 2011 sozial ungerechtfertigt ist.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Änderungskündigung.

2

Die Beklagte betreibt eine Spielbank. Sie beschäftigt regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer.

3

Der 1962 geborene Kläger ist bei der Beklagten seit August 1987 als Croupier gegen ein Bruttomonatsentgelt von zuletzt 4.000,00 Euro beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fanden die bei der Beklagten geltenden Haustarifverträge Anwendung, darunter der Tronc- und Gehaltstarifvertrag für die Arbeitnehmer der Gruppe A (TG-TV) in seiner ab dem 1. Januar 2000 geltenden Fassung.

4

Mit Schreiben vom 2. Juli 2003 beförderte die Beklagte den Kläger mit Wirkung zum 1. Juli 2003 in Croupierstufe I TG-TV. Am 26. August 2003 legte der Kläger der Beklagten eine „fachorthopädische Bescheinigung“ vom 21. August 2003 vor, nach der er „Vorbeuge- und Rotationspositionen für die Gesamtwirbelsäule“ während seiner vornehmlich sitzenden Tätigkeit, insbesondere am Pokertisch, zu vermeiden habe. Die Beklagte setzte den Kläger seither nicht mehr am Pokertisch ein.

5

Im September 2003 beantragte die Beklagte beim Betriebsrat die Zustimmung zur Versetzung des Klägers in den Tätigkeitsbereich der Croupierstufe III und zu seiner entsprechenden Umgruppierung. Nachdem der Betriebsrat die Zustimmung verweigert hatte, beantragte die Beklagte deren gerichtliche Ersetzung. Durch - rechtskräftigen - Beschluss vom 26. April 2005 wies das Landesarbeitsgericht die Anträge ab. Es hat angenommen, der Betriebsrat habe seine Zustimmung zu den beabsichtigten Maßnahmen zu Recht verweigert. Die beabsichtigte Versetzung stelle eine unberechtigte Benachteiligung des Klägers dar. Sie sei durch seine beschränkte Einsetzbarkeit nicht gerechtfertigt. Für die Tätigkeit und Eingruppierung als Croupier in der Croupierstufe I komme es auf einen Einsatz oder die Einsetzbarkeit am Pokertisch nicht an. Dafür sei nach den tariflichen Bestimmungen vielmehr ausreichend, dass der Croupier erfolgreich an einer Grundausbildung teilgenommen habe.

6

Mit Schreiben vom 19. Dezember 2003 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 30. Juni 2004. Zugleich bot sie dem Kläger an, ihn ab dem 1. Juli 2004 als Croupier III - ohne Einsatz am Pokertisch - weiter zu beschäftigen. Der Kläger nahm das Änderungsangebot unter dem Vorbehalt der gerichtlichen Überprüfung an. Seine Änderungsschutzklage hatte Erfolg. Mit Urteil vom 28. August 2008 hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen gemäß der Änderungskündigung vom 19. Dezember 2003 sozial ungerechtfertigt war.

7

Mit Schreiben vom 30. September 2010 fragte die Beklagte beim Kläger an, ob sich sein Gesundheitszustand mittlerweile verändert habe. Im Oktober 2010 teilte der Kläger mit, die fachorthopädische Bescheinigung sei zeitlich nicht begrenzt. Sobald sich sein Gesundheitszustand verbessere, werde er sich melden.

8

Mit Schreiben vom 29. März 2011 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31. Oktober 2011, erneut verbunden mit dem Angebot, den Kläger ab dem 1. November 2011 zu veränderten Arbeitsbedingungen als Croupier der Croupierstufe III weiter zu beschäftigen. Der Kläger nahm das Angebot unter dem Vorbehalt der gerichtlichen Überprüfung an und hat rechtzeitig die vorliegende Änderungsschutzklage erhoben. Er hat gemeint, bei der Kündigung handele es sich um eine unzulässige Wiederholungskündigung. Die Ausgangsbedingungen seien unverändert. Seine Gesundheit habe sich weder verbessert noch verschlechtert.

9

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass die von der Beklagten mit Schreiben vom 29. März 2011 gewünschten Änderungen der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt und damit unwirksam sind.

10

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, die tatsächliche Einsetzbarkeit auch am Pokertisch sei für einen Croupier zur Eingruppierung in die Tarifstufe I notwendig. Der Kläger könne die Tätigkeiten am Pokertisch dauerhaft nicht mehr ausüben. Es sei ihr nicht zuzumuten, ihn weiterhin in nicht gerechtfertigter Höhe zu vergüten und damit das Vergütungsgefüge zu verzerren.

11

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision ist begründet. Die Änderung der Arbeitsbedingungen gemäß der Kündigung der Beklagten vom 29. März 2011 ist sozial ungerechtfertigt iSv. § 1 Abs. 2 KSchG. Dies folgt bereits daraus, dass es sich bei der Kündigung um eine unzulässige Wiederholungskündigung handelt.

13

I. Eine Kündigung kann nicht erfolgreich auf Gründe gestützt werden, die der Arbeitgeber schon zur Begründung einer vorhergehenden Kündigung vorgebracht hat und die in dem über diese geführten Prozess mit dem Ergebnis materiell geprüft worden sind, dass sie eine solche Kündigung nicht tragen. Mit einer Wiederholung der früheren Kündigung ist der Arbeitgeber in diesem Fall ausgeschlossen. Eine Präklusionswirkung entfaltet die Entscheidung über die frühere Kündigung allerdings nur bei identischem Kündigungssachverhalt. Hat sich dieser wesentlich geändert, darf der Arbeitgeber ein weiteres Mal kündigen (BAG 11. Juli 2013 - 2 AZR 994/12 - Rn. 37; 20. Dezember 2012 - 2 AZR 867/11 - Rn. 26). Das gilt auch bei einem sog. Dauertatbestand (BAG 20. Dezember 2012 - 2 AZR 867/11 - Rn. 26; 6. September 2012 - 2 AZR 372/11 - Rn. 13). Ein anderer Kündigungssachverhalt liegt auch in diesem Fall nur vor, wenn sich die tatsächlichen Umstände, aus denen der Arbeitgeber den Kündigungsgrund ableitet, wesentlich verändert haben (BAG 6. September 2012 - 2 AZR 372/11 - Rn. 13). Die Präklusionswirkung tritt ferner dann nicht ein, wenn die frühere Kündigung bereits aus formellen Gründen, also etwa wegen der nicht ordnungsgemäßen Beteiligung der Mitarbeitervertretung für unwirksam erklärt worden ist (BAG 20. Dezember 2012 - 2 AZR 867/11 - Rn. 26; 25. März 2004 - 2 AZR 399/03 - zu C I der Gründe).

14

II. In Anwendung dieser Grundsätze stellt die Änderungskündigung vom 29. März 2011 eine unzulässige Wiederholungskündigung dar. Die Beklagte stützt sie auf dieselben Gründe, die sie schon zur Begründung der Kündigung vom 19. Dezember 2003 vorgebracht hat. In dem über diese geführten Prozess sind die Gründe mit dem Ergebnis materiell geprüft worden, dass sie die Kündigung nicht tragen.

15

1. Nach der Entscheidung des Senats vom 28. August 2008 im Vorverfahren (- 2 AZR 967/06 - BAGE 127, 342) steht rechtskräftig fest, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen gemäß der Kündigung der Beklagten vom 19. Dezember 2003 iSv. § 1 Abs. 2 KSchG sozial ungerechtfertigt war. Der Senat hat angenommen, die mit dem Ziel einer Versetzung und Umgruppierung des Klägers erklärte Änderungskündigung sei unverhältnismäßig. Auch wenn dieser nicht am Pokertisch eingesetzt werden könne, sei für seine Vergütung weiterhin die Croupierstufe I maßgeblich. Dies folge aus der rechtskräftigen Entscheidung des Landesarbeitsgerichts in dem Verfahren auf Ersetzung der Zustimmung zur beabsichtigten Umgruppierung. Die Beklagte sei an dessen Ergebnis gebunden. Es sei ihr gegenüber dem Kläger verwehrt, sich zur Rechtfertigung einer Änderungskündigung auf die Maßgeblichkeit der Croupierstufe III zu berufen.

16

2. Verglichen mit den der Änderungskündigung vom 19. Dezember 2003 zugrunde liegenden Umständen ist der Kündigungssachverhalt unverändert. Dies gilt sowohl für die beschränkte Einsetzbarkeit des Klägers als auch für die Bindung der Beklagten an das Ergebnis des Zustimmungsersetzungsverfahrens.

17

a) Die Beklagte stützt die Änderungskündigung vom 29. März 2011 erneut auf die - unverändert gebliebenen - gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers, die einen Einsatz am Pokertisch nicht erlaubten und eine Beschäftigung und Vergütung lediglich als Croupier III rechtfertigten. Es ist jedoch weder dargelegt noch objektiv ersichtlich, dass sich die für die zutreffende Eingruppierung des Klägers maßgeblichen Umstände durch den bloßen Fortbestand seiner gesundheitlichen Einschränkungen geändert hätten.

18

b) Die aus der rechtskräftigen Entscheidung des Landesarbeitsgerichts in dem Zustimmungsersetzungsverfahren folgende Bindungswirkung besteht fort. Die Beklagte kann sich zur Begründung der Änderungskündigung vom 29. März 2011 weiterhin nicht darauf berufen, der Kläger sei richtigerweise als Croupier III zu vergüten.

19

aa) Das Landesarbeitsgericht hatte den Antrag der Beklagten auf Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Umgruppierung des Klägers in die Croupierstufe III zurückgewiesen. Die Eingruppierung in die Croupierstufen I und II sei nicht von der Einsetzbarkeit des Croupiers beim Poker abhängig. Unter Beachtung der von ihm erworbenen Grundausbildung im Bereich des Poker-Spiels erfülle der Kläger weiterhin die Tätigkeitsmerkmale der bisherigen Croupierstufe. Dies ergebe die Auslegung der §§ 5, 6 TG-TV.

20

bb) Der für die Eingruppierung des Klägers sowohl bei Kündigungszugang als auch bei Ablauf der Kündigungsfrist maßgebliche Tarifvertrag ist derselbe wie der, welcher der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts vom 26. April 2005 zugrunde lag. Die Bestimmungen der §§ 5, 6 TG-TV galten unverändert fort.

21

cc) Die Bewertungsgrundlagen in der Person des Klägers hatten sich nicht geändert.

22

dd) Der Umstand, dass die Beklagte den Betriebsrat erneut um Zustimmung zur Umgruppierung des Klägers ersucht und nach Zustimmungsverweigerung ein weiteres Verfahren auf Ersetzung der Zustimmung eingeleitet hat, welches derzeit beim Bundesarbeitsgericht anhängig ist (- 1 ABR 1/13 -), führt nicht dazu, dass die Bindungswirkung der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts vom 26. April 2005 für die vorliegende Änderungskündigung entfallen wäre.

23

(1) Bei Einstellungen und Versetzungen ist es dem Arbeitgeber zwar grundsätzlich unbenommen, nach rechtskräftigem Unterliegen im Zustimmungsersetzungsverfahren die auf das gleiche Ziel gerichtete personelle Maßnahme erneut nach Maßgabe von § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG einzuleiten und erforderlichenfalls gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG die gerichtliche Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zu beantragen(BAG 22. April 2010 - 2 AZR 491/09 - Rn. 18, BAGE 134, 154; 18. März 2008 - 1 ABR 81/06 - Rn. 20, BAGE 126, 176). Durch die rechtskräftige Ablehnung der Zustimmungsersetzung in einem vorangegangenen Verfahren ist der Ausgang eines weiteren Ersetzungsverfahrens auch nicht präjudiziert ( BAG 22. April 2010 - 2 AZR 491/09 - Rn. 18, aaO; 16. Januar 2007 - 1 ABR 16/06  -). Bei den erneuten Anträgen handelt es sich um neue, prozessual eigenständige Gegenstände (BAG 18. März 2008 - 1 ABR 81/06 - Rn. 20, aaO).

24

(2) Im Verfahren auf Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zu einer Ein- oder Umgruppierung entfaltet aber die Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung bei gleichbleibendem Sachverhalt Bindungswirkung auch für nachfolgende Verfahren. Die gerichtliche Zustimmungsersetzung ist solange bindend, wie keine neue Eingruppierung erforderlich wird, die das Mitbestimmungsrecht nach § 99 BetrVG auslöst(BAG 11. November 1997 - 1 ABR 29/97 - zu B II 1 b der Gründe). Dies gilt im umgekehrten Fall entsprechend. Hat das Gericht die Zustimmung des Betriebsrats rechtskräftig nicht ersetzt und dabei die Richtigkeit der beabsichtigten Eingruppierung materiell geprüft, ist der Arbeitgeber auch daran materiell gebunden. Das Mitbestimmungsrecht bei Ein- und Umgruppierungen ist ein Mitbeurteilungs-, nicht ein Mitgestaltungsrecht. Die Eingruppierung des Arbeitnehmers in eine im Betrieb angewandte Lohn- und Gehaltsgruppenordnung ist keine konstitutive Maßnahme, sondern Rechtsanwendung oder Kundgabe einer Rechtsansicht (BAG 4. Mai 2011 - 7 ABR 10/10 - Rn. 17, BAGE 138, 39; 11. November 2008 - 1 ABR 68/07  - Rn. 23 , BAGE 128, 265 ). Die Beteiligung des Betriebsrats nach § 99 BetrVG soll dazu beitragen, rechtlich möglichst zutreffende Ergebnisse zu erzielen(BAG 19. Oktober 2011 - 4 ABR 119/09 - Rn. 19; 11. November 2008 - 1 ABR 68/07  - Rn. 2 4, aaO). Dabei ist es ohne Bedeutung, ob die Beurteilung eine Eingruppierung oder eine Umgruppierung zum Gegenstand hat (BAG 11. November 1997 - 1 ABR 29/97 - zu B III 1 der Gründe; 2. April 1996 -  1 ABR 50/95  - zu B II 1 a der Gründe). Umgruppierung iSd. § 99 BetrVG ist die Neu-Einreihung des Beschäftigten in eine im Betrieb geltende Vergütungsordnung. Sie besteht in der Feststellung des Arbeitgebers, dass die Tätigkeit des Arbeitnehmers nicht - oder nicht mehr - die Merkmale erfüllt, die der bisherigen Beurteilung zugrunde liegen. Anlass für eine solche Feststellung kann eine Änderung der Tätigkeit sein, aber auch eine Änderung des Entgeltschemas (BAG 12. Januar 2011 - 7 ABR 15/09 - Rn. 23; 11. November 1997 - 1 ABR 29/97 - zu B III 1 der Gründe) oder - sofern ein vorhergegangenes Zustimmungsersetzungsverfahren keine Bindungswirkung entfaltet - eine nach Ansicht des Arbeitgebers bisher fehlerhafte Eingruppierung (vgl. BAG 2. April 1996 - 1 ABR 50/95 - zu B II 1 a der Gründe; 20. März 1990 - 1 ABR 20/89 - zu B II 2 b der Gründe, BAGE 64, 254). Hat ein Gericht im Rahmen des Verfahrens nach § 99 Abs. 4 BetrVG rechtskräftig die Richtigkeit der bisherigen Eingruppierung festgestellt und haben sich seitdem weder die Tätigkeit des Arbeitnehmers noch das Entgeltschema geändert, ist diese Entscheidung bindend(vgl. zur Unzulässigkeit schon eines neuerlichen Ersuchens um Zustimmung zur Eingruppierung bei unveränderter Tätigkeit BAG 1. Juli 2009 - 4 ABR 18/08 - Rn. 14, BAGE 131, 197).

25

(3) Das neuerliche, beim Bundesarbeitsgericht anhängige Zustimmungsersetzungsverfahren ist für den vorliegenden Rechtsstreit nicht vorgreiflich. Selbst wenn die Beklagte mit ihrem dortigen Begehren wegen einer späteren Tarifänderung oder sonstigen Änderung der Umstände Erfolg haben sollte, wäre dies unbeachtlich. In dem hier maßgeblichen Zeitraum bis zum Zugang der Änderungskündigung vom 29. März 2011 hat sich die Sach- und Rechtslage - verglichen mit den dem Beschluss des Landesarbeitsgerichts vom 26. April 2005 zugrunde liegenden Umständen - nicht geändert.

26

III. Die Kosten des Rechtsstreits hat gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Beklagte zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Berger    

        

    Rachor    

        

        

        

    Perreng    

        

    Wolf    

                 

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert, so gilt die Bedingung als eingetreten.

(2) Wird der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Vorteil er gereicht, wider Treu und Glauben herbeigeführt, so gilt der Eintritt als nicht erfolgt.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 21. September 2011 - 2 Sa 142/11 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung.

2

Die Beklagte ist ein kommunaler Versorgungsträger mit etwa 100 Beschäftigten. Die 1970 geborene Klägerin war bei ihr seit August 2003 als Leiterin der Abteilung Kaufmännische Dienste beschäftigt. Sie ist verheiratet und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtet.

3

Im Zusammenhang mit dem vorgesehenen Wechsel der Klägerin in die Geschäftsführung fasste der Aufsichtsrat der Beklagten am 13. Dezember 2004 den Beschluss, einem neu berufenen Geschäftsführer zuzusagen, er werde im Falle seiner Abberufung nach dreijähriger Tätigkeit die vorherige Funktion im Arbeitsverhältnis wieder bekleiden können. Am 23. Mai 2005 bestellte der Aufsichtsrat die Klägerin zur zweiten Geschäftsführerin der Beklagten. Der am 31. Mai 2005 zwischen den Parteien geschlossene Dienstvertrag lautet auszugsweise:

        

„§ 1 Tätigkeit und Aufgabenbereich

                          

[Die Klägerin] wird mit Wirkung vom 1. Juni 2005 als Geschäftsführerin der Gesellschaft angestellt.

                          

Innerhalb der Geschäftsführung übernimmt [die Klägerin] den Kaufmännischen Bereich.

                 

…       

        

§ 2 Vertragsdauer

        

Der Anstellungsvertrag ist bis zum 31. Mai 2008 befristet. Er verlängert sich jeweils um fünf Jahre, es sei denn eine der Vertragsparteien kündigt drei Monate vor Auslaufen des Anstellungsvertrags schriftlich an, dass eine Fortsetzung des Anstellungsverhältnisses nicht gewollt ist. Das Recht zur fristlosen Kündigung bleibt unberührt.

        

Das zwischen der Gesellschaft und [der Klägerin] bestehende Arbeitsverhältnis ruht für die Laufzeit des Geschäftsführervertrages. Sofern der Geschäftsführervertrag beendet wird, lebt das Arbeitsverhältnis wieder auf. Die Gesellschaft sichert [der Klägerin] ein Rückkehrrecht auf ihre bisherige Stelle als ,Abteilungsleiterin Kaufmännische Dienste’ zu.“

4

Am 20. April 2006 wurde das zweite Kind der Klägerin geboren. Diese beabsichtigte, Elternzeit in Anspruch zu nehmen, und bat um ihre Abberufung als Geschäftsführerin. Dem kam der Aufsichtsrat nach. Am 29. August 2006 trat die Klägerin ihre Elternzeit an, die sie zunächst bis zum 31. Oktober 2007 verlangt hatte. Während dieser Zeit besetzte die Beklagte weder die Position des zweiten Geschäftsführers neu noch die Stelle der Abteilungsleiterin Kaufmännische Dienste. Die entsprechenden Aufgaben verteilte sie auf andere Mitarbeiter um, ua. auf eine der Klägerin bislang unterstellte Sachbearbeiterin. Dieser übertrug die Beklagte im Juni 2006 Gesamtprokura und setzte sie ab Mitte September 2006 als Kaufmännische Assistentin der Geschäftsführung ein. Nach ihrem Ausscheiden stellte die Beklagte für sie die Mitarbeiterin M ein. Frau M wurde 1953 geboren und ist verheiratet. Im Herbst 2007 erteilte ihr die Beklagte Gesamtprokura.

5

Auf Antrag der Klägerin verlängerte die Beklagte die Elternzeit bis zum 31. Mai 2008. Mit Schreiben vom 4. Dezember 2007 teilte die Stadt als Gesellschafterin der Beklagten der Klägerin mit, den Geschäftsführer-Dienstvertrag nicht verlängern zu wollen. Im Februar 2008 beantragte die Klägerin, ihre Arbeitszeit im Anschluss an die Elternzeit auf 24 Stunden pro Woche zu verringern. Mit Schreiben vom 5. Mai 2008 bat sie erneut um eine entsprechende Anpassung des Anstellungsvertrags. Die Beklagte bestätigte unter dem 9. Mai 2008 die Wirksamkeit der Arbeitszeitverringerung gem. § 8 Abs. 5 TzBfG und bat um ein Gespräch am 2. Juni 2008. Mit E-Mail vom 20. Mai 2008 beantragte die Klägerin aufgrund veränderter persönlicher Umstände eine Verlängerung der Elternzeit bis zum 31. August 2008 bei gleichzeitiger Verschiebung der Arbeitszeitverringerung auf den 1. September 2008. Darauf reagierte die Beklagte nicht.

6

Die Klägerin erschien am 2. Juni 2008 zum Dienstantritt. Ihr wurde ein Schreiben vom 30. Mai 2008 ausgehändigt, in welchem die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien ordentlich zum 30. September 2008 kündigte und die Klägerin bis dahin von der Arbeitsleistung freistellte. Der Geschäftsführer der Beklagten hatte am 9. April 2008 folgende Erklärung unterzeichnet:

        

„Unternehmerische Entscheidung

        

Auflösung der Abteilung Kaufmännische Dienste

        

Mit heutigem Datum habe ich entschieden, die Abteilung Kaufm. Dienste mit sofortiger Wirkung aufzulösen und als Gruppe Kaufm. Dienste in der direkten Unterstellung zum Geschäftsführer weiterzuführen. Der Einsatz einer Abteilungsleiterin Kaufm. Dienste und die Besetzung der Sekretariatsstelle sind nicht mehr vorgesehen.“

7

Die Klage gegen die Kündigung vom 30. Mai 2008 hatte Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Kündigung sei unwirksam, weil sie gegen das vertraglich vereinbarte Rückkehrrecht verstoße. Danach habe die Klägerin einen Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung nach Ablauf des Geschäftsführervertrags. Dieser sei bis zum 2. Juni 2008 nicht erfüllt gewesen.

8

Unter dem 1. Oktober 2008 fasste der Geschäftsführer der Beklagten erneut den Beschluss, die Abteilung Kaufmännische Dienste aufzulösen.

9

Mit Schreiben vom 16. Oktober 2008 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin zum 31. Dezember 2008. Auch die hiergegen gerichtete Kündigungsschutzklage hatte Erfolg. Nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts war es der Beklagten nach Sinn und Zweck der im Geschäftsführer-Dienstvertrag vereinbarten Rückkehrklausel verwehrt, sich auf eine Umverteilung der Arbeitsaufgaben der Klägerin zu berufen. Die Beklagte habe ihre Organisation so zu gestalten, dass eine tatsächliche Rückkehr der Klägerin nach Inanspruchnahme der Elternzeit möglich sei. Außerdem sei der wahre Grund für ihre unternehmerische Entscheidung die Verärgerung darüber gewesen, dass die Klägerin auf ihren Posten als Abteilungsleiterin nur in Teilzeit habe zurückkehren wollen.

10

Mit Schreiben vom 17. Oktober 2008 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis fristlos, mit Schreiben vom 21. Oktober 2008 fristgemäß zum 31. Dezember 2008. Zur Begründung berief sie sich für beide Kündigungen darauf, das Vertrauensverhältnis zur Klägerin sei zerstört, weil diese Schmerzensgeldforderungen gegen sie erhoben habe. Hinsichtlich der fristlosen Kündigung wurde der Rechtsstreit beiderseits für erledigt erklärt, nachdem die Beklagte erklärt hatte, aus der Kündigung keine Rechte mehr herleiten zu wollen. In Bezug auf die Kündigung vom 21. Oktober 2008 wurde rechtskräftig festgestellt, dass auch diese das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst hat.

11

Am 17. April 2009 unterzeichnete der Geschäftsführer der Beklagten eine weitere Erklärung über die Absicht, die Abteilung Kaufmännische Dienste aufzulösen. Nach Anhörung des Betriebsrats kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 28. April 2009 zum 30. Juni 2009.

12

Dagegen hat die Klägerin rechtzeitig die vorliegende Klage erhoben. Sie hat die Auffassung vertreten, die Kündigung vom 28. April 2009 sei schon deshalb unwirksam, weil es sich um eine unzulässige Wiederholungskündigung handele. Zudem verstoße sie gegen ihr vertragliches Rückkehrrecht. Diesen Anspruch habe die Beklagte nach wie vor nicht erfüllt, da sie sie bislang nicht wieder als Abteilungsleiterin Kaufmännische Dienste beschäftigt habe. Grund für die Rückkehrklausel sei die Absicht gewesen, sie bei Ablauf des befristeten Geschäftsführervertrags nicht schlechter zu stellen als vorher in ihrem unbefristeten Arbeitsverhältnis als Abteilungsleiterin. Es sei Wille der Vertragspartner gewesen, sie im Anschluss an den Geschäftsführungsvertrag wieder als solche tätig werden zu lassen. Dieses Rückkehrrecht habe die Beklagte durch ihre Entscheidung, die Stelle aufzulösen, treuwidrig vereitelt.

13

Überdies fehle es an einem betrieblichen Grund für die Kündigung. Es sei nicht möglich, ihre Funktionen und Arbeitsaufgaben entfallen zu lassen. Diese seien in einem Unternehmen unverzichtbar. Der technische Geschäftsführer könne ihre Arbeitsaufgaben nicht übernehmen, weil hierzu eine fachspezifische Ausbildung erforderlich sei. Ferner sei die Sozialauswahl fehlerhaft. Ihre Tätigkeiten übe nunmehr Frau M aus, die weniger schutzbedürftig sei. Es handele sich um dieselbe Hierarchieebene. Die Beklagte diskriminiere sie, da sie die Kündigung nur wegen des Wunsches nach Teilzeitarbeit ausgesprochen habe. Darin liege zugleich eine unzulässige Maßregelung nach § 612a BGB. Zudem sei der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß beteiligt worden. Die Beklagte habe ihn nicht hinreichend über den Ausgang des vorangegangenen Kündigungsschutzrechtsstreits unterrichtet.

14

Die Klägerin hat - soweit noch von Interesse - beantragt

        

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 28. April 2009 nicht zum 30. Juni 2009 aufgelöst ist.

15

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Rückkehrklausel räume der Klägerin keinen besonderen Kündigungsschutz ein. Sie enthalte auch keine Arbeitsplatzgarantie. Im Übrigen habe sie den betreffenden Anspruch erfüllt. Die Klägerin sei schon im August 2006 auf ihren Wunsch hin in das Arbeitsverhältnis zurückgekehrt, spätestens sei sie das zum 1. Juni 2008. Eine Monate später ausgesprochene Kündigung verstoße nicht gegen die Rückkehrklausel. Die Kündigung sei durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt. Sie habe die Tätigkeiten der Klägerin umverteilt, ohne dass eine Ersatzeinstellung notwendig geworden sei. Die Sozialauswahl sei ordnungsgemäß. Es gebe keine mit der Klägerin vergleichbaren Arbeitnehmer.

16

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

17

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Kündigung vom 28. April 2009 zu Recht als wirksam angesehen.

18

I. Die Kündigung ist nicht wegen Verstoßes gegen § 2 Abs. 2 Satz 3 des Geschäftsführer-Dienstvertrags der Parteien unwirksam. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, das dort vereinbarte Rückkehrrecht führe nicht zu einem Kündigungsverbot. Dies ergibt die Auslegung der Bestimmung (§§ 133, 157 BGB).

19

1. Es kann dahinstehen, ob es sich bei der Regelung in § 2 Abs. 2 Satz 3 des Vertrags um eine Allgemeine Geschäftsbedingung handelt, deren Auslegung durch das Landesarbeitsgericht im Revisionsverfahren einer umfassenden Überprüfung unterliegt(vgl. BAG 9. September 2010 - 2 AZR 446/09 - Rn. 18 ff.; 20. Mai 2008 - 9 AZR 271/07 - Rn. 18, AP BGB § 305 Nr. 13), oder um eine atypische Willenserklärung, deren Auslegung revisionsrechtlich nur daraufhin überprüft werden kann, ob sie methodische Regeln verletzt, gegen Denk- und Erfahrungssätze verstößt oder wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen hat (BAG 26. März 2009 - 2 AZR 633/07 - Rn. 25, BAGE 130, 166; 13. November 2007 - 3 AZR 636/06 - Rn. 22, AP BetrAVG § 1 Nr. 50). Die Auslegung durch das Landesarbeitsgericht hält auch einer uneingeschränkten Überprüfung stand.

20

2. Nach dem Wortlaut von § 2 Abs. 2 Satz 3 des Vertrags sicherte die Beklagte der Klägerin die Rückkehr auf ihre bisherige Stelle zu. Von einer tatsächlichen Beschäftigung für einen bestimmten Mindestzeitraum ist dabei nicht die Rede. Dem entspricht der vorangehende Satz 2 der Bestimmung. Danach sollte das Arbeitsverhältnis - entgegen der Regel (vgl. BAG 15. März 2011 - 10 AZB 32/10 - Rn. 11, AP ArbGG 1979 § 2 Nr. 95 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 44; 19. Juli 2007 - 6 AZR 774/06 - Rn. 14, BAGE 123, 294) - „wieder aufleben“, also mit allen gegenseitigen Rechten und Pflichten wieder in Kraft gesetzt werden, sofern der Geschäftsführervertrag beendet würde. Der Sinn und Zweck der Rückkehrklausel im folgenden Satz 3 liegt demnach ersichtlich in der Klarstellung, auf welche Stelle die Klägerin nach Wiederaufleben des Arbeitsverhältnisses einen Anspruch haben sollte. Ihr sollte, wie sie selbst geltend gemacht hat, im Wege des Bestandsschutzes die Stelle erhalten bleiben, auf der sie in ihrem bisherigen Vertragsverhältnis weiterbeschäftigt worden wäre. Der Vereinbarung lässt sich dagegen nicht entnehmen, dass der rechtliche und soziale Besitzstand der Klägerin stärker als mit ihrem bisherigen Arbeitsverhältnis verbunden geschützt werden sollte. Die Rückkehrklausel enthält damit kein Kündigungsverbot. Sie garantiert weder den weiteren Fortbestand des Arbeitsverhältnisses, noch gewährt sie einen Anspruch auf eine bestimmte Mindestbeschäftigungszeit im Anschluss an das Dienstverhältnis als Geschäftsführerin.

21

3. Die Kündigung vom 28. April 2009 ist nicht deshalb unwirksam, weil durch sie die Erfüllung eines Rechts der Klägerin auf tatsächliche Beschäftigung unter Verstoß gegen den Rechtsgedanken des § 162 BGB oder den Grundsatz von Treu und Glauben vereitelt worden wäre. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, das Arbeitsverhältnis der Klägerin sei gem. § 2 Abs. 2 Satz 2 des Geschäftsführer-Dienstvertrags spätestens nach Ablauf der Elternzeit am 1. Juni 2008 wieder aufgelebt. Ein über den allgemeinen Beschäftigungsanspruch hinausgehendes Recht auf tatsächliche Beschäftigung besaß die Klägerin dagegen nicht. Die Rückkehr auf ihre Stelle setzte nicht zwangsläufig auch eine tatsächliche Beschäftigung auf dieser Stelle voraus. Aus der Rückkehrabrede der Parteien ließe sich überdies nicht entnehmen, für welchen Zeitraum die Klägerin tatsächlich hätte beschäftigt werden müssen, bevor die Beklagte erstmals wieder hätte kündigen dürfen.

22

4. Diesem Verständnis von § 2 Abs. 2 Satz 3 des Geschäftsführer-Dienstvertrags steht nicht die materielle Rechtskraft der Entscheidungen über die Kündigungen vom 30. Mai und 16. Oktober 2008 entgegen.

23

a) Präjudizielle Rechtsverhältnisse und Vorfragen werden nur dann iSv. § 322 ZPO rechtskräftig festgestellt, wenn sie selbst Streitgegenstand waren. Es genügt nicht, dass über sie als bloße Vorfragen zu entscheiden war (vgl. BGH 21. April 2010 - VIII ZR 6/09 - Rn. 9, NJW 2010, 2208; 7. Juli 1993 - VIII ZR 103/92 - zu II 1 der Gründe, BGHZ 123, 137; Zöller/Vollkommer ZPO 29. Aufl. Vor § 322 Rn. 34; Musielak/Musielak ZPO 9. Aufl. § 322 Rn. 17). Streitgegenstand einer Kündigungsschutzklage nach § 4 Satz 1 KSchG ist, ob ein Arbeitsverhältnis durch eine bestimmte Kündigung aufgelöst worden ist(sog. punktuelle Streitgegenstandslehre, BAG 22. November 2012 - 2 AZR 732/11 -; 25. März 2004 - 2 AZR 399/03 - zu B II 1 der Gründe, AP BMT-G II § 54 Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 4). Einzelne Begründungselemente nehmen grundsätzlich nicht an der materiellen Rechtskraft teil (vgl. nur BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 16, BAGE 135, 239; BGH 26. Juni 2003 - I ZR 269/00 - Rn. 22, NJW 2003, 3058).

24

b) Die Auslegung von § 2 Abs. 2 Satz 3 des Dienstvertrags durch das Landesarbeitsgericht stellt ein bloßes Begründungselement für die Feststellung dar, dass die Kündigungen vom 30. Mai und 16. Oktober 2008 das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht beendet haben. Die materielle Rechtskraft der Entscheidungen in den Vorprozessen erstreckt sich auf sie grundsätzlich nicht.

25

c) Etwas anderes folgt im Streitfall auch nicht aus dem Verbot der Wiederholungskündigung.

26

aa) Eine Kündigung kann nicht erfolgreich auf Gründe gestützt werden, die der Arbeitgeber schon zur Begründung einer vorhergehenden Kündigung vorgebracht hat und die in dem früheren Kündigungsschutzprozess mit dem Ergebnis materiell geprüft worden sind, dass sie die Kündigung nicht tragen. Mit einer Wiederholung dieser Gründe zur Stützung einer späteren Kündigung ist der Arbeitgeber dann ausgeschlossen ( BAG 6. September 2012 - 2 AZR 372/11 - Rn. 13; 8. November 2007 - 2 AZR 528/06  - Rn. 20 ff. mwN, EzA BGB 2002 § 626 Nr. 19; 12. Februar 2004 - 2 AZR 307/03 - zu B II 2 c aa der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Nr. 75 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 129; 26. August 1993 - 2 AZR 159/93 - zu II 1 der Gründe, BAGE 74, 143). Eine Präklusionswirkung in diesem Sinne entfaltet die Entscheidung über die frühere Kündigung allerdings nur bei identischem Kündigungssachverhalt. Hat sich dieser wesentlich geändert, darf der Arbeitgeber ein weiteres Mal kündigen ( BAG 26. November 2009 - 2 AZR 272/08  - Rn. 19, BAGE 132, 299 ). Das gilt auch bei einem sog. Dauertatbestand ( BAG 6. September 2012 - 2 AZR 372/11 - aaO ). Die Präklusionswirkung tritt ferner dann nicht ein, wenn die frühere Kündigung bereits aus formellen Gründen, also etwa wegen der nicht ordnungsgemäßen Beteiligung der Mitarbeitervertretung für unwirksam erklärt worden ist (BAG 25. März 2004 - 2 AZR 399/03 - zu C I der Gründe, AP BMT-G II § 54 Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 4; KR-Fischermeier 10. Aufl. § 626 BGB Rn. 403).

27

(1) Auch dieses Verbot, eine Kündigung nach rechtskräftiger Feststellung der Unwirksamkeit einer vorhergegangenen Kündigung bei gleich gebliebenem Kündigungssachverhalt und nach dessen materieller Prüfung erneut auf eben diesen Sachverhalt zu stützen, findet - trotz der Unterschiedlichkeit der Streitgegenstände - seine Grundlage in der Rechtskraft gerichtlicher Entscheidungen (vgl. BAG 26. November 2009 - 2 AZR 272/08 - Rn. 19, BAGE 132, 299; 26. August 1993 -  2 AZR 159/93  - zu II 1 d der Gründe, BAGE 74, 143 ). Bei der Würdigung, ein bestimmter Lebenssachverhalt könne eine Kündigung materiell nicht begründen, handelt es sich nicht bloß um ein Element der Begründung für die Feststellung, dass die Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst hat. Diese Würdigung nimmt vielmehr selbst an der Rechtskraftwirkung der Entscheidung teil. Der Grund liegt in der Gleichwertigkeit einer solchen Feststellung mit einem (fiktiven) Gestaltungsurteil, in dem eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen der fraglichen Gründe abgelehnt wird (Bötticher Gestaltungsrecht und Unterwerfung im Privatrecht 1964, S. 5). Nach der Konzeption des Kündigungsschutzgesetzes muss sich zwar der Arbeitnehmer gem. §§ 4, 7 KSchG(ggf. iVm. § 13 Abs. 1 Satz 2 oder Abs. 3 KSchG) mit einer Feststellungsklage gegen das vom Arbeitgeber durch den Ausspruch einer Kündigung in Anspruch genommene Gestaltungsrecht wehren. Der Sache nach handelt es sich jedoch um eine „Gestaltungsgegenklage“, mit der der Arbeitnehmer das vom Arbeitgeber in Anspruch genommene Gestaltungsrecht zur gerichtlichen Überprüfung stellt. Die Rechtskraft einer Entscheidung, die nach materieller Prüfung des Kündigungsgrundes der Kündigungsschutzklage stattgibt, entspricht deshalb der Rechtskraftwirkung eines Gestaltungsurteils (Bötticher aaO). So würde sich, müsste der Arbeitgeber durch Gestaltungsklage eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerichtlich erwirken, die Rechtskraft einer diese Klage nach materieller Prüfung der vorgebrachten Gründe abweisenden Entscheidung darauf erstrecken, dass das in Anspruch genommene Gestaltungsrecht nicht bestand (vgl. zur Rechtskraftwirkung eines klageabweisenden Gestaltungsurteils BAG 26. August 1993 - 2 AZR 159/93 - zu II 1 d bb der Gründe, BAGE 74, 143 ; MünchKommZPO/Gottwald 4. Aufl. § 322 Rn. 186; Stein/Jonas/Leipold ZPO 22. Aufl. § 322 Rn. 109; Musielak/Musielak ZPO 9. Aufl. § 322 Rn. 64). Dementsprechend umfasst die materielle Rechtskraft der einer Kündigungsschutzklage stattgebenden Entscheidung die Untauglichkeit eines vorgetragenen Lebenssachverhalts als Kündigungsgrund, wenn er materiell geprüft worden ist. Dann wiederum vermag dieser Lebenssachverhalt auch eine nachfolgende, allein auf ihn gestützte Kündigung wegen § 322 ZPO nicht zu begründen. Von der Frage, ob das in Anspruch genommene Gestaltungsrecht besteht, ist die Frage, ob es rechtsgeschäftlich wirksam erklärt wurde, zu unterscheiden (Bötticher aaO, S. 4). Ist nur die Rechtswirksamkeit der rechtsgeschäftlichen Erklärung - etwa wegen Formmangels - in einem Vorprozess verneint worden, schließt dies nicht aus, von dem Gestaltungsrecht als solchem mit einer späteren, auf denselben Kündigungsgrund gestützten, nunmehr wirksam erklärten Kündigung erneut Gebrauch zu machen.

28

(2) Das Verbot der Wiederholungskündigung lässt sich dagegen nicht allein aus dem Verbrauch des Gestaltungsrechts schon durch seine (erstmalige) Ausübung herleiten. Ein „Verbrauch“ des Gestaltungsrechts tritt nur bei dessen wirksamer Ausübung ein (missverständlich daher BAG 26. August 1993 - 2 AZR 159/93 - zu II 1 c der Gründe, BAGE 74, 143; vgl. auch 26. November 2009 - 2 AZR 272/08 - BAGE 132, 299 ). Nur die ordnungsgemäße Gestaltungserklärung „konsumiert“ das Gestaltungsrecht (Bötticher Gestaltungsrecht und Unterwerfung im Privatrecht 1964, S. 6).

29

bb) Bei Anwendung dieser Grundsätze steht der Umstand, dass das Landesarbeitsgericht auf die Unwirksamkeit der Kündigungen vom 30. Mai und 16. Oktober 2008 erkannt hat, der Wirksamkeit der Kündigung vom 28. April 2009 nicht entgegen. Diese Kündigung ist keine Wiederholungskündigung im dargelegten Sinne. Das Landesarbeitsgericht hat nicht einem bestimmten Lebenssachverhalt die materielle Eignung als Kündigungsgrund abgesprochen, der als der nämliche der Kündigung vom 28. April 2009 zugrunde läge. Es hat vielmehr § 2 Abs. 2 Satz 3 des Geschäftsführer-Dienstvertrags der Parteien dahin ausgelegt, dass dieser als generelles vertragliches Kündigungsverbot schon einer wirksamen Ausübung des Kündigungsrechts der Beklagten entgegenstehe. Damit hat es nicht rechtskräftig das in Anspruch genommene materielle Kündigungsrecht als solches, sondern nur die Wirksamkeit seiner rechtsgeschäftlichen Erklärung verneint.

30

(1) Die Kündigung vom 30. Mai 2008 hat das Landesarbeitsgericht als unwirksam angesehen, weil sie gegen das vertraglich vereinbarte Rückkehrrecht verstoßen habe. Der - von ihm angenommene - Anspruch der Klägerin auf tatsächliche Beschäftigung nach Ablauf des Geschäftsführervertrags sei bis zum 2. Juni 2008 nicht erfüllt gewesen. Dies betrifft die Wirksamkeit der Kündigung als Kündigungserklärung, nicht das mögliche materielle Kündigungsrecht aufgrund dringender betrieblicher Erfordernisse. Das Landesarbeitsgericht hat nicht geprüft, ob die Entscheidung der Beklagten, die Abteilung Kaufmännische Dienste endgültig aufzulösen, materiell geeignet war, eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin sozial zu rechtfertigen. Es hat lediglich der am 2. Juni 2008 zugegangenen, hierauf gestützten Kündigungserklärung die rechtsgeschäftliche Wirksamkeit versagt, weil der vereinbarte Rückkehranspruch der Klägerin zu diesem Zeitpunkt noch nicht erfüllt worden sei.

31

(2) Mit Blick auf die Kündigung vom 16. Oktober 2008 hat das Landesarbeitsgericht angenommen, der Beklagten sei es nach Sinn und Zweck der Rückkehrklausel verwehrt gewesen, sich auf eine Umverteilung der Arbeitsaufgaben der Klägerin als Kündigungsgrund zu berufen. Das lasse die Abrede ins Leere laufen. Auch dies betrifft die Wirksamkeit der Kündigungserklärung als Ausübung des in Anspruch genommenen Gestaltungsrechts, nicht das materielle Kündigungsrecht selbst. Soweit das Landesarbeitsgericht ausgeführt hat, die Beklagte habe ihre Organisation so gestalten müssen, dass eine tatsächliche Rückkehr der Klägerin nach Inanspruchnahme der Elternzeit möglich sei, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Das Landesarbeitsgericht hat mit dieser Erwägung näher begründet, warum die Beklagte sich auf den in Anspruch genommenen Kündigungsgrund nicht habe berufen dürfen, ihr also die Ausübung des Kündigungsrechts verwehrt sei. Es hat dagegen nicht angenommen, die Beklagte habe mit der Rückkehrabrede auf das Recht zur betriebsbedingten Kündigung dauerhaft verzichtet.

32

II. Die Kündigung vom 28. April 2009 ist aufgrund dringender betrieblicher Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG sozial gerechtfertigt.

33

1. Dringende betriebliche Erfordernisse, die eine Kündigung bedingen, können sich daraus ergeben, dass der Arbeitgeber sich zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt, deren Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfallen lässt. Eine solche unternehmerische Entscheidung ist gerichtlich nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist ( BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 124/11 - Rn. 21, EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 167; 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10  - Rn. 17, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 189 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 166). Nachzuprüfen ist, ob die fragliche Entscheidung tatsächlich umgesetzt wurde und dadurch das Beschäftigungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer entfallen ist ( BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 124/11 - aaO; 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10  - aaO).

34

2. Allerdings kann in Fällen, in denen die Organisationsentscheidung des Arbeitgebers und sein Kündigungsentschluss praktisch deckungsgleich sind, die ansonsten berechtigte Vermutung, die fragliche Entscheidung sei aus sachlichen Gründen erfolgt, nicht unbesehen greifen. Da die Kündigung nach dem Gesetz an das Vorliegen von Gründen gebunden ist, die außerhalb ihrer selbst liegen, muss der Arbeitgeber in solchen Fällen seine Entscheidung hinsichtlich ihrer organisatorischen Durchführbarkeit und zeitlichen Nachhaltigkeit verdeutlichen ( BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 124/11 - Rn. 22, EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 167; 16. Dezember 2010 - 2 AZR 770/09  - Rn. 14, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 186 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 165). Daran fehlt es, wenn die Entscheidung in ihrer Folge zu einer Überforderung oder Benachteiligung des im Betrieb verbliebenen Personals führte (vgl. Rost Jahrbuch des Arbeitsrechts Bd. 39 S. 83) oder sie lediglich Vorwand dafür ist, bestimmte Arbeitnehmer aus dem Betrieb zu drängen, obwohl Beschäftigungsbedarf und Beschäftigungsmöglichkeiten objektiv fortbestehen und etwa nur der Inhalt des Arbeitsvertrags als zu belastend angesehen wird ( BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 124/11 - aaO; 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10  - Rn. 18, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 189 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 166).

35

Läuft die unternehmerische Entscheidung auf den Abbau einer Hierarchieebene oder die Streichung eines einzelnen Arbeitsplatzes hinaus verbunden mit einer Umverteilung der dem betroffenen Arbeitnehmer bisher zugewiesenen Aufgaben, muss der Arbeitgeber konkret erläutern, in welchem Umfang und aufgrund welcher Maßnahmen die bisher vom gekündigten Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten für diesen zukünftig entfallen. Nur so kann geprüft werden, ob die Entscheidung den dargestellten Voraussetzungen genügt. Der Arbeitgeber muss die Auswirkungen seiner unternehmerischen Vorgaben und Planungen auf das erwartete Arbeitsvolumen anhand einer schlüssigen Prognose im Einzelnen darstellen und angeben, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige Leistungen, dh. im Rahmen ihrer vertraglich geschuldeten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit erledigt werden können ( BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 124/11 - EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 167; 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10  - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 189 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 166).

36

3. Danach hat das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen, wegen der Auflösung der Abteilung Kaufmännische Dienste und der Umverteilung der Aufgaben der Klägerin sei das Bedürfnis für deren Beschäftigung als Leiterin dieser Abteilung entfallen. Es hat festgestellt, die Beklagte habe bereits mit dem Wechsel der Klägerin in die Geschäftsführung einen Teil ihrer Tätigkeiten anderen Mitarbeitern übertragen. Diese seien dadurch nicht überobligatorisch belastet worden. Die übrigen Aufgaben habe die Klägerin zunächst selbst weiter wahrgenommen, nunmehr als Geschäftsführerin. Mit dem Beginn ihrer Elternzeit seien sie dem anderen Geschäftsführer zugefallen. Die Umverteilung der Aufgaben habe sich als praktisch umsetzbar erwiesen.

37

a) Das Landesarbeitsgericht hat damit nicht darauf abgestellt, die Aufgaben der Klägerin seien entfallen. Es hat vielmehr angenommen, sie hätten auf andere Mitarbeiter verteilt werden können, ohne dass es dadurch zu Überlastungen gekommen sei. Da die Umverteilung bereits längere Zeit praktisch umgesetzt war, ging der Einwand der Klägerin ins Leere, ihr Mitgeschäftsführer habe ihre Aufgaben mangels ausreichender Qualifikation gar nicht übernehmen können. Mit der Entscheidung, die Funktion einer Leiterin der Abteilung Kaufmännische Dienste zukünftig einzusparen, war der Arbeitsplatz der Klägerin sodann dauerhaft weggefallen.

38

b) Den maßgeblichen Sachverhalt hat das Landesarbeitsgericht als unstreitig angesehen. Einer Beweisaufnahme bedurfte es damit nicht. Dagegen hat die Klägerin keine zulässigen Verfahrensrügen erhoben. Sie hat nicht dargelegt, an welcher Stelle welchen Schriftsatzes sie Art und Umfang ihrer einzelnen Tätigkeiten und deren Verteilung auf andere Mitarbeiter und ihren Mitgeschäftsführer bestritten habe. Der Hinweis, Frau M sei „letztlich“ für sie eingestellt worden, ist unbeachtlich. Damit hat sie nicht bestritten, dass Frau M die Nachfolgerin derjenigen Mitarbeiterin war, die zuvor einen Teil ihrer - der Klägerin - Aufgaben übernommen hatte.

39

c) Der Beklagten war es trotz der - rechtskräftig festgestellten - Unwirksamkeit der Kündigungen vom 30. Mai und 16. Oktober 2008 nicht verwehrt, die Kündigung vom 28. April 2009 auf die genannten betrieblichen Umstände zu stützen. Dieser Kündigungsgrund wurde in den Vorprozessen materiellrechtlich nicht geprüft. Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob allein die „Neuauflage“ der schon zuvor getroffenen, inhaltsgleichen unternehmerischen Entscheidungen vom 9. April 2008 und 1. Oktober 2008, die Abteilung Kaufmännische Dienste aufzulösen, zu einem anderen als dem den Kündigungen vom 30. Mai und 16. Oktober 2008 zugrunde liegenden Lebenssachverhalt führte.

40

4. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Entscheidung der Beklagten, die Abteilung Kaufmännische Dienste aufzulösen, sei nicht missbräuchlich gewesen, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

41

a) Das Berufungsgericht hat alle relevanten Gesichtspunkte berücksichtigt und vertretbar tatrichterlich gewürdigt. Es hat bedacht, dass möglicherweise eine gewisse Verärgerung über die Klägerin Anlass für die Entscheidung war. Es hat angenommen, gleichwohl habe die Beklagte ihre Entscheidungsfreiheit nicht missbraucht. Für die Streichung der Stelle habe es nachvollziehbare wirtschaftliche Gründe gegeben. Die Stelleneinsparung habe nicht bezweckt, die Klägerin daran zu hindern, ihre Rechte in Anspruch zu nehmen. Ebenso wenig habe sie der Umgehung von Schutzbestimmungen gedient. Das Landesarbeitsgericht hat dabei die beträchtliche Zeitspanne seit dem Ende der Elternzeit und dem Teilzeitverlangen der Klägerin sowie den Umstand in Rechnung gestellt, dass die Beklagte sie in ihrem Begehren, Elternzeit in Anspruch zu nehmen, wunschgemäß durch Abberufung als Geschäftsführerin unterstützt und ihrem späteren Teilzeitantrag entsprochen habe.

42

b) Dies lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Der Würdigung des Landesarbeitsgerichts steht nicht entgegen, dass es im Zusammenhang mit der Kündigung vom 16. Oktober 2008 angenommen hatte, der wahre Grund für ihre unternehmerische Entscheidung sei die Verärgerung darüber gewesen, dass die Klägerin auf ihren Posten als Abteilungsleiterin nur in Teilzeit habe zurückkehren wollen. Das betraf allein die damalige Ausübung des Kündigungsrechts und ist für die Beurteilung der hier streitgegenständlichen Kündigung nicht maßgebend.

43

5. Die Kündigung vom 28. April 2009 ist nicht wegen fehlerhafter Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG sozial ungerechtfertigt. Die Klägerin und Frau M sind jedenfalls mit Blick auf die betriebliche Hierarchieebene nicht vergleichbar. Der Klägerin als Abteilungsleiterin waren die Mitarbeiter der Abteilung Kaufmännische Dienste unterstellt. Es ist weder vorgetragen noch objektiv ersichtlich, dass Frau M eine ähnliche hierarchische Stellung einnähme und ihr weitere Mitarbeiter - etwa aus dem kaufmännischen Bereich - unterstellt wären. Für eine solche Annahme reicht der Umstand, dass ihr Gesamtprokura erteilt wurde, nicht aus. Die Erteilung von Prokura ist nicht zwingend an eine hierarchische Position geknüpft.

44

III. Die Kündigung ist nicht gem. § 5 TzBfG iVm. § 134 BGB wegen der Inanspruchnahme von Rechten nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz oder gem. § 612a BGB wegen Verstoßes gegen das Maßregelungsverbot unwirksam.

45

1. Eine unzulässige Benachteiligung kann zwar auch darin liegen, dass der Arbeitgeber eine Kündigung ausspricht (Laux/Schlachter TzBfG 2. Aufl. § 5 Rn. 11; vgl. auch BAG 2. April 1987 - 2 AZR 227/86 - zu II 1 d aa der Gründe, BAGE 55, 190). Erforderlich ist aber ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Benachteiligung und der Inanspruchnahme eines Rechts. Bloße Mitursächlichkeit genügt nicht. Die zulässige Rechtsausübung muss der tragende Beweggrund, dh. das wesentliche Motiv für die benachteiligende Maßnahme gewesen sein (BAG 18. September 2007 - 3 AZR 639/06 - Rn. 27, BAGE 124, 71; 22. Mai 2003 - 2 AZR 426/02 - zu B III 2 b der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Wartezeit Nr. 18 = EzA BGB 2002 § 242 Kündigung Nr. 2).

46

2. Im Streitfall gibt es dafür keinen Anhaltspunkt. Das Landesarbeitsgericht hat - zu Recht - angenommen, die unternehmerische Entscheidung der Beklagten, die Abteilung Kaufmännische Dienste aufzulösen, sei nicht rechtsmissbräuchlich gewesen. Dafür, dass dennoch die Inanspruchnahme von Rechten durch die Klägerin und nicht der Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses der tragende Grund für die Kündigung gewesen wäre, ist nach dem festgestellten Sachverhalt nichts ersichtlich.

47

IV. Die Kündigung ist nicht gem. § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam. Mit Schreiben vom 20. April 2009 hat die Beklagte den bei ihr gebildeten Betriebsrat über die für sie maßgeblichen Umstände unterrichtet. Sie hat sowohl die Umverteilung der Arbeitsaufgaben der Klägerin im Einzelnen dargestellt als auch die vertragliche Rückkehrklausel wiedergegeben. Der Betriebsrat konnte sich damit ein hinreichendes Bild über den Kündigungssachverhalt machen. Das Schreiben enthielt ferner Angaben darüber, warum aus Sicht der Beklagten eine Sozialauswahl entbehrlich war. Vorsorglich waren aber neben den Sozialdaten der Klägerin auch die der Frau M aufgeführt. Außerdem wurde der Betriebsrat darüber unterrichtet, dass der Rechtsstreit über die Wirksamkeit der Kündigung vom 30. Mai 2008 noch nicht abgeschlossen war. Die Angabe weiterer prozessualer Einzelheiten war für die Anhörung zu der beabsichtigten neuerlichen Kündigung nicht erforderlich.

48

V. Die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels hat gem. § 97 ZPO die Klägerin zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Berger    

        

    Rachor    

        

        

        

    Frey    

        

    Perreng    

                 

(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Die gleiche Entscheidung hat das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers zu treffen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz stellen.

(2) Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzusetzen, an dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte.

(1) Als Abfindung ist ein Betrag bis zu zwölf Monatsverdiensten festzusetzen.

(2) Hat der Arbeitnehmer das fünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens fünfzehn Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu fünfzehn Monatsverdiensten, hat der Arbeitnehmer das fünfundfünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens zwanzig Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu achtzehn Monatsverdiensten festzusetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer in dem Zeitpunkt, den das Gericht nach § 9 Abs. 2 für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses festsetzt, das in der Vorschrift des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch über die Regelaltersrente bezeichnete Lebensalter erreicht hat.

(3) Als Monatsverdienst gilt, was dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit in dem Monat, in dem das Arbeitsverhältnis endet (§ 9 Abs. 2), an Geld und Sachbezügen zusteht.

(1) Die Vorschriften dieses Abschnitts gelten nicht

1.
in Betrieben einer juristischen Person für die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist,
2.
in Betrieben einer Personengesamtheit für die durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit berufenen Personen.

(2) Auf Geschäftsführer, Betriebsleiter und ähnliche leitende Angestellte, soweit diese zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind, finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit Ausnahme des § 3 Anwendung. § 9 Abs. 1 Satz 2 findet mit der Maßgabe Anwendung, daß der Antrag des Arbeitgebers auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses keiner Begründung bedarf.

(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Die gleiche Entscheidung hat das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers zu treffen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz stellen.

(2) Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzusetzen, an dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte.

(1) Die Vorschriften dieses Abschnitts gelten nicht

1.
in Betrieben einer juristischen Person für die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist,
2.
in Betrieben einer Personengesamtheit für die durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit berufenen Personen.

(2) Auf Geschäftsführer, Betriebsleiter und ähnliche leitende Angestellte, soweit diese zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind, finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit Ausnahme des § 3 Anwendung. § 9 Abs. 1 Satz 2 findet mit der Maßgabe Anwendung, daß der Antrag des Arbeitgebers auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses keiner Begründung bedarf.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 11.10.2016, Az.: 8 Ca 596/16 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten (im Berufungsverfahren nur noch) darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund ordentlicher betriebsbedingter Arbeitgeberkündigung sein Ende gefunden hat, oder aber nicht.

2

Der Kläger war zunächst ab dem 01.01.2014 bis zum 31.12.2015 für die E. Verwaltungs GmbH tätig und wechselte dann innerhalb der gleichen Unternehmensgruppe unter Anrechnung der Vorbeschäftigungszeiten zur Beklagten. Die Beklagte fertigt Aquarien und Aquaristikzubehör. Im Werk in C-Stadt sind ungefähr 80 Arbeitnehmer beschäftigt. Der Kläger erzielte zuletzt ein Monatseinkommen von ca. 4.500,00 Euro brutto zuzüglich eines geldwerten Vorteils für den Dienstwagen von 895,19 Euro monatlich und erhielt eine Bonuszahlung; hinsichtlich der arbeitsvertraglichen Regelung im Einzelnen wird auf Bl. 23 ff. d. A.) Bezug genommen.

3

Der Kläger hatte Gesamtprokura mit einem weiteren Prokuristen, die auch im Handelsregister eingetragen ist (vgl. Bl. 32 d. A.). Intern durfte der Kläger zusammen mit einem anderen Prokuristen Verträge bis zu einer Jahressumme von 15.000,00 Euro abschließen. Die "Hauptaufgaben" des Klägers hat die Beklagte im Entwurf für ein Zwischenzeugnis, hinsichtlich dessen weiteren Inhalts auf Blatt 72 ff. d. A. Bezug genommen wird, wie folgt wiedergegeben:

4

"Herr A. übernimmt in seiner Position folgende Hauptaufgaben:

5

- disziplinarische und fachliche Leitung des Standorts mit 60 Mitarbeitern einschließlich des Werks; monatlicher Bericht an die Konzerngeschäftsführung
- -Co-Planung und alleinverantwortliche Steuerung der Sanierung des Werks inklusive Umsetzung von Rationalisierungsmaßnahmen
- Sicherstellung der Lieferfähigkeit des Werks während des Turnarounds und darüber hinaus unter Minimierung der Lagerbestände und der benötigten Personalkapazität
- Budgetplanung und Budgetverantwortung für das Werk
- Investitionsplanung sowie Beschaffung von Investitionsgütern und Umsetzung von Investionsvorhaben
- Controlling
- Kalkulation
- Abwicklung von größeren Rechtsstreitigkeiten und größeren Versicherungsfällen
- Vorbereitung und ordnungsgemäße Durchführung der jährlichen Inventur
- Kommunikation und Verhandlungen mit dem Betriebsrat
- Kommunikation mit Banken, daher Verhandlungsführung zur Sicherstellung der weitern Finanzierung
- Kommunikation mit den weiteren Konzernfunktionen, insbesondere Logistik, Vertrieb und F&E
- Schaffung einer Basis für datengetriebene Entscheidungsfindung
- Etablierung von Produktionsleistungsdaten
- Vorbereitung und Umsetzung von arbeitsrechtlichen Maßnahmen
- Betreuung und Weiterentwicklung des xy-Projekts
- federführender Projektleiter für die Einführung von S. am Standort
- Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften hinsichtlich Arbeitssicherheit."

6

Die Beklagte hat mit Schreiben vom 21.04.2016 das Arbeitsverhältnis zum 31.10.2016 ordentlich gekündigt. Der Kläger wurde nach Überreichen der Kündigung freigestellt. Den bei der Beklagten bestehenden Betriebsrat hat sie zuvor nicht angehört.

7

Der Kläger hat vorgetragen,

8

Er sei entgegen der Auffassung der Beklagten kein leitender Angestellter im Sinne von § 5 Abs. 3 BetrVG. Deshalb habe der Betriebsrat zur Kündigung seines Arbeitsverhältnisses angehört werden müssen. Die Erteilung der Gesamtprokura führe, wie vorliegend, keineswegs automatisch dazu, dass der Kläger auch leitender Angestellter sei. Es handele sich lediglich um einen Titel. Im Innenverhältnis sei die Prokura nämlich unbedeutend, weil sie auf Beträge von 15.000,00 Euro zusammen mit einem anderen Prokuristen beschränkt sei. Es sei auch nicht erkennbar, welche Leitungsaufgaben der Kläger im Werk in C-Stadt wahrnehme. Er sei zu dem nicht zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt gewesen. Er habe keine Aufgaben gehabt, die für den Bestand oder die Entwicklung der Beklagten oder den Betrieb in C-Stadt bedeutend seien. Er habe schließlich auch keine alleinige Entscheidungsbefugnis über etwaige Sanierungs- oder Rationalisierungsmaßnahmen gehabt. Er habe nicht die Budgetplanung oder Investitionsplanung durchgeführt. Beim Budget habe er zwar einen Entwurf erstellt, der aber dann vom Aufsichtsrat habe genehmigt werden müssen. Er habe nicht die Kalkulation durchgeführt, er habe auch keine Befugnis gehabt, etwa die Verbraucherpreise festzulegen.

9

Die Personalbefugnis bis 50.000,00 Euro Jahresgehalt sei nicht für Einstellungen oder Entlassungen erteilt worden, sondern nur im Zusammenhang mit Vertragsverlängerungen oder Ersatzeinstellungen. Er selbst habe nie eine Neueinstellung durchgeführt. Diese müsse vom Aufsichtsrat genehmigt werden. Der Kläger sei auch nicht Standortleiter in C-Stadt gewesen, sondern lediglich einer von zwei Werksleitern.

10

Die Beklagte trage zudem widersprüchlich unterschiedliche Kündigungssachverhalte vor. Zunächst habe sie vorgetragen, sein Posten sei gestrichen worden und auf die Geschäftsführung übertragen worden. Sodann sei nach ihrem Vorbringen die Tätigkeit zum Teil vom Geschäftsführer und zum Teil von Herrn W. übernommen worden. Es treffe nicht zu, dass die S.-Einführung abgeschlossen sei. Dies solle erst im Sommer 2017 der Fall sein.

11

Der Kläger hat beantragt,

12

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die mit Schreiben der Beklagten vom 21.04.2016 ausgesprochene ordentliche Kündigung nicht zum 31.10.2016 beendet wird.

13

2. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ein qualifiziertes Zwischenzeugnis zu erteilen.

14

Die Beklagte hat beantragt,

15

die Klage abzuweisen.

16

Die Beklagte hat vorgetragen,

17

der Betriebsrat habe nicht angehört werden müssen, weil der Kläger leitender Angestellter sowohl im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG als auch gem. § 14 Abs. 3 KSchG sei. Er sei Werksleiter gewesen. Die Prokura, die er innegehabt habe, sei nicht unbedeutend gewesen. Mit einem anderen Prokuristen zusammen habe er Arbeitnehmer bis 50.000,00 Euro Jahreseinkommen einstellen können. Seine Tätigkeit sei keineswegs unbedeutend, das gelte schon deshalb, weil das Aufgabengebiet nicht unbedeutend gewesen sei. Er habe über den Standort mit 8 Millionen Euro Jahresumsatz weitgehend weisungsfrei und selbstverantwortlich entscheiden können. Die vorgegebenen Rahmenbedingungen sowie die Unterschriftsrichtlinie sprächen nicht gegen eine eigene Entscheidungsbefugnis des Klägers. Vielmehr hätte er bei der Beklagten, wenn er denn länger beschäftigt gewesen wäre, für den Standort Entscheidungen treffen können, an denen die Beklagte nicht vorbeigekommen wäre. Er sei verantwortlich gewesen für die Steuerung des Werkes und für die Umsetzung der Rationalisierung, von der rund 80 Arbeitnehmer betroffen seien. Auch das 4-Augen-Prinzip ändere daran nichts, dass der Kläger leitender Angestellter gewesen sei. Er habe die Personalauswahl im operativen Bereich verantwortlich innegehabt. Bei längerer Beschäftigung hätte er die grundsätzliche Kompetenz zur Einstellung und Entlassung von Arbeitnehmern auch ausüben können. Es sei für eine Befugnis zur Einstellung und Entlassung nicht erforderlich, dass man die Personalverantwortung für alle trage, sondern es genüge, wenn man für Arbeitnehmer, die für den Betrieb wesentlich seien, die Personalverantwortung trage.

18

Im Übrigen sei die Kündigung auch sozial gerechtfertigt. Am 18.02.2016 habe die Beklagte die Unternehmerentscheidung getroffen, dass die Ebene der Bereichsleiter wegfalle. Vom 01.12.2015 bis zum 31.12.2015 sei Herr S. Werkleiter in C-Stadt gewesen und danach Geschäftsführer bis zu seinem Austritt. Die Werksleitung sei dann ab 01.01.2016 aufgeteilt worden zwischen dem Kläger, der den Bereich Aquaristik betreut habe, und Herrn W., der Objektbau und Produktmanagement betreut habe. Der Kläger sei auch für die Einführung der S.-Software am Standort federführend gewesen. Die S.-Einführung sei abgeschlossen und diese Arbeit folglich weggefallen.

19

Ab dem 22.04.2016, also ab dem Zeitpunkt der Freistellung des Klägers, werde die Arbeit, die er zuvor verrichtet habe, von Anderen durchgeführt. Herr W. habe jetzt die Werksleitung sowohl für Aquaristik wie Objektbau und Innendienst alleine inne. Das Produktmanagement sei auf Herrn St. übertragen worden. Der Kläger sei mit Letzterem nicht vergleichbar. Dieser sei gelernter Modellbauer, habe ein FH-Studium Holztechnik hinter sich sowie einen Ausbilderabschluss und ferner die Ausbildung als Qualitätssicherungsassistent. Des Weiteren habe er die Qualitätsausbildung als interner Auditor Iso durchlaufen. Herr W. sei schutzwürdiger als der Kläger, weil er 7 Jahre älter und seit 11 Jahren Arbeitnehmer der Beklagten sei, er sei verheiratet und habe zwei Kinder.

20

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat daraufhin durch Urteil vom 11.10.2016 - 8 Ca 596/16 - festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die von der Beklagten am 21.04.2016 ausgesprochene ordentliche Kündigung nicht zum 31.10.2016 beendet wird und die Beklagte verurteilt, dem Kläger ein qualifiziertes Zwischenzeugnis zu erteilen. Hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Bl. 92 - 99 d. A. Bezug genommen.

21

Gegen das ihr am 08.11.2016 zugestellte Urteil hat die Beklagte durch am 11.11.2016 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Sie hat die Berufung durch am 06.12.2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

22

Die Beklagte wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, die E. Gruppe befinde sich seit Ende 2012/Anfang 2013 in einem organisatorischen Umwandlungsprozess, nach dem zum 01.01.2013 ein neuer Holdinggeschäftsführer seine Tätigkeit aufgenommen habe. Insbesondere die Führungsaufgaben seien im Nachgang dazu nach und nach neu strukturiert worden. Er habe die Führungsstrukturen, die Mitglieder des Managements seien rationell bei der Holding angestellt gewesen, in der E. Gruppe, also bei der E. Verwaltungs GmbH, aber auch in den Einzelgesellschaften neu aufgesetzt und ausgeweitet. Dazu seien neben dem Kläger weitere Managementarbeitsplätze in der E. Gruppe in 2013/2014 geschaffen und besetzt und u.a. der Kläger, zuletzt als Assistent der Geschäftsführung, eingestellt worden. Es habe bis 2014 jeweils einen nicht vor Ort permanent anwesenden Geschäftsführer gegeben, der auch weitere Gesellschaften verantwortlich geführt habe. Ab 2014 sei dieses Organisationsmodell dahin geändert worden, dass es eine einheitliche Werksleitung gebe, die neben dem überörtlichen Geschäftsführer auch aus der Person des (örtlichen) Werksleiters bestehe. Deshalb sei parallel dazu ein zuerst externer Interimsmanager eingesetzt worden, der dann ab 01.01.2015 in der Holding als Führungskraft direkt angestellt worden sei. Der Kläger habe als Assistent des Geschäftsführers während seiner Beschäftigungszeit bei der Holding bis 31.12.2015 Herrn S. insoweit bereits in vielen Funktionen unterstützt. Herr S. habe den Betrieb aber zum 31.12.2015 verlassen. Deshalb sei von der Holding eine neue Organisation für die Beklagte Ende 2015 bestimmt und entschieden worden, dass zum 01.01.2016 der Kläger direkt bei der Beklagten eingestellt werde. Hinsichtlich der Darstellung der Beklagten zur Neuorganisation, zum Arbeitsentgelt des Klägers und zu seinen Aufgaben wird auf Seite 4, 5 der Berufungsbegründung (= Bl. 523, 524 d. A.) Bezug genommen. Im Frühjahr 2016 hätten die Gesellschafter der Beklagten bereits kurz nach Übergabe der Aufgaben an den Kläger zum 01.01.2016 am 18.02.2016 wegen der sich abzeichnenden schlechten Umsatz- und Ertragssituation die unternehmerische Entscheidung getroffen, die Führungsorganisation in den Gesellschaften der E. Gruppe wiederum neu aufzusetzen. Es sei entschieden worden, eine hierarchische Leitungsebene, die überwiegend erst 2013 bis 2015 aufgebaut worden sei, wieder zu streichen. Für den Betrieb in C-Stadt sei entschieden worden, die Position des faktischen Standortleiters wieder zu streichen und die Aufgaben der Standortleitung wieder dem Geschäftsführer zuzuweisen, der diese Aufgaben bis 31.12.2014 bereits ausgeübt habe und nach Ausspruch der Kündigung gegenüber dem Kläger seit 22.04.2016 auch wieder ausübe. Bei den verbleibenden Tätigkeiten der Werksleitung für die Bereiche Aquaristik und Objektbau sei entschieden worden, diese zusammen zu fassen. Es solle demnach nur noch einen Arbeitsplatz Werksleitung geben. Die vom Kläger erbrachten Tätigkeiten der Werksleitung Aquaristik seien an Herrn W. übertragen worden. Der Bereich Produktmanagement, der von Herrn W. zuvor verantwortet gewesen sei, sei zeitgleich auf Herrn St. übertragen worden, der zuvor die Qualitätssicherung verantwortet habe. Wegen der Umgestaltung und Zusammenfassung der Werksleitung sei ein Arbeitsplatz auf Werksleiterebene entfallen. Hierarchisch vergleichbar seien die Bereiche von Herrn St. und Herrn W. gewesen; der Betriebsrat sei nicht angehört worden, da die Beklagte davon ausgegangen sei, der Kläger sei leitender Angestellter i. S. d. BetrVG.

23

Aus der Gesamtprokura könne kein Schluss gezogen werden, dass die Prokura unbedeutend sei. Die Prokura sei als Gesamtprokura ausgestaltet gewesen, weil dies zur Wahrung des 4-Augen-Prinzips schon aus Compliance Gesichtspunkten geboten gewesen sei. Er sei immerhin Werksleiter und faktischer Standortleiter in einem kleinen Betrieb mit 60 Mitarbeitern gewesen, für den er die komplette Verantwortung getragen habe. Daneben hätten nur noch Herr W. und Frau R. Prokura gehabt. Hinsichtlich des Jahresbudgets müsse berücksichtigt werden, dass es bei der Beklagten seit Februar 2014 eine Unterschriftenregelung gegeben habe, wonach Prokuristen bei Arbeitsverträgen bis 50.000,00 €, sowie bei Liefer- oder Werksverträgen bis 200.000,00 € unterschriftsberechtigt seien. Eine Einschränkung der Prokura ergebe sich daraus nicht. Die Gesamtprokura sei bewusst erteilt worden, damit die Beklagte unter Berücksichtigung des 4-Augen-Prinzips einerseits jederzeit handlungsfähig sei, auch wenn ein Geschäftsführer nicht vor Ort sei und andererseits sei so eine Kontrollfunktion aus Compliance Gesichtspunkten ermöglicht worden. Dies sei auch im Rahmen der Verantwortungsbereiche vor Ort gelebt worden. Hinsichtlich der insoweit beispielhaft benannten Verträge wird auf S. 13 der Berufungsbegründung (= Bl. 132 d. A.) Bezug genommen.

24

Der Kläger habe mit der Prokura die operativen Tätigkeiten des Werkleiters umsetzen können. Er sei auch zu selbständigen Einstellungen und Entlassungen berechtigt gewesen und habe diese Berechtigung nur deshalb nur in geringem Umfang ausgeübt, weil das Arbeitsverhältnis bis zur Kündigung nur knapp 4 Monat gedauert habe. Auch die Aufgaben des Klägers im Zusammenhang mit der Einführung der S. Software könnten nicht gegen die Eigenschaft als Leitender Angestellter ins Feld geführt werden. Zur Darstellung des tatsächlichen Vorbringens der Beklagten insoweit wird auf S. 14 - 16 der Berufungsbegründung (= Bl. 133 - 135 d. A.) Bezug genommen. Insoweit habe es sich gerade und insbesondere um eine Aufgabe gehandelt, die ein Leitender Angestellter wahrzunehmen habe. Gegen die Einordnung des Klägers als Leitender Angestellter spreche auch nicht seine arbeitsvertragliche Vergütung; insoweit wird auf S. 16, 17 der Berufungsbegründung (= Bl. 135, 136 d. A.) Bezug genommen.

25

Schließlich sei die streitgegenständliche Kündigung auch sozial gerechtfertigt. Denn der Arbeitgeber sei frei, die betrieblichen Abläufe so zu organisieren, wie er es für zweckmäßig halte. Lediglich bei der Kongruenz zwischen Organisationsentscheidung und Kündigungsentschluss seien nähere konkrete Angaben dazu erforderlich, wie sich die Organisationsentscheidung auf die Einsatzmöglichkeiten des Arbeitnehmers auswirke. Hinsichtlich der Aufschlüsselung der Einzeltätigkeiten des Klägers für die Beklagte unter Angabe prozentualer Anteile wird auf S. 18 - 20 der Berufungsbegründungsschrift (Bl. 137 - 139 d. A.) Bezug genommen. Herr W. sei insoweit entlastet worden durch Übertragung von bestimmten Aufgaben, die er erledigt habe, auch von Herrn St.. Insgesamt sei des Weiteren auch das Arbeitsvolumen aller Führungskräfte rückläufig, was sich durch die rückläufigen Umsätze und die rückläufige Auftragssituation erkennbar gemacht habe und auch Anlass gewesen sei, die Entscheidung zu treffen, die Organisationsstruktur zu straffen.

26

Bei den von den Änderungen der Verantwortungsbereiche betroffenen Arbeitnehmern sei keine Überlastung eingetreten. Vielmehr seien die Prioritäten anders gesetzt worden. Mit der Freistellung des Klägers verantworte Frau R. wieder den gesamten Bereich Personal. Nach der Freistellung des Klägers seien bei der Beklagten, wie in anderen Gesellschaften der E. Gruppe, der zweiten Ebene wieder mehr Befugnisse eingeräumt und für die jeweiligen Bereiche mehr eigenständiges Handeln zugestanden worden. Der Kläger habe insoweit keinem Mitarbeiter vertraut und daher vieles selbst gemacht, was er habe delegieren können und müssen.

27

Zur weiteren Darstellung des Vorbringens der Beklagten wird auf die Berufungsbegründung vom 05.12.2016 (Bl. 120 - 139 d. A.) nebst Anlagen (Bl. 140 - 153 d. A.) sowie den Schriftsatz vom 01.02.2017 (Bl. 203 - 211 d. A.) Bezug genommen.

28

Die Beklagte beantragt,

29

1. das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern, Aktenzeichen: 8 Ca 596/16, vom 11.10.2016, zugestellt am 08.11.2016, abzuändern.

30

2. Den Klageantrag Ziffer 1) abzuweisen.

31

Der Kläger beantragt,

32

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

33

Der Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens und hebt insbesondere hervor, er sei zu keinem Zeitpunkt Standortleiter des Betriebes der Beklagten in C-Stadt gewesen.. Eine derartige Leitung sei ihm zu keinem Zeitpunkt übertragen worden, er habe sie auch nicht rein faktisch innegehabt. Ihm habe lediglich die Verantwortung für den Bereich Aquaristik der Beklagten oblegen. Er habe deshalb insbesondere keine Weisungsbefugnis gegenüber dem für den Bereich Objektbau zuständigen Mitarbeiter Herrn W. und auch keinerlei Entscheidungsbefugnisse betreffend diesen Teilbereich in C-Stadt gehabt. Das Vorbringen der Beklagten sei widersprüchlich. Einerseits sei der Geschäftsführer Herr Wa. wegen seiner anderen Tätigkeit für die E. Gruppe nicht permanent für die Gesellschaft einsetzbar gewesen, an diesen anderen Tätigkeiten habe sich nichts geändert, andererseits sei von Herrn Wa. aber nunmehr ein Teilbereich, der bislang in dem Aufgaben- und Verantwortungsbereich des Klägers gelegen habe, mit übernommen. Die von der Beklagten behaupteten unternehmerischen Entscheidungen seien mit Nichtwissen zu bestreiten. Gleiches gelte für die behauptete Übertragung von Teiltätigkeiten des Klägers auf andere Personen. So sei z. B. Herr W. bereits mit seiner "normalen" Tätigkeit völlig überlastet gewesen. Das Vorbringen der Beklagten zum vermeintlichen betriebsbedingten Kündigungsgrund sei insgesamt nicht hinreichend substantiiert und nachvollziehbar.

34

Der Kläger sei kein leitender Angestellter gewesen. Er habe zwar Vorschläge unterbreiten können, doch diese seien entweder völlig abgelehnt worden bzw. nicht einmal die Konzernführung sei berechtigt gewesen, ihr Einverständnis zu erklären, sondern habe insoweit das Einverständnis des Beirats einholen müssen. Eine Einstellungsbefugnis habe er lediglich im Hinblick auf die Verlängerung/Entfristung befristeter Arbeitsverträge oder Ersatzeinstellungen gehabt. Hinsichtlich des weiteren Vorbringens des Klägers insoweit wird auf S. 8 - 10 der Berufungserwiderung (= Bl. 190 - 192 d. A.) Bezug genommen. Auch sei die Tätigkeit des Klägers im Zusammenhang mit der beabsichtigten Einführung der S. Software sicherlich nicht für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens von Bedeutung. Es handele sich keineswegs um eine der Unternehmensleitung gleichgestellte Tätigkeit, sondern vielmehr um eine solche, die schlicht und ergreifend Arbeitnehmern übertragen würde, die entsprechende EDV Kenntnisse aufweisen könnten. Auch unter Heranziehung der Zweifelsfallregelung des § 5 Abs. 4 BetrVG könne der Kläger nicht als Leitender Angestellter im Hinblick auf seine Bruttomonatsvergütung angesehen werden. Es handele sich nicht um ein Arbeitsentgelt, das bei der Beklagten für Leitende Angestellte üblich sei. Das dreifache der in § 5 Abs. 3 Nr. 4 BetrVG genannten Bezugsgröße des § 18 SGB IV habe im Jahr 2012 zudem in den alten Bundesländern einschließlich Berlin 94.500,00 € brutto/Jahr betragen und dürfte sich im Jahr 2016 auf einen sechsstelligen Betrag belaufen. Die Arbeitsvergütung des Klägers habe also nicht einmal 50 Prozent dieses Grenzwertes erreicht.

35

Im Hinblick auf die Auswirkungen der behaupteten Organisationsentscheidung sei es zudem völlig unzureichend, die bisherige und künftige Aufgabenverteilung pauschal unter Angabe von Prozentsätzen darzulegen; die Einzelangaben seien im Übrigen zu bestreiten. Bemerkenswert sei, dass die Auflistung der bislang vom Kläger wahrgenommenen Tätigkeiten in der Summe lediglich 89,5 Prozent ausmachten. Wenn künftig zu 30 Prozent die disziplinarische und fachliche Leitung des Standorts durch Herrn W. wahrgenommen werde, bleibe zudem offen, wer die verbleibenden 70 Prozent dieses Aufgabenbereiches übernehme. Insgesamt seien die behaupteten anderweitig verteilten Aufgabenbereiche des Klägers lediglich mit 48,5 Prozent angegeben, so dass auch insoweit unklar bleibe, wer die übrigen 51,5 Prozent übernehme. Zudem sei die Prozentzahl, die die Beklagte einzelnen Aufgaben beimesse, teilweise völlig unrealistisch.

36

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens des Klägers im Berufungsverfahren wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 09.01.2017 (Bl. 183 - 199 d. A.) nebst Anlagen (Bl. 200 - 202 d. A.) Bezug genommen.

37

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen.

38

Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 20.02.2017.

Entscheidungsgründe

I.

39

Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

40

Das Rechtsmittel der Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

41

Denn die streitgegenständliche ordentliche betriebsbedingte Kündigung der Beklagten vom 21.04.2016 hat das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht mit Ablauf des 31.10.2016 beendet.

42

Vielmehr ist die ordentliche Kündigung der Beklagten sowohl wegen fehlender Anhörung des Betriebsrats gem. § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG als auch wegen der fehlenden sozialen Rechtfertigung gem. § 1 KSchG rechtsunwirksam.

43

Mit dem Arbeitsgericht ist zunächst davon auszugehen, dass die Kündigung wegen unterbliebener Anhörung des Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG rechtsunwirksam ist.

44

Der Kläger unterfällt dem Anwendungsbereich des BetrVG, denn er ist entgegen der in beiden Rechtszügen geäußerten Auffassung der Beklagten nicht Leitender Angestellter i. S. d. § 5 Abs. 3 BetrVG.

45

Das Arbeitsgericht hat insoweit in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt.

"aa)

46

Der Kläger hat zwar Prokura, aber auch nur Prokura zusammen mit einem weiteren Prokuristen, die außerdem Verträge betrifft, die - von der Beklagten nicht bestritten - bis 15.000,00 Euro Jahressumme laufen. Das ist im Vergleich zu der Umsatzgrößenordnung des Betriebes in C-Stadt unbedeutend. Zumindest hat die Beklagtenseite nicht vortragen können, worin die besondere Bedeutung der Prokura des Klägers liegen könnte.

bb)

47

Das gleiche gilt hinsichtlich von § 5 Abs. 3 Ziff. 3 BetrVG. Die Beklagte behauptet zwar, dass der Kläger bei Fortbestand des Arbeitsverhältnisses hätte Entscheidungen treffen können, die von besonderer Bedeutung für den Betrieb gewesen wären. Woraus sie diesen Schluss zieht, ist aber nicht zu erkennen.

cc)

48

Die Beklagte hat auch behauptet, der Kläger sei zur selbständigen Einstellung und Entlassung nach § 5 Abs. 3 Ziff. 1 BetrVG berechtigt, gleichzeitig aber auch eingeräumt, dass er diese behauptete Berechtigung nicht ausgeübt hat. Der Arbeitsvertrag selbst sieht diese Berechtigung nicht vor, obwohl es nahegelegen hätte, bei dem Unterpunkt „fachliche und disziplinarische Leitung der Mitarbeiter des Werkes Aquaristik" (Bl. 23 d. A.) auch den Punkt Befugnis der Einstellungen und Entlassungen zu vereinbaren. Es ist also die behauptete Befugnis zur eigenverantwortlichen Einstellung und Entlassung weder aus dem Arbeitsvertrag des Klägers ersichtlich noch hat er sie zur Zeit des Arbeitsverhältnisses ausgeübt.

dd)

49

Gegen die Einordnung des Klägers als leitender Angestellter spricht auch, dass die Beklagte die Einführung der S.-Software als „wesentlichen Teil" der Tätigkeit des Klägers (Bl. 64 d. A.; Bl. 4 des Schriftsatzes vom 29.09.2016) bezeichnet. Das ist aber etwas, was überhaupt nicht mit der Funktion eines leitenden Angestellten zu tun hat."

50

Diesen Ausführungen schließt sich die Kammer zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen zustimmend an, stellt dies hiermit ausdrücklich fest und nimmt darauf gem. § 69 Abs. 2 ArbGG voll inhaltlich Bezug.

51

Das Berufungsvorbringen der Beklagten rechtfertigt insoweit keine abweichende Beurteilung des hier maßgeblichen Lebenssachverhalts. Denn es enthält keinerlei neue, nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiierte Tatsachenbehauptungen, die zu einem abweichenden Ergebnis führen könnten. Gleiches gilt für etwaige Rechtsbehauptungen. Es macht lediglich - wenn auch aus der Sicht der Beklagten heraus verständlich - deutlich, dass die Beklagte mit der tatsächlichen und rechtlichen Würdigung des schriftsätzlichen Vorbringens der Parteien im erstinstanzlichen Rechtszug durch das Arbeitsgericht, dem die Kammer folgt, nicht einverstanden ist.

52

Zwar hat die Beklagte im Hinblick auf die Gesamtprokura zutreffend auf BAG 25.03.2009 (EzA § 5 BetrVG 2001 Nr. 4; vgl. Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, 13. Aufl., 2016, DLW-Wildschütz, Kap. 13 Rdnr. 50 = S. 2705) hingewiesen. Danach muss zwar keine völlige Deckungsgleichheit zwischen rechtlichem Können nach außen und rechtlichem Dürfen nach innen gegeben sein; andererseits genügt es aber nicht, dass es sich lediglich um einen sog. Titula-Prokuristen handelt oder der Prokura nur ein unbedeutender Aufgabenbereich mit starken Einschränkungen im Innenverhältnis zu Grunde liegt. Zur Beurteilung, welches Maß an rechtlichem Dürfen im Innenverhältnis erforderlich ist, kann auf die Merkmale des § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG zurückgegriffen werden, so dass die Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 Nr. 2 BetrVG dann erfüllt sind, wenn dem Prokuristen Aufgaben zugewiesen sind, die denen nach Nr. 3 in etwa gleichwertig sind, wenn also der Prokura ein bedeutender Aufgabenbereich mit erheblichem Entscheidungsspielraum zu Grunde liegt. Prokuristen, die ausschließlich Stabsfunktionen wahrnehmen, sind deshalb keine Leitenden Angestellten i. S. d. § 5 Abs. 3 Nr. 2 BetrVG (BAG 29.06.2011 EzA § 5 BetrVG 2001 Nr. 6).

53

Zusammengefasst hat die Beklagte insoweit im Berufungsverfahren an sich lediglich darauf hingewiesen, dass der Kläger als Werksleiter und faktischer Standortleiter in einem kleinen Betrieb mit 60 Mitarbeitern für diese die komplette Verantwortung getragen habe. Des Weiteren hat sie beispielhaft vier Verträge (Aufhebungsvertrag, Änderung/Anstellungsvertrag (Bonusvereinbarung), Arbeitsvertrag, Investwasserfilterungsanlage) thematisiert. Insoweit ist dieses Vorbringen nach Auffassung der Kammer ungeeignet, nachzuvollziehen, dass dem Kläger die zuvor beschriebenen Aufgaben in einem den gesetzlichen Anforderungen genügenden Ausmaß mit entsprechenden Inhalten tatsächlich übertragen worden sind. Insgesamt ist darauf hinzuweisen, dass sich dem Vorbringen der Beklagten in beiden Rechtszügen auch im Ansatz nicht nachvollziehen lässt, welche Arbeitstätigkeiten mit welchen Inhalten der Kläger tatsächlich im Laufe seiner Beschäftigung bei der Beklagten im Rahmen der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit ausgeführt hat. Das gilt insbesondere bei einem Vergleich der Ausführungen der Beklagten zu § 5 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 BetrVG einerseits und der von ihr behaupteten - vom Kläger bestrittenen - Übersicht über die vom Kläger für die Beklagte auszuführenden Tätigkeiten (S. 10 ff., 18 ff. der Berufungsbegründungsschrift = Bl. 129 ff., 137 ff. d. A.). Insoweit ist nicht einmal nachvollziehbar, in welchem zeitlichen Ausmaß der von ihm vertraglich geschuldeten Arbeitstätigkeit der Kläger zumindest nach Auffassung der Beklagten bei den von ihr angegebenen Prozentanteilen sich mit Aufgaben i.S. d. § 5 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 BetrVG beschäftigt haben soll.

54

Nichts anderes gilt im Hinblick auf § 5 Abs. 3 Nr. 1 BetrVG, denn die von dieser Norm vorausgesetzte Personalverantwortung kann den Status als Leitender Angestellter nur begründen, wenn sie von erheblicher unternehmerischer Bedeutung ist. Diese kann sich aus der Zahl der betreffenden Arbeitnehmer oder aus der Bedeutung von deren Tätigkeit für das Unternehmen ergeben (BAG 10.10.2007, EzA § 5 BetrVG 2001 Nr. 3; 16.04.2002, EzA § 5 BetrVG 1972, Nr. 66).

55

Nachvollziehbare Anhaltspunkte dafür, dass diese Voraussetzungen vorliegend gegeben sein könnten, lassen sich dem Vorbringen der Beklagten in beiden Rechtszügen nicht entnehmen. Hinzu kommt, dass bereits das notwendige Zusammenwirken z.B. des Leiters der Personalabteilung mit den Leitern der Fachabteilungen die Selbständigkeit ausschließt, es sei denn, der Personalleiter ist befugt, sich in begründeten Fällen über das Votum der Fachabteilungen hinweg zu setzen (vgl. DLW-Wildschütz a.a.O. Rdnr. 47). Anhaltspunkte dafür bestehen vorliegend ersichtlich nicht. Des Weiteren ist auch in zeitlicher Hinsicht nicht nachvollziehbar, in welchem Ausmaß sich der Kläger tatsächlich mit derartigen Teiltätigkeiten beschäftigt haben könnte; dies lässt sich ebenso wie hinsichtlich der Prokura bei einer Gegenüberstellung des tatsächlichen Vorbringens des Beklagten in der Berufungsbegründungsschrift einerseits und der tabellarischen Auflistung von Teiltätigkeiten andererseits nicht nachvollziehen. Hinzu kommt letztlich, dass die Beklagte selbst eingeräumt hat, dass der Kläger diese Berichtigung nur in geringem Umfang ausgeübt hat. Sie hat insoweit darauf hingewiesen, dass das Arbeitsverhältnis bis zur Kündigung des Klägers nur knapp 4 Monate gedauert hat und in diesem Zeitraum keine Vielzahl von Einstellungen oder Entlassungen anstanden. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass vorliegend maßgeblich die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung sind, und zu diesem Zeitpunkt hatte die jedenfalls nach Auffassung der Beklagten dem Kläger vertraglich eingeräumte Einstellungs- und Entlassungsbefugnis offensichtlich für den Vollzug des Arbeitsverhältnisses de facto keine signifikante oder praktische Bedeutung erlangt. Anhaltspunkte dafür, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Annahme eines Leitenden Angestellten insoweit gegeben sein könnten, bestehen nach alledem nicht.

56

Zwar ist nach § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG ein Arbeitnehmer ferner dann Leitender Angestellter, wenn kumulativ folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

57

- regelmäßige Wahrnehmung sonstiger Aufgaben, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebes von Bedeutung sind;
- deren Erfüllung besonderer Erfahrung und Kenntnisse voraussetzt;
- wenn der Angestellte entweder die Entscheidung im Wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst. Damit soll der ganz überwiegende Teil der Leitenden Angestellten erfasst werden, die zwar Führungsaufgaben wahrnehmen, aber die Kriterien nach Nr. 1 und Nr. 2 nicht erfüllen. Damit werden wesentlich auch Angestellte in sog. Stabsfunktionen befasst, die die Entscheidung wesentlich vorbereiten und somit planen und beratend tätig seien (vgl. BAG 23.01.1986 EzA § 5 BetrVG 1972, Nr. 42; DLW/Wildschütz, a.a.O. Rdnr. 55).

58

Soweit die Beklagte insoweit zur Tätigkeit des Klägers im Zusammenhang mit der S. Software vorgetragen hat, sind die von ihr beschriebenen allgemeinen Aufgaben, Tätigkeiten zum einen nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen völlig unsubstantiiert. Warum es sich insoweit um eine Aufgabe handeln soll, wie von ihr behauptet, die ein Leitender Angestellter wahrzunehmen hat, erschließt sich danach im Hinblick auf die zuvor dargestellten Anforderungen keineswegs. Zum anderen verhält sich das Vorbringen der Beklagten insoweit weder über das Erfordernis besonderer Erfahrungen und Kenntnisse, noch dazu, dass der Kläger insoweit Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen getroffen hat, hätte treffen können oder sie jedenfalls maßgeblich beeinflusst hat. Im Übrigen muss die Wahrnehmung derart wesentlicher Aufgaben der Tätigkeit auf das Gepräge geben, darf also nicht nur gelegentlich erfolgen (BAG 23.01.1986, EzA § 5 BetrVG 1972 Nr. 42); die Wahrnehmung derartiger Aufgaben muss die Tätigkeit also schwerpunktmäßig bestimmen (BAG 25.10.1989 EzA § 5 BetrVG 1972 Nr. 49). Insoweit muss ein beachtlicher Teil der Arbeitszeit von diesen Tätigkeiten beansprucht werden (BAG 23.01.1986, a.a.O.; DLW/Wildschütz a.a.O. Rdnr. 62). Auch insoweit fehlt es an tatsächlichem Vorbringen der Beklagten in beiden Rechtszügen.

59

Gem. § 5 Abs. 4 BetrVG ist Leitender Angestellter nach § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG im Zweifel, wer einer Leitungsebene angehört, auf der in dem Unternehmen überwiegend Leitende Angestellte vertreten sind (Nr. 2), oder ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das für Leitende Angestellte in dem Unternehmen üblich ist (Nr. 3). Zu beiden Vorschriften fehlt es an nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiiertem, tatsächlichem Vorbringen der Beklagten, so dass vom Vorliegen der Voraussetzungen eine dieser beiden Alternativen im hier zu entscheidenden Einzelfall nicht ausgegangen werden kann. Hinzu kommt, das nach Auffassung der Kammer § 5 Abs. 4 BetrVG ohnehin nicht zur Anwendung kommt, weil es sich bei den beim Rückgriff auf § 5 Abs. 4 BetrVG vorausgesetzten Zweifeln um rechtliche, nicht tatsächliche Zweifel handeln muss (DLW/Wildschütz a.a.O., Rdnr. 72). Im hier zu entscheidenden Einzelfall lässt sich aber bereits dem tatsächlichen Vorbringen der Beklagten nicht das nötige Tatsachensubstrat entnehmen, auf dessen - ggf. im Bestreitensfall durch Beweisaufnahme ermittelten - Grundlage Raum für die erforderlichen rechtlichen Zweifel wäre. Ob der Kläger einer Leitungsebene angehört hat, auf der in dem Unternehmen überwiegend Leitende Angestellte vertreten sind, lässt sich ebenso wenig feststellen, wie, ob er ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhalten hat, das für Leitende Angestellte in dem Unternehmen üblich ist. Denn insoweit fehlt es an tatsächlichen substantiierten Angaben der Beklagten, die einem substantiiertem Bestreiten durch den Kläger zugänglich gewesen wären. Die Beklagte hat insoweit auf das Durchschnittseinkommen im Donnersbergkreis in Rheinland-Pfalz abgestellt, auf die Durchschnittsvergütung aller Arbeitnehmer im Donnersbergkreis. Darauf kommt es aufgrund der dargestellten gesetzlichen Kriterien aber ersichtlich nicht an.

60

Gem. § 5 Abs. 4 Nr. 4 BetrVG ist ein Arbeitnehmer Leitender Angestellter nach § 5 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG auch dann, wenn bei der Anwendung des § 5 Abs. 4 Nr. 3 BetrVG noch Zweifel bleiben, wenn er ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, dass das dreifache der Bezugsgröße nach § 18 SGB IV überschreitet. Ob das Arbeitseinkommen des Klägers das dreifache dieser Bezugsgröße überschreitet, lässt sich aber dem Vorbringen der Beklagten nicht entnehmen, denn dazu verhält sich ihr Vorbringen schlicht nicht; es beschränkt sich, wie dargelegt, auf das Durchschnittseinkommen im Donnersbergkreis. Ob die Vergütung des Klägers also auffallend über der durchschnittlichen Vergütung im Donnersbergkreis liegt, ist nach Maßgabe der zuvor dargestellten Grundsätze unerheblich.

61

Folglich kann der Kläger auch nach dem Vorbringen der Beklagten im Berufungsverfahren nicht als Leitender Angestellter i. S. d. § 5 Abs. 3, 4 BetrVG angesehen werden, so dass die streitgegenständliche ordentliche Arbeitgeberkündigung gem. § 102 Abs. 1 S. 3 BetrVG rechtsunwirksam ist.

62

Darüber hinaus ist die ordentliche Kündigung der Beklagten auch sozial ungerechtfertigt i.S.d. § 1 KSchG. Sie ist nicht als ordentliche Kündigung aufgrund von dringenden betrieblichen Erfordernissen gerechtfertigt.

63

Betriebliche Erfordernisse liegen dann vor, wenn Umstände aus dem wirtschaftlichen oder betriebstechnischen Bereich dazu führen, dass die betriebliche Arbeitsmenge so zurückgeht, dass der Beschäftigungsbedarf für einen oder mehrere Arbeitnehmer entfällt. Erforderlich ist eine konkrete Auswirkung auf die Einsatzmöglichkeit des gekündigten Arbeitnehmers. Es fehlt an einem betrieblichen Erfordernis zur wirksamen Beendigung eines Arbeitsverhältnisses i. S. d. § 1 Abs. 2 KSchG, wenn außer- oder innerbetriebliche Umstände nicht zu einer dauerhaften Reduzierung des betrieblichen Arbeitskräftebedarfs führen (BAG 23.02.2012 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 166 = NZA 2012, 852).

64

Es muss also zumindest ein Arbeitsplatz weggefallen sein, wobei dies nicht in der Weise zu verstehen ist, dass es sich dabei gerade um den konkret fixierten Arbeitsplatz des gekündigten Arbeitnehmers handeln muss (BAG 30.05.1985 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 36).

65

Vielmehr ist nach Maßgabe der sozialen Auswahl ggf. einem Arbeitnehmer zu kündigen, dessen Arbeitsplatz noch vorhanden ist, wenn nur die Anzahl der vergleichbaren Arbeitsplatze insgesamt zurückgegangen ist mit der Folge, dass die Zahl der benötigten Arbeitsplätze aufgrund der Entwicklung der Arbeitsmenge kleiner ist als die Zahl der auf diesen Arbeitsplätzen bislang beschäftigten Arbeitnehmer. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für die soziale Rechtfertigung der Kündigung ist grds. der Zeitpunkt des Kündigungszugangs. Grundsätzlich muss dann der Kündigungsgrund - Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit - vorliegen (LAG Düsseld. 16.11.2005 - 12 Sa 1150/05, EzA-SD 1/06 S. 8 LS; vgl. Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht 13. Aufl. 2016, DLW-Dörner, Kap. 4 Rn. 2523 ff.).

66

Das Merkmal der Dringlichkeit wird dadurch charakterisiert, dass eine Weiterbeschäftigung der nunmehr überzähligen Arbeitnehmer nicht, insbes. nicht unter bestimmten organisatorischen Voraussetzungen möglich ist. Die Kündigung muss in Anbetracht der betrieblichen Situation unvermeidbar sein. Der Betrieb muss sich in einer Zwangslage befinden, die nur durch eine Kündigung, nicht aber durch andere Maßnahmen beseitigt werden kann (APS/Kiel § 1 KSchG Rn. 561 ff.).

67

Diese betrieblichen Erfordernisse müssen dringend sein und eine Kündigung im Interesse des Betriebes unvermeidbar machen (LAG RhPf 10.05.1988 NZA 1989, 273). Es fehlt an einem betrieblichen Erfordernis zur wirksamen Beendigung eines Arbeitsverhältnisses i. S. d. § 1 Abs. 2 KSchG, wenn außer- oder innerbetriebliche Umstände nicht zu einer dauerhaften Reduzierung des betrieblichen Arbeitskräftebedarfs führen. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen näher darzulegen, aus denen sich ergeben soll, dass zukünftig auf Dauer mit einem reduzierten Arbeitsvolumen und Beschäftigungsbedarf zu rechnen ist; das Vorliegen von möglicherweise nur kurzfristigen Produktions- oder Auftragsschwankungen muss ausgeschlossen sein. Der Arbeitgeber hat den dauerhaften Rückgang des Arbeitsvolumens nachvollziehbar darzustellen, in dem er die einschlägigen Daten aus repräsentativen Referenzperioden miteinander vergleicht (BAG 23.02.2012 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 166 = NZA 2012, 852; s. Hunold NZA-RR 2013, 57 ff.: Schrader/Siebert NZA-RR 2013, 113 ff.). Die organisatorischen Maßnahmen, die der Arbeitgeber trifft, um seinen Betrieb dem Umsatzrückgang oder der verschlechterten Ertragslage anzupassen (wozu weder der Ausspruch der Kündigung selbst [BAG 20.02.1986 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 37] gehören), sind vom Arbeitsgericht nicht auf ihre Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit, sondern nur daraufhin zu überprüfen, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich sind (BAG 30.04.1987 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 47; 13.03.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 159; LAG BW 12.08.2004 - 22 Sa 99/03 EzA-SD 1/05, S. 7 LS; LAG Bln.-Bra. 01.03.2007 - 2 Sa 18/07, EzA-SD 19/2007 S. 5; Schrader/Schubert NZA-RR 2004, 393 ff.; Kaiser NZA 2005, Beil. 1/2005 zu Heft 10, S. 31 ff.). Für eine beschlossene und tatsächlich durchgeführte unternehmerische Organisationsentscheidung spricht die Vermutung, dass sie aus sachlichen Gründen erfolgt ist und nicht auf Rechtsmissbrauch beruht (BAG 23.04.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 160; 27.01.2011 - 2 AZR 9/10, EzA-SD 13/2011 S. 8 LS; s. Hunold NZA-RR 2013, 57 ff.; Schrader/Siebert NZA-RR 2013, 113 ff.).

68

So erfüllen offensichtlich unsachliche oder willkürliche Rationalisierungsmaßnahmen den Tatbestand der unzulässigen Rechtsausübung des betrieblichen Gestaltungsrechts durch den Arbeitgeber. Es ist missbräuchlich, in diesem Sinne, einen Arbeitnehmer durch die Bildung separater betrieblicher Organisationsstrukturen bei unverändertem Beschäftigungsbedarf aus dem Betrieb zu drängen, indem die tatsächlichen Arbeitsabläufe und die hierarchischen Weisungswege als solche unangetastet gelassen und nur, gewissermaßen pro forma, in allein zu diesem Zweck erdachte rechtliche Gefüge eingepasst werden (BAG 23.04.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 160 = NZA 2008, 939).

69

Läuft die unternehmerische Entscheidung also letztlich nur auf den Abbau einer Hierarchieebene oder die Streichung eines einzelnen Arbeitsplatzes hinaus, verbunden mit einer Umverteilung der dem betroffenen Arbeitnehmer bisher zugewiesenen Aufgaben, so sind gesteigerte Anforderungen an die Darlegungslast zu stellen (BAG 10.10.2002 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 122; 13.02.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 158; 16.12.2010 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 165; 24.05.2012 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 167 = NZA 2012, 1223; s. Hunold NZA-RR 2013, 57 ff.; Schrader/Siebert NZA-RR 2013, 113 ff.). Der Arbeitgeber muss dann konkret erläutern, in welchem Umfang und aufgrund welcher Maßnahmen die bisher vom gekündigten Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten für diesen zukünftig entfallen.

70

Er muss- im Rahmen einer abgestuften Darlegungslast - die Auswirkungen seiner unternehmerischen Vorgaben und Planungen auf das erwartete Arbeitsvolumen anhand einer schlüssigen Prognose im Einzelnen darstellen und angeben, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige Leistungen erledigt werden können. In welcher Weise ein Arbeitgeber darlegt, dass die Umverteilung von Arbeitsaufgaben nicht zu einer überobligatorischen Beanspruchung im Betrieb verbliebener Arbeitnehmer führt, bleibt ihm überlassen. Handelt es sich um nicht taktgebundene Arbeiten, muss nicht in jedem Fall und minutiös dargelegt werden, welche einzelnen Tätigkeiten die fraglichen Mitarbeiter künftig mit welchen Zeitanteilen täglich zu verrichten haben. Es kann - je nach Einlassung des Arbeitnehmers - ausreichend sein, wenn der Arbeitgeber die getroffenen Vereinbarungen zu Umfang und Verteilung der Arbeitszeit darstellt und Anhaltspunkte dafür darlegt, dass Freiräume für die Übernahme zusätzlicher Aufgaben vorhanden sind (BAG 16.12.2010 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 165; 24.05.2012 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 167 = NZA 2012, 1223).

71

Ist die unternehmerische Entscheidung also verbunden mit einer Neuverteilung der dem betroffenen Arbeitnehmer bisher zugewiesenen Aufgaben, bedarf es - wie beschrieben - der Konkretisierung dieser Entscheidung, damit geprüft werden kann, ob der Arbeitsplatz des betroffenen Arbeitnehmers tatsächlich weggefallen ist und die Entscheidung nicht offensichtlich unsachlich oder willkürlich ist (BAG 13.02.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 158; 10.10.2002 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 122).

72

Hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast gilt insgesamt Folgendes:

73

Ist der Rückgang der Beschäftigungsmöglichkeit unmittelbar auf einen organisatorischen Entschluss des Arbeitgebers zurückzuführen (z. B. die ersatzlose Streichung einer Stelle), so muss der Arbeitgeber substantiiert den Inhalt seines Entschlusses, dessen praktische Umsetzung und dessen zahlenmäßige Auswirkungen auf die Beschäftigungsmöglichkeit darlegen (s. Bitter DB 1999, 1214 ff.).

74

Handelt es sich insoweit um eine nur beschränkt überprüfbare Unternehmerentscheidung, so ist der Arbeitgeber nicht an sich verpflichtet, die hierfür maßgeblichen Erwägungen offen zu legen. Andererseits muss der Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess konkrete Angaben dazu machen, wie sich die Verringerung bzw. Veränderung der Produktion auf die Arbeitsmenge auswirkt und in welchem Umfang dadurch ein konkreter Arbeitskräfteüberhang entsteht. Zu dem Entscheidungsspielraum des Arbeitgebers gehört dabei die Befugnis, die Zahl der Arbeitskräfte zu bestimmen, mit denen eine Arbeitsaufgabe erledigt werden soll. Der Arbeitgeber kann grds. sowohl das Arbeitsvolumen - die Menge der zu erledigenden Arbeit - als auch das diesem zugeordneten Arbeitskraftvolumen - Arbeitnehmerstunden - und damit auch das Verhältnis dieser beiden Größen zueinander festlegen. Zwar muss nicht ein bestimmter Arbeitsplatz entfallen sein, Voraussetzung ist aber, dass die Organisationsentscheidung ursächlich für den vom Arbeitgeber behaupteten Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses ist. Dies ist nur dann der Fall, wenn die Entscheidung sich auf eine nach sachlichen Merkmalen genauer bestimmte Stelle bezieht. Der allgemeine Beschluss, Personalkosten zu senken, erfüllt diese Anforderungen nicht (LAG BW 20.02.2004 AuR 2004, 356 LS).

75

Hingegen hat der Arbeitnehmer darzulegen und zu beweisen, dass die fragliche innerbetriebliche Maßnahme (z. B. eine Rationalisierungsmaßnahme) offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (BAG 09.05.1996 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 85), wobei aber ggf. die Erleichterung des Anscheinsbeweis in Betracht kommt (BAG 24.10.1979 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 13). Denn insoweit spricht für eine beschlossene und tatsächlich durchgeführte unternehmerische Organisationsentscheidung die Vermutung, dass sie aus sachlichen Gründen erfolgt ist (BAG 23.04.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 160). Es ist aber andererseits missbräuchlich in diesem Sinne, einen Arbeitnehmer durch die Bildung separater betrieblicher Organisationsstrukturen bei unverändertem Beschäftigungsbedarf aus dem Betrieb zu drängen, indem die tatsächlichen Arbeitsabläufe und die hierarchischen Weisungswege als solche unangetastet gelassen und nur, gewissermaßen pro forma, in allein zu diesem Zweck erdachte rechtliche Gefüge eingepasst werden (BAG 23.04.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 160).

76

Läuft also die unternehmerische Entscheidung dagegen letztlich nur auf den Abbau einer Hierarchieebene hinaus, so sind gesteigerte Anforderungen an die Darlegungslast zu stellen (BAG 13.02.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 158; 24.05.2012 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 167 = NZA 2012, 1223). Ist die unternehmerische Entscheidung verbunden mit einer Neuverteilung der dem betroffenen Arbeitnehmer bisher zugewiesenen Aufgaben, bedarf es der Konkretisierung dieser Entscheidung, damit geprüft werden kann, ob der Arbeitsplatz des betroffenen Arbeitnehmers tatsächlich weggefallen ist und die Entscheidung nicht offensichtlich unsachlich oder willkürlich ist (BAG 10.10.2002 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 122; 13.02.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 158). Der Arbeitgeber muss insbes. konkret darlegen, in welchem Umfang die bisher von dem Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten zukünftig im Vergleich zum bisherigen Zustand entfallen. Er muss aufgrund seiner unternehmerischen Vorgaben die zukünftige Entwicklung der Arbeitsmenge anhand einer näher konkretisierten Prognose darstellen und angeben, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligatorische Leistungen erbracht werden können (BAG 13.02.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 158; 24.05.2012 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 167 = NZA 2012, 1223).

77

In Anwendung dieser Grundsätze ist vorliegend davon auszugehen, dass im Verhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten keine nicht willkürliche, nicht rechtsmissbräuchliche Unternehmerentscheidung gegeben ist, auf die sich die Beklagte zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Erfolg berufen kann. Gleiches gilt für etwaige sonstige dringende betriebliche Gründe.

78

Den insoweit an das tatsächliche Vorbringen der Beklagten zu stellenden Anforderungen genügen die Ausführungen in beiden Rechtszügen ersichtlich nicht. Es bleibt insgesamt unklar, worin die tatsächlich vom Kläger erbrachte Arbeitsleistung für die Beklagte vom Beginn seines Arbeitsverhältnisses für die Beklagte an bestanden hat. Die Darstellung der Beklagten ist insoweit pauschal, unpräzise und verzichtet auf die Angabe jeglicher nachvollziehbarer Zeitanteile. Sie ist auch in sich unschlüssig. Welche Einzeltätigkeiten des Klägers aufgrund welcher Entscheidung der Beklagten entfallen sein sollen, bleibt im Einzelnen ebenfalls unklar. Ebenso, aufgrund welcher Umstände der Wegfall eines Arbeitsplatzes derart, wie ihn der Kläger innehatte, gegeben sein soll. Deutlich wird lediglich, dass die Beklagte sich bereits seit Ende 2012 - Anfang 2013 in einem organisatorischen Umwandlungsprozess befindet, der zu fortgesetzten Entscheidungen zur Umorganisation in allen möglichen Bereichen zur Neustrukturierung und Umorganisation geführt hat/führt. Bereits insoweit ist eine willkürfreie Entscheidung unter Berücksichtigung auch des § 162 Abs. 1 BGB nicht nachvollziehbar dargelegt. Insoweit hat die Beklagte vorgetragen, Ende 2015 sei bestimmt worden, dass der Kläger ab 01.01.2016 direkt bei der Beklagten eingestellt werde. Insoweit hat der Kläger tatsächlich am 01.01.2016 seine Tätigkeit aufgenommen. Nur wenige Wochen später, so die Beklagte, wurde am 18.02.2016 beschlossen, eine hierarchische Leitungsebene, die gerade erst aufgebaut worden war, wieder zu streichen. Damit, so die Beklagte, sei der Bedarf für die Beschäftigung des Klägers entfallen. Berücksichtigt man, dass die zweijährige Vorbeschäftigung des Klägers als Assistent der Geschäftsführung letztlich nichts anderes zum Ziel gehabt haben kann, als ihn auf eine entsprechende Tätigkeit vorzubereiten, erschließt sich nicht, was Veranlassung gegeben haben könnte, nach einem Zeitraum von gerade einmal sechs Wochen eine, bezogen auf den Kläger, fällige Neustrukturierung zu beschließen. Diese in besonderem Maße ungewöhnliche Zeitschiene führt nach Auffassung der Kammer zu einem besonderen Begründungsbedarf, dem die Beklagte durch den lapidaren Hinweis auf die sich abzeichnende schlechte Umsatz- und Ertragssituation auch im Ansatz nicht genügt hat, zumal offenbleibt, inwieweit sich die insoweit maßgeblichen Parameter zwischen Ende 2015 und dem 18.02.2016 substantiell geändert haben. Tatsächliches Vorbringen dazu fehlt vollständig.

79

Nicht nachvollziehbar dargestellt wird sodann, wie sich die behauptete Unternehmerentscheidung, die die Kammer nicht als willkürfrei ansieht, auf den Beschäftigungsbedarf in dem Bereich, in dem der Kläger beschäftigt ist, ausgewirkt hat. Dabei bedarf dies schon deshalb der gerichtlichen Überprüfung, weil Kündigungsgrund regelmäßig nicht eine schlechte Umsatz- und Ertragssituation ist, sondern der Wegfall des Beschäftigungsbedarfs aufgrund einer unternehmerischen Entscheidung. Insofern ist zudem darauf hinzuweisen, dass gerade sich abzeichnende schlechte Umsatz- und Ertragszahlen in einem unternehmerischen Bereich, der sich mit verantwortlichen Entscheidungen aus strategischer Art insoweit beschäftigt, es nicht ungewöhnlich ist, dass erhebliche Mehranstrengungen unternommen werden, was Arbeitszeit kostet, um die Umsatz- und Ertragssituation zu verbessern. Wenn es, wovon die Beklagte wohl ausgeht, vorliegend stattdessen allein um Kostenreduzierung gegangen sein sollte, lässt sich dies dem Vorbringen der Beklagten jedenfalls nicht nachvollziehbar entnehmen.

80

Selbst dann wäre aber nach den zuvor dargestellten Grundsätzen zu fordern, dass die Beklagte darlegt, aus welchen Einzeltätigkeiten die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung des Klägers im Wesentlichen zumindest summarisch zusammensetzt und wie sich dieses Arbeitsvolumen in Arbeitsstunden pro Woche/Monat aufgrund der unternehmerischen Entscheidung voraussichtlich verändern wird. Ein Rückgang des Beschäftigungsbedarfs kann insoweit darin bestehen, dass zuvor ausgeübte Einzeltätigkeiten schlicht entfallen. Angaben dazu lassen sich dem Vorbringen der Beklagten jedoch nicht hinreichend substantiiert entnehmen. Des Weiteren besteht die Möglichkeit, Einzeltätigkeiten auf Vorgesetzte, Geschäftsführer oder andere Arbeitnehmer zu übertragen, was allerdings voraussetzt, dass dies in einer Weise erfolgt, dass bei den verbleibenden Arbeitnehmern/Geschäftsführern tatsächlich Arbeitszeitkapazitäten vorhanden sind und die neu übernommenen Tätigkeiten zumindest von den betroffenen Arbeitnehmern im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Arbeitszeitbestimmungen nur ohne überobligationsmäßige Zusatzbelastung auch tatsächlich verrichtet werden können. Und dies insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass die Beklagte erst Ende 2015 in diesem Zusammenhang offensichtlich davon ausgegangen ist, dass ein vollzeitiger Beschäftigungsbedarf für den Kläger an dem ihm zugewiesenen Arbeitsplatz besteht. Auch insoweit wäre es also erforderlich gewesen, darzulegen, wie und warum sich dies innerhalb von sechs Wochen maßgeblich verändert haben soll.

81

Die Beklagte hat hinsichtlich des Geschäftsführers Herrn Wa. insoweit zunächst vorgetragen, dass dieser nicht permanent für die Gesellschaft tätig werden konnte (Bl. 122 d.A.). Er wurde deshalb durch Herrn S. unterstützt, der aber zum 31.12.2015 ausgeschieden ist. Warum angesichts des Ausscheidens von Herrn S. nunmehr bei einer unterstellten gewöhnlichen Belastung von Herrn Wa. die Möglichkeit bestand, diesem wiederum weitere Aufgaben zuzuweisen, erschließt sich bereits im Ansatz nicht. Nichts anderes gilt für die Übertragung von Tätigkeiten an Herrn W. (Bl. 126 d.A.). Denn Ende 2015 ist die Beklagte offensichtlich noch davon ausgegangen, dass dieser in Vollzeit ausgelastet ist; zudem ist auch insoweit zu berücksichtigen, dass Herr S. den Betrieb zum 31.12.2015 verlassen hat. Diese Überlegungen treffen in gleichem Maße auf die Tätigkeit von Herrn St. zu, der nach der Darstellung der Beklagten (Bl. 126 d.A.) zuvor die Qualitätssicherung verantwortet hatte. Dabei bleibt bereits offen, wer denn nach Herrn St. diese Tätigkeit übernommen hat. Auch ist unklar, welche Wochenarbeitszeit er darauf verwendet hatte und wie sich dazu die ihm neu übertragenen Aufgaben verhalten. Insoweit wäre es also Sache der Beklagten gewesen, im Einzelnen einer die vom Kläger ausgeübten Teiltätigkeiten unter Angabe von ungefähren Zeitanteilen darzustellen, und andererseits, welche Teiltätigkeiten mit welchen Zeitanteilen auf wen im Einzelnen übertragen wurde, ergänzt um Angaben, woraus sich insoweit freie Arbeitszeitkapazitäten unter Beachtung des Arbeitszeitgesetzes, soweit es sich um Arbeitnehmer handelt, ergeben. Daran fehlt es. Soweit die Beklagte sodann im Berufungsverfahren (Bl. 137-139 d.A. = S. 18-20 der Berufungsbegründungsschrift) prozentuale Angaben zu summarisch aufgelisteten einzelnen Tätigkeiten macht, ist dieses Vorbringen bereits in sich unschlüssig. Der Kläger hat insoweit zutreffend darauf hingewiesen, dass die Addition der Prozentanteile zu einer Summe von lediglich 89,5 Prozent führt. Welcher Aufgaben- und Verantwortungsbereich des Klägers 10,5 Prozent ausmacht, ist ebenso unklar, wie was mit diesen Zeitanteilen in Zukunft geschehen sollte. Soweit die Beklagte behauptet hat, die disziplinarische und fachliche Leitung des Standortes werde künftig zu 30 Prozent durch Herrn W. wahrgenommen, fehlt es an jeglichen Angaben dazu, durch wen die übrigen 70 Prozent dieses Aufgabenbereichs zukünftig wahrgenommen werden sollen. Schließlich ergibt die Summe der Prozentsätze im Zusammenhang mit den Aufgaben, die vermeintlich von anderen Arbeitnehmern wahrgenommen werden sollen oder wegfallen, lediglich 48,5 Prozent, sodass nicht nachvollziehbar ist, wie es sich mit den verbleibenden 51,5 Prozent verhält. Selbst wenn die prozentualen Angaben, was der Kläger nachvollziehbar in Abrede gestellt hat, also zutreffend wären, wäre nach dem Vorbringen der Beklagten nicht einmal die Hälfte der Tätigkeit des Klägers entfallen. Dann wäre aber nach dem Grundsatz des Vorrangs der Änderungskündigung vor der Beendigungskündigung als Ausfluss des ultima-ratio-Prinzips der Ausspruch einer Änderungskündigung statt einer Beendigungskündigung in Betracht zu ziehen gewesen.

82

Nach alledem kann vorliegend nach dem Vorbringen der Beklagten weder davon ausgegangen werden, dass eine willkürfreie Unternehmerentscheidung vorliegt, noch, dass diese zum Wegfall des Beschäftigungsbedarfs in dem Bereich, in dem der Kläger beschäftigt ist, in einem Ausmaß geführt hat, das eine ordentliche betriebsbedingte Beendigungskündigung rechtfertigen könnte.

83

Folglich war die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

84

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

85

Für eine Zulassung der Revision war nach Maßgabe der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben.

(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Die gleiche Entscheidung hat das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers zu treffen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz stellen.

(2) Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzusetzen, an dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte.

(1) Das Verfahren ist in allen Rechtszügen zu beschleunigen.

(2) Die Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes über Zustellungs- und Vollstreckungsbeamte, über die Aufrechterhaltung der Ordnung in der Sitzung, über die Gerichtssprache, über die Wahrnehmung richterlicher Geschäfte durch Referendare und über Beratung und Abstimmung gelten in allen Rechtszügen entsprechend. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landesarbeitsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesarbeitsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Arbeitsgerichtsgesetz tritt.

(3) Die Vorschriften über die Wahrnehmung der Geschäfte bei den ordentlichen Gerichten durch Rechtspfleger gelten in allen Rechtszügen entsprechend. Als Rechtspfleger können nur Beamte bestellt werden, die die Rechtspflegerprüfung oder die Prüfung für den gehobenen Dienst bei der Arbeitsgerichtsbarkeit bestanden haben.

(4) Zeugen und Sachverständige erhalten eine Entschädigung oder Vergütung nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz.

(5) Alle mit einem befristeten Rechtsmittel anfechtbaren Entscheidungen enthalten die Belehrung über das Rechtsmittel. Soweit ein Rechtsmittel nicht gegeben ist, ist eine entsprechende Belehrung zu erteilen. Die Frist für ein Rechtsmittel beginnt nur, wenn die Partei oder der Beteiligte über das Rechtsmittel und das Gericht, bei dem das Rechtsmittel einzulegen ist, die Anschrift des Gerichts und die einzuhaltende Frist und Form schriftlich belehrt worden ist. Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, so ist die Einlegung des Rechtsmittels nur innerhalb eines Jahres seit Zustellung der Entscheidung zulässig, außer wenn die Einlegung vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war oder eine Belehrung dahin erfolgt ist, daß ein Rechtsmittel nicht gegeben sei; § 234 Abs. 1, 2 und § 236 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung gelten für den Fall höherer Gewalt entsprechend.

(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Die gleiche Entscheidung hat das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers zu treffen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz stellen.

(2) Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzusetzen, an dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Teilanerkenntnis- und Schlussurteil des Landesarbeitsgerichts München vom 5. Juli 2011 - 9 Sa 1174/10 - im Kostenausspruch und insoweit aufgehoben, wie es die Berufung des Klägers gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts München vom 13. Juli 2010 - 14 Ca 17608/09 - als unbegründet zurückgewiesen hat.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Auflösungsantrag der Beklagten.

2

Die Beklagte ist ein Unternehmen im Bereich IT-Beratung und Systemintegration. Der Kläger ist bei ihr seit 2006 als Diplominformatiker/Softwareentwickler tätig. Die Beklagte beschäftigt regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer. In ihrem Betrieb besteht ein Betriebsrat.

3

Am 13. Mai 2009 mahnte die Beklagte den Kläger ab, nachdem dieser die Teilnahme an einer Veranstaltung, die der Überprüfung seines Kenntnisstands in der Programmiersprache Java dienen sollte, verweigert hatte. Dagegen hat sich der Kläger - erfolglos - mit einer in einem Vorprozess erhobenen Klage gewandt.

4

Am 2. November 2009 hörte die Beklagte den Betriebsrat zu einer beabsichtigten ordentlichen Kündigung des Klägers wegen Arbeitsverweigerung und Schlechterfüllung seiner Arbeitspflicht an. Der Betriebsrat widersprach der Kündigung. Mit Schreiben vom 12. November 2009 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich verhaltensbedingt zum 31. Dezember 2009.

5

Am 2. Dezember 2009 mahnte die Beklagte den Kläger ab, weil ein am 20. November 2009 übergebenes Programmierergebnis trotz Nachbearbeitung zahlreiche Fehler aufgewiesen habe. Am 11. Dezember 2009 erteilte sie ihm eine weitere Abmahnung wegen Nichtbefolgung von Arbeitsanweisungen.

6

Am 7. Dezember 2009 hörte sie den Kläger zum dringenden Verdacht des Arbeitszeitbetrugs an, nachdem dieser für den 4. Dezember 2009 unterschiedliche Angaben zu seinen Arbeitszeiten gemacht hatte.

7

Mit Schreiben vom 18. Dezember 2009 kündigte sie das Arbeitsverhältnis nach Anhörung des Betriebsrats wegen Schlechtleistung außerordentlich fristlos, hilfsweise fristgerecht zum 31. März 2010. Gleichzeitig stellte sie den Kläger von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei. Mit zwei Schreiben vom 28. Dezember 2009 kündigte sie das Arbeitsverhältnis - ebenfalls nach vorheriger Anhörung des Betriebsrats - wegen Schlechtleistung und Arbeitszeitbetrugs außerordentlich fristlos, hilfsweise fristgerecht zum 31. März 2010.

8

Am 1. Februar 2010 reichte der Kläger beim Arbeitsgericht München einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Beklagte ein. Dem Gesuch, mit dem er die vorläufige Zahlung von Arbeitsentgelt begehrte, fügte der Kläger eine eidesstattliche Versicherung bei. Dort heißt es:

        

„Seit 12.11.2009 werde ich mit insgesamt 7 (!) Arbeitgeberkündigungen bombardiert, denen der Betriebsrat jeweils widersprochen hat, soweit er angehört wurde.“

9

Im Termin übergab der Kläger eine weitere eidesstattliche Versicherung. Darin berichtigte er seine früheren Angaben dahingehend, dass der Betriebsrat den Kündigungen vom 28. Dezember 2009 nicht widersprochen habe.

10

Mit Schreiben vom 15. Februar 2010 und vom 26. Februar 2010 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis erneut fristlos, hilfsweise ordentlich. Unter dem 22. März 2010 kündigte sie ein weiteres Mal fristlos.

11

Der Kläger bewarb sich als Kandidat für die Betriebsratswahl am 23. April 2010. Zusammen mit den übrigen Bewerbern seiner Liste verfasste und veröffentlichte er einen Wahlaufruf folgenden Inhalts:

        

„Wir danken

        

zunächst allen, die es uns mit ihrer Unterschrift möglich gemacht haben, zu dieser Wahl anzutreten. Lange war nicht klar, ob wir die nötige Zahl an Stützunterschriften zusammenbekommen würden, weil die Geschäftsführung versucht hat, uns mit Hausverboten am Sammeln der Unterschriften zu hindern und viele angesprochene Kolleginnen und Kollegen aus Angst vor persönlichen Nachteilen nicht unterschreiben wollten.

        

…       

        

Wir fordern,

        

dass die Einschüchterungen unverzüglich aufhören.

        

…       

        

Die Mobbing-Praxis, mit Hilfe von erfundenen Sachverhalten, willkürlichen Abmahnungen, und mit deren Hilfe ebensolche Kündigungen vorzubereiten und auszusprechen, muss endlich ein Ende finden! Bei der Neuorganisation des Bereichs T wurde mehrfach so vorgegangen, das ist völlig inakzeptabel! Wer sich weigert, einen Auflösungsvertrag zu unterschreiben, wird nach dem Prinzip ‚Wer nicht hört, muss fühlen‘ bestraft.

        

…       

        

Wir fordern deshalb,

        

…       

        

Schluss mit der Demütigung von Mitarbeiter/innen durch vertragsfremde Beschäftigung und untergeordnete Hilfstätigkeiten!“

12

Das Ergebnis der Betriebsratswahl wurde am 29. April 2010 bekannt gegeben. Der Kläger wurde nicht in den Betriebsrat gewählt.

13

Gegen die im Jahr 2009 erklärten Kündigungen hat sich der Kläger mit seiner vorliegenden Klage gewandt. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise

das Arbeitsverhältnis der Parteien gegen Zahlung einer Abfindung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt werde, jedoch 7.667,00 Euro brutto nicht übersteigen sollte, zum 31. Dezember 2009 aufzulösen.

14

Die Beklagte hat zur Begründung ihres - sich auf die ordentliche Kündigung vom 12. November 2009 beziehenden - Auflösungsantrags vorgebracht, aufgrund zahlreicher Pflichtverletzungen des Klägers sei eine den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit zwischen den Parteien in Zukunft nicht mehr zu erwarten. Dessen falscher Vortrag im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung und die unzutreffende eidesstattliche Versicherung stellten einen Versuch des Prozessbetrugs dar. Der Kläger habe die Unrichtigkeit seiner Angaben zumindest billigend in Kauf genommen und dadurch das in seine Integrität gesetzte Vertrauen erheblich erschüttert. Ein weiterer Auflösungsgrund liege in den betriebsöffentlichen Beleidigungen und unwahren Tatsachenbehauptungen, die in dem Aufruf zur Betriebsratswahl 2010 enthalten seien. Der Kläger habe sich von den Aussagen trotz entsprechender Aufforderung nicht distanziert. Er verfüge auch nicht über die für eine gedeihliche Zusammenarbeit notwendige kritische Rollendistanz. Er werfe ihr grundlos „Mobbing“ vor, sehe selbst in einem von ihr in zweiter Instanz - erfolgreich - angebrachten Antrag auf Fristverlängerung und Verlegung eines Kammertermins einen Angriff auf seine wirtschaftliche Existenz und akzeptiere nicht einmal Weisungen, deren Berechtigung - wie im Fall der Weisung, die der Abmahnung vom 13. Mai 2009 zugrunde gelegen habe - rechtskräftig festgestellt sei.

15

Der Kläger hat beantragt, den Auflösungsantrag abzuweisen. Der Auflösung des Arbeitsverhältnisses stehe bereits sein Sonderkündigungsschutz als Wahlbewerber entgegen. Auch seien keine Auflösungsgründe gegeben. Er sei weiterhin bereit, sich voll und ganz für das Unternehmen und die Belegschaft einzusetzen. Dies komme insbesondere durch seine Kandidatur bei der Betriebsratswahl 2010 zum Ausdruck. Der in diesem Zusammenhang verfasste Wahlaufruf stelle die Personalpolitik der Beklagten lediglich pointiert und wahrheitsgetreu dar. Im einstweiligen Verfügungsverfahren habe er alle Angaben nach bestem Wissen und Gewissen gemacht. Unrichtigkeiten in seiner ursprünglichen eidesstattlichen Erklärung seien auf Missverständnisse zurückzuführen, die mit Sprachschwierigkeiten zusammenhingen.

16

Das Arbeitsgericht hat durch Teilurteil festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die ordentliche Kündigung vom 12. November 2009, noch durch die fristlosen Kündigungen vom 18. und 28. Dezember 2009 aufgelöst worden ist. Zugleich hat es das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 31. Dezember 2009 aufgelöst und die Beklagte zur Zahlung einer Abfindung in Höhe von 20.051,46 Euro brutto verurteilt. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufungen beider Parteien zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter, den Auflösungsantrag abzuweisen. Im Übrigen ist die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts rechtskräftig.

Entscheidungsgründe

17

Die Revision des Klägers ist begründet. Auf der Grundlage seiner bisherigen Feststellungen durfte das Landesarbeitsgericht dem Auflösungsantrag der Beklagten nicht stattgeben. Das angefochtene Urteil war in diesem Umfang aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der Senat kann nicht abschließend entscheiden. Der relevante Sachverhalt ist noch nicht hinreichend festgestellt (§ 563 Abs. 3 ZPO).

18

I. Das Kündigungsschutzgesetz lässt die Auflösung des Arbeitsverhältnisses bei Sozialwidrigkeit der Kündigung nur ausnahmsweise zu. Es ist nach seiner Konzeption ein Bestandsschutz- und kein Abfindungsgesetz (BAG 24. November 2011 - 2 AZR 429/10 - Rn. 41, BAGE 140, 47; 24. März 2011 - 2 AZR 674/09 - Rn. 20). An die Auflösungsgründe sind deshalb strenge Anforderungen zu stellen.

19

1. Auflösungsgründe iSv. § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG können solche Umstände sein, die das persönliche Verhältnis zum Arbeitnehmer, die Wertung seiner Persönlichkeit, seiner Leistung oder seiner Eignung für die ihm gestellten Aufgaben und sein Verhältnis zu den übrigen Mitarbeitern betreffen. Die Gründe, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen den Vertragspartnern nicht erwarten lassen, müssen nicht im Verhalten, insbesondere nicht im schuldhaften Verhalten des Arbeitnehmers liegen. Entscheidend ist, ob die objektive Lage die Besorgnis rechtfertigt, dass die weitere gedeihliche Zusammenarbeit gefährdet ist (BAG 24. November 2011 - 2 AZR 429/10 - Rn. 42, BAGE 140, 47; 24. März 2011 - 2 AZR 674/09 - Rn. 21, jeweils mwN).

20

2. Die Begründetheit eines Auflösungsantrags ist grundsätzlich nach den Umständen zu beurteilen, die im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz vorlagen. Auf deren Grundlage ist zu fragen, ob in der Zukunft eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zu erwarten ist (BAG 24. November 2011 - 2 AZR 429/10 - Rn. 41, BAGE 140, 47; 24. März 2011 - 2 AZR 674/09 - Rn. 20). Etwas anderes gilt nur dann, wenn das Arbeitsverhältnis nach dem gemäß § 9 Abs. 2 KSchG festzusetzenden Zeitpunkt, jedoch vor Erlass des (Berufungs-)Urteils bereits geendet hat. In einem solchen Fall ist das Gericht zwar nicht an der Auflösung des Arbeitsverhältnisses gehindert. Für die nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG anzustellende Zukunftsprognose ist aber nur der Zeitraum bis zum Eintritt der anderweitigen Beendigung zu berücksichtigen(BAG 23. Februar 2010 - 2 AZR 554/08 - Rn. 22 ff.).

21

3. Die Würdigung, ob die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gerechtfertigt ist, obliegt in erster Linie dem Tatsachengericht. Das Revisionsgericht kann aber nachprüfen, ob das Berufungsgericht die Voraussetzungen für den Auflösungsantrag zutreffend erkannt und bei Prüfung der vorgetragenen Auflösungsgründe alle wesentlichen Umstände vollständig und widerspruchsfrei berücksichtigt und gewürdigt hat (BAG 24. November 2011 - 2 AZR 429/10 - Rn. 43, BAGE 140, 47; 23. Februar 2010 - 2 AZR 554/08 - Rn. 33).

22

II. Einer solchen Prüfung hält die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts nicht stand.

23

1. Das Landesarbeitsgericht nimmt mit Recht an, die gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses sei nicht von vornherein deshalb ausgeschlossen, weil der Kläger zwischenzeitlich besonderen Kündigungsschutz gemäß § 15 Abs. 3 Satz 1, Satz 2 KSchG erlangt habe. Der Sonderkündigungsschutz führt, anders als die Revision meint, auch nicht dazu, dass Auflösungsgründe, die im geschützten Zeitraum entstanden sind, das Gewicht eines Kündigungsgrundes iSv. § 626 BGB erreichen müssten.

24

a) Nach § 15 Abs. 3 Satz 1 KSchG kann das Arbeitsverhältnis eines Wahlbewerbers in der Zeit von der Aufstellung des Wahlvorschlags bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses nur aus wichtigem Grund und zudem nur unter Einhaltung des besonderen Verfahrens nach § 103 BetrVG gekündigt werden. Gemäß § 15 Abs. 3 Satz 2 KSchG kann das Arbeitsverhältnis des nicht gewählten Bewerbers bis zum Ablauf von sechs Monaten nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses weiterhin nur aus wichtigem Grund gekündigt werden.

25

b) Die Regelungen schließen zugleich eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG auf Antrag des Arbeitgebers im Zusammenhang mit einer Kündigung aus, die in dem geschützten Zeitraum erklärt wird. Stellt das Gericht fest, dass eine in diesem Zeitraum erklärte außerordentliche Kündigung unwirksam ist, steht die Möglichkeit, eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu beantragen, nach § 13 Abs. 1 Satz 3 KSchG ohnehin ausschließlich dem Arbeitnehmer zu. Der Arbeitgeber kann die Auflösung des Arbeitsverhältnisses lediglich im Zusammenhang mit einer unwirksamen ordentlichen Kündigung und auch insoweit nur beantragen, wenn die Kündigung nicht aus anderen Gründen als der Sozialwidrigkeit unwirksam ist (vgl. BAG 30. September 2010 - 2 AZR 160/09 - Rn. 13; 28. August 2008 - 2 AZR 63/07 - Rn. 27, BAGE 127, 329). Das wiederum ist während des Bestehens des Sonderkündigungsschutzes wegen § 15 Abs. 1, Abs. 3 KSchG stets der Fall.

26

c) Hat der Arbeitgeber vor Eintritt des Sonderkündigungsschutzes eine - sozial nicht gerechtfertigte - ordentliche Kündigung erklärt und hierauf bezogen einen Auflösungsantrag gestellt und hat der Sonderkündigungsschutz im Zeitpunkt der Entscheidung über den Auflösungsantrag bereits wieder geendet, kommt eine - entsprechende - Anwendung von § 15 Abs. 3 Satz 1, Satz 2 KSchG, § 103 BetrVG nicht in Betracht. Ob etwas anderes zu gelten hat, wenn der Sonderkündigungsschutz zu dem nach § 9 Abs. 2 KSchG festzusetzenden Auflösungszeitpunkt, also bei Ablauf der Kündigungsfrist - hier dem 31. Dezember 2009 -, schon bestand, bedarf keiner Entscheidung. Dafür gibt es im Streitfall keinen Anhaltspunkt. Zwar ist der genaue Zeitpunkt, zu dem der Wahlvorschlag für den Kläger aufgestellt war (zu den Voraussetzungen: vgl. BAG 19. April 2012 - 2 AZR 299/11 - Rn. 12 mwN), nicht festgestellt. Das Landesarbeitsgericht ist aber erkennbar davon ausgegangen, dass der Kläger erst im Jahre 2010 Sonderkündigungsschutz als Wahlbewerber erlangt hat. Etwas anderes hat auch keine der Parteien geltend gemacht.

27

aa) Soweit der Senat für einen Arbeitnehmer, der in den Personalrat gewählt worden war, entschieden hat, einem Auflösungsantrag, der auf einen nach der Wahl entstandenen Sachverhalt gestützt werde, könne nur stattgegeben werden, wenn dieser Sachverhalt geeignet sei, einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung abzugeben (BAG 7. Dezember 1972 - 2 AZR 235/72 - zu IX der Gründe, BAGE 24, 468; ebenso APS/Biebl 4. Aufl. § 9 KSchG Rn. 58; vHH/L/Linck 15. Aufl. § 9 Rn. 61; aA HaKo-KSchG/Fiebig 4. Aufl. § 9 Rn. 85; Hertzfeld NZA-RR 2012, 1), betraf dies - anders als hier - den Fall, dass der Arbeitnehmer im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über den Auflösungsantrag noch Mandatsträger war. Auf eine solche Konstellation bezieht sich auch die im Schrifttum für den Geltungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes vertretene Auffassung, dass außerdem der Betriebsrat der Auflösung zugestimmt haben müsse, da andernfalls § 103 BetrVG umgangen werde(ErfK/Kiel 13. Aufl. § 9 KSchG Rn. 18; KR/Spilger 10. Aufl. § 9 KSchG Rn. 62; SES/Schwarze KSchG § 9 Rn. 64).

28

bb) Im Streitfall konnte eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht zur Umgehung von § 15 Abs. 3 KSchG und § 103 BetrVG führen. Es bedurfte daher weder eines Sachverhalts, der zugleich geeignet gewesen wäre, einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung abzugeben, noch einer Zustimmung des Betriebsrats. Dies gilt auch, soweit der Auflösungsantrag auf während der Zeit des Sonderkündigungsschutzes entstandene Sachverhalte gestützt wird.

29

(1) Der besondere Kündigungsschutz des § 15 KSchG soll die Unabhängigkeit von Funktionsträgern gewährleisten. Er soll sicherstellen, dass sie ihre betriebsverfassungsrechtlichen Aufgaben ohne Furcht vor Repressalien seitens des Arbeitgebers ausführen können. Darüber hinaus dient er der Kontinuität der Arbeit der jeweiligen Arbeitnehmervertretung (BAG 21. Juni 2012 - 2 AZR 343/11 - Rn. 13; KR/Etzel 10. Aufl. § 15 KSchG Rn. 9, 10; vHH/L/v. Hoyningen-Huene 15. Aufl. § 15 Rn. 1). In diesem Zusammenhang soll § 15 Abs. 3 KSchG die Durchführung der Wahl erleichtern. Insbesondere sollen Arbeitgeber daran gehindert werden, nicht genehme Arbeitnehmer von der Wahl auszuschließen (vgl. BAG 19. April 2012 - 2 AZR 299/11 - Rn. 13; 7. Juli 2011 - 2 AZR 377/10 - Rn. 22). Die - zeitlich befristete - Ausdehnung des Sonderkündigungsschutzes nach § 15 Abs. 3 Satz 2 KSchG über den Zeitpunkt der Bekanntgabe des Wahlergebnisses hinaus soll die „Abkühlung“ eventuell während der Wahl aufgetretener Kontroversen ermöglichen(BT-Drucks. VI/1786 S. 60).

30

(2) Hier hatte der Sonderkündigungsschutz des Klägers bei Entscheidung über den Auflösungsantrag bereits wieder geendet. Er hatte zudem zum Zeitpunkt des möglichen Auflösungstermins noch nicht bestanden. Die Auflösung des Arbeitsverhältnisses konnte daher weder die Tätigkeit des Klägers als Wahlbewerber noch die Kontinuität des betriebsverfassungsrechtlichen Organs beeinträchtigen.

31

(3) Der von § 15 Abs. 3 KSchG bezweckte Schutz der Unabhängigkeit des Wahlbewerbers verlangt in Fällen wie dem vorliegenden auch nicht danach, während der Zeit des Sonderkündigungsschutzes entstandene Sachverhalte entweder gar nicht oder nur dann als Auflösungsgrund zu berücksichtigen, wenn sie geeignet wären, einen wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB abzugeben.

32

(a) Der Amts- bzw. Funktionsträger iSd. § 15 KSchG ist außerhalb des Schutzzeitraums in kündigungsschutzrechtlicher Hinsicht jedem anderen Arbeitnehmer ohne betriebsverfassungsrechtliches Mandat gleichgestellt. Nach Ablauf des Nachwirkungszeitraums kann eine ordentliche Kündigung deshalb auch auf solche Pflichtverletzungen gestützt werden, die der Arbeitnehmer während der Schutzfrist begangen hat. Das gilt uneingeschränkt jedenfalls für Handlungen, die in keinem Zusammenhang zur Wahlbewerbung stehen (vgl. BAG 13. Juni 1996 - 2 AZR 431/95 - zu II 1 e der Gründe). Für die Heranziehung entsprechender Sachverhalte als Auflösungsgrund kann nichts anderes gelten.

33

(b) Stehen die behaupteten Tatsachen, die die Auflösung begründen sollen, mit der Kandidatur in Verbindung, ist der Arbeitnehmer hinreichend geschützt, wenn dieser Aspekt bei der materiellen Bewertung des geltend gemachten Auflösungsgrundes angemessen Berücksichtigung findet. Wirkt sich der fragliche Umstand etwa - wie bei der Verletzung betriebsverfassungsrechtlicher Pflichten des Wahlbewerbers - ausschließlich im kollektiven Bereich aus, liegt von vornherein kein tragfähiger Auflösungsgrund iSd. § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG vor. Im anderen Fall muss berücksichtigt werden, dass Arbeitnehmer durch die Wahrnehmung betriebsverfassungsrechtlicher Funktionen leichter mit ihren arbeitsvertraglichen Pflichten in Konflikt geraten können. Es bedarf deshalb im Rahmen von § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG einer genauen Prüfung, welche Bedeutung das im geschützten Zeitraum eingetretene Ereignis nach dem Auslaufen des Sonderkündigungsschutzes für die zukünftige gedeihliche Zusammenarbeit der Arbeitsvertragsparteien tatsächlich hat.

34

2. Auch ausgehend von diesem rechtlichen Rahmen durfte das Landesarbeitsgericht auf der Grundlage seiner bisherigen Feststellungen nicht annehmen, eine gedeihliche Zusammenarbeit der Parteien sei nicht mehr zu erwarten. Das gilt unabhängig von der Frage, ob das Gericht in Anbetracht der zum 31. März 2010 erklärten ordentlichen Kündigungen vom 28. Dezember 2009 und weiterer, dem Kläger nach dem in Rede stehenden Auflösungstermin zugegangener Kündigungen vom richtigen Prognosezeitraum ausgegangen ist.

35

a) Als Auflösungsgrund grundsätzlich geeignet sind Beleidigungen oder persönliche Angriffe des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, Vorgesetzte und Kollegen. Auch bewusst wahrheitswidrig aufgestellte Tatsachenbehauptungen können - etwa wenn sie den Tatbestand der üblen Nachrede erfüllen - die Rechte eines Arbeitgebers in gravierender Weise verletzen und eine gedeihliche künftige Zusammenarbeit in Frage stellen (BAG 27. September 2012 - 2 AZR 646/11 - Rn. 22). Der Arbeitnehmer kann sich dafür nicht auf sein Recht zur freien Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 GG) berufen. Falsche Tatsachenbehauptungen sind nicht vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG umfasst(BVerfG 25. Oktober 2012 - 1 BvR 901/11 - Rn. 19). Äußerungen, die ein Werturteil enthalten, fallen hingegen in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG. Dasselbe gilt für Äußerungen, in denen sich Tatsachen und Meinungen vermengen, sofern sie durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt sind (BVerfG 25. Oktober 2012 - 1 BvR 901/11 - Rn. 18; 8. Mai 2007 - 1 BvR 193/05 - Rn. 21). In diesem Fall ist das Grundrecht der Meinungsfreiheit gegen die betroffenen Grundrechte des Arbeitgebers abzuwägen und mit diesen in ein ausgeglichenes Verhältnis zu bringen. Im Rahmen der Abwägung fällt die Richtigkeit des Tatsachengehalts, der dem Werturteil zugrunde liegt, ins Gewicht (BVerfG 25. Oktober 2012 - 1 BvR 901/11 - Rn. 19; 13. Februar 1996 - 1 BvR 262/91 - zu B II 2 der Gründe, BVerfGE 94, 1). Meinungsäußerungen, die auf einer gesicherten Tatsachenbasis beruhen, hat der Arbeitgeber eher hinzunehmen, als solche, bei denen sich der Arbeitnehmer auf unzutreffende Tatsachen stützt.

36

b) Arbeitnehmer dürfen unternehmensöffentlich Kritik am Arbeitgeber und den betrieblichen Verhältnissen üben und sich ggf. auch überspitzt oder polemisch äußern (BAG 27. September 2012 - 2 AZR 646/11 - Rn. 22; 7. Juli 2011 - 2 AZR 355/10 - Rn. 14, BAGE 138, 312). Die Meinungsfreiheit muss jedoch regelmäßig dann zurücktreten, wenn sich das in der Äußerung enthaltene Werturteil als Formalbeleidigung oder Schmähkritik erweist (BVerfG 8. Mai 2007 - 1 BvR 193/05 - Rn. 23; 10. Oktober 1995 - 1 BvR 1476/91 ua. - zu C III 2 der Gründe, BVerfGE 93, 266). Das gilt auch bei der Teilnahme an einer Betriebsratswahl. Der Arbeitgeber muss nicht deshalb Beleidigungen oder Schmähungen hinnehmen, weil ein Arbeitnehmer damit Stimmen für seine Kandidatur gewinnen will (ähnlich BAG 17. Februar 2000 - 2 AZR 927/98 - zu II 3 b der Gründe). Allerdings macht auch eine überzogene oder gar ausfällige Kritik eine Erklärung für sich genommen noch nicht zur Schmähung. Hinzutreten muss vielmehr, dass bei der Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung im Vordergrund steht, die den Betroffenen jenseits polemischer und überspitzter Kritik in erster Linie herabsetzen soll (vgl. BVerfG 10. Oktober 1995 - 1 BvR 1476/91 ua. - aaO; BAG 7. Juli 2011 - 2 AZR 355/10 - Rn. 17, aaO; BGH 30. Mai 2000 - VI ZR 276/99 - zu II 4 a der Gründe).

37

c) Soweit in einem laufenden Gerichtsverfahren - etwa im Kündigungsschutzprozess - Erklärungen abgegeben werden, ist zu berücksichtigen, dass diese durch ein berechtigtes Interesse des Arbeitnehmers gedeckt sein können (BAG 24. März 2011 - 2 AZR 674/09 - Rn. 22; 9. September 2010 - 2 AZR 482/09 - Rn. 12). Parteien dürfen zur Verteidigung von Rechten schon im Hinblick auf den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) alles vortragen, was als rechts-, einwendungs- oder einredebegründender Umstand prozesserheblich sein kann (BVerfG 11. April 1991 - 2 BvR 963/90 - zu C II 3 der Gründe). Ein Prozessbeteiligter darf auch starke, eindringliche Ausdrücke und sinnfällige Schlagworte benutzen, um seine Rechtsposition zu unterstreichen, selbst wenn er seinen Standpunkt vorsichtiger hätte formulieren können. Dies gilt allerdings nur in den Grenzen der Wahrheitspflicht. Parteien dürfen nicht leichtfertig Tatsachenbehauptungen aufstellen, deren Unhaltbarkeit ohne Weiteres auf der Hand liegt (BAG 24. März 2011 - 2 AZR 674/09 - aaO mwN).

38

d) Gemessen daran trägt die bisherige Begründung des Berufungsurteils die gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht.

39

aa) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Kläger habe mit dem Wahlaufruf unzutreffende Behauptungen im Betrieb verbreitet, welche das „Unternehmenspersönlichkeitsrecht“ der Beklagten verletzten. Er habe damit seine gegenüber der Beklagten bestehenden Pflichten zur Rücksichtnahme in einem Umfang verletzt, der eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit nicht mehr erwarten lasse. Bei dieser Würdigung hat das Landesarbeitsgericht die Bedeutung und Tragweite der Meinungsfreiheit verkannt.

40

(1) Für die Frage, ob und in welcher Weise in Fällen wie diesem die betroffenen Interessen in einen angemessenen Ausgleich zu bringen sind, ist maßgebend, ob die fragliche Äußerung als Werturteil oder als Tatsachenbehauptung anzusehen ist. Während für Werturteile die subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage kennzeichnend ist, werden Tatsachenbehauptungen durch die objektive Beziehung zwischen der Äußerung und der Wirklichkeit charakterisiert. Anders als Werturteile sind Tatsachenbehauptungen daher grundsätzlich dem Beweis zugänglich (BVerfG 8. Mai 2007 - 1 BvR 193/05 - Rn. 21; 13. April 1994 - 1 BvR 23/94 - zu B II 1 b der Gründe, BVerfGE 90, 241). Ob eine Äußerung ihrem Schwerpunkt nach als Meinungsäußerung oder als Tatsachenbehauptung anzusehen ist, beurteilt sich entscheidend nach dem Gesamtkontext, in dem sie steht (zum Ganzen: BVerfG 24. Juli 2013 - 1 BvR 444/13, 1 BvR 1 BvR 527/13 - Rn. 18).

41

(2) Danach handelt es sich bei der im Wahlaufruf - sinngemäß - enthaltenen Aussage, die Beklagte betreibe „Mobbing“, indem sie auf der Grundlage erfundener Sachverhalte willkürliche Abmahnungen und Kündigungen ausspreche, nicht um eine unwahre Tatsachenbehauptung. Die Vorwürfe des „Mobbings“ und der „Willkür“ als solche sind erkennbar das Ergebnis einer wertenden Betrachtung. Der Hinweis, die Beklagte spreche Abmahnungen und Kündigungen „auf der Basis erfundener Sachverhalte“ aus, stellt keine - isolierte - Tatsachenbehauptung dar. Die Äußerung bildet lediglich die tatsächliche Grundlage für das Werturteil und ist daher mit der Meinungsäußerung untrennbar verbunden. Die im Wahlaufruf enthaltenen Äußerungen fallen damit sämtlich in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG und hätten mit den ggf. betroffenen Grundrechten der Beklagten - insbesondere Art. 12 Abs. 1 GG(vgl. BVerfG 8. September 2010 - 1 BvR 1890/08 - Rn. 25 mwN) - in ein angemessenes Verhältnis gebracht werden müssen. Dies hat das Landesarbeitsgericht - aus seiner Sicht folgerichtig - unterlassen.

42

(3) Die Meinungsfreiheit des Klägers muss nicht deshalb zurücktreten, weil die Inhalte des Wahlaufrufs als bloße Diffamierung anzusehen wären. Bei den Äußerungen stand nicht eine Schmähung oder Beleidigung der Beklagten oder ihrer Repräsentanten, sondern die - wenngleich überspitzte und polemische - Darstellung der betrieblichen Verhältnisse zum Zwecke des laufenden Betriebsratswahlkampfs im Vordergrund. Etwas anderes gilt auch nicht deshalb, weil der Kläger nach dem Ende des Wahlkampfs an seinen Äußerungen festgehalten hat. Damit hat er - anders als das Landesarbeitsgericht angenommen hat - nicht seine Meinungsäußerung in der Betriebsöffentlichkeit aufrechterhalten, sondern im Rahmen des Rechtsstreits seinen Standpunkt - bezogen auf ein in der Vergangenheit liegendes Verhalten - verteidigt und damit berechtigte eigene Interessen wahrgenommen.

43

bb) Auch die Berücksichtigung der Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung als Auflösungsgrund ist nicht frei von Rechtsfehlern. Das Landesarbeitsgericht hat den vorgetragenen Sachverhalt nicht vollständig gewürdigt. Es hat die - unstreitige - Tatsache, dass der Kläger seine Versicherung bereits wenige Tage später korrigierte, nicht in seine Erwägungen einbezogen. Hätte es diesen Umstand berücksichtigt, hätte es nicht ohne Weiteres annehmen können, der Kläger werde es auch in Zukunft „mit der Wahrheit nicht so genau nehmen“.

44

cc) Soweit das Landesarbeitsgericht einen Auflösungsgrund in der mangelnden Bereitschaft des Klägers erblickt hat zu akzeptieren, dass die Beklagte ihm am 13. Mai 2009 eine - wie durch rechtskräftiges Urteil bestätigt - rechtmäßige Weisung erteilt habe, ist nicht erkennbar, von welchen Tatsachen es dabei ausgegangen ist. Dass der Kläger die entsprechende Weisung auch nach Abschluss des wegen der Entfernung der Abmahnung aus seiner Personalakte geführten Rechtsstreits nicht befolgt hätte, hat es nicht festgestellt. Aus einem möglichen Fehlen der inneren Akzeptanz auf Seiten des Klägers ergeben sich - soweit ersichtlich - keine negativen Auswirkungen für die weitere Zusammenarbeit.

45

dd) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, eine gedeihliche Zusammenarbeit der Parteien sei deshalb nicht zu erwarten, weil sich der Kläger selbst durch Terminverlegungsanträge des Prozessbevollmächtigten der Beklagten angegriffen fühle und dieser unterstelle, sie dienten nur dazu, ihn auf unzulässige Weise unter Druck zu setzen und ihn existenziell zu ruinieren, hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Das gilt gleichermaßen für die Annahme, der Kläger sei, wie der wiederholte Vorwurf des „Mobbings“ zeige, nicht in der Lage, „das Handeln des Arbeitgebers in einem auch nur halbwegs objektiven Licht zu sehen“. Das Landesarbeitsgericht hat außer Acht gelassen, dass die Äußerungen im Rahmen eines kontrovers geführten Rechtsstreits gefallen sind. In einem solchen „Kampf um das Recht“ war dem Kläger auch die Behauptung möglicherweise ehrverletzender Tatsachen erlaubt, soweit es aus seiner Sicht darauf ankommen konnte (vgl. BVerfG 11. April 1991 - 2 BvR 963/90 - zu C II 3 der Gründe; BAG 24. März 2011 - 2 AZR 674/09 - Rn. 29). Das war hier der Fall. Der Kläger wollte auf diese Weise ersichtlich nur seine subjektive Wahrnehmung schildern, um seiner Rechtsauffassung besonderen Nachdruck zu verleihen.

46

III. Ob die Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach § 9 KSchG gerechtfertigt ist, steht noch nicht fest. Es fehlt an den erforderlichen Feststellungen. Die Sache war deshalb an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.

47

1. Das Landesarbeitsgericht hat hinsichtlich der Äußerungen im Wahlaufruf keine Abwägung zwischen dem Grundrecht des Klägers auf freie Meinungsäußerung und betroffenen Grundrechten der Beklagten oder ihrer Repräsentanten vorgenommen. Dies hat es nachzuholen. Dabei wird es genau prüfen müssen, in welchen eigenen Rechtspositionen sich die Beklagte als verletzt sieht und ob diese grundrechtlichen Schutz genießen (vgl. dazu BVerfG 8. September 2010 - 1 BvR 1890/08 - Rn. 25). Bei dieser Abwägung wird auch der Wahrheitsgehalt der Tatsachen zu ermitteln sein, die der Meinungsäußerung nach dem Vorbringen des Klägers zugrunde liegen. Dabei sind - anders als das Landesarbeitsgericht bislang angenommen hat - nicht nur ganze „Sachverhaltskomplexe“ zu berücksichtigen. Auch wenn sich - ggf. nach einer Beweisaufnahme - nur einzelne Tatsachen als unzutreffend herausstellen sollten, auf die die Beklagte Abmahnungen und/oder Kündigungen gestützt hat, wäre dies im Rahmen der Gesamtabwägung zugunsten des Klägers zu gewichten.

48

2. Für die Würdigung, ob die Äußerungen im Wahlaufruf geeignet sind, die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen, wird das Landesarbeitsgericht zudem zu prüfen haben, ob die Gefahr einer Wiederholung besteht. Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen ist eine solche nicht erkennbar. Die Betriebsratswahl ist abgeschlossen, der Kläger hat die Funktion des Wahlbewerbers nicht mehr inne. Dass künftig dennoch mit gleichen oder ähnlichen Meinungsäußerungen zu rechnen ist, hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt.

49

3. Sollte das Landesarbeitsgericht in der Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung auch unter Berücksichtigung ihrer nachträglichen Korrektur weiterhin einen möglichen Auflösungsgrund sehen, wird es noch festzustellen haben, ob dem Kläger insoweit Vorsatz oder Fahrlässigkeit zur Last zu legen ist. Diese Unterscheidung ist entscheidungserheblich. Fahrlässigkeit wird die Beklagte in diesem Zusammenhang eher hinzunehmen haben als Vorsatz.

50

4. Gelangt das Landesarbeitsgericht - ggf. unter Einbeziehung weiteren Sachvortrags der Beklagten - erneut zu dem Ergebnis, es lägen „an sich“ geeignete Auflösungsgründe vor, wird es zu prüfen haben, von welchem Prognosezeitraum auszugehen ist. Zwar steht - soweit ersichtlich - nicht rechtskräftig fest, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund einer der weiteren Kündigungen der Beklagten nach dem 31. Dezember 2009 geendet hat. Darauf kommt es aber nicht an. Ist der Eintritt einer anderweitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zwar möglich, steht er aber nicht mit Gewissheit fest, muss das zur Entscheidung über den Auflösungsantrag berufene Gericht ggf. eine Prognose über die Wahrscheinlichkeit eines solchen Eintritts treffen und daran die Prüfung nach § 9 KSchG ausrichten(vgl. BAG 11. Juli 2013 - 2 AZR 241/12 - Rn. 18; 27. April 2006 - 2 AZR 360/05 - Rn. 29, BAGE 118, 95). Stellt sich heraus, dass das Arbeitsverhältnis aller Wahrscheinlichkeit nach vor dem Termin der mündlichen Verhandlung geendet hätte, sind bei der nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG vorzunehmenden Gesamtabwägung auch nur die Auflösungstatsachen zu berücksichtigen, die im maßgebenden Beurteilungszeitraum eingetreten sind.

        

    Berger    

        

    Rachor    

        

    Rinck    

        

        

        

    Wolf    

        

    Torsten Falke    

                 

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 20. August 2009 - 16 Sa 1644/08 - aufgehoben, soweit es die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Detmold vom 3. September 2008 - 1 Ca 1700/07 - zurückgewiesen hat.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in der Revision noch über einen Auflösungsantrag der beklagten Arbeitgeberin.

2

Der 1949 geborene, verheiratete Kläger ist seit 1971 bei der Beklagten, zuletzt als kaufmännischer Leiter, gegen ein monatliches Bruttogehalt von 6.410,37 Euro beschäftigt. Als Minderheitsgesellschafter hält er 24 vH der Geschäftsanteile der Beklagten.

3

Die Beklagte befasst sich vornehmlich mit der Planung und Herstellung verkehrstechnischer Anlagen. An ihrem Sitz in D beschäftigt sie regelmäßig etwa 120 Arbeitnehmer. Mehrheitsgesellschafter mit 76 vH der Geschäftsanteile und zugleich alleiniger Geschäftsführer der Beklagten war ursprünglich der ältere Bruder des Klägers R. Im November 2005 wurde der jüngere Bruder K zum weiteren Geschäftsführer bestellt. Der Kläger, dem gleichfalls die Bestellung zum - dritten - Geschäftsführer angetragen worden war, hatte eine gemeinsame Geschäftsführung mit seinem Bruder K ausdrücklich abgelehnt. Nach dem Tod von R im Oktober 2006 rückte dessen Witwe als Erbin in die Stellung der Mehrheitsgesellschafterin ein. Die Geschäfte der Beklagten führte fortan der jüngere Bruder des Klägers alleine.

4

Bereits im Oktober 1990 hatten der Kläger und sein Bruder R eine weitere GmbH mit Sitz in G gegründet, deren Geschäftsgegenstand mit dem der Beklagten identisch ist. Im November 2002 trat R seine Geschäftsanteile an den Kläger ab. Der Sitz dieser Gesellschaft wurde anschließend - bei gleichzeitiger Umfirmierung - nach D verlegt.

5

Beginnend ab Oktober 2005 rügte die Beklagte eine Reihe von Pflichtverletzungen des Klägers. Unter anderem warf sie ihm vor, er betreibe mit dem anderen Unternehmen Konkurrenztätigkeit und nutze einen Teil seiner regulären Arbeitszeit sowie ihre Betriebsmittel für jenes Unternehmen. Darüber hinaus hielt sie ihm vor, den Vertrag über die Stromversorgung für eine Kirmesveranstaltung - den „W“ - eigenmächtig gekündigt zu haben. Eine ordnungsgemäße Abrechnung des Projekts sei nicht erfolgt. Der Kläger bestritt dies.

6

Im Juni 2007 machte der Kläger in seiner Eigenschaft als Gesellschafter der Beklagten Auskunfts- und Einsichtsrechte nach § 51a GmbHG geltend. Im August 2007 stellte ihn die Beklagte von der Erbringung seiner Arbeitsleistung frei. Im September 2007 beantragte er, eine Gesellschafterversammlung zu den Tagesordnungspunkten „Abberufung des Geschäftsführers“ der Beklagten und Kündigung von dessen Anstellungsvertrag einzuberufen. Zur Begründung führte er an, der Geschäftsführer - K - habe kurz nach dem Tod von R zulasten der Beklagten die Zahlung eines Betrags von 53.000,00 Euro als Tantieme an sich selbst veranlasst. Ein Rechtsgrund hierfür habe nicht bestanden.

7

Mit Schreiben vom 12. Oktober 2007 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien ordentlich zum 30. Juni 2008. Dagegen erhob der Kläger - fristgerecht - Kündigungsschutzklage.

8

Ende Oktober 2007 lehnte die Gesellschafterversammlung die Anträge des Klägers auf Abberufung des Geschäftsführers und Kündigung des Anstellungsvertrags ab. Die hiergegen erhobene Nichtigkeitsklage wies das Landgericht D mit Urteil vom 10. April 2008 ab. Eine Entscheidung über eine dagegen gerichtete Berufung des Klägers lag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht noch nicht vor.

9

Mit seiner Kündigungsschutzklage hat der Kläger geltend gemacht, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. Die Beklagte hat beantragt, die Kündigungsschutzklage abzuweisen, hilfsweise

        

das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen.

10

Sie hat die Auffassung vertreten, dem Auflösungsantrag sei ohne Weiteres stattzugeben, da der Kläger leitender Angestellter sei. Er habe selbständig Arbeitnehmer eingestellt und entlassen. Unabhängig davon lägen Gründe iSv. § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG vor. Ihr Geschäftsführer K und der Kläger kommunizierten schon seit längerer Zeit nur noch schriftlich miteinander. Im Kündigungsrechtsstreit habe der Kläger dem Geschäftsführer ohne jegliche Substanz „Mobbing-Attacken“ gegenüber ehemaligen Mitarbeitern und gegenüber seiner - des Klägers - kurzzeitig im Betrieb mitarbeitenden Tochter vorgeworfen. Außerdem habe er sich hartnäckig geweigert, Unstimmigkeiten bei der Abrechnung des Projekts „W“ aufzuklären. In einem weiteren Rechtsstreit, mit dem er Zahlungsansprüche aus dem Arbeitsverhältnis geltend mache, habe er sie - die Beklagte - zu Unrecht der Verleumdung bezichtigt. Außerdem sei durch das Vorgehen des Klägers im parallel geführten Zivilprozess um die Abberufung ihres Geschäftsführers das Vertrauensverhältnis restlos zerstört. Der Kläger habe seinen Antrag auf den vollkommen haltlosen Vorwurf gestützt, K habe mit der Tantiemezahlung im Jahr 2006 eine - strafbare - Untreuehandlung zu ihrem Nachteil begangen.

11

Der Kläger hat beantragt, den Auflösungsantrag zurückzuweisen. Es fehle an einer hinreichenden Begründung des Antrags, die auch nicht entbehrlich sei. Für die Spannungen zwischen ihm und seinem Bruder K sei er nicht verantwortlich. Schon vor längerer Zeit habe sein Bruder veranlasst, eine Verbindungstür zwischen ihren beiden Büros zu verschließen und sei dazu übergegangen, ihm Anweisungen nur noch schriftlich zu erteilen. Im Jahr 2007 habe er ihm grundlos Einsicht in betriebswirtschaftliche Auswertungen verweigert. Mit seinem Vorgehen im Zivilprozess habe er lediglich ihm zustehende Rechte als Gesellschafter wahrgenommen.

12

Das Arbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage stattgegeben und auf den Antrag der Beklagten das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung von 115.380,00 Euro zum 30. Juni 2008 aufgelöst. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers und die Anschlussberufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht nur für den Kläger zugelassenen Revision begehrt dieser weiterhin, den Auflösungsantrag zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision ist begründet. Mit der bisherigen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht dem Auflösungsantrag nicht stattgeben. Dies führt, da der Senat mangels ausreichender Feststellungen nicht abschließend beurteilen kann, ob Auflösungsgründe iSv. § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG vorliegen, zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht(§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

14

I. Zwischen den Parteien besteht kein Streit darüber, dass der Kläger trotz seiner Stellung als Gesellschafter der Beklagten Arbeitnehmer im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes ist. Dafür spricht im Übrigen, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit als kaufmännischer Leiter dem Weisungsrecht des Geschäftsführers der Beklagten aus § 106 Satz 1 GewO unterstand(vgl. BAG 6. Mai 1998 - 5 AZR 612/97 - zu I 2 a der Gründe, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 95 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 68). Er verfügte mit einem Geschäfts- und dementsprechenden Stimmrechtsanteil von 24 vH auch nicht über eine sog. Sperrminorität, aufgrund derer er als Kapitaleigner auf die Geschäftsführung hätte bestimmenden Einfluss nehmen können (vgl. BAG 6. Mai 1998 - 5 AZR 612/07 - aaO).

15

II. Der Auflösungsantrag der Beklagten bedurfte nach § 9 KSchG der Begründung. Der Kläger ist kein leitender Angestellter iSv. § 14 Abs. 2 KSchG.

16

1. Gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 KSchG ist § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG auf Geschäftsführer, Betriebsleiter und ähnliche leitende Angestellte, soweit diese zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind, mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Auflösungsantrag des Arbeitgebers keiner Begründung bedarf. Dabei muss die Befugnis zur eigenverantwortlichen Einstellung oder Entlassung ebenso wie bei den leitenden Angestellten iSv. § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BetrVG eine bedeutende Anzahl von Arbeitnehmern erfassen. Ein nur eng umgrenzter Personenkreis genügt nicht (BAG 10. Oktober 2002 - 2 AZR 598/01 - zu D II 1 der Gründe mwN, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 123 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 122). Die Personalkompetenz muss einen wesentlichen Teil der Tätigkeit des Angestellten ausmachen (BAG 10. Oktober 2002 - 2 AZR 598/01 - aaO, mwN).

17

2. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Zwar hat der Kläger, jedenfalls bis zum Tod von R, in Einzelfällen Personalgespräche geführt, schriftliche Arbeitsverträge unterzeichnet und Arbeitnehmer der Beklagten entlassen. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts lag allerdings das Letztentscheidungsrecht über die Durchführung dieser Maßnahmen bei dem früheren Geschäftsführer der Beklagten. Eine iSv. § 14 Abs. 2 Satz 2 KSchG hinreichende Personalkompetenz ergibt sich auch nicht daraus, dass der Kläger - wie von der Beklagten geltend gemacht - seine eigenen Kinder ohne Absprache mit der Geschäftsführung eingestellt haben mag.

18

III. Ob für die Beklagte Auflösungsgründe iSv. § 9 KSchG vorliegen, steht noch nicht fest.

19

1. Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG hat das Gericht nach - wie im Streitfall - erfolgreicher Kündigungsschutzklage auf Antrag des Arbeitgebers das Arbeitsverhältnis aufzulösen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen.

20

a) Das Kündigungsschutzgesetz lässt die Auflösung des Arbeitsverhältnisses trotz Sozialwidrigkeit der Kündigung nur ausnahmsweise zu. Es ist nach seiner Konzeption ein Bestandsschutz- und kein Abfindungsgesetz. Deshalb sind an die Auflösungsgründe strenge Anforderungen zu stellen (BAG 23. Februar 2010 - 2 AZR 554/08 - Rn. 22, AP KSchG 1969 § 9 Nr. 61 = EzA KSchG § 9 nF Nr. 58; 23. Juni 2005 - 2 AZR 256/04 - zu II 2 a der Gründe, AP KSchG 1969 § 9 Nr. 52 = EzA KSchG § 9 nF Nr. 52). Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist derjenige der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht (BAG 8. Oktober 2009 - 2 AZR 682/08 - Rn. 14 mwN, EzA KSchG § 9 nF Nr. 57). Von diesem Standpunkt aus ist zu fragen, ob in der Zukunft eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zu erwarten ist (BAG 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 43, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 181 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 163).

21

b) Auflösungsgründe iSv. § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG können solche Umstände sein, die das persönliche Verhältnis zum Arbeitnehmer, die Wertung seiner Persönlichkeit, seiner Leistung oder seiner Eignung für die ihm gestellten Aufgaben und sein Verhältnis zu den übrigen Mitarbeitern betreffen. Die Gründe, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen den Vertragspartnern nicht erwarten lassen, müssen nicht im Verhalten, insbesondere nicht im schuldhaften Verhalten des Arbeitnehmers liegen. Entscheidend ist, ob die objektive Lage die Besorgnis rechtfertigt, dass die weitere gedeihliche Zusammenarbeit mit dem Arbeitnehmer gefährdet ist (BAG 8. Oktober 2009 - 2 AZR 682/08 - Rn. 15, EzA KSchG § 9 nF Nr. 57; 7. März 2002 - 2 AZR 158/01 - zu B II 2 b der Gründe, AP KSchG 1969 § 9 Nr. 42 = EzA KSchG § 9 nF Nr. 45). In diesem Sinne als Auflösungsgrund geeignet sind etwa Beleidigungen, sonstige ehrverletzende Äußerungen oder persönliche Angriffe des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, Vorgesetzte oder Kollegen (BAG 9. September 2010 - 2 AZR 482/09 - Rn.11 mwN, AP KSchG 1969 § 9 Nr. 64 = EzA KSchG § 9 nF Nr. 60).

22

c) Zu berücksichtigen ist aber auch, dass gerade Erklärungen in laufenden Gerichtsverfahren - etwa dem Kündigungsschutzprozess selbst - durch ein berechtigtes Interesse des Arbeitnehmers gedeckt sein können (BAG 9. September 2010 - 2 AZR 482/09 - Rn. 12 mwN, AP KSchG 1969 § 9 Nr. 64 = EzA KSchG § 9 nF Nr. 60). Darüber hinaus ist mit Blick auf eine prozessuale Auseinandersetzung zu berücksichtigen, dass Parteien zur Verteidigung von Rechten schon im Hinblick auf das rechtliche Gehör (Art. 103 GG) alles vortragen dürfen, was als rechts-, einwendungs- oder einredebegründender Umstand prozesserheblich sein kann (BVerfG 11. April 1991 - 2 BvR 963/90 - zu C II 3 der Gründe, NJW 1991, 2074). Anerkannt ist, dass ein Verfahrensbeteiligter auch starke, eindringliche Ausdrücke und sinnfällige Schlagworte benutzen darf, um seine Rechtsposition zu unterstreichen, selbst wenn er seinen Standpunkt vorsichtiger hätte formulieren können. Das gilt allerdings nur in den Grenzen der Wahrheitspflicht. Auch dürfen die Parteien nicht leichtfertig Tatsachenbehauptungen aufstellen, deren Unhaltbarkeit ohne Weiteres auf der Hand liegt (BVerfG 11. April 1991 - 2 BvR 963/90 - aaO; BAG 23. Februar 2010 - 2 AZR 554/08 - Rn. 32, AP KSchG 1969 § 9 Nr. 61 = EzA KSchG § 9 nF Nr. 58).

23

2. Daran gemessen trägt die bisherige Begründung des Berufungsurteils die Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht.

24

a) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Kläger habe die Vertrauensbasis für eine weitere Zusammenarbeit der Parteien durch sein Vorgehen in dem parallel geführten Zivilprozess zerstört. Zur Begründung seines Abberufungsantrags habe er dem Geschäftsführer der Beklagten eine „strafbare Untreuehandlung“ zu deren Nachteil vorgeworfen. Damit habe er „über das Ziel hinausgeschossen“. Die Äußerung sei ehrverletzend. Der Kläger hätte bei der Verfolgung seiner Rechte als Gesellschafter Rücksicht auf das ebenfalls bestehende Arbeitverhältnis nehmen und das nötige Augenmaß aufbringen müssen. Stattdessen habe er trotz der wohlbegründeten, seine Klage abweisenden Entscheidung seinen Antrag weiter verfolgt, was geeignet gewesen sei, die Spannungen zwischen ihm und dem Geschäftsführer der Beklagten weiter zu verschärfen.

25

b) Diese Würdigung hält einer Überprüfung schon deshalb nicht stand, weil es an tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts fehlt, die den Schluss zuließen, der Vorwurf einer „strafbaren Untreuehandlung“ sei ehrverletzend.

26

Der in Rede stehende Vorwurf, dessen Schwerpunkt ersichtlich auf einer Tatsachenbehauptung liegt, kann zwar grundsätzlich bei Nichterweislichkeit seiner Wahrheit als ehrverletzend angesehen werden. Allerdings hat das Landesarbeitsgericht die Behauptung nicht auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft. Es hat sich nicht mit den Einzelheiten des Vorbringens des Klägers im Zivilprozess befasst, hierzu auch gar keine Feststellungen getroffen. Es hat sich vielmehr mit dem Hinweis begnügt, das Vorgehen des Geschäftsführers - nämlich die Auszahlung der Tantieme ohne zugrundeliegenden Gesellschafterbeschluss - bedeute „nicht gleich“, dass er eine Straftat begangen habe und auch nicht, dass er für die Beklagte untragbar geworden sei. Diese Ausführungen haben im Hinblick auf die Berechtigung der Behauptungen des Klägers keinen Aussagewert. Darüber hinaus bleibt auch die Stoßrichtung des „Vorwurfs einer strafbaren Untreuehandlung“ unklar. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Kläger habe damit den Geschäftsführer der Beklagten einer Straftat bezichtigt. Denkbar erscheint aber auch, dass der Kläger lediglich darauf abheben wollte, das Verhalten erfülle objektiv die Voraussetzungen des Untreuetatbestands (§ 266 Abs. 1 StGB). Das stünde jedenfalls im Einklang mit der Darstellung des (streitigen) Klägervortrags im Tatbestand des zwischenzeitlich im Zivilprozess ergangenen und von der Beklagten in das Revisionsverfahren eingeführten Berufungsurteils. Danach hat der Kläger bezogen auf die Tantiemezahlung vorgetragen, der Geschäftsführer der Beklagten habe seine Pflichten als Geschäftsführer objektiv grob verletzt und den objektiven Tatbestand einer Untreue verwirklicht.

27

Sollte die Anschuldigung des Klägers zutreffen, brauchte er sich nicht damit zu begnügen, das Verhalten des Geschäftsführers allgemein als „erhebliche Pflichtverletzung“ darzustellen. Er durfte seine Auffassung zu deren Qualität auch dadurch zum Ausdruck bringen, dass er die Tantiemezahlung - zumal innerprozessual im Rahmen einer gerichtlichen Auseinandersetzung - unter strafrechtlichen Aspekten würdigte.

28

c) Selbst unterstellt, der Kläger hätte den Geschäftsführer objektiv wahrheitswidrig bezichtigt, sich einer Untreue (§ 266 Abs. 1 StGB)zum Nachteil der Beklagten schuldig gemacht zu haben, läge darin kein Auflösungsgrund. Die gegenteilige Würdigung des Landesarbeitsgerichts berücksichtigt nicht ausreichend, dass das Vorgehen des Klägers im Zivilprozess durch die Wahrnehmung berechtigter Interessen im Sinne von § 193 StGB gedeckt war. Jedenfalls hat die für das Vorliegen von Auflösungsgründen darlegungs- und beweispflichtige Beklagte keine Umstände dargetan, die den vom Kläger ausdrücklich geltend gemachten Rechtfertigungsgrund ausschlössen.

29

aa) Der Kläger hat in dem parallel geführten Zivilverfahren vorrangig eigene Rechte als Mitgesellschafter der Beklagten wahrgenommen. In einem solchen „Kampf um das Recht“ war ihm grundsätzlich auch die Behauptung ehrverletzender Tatsachen erlaubt, soweit es aus seiner Sicht hierauf ankommen konnte (vgl. BVerfG 11. April 1991 - 2 BvR 963/90 - zu C II 3 der Gründe, NJW 1991, 2074). Letzteres war hier der Fall. Der Kläger wollte mit dem „Vorwurf einer strafbaren Untreuehandlung“ ersichtlich die Schwere der angeführten Pflichtverletzung des Geschäftsführers verdeutlichen.

30

bb) Allerdings könnte sich der Kläger dann nicht auf eine Rechtfertigung seines Vorgehens unter dem Gesichtspunkt der Wahrnehmung berechtigter Interessen berufen, wenn die Unhaltbarkeit des Vorwurfs auf der Hand gelegen hätte oder er selbst nicht von der Richtigkeit seiner Behauptungen überzeugt gewesen wäre (Fischer StGB 58. Aufl. § 193 Rn. 19, 28 mwN). Dafür bietet indes das Vorbringen der Beklagten - auch unter Einbeziehung des Urteils des Landgerichts D vom 10. April 2008, auf das sich die Beklagte zur Darlegung eines überzogenen Vorgehens des Klägers gegen ihren Geschäftsführer maßgeblich stützt - keinen genügenden Anknüpfungspunkt.

31

(1) Das Landgericht hat in seinem Urteil ausdrücklich dahinstehen lassen, ob die umstrittene Tantiemezahlung - insbesondere im strafrechtlichen Sinne - als Untreuehandlung zu qualifizieren ist. Es ist davon ausgegangen, auch unabhängig von einer etwaigen Strafbarkeit habe der Geschäftsführer seine ihm gegenüber der Beklagten obliegenden Pflichten erheblich verletzt, indem er es versäumt habe, eine Entscheidung der Gesellschafterversammlung über die Tantiemezahlung herbeizuführen. Seine Auffassung, trotz der Schwere der Pflichtverletzung seien die beantragte Abberufung des Geschäftsführers und die Kündigung des Anstellungsvertrags nicht gerechtfertigt, hat es im Wesentlichen auf die - aus seiner Sicht nicht substantiiert bestrittene - Behauptung der Beklagten gestützt, der frühere Mehrheitsgesellschafter R habe dem jetzigen Geschäftsführer noch zu Lebzeiten die Tantieme zugesagt. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass es sich bei der Beklagten um ein reines Familienunternehmen handele und weitere Umstände, die eine Untragbarkeit oder Ungeeignetheit des Geschäftsführers begründen könnten, nicht ersichtlich seien.

32

(2) Lag aber nach gesellschaftsrechtlichen Maßstäben eine erhebliche Pflichtverletzung des Geschäftsführers mit finanziell nachteiligen Wirkungen für die Beklagte vor, kann nicht davon die Rede sein, der Kläger habe den Vorwurf einer strafrechtlich relevanten Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht seines Bruders quasi „aus der Luft gegriffen“ und ohne jeden berechtigten Anlass erhoben. Ein anders Bild ergibt sich - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht aus dem im Zivilprozess zwischenzeitlich ergangenen Urteil des Oberlandesgerichts H vom 7. Juli 2009, mit dem dieses die Berufung des Klägers gegen das landgerichtliche Urteil zurückgewiesen hat. Auch das Oberlandesgericht hat ausweislich der Gründe seiner Entscheidung angenommen, der Geschäftsführer der Beklagten habe - jedenfalls was eine Tantiemezahlung in Höhe von 50.000,00 Euro anbelange - gegen seine Geschäftsführerpflichten verstoßen. Soweit es gleichwohl davon ausgegangen ist, die Pflichtverletzung erreiche nicht das für eine Abberufung und Kündigung des Anstellungsvertrags erforderliche Gewicht, hat es dies - nach Beweisaufnahme - ua. damit begründet, dass dem Geschäftsführer die Tantieme durch den früheren Mehrheitsgesellschafter R noch zu dessen Lebzeiten zugesagt worden sei. Die Durchführung einer Beweisaufnahme im Berufungsverfahren spricht aber deutlich dafür, dass der Vortrag des Klägers zum Gewicht der festgestellten Pflichtverletzung schlüssig war, mag auch aus Sicht der Zivilgerichte die strafrechtliche Würdigung des Geschehens für die gesellschaftsrechtliche Bewertung der Pflichtverletzung nicht entscheidend gewesen sein. Die Beklagte hat im Hinblick auf ihren Auflösungsantrag auch nicht etwa behauptet, der Kläger habe die Vereinbarungen zwischen seinen Brüdern positiv gekannt und dahingehenden Vortrag im Zivilrechtsstreit wider besseres Wissen bestritten.

33

cc) Der Kläger musste sich - anders als das Landesarbeitsgericht offenbar meint - auch nicht deshalb einer strafrechtlichen Bewertung des Geschehens um die Tantiemezahlung enthalten oder aber von der Durchführung des Berufungsverfahrens im Zivilprozess absehen, weil er zugleich Arbeitnehmer der Beklagten war. Es stand ihm frei, im Rahmen einer zulässigen Interessenwahrnehmung den Rechtsweg auszuschöpfen. Wollte man dies anders sehen, müsste der Arbeitnehmer von der Erhebung aus seiner Sicht berechtigter gesellschaftsrechtlicher Forderungen absehen, nur um keinen Grund für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu setzen. Ein solcher Rechtsverzicht kann ihm schon nach dem Rechtsgedanken des Maßregelungsverbots (§ 612a BGB) nicht abverlangt werden (ähnlich BAG 9. Februar 1995 - 2 AZR 389/94 - zu II 6 der Gründe, EzA KSchG § 1 Personenbedingte Kündigung Nr. 12). Der Schutz, den die gesetzlichen Kündigungsvorschriften - auch über § 9 KSchG - gewähren, ist auch nicht deshalb ein geringerer, weil der Arbeitnehmer zugleich Gesellschafter des Unternehmens ist.

34

dd) Die Beklagte hat auch keine konkreten Anhaltspunkte benannt, die den Schluss zuließen, das Arbeitsverhältnis der Parteien sei durch die gesellschaftsrechtliche Auseinandersetzung zusätzlich nachteilig belastet worden. Der Kläger hat seinen „Vorwurf einer strafbaren Untreuehandlung“ - soweit ersichtlich -, ausschließlich innerhalb der zuständigen Gremien und im anschließenden zivilgerichtlichen Verfahren angebracht und damit in der Tendenz gezeigt, dass er zwischen seiner Stellung als Arbeitnehmer der Beklagten und der eines Gesellschafters der Beklagten zu trennen weiß. Zudem kommunizierten er und der Geschäftsführer - unstreitig - bereits vor Einleitung des Kündigungsschutzprozesses nur noch schriftlich miteinander. Das mag, auch unter Berücksichtigung der herausgehobenen Stellung des Klägers als kaufmännischer Leiter, einer sachgerechten Zusammenarbeit zwischen ihm und dem Geschäftsführer nicht zuträglich gewesen sein. Doch muss berücksichtigt werden, dass sich die Parteien grundsätzlich auf diese Situation eingestellt hatten. So hat der Geschäftsführer der Beklagten dem Kläger - unstreitig - mit Notiz vom 16. November 2006 mitgeteilt, er „akzeptiere dies“, womit er auf die aus seiner Sicht fehlende Bereitschaft seines Bruders abhob, in geschäftlichen Angelegenheiten ein persönliches Gespräch zu führen. Dass die Kommunikation der Parteien auf dieser „Kompromissebene“ durch das gesellschaftsrechtliche Vorgehen des Klägers zusätzlich erschwert wurde, kann nicht ohne Weiteres angenommen werden. Dagegen spricht auch die finanzielle Beteiligung des Klägers am Unternehmen der Beklagten und das ihm insoweit zu unterstellende Interesse an deren wirtschaftlichem Erfolg.

35

3. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Die Beklagte hat sich auf weitere Umstände berufen, die aus ihrer Sicht einer den Betriebszwecken dienlichen Zusammenarbeit der Parteien entgegenstehen. Ob diese ihr - entweder einzeln, oder aber in ihrer Gesamtschau - einen Grund zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses gaben, kann der Senat nicht abschließend beurteilen, weil es an Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zu dem jeweils zugrunde liegenden Sachverhalt fehlt. Dies bedingt die Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.

        

    Kreft    

        

    Rachor    

        

    Berger    

        

        

        

    Th. Gans    

        

    Pitsch    

                 

(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Die gleiche Entscheidung hat das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers zu treffen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz stellen.

(2) Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzusetzen, an dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte.

(1) Als Abfindung ist ein Betrag bis zu zwölf Monatsverdiensten festzusetzen.

(2) Hat der Arbeitnehmer das fünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens fünfzehn Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu fünfzehn Monatsverdiensten, hat der Arbeitnehmer das fünfundfünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens zwanzig Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu achtzehn Monatsverdiensten festzusetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer in dem Zeitpunkt, den das Gericht nach § 9 Abs. 2 für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses festsetzt, das in der Vorschrift des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch über die Regelaltersrente bezeichnete Lebensalter erreicht hat.

(3) Als Monatsverdienst gilt, was dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit in dem Monat, in dem das Arbeitsverhältnis endet (§ 9 Abs. 2), an Geld und Sachbezügen zusteht.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.