Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 06. Nov. 2018 - 8 Sa 26/18

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2018:1106.8Sa26.18.00
06.11.2018

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 21. Dezember 2017 - 7 Ca 1320/17 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird für die Klägerin zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, die an sie für September 2013 bis August 2015 entsprechend § 11 Tarifvertrag über sozialverträgliche Begleitmaßnahmen im Zusammenhang mit der Umgestaltung der Bundeswehr vom 18. Juli 2001 (TV UmBw) gezahlte Ausgleichszahlung zurückzuzahlen.

2

Die 1950 geborene Beklagte war bei der Klägerin seit dem 1. Oktober 1980 als Tarifbeschäftigte tätig. In einem Zusatzvertrag zum Arbeitsvertrag vom 22. Juli 2005 (Bl. 56 d. A.) vereinbarten die Parteien unter anderem folgendes:

"§ 1

3

Im Einvernehmen zwischen den Vertragsparteien wird ab 1. September 2005 die Anwendung der Härtefallregelung gemäß § 11 des Tarifvertrages über sozialverträgliche Begleitmaßnahmen im Zusammenhang mit der Umgestaltung der Bundeswehr vom 18. Juli 2001 unter Verzicht auf die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung vereinbart (Ruhensregelung).

§ 3

4

Die Arbeitnehmerin erteilt dem Arbeitgeber eine Vollmacht zur Einholung einer Auskunft des Rentenversicherungsträgers über den frühestmöglichen Beginn einer ungekürzten Altersrente. Sie verpflichtet sich des Weiteren, Änderungen in den persönlichen Verhältnissen, insbesondere solche, die Auswirkungen auf den möglichen Eintritt der Voraussetzungen für den Bezug einer ungekürzten Vollrente wegen Alters haben können (wie z.B. Eintritt einer Schwerbehinderung, Anerkennung von Versicherungszeiten), sowie die Stellung eines Rentenantrags unverzüglich der zuständigen personalbearbeitenden Stelle mitzuteilen."

5

Der durch § 1 des Zusatzvertrags zum Arbeitsvertrag in Bezug genommene TV UmBw lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 11

6

Härtefallregelung

7

(1) Kann einer/einem Beschäftigten ... kein Arbeitsplatz nach § 3 angeboten werden... kann ... in gegenseitigem Einvernehmen ein Verzicht auf die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung (Ruhensregelung) vereinbart werden. Die/der Beschäftigte erhält statt des Entgelts eine monatliche Ausgleichszahlung. .

8

(2) Die Ausgleichszahlung wird in Höhe des um 20 v.H. verminderten Einkommens gezahlt. ...

9

(9) Der Anspruch auf die Ausgleichszahlung entfällt ferner

10

a) wenn das Arbeitsverhältnis endet,

11

b) unter den Voraussetzungen des § 17...

§ 17

12

Persönliche Anspruchsvoraussetzungen

13

(1) Ansprüche aus Abschnitt I dieses Tarifvertrages enden mit Ablauf des Kalendermonats vor dem Kalendermonat, in dem die/der Beschäftigte die Voraussetzungen nach dem SGB VI für den Bezug einer ungekürzten Vollrente wegen Alters oder einer entsprechenden Leistung einer Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI oder der Zusatzversorgung erfüllt.

n

14

Ebenfalls am 22. Juli 2005 bevollmächtigte die Beklagte die Klägerin schriftlich, eine Auskunft des Rentenversicherungsträgers über den frühestmöglichen Eintritt der Voraussetzungen nach dem SGB VI für den Bezug einer ungekürzten Vollrente einzuholen.

15

Die Klägerin beantragte eine solche Rentenauskunft. Sie wurde unter dem 26. März 2010 erteilt und von der Klägerin mit der Berufungsbegründung vorgelegt (vgl. Bl. 248 ff. d. A.). Auf Seite 8 dieser Rentenauskunft heißt es auszugsweise:

16

"H Altersrente für Frauen

17

Die Altersrente für Frauen kann bei erfüllter Wartezeit gezahlt werden, wenn das maßgebende Lebensalter erreicht ist, die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten wird und nach Vollendung des 40. Lebensjahres mehr als zehn Jahre (mindestens 121 Monate) Pflichtbeitragszeiten zurückgelegt sind.

18

Die Wartezeit für diese Rente beträgt 15 Jahre mit Beitragszeiten und Ersatzzeiten. Diese Wartezeit ist erfüllt.

19

Werden die Anspruchsvoraussetzungen für diese Rente erfüllt, ergibt sich für Sie Folgendes: Kein Rentenabschlag bei einem Rentenbeginn ab 01.09.2015 Mit Rentenabschlag frühester Rentenbeginn ab 01.01.2010

20

I Altersrente für schwerbehinderte Menschen

21

Die Altersrente für schwerbehinderte, berufsunfähige oder erwerbsunfähige Menschen kann bei erfüllter Wartezeit gezahlt werden, wenn das maßgebende Lebensalter erreicht ist, bei Rentenbeginn Schwerbehinderung, Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit vorliegt und die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten wird.

22

Die Wartezeit für diese Rente beträgt 35 Jahre mit Beitragszeiten, Ersatzzeiten, Anrechnungszeiten und Berücksichtigungszeiten. Diese Wartezeit ist erfüllt.

23

Werden die Anspruchsvoraussetzungen für diese Rente erfüllt, ergibt sich für Sie Folgendes: Kein Rentenabschlag bei einem Rentenbeginn ab 01.09.2013 Mit Rentenabschlag frühester Rentenbeginn ab 01.01.2010“

24

Aufgrund einer Krebserkrankung wurde bei der Beklagten ab 15. Juli 2010 ein Grad der Behinderung von 50 anerkannt.

25

Es existiert E-Mail-Verkehr zwischen der Beklagten und Herrn T., einem Mitarbeiter der Wehrbereichsverwaltung W. aus dem April 2011 (vgl. Bl. 76 d. A.), mit dem die Klägerin anfragt, ob der "für meine Behinderung eingesetzte Freibetrag" im Jahr 2011 umgesetzt wurde. Herr T. antwortet hierauf, dass der Steuerfreibetrag aufgrund eines maschinellen Fehlers für die Monate Januar und Februar 2011 nicht berücksichtigt worden sei, was er ab der nächsten Abrechnung (Mai 2011) rückwirkend korrigieren werde.

26

Auf Antrag der Beklagten vom 28. Juli 2015 wurde ihr ab 1. September 2015 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen iHv. 1.621,18 EUR bewilligt (vgl. Rentenbescheid vom 7. September 2015, Bl. 59 f. d. A.).

27

Die monatlichen Zahlungen, die die Beklagte von der Klägerin im Rahmen der vereinbarten Anwendung der Härtefallregelung im Zeitraum September 2013 bis August 2015 erhielt, beliefen sich nach der nicht bestrittenen Aufstellung der Klägerin (Bl. 82 d. A.) auf durchschnittlich 3.045,96 EUR monatlich (73.103,10 EUR : 24). Die monatliche Ausgleichszahlung nach § 11 TV UmBw betrug ohne Jahressonderzahlungen, Arbeitgeberzuschüsse und Ausgleichsbeträge zu Beginn des streitgegenständlichen Zeitraums (September 2013) 2.104,38 EUR und zuletzt (August 2015) 2.243,51 EUR.

28

Nach einem Formular "Änderungsmeldung Arbeitnehmer” vom 16. September 2015 (Bl. 61 d. A.), das bei der Klägerin ausgefüllt wurde, erhielt diese am 14. September 2015 eine telefonische Auskunft der Deutschen Rentenversicherung B. dazu, dass die Beklagte seit dem 15. Juli 2010 einen "anerkannten Grad der Schwerbehinderung von 50" hatte.

29

Mit Schreiben vom 13. November 2015 (Bl. 100 f. d. A.) forderte die Klägerin von der Beklagten eine Gesamtüberzahlung aufgrund Nichtantritts der Altersrente für schwerbehinderte Menschen in Höhe von 79.311,55 EUR wegen Bruttoüberzahlungen im Zeitraum 1. September 2013 bis 31. August 2015 zurück.

30

Am 23. Juni 2016 beantragte die Klägerin den Erlass eines Mahnbescheides über den nun streitgegenständlichen Rückforderungsbetrag von 73.103,10 EUR, der am 1. Juli 2016 erlassen wurde. Hiergegen legte die Beklagte einen am 7. Juli 2016 eingegangenen Widerspruch ein.

31

Die Klägerin hat vorgetragen,

32

die Beklagte habe in Anbetracht ihrer Schwerbehinderung bereits seit dem 1. September 2013 eine ungekürzte Altersrente beziehen können, weshalb die Anspruchsvoraussetzungen für den Erhalt der tariflichen Ausgleichszahlung gemäß § 17 Abs. 1 iVm. § 11 Abs. 9 Buchst. b TV UmBw zum 1. September 2013 entfallen seien. Die Beklagte habe die Personalstelle über ihre Schwerbehinderung nicht informiert. Daher verlange sie, die Klägerin, die von September 2013 bis August 2015 geleisteten Ausgleichszahlungen in Höhe von insgesamt 73.103,10 EUR aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB zurück. Die Beklagte sei auf ihre Kosten ungerechtfertigt bereichert.

33

Die Klägerin hat beantragt,

34

die Beklagte zu verurteilen, den überbezahlten Betrag in Höhe von 73.103,10 EUR netto - hilfsweise die im Rahmen der Ausschlussfrist des § 37 TVöD angefallenen Beträge - nebst den gesetzlichen Zinsen ab Rechtshängigkeit an die Klägerin zurückzuzahlen.

35

Die Beklagte hat beantragt,

36

die Klage abzuweisen.

37

Sie trägt vor,

38

die im Juli 2010 aufgrund ihrer Krebserkrankung für die Dauer von fünf Jahren anerkannte Behinderung habe sie telefonisch Herrn T. von der Wehrbereichsverwaltung mitgeteilt, sowie mit Schreiben vom 8. Oktober 2010 (Bl. 75 d. A.) Herrn S., der nach dem Vortrag der Klägerin der zuständige Personalsachbearbeiter beim Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr gewesen sei.

39

Die Regelaltersrente habe sie erst ab dem 4. Dezember 2015 beziehen können. Ab 1. September 2013 hätte sie keine ungekürzte Altersrente erhalten, wie es nach § 17 Abs. 1 TV UmBw erforderlich sei. Ab 1. September 2013 hätte sie lediglich eine um ca. 200,00 EUR monatlich verminderte Rente beziehen können, da sie zu diesem Zeitpunkt die erforderlichen 35 Versicherungsjahre nicht habe nachweisen können.

40

Jedenfalls sei sie gemäß § 818 Abs. 3 BGB vollumfänglich entreichert, da sie die von der Klägerin gezahlten Beträge für ihren allgemeinen Lebensunterhalt eingesetzt und mit ihnen weder Vermögenswerte angeschafft noch Schulden getilgt habe. Auch ihr Ehegatte habe im streitgegenständlichen Zeitraum keine bzw. als Selbständiger sogar negative Einkünfte gehabt. Unabhängig hiervon seien etwaige Ansprüche bis Mai 2015 gemäß § 37 TVöD verfallen. Ferner würde es eine Diskriminierung aufgrund einer Behinderung bedeuten, wenn ein Nichtbehinderter zwei Jahre länger die Härtefallregelung in Anspruch nehmen könne.

41

Zur Darstellung der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf dem Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 21. Dezember 2017 Bezug genommen.

42

Das Arbeitsgericht hat mit diesem Urteil die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin bereits habe das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen nach § 17 Abs. 1 iVm. § 11 Abs. 9 Buchst. b TV UmBw, auf die sie die Rückforderung der geleisteten Ausgleichszahlungen nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB wegen des fehlenden Rechtsgrunds hierfür stütze, nicht schlüssig vorgetragen. Sie habe lediglich pauschal behauptet, dass die Beklagte ab dem 1. September 2013 eine ungekürzte Vollrente wegen Alters iSd. § 17 Abs. 1 TV UmBw habe beziehen können, was diese bestritten habe. Die Klägerin habe nicht substantiiert und schlüssig vorgetragen, dass ab September 2013 die Voraussetzungen für einen ungekürzten Altersrentenbezug bei der Beklagten vorgelegen hätten und damit nach § 17 Abs. 1 TV UmBw die Voraussetzungen für weitere Ausgleichszahlungen entfallen seien.

43

Gegen das ihr am 11. Januar 2018 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit am 30. Januar 2018 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Sie hat diese - innerhalb der mit Beschluss vom 20. Februar 2018 bis 12. April 2018 verlängerten Berufungsbegründungsfrist - mit am 12. April 2018 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.

44

Die Klägerin hat mit der Berufungsbegründung die von ihr angeforderte Rentenauskunft vom 26. März 2010 vorgelegt und vorgetragen, dass sich aus dieser Rentenauskunft ergebe, dass bei der Beklagten ab 1. September 2013 die Voraussetzungen für einen ungekürzten Rentenbezug (wegen Schwerbehinderung) vorgelegen hätten. Auch ergebe sich aus der Rentenauskunft, dass die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt gewesen sei. Die Rentenauskunft habe sie der Beklagten mit Kurzmitteilung vom 27. April 2010 übermittelt.

45

Somit seien ab 1. September 2013 die Anspruchsvoraussetzungen für den Erhalt der tariflichen Ausgleichszahlung gemäß § 17 Abs. 1 iVm. § 11 Abs. 9 Buchst. b TV UmBw entfallen und die Beklagte sei nach § 812 Abs. 1 Satz 1 zur Rückzahlung verpflichtet. Die Voraussetzungen für eine Entreicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB lägen nicht vor. Die Beklagte sei der sie treffenden Darlegungs- und Beweislast nicht nachgekommen. Dies ergebe sich schon daraus, dass Ausführungen zu den Einkünften des Ehemannes der Beklagten fehlten. Sie (die Klägerin) bestreite, dass der Ehemann der Beklagten im maßgeblichen Zeitraum keine oder sogar negative Einkünfte erzielt habe.

46

Die Rückzahlungsansprüche seien auch nicht nach § 37 TVöD präkludiert, da die zuständige Personalstelle erst mit Eingang des Rentenbescheids vom 7. September 2015 am 14. September 2015 Kenntnis von dem Bestehen des Rückforderungsanspruchs erlangt habe. Das Schreiben der Beklagten vom 8. Oktober 2010 habe sie nicht erhalten. Bis zum 14. September 2015 habe sie, die Klägerin, keine Kenntnis darüber gehabt, dass aufgrund des Schwerbehindertenstatus der Beklagten die Voraussetzungen für eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen vorgelegen hätten, die nach Rentenauskunft der Deutschen Rentenversicherung B. ohne Rentenabschlag bereits ab dem 1. September 2013 hätte beantragt werden können. Mit ihrem Schreiben vom 13. November 2015 sei der Rückforderungsanspruch damit rechtzeitig innerhalb der 6-Monatsfrist des § 37 Abs. 1 TVöD gegenüber der Beklagten geltend gemacht worden. Die Voraussetzungen der Verwirkung lägen nicht vor.

47

Die Klägerin beantragt,

48

auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 21. Dezember 2017 - 7 Ca 1320/17 - abgeändert.

49

Die Beklagte wird verurteilt, den überbezahlten Betrag von 73.103,10 EUR netto - hilfsweise die im Rahmen der Ausschlussfrist des § 37 TVöD angefallenen Beträge - nebst den gesetzlichen Zinsen ab Rechtshängigkeit an die Klägerin zu bezahlen.

50

Die Beklagte beantragt,

51

die Berufung zurückzuweisen.

52

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vortrags.

53

Das Arbeitsgericht sei zutreffend davon ausgegangen, dass die Klage bereits unschlüssig sei und ein Anspruch der Klägerin aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB schon deshalb ausscheide. Sie, die Beklagte, hätte im Zeitraum 1. September 2013 bis 31. August 2015 keine ungekürzte Vollrente wegen Alters beziehen können. Sie hätte lediglich eine gekürzte Rente wegen Alters erhalten können, die Kürzung hätte sich auf ca. 200,00 EUR monatlich belaufen. Der neue Vortrag der Klägerin in der Berufungsbegründung hierzu sei, wie auch die Vorlage der Rentenauskunft vom 26. März 2010, als verspätetet zurückzuweisen.

54

Darüber hinaus sei sie auch im Sinne des § 818 Abs. 3 BGB entreichert. Sie habe die empfangenen Beträge restlos für ihren laufenden Lebensunterhalt verbraucht und sich damit keine in ihrem Vermögen noch vorhandenen Werte oder Vorteile verschafft. Auf die laufenden Zahlungen habe sie gutgläubig vertraut. Die Rentenauskunft vom 26. März 2010 habe sie nicht erhalten.

55

Im Übrigen seien die Ansprüche der Klägerin nach § 37 TVöD verfallen oder jedenfalls verwirkt.

56

Wegen des Sach- und Streitstandes im Weiteren wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften verwiesen.

Entscheidungsgründe

57

Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen, weil ein Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung der vom 1. September 2013 bis 31. August 2015 geleisteten Ausgleichszahlungen (und sonstigen Leistungen auf Grund des Zusatzvertrags zum Arbeitsvertrag) nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht besteht. Die Beklagte hat keine Leistungen ohne Rechtsgrund erhalten, weil die Regelung in § 17 Abs. 2 TV UmBw, die iVm. § 11 Abs. 9 Buchst. b TV UmBw den Anspruch auf die Ausgleichszahlung ausschließt, sobald eine - ungekürzte - Altersrente für schwerbehinderte Menschen bezogen werden kann, die Beklagte wegen ihrer Behinderung benachteiligt und daher insoweit unwirksam ist (§ 164 Abs. 2 SGB IX, § 7 Abs. 2 iVm. Abs. 1 AGG).

I.

58

Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 519, 520 ZPO zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und ordnungsgemäß begründet worden.

II.

59

Die Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg, weil das Arbeitsgericht im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen ist, dass der geltend gemachte Rückforderungsanspruch nicht besteht.

60

1. Ein Herausgabeanspruch der Klägerin aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB besteht nicht. Hiernach ist, wer durch Leistung eines anderen etwas ohne rechtlichen Grund erlangt zur Herausgabe verpflichtet. Die Beklagte hat vorliegend keine Leistungen ohne rechtlichen Grund erhalten.

61

Auch wenn man zugunsten der Klägerin unterstellt, dass die 1950 geborene Beklagte ab 1. September 2013 nach § 236a Abs. 2 SGB VI eine ungekürzte Altersrente für schwerbehinderte Menschen hätte beziehen können, führt dies nicht zu einem Wegfall ihres Anspruchs auf die Ausgleichszahlungen gemäß § 11 TV UmBw (iVm. dem Zusatzvertrag zum Arbeitsvertrag). Auf die zwischen den Parteien streitige Frage, ob die Beklagte zu diesem Zeitpunkt tatsächlich Anspruch auf eine ungekürzte Altersrente hatte, kommt es daher nicht an.

62

Die Parteien haben im Zusatzvertrag zum Arbeitsvertrag die Anwendung der Härtefallregelung nach § 11 TV UmBw vereinbart. Nach § 11 Abs. 9 Buchst. b TV UmBw entfällt der Anspruch auf die Ausgleichszahlung unter den Voraussetzungen des § 17 TV UmBw. Nach § 17 Abs.1 TV UmBw enden Ansprüche aus Abschnitt I des Tarifvertrages mit Ablauf des Kalendermonats vor dem Kalendermonat, in dem die/der Beschäftigte die Voraussetzungen nach dem SGB VI für den Bezug einer ungekürzten Vollrente wegen Alters erfüllt. Diese Regelung ist jedoch nach § 164 Abs. 2 SGB IX, § 7 Abs. 2 iVm. Abs. 1 AGG unwirksam, soweit sie für die Beklagte als schwerbehinderte Arbeitnehmerin, die nach § 236a SGB VI - unterstellt - früher eine (ungekürzte) Altersrente für schwerbehinderte Menschen in Anspruch nehmen könnte, zu einer gegenüber nicht schwerbehinderten Menschen kürzeren Bezugszeit der Ausgleichszahlungen führt. Die Rechtsfolge der unzulässigen Ungleichbehandlung besteht darin, dass die Beklagte die Ausgleichszahlungen bis zu dem Zeitpunkt beziehen konnte, wie sie ein vergleichbarer nicht schwerbehinderter Arbeitnehmer beziehen könnte, d.h. in ihrem Fall jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt (31. August 2015) bis zu dem sie sie tatsächlich bezogen hat. Damit hat sie von der Klägerin keine Leistungen ohne Rechtsgrund iSd § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB erhalten.

63

2. Nach § 7 Abs. 2 AGG sind Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG verstoßen, unwirksam. § 7 Abs. 1 1. Halbsatz AGG untersagt im Anwendungsbereich des AGG eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, unter anderem wegen einer Behinderung. Zudem dürfen Arbeitgeber nach § 164 Abs. 2 Satz 1 SGB IX81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX aF) schwerbehinderte Beschäftigte nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligen. Im Einzelnen gelten hierzu nach § 164 Abs. 2 Satz 2 SGB IX die Regelungen des AGG(vgl. BAG 21. November 2017 - 9 AZR 141/17 - Rn. 19).

64

Die in § 17 Abs. 1 TV UmBw (iVm. § 11 Abs. 9 Buchst. b TV UmBw) vorgesehene Beendigung des Anspruchs auf die Ausgleichszahlung bei Vorliegen der Voraussetzungen für den Bezug einer ungekürzten Altersrente für schwerbehinderte Menschen stellt eine mittelbare Benachteiligung der Beklagten wegen ihrer Schwerbehinderung im Sinne von § 3 Abs. 2 AGG dar.

65

a) Die Regelung in § 17 Abs. 1 TV UmBw stellt nicht bereits eine unmittelbare Benachteiligung iSd. § 3 Abs. 1 AGG dar. Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstigere Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Von § 3 Abs. 1 wird nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch eine sogenannte verdeckte unmittelbare Ungleichbehandlung erfasst. Eine solche ist gegeben, wenn nach einem scheinbar objektiven, nicht diskriminierenden Kriterium unterschieden wird, dass jedoch in untrennbarem Zusammenhang mit einem in § 1 AGG genannten Grund steht und damit kategorial ausschließlich Träger eines Diskriminierungsmerkmals trifft(vgl. BAG 21. November 2017 - 9 AZR 141/17 - Rn. 21; 12. Mai 2016 - 6 AZR 365/15 - Rn. 23; zum Begriff auch Schaub/Linck 17. Aufl. § 36 Rn. 40 mwN).

66

§ 17 Abs. 1 TV UmBw knüpft nicht unmittelbar an die Behinderteneigenschaft an, sondern an die Voraussetzungen nach dem SGB VI für den Bezug einer ungekürzten Vollrente wegen Alters. Die Regelung erfasst damit auch die Möglichkeit des Bezugs einer ungekürzten Altersrente für schwerbehinderte Menschen, die ohne Abschläge früher bezogen werden kann als zB die Regelaltersrente. Ein früherer ungekürzter Rentenbezug ist aber nicht nur für schwerbehinderte Menschen möglich, sondern - unter verschiedenen Voraussetzungen - für eine Vielzahl von unterschiedlichen Versichertengruppen (vgl. BAG 6. Oktober 2011 - 6 AZN 815/11 - Rn. 8 mwN). § 17 Abs. 1 TV UmBw knüpft nicht ausdrücklich an die Behinderung des Arbeitnehmers an. Ebenso wenig betrifft diese Regelung ausschließlich Träger von Diskriminierungsmerkmalen oder steht in untrennbarem Zusammenhang mit einem der Diskriminierungsmerkmale des § 1 AGG. Dies spricht gegen das Vorliegen einer unmittelbaren Diskriminierung.

67

b) § 17 Abs. 1 TV UmBw führt jedoch zu einer mittelbaren Diskriminierung behinderter Menschen iSd. § 3 Abs. 2 AGG.

68

aa) Eine mittelbaren Diskriminierung ist gegeben, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen mit einer Behinderung gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, dass diese Vorschriften, Kriterien oder Verfahren durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind. Die mittelbare Diskriminierung setzt zudem voraus, dass die benachteiligten und die begünstigten Personen miteinander vergleichbar sind (BAG 27. Januar 2011 - 6 AZR 526/09 - Rn. 33).

69

bb) Hiernach ist vom Vorliegen einer mittelbaren Benachteiligung auszugehen.

70

(1) Die Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag nimmt - über § 11 Abs. 9 Buchst. b TV UmBw - Bezug auf die persönlichen Anspruchsvoraussetzungen nach § 17 TV UmBw. Hiernach besteht kein Anspruch mehr auf die Ausgleichszahlung nach § 11 TV UmBw, sobald der/die Beschäftigte die Voraussetzungen nach dem SGB VI für den Bezug einer ungekürzten Vollrente wegen Alters erfüllt. Die grundsätzlich neutrale Formulierung wirkt sich unterschiedlich auf behinderte und nichtbehinderte Arbeitnehmer aus. Da es nicht auf die tatsächliche Inanspruchnahme der Rente durch den Arbeitnehmer, sondern allein auf seinen darauf bezogenen Anspruch ankommt, führt die Regelung für behinderte Arbeitnehmer zu einer gegenüber nichtbehinderten Arbeitnehmern verkürzten Bezugsdauer, die den vorliegenden Rechtsstreit gerade ausgelöst hat: Die Altersgrenze für die abschlagsfreie Inanspruchnahme der Altersrente für schwerbehinderte Menschen liegt für die 1950 geborene Beklagte bei 63 Jahren (§ 236a Abs. 1 und 2 SGB VI). Wäre sie nicht an Krebs erkrankt und deswegen 2010 als schwerbehinderter Mensch anerkannt worden, hätte sie eine ungekürzte Altersrente (als Altersrente für Frauen) erst ab dem 1. September 2015 und die Regelaltersrente erst ab 1. Januar 2016 beziehen können. Wäre die Beklagte im Jahr 2013 also nicht schwerbehindert gewesen so hätte sie, wovon auch die Klägerin ausgeht, die Ausgleichszahlung bis zum 1. September 2015 mit Rechtsgrund beziehen können. Die mit dem früheren Rentenbezug für den schwerbehinderten Menschen verbundenen Einkommenseinbußen sind erheblich, denn die Renteneinkünfte liegen, wie der vorliegende Fall zeigt, deutlich unterhalb der Ausgleichszahlung.

71

(2) Die Beklagte befindet sich mit den nicht schwerbehinderten Arbeitnehmern, die Ausgleichszahlungen bei einer vereinbarten Ruhensregelung erhalten bzw. mit denen die Klägerin entsprechende Zusatzvereinbarungen abgeschlossen hat, in einer vergleichbaren Situation.

72

Die Situationen müssen nicht identisch, sondern nur vergleichbar sein. Die Prüfung dieser Vergleichbarkeit darf nicht allgemein und abstrakt sein, sondern muss spezifisch und konkret für die betreffende Leistung erfolgen (EuGH 10. Mai 2011 - - C 147/08 - [Römer] Rn. 41 f.). Der Vergleich der jeweiligen Situationen ist daher fallbezogen anhand des Zwecks und der Voraussetzungen für die Grundlage der fraglichen Leistungen festzustellen (BAG 12. Mai 2016 - 6 AZR 365/15 - Rn. 29).

73

Vorliegend besteht für beide Beschäftigtengruppen dieselbe Ausgangssituation. Ihr Arbeitsplatz ist weggefallen und ein gleichwertiger Arbeitsplatz im Sinne der Härtefallregelung kann nicht angeboten werden bzw. die Anwendung der Härtefallregelung wurde einzelvertraglich vereinbart.

74

Die Ausgleichszahlung entsprechend der Härtefallregelung in § 11 TV UmBw dient der Besitzstandswahrung unter Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu veränderten Bedingungen(vgl. BAG 18. Februar 2016 - 6 AZR 700/14 - Rn. 22; 18. Januar 2012 - 6 AZR 462/10 - Rn. 17). Unter Zugrundelegung dieses Regelungszwecks ist die Beklagte als eine Arbeitnehmerin, die aufgrund ihrer Behinderung als schwerbehinderter Mensch anerkannt ist, in Bezug auf den Besitzstand und den Wegfall des Arbeitsplatzes in einer vergleichbaren Situation wie nicht schwerbehinderte Menschen. Ebenso wie diese verliert sie ihren Arbeitsplatz. An die Stelle des bislang gewährten Arbeitsentgelts tritt die Ausgleichszahlung, die bei Vereinbarung der Ruhensregelung die Zeit bis zur Inanspruchnahme von Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung ausgleicht und deren Höhe - deutlich - übersteigt.

75

Der finanzielle Vorteil, der einem schwerbehinderten Arbeitnehmer aus dem früheren Rentenbeginn erwächst, hat nicht zur Folge, dass seine Situation eine andere ist, als die eines nichtschwerbehinderten Arbeitnehmers (vgl. BAG 21. November 2017 - 9 AZR 141/17 - Rn. 29; LAG Hamm 28. März 2017 - 14 Sa 312/16 - Rn. 60, wohl auch EuGH 6. Dezember 2012 - C 152/11 - [Odar] Rn. 62; aA zur Überbrückungsbeihilfe nach § 8 Nr. 1 Buchst. c 1. Alternative TV SozSich BAG 6. Oktober 2011 - 6 AZN 815/11 - Rn. 11).

76

Das Abstellen auf die vorzeitige Altersrente bei Schwerbehinderten im Zusammenhang mit den Ausgleichszahlungen nach § 11 TV UmBw liefe darauf hinaus, den mit der vorzeitigen Altersrente gewährten Vorteil zu beeinträchtigen, der darin besteht, den Schwierigkeiten und besonderen Risiken Rechnung zu tragen, mit denen schwerbehinderte Arbeitnehmer konfrontiert sind(vgl. dazu EuGH 6. Dezember 2012 - C 152/11 - [Odar] Rn. 67).

77

Für die Überbrückungsbeihilfe gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c 1. Alt. des Tarifvertrags zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vom 31. August 1971 (TVSozSich), die vergleichbaren Zwecken dient, geht der Gerichtshof der Europäischen Union nach der Pressemitteilung seiner Entscheidung vom 19. September 2018 (- C 312/17 - [Bedi]) - der Volltext der Entscheidung LAG bei Abfassung dieses Urteils noch nicht vor) davon aus, dass Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 200/78/EG Bestimmungen eines Tarifvertrages entgegensteht, die vorsehen, dass die Zahlung einer Überbrückungsbeihilfe, die mit dem Ziel gewährt wird, einem Arbeitnehmer, der seinen Arbeitsplatz verloren hat, einen angemessenen Lebensunterhalt zu gewährleisten, bis er zum Bezug einer Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung berechtigt ist, endet, wenn dieser Arbeitnehmer die Voraussetzungen für den Bezug einer vorgezogenen Altersrente für schwerbehinderte Menschen aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllt. Dies gilt aus Sicht der Kammer vorliegend für die Ausgleichszahlungen nach § 11 TV UmBw entsprechend.

78

(3) Die Benachteiligung rentenberechtigter Behinderter ist auch nicht durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt bzw. die Mittel zur Erreichung dieses Ziels sind nicht erforderlich und angemessen iSd. § 3 Abs. 2 AGG.

79

Die Ausgleichszahlung soll den Lebensunterhalt von Arbeitnehmern, deren Arbeitsplatz unter den Voraussetzungen des § 11 TV UmBw weggefallen ist, bis zum Erwerb einer wirtschaftlichen Absicherung durch den Anspruch auf eine ungekürzte Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gewährleisten.

80

Die Begrenzung der Leistungspflicht auf den Zeitpunkt des möglichen Bezugs einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen stellt insoweit eine übermäßige Beeinträchtigung der legitimen Interessen schwerbehinderter Arbeitnehmer dar und geht über das hinaus, was zur Erreichung des von den Tarifparteien verfolgten Ziels erforderlich ist (vgl. zu § 8 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c 1. Alternative TVSoz- Sich LAG Hamm 28. März 2017 -14 Sa 312/16 - Rn. 63). Hinter der Möglichkeit zum früheren abschlagsfreien Renteneintritt für Schwerbehinderte steht der sozialpolitische Zweck, die Renteneintrittszeiten an die Bedürfnisse behinderter Menschen anzupassen. Weiterhin ist dem Risiko Rechnung zu tragen, dass schwerbehinderte Menschen unabweisbaren finanziellen Aufwendungen im Zusammenhang mit ihrer Behinderung ausgesetzt sind und diese finanziellen Aufwendungen sich mit zunehmendem Alter erhöhen (EuGH 6. Dezember 2012 - C 152/11 - [Odar] Rn. 67). Die (größtmögliche) Verkürzung der Bezugszeit der Ausgleichszahlung berücksichtigt diese Aspekte nicht ausreichend.

81

3. Die festgestellte Diskriminierung ist durch die Nichtanwendung der Regelung in § 17 Abs. 1 TV UmBw beim Vorliegen der Voraussetzungen für den Bezug einer ungekürzten Altersrente für schwerbehinderte Menschen zu beseitigen. Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG verstoßen, sind nach § 7 Abs. 2 unwirksam. Darunter fallen auch tarifliche Regelungen (vgl. BAG 18.02.2016 - 6 AZR 700/14 - Rn. 27, auch ausführlich zur Problematik der Anpassung nach oben).

82

4. Da die Regelung, auf die die Klägerin das Vorliegen einer Leistung ohne Rechtsgrund stützt, keine Anwendung findet, besteht kein Anspruch nach § 812 Abs.1 Satz 1 BGB. Die Beklagte hat die Ausgleichszahlung, die sie als nichtschwerbehinderter Mensch hätte beziehen können, auch als schwerbehinderter Mensch zu Recht bezogen.

III.

83

Die Berufung der Klägerin war mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zurückzuweisen. Die Revision war für die Klägerin nach § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen.

84

Dr. Bubach                                     Wagner                                 Westerkamp

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Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 06. Nov. 2018 - 8 Sa 26/18 zitiert 22 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 64 Grundsatz


(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

Zivilprozessordnung - ZPO | § 520 Berufungsbegründung


(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 519 Berufungsschrift


(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 66 Einlegung der Berufung, Terminbestimmung


(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Mona

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 812 Herausgabeanspruch


(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mi

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 69 Urteil


(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Woch

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 818 Umfang des Bereicherungsanspruchs


(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 3 Begriffsbestimmungen


(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 7 Benachteiligungsverbot


(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt. (2) Bestim

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 1 Ziel des Gesetzes


Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 6 Befreiung von der Versicherungspflicht


(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit1.Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öff

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 81 Leistungen zum Erwerb und Erhalt praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten


Leistungen zum Erwerb und Erhalt praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten werden erbracht, um Leistungsberechtigten die für sie erreichbare Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Die Leistungen sind insbesondere darauf gerichtet, die Lei

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 236a Altersrente für schwerbehinderte Menschen


(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben frühestens Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie 1. das 63. Lebensjahr vollendet haben,2. bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2

Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB 9 2018 | § 164 Pflichten des Arbeitgebers und Rechte schwerbehinderter Menschen


(1) Die Arbeitgeber sind verpflichtet zu prüfen, ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen, insbesondere mit bei der Agentur für Arbeit arbeitslos oder arbeitsuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen, besetzt werden können. Sie nehmen

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Tenor 1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 28. April 2011 - 16 Sa 854/10 - wird zurückgewies

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(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.
Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
a)
am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
b)
für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
c)
aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist,
2.
Lehrer oder Erzieher, die an nicht-öffentlichen Schulen beschäftigt sind, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist und wenn diese Personen die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 erfüllen,
3.
nichtdeutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben,
4.
Gewerbetreibende in Handwerksbetrieben, wenn für sie mindestens 18 Jahre lang Pflichtbeiträge gezahlt worden sind.
Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag als entstanden, an dem das die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt ist, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 1. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Satz 1 Nr. 1 gilt nicht für die in Satz 1 Nr. 4 genannten Personen.

(1a) Personen, die nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig sind, werden von der Versicherungspflicht befreit

1.
für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt,
2.
nach Vollendung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig werden.
Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend für die Aufnahme einer zweiten selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt. Eine Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit liegt nicht vor, wenn eine bestehende selbständige Existenz lediglich umbenannt oder deren Geschäftszweck gegenüber der vorangegangenen nicht wesentlich verändert worden ist.

(1b) Personen, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches ausüben, werden auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit. Der schriftliche oder elektronische Befreiungsantrag ist dem Arbeitgeber zu übergeben. § 8 Absatz 2 des Vierten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Zusammenrechnung mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung nur erfolgt, wenn diese versicherungspflichtig ist. Der Antrag kann bei mehreren geringfügigen Beschäftigungen nur einheitlich gestellt werden und ist für die Dauer der Beschäftigungen bindend. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Rahmen betrieblicher Berufsbildung, nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz, nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder nach § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 beschäftigt sind oder von der Möglichkeit einer stufenweisen Wiederaufnahme einer nicht geringfügigen Tätigkeit (§ 74 des Fünften Buches) Gebrauch machen.

(2) Die Befreiung erfolgt auf Antrag des Versicherten, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 auf Antrag des Arbeitgebers. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Versicherte den Antrag elektronisch über die zuständige berufsständische Versorgungseinrichtung zu stellen. Diese leitet den Antrag durch Datenübertragung an den Träger der Rentenversicherung zusammen mit den Bestätigungen über das Vorliegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, über das Bestehen einer Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer und über die Pflicht zur Zahlung einkommensbezogener Beiträge zur Entscheidung unverzüglich weiter. Der Träger der Rentenversicherung teilt seine Entscheidung dem Antragsteller in Textform und der den Antrag weiterleitenden berufsständischen Versorgungseinrichtung elektronisch mit. Der Eingang des Antrags bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung ist für die Wahrung der in Absatz 4 bestimmten Frist maßgeblich. Der Datenaustausch erfolgt über die Annahmestelle der berufsständischen Versorgungseinrichtungen und die Datenstelle der Rentenversicherung. Die technische Ausgestaltung des Verfahrens regeln die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e. V. in gemeinsamen Grundsätzen, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu genehmigen sind.

(3) Über die Befreiung entscheidet der Träger der Rentenversicherung. Abweichend von Satz 1 entscheidet in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Deutsche Rentenversicherung Bund, nachdem das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt worden ist

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 von der für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde und
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 von der obersten Verwaltungsbehörde desjenigen Landes, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat.
In den Fällen des Absatzes 1b gilt die Befreiung als erteilt, wenn die nach § 28i Satz 5 des Vierten Buches zuständige Einzugsstelle nicht innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches dem Befreiungsantrag des Beschäftigten widerspricht. Die Vorschriften des Zehnten Buches über die Bestandskraft von Verwaltungsakten und über das Rechtsbehelfsverfahren gelten entsprechend.

(4) Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. In den Fällen des Absatzes 1b wirkt die Befreiung bei Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches bei der zuständigen Einzugsstelle rückwirkend vom Beginn des Monats, in dem der Antrag des Beschäftigten dem Arbeitgeber zugegangen ist, wenn der Arbeitgeber den Befreiungsantrag der Einzugsstelle mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens aber innerhalb von sechs Wochen nach Zugang, gemeldet und die Einzugsstelle innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nicht widersprochen hat. Erfolgt die Meldung des Arbeitgebers später, wirkt die Befreiung vom Beginn des auf den Ablauf der Widerspruchsfrist nach Absatz 3 folgenden Monats. In den Fällen, in denen bei einer Mehrfachbeschäftigung die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen, hat die Einzugsstelle die weiteren Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Wirkung der Befreiung unverzüglich durch eine Meldung zu unterrichten.

(5) Die Befreiung ist auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet.

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.

(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.

(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.

(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.

(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.

(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.

(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

(1) Die Verpflichtung zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige, was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstands erwirbt.

(2) Ist die Herausgabe wegen der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande, so hat er den Wert zu ersetzen.

(3) Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist.

(4) Von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

(1) Die Arbeitgeber sind verpflichtet zu prüfen, ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen, insbesondere mit bei der Agentur für Arbeit arbeitslos oder arbeitsuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen, besetzt werden können. Sie nehmen frühzeitig Verbindung mit der Agentur für Arbeit auf. Die Bundesagentur für Arbeit oder ein Integrationsfachdienst schlägt den Arbeitgebern geeignete schwerbehinderte Menschen vor. Über die Vermittlungsvorschläge und vorliegende Bewerbungen von schwerbehinderten Menschen haben die Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung und die in § 176 genannten Vertretungen unmittelbar nach Eingang zu unterrichten. Bei Bewerbungen schwerbehinderter Richterinnen und Richter wird der Präsidialrat unterrichtet und gehört, soweit dieser an der Ernennung zu beteiligen ist. Bei der Prüfung nach Satz 1 beteiligen die Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung nach § 178 Absatz 2 und hören die in § 176 genannten Vertretungen an. Erfüllt der Arbeitgeber seine Beschäftigungspflicht nicht und ist die Schwerbehindertenvertretung oder eine in § 176 genannte Vertretung mit der beabsichtigten Entscheidung des Arbeitgebers nicht einverstanden, ist diese unter Darlegung der Gründe mit ihnen zu erörtern. Dabei wird der betroffene schwerbehinderte Mensch angehört. Alle Beteiligten sind vom Arbeitgeber über die getroffene Entscheidung unter Darlegung der Gründe unverzüglich zu unterrichten. Bei Bewerbungen schwerbehinderter Menschen ist die Schwerbehindertenvertretung nicht zu beteiligen, wenn der schwerbehinderte Mensch die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung ausdrücklich ablehnt.

(2) Arbeitgeber dürfen schwerbehinderte Beschäftigte nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligen. Im Einzelnen gelten hierzu die Regelungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes.

(3) Die Arbeitgeber stellen durch geeignete Maßnahmen sicher, dass in ihren Betrieben und Dienststellen wenigstens die vorgeschriebene Zahl schwerbehinderter Menschen eine möglichst dauerhafte behinderungsgerechte Beschäftigung finden kann. Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(4) Die schwerbehinderten Menschen haben gegenüber ihren Arbeitgebern Anspruch auf

1.
Beschäftigung, bei der sie ihre Fähigkeiten und Kenntnisse möglichst voll verwerten und weiterentwickeln können,
2.
bevorzugte Berücksichtigung bei innerbetrieblichen Maßnahmen der beruflichen Bildung zur Förderung ihres beruflichen Fortkommens,
3.
Erleichterungen im zumutbaren Umfang zur Teilnahme an außerbetrieblichen Maßnahmen der beruflichen Bildung,
4.
behinderungsgerechte Einrichtung und Unterhaltung der Arbeitsstätten einschließlich der Betriebsanlagen, Maschinen und Geräte sowie der Gestaltung der Arbeitsplätze, des Arbeitsumfelds, der Arbeitsorganisation und der Arbeitszeit, unter besonderer Berücksichtigung der Unfallgefahr,
5.
Ausstattung ihres Arbeitsplatzes mit den erforderlichen technischen Arbeitshilfen
unter Berücksichtigung der Behinderung und ihrer Auswirkungen auf die Beschäftigung. Bei der Durchführung der Maßnahmen nach Satz 1 Nummer 1, 4 und 5 unterstützen die Bundesagentur für Arbeit und die Integrationsämter die Arbeitgeber unter Berücksichtigung der für die Beschäftigung wesentlichen Eigenschaften der schwerbehinderten Menschen. Ein Anspruch nach Satz 1 besteht nicht, soweit seine Erfüllung für den Arbeitgeber nicht zumutbar oder mit unverhältnismäßigen Aufwendungen verbunden wäre oder soweit die staatlichen oder berufsgenossenschaftlichen Arbeitsschutzvorschriften oder beamtenrechtliche Vorschriften entgegenstehen.

(5) Die Arbeitgeber fördern die Einrichtung von Teilzeitarbeitsplätzen. Sie werden dabei von den Integrationsämtern unterstützt. Schwerbehinderte Menschen haben einen Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung, wenn die kürzere Arbeitszeit wegen Art oder Schwere der Behinderung notwendig ist; Absatz 4 Satz 3 gilt entsprechend.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben frühestens Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie

1.
das 63. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.
Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist frühestens nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich.

(2) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, haben Anspruch auf diese Altersrente nach Vollendung des 63. Lebensjahres; für sie ist die vorzeitige Inanspruchnahme nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich. Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1951 geboren sind, werden die Altersgrenze von 63 Jahren und die Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme wie folgt angehoben:

Versicherte Geburtsjahr GeburtsmonatAnhebung um Monateauf Altervorzeitige Inanspruchnahme möglich ab Alter
JahrMonatJahrMonat
1952
Januar1631601
Februar2632602
März3633603
April4634604
Mai5635605
Juni – Dezember6636606
19537637607
19548638608
19559639609
19561063106010
19571163116011
195812640610
195914642612
196016644614
196118646616
196220648618
19632264106110.

Für Versicherte, die
1.
am 1. Januar 2007 als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt waren und
2.
entweder
a)
vor dem 1. Januar 1955 geboren sind und vor dem 1. Januar 2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes vereinbart haben
oder
b)
Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben,
werden die Altersgrenzen nicht angehoben.

(3) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1951 geboren sind, haben unter den Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 auch Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie bei Beginn der Altersrente berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind.

(4) Versicherte, die vor dem 17. November 1950 geboren sind und am 16. November 2000 schwerbehindert (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch), berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht waren, haben Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie

1.
das 60. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente
a)
als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt oder
b)
berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.

(1) Die Arbeitgeber sind verpflichtet zu prüfen, ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen, insbesondere mit bei der Agentur für Arbeit arbeitslos oder arbeitsuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen, besetzt werden können. Sie nehmen frühzeitig Verbindung mit der Agentur für Arbeit auf. Die Bundesagentur für Arbeit oder ein Integrationsfachdienst schlägt den Arbeitgebern geeignete schwerbehinderte Menschen vor. Über die Vermittlungsvorschläge und vorliegende Bewerbungen von schwerbehinderten Menschen haben die Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung und die in § 176 genannten Vertretungen unmittelbar nach Eingang zu unterrichten. Bei Bewerbungen schwerbehinderter Richterinnen und Richter wird der Präsidialrat unterrichtet und gehört, soweit dieser an der Ernennung zu beteiligen ist. Bei der Prüfung nach Satz 1 beteiligen die Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung nach § 178 Absatz 2 und hören die in § 176 genannten Vertretungen an. Erfüllt der Arbeitgeber seine Beschäftigungspflicht nicht und ist die Schwerbehindertenvertretung oder eine in § 176 genannte Vertretung mit der beabsichtigten Entscheidung des Arbeitgebers nicht einverstanden, ist diese unter Darlegung der Gründe mit ihnen zu erörtern. Dabei wird der betroffene schwerbehinderte Mensch angehört. Alle Beteiligten sind vom Arbeitgeber über die getroffene Entscheidung unter Darlegung der Gründe unverzüglich zu unterrichten. Bei Bewerbungen schwerbehinderter Menschen ist die Schwerbehindertenvertretung nicht zu beteiligen, wenn der schwerbehinderte Mensch die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung ausdrücklich ablehnt.

(2) Arbeitgeber dürfen schwerbehinderte Beschäftigte nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligen. Im Einzelnen gelten hierzu die Regelungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes.

(3) Die Arbeitgeber stellen durch geeignete Maßnahmen sicher, dass in ihren Betrieben und Dienststellen wenigstens die vorgeschriebene Zahl schwerbehinderter Menschen eine möglichst dauerhafte behinderungsgerechte Beschäftigung finden kann. Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(4) Die schwerbehinderten Menschen haben gegenüber ihren Arbeitgebern Anspruch auf

1.
Beschäftigung, bei der sie ihre Fähigkeiten und Kenntnisse möglichst voll verwerten und weiterentwickeln können,
2.
bevorzugte Berücksichtigung bei innerbetrieblichen Maßnahmen der beruflichen Bildung zur Förderung ihres beruflichen Fortkommens,
3.
Erleichterungen im zumutbaren Umfang zur Teilnahme an außerbetrieblichen Maßnahmen der beruflichen Bildung,
4.
behinderungsgerechte Einrichtung und Unterhaltung der Arbeitsstätten einschließlich der Betriebsanlagen, Maschinen und Geräte sowie der Gestaltung der Arbeitsplätze, des Arbeitsumfelds, der Arbeitsorganisation und der Arbeitszeit, unter besonderer Berücksichtigung der Unfallgefahr,
5.
Ausstattung ihres Arbeitsplatzes mit den erforderlichen technischen Arbeitshilfen
unter Berücksichtigung der Behinderung und ihrer Auswirkungen auf die Beschäftigung. Bei der Durchführung der Maßnahmen nach Satz 1 Nummer 1, 4 und 5 unterstützen die Bundesagentur für Arbeit und die Integrationsämter die Arbeitgeber unter Berücksichtigung der für die Beschäftigung wesentlichen Eigenschaften der schwerbehinderten Menschen. Ein Anspruch nach Satz 1 besteht nicht, soweit seine Erfüllung für den Arbeitgeber nicht zumutbar oder mit unverhältnismäßigen Aufwendungen verbunden wäre oder soweit die staatlichen oder berufsgenossenschaftlichen Arbeitsschutzvorschriften oder beamtenrechtliche Vorschriften entgegenstehen.

(5) Die Arbeitgeber fördern die Einrichtung von Teilzeitarbeitsplätzen. Sie werden dabei von den Integrationsämtern unterstützt. Schwerbehinderte Menschen haben einen Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung, wenn die kürzere Arbeitszeit wegen Art oder Schwere der Behinderung notwendig ist; Absatz 4 Satz 3 gilt entsprechend.

(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben frühestens Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie

1.
das 63. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.
Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist frühestens nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich.

(2) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, haben Anspruch auf diese Altersrente nach Vollendung des 63. Lebensjahres; für sie ist die vorzeitige Inanspruchnahme nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich. Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1951 geboren sind, werden die Altersgrenze von 63 Jahren und die Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme wie folgt angehoben:

Versicherte Geburtsjahr GeburtsmonatAnhebung um Monateauf Altervorzeitige Inanspruchnahme möglich ab Alter
JahrMonatJahrMonat
1952
Januar1631601
Februar2632602
März3633603
April4634604
Mai5635605
Juni – Dezember6636606
19537637607
19548638608
19559639609
19561063106010
19571163116011
195812640610
195914642612
196016644614
196118646616
196220648618
19632264106110.

Für Versicherte, die
1.
am 1. Januar 2007 als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt waren und
2.
entweder
a)
vor dem 1. Januar 1955 geboren sind und vor dem 1. Januar 2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes vereinbart haben
oder
b)
Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben,
werden die Altersgrenzen nicht angehoben.

(3) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1951 geboren sind, haben unter den Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 auch Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie bei Beginn der Altersrente berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind.

(4) Versicherte, die vor dem 17. November 1950 geboren sind und am 16. November 2000 schwerbehindert (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch), berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht waren, haben Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie

1.
das 60. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente
a)
als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt oder
b)
berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

(1) Die Arbeitgeber sind verpflichtet zu prüfen, ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen, insbesondere mit bei der Agentur für Arbeit arbeitslos oder arbeitsuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen, besetzt werden können. Sie nehmen frühzeitig Verbindung mit der Agentur für Arbeit auf. Die Bundesagentur für Arbeit oder ein Integrationsfachdienst schlägt den Arbeitgebern geeignete schwerbehinderte Menschen vor. Über die Vermittlungsvorschläge und vorliegende Bewerbungen von schwerbehinderten Menschen haben die Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung und die in § 176 genannten Vertretungen unmittelbar nach Eingang zu unterrichten. Bei Bewerbungen schwerbehinderter Richterinnen und Richter wird der Präsidialrat unterrichtet und gehört, soweit dieser an der Ernennung zu beteiligen ist. Bei der Prüfung nach Satz 1 beteiligen die Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung nach § 178 Absatz 2 und hören die in § 176 genannten Vertretungen an. Erfüllt der Arbeitgeber seine Beschäftigungspflicht nicht und ist die Schwerbehindertenvertretung oder eine in § 176 genannte Vertretung mit der beabsichtigten Entscheidung des Arbeitgebers nicht einverstanden, ist diese unter Darlegung der Gründe mit ihnen zu erörtern. Dabei wird der betroffene schwerbehinderte Mensch angehört. Alle Beteiligten sind vom Arbeitgeber über die getroffene Entscheidung unter Darlegung der Gründe unverzüglich zu unterrichten. Bei Bewerbungen schwerbehinderter Menschen ist die Schwerbehindertenvertretung nicht zu beteiligen, wenn der schwerbehinderte Mensch die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung ausdrücklich ablehnt.

(2) Arbeitgeber dürfen schwerbehinderte Beschäftigte nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligen. Im Einzelnen gelten hierzu die Regelungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes.

(3) Die Arbeitgeber stellen durch geeignete Maßnahmen sicher, dass in ihren Betrieben und Dienststellen wenigstens die vorgeschriebene Zahl schwerbehinderter Menschen eine möglichst dauerhafte behinderungsgerechte Beschäftigung finden kann. Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(4) Die schwerbehinderten Menschen haben gegenüber ihren Arbeitgebern Anspruch auf

1.
Beschäftigung, bei der sie ihre Fähigkeiten und Kenntnisse möglichst voll verwerten und weiterentwickeln können,
2.
bevorzugte Berücksichtigung bei innerbetrieblichen Maßnahmen der beruflichen Bildung zur Förderung ihres beruflichen Fortkommens,
3.
Erleichterungen im zumutbaren Umfang zur Teilnahme an außerbetrieblichen Maßnahmen der beruflichen Bildung,
4.
behinderungsgerechte Einrichtung und Unterhaltung der Arbeitsstätten einschließlich der Betriebsanlagen, Maschinen und Geräte sowie der Gestaltung der Arbeitsplätze, des Arbeitsumfelds, der Arbeitsorganisation und der Arbeitszeit, unter besonderer Berücksichtigung der Unfallgefahr,
5.
Ausstattung ihres Arbeitsplatzes mit den erforderlichen technischen Arbeitshilfen
unter Berücksichtigung der Behinderung und ihrer Auswirkungen auf die Beschäftigung. Bei der Durchführung der Maßnahmen nach Satz 1 Nummer 1, 4 und 5 unterstützen die Bundesagentur für Arbeit und die Integrationsämter die Arbeitgeber unter Berücksichtigung der für die Beschäftigung wesentlichen Eigenschaften der schwerbehinderten Menschen. Ein Anspruch nach Satz 1 besteht nicht, soweit seine Erfüllung für den Arbeitgeber nicht zumutbar oder mit unverhältnismäßigen Aufwendungen verbunden wäre oder soweit die staatlichen oder berufsgenossenschaftlichen Arbeitsschutzvorschriften oder beamtenrechtliche Vorschriften entgegenstehen.

(5) Die Arbeitgeber fördern die Einrichtung von Teilzeitarbeitsplätzen. Sie werden dabei von den Integrationsämtern unterstützt. Schwerbehinderte Menschen haben einen Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung, wenn die kürzere Arbeitszeit wegen Art oder Schwere der Behinderung notwendig ist; Absatz 4 Satz 3 gilt entsprechend.

Leistungen zum Erwerb und Erhalt praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten werden erbracht, um Leistungsberechtigten die für sie erreichbare Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Die Leistungen sind insbesondere darauf gerichtet, die Leistungsberechtigten in Fördergruppen und Schulungen oder ähnlichen Maßnahmen zur Vornahme lebenspraktischer Handlungen einschließlich hauswirtschaftlicher Tätigkeiten zu befähigen, sie auf die Teilhabe am Arbeitsleben vorzubereiten, ihre Sprache und Kommunikation zu verbessern und sie zu befähigen, sich ohne fremde Hilfe sicher im Verkehr zu bewegen. Die Leistungen umfassen auch die blindentechnische Grundausbildung.

(1) Die Arbeitgeber sind verpflichtet zu prüfen, ob freie Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen, insbesondere mit bei der Agentur für Arbeit arbeitslos oder arbeitsuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen, besetzt werden können. Sie nehmen frühzeitig Verbindung mit der Agentur für Arbeit auf. Die Bundesagentur für Arbeit oder ein Integrationsfachdienst schlägt den Arbeitgebern geeignete schwerbehinderte Menschen vor. Über die Vermittlungsvorschläge und vorliegende Bewerbungen von schwerbehinderten Menschen haben die Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung und die in § 176 genannten Vertretungen unmittelbar nach Eingang zu unterrichten. Bei Bewerbungen schwerbehinderter Richterinnen und Richter wird der Präsidialrat unterrichtet und gehört, soweit dieser an der Ernennung zu beteiligen ist. Bei der Prüfung nach Satz 1 beteiligen die Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung nach § 178 Absatz 2 und hören die in § 176 genannten Vertretungen an. Erfüllt der Arbeitgeber seine Beschäftigungspflicht nicht und ist die Schwerbehindertenvertretung oder eine in § 176 genannte Vertretung mit der beabsichtigten Entscheidung des Arbeitgebers nicht einverstanden, ist diese unter Darlegung der Gründe mit ihnen zu erörtern. Dabei wird der betroffene schwerbehinderte Mensch angehört. Alle Beteiligten sind vom Arbeitgeber über die getroffene Entscheidung unter Darlegung der Gründe unverzüglich zu unterrichten. Bei Bewerbungen schwerbehinderter Menschen ist die Schwerbehindertenvertretung nicht zu beteiligen, wenn der schwerbehinderte Mensch die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung ausdrücklich ablehnt.

(2) Arbeitgeber dürfen schwerbehinderte Beschäftigte nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligen. Im Einzelnen gelten hierzu die Regelungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes.

(3) Die Arbeitgeber stellen durch geeignete Maßnahmen sicher, dass in ihren Betrieben und Dienststellen wenigstens die vorgeschriebene Zahl schwerbehinderter Menschen eine möglichst dauerhafte behinderungsgerechte Beschäftigung finden kann. Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(4) Die schwerbehinderten Menschen haben gegenüber ihren Arbeitgebern Anspruch auf

1.
Beschäftigung, bei der sie ihre Fähigkeiten und Kenntnisse möglichst voll verwerten und weiterentwickeln können,
2.
bevorzugte Berücksichtigung bei innerbetrieblichen Maßnahmen der beruflichen Bildung zur Förderung ihres beruflichen Fortkommens,
3.
Erleichterungen im zumutbaren Umfang zur Teilnahme an außerbetrieblichen Maßnahmen der beruflichen Bildung,
4.
behinderungsgerechte Einrichtung und Unterhaltung der Arbeitsstätten einschließlich der Betriebsanlagen, Maschinen und Geräte sowie der Gestaltung der Arbeitsplätze, des Arbeitsumfelds, der Arbeitsorganisation und der Arbeitszeit, unter besonderer Berücksichtigung der Unfallgefahr,
5.
Ausstattung ihres Arbeitsplatzes mit den erforderlichen technischen Arbeitshilfen
unter Berücksichtigung der Behinderung und ihrer Auswirkungen auf die Beschäftigung. Bei der Durchführung der Maßnahmen nach Satz 1 Nummer 1, 4 und 5 unterstützen die Bundesagentur für Arbeit und die Integrationsämter die Arbeitgeber unter Berücksichtigung der für die Beschäftigung wesentlichen Eigenschaften der schwerbehinderten Menschen. Ein Anspruch nach Satz 1 besteht nicht, soweit seine Erfüllung für den Arbeitgeber nicht zumutbar oder mit unverhältnismäßigen Aufwendungen verbunden wäre oder soweit die staatlichen oder berufsgenossenschaftlichen Arbeitsschutzvorschriften oder beamtenrechtliche Vorschriften entgegenstehen.

(5) Die Arbeitgeber fördern die Einrichtung von Teilzeitarbeitsplätzen. Sie werden dabei von den Integrationsämtern unterstützt. Schwerbehinderte Menschen haben einen Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung, wenn die kürzere Arbeitszeit wegen Art oder Schwere der Behinderung notwendig ist; Absatz 4 Satz 3 gilt entsprechend.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 27. Januar 2017 - 26 Sa 1565/15 - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen teilweise aufgehoben.

2. Die Anschlussrevision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 27. Januar 2017 - 26 Sa 1565/15 - wird als unzulässig verworfen.

3. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 11. August 2015 - 34 Ca 15510/14 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und insgesamt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass das Vorruhestandsverhältnis der Parteien über den 30. November 2015 hinaus bis zum 30. November 2017 fortbesteht.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte 52 % und die Klägerin 48 % zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Zeitpunkt der Beendigung ihres Vorruhestandsverhältnisses, die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung einer angemessenen Entschädigung in Geld, die Unterlassung künftiger Diskriminierungen der Klägerin aufgrund ihrer Schwerbehinderung und um Schadensersatz.

2

Die am 6. November 1954 geborene Klägerin war bei der Beklagten als Sachbearbeiterin in der Pfändungsabteilung am Standort B beschäftigt. Sie ist mit einem Grad der Behinderung von 50 als schwerbehinderter Mensch anerkannt worden. Die Beklagte schloss am 24. Juni 2009 mit dem Konzernbetriebsrat einen Interessenausgleich und einen „Maßnahmensozialplan über den Ausgleich oder die Milderung wirtschaftlicher Nachteile im Zusammenhang mit dem Rahmeninteressenausgleich und dem Teilinteressenausgleich zu den PBC Effizienzprogrammen ‚D Service (Projekt A)‘, ‚Transformation Business Banking Deutschland (BB, SBF, PB Fin und Teamleiter PBB)‘ und ‚Neuaufstellung der D Direkt‘“ (Maßnahmensozialplan). Darin heißt es ua.:

        

III. Altersteilzeit, Vorruhestand und Abfindung 52 plus

        

…       

        

B. Vorruhestandsvereinbarungen

        

Vorruhestandsvereinbarungen können einzelvertraglich zwischen der Bank und Mitarbeitern ab Vollendung des 55. Lebensjahrs getroffen werden. Voraussetzung ist, dass für diese Mitarbeiter auch nach entsprechenden Weiterbildungsmaßnahmen kein geeigneter Arbeitsplatz gefunden werden kann. ...“

3

Mit dem Erhebungsbogen „D Service (Projekt A)“ fragte die Beklagte ua. die Wünsche der Beschäftigten nach Tätigkeitsbereichen und Einsatzorten sowie ein etwaiges Interesse an Sozialplaninstrumenten ab. Die Anfrage richtete sich nicht nur an die von einem Arbeitsplatzverlust bzw. einer Versetzung unmittelbar betroffenen Mitarbeiter. Die Klägerin vermerkte unter dem 3. August 2009 auf dem Erhebungsbogen ua.:

        

„Vorruhestand aus gesundheitlichen Gründen erwünscht, weil durch eine chronische Autoimmunerkrankung sich meine Gesundheit ständig verschlechtert und häufige Erkrankungen die Folge sind. In diesem Jahr bereits 68 Tage erkrankt.“

4

Die Parteien schlossen am 23. November 2009 eine Vorruhestandsvereinbarung, in der auszugsweise geregelt ist:

        

„1.     

Das zwischen der Bank und Frau U bestehende Anstellungsverhältnis wird im beiderseitigen Einvernehmen auf Veranlassung der Bank mit Ablauf des 30.06.2010 beendet.

        
                 

…       

        
        

3.    

Die Bank gewährt Frau U mit Wirkung vom 01.07.2010 bis zum 31.07.2015 ein Vorruhestandsgeld. Nach Beendigung dieser Vorruhestandszeit wird Frau U nach den Bestimmungen der jeweiligen Versorgungsregelung der Bank pensioniert.

        
                 

…       

        
        

5.    

Frau U verpflichtet sich, Rente wegen Erwerbsminderung, gesetzliches Altersruhegeld oder ähnliche Bezüge öffentlich-rechtlicher Art zum frühestmöglichen Zeitpunkt gegebenenfalls unter Inkaufnahme von Rentenabschlägen zu beantragen. Das Vorruhestandsgeld entfällt mit Beginn des Monats, für den Frau U Rente wegen voller Erwerbsminderung, gesetzliches Altersruhegeld oder ähnliche Bezüge öffentlich-rechtlicher Art beanspruchen kann. …

        
        

...     

                 
        

7.    

Die Ansprüche aus dieser Vorruhestandsvereinbarung - mit Ausnahme der Regelungen für die Pensionierung - erlöschen mit der Pensionierung, spätestens jedoch am 31.07.2015. Sollte aufgrund zwischenzeitlicher Gesetzesänderungen eine Inanspruchnahme der gesetzlichen Rente zum 01.08.2015 nicht mehr möglich sein, verlängert sich die Laufzeit des Vorruhestandsvertrags bis zu dem dann geltenden frühestmöglichen Verrentungszeitpunkt gemäß Ziff. 5 Satz 1.

        
        

...“   

        
5

Die Klägerin konnte eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen mit frühestem Rentenbeginn ab dem 1. August 2015 mit Abschlägen beziehen.

6

Die Beklagte schloss auch mit weiteren Mitarbeitern Vorruhestandsvereinbarungen. Sie wandte die Regelungen des Maßnahmensozialplans nicht nur auf Arbeitnehmer an, die dessen Voraussetzungen erfüllten, sondern auch auf nicht von den Maßnahmen betroffene Mitarbeiter. Mit der am 2. April 1955 geborenen, nicht schwerbehinderten Mitarbeiterin W schloss sie im November 2009 eine Vorruhestandsvereinbarung mit nahezu wortgleichem Inhalt, der zufolge ein Vorruhestandsgeld vom 1. Juli 2010 bis zum 30. April 2018 gewährt werden sollte.

7

Nachdem gegenüber der Beklagten geltend gemacht worden war, die Vorruhestandsvereinbarungen benachteiligten schwerbehinderte Mitarbeiter, entschied sich diese, die Konditionen für schwerbehinderte Mitarbeiter zu verbessern. Dazu richtete sich die Beklagte mit Schreiben vom 30. November 2012 an die Klägerin und teilte ua. mit:

        

„Auf der Basis der durch die Rechtsprechung geänderten Rechtslage zur Gleichbehandlung von Versorgungsleistungen bei Vorruhestandsvereinbarungen haben wir uns - unter Einbeziehung des Betriebsrates - entschieden, die Konditionen für Vorruhestände mit schwerbehinderten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern (im Folgenden ‚Mitarbeiter‘) zu verbessern. Mit dem Ziel des Ausgleichs rentenrechtlicher Nachteile wird die Laufzeit von Vorruhestandsverträgen mit schwerbehinderten Mitarbeitern verlängert und in der betrieblichen Altersversorgung werden Sondergutschriften vorgenommen.“

8

Die Parteien schlossen am 8. Dezember 2012 eine Vereinbarung, mit der die Laufzeit des Vorruhestandsverhältnisses bis zum 30. November 2015 verlängert und der Klägerin eine einmalige Sondergutschrift zur betrieblichen Altersversorgung zugesagt wurde. In der Änderungsvereinbarung heißt es auszugsweise:

        

„Zur Vermeidung bzw. zum Ausgleich von Nachteilen, die sich bei der gesetzlichen Rente sowie bei der betrieblichen Altersversorgung im Zusammenhang mit der Möglichkeit des vorzeitigen Bezugs von Altersrente wegen Schwerbehinderung ergeben können, wird die zwischen den Parteien geschlossene einzelvertragliche Vorruhestandsvereinbarung wie folgt geändert:

        

1.    

Die Laufzeit des Vorruhestandes wird verlängert bis zum 30.11.2015. An diesem Datum entsprechen bei anschließender Inanspruchnahme von Altersrente wegen Schwerbehinderung durch Frau U die individuellen Abschläge in der gesetzlichen Rentenversicherung von Frau U den Abschlägen von gleichaltrigen, nicht schwerbehinderten Menschen, die zum frühestmöglichen Zeitpunkt Altersrente für langjährig Versicherte (ohne Vertrauensschutz) in Anspruch nehmen (derzeit: nach Vollendung des 63. Lebensjahres).

                 

…       

                 

Frau U ist nicht verpflichtet, Altersrente für schwerbehinderte Menschen vor dem 30.11.2015 in Anspruch zu nehmen.

                 

…“    

9

Die Klägerin verlangte von der Beklagten mit Schreiben vom 17. Oktober 2014 ohne Erfolg ua. das Fortbestehen des Vorruhestandsverhältnisses zu den Bedingungen der Änderungsvereinbarung bis zum 30. November 2017 sowie eine angemessene Entschädigung in Geld aufgrund einer Benachteiligung wegen ihrer Schwerbehinderung.

10

Mit ihrer am 31. Oktober 2014 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, die Anknüpfung der Laufzeit des Vorruhestandsverhältnisses an die Möglichkeit eines vorzeitigen Bezugs von Altersrente für schwerbehinderte Menschen benachteilige sie gegenüber nicht schwerbehinderten Mitarbeitern, denen eine vorzeitige Inanspruchnahme von Altersrente für langjährig Versicherte erst zu einem späteren Zeitpunkt möglich sei und deren Vorruhestandsverhältnisse dementsprechend erst zu einem späteren Zeitpunkt endeten. Die geltend gemachte Entschädigung sei auf wenigstens 40.000,00 Euro festzusetzen.

11

Die Klägerin hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Vorruhestandsverhältnis zu den vereinbarten Bedingungen der Vorruhestandsvereinbarung vom 23. November 2009 in der Gestalt der Ergänzungsvereinbarung vom 8. Dezember 2012 nicht zum 30. November 2015 endet, sondern bis zum 30. November 2017 fortbesteht,

                 

hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1.,

                 

die Beklagte zu verurteilen zu erklären, dass das Vorruhestandsverhältnis zu den vereinbarten Bedingungen der Vorruhestandsvereinbarung vom 23. November 2009 in der Gestalt der Ergänzungsvereinbarung vom 8. Dezember 2012 nicht zum 30. November 2015 endet, sondern bis zum 30. November 2017 fortbesteht;

                          
        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie eine angemessene Entschädigung nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

        

3.    

der Beklagten bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, wobei Ordnungshaft zu vollziehen ist an den jeweiligen gesetzlichen Vertretern der Beklagten, für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung zu verbieten, sie aufgrund ihrer Schwerbehinderung zu diskriminieren, insbesondere wenn dies geschieht wie mit der Vereinbarung gemäß Ziffer 5 der Vorruhestandsvereinbarung vom 23. November 2009 in der Gestalt der Ergänzungsvereinbarung vom 8. Dezember 2012;

        

4.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, der ihr aufgrund der Ungleichbehandlung wegen ihrer Schwerbehinderung gemäß Ziffer 5 der Vorruhestandsvereinbarung vom 23. November 2009 entstanden ist und/oder zukünftig entstehen wird.

12

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag darauf gestützt, die Vorruhestandsvereinbarung vom 23. November 2009 in der Fassung der Änderungsvereinbarung vom 8. Dezember 2012 benachteilige die Klägerin nicht wegen ihrer Schwerbehinderung. Die Klägerin werde nicht vom Maßnahmensozialplan erfasst, weil ihr Arbeitsplatz nicht weggefallen sei. Die Vorruhestandsvereinbarung sei auf Wunsch der Klägerin zustande gekommen. Wäre die Klägerin nicht schwerbehindert gewesen, hätte die Beklagte mit ihr keine Vereinbarung über eine Laufzeit bis zum 30. November 2017 geschlossen, sondern ihr überhaupt keine Vorruhestandsvereinbarung angeboten. Selbst wenn eine ungerechtfertigte Benachteiligung der Klägerin anzunehmen wäre, hätte dies nicht die Verlängerung der Laufzeit des Vorruhestandsverhältnisses zur Folge, sondern nach § 7 Abs. 2 AGG deren Unwirksamkeit. Auch § 15 Abs. 6 AGG schließe die von der Klägerin begehrte Rechtsfolge aus.

13

Die Beklagte hat darüber hinaus die Auffassung vertreten, die Klägerin habe mit dem Abschluss der Änderungsvereinbarung das Recht zur Geltendmachung einer Benachteiligung verwirkt. Schließlich habe die Klägerin die Geltendmachungsfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG nicht gewahrt.

14

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Klägerin das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und festgestellt, dass das Vorruhestandsverhältnis der Parteien über den 30. November 2015 hinaus bis zum 30. November 2017 fortbesteht, und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin eine Entschädigung iHv. 4.600,00 Euro zu zahlen. Im Übrigen hat es die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit ihrer durch das Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Die Klägerin verfolgt mit ihrer Anschlussrevision die vollständige Stattgabe ihrer Klage.

Entscheidungsgründe

15

Die Revision der Beklagten ist teilweise begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts nur hinsichtlich des Klageantrags zu 1. zu Recht stattgegeben. Die Anschlussrevision der Klägerin ist unzulässig.

16

A. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht festgestellt, dass das Vorruhestandsverhältnis der Parteien über den 30. November 2015 hinaus bis zum 30. November 2017 fortbesteht.

17

I. Der Feststellungsantrag zu 1. ist zulässig. Die Klägerin hat ein rechtliches Interesse iSv. § 256 Abs. 1 ZPO an der begehrten Feststellung, nachdem über den Zeitpunkt der Beendigung des Vorruhestandsverhältnisses zwischen den Parteien Streit besteht(vgl. BAG 12. November 2013 - 9 AZR 484/12 - Rn. 10).

18

II. Der Feststellungsantrag ist begründet. Das Vorruhestandsverhältnis der Parteien endete nicht mit Ablauf des 30. November 2015, sondern endet erst mit Ablauf des 30. November 2017. Die Regelung über die Laufzeit des Vorruhestandsverhältnisses in der Vorruhestandsvereinbarung vom 23. November 2009 in der Fassung der Änderungsvereinbarung vom 8. Dezember 2012 ist insoweit unwirksam (§ 81 Abs. 2 SGB IX, § 7 Abs. 2 iVm. Abs. 1 AGG), als sie für die Klägerin als schwerbehinderte Arbeitnehmerin, die nach § 236a Abs. 1 Satz 2 SGB VI vorzeitige Altersrente in Anspruch nehmen kann, zu einer gegenüber nicht schwerbehinderten Menschen kürzeren Laufzeit führt. Die Rechtsfolge der unzulässigen Ungleichbehandlung besteht darin, dass das Vorruhestandsverhältnis der Klägerin - wie bei einem vergleichbaren nicht schwerbehinderten Arbeitnehmer - bis zum 30. November 2017 fortbesteht.

19

1. Nach § 7 Abs. 2 AGG sind Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG verstoßen, unwirksam. Die Bestimmung in § 7 Abs. 1 Halbs. 1 AGG untersagt im Anwendungsbereich des AGG eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, ua. wegen einer Behinderung. Zudem dürfen Arbeitgeber nach § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX schwerbehinderte Beschäftigte nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligen. Im Einzelnen gelten hierzu nach § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX die Regelungen des AGG.

20

2. Die in der Vorruhestandsvereinbarung vorgenommene Verknüpfung der Laufzeit des Vorruhestandsverhältnisses mit einem Anspruch auf vorzeitige Altersrente für schwerbehinderte Menschen stellt eine unmittelbare Benachteiligung der Klägerin wegen ihrer Schwerbehinderung iSv. § 3 Abs. 1 AGG dar.

21

a) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt danach vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Von § 3 Abs. 1 AGG wird auch eine sog. verdeckte unmittelbare Ungleichbehandlung erfasst. Eine solche Ungleichbehandlung ist gegeben, wenn nach einem scheinbar objektiven, nicht diskriminierenden Kriterium unterschieden wird, das jedoch in untrennbarem Zusammenhang mit einem in § 1 AGG genannten Grund steht und damit kategorial ausschließlich Träger eines Diskriminierungsmerkmals trifft(vgl. EuGH 12. Oktober 2010 - C-499/08 - [Andersen] Rn. 23; BAG 12. Mai 2016 - 6 AZR 365/15 - Rn. 23, BAGE 155, 88; 19. Dezember 2013 - 6 AZR 190/12 - Rn. 46 mwN, BAGE 147, 60).

22

Das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG erfasst nicht jede Ungleichbehandlung, sondern nur eine Ungleichbehandlung „wegen“ eines in § 1 AGG genannten Grundes. Zwischen der benachteiligenden Behandlung und dem in § 1 AGG genannten Grund muss demnach ein Kausalzusammenhang bestehen. Für den Kausalzusammenhang ist es nicht erforderlich, dass der betreffende Grund iSv. § 1 AGG das ausschließliche oder auch nur ein wesentliches Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist. Es muss nicht - gewissermaßen als vorherrschender Beweggrund, Hauptmotiv oder „Triebfeder“ des Verhaltens - handlungsleitend oder bewusstseinsdominant gewesen sein. Vielmehr ist der Kausalzusammenhang bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an einen Grund iSv. § 1 AGG anknüpft oder durch diesen motiviert ist, wobei die bloße Mitursächlichkeit genügt(BAG 26. Januar 2017 - 8 AZR 736/15 - Rn. 25).

23

§ 3 Abs. 1 Satz 1 AGG verlangt eine vergleichbare Situation. Der deutsche Gesetzgeber hat insoweit die Bestimmung des Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/78/EG, die ebenfalls eine vergleichbare Situation voraussetzt, unverändert umgesetzt. Auch der Gerichtshof der Europäischen Union geht davon aus, dass eine unmittelbare Benachteiligung nur dann vorliegt, wenn sich die betroffenen Personen in einer vergleichbaren Lage befinden. Die Situationen müssen nicht identisch, sondern nur vergleichbar sein. Die Prüfung dieser Vergleichbarkeit darf nicht allgemein und abstrakt sein, sondern muss spezifisch und konkret für die betreffende Leistung erfolgen (EuGH 10. Mai 2011 - C-147/08 - [Römer] Rn. 41 f.). Der Vergleich der jeweiligen Situationen ist daher fallbezogen anhand des Zwecks und der Voraussetzungen für die Gewährung der fraglichen Leistungen festzustellen (BAG 12. Mai 2016 - 6 AZR 365/15 - Rn. 29, BAGE 155, 88; 17. November 2015 - 1 AZR 938/13 - Rn. 24 mwN, BAGE 153, 234).

24

b) Die Voraussetzungen einer verdeckten unmittelbaren Ungleichbehandlung liegen vor.

25

aa) Die Laufzeit der Vorruhestandsvereinbarung knüpft nicht unmittelbar an die Schwerbehinderteneigenschaft, sondern an die gesetzlichen Voraussetzungen für den Bezug einer vorzeitigen Altersrente für schwerbehinderte Menschen an. Dadurch wird ein untrennbarer Zusammenhang mit dem in § 1 AGG genannten Grund der Behinderung, zu der auch die Schwerbehinderung zählt, hergestellt. Die Vorruhestandsvereinbarung vom 23. November 2009 sah in Ziff. 3 eine Laufzeit bis zum 31. Juli 2015 vor. Ab dem 1. August 2015 konnte die Klägerin nach § 236a Abs. 2 Satz 2 SGB VI mit frühestem Rentenbeginn eine vorzeitige Altersrente für schwerbehinderte Menschen mit Abschlägen beziehen. Dementsprechend war die Klägerin nach Ziff. 5 der Vorruhestandsvereinbarung verpflichtet, ua. gesetzliches Altersruhegeld zum frühestmöglichen Zeitpunkt gegebenenfalls unter Inkaufnahme von Rentenabschlägen zu beantragen. Das Vorruhestandsgeld sollte mit Beginn des Monats entfallen, für den die Klägerin gesetzliches Altersruhegeld beanspruchen konnte. Durch die Änderungsvereinbarung vom 8. Dezember 2012 haben die Parteien die Laufzeit des Vorruhestandsverhältnisses bis zum 30. November 2015 verlängert und ausdrücklich untrennbar mit der vorzeitigen Altersrente wegen Schwerbehinderung verbunden. Mit der Laufzeitverlängerung sollten die individuellen Abschläge der Klägerin in der gesetzlichen Rentenversicherung den Abschlägen von gleichaltrigen, nicht schwerbehinderten Menschen, die zum frühestmöglichen Zeitpunkt Altersrente für langjährig Versicherte (ohne Vertrauensschutz) in Anspruch nehmen, angeglichen werden. Die Klägerin war danach zwar nicht mehr verpflichtet, Altersrente für schwerbehinderte Menschen zum frühestmöglichen Zeitpunkt in Anspruch zu nehmen, wohl aber ab dem 1. Dezember 2015.

26

bb) Dies führt zu einer Schlechterstellung der schwerbehinderten Klägerin gegenüber nicht schwerbehinderten Arbeitnehmern, mit denen die Beklagte vergleichbare Vorruhestandsvereinbarungen geschlossen hat. Die Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme von Altersrente für schwerbehinderte Menschen beträgt für im Jahr 1954 geborene Personen 60 Jahre und acht Monate (§ 236a Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Demgegenüber ist eine vorzeitige Inanspruchnahme der Altersrente bei einem nicht schwerbehinderten Arbeitnehmer gleichen Alters erst nach Vollendung des 63. Lebensjahres möglich (§ 236 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Die Verlängerung der Laufzeit des Vorruhestandsverhältnisses der Parteien um vier Monate bis zum 30. November 2015 bleibt dahinter zurück. Wäre die Klägerin nicht schwerbehindert, würde das Vorruhestandsverhältnis bis zum 30. November 2017 fortbestehen und die Klägerin für weitere zwei Jahre Vorruhestandsgeld beziehen. Die mit einem zwei Jahre früheren Ausscheiden verbundenen Einkommenseinbußen der Klägerin würden durch den Rentenbezug nicht ausgeglichen.

27

cc) Die Klägerin befindet sich mit den nicht schwerbehinderten Arbeitnehmern, mit denen die Beklagte Vorruhestandsvereinbarungen geschlossen hat, in einer vergleichbaren Situation.

28

(1) Der Bezug von Vorruhestandsgeld dient typischerweise dazu, Versorgungslücken zu überbrücken, die dadurch entstehen, dass der Anspruchsberechtigte seine Erwerbstätigkeit bei seinem Arbeitgeber vorzeitig beendet. Der Arbeitnehmer soll regelmäßig wirtschaftlich so lange abgesichert werden, bis er das Alter erreicht, in dem Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung gewährt werden (BAG 23. September 2014 - 9 AZR 827/12 - Rn. 24 mwN). Diesen Zweck verfolgen auch die bei der Beklagten geschlossenen Vorruhestandsvereinbarungen. Die Arbeitnehmer der Beklagten sollen wirtschaftlich so lange abgesichert werden, bis sie das Alter erreichen, in dem Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung gewährt werden. Unter Zugrundelegung dieses Regelungszwecks ist die Klägerin als eine Arbeitnehmerin, die aufgrund ihrer Behinderung als schwerbehinderter Mensch iSd. § 2 Abs. 2 SGB IX anerkannt ist, in Bezug auf ihre durch die Vorruhestandsvereinbarung verursachten wirtschaftlichen Nachteile in einer vergleichbaren Situation iSd. § 3 Abs. 1 AGG mit nicht schwerbehinderten Arbeitnehmern. Ebenso wie diese verliert sie ihren Arbeitsplatz und das bisher gewährte Arbeitsentgelt. An dessen Stelle tritt für die Dauer des Vorruhestands das Vorruhestandsgeld, das die Zeit bis zur Inanspruchnahme von Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung überbrückt und deren Höhe übersteigt.

29

(2) Soweit die Beklagte unter Hinweis auf die Entscheidung des Sechsten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 6. Oktober 2011 (- 6 AZN 815/11 - Rn. 11, BAGE 139, 226) geltend macht, infolge der unterschiedlichen Rentenberechtigung sei die Situation der Klägerin mit der Situation nicht schwerbehinderter Arbeitnehmer nicht vergleichbar, verhilft dies der Revision nicht zum Erfolg. Der finanzielle Vorteil, der einem schwerbehinderten Arbeitnehmer aus dem früheren Rentenbeginn erwächst, hat nicht zur Folge, dass seine Situation eine andere ist, als die eines nicht schwerbehinderten Arbeitnehmers (vgl. EuGH 6. Dezember 2012 - C-152/11 - [Odar] Rn. 62).

30

(3) Der Annahme einer vergleichbaren Situation steht nicht entgegen, dass die Klägerin nach dem Vortrag der Beklagten mangels Wegfall ihres Arbeitsplatzes nicht die Voraussetzungen von Ziff. III Abschn. B des Maßnahmensozialplans erfüllt. Nach den von der Beklagten nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und den Senat daher nach § 559 Abs. 2 ZPO bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat die Beklagte die Regelungen des Maßnahmensozialplans nicht nur auf Arbeitnehmer angewandt, die dessen Voraussetzungen erfüllten, sondern auch auf nicht von den Maßnahmen betroffene Mitarbeiter. Dazu hat sie mit dem Erhebungsbogen „D Service (Projekt A)“ ua. das Interesse der Arbeitnehmer an den Instrumenten des Maßnahmensozialplans abgefragt und mit Arbeitnehmern, die eine Bereitschaft zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses signalisiert haben, Vorruhestandsvereinbarungen getroffen, unabhängig davon, ob sie unmittelbar von einem Arbeitsplatzverlust bzw. einer Versetzung betroffen gewesen wären. Entgegen der Auffassung der Beklagten lag der Vereinbarung der Parteien nicht ein initiativ durch die Klägerin geäußerter Einzelwunsch nach einer Vorruhestandsregelung zugrunde, sondern die Aufforderung der Beklagten in dem Erhebungsbogen, ein Interesse an der Inanspruchnahme von Sozialplaninstrumenten zu bekunden.

31

(4) Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sie mit der Klägerin das Vorruhestandsverhältnis nicht begründet hätte, wenn diese nicht infolge ihrer Schwerbehinderung einen Anspruch auf vorzeitige Altersrente ab dem 1. August 2015 gehabt hätte. Der Abschluss der Vorruhestandsvereinbarung mit der im Vergleich zur Klägerin sogar noch jüngeren Frau W im November 2009 zeigt, dass die Beklagte auch mit nicht schwerbehinderten Arbeitnehmern Vorruhestandsverhältnisse bis zum Ablauf des Monats nach Vollendung des 63. Lebensjahres begründet hat.

32

3. Für eine gegenüber nicht schwerbehinderten Arbeitnehmern kürzere Laufzeit des Vorruhestandsverhältnisses und einen damit einhergehenden kürzeren Bezug von Vorruhestandsgeld bei schwerbehinderten Beschäftigten fehlt es an einem zulässigen Differenzierungsgrund. Ein Rückgriff auf die in § 3 Abs. 2 AGG genannten Rechtfertigungsgründe ist ausgeschlossen. Auch kann weder von einer positiven Maßnahme iSv. § 5 AGG noch von einer zulässigen unterschiedlichen Behandlung unter den in §§ 8 bis 10 AGG genannten Voraussetzungen ausgegangen werden.

33

4. Es kann dahinstehen, ob die Klägerin bereits gemäß § 7 Abs. 2 AGG als Rechtsfolge der unzulässigen Ungleichbehandlung verlangen kann, wie ein nicht schwerbehinderter Arbeitnehmer behandelt zu werden(vgl. BAG 17. November 2015 - 1 AZR 938/13 - Rn. 34, BAGE 153, 234 [zur Unanwendbarkeit einer Sozialplanvorschrift]; 12. November 2013 - 9 AZR 484/12 - Rn. 11 [bei einer Tarifvorschrift]). Hierfür spricht, dass eine Gleichbehandlung der Klägerin nicht anders herzustellen ist, als dass die Laufzeit des Vorruhestandsverhältnisses bis zur Vollendung des Monats, in dem sie das 63. Lebensjahr vollendet, ausgedehnt wird. Denn eine rückwirkende Laufzeitbegrenzung bereits geschlossener Vorruhestandsvereinbarungen mit nicht schwerbehinderten Arbeitnehmern ist nicht möglich. Dem ständen bereits Vertrauensschutzgesichtspunkte entgegen (vgl. BAG 15. Februar 2011 - 9 AZR 584/09 - Rn. 52). Ginge man indes mit der Beklagten davon aus, dass die Bestimmung über eine Vorruhestandslaufzeit, die gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG verstößt, nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam ist, wäre zumindest eine Vertragslücke entstanden, die durch ergänzende Vertragsauslegung zu schließen wäre.

34

a) Bei den Klauseln der Vorruhestandsvereinbarung in der Fassung der Änderungsvereinbarung handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen (§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB). Dafür begründet bereits das äußere Erscheinungsbild eine tatsächliche Vermutung (vgl. BAG 19. März 2014 - 5 AZR 299/13 (F) - Rn. 17 mwN), der keine der Parteien entgegengetreten ist.

35

b) Weist ein vorformulierter Vertrag unter Zugrundelegung des Regelungskonzepts der Parteien eine Lücke auf, die geschlossen werden muss, um den Regelungsplan der Parteien zu verwirklichen, und beruht eine solche Lücke - wie hier - nicht auf AGB-rechtlichen Einbeziehungs- oder Inhaltskontrollschranken, ist nach allgemeiner Meinung eine ergänzende Vertragsauslegung zulässig (BAG 25. Juni 2015 - 6 AZR 383/14 - Rn. 39 mwN, BAGE 152, 82). Die ergänzende Auslegung hat unter Zugrundelegung eines objektiv-generalisierenden Maßstabs zu erfolgen, der nicht am Willen und den Interessen der konkret beteiligten Parteien, sondern der typischerweise beteiligten Verkehrskreise ausgerichtet sein muss. Die Vertragsergänzung muss für den betroffenen Vertragstyp als allgemeine Lösung eines stets wiederkehrenden Interessengegensatzes angemessen sein. Maßgeblich ist, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Parteien vereinbart hätten (st. Rspr. seit BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 22). Lassen sich nach diesen Kriterien hinreichende Anhaltspunkte für einen hypothetischen Parteiwillen nicht finden, etwa weil mehrere gleichwertige Möglichkeiten der Lückenschließung in Betracht kommen, scheidet eine ergänzende Vertragsauslegung grundsätzlich aus. So sind die Vertragsparteien vor einer mit dem Grundsatz der Privatautonomie nicht zu vereinbarenden Auswahl der Möglichkeit der Lückenschließung durch das Gericht nach dessen eigenen Kriterien geschützt (BAG 25. Juni 2015 - 6 AZR 383/14 - aaO mwN).

36

c) Das Regelungskonzept der Parteien zur Überbrückung des Zeitraums bis zum Renteneintritt wäre durch die Unwirksamkeit der vereinbarten Laufzeit planwidrig unvollständig. Ihrem Regelungsplan lag eine vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin zugrunde, an die sich bis zur Inanspruchnahme von Altersrente ein Vorruhestandsverhältnis mit der kürzesten rechtlich zulässigen Laufzeit anschließen sollte. Aus der Gleichstellung von schwerbehinderten und nicht schwerbehinderten Arbeitnehmern mit Vorruhestandsvereinbarungen hinsichtlich der individuellen Abschläge in der gesetzlichen Rentenversicherung durch die Änderungsvereinbarung vom 8. Dezember 2012 und der Regelung in Ziff. 7 der Vorruhestandsvereinbarung, die bei Gesetzesänderungen eine Anpassung der Vertragslaufzeit vorsieht, lässt sich der Wille der Parteien erkennen, das Vorruhestandsverhältnis im Falle einer nicht erkannten diskriminierenden Festlegung der Laufzeit als solches bestehen zu lassen. Die alternativ denkbare Fortsetzung ihres durch die Abrede beendeten Arbeitsverhältnisses entspricht bei diesem Regelungsplan dagegen nicht dem Willen der typischerweise an Verträgen dieser Art beteiligten Parteien. Sie würde eine Rückabwicklung des Vorruhestandsverhältnisses und die Bewältigung eines formal fortbestehenden, aber nicht vollzogenen Arbeitsverhältnisses erforderlich machen. Die damit verbundenen rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten liegen üblicherweise nicht im Interesse der Parteien. Die danach notwendige Vertragsergänzung muss zu einer insgesamt rechtswirksamen Regelung führen, die die Klägerin insbesondere nicht wegen der (Schwer-)Behinderung benachteiligt. Der Inhalt einer solchen Regelung kann nur darin bestehen, das Vorruhestandsverhältnis - wie bei einem vergleichbaren nicht schwerbehinderten Arbeitnehmer - bis zum 30. November 2017 zu verlängern.

37

5. Der Klägerin ist die Verfolgung ihres Klagebegehrens nicht nach dem aus § 242 BGB folgenden Grundsatz des Verbots widersprüchlichen Verhaltens („venire contra factum proprium“) verwehrt. Mit ihrem Klagebegehren setzt sie sich entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten nicht damit in Widerspruch, dass sie das Angebot der Beklagten auf Verlängerung der Laufzeit des Vorruhestandsverhältnisses angenommen und die Änderungsvereinbarung vom 8. Dezember 2012 geschlossen hat. Für die Beklagte ist dadurch weder ein Vertrauenstatbestand entstanden, noch lassen andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen. Die Beklagte ist von sich aus mit Schreiben vom 30. November 2012 an die Klägerin herangetreten, um auf „der Basis der durch die Rechtsprechung geänderten Rechtslage zur Gleichbehandlung von Versorgungsleistungen bei Vorruhestandsvereinbarungen … die Konditionen für Vorruhestände mit schwerbehinderten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern … zu verbessern“. Dementsprechend haben die Parteien „zur Vermeidung bzw. zum Ausgleich von Nachteilen, die sich bei der gesetzlichen Rente sowie bei der betrieblichen Altersversorgung im Zusammenhang mit der Möglichkeit des vorzeitigen Bezugs von Altersrente wegen Schwerbehinderung ergeben können“, die Laufzeit des Vorruhestandsverhältnisses so verlängert, dass bei anschließender Inanspruchnahme von Altersrente wegen Schwerbehinderung die individuellen Abschläge der Klägerin in der gesetzlichen Rentenversicherung den Abschlägen von gleichaltrigen, nicht schwerbehinderten Menschen, die zum frühestmöglichen Zeitpunkt Altersrente für langjährig Versicherte in Anspruch nehmen, entsprechen. Die Änderungsvereinbarung hat somit insbesondere die Beseitigung einer Benachteiligung hinsichtlich der individuellen Rentenabschläge zum Gegenstand. Ihr kann nicht entnommen werden, dass weiter gehende Ansprüche ausgeschlossen werden sollten. Die Beklagte hat auch nicht vorgetragen, dass die Klägerin im Vorfeld Rechtspositionen für sich reklamiert hat, die in der Änderungsvereinbarung als Ergebnis eines gegenseitigen Nachgebens berücksichtigt worden sind.

38

6. Die Klägerin musste die Verlängerung der Laufzeit des Vorruhestandsverhältnisses nicht im Rahmen der Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG geltend machen. Diese Bestimmung findet bereits nach ihrem Wortlaut nur auf Ansprüche nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG, dh. nur auf Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche und damit nicht auf Ansprüche auf eine Vertragsanpassung Anwendung (vgl. BAG 22. Oktober 2015 - 8 AZR 168/14 - Rn. 64).

39

7. Die Rechtsauffassung der Beklagten, der Verlängerung der Laufzeit des Vorruhestandsverhältnisses stehe § 15 Abs. 6 AGG entgegen, geht fehl. § 15 Abs. 6 AGG schließt seinem Wortlaut nach einen gegen den Arbeitgeber gerichteten Anspruch auf Abschluss eines Arbeitsverhältnisses oder auf Gewährung eines beruflichen Aufstiegs aus. Der in dieser Regelung zum Ausdruck kommende Schutz der Privatautonomie gebietet nicht die entsprechende Anwendung des § 15 Abs. 6 AGG auf eine nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksame Bestimmung in einer Vorruhestandsvereinbarung. Es fehlt an der erforderlichen Vergleichbarkeit der Interessenlage. § 15 Abs. 6 AGG trägt der grundrechtlich geschützten Auswahlfreiheit des Arbeitgebers Rechnung. Es ist wertungsmäßig ein Unterschied, ob ein Arbeitgeber verpflichtet ist, einen von ihm abgelehnten Arbeitnehmer einzustellen oder auf einer anderen (Beförderungs-)Position zu beschäftigen, oder ob er verpflichtet ist, ein bereits begründetes Vorruhestandsverhältnis mit einem Arbeitnehmer, den er ursprünglich aus eigener Willensentscheidung eingestellt hat, über einen längeren Zeitraum fortzuführen (vgl. BAG 6. April 2011 - 7 AZR 524/09 - Rn. 34).

40

B. Die Revision der Beklagten ist begründet, soweit sie sich auf den mit dem Klageantrag zu 2. geltend gemachten Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG richtet. Die Klage ist insoweit zulässig, aber unbegründet.

41

I. Der auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung gerichtete Klageantrag ist zulässig, insbesondere ist er hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

42

1. Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin die Höhe der von ihr begehrten Entschädigung in das Ermessen des Gerichts gestellt hat. Diese Möglichkeit eröffnet bereits der Wortlaut von § 15 Abs. 2 AGG. Den Gerichten wird hinsichtlich der Höhe der Entschädigung ein Beurteilungsspielraum eingeräumt. Hängt die Bestimmung eines Betrags vom billigen Ermessen des Gerichts ab, ist ein unbezifferter Zahlungsantrag zulässig, wenn die Klagepartei einerseits Tatsachen benennt, die das Gericht bei der Bestimmung des Betrags heranziehen soll, und andererseits die Größenordnung der geltend gemachten Forderung angibt (BAG 22. Juni 2011 - 8 AZR 48/10 - Rn. 22 mwN, BAGE 138, 166).

43

2. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Klägerin hat dem Gericht einen Sachverhalt im obigen Sinne dargelegt und die Höhe der verlangten Entschädigung mit wenigstens 40.000,00 Euro beziffert.

44

II. Der Antrag ist unbegründet. Die Klägerin hat den auf die Benachteiligung wegen ihrer Schwerbehinderung gestützten Entschädigungsanspruch nicht innerhalb der Frist des § 15 Abs. 4 AGG geltend gemacht.

45

1. Nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG muss ein Anspruch nach Abs. 1 oder Abs. 2 des § 15 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden. Die Ausschlussfrist ist - auch in ihrer Kombination mit der für den Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG maßgeblichen Klagefrist des § 61b Abs. 1 ArbGG - mit den Vorgaben des Unionsrechts vereinbar(BAG 18. Mai 2017 - 8 AZR 74/16 - Rn. 30 ff. mit ausf. Begründung). Sie beginnt nach § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG in Fällen, die weder eine Bewerbung noch einen beruflichen Aufstieg zum Gegenstand haben, mit dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt. Hinsichtlich der Frage, wann eine Kenntniserlangung von der Benachteiligung vorliegt, kann auf die Maßstäbe des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB mit der Maßgabe zurückgegriffen werden, dass wegen des Wortlauts von § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG eine grob fahrlässige Unkenntnis nicht genügt. Kenntnis von der Benachteiligung hat der Beschäftigte daher dann, wenn er Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen hat (BAG 15. März 2012 - 8 AZR 160/11 - Rn. 60). Der Entschädigungsanspruch ist auf den Ersatz des Nichtvermögensschadens gerichtet und muss nicht beziffert werden. Neben der Kenntnis des Anspruchsgegners, dh. des Arbeitgebers, ist Voraussetzung eines Entschädigungsanspruchs, dass der Benachteiligte auch Kenntnis von der Benachteiligung hat. Ein Entschädigungsanspruch besteht nach § 7 Abs. 1 AGG aber nur dann, wenn die Benachteiligung wegen eines Grundes im Sinne von § 1 AGG erfolgt ist(BAG 15. März 2012 - 8 AZR 160/11 - Rn. 62).

46

2. Spätestens mit Abschluss der Änderungsvereinbarung vom 8. Dezember 2012 hatte die Klägerin Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen. Sie wusste, dass die Vorruhestandsverhältnisse mit nicht schwerbehinderten Arbeitnehmern frühestens nach Vollendung des 63. Lebensjahres enden sollten. Dies folgt aus dem Schreiben vom 30. November 2012 und Ziff. 1 der Änderungsvereinbarung, denen zu entnehmen ist, dass eine Gleichbehandlung hinsichtlich der individuellen Rentenabschläge mit nicht schwerbehinderten Vorruheständlern, die zum frühestmöglichen Zeitpunkt Altersrente für langjährig Versicherte, dh. erst nach Vollendung des 63. Lebensjahres in Anspruch nehmen, herbeigeführt werden sollte. Aufgrund ihrer Tatsachenkenntnis konnte sie eine hinreichend aussichtsreiche, wenn auch nicht risikolose (nicht notwendig zu beziffernde) Entschädigungsklage erheben (vgl. dazu BAG 15. März 2012 - 8 AZR 160/11 - Rn. 64). Die Klägerin hat den Entschädigungsanspruch erstmals mit Schreiben vom 17. Oktober 2014 und damit nach Ablauf der Frist des § 15 Abs. 4 AGG geltend gemacht.

47

3. Dem Ablauf der Geltendmachungsfrist steht nicht entgegen, dass das Vorruhestandsverhältnis über den 8. Dezember 2012 hinaus fortbestand. Hierdurch wird kein Dauertatbestand begründet, der den Lauf der Frist des § 15 Abs. 4 AGG verhindert.

48

a) Ein Dauertatbestand ist gegeben, wenn fortlaufend neue Tatsachen eintreten, die für eine Benachteiligung von Bedeutung sind. Nur dann, wenn ein noch nicht abgeschlossener, länger währender Zustand vorliegt, beginnt die Ausschlussfrist nicht vor dessen Beendigung zu laufen. Dagegen liegt ein Dauerzustand dann nicht vor, wenn die für die Benachteiligung maßgeblichen Vorgänge bereits abgeschlossen sind und lediglich nachwirken (vgl. BAG 24. September 2009 - 8 AZR 705/08 - Rn. 59 f. mwN).

49

b) Dies war vorliegend der Fall. Die unmittelbare Benachteiligung wurde bereits durch die Vereinbarung eines Vorruhestandsverhältnisses mit einer gegenüber vergleichbaren nicht schwerbehinderten Beschäftigten kürzeren Laufzeit bewirkt. Bereits damit waren die für die Benachteiligung maßgeblichen Vorgänge abgeschlossen.

50

C. Die Anschlussrevision der Klägerin ist unzulässig.

51

I. Sie erfüllt zwar die Voraussetzungen des § 554 ZPO.

52

Nach § 72 Abs. 5 ArbGG gelten für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht die Vorschriften der ZPO über die Revision mit Ausnahme des § 566 ZPO entsprechend, soweit das ArbGG nichts anderes bestimmt. Gemäß § 554 Abs. 1 ZPO kann sich der Revisionsbeklagte der Revision anschließen. Die Anschließung erfolgt durch Einreichung der Revisionsanschlussschrift bei dem Revisionsgericht. Sie ist auch statthaft, wenn die Revision nicht zugelassen worden ist, und bis zum Ablauf eines Monats nach Zustellung der Revisionsbegründung zu erklären (§ 554 Abs. 2 ZPO). Dem wird die Anschlussrevision der Klägerin noch gerecht.

53

II. Die Anschlussrevision der Klägerin genügt jedoch nicht den gesetzlichen Begründungsanforderungen.

54

1. Nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 554 Abs. 3 Satz 2, § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO gehört zum notwendigen Inhalt der Begründung der Anschlussrevision die Angabe der Revisionsgründe. Bei einer Sachrüge sind nach § 554 Abs. 3 Satz 2 iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO die Umstände zu bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergeben soll. Dabei muss die (Anschluss-)Revisionsbegründung den Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des revisionsrechtlichen Angriffs erkennbar sind. Dies erfordert eine Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung. Dadurch soll sichergestellt werden, dass der Prozessbevollmächtigte des Anschlussrevisionsklägers das angefochtene Urteil im Hinblick auf das Rechtsmittel überprüft und mit Blickrichtung auf die Rechtslage genau durchdenkt. Außerdem soll die Begründung der Anschlussrevision durch ihre Kritik an dem angefochtenen Urteil zur richtigen Rechtsfindung durch das Revisionsgericht beitragen. Dazu hat der Anschlussrevisionskläger darzulegen, aus welchen Gründen er die Begründung des Berufungsgerichts für unrichtig hält. Die bloße Wiedergabe oder der Verweis auf das bisherige Vorbringen genügt hierfür nicht (vgl. BAG 7. Juni 2017 - 1 AZR 608/16 - Rn. 9 mwN).

55

2. Diesen Anforderungen genügt die Begründung der Anschlussrevision nicht.

56

a) Dies gilt zunächst für den Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG, dessen Festlegung die Klägerin in der durch das Landesarbeitsgericht bezifferten Höhe für unzureichend erachtet.

57

aa) Das Landesarbeitsgericht hat eine Entschädigung in Höhe eines Betrags von 4.600,00 Euro für angemessen gehalten, weil die Klägerin bereits durch das Berufungsurteil einem nicht schwerbehinderten Menschen hinsichtlich der Laufzeit ihres Vorruhestandsverhältnisses uneingeschränkt gleichgestellt worden sei, sodass kein Nachteil verbleibe. Zudem hat das Landesarbeitsgericht berücksichtigt, dass die Beklagte im Jahr 2012 durch die Unterbreitung des Angebots auf Abschluss der Änderungsvereinbarung von sich aus einen gewissen Ausgleich vorgenommen hat.

58

bb) Die Anschlussrevision führt lediglich aus, dass die durch das Landesarbeitsgericht festgelegte Entschädigung keine „Sanktions- oder Beugewirkung“ zu entfalten vermöge. Dass sich die Beklagte von sich aus um eine Wiedergutmachung bemüht habe, rechtfertige eine Entschädigung iHv. nur 4.600,00 Euro nicht. Denn auch durch die Änderungsvereinbarung vom 8. Dezember 2012 sei die Benachteiligung der Klägerin aufrechterhalten worden. Zudem enthält die Begründung der Anschlussrevision neben erstmals im Revisionsverfahren vorgebrachter Tatsachen eine pauschale Bezugnahme auf die Ausführungen in dem Schriftsatz der Klägerin vom 31. Oktober 2014. Eine konkrete Auseinandersetzung mit sämtlichen Bestandteilen der durch das Landesarbeitsgericht getroffenen Gesamtabwägung liegt darin nicht. Die Klägerin befasst sich überhaupt nicht mit der Argumentation des Landesarbeitsgerichts, dass die Benachteiligung für die Klägerin zu keinem Schaden geführt habe, weil durch die Verlängerung der Laufzeit des Vorruhestandsverhältnisses für sie kein Nachteil verbleibe.

59

b) Die Anschlussrevision setzt sich mit den Gründen des angefochtenen Urteils auch insoweit nicht hinreichend auseinander, als sie sich gegen die Abweisung des mit dem Antrag zu 3. geltend gemachten Unterlassungsanspruchs richtet.

60

aa) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Unterlassungsantrag sei mangels Rechtsschutzbedürfnisses bereits unzulässig. Dieses Ergebnis begründet es damit, dass die Benachteiligung der Klägerin durch die Gleichstellung mit den nicht schwerbehinderten Betroffenen beseitigt werde und angesichts der Beendigung des Arbeitsverhältnisses sowie des bevorstehenden Endes des Vorruhestandsverhältnisses keinerlei Anhaltspunkte für weitere in Betracht kommende Diskriminierungen durch die Beklagte vorlägen.

61

bb) Die Klägerin geht in ihrer Anschlussrevision nicht auf die vom Landesarbeitsgericht festgestellte Unzulässigkeit des Unterlassungsantrags ein. Sie befasst sich nur mit den Voraussetzungen des Unterlassungsanspruchs selbst und damit ausschließlich mit Fragen der Begründetheit des Antrags. Mit dem Argument des Landesarbeitsgerichts, dass angesichts der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und des bevorstehenden Endes des Vorruhestandsverhältnisses keine Anhaltspunkte für künftige Benachteiligungen vorlägen, befasst sie sich überhaupt nicht. Soweit die Anschlussrevision darauf hinweist, grundsätzlich sei eine für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr schon durch die erste Rechtsverletzung entstanden, stellt dies keinen revisionsrechtlich beachtlichen Angriff auf das Berufungsurteil dar. Die Klägerin stellt dadurch ihre rechtlichen Erwägungen lediglich an die Stelle derjenigen des Landesarbeitsgerichts, ohne sich mit diesen inhaltlich auseinanderzusetzen.

62

c) Schließlich wird die Begründung der Anschlussrevision auch nicht den Begründungserfordernissen des § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 554 Abs. 3 Satz 2, § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO gerecht, soweit sie sich auf den Antrag auf Feststellung einer Verpflichtung zum Schadensersatz bezieht. Das Landesarbeitsgericht hat den Feststellungsantrag zu 4. unter Hinweis auf das Fehlen des nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderlichen Feststellungsinteresses als unzulässig abgewiesen, da es an einer gewissen Wahrscheinlichkeit des künftigen Eintritts von Schäden mangele. In der Begründung der Anschlussrevision geht die Klägerin auf den Einwand der Unzulässigkeit des Feststellungsantrags nicht ein, sondern beschränkt sich auf Ausführungen zur Begründetheit des Antrags. Eine Auseinandersetzung mit dem Vorliegen des vom Landesarbeitsgericht in Abrede gestellten Feststellungsinteresses findet nicht statt.

63

D. Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte 52 % und die Klägerin 48 % zu tragen. Dies entspricht dem jeweiligen Obsiegen und Unterliegen der Parteien (§ 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

        

    Brühler    

        

    Suckow    

        

    Zimmermann    

        

        

        

    Heilmann    

        

    Vogg    

                 

(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor.

(2) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

(3) Eine Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(4) Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(5) Die Anweisung zur Benachteiligung einer Person aus einem in § 1 genannten Grund gilt als Benachteiligung. Eine solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Verhalten bestimmt, das einen Beschäftigten oder eine Beschäftigte wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt oder benachteiligen kann.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 27. Januar 2017 - 26 Sa 1565/15 - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen teilweise aufgehoben.

2. Die Anschlussrevision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 27. Januar 2017 - 26 Sa 1565/15 - wird als unzulässig verworfen.

3. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 11. August 2015 - 34 Ca 15510/14 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und insgesamt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass das Vorruhestandsverhältnis der Parteien über den 30. November 2015 hinaus bis zum 30. November 2017 fortbesteht.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte 52 % und die Klägerin 48 % zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Zeitpunkt der Beendigung ihres Vorruhestandsverhältnisses, die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung einer angemessenen Entschädigung in Geld, die Unterlassung künftiger Diskriminierungen der Klägerin aufgrund ihrer Schwerbehinderung und um Schadensersatz.

2

Die am 6. November 1954 geborene Klägerin war bei der Beklagten als Sachbearbeiterin in der Pfändungsabteilung am Standort B beschäftigt. Sie ist mit einem Grad der Behinderung von 50 als schwerbehinderter Mensch anerkannt worden. Die Beklagte schloss am 24. Juni 2009 mit dem Konzernbetriebsrat einen Interessenausgleich und einen „Maßnahmensozialplan über den Ausgleich oder die Milderung wirtschaftlicher Nachteile im Zusammenhang mit dem Rahmeninteressenausgleich und dem Teilinteressenausgleich zu den PBC Effizienzprogrammen ‚D Service (Projekt A)‘, ‚Transformation Business Banking Deutschland (BB, SBF, PB Fin und Teamleiter PBB)‘ und ‚Neuaufstellung der D Direkt‘“ (Maßnahmensozialplan). Darin heißt es ua.:

        

III. Altersteilzeit, Vorruhestand und Abfindung 52 plus

        

…       

        

B. Vorruhestandsvereinbarungen

        

Vorruhestandsvereinbarungen können einzelvertraglich zwischen der Bank und Mitarbeitern ab Vollendung des 55. Lebensjahrs getroffen werden. Voraussetzung ist, dass für diese Mitarbeiter auch nach entsprechenden Weiterbildungsmaßnahmen kein geeigneter Arbeitsplatz gefunden werden kann. ...“

3

Mit dem Erhebungsbogen „D Service (Projekt A)“ fragte die Beklagte ua. die Wünsche der Beschäftigten nach Tätigkeitsbereichen und Einsatzorten sowie ein etwaiges Interesse an Sozialplaninstrumenten ab. Die Anfrage richtete sich nicht nur an die von einem Arbeitsplatzverlust bzw. einer Versetzung unmittelbar betroffenen Mitarbeiter. Die Klägerin vermerkte unter dem 3. August 2009 auf dem Erhebungsbogen ua.:

        

„Vorruhestand aus gesundheitlichen Gründen erwünscht, weil durch eine chronische Autoimmunerkrankung sich meine Gesundheit ständig verschlechtert und häufige Erkrankungen die Folge sind. In diesem Jahr bereits 68 Tage erkrankt.“

4

Die Parteien schlossen am 23. November 2009 eine Vorruhestandsvereinbarung, in der auszugsweise geregelt ist:

        

„1.     

Das zwischen der Bank und Frau U bestehende Anstellungsverhältnis wird im beiderseitigen Einvernehmen auf Veranlassung der Bank mit Ablauf des 30.06.2010 beendet.

        
                 

…       

        
        

3.    

Die Bank gewährt Frau U mit Wirkung vom 01.07.2010 bis zum 31.07.2015 ein Vorruhestandsgeld. Nach Beendigung dieser Vorruhestandszeit wird Frau U nach den Bestimmungen der jeweiligen Versorgungsregelung der Bank pensioniert.

        
                 

…       

        
        

5.    

Frau U verpflichtet sich, Rente wegen Erwerbsminderung, gesetzliches Altersruhegeld oder ähnliche Bezüge öffentlich-rechtlicher Art zum frühestmöglichen Zeitpunkt gegebenenfalls unter Inkaufnahme von Rentenabschlägen zu beantragen. Das Vorruhestandsgeld entfällt mit Beginn des Monats, für den Frau U Rente wegen voller Erwerbsminderung, gesetzliches Altersruhegeld oder ähnliche Bezüge öffentlich-rechtlicher Art beanspruchen kann. …

        
        

...     

                 
        

7.    

Die Ansprüche aus dieser Vorruhestandsvereinbarung - mit Ausnahme der Regelungen für die Pensionierung - erlöschen mit der Pensionierung, spätestens jedoch am 31.07.2015. Sollte aufgrund zwischenzeitlicher Gesetzesänderungen eine Inanspruchnahme der gesetzlichen Rente zum 01.08.2015 nicht mehr möglich sein, verlängert sich die Laufzeit des Vorruhestandsvertrags bis zu dem dann geltenden frühestmöglichen Verrentungszeitpunkt gemäß Ziff. 5 Satz 1.

        
        

...“   

        
5

Die Klägerin konnte eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen mit frühestem Rentenbeginn ab dem 1. August 2015 mit Abschlägen beziehen.

6

Die Beklagte schloss auch mit weiteren Mitarbeitern Vorruhestandsvereinbarungen. Sie wandte die Regelungen des Maßnahmensozialplans nicht nur auf Arbeitnehmer an, die dessen Voraussetzungen erfüllten, sondern auch auf nicht von den Maßnahmen betroffene Mitarbeiter. Mit der am 2. April 1955 geborenen, nicht schwerbehinderten Mitarbeiterin W schloss sie im November 2009 eine Vorruhestandsvereinbarung mit nahezu wortgleichem Inhalt, der zufolge ein Vorruhestandsgeld vom 1. Juli 2010 bis zum 30. April 2018 gewährt werden sollte.

7

Nachdem gegenüber der Beklagten geltend gemacht worden war, die Vorruhestandsvereinbarungen benachteiligten schwerbehinderte Mitarbeiter, entschied sich diese, die Konditionen für schwerbehinderte Mitarbeiter zu verbessern. Dazu richtete sich die Beklagte mit Schreiben vom 30. November 2012 an die Klägerin und teilte ua. mit:

        

„Auf der Basis der durch die Rechtsprechung geänderten Rechtslage zur Gleichbehandlung von Versorgungsleistungen bei Vorruhestandsvereinbarungen haben wir uns - unter Einbeziehung des Betriebsrates - entschieden, die Konditionen für Vorruhestände mit schwerbehinderten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern (im Folgenden ‚Mitarbeiter‘) zu verbessern. Mit dem Ziel des Ausgleichs rentenrechtlicher Nachteile wird die Laufzeit von Vorruhestandsverträgen mit schwerbehinderten Mitarbeitern verlängert und in der betrieblichen Altersversorgung werden Sondergutschriften vorgenommen.“

8

Die Parteien schlossen am 8. Dezember 2012 eine Vereinbarung, mit der die Laufzeit des Vorruhestandsverhältnisses bis zum 30. November 2015 verlängert und der Klägerin eine einmalige Sondergutschrift zur betrieblichen Altersversorgung zugesagt wurde. In der Änderungsvereinbarung heißt es auszugsweise:

        

„Zur Vermeidung bzw. zum Ausgleich von Nachteilen, die sich bei der gesetzlichen Rente sowie bei der betrieblichen Altersversorgung im Zusammenhang mit der Möglichkeit des vorzeitigen Bezugs von Altersrente wegen Schwerbehinderung ergeben können, wird die zwischen den Parteien geschlossene einzelvertragliche Vorruhestandsvereinbarung wie folgt geändert:

        

1.    

Die Laufzeit des Vorruhestandes wird verlängert bis zum 30.11.2015. An diesem Datum entsprechen bei anschließender Inanspruchnahme von Altersrente wegen Schwerbehinderung durch Frau U die individuellen Abschläge in der gesetzlichen Rentenversicherung von Frau U den Abschlägen von gleichaltrigen, nicht schwerbehinderten Menschen, die zum frühestmöglichen Zeitpunkt Altersrente für langjährig Versicherte (ohne Vertrauensschutz) in Anspruch nehmen (derzeit: nach Vollendung des 63. Lebensjahres).

                 

…       

                 

Frau U ist nicht verpflichtet, Altersrente für schwerbehinderte Menschen vor dem 30.11.2015 in Anspruch zu nehmen.

                 

…“    

9

Die Klägerin verlangte von der Beklagten mit Schreiben vom 17. Oktober 2014 ohne Erfolg ua. das Fortbestehen des Vorruhestandsverhältnisses zu den Bedingungen der Änderungsvereinbarung bis zum 30. November 2017 sowie eine angemessene Entschädigung in Geld aufgrund einer Benachteiligung wegen ihrer Schwerbehinderung.

10

Mit ihrer am 31. Oktober 2014 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, die Anknüpfung der Laufzeit des Vorruhestandsverhältnisses an die Möglichkeit eines vorzeitigen Bezugs von Altersrente für schwerbehinderte Menschen benachteilige sie gegenüber nicht schwerbehinderten Mitarbeitern, denen eine vorzeitige Inanspruchnahme von Altersrente für langjährig Versicherte erst zu einem späteren Zeitpunkt möglich sei und deren Vorruhestandsverhältnisse dementsprechend erst zu einem späteren Zeitpunkt endeten. Die geltend gemachte Entschädigung sei auf wenigstens 40.000,00 Euro festzusetzen.

11

Die Klägerin hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Vorruhestandsverhältnis zu den vereinbarten Bedingungen der Vorruhestandsvereinbarung vom 23. November 2009 in der Gestalt der Ergänzungsvereinbarung vom 8. Dezember 2012 nicht zum 30. November 2015 endet, sondern bis zum 30. November 2017 fortbesteht,

                 

hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1.,

                 

die Beklagte zu verurteilen zu erklären, dass das Vorruhestandsverhältnis zu den vereinbarten Bedingungen der Vorruhestandsvereinbarung vom 23. November 2009 in der Gestalt der Ergänzungsvereinbarung vom 8. Dezember 2012 nicht zum 30. November 2015 endet, sondern bis zum 30. November 2017 fortbesteht;

                          
        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie eine angemessene Entschädigung nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

        

3.    

der Beklagten bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, wobei Ordnungshaft zu vollziehen ist an den jeweiligen gesetzlichen Vertretern der Beklagten, für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung zu verbieten, sie aufgrund ihrer Schwerbehinderung zu diskriminieren, insbesondere wenn dies geschieht wie mit der Vereinbarung gemäß Ziffer 5 der Vorruhestandsvereinbarung vom 23. November 2009 in der Gestalt der Ergänzungsvereinbarung vom 8. Dezember 2012;

        

4.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, der ihr aufgrund der Ungleichbehandlung wegen ihrer Schwerbehinderung gemäß Ziffer 5 der Vorruhestandsvereinbarung vom 23. November 2009 entstanden ist und/oder zukünftig entstehen wird.

12

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag darauf gestützt, die Vorruhestandsvereinbarung vom 23. November 2009 in der Fassung der Änderungsvereinbarung vom 8. Dezember 2012 benachteilige die Klägerin nicht wegen ihrer Schwerbehinderung. Die Klägerin werde nicht vom Maßnahmensozialplan erfasst, weil ihr Arbeitsplatz nicht weggefallen sei. Die Vorruhestandsvereinbarung sei auf Wunsch der Klägerin zustande gekommen. Wäre die Klägerin nicht schwerbehindert gewesen, hätte die Beklagte mit ihr keine Vereinbarung über eine Laufzeit bis zum 30. November 2017 geschlossen, sondern ihr überhaupt keine Vorruhestandsvereinbarung angeboten. Selbst wenn eine ungerechtfertigte Benachteiligung der Klägerin anzunehmen wäre, hätte dies nicht die Verlängerung der Laufzeit des Vorruhestandsverhältnisses zur Folge, sondern nach § 7 Abs. 2 AGG deren Unwirksamkeit. Auch § 15 Abs. 6 AGG schließe die von der Klägerin begehrte Rechtsfolge aus.

13

Die Beklagte hat darüber hinaus die Auffassung vertreten, die Klägerin habe mit dem Abschluss der Änderungsvereinbarung das Recht zur Geltendmachung einer Benachteiligung verwirkt. Schließlich habe die Klägerin die Geltendmachungsfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG nicht gewahrt.

14

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Klägerin das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und festgestellt, dass das Vorruhestandsverhältnis der Parteien über den 30. November 2015 hinaus bis zum 30. November 2017 fortbesteht, und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin eine Entschädigung iHv. 4.600,00 Euro zu zahlen. Im Übrigen hat es die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit ihrer durch das Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Die Klägerin verfolgt mit ihrer Anschlussrevision die vollständige Stattgabe ihrer Klage.

Entscheidungsgründe

15

Die Revision der Beklagten ist teilweise begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts nur hinsichtlich des Klageantrags zu 1. zu Recht stattgegeben. Die Anschlussrevision der Klägerin ist unzulässig.

16

A. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht festgestellt, dass das Vorruhestandsverhältnis der Parteien über den 30. November 2015 hinaus bis zum 30. November 2017 fortbesteht.

17

I. Der Feststellungsantrag zu 1. ist zulässig. Die Klägerin hat ein rechtliches Interesse iSv. § 256 Abs. 1 ZPO an der begehrten Feststellung, nachdem über den Zeitpunkt der Beendigung des Vorruhestandsverhältnisses zwischen den Parteien Streit besteht(vgl. BAG 12. November 2013 - 9 AZR 484/12 - Rn. 10).

18

II. Der Feststellungsantrag ist begründet. Das Vorruhestandsverhältnis der Parteien endete nicht mit Ablauf des 30. November 2015, sondern endet erst mit Ablauf des 30. November 2017. Die Regelung über die Laufzeit des Vorruhestandsverhältnisses in der Vorruhestandsvereinbarung vom 23. November 2009 in der Fassung der Änderungsvereinbarung vom 8. Dezember 2012 ist insoweit unwirksam (§ 81 Abs. 2 SGB IX, § 7 Abs. 2 iVm. Abs. 1 AGG), als sie für die Klägerin als schwerbehinderte Arbeitnehmerin, die nach § 236a Abs. 1 Satz 2 SGB VI vorzeitige Altersrente in Anspruch nehmen kann, zu einer gegenüber nicht schwerbehinderten Menschen kürzeren Laufzeit führt. Die Rechtsfolge der unzulässigen Ungleichbehandlung besteht darin, dass das Vorruhestandsverhältnis der Klägerin - wie bei einem vergleichbaren nicht schwerbehinderten Arbeitnehmer - bis zum 30. November 2017 fortbesteht.

19

1. Nach § 7 Abs. 2 AGG sind Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG verstoßen, unwirksam. Die Bestimmung in § 7 Abs. 1 Halbs. 1 AGG untersagt im Anwendungsbereich des AGG eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, ua. wegen einer Behinderung. Zudem dürfen Arbeitgeber nach § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX schwerbehinderte Beschäftigte nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligen. Im Einzelnen gelten hierzu nach § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX die Regelungen des AGG.

20

2. Die in der Vorruhestandsvereinbarung vorgenommene Verknüpfung der Laufzeit des Vorruhestandsverhältnisses mit einem Anspruch auf vorzeitige Altersrente für schwerbehinderte Menschen stellt eine unmittelbare Benachteiligung der Klägerin wegen ihrer Schwerbehinderung iSv. § 3 Abs. 1 AGG dar.

21

a) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt danach vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Von § 3 Abs. 1 AGG wird auch eine sog. verdeckte unmittelbare Ungleichbehandlung erfasst. Eine solche Ungleichbehandlung ist gegeben, wenn nach einem scheinbar objektiven, nicht diskriminierenden Kriterium unterschieden wird, das jedoch in untrennbarem Zusammenhang mit einem in § 1 AGG genannten Grund steht und damit kategorial ausschließlich Träger eines Diskriminierungsmerkmals trifft(vgl. EuGH 12. Oktober 2010 - C-499/08 - [Andersen] Rn. 23; BAG 12. Mai 2016 - 6 AZR 365/15 - Rn. 23, BAGE 155, 88; 19. Dezember 2013 - 6 AZR 190/12 - Rn. 46 mwN, BAGE 147, 60).

22

Das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG erfasst nicht jede Ungleichbehandlung, sondern nur eine Ungleichbehandlung „wegen“ eines in § 1 AGG genannten Grundes. Zwischen der benachteiligenden Behandlung und dem in § 1 AGG genannten Grund muss demnach ein Kausalzusammenhang bestehen. Für den Kausalzusammenhang ist es nicht erforderlich, dass der betreffende Grund iSv. § 1 AGG das ausschließliche oder auch nur ein wesentliches Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist. Es muss nicht - gewissermaßen als vorherrschender Beweggrund, Hauptmotiv oder „Triebfeder“ des Verhaltens - handlungsleitend oder bewusstseinsdominant gewesen sein. Vielmehr ist der Kausalzusammenhang bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an einen Grund iSv. § 1 AGG anknüpft oder durch diesen motiviert ist, wobei die bloße Mitursächlichkeit genügt(BAG 26. Januar 2017 - 8 AZR 736/15 - Rn. 25).

23

§ 3 Abs. 1 Satz 1 AGG verlangt eine vergleichbare Situation. Der deutsche Gesetzgeber hat insoweit die Bestimmung des Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/78/EG, die ebenfalls eine vergleichbare Situation voraussetzt, unverändert umgesetzt. Auch der Gerichtshof der Europäischen Union geht davon aus, dass eine unmittelbare Benachteiligung nur dann vorliegt, wenn sich die betroffenen Personen in einer vergleichbaren Lage befinden. Die Situationen müssen nicht identisch, sondern nur vergleichbar sein. Die Prüfung dieser Vergleichbarkeit darf nicht allgemein und abstrakt sein, sondern muss spezifisch und konkret für die betreffende Leistung erfolgen (EuGH 10. Mai 2011 - C-147/08 - [Römer] Rn. 41 f.). Der Vergleich der jeweiligen Situationen ist daher fallbezogen anhand des Zwecks und der Voraussetzungen für die Gewährung der fraglichen Leistungen festzustellen (BAG 12. Mai 2016 - 6 AZR 365/15 - Rn. 29, BAGE 155, 88; 17. November 2015 - 1 AZR 938/13 - Rn. 24 mwN, BAGE 153, 234).

24

b) Die Voraussetzungen einer verdeckten unmittelbaren Ungleichbehandlung liegen vor.

25

aa) Die Laufzeit der Vorruhestandsvereinbarung knüpft nicht unmittelbar an die Schwerbehinderteneigenschaft, sondern an die gesetzlichen Voraussetzungen für den Bezug einer vorzeitigen Altersrente für schwerbehinderte Menschen an. Dadurch wird ein untrennbarer Zusammenhang mit dem in § 1 AGG genannten Grund der Behinderung, zu der auch die Schwerbehinderung zählt, hergestellt. Die Vorruhestandsvereinbarung vom 23. November 2009 sah in Ziff. 3 eine Laufzeit bis zum 31. Juli 2015 vor. Ab dem 1. August 2015 konnte die Klägerin nach § 236a Abs. 2 Satz 2 SGB VI mit frühestem Rentenbeginn eine vorzeitige Altersrente für schwerbehinderte Menschen mit Abschlägen beziehen. Dementsprechend war die Klägerin nach Ziff. 5 der Vorruhestandsvereinbarung verpflichtet, ua. gesetzliches Altersruhegeld zum frühestmöglichen Zeitpunkt gegebenenfalls unter Inkaufnahme von Rentenabschlägen zu beantragen. Das Vorruhestandsgeld sollte mit Beginn des Monats entfallen, für den die Klägerin gesetzliches Altersruhegeld beanspruchen konnte. Durch die Änderungsvereinbarung vom 8. Dezember 2012 haben die Parteien die Laufzeit des Vorruhestandsverhältnisses bis zum 30. November 2015 verlängert und ausdrücklich untrennbar mit der vorzeitigen Altersrente wegen Schwerbehinderung verbunden. Mit der Laufzeitverlängerung sollten die individuellen Abschläge der Klägerin in der gesetzlichen Rentenversicherung den Abschlägen von gleichaltrigen, nicht schwerbehinderten Menschen, die zum frühestmöglichen Zeitpunkt Altersrente für langjährig Versicherte (ohne Vertrauensschutz) in Anspruch nehmen, angeglichen werden. Die Klägerin war danach zwar nicht mehr verpflichtet, Altersrente für schwerbehinderte Menschen zum frühestmöglichen Zeitpunkt in Anspruch zu nehmen, wohl aber ab dem 1. Dezember 2015.

26

bb) Dies führt zu einer Schlechterstellung der schwerbehinderten Klägerin gegenüber nicht schwerbehinderten Arbeitnehmern, mit denen die Beklagte vergleichbare Vorruhestandsvereinbarungen geschlossen hat. Die Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme von Altersrente für schwerbehinderte Menschen beträgt für im Jahr 1954 geborene Personen 60 Jahre und acht Monate (§ 236a Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Demgegenüber ist eine vorzeitige Inanspruchnahme der Altersrente bei einem nicht schwerbehinderten Arbeitnehmer gleichen Alters erst nach Vollendung des 63. Lebensjahres möglich (§ 236 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Die Verlängerung der Laufzeit des Vorruhestandsverhältnisses der Parteien um vier Monate bis zum 30. November 2015 bleibt dahinter zurück. Wäre die Klägerin nicht schwerbehindert, würde das Vorruhestandsverhältnis bis zum 30. November 2017 fortbestehen und die Klägerin für weitere zwei Jahre Vorruhestandsgeld beziehen. Die mit einem zwei Jahre früheren Ausscheiden verbundenen Einkommenseinbußen der Klägerin würden durch den Rentenbezug nicht ausgeglichen.

27

cc) Die Klägerin befindet sich mit den nicht schwerbehinderten Arbeitnehmern, mit denen die Beklagte Vorruhestandsvereinbarungen geschlossen hat, in einer vergleichbaren Situation.

28

(1) Der Bezug von Vorruhestandsgeld dient typischerweise dazu, Versorgungslücken zu überbrücken, die dadurch entstehen, dass der Anspruchsberechtigte seine Erwerbstätigkeit bei seinem Arbeitgeber vorzeitig beendet. Der Arbeitnehmer soll regelmäßig wirtschaftlich so lange abgesichert werden, bis er das Alter erreicht, in dem Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung gewährt werden (BAG 23. September 2014 - 9 AZR 827/12 - Rn. 24 mwN). Diesen Zweck verfolgen auch die bei der Beklagten geschlossenen Vorruhestandsvereinbarungen. Die Arbeitnehmer der Beklagten sollen wirtschaftlich so lange abgesichert werden, bis sie das Alter erreichen, in dem Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung gewährt werden. Unter Zugrundelegung dieses Regelungszwecks ist die Klägerin als eine Arbeitnehmerin, die aufgrund ihrer Behinderung als schwerbehinderter Mensch iSd. § 2 Abs. 2 SGB IX anerkannt ist, in Bezug auf ihre durch die Vorruhestandsvereinbarung verursachten wirtschaftlichen Nachteile in einer vergleichbaren Situation iSd. § 3 Abs. 1 AGG mit nicht schwerbehinderten Arbeitnehmern. Ebenso wie diese verliert sie ihren Arbeitsplatz und das bisher gewährte Arbeitsentgelt. An dessen Stelle tritt für die Dauer des Vorruhestands das Vorruhestandsgeld, das die Zeit bis zur Inanspruchnahme von Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung überbrückt und deren Höhe übersteigt.

29

(2) Soweit die Beklagte unter Hinweis auf die Entscheidung des Sechsten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 6. Oktober 2011 (- 6 AZN 815/11 - Rn. 11, BAGE 139, 226) geltend macht, infolge der unterschiedlichen Rentenberechtigung sei die Situation der Klägerin mit der Situation nicht schwerbehinderter Arbeitnehmer nicht vergleichbar, verhilft dies der Revision nicht zum Erfolg. Der finanzielle Vorteil, der einem schwerbehinderten Arbeitnehmer aus dem früheren Rentenbeginn erwächst, hat nicht zur Folge, dass seine Situation eine andere ist, als die eines nicht schwerbehinderten Arbeitnehmers (vgl. EuGH 6. Dezember 2012 - C-152/11 - [Odar] Rn. 62).

30

(3) Der Annahme einer vergleichbaren Situation steht nicht entgegen, dass die Klägerin nach dem Vortrag der Beklagten mangels Wegfall ihres Arbeitsplatzes nicht die Voraussetzungen von Ziff. III Abschn. B des Maßnahmensozialplans erfüllt. Nach den von der Beklagten nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und den Senat daher nach § 559 Abs. 2 ZPO bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat die Beklagte die Regelungen des Maßnahmensozialplans nicht nur auf Arbeitnehmer angewandt, die dessen Voraussetzungen erfüllten, sondern auch auf nicht von den Maßnahmen betroffene Mitarbeiter. Dazu hat sie mit dem Erhebungsbogen „D Service (Projekt A)“ ua. das Interesse der Arbeitnehmer an den Instrumenten des Maßnahmensozialplans abgefragt und mit Arbeitnehmern, die eine Bereitschaft zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses signalisiert haben, Vorruhestandsvereinbarungen getroffen, unabhängig davon, ob sie unmittelbar von einem Arbeitsplatzverlust bzw. einer Versetzung betroffen gewesen wären. Entgegen der Auffassung der Beklagten lag der Vereinbarung der Parteien nicht ein initiativ durch die Klägerin geäußerter Einzelwunsch nach einer Vorruhestandsregelung zugrunde, sondern die Aufforderung der Beklagten in dem Erhebungsbogen, ein Interesse an der Inanspruchnahme von Sozialplaninstrumenten zu bekunden.

31

(4) Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sie mit der Klägerin das Vorruhestandsverhältnis nicht begründet hätte, wenn diese nicht infolge ihrer Schwerbehinderung einen Anspruch auf vorzeitige Altersrente ab dem 1. August 2015 gehabt hätte. Der Abschluss der Vorruhestandsvereinbarung mit der im Vergleich zur Klägerin sogar noch jüngeren Frau W im November 2009 zeigt, dass die Beklagte auch mit nicht schwerbehinderten Arbeitnehmern Vorruhestandsverhältnisse bis zum Ablauf des Monats nach Vollendung des 63. Lebensjahres begründet hat.

32

3. Für eine gegenüber nicht schwerbehinderten Arbeitnehmern kürzere Laufzeit des Vorruhestandsverhältnisses und einen damit einhergehenden kürzeren Bezug von Vorruhestandsgeld bei schwerbehinderten Beschäftigten fehlt es an einem zulässigen Differenzierungsgrund. Ein Rückgriff auf die in § 3 Abs. 2 AGG genannten Rechtfertigungsgründe ist ausgeschlossen. Auch kann weder von einer positiven Maßnahme iSv. § 5 AGG noch von einer zulässigen unterschiedlichen Behandlung unter den in §§ 8 bis 10 AGG genannten Voraussetzungen ausgegangen werden.

33

4. Es kann dahinstehen, ob die Klägerin bereits gemäß § 7 Abs. 2 AGG als Rechtsfolge der unzulässigen Ungleichbehandlung verlangen kann, wie ein nicht schwerbehinderter Arbeitnehmer behandelt zu werden(vgl. BAG 17. November 2015 - 1 AZR 938/13 - Rn. 34, BAGE 153, 234 [zur Unanwendbarkeit einer Sozialplanvorschrift]; 12. November 2013 - 9 AZR 484/12 - Rn. 11 [bei einer Tarifvorschrift]). Hierfür spricht, dass eine Gleichbehandlung der Klägerin nicht anders herzustellen ist, als dass die Laufzeit des Vorruhestandsverhältnisses bis zur Vollendung des Monats, in dem sie das 63. Lebensjahr vollendet, ausgedehnt wird. Denn eine rückwirkende Laufzeitbegrenzung bereits geschlossener Vorruhestandsvereinbarungen mit nicht schwerbehinderten Arbeitnehmern ist nicht möglich. Dem ständen bereits Vertrauensschutzgesichtspunkte entgegen (vgl. BAG 15. Februar 2011 - 9 AZR 584/09 - Rn. 52). Ginge man indes mit der Beklagten davon aus, dass die Bestimmung über eine Vorruhestandslaufzeit, die gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG verstößt, nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam ist, wäre zumindest eine Vertragslücke entstanden, die durch ergänzende Vertragsauslegung zu schließen wäre.

34

a) Bei den Klauseln der Vorruhestandsvereinbarung in der Fassung der Änderungsvereinbarung handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen (§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB). Dafür begründet bereits das äußere Erscheinungsbild eine tatsächliche Vermutung (vgl. BAG 19. März 2014 - 5 AZR 299/13 (F) - Rn. 17 mwN), der keine der Parteien entgegengetreten ist.

35

b) Weist ein vorformulierter Vertrag unter Zugrundelegung des Regelungskonzepts der Parteien eine Lücke auf, die geschlossen werden muss, um den Regelungsplan der Parteien zu verwirklichen, und beruht eine solche Lücke - wie hier - nicht auf AGB-rechtlichen Einbeziehungs- oder Inhaltskontrollschranken, ist nach allgemeiner Meinung eine ergänzende Vertragsauslegung zulässig (BAG 25. Juni 2015 - 6 AZR 383/14 - Rn. 39 mwN, BAGE 152, 82). Die ergänzende Auslegung hat unter Zugrundelegung eines objektiv-generalisierenden Maßstabs zu erfolgen, der nicht am Willen und den Interessen der konkret beteiligten Parteien, sondern der typischerweise beteiligten Verkehrskreise ausgerichtet sein muss. Die Vertragsergänzung muss für den betroffenen Vertragstyp als allgemeine Lösung eines stets wiederkehrenden Interessengegensatzes angemessen sein. Maßgeblich ist, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Parteien vereinbart hätten (st. Rspr. seit BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 22). Lassen sich nach diesen Kriterien hinreichende Anhaltspunkte für einen hypothetischen Parteiwillen nicht finden, etwa weil mehrere gleichwertige Möglichkeiten der Lückenschließung in Betracht kommen, scheidet eine ergänzende Vertragsauslegung grundsätzlich aus. So sind die Vertragsparteien vor einer mit dem Grundsatz der Privatautonomie nicht zu vereinbarenden Auswahl der Möglichkeit der Lückenschließung durch das Gericht nach dessen eigenen Kriterien geschützt (BAG 25. Juni 2015 - 6 AZR 383/14 - aaO mwN).

36

c) Das Regelungskonzept der Parteien zur Überbrückung des Zeitraums bis zum Renteneintritt wäre durch die Unwirksamkeit der vereinbarten Laufzeit planwidrig unvollständig. Ihrem Regelungsplan lag eine vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin zugrunde, an die sich bis zur Inanspruchnahme von Altersrente ein Vorruhestandsverhältnis mit der kürzesten rechtlich zulässigen Laufzeit anschließen sollte. Aus der Gleichstellung von schwerbehinderten und nicht schwerbehinderten Arbeitnehmern mit Vorruhestandsvereinbarungen hinsichtlich der individuellen Abschläge in der gesetzlichen Rentenversicherung durch die Änderungsvereinbarung vom 8. Dezember 2012 und der Regelung in Ziff. 7 der Vorruhestandsvereinbarung, die bei Gesetzesänderungen eine Anpassung der Vertragslaufzeit vorsieht, lässt sich der Wille der Parteien erkennen, das Vorruhestandsverhältnis im Falle einer nicht erkannten diskriminierenden Festlegung der Laufzeit als solches bestehen zu lassen. Die alternativ denkbare Fortsetzung ihres durch die Abrede beendeten Arbeitsverhältnisses entspricht bei diesem Regelungsplan dagegen nicht dem Willen der typischerweise an Verträgen dieser Art beteiligten Parteien. Sie würde eine Rückabwicklung des Vorruhestandsverhältnisses und die Bewältigung eines formal fortbestehenden, aber nicht vollzogenen Arbeitsverhältnisses erforderlich machen. Die damit verbundenen rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten liegen üblicherweise nicht im Interesse der Parteien. Die danach notwendige Vertragsergänzung muss zu einer insgesamt rechtswirksamen Regelung führen, die die Klägerin insbesondere nicht wegen der (Schwer-)Behinderung benachteiligt. Der Inhalt einer solchen Regelung kann nur darin bestehen, das Vorruhestandsverhältnis - wie bei einem vergleichbaren nicht schwerbehinderten Arbeitnehmer - bis zum 30. November 2017 zu verlängern.

37

5. Der Klägerin ist die Verfolgung ihres Klagebegehrens nicht nach dem aus § 242 BGB folgenden Grundsatz des Verbots widersprüchlichen Verhaltens („venire contra factum proprium“) verwehrt. Mit ihrem Klagebegehren setzt sie sich entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten nicht damit in Widerspruch, dass sie das Angebot der Beklagten auf Verlängerung der Laufzeit des Vorruhestandsverhältnisses angenommen und die Änderungsvereinbarung vom 8. Dezember 2012 geschlossen hat. Für die Beklagte ist dadurch weder ein Vertrauenstatbestand entstanden, noch lassen andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen. Die Beklagte ist von sich aus mit Schreiben vom 30. November 2012 an die Klägerin herangetreten, um auf „der Basis der durch die Rechtsprechung geänderten Rechtslage zur Gleichbehandlung von Versorgungsleistungen bei Vorruhestandsvereinbarungen … die Konditionen für Vorruhestände mit schwerbehinderten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern … zu verbessern“. Dementsprechend haben die Parteien „zur Vermeidung bzw. zum Ausgleich von Nachteilen, die sich bei der gesetzlichen Rente sowie bei der betrieblichen Altersversorgung im Zusammenhang mit der Möglichkeit des vorzeitigen Bezugs von Altersrente wegen Schwerbehinderung ergeben können“, die Laufzeit des Vorruhestandsverhältnisses so verlängert, dass bei anschließender Inanspruchnahme von Altersrente wegen Schwerbehinderung die individuellen Abschläge der Klägerin in der gesetzlichen Rentenversicherung den Abschlägen von gleichaltrigen, nicht schwerbehinderten Menschen, die zum frühestmöglichen Zeitpunkt Altersrente für langjährig Versicherte in Anspruch nehmen, entsprechen. Die Änderungsvereinbarung hat somit insbesondere die Beseitigung einer Benachteiligung hinsichtlich der individuellen Rentenabschläge zum Gegenstand. Ihr kann nicht entnommen werden, dass weiter gehende Ansprüche ausgeschlossen werden sollten. Die Beklagte hat auch nicht vorgetragen, dass die Klägerin im Vorfeld Rechtspositionen für sich reklamiert hat, die in der Änderungsvereinbarung als Ergebnis eines gegenseitigen Nachgebens berücksichtigt worden sind.

38

6. Die Klägerin musste die Verlängerung der Laufzeit des Vorruhestandsverhältnisses nicht im Rahmen der Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG geltend machen. Diese Bestimmung findet bereits nach ihrem Wortlaut nur auf Ansprüche nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG, dh. nur auf Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche und damit nicht auf Ansprüche auf eine Vertragsanpassung Anwendung (vgl. BAG 22. Oktober 2015 - 8 AZR 168/14 - Rn. 64).

39

7. Die Rechtsauffassung der Beklagten, der Verlängerung der Laufzeit des Vorruhestandsverhältnisses stehe § 15 Abs. 6 AGG entgegen, geht fehl. § 15 Abs. 6 AGG schließt seinem Wortlaut nach einen gegen den Arbeitgeber gerichteten Anspruch auf Abschluss eines Arbeitsverhältnisses oder auf Gewährung eines beruflichen Aufstiegs aus. Der in dieser Regelung zum Ausdruck kommende Schutz der Privatautonomie gebietet nicht die entsprechende Anwendung des § 15 Abs. 6 AGG auf eine nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksame Bestimmung in einer Vorruhestandsvereinbarung. Es fehlt an der erforderlichen Vergleichbarkeit der Interessenlage. § 15 Abs. 6 AGG trägt der grundrechtlich geschützten Auswahlfreiheit des Arbeitgebers Rechnung. Es ist wertungsmäßig ein Unterschied, ob ein Arbeitgeber verpflichtet ist, einen von ihm abgelehnten Arbeitnehmer einzustellen oder auf einer anderen (Beförderungs-)Position zu beschäftigen, oder ob er verpflichtet ist, ein bereits begründetes Vorruhestandsverhältnis mit einem Arbeitnehmer, den er ursprünglich aus eigener Willensentscheidung eingestellt hat, über einen längeren Zeitraum fortzuführen (vgl. BAG 6. April 2011 - 7 AZR 524/09 - Rn. 34).

40

B. Die Revision der Beklagten ist begründet, soweit sie sich auf den mit dem Klageantrag zu 2. geltend gemachten Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG richtet. Die Klage ist insoweit zulässig, aber unbegründet.

41

I. Der auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung gerichtete Klageantrag ist zulässig, insbesondere ist er hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

42

1. Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin die Höhe der von ihr begehrten Entschädigung in das Ermessen des Gerichts gestellt hat. Diese Möglichkeit eröffnet bereits der Wortlaut von § 15 Abs. 2 AGG. Den Gerichten wird hinsichtlich der Höhe der Entschädigung ein Beurteilungsspielraum eingeräumt. Hängt die Bestimmung eines Betrags vom billigen Ermessen des Gerichts ab, ist ein unbezifferter Zahlungsantrag zulässig, wenn die Klagepartei einerseits Tatsachen benennt, die das Gericht bei der Bestimmung des Betrags heranziehen soll, und andererseits die Größenordnung der geltend gemachten Forderung angibt (BAG 22. Juni 2011 - 8 AZR 48/10 - Rn. 22 mwN, BAGE 138, 166).

43

2. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Klägerin hat dem Gericht einen Sachverhalt im obigen Sinne dargelegt und die Höhe der verlangten Entschädigung mit wenigstens 40.000,00 Euro beziffert.

44

II. Der Antrag ist unbegründet. Die Klägerin hat den auf die Benachteiligung wegen ihrer Schwerbehinderung gestützten Entschädigungsanspruch nicht innerhalb der Frist des § 15 Abs. 4 AGG geltend gemacht.

45

1. Nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG muss ein Anspruch nach Abs. 1 oder Abs. 2 des § 15 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden. Die Ausschlussfrist ist - auch in ihrer Kombination mit der für den Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG maßgeblichen Klagefrist des § 61b Abs. 1 ArbGG - mit den Vorgaben des Unionsrechts vereinbar(BAG 18. Mai 2017 - 8 AZR 74/16 - Rn. 30 ff. mit ausf. Begründung). Sie beginnt nach § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG in Fällen, die weder eine Bewerbung noch einen beruflichen Aufstieg zum Gegenstand haben, mit dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt. Hinsichtlich der Frage, wann eine Kenntniserlangung von der Benachteiligung vorliegt, kann auf die Maßstäbe des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB mit der Maßgabe zurückgegriffen werden, dass wegen des Wortlauts von § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG eine grob fahrlässige Unkenntnis nicht genügt. Kenntnis von der Benachteiligung hat der Beschäftigte daher dann, wenn er Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen hat (BAG 15. März 2012 - 8 AZR 160/11 - Rn. 60). Der Entschädigungsanspruch ist auf den Ersatz des Nichtvermögensschadens gerichtet und muss nicht beziffert werden. Neben der Kenntnis des Anspruchsgegners, dh. des Arbeitgebers, ist Voraussetzung eines Entschädigungsanspruchs, dass der Benachteiligte auch Kenntnis von der Benachteiligung hat. Ein Entschädigungsanspruch besteht nach § 7 Abs. 1 AGG aber nur dann, wenn die Benachteiligung wegen eines Grundes im Sinne von § 1 AGG erfolgt ist(BAG 15. März 2012 - 8 AZR 160/11 - Rn. 62).

46

2. Spätestens mit Abschluss der Änderungsvereinbarung vom 8. Dezember 2012 hatte die Klägerin Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen. Sie wusste, dass die Vorruhestandsverhältnisse mit nicht schwerbehinderten Arbeitnehmern frühestens nach Vollendung des 63. Lebensjahres enden sollten. Dies folgt aus dem Schreiben vom 30. November 2012 und Ziff. 1 der Änderungsvereinbarung, denen zu entnehmen ist, dass eine Gleichbehandlung hinsichtlich der individuellen Rentenabschläge mit nicht schwerbehinderten Vorruheständlern, die zum frühestmöglichen Zeitpunkt Altersrente für langjährig Versicherte, dh. erst nach Vollendung des 63. Lebensjahres in Anspruch nehmen, herbeigeführt werden sollte. Aufgrund ihrer Tatsachenkenntnis konnte sie eine hinreichend aussichtsreiche, wenn auch nicht risikolose (nicht notwendig zu beziffernde) Entschädigungsklage erheben (vgl. dazu BAG 15. März 2012 - 8 AZR 160/11 - Rn. 64). Die Klägerin hat den Entschädigungsanspruch erstmals mit Schreiben vom 17. Oktober 2014 und damit nach Ablauf der Frist des § 15 Abs. 4 AGG geltend gemacht.

47

3. Dem Ablauf der Geltendmachungsfrist steht nicht entgegen, dass das Vorruhestandsverhältnis über den 8. Dezember 2012 hinaus fortbestand. Hierdurch wird kein Dauertatbestand begründet, der den Lauf der Frist des § 15 Abs. 4 AGG verhindert.

48

a) Ein Dauertatbestand ist gegeben, wenn fortlaufend neue Tatsachen eintreten, die für eine Benachteiligung von Bedeutung sind. Nur dann, wenn ein noch nicht abgeschlossener, länger währender Zustand vorliegt, beginnt die Ausschlussfrist nicht vor dessen Beendigung zu laufen. Dagegen liegt ein Dauerzustand dann nicht vor, wenn die für die Benachteiligung maßgeblichen Vorgänge bereits abgeschlossen sind und lediglich nachwirken (vgl. BAG 24. September 2009 - 8 AZR 705/08 - Rn. 59 f. mwN).

49

b) Dies war vorliegend der Fall. Die unmittelbare Benachteiligung wurde bereits durch die Vereinbarung eines Vorruhestandsverhältnisses mit einer gegenüber vergleichbaren nicht schwerbehinderten Beschäftigten kürzeren Laufzeit bewirkt. Bereits damit waren die für die Benachteiligung maßgeblichen Vorgänge abgeschlossen.

50

C. Die Anschlussrevision der Klägerin ist unzulässig.

51

I. Sie erfüllt zwar die Voraussetzungen des § 554 ZPO.

52

Nach § 72 Abs. 5 ArbGG gelten für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht die Vorschriften der ZPO über die Revision mit Ausnahme des § 566 ZPO entsprechend, soweit das ArbGG nichts anderes bestimmt. Gemäß § 554 Abs. 1 ZPO kann sich der Revisionsbeklagte der Revision anschließen. Die Anschließung erfolgt durch Einreichung der Revisionsanschlussschrift bei dem Revisionsgericht. Sie ist auch statthaft, wenn die Revision nicht zugelassen worden ist, und bis zum Ablauf eines Monats nach Zustellung der Revisionsbegründung zu erklären (§ 554 Abs. 2 ZPO). Dem wird die Anschlussrevision der Klägerin noch gerecht.

53

II. Die Anschlussrevision der Klägerin genügt jedoch nicht den gesetzlichen Begründungsanforderungen.

54

1. Nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 554 Abs. 3 Satz 2, § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO gehört zum notwendigen Inhalt der Begründung der Anschlussrevision die Angabe der Revisionsgründe. Bei einer Sachrüge sind nach § 554 Abs. 3 Satz 2 iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO die Umstände zu bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergeben soll. Dabei muss die (Anschluss-)Revisionsbegründung den Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des revisionsrechtlichen Angriffs erkennbar sind. Dies erfordert eine Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung. Dadurch soll sichergestellt werden, dass der Prozessbevollmächtigte des Anschlussrevisionsklägers das angefochtene Urteil im Hinblick auf das Rechtsmittel überprüft und mit Blickrichtung auf die Rechtslage genau durchdenkt. Außerdem soll die Begründung der Anschlussrevision durch ihre Kritik an dem angefochtenen Urteil zur richtigen Rechtsfindung durch das Revisionsgericht beitragen. Dazu hat der Anschlussrevisionskläger darzulegen, aus welchen Gründen er die Begründung des Berufungsgerichts für unrichtig hält. Die bloße Wiedergabe oder der Verweis auf das bisherige Vorbringen genügt hierfür nicht (vgl. BAG 7. Juni 2017 - 1 AZR 608/16 - Rn. 9 mwN).

55

2. Diesen Anforderungen genügt die Begründung der Anschlussrevision nicht.

56

a) Dies gilt zunächst für den Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG, dessen Festlegung die Klägerin in der durch das Landesarbeitsgericht bezifferten Höhe für unzureichend erachtet.

57

aa) Das Landesarbeitsgericht hat eine Entschädigung in Höhe eines Betrags von 4.600,00 Euro für angemessen gehalten, weil die Klägerin bereits durch das Berufungsurteil einem nicht schwerbehinderten Menschen hinsichtlich der Laufzeit ihres Vorruhestandsverhältnisses uneingeschränkt gleichgestellt worden sei, sodass kein Nachteil verbleibe. Zudem hat das Landesarbeitsgericht berücksichtigt, dass die Beklagte im Jahr 2012 durch die Unterbreitung des Angebots auf Abschluss der Änderungsvereinbarung von sich aus einen gewissen Ausgleich vorgenommen hat.

58

bb) Die Anschlussrevision führt lediglich aus, dass die durch das Landesarbeitsgericht festgelegte Entschädigung keine „Sanktions- oder Beugewirkung“ zu entfalten vermöge. Dass sich die Beklagte von sich aus um eine Wiedergutmachung bemüht habe, rechtfertige eine Entschädigung iHv. nur 4.600,00 Euro nicht. Denn auch durch die Änderungsvereinbarung vom 8. Dezember 2012 sei die Benachteiligung der Klägerin aufrechterhalten worden. Zudem enthält die Begründung der Anschlussrevision neben erstmals im Revisionsverfahren vorgebrachter Tatsachen eine pauschale Bezugnahme auf die Ausführungen in dem Schriftsatz der Klägerin vom 31. Oktober 2014. Eine konkrete Auseinandersetzung mit sämtlichen Bestandteilen der durch das Landesarbeitsgericht getroffenen Gesamtabwägung liegt darin nicht. Die Klägerin befasst sich überhaupt nicht mit der Argumentation des Landesarbeitsgerichts, dass die Benachteiligung für die Klägerin zu keinem Schaden geführt habe, weil durch die Verlängerung der Laufzeit des Vorruhestandsverhältnisses für sie kein Nachteil verbleibe.

59

b) Die Anschlussrevision setzt sich mit den Gründen des angefochtenen Urteils auch insoweit nicht hinreichend auseinander, als sie sich gegen die Abweisung des mit dem Antrag zu 3. geltend gemachten Unterlassungsanspruchs richtet.

60

aa) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Unterlassungsantrag sei mangels Rechtsschutzbedürfnisses bereits unzulässig. Dieses Ergebnis begründet es damit, dass die Benachteiligung der Klägerin durch die Gleichstellung mit den nicht schwerbehinderten Betroffenen beseitigt werde und angesichts der Beendigung des Arbeitsverhältnisses sowie des bevorstehenden Endes des Vorruhestandsverhältnisses keinerlei Anhaltspunkte für weitere in Betracht kommende Diskriminierungen durch die Beklagte vorlägen.

61

bb) Die Klägerin geht in ihrer Anschlussrevision nicht auf die vom Landesarbeitsgericht festgestellte Unzulässigkeit des Unterlassungsantrags ein. Sie befasst sich nur mit den Voraussetzungen des Unterlassungsanspruchs selbst und damit ausschließlich mit Fragen der Begründetheit des Antrags. Mit dem Argument des Landesarbeitsgerichts, dass angesichts der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und des bevorstehenden Endes des Vorruhestandsverhältnisses keine Anhaltspunkte für künftige Benachteiligungen vorlägen, befasst sie sich überhaupt nicht. Soweit die Anschlussrevision darauf hinweist, grundsätzlich sei eine für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr schon durch die erste Rechtsverletzung entstanden, stellt dies keinen revisionsrechtlich beachtlichen Angriff auf das Berufungsurteil dar. Die Klägerin stellt dadurch ihre rechtlichen Erwägungen lediglich an die Stelle derjenigen des Landesarbeitsgerichts, ohne sich mit diesen inhaltlich auseinanderzusetzen.

62

c) Schließlich wird die Begründung der Anschlussrevision auch nicht den Begründungserfordernissen des § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 554 Abs. 3 Satz 2, § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO gerecht, soweit sie sich auf den Antrag auf Feststellung einer Verpflichtung zum Schadensersatz bezieht. Das Landesarbeitsgericht hat den Feststellungsantrag zu 4. unter Hinweis auf das Fehlen des nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderlichen Feststellungsinteresses als unzulässig abgewiesen, da es an einer gewissen Wahrscheinlichkeit des künftigen Eintritts von Schäden mangele. In der Begründung der Anschlussrevision geht die Klägerin auf den Einwand der Unzulässigkeit des Feststellungsantrags nicht ein, sondern beschränkt sich auf Ausführungen zur Begründetheit des Antrags. Eine Auseinandersetzung mit dem Vorliegen des vom Landesarbeitsgericht in Abrede gestellten Feststellungsinteresses findet nicht statt.

63

D. Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte 52 % und die Klägerin 48 % zu tragen. Dies entspricht dem jeweiligen Obsiegen und Unterliegen der Parteien (§ 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

        

    Brühler    

        

    Suckow    

        

    Zimmermann    

        

        

        

    Heilmann    

        

    Vogg    

                 

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 15. April 2015 - 7 Sa 1242/14 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Berechtigung der Beklagten zur Rückforderung von Krankengeldzuschüssen und einer anteiligen Jahressonderzahlung.

2

Die Klägerin ist bei der beklagten Stadt seit dem 1. Juli 1993 als Angestellte beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach den Regelungen des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) vom 13. September 2005 im Bereich der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA). § 22 Abs. 1 Satz 1 TVöD-AT sieht vor, dass Beschäftigte, die schuldlos durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an der Arbeitsleistung verhindert werden, bis zur Dauer von sechs Wochen Entgeltfortzahlung nach der in § 21 TVöD-AT geregelten Bemessungsgrundlage erhalten. Gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 TVöD-AT erhalten die Beschäftigten nach Ablauf dieses Zeitraums für die Zeit, für die ihnen Krankengeld oder entsprechende gesetzliche Leistungen gezahlt werden, einen Krankengeldzuschuss in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen den tatsächlichen Barleistungen des Sozialleistungsträgers und dem Nettoentgelt. Der Krankengeldzuschuss wird nach § 22 Abs. 3 Satz 1 TVöD-AT bei einer Beschäftigungszeit von mehr als drei Jahren längstens bis zum Ende der 39. Woche seit dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit infolge derselben Krankheit gezahlt. § 22 Abs. 4 TVöD-AT regelt in der Fassung des Änderungstarifvertrags Nr. 2 vom 31. März 2008 den Anspruch auf Krankengeldzuschuss mit Wirkung ab dem 1. Juli 2008 weiterhin wie folgt:

        

„(4)   

1Entgelt im Krankheitsfall wird nicht über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus gezahlt; § 8 EFZG bleibt unberührt. 2Krankengeldzuschuss wird zudem nicht über den Zeitpunkt hinaus gezahlt, von dem an Beschäftigte eine Rente oder eine vergleichbare Leistung auf Grund eigener Versicherung aus der gesetzlichen Rentenversicherung, aus einer zusätzlichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung oder aus einer sonstigen Versorgungseinrichtung erhalten, die nicht allein aus Mitteln der Beschäftigten finanziert ist. … 4Überzahlter Krankengeldzuschuss und sonstige Überzahlungen gelten als Vorschuss auf die in demselben Zeitraum zustehenden Leistungen nach Satz 2; die Ansprüche der Beschäftigten gehen insoweit auf den Arbeitgeber über. 5Der Arbeitgeber kann von der Rückforderung des Teils des überzahlten Betrags, der nicht durch die für den Zeitraum der Überzahlung zustehenden Bezüge im Sinne des Satzes 2 ausgeglichen worden ist, absehen, es sei denn, die/der Beschäftigte hat dem Arbeitgeber die Zustellung des Rentenbescheids schuldhaft verspätet mitgeteilt.“

3

Die Klägerin ist schwerbehindert (GdB 60). Sie war seit dem 14. April 2010 wegen Krankheit arbeitsunfähig. Für die Zeit bis zum 22. Oktober 2010 erhielt sie Krankengeldzuschuss und eine anteilige Jahressonderzahlung iHv. insgesamt 2.882,51 Euro. Die Jahressonderzahlung ist in § 20 TVöD-AT geregelt. § 20 Abs. 4 TVöD-AT lautet in der Fassung des Änderungstarifvertrags Nr. 2 vom 31. März 2008 mit Wirkung ab dem 1. Januar 2008 auszugsweise wie folgt:

        

„(4)   

1Der Anspruch nach den Absätzen 1 bis 3 vermindert sich um ein Zwölftel für jeden Kalendermonat, in dem Beschäftigte keinen Anspruch auf Entgelt oder Fortzahlung des Entgelts nach § 21 haben. 2Die Verminderung unterbleibt für Kalendermonate,

                 

…       

        
                 

2.    

in denen Beschäftigten Krankengeldzuschuss gezahlt wurde oder nur wegen der Höhe des zustehenden Krankengelds ein Krankengeldzuschuss nicht gezahlt worden ist.“

4

Mit Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 20. Dezember 2010 wurde der Klägerin rückwirkend zum 1. Juli 2010 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bewilligt. Die Beklagte verlangte daraufhin auf der Grundlage des Forderungsübergangs nach § 22 Abs. 4 Satz 4 Halbs. 2 TVöD-AT von der Deutschen Rentenversicherung Bund die Erstattung der an die Klägerin als Krankengeldzuschuss und anteilige Jahressonderzahlung insgesamt geleisteten 2.882,51 Euro. Unter dem 1. März 2011 teilte die Rentenversicherung der Beklagten mit, dass für die Zeit vom 1. Juli 2010 bis zum 31. Dezember 2010 zwar eine Rentennachzahlung iHv. 2.981,34 Euro zu erfüllen sei. Wegen des vorrangigen Anspruchs der Krankenversicherung könnten jedoch nur 160,29 Euro erstattet werden. Die für die Zusatzversorgung zuständigen Rheinischen Versorgungskassen erklärten mit Schreiben vom 6. April 2011, es liege kein Erstattungsgrund vor.

5

Am 17. Mai 2011 informierte die Beklagte die Klägerin mit einer E-Mail darüber, dass ihr wegen der Rentenbewilligung der seit dem 1. Juli 2010 bezogene Krankengeldzuschuss sowie die anteilige Jahressonderzahlung nicht zugestanden hätten. Da die Überzahlung 2.882,51 Euro betrage und durch die Rentenversicherung nur 160,29 Euro erstattet worden seien, belaufe sich der Rückforderungsanspruch auf 2.722,22 Euro. Hierauf Bezug nehmend verlangte die Beklagte mit Schreiben vom 22. Juni 2011 nochmals erfolglos die Zahlung dieser Summe. Mit Schreiben vom 5. Juni 2012 erneuerte sie ihre Forderung und erklärte die Aufrechnung mit den Entgeltansprüchen der Klägerin. Durch Schreiben ihrer Gewerkschaft vom 14. Juni 2012 lehnte die Klägerin eine Zahlungsverpflichtung dem Grunde nach ab. Ab Juli 2012 behielt die Beklagte in Vollzug der erklärten Aufrechnung monatlich 100,00 Euro von dem Nettoentgelt der Klägerin ein.

6

Mit ihrer am 22. Mai 2014 eingegangenen Klage hat die Klägerin die Rückzahlung der bezogen auf die Zeit von Juli 2012 bis einschließlich April 2014 insgesamt einbehaltenen 2.200,00 Euro netto verlangt. Nach ihrer Ansicht steht der Beklagten kein Rückforderungsanspruch zu. Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung sei keine Rente iSd. § 22 Abs. 4 Satz 2 TVöD-AT. Dieser erfasse entsprechend dem üblichen Sprachgebrauch nur Altersrenten oder vergleichbare Versorgungen. Die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung werde dagegen bewilligt, weil aufgrund des Gesundheitszustandes nicht die volle Arbeitsleistung erbracht werden könne. Der teilweise Verlust der Erwerbsfähigkeit solle auf diese Weise ausgeglichen werden. Dies stehe nicht zur Disposition der Tarifvertragsparteien.

7

Anderenfalls verstoße § 22 Abs. 4 Satz 2 TVöD-AT gegen das Verbot der Diskriminierung behinderter Menschen. Wer die Voraussetzungen der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI erfülle, sei langzeitkrank und damit behindert iSd. § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX und der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (im Folgenden Richtlinie 2000/78/EG). § 22 Abs. 4 Satz 2 TVöD-AT würde, falls eine Rente wegen Erwerbsminderung von ihm erfasst würde, in unzulässiger Weise zwischen nicht behinderten arbeitsunfähigen Arbeitnehmern und behinderten arbeitsunfähigen Arbeitnehmern unterscheiden. Erkrankte Beschäftige, die nicht so erheblich erkrankt seien, dass eine Behinderung gegeben sei, würden in den Grenzen des § 22 Abs. 3 TVöD-AT einen Krankengeldzuschuss erhalten. Demgegenüber verliere ein arbeitsunfähiger Beschäftigter, der so erheblich erkrankt sei, dass er als Behinderter eine teilweise Erwerbsminderungsrente erhalte, allein aufgrund des Umstandes seiner Behinderung den weiteren Anspruch auf Krankengeldzuschuss. Für diese Differenzierung gebe es keinen Rechtfertigungsgrund. Die Leistungen dienten unterschiedlichen Zwecken. Der Anspruch auf die Rentenleistung dürfe den Krankengeldzuschuss nicht verringern. Dies werde durch folgende Kontrollüberlegung bestätigt: Nehme der Arbeitnehmer nach seiner Genesung seine Tätigkeit wieder auf, erhalte er weiterhin eine teilweise Erwerbsminderungsrente neben seinem Entgelt. Dabei handle es sich nicht um eine ungerechtfertigte Besserstellung, sondern um einen sozialen Ausgleich für die erlittenen Gesundheitsschäden und damit für die Behinderung.

8

Die Klägerin hat daher beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 2.200,00 Euro netto nebst Zinsen in im Einzelnen genannter, gestaffelter Höhe aus monatlich jeweils 100,00 Euro zu zahlen.

9

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag mit den Regelungen des § 22 Abs. 4 TVöD-AT begründet, welche die Rückforderung der genannten Beträge und damit auch die streitgegenständliche Aufrechnung zuließen. § 22 Abs. 4 Satz 2 TVöD-AT erfasse schon seinem Wortlaut nach eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Dies entspreche auch Sinn und Zweck der Tarifnorm, welche die Leistung des Krankengeldzuschusses nur so lange gewähren wolle, bis ein anderes soziales Sicherungssystem, ua. die gesetzliche Rentenversicherung, den Einkommensverlust ausgleiche. Dabei würden Behinderte nicht benachteiligt.

10

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter. Ergänzend führt sie an, die Ansprüche auf Zahlung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gingen ohnehin auf die gesetzliche Krankenversicherung über, so dass tatsächlich keine Auszahlungen erfolgten. Gleichzeitig seien Betroffene der Rückforderung des nunmehr als Vorschuss geltenden Krankengeldzuschusses ausgesetzt. Ein Arbeitnehmer, der im gleichen Zeitraum arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei und keine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung erhalten habe, behalte demgegenüber ungemindert den Krankengeldzuschuss und müsse Rückforderungen nicht fürchten.

Entscheidungsgründe

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Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zu Recht zurückgewiesen.

12

I. Die Klage ist unbegründet. Die streitgegenständlichen Lohnforderungen der Klägerin sind durch Aufrechnung gemäß § 389 BGB erloschen. Zum Zeitpunkt des jeweiligen monatlichen Einbehalts ab 1. Juli 2012 bestand eine Aufrechnungslage iSd. § 387 BGB. Den Lohnansprüchen der Klägerin standen die ihrem Gegenstand nach gleichartigen und höheren Ansprüche der Beklagten auf Rückzahlung des von Juli bis Oktober 2010 geleisteten Krankengeldzuschusses und der im November 2010 zur Auszahlung gekommenen anteiligen Jahressonderzahlung gegenüber. Dies folgt aus § 22 Abs. 4 Satz 4 Halbs. 1 iVm. Satz 2 TVöD-AT.

13

1. Wegen der zum 1. Juli 2010 rückwirkend bewilligten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung gilt der für die Monate Juli bis einschließlich Oktober 2010 gemäß § 22 Abs. 2 und Abs. 3 TVöD-AT gezahlte Krankengeldzuschuss nach § 22 Abs. 4 Satz 4 Halbs. 1 iVm. Satz 2 TVöD-AT als Vorschuss auf die Rentenzahlung für diesen Zeitraum. Folglich ist die Klägerin zur Rückzahlung des Krankengeldzuschusses gemäß § 22 Abs. 4 Satz 4 Halbs. 1 TVöD-AT verpflichtet, soweit die Beklagte keine Erstattung durch die Rentenversicherung erhielt.

14

a) § 22 Abs. 4 Satz 2 TVöD-AT erfasst auch eine Rente wegen Erwerbsminderung gemäß § 43 SGB VI(Clausen in Burger TVöD/TV-L 3. Aufl. § 22 Rn. 97; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Stand Juli 2009 § 22 Rn. 323; Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV Stand August 2015 E § 22 Rn. 109; Karb öAT 2015, 237; Fritz in Sponer/Steinherr TVöD Stand September 2013 § 22 Rn. 242).

15

aa) Dies ergibt sich aus seinem eindeutigen Wortlaut. Die Tarifregelung kennt keine Beschränkung auf bestimmte Arten gesetzlicher Renten. Dementsprechend ist auch die gesetzliche Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung erfasst (vgl. zu § 71 Abs. 2 Unterabs. 5 BAT BAG 7. Februar 2007 - 5 AZR 260/06 - Rn. 13; zustimmend Marschner EzTöD 100 § 22 Abs. 4 TVöD-AT Nr. 2).

16

bb) Dies entspricht dem Zweck des § 22 Abs. 4 Satz 2 TVöD-AT und seinem tariflichen Zusammenhang.

17

(1) Die Norm will einen Doppelbezug von Krankengeldzuschuss und Rentenleistung für denselben Zeitraum ausschließen (vgl. Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand Januar 2016 § 22 Rn. 181; BecKOK TVöD/Guth Stand 1. Oktober 2012 TVöD-AT § 22 Rn. 33). Sie ist in Zusammenhang mit § 22 Abs. 4 Satz 4 Halbs. 1 TVöD-AT zu sehen. Mit der dort angeordneten Vorschussfiktion berücksichtigen die Tarifvertragsparteien, dass der Rentenversicherungsträger oft zu einem viele Monate zurückliegenden Zeitpunkt den Eintritt einer Erwerbsminderung anerkennt und erst von diesem Zeitpunkt an rückwirkend die Rentenversicherungsleistung erbringt. In einem solchen Fall soll der Krankengeldzuschuss dem Arbeitnehmer nicht neben dem Rentenanspruch verbleiben (vgl. Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Stand Juli 2009 § 22 Rn. 327; vgl. zu § 37 Abs. 2 Unterabs. 5 BAT BAG 29. Juni 2000 - 6 AZR 50/99 - zu B II 1 b der Gründe; zu § 71 Abs. 2 Unterabs. 5 BAT: BAG 11. Oktober 2006 - 5 AZR 755/05 - Rn. 17; 30. September 1999 - 6 AZR 130/98 - zu 1 a der Gründe). Durch die Qualifizierung der überzahlten Krankengeldzuschüsse als Vorschüsse verlieren diese ihren ursprünglichen Entgeltcharakter (Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck aaO Rn. 182.18; zu § 37 Abs. 2 Unterabs. 5 BAT BAG 25. Februar 1993 - 6 AZR 334/91 - zu II 1 der Gründe, BAGE 72, 290). Die Leistung des Krankengeldzuschusses wird rückabgewickelt (Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV Stand August 2015 E § 22 Rn. 109). Dies ist nur wegen der rückwirkenden Rentenbewilligung erforderlich. Bei sofortiger Rentenbewilligung wäre keine Rückforderung veranlasst.

18

(2) Die Tarifvertragsparteien haben in den Sätzen 4 und 5 des § 22 Abs. 4 TVöD-AT die Rückforderung tariflich geregelt. Das gesetzliche Bereicherungsrecht (§§ 812 ff. BGB) kommt damit nicht zur Anwendung (vgl. Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand Januar 2016 § 22 Rn. 182). Die Neuregelung knüpft insoweit an ihre Vorgänger an (vgl. zu § 71 Abs. 2 Unterabs. 5 BAT BAG 7. Februar 2007 - 5 AZR 260/06 - Rn. 14; zu § 37 Abs. 2 Unterabs. 5 BAT vgl. BAG 25. Februar 1993 - 6 AZR 334/91 - zu II 1 der Gründe, BAGE 72, 290).

19

b) Mit § 22 Abs. 4 Satz 2 und Satz 4 Halbs. 1 TVöD-AT haben die Tarifvertragsparteien ihre Regelungskompetenz im Hinblick auf zwingende sozialrechtliche Vorgaben nicht überschritten. Das Bundessozialgericht hat zwar mit Urteil vom 29. Januar 2014 (- B 5 R 36/12 R - Rn. 23 f., BSGE 115, 110) entschieden, dass der in § 22 Abs. 4 Satz 4 Halbs. 2 TVöD-AT vorgesehene Forderungsübergang wegen eines Verstoßes gegen die zwingenden gesetzlichen Vorgaben für die Übertragbarkeit von Sozialleistungsansprüchen (§ 53 SGB I) unwirksam ist. Dies beschränkt sich jedoch auf den tariflich vorgesehenen Forderungsübergang und steht nicht im Zusammenhang mit den übrigen Regelungen des § 22 Abs. 4 TVöD-AT. Diese gestalten nur den Inhalt des Arbeitsverhältnisses, indem sie einen Anspruch auf Krankengeldzuschuss schaffen und begrenzen. Dies entspricht der Kompetenz der Tarifvertragsparteien (§ 1 Abs. 1 TVG).

20

c) Der Ausschluss der Doppelzahlung von Krankengeldzuschuss und Rente nach § 22 Abs. 4 Satz 2 TVöD-AT ist nicht wegen einer Diskriminierung behinderter Menschen nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam.

21

aa) Nach § 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG dürfen Beschäftigte ua. nicht wegen einer Behinderung benachteiligt werden. Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG verstoßen, sind nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam. Darunter fallen auch tarifliche Regelungen (BAG 18. Februar 2016 - 6 AZR 700/14 - Rn. 27). Dies entspricht den Vorgaben des Unionsrechts (vgl. BAG 14. Mai 2013 - 1 AZR 44/12 - Rn. 25, BAGE 145, 113). Nach Art. 16 Buchst. b der Richtlinie 2000/78/EG, deren Umsetzung die Regelungen des AGG dienen, finden die Diskriminierungsverbote der Richtlinie auch auf tarifvertragliche Bestimmungen Anwendung (vgl. BAG 25. März 2015 - 5 AZR 458/13 - Rn. 41).

22

bb) § 22 Abs. 4 Satz 2 TVöD-AT bewirkt keine unmittelbare Benachteiligung iSd. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG wegen einer Behinderung.

23

(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt demnach vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Von § 3 Abs. 1 AGG wird auch eine sog. verdeckte unmittelbare Ungleichbehandlung erfasst. Eine solche Ungleichbehandlung ist gegeben, wenn nach einem scheinbar objektiven, nicht diskriminierenden Kriterium unterschieden wird, das jedoch in untrennbarem Zusammenhang mit einem in § 1 AGG genannten Grund steht und damit kategorial ausschließlich Träger eines Diskriminierungsmerkmals trifft(vgl. EuGH 12. Oktober 2010 - C-499/08 - [Andersen] Rn. 23, Slg. 2010, I-9343; BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 190/12 - Rn. 46 mwN, BAGE 147, 60).

24

(2) § 22 Abs. 4 Satz 2 TVöD-AT knüpft nicht an das Merkmal der Behinderung an, sondern an den Erhalt ua. einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI. Es kann hier offenbleiben, ob die Erwerbsminderung in einem untrennbaren Zusammenhang mit einer Behinderung iSd. § 1 AGG steht(vgl. BAG 14. Januar 2015 - 7 AZR 880/13 - Rn. 42). Selbst wenn dies zu Gunsten der Klägerin unterstellt wird, führt § 22 Abs. 4 Satz 2 TVöD-AT zu keiner unmittelbaren Benachteiligung wegen einer Behinderung.

25

(a) Eine Behinderung iSd. § 1 AGG liegt unter Berücksichtigung des maßgeblichen supranationalen Rechts vor, wenn die körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit eines Menschen langfristig eingeschränkt ist und dadurch - in Wechselwirkung mit verschiedenen sozialen Kontextfaktoren (Barrieren) - seine Teilhabe an der Gesellschaft, wozu auch die Teilhabe am Berufsleben gehört, substantiell beeinträchtigt sein kann(BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 190/12 - Rn. 57 f., BAGE 147, 60). Auf einen bestimmten Grad der Behinderung kommt es nicht an. Voraussetzung ist nicht eine Schwerbehinderung iSv. § 2 Abs. 2 oder Abs. 3 SGB IX(BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 25). Dieses Verständnis der Behinderung steht im Einklang mit der Auslegung des Begriffs der „Behinderung“ iSd. Richtlinie 2000/78/EG durch den Gerichtshof der Europäischen Union (BAG 14. Januar 2015 - 7 AZR 880/13 - Rn. 42). Erfasst sind danach Einschränkungen, die insbesondere auf physische, geistige oder psychische Beeinträchtigungen von Dauer zurückzuführen sind, die in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren den Betreffenden an der vollen und wirksamen Teilhabe am Berufsleben, gleichberechtigt mit den anderen Arbeitnehmern, hindern können (EuGH 18. Dezember 2014 - C-354/13 - [FOA] Rn. 53). Das schließt einen Zustand ein, der durch eine ärztlich diagnostizierte heilbare oder unheilbare Krankheit verursacht wird, wenn diese Krankheit die vorgenannten Einschränkungen mit sich bringt. Anderenfalls fällt eine Krankheit nicht unter den Begriff der Behinderung iSd. Richtlinie 2000/78/EG. Behinderung und Krankheit sind nach wie vor nicht gleichzusetzen (EuGH 11. April 2013 - C-335/11 ua. - [Ring ua.] Rn. 41 f., 47, 75; BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 190/12 - Rn. 59, BAGE 147, 60).

26

(b) Rente wegen voller Erwerbsminderung erhalten Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Außerdem liegt volle Erwerbsminderung vor, wenn der Versicherte nach seinem Leistungsvermögen zwar noch zwischen drei und sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, aber dafür der Teilzeitarbeitsmarkt verschlossen ist (sog. Arbeitsmarktrente gemäß § 43 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB VI, vgl. BAG 17. März 2016 - 6 AZR 221/15 - Rn. 22; 13. Mai 2015 - 2 AZR 565/14 - Rn. 32). Danach ist ein Arbeitnehmer, der die Voraussetzungen einer Rente wegen voller Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI erfüllt, auch in der Teilhabe am Berufsleben längere Zeit eingeschränkt(BAG 14. Januar 2015 - 7 AZR 880/13 - Rn. 42). Dies spricht für einen untrennbaren Zusammenhang zwischen Erwerbsminderung und Behinderung, auch wenn § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI nur auf die Fähigkeiten am Arbeitsmarkt abstellt(vgl. hierzu BVerfG 25. März 2015 - 1 BvR 2803/11 - Rn. 9).

27

(c) Zu Gunsten der Klägerin kann auch unterstellt werden, dass bei Erfüllung der Voraussetzungen einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung von einer Behinderung auszugehen ist. Eine solche Rente erhalten Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein, die aber unter diesen Bedingungen noch mehr als drei Stunden täglich erwerbstätig sein können (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).

28

(d) Selbst bei Annahme eines untrennbaren Zusammenhangs zwischen Erwerbsminderung und Behinderung liegt aber keine unmittelbare Benachteiligung Behinderter vor, da erwerbsgeminderte Beschäftigte nicht gegenüber Personen in einer vergleichbaren Situation benachteiligt werden.

29

(aa) § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG verlangt eine vergleichbare Situation. Der deutsche Gesetzgeber hat insoweit die Bestimmung des Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/78/EG, die ebenfalls eine vergleichbare Situation voraussetzt, unverändert umgesetzt. Auch der Gerichtshof der Europäischen Union geht davon aus, dass eine unmittelbare Benachteiligung nur dann vorliegt, wenn sich die betroffenen Personen in einer vergleichbaren Lage befinden. Die Situationen müssen nicht identisch, sondern nur vergleichbar sein. Die Prüfung dieser Vergleichbarkeit darf nicht allgemein und abstrakt sein, sondern muss spezifisch und konkret für die betreffende Leistung erfolgen (EuGH 10. Mai 2011 - C-147/08 - [Römer] Rn. 41 f., Slg. 2011, I-3591). Der Vergleich der jeweiligen Situationen ist daher fallbezogen anhand des Zwecks und der Voraussetzungen für die Gewährung der fraglichen Leistungen festzustellen (BAG 17. November 2015 - 1 AZR 938/13 - Rn. 24 mwN).

30

(bb) Im Ausgangspunkt zutreffend geht die Klägerin davon aus, dass sich behinderte und nichtbehinderte Beschäftigte bei Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit anfangs in derselben Lage befinden. Sie erhalten zunächst nach § 22 Abs. 1 iVm. § 21 TVöD-AT Entgeltfortzahlung(vgl. hierzu BAG 20. Januar 2010 - 5 AZR 53/09 - Rn. 13 ff., BAGE 133, 101) und anschließend Krankengeld gemäß §§ 44 bis 51 SGB V. Hierzu leistet der Arbeitgeber gemäß § 22 Abs. 2 und Abs. 3 TVöD-AT einen Krankengeldzuschuss in der tariflich bestimmten Höhe. Sinn und Zweck des Krankengeldzuschusses liegen darin, die Lücke zwischen dem nach § 47 SGB V zu berechnenden Krankengeld und dem Nettoverdienst zu schließen(vgl. BAG 18. August 2004 - 5 AZR 518/03 - zu II 3 der Gründe). Der Krankengeldzuschuss ist fortgezahltes Arbeitsentgelt, das lediglich in seiner Höhe auf eine Differenzzahlung beschränkt ist (Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV Stand Januar 2015 E § 22 Rn. 88).

31

(cc) Die Gruppe der Beschäftigten, die Krankengeldzuschuss beziehen, kann sich aufteilen in diejenigen, welche (rückwirkend) eine Rente wegen Erwerbsminderung erhalten, und diejenigen, bei denen dies nicht der Fall ist. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die vormals homogene Gruppe der wegen Krankheit Arbeitsunfähigen sich damit nicht mehr in einer vergleichbaren Situation befindet, weil die Rentenbezieher nun eine eigenständige finanzielle Unterstützung erhalten. Zudem unterfällt nur das Arbeitsverhältnis eines Erwerbsgeminderten den Regelungen des § 33 Abs. 2 und Abs. 3 TVöD-AT. Dadurch kommt es zu verschiedenen Konstellationen im Hinblick auf die soziale Sicherung durch Krankengeld, Krankengeldzuschuss, Erwerbsminderungsrente und ggf. Entgelt bei einer Weiterbeschäftigung.

32

(aaa) Bei Arbeitsunfähigkeit ohne Rentenbezug bestehen Ansprüche auf Krankengeld und Krankengeldzuschuss, wobei § 22 Abs. 3 TVöD-AT für diesen eine zeitliche Begrenzung vorsieht. Nach dem Ende der Arbeitsunfähigkeit entfällt der Anspruch auf Krankengeld und damit auch auf Krankengeldzuschuss (§ 22 Abs. 2 Satz 1 TVöD-AT).

33

(bbb) Bezieht der Beschäftigte bei Arbeitsunfähigkeit eine Rente, bedarf es zu seiner finanziellen Absicherung insoweit weder des Krankengeldes noch des Krankengeldzuschusses. Der Anspruch auf Krankengeld endet folglich nach § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V von Beginn der Leistung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung an bzw. wird nach § 50 Abs. 2 Nr. 2 SGB V um den Zahlbetrag einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung gekürzt. § 50 SGB V soll den Doppelbezug von Leistungen verhindern, die wie das Krankengeld den Ersatz von Arbeitsentgelt bezwecken(Eichenhofer/Wenner/SGB V/Just § 50 Rn. 1; Joussen in Becker/Kingreen SGB V 4. Aufl. § 50 Rn. 1).

34

Hinsichtlich des Krankengeldzuschusses gilt § 22 Abs. 4 Satz 4 Halbs. 1 iVm. Satz 2 TVöD-AT. Der damit bewirkte Ausschluss des Doppelbezugs von Rente und Krankengeldzuschuss entspricht sowohl dem Charakter des Krankengeldzuschusses, der die Aufrechterhaltung, aber nicht die Steigerung des Lebensstandards ermöglichen soll, wie auch der Zielsetzung der Erwerbsminderungsrente. Diese soll ebenfalls nur einen Lohnausgleich darstellen (BAG 17. März 2016 - 6 AZR 221/15 - Rn. 30; 22. Januar 2013 - 6 AZR 392/11 - Rn. 30; Kamprad in Hauck/Noftz SGB VI Stand Mai 2008 K § 43 Rn. 1). Dies verkennt die Klägerin, wenn sie davon ausgeht, die Erwerbsminderungsrente wolle erlittene Gesundheitsschäden und die Belastung einer Behinderung ausgleichen.

35

(ccc) Soweit die Klägerin darauf hinweist, ein Beschäftigter könne nach Wiederaufnahme seiner Tätigkeit weiterhin eine teilweise Erwerbsminderungsrente beziehen, spricht dies nicht dafür, dass ein Anspruch auf diese Rentenleistung den Krankengeldzuschuss nicht verringern darf. Eine Weiterbeschäftigung trotz teilweiser Erwerbsminderung ist zwar gemäß § 33 Abs. 3 TVöD-AT möglich(zu dessen Verfassungskonformität unter Berücksichtigung der Rechte Behinderter vgl. BAG 17. März 2016 - 6 AZR 221/15 - Rn. 16 ff.). Die Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit wird jedoch nur geleistet, wenn die Hinzuverdienstgrenze nach § 96a SGB VI nicht überschritten wird(vgl. hierzu BAG 22. Januar 2013 - 6 AZR 392/11 - Rn. 28). Wird ein Beschäftigter im Rahmen der Weiterbeschäftigung wegen Krankheit arbeitsunfähig, hat er ggf. wiederum Anspruch auf Krankengeld und Krankengeldzuschuss (vgl. Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand Januar 2016 § 22 Rn. 185.3).

36

(ddd) Kommt keine Weiterbeschäftigung nach § 33 Abs. 3 TVöD-AT zustande, kann es gemäß § 33 Abs. 2 TVöD-AT zum Ruhen und bei voraussichtlich dauerhaftem Rentenbezug wegen Erwerbsminderung sogar zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses kommen(vgl. hierzu BAG 17. März 2016 - 6 AZR 221/15 - Rn. 41 ff.; 14. Januar 2015 - 7 AZR 880/13 - Rn. 30; 23. Juli 2014 - 7 AZR 771/12 - Rn. 51 f., BAGE 148, 357).

37

(dd) Da sich die eine Rente wegen Erwerbsminderung beziehenden Beschäftigten hinsichtlich ihrer sozialen Absicherung nicht in einer mit den anderen Beschäftigten vergleichbaren Situation befinden, durften die Tarifvertragsparteien auch nur den Rentenbeziehern die Rückzahlung des Krankengeldzuschusses nach § 22 Abs. 4 Satz 4 Halbs. 1 iVm. Satz 2 TVöD-AT auferlegen. Die daraus folgende Belastung ist nicht zu verkennen. § 22 Abs. 4 Satz 2 TVöD-AT setzt keine bestimmte Höhe der Rente voraus(Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV Stand August 2015 E § 22 Rn. 109), so dass die Rückforderung des Krankengeldzuschusses die Rentennachzahlung übersteigen kann. Die Tarifvertragsparteien haben für diesen Fall jedoch durch § 22 Abs. 4 Satz 5 TVöD-AT die Möglichkeit des Verzichts des Arbeitgebers auf den entsprechenden Betrag eröffnet. Zudem durften sie im Rahmen der ihnen zustehenden Einschätzungsprärogative bei typisierender Betrachtung davon ausgehen, dass die soziale Absicherung der Beschäftigten nach Ablauf der sechswöchigen Entgeltfortzahlung (§ 22 Abs. 1 Satz 1 TVöD-AT) primär und ausreichend durch sozialversicherungsrechtliche Leistungen erfolgt. Sie mussten nicht für alle Konstellationen das bisherige Nettoentgelt durch eine tarifliche Leistung wie den Krankengeldzuschuss sichern. Es ist daher ohne Belang, dass ein Beschäftigter trotz der ihm grundsätzlich zustehenden sozialrechtlichen Dispositionsbefugnis (vgl. hierzu BAG 17. März 2016 - 6 AZR 221/15 - Rn. 23; 14. Januar 2015 - 7 AZR 880/13 - Rn. 34) von der Krankenkasse gemäß § 51 SGB V iVm. § 116 Abs. 2 SGB VI letztlich zur Beantragung der Rente angehalten werden kann(zur Einschränkung der Dispositionsbefugnis vgl.: BSG 26. Juni 2008 - B 13 R 37/07 R - Rn. 23, BSGE 101, 86; 26. Juni 2008 - B 13 R 141/07 R - Rn. 23 f.; BeckOK SozR/Kreikebohm/Kuszynski Stand 1. Dezember 2015 SGB VI § 116 Rn. 5a; KassKomm/Brandts Stand August 2012 § 51 SGB V Rn. 19).

38

(ee) Die von der Revision angeführte Unterlassung der Rentenauszahlung an den Beschäftigten wegen vorrangiger Ansprüche der Krankenkasse weist keinen Bezug zum diskriminierungsrechtlichen Benachteiligungsverbot auf. Die Krankenkasse kann bei nachträglicher Rentenbewilligung zwar gemäß § 103 Abs. 1 SGB X eine Erstattung des Krankengeldes von der Rentenversicherung verlangen(KassKomm/Kater Stand April 2015 § 103 SGB X Rn. 62 f. mwN). In dieser Höhe erfolgt keine Rentenauszahlung an den betroffenen Beschäftigten, denn dessen Rentenanspruch gilt insoweit als erfüllt (§ 107 Abs. 1 SGB X). Er hat die entsprechende Summe aber bereits erhalten, wenn auch als Krankengeld. Bei einer Rente wegen voller Erwerbsminderung darf den Rentenbetrag übersteigendes Krankengeld gemäß § 50 Abs. 1 Satz 2 SGB V nicht zurückgefordert werden.

39

cc) Es liegt auch keine unzulässige mittelbare Diskriminierung iSd. § 3 Abs. 2 AGG vor. Das Verbot mittelbarer Diskriminierung ist eine besondere Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes, so dass eine mittelbare Diskriminierung nur vorliegen kann, wenn die benachteiligten und die begünstigten Personen vergleichbar sind (BAG 6. Oktober 2011 - 6 AZN 815/11 - Rn. 10, BAGE 139, 226; 27. Januar 2011 - 6 AZR 526/09 - Rn. 33, BAGE 137, 80; ErfK/Schlachter 16. Aufl. § 3 AGG Rn. 9; AR/Kappenhagen 7. Aufl. § 3 AGG Rn. 5 f.; HWK/Rupp 7. Aufl. § 3 AGG Rn. 6 f.). Dies ist hier aus den genannten Gründen nicht der Fall.

40

d) Mangels nachteiliger Ungleichbehandlung behinderter Menschen verstößt § 22 Abs. 4 Satz 2 TVöD-AT auch nicht gegen Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG(vgl. BVerfG 25. März 2015 - 1 BvR 2803/11 - Rn. 5; 19. Januar 1999 - 1 BvR 2161/94 - zu C III 3 der Gründe, BVerfGE 99, 341).

41

e) Demnach ist die Klägerin gemäß § 22 Abs. 4 Satz 4 Halbs. 1 iVm. Satz 2 TVöD-AT zur Rückzahlung des in den Monaten Juli bis einschließlich Oktober 2010 erhaltenen Krankengeldzuschusses verpflichtet. Sie erhielt ab dem 1. Juli 2010 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, auch wenn diese wegen vorrangiger Erstattungsansprüche der Krankenkasse tatsächlich nicht zur Auszahlung kam. Maßgeblich ist der Tag, der im Bescheid des Rentenversicherungsträgers als der des Rentenbeginns bezeichnet ist. Unbedeutend ist dabei, welches Datum der Rentenbescheid trägt, wann er dem Beschäftigten zugegangen ist und ob ihm die Rente tatsächlich ausgezahlt worden ist (vgl. BSG 29. Januar 2014 B 5 R 36/12 R - Rn. 22, BSGE 115, 110; Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand Januar 2016 § 22 Rn. 182.5; BecKOK TVöD/Guth Stand 1. Oktober 2012 TVöD-AT § 22 Rn. 33; zu § 71 Abs. 2 Unterabs. 5 BAT BAG 11. Oktober 2006 - 5 AZR 755/05 - Rn. 17).

42

2. Die Klägerin ist gemäß § 22 Abs. 4 Satz 4 Halbs. 1 TVöD-AT auch zur Rückzahlung der anteiligen Jahressonderzahlung verpflichtet.

43

a) Die in dieser Tarifnorm enthaltene Vorschussregelung bezieht sich nicht nur auf überzahlten Krankengeldzuschuss, sondern auch auf „sonstige Überzahlungen“. Damit sind tarifliche Nebenleistungen wie die Jahressonderzahlung gemeint, soweit die Überzahlung auf das Zusammentreffen mit den angeführten Versorgungsleistungen zurückzuführen ist (vgl. Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Stand Juli 2009 § 22 Rn. 328 und Stand März 2011 § 20 Rn. 162; zu § 37 Abs. 2 Unterabs. 5 BAT BAG 29. Juni 2000 - 6 AZR 50/99 - zu B II 1 g der Gründe; zu § 71 Abs. 2 Unterabs. 5 BAT BAG 11. Oktober 2006 - 5 AZR 755/05 - Rn. 19). Dies kann bezüglich der Jahressonderzahlung wegen der gemäß § 20 Abs. 4 Satz 1 iVm. Satz 2 Nr. 2 TVöD-AT bestehenden Verknüpfung mit dem Krankengeldzuschuss der Fall sein.

44

b) Die Klägerin hatte zunächst für die Monate von Juli bis einschließlich Oktober 2010 gemäß § 22 Abs. 2 TVöD-AT einen Anspruch auf Krankengeldzuschuss, welcher auch erfüllt wurde. Dementsprechend unterblieb eine Verminderung der Jahressonderzahlung nach § 20 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 TVöD-AT. Wegen der rückwirkenden Rentenbewilligung gilt die Zahlung dieser anteiligen Jahressonderzahlung nach § 22 Abs. 4 Satz 4 Halbs. 1 TVöD-AT nunmehr als Vorschuss, da die Jahressonderzahlung sich nach Wegfall der Anwendbarkeit des § 20 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 TVöD-AT gemäß § 20 Abs. 4 Satz 1 TVöD-AT vermindert.

45

3. Der Rückforderungsbetrag von insgesamt 2.882,51 Euro steht zwischen den Parteien nicht in Streit. Von dieser Summe hat die Beklagte die ebenfalls unstreitige Erstattung durch die Rentenversicherung von 160,29 Euro zum Abzug gebracht. Es verbleibt eine Forderung von 2.722,22 Euro. Mit dieser hat die Beklagte gegen die Entgeltansprüche der Klägerin von insgesamt 2.200,00 Euro netto im streitgegenständlichen Zeitraum zu Recht aufgerechnet. Ein Aufrechnungsverbot wird von der Klägerin auch nicht behauptet.

46

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel     

        

        

        

    M. Jostes    

        

    Sieberts    

                 

Tenor

1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 28. April 2011 - 16 Sa 854/10 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 25.270,92 Euro festgesetzt.

Gründe

1

A. Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung einer Überbrückungsbeihilfe nach dem Tarifvertrag zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vom 31. August 1971 (TV SozSich). Die Beklagte stellte die Zahlung dieser tariflichen Leistung seit dem 1. Juni 2009 ein, weil der 1949 geborene, schwerbehinderte Kläger seit diesem Zeitpunkt Anspruch auf gesetzliche Altersrente hatte. Gemäß § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich wird die Überbrückungsbeihilfe nicht gezahlt für Zeiten nach Ablauf des Monats, in dem der Arbeitnehmer die Voraussetzungen zum Bezug eines vorgezogenen Altersruhegeldes aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllt. Der Kläger hat geltend gemacht, diese Regelung verletze das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1, § 3 Abs. 2 AGG. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat gegen sein Urteil die Revision nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner auf grundsätzliche Bedeutung gestützten Nichtzulassungsbeschwerde.

2

B. Die Beschwerde ist unbegründet.

3

I. Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung einer Rechtsfrage nur zuzulassen, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von einer klärungsfähigen, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage abhängt (§ 72 Abs. 2 Nr. 1, § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ArbGG). Das ist der Fall, wenn die Klärung der aufgeworfenen Rechtsfrage entweder von allgemeiner Bedeutung für die Rechtsordnung ist oder wegen ihrer tatsächlichen Auswirkungen die Interessen zumindest eines größeren Teils der Allgemeinheit berührt. Die aufgeworfene Rechtsfrage muss sich in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellen können und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berühren (BAG 5. Oktober 2010 - 5 AZN 666/10 - AP ArbGG 1979 § 72a Nr. 74 = EzA ArbGG 1979 § 72 Nr. 43).

4

II. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

5

1. Die Beschwerdebegründung geht zu Unrecht noch von den Zulassungsvoraussetzungen des § 72a Abs. 1 Nr. 2 ArbGG in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung aus. Sie führt zu den Zulassungsvoraussetzungen lediglich aus, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung und die Parteien stritten über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen hinaus erstrecke. Aus der Beschwerdebegründung ergibt sich jedoch eindeutig, dass der Kläger die Rechtsfrage geklärt wissen will, ob die Einstellung der Zahlung der Überbrückungsbeihilfe bei Bestehen eines Anspruchs auf die gesetzliche Altersrente gemäß § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich zu einer unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung wegen des Alters oder einer Behinderung führt und diese Tarifvorschrift deshalb gegebenenfalls nicht angewendet werden darf. Damit hat er auch hinreichend die Entscheidungserheblichkeit der Frage dargetan. Aus den weiteren Ausführungen der Beschwerdebegründung ergibt sich die Darlegung, dass der aufgeworfenen Frage eine allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt und die Frage im Hinblick auf die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 12. Oktober 2010 (- C-499/08 - [Andersen] EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 17) klärungsbedürftig erscheint.

6

2. Entgegen der Ansicht des Klägers ist die angesprochene Frage nicht klärungsbedürftig, weil der Senat bereits entschieden hat, dass der Anspruch auf die Überbrückungsbeihilfe aufgrund der Regelung in § 2 Ziff. 2 Buchst. d TV SozSich auch bei Anspruch auf eine Altersrente wegen Schwerbehinderung nicht entsteht und dies nicht zu einer mittelbaren Diskriminierung wegen der Behinderung führt. Für das Erlöschen des Anspruchs auf die Überbrückungsbeihilfe gemäß § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich gilt nichts anderes. Der Senat hat ferner entschieden, dass die Überbrückungsbeihilfe bereits dann nicht mehr zu zahlen ist, wenn lediglich die Möglichkeit des Bezugs der vorzeitigen Altersrente besteht, ohne dass es darauf ankommt, ob der Arbeitnehmer die Rente tatsächlich erhält oder beantragt hat (18. Mai 2006 - 6 AZR 631/05 - BAGE 118, 196; 30. März 2000 - 6 AZR 645/98 - AP TVG § 4 Rationalisierungsschutz Nr. 33 = EzA TVG § 4 Stationierungsstreitkräfte Nr. 7).

7

3. Die von der Beschwerde angeführte Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 12. Oktober 2010 (- C-499/08 - [Andersen] EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 17) führt ebenso wenig zu einem Klärungsbedarf wie die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 15. Februar 2011 (- 9 AZR 584/09 - und - 9 AZR 750/09 - NZA 2011, 740). § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich diskriminiert die davon betroffenen Arbeitnehmer weder unmittelbar noch mittelbar wegen ihres Alters oder einer Behinderung.

8

a) Die Regelung in § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich knüpft nicht unmittelbar an die Behinderteneigenschaft oder an das Alter, sondern an die Voraussetzungen für den Bezug einer vorgezogenen Altersrente und damit auch für die vorzeitige Inanspruchnahme der gesetzlichen Rente wegen Schwerbehinderung an. Anspruch auf vorzeitige Inanspruchnahme von Altersrente haben nicht nur Schwerbehinderte (§ 37 bzw. § 236a SGB VI). Altersrente können vielmehr auch langjährig Versicherte vorzeitig in Anspruch nehmen (§ 36 bzw. § 236 SGB VI), ebenso arbeitslose Arbeitnehmer und solche in Altersteilzeit unter den Voraussetzungen des § 237 SGB VI, Frauen unter den Voraussetzungen des § 237a SGB VI, ferner langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute(§ 40 bzw. § 238 SGB VI). § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich knüpft also nicht ausdrücklich an das Alter und/oder die Behinderung des Arbeitnehmers an. Ebenso wenig betrifft diese Regelung ausschließlich Träger von Diskriminierungsmerkmalen oder steht in untrennbarem Zusammenhang mit einem der Diskriminierungsmerkmale des § 1 AGG(vgl. EuGH 12. Oktober 2010 - C-499/08 - [Andersen] Rn. 23, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 17; MüArbR/Oetker 3. Aufl. Bd. 1 § 14 Rn. 55; Rupp RdA 2009, 307, 308 f.). Eine unmittelbare Diskriminierung scheidet damit aus (vgl. bereits BAG 30. März 2000 - 6 AZR 645/98 - zu II 3 c cc der Gründe, AP TVG § 4 Rationalisierungsschutz Nr. 33 = EzA TVG § 4 Stationierungsstreitkräfte Nr. 7; Wißmann RdA 2011, 181, 187).

9

b) § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich führt auch nicht zu einer mittelbaren Diskriminierung wegen der Merkmale Alter oder Behinderung.

10

aa) Es fehlt bereits an einer tatbestandlichen Benachteiligung vergleichbarer Personen (ebenso Wißmann RdA 2011, 181, 187). Das Verbot mittelbarer Diskriminierung ist eine besondere Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes, so dass eine mittelbare Diskriminierung nur vorliegen kann, wenn die benachteiligten und die begünstigten Personen vergleichbar sind (BAG 27. Januar 2011 - 6 AZR 526/09 - Rn. 33, ZTR 2011, 357).

11

Die finanzielle Lage Behinderter und Nichtbehinderter ist nur bis zu dem Zeitpunkt vergleichbar, in dem für den Behinderten erstmals eine Rentenberechtigung besteht. Danach ändert sich die objektive Ausgangslage. Der Behinderte hat anders als der Nichtbehinderte Anspruch auf eine gesetzliche Rente. Dies führt bei Leistungen wie der Überbrückungsbeihilfe nach dem TV SozSich, die im hier interessierenden Zusammenhang dazu dienen, den Lebensstandard bis zum Beginn des Anspruchs auf eine gesetzliche Rente zu sichern, notwendigerweise zu einer unterschiedlichen Behandlung von Arbeitnehmern, die Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung haben, und von Arbeitnehmern, die weiterhin auf die vom ehemaligen Arbeitgeber finanzierte Überbrückungsbeihilfe angewiesen sind. Arbeitnehmer mit einer Rentenberechtigung und solche ohne eine derartige Berechtigung befinden sich hinsichtlich des Überbrückungsbedarfs nicht mehr in einer vergleichbaren Lage. Mit der Übernahme der sozialversicherungsrechtlichen Altersgrenze enthält § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich somit ein neutrales Kriterium, so dass eine Diskriminierung ausscheidet (vgl. EuGH 9. Dezember 2004 - C-19/02 - [Hlozek] Rn. 49, Slg. 2004, I-11491; 9. November 1993 - C-132/92 - [Birds Eye Walls Ltd.] Rn. 18, 20, 23, Slg. 1993, I-5579).

12

bb) Darüber hinaus wäre die vom Kläger angenommene besondere Benachteiligung rentenberechtigter Behinderter ebenso wie die darin nach seiner Auffassung liegende mittelbare Altersdifferenzierung durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels wären erforderlich und angemessen (§ 3 Abs. 2 AGG).

13

(1) Die Überbrückungsbeihilfe ist eine Sonderleistung, durch die ein während eines Arbeitsverhältnisses oder der Arbeitslosigkeit auftretender wirtschaftlicher Bedarf älterer Arbeitnehmer oder Arbeitsloser überbrückt werden soll. Diesen Arbeitnehmern soll längstens bis zu ihrem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben ein angemessener Lebensunterhalt gesichert werden. Dafür werden für einen Übergangszeitraum die Gesamteinkünfte nach einer Bemessungsgrundlage gewährleistet, die auf die tarifliche Grundvergütung Bezug nimmt (BAG 18. Mai 2006 - 6 AZR 631/05 - Rn. 12, BAGE 118, 196; 30. März 2000 - 6 AZR 645/98 - zu II 3 c bb der Gründe, AP TVG § 4 Rationalisierungsschutz Nr. 33 = EzA TVG § 4 Stationierungsstreitkräfte Nr. 7). Die Überbrückungsbeihilfe verfolgt also im hier interessierenden Zusammenhang das Ziel, den Lebensunterhalt von Arbeitnehmern, die ihren Arbeitsplatz unter den Voraussetzungen des § 2 TV SozSich verloren haben, bis zum Erwerb einer wirtschaftlichen Absicherung durch den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu gewährleisten. Ein solches Ziel des Schutzes langjährig beschäftigter Arbeitnehmer ist rechtmäßig (EuGH 12. Oktober 2010 - C-499/08 - [Andersen] Rn. 29, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 17).

14

(2) Das zur Erreichung dieses Ziels eingesetzte Mittel, nämlich die Beschränkung der Zahlung der Überbrückungsbeihilfe auf die Zeit bis zum Bestehen des Anspruchs auf gesetzliche Altersrente, ist auch angemessen und erforderlich.

15

(a) Ausgehend vom Zweck der Überbrückungsbeihilfe, die nur solange gewährt werden soll, wie der Lebensunterhalt nicht durch den Anspruch auf eine gesetzliche Altersrente gesichert ist, ist es erforderlich, diese Zahlung auch dann nicht mehr zu gewähren, wenn der Rentenberechtigte die gesetzliche Altersrente nicht beantragt.

16

(b) Die Regelung in § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich geht auch nicht über das hinaus, was zur Erreichung der von den Tarifvertragsparteien verfolgten Ziele erforderlich ist, und ist damit angemessen. Die Tarifvertragsparteien wollten einen zeitlich begrenzten Überbrückungsbedarf befriedigen. Sie haben dabei in typisierender Weise auf den Personenkreis abgestellt, der besonders von Arbeitslosigkeit bedroht ist und deshalb wirtschaftlicher Absicherung bedarf. Sie durften im Hinblick auf die Tarifautonomie, die auch im Unionsrecht Anerkennung gefunden hat und bei dessen Anwendung zu berücksichtigen ist (vgl. EuGH 8. September 2011 - C-297/10 - [Hennigs] Rn. 65, 92; ausführlich BAG 19. Januar 2011 - 3 AZR 29/09 - Rn. 47 ff.), dabei an die bloße Berechtigung zum Bezug einer vorgezogenen Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung anknüpfen, ohne im Einzelfall darauf abstellen zu müssen, ob die zu erwartende Rente tatsächlich die Aufrechterhaltung des Lebensstandards gewährleistet (BAG 30. März 2000 - 6 AZR 645/98 - zu II 3 c dd der Gründe, AP TVG § 4 Rationalisierungsschutz Nr. 33 = EzA TVG § 4 Stationierungsstreitkräfte Nr. 7).

17

Die Tarifvertragsparteien mussten sich auch nicht darauf beschränken, die Überbrückungsbeihilfe lediglich um den hypothetischen Rentenbetrag zu kürzen, der bei einem frühestmöglichen Rentenantrag gezahlt würde. Ebenso wenig mussten sie sich auf die Anrechnung tatsächlich bezogener Renten beschränken oder den durch den vorzeitigen Rentenbezug entstehenden Nachteil ausgleichen (so aber wohl von Roetteken Anm. 1 jurisPR-ArbR 3/2007 unter C). Eine solche Kürzungs- oder Anrechnungsregelung würde dem Zweck der Überbrückungsbeihilfe nicht gerecht und wäre deshalb kein ebenso geeignetes, milderes Mittel. Die Überbrückungsbeihilfe soll nicht eine nach Beendigung des Arbeitslebens zustehende, als unzureichend empfundene Altersrente ergänzen. Soweit eine ausreichende Versorgung durch die gesetzliche Rente aufgrund etwaiger Rentenminderungen nicht besteht, ist die daraus entstehende Unterversorgung mit anderen Mitteln als der vom Arbeitgeber zu zahlenden Überbrückungsbeihilfe auszugleichen (BAG 18. Mai 2006 - 6 AZR 631/05 - Rn. 12, BAGE 118, 196).

18

(c) Schließlich wird § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich den mit dieser Regelung verfolgten Zielen auch in kohärenter und systematischer Weise gerecht.

19

(aa) Eine Regelung ist nur dann geeignet, die Verwirklichung des geltend gemachten Ziels zu gewährleisten, wenn sie tatsächlich dem Anliegen gerecht wird, das verfolgte Ziel in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen (EuGH 10. März 2009 - C-169/07 - [Hartlauer] Rn. 55, Slg. 2009, I-1721). Ausnahmen von den Bestimmungen einer Norm können in bestimmten Fällen deren Kohärenz beeinträchtigen, insbesondere wenn sie wegen ihres Umfangs zu einem Ergebnis führen, das dem mit dem Gesetz verfolgten Ziel widerspricht (EuGH 21. Juli 2011 - C-159/10 - [Fuchs] Rn. 86). In seiner jüngeren Rechtsprechung zur Altersdiskriminierung hat der Gerichtshof der Europäischen Union dieses Erfordernis eines inneren Zusammenhangs von Inhalt und Ziel einer benachteiligenden Regelung in den Vordergrund seiner Rechtmäßigkeitsprüfung gestellt (21. Juli 2011 - C-159/10 - [Fuchs] Rn. 85 ff.; 18. November 2010 - C-250/09 und C-268/09 - [Georgiev] Rn. 55, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 18; 12. Januar 2010 - C-341/08 - [Petersen] Rn. 53, AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 15; ausführlich Wißmann RdA 2011, 181, 182 ff. mwN).

20

(bb) Diesem Erfordernis genügt § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich im Unterschied zu der Regelung in § 2a Abs. 3 Funktionærlov, die der Gerichtshof der Europäischen Union als nicht vereinbar mit Art. 2 und Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (RL 2000/78/EG) angesehen hat.

21

(aaa) Anders als die Beschwerde ohne Weiteres unterstellt, hat der Gerichtshof der Europäischen Union die seiner Entscheidung vom 12. Oktober 2010 (- C-499/08 - [Andersen] EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 17) zugrunde liegende Regelung in § 2a Abs. 3 Funktionærlov nicht allein deswegen als altersdiskriminierend angesehen, weil sie den Anspruch auf eine Leistung des Arbeitsgebers an den(möglichen) Bezug einer Altersrente knüpft. Diese Bestimmung führt vielmehr ausschließlich wegen des Widerspruchs zwischen dem Zweck der Leistung und dem Inhalt der Ausschlussregelung zu einer Diskriminierung (vgl. Wißmann RdA 2011, 181, 184).

22

Die Entlassungsabfindung nach dem Funktionærlov hat das Ziel, den Übergang älterer, langjährig beschäftigter Arbeitnehmer in eine neue Beschäftigung zu erleichtern. Die Regelung in § 2a Abs. 3 Funktionærlov, wonach der Anspruch entfällt, wenn der Angestellte bei seinem Ausscheiden eine Vollrente erhält, soll vermeiden, dass die Abfindung Personen zugute kommt, die keine neue Stelle suchen, sondern aus dem Erwerbsleben ausscheiden und eine Altersrente beziehenwollen (EuGH 12. Oktober 2010 - C-499/08 - [Andersen] Rn. 27, 44, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 17). Für diesen Personenkreis besteht kein Bedürfnis zur Zahlung einer Entlassungsabfindung, die den Übergang älterer Arbeitnehmer in eine neue Beschäftigung erleichtern soll. Ob ein solcher Wille vorliegt, wird nach dem dänischen Recht allerdings nicht am tatsächlichen Bezug der Altersrente festgemacht. Die Regelung beruht vielmehr auf dem Gedanken, dass Arbeitnehmer im Allgemeinen aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden, wenn sie Rente beziehen können. Sie knüpft also allein an den unterstellten Willen der rentenberechtigten Arbeitnehmer an, auch tatsächlich aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden zu wollen. Mit diesem auf den mutmaßlichen Willen des Arbeitnehmers abstellenden Regelungszweck ist es nicht in Einklang zu bringen, die Abfindung gerade den Arbeitnehmern vorzuenthalten, die sich nicht mit der Rente begnügen, sondern tatsächlich weiter arbeiten wollen und deshalb des Schutzes durch die Entlassungsabfindung besonders bedürfen (EuGH 12. Oktober 2010 - C-499/08 - [Andersen] Rn. 44, aaO). Der Inhalt und der dem Gerichtshof der Europäischen Union mitgeteilte Zweck der Abfindungsregelung in § 2a Abs. 3 Funktionærlov in ihrer Auslegung durch die nationalen Gerichte stehen also nicht nur nicht im Einklang, sondern widersprechen sich. Dem Arbeitnehmer, der seinen Willen dokumentiert, weiter arbeiten zu wollen, indem er keinen Rentenantrag stellt, darf deshalb die Abfindung nach dem Regelungszweck der dänischen Regelung nicht vorenthalten werden (vgl. auch Wißmann RdA 2011, 181, 184, 186).

23

(bbb) Demgegenüber ist Zweck des § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich, wie ausgeführt, die wirtschaftliche Absicherung der begünstigten Arbeitnehmer längstens bis zum frühestmöglichen Anspruch auf gesetzliche Rente. Die tarifliche Regelung stellt also nicht auf den Willen des Arbeitnehmers ab, jedenfalls potentiell dem Arbeitsmarkt weiter zur Verfügung zu stehen und deshalb keinen Rentenantrag zu stellen, sondern auf den nach Einschätzung der Tarifvertragsparteien mit Beginn des Rentenanspruchs nicht mehr gegebenen Sicherungsbedarf. Die Wertungen des Gerichtshofs der Europäischen Union in seiner Entscheidung vom 12. Oktober 2010 (- C-499/08 - [Andersen] EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 17) lassen sich damit auf tarifliche Regelungen wie die vorliegende nicht übertragen (ebenso Wißmann RdA 2011, 181, 186 mwN in Fn. 58 für den Sozialplan). Im Gegenteil wäre es gerade inkohärent und stünde im Widerspruch zum tariflichen Regelungszweck, wenn die Überbrückungsbeihilfe - ungekürzt oder um die fiktive gesetzliche Rente gekürzt - auch nach Eintritt der Rentenberechtigung weitergezahlt würde. Eine Kompensation von Rentennachteilen, die im Einzelfall aufgrund der Erwerbsbiographie eines Arbeitnehmers eintreten oder die, anders als im Fall des Klägers, der noch von der Vertrauensschutzregelung in § 236a Abs. 4 SGB VI profitiert, auf Rentenabschlägen beruhen, liegt außerhalb des Regelungsplans der Tarifvertragsparteien. Bereits die Überbrückungsbeihilfe stellt eine soziale Sonderleistung dar, die weit über die im Arbeitsleben üblichen Leistungen des Arbeitgebers hinausgeht. Mit ihr erhalten ältere, langjährig beschäftigte Arbeitnehmer, die betriebsbedingt und damit wirksam entlassen worden sind, noch über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus Unterstützungsleistungen durch ihren früheren Arbeitgeber. Bereits mit der Möglichkeit des Bezugs einer vorgezogenen staatlichen Altersrente entfällt das Bedürfnis für eine derartige Unterstützung (vgl. BAG 18. Mai 2006 - 6 AZR 631/05 - Rn. 21, BAGE 118, 196). Darin liegt der Unterschied zu betrieblichen oder tariflichen Leistungen, die dazu dienen, Versorgungslücken zu überbrücken, die durch die Beendigung der Erwerbstätigkeit eintreten. Die Versorgungslücken der Arbeitnehmer, die vorzeitig Altersrente beanspruchen können, sind nicht geringer als die Lücken der Arbeitnehmer, die lediglich die Regelaltersrente beanspruchen können. Bei derartigen Leistungen ist es darum nach der Rechtsprechung des Neunten Senats des Bundesarbeitsgerichts (vgl. 15. Februar 20119 AZR 584/09 - Rn. 46 ff. und - 9 AZR 750/09 - Rn. 32 ff., NZA 2011, 740, für eine Benachteiligung von Frauen) mit dem Regelungszweck nicht zu vereinbaren, die Zahlungen ab dem Alter, von dem an Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung gewährt werden können, einzustellen. Angesichts der unterschiedlichen Regelungsziele der tariflichen Überbrückungsbeihilfe nach dem TV SozSich und der Leistungen, die den Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 15. Februar 2011 zugrunde lagen, besteht auch insoweit kein Klärungsbedarf (vgl. BAG 15. Februar 2011 9 AZR 584/09 - Rn. 49 und - 9 AZR 750/09 - Rn. 36, aaO). Die Tarifvertragsparteien durften deshalb diese soziale Leistung, die aus Mitteln des ehemaligen Arbeitgebers finanziert wird, auf die Zeit bis zum frühestmöglichen Bezug einer gesetzlichen, solidarisch finanzierten Altersrente beschränken.

24

C. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 72a Abs. 5 Satz 5 ArbGG abgesehen.

25

D. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Wertfestsetzung beruht auf § 63 GKG und wurde in Höhe des 36-fachen des zuletzt gezahlten Übergangsgeldes von 701,97 Euro festgesetzt.

        

    Fischermeier    

        

    Brühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    Klapproth    

        

    Lorenz    

                 

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor.

(2) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

(3) Eine Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(4) Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(5) Die Anweisung zur Benachteiligung einer Person aus einem in § 1 genannten Grund gilt als Benachteiligung. Eine solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Verhalten bestimmt, das einen Beschäftigten oder eine Beschäftigte wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt oder benachteiligen kann.

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Mannheim - vom 17. Juni 2009 - 12 Sa 8/09 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Hemmung der Stufenlaufzeit im TVöD während der Inanspruchnahme von Elternzeit.

2

Die Klägerin war vom 8. September 2003 bis zum 31. Dezember 2009 bei der Beklagten beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand kraft einzelvertraglicher Vereinbarung zunächst der Bundesmanteltarifvertrag für die Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G II) Anwendung, seit dem 1. Oktober 2005 der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst vom 13. September 2005 (TVöD). Die Klägerin war in der Kostümabteilung des von der beklagten Stadt unterhaltenen Theaters tätig. Dort verrichtete sie zusammen mit etwa sieben weiteren Beschäftigten Schneiderarbeiten und Änderungsarbeiten. Bei Bedarf bügelte, wusch und reparierte sie auch Kostüme.

3

Nach der Geburt ihres zweiten Kindes und Ablauf der Mutterschutzfrist nahm die Klägerin Elternzeit vom 28. April 2005 bis zum 29. Februar 2008. Bei der Überleitung in den TVöD gruppierte die Beklagte die Klägerin tarifgerecht in die Entgeltgruppe 5 ein. Nach Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit am 1. März 2008 ordnete die Beklagte die Klägerin der Entgeltstufe 2 dieser Entgeltgruppe zu.

4

Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-VKA richtet sich der weitere Stufenaufstieg der Arbeiter nach ihrer ersten Zuordnung in das Entgeltsystem des TVöD nach den Regelungen des TVöD, die wie folgt lauten:

        

§ 15 Tabellenentgelt.

        

(1) Die/Der Beschäftigte erhält monatlich ein Tabellenentgelt. Die Höhe bestimmt sich nach der Entgeltgruppe, in die sie/er eingruppiert ist, und nach der für sie/ihn geltenden Stufe.

        

...     

        

§ 16 (VKA) Stufen der Entgelttabelle.

        

(1) 1Die Entgeltgruppen 2 bis 15 umfassen sechs Stufen. ...

        

(3) 1Die Beschäftigten erreichen - von Stufe 3 an die jeweils nächste Stufe in Abhängigkeit von ihrer Leistung gemäß § 17 Abs. 2 - nach folgenden Zeiten einer ununterbrochenen Tätigkeit innerhalb derselben Entgeltgruppe bei ihrem Arbeitgeber (Stufenlaufzeit):

        

-       

Stufe 2 nach einem Jahr in Stufe 1,

        

-       

Stufe 3 nach zwei Jahren in Stufe 2,

        

…       

        

§ 17 Allgemeine Regelungen zu den Stufen.

        

…       

        

(3) 1Den Zeiten einer ununterbrochenen Tätigkeit im Sinne des ... § 16 Abs. 3 Satz 1 stehen gleich:

        

a)    

Schutzfristen nach dem Mutterschutzgesetz,

        

b)    

Zeiten einer Arbeitsunfähigkeit nach § 22 bis zu 39 Wochen,

        

c)    

Zeiten eines bezahlten Urlaubs,

        

d)    

Zeiten eines Sonderurlaubs, bei denen der Arbeitgeber vor dem Antritt schriftlich ein dienstliches bzw. betriebliches Interesse anerkannt hat,

        

e)    

Zeiten einer sonstigen Unterbrechung von weniger als einem Monat im Kalenderjahr,

        

f)    

Zeiten der vorübergehenden Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit.

        

2Zeiten der Unterbrechung bis zu einer Dauer von jeweils drei Jahren, die nicht von Satz 1 erfasst werden, und Elternzeit bis zu jeweils fünf Jahren sind unschädlich, werden aber nicht auf die Stufenlaufzeit angerechnet. …“

5

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Elternzeit müsse auf die Stufenlaufzeit angerechnet werden. Sie habe deshalb bereits seit Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit der Stufe 3 ihrer Entgeltgruppe zugeordnet werden müssen. Nach wie vor würden Frauen, die Elternzeit nähmen, mittelbar diskriminiert, weil sie durchschnittlich Elternzeit länger in Anspruch nähmen als Männer. Längere Unterbrechungen der Berufstätigkeit führten nicht zwingend zum Verlust von Erfahrungswissen. Jedenfalls sei nicht verständlich, warum Schutzfristen nach dem Mutterschutzgesetz, nicht aber die Elternzeit auf die Stufenlaufzeit angerechnet würden. Auch sei es nicht gerechtfertigt, dass eine Arbeitsunfähigkeit bis zu 39 Wochen anders als eine Elternzeit von gleicher Dauer für den Stufenaufstieg unschädlich sei. Ebenso wenig sei Sonderurlaub aus betrieblichen Gründen zwingend mit einem Gewinn an einschlägiger Berufserfahrung verbunden. Elternzeit könne nicht als „Nullum“ an beruflich verwertbarer Erfahrung betrachtet werden. Erfahrungen in der Erziehung vermittelten eine soziale Kompetenz, die für die konkrete Tätigkeit der Klägerin nützlich sei. Dies kompensiere auch ein Weniger an Berufserfahrung. Ohnehin habe die Klägerin während der Elternzeit zumindest teilweise ihre beruflichen Fertigkeiten fortentwickelt.

6

Die Klägerin hat zuletzt unter Klagerücknahme im Übrigen beantragt:

        

Es wird festgestellt, dass die Beklagte die Klägerin bereits ab 1. März 2008 (Wiederaufnahme der Arbeitsleistung der Klägerin nach Rückkehr aus der Elternzeit) bis zum 31. Dezember 2009 nach Stufe 3 der Entgeltgruppe 5 TVöD zu vergüten hat.

7

Sie hat weiter sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für die Monate März 2008 bis August 2008 jeweils 97,94 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt zu zahlen und der Klägerin für die Monate März 2008 bis August 2008 eine ordnungsgemäße Gehaltsabrechnung, basierend auf einem Gesamtbrutto-Gehalt in Höhe von 2.289,83 Euro, zu erteilen.

8

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag darauf gestützt, dass eine ununterbrochene Tätigkeit zu mehr Wissen, Arbeitspraxis und Routine führe, weswegen Arbeitsvorgänge schneller und besser erledigt werden könnten. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz mache der TVöD nur für Zeiten kürzerer Unterbrechungen, bei denen von einer Erweiterung bzw. Erhaltung des bisherigen Wissens ausgegangen werden könne. Längere Unterbrechungen der Tätigkeit führten dagegen nach allgemeiner Lebenserfahrung zu Wissenseinbußen. Eine mittelbare Diskriminierung weiblicher Arbeitnehmer erfolge dadurch nicht. Eine klare Gruppenbildung dahin, dass von der Gesamtregelung wesentlich mehr Frauen als Männer betroffen seien, sei angesichts der Vielzahl anderer schädlicher Unterbrechungstatbestände nicht möglich. Im Gegensatz zu den anderen Unterbrechungstatbeständen sei die Elternzeit mit einer Unschädlichkeitsfrist von fünf Jahren privilegiert. Jedenfalls rechtfertige das Ruhen des Arbeitsverhältnisses die Hemmung der Stufenlaufzeit.

9

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Erstmals in der Revision rügt sie eine unmittelbare Diskriminierung von Frauen, die Elternzeit beanspruchen, durch die Regelung des § 17 Abs. 3 TVöD-AT. Zwischen Elternzeit und Mutterschaft lasse sich keine eindeutige Abgrenzung finden. Es müsse sichergestellt werden, dass kein Wertungswiderspruch zu den in § 3 Abs. 1 Satz 2 AGG genannten Tatbeständen der Schwangerschaft bzw. Mutterschaft auftrete.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist unbegründet.

11

A. Die Feststellungsklage ist nur teilweise zulässig.

12

I. Der Eingruppierungsfeststellungsklage fehlt das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse, soweit der Antrag den Zeitraum vom 1. März 2008 bis zum 31. August 2008 erfasst, für den die Klägerin die Vergütungsdifferenz zwischen der von ihr erhaltenen und der begehrten Vergütung beziffert geltend macht. Sie hat nicht vorgetragen, welches über die mit der Leistungsklage verfolgten Zahlungen hinausgehende Interesse für diesen Zeitraum an der begehrten Feststellung besteht. Die Klage ist dagegen hinsichtlich der Monate September 2008 bis Dezember 2009, für die keine Überschneidung mit der Leistungsklage vorliegt, als Eingruppierungsfeststellungsklage zulässig (Senat 27. Januar 2011 - 6 AZR 578/09 - Rn. 14, 18). Das gilt ungeachtet des Umstands, dass sich diese Klage auf einen abgeschlossenen Zeitraum in der Vergangenheit bezieht (Senat in st. Rspr. seit 13. August 2009 - 6 AZR 330/08 - Rn. 13, AP BGB § 241 Nr. 4).

13

II. Die Klage ist für die Zeit der Überschneidung von Leistungs- und Feststellungsantrag auch nicht als Zwischenfeststellungsklage nach § 256 Abs. 2 ZPO zulässig. Die Frage, ab wann die Klägerin die begehrte Vergütung aus der Stufe 3 der Entgeltgruppe 5 verlangen kann, wirkt sich infolge ihres Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis zur Beklagten am 31. Dezember 2009 nicht mehr auf den Zeitpunkt ihres Aufstiegs in die höheren Stufen ihrer Entgeltgruppe aus. Auch unter Zugrundelegung ihrer Rechtsauffassung wäre sie erst zum 1. März 2011 in die Stufe 4 aufgestiegen. Rechtsfolgen aus der begehrten Feststellung, die über das mit der erfolgreichen Leistungsklage Erreichte hinausgehen, sind damit nicht mehr möglich (vgl. Senat 27. Januar 2011 - 6 AZR 578/09 - Rn. 15 - 17).

14

B. Die Elternzeit der Klägerin vom 28. April 2005 bis zum 29. Februar 2008 ist nach § 17 Abs. 3 Satz 2 TVöD-AT nicht auf die Stufenlaufzeit des § 16 Abs. 3 TVöD-AT (VKA) anzurechnen. Diese Hemmung der Stufenlaufzeit ist mit höherrangigem Recht vereinbar.

15

I. Die Klägerin wird durch § 17 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 TVöD-AT nicht wegen ihres Geschlechts diskriminiert. Diese Bestimmung entfaltet weder unmittelbar noch mittelbar geschlechtsdiskriminierende Wirkung.

16

1. Eine unmittelbare Diskriminierung der Klägerin wegen ihres Geschlechts liegt nicht vor.

17

a) Nur Vorschriften, die nicht gleichermaßen für Männer und Frauen gelten, können unmittelbar diskriminierende Wirkung wegen des Geschlechts entfalten (EuGH 7. Dezember 2000 - C-79/99 - [Schnorbus] Rn. 33, Slg. 2000, I-10997). § 17 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 TVöD-AT knüpft nicht an das Geschlecht, sondern an die Elternzeit an, die gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 BEEG von Männern und Frauen in Anspruch genommen werden kann. Damit kann die tarifliche Regelung zur Hemmung der Stufenlaufzeit allenfalls zu einer mittelbaren Geschlechtsdiskriminierung führen (vgl. v. Roetteken AGG Stand November 2010 § 3 Rn. 41).

18

b) Entgegen der Auffassung der Revision folgt aus § 3 Abs. 1 Satz 2 AGG nichts anderes. Danach liegt eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft und Mutterschaft vor. Der von der Revision aus dem Begriff „Mutterschaft“ über die Brücke des früher im Mutterschutzgesetz geregelten Mutterschaftsurlaubs gezogene Rückschluss, damit sei auch die Elternzeit erfasst, trägt nicht.

19

aa) Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch unterfällt in vollem Umfang dem zeitlichen Geltungsbereich des AGG. Anknüpfungszeitpunkt für die von der Klägerin behauptete Benachteiligung ist die Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit am 1. März 2008. Zu diesem Zeitpunkt galt das AGG bereits.

20

bb) Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs stellt jede im Zusammenhang mit Schwangerschaft und Mutterschaft erfolgende Schlechterstellung von Frauen eine unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts dar (EuGH 18. November 2004 - C-284/02 - [Sass] Rn. 35 f., Slg. 2004, I-11143; v. Roetteken AGG Stand November 2010 § 3 Rn. 137 mwN). Das hat Eingang in Art. 2 Abs. 7 Unterabs. 3 der Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen (RL 76/207/EWG) idF der Richtlinie 2002/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 zur Änderung der Richtlinie 76/207/EWG (RL 2002/73/EG) sowie später in Art. 2 Abs. 2 Buchst. c der die Richtlinie 76/207/EWG ablösenden Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen (RL 2006/54/EG) gefunden (siehe nur Erwägungsgrund 23 RL 2006/54/EG). Dies beruht darauf, dass Schwangerschaft und Mutterschaft untrennbar mit dem Geschlecht verbunden sind, diese Differenzierungsmerkmale also ausschließlich Frauen nachteilig treffen können.

21

cc) Einen weitergehenden Bedeutungsinhalt hat § 3 Abs. 1 Satz 2 AGG nicht. Der nationale Gesetzgeber wollte damit unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsprechung des EuGH lediglich klarstellen, dass eine unmittelbare Benachteiligung auch dann vorliegt, wenn die Unterscheidung wegen eines Merkmals erfolgt, das mit dem Geschlecht in untrennbarem Zusammenhang steht. Er hat angenommen, dass dies für die Situation von „Schwangerschaft und Mutterschaft“ einer Frau der Fall ist (BT-Drucks. 16/1780 S. 32). § 3 Abs. 1 Satz 2 AGG geht also nicht über die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben hinaus(v. Roetteken AGG Stand November 2010 § 3 Rn. 149; vgl. auch Wendeling-Schröder/Stein AGG § 1 Rn. 25).

22

dd) Aus Art. 11 Abs. 2 des 1985 ratifizierten UN-Übereinkommens vom 18. Dezember 1979 zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau - CEDAW - (BGBl. 1985 II S. 648) folgt entgegen der Auffassung der Revision nichts anderes.

23

Art. 11 Abs. 2 CEDAW bestimmt:

        

„Um eine Diskriminierung der Frau wegen Eheschließung oder Mutterschaft zu verhindern und ihr ein wirksames Recht auf Arbeit zu gewährleisten, treffen die Vertragsstaaten geeignete Maßnahmen

        

a)    

zum - mit der Androhung von Sanktionen verbundenen - Verbot der Entlassung wegen Schwangerschaft oder Mutterschaftsurlaub sowie der Diskriminierung aufgrund des Familienstands bei Entlassungen;

        

b)    

zur Einführung des bezahlten oder mit vergleichbaren sozialen Vorteilen verbundenen Mutterschaftsurlaubs ohne Verlust des bisherigen Arbeitsplatzes, des Dienstalters oder sozialer Zulagen;

        

...“   

        
24

Auch diese Verpflichtungen - die im Übrigen die Bundesrepublik Deutschland und nicht die Tarifvertragsparteien treffen - beziehen sich nur auf Schwangerschaft und Mutterschaftsurlaub, nicht dagegen auf die hier allein streitbefangenen Nachteile durch die Inanspruchnahme von Elternzeit.

25

2. § 17 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 TVöD-AT führt auch nicht zu einer nach § 7 Abs. 1, Abs. 2 AGG iVm. §§ 1, 3 Abs. 2 AGG untersagten mittelbaren Diskriminierung von Frauen, die Elternzeit in Anspruch nehmen.

26

a) Die Klägerin hat eine mittelbare Diskriminierung bereits nicht hinreichend dargelegt.

27

aa) Für die Annahme einer mittelbaren Benachteiligung iSv. § 3 Abs. 2 AGG ist nicht zwingend ein statistischer Nachweis erforderlich, dass Träger eines der Merkmale des § 1 AGG zahlenmäßig wesentlich stärker von einer Vorschrift benachteiligt werden als Personen, bei denen dieses Merkmal nicht vorliegt. Mittelbare Diskriminierungen können statistisch nachgewiesen werden, können sich aber auch aus anderen Umständen ergeben. Eine derartige Auslegung des § 3 Abs. 2 AGG entspricht dem unionsrechtlichen Gebot des effet utile. Eine mittelbare Diskriminierung ist danach gegeben, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften ihrem Wesen nach geeignet sind, Personen oder Personengruppen aus den in § 1 AGG genannten Gründen in besonderer Weise zu benachteiligen. Dies kann der Fall sein, wenn Vorschriften im wesentlichen oder ganz überwiegend Personen, die eines der verpönten Merkmale erfüllen, betreffen, wenn sie an Voraussetzungen knüpfen, die von Personen, die von § 1 AGG nicht erfasst sind, leichter erfüllt werden oder wenn sich die Tatbestandsvoraussetzungen einer Norm besonders zum Nachteil von Personen, für die ein Merkmal des § 1 AGG gilt, auswirken(Senat 22. April 2010 - 6 AZR 966/08 - Rn. 20 f. mwN, AP GG Art. 3 Nr. 322 = EzTöD 320 TVÜ-VKA § 5 Abs. 2 Ortszuschlag Nr. 20).

28

bb) Zur Feststellung dieser Voraussetzungen sind Vergleichsgruppen zu bilden, die dem persönlichen Geltungsbereich der Differenzierungsregel entsprechend zusammengesetzt sind. Bei Tarifverträgen ist deshalb auf den gesamten Kreis der von der fraglichen Bestimmung erfassten Normunterworfenen abzustellen (für Gesetze siehe EuGH 30. November 1993 - C-189/91 - [Kirsammer-Hack] Slg. 1993, I-6185; allgemein 13. Januar 2004 - C-256/01 - [Allonby] Rn. 73 f., Slg. 2004, I-873). Der Gesamtheit der Personen, die von der Regelung erfasst werden, ist die Gesamtheit der Personen gegenüber zu stellen, die durch die Regelung benachteiligt werden. Im Vergleich dieser Gruppen ist zu prüfen, ob die Träger eines Merkmals des § 1 AGG im oben genannten Sinn besonders benachteiligt sind(vgl. Schiek Anm. zu Senat 3. April 2004 - 6 AZR 633/01 - AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 185; dies. Frauengleichstellungsgesetze des Bundes und der Länder 2. Aufl. Rn. 36, 929).

29

cc) Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass durch § 17 Abs. 3 Satz 2 TVöD-AT weibliche Beschäftigte, die Elternzeit in Anspruch nehmen, im Vergleich zu anderen Beschäftigten, bei denen wegen Unterbrechungen in der tatsächlichen Tätigkeit die Stufenlaufzeit ebenfalls gehemmt wird, in besonderer Weise nachteilig betroffen sind.

30

§ 17 Abs. 3 Satz 2 TVöD-AT erfasst nicht nur weibliche Beschäftigte, die Elternzeit nehmen, sondern unabhängig von ihrem Geschlecht auch alle Beschäftigten, denen Sonderurlaub aus privaten Gründen bewilligt worden ist, die eine Rente auf Zeit beziehen, weswegen gemäß § 33 Abs. 2 Satz 6 TVöD-AT das Arbeitsverhältnis ruht, oder die arbeitsunfähig erkrankt sind, ohne dass die Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 Satz 1 Buchst. b TVöD-AT erfüllt sind. Weder hat das Landesarbeitsgericht festgestellt noch hat die Klägerin behauptet, dass weibliche Beschäftigte, die Elternzeit beanspruchen, deutlich stärker, sei es überproportional häufig oder materiell besonders gravierend, durch die Hemmung der Stufenlaufzeit betroffen werden als der übrige von § 17 Abs. 3 Satz 2 TVöD-AT erfasste Personenkreis. Dies ist auch nicht offenkundig. Immerhin haben die Tarifvertragsparteien bei der Elternzeit einen Zeitraum von fünf Jahren als lediglich hemmend angesehen, während bei den übrigen Unterbrechungstatbeständen gemäß § 17 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT bereits nach drei Jahren eine Rückstufung erfolgt.

31

b) Die Hemmung der Stufenlaufzeit durch § 17 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 TVöD-AT führt aber auch dann nicht zu einer unzulässigen mittelbaren Geschlechtsdiskriminierung, wenn nur auf die von dieser Vorschrift erfasste Teilgruppe der Beschäftigten, die Elternzeit beanspruchen, abgestellt wird. Dabei kann aufgrund der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zugunsten der Klägerin davon ausgegangen werden, dass Frauen von Nachteilen durch die Inanspruchnahme von Elternzeit immer noch stärker getroffen werden als Männer, weil insbesondere die Dauer der von Männern genommenen Elternzeit deutlich kürzer ist als die von Frauen.

32

aa) Der Aufstieg aus der Stufe 2 in die Stufe 3 der Entgeltgruppe erfolgt unabhängig von der Leistung des Beschäftigten nach zwei Jahren. Erst ab der Stufe 3 kann gemäß § 16 Abs. 3 Satz 1 TVöD-AT (VKA) iVm. § 17 Abs. 2 TVöD-AT leistungsabhängig eine Verkürzung oder Verlängerung der Stufenlaufzeit erfolgen. Die Kriterien dafür, ob eine nach § 7 Abs. 1, Abs. 2 AGG iVm. §§ 1, 3 Abs. 2 AGG verbotene mittelbare Geschlechtsdiskriminierung vorliegt, sind deshalb nicht Art. 157 AEUV zu entnehmen, sondern der durch das AGG umgesetzten RL 76/207/EWG idF der RL 2002/73/EG bzw. für die Ansprüche seit dem 15. August 2009 der RL 2006/54/EG. Letzten Endes verwehrt § 17 Abs. 3 Satz 2 TVöD-AT den Elternzeitern nicht den Stufenaufstieg, sondern verzögert ihn nur. Es geht also nicht um das „ob“ des Stufenaufstiegs, sondern dessen „wann“. Eine derartige Präzisierung der Bedingungen des Zugangs zu einer höheren Stufe der beruflichen Rangordnung unterfällt dem Anwendungsbereich der RL 76/207/EWG bzw. der RL 2006/54/EG (vgl. für den Bewährungsaufstieg nach § 23a BAT-O EuGH 18. November 2004 - C-284/02 - [Sass] Rn. 30 f., Slg. 2004, I-11143 in Abgrenzung zur Entscheidung vom 7. Februar 1991 - C-184/89 - [Nimz] Rn. 9 f., Slg. 1991, I-297). Darüber hinaus sind etwaige weitergehende Vorschriften des nationalen Rechts heranzuziehen.

33

bb) Das Verbot mittelbarer Diskriminierung ist eine besondere Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes, wonach gleiche Sachverhalte nicht ohne sachlichen Grund ungleich behandelt werden dürfen. Eine mittelbare Diskriminierung kann daher nur vorliegen, wenn die benachteiligten und die begünstigten Personen vergleichbar sind (EuGH 12. Oktober 2004 - C-313/02 - [Wippel] Rn. 55 f., Slg. 2004, I-9483; vgl. auch 16. Juli 2009 - C-537/07 - [Gómez-Limón] Rn. 56, Slg. 2009, I-6525; v. Roetteken AGG Stand November 2010 § 3 Rn. 15, 181 mwN).

34

(1) Die Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis während der Elternzeit unter Suspendierung der wechselseitigen Hauptpflichten ruht, und die aktiven Beschäftigten sind grundsätzlich nicht vergleichbar (vgl. EuGH 21. Oktober 1999 - C-333/97 - [Lewen] Rn. 37, Slg. 1999, I-7243; 16. Juli 2009 - C-537/07 - [Gómez-Limón] Rn. 57, Slg. 2009, I-6525). Die Elternzeit darf darum bei Entgeltbestandteilen, die auf das aktive Arbeitsverhältnis abstellen, anspruchsmindernd berücksichtigt werden (vgl. EuGH 21. Oktober 1999 - C-333/97 - [Lewen] Rn. 38, aaO; BAG 20. April 2010 - 3 AZR 370/08 - Rn. 30 mwN, EzA GG Art. 3 Nr. 109; 21. Mai 2008 - 5 AZR 187/07 - Rn. 25, BAGE 126, 375). Der Stufenaufstieg im TVöD knüpft in rechtlich zulässiger Weise an den Erfahrungsgewinn im aktiven Arbeitsverhältnis. Bereits deswegen führt die Hemmung der Stufenlaufzeit für die Dauer der Elternzeit im Ausgangspunkt nicht zu einer mittelbaren Diskriminierung (v. Roetteken AGG Stand November 2010 § 3 Rn. 40).

35

Der Stufenaufstieg im Entgeltsystem des TVöD soll die gewonnene Berufserfahrung honorieren. Die Tarifvertragsparteien sind davon ausgegangen, dass die Beschäftigten durch die Ausübung der ihnen übertragenen Tätigkeit laufend Kenntnisse und Erfahrungen sammeln, die die Arbeitsqualität und -quantität verbessern (Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand Januar 2011 § 16 [VKA] Rn. 13 f.). Erfahrungswissen kann auch nach längerer Dauer des Arbeitsverhältnisses noch wachsen (BAG 21. Mai 2008 - 5 AZR 187/07 - Rn. 25, BAGE 126, 375). Diese Annahme einer Produktivitätssteigerung durch Erfahrungsgewinn entspricht der Lebenserfahrung (vgl. BAG 21. Oktober 1992 - 4 AZR 73/92 - zu III 2 c aa der Gründe, AP TVG § 1 Tarifverträge: Milch-Käseindustrie Nr. 1 = EzA TVG § 4 Milchindustrie Nr. 1; vgl. auch 4. Mai 2010 - 9 AZR 184/09 - Rn. 45, AP BAT-O § 23a Nr. 4) und steht im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH, wonach Berufserfahrung Arbeitnehmer befähigt, ihre Arbeit besser zu verrichten (EuGH 3. Oktober 2006 - C-17/05 - [Cadman] Rn. 34 f., Slg. 2006, I-9583).

36

In der Zeit, in der das Arbeitsverhältnis wegen der Inanspruchnahme von Elternzeit unter Suspendierung der beiderseitigen Hauptpflichten ruht, wird keine Berufserfahrung gewonnen. Die Tarifvertragsparteien durften darum regeln, dass der Arbeitgeber für die Zeit, in der das Arbeitsverhältnis ruht, auch keine indirekten Leistungen durch die Anrechnung dieser Zeit auf die Stufenlaufzeit erbringen muss (vgl. BAG 18. Juni 1997 - 4 AZR 647/95 - AP BAT § 23b Nr. 3 = EzA EWG-Vertrag Art. 119 Nr. 49). Die Tarifvertragsparteien haben auf die konkrete Tätigkeit am zugewiesenen Arbeitsplatz und nicht auf den unbestrittenen Zuwachs an allgemeiner Lebenserfahrung, sozialer Kompetenz und Organisationsfähigkeit durch Mutterschaft und Erziehung von Kindern abgestellt, auf den die Klägerin verweist. Der Zuwachs an solchen Fähigkeiten wird nach dem ihre Einschätzungsprärogative nicht überschreitenden Willen der Tarifvertragsparteien bei der Stufenlaufzeit nicht berücksichtigt.

37

(2) Differenzierungskriterium in § 17 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 TVöD-AT ist im Übrigen nicht das Geschlecht, sondern das Ruhen des Arbeitsverhältnisses und das damit verbundene Fehlen eines Zuwachses an Erfahrungswissen. Das sind objektive Kriterien ohne Bezug zu einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, die die Nichtberücksichtigung der Elternzeit bei der Stufenlaufzeit zulassen (vgl. EuGH 21. Oktober 1999 - C-333/97 - [Lewen] Rn. 37 f., Slg. 1999, I-7243; BAG 21. Mai 2008 - 5 AZR 187/07 - Rn. 25, BAGE 126, 375; 18. Juni 1997 - 4 AZR 647/95 - zu II 2 d der Gründe, AP BAT § 23b Nr. 3 = EzA EWG-Vertrag Art. 119 Nr. 49; 9. November 1994 - 10 AZR 3/94 - zu II 2 a der Gründe, AP BAT § 23a Nr. 33 = EzA BAT § 23a Nr. 3; Senat 10. November 1994 - 6 AZR 486/94 - BAGE 78, 264, 271; vgl. auch BFH 5. Dezember 2000 - VII R 18/00 - zu II 2 der Gründe, BFHE 193, 234 für die fehlende Anrechnung des Erziehungsurlaubs auf die nach § 36 Abs. 2 Nr. 1 StBerG vorgeschriebene Dauer einer berufspraktischen Tätigkeit).

38

cc) Allerdings wäre die Gleichstellung der Beschäftigten, deren Arbeitsverhältnis wegen der Inanspruchnahme von Elternzeit ruht, und der aktiven Beschäftigten anzunehmen, wenn es Vorschriften gäbe, die bei einer Fortsetzung der Berufstätigkeit nach Beendigung der Elternzeit ungeachtet des grundsätzlichen Unterschiedes zwischen ruhendem und aktivem Arbeitsverhältnis die Fiktion des Erwerbs von Berufserfahrung während der Elternzeit geböten (vgl. zur Anrechnung des Wochenurlaubs nach § 244 AGB-DDR auf die Beschäftigungszeit für den Fall, dass es sich dabei um einen gesetzlichen Urlaub zum Schutz der Frau nach der Entbindung gehandelt hätte EuGH 18. November 2004 - C-284/02 - [Sass] Rn. 48, Slg. 2004, I-11143; v. Roetteken AGG Stand November 2010 § 3 Rn. 37 ff., 160). Derartige Bestimmungen finden sich jedoch weder im Unions- noch im nationalen Recht.

39

(1) Das Unionsrecht verlangt allerdings in Art. 2 Abs. 7 Unterabs. 2 RL 76/207/EWG idF der RL 2002/73/EG sowie in Art. 15 RL 2006/54/EG die Anrechnung des Mutterschaftsurlaubs auf Beschäftigungszeiten(vgl. für die Zeit vor Inkrafttreten dieser Richtlinien bereits EuGH 21. Oktober 1999 - C-333/97 - [Lewen] Rn. 41 f., Slg. 1999, I-7243). Dieser Urlaub bezweckt den Schutz der körperlichen Verfassung der Frau während und nach der Schwangerschaft sowie der besonderen Beziehung von Mutter und Kind während der Zeit unmittelbar nach der Entbindung (EuGH 14. April 2005 - C-519/03 - [Kommission/Luxemburg] Rn. 32, Slg. 2005, I-3067). Demselben Zweck dienen die Schutzfristen nach dem MuSchG (vgl. Senat 16. Juni 2005 - 6 AZR 108/01 - BAGE 115, 113), die Art. 8 RL 92/85/EWG ins nationale Recht umsetzen(vgl. BT-Drucks. 13/2763 S. 9; BT-Drucks. 14/8525 S. 8). Diese Zeiten werden nach § 17 Abs. 3 Satz 1 Buchst. a TVöD-AT auf die Stufenlaufzeit angerechnet und sind nicht streitbefangen.

40

(2) Die Anrechnung der Elternzeit auf die Stufenlaufzeit im Entgeltsystem des TVöD ist dagegen unionsrechtlich nicht geboten. Nach Paragraph 2 Nr. 6 der Rahmenvereinbarung über Elternurlaub im Anhang zur Richtlinie 96/34/EG des Rates vom 3. Juni 1996 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Elternurlaub bleiben die Rechte, die der Arbeitnehmer zu Beginn des Elternurlaubs erworben hatte oder dabei war zu erwerben, bis zum Ende des Elternurlaubs bestehen. Im Anschluss an den Elternurlaub finden diese Rechte mit den Änderungen Anwendung, die sich aus den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften, Tarifverträgen oder Gepflogenheiten ergeben.

41

(a) Diese Bestimmung verpflichtet die Mitgliedstaaten nicht, den Arbeitnehmern während der Zeit des Elternurlaubs zu garantieren, dass sie Rechte auf künftige Leistungen des Arbeitgebers in demselben Umfang erwerben, als ob sie weiterhin eine (Vollzeit-)Tätigkeit ausgeübt hätten (vgl. EuGH 16. Juli 2009 - C-537/07 - [Gómez-Limón] Rn. 40, 43, Slg. 2009, I-6525; BAG 20. April 2010 - 3 AZR 370/08 - Rn. 47, EzA GG Art. 3 Nr. 109). Es muss lediglich sichergestellt sein, dass die Rechte, die der Arbeitnehmer bei Antritt des Elternurlaubs bereits erworben hatte oder dabei war, zu erwerben, bis zum Ende des Elternurlaubs bestehen bleiben und sich der Arbeitnehmer im Anschluss an den Elternurlaub im Hinblick auf diese Rechte in derselben Situation befindet wie vor dem Urlaub (EuGH 22. Oktober 2009 - C-116/08 - [Meerts] Rn. 38 f., Slg. 2009, I-10063). Alle übrigen Regelungen hinsichtlich des Status des Arbeitsverhältnisses während des Elternurlaubs überlässt Paragraph 2 Nr. 7 der Rahmenvereinbarung über Elternurlaub den Mitgliedstaaten und/oder den Sozialpartnern. Dazu gehört auch die Frage, ob und inwieweit ein Arbeitnehmer, der Elternurlaub beansprucht, während der Dauer des Elternurlaubs weiterhin Anwartschaften oder sonstige Ansprüche gegen seinen Arbeitgeber erwirbt.

42

(b) § 17 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 TVöD-AT genügt diesen Anforderungen. Die vor Beginn der Elternzeit absolvierte Stufenlaufzeit bleibt erhalten, nur ihr weiterer Ablauf wird für die Zeit der Unterbrechung gehemmt und setzt nach Wiederaufnahme der Tätigkeit nahtlos wieder ein (Fieberg GKÖD Stand Dezember 2010 § 17 TVöD/TV-L Rn. 35; Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand Januar 2011 § 17 Rn. 32). Damit befinden sich die Beschäftigten im Anschluss an die Elternzeit im Hinblick auf die Stufenlaufzeit in derselben Situation wie vor der Elternzeit. Ob auch § 17 Abs. 3 Satz 3 TVöD-AT, wonach bei Elternzeiten von mehr als fünf Jahren eine Rückstufung erfolgt, mit Paragraph 2 Nr. 6 der Rahmenvereinbarung über Elternurlaub vereinbar ist, hatte der Senat nicht zu entscheiden.

43

(3) Auch Art. 2 Abs. 7 Unterabs. 4 Satz 2 und 3 RL 76/207/EWG idF der RL 2002/73/EG bzw. Art. 16 der diese mit Wirkung zum 15. August 2009 ersetzenden RL 2006/54/EG lässt sich kein Anspruch auf eine Fiktion der Berufserfahrung während der Dauer der Elternzeit und damit der Anrechnung dieser Zeit auf die Stufenlaufzeit entnehmen. Nach diesen Bestimmungen bleibt das Recht der Mitgliedstaaten unberührt, Vaterschaftsurlaub und/oder Adoptionsurlaub anzuerkennen. Haben sie derartige Rechte zugebilligt, müssen sie sicherstellen, dass den Arbeitnehmern nach ihrer Rückkehr an ihren Arbeitsplatz alle Verbesserungen der Arbeitsbedingungen, auf die sie während ihrer Abwesenheit Anspruch gehabt hätten, zugute kommen.

44

(a) Aus diesen Bestimmungen folgt nicht, dass Beschäftigte nach ihrer Rückkehr aus der Elternzeit Anspruch auf Gleichstellung mit den Beschäftigten haben, die durch ihre aktive Tätigkeit Berufserfahrung gewonnen haben. Die für den Vaterschafts- und Adoptionsurlaub geltenden Normen in den RL 76/207/EWG und 2006/54/EG sind nicht auf den Elternurlaub und damit nicht auf die Elternzeit nach § 15 BEEG zu übertragen. Sie erfassen ausschließlich Arbeitnehmer, die aus dem Männern vorbehaltenen Vaterschaftsurlaub bzw. dem Adoptionsurlaub zurückkehren. Vaterschafts- und Adoptionsurlaub kennt das deutsche Recht nicht. Das Unionsrecht verpflichtet die Mitgliedstaaten auch nicht dazu, diese Institute zu schaffen. Art. 2 Abs. 7 Unterabs. 4 Satz 3 RL 76/207/EWG und Art. 16 RL 2006/54/EG haben daher für das deutsche Recht aktuell keine Bedeutung(aA v. Roetteken AGG Stand November 2010 § 3 Rn. 40 f., 157, 160 f., 324; ders. Anm. zu EuGH 22. Oktober 2009 - C-116/08 - [Meerts] jurisPR-ArbR 49/2009 Anm. 1 unter D; ders. BGleiG § 15 BGleiG Stand Oktober 2010 Rn. 10a, 62a).

45

(aa) Art. 2 Abs. 7 Unterabs. 4 Satz 3 RL 76/207/EWG bezieht sich nur auf den Vaterschafts- und Adoptionsurlaub, nicht aber auch auf den Eltern- und Mutterschaftsurlaub (aA möglicherweise v. Roetteken AGG Stand November 2010 § 3 Rn. 155). Nur Vaterschafts- bzw. Adoptionsurlaub können von den Mitgliedstaaten anerkannt werden, während Eltern- und Mutterschaftsurlaub für Arbeitnehmer im nationalen Recht zwingend vorzusehen sind. Etwaige Zweifel am Verständnis dieser Norm sind jedenfalls durch die RL 2006/54/EG geklärt. Nach Art. 15 bzw. Art. 16 dieser Richtlinie haben nur die Arbeitnehmer, die aus dem Mutter- oder Vaterschaftsurlaub bzw. dem Adoptionsurlaub zurückkehren, Anspruch auf die Verbesserungen der Arbeitsbedingungen, auf die sie während ihrer Abwesenheit Anspruch gehabt hätten. Art. 16 RL 2006/54/EG übernimmt unverändert Art. 2 Abs. 7 Unterabs. 4 zweiter Teil der RL 76/207/EWG, soweit dieser festgelegt hat, dass das Recht der Mitgliedstaaten unberührt bleibt, eigene Rechte auf Vaterschafts- und/oder Adoptionsurlaub anzuerkennen (Vorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaften für eine Richtlinie zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen vom 21. April 2004 KOM (2004) 279 endgültig S. 31). Nach der Entsprechungstabelle im Anhang II der RL 2006/54/EG entspricht Art. 16 (nur) der früheren Bestimmung in Art. 2 Abs. 7 Unterabs. 4 Sätze 2 und 3, während Art. 2 Abs. 7 Unterabs. 4 Satz 1 RL 76/207/EWG sich nunmehr in Art. 28 Abs. 2 RL 2006/54/EG wiederfindet. Soweit in Art. 16 Satz 2 RL 2006/54/EG - auf den ersten Blick irritierend - von „männlichen und weiblichen Arbeitnehmern“ die Rede ist, erklärt sich dies daraus, dass Art. 16 auch den Adoptionsurlaub erfasst. Dieser wiederum kommt für Männer und Frauen in Betracht (vgl. Erwägungsgrund 27 RL 2006/54/EG).

46

(bb) Das Unionsrecht verwendet die Begrifflichkeiten „Mutterschaftsurlaub“, „Vaterschaftsurlaub“, „Adoptionsurlaub“ und „Elternurlaub“. Der Elternurlaub ist sowohl nach dem Kreis der Personen, die ihn in Anspruch nehmen können, als auch hinsichtlich Dauer und Zeitraum seiner Inanspruchnahme sowie der mit ihm verfolgten Zwecke streng vom Mutterschafts-, Vaterschafts- und Adoptionsurlaub zu unterscheiden.

47

(aaa) Mutterschaftsurlaub iSv. Art. 8 RL 92/85/EWG sind die 14 Wochen vor und/oder nach der Entbindung, die der Mutter als Arbeitsbefreiung zu gewähren sind. Dieser Urlaub kann begriffsnotwendig nur von Frauen in Anspruch genommen werden. Er dient wie ausgeführt dem Schutz der körperlichen Verfassung der Frau während und nach der Schwangerschaft sowie dem Schutz der besonderen Beziehung zwischen der Mutter und ihrem Kind während der Zeit unmittelbar nach der Entbindung.

48

(bbb) Vaterschaftsurlaub ist im unionsrechtlichen Kontext ein individuelles, nicht übertragbares Recht männlicher Arbeitnehmer, das nach der Geburt oder Adoption eines Kindes unter Wahrung der bestehenden arbeitsbezogenen Rechte gleichzeitig mit dem Mutterschaftsurlaub in Anspruch genommen werden kann (vgl. Ziff. 2b i der Entschließung des Rates und der im Rat Vereinigten Minister für Beschäftigung und Sozialpolitik vom 29. Juni 2000 über eine ausgewogene Teilhabe von Frauen und Männern am Berufs- und Familienleben, ABl. EG C 218 vom 31. Juli 2000 S. 5; vgl. auch Erwägungsgrund 13 RL 2002/73/EG und Erwägungsgrund 26 RL 2006/54/EG). Dieser Urlaub korrespondiert mit dem Mutterschaftsurlaub. Es handelt sich um einen kurzen Urlaub für Väter zur Zeit der Geburt bzw. Adoption eines Kindes (3.1 der Mitteilung der Kommission vom 3. Oktober 2008 an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen - Bessere Work-Life-Balance). Dadurch soll der Vater ab der Geburt eines Kindes in die häuslichen und familiären Verpflichtungen eingebunden werden (3.2 des Berichts der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen zur Gleichstellung von Frauen und Männern - 2007 vom 7. Februar 2007).

49

Bisher gibt es bezüglich des Vaterschaftsurlaubs noch keine unionsrechtlichen Rechtsvorschriften (Erwägung C der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 10. Februar 2010 zur Gleichstellung von Frauen und Männern in der Europäischen Union - 2009, ABl. EU C 341E vom 16. Dezember 2010 S. 35). Das Europäische Parlament hat in Nr. 23 der Entschließung vom 10. Februar 2010 die Notwendigkeit unterstrichen, de lege ferenda die Frage des Vaterschaftsurlaubs „anzugehen“ und die Kommission ersucht, jeden Vorstoß zu unterstützen, der dazu diene, einen Vaterschaftsurlaub auf europäischer Ebene einzuführen. Es hat dabei die Auffassung vertreten, Mutterschafts- und Vaterschaftsurlaub müssten dergestalt verknüpft werden, dass die in der Gesellschaft vorherrschenden Klischeevorstellungen in Bezug auf die Inanspruchnahme dieses Urlaubs bekämpft würden. De lege lata erkennt das Unionsrecht in Art. 2 Abs. 7 Unterabs. 4 Satz 2 RL 76/207/EWG bzw. in Art. 16 RL 2006/54/EG lediglich die bestehenden nationalen Regelungen über Vaterschaftsurlaub an und setzt dafür rechtliche Mindestbedingungen. Derartige Regelungen bestehen etwa in Frankreich, Großbritannien und Schweden (Rüling/Kassner Familienpolitik aus der Gleichstellungsperspektive - Ein europäischer Vergleich S. 97 bis 99), nicht dagegen in der Bundesrepublik Deutschland (vgl. Hadeler NZA 2003, 77, 80; Rüling/Kassner aaO S. 95).

50

(ccc) Adoptionsurlaub ist eine neue Urlaubsform, die wie der Vaterschaftsurlaub bisher keine unionsrechtliche Ausgestaltung erfahren hat (siehe nur 2.1 des Vorschlags der Kommission für eine Richtlinie des Rates zur Durchführung der Rahmenvereinbarung über Elternurlaub und zur Aufhebung der RL 96/34/EG und 2 des Vorschlags für eine Richtlinie zur Änderung der RL 92/85/EWG). Nach dem Verständnis der Kommission soll dieser wie Mutterschutzurlaub zur Zeit der Adoption eines Kindes gewährt werden (3.1 der Mitteilung der Kommission vom 3. Oktober 2008 an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen - Bessere Work-Life-Balance). Auch diesen Urlaub gibt es bisher im deutschen Recht nicht.

51

(ddd) Demgegenüber ist der Elternurlaub ein seit langem im Unionsrecht anerkanntes Institut. Gemäß Paragraph 2 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung über Elternurlaub kann er von erwerbstätigen Männern und Frauen im Fall der Geburt oder der Adoption eines Kindes genommen werden, damit sie sich mindestens drei Monate um dieses Kind kümmern können. Gemäß Art. 28 Abs. 2 RL 2006/54/EG bleibt dieser Urlaub von den Bestimmungen der Gleichbehandlungsrichtlinie unberührt. Ungeachtet des Art. 16 der RL 2006/54/EG kann also nach wie vor im Falle der Adoption eines Kindes Elternurlaub genommen werden. Damit ist nach den eindeutigen unionsrechtlichen Bestimmungen zu unterscheiden zwischen Elternurlaub, der wegen der Adoption eines Kindes genommen wird einerseits und Adoptionsurlaub, der - bei Bestehen entsprechender Regelungen im nationalen Recht - wegen der Adoption eines Kindes beansprucht wird.

52

Elternurlaub soll gemäß der Präambel der Rahmenvereinbarung über Elternurlaub die Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben und die Chancengleichheit von Männern und Frauen fördern. Die Rahmenvereinbarung legt Mindestanforderungen und Vorschriften für einen vom Mutterschutz getrennten Elternurlaub fest (Erwägungsgrund 9). Dieser Urlaub muss nicht im zeitlichen Zusammenhang mit dem Mutterschaftsurlaub genommen werden, sondern kann bis zu einem Alter von acht Jahren des Kindes beansprucht werden.

53

(cc) Auch in Paragraph 5 Nr. 2 der Neufassung der Rahmenvereinbarung über Elternurlaub aus dem Jahr 2009 im Anhang der Richtlinie 2010/18/EU des Rates vom 8. März 2010 zur Durchführung der von BUSINESSEUROPE, UEAPME, CEEP und EGB geschlossenen überarbeiteten Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub und zur Aufhebung der Richtlinie 96/34/EG ist wie bisher in Paragraph 2 Nr. 6 der Rahmenvereinbarung über Elternurlaub lediglich vorgesehen, dass erworbene Rechte und Anwartschaften erhalten bleiben. Einen Anspruch auf die Anrechnung von Zeiten des Elternurlaubs als Beschäftigungszeit sieht auch die überarbeitete Rahmenvereinbarung über Elternurlaub nicht vor. Es stünde jedoch in unauflöslichem Widerspruch, wenn einerseits in Art. 2 Abs. 7 Unterabs. 4 Satz 1 RL 76/207/EWG bzw. in Art. 28 Abs. 2 RL 2006/54/EG bestimmt wird, dass die Richtlinien zum Elternurlaub und Mutterschutz unberührt bleiben, andererseits aber die Gleichbehandlungsrichtlinie weit darüber hinausgehende Ansprüche der Elternurlauber vorsähe.

54

(dd) Dementsprechend ist unter den Beispielen für Diskriminierungen in Art. 9 RL 2006/54/EG unter Buchst. g lediglich die Unterbrechung der Aufrechterhaltung oder des Erwerbs von Ansprüchen während eines gesetzlich oder tarifvertraglich festgelegten Mutterschutzurlaubs oder Urlaubs aus familiären Gründen, der vom Arbeitgeber bezahlt wird, aufgeführt. Zeiten des (unbezahlten) Elternurlaubs iSd. Rahmenvereinbarung über Elternurlaub sind nicht genannt.

55

(b) Einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 AEUV zur Reichweite von Art. 2 Abs. 7 Unterabs. 4 Satz 3 RL 76/207/EWG bzw. Art. 16 RL 2006/54/EG bedurfte es nicht(aA v. Roetteken Anm. zu EuGH 22. Oktober 2009 - C-116/08 - [Meerts] jurisPR-ArbR 49/2009 Anm. 1).

56

(aa) Ist die richtige Anwendung des Unionsrechts derart offenkundig, dass für einen vernünftigen Zweifel auch unter Berücksichtigung der Eigenheiten dieses Rechts, der besonderen Schwierigkeiten seiner Auslegung und der Gefahr voneinander abweichender Entscheidungen innerhalb der Europäischen Union keinerlei Raum verbleibt, ist eine Vorlage auch durch ein letztinstanzliches Gericht wie das Bundesarbeitsgericht entbehrlich. Ob ein sog. „acte clair“ vorliegt, bleibt allein der Beurteilung des nationalen letztinstanzlichen Gerichts überlassen (EuGH 6. Oktober 1982 - C-283/81 - [CILFIT] Rn. 16 ff., Slg. 1982, I-3415; 15. September 2005 - C-495/03 - [Intermodal Transports] Rn. 33, 37, Slg. 2005, I-8151).

57

(bb) Die Voraussetzungen eines „acte clair“ sind hier erfüllt. Die Unterscheidung zwischen Mutterschafts-, Vaterschafts-, Adoptions- und Elternurlaub im Unionsrecht ist so eindeutig, dass sowohl für den EuGH als auch für die Gerichte der Mitgliedstaaten der Europäischen Union Gewissheit bestünde, dass Art. 2 Abs. 7 Unterabs. 4 Satz 3 RL 76/207/EWG und Art. 16 RL 2006/54/EG auf die unionsrechtlichen Bestimmungen über den Elternurlaub und die diese in das nationale Recht umsetzenden Regelungen keine Anwendung findet. Die unterschiedlichen Sprachfassungen der RL 2006/54/EG erlauben keinerlei Zweifel daran, dass es sich bei Mutterschafts-, Vaterschafts-, Adoptions- und Elternurlaub um vier unterschiedliche Institute handelt:

-       

in der französischen Fassung der RL 2006/54/EG ist Art. 15 mit „Retour de congé de maternité“, Art. 16 mit „congé de paternité ou d'adoption“ überschrieben. Für den Elternurlaub wird dagegen die Bezeichnung „congé parental“ benutzt (s. nur Erwägungsgrund 24);

-       

in der englischen Fassung ist von „maternity leave“ für den Mutterschaftsurlaub, von „paternity leave“ für den Vaterschaftsurlaub, „adoption leave“ für den Adoptionsurlaub und schließlich von „paternal leave“ für den Elternurlaub die Rede;

-       

die niederländische Fassung verwendet die Bezeichnungen „zwangerschaps en bevallingsverlof“ für den Mutterschaftsurlaub, „vaderschapsverlof“ für den Vaterschaftsurlaub, „adoptieverlof“ für den Adoptionsurlaub und schließlich „ouderschapsverlof“ für den Elternurlaub;

-       

die italienische Fassung unterscheidet zwischen „congedo di maternità“, „congedo di paternità“, „congedo di adozione“ und „congedo parentale“;

-       

die spanische Fassung verwendet die Begriffe „permiso de maternidad“, „permiso de paternidad“, „permiso de adopción“ und „permiso parental“;

-       

die portugiesische Fassung differenziert zwischen „licença de maternidade“, „licença de paternidade“, „licença por adopção“ und „licença parental“;

-       

in der griechischen Fassung heißt es „άδεια μητρότητας“ für Mutterschaftsurlaub, „άδεια πατρότητας“ für Vaterschaftsurlaub, „άδεια υιοθεσίας“ für Adoptionsurlaub und schließlich „γονική άδεια“ für Elternurlaub.

58

In allen ausgewerteten Sprachfassungen wird also streng zwischen den vier Instituten differenziert. Regelungen, die sich auf den Vaterschaftsurlaub bzw. den Adoptionsurlaub beziehen, können darum nicht auf das gänzlich anders gelagerte Institut des „Elternurlaubs“ übertragen werden.

59

(cc) Soweit in der Literatur abweichend von diesem eindeutigen Auslegungsergebnis die Auffassung vertreten wird, Art. 2 Abs. 7 Unterabs. 4 Satz 3 RL 76/207/EWG bzw. Art. 16 RL 2006/54/EG fände auf die Elternzeit gemäß § 15 BEEG Anwendung, wird nicht ansatzweise begründet, warum Bestimmungen des Unionsrechts, die sich auf den Vaterschafts- bzw. Adoptionsurlaub beziehen, auf das rechtlich davon zu unterscheidende Institut des Elternurlaubs zu übertragen sein sollen. Dieser vereinzelt gebliebenen, wenn auch breit gestreuten Meinung (v. Roetteken AGG Stand November 2010 § 3 Rn. 40 f., 157, 160 f., 324; ders. Anm. zu EuGH 22. Oktober 2009 - C-116/08 - [Meerts] jurisPR-ArbR 49/2009 Anm. 1; ders. BGleiG § 15 BGleiG Stand Oktober 2010 Rn. 10a, 62a) ist darum gegenüber der vom Senat vertretenen nicht eindeutig der Vorzug zu geben (vgl. BVerfG 25. Februar 2010 - 1 BvR 230/09 - Rn. 19, 21, EzA KSchG § 17 Nr. 21).

60

(c) Die Elternzeit nach § 15 BEEG entspricht dem Elternurlaub im Sinne der Rahmenvereinbarung über Elternurlaub, wobei sie in zeitlicher Hinsicht weit über das unionsrechtlich verlangte Mindestmaß hinausgeht(Buchner/Becker Mutterschutzgesetz Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz 8. Aufl. Vor §§ 15 - 21 BEEG Rn. 17; v. Roetteken AGG Stand November 2010 Rn. 156), nicht aber dem Vaterschafts- oder Adoptionsurlaub iSv. Art. 2 Abs. 7 Unterabs. 4 RL 76/207/EWG bzw. Art. 16 RL 2006/54/EG.

61

(aa) Die Elternzeit verfolgt einen anderen Zweck als der Vaterschaftsurlaub im unionsrechtlichen Sinn. Der Anspruch auf Elternzeit soll sicherstellen, dass das Kind eine ständige Betreuungsperson hat (BT-Drucks. 10/3792 S. 19 für den Erziehungsurlaub). Er soll die Ausübung des Erziehungsrechts ohne Verlust des Arbeitsplatzes erleichtern und dient der Förderung der Betreuung und Erziehung des Kindes in den ersten Lebensjahren durch die Eltern sowie der besseren Vereinbarung von Familie und Beruf (Senat 18. Dezember 2008 - 6 AZR 287/07 - Rn. 30, BAGE 129, 93).

62

(bb) Auch in den Fällen, in denen Arbeitnehmer Elternzeit ab Aufnahme eines adoptierten Kindes in ihren Haushalt in Anspruch nehmen können (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b BEEG), handelt es sich nicht um Adoptionsurlaub iSv. Art. 16 RL 2006/54/EG, sondern um Elternzeit, die nach dem Willen des nationalen Gesetzgebers entsprechend den Vorgaben in Paragraph 2 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung über Elternurlaub auch Adoptiveltern gewährt werden kann. § 15 BEEG setzt insoweit die Vorgaben der Rahmenvereinbarung über Elternurlaub ausreichend in deutsches Recht um. Ein weitergehender Umsetzungsbedarf besteht nicht, weil Art. 16 RL 2006/54/EG keinen zwingenden Charakter hat. Ein Arbeitnehmer, der ein Kind adoptiert und Elternzeit in Anspruch genommen hat, kann damit nicht unter Berufung auf Art. 16 RL 2006/54/EG die Anrechnung seiner Zeit der Abwesenheit auf die Stufenlaufzeit verlangen.

63

(4) Die weiteren unionsrechtlichen Bestimmungen über den Elternurlaub sind nicht rechtlich bindend und begründen daher keinen Anspruch der Klägerin, während der Elternzeit den Gewinn von Berufserfahrung für den Stufenaufstieg zu fingieren.

64

(a) Art. 33 Abs. 2 GRC sieht lediglich den Anspruch auf Elternurlaub vor, ohne daran rechtliche Vorgaben zu knüpfen.

65

(b) Die Empfehlung des Rates vom 31. März 1992 zur Kinderbetreuung (92/241/EWG) (ABl. EG L 123 vom 8. Mai 1992 S. 16) entfaltet gemäß Art. 288 AEUV ebenfalls keine verbindliche Wirkung. Im Übrigen wird auch darin nur vorgeschlagen, Initiativen zu ergreifen, die es Frauen und Männern ermöglichen, ihre beruflichen, familiären und erzieherischen Pflichten im Hinblick auf die Kindesbetreuung miteinander in Einklang zu bringen.

66

(5) Nationale, über den Gewährleistungsinhalt des Unionsrechts hinausgehende Gleichstellungsvorschriften, die es geböten, die Elternzeit auf die Stufenlaufzeit anzurechnen, bestehen nicht.

67

(a) Aus dem Gesetz zur Verwirklichung der Chancengleichheit von Frauen und Männern im öffentlichen Dienst des Landes Baden-Württemberg vom 11. Oktober 2005 (Chancengleichheitsgesetz - ChancenG, GBl. 650) lässt sich kein Anspruch der Klägerin auf Anrechnung der Elternzeit auf die Stufenlaufzeit ableiten. Gemäß § 3 Abs. 2 ChancenG gilt dieses Gesetz ua. für Kommunen nur eingeschränkt. Aus §§ 23 und 24 ChancenG lassen sich keine konkreten Ansprüche einzelner Beschäftigter ableiten.

68

(b) Das Bundesgleichstellungsgesetz findet auf die bei einer Kommune beschäftigte Klägerin keine Anwendung. Darum kann dahinstehen, ob § 9 Abs. 2 Nr. 1 BGleiG und/oder § 15 Abs. 3 und Abs. 4 BGleiG Beschäftigten des Bundes Anspruch auf die Anrechnung der Elternzeit auf die Stufenlaufzeit gewähren(in diesem Sinne v. Roetteken AGG Stand November 2010 § 3 Rn. 161; das BMI geht davon aus, dass nur keine Rückstufung gemäß § 17 Abs. 3 Satz 3 TVöD erfolgen darf [Rundschreiben vom 8. Dezember 2005 - D II 2-220-210-2/0 - S. 44]).

69

(6) Auch § 15 Abs. 2 Satz 6 BEEG gebietet keine Berücksichtigung der Elternzeit für den Stufenaufstieg im Entgeltsystem des TVöD(vgl. BAG 20. April 2010 - 3 AZR 370/08 - Rn. 49, EzA GG Art. 3 Nr. 109; 21. Mai 2008 - 5 AZR 187/07 - Rn. 29, BAGE 126, 375). Zwar kann von den Vorschriften über den Erziehungsurlaub auch nicht durch Tarifvertrag abgewichen werden. Die Tarifvertragsparteien müssen aber nicht für einen Ausgleich der Nachteile sorgen, die sich aus der gesetzlichen Ausgestaltung des Erziehungsurlaubs für die Arbeitnehmer ergeben (BAG 15. Dezember 1998 - 3 AZR 251/97 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Lufthansa Nr. 25 = EzA BErzGG § 15 Nr. 12).

70

dd) Der Gleichberechtigungsgrundsatz in seiner Ausprägung durch Art. 3 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 GG ist ebenfalls nicht verletzt. Zwar verbieten auch diese Bestimmungen sowohl eine unmittelbare als auch mittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts (BVerfG 27. November 1997 - 1 BvL 12/91 - BVerfGE 97, 35, 43; 18. Juni 2008 - 2 BvL 6/07 - Rn. 48 f., BVerfGE 121, 241). Die Gewährleistungen des Art. 3 GG gehen insoweit jedoch nicht über das Unionsrecht hinaus(vgl. BAG 20. April 2010 - 3 AZR 370/08 - Rn. 28, EzA GG Art. 3 Nr. 109; BFH 5. Dezember 2000 - VII R 18/00 - zu II 3 der Gründe, BFHE 193, 234 ).

71

II. Auch Art. 6 GG ist nicht verletzt.

72

1. Die Tarifvertragsparteien haben nicht die Pflicht, durch tarifliche Regelungen zum besonderen Schutz von Ehe und Familie beizutragen. Der Schutzauftrag aus Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 GG richtet sich nicht an die Tarifvertragsparteien, sondern an den Staat(Senat 18. Dezember 2008 - 6 AZR 287/07 - Rn. 20, BAGE 129, 93). Gleichwohl darf die von ihnen vorgenommene Gruppenbildung die durch Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 GG geschützten Belange von Ehe und Familie nicht gleichheits- und sachwidrig außer Betracht lassen(vgl. zu dieser Grenze der Regelungsbefugnis der Tarifvertragsparteien Senat 30. Oktober 2008 - 6 AZR 712/07 - Rn. 15, BAGE 128, 219). Diesen Anforderungen genügt § 17 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 TVöD-AT.

73

Das neue Entgeltsystem des TVöD stellt durch den Stufenaufstieg innerhalb der Entgeltgruppe auf die Berufserfahrung und die darin zum Ausdruck kommende Leistungsfähigkeit ab. Diese Entgeltkomponente hat keinerlei Bezug zu den Gewährleistungen des Art. 6 GG. Die Tarifvertragsparteien durften typisierend annehmen, dass während der Elternzeit kein Zuwachs an Erfahrungswissen erfolgt und durften darum vorsehen, dass diese Zeit nicht auf die Stufenlaufzeit anzurechnen ist. Nach ihrer typisierenden Betrachtung unterscheidet sich die Arbeitsleistung durchgehend aktiv Beschäftigter und der Beschäftigten, die nach einer Elternzeit die Beschäftigung wieder aufnehmen. Nach Sinn und Zweck der Entgeltsteigerung durch den Aufstieg in den Stufen war es daher nicht geboten, die Elternzeit auf die Stufenlaufzeit anzurechnen. Im Gegenteil würde es dem Sinn und Zweck des Stufenaufstiegs widersprechen, wenn Zeiten ohne tatsächliche Arbeitsleistung, die über die in § 17 Abs. 3 Satz 1 TVöD-AT aufgezählten hinausgehen, berücksichtigt würden.

74

2. Die Rechtslage bei Sozialplanabfindungen gibt keinen Anlass zu einer abweichenden Würdigung. Danach widerspricht es den in Art. 6 GG enthaltenen Wertungen, die über § 75 BetrVG auch in die Prüfung von Sozialplänen Eingang finden, wenn die Betriebspartner bei der Höhe der Abfindung zwar auch die Dauer der Beschäftigung berücksichtigen, nicht aber Zeiten des Erziehungsurlaubs(BAG 12. November 2002 - 1 AZR 58/02 - BAGE 103, 321). Die Sozialplanabfindung hat keinen Entgeltcharakter und soll nicht die geleisteten Dienste vergüten. Ihr kommt vielmehr eine zukunftsbezogene Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion zu (vgl. nur BAG 23. März 2010 - 1 AZR 832/08 - Rn. 29, AP BetrVG 1972 § 75 Nr. 55 = EzA BetrVG 2001 § 112 Nr. 35). Sinn und Zweck der Sozialplanabfindung bedingen also gerade nicht das Außerachtlassen von Elternzeiten (vgl. BAG 12. November 2002 - 1 AZR 58/02 - BAGE 103, 321, 327 f.). Darin liegt der Unterschied zur Stufenlaufzeit.

75

3. Art. 6 Abs. 4 GG scheidet als Prüfungsmaßstab aus. Aus dieser Norm können für Sachverhalte, die nicht allein Mütter betreffen, keine besonderen Rechte hergeleitet werden. § 17 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 TVöD-AT gilt jedoch für alle Beschäftigten, die Elternzeit in Anspruch nehmen, egal ob sie Väter oder Mütter sind. Auch wenn sich die Hemmung des Stufenaufstiegs tatsächlich vor allem zulasten der Mütter auswirkt, weil diese auch heute noch durch die Inanspruchnahme von Elternzeit jedenfalls länger als die Väter ihre Berufstätigkeit unterbrechen, ist der Schutzbereich des Art. 6 Abs. 4 GG nicht berührt(vgl. BVerfG 12. März 1996 - 1 BvR 609/90, 1 BvR 692/90 - BVerfGE 94, 241; BAG 20. April 2010 - 3 AZR 370/08 - Rn. 42, EzA GG Art. 3 Nr. 109).

76

III. Art. 3 Abs. 1 GG ist durch den Zuschnitt der Personenkreise, bei denen in § 17 Abs. 3 Satz 1 TVöD-AT Unterbrechungen der Arbeitsleistung mit Zeiten einer ununterbrochenen Tätigkeit gleichgestellt worden sind, nicht verletzt.

77

1. Die Klägerin macht insoweit geltend, es sei nicht verständlich, warum eine Arbeitsunfähigkeit bis zu 39 Wochen als Zeit einer ununterbrochenen Tätigkeit angesehen werde, während eine Elternzeit von gleicher Dauer schädlich sei. Nach § 17 Abs. 3 Satz 1 Buchst. b TVöD-AT werden die Zeiten einer Arbeitsunfähigkeit bis zu 39 Wochen angerechnet. Das gilt für jeden Fall der Arbeitsunfähigkeit, wobei bei Fortsetzungserkrankungen alle rechtlich im Fortsetzungszusammenhang stehenden Zeiten als eine Arbeitsunfähigkeit gelten (Fieberg GKÖD Stand Dezember 2010 § 17 TVöD/TV-L Rn. 32). In Einzelfällen kann daher die anrechnungsfähige Zeit mehrerer unterschiedlicher Arbeitsunfähigkeiten die Dauer der die Stufenlaufzeit hemmenden Elternzeit übersteigen. Das führt jedoch nicht dazu, dass jedenfalls 39 Wochen der Elternzeit der Klägerin auf die Stufenlaufzeit anzurechnen wären.

78

a) Tarifvertragsparteien sind bei der tariflichen Normsetzung nicht unmittelbar grundrechtsgebunden. Die Schutzfunktion der Grundrechte verpflichtet die Arbeitsgerichte jedoch dazu, Tarifregelungen die Durchsetzung zu verweigern, die zu gleichheits- und sachwidrigen Differenzierungen führen und deshalb Art. 3 GG verletzen. Dabei kommt den Tarifvertragsparteien als selbständigen Grundrechtsträgern allerdings aufgrund der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Wie weit dieser reicht, hängt von den im Einzelfall vorliegenden Differenzierungsmerkmalen ab, wobei den Tarifvertragsparteien in Bezug auf die tatsächlichen Gegebenheiten und betroffenen Interessen eine Einschätzungsprärogative zusteht (Senat 18. Dezember 2008 - 6 AZR 287/07 - BAGE 129, 93). Art. 3 GG untersagt auch einen gleichheitswidrigen Begünstigungsausschluss. Auch wenn man berücksichtigt, dass sich die Regelung in § 17 Abs. 3 Satz 2 TVöD-AT auf die grundrechtlich geschützte Freiheit, Elternzeit zu beanspruchen, auswirken kann, und deshalb einen Rechtfertigungsgrund verlangt, der im angemessenen Verhältnis zum Grad der Ungleichbehandlung steht(vgl. BVerfG 15. März 2000 - 1 BvL 16/96 ua. - BVerfGE 102, 68, 87), begünstigt die Regelung in § 17 Abs. 3 Satz 1 Buchst. b TVöD-AT unter Berücksichtigung der Einschätzungsprärogative der Tarifvertragsparteien Arbeitsunfähige nicht gleichheitswidrig gegenüber den Beschäftigten, die nach einer Elternzeit ihre Tätigkeit wieder aufnehmen.

79

b) Zwar kann während der Zeit einer Arbeitsunfähigkeit ebenso wie während der Elternzeit, in der das Arbeitsverhältnis ruht, kein für den Stufenaufstieg relevantes Erfahrungswissen erworben werden. Die Tarifvertragsparteien durften aber davon ausgehen, dass typischerweise auch im öffentlichen Dienst Zeiten langdauernder ununterbrochener Arbeitsunfähigkeit Ausnahmefälle darstellen. Weniger als 5 % aller Arbeitsunfähigkeitsfälle der in den gesetzlichen Krankenkassen Versicherten dauern über die gesetzliche Entgeltfortzahlung von sechs Wochen hinaus (Badura/Schröder/Klose/Macco Fehlzeiten-Report 2010 S. 439 Abb. 29.6). Auch die Dauer der Arbeitsunfähigkeit der AOK-Mitglieder im öffentlichen Dienst überstieg nur in 11,5 % aller Arbeitsunfähigkeitsfälle 21 Tage. Lediglich in 4,2 % aller Fälle lag dabei eine Arbeitsunfähigkeit von mehr als 42 Tagen vor (Badura/Schröder/Klose/Macco aaO S. 400 Tabelle 28.10.5). Die durchschnittliche Dauer eines Arbeitsunfähigkeitsfalles unter den bei der AOK Versicherten ist von etwas mehr als 12 Tagen im Jahr 2004 auf knapp unter 12 Tagen im Jahr 2009 gesunken (Badura/Schröder/Klose/Macco aaO S. 398 Tabelle 28.10.1). Das gilt trotz des Umstandes, dass die in den öffentlichen Verwaltungen beschäftigten AOK-Mitglieder eine ungünstigere Altersstruktur aufweisen als die in der freien Wirtschaft Beschäftigten und in der AOK die Berufsgruppen des öffentlichen Dienstes mit einer besonders hohen Arbeitsbelastung überrepräsentiert sind (Badura/Schröder/Klose/Macco aaO S. 279). Selbst bei den Berufsgruppen mit den höchsten Fehlzeiten lag die Dauer der Arbeitsunfähigkeit je Fall bei knapp unter 16 Tagen (Badura/Schröder/Klose/Macco aaO S. 399 Tabelle 28.10.4).

80

Zwischen einzelnen Krankheiten oder Krankheitsphasen kommt es also auch im öffentlichen Dienst typischerweise, gerade auch bei Fortsetzungserkrankungen, immer wieder zu Zeiten tatsächlicher Arbeitsleistung und damit des Erfahrungsgewinns. Durch die Inanspruchnahme von Elternzeit, bei der das Arbeitsverhältnis ruht, tritt also bei typisierender Betrachtung eine erheblich längere Unterbrechung des Erfahrungsgewinns ein als durch Arbeitsunfähigkeit. Das durften die Tarifvertragsparteien ihrer Regelung zugrunde legen.

81

Des Weiteren durften die Tarifvertragsparteien darauf abstellen, dass Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von 39 Wochen nicht zur gänzlichen Suspendierung der Vergütungspflicht führt. Nach Ablauf des Entgeltfortzahlungszeitraums steht dem Beschäftigten gemäß § 22 Abs. 3 Satz 1 TVöD-AT bei einer Beschäftigungszeit von mehr als drei Jahren nach § 22 Abs. 2 TVöD-AT ein Krankengeldzuschuss bis zum Ende der 39. Woche der Arbeitsunfähigkeit zu. Demgegenüber ruht das Arbeitsverhältnis während der Elternzeit unter Suspendierung aller wechselseitigen Pflichten. Bei der notwendigerweise pauschalisierenden Bewertung, welche Zeiten der Unterbrechung der Tätigkeit sie einer tatsächlichen Beschäftigung gleichstellen wollten, hält es sich noch im Rahmen des Gestaltungsspielraums der Tarifvertragsparteien, solche Zeiten einer Arbeitsunfähigkeit, für die noch ein Anspruch auf Krankengeldzuschuss bestehen kann und damit die Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis auf Arbeitgeberseite nicht gänzlich suspendiert sind, auf die Stufenlaufzeit anzurechnen und demgegenüber auch Elternzeiten von weniger als 39 Wochen als Hemmung der Stufenlaufzeit zu werten (vgl. BAG 9. November 1994 - 10 AZR 3/94 - AP BAT § 23a Nr. 33 = EzA BAT § 23a Nr. 3 für die Anrechnung der Arbeitsunfähigkeit auf die Bewährungszeit nach § 23a BAT).

82

2. Auch der Einwand der Klägerin, Sonderurlaub aus betrieblichen Gründen sei nicht zwingend mit einem Gewinn an einschlägiger Berufserfahrung verbunden, ist nicht geeignet, eine gleichheitswidrige Begünstigung des von § 17 Abs. 3 Satz 1 Buchst. d TVöD-AT erfassten Personenkreises aufzuzeigen.

83

Sonderurlaub, bei dem der Arbeitgeber vor dem Antritt schriftlich ein dienstliches oder betriebliches Interesse anerkannt hat, wird gemäß § 17 Abs. 3 Satz 1 Buchst. d TVöD-AT unabhängig von seiner Dauer auf die Stufenlaufzeit angerechnet. Ein solcher Sonderurlaub wird typischerweise dann gewährt, wenn sich der einzelne Beschäftigte qualifizieren will und der Arbeitgeber sich diese Qualifikation später zunutze machen will (Künzl GKÖD Stand Dezember 2010 § 34 TVöD/TV-L Rn. 424). Gleiches gilt, wenn die Übernahme der Tätigkeit, für die die Beurlaubung erfolgt, im dienstlichen Interesse liegt (Fieberg GKÖD Stand Dezember 2010 § 28 TVöD/TV-L Rn. 28). So liegt die Tätigkeit von Bundesbediensteten in öffentlichen zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Organisationen im deutschen Interesse. Die Beurlaubung (Entsendung) zur Dienstleistung bei Internationalen Organisationen fördert das Leistungsniveau und die Verwendbarkeit auch im nationalen Dienst. Darum ist Beschäftigten des Bundes bei einer solchen Entsendung Sonderurlaub nach § 28 TVöD zu gewähren, der im dienstlichen Interesse liegt und daher bei Erfüllung der formellen Anforderungen auf die Beschäftigungszeit anzurechnen ist(I und IV der Richtlinien für die Entsendung von Bundesbediensteten in öffentliche zwischenstaatliche oder überstaatliche Organisationen (Entsendungsrichtlinien - EntsR -) vom 26. September 2005, GMBl. S. 1074). Aus denselben Gründen ist Beschäftigten des Bundes Sonderurlaub für Aufgaben der Entwicklungszusammenarbeit zu gewähren (I und IV der Richtlinien für die Beurlaubung von Bundesbediensteten zur Übernahme von Aufgaben der Entwicklungszusammenarbeit (Beurlaubungsrichtlinien - BeurlR) vom 25. Oktober 2000, GMBl. S. 1112). Die Anrechnung der Zeiten des Sonderurlaubs auf die Stufenlaufzeit erklärt sich also daraus, dass sich während der Beurlaubung typischerweise die berufliche Qualifikation und Verwendbarkeit verbessern. Darauf durften die Tarifvertragsparteien bei typisierender Betrachtung abstellen.

84

IV. Eine Altersdiskriminierung rügt die Klägerin nicht. Ein auf Berufserfahrung abstellendes Entgeltsystem wie das des TVöD ist nicht per se altersdiskriminierend. Es ist vielmehr ein legitimes Ziel der Entgeltpolitik, Berufserfahrung zu honorieren, die den Arbeitnehmer befähigt, seine Arbeit besser zu verrichten (EuGH 3. Oktober 2006 - C-17/05 - [Cadman] Rn. 34, Slg. 2006, I-9583). Da die Klägerin keine Indizien für eine auch nur mittelbare Altersdiskriminierung durch das auf Berufserfahrung abstellende Stufensystem des TVöD aufgezeigt hat, war keine Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung des EuGH über die Vorlage des Senats vom 20. Mai 2010 (- 6 AZR 319/09 (A) -) geboten.

85

C. Auf den von der Klägerin angeführten besonderen Umstand, dass sie ihre beruflichen Fertigkeiten während der Elternzeit weiter entwickelt haben will, kommt es nicht an. Darüber hinaus ist ihr Vortrag insoweit unsubstantiiert.

86

I. Die Tarifvertragsparteien haben typisierend darauf abgestellt, dass bei der Mehrzahl der vom TVöD erfassten Berufsbilder während der Elternzeit keine für die geschuldete Tätigkeit förderliche Berufserfahrung erworben wird. Dies gilt auch für die Entgeltgruppe 5, in die die Klägerin eingruppiert war. In dieser Entgeltgruppe sind die frühere Vergütungsgruppe VII des BAT sowie die Lohngruppen 5 (mit Aufstieg nach 5a) und 4 (mit Aufstieg nach 5 und 5a) und damit eine Vielzahl von Berufsbildern nicht nur häuslichen Zuschnitts zusammengefasst worden (Anlage 3 zum TVÜ-VKA). Darauf, ob im Einzelfall bei Beschäftigten während der Elternzeit bezogen auf ihre berufliche Tätigkeit ein Erfahrungszuwachs eintritt, kommt es damit nicht an, zumal es auch in diesen Fällen an der Eingliederung in die betriebliche Organisation fehlt, die essentiell für die von den Tarifvertragsparteien angenommene Verbesserung von Arbeitsqualität und -quantität ist.

87

II. Der Hinweis der Klägerin, sie habe während der Elternzeit zumindest teilweise ihre beruflichen Fertigkeiten als Schneiderin fortentwickelt, ist darüber hinaus unsubstantiiert. Sie behauptet nicht konkret, dass sie ihre Kerntätigkeit als Schneiderin auch während der Elternzeit in einem Maße verrichtet habe, das dem Erwerb weiterer Berufserfahrung durch die von ihr geschuldete Tätigkeit gleichgekommen wäre.

88

D. Die Klägerin hat im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt, dass es sich bei den auf Gehaltsabrechnung bezogenen Anträgen um unechte Hilfsanträge für den Fall des Obsiegens mit den Zahlungsanträgen handelt. Diese Anträge sind darum nicht zur Entscheidung angefallen.

89

E. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Brühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    D. Knauß    

        

    U. Lauth    

                 

(1) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1964 geboren sind, haben frühestens Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie

1.
das 63. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.
Die vorzeitige Inanspruchnahme dieser Altersrente ist frühestens nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich.

(2) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1952 geboren sind, haben Anspruch auf diese Altersrente nach Vollendung des 63. Lebensjahres; für sie ist die vorzeitige Inanspruchnahme nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich. Für Versicherte, die nach dem 31. Dezember 1951 geboren sind, werden die Altersgrenze von 63 Jahren und die Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme wie folgt angehoben:

Versicherte Geburtsjahr GeburtsmonatAnhebung um Monateauf Altervorzeitige Inanspruchnahme möglich ab Alter
JahrMonatJahrMonat
1952
Januar1631601
Februar2632602
März3633603
April4634604
Mai5635605
Juni – Dezember6636606
19537637607
19548638608
19559639609
19561063106010
19571163116011
195812640610
195914642612
196016644614
196118646616
196220648618
19632264106110.

Für Versicherte, die
1.
am 1. Januar 2007 als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt waren und
2.
entweder
a)
vor dem 1. Januar 1955 geboren sind und vor dem 1. Januar 2007 Altersteilzeitarbeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes vereinbart haben
oder
b)
Anpassungsgeld für entlassene Arbeitnehmer des Bergbaus bezogen haben,
werden die Altersgrenzen nicht angehoben.

(3) Versicherte, die vor dem 1. Januar 1951 geboren sind, haben unter den Voraussetzungen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 auch Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie bei Beginn der Altersrente berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind.

(4) Versicherte, die vor dem 17. November 1950 geboren sind und am 16. November 2000 schwerbehindert (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch), berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht waren, haben Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie

1.
das 60. Lebensjahr vollendet haben,
2.
bei Beginn der Altersrente
a)
als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt oder
b)
berufsunfähig oder erwerbsunfähig nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht sind und
3.
die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 15. April 2015 - 7 Sa 1242/14 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Berechtigung der Beklagten zur Rückforderung von Krankengeldzuschüssen und einer anteiligen Jahressonderzahlung.

2

Die Klägerin ist bei der beklagten Stadt seit dem 1. Juli 1993 als Angestellte beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach den Regelungen des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) vom 13. September 2005 im Bereich der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA). § 22 Abs. 1 Satz 1 TVöD-AT sieht vor, dass Beschäftigte, die schuldlos durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an der Arbeitsleistung verhindert werden, bis zur Dauer von sechs Wochen Entgeltfortzahlung nach der in § 21 TVöD-AT geregelten Bemessungsgrundlage erhalten. Gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 TVöD-AT erhalten die Beschäftigten nach Ablauf dieses Zeitraums für die Zeit, für die ihnen Krankengeld oder entsprechende gesetzliche Leistungen gezahlt werden, einen Krankengeldzuschuss in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen den tatsächlichen Barleistungen des Sozialleistungsträgers und dem Nettoentgelt. Der Krankengeldzuschuss wird nach § 22 Abs. 3 Satz 1 TVöD-AT bei einer Beschäftigungszeit von mehr als drei Jahren längstens bis zum Ende der 39. Woche seit dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit infolge derselben Krankheit gezahlt. § 22 Abs. 4 TVöD-AT regelt in der Fassung des Änderungstarifvertrags Nr. 2 vom 31. März 2008 den Anspruch auf Krankengeldzuschuss mit Wirkung ab dem 1. Juli 2008 weiterhin wie folgt:

        

„(4)   

1Entgelt im Krankheitsfall wird nicht über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus gezahlt; § 8 EFZG bleibt unberührt. 2Krankengeldzuschuss wird zudem nicht über den Zeitpunkt hinaus gezahlt, von dem an Beschäftigte eine Rente oder eine vergleichbare Leistung auf Grund eigener Versicherung aus der gesetzlichen Rentenversicherung, aus einer zusätzlichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung oder aus einer sonstigen Versorgungseinrichtung erhalten, die nicht allein aus Mitteln der Beschäftigten finanziert ist. … 4Überzahlter Krankengeldzuschuss und sonstige Überzahlungen gelten als Vorschuss auf die in demselben Zeitraum zustehenden Leistungen nach Satz 2; die Ansprüche der Beschäftigten gehen insoweit auf den Arbeitgeber über. 5Der Arbeitgeber kann von der Rückforderung des Teils des überzahlten Betrags, der nicht durch die für den Zeitraum der Überzahlung zustehenden Bezüge im Sinne des Satzes 2 ausgeglichen worden ist, absehen, es sei denn, die/der Beschäftigte hat dem Arbeitgeber die Zustellung des Rentenbescheids schuldhaft verspätet mitgeteilt.“

3

Die Klägerin ist schwerbehindert (GdB 60). Sie war seit dem 14. April 2010 wegen Krankheit arbeitsunfähig. Für die Zeit bis zum 22. Oktober 2010 erhielt sie Krankengeldzuschuss und eine anteilige Jahressonderzahlung iHv. insgesamt 2.882,51 Euro. Die Jahressonderzahlung ist in § 20 TVöD-AT geregelt. § 20 Abs. 4 TVöD-AT lautet in der Fassung des Änderungstarifvertrags Nr. 2 vom 31. März 2008 mit Wirkung ab dem 1. Januar 2008 auszugsweise wie folgt:

        

„(4)   

1Der Anspruch nach den Absätzen 1 bis 3 vermindert sich um ein Zwölftel für jeden Kalendermonat, in dem Beschäftigte keinen Anspruch auf Entgelt oder Fortzahlung des Entgelts nach § 21 haben. 2Die Verminderung unterbleibt für Kalendermonate,

                 

…       

        
                 

2.    

in denen Beschäftigten Krankengeldzuschuss gezahlt wurde oder nur wegen der Höhe des zustehenden Krankengelds ein Krankengeldzuschuss nicht gezahlt worden ist.“

4

Mit Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 20. Dezember 2010 wurde der Klägerin rückwirkend zum 1. Juli 2010 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bewilligt. Die Beklagte verlangte daraufhin auf der Grundlage des Forderungsübergangs nach § 22 Abs. 4 Satz 4 Halbs. 2 TVöD-AT von der Deutschen Rentenversicherung Bund die Erstattung der an die Klägerin als Krankengeldzuschuss und anteilige Jahressonderzahlung insgesamt geleisteten 2.882,51 Euro. Unter dem 1. März 2011 teilte die Rentenversicherung der Beklagten mit, dass für die Zeit vom 1. Juli 2010 bis zum 31. Dezember 2010 zwar eine Rentennachzahlung iHv. 2.981,34 Euro zu erfüllen sei. Wegen des vorrangigen Anspruchs der Krankenversicherung könnten jedoch nur 160,29 Euro erstattet werden. Die für die Zusatzversorgung zuständigen Rheinischen Versorgungskassen erklärten mit Schreiben vom 6. April 2011, es liege kein Erstattungsgrund vor.

5

Am 17. Mai 2011 informierte die Beklagte die Klägerin mit einer E-Mail darüber, dass ihr wegen der Rentenbewilligung der seit dem 1. Juli 2010 bezogene Krankengeldzuschuss sowie die anteilige Jahressonderzahlung nicht zugestanden hätten. Da die Überzahlung 2.882,51 Euro betrage und durch die Rentenversicherung nur 160,29 Euro erstattet worden seien, belaufe sich der Rückforderungsanspruch auf 2.722,22 Euro. Hierauf Bezug nehmend verlangte die Beklagte mit Schreiben vom 22. Juni 2011 nochmals erfolglos die Zahlung dieser Summe. Mit Schreiben vom 5. Juni 2012 erneuerte sie ihre Forderung und erklärte die Aufrechnung mit den Entgeltansprüchen der Klägerin. Durch Schreiben ihrer Gewerkschaft vom 14. Juni 2012 lehnte die Klägerin eine Zahlungsverpflichtung dem Grunde nach ab. Ab Juli 2012 behielt die Beklagte in Vollzug der erklärten Aufrechnung monatlich 100,00 Euro von dem Nettoentgelt der Klägerin ein.

6

Mit ihrer am 22. Mai 2014 eingegangenen Klage hat die Klägerin die Rückzahlung der bezogen auf die Zeit von Juli 2012 bis einschließlich April 2014 insgesamt einbehaltenen 2.200,00 Euro netto verlangt. Nach ihrer Ansicht steht der Beklagten kein Rückforderungsanspruch zu. Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung sei keine Rente iSd. § 22 Abs. 4 Satz 2 TVöD-AT. Dieser erfasse entsprechend dem üblichen Sprachgebrauch nur Altersrenten oder vergleichbare Versorgungen. Die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung werde dagegen bewilligt, weil aufgrund des Gesundheitszustandes nicht die volle Arbeitsleistung erbracht werden könne. Der teilweise Verlust der Erwerbsfähigkeit solle auf diese Weise ausgeglichen werden. Dies stehe nicht zur Disposition der Tarifvertragsparteien.

7

Anderenfalls verstoße § 22 Abs. 4 Satz 2 TVöD-AT gegen das Verbot der Diskriminierung behinderter Menschen. Wer die Voraussetzungen der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI erfülle, sei langzeitkrank und damit behindert iSd. § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX und der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (im Folgenden Richtlinie 2000/78/EG). § 22 Abs. 4 Satz 2 TVöD-AT würde, falls eine Rente wegen Erwerbsminderung von ihm erfasst würde, in unzulässiger Weise zwischen nicht behinderten arbeitsunfähigen Arbeitnehmern und behinderten arbeitsunfähigen Arbeitnehmern unterscheiden. Erkrankte Beschäftige, die nicht so erheblich erkrankt seien, dass eine Behinderung gegeben sei, würden in den Grenzen des § 22 Abs. 3 TVöD-AT einen Krankengeldzuschuss erhalten. Demgegenüber verliere ein arbeitsunfähiger Beschäftigter, der so erheblich erkrankt sei, dass er als Behinderter eine teilweise Erwerbsminderungsrente erhalte, allein aufgrund des Umstandes seiner Behinderung den weiteren Anspruch auf Krankengeldzuschuss. Für diese Differenzierung gebe es keinen Rechtfertigungsgrund. Die Leistungen dienten unterschiedlichen Zwecken. Der Anspruch auf die Rentenleistung dürfe den Krankengeldzuschuss nicht verringern. Dies werde durch folgende Kontrollüberlegung bestätigt: Nehme der Arbeitnehmer nach seiner Genesung seine Tätigkeit wieder auf, erhalte er weiterhin eine teilweise Erwerbsminderungsrente neben seinem Entgelt. Dabei handle es sich nicht um eine ungerechtfertigte Besserstellung, sondern um einen sozialen Ausgleich für die erlittenen Gesundheitsschäden und damit für die Behinderung.

8

Die Klägerin hat daher beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 2.200,00 Euro netto nebst Zinsen in im Einzelnen genannter, gestaffelter Höhe aus monatlich jeweils 100,00 Euro zu zahlen.

9

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag mit den Regelungen des § 22 Abs. 4 TVöD-AT begründet, welche die Rückforderung der genannten Beträge und damit auch die streitgegenständliche Aufrechnung zuließen. § 22 Abs. 4 Satz 2 TVöD-AT erfasse schon seinem Wortlaut nach eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Dies entspreche auch Sinn und Zweck der Tarifnorm, welche die Leistung des Krankengeldzuschusses nur so lange gewähren wolle, bis ein anderes soziales Sicherungssystem, ua. die gesetzliche Rentenversicherung, den Einkommensverlust ausgleiche. Dabei würden Behinderte nicht benachteiligt.

10

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter. Ergänzend führt sie an, die Ansprüche auf Zahlung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gingen ohnehin auf die gesetzliche Krankenversicherung über, so dass tatsächlich keine Auszahlungen erfolgten. Gleichzeitig seien Betroffene der Rückforderung des nunmehr als Vorschuss geltenden Krankengeldzuschusses ausgesetzt. Ein Arbeitnehmer, der im gleichen Zeitraum arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei und keine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung erhalten habe, behalte demgegenüber ungemindert den Krankengeldzuschuss und müsse Rückforderungen nicht fürchten.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zu Recht zurückgewiesen.

12

I. Die Klage ist unbegründet. Die streitgegenständlichen Lohnforderungen der Klägerin sind durch Aufrechnung gemäß § 389 BGB erloschen. Zum Zeitpunkt des jeweiligen monatlichen Einbehalts ab 1. Juli 2012 bestand eine Aufrechnungslage iSd. § 387 BGB. Den Lohnansprüchen der Klägerin standen die ihrem Gegenstand nach gleichartigen und höheren Ansprüche der Beklagten auf Rückzahlung des von Juli bis Oktober 2010 geleisteten Krankengeldzuschusses und der im November 2010 zur Auszahlung gekommenen anteiligen Jahressonderzahlung gegenüber. Dies folgt aus § 22 Abs. 4 Satz 4 Halbs. 1 iVm. Satz 2 TVöD-AT.

13

1. Wegen der zum 1. Juli 2010 rückwirkend bewilligten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung gilt der für die Monate Juli bis einschließlich Oktober 2010 gemäß § 22 Abs. 2 und Abs. 3 TVöD-AT gezahlte Krankengeldzuschuss nach § 22 Abs. 4 Satz 4 Halbs. 1 iVm. Satz 2 TVöD-AT als Vorschuss auf die Rentenzahlung für diesen Zeitraum. Folglich ist die Klägerin zur Rückzahlung des Krankengeldzuschusses gemäß § 22 Abs. 4 Satz 4 Halbs. 1 TVöD-AT verpflichtet, soweit die Beklagte keine Erstattung durch die Rentenversicherung erhielt.

14

a) § 22 Abs. 4 Satz 2 TVöD-AT erfasst auch eine Rente wegen Erwerbsminderung gemäß § 43 SGB VI(Clausen in Burger TVöD/TV-L 3. Aufl. § 22 Rn. 97; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Stand Juli 2009 § 22 Rn. 323; Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV Stand August 2015 E § 22 Rn. 109; Karb öAT 2015, 237; Fritz in Sponer/Steinherr TVöD Stand September 2013 § 22 Rn. 242).

15

aa) Dies ergibt sich aus seinem eindeutigen Wortlaut. Die Tarifregelung kennt keine Beschränkung auf bestimmte Arten gesetzlicher Renten. Dementsprechend ist auch die gesetzliche Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung erfasst (vgl. zu § 71 Abs. 2 Unterabs. 5 BAT BAG 7. Februar 2007 - 5 AZR 260/06 - Rn. 13; zustimmend Marschner EzTöD 100 § 22 Abs. 4 TVöD-AT Nr. 2).

16

bb) Dies entspricht dem Zweck des § 22 Abs. 4 Satz 2 TVöD-AT und seinem tariflichen Zusammenhang.

17

(1) Die Norm will einen Doppelbezug von Krankengeldzuschuss und Rentenleistung für denselben Zeitraum ausschließen (vgl. Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand Januar 2016 § 22 Rn. 181; BecKOK TVöD/Guth Stand 1. Oktober 2012 TVöD-AT § 22 Rn. 33). Sie ist in Zusammenhang mit § 22 Abs. 4 Satz 4 Halbs. 1 TVöD-AT zu sehen. Mit der dort angeordneten Vorschussfiktion berücksichtigen die Tarifvertragsparteien, dass der Rentenversicherungsträger oft zu einem viele Monate zurückliegenden Zeitpunkt den Eintritt einer Erwerbsminderung anerkennt und erst von diesem Zeitpunkt an rückwirkend die Rentenversicherungsleistung erbringt. In einem solchen Fall soll der Krankengeldzuschuss dem Arbeitnehmer nicht neben dem Rentenanspruch verbleiben (vgl. Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Stand Juli 2009 § 22 Rn. 327; vgl. zu § 37 Abs. 2 Unterabs. 5 BAT BAG 29. Juni 2000 - 6 AZR 50/99 - zu B II 1 b der Gründe; zu § 71 Abs. 2 Unterabs. 5 BAT: BAG 11. Oktober 2006 - 5 AZR 755/05 - Rn. 17; 30. September 1999 - 6 AZR 130/98 - zu 1 a der Gründe). Durch die Qualifizierung der überzahlten Krankengeldzuschüsse als Vorschüsse verlieren diese ihren ursprünglichen Entgeltcharakter (Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck aaO Rn. 182.18; zu § 37 Abs. 2 Unterabs. 5 BAT BAG 25. Februar 1993 - 6 AZR 334/91 - zu II 1 der Gründe, BAGE 72, 290). Die Leistung des Krankengeldzuschusses wird rückabgewickelt (Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV Stand August 2015 E § 22 Rn. 109). Dies ist nur wegen der rückwirkenden Rentenbewilligung erforderlich. Bei sofortiger Rentenbewilligung wäre keine Rückforderung veranlasst.

18

(2) Die Tarifvertragsparteien haben in den Sätzen 4 und 5 des § 22 Abs. 4 TVöD-AT die Rückforderung tariflich geregelt. Das gesetzliche Bereicherungsrecht (§§ 812 ff. BGB) kommt damit nicht zur Anwendung (vgl. Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand Januar 2016 § 22 Rn. 182). Die Neuregelung knüpft insoweit an ihre Vorgänger an (vgl. zu § 71 Abs. 2 Unterabs. 5 BAT BAG 7. Februar 2007 - 5 AZR 260/06 - Rn. 14; zu § 37 Abs. 2 Unterabs. 5 BAT vgl. BAG 25. Februar 1993 - 6 AZR 334/91 - zu II 1 der Gründe, BAGE 72, 290).

19

b) Mit § 22 Abs. 4 Satz 2 und Satz 4 Halbs. 1 TVöD-AT haben die Tarifvertragsparteien ihre Regelungskompetenz im Hinblick auf zwingende sozialrechtliche Vorgaben nicht überschritten. Das Bundessozialgericht hat zwar mit Urteil vom 29. Januar 2014 (- B 5 R 36/12 R - Rn. 23 f., BSGE 115, 110) entschieden, dass der in § 22 Abs. 4 Satz 4 Halbs. 2 TVöD-AT vorgesehene Forderungsübergang wegen eines Verstoßes gegen die zwingenden gesetzlichen Vorgaben für die Übertragbarkeit von Sozialleistungsansprüchen (§ 53 SGB I) unwirksam ist. Dies beschränkt sich jedoch auf den tariflich vorgesehenen Forderungsübergang und steht nicht im Zusammenhang mit den übrigen Regelungen des § 22 Abs. 4 TVöD-AT. Diese gestalten nur den Inhalt des Arbeitsverhältnisses, indem sie einen Anspruch auf Krankengeldzuschuss schaffen und begrenzen. Dies entspricht der Kompetenz der Tarifvertragsparteien (§ 1 Abs. 1 TVG).

20

c) Der Ausschluss der Doppelzahlung von Krankengeldzuschuss und Rente nach § 22 Abs. 4 Satz 2 TVöD-AT ist nicht wegen einer Diskriminierung behinderter Menschen nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam.

21

aa) Nach § 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG dürfen Beschäftigte ua. nicht wegen einer Behinderung benachteiligt werden. Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG verstoßen, sind nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam. Darunter fallen auch tarifliche Regelungen (BAG 18. Februar 2016 - 6 AZR 700/14 - Rn. 27). Dies entspricht den Vorgaben des Unionsrechts (vgl. BAG 14. Mai 2013 - 1 AZR 44/12 - Rn. 25, BAGE 145, 113). Nach Art. 16 Buchst. b der Richtlinie 2000/78/EG, deren Umsetzung die Regelungen des AGG dienen, finden die Diskriminierungsverbote der Richtlinie auch auf tarifvertragliche Bestimmungen Anwendung (vgl. BAG 25. März 2015 - 5 AZR 458/13 - Rn. 41).

22

bb) § 22 Abs. 4 Satz 2 TVöD-AT bewirkt keine unmittelbare Benachteiligung iSd. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG wegen einer Behinderung.

23

(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt demnach vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Von § 3 Abs. 1 AGG wird auch eine sog. verdeckte unmittelbare Ungleichbehandlung erfasst. Eine solche Ungleichbehandlung ist gegeben, wenn nach einem scheinbar objektiven, nicht diskriminierenden Kriterium unterschieden wird, das jedoch in untrennbarem Zusammenhang mit einem in § 1 AGG genannten Grund steht und damit kategorial ausschließlich Träger eines Diskriminierungsmerkmals trifft(vgl. EuGH 12. Oktober 2010 - C-499/08 - [Andersen] Rn. 23, Slg. 2010, I-9343; BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 190/12 - Rn. 46 mwN, BAGE 147, 60).

24

(2) § 22 Abs. 4 Satz 2 TVöD-AT knüpft nicht an das Merkmal der Behinderung an, sondern an den Erhalt ua. einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI. Es kann hier offenbleiben, ob die Erwerbsminderung in einem untrennbaren Zusammenhang mit einer Behinderung iSd. § 1 AGG steht(vgl. BAG 14. Januar 2015 - 7 AZR 880/13 - Rn. 42). Selbst wenn dies zu Gunsten der Klägerin unterstellt wird, führt § 22 Abs. 4 Satz 2 TVöD-AT zu keiner unmittelbaren Benachteiligung wegen einer Behinderung.

25

(a) Eine Behinderung iSd. § 1 AGG liegt unter Berücksichtigung des maßgeblichen supranationalen Rechts vor, wenn die körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit eines Menschen langfristig eingeschränkt ist und dadurch - in Wechselwirkung mit verschiedenen sozialen Kontextfaktoren (Barrieren) - seine Teilhabe an der Gesellschaft, wozu auch die Teilhabe am Berufsleben gehört, substantiell beeinträchtigt sein kann(BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 190/12 - Rn. 57 f., BAGE 147, 60). Auf einen bestimmten Grad der Behinderung kommt es nicht an. Voraussetzung ist nicht eine Schwerbehinderung iSv. § 2 Abs. 2 oder Abs. 3 SGB IX(BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 25). Dieses Verständnis der Behinderung steht im Einklang mit der Auslegung des Begriffs der „Behinderung“ iSd. Richtlinie 2000/78/EG durch den Gerichtshof der Europäischen Union (BAG 14. Januar 2015 - 7 AZR 880/13 - Rn. 42). Erfasst sind danach Einschränkungen, die insbesondere auf physische, geistige oder psychische Beeinträchtigungen von Dauer zurückzuführen sind, die in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren den Betreffenden an der vollen und wirksamen Teilhabe am Berufsleben, gleichberechtigt mit den anderen Arbeitnehmern, hindern können (EuGH 18. Dezember 2014 - C-354/13 - [FOA] Rn. 53). Das schließt einen Zustand ein, der durch eine ärztlich diagnostizierte heilbare oder unheilbare Krankheit verursacht wird, wenn diese Krankheit die vorgenannten Einschränkungen mit sich bringt. Anderenfalls fällt eine Krankheit nicht unter den Begriff der Behinderung iSd. Richtlinie 2000/78/EG. Behinderung und Krankheit sind nach wie vor nicht gleichzusetzen (EuGH 11. April 2013 - C-335/11 ua. - [Ring ua.] Rn. 41 f., 47, 75; BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 190/12 - Rn. 59, BAGE 147, 60).

26

(b) Rente wegen voller Erwerbsminderung erhalten Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Außerdem liegt volle Erwerbsminderung vor, wenn der Versicherte nach seinem Leistungsvermögen zwar noch zwischen drei und sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann, aber dafür der Teilzeitarbeitsmarkt verschlossen ist (sog. Arbeitsmarktrente gemäß § 43 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB VI, vgl. BAG 17. März 2016 - 6 AZR 221/15 - Rn. 22; 13. Mai 2015 - 2 AZR 565/14 - Rn. 32). Danach ist ein Arbeitnehmer, der die Voraussetzungen einer Rente wegen voller Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI erfüllt, auch in der Teilhabe am Berufsleben längere Zeit eingeschränkt(BAG 14. Januar 2015 - 7 AZR 880/13 - Rn. 42). Dies spricht für einen untrennbaren Zusammenhang zwischen Erwerbsminderung und Behinderung, auch wenn § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI nur auf die Fähigkeiten am Arbeitsmarkt abstellt(vgl. hierzu BVerfG 25. März 2015 - 1 BvR 2803/11 - Rn. 9).

27

(c) Zu Gunsten der Klägerin kann auch unterstellt werden, dass bei Erfüllung der Voraussetzungen einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung von einer Behinderung auszugehen ist. Eine solche Rente erhalten Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein, die aber unter diesen Bedingungen noch mehr als drei Stunden täglich erwerbstätig sein können (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).

28

(d) Selbst bei Annahme eines untrennbaren Zusammenhangs zwischen Erwerbsminderung und Behinderung liegt aber keine unmittelbare Benachteiligung Behinderter vor, da erwerbsgeminderte Beschäftigte nicht gegenüber Personen in einer vergleichbaren Situation benachteiligt werden.

29

(aa) § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG verlangt eine vergleichbare Situation. Der deutsche Gesetzgeber hat insoweit die Bestimmung des Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/78/EG, die ebenfalls eine vergleichbare Situation voraussetzt, unverändert umgesetzt. Auch der Gerichtshof der Europäischen Union geht davon aus, dass eine unmittelbare Benachteiligung nur dann vorliegt, wenn sich die betroffenen Personen in einer vergleichbaren Lage befinden. Die Situationen müssen nicht identisch, sondern nur vergleichbar sein. Die Prüfung dieser Vergleichbarkeit darf nicht allgemein und abstrakt sein, sondern muss spezifisch und konkret für die betreffende Leistung erfolgen (EuGH 10. Mai 2011 - C-147/08 - [Römer] Rn. 41 f., Slg. 2011, I-3591). Der Vergleich der jeweiligen Situationen ist daher fallbezogen anhand des Zwecks und der Voraussetzungen für die Gewährung der fraglichen Leistungen festzustellen (BAG 17. November 2015 - 1 AZR 938/13 - Rn. 24 mwN).

30

(bb) Im Ausgangspunkt zutreffend geht die Klägerin davon aus, dass sich behinderte und nichtbehinderte Beschäftigte bei Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit anfangs in derselben Lage befinden. Sie erhalten zunächst nach § 22 Abs. 1 iVm. § 21 TVöD-AT Entgeltfortzahlung(vgl. hierzu BAG 20. Januar 2010 - 5 AZR 53/09 - Rn. 13 ff., BAGE 133, 101) und anschließend Krankengeld gemäß §§ 44 bis 51 SGB V. Hierzu leistet der Arbeitgeber gemäß § 22 Abs. 2 und Abs. 3 TVöD-AT einen Krankengeldzuschuss in der tariflich bestimmten Höhe. Sinn und Zweck des Krankengeldzuschusses liegen darin, die Lücke zwischen dem nach § 47 SGB V zu berechnenden Krankengeld und dem Nettoverdienst zu schließen(vgl. BAG 18. August 2004 - 5 AZR 518/03 - zu II 3 der Gründe). Der Krankengeldzuschuss ist fortgezahltes Arbeitsentgelt, das lediglich in seiner Höhe auf eine Differenzzahlung beschränkt ist (Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV Stand Januar 2015 E § 22 Rn. 88).

31

(cc) Die Gruppe der Beschäftigten, die Krankengeldzuschuss beziehen, kann sich aufteilen in diejenigen, welche (rückwirkend) eine Rente wegen Erwerbsminderung erhalten, und diejenigen, bei denen dies nicht der Fall ist. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die vormals homogene Gruppe der wegen Krankheit Arbeitsunfähigen sich damit nicht mehr in einer vergleichbaren Situation befindet, weil die Rentenbezieher nun eine eigenständige finanzielle Unterstützung erhalten. Zudem unterfällt nur das Arbeitsverhältnis eines Erwerbsgeminderten den Regelungen des § 33 Abs. 2 und Abs. 3 TVöD-AT. Dadurch kommt es zu verschiedenen Konstellationen im Hinblick auf die soziale Sicherung durch Krankengeld, Krankengeldzuschuss, Erwerbsminderungsrente und ggf. Entgelt bei einer Weiterbeschäftigung.

32

(aaa) Bei Arbeitsunfähigkeit ohne Rentenbezug bestehen Ansprüche auf Krankengeld und Krankengeldzuschuss, wobei § 22 Abs. 3 TVöD-AT für diesen eine zeitliche Begrenzung vorsieht. Nach dem Ende der Arbeitsunfähigkeit entfällt der Anspruch auf Krankengeld und damit auch auf Krankengeldzuschuss (§ 22 Abs. 2 Satz 1 TVöD-AT).

33

(bbb) Bezieht der Beschäftigte bei Arbeitsunfähigkeit eine Rente, bedarf es zu seiner finanziellen Absicherung insoweit weder des Krankengeldes noch des Krankengeldzuschusses. Der Anspruch auf Krankengeld endet folglich nach § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V von Beginn der Leistung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung an bzw. wird nach § 50 Abs. 2 Nr. 2 SGB V um den Zahlbetrag einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung gekürzt. § 50 SGB V soll den Doppelbezug von Leistungen verhindern, die wie das Krankengeld den Ersatz von Arbeitsentgelt bezwecken(Eichenhofer/Wenner/SGB V/Just § 50 Rn. 1; Joussen in Becker/Kingreen SGB V 4. Aufl. § 50 Rn. 1).

34

Hinsichtlich des Krankengeldzuschusses gilt § 22 Abs. 4 Satz 4 Halbs. 1 iVm. Satz 2 TVöD-AT. Der damit bewirkte Ausschluss des Doppelbezugs von Rente und Krankengeldzuschuss entspricht sowohl dem Charakter des Krankengeldzuschusses, der die Aufrechterhaltung, aber nicht die Steigerung des Lebensstandards ermöglichen soll, wie auch der Zielsetzung der Erwerbsminderungsrente. Diese soll ebenfalls nur einen Lohnausgleich darstellen (BAG 17. März 2016 - 6 AZR 221/15 - Rn. 30; 22. Januar 2013 - 6 AZR 392/11 - Rn. 30; Kamprad in Hauck/Noftz SGB VI Stand Mai 2008 K § 43 Rn. 1). Dies verkennt die Klägerin, wenn sie davon ausgeht, die Erwerbsminderungsrente wolle erlittene Gesundheitsschäden und die Belastung einer Behinderung ausgleichen.

35

(ccc) Soweit die Klägerin darauf hinweist, ein Beschäftigter könne nach Wiederaufnahme seiner Tätigkeit weiterhin eine teilweise Erwerbsminderungsrente beziehen, spricht dies nicht dafür, dass ein Anspruch auf diese Rentenleistung den Krankengeldzuschuss nicht verringern darf. Eine Weiterbeschäftigung trotz teilweiser Erwerbsminderung ist zwar gemäß § 33 Abs. 3 TVöD-AT möglich(zu dessen Verfassungskonformität unter Berücksichtigung der Rechte Behinderter vgl. BAG 17. März 2016 - 6 AZR 221/15 - Rn. 16 ff.). Die Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit wird jedoch nur geleistet, wenn die Hinzuverdienstgrenze nach § 96a SGB VI nicht überschritten wird(vgl. hierzu BAG 22. Januar 2013 - 6 AZR 392/11 - Rn. 28). Wird ein Beschäftigter im Rahmen der Weiterbeschäftigung wegen Krankheit arbeitsunfähig, hat er ggf. wiederum Anspruch auf Krankengeld und Krankengeldzuschuss (vgl. Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand Januar 2016 § 22 Rn. 185.3).

36

(ddd) Kommt keine Weiterbeschäftigung nach § 33 Abs. 3 TVöD-AT zustande, kann es gemäß § 33 Abs. 2 TVöD-AT zum Ruhen und bei voraussichtlich dauerhaftem Rentenbezug wegen Erwerbsminderung sogar zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses kommen(vgl. hierzu BAG 17. März 2016 - 6 AZR 221/15 - Rn. 41 ff.; 14. Januar 2015 - 7 AZR 880/13 - Rn. 30; 23. Juli 2014 - 7 AZR 771/12 - Rn. 51 f., BAGE 148, 357).

37

(dd) Da sich die eine Rente wegen Erwerbsminderung beziehenden Beschäftigten hinsichtlich ihrer sozialen Absicherung nicht in einer mit den anderen Beschäftigten vergleichbaren Situation befinden, durften die Tarifvertragsparteien auch nur den Rentenbeziehern die Rückzahlung des Krankengeldzuschusses nach § 22 Abs. 4 Satz 4 Halbs. 1 iVm. Satz 2 TVöD-AT auferlegen. Die daraus folgende Belastung ist nicht zu verkennen. § 22 Abs. 4 Satz 2 TVöD-AT setzt keine bestimmte Höhe der Rente voraus(Fieberg in Fürst GKÖD Bd. IV Stand August 2015 E § 22 Rn. 109), so dass die Rückforderung des Krankengeldzuschusses die Rentennachzahlung übersteigen kann. Die Tarifvertragsparteien haben für diesen Fall jedoch durch § 22 Abs. 4 Satz 5 TVöD-AT die Möglichkeit des Verzichts des Arbeitgebers auf den entsprechenden Betrag eröffnet. Zudem durften sie im Rahmen der ihnen zustehenden Einschätzungsprärogative bei typisierender Betrachtung davon ausgehen, dass die soziale Absicherung der Beschäftigten nach Ablauf der sechswöchigen Entgeltfortzahlung (§ 22 Abs. 1 Satz 1 TVöD-AT) primär und ausreichend durch sozialversicherungsrechtliche Leistungen erfolgt. Sie mussten nicht für alle Konstellationen das bisherige Nettoentgelt durch eine tarifliche Leistung wie den Krankengeldzuschuss sichern. Es ist daher ohne Belang, dass ein Beschäftigter trotz der ihm grundsätzlich zustehenden sozialrechtlichen Dispositionsbefugnis (vgl. hierzu BAG 17. März 2016 - 6 AZR 221/15 - Rn. 23; 14. Januar 2015 - 7 AZR 880/13 - Rn. 34) von der Krankenkasse gemäß § 51 SGB V iVm. § 116 Abs. 2 SGB VI letztlich zur Beantragung der Rente angehalten werden kann(zur Einschränkung der Dispositionsbefugnis vgl.: BSG 26. Juni 2008 - B 13 R 37/07 R - Rn. 23, BSGE 101, 86; 26. Juni 2008 - B 13 R 141/07 R - Rn. 23 f.; BeckOK SozR/Kreikebohm/Kuszynski Stand 1. Dezember 2015 SGB VI § 116 Rn. 5a; KassKomm/Brandts Stand August 2012 § 51 SGB V Rn. 19).

38

(ee) Die von der Revision angeführte Unterlassung der Rentenauszahlung an den Beschäftigten wegen vorrangiger Ansprüche der Krankenkasse weist keinen Bezug zum diskriminierungsrechtlichen Benachteiligungsverbot auf. Die Krankenkasse kann bei nachträglicher Rentenbewilligung zwar gemäß § 103 Abs. 1 SGB X eine Erstattung des Krankengeldes von der Rentenversicherung verlangen(KassKomm/Kater Stand April 2015 § 103 SGB X Rn. 62 f. mwN). In dieser Höhe erfolgt keine Rentenauszahlung an den betroffenen Beschäftigten, denn dessen Rentenanspruch gilt insoweit als erfüllt (§ 107 Abs. 1 SGB X). Er hat die entsprechende Summe aber bereits erhalten, wenn auch als Krankengeld. Bei einer Rente wegen voller Erwerbsminderung darf den Rentenbetrag übersteigendes Krankengeld gemäß § 50 Abs. 1 Satz 2 SGB V nicht zurückgefordert werden.

39

cc) Es liegt auch keine unzulässige mittelbare Diskriminierung iSd. § 3 Abs. 2 AGG vor. Das Verbot mittelbarer Diskriminierung ist eine besondere Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes, so dass eine mittelbare Diskriminierung nur vorliegen kann, wenn die benachteiligten und die begünstigten Personen vergleichbar sind (BAG 6. Oktober 2011 - 6 AZN 815/11 - Rn. 10, BAGE 139, 226; 27. Januar 2011 - 6 AZR 526/09 - Rn. 33, BAGE 137, 80; ErfK/Schlachter 16. Aufl. § 3 AGG Rn. 9; AR/Kappenhagen 7. Aufl. § 3 AGG Rn. 5 f.; HWK/Rupp 7. Aufl. § 3 AGG Rn. 6 f.). Dies ist hier aus den genannten Gründen nicht der Fall.

40

d) Mangels nachteiliger Ungleichbehandlung behinderter Menschen verstößt § 22 Abs. 4 Satz 2 TVöD-AT auch nicht gegen Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG(vgl. BVerfG 25. März 2015 - 1 BvR 2803/11 - Rn. 5; 19. Januar 1999 - 1 BvR 2161/94 - zu C III 3 der Gründe, BVerfGE 99, 341).

41

e) Demnach ist die Klägerin gemäß § 22 Abs. 4 Satz 4 Halbs. 1 iVm. Satz 2 TVöD-AT zur Rückzahlung des in den Monaten Juli bis einschließlich Oktober 2010 erhaltenen Krankengeldzuschusses verpflichtet. Sie erhielt ab dem 1. Juli 2010 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, auch wenn diese wegen vorrangiger Erstattungsansprüche der Krankenkasse tatsächlich nicht zur Auszahlung kam. Maßgeblich ist der Tag, der im Bescheid des Rentenversicherungsträgers als der des Rentenbeginns bezeichnet ist. Unbedeutend ist dabei, welches Datum der Rentenbescheid trägt, wann er dem Beschäftigten zugegangen ist und ob ihm die Rente tatsächlich ausgezahlt worden ist (vgl. BSG 29. Januar 2014 B 5 R 36/12 R - Rn. 22, BSGE 115, 110; Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand Januar 2016 § 22 Rn. 182.5; BecKOK TVöD/Guth Stand 1. Oktober 2012 TVöD-AT § 22 Rn. 33; zu § 71 Abs. 2 Unterabs. 5 BAT BAG 11. Oktober 2006 - 5 AZR 755/05 - Rn. 17).

42

2. Die Klägerin ist gemäß § 22 Abs. 4 Satz 4 Halbs. 1 TVöD-AT auch zur Rückzahlung der anteiligen Jahressonderzahlung verpflichtet.

43

a) Die in dieser Tarifnorm enthaltene Vorschussregelung bezieht sich nicht nur auf überzahlten Krankengeldzuschuss, sondern auch auf „sonstige Überzahlungen“. Damit sind tarifliche Nebenleistungen wie die Jahressonderzahlung gemeint, soweit die Überzahlung auf das Zusammentreffen mit den angeführten Versorgungsleistungen zurückzuführen ist (vgl. Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Stand Juli 2009 § 22 Rn. 328 und Stand März 2011 § 20 Rn. 162; zu § 37 Abs. 2 Unterabs. 5 BAT BAG 29. Juni 2000 - 6 AZR 50/99 - zu B II 1 g der Gründe; zu § 71 Abs. 2 Unterabs. 5 BAT BAG 11. Oktober 2006 - 5 AZR 755/05 - Rn. 19). Dies kann bezüglich der Jahressonderzahlung wegen der gemäß § 20 Abs. 4 Satz 1 iVm. Satz 2 Nr. 2 TVöD-AT bestehenden Verknüpfung mit dem Krankengeldzuschuss der Fall sein.

44

b) Die Klägerin hatte zunächst für die Monate von Juli bis einschließlich Oktober 2010 gemäß § 22 Abs. 2 TVöD-AT einen Anspruch auf Krankengeldzuschuss, welcher auch erfüllt wurde. Dementsprechend unterblieb eine Verminderung der Jahressonderzahlung nach § 20 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 TVöD-AT. Wegen der rückwirkenden Rentenbewilligung gilt die Zahlung dieser anteiligen Jahressonderzahlung nach § 22 Abs. 4 Satz 4 Halbs. 1 TVöD-AT nunmehr als Vorschuss, da die Jahressonderzahlung sich nach Wegfall der Anwendbarkeit des § 20 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 TVöD-AT gemäß § 20 Abs. 4 Satz 1 TVöD-AT vermindert.

45

3. Der Rückforderungsbetrag von insgesamt 2.882,51 Euro steht zwischen den Parteien nicht in Streit. Von dieser Summe hat die Beklagte die ebenfalls unstreitige Erstattung durch die Rentenversicherung von 160,29 Euro zum Abzug gebracht. Es verbleibt eine Forderung von 2.722,22 Euro. Mit dieser hat die Beklagte gegen die Entgeltansprüche der Klägerin von insgesamt 2.200,00 Euro netto im streitgegenständlichen Zeitraum zu Recht aufgerechnet. Ein Aufrechnungsverbot wird von der Klägerin auch nicht behauptet.

46

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel     

        

        

        

    M. Jostes    

        

    Sieberts    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 23. April 2014 - 3 Sa 50/13 - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen teilweise aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 13. Juni 2013 - 29 Ca 263/12 - teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt gefasst:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin für die Zeit von Dezember 2012 bis einschließlich August 2013 eine persönliche Zulage gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 3 Satz 1 TV UmBw ohne Verringerung bei allgemeinen Entgelterhöhungen nach § 6 Abs. 3 Satz 2 TV UmBw zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin zu 77 % und die Beklagte zu 23 %.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe einer tariflichen Einkommenssicherungszulage.

2

Die 1968 geborene Klägerin ist bei der Beklagten seit dem 1. September 1988 als Büroangestellte beschäftigt. Die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes finden aufgrund vertraglicher Inbezugnahme auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Seit dem 1. Juli 2007 erfolgte eine Einkommenssicherung nach Maßgabe des § 6 des Tarifvertrags über sozialverträgliche Begleitmaßnahmen im Zusammenhang mit der Umgestaltung der Bundeswehr (TV UmBw) vom 18. Juli 2001. Die Klägerin erhielt eine persönliche Zulage nach § 6 Abs. 1 TV UmBw in Höhe von zunächst 112,25 Euro brutto monatlich.

3

In der Fassung des Änderungstarifvertrags Nr. 2 vom 4. Dezember 2007 bestimmte § 6 Abs. 3 TV UmBw zur Dynamisierung der persönlichen Zulage Folgendes:

        

1Die persönliche Zulage nimmt an allgemeinen Entgelterhöhungen teil. 2Ungeachtet von Satz 1 verringert sie sich nach Ablauf der sich aus § 34 Abs. 1 TVöD ohne Berücksichtigung des § 34 Abs. 2 TVöD ergebenden Kündigungsfrist bei jeder allgemeinen Entgelterhöhung bei Beschäftigten, die

        

a)    

eine Beschäftigungszeit von 15 Jahren zurückgelegt und noch nicht das 55. Lebensjahr vollendet haben, um ein Drittel,

        

b)    

noch keine Beschäftigungszeit von 15 Jahren zurückgelegt haben, um zwei Drittel

        

des Erhöhungsbetrages. ... 4Die Verringerung unterbleibt in den Fällen, in denen die/der Beschäftigte

        

a)    

das 55. Lebensjahr vollendet und eine Beschäftigungszeit von 15 Jahren zurückgelegt hat,

        

b)    

eine Beschäftigungszeit von 25 Jahren zurückgelegt hat oder

        

c)    

zum Zeitpunkt der Maßnahme nach § 1 Abs. 1 bereits auf Grund einer früheren Personalmaßnahme nach diesem Tarifvertrag,... eine Vergütungs-Lohn- und Entgeltsicherung erhalten hat.

        

...“   

        
4

Der TV UmBw ist durch Änderungstarifvertrag Nr. 3 vom 10. Dezember 2010 mit Wirkung zum 1. Januar 2011 ohne Bedeutung für den vorliegenden Rechtsstreit geändert worden.

5

Ab dem 1. Januar 2008 kürzte die Beklagte die persönliche Zulage einschließlich des auf die Jahressonderzahlung bezogenen Anteils unter Berufung auf § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a TV UmBw bei jeder allgemeinen Entgelterhöhung um ein Drittel des sich daraus ergebenden Gesamtsteigerungsbetrags. Die Klägerin legte mit Schreiben vom 26. September 2008 zunächst erfolglos „Widerspruch gegen die Kürzung der Einkommenssicherung nach Tarifabschluss 2008“ ein und teilte der Beklagten dann mit Schreiben vom 20. Oktober 2011 auszugsweise Folgendes mit:

        

„Die von Ihnen durchgeführte Abschmelzungsberechnung wurde in der Vergangenheit falsch durchgeführt. … Tatsächlich ist die Verringerung lediglich aus dem Erhöhungsbetrag der persönlichen Zulage zu berechnen, d.h. aus der Differenz, die sich zwischen persönlicher Zulage vor und nach deren tariflichen Anpassung ergibt.

        

…, beantrage ich nochmals die entsprechende Neuberechnung und Korrektur meiner persönlichen Zulage nach § 6 Abs. 3 TV UmBw und mache mit voller Rückwirkung die Auszahlung und Nachzahlung des mir zustehenden höheren Zulagenbetrages geltend.“

6

Die Beklagte nahm keine Neuberechnung der Zulage vor.

7

Mit ihrer am 11. Mai 2012 eingegangenen Klage hat die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 3.047,52 Euro brutto zzgl. Zinsen für die Zeit ab dem 1. Januar 2008 bis einschließlich 28. Februar 2012 begehrt. Dem lag die Annahme der Klägerin zugrunde, sie müsse zwar eine Verringerung der persönlichen Zulage um ein Drittel hinnehmen, dies aber nur bezogen auf die Erhöhung der persönlichen Zulage durch die allgemeinen Entgelterhöhungen. Hinsichtlich der Jahressonderzahlungen hat die Klägerin deswegen für die Jahre 2008 bis 2011 die Zahlung eines Differenzbetrags von 219,08 Euro zzgl. Zinsen verlangt. Zudem begehrte sie die Feststellung, die Beklagte sei verpflichtet, zukünftig eine persönliche Zulage nach § 6 TV UmBw zu zahlen, „wobei jede allgemeine Erhöhung der Bezüge auf die persönliche Zulage berechnet werde und dabei eine Verringerung lediglich um ein Drittel des jeweils erhöhten Betrages, bezogen auf die persönliche Zulage, eintrete“. Am 29. November 2012 wurde das Verfahren ruhend gestellt.

8

Mit Schriftsatz vom 29. April 2013, welcher der Beklagten am 8. Mai 2013 zugestellt wurde, hat die Klägerin die Fortführung des Verfahrens beantragt und nunmehr bezogen auf die Zeit von Januar 2008 bis einschließlich Februar 2012 die Zahlung eines Differenzbetrags von 3.165,36 Euro brutto verlangt. Hinsichtlich der Jahressonderzahlungen wurde die Forderung auf 227,55 Euro erhöht. Die Klägerin hat nunmehr die Auffassung vertreten, die persönliche Zulage sei entsprechend dem obiter dictum des Senats in seiner Entscheidung vom 15. November 2012 (- 6 AZR 359/11 -) ohne jedwede Verringerung zu zahlen, da die in § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a und Satz 4 Buchst. a TV UmBw vorgenommene Differenzierung nach dem 55. Lebensjahr eine unzulässige Altersdiskriminierung enthalte und daher unbeachtlich sei. Eine Gleichstellung mit den Beschäftigten, welche das 55. Lebensjahr bereits vollendet hatten, könne nur dadurch hergestellt werden, dass sie (die Klägerin) denselben Zahlungsanspruch für die Vergangenheit habe. Die tarifliche Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 TVöD-AT sei durch die Geltendmachung mit dem Schreiben vom 26. September 2008 gewahrt worden. Sie habe von vornherein die korrekte Berechnung der persönlichen Zulage verlangt. Die Beklagte habe sich daher auf eine entsprechende Forderung der Differenzbeträge einstellen können.

9

Die Klägerin hat daher vor dem Arbeitsgericht beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2008 bis 28. Februar 2012 die persönliche Zulage für das regelmäßige monatliche Entgelt in Höhe von 3.165,36 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz in gestaffelter Höhe nachzuzahlen;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für die Jahre 2008 bis 2011 die noch ausstehende persönliche Zulage auf die Jahressonderzahlung in Gesamthöhe von 227,55 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz in gestaffelter Höhe nachzuzahlen;

        

3.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin auch über den Februar 2012 hinaus die zu dynamisierende persönliche Zulage im Wege der Einkommenssicherung nach § 6 TV UmBw zu zahlen, wobei jede allgemeine Erhöhung der Bezüge ohne die Verrechnung nach § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a iVm. Satz 4 Buchst. a TV UmBw erfolgt.

10

Hilfsweise hat die Klägerin die ursprünglichen Anträge gestellt.

11

Die Beklagte hat die Abweisung der Klage beantragt. Etwaige Ansprüche der Klägerin für das Jahr 2008 seien verjährt. Eine schriftliche Geltendmachung iSd. § 37 Abs. 1 TVöD-AT sei hinsichtlich der zuletzt verfolgten Ansprüche erstmals durch den Schriftsatz vom 29. April 2013 erfolgt. Vorher habe die Klägerin keine (teilweise) Unwirksamkeit des § 6 Abs. 3 TV UmBw wegen Altersdiskriminierung angenommen. Es handle sich um einen neuen Sachverhalt, da die Ansprüche nunmehr auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) gestützt würden. Ein entsprechender Verstoß gegen das Verbot der Altersdiskriminierung liege nicht vor. Die Unterscheidung nach der Vollendung des 55. Lebensjahres sei gerechtfertigt, da damit den schlechteren Chancen älterer Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt Rechnung getragen werde. Ältere hätten nur eingeschränkte Möglichkeiten, durch einen Arbeitsplatzwechsel den erreichten Besitzstand zu sichern und damit den Verlust des ursprünglichen Arbeitsplatzes bei der Bundeswehr auszugleichen. Der TV UmBw entspreche in seinem Regelungsgehalt einem Sozialplan. Dementsprechend sei § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG auch bezüglich § 6 Abs. 3 TV UmBw entsprechend anwendbar. Selbst bei Annahme einer unzulässigen Altersdiskriminierung bestünde zudem kein Anspruch auf eine sog. „Anpassung nach oben“. Eine solche greife in die tarifliche Ausgestaltung der Einkommenssicherung und die damit verbundene Vorgabe hinsichtlich der Mittelverteilung ein. Wäre die fragliche Differenzierung nach dem Lebensalter unwirksam, so wäre die Konsequenz die alleinige Geltung der in § 6 Abs. 3 Satz 2 und Satz 4 TV UmBw vorgesehenen Staffelung nach der Beschäftigungszeit.

12

Das Arbeitsgericht hat die Klage teilweise abgewiesen. Die Klägerin könne wegen der von ihr zu Recht gerügten Altersdiskriminierung zwar eine ungekürzte Zulage verlangen. Die für das Jahr 2008 geltend gemachten Ansprüche auf Zahlung von Differenzvergütung seien jedoch verjährt. Bezogen auf die Zeit vom 1. Januar 2009 bis zum 28. Februar 2012 hat das Arbeitsgericht der Leistungsklage in der Höhe stattgegeben, welche den mit der ursprünglichen Klage geltend gemachten Differenzbeträgen entspricht, weil nur insoweit die tarifliche Ausschlussfrist gewahrt worden sei. Im Übrigen wurde die Leistungsklage abgewiesen. Die mit dem Hauptantrag begehrte Feststellung wurde für die Zeit ab Dezember 2012 getroffen. Bezüglich des Zeitraums vom 1. März 2012 bis zum 30. November 2012 hat das Arbeitsgericht dem zuletzt als Hilfsantrag gestellten ursprünglichen Feststellungsantrag entsprochen.

13

Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Senat durch Beschluss vom 16. Oktober 2014 (- 6 AZN 629/14 -) zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel der vollständigen Klageabweisung weiter. Im Revisionsverfahren hat sie Tarifauskünfte des Bundesministeriums des Inneren vom 13. Juli 2015, der Gewerkschaft ver.di vom 14. Juli 2015 und des dbb vom 15. Juli 2015 vorgelegt.

Entscheidungsgründe

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Die Revision ist teilweise begründet.

15

I. Die Leistungsklage ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts vollumfänglich unbegründet. Die Klägerin hatte zwar zunächst die streitgegenständlichen Ansprüche auf Differenzvergütung, weil die Regelung in § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a iVm. Satz 4 Buchst. a TV UmBw wegen der Differenzierung nach der Vollendung des 55. Lebensjahres eine unzulässige Altersdiskriminierung beinhaltet, welche für die Vergangenheit nur durch die Leistung einer ungekürzt dynamisierten persönlichen Zulage hätte ausgeglichen werden können. Diese aus der Altersdiskriminierung abgeleiteten Ansprüche sind jedoch gemäß § 37 Abs. 1 TVöD-AT verfallen. Soweit die Klägerin hilfsweise die Zahlung einer persönlichen Zulage begehrt, welche bei allgemeinen Entgelterhöhungen nur um ein Drittel des auf die Zulage bezogenen Steigerungsbetrags verringert wird, ist die Klage unbegründet, weil die Anrechnung an den Gesamtsteigerungsbetrag anknüpft.

16

1. Die Regelung in § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a iVm. Satz 4 Buchst. a TV UmBw führt zu einer unmittelbaren Diskriminierung jüngerer Beschäftigter, die eine Beschäftigungszeit von mindestens 15 Jahren aufweisen, soweit sie innerhalb dieses Personenkreises Beschäftigte wegen der Vollendung des 55. Lebensjahres begünstigt.

17

a) Nach § 7 Abs. 1 Halbs. 1 AGG dürfen Beschäftigte nicht wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt werden. Hierzu zählt auch das Lebensalter. Eine unmittelbare Benachteiligung ist nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG gegeben, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation. Der für eine unmittelbare Benachteiligung erforderliche Kausalzusammenhang ist bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an einen oder mehrere in § 1 AGG genannten Gründe anknüpft oder dadurch motiviert ist(BAG 21. Oktober 2014 - 9 AZR 956/12 - Rn. 13, BAGE 149, 315). Eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters ist jedoch nach § 10 Satz 1 AGG zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Gemäß § 10 Satz 2 AGG müssen die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sein. § 10 AGG dient der Umsetzung von Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. EG L 303 vom 2. Dezember 2000 S. 16) in das nationale Recht (BAG 18. März 2014 - 3 AZR 69/12 - Rn. 21, BAGE 147, 279).Der Gesetzgeber hat bei der Umsetzung den Text der Richtlinie nahezu wörtlich in das nationale Recht übernommen. Dessen Regelungen sind unionsrechtskonform in Übereinstimmung mit der Richtlinie unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) auszulegen (vgl. BAG 9. Dezember 2015 - 7 AZR 68/14 - Rn. 33; 21. Oktober 2014 - 9 AZR 956/12 - Rn. 17, aaO). Dieser hat darauf erkannt, dass legitime Ziele iSv. Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG wegen der als Beispiele genannten Bereiche Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung solche aus dem Bereich „Sozialpolitik“ sind (vgl. EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge] Rn. 81, Slg. 2011, I-8003; BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 790/12 - Rn. 26 mwN, BAGE 147, 89). Ziele, die als „rechtmäßig“ iSd. Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG angesehen werden können, stehen als „sozialpolitische Ziele“ im Allgemeininteresse. Dadurch unterscheiden sie sich von Zielen, die im Eigeninteresse des Arbeitgebers liegen, wie Kostenreduzierung und Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit. Freilich ist es nicht ausgeschlossen, dass eine nationale Vorschrift bei der Verfolgung der genannten sozialpolitischen Ziele den Arbeitgebern einen gewissen Grad an Flexibilität einräumt (EuGH 21. Juli 2011 - C-159/10, C-160/10 - [Fuchs und Köhler] Rn. 52, Slg. 2011, I-6919; 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 46, Slg. 2009, I-1569). Eine unabhängig von Allgemeininteressen verfolgte Zielsetzung eines einzelnen Arbeitgebers kann aber keine Ungleichbehandlung rechtfertigen (BAG 23. Juli 2015 - 6 AZR 457/14 - Rn. 36).

18

b) § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a iVm. Satz 4 Buchst. a TV UmBw benachteiligt Beschäftigte, die zwar eine Beschäftigungszeit von mindestens 15 Jahren aufweisen, aber das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bei der Anrechnung von Einkommenserhöhungen auf die nach § 6 Abs. 1 TV UmBw zu zahlende persönliche Zulage unmittelbar. Dies ist nicht gerechtfertigt.

19

aa) § 6 TV UmBw regelt den Fall, dass ein Beschäftigter aufgrund einer Maßnahme iSd. § 1 Abs. 1 TV UmBw bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis eine Verringerung seines Entgelts hinnehmen muss. In diesem Fall wird ihm eine persönliche Zulage in Höhe der Differenz zwischen seinem Entgelt und dem Entgelt, das ihm in seiner bisherigen Tätigkeit zuletzt zugestanden hat, gewährt (§ 6 Abs. 1 Satz 1 TV UmBw). § 6 TV UmBw dient der Sicherung des Besitzstands(vgl. BAG 25. Juni 2015 - 6 AZR 380/14 - Rn. 24; 18. Januar 2012 - 6 AZR 462/10 - Rn. 17).

20

bb) Gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 TV UmBw wird die persönliche Zulage dynamisiert. Nach Ablauf der in § 6 Abs. 3 Satz 2 TV UmBw genannten Frist wird sie jedoch in Abhängigkeit von Beschäftigungszeit und Lebensalter abgebaut. Sofern nicht der Anrechnungsschutz des § 6 Abs. 3 Satz 4 TV UmBw eingreift, wird in den meisten Fällen die Einkommenssicherung durch Anrechnung von Tariflohnerhöhungen vollständig abgeschmolzen(BAG 15. November 2012 - 6 AZR 359/11 - Rn. 26).

21

cc) Die unterschiedliche Anrechnung von Einkommenserhöhungen in § 6 Abs. 3 Satz 2 iVm. Satz 4 TV UmBw führt zu einer unmittelbaren Diskriminierung jüngerer gegenüber älteren Beschäftigten wegen des Alters, soweit sie bei der Einkommenssicherung der Beschäftigten mit einer Beschäftigungszeit von mindestens 15 Jahren, aber weniger als 25 Jahren, nach der Vollendung des 55. Lebensjahres differenziert. Ein legitimes Ziel iSd. § 10 AGG, das eine derartige Benachteiligung rechtfertigen könnte, ist nicht ersichtlich. Dies hat der Senat in seiner Entscheidung vom 15. November 2012 bereits dargelegt (- 6 AZR 359/11 - Rn. 29 ff.) und hält daran fest. Der von der Revision angeführte Ausgleich schlechterer Chancen älterer Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt kann demnach zwar ein legitimes sozialpolitisches Ziel iSd. § 10 AGG sein. § 6 TV UmBw bezweckt aber nicht den Schutz des Beschäftigten vor dem Verlust seines Arbeitsplatzes und will daher nicht schlechtere Chancen Älterer auf dem Arbeitsmarkt ausgleichen(BAG 15. November 2012 - 6 AZR 359/11 - Rn. 35).

22

(1) Soweit die Revision diesbezüglich anführt, der TV UmBw entspreche nach seiner Bezeichnung und seinem Regelungsgehalt einem Sozialplan mit der Konsequenz, dass die in § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG erlaubte Differenzierung nach dem Lebensalter bei Sozialplänen entsprechend gelte, berücksichtigt sie nicht das Gesamtsystem des TV UmBw. Dieser unterscheidet bei der Leistungsgewährung zwischen der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses und dessen Beendigung. Die hier in Frage stehenden Regelungen des § 6 TV UmBw gelten ebenso wie die Ergänzung der Einkommenssicherung nach § 7 TV UmBw oder die Härtefallregelung des § 11 TV UmBw nur bei einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu veränderten Bedingungen. Demgegenüber sieht § 9 TV UmBw bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter bestimmten Voraussetzungen die Zahlung einer Abfindung vor. Nur insoweit besteht eine inhaltliche Berührung mit § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG, wonach eine unterschiedliche Behandlung durch eine nach Alter gestaffelte Abfindungsregelung erfolgen kann, in der die wesentlich vom Alter abhängenden Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch eine verhältnismäßig starke Betonung des Lebensalters erkennbar berücksichtigt werden(vgl. hierzu BAG 12. April 2011 - 1 AZR 764/09 - Rn. 11 f.). Mit § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG will der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung tragen, dass ältere Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt typischerweise größere Schwierigkeiten haben als jüngere(BT-Drs. 16/1780 S. 36). Er hat den Betriebsparteien einen Gestaltungs- und Beurteilungsspielraum eröffnet, der es ihnen unter den in der Vorschrift bestimmten Voraussetzungen ermöglicht, das Lebensalter als Bemessungskriterium für die Sozialplanabfindung heranzuziehen (BAG 9. Dezember 2014 - 1 AZR 102/13 - Rn. 22; 23. April 2013 - 1 AZR 25/12 - Rn. 15). Die von der Revision aufgeworfene Frage, ob § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG auf den TV UmBw entsprechend Anwendung finden kann, könnte sich folglich nur bezüglich der in § 9 TV UmBw vorgesehenen Abfindungsregelung stellen. Die hier maßgeblichen Vorschriften des § 6 Abs. 3 TV UmBw enthalten keine Abfindungsregelungen und stehen in keinem ersichtlichen Zusammenhang mit etwaigen Schwierigkeiten älterer Beschäftigter bei einer Suche nach einem neuen Arbeitsplatz zu attraktiveren Konditionen.

23

(2) Daran ändert auch nichts, dass die von der Beklagten nunmehr im Revisionsverfahren vorgelegten Tarifauskünfte anführen, die Regelungen in § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a iVm. Satz 4 Buchst. a TV UmBw wollten die schwierigere Arbeitsmarktsituation älterer Arbeitnehmer berücksichtigen. Die Rüge der Revision, das Landesarbeitsgericht habe die Einholung einer Tarifauskunft unzulässigerweise unterlassen, ist damit gegenstandslos.

24

(a) Welches Ziel iSd. Art. 2 Abs. 2 Buchst. b Ziff. i der Richtlinie 2000/78/EG bzw. § 10 AGG eine Tarifnorm verfolgt, ergibt sich aus dem Normzweck. Dieser ist dem in der Norm zum Ausdruck kommenden objektivierten Willen der Tarifvertragsparteien, wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist, zu entnehmen. Dabei können gerade die systematische Stellung einer Vorschrift im Tarifvertrag und ihr sachlich-logischer Zusammenhang mit anderen Vorschriften diesen Sinn und Zweck freilegen (vgl. zur Ermittlung eines Gesetzeszwecks: BVerfG 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10, 2 BvR 2 BvR 2883/10, 2 BvR 2 BvR 2155/11 - Rn. 66, BVerfGE 133, 168; 10. Juni 2009 - 1 BvR 825/08, 1 BvR 1 BvR 831/08 - Rn. 48, BVerfGE 124, 25; BAG 18. September 2014 - 6 AZR 636/13 - Rn. 23 f., BAGE 149, 125). Nur so ist eine gerichtliche Überprüfung des Vorliegens einer sozialpolitischen Zielsetzung als Voraussetzung für die Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung auf einer objektivierbaren Grundlage möglich. Die bloße Behauptung einer sozialpolitischen Zielsetzung im Rahmen von nachträglich erstellten Tarifauskünften ist nicht ausreichend, da die Tarifvertragsparteien anderenfalls bei Abgabe entsprechender Erklärungen die gerichtliche Überprüfung beeinflussen könnten.

25

(b) Das legitime sozialpolitische Ziel des Ausgleichs schlechterer Chancen älterer Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt ergibt sich weder aus dem Wortlaut des § 6 Abs. 3 TV UmBw noch aus dessen Regelungszusammenhang. Im Gegenteil lässt ein Vergleich mit § 9 TV UmBw darauf schließen, dass die Arbeitsmarktsituation für den Regelungsinhalt des § 6 Abs. 3 TV UmBw ohne Bedeutung ist, weil die Vorschrift im Gegensatz zu § 9 TV UmBw den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses voraussetzt. Die behauptete sozialpolitische Zielsetzung ist auch nicht der Tarifvertragsgeschichte oder Materialien zu entnehmen, welche Auskunft über die Willensbildung und Zielsetzung der Tarifvertragsparteien bei den Tarifverhandlungen geben (zB Verhandlungsprotokolle).

26

2. Die festgestellte Diskriminierung ist durch die Nichtanwendung der altersbezogenen Unterscheidung in § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a iVm. Satz 4 Buchst. a TV UmBw zu beseitigen. Bezüglich der mit der Leistungsklage für die Vergangenheit geltend gemachten Differenzvergütung bedeutet dies im Ergebnis eine sog. „Anpassung nach oben“.

27

a) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG verstoßen, sind nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam. Darunter fallen auch tarifliche Regelungen (BAG 14. Januar 2015 - 7 AZR 880/13 - Rn. 36; Löwisch/Rieble TVG 3. Aufl. § 1 Rn. 839). Dies entspricht den Vorgaben des Unionsrechts (vgl. BAG 14. Mai 2013 - 1 AZR 44/12 - Rn. 25, BAGE 145, 113). Nach Art. 16 Buchst. b der Richtlinie 2000/78/EG finden die Diskriminierungsverbote der Richtlinie auch auf tarifvertragliche Bestimmungen Anwendung (BAG 25. März 2015 - 5 AZR 458/13 - Rn. 41). Demnach haben die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um sicherzustellen, dass die mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz nicht zu vereinbarenden Bestimmungen ua. in Tarifverträgen für nichtig erklärt werden oder erklärt werden können oder geändert werden. Im Vordergrund steht die effektive Beseitigung der Diskriminierung, denn die Mitgliedstaaten sind verpflichtet sicherzustellen, dass alle Arbeitnehmer in vollem Umfang in den Genuss des Schutzes gelangen, den ihnen die Richtlinie gegen Diskriminierungen wegen des Alters gewährt (vgl. EuGH 12. Oktober 2010 - C-45/09 - [Rosenbladt] Rn. 79, Slg. 2010, I-9391; zu den Sanktionsmöglichkeiten vgl. Art. 17 der Richtlinie 2000/78/EG). Auch Tarifverträge haben dem Recht der Union und der Richtlinie 2000/78/EG zu entsprechen, denn das in Art. 28 GRC proklamierte Recht auf Kollektivverhandlungen muss im Geltungsbereich des Unionsrechts im Einklang mit diesem ausgeübt werden(EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge] Rn. 46 f., Slg. 2011, I-8003; 8. September 2011 - C-297/10 - [Hennigs] Rn. 67 f., Slg. 2011, I-7965; 15. Juli 2010 - C-271/08 - [Kommission/Deutschland] Rn. 43, Slg. 2010, I-7091; BAG 29. September 2011 - 2 AZR 177/10 - Rn. 21). Die Sozialpartner verfügen zwar nicht nur bei der Entscheidung, welches konkrete Ziel von mehreren im Bereich der Arbeits- und Sozialpolitik sie verfolgen wollen, sondern auch bei der Festlegung der Maßnahmen zu seiner Erreichung über einen weiten Gestaltungsspielraum (EuGH 11. November 2014 - C-530/13 - [Schmitzer] Rn. 38; 26. September 2013 - C-476/11 - [HK Danmark] Rn. 60). Dieser Spielraum darf allerdings nicht dazu führen, dass der Grundsatz des Verbots der Diskriminierung aus Gründen des Alters ausgehöhlt wird (vgl. EuGH 12. Oktober 2010 - C-499/08 - [Andersen] Rn. 33, Slg. 2010, I-9343; 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 51, Slg. 2009, I-1569; BAG 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 49, BAGE 140, 169). Dementsprechend sieht weder das Unionsrecht noch § 7 Abs. 2 AGG eine befristete Fortgeltung einer diskriminierenden Regelung vor. Die entgegenstehenden Ausführungen von Löwisch/Becker (EuZA 2015, 83, 89 f.), wonach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG und damit auch § 10 AGG den Fortbestand einer diskriminierenden Regelung bis zur „klaren und präzisen“ Feststellung der Altersdiskriminierung zuließen, berufen sich auf die Ausführungen des EuGH in der Rechtssache Specht zur Frage der Staatshaftung(EuGH 19. Juni 2014 - C-501/12 - [Specht] Rn. 102 f.). Die Unwirksamkeit einer diskriminierenden Tarifregelung hat damit nichts zu tun.

28

b) Eine solche Unwirksamkeit kann unterschiedliche Auswirkungen haben.

29

aa) Die Rechtsfolge eines Verstoßes gegen das Verbot der Altersdiskriminierung ist grundsätzlich nicht die Gesamtnichtigkeit und damit gänzliche Unanwendbarkeit des Tarifvertrags, sondern nur die Unwirksamkeit der verbotswidrigen Bestimmung gemäß § 7 Abs. 2 AGG(BAG 16. November 2011 - 4 AZR 856/09 - Rn. 27). Die Auslegungsregel des § 139 BGB gilt nicht. Es kommt lediglich darauf an, ob der Tarifvertrag oder die Tarifbestimmung ohne die unwirksame Regelung noch eine sinnvolle und in sich geschlossene Regelung darstellt (vgl. BAG 9. Mai 2007 - 4 AZR 275/06 - Rn. 37 mwN; Schleusener in Schleusener/Suckow/Voigt AGG 4. Aufl. § 7 Rn. 45). Ob dies der Fall ist, muss im Einzelfall unter Berücksichtigung des tariflichen Gesamtzusammenhangs beurteilt werden. Verbleibt eine sinnvolle und in sich geschlossene Regelung, ist der Tarifvertrag bzw. die Tarifbestimmung bis zu einer Neuregelung mit diesem Inhalt anzuwenden. Dabei handelt es sich nicht um eine ergänzende Auslegung des Tarifvertrags, sondern um die zwingende Rechtsfolge des § 7 Abs. 2 AGG. Anders verhält es sich, wenn der Wegfall der unwirksamen Regelung dazu führt, dass der Tarifvertrag lückenhaft wird. Eine nachträglich entstandene Tariflücke darf nicht durch ergänzende Tarifauslegung geschlossen werden, wenn den Tarifvertragsparteien ein Spielraum in der Frage bleibt, wie die Lücke zu schließen ist, und es ihnen wegen der verfassungsrechtlich geschützten Tarifautonomie überlassen ist, die von ihnen für angemessen gehaltene Regelung selbst zu finden (BAG 15. Januar 2015 - 6 AZR 646/13 - Rn. 26; 27. März 2014 - 6 AZR 571/12 - Rn. 28, BAGE 148, 1).

30

bb) Die Unwirksamkeit einer Tarifbestimmung kann aber in beiden Konstellationen dazu führen, dass den benachteiligten Arbeitnehmern für die Vergangenheit ein Anspruch auf die vorenthaltene Leistung zuzuerkennen ist (sog. „Anpassung nach oben“).

31

(1) Nach der Rechtsprechung des EuGH kann die Wahrung des Gleichheitssatzes, wenn das nationale Recht unter Verstoß gegen das Unionsrecht eine unterschiedliche Behandlung mehrerer Personengruppen vorsieht und solange keine Maßnahmen zur Wiederherstellung der Gleichbehandlung erlassen wurden, nur dadurch gewährleistet werden, dass den Angehörigen der benachteiligten Gruppe dieselben Vorteile gewährt werden wie die, in deren Genuss die Angehörigen der privilegierten Gruppe kommen (vgl. EuGH 19. Juni 2014 - C-501/12 - [Specht] Rn. 95; 22. Juni 2011 - C-399/09 - [Landtová] Rn. 51, Slg. 2011, I-5573; 26. Januar 1999 - C-18/95 - [Terhoeve] Rn. 57, Slg. 1999, I-345). Diese Lösung kommt aber nur dann zur Anwendung, wenn es ein gültiges Bezugssystem gibt (EuGH 28. Januar 2015 - C-417/13 - [Starjakob] Rn. 47; 19. Juni 2014 - C-501/12 - [Specht] Rn. 96; vgl. auch 9. September 2015 - C-20/13 - [Unland] Rn. 68 f.; BVerwG 30. Oktober 2014 - 2 C 6.13 - Rn. 21, BVerwGE 150, 234).

32

(2) Es ist nicht zu verkennen, dass eine „Anpassung nach oben“ erhebliche finanzielle Belastungen des Arbeitgebers bewirken kann, insbesondere wenn die Gruppe der Begünstigten relativ klein ist (vgl. BAG 10. November 2011 - 6 AZR 148/09 - Rn. 34, BAGE 140, 1; ebenso bereits BAG 13. Februar 2002 - 5 AZR 713/00 - zu II 2 der Gründe; JKOS/Krause 2. Aufl. § 1 Rn. 105). Eine „Anpassung nach oben“ ist dennoch gerechtfertigt, wenn auf andere Weise die Diskriminierung nicht behoben werden kann, weil der Arbeitgeber den Begünstigten für die Vergangenheit die Leistung nicht mehr entziehen kann (BAG 25. März 2015 - 5 AZR 458/13 - Rn. 32; 20. März 2012 - 9 AZR 529/10 - Rn. 30, BAGE 141, 73; 10. November 2011 - 6 AZR 148/09 - Rn. 20 ff., aaO). Die Unmöglichkeit der Rückforderung solcher Leistungen kann sich aus der Wirkung tariflicher Ausschlussfristen und dem Umstand ergeben, dass die Begünstigten auf die Wirksamkeit der (diskriminierenden) Regelungen vertrauen durften (BAG 10. November 2011 - 6 AZR 148/09 - Rn. 23, aaO). Die diesbezüglich von Löwisch/Pieper (Anm. AP BAT § 27 Nr. 12) erhobene Kritik, wonach Ursache der Unwirksamkeit der Tarifbestimmung eine Gesetzesänderung (Geltung des AGG seit dem 18. August 2006) gewesen sei und es keinen Schutz des Kontinuitätsvertrauens der Begünstigten gegenüber Gesetzesänderungen gebe, überzeugt nicht. Zwar beruht die Unwirksamkeit der Tarifregelung auf § 7 Abs. 2 AGG. Das schützenswerte Vertrauen hatte sich aber nicht auf eine gesetzliche Regelung, sondern auf den Fortbestand der tariflichen Ordnung ausgerichtet.

33

(3) Auch die weiteren in der Verhandlung vor dem Senat vorgetragenen Bedenken der Beklagten tragen nicht. Es geht nicht um eine Gleichbehandlung im Unrecht, sondern um die Beseitigung einer erlittenen Diskriminierung durch die Gleichstellung der Benachteiligten mit den Begünstigten. Durch diese Gleichstellung wird die gesetzwidrige Begünstigung nicht perpetuiert, sondern beendet.

34

cc) Die „Anpassung nach oben“ ist aber nicht die einzig mögliche Folge einer Diskriminierung. Dies gilt vor allem für die künftige Rechtslage. Der EuGH hat klargestellt, dass Art. 16 der Richtlinie 2000/78/EG den Mitgliedstaaten oder einem privaten Arbeitgeber keine bestimmte Maßnahme im Fall einer Verletzung des Diskriminierungsverbots vorschreibt, sondern ihnen nach Maßgabe der unterschiedlichen denkbaren Sachverhalte die Freiheit der Wahl unter den verschiedenen Lösungen, die zur Verwirklichung des verfolgten Ziels geeignet sind, belässt(EuGH 28. Januar 2015 - C-417/13 - [Starjakob] Rn. 44). Im deutschen Recht ist die Umsetzung der Richtlinienvorgabe durch die Anordnung der Unwirksamkeit nach § 7 Abs. 2 AGG geschehen. Besteht die Notwendigkeit der Beseitigung vergangenheitsbezogener Benachteiligungen nicht, kann dabei die bloße Nichtanwendung der unwirksamen Regelung genügen (BAG 14. Mai 2013 - 1 AZR 44/12 - Rn. 25, BAGE 145, 113). Dies kann allerdings mittelbar zu einer „Anpassung nach oben“ führen (vgl. zu § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB BAG 9. September 2010 - 2 AZR 714/08 - Rn. 21, BAGE 135, 278). Umgekehrt kann der Entfall einer begünstigenden Regelung für die Zukunft auch eine „Anpassung nach unten“ bewirken (vgl. Krebber Anm. JZ 2012, 1078, 1079; ders. Anm. AP BetrVG 1972 § 75 Nr. 59; Bauer/Krieger AGG 4. Aufl. § 7 Rn. 26 f.; ErfK/Schlachter 16. Aufl. § 7 AGG Rn. 8). Entgegen Thüsing (MüKoBGB 7. Aufl. § 7 AGG Rn. 14) kann dem Bessergestellten zukunftsbezogen der Anspruch genommen werden. Dies ist die Rechtsfolge des § 7 Abs. 2 AGG.

35

dd) Letztlich ist es die Aufgabe der Tarifvertragsparteien, jedenfalls bei Vorliegen einer von der Rechtsprechung nicht durch Auslegung zu schließenden Tariflücke ein diskriminierungsfreies Regelungssystem zu schaffen. Eine rückwirkende Regelungskompetenz wird ihnen im Regelfall nicht zustehen, es sei denn, die Begünstigten mussten mit dem Wegfall ihrer Besserstellung ab einem bestimmten Zeitpunkt rechnen (vgl. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 217/11 - Rn. 73, BAGE 142, 247). Für die Zukunft besteht die tarifliche Regelungsmacht uneingeschränkt. Deshalb wird diskutiert, ob Art. 9 Abs. 3 GG in Verbindung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz die befristete Aussetzung eines Rechtsstreits gebietet, damit die Tarifvertragsparteien regeln können, auf welche Art und Weise die Diskriminierung für die Zukunft beseitigt werden soll(vgl. BAG 10. November 2011 - 6 AZR 148/09 - Rn. 28 mwN, BAGE 140, 1; EUArbR/Mohr RL 2000/78/EG Art. 16 Rn. 13; Franzen RdA 2013, 180, 186). Eine Aussetzung stünde jedoch mit der Bindung der Mitgliedstaaten an das Unionsrecht und der Verpflichtung zu dessen effektiver Umsetzung in Widerspruch (vgl. BAG 9. September 2010 - 2 AZR 714/08 - Rn. 21, BAGE 135, 278; BeckOK ArbR/Roloff Stand 1. Dezember 2015 AGG § 7 Rn. 3, § 8 Rn. 18). Zudem kann ein zukunftsgerichteter Feststellungsausspruch durch eine diskriminierungsfreie tarifliche Neuregelung obsolet werden (vgl. BAG 18. März 2010 - 6 AZR 434/07 - Rn. 66).

36

c) Eine Aussetzung ist hier schon deshalb nicht veranlasst, weil die Leistungsklage sich ausschließlich auf die Vergangenheit bezieht. Die Klägerin hatte diesbezüglich zunächst den streitgegenständlichen Anspruch auf eine nach § 6 Abs. 3 Satz 1 TV UmBw uneingeschränkt dynamisierte persönliche Zulage.

37

aa) Gemäß § 7 Abs. 2 AGG ist § 6 Abs. 3 Satz 2 und Satz 4 TV UmBw insoweit unwirksam, als die Regelungen hinsichtlich der Verringerung der persönlichen Zulage nach der Vollendung des 55. Lebensjahres der betroffenen Beschäftigten differenzieren. Die tariflichen Vorgaben stellen jedoch auch ohne die unwirksamen Elemente noch eine sinnvolle und in sich geschlossene Regelung dar.

38

(1) Nach § 6 Abs. 3 Satz 1 TV UmBw nimmt die persönliche Zulage an Entgelterhöhungen teil. Der entgeltsteigernde Effekt wird jedoch durch § 6 Abs. 3 Satz 2 TV UmBw eingeschränkt, denn diese Norm ordnet „ungeachtet von Satz 1“ unter bestimmten Voraussetzungen die Verringerung der persönlichen Zulage bei jeder allgemeinen Entgelterhöhung an. Der Umfang der Verringerung bemisst sich dabei nach zwei Komponenten. Zum einen wird danach unterschieden, ob eine Beschäftigungszeit von 15 Jahren zurückgelegt wurde oder nicht. Dies führt für sich genommen nicht zu einer Diskriminierung wegen des Alters, weil die dadurch erfolgende mittelbare Begünstigung älterer Beschäftigter durch die Honorierung der Betriebstreue gerechtfertigt ist (vgl. BAG 15. November 2012 - 6 AZR 359/11 - Rn. 38 ff.). Neben der Beschäftigungsdauer ist nach § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a iVm. Satz 4 Buchst. a TV UmBw noch die Vollendung des 55. Lebensjahres entscheidend für den Umfang der Verringerung. Nur diese altersbezogene Differenzierung ist gemäß § 7 Abs. 2 AGG unwirksam.

39

(2) Bei ihrem Wegfall gibt § 6 Abs. 3 Satz 2 TV UmBw weiterhin Sinn. § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a TV UmBw sieht dann vor, dass eine Verringerung um ein Drittel erfolgt, wenn eine Beschäftigungszeit von 15 Jahren zurückgelegt wurde. Anderenfalls beläuft sich die Verringerung gemäß § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. b TV UmBw auf zwei Drittel.

40

(3) Folglich entfällt die diskriminierende Ausnahme in § 6 Abs. 3 Satz 4 Buchst. a TV UmBw, welche das Unterbleiben der Verringerung ab Vollendung des 55. Lebensjahres bei einer Beschäftigungszeit von 15 Jahren vorsieht. Ihr ist wegen der Unwirksamkeit der Differenzierung nach dem 55. Lebensjahr in § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a TV UmBw die Grundlage entzogen. Da es nicht auf die Vollendung des 55. Lebensjahres ankommt, verbleibt für § 6 Abs. 3 Satz 4 Buchst. a TV UmBw kein Regelungsbereich. Bei einer Beschäftigungszeit von 15 Jahren findet unabhängig von dem Lebensalter vielmehr gemäß § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a TV UmBw eine Verringerung um ein Drittel statt. Im Ergebnis kommt es daher bei einer Beschäftigungszeit von 15 Jahren und einer Vollendung des 55. Lebensjahres zu einer „Anpassung nach unten“.

41

(4) Dies gilt aber nur so lange, bis eine Beschäftigungszeit von 25 Jahren zurückgelegt wurde und die Verringerung demzufolge nach § 6 Abs. 3 Satz 4 Buchst. b TV UmBw unterbleibt. Die Tatbestände des § 6 Abs. 3 Satz 4 Buchst. b und c TV UmBw bleiben als selbständige Ausnahmeregelungen bestehen. Sie weisen keinen Bezug zur Vollendung des 55. Lebensjahres auf.

42

bb) Die Klägerin ist ausweislich der Feststellung des Landesarbeitsgerichts seit dem 1. September 1988 bei der Beklagten beschäftigt und hat folglich schon seit dem 1. September 2003 eine Beschäftigungszeit von 15 Jahren zurückgelegt. Damit wäre mangels einer Ausnahme nach § 6 Abs. 3 Satz 4 Buchst. b oder c TV UmBw eine Verringerung ihrer Zulage in dem von der Leistungsklage erfassten Zeitraum um ein Drittel berechtigt gewesen. Die Beklagte hat jedoch unstreitig nach § 6 Abs. 3 Satz 4 Buchst. a TV UmBw gegenüber den Beschäftigten, die ebenfalls eine Beschäftigungszeit von 15 Jahren zurückgelegt, aber bereits das 55. Lebensjahr vollendet hatten, keine Kürzung vorgenommen. Sie kann diesen Begünstigten für die Vergangenheit die Leistung nicht mehr entziehen. Für die streitgegenständliche Vergangenheit konnte die Klägerin deshalb nach den dargestellten Grundsätzen zur Beseitigung dieser Diskriminierung die begehrte „Anpassung nach oben“ verlangen.

43

3. Die daraus folgenden Ansprüche auf Differenzvergütung sind jedoch gemäß § 37 Abs. 1 TVöD-AT verfallen, soweit sie Gegenstand der Leistungsklage sind.

44

a) Nach § 37 Abs. 1 Satz 1 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst - Allgemeiner Teil - vom 13. September 2005 (TVöD-AT) verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit von der oder dem Beschäftigten oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden. Für denselben Sachverhalt reicht allerdings die einmalige Geltendmachung des Anspruchs auch für später fällige Leistungen gemäß § 37 Abs. 1 Satz 2 TVöD-AT aus.

45

b) Tarifliche Ausschlussfristen dienen der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit. Der Anspruchsgegner soll sich auf die aus Sicht des Anspruchstellers noch offene Forderung rechtzeitig einstellen, Beweise sichern und ggf. Rücklagen bilden können (BAG 13. Dezember 2007 - 6 AZR 222/07 - Rn. 18, BAGE 125, 216). Er soll vor der Verfolgung von Ansprüchen, mit deren Geltendmachung er nicht rechnet und auch nicht rechnen muss, geschützt werden (BAG 3. Juli 2013 - 4 AZR 476/12 - Rn. 44). Für eine ordnungsgemäße Geltendmachung iSd. § 37 Abs. 1 TVöD-AT ist daher erforderlich, dass der Anspruchsgegner zur Erfüllung eines bestimmten Anspruchs aufgefordert wird. Der Anspruchsteller muss unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass er Inhaber einer nach Grund und Höhe spezifizierten Forderung ist und auf der Erfüllung dieser Forderung besteht (vgl. BAG 20. Juni 2002 - 8 AZR 488/01 - zu II 2 e aa der Gründe). Der Anspruchsgegner muss ausgehend von seinem Empfängerhorizont erkennen können, um welche Forderung es sich handelt (vgl. BAG 18. März 1999 - 6 AZR 523/97 - zu B II 3 a der Gründe). Das setzt voraus, dass der Anspruch seinem Grunde nach hinreichend deutlich bezeichnet und die Höhe des Anspruchs sowie der Zeitraum, für den er verfolgt wird, mit der für den Anspruchsgegner notwendigen Deutlichkeit ersichtlich gemacht wird. Die Art des Anspruchs und die Tatsachen, auf die dieser gestützt wird, müssen erkennbar sein. Liegen diese Voraussetzungen vor, ist eine Bezifferung nicht zwingend erforderlich (vgl. BAG 18. Februar 2016 - 6 AZR 628/14 - Rn. 20; 19. August 2015 - 5 AZR 1000/13 - Rn. 24).

46

c) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts enthält das Schreiben der Klägerin vom 26. September 2008 keine die Ausschlussfrist des § 37 TVöD-AT wahrende Geltendmachung. Der bloße „Widerspruch gegen die Kürzung der Einkommenssicherung nach Tarifabschluss 2008“ bringt schon nicht zum Ausdruck, dass die Klägerin willens ist, eine bestimmte Forderung gegenüber der Beklagten zu erheben und auf deren Erfüllung besteht. Ein Widerspruch kann auch als bloße Aufforderung zu einer Überprüfung verstanden werden. Es ist ferner nicht erkennbar, weshalb die Klägerin die Kürzung der Einkommenssicherung beanstandet. Ein etwaiger Anspruch wird seinem Grunde nach nicht hinreichend deutlich bezeichnet. Zudem bezieht sich der Widerspruch nur auf den Tarifabschluss 2008. Das Arbeitsgericht hat rechtskräftig entschieden, dass Ansprüche der Klägerin für das Jahr 2008 verjährt sind.

47

d) Demgegenüber macht das Schreiben der Klägerin vom 20. Oktober 2011 deutlich, dass die Verringerung gemäß § 6 Abs. 3 Satz 2 TV UmBw nach ihrer Auffassung lediglich aus dem Erhöhungsbetrag der persönlichen Zulage zu berechnen ist. Der Anspruch auf Beseitigung der altersdiskriminierenden Regelungen wird von dieser Geltendmachung aber nicht erfasst. Es handelt sich dabei um einen eigenständigen Anspruch, der auf einem anderen Lebenssachverhalt beruht, und damit um einen anderen Streitgegenstand. Der Senat hat in seinem Urteil vom 18. Februar 2016 (- 6 AZR 628/14 - Rn. 22) begründet, dass dies der Wahrung der Ausschlussfrist entgegensteht. Hierauf wird Bezug genommen.

48

e) Der aus der Altersdiskriminierung abgeleitete Anspruch auf Differenzvergütung wurde erstmals im gerichtlichen Verfahren mit Schriftsatz vom 29. April 2013 geltend gemacht. Dieser wurde der Beklagten am 8. Mai 2013 zugestellt. Damit wurde die sechsmonatige Frist des § 37 Abs. 1 Satz 1 TVöD-AT für die Ansprüche auf Zahlung einer ungekürzten persönlichen Zulage für die Monate ab November 2012 gewahrt, denn der Anspruch für November 2012 ist gemäß § 24 Abs. 1 Satz 2 TVöD-AT am Freitag, dem 30. November 2012, fällig geworden. Die streitgegenständliche Leistungsklage bezieht sich jedoch auf die Zeit bis einschließlich Februar 2012. Dementsprechend sind sämtliche Ansprüche verfallen.

49

4. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts bezüglich der Leistungsklage stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Klägerin für den streitgegenständlichen Zeitraum die ihr durch das Urteil des Arbeitsgerichts zugesprochenen Beträge unabhängig von der Altersdiskriminierung beanspruchen könnte. Dies ist jedoch nicht der Fall. Soweit die Klägerin mit ihrer ursprünglichen Klage die von ihr verlangten Differenzbeträge damit begründete, die Beklagte habe bei allgemeinen Entgelterhöhungen die Verringerung der persönlichen Zulage fehlerhaft bezogen auf die gesamte Entgeltsteigerung vorgenommen, geht sie von unzutreffenden Annahmen aus. Die Verringerung bezieht sich nicht lediglich auf die Erhöhung der persönlichen Zulage. Anknüpfungspunkt für die Anrechnung nach § 6 Abs. 3 Satz 2 TV UmBw ist schon aufgrund des Wortlauts der Bestimmung der sich aus der allgemeinen Entgelterhöhung ergebende Steigerungsbetrag und nicht der Betrag, um den isoliert betrachtet die Zulage aufgrund der in § 6 Abs. 3 Satz 1 TV UmBw angeordneten Dynamisierung steigt(BAG 15. November 2012 - 6 AZR 359/11 - Rn. 26).

50

II. Hinsichtlich des als Hauptantrag gestellten Feststellungsantrags ist die Revision unbegründet. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts erweist sich insoweit als im Ergebnis richtig.

51

1. Der Antrag bedarf allerdings der Auslegung.

52

Die Klägerin begehrt die streitgegenständliche Feststellung ausdrücklich nur bezogen auf die - zu unterlassende - „Verrechnung nach § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a iVm. Satz 4 Buchst. a TV UmBw“. Die Frage der Verringerung der persönlichen Zulage nach diesen Vorschriften verliert jedoch ab dem 1. September 2013 ihre Bedeutung, denn die Klägerin hat seitdem eine Beschäftigungszeit von 25 Jahren zurückgelegt. Demnach unterbleibt die streitgegenständliche Verringerung der persönlichen Zulage bei allgemeinen Entgelterhöhungen ab dem 1. September 2013 schon gemäß § 6 Abs. 3 Satz 4 Buchst. b TV UmBw. Hierüber besteht zwischen den Parteien kein ersichtlicher Streit. Der Antrag ist daher so zu verstehen, dass die Klägerin die Feststellung nur bezogen auf die Zeit bis zum 31. August 2013 verlangt.

53

2. Mit diesem Inhalt ist der Feststellungsantrag zulässig. Er ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO(vgl. BAG 15. Januar 2015 - 6 AZR 646/13 - Rn. 14). Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben. Der angestrebte feststellende Ausspruch ist trotz seiner nicht vollstreckbaren Wirkung geeignet, den Streit der Parteien über die Verringerung der persönlichen Zulage bei Entgelterhöhungen, wie sie beispielsweise zum 1. Januar 2013 und 1. August 2013 vereinbart wurden, beizulegen und weitere Prozesse zwischen ihnen zu vermeiden. Das rechtfertigt die Annahme eines rechtlichen Interesses (vgl. BAG 21. Mai 2015 - 6 AZR 254/14 - Rn. 19).

54

3. Der so verstandene Feststellungsantrag ist begründet.

55

a) Die Beklagte ist verpflichtet, an die Klägerin jedenfalls ab Dezember 2012 bis einschließlich August 2013 die zu dynamisierende persönliche Zulage ohne eine Verringerung nach § 6 Abs. 3 Satz 2 TV UmBw zu zahlen. Dies ergibt sich aus dem dargestellten Anspruch auf Gleichstellung mit den Beschäftigten, die das 55. Lebensjahr bereits vollendet hatten und eine ungekürzte Zulage erhielten.

56

b) Der Anspruch auf die begehrte Feststellung bestünde zwar auch bezüglich des Monats November 2012, wie das Arbeitsgericht in den Entscheidungsgründen seines Urteils eingeräumt hat. Das Urteil des Arbeitsgerichts ist aber auch insoweit in Rechtskraft (§ 322 Abs. 1 ZPO) erwachsen, als sich die Feststellung einer unverringerten Zahlungsverpflichtung bei allgemeinen Entgelterhöhungen erst auf die Zeit ab Dezember 2012 bezieht.

57

c) Auf die kürzeren Ausschlussfristen nach § 15 Abs. 4 AGG bzw. § 61b ArbGG kommt es nicht an, weil die Klägerin nicht Schadensersatz nach § 15 Abs. 1 AGG oder Entschädigung gemäß § 15 Abs. 2 AGG begehrt, sondern die Erfüllung der Hauptleistungspflicht der Beklagten durch Zahlung einer höheren und diskriminierungsfreien Vergütung.

58

III. Soweit das Arbeitsgericht für die Zeit vom 1. März 2012 bis zum 30. November 2012 festgestellt hat, dass die Beklagte verpflichtet sei, die persönliche Zulage zu zahlen, „wobei jede allgemeine Erhöhung der Bezüge auf die persönliche Zulage berechnet wird und dabei eine Verringerung lediglich um ein Drittel des jeweils erhöhten Betrages, bezogen auf die persönliche Zulage, eintritt“, ist die Revision begründet. Auch insoweit ist die erstinstanzliche Entscheidung abzuändern und die Klage abzuweisen. Wie vorstehend ausgeführt, ist entgegen dem Feststellungsantrag der sich aus der allgemeinen Entgelterhöhung ergebende Steigerungsbetrag maßgeblich und nicht allein der Anstieg der persönlichen Zulage im Rahmen der Dynamisierung gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 TV UmBw.

59

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel     

        

        

        

    Steinbrück    

        

    Lauth     

                 

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 12. Mai 2010 - 7 Sa 774/09 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten der ersten Instanz und der Berufung hat der Kläger zu 61 % und die Beklagte zu 39 % zu tragen. Die Kosten der Revision hat die Beklagte zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe der monatlichen Ausgleichszahlung nach dem Tarifvertrag über sozialverträgliche Begleitmaßnahmen im Zusammenhang mit der Umgestaltung der Bundeswehr (TV UmBw) vom 18. Juli 2001.

2

Der Kläger war seit September 1990 bei der Beklagten im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung beschäftigt, zuletzt als Munitionsfacharbeiter und Vorarbeiter im Munitionsdepot der Bundeswehr in K. Das Arbeitsverhältnis richtete sich ab Oktober 2005 nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) vom 13. September 2005, wobei der Kläger in die Entgeltgruppe 5, Stufe 6 eingruppiert war. Vom 1. Oktober 2005 bis zum 31. Dezember 2008 wurden dem Kläger zur Vertretung einer Beamtin Tätigkeiten auf dem Dienstposten Lagerverwaltung B übertragen. Die Beklagte zahlte dem Kläger eine Zulage iHv. 10 % seines Tabellenentgelts, die ab Januar 2006 in eine persönliche Zulage umgewandelt wurde. Diese persönliche Zulage iHv. monatlich 236,88 Euro brutto erhielt der Kläger ununterbrochen bis Dezember 2008. Aufgrund der zum 31. Dezember 2010 vorgesehenen Schließung des Munitionsdepots in K vereinbarten die Parteien mit Wirkung zum 1. Januar 2009 die Anwendung der Härtefallregelung des § 11 TV UmBw idF des Zweiten Änderungstarifvertrags vom 4. Dezember 2007 (Ruhensregelung). Darin sowie in dem in dieser Bestimmung in Bezug genommen § 6 TV UmBw heißt es:

        

„§ 11 Härtefallregelung

        

(1)     

1Kann einer/einem Beschäftigten der Entgeltgruppen 2 bis 9, bzw. die Entgeltgruppen KR 3a bis 9b der im Zeitpunkt des Wegfalls des Arbeitsplatzes (§ 1 Abs. 1)

                 

a)    

das 55. Lebensjahr vollendet hat und

                 

b)    

eine Beschäftigungszeit beim Arbeitgeber Bund (§ 34 Absatz 3 Satz 1 und 2 TVöD) von mindestens 15 Jahren zurückgelegt hat,

                 

kein Arbeitsplatz nach § 3 angeboten werden und kann im Hinblick auf den Zeitpunkt des Wegfalls des Arbeitsplatzes keine Altersteilzeit nach § 10 vereinbart werden, kann im Rahmen der hierfür festzulegenden Höchstzahl in gegenseitigem Einvernehmen ein Verzicht auf die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung (Ruhensregelung) vereinbart werden. 2Die/der Beschäftigte erhält statt des Entgelts eine monatliche Ausgleichszahlung. …

        

(2)     

1Die Ausgleichszahlung wird in Höhe des um 28 v.H. verminderten Einkommens gezahlt. ... 3Sie nimmt an allgemeinen Erhöhungen des Entgelts teil. 4Einkommen sind die Entgelte im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 2 sowie ggf. § 7 Abschn. A Abs. 1 und Abschn. B Abs. 2, Besitzstandszulagen nach § 11 TVÜ-Bund und Strukturausgleichszahlungen nach § 12 TVÜ-Bund jeweils für die Dauer der Anspruchsberechtigung. ...“

                          
        

㤠6 Einkommenssicherung

        

(1)     

2Als Entgelt aus der bisherigen Tätigkeit wird berücksichtigt:

                 

a)    

das Tabellenentgelt (§ 15 TVöD),

                 

b)    

in Monatsbeträgen festgelegte Zulagen, die in den letzten drei Jahren der bisherigen Tätigkeit ohne schädliche Unterbrechung bezogen wurden und

                 

...     

                          
        

Protokollerklärungen zu Absatz 1:

        

...     

        
        

3.    

Als in Monatsbeträgen festgelegte Zulagen gelten auch ständige Lohnzulagen i.S.d. ehemaligen § 21 Absatz 4 MTArb, sofern die ihnen zu Grunde liegenden tariflichen Bestimmungen noch Gültigkeit haben.

        

...“   

        
3

Die Beklagte teilte dem Kläger in einem Schreiben vom 11. März 2009 die Neufestsetzung der monatlichen Ausgleichszahlung nach § 11 TV UmBw ab dem 1. Januar 2009 mit, wobei die dem Kläger für die ihm vom 1. Oktober 2005 bis zum 31. Dezember 2008 vorübergehend übertragene höherwertige Tätigkeit gezahlte persönliche Zulage nicht berücksichtigt wurde. Dagegen wandte sich der Kläger ohne Erfolg mit einem Schreiben vom 16. April 2009.

4

Der Kläger hat gemeint, für die Höhe der Einkommenssicherung und damit auch für die Höhe der Ausgleichszahlung sei nur ein Referenzzeitraum von drei Jahren vor der Ruhensregelung maßgeblich. Die Beklagte hätte deshalb die ihm vor der Ruhensregelung gezahlte persönliche Zulage bei der Ermittlung der Höhe der Ausgleichszahlung berücksichtigen müssen. Ohne Bedeutung sei, wie sich ohne die Ruhensregelung die Arbeitsplatzsituation entwickelt hätte. Darauf stelle die tarifliche Regelung nicht ab.

5

Der Kläger hat beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.326,51 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz

                 

aus 170,55 Euro brutto seit dem 1. April 2009,

                 

aus 170,55 Euro brutto seit dem 1. April 2009,

                 

aus 170,55 Euro brutto seit dem 1. April 2009,

                 

aus 170,55 Euro brutto seit dem 1. Mai 2009,

                 

aus 170,55 Euro brutto seit dem 1. Juni 2009,

                 

aus 170,55 Euro brutto seit dem 1. Juli 2009,

                 

aus 170,55 Euro brutto seit dem 1. August 2009

                 

zu zahlen;

        

2.    

festzustellen, dass die Beklagte die persönliche Zulage iHv. 236,88 Euro ab 1. Januar 2009 in die Ausgleichszahlung nach § 6 TV UmBw einzubeziehen hat.

6

Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, bei der Einkommenssicherung und damit auch bei der Berechnung der Ausgleichszahlung seien nur die Entgeltbestandteile zu berücksichtigen, die dem Beschäftigten ohne die Umgestaltungsmaßnahme auf Dauer zugestanden hätten. Maßgeblich sei eine hypothetische Betrachtungsweise. Dem Kläger sei die höherwertige Tätigkeit nicht auf Dauer, sondern nur vorübergehend übertragen worden. Dieser hätte ohne die Umgestaltungsmaßnahme die ihm für die Vertretungszeit gezahlte persönliche Zulage nicht auf Dauer erhalten. Sie habe dem Kläger über den 30. September 2007 hinaus irrtümlicherweise eine persönliche Zulage iHv. 10 % des Tabellenentgelts weitergezahlt, obwohl dem Kläger nur eine Zulage iHv. 4,5 % des Tabellenentgelts zugestanden habe.

7

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert, hat die Beklagte verurteilt, an den Kläger 537,18 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus den für die Monate März bis Juli 2009 jeweils zugesprochenen Beträgen zu zahlen und hat festgestellt, dass die Beklagte die persönliche Zulage iHv. 106,59 Euro ab dem 1. Januar 2009 in die Berechnung der Ausgleichszahlung nach § 6 TV UmBw einzubeziehen hat. Im Übrigen hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel der vollständigen Klageabweisung weiter. Der Kläger hat in der Revisionsverhandlung seine Feststellungsklage zurückgenommen, soweit sich diese auf die Zeit vor August 2009 bezog, und hat beantragt, die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten ist nicht begründet. Dem Kläger steht die beanspruchte weitere Ausgleichszahlung in der ihm vom Landesarbeitsgericht zugesprochenen Höhe zu. Gegen die vom Landesarbeitsgericht ermittelte Höhe der Ansprüche des Klägers richtet sich kein Angriff der Revision.

9

I. Die nach der teilweisen Klagerücknahme in der Revisionsverhandlung nur noch auf die Zeit ab August 2009 bezogene Feststellungsklage ist zulässig. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse liegt vor. Das angestrebte Urteil ist trotz seiner lediglich feststellenden und einer Vollstreckung nicht zugänglichen Wirkung geeignet, den Streit der Parteien über die Höhe der monatlichen Ausgleichszahlung endgültig beizulegen und weitere Prozesse zwischen ihnen zu verhindern (vgl. BAG 18. Dezember 2008 - 6 AZR 890/07 - Rn. 11 mwN, EzTöD 320 TVÜ-VKA § 11 Abs. 1 Nr. 14). Die Beklagte lässt als juristische Person des öffentlichen Rechts erwarten, dass sie bereits auf Feststellungsurteil hin dem Kläger die Ausgleichszahlung in der zugesprochenen Höhe leistet, so dass eine erneute Inanspruchnahme der Gerichte zur Durchsetzung des Anspruchs ausgeschlossen werden kann. Der teilweise Vergangenheitsbezug des Feststellungsantrags steht dem Feststellungsinteresse nicht entgegen. Der von § 256 Abs. 1 ZPO verlangte Gegenwartsbezug wird dadurch hergestellt, dass der Kläger die Erfüllung konkreter Vergütungsansprüche aus einem in der Vergangenheit liegenden Zeitraum und damit einen gegenwärtigen rechtlichen Vorteil erstrebt(st. Rspr. seit BAG 13. August 2009 - 6 AZR 330/08 - Rn. 13, BAGE 131, 325).

10

II. Die Zahlungsklage des Klägers ist begründet, soweit dieser für die Monate März bis Juli 2009 weitere Ausgleichszahlung iHv. 537,18 Euro brutto beansprucht. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass bei der Ermittlung der Höhe der dem Kläger gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 TV UmBw zu zahlenden Ausgleichszahlung nach § 11 Abs. 2 Satz 4 TV UmBw iVm. § 6 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b TV UmBw die persönliche Zulage zu berücksichtigen war, die dem Kläger in den letzten drei Jahren vor der Anwendung der Härtefallregelung aufgrund der ihm vorübergehend übertragenen höherwertigen Tätigkeit ununterbrochen zustand.

11

1. Der in die Entgeltgruppe 5 TVöD eingruppierte Kläger hatte in diesen drei Jahren gemäß § 14 Abs. 1 iVm. Abs. 3 Satz 2 TVöD Anspruch auf eine persönliche Zulage iHv. 4,5 % seines individuellen Tabellenentgelts. Die dem Kläger während der ihm vorübergehend übertragenen höherwertigen Tätigkeit zustehende Zulage war damit eine im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b TV UmBw in Monatsbeträgen festgelegte persönliche Zulage. Die Tarifvertragsparteien haben diese in § 14 TVöD ausdrücklich als persönliche Zulage bezeichnet. Eine persönliche Zulage, zB eine Funktionszulage, ist an die Person des Arbeitnehmers gebunden und berücksichtigt eine besondere Arbeitsschwierigkeit. Sie wird aus einem besonderen Anlass gezahlt und unterscheidet sich dadurch von unständigen Zulagen und Zuschlägen, zB Zeit-, Schmutz-, Gefahren- und Erschwerniszuschlägen. Diese werden nicht aus einem bestimmten, ständig gleichen Grundtatbestand vergütet. Ihre Entstehung ist im Gegensatz zu persönlichen Zulagen nach Grund und Höhe von der ständig wechselnden Zahl und Art von Diensten abhängig (vgl. zur Abgrenzung BAG 13. August 2009 - 6 AZR 307/08 - Rn. 17 f. mwN, ZTR 2009, 641).

12

2. Entgegen der Ansicht der Beklagten hindert der Umstand, dass die Tarifvertragsparteien des TVöD die Höhe der für die vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit zustehenden Zulagen anders als zB die Höhe der Wechselschichtzulage bei ständig geleisteter Schichtarbeit (§ 8 Abs. 5 Satz 1 TVöD)nicht in der Weise ausgewiesen haben, dass sie bestimmte Beträge angegeben haben, die Annahme in Monatsbeträgen festgelegter Zulagen nicht. Angesichts der Vielzahl möglicher Fallgestaltungen bei der vorübergehenden Übertragung höherwertiger Tätigkeiten und der 15 Entgeltgruppen, die jeweils fünf oder sechs Stufen umfassen, wäre die Festsetzung bestimmter Monatsbeträge auch mit Schwierigkeiten verbunden, jedenfalls aber - auch im Hinblick auf Entgeltsteigerungen - nicht zweckmäßig gewesen. Maßgebend ist, dass § 14 Abs. 3 Satz 2 TVöD mit der Regelung, dass die Zulage 4,5 % des individuellen Tabellenentgelts der/des Beschäftigten beträgt, eine Berechnungsformel vorgibt und damit die Höhe der für die Ausübung der höherwertigen Tätigkeit zustehenden Zulage festlegt. Monatliche Zulagen, die einen bestimmten Prozentsatz des individuellen monatlichen Tabellenentgelts betragen und deren Höhe damit nicht von einem ungewissen Berechnungsfaktor abhängt, sind aufgrund des feststehenden Rechenweges in Monatsbeträgen festgelegte Zulagen im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b TV UmBw (vgl. zur Bemessungsgrundlage der Entgeltfortzahlung Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Stand August 2011 Teil II § 21 Rn. 7).

13

3. Ohne Erfolg rügt die Beklagte, die persönliche Zulage habe dem Kläger nur während der vorübergehenden Übertragung der höherwertigen Tätigkeit, aber nicht auf Dauer zugestanden. Ob dem Kläger die persönliche Zulage nach § 14 Abs. 1 TVöD zugestanden hätte, wenn die Parteien die Ruhensregelung nicht getroffen hätten und der Kläger über den 31. Dezember 2008 hinaus weitergearbeitet hätte, ist ohne Bedeutung.

14

a) Bereits der Wortlaut des § 6 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b TV UmBw spricht bezüglich der Berücksichtigung der in Monatsbeträgen festgelegten Zulagen bei der Ermittlung der Höhe der Einkommenssicherung und damit auch der Höhe der Ausgleichszahlung gegen eine zukunftsbezogene Betrachtung nach dem Lohnausfallprinzip und für eine vergangenheitsbezogene Betrachtung nach dem Referenzprinzip. Mit den Formulierungen in § 6 Abs. 1 Satz 2 TV UmBw „Als Entgelt aus der bisherigen Tätigkeit“ und „die in den letzten drei Jahren der bisherigen Tätigkeit ohne schädliche Unterbrechung bezogen wurden“ haben die Tarifvertragsparteien auf die Zulagen abgestellt, die der/dem Beschäftigten im Referenzzeitraum, den letzten drei Jahren vor der Ruhensregelung, zustanden. Unter der in der Tarifvorschrift zweimal genannten bisherigen Tätigkeit kann vom Wortsinn her nur die Tätigkeit verstanden werden, die die/der Beschäftigte vor der Ruhensregelung ausgeübt hat und nicht diejenige Tätigkeit, die die/der Beschäftigte ausgeübt hätte, wenn er weitergearbeitet hätte. Das Adjektiv „bisherig“ bezeichnet etwas, was von einem bestimmten Zeitpunkt an der Vergangenheit angehört (vgl. Duden Das große Wörterbuch der Deutschen Sprache 3. Aufl. Stichworte: „bisher“, „bisherig“). Hätten die Tarifvertragsparteien bezüglich der Berücksichtigung einer in Monatsbeträgen festgelegten Zulage darauf abstellen wollen, ob diese Zulage ohne die Ruhensvereinbarung der/dem Beschäftigten über den Referenzzeitraum von drei Jahren hinaus weiterhin zugestanden hätte, hätten sie die Regelung in § 6 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b TV UmBw anders formulieren müssen. Für einen solchen Willen der Tarifvertragsparteien fehlt freilich jeder Anhaltspunkt.

15

b) Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich aus Nr. 3 der Protokollerklärungen zu § 6 Abs. 1 TV UmBw nichts anderes. Danach gelten als in Monatsbeträgen festgelegte Zulagen auch ständige Lohnzulagen im Sinne des ehemaligen § 21 Abs. 4 MTArb, sofern die ihnen zugrunde liegenden tariflichen Bestimmungen noch Gültigkeit haben. Dies zeigt schon das Wort „auch“ in dieser tariflichen Fiktion. Aus der Regelung lässt sich allenfalls im Umkehrschluss ableiten, dass § 6 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b TV UmBw gerade nicht nur ständige, sondern auch vorübergehend zahlbare Zulagen erfasst. Würde die Tarifbestimmung nur auf Dauer zustehende Zulagen erfassen, hätte es einer besonderen Regelung in der Protokollerklärung Nr. 3 zu § 6 Abs. 1 TV UmBw nicht bedurft.

16

c) Sinn und Zweck der in § 6 TV UmBw geregelten Einkommenssicherung und der in § 11 TV UmBw geregelten Ausgleichszahlung sowie die Tarifgeschichte bestätigen das Ergebnis der wortlautgetreuen Auslegung.

17

aa) Die Einkommenssicherung und die Ausgleichszahlung dienen der Sicherung des Besitzstandes der/des Beschäftigten, wenn aufgrund einer Maßnahme der Neuausrichtung der Bundeswehr sich das Entgelt der/des Beschäftigten verringert bzw. der Arbeitsplatz der/des Beschäftigten wegfällt (vgl. BAG 24. Juni 2010 - 6 AZR 18/09 - Rn. 20, AP TV UmBw § 11 Nr. 2). In Monatsbeträgen festgelegte Zulagen zählen dabei nach der Anordnung der Tarifvertragsparteien in § 6 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b TV UmBw nur, aber auch bereits dann zu dem zu sichernden Besitzstand, wenn diese Zulagen in den letzten drei Jahren ohne schädliche Unterbrechung von der/dem Beschäftigten bezogen wurden. Diese Sicherung des Besitzstandes nach dem Referenzprinzip bewirkt Rechtssicherheit. Die zur Ermittlung des zu sichernden Besitzstandes erforderliche Feststellung, ob eine Beschäftigte oder ein Beschäftigter in den letzten drei Jahren ihrer/seiner bisherigen Tätigkeit eine in Monatsbeträgen festgelegte Zulage ohne schädliche Unterbrechung bezogen hat, ist in der Regel mit weniger Schwierigkeiten verbunden als die (zusätzliche) Feststellung, ob die/der Beschäftigte diese Zulage ohne die Maßnahme der Neuausrichtung der Bundeswehr weiterhin bezogen hätte. Wenn die Tarifvertragsparteien bei der Ermittlung der Höhe der Einkommenssicherung und der Höhe der Ausgleichszahlung bezüglich der in Monatsbeträgen festgelegten Zulagen ausschließlich auf den gewählten Referenzzeitraum von drei Jahren abgestellt und auf eine am Lohnausfallprinzip ausgerichtete hypothetische Betrachtung verzichtet haben, ist dieser Wille der Tarifvertragsparteien zu achten. Damit haben sie von ihrer Tarifautonomie und von dem ihnen grundsätzlich zustehenden Wahlrecht zwischen Referenz- und Lohnausfallprinzip Gebrauch gemacht (vgl. BAG 3. Dezember 2002 - 9 AZR 535/01 - zu I 1 der Gründe, BAGE 104, 65).

18

bb) Auch die Tarifgeschichte gibt das Auslegungsergebnis vor. In § 6 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b TV UmBw idF vom 18. Juli 2001 hieß es noch „ständige Lohnzulagen, die der Arbeiter in den letzten drei Jahren seiner bisherigen Tätigkeit ohne schädliche Unterbrechung bezogen hat“. Die seit dem 1. Januar 2008 geltende Neufassung spricht von „in Monatsbeträgen festgelegten Zulagen“. Selbst wenn man davon ausgeht, dass mit dem Verzicht auf das Wort „ständige“ lediglich eine redaktionelle Anpassung an den TVöD und eine Vereinheitlichung der Bestimmungen für Arbeiter und Angestellte vorgenommen werden sollte (so BAG 13. August 2009 - 6 AZR 307/08 - Rn. 21, ZTR 2009, 641), zeigt dies doch, dass die Tarifvertragsparteien mit der Formulierung „ständige Lohnzulagen“ diese Zulagen nur von „unständigen Lohnzulagen“ und damit von Zulagen abgrenzen wollten, die vom Anfall und der Zahl der Dienste abhängig waren (BAG 13. August 2009 - 6 AZR 307/08 - Rn. 17, aaO), mit dem Wort „ständige“ aber nicht zum Ausdruck bringen wollten, dass die „ständige Lohnzulage“ dem Arbeiter auf Dauer zustehen musste.

19

4. Die sechsmonatige Ausschlussfrist aus § 37 Abs. 1 Satz 1 TVöD hat der Kläger gewahrt. Er hat seine Ansprüche für die Zeit ab Januar 2009 am 16. April 2009 geltend gemacht.

20

5. Der Zinsanspruch ergibt sich dem Grunde nach aus § 286 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB iVm. § 24 Abs. 1 Satz 2 TVöD und § 288 Abs. 1 BGB, der Höhe nach aus § 247 Abs. 1 BGB.

21

III. Die Feststellungsklage ist nach ihrer teilweisen Rücknahme begründet. Die Beklagte hat ab dem 1. August 2009 die persönliche Zulage in der vom Landesarbeitsgericht festgestellten Höhe in die Berechnung der Ausgleichszahlung einzubeziehen.

22

IV. Die Kostenentscheidung folgt für die erste und zweite Instanz aus § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Zur Ermittlung der Kostenquote war ein fiktiver, den gesamten Streitgegenstand abbildender Streitwert zu bilden. Der Streitwert war dabei in doppelter Hinsicht fiktiv zu bilden: Zunächst waren für jede Instanz bezogen auf den Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung der von der Feststellungsklage umfasste, vergangenheitsbezogene Zeitraum einerseits und der zukunftsgerichtete Teil der Klage andererseits zu berücksichtigen. Letzterer war wegen der Ungewissheit der künftigen Entwicklung in Anlehnung an § 42 Abs. 3 Satz 2 GKG mit dem 36-fachen der begehrten Vergütungsdifferenz zu bewerten(BAG 24. März 2011 - 6 AZR 851/09 -; 23. September 2010 - 6 AZR 174/09 - ZTR 2011, 23). Zusätzlich war im Rahmen des fiktiven Streitwerts auch der Wert der Leistungsklage zu berücksichtigen. Ausgehend von dieser Berechnung waren die Kosten erster und zweiter Instanz gemäß § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu quotieren, in der Revisionsinstanz allerdings gemäß § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nur der Beklagten aufzuerlegen. Die dem Kläger aufgrund der teilweisen Rücknahme der Feststellungsklage nach § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO aufzuerlegenden Kosten hätten aufgrund des mangels einer Anschlussrevision des Klägers geminderten Streitwerts weniger als 10 % betragen und wären damit verhältnismäßig geringfügig gewesen(vgl. BAG 23. September 2010 - 6 AZR 174/09 - aaO). Höhere Kosten hat die Zuvielforderung des Klägers in der Revision nicht veranlasst.

        

    Fischermeier    

        

    Brühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    Oye    

        

    Uwe Zabel    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 27. Januar 2017 - 26 Sa 1565/15 - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen teilweise aufgehoben.

2. Die Anschlussrevision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 27. Januar 2017 - 26 Sa 1565/15 - wird als unzulässig verworfen.

3. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 11. August 2015 - 34 Ca 15510/14 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und insgesamt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass das Vorruhestandsverhältnis der Parteien über den 30. November 2015 hinaus bis zum 30. November 2017 fortbesteht.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte 52 % und die Klägerin 48 % zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Zeitpunkt der Beendigung ihres Vorruhestandsverhältnisses, die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung einer angemessenen Entschädigung in Geld, die Unterlassung künftiger Diskriminierungen der Klägerin aufgrund ihrer Schwerbehinderung und um Schadensersatz.

2

Die am 6. November 1954 geborene Klägerin war bei der Beklagten als Sachbearbeiterin in der Pfändungsabteilung am Standort B beschäftigt. Sie ist mit einem Grad der Behinderung von 50 als schwerbehinderter Mensch anerkannt worden. Die Beklagte schloss am 24. Juni 2009 mit dem Konzernbetriebsrat einen Interessenausgleich und einen „Maßnahmensozialplan über den Ausgleich oder die Milderung wirtschaftlicher Nachteile im Zusammenhang mit dem Rahmeninteressenausgleich und dem Teilinteressenausgleich zu den PBC Effizienzprogrammen ‚D Service (Projekt A)‘, ‚Transformation Business Banking Deutschland (BB, SBF, PB Fin und Teamleiter PBB)‘ und ‚Neuaufstellung der D Direkt‘“ (Maßnahmensozialplan). Darin heißt es ua.:

        

III. Altersteilzeit, Vorruhestand und Abfindung 52 plus

        

…       

        

B. Vorruhestandsvereinbarungen

        

Vorruhestandsvereinbarungen können einzelvertraglich zwischen der Bank und Mitarbeitern ab Vollendung des 55. Lebensjahrs getroffen werden. Voraussetzung ist, dass für diese Mitarbeiter auch nach entsprechenden Weiterbildungsmaßnahmen kein geeigneter Arbeitsplatz gefunden werden kann. ...“

3

Mit dem Erhebungsbogen „D Service (Projekt A)“ fragte die Beklagte ua. die Wünsche der Beschäftigten nach Tätigkeitsbereichen und Einsatzorten sowie ein etwaiges Interesse an Sozialplaninstrumenten ab. Die Anfrage richtete sich nicht nur an die von einem Arbeitsplatzverlust bzw. einer Versetzung unmittelbar betroffenen Mitarbeiter. Die Klägerin vermerkte unter dem 3. August 2009 auf dem Erhebungsbogen ua.:

        

„Vorruhestand aus gesundheitlichen Gründen erwünscht, weil durch eine chronische Autoimmunerkrankung sich meine Gesundheit ständig verschlechtert und häufige Erkrankungen die Folge sind. In diesem Jahr bereits 68 Tage erkrankt.“

4

Die Parteien schlossen am 23. November 2009 eine Vorruhestandsvereinbarung, in der auszugsweise geregelt ist:

        

„1.     

Das zwischen der Bank und Frau U bestehende Anstellungsverhältnis wird im beiderseitigen Einvernehmen auf Veranlassung der Bank mit Ablauf des 30.06.2010 beendet.

        
                 

…       

        
        

3.    

Die Bank gewährt Frau U mit Wirkung vom 01.07.2010 bis zum 31.07.2015 ein Vorruhestandsgeld. Nach Beendigung dieser Vorruhestandszeit wird Frau U nach den Bestimmungen der jeweiligen Versorgungsregelung der Bank pensioniert.

        
                 

…       

        
        

5.    

Frau U verpflichtet sich, Rente wegen Erwerbsminderung, gesetzliches Altersruhegeld oder ähnliche Bezüge öffentlich-rechtlicher Art zum frühestmöglichen Zeitpunkt gegebenenfalls unter Inkaufnahme von Rentenabschlägen zu beantragen. Das Vorruhestandsgeld entfällt mit Beginn des Monats, für den Frau U Rente wegen voller Erwerbsminderung, gesetzliches Altersruhegeld oder ähnliche Bezüge öffentlich-rechtlicher Art beanspruchen kann. …

        
        

...     

                 
        

7.    

Die Ansprüche aus dieser Vorruhestandsvereinbarung - mit Ausnahme der Regelungen für die Pensionierung - erlöschen mit der Pensionierung, spätestens jedoch am 31.07.2015. Sollte aufgrund zwischenzeitlicher Gesetzesänderungen eine Inanspruchnahme der gesetzlichen Rente zum 01.08.2015 nicht mehr möglich sein, verlängert sich die Laufzeit des Vorruhestandsvertrags bis zu dem dann geltenden frühestmöglichen Verrentungszeitpunkt gemäß Ziff. 5 Satz 1.

        
        

...“   

        
5

Die Klägerin konnte eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen mit frühestem Rentenbeginn ab dem 1. August 2015 mit Abschlägen beziehen.

6

Die Beklagte schloss auch mit weiteren Mitarbeitern Vorruhestandsvereinbarungen. Sie wandte die Regelungen des Maßnahmensozialplans nicht nur auf Arbeitnehmer an, die dessen Voraussetzungen erfüllten, sondern auch auf nicht von den Maßnahmen betroffene Mitarbeiter. Mit der am 2. April 1955 geborenen, nicht schwerbehinderten Mitarbeiterin W schloss sie im November 2009 eine Vorruhestandsvereinbarung mit nahezu wortgleichem Inhalt, der zufolge ein Vorruhestandsgeld vom 1. Juli 2010 bis zum 30. April 2018 gewährt werden sollte.

7

Nachdem gegenüber der Beklagten geltend gemacht worden war, die Vorruhestandsvereinbarungen benachteiligten schwerbehinderte Mitarbeiter, entschied sich diese, die Konditionen für schwerbehinderte Mitarbeiter zu verbessern. Dazu richtete sich die Beklagte mit Schreiben vom 30. November 2012 an die Klägerin und teilte ua. mit:

        

„Auf der Basis der durch die Rechtsprechung geänderten Rechtslage zur Gleichbehandlung von Versorgungsleistungen bei Vorruhestandsvereinbarungen haben wir uns - unter Einbeziehung des Betriebsrates - entschieden, die Konditionen für Vorruhestände mit schwerbehinderten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern (im Folgenden ‚Mitarbeiter‘) zu verbessern. Mit dem Ziel des Ausgleichs rentenrechtlicher Nachteile wird die Laufzeit von Vorruhestandsverträgen mit schwerbehinderten Mitarbeitern verlängert und in der betrieblichen Altersversorgung werden Sondergutschriften vorgenommen.“

8

Die Parteien schlossen am 8. Dezember 2012 eine Vereinbarung, mit der die Laufzeit des Vorruhestandsverhältnisses bis zum 30. November 2015 verlängert und der Klägerin eine einmalige Sondergutschrift zur betrieblichen Altersversorgung zugesagt wurde. In der Änderungsvereinbarung heißt es auszugsweise:

        

„Zur Vermeidung bzw. zum Ausgleich von Nachteilen, die sich bei der gesetzlichen Rente sowie bei der betrieblichen Altersversorgung im Zusammenhang mit der Möglichkeit des vorzeitigen Bezugs von Altersrente wegen Schwerbehinderung ergeben können, wird die zwischen den Parteien geschlossene einzelvertragliche Vorruhestandsvereinbarung wie folgt geändert:

        

1.    

Die Laufzeit des Vorruhestandes wird verlängert bis zum 30.11.2015. An diesem Datum entsprechen bei anschließender Inanspruchnahme von Altersrente wegen Schwerbehinderung durch Frau U die individuellen Abschläge in der gesetzlichen Rentenversicherung von Frau U den Abschlägen von gleichaltrigen, nicht schwerbehinderten Menschen, die zum frühestmöglichen Zeitpunkt Altersrente für langjährig Versicherte (ohne Vertrauensschutz) in Anspruch nehmen (derzeit: nach Vollendung des 63. Lebensjahres).

                 

…       

                 

Frau U ist nicht verpflichtet, Altersrente für schwerbehinderte Menschen vor dem 30.11.2015 in Anspruch zu nehmen.

                 

…“    

9

Die Klägerin verlangte von der Beklagten mit Schreiben vom 17. Oktober 2014 ohne Erfolg ua. das Fortbestehen des Vorruhestandsverhältnisses zu den Bedingungen der Änderungsvereinbarung bis zum 30. November 2017 sowie eine angemessene Entschädigung in Geld aufgrund einer Benachteiligung wegen ihrer Schwerbehinderung.

10

Mit ihrer am 31. Oktober 2014 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, die Anknüpfung der Laufzeit des Vorruhestandsverhältnisses an die Möglichkeit eines vorzeitigen Bezugs von Altersrente für schwerbehinderte Menschen benachteilige sie gegenüber nicht schwerbehinderten Mitarbeitern, denen eine vorzeitige Inanspruchnahme von Altersrente für langjährig Versicherte erst zu einem späteren Zeitpunkt möglich sei und deren Vorruhestandsverhältnisse dementsprechend erst zu einem späteren Zeitpunkt endeten. Die geltend gemachte Entschädigung sei auf wenigstens 40.000,00 Euro festzusetzen.

11

Die Klägerin hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Vorruhestandsverhältnis zu den vereinbarten Bedingungen der Vorruhestandsvereinbarung vom 23. November 2009 in der Gestalt der Ergänzungsvereinbarung vom 8. Dezember 2012 nicht zum 30. November 2015 endet, sondern bis zum 30. November 2017 fortbesteht,

                 

hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1.,

                 

die Beklagte zu verurteilen zu erklären, dass das Vorruhestandsverhältnis zu den vereinbarten Bedingungen der Vorruhestandsvereinbarung vom 23. November 2009 in der Gestalt der Ergänzungsvereinbarung vom 8. Dezember 2012 nicht zum 30. November 2015 endet, sondern bis zum 30. November 2017 fortbesteht;

                          
        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an sie eine angemessene Entschädigung nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

        

3.    

der Beklagten bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, wobei Ordnungshaft zu vollziehen ist an den jeweiligen gesetzlichen Vertretern der Beklagten, für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung zu verbieten, sie aufgrund ihrer Schwerbehinderung zu diskriminieren, insbesondere wenn dies geschieht wie mit der Vereinbarung gemäß Ziffer 5 der Vorruhestandsvereinbarung vom 23. November 2009 in der Gestalt der Ergänzungsvereinbarung vom 8. Dezember 2012;

        

4.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, der ihr aufgrund der Ungleichbehandlung wegen ihrer Schwerbehinderung gemäß Ziffer 5 der Vorruhestandsvereinbarung vom 23. November 2009 entstanden ist und/oder zukünftig entstehen wird.

12

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag darauf gestützt, die Vorruhestandsvereinbarung vom 23. November 2009 in der Fassung der Änderungsvereinbarung vom 8. Dezember 2012 benachteilige die Klägerin nicht wegen ihrer Schwerbehinderung. Die Klägerin werde nicht vom Maßnahmensozialplan erfasst, weil ihr Arbeitsplatz nicht weggefallen sei. Die Vorruhestandsvereinbarung sei auf Wunsch der Klägerin zustande gekommen. Wäre die Klägerin nicht schwerbehindert gewesen, hätte die Beklagte mit ihr keine Vereinbarung über eine Laufzeit bis zum 30. November 2017 geschlossen, sondern ihr überhaupt keine Vorruhestandsvereinbarung angeboten. Selbst wenn eine ungerechtfertigte Benachteiligung der Klägerin anzunehmen wäre, hätte dies nicht die Verlängerung der Laufzeit des Vorruhestandsverhältnisses zur Folge, sondern nach § 7 Abs. 2 AGG deren Unwirksamkeit. Auch § 15 Abs. 6 AGG schließe die von der Klägerin begehrte Rechtsfolge aus.

13

Die Beklagte hat darüber hinaus die Auffassung vertreten, die Klägerin habe mit dem Abschluss der Änderungsvereinbarung das Recht zur Geltendmachung einer Benachteiligung verwirkt. Schließlich habe die Klägerin die Geltendmachungsfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG nicht gewahrt.

14

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Klägerin das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und festgestellt, dass das Vorruhestandsverhältnis der Parteien über den 30. November 2015 hinaus bis zum 30. November 2017 fortbesteht, und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin eine Entschädigung iHv. 4.600,00 Euro zu zahlen. Im Übrigen hat es die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit ihrer durch das Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Die Klägerin verfolgt mit ihrer Anschlussrevision die vollständige Stattgabe ihrer Klage.

Entscheidungsgründe

15

Die Revision der Beklagten ist teilweise begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts nur hinsichtlich des Klageantrags zu 1. zu Recht stattgegeben. Die Anschlussrevision der Klägerin ist unzulässig.

16

A. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht festgestellt, dass das Vorruhestandsverhältnis der Parteien über den 30. November 2015 hinaus bis zum 30. November 2017 fortbesteht.

17

I. Der Feststellungsantrag zu 1. ist zulässig. Die Klägerin hat ein rechtliches Interesse iSv. § 256 Abs. 1 ZPO an der begehrten Feststellung, nachdem über den Zeitpunkt der Beendigung des Vorruhestandsverhältnisses zwischen den Parteien Streit besteht(vgl. BAG 12. November 2013 - 9 AZR 484/12 - Rn. 10).

18

II. Der Feststellungsantrag ist begründet. Das Vorruhestandsverhältnis der Parteien endete nicht mit Ablauf des 30. November 2015, sondern endet erst mit Ablauf des 30. November 2017. Die Regelung über die Laufzeit des Vorruhestandsverhältnisses in der Vorruhestandsvereinbarung vom 23. November 2009 in der Fassung der Änderungsvereinbarung vom 8. Dezember 2012 ist insoweit unwirksam (§ 81 Abs. 2 SGB IX, § 7 Abs. 2 iVm. Abs. 1 AGG), als sie für die Klägerin als schwerbehinderte Arbeitnehmerin, die nach § 236a Abs. 1 Satz 2 SGB VI vorzeitige Altersrente in Anspruch nehmen kann, zu einer gegenüber nicht schwerbehinderten Menschen kürzeren Laufzeit führt. Die Rechtsfolge der unzulässigen Ungleichbehandlung besteht darin, dass das Vorruhestandsverhältnis der Klägerin - wie bei einem vergleichbaren nicht schwerbehinderten Arbeitnehmer - bis zum 30. November 2017 fortbesteht.

19

1. Nach § 7 Abs. 2 AGG sind Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG verstoßen, unwirksam. Die Bestimmung in § 7 Abs. 1 Halbs. 1 AGG untersagt im Anwendungsbereich des AGG eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, ua. wegen einer Behinderung. Zudem dürfen Arbeitgeber nach § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX schwerbehinderte Beschäftigte nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligen. Im Einzelnen gelten hierzu nach § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX die Regelungen des AGG.

20

2. Die in der Vorruhestandsvereinbarung vorgenommene Verknüpfung der Laufzeit des Vorruhestandsverhältnisses mit einem Anspruch auf vorzeitige Altersrente für schwerbehinderte Menschen stellt eine unmittelbare Benachteiligung der Klägerin wegen ihrer Schwerbehinderung iSv. § 3 Abs. 1 AGG dar.

21

a) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt danach vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Von § 3 Abs. 1 AGG wird auch eine sog. verdeckte unmittelbare Ungleichbehandlung erfasst. Eine solche Ungleichbehandlung ist gegeben, wenn nach einem scheinbar objektiven, nicht diskriminierenden Kriterium unterschieden wird, das jedoch in untrennbarem Zusammenhang mit einem in § 1 AGG genannten Grund steht und damit kategorial ausschließlich Träger eines Diskriminierungsmerkmals trifft(vgl. EuGH 12. Oktober 2010 - C-499/08 - [Andersen] Rn. 23; BAG 12. Mai 2016 - 6 AZR 365/15 - Rn. 23, BAGE 155, 88; 19. Dezember 2013 - 6 AZR 190/12 - Rn. 46 mwN, BAGE 147, 60).

22

Das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG erfasst nicht jede Ungleichbehandlung, sondern nur eine Ungleichbehandlung „wegen“ eines in § 1 AGG genannten Grundes. Zwischen der benachteiligenden Behandlung und dem in § 1 AGG genannten Grund muss demnach ein Kausalzusammenhang bestehen. Für den Kausalzusammenhang ist es nicht erforderlich, dass der betreffende Grund iSv. § 1 AGG das ausschließliche oder auch nur ein wesentliches Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist. Es muss nicht - gewissermaßen als vorherrschender Beweggrund, Hauptmotiv oder „Triebfeder“ des Verhaltens - handlungsleitend oder bewusstseinsdominant gewesen sein. Vielmehr ist der Kausalzusammenhang bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an einen Grund iSv. § 1 AGG anknüpft oder durch diesen motiviert ist, wobei die bloße Mitursächlichkeit genügt(BAG 26. Januar 2017 - 8 AZR 736/15 - Rn. 25).

23

§ 3 Abs. 1 Satz 1 AGG verlangt eine vergleichbare Situation. Der deutsche Gesetzgeber hat insoweit die Bestimmung des Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/78/EG, die ebenfalls eine vergleichbare Situation voraussetzt, unverändert umgesetzt. Auch der Gerichtshof der Europäischen Union geht davon aus, dass eine unmittelbare Benachteiligung nur dann vorliegt, wenn sich die betroffenen Personen in einer vergleichbaren Lage befinden. Die Situationen müssen nicht identisch, sondern nur vergleichbar sein. Die Prüfung dieser Vergleichbarkeit darf nicht allgemein und abstrakt sein, sondern muss spezifisch und konkret für die betreffende Leistung erfolgen (EuGH 10. Mai 2011 - C-147/08 - [Römer] Rn. 41 f.). Der Vergleich der jeweiligen Situationen ist daher fallbezogen anhand des Zwecks und der Voraussetzungen für die Gewährung der fraglichen Leistungen festzustellen (BAG 12. Mai 2016 - 6 AZR 365/15 - Rn. 29, BAGE 155, 88; 17. November 2015 - 1 AZR 938/13 - Rn. 24 mwN, BAGE 153, 234).

24

b) Die Voraussetzungen einer verdeckten unmittelbaren Ungleichbehandlung liegen vor.

25

aa) Die Laufzeit der Vorruhestandsvereinbarung knüpft nicht unmittelbar an die Schwerbehinderteneigenschaft, sondern an die gesetzlichen Voraussetzungen für den Bezug einer vorzeitigen Altersrente für schwerbehinderte Menschen an. Dadurch wird ein untrennbarer Zusammenhang mit dem in § 1 AGG genannten Grund der Behinderung, zu der auch die Schwerbehinderung zählt, hergestellt. Die Vorruhestandsvereinbarung vom 23. November 2009 sah in Ziff. 3 eine Laufzeit bis zum 31. Juli 2015 vor. Ab dem 1. August 2015 konnte die Klägerin nach § 236a Abs. 2 Satz 2 SGB VI mit frühestem Rentenbeginn eine vorzeitige Altersrente für schwerbehinderte Menschen mit Abschlägen beziehen. Dementsprechend war die Klägerin nach Ziff. 5 der Vorruhestandsvereinbarung verpflichtet, ua. gesetzliches Altersruhegeld zum frühestmöglichen Zeitpunkt gegebenenfalls unter Inkaufnahme von Rentenabschlägen zu beantragen. Das Vorruhestandsgeld sollte mit Beginn des Monats entfallen, für den die Klägerin gesetzliches Altersruhegeld beanspruchen konnte. Durch die Änderungsvereinbarung vom 8. Dezember 2012 haben die Parteien die Laufzeit des Vorruhestandsverhältnisses bis zum 30. November 2015 verlängert und ausdrücklich untrennbar mit der vorzeitigen Altersrente wegen Schwerbehinderung verbunden. Mit der Laufzeitverlängerung sollten die individuellen Abschläge der Klägerin in der gesetzlichen Rentenversicherung den Abschlägen von gleichaltrigen, nicht schwerbehinderten Menschen, die zum frühestmöglichen Zeitpunkt Altersrente für langjährig Versicherte (ohne Vertrauensschutz) in Anspruch nehmen, angeglichen werden. Die Klägerin war danach zwar nicht mehr verpflichtet, Altersrente für schwerbehinderte Menschen zum frühestmöglichen Zeitpunkt in Anspruch zu nehmen, wohl aber ab dem 1. Dezember 2015.

26

bb) Dies führt zu einer Schlechterstellung der schwerbehinderten Klägerin gegenüber nicht schwerbehinderten Arbeitnehmern, mit denen die Beklagte vergleichbare Vorruhestandsvereinbarungen geschlossen hat. Die Altersgrenze für die vorzeitige Inanspruchnahme von Altersrente für schwerbehinderte Menschen beträgt für im Jahr 1954 geborene Personen 60 Jahre und acht Monate (§ 236a Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Demgegenüber ist eine vorzeitige Inanspruchnahme der Altersrente bei einem nicht schwerbehinderten Arbeitnehmer gleichen Alters erst nach Vollendung des 63. Lebensjahres möglich (§ 236 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Die Verlängerung der Laufzeit des Vorruhestandsverhältnisses der Parteien um vier Monate bis zum 30. November 2015 bleibt dahinter zurück. Wäre die Klägerin nicht schwerbehindert, würde das Vorruhestandsverhältnis bis zum 30. November 2017 fortbestehen und die Klägerin für weitere zwei Jahre Vorruhestandsgeld beziehen. Die mit einem zwei Jahre früheren Ausscheiden verbundenen Einkommenseinbußen der Klägerin würden durch den Rentenbezug nicht ausgeglichen.

27

cc) Die Klägerin befindet sich mit den nicht schwerbehinderten Arbeitnehmern, mit denen die Beklagte Vorruhestandsvereinbarungen geschlossen hat, in einer vergleichbaren Situation.

28

(1) Der Bezug von Vorruhestandsgeld dient typischerweise dazu, Versorgungslücken zu überbrücken, die dadurch entstehen, dass der Anspruchsberechtigte seine Erwerbstätigkeit bei seinem Arbeitgeber vorzeitig beendet. Der Arbeitnehmer soll regelmäßig wirtschaftlich so lange abgesichert werden, bis er das Alter erreicht, in dem Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung gewährt werden (BAG 23. September 2014 - 9 AZR 827/12 - Rn. 24 mwN). Diesen Zweck verfolgen auch die bei der Beklagten geschlossenen Vorruhestandsvereinbarungen. Die Arbeitnehmer der Beklagten sollen wirtschaftlich so lange abgesichert werden, bis sie das Alter erreichen, in dem Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung gewährt werden. Unter Zugrundelegung dieses Regelungszwecks ist die Klägerin als eine Arbeitnehmerin, die aufgrund ihrer Behinderung als schwerbehinderter Mensch iSd. § 2 Abs. 2 SGB IX anerkannt ist, in Bezug auf ihre durch die Vorruhestandsvereinbarung verursachten wirtschaftlichen Nachteile in einer vergleichbaren Situation iSd. § 3 Abs. 1 AGG mit nicht schwerbehinderten Arbeitnehmern. Ebenso wie diese verliert sie ihren Arbeitsplatz und das bisher gewährte Arbeitsentgelt. An dessen Stelle tritt für die Dauer des Vorruhestands das Vorruhestandsgeld, das die Zeit bis zur Inanspruchnahme von Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung überbrückt und deren Höhe übersteigt.

29

(2) Soweit die Beklagte unter Hinweis auf die Entscheidung des Sechsten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 6. Oktober 2011 (- 6 AZN 815/11 - Rn. 11, BAGE 139, 226) geltend macht, infolge der unterschiedlichen Rentenberechtigung sei die Situation der Klägerin mit der Situation nicht schwerbehinderter Arbeitnehmer nicht vergleichbar, verhilft dies der Revision nicht zum Erfolg. Der finanzielle Vorteil, der einem schwerbehinderten Arbeitnehmer aus dem früheren Rentenbeginn erwächst, hat nicht zur Folge, dass seine Situation eine andere ist, als die eines nicht schwerbehinderten Arbeitnehmers (vgl. EuGH 6. Dezember 2012 - C-152/11 - [Odar] Rn. 62).

30

(3) Der Annahme einer vergleichbaren Situation steht nicht entgegen, dass die Klägerin nach dem Vortrag der Beklagten mangels Wegfall ihres Arbeitsplatzes nicht die Voraussetzungen von Ziff. III Abschn. B des Maßnahmensozialplans erfüllt. Nach den von der Beklagten nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und den Senat daher nach § 559 Abs. 2 ZPO bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat die Beklagte die Regelungen des Maßnahmensozialplans nicht nur auf Arbeitnehmer angewandt, die dessen Voraussetzungen erfüllten, sondern auch auf nicht von den Maßnahmen betroffene Mitarbeiter. Dazu hat sie mit dem Erhebungsbogen „D Service (Projekt A)“ ua. das Interesse der Arbeitnehmer an den Instrumenten des Maßnahmensozialplans abgefragt und mit Arbeitnehmern, die eine Bereitschaft zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses signalisiert haben, Vorruhestandsvereinbarungen getroffen, unabhängig davon, ob sie unmittelbar von einem Arbeitsplatzverlust bzw. einer Versetzung betroffen gewesen wären. Entgegen der Auffassung der Beklagten lag der Vereinbarung der Parteien nicht ein initiativ durch die Klägerin geäußerter Einzelwunsch nach einer Vorruhestandsregelung zugrunde, sondern die Aufforderung der Beklagten in dem Erhebungsbogen, ein Interesse an der Inanspruchnahme von Sozialplaninstrumenten zu bekunden.

31

(4) Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sie mit der Klägerin das Vorruhestandsverhältnis nicht begründet hätte, wenn diese nicht infolge ihrer Schwerbehinderung einen Anspruch auf vorzeitige Altersrente ab dem 1. August 2015 gehabt hätte. Der Abschluss der Vorruhestandsvereinbarung mit der im Vergleich zur Klägerin sogar noch jüngeren Frau W im November 2009 zeigt, dass die Beklagte auch mit nicht schwerbehinderten Arbeitnehmern Vorruhestandsverhältnisse bis zum Ablauf des Monats nach Vollendung des 63. Lebensjahres begründet hat.

32

3. Für eine gegenüber nicht schwerbehinderten Arbeitnehmern kürzere Laufzeit des Vorruhestandsverhältnisses und einen damit einhergehenden kürzeren Bezug von Vorruhestandsgeld bei schwerbehinderten Beschäftigten fehlt es an einem zulässigen Differenzierungsgrund. Ein Rückgriff auf die in § 3 Abs. 2 AGG genannten Rechtfertigungsgründe ist ausgeschlossen. Auch kann weder von einer positiven Maßnahme iSv. § 5 AGG noch von einer zulässigen unterschiedlichen Behandlung unter den in §§ 8 bis 10 AGG genannten Voraussetzungen ausgegangen werden.

33

4. Es kann dahinstehen, ob die Klägerin bereits gemäß § 7 Abs. 2 AGG als Rechtsfolge der unzulässigen Ungleichbehandlung verlangen kann, wie ein nicht schwerbehinderter Arbeitnehmer behandelt zu werden(vgl. BAG 17. November 2015 - 1 AZR 938/13 - Rn. 34, BAGE 153, 234 [zur Unanwendbarkeit einer Sozialplanvorschrift]; 12. November 2013 - 9 AZR 484/12 - Rn. 11 [bei einer Tarifvorschrift]). Hierfür spricht, dass eine Gleichbehandlung der Klägerin nicht anders herzustellen ist, als dass die Laufzeit des Vorruhestandsverhältnisses bis zur Vollendung des Monats, in dem sie das 63. Lebensjahr vollendet, ausgedehnt wird. Denn eine rückwirkende Laufzeitbegrenzung bereits geschlossener Vorruhestandsvereinbarungen mit nicht schwerbehinderten Arbeitnehmern ist nicht möglich. Dem ständen bereits Vertrauensschutzgesichtspunkte entgegen (vgl. BAG 15. Februar 2011 - 9 AZR 584/09 - Rn. 52). Ginge man indes mit der Beklagten davon aus, dass die Bestimmung über eine Vorruhestandslaufzeit, die gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG verstößt, nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam ist, wäre zumindest eine Vertragslücke entstanden, die durch ergänzende Vertragsauslegung zu schließen wäre.

34

a) Bei den Klauseln der Vorruhestandsvereinbarung in der Fassung der Änderungsvereinbarung handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen (§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB). Dafür begründet bereits das äußere Erscheinungsbild eine tatsächliche Vermutung (vgl. BAG 19. März 2014 - 5 AZR 299/13 (F) - Rn. 17 mwN), der keine der Parteien entgegengetreten ist.

35

b) Weist ein vorformulierter Vertrag unter Zugrundelegung des Regelungskonzepts der Parteien eine Lücke auf, die geschlossen werden muss, um den Regelungsplan der Parteien zu verwirklichen, und beruht eine solche Lücke - wie hier - nicht auf AGB-rechtlichen Einbeziehungs- oder Inhaltskontrollschranken, ist nach allgemeiner Meinung eine ergänzende Vertragsauslegung zulässig (BAG 25. Juni 2015 - 6 AZR 383/14 - Rn. 39 mwN, BAGE 152, 82). Die ergänzende Auslegung hat unter Zugrundelegung eines objektiv-generalisierenden Maßstabs zu erfolgen, der nicht am Willen und den Interessen der konkret beteiligten Parteien, sondern der typischerweise beteiligten Verkehrskreise ausgerichtet sein muss. Die Vertragsergänzung muss für den betroffenen Vertragstyp als allgemeine Lösung eines stets wiederkehrenden Interessengegensatzes angemessen sein. Maßgeblich ist, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Parteien vereinbart hätten (st. Rspr. seit BAG 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 22). Lassen sich nach diesen Kriterien hinreichende Anhaltspunkte für einen hypothetischen Parteiwillen nicht finden, etwa weil mehrere gleichwertige Möglichkeiten der Lückenschließung in Betracht kommen, scheidet eine ergänzende Vertragsauslegung grundsätzlich aus. So sind die Vertragsparteien vor einer mit dem Grundsatz der Privatautonomie nicht zu vereinbarenden Auswahl der Möglichkeit der Lückenschließung durch das Gericht nach dessen eigenen Kriterien geschützt (BAG 25. Juni 2015 - 6 AZR 383/14 - aaO mwN).

36

c) Das Regelungskonzept der Parteien zur Überbrückung des Zeitraums bis zum Renteneintritt wäre durch die Unwirksamkeit der vereinbarten Laufzeit planwidrig unvollständig. Ihrem Regelungsplan lag eine vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin zugrunde, an die sich bis zur Inanspruchnahme von Altersrente ein Vorruhestandsverhältnis mit der kürzesten rechtlich zulässigen Laufzeit anschließen sollte. Aus der Gleichstellung von schwerbehinderten und nicht schwerbehinderten Arbeitnehmern mit Vorruhestandsvereinbarungen hinsichtlich der individuellen Abschläge in der gesetzlichen Rentenversicherung durch die Änderungsvereinbarung vom 8. Dezember 2012 und der Regelung in Ziff. 7 der Vorruhestandsvereinbarung, die bei Gesetzesänderungen eine Anpassung der Vertragslaufzeit vorsieht, lässt sich der Wille der Parteien erkennen, das Vorruhestandsverhältnis im Falle einer nicht erkannten diskriminierenden Festlegung der Laufzeit als solches bestehen zu lassen. Die alternativ denkbare Fortsetzung ihres durch die Abrede beendeten Arbeitsverhältnisses entspricht bei diesem Regelungsplan dagegen nicht dem Willen der typischerweise an Verträgen dieser Art beteiligten Parteien. Sie würde eine Rückabwicklung des Vorruhestandsverhältnisses und die Bewältigung eines formal fortbestehenden, aber nicht vollzogenen Arbeitsverhältnisses erforderlich machen. Die damit verbundenen rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten liegen üblicherweise nicht im Interesse der Parteien. Die danach notwendige Vertragsergänzung muss zu einer insgesamt rechtswirksamen Regelung führen, die die Klägerin insbesondere nicht wegen der (Schwer-)Behinderung benachteiligt. Der Inhalt einer solchen Regelung kann nur darin bestehen, das Vorruhestandsverhältnis - wie bei einem vergleichbaren nicht schwerbehinderten Arbeitnehmer - bis zum 30. November 2017 zu verlängern.

37

5. Der Klägerin ist die Verfolgung ihres Klagebegehrens nicht nach dem aus § 242 BGB folgenden Grundsatz des Verbots widersprüchlichen Verhaltens („venire contra factum proprium“) verwehrt. Mit ihrem Klagebegehren setzt sie sich entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten nicht damit in Widerspruch, dass sie das Angebot der Beklagten auf Verlängerung der Laufzeit des Vorruhestandsverhältnisses angenommen und die Änderungsvereinbarung vom 8. Dezember 2012 geschlossen hat. Für die Beklagte ist dadurch weder ein Vertrauenstatbestand entstanden, noch lassen andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen. Die Beklagte ist von sich aus mit Schreiben vom 30. November 2012 an die Klägerin herangetreten, um auf „der Basis der durch die Rechtsprechung geänderten Rechtslage zur Gleichbehandlung von Versorgungsleistungen bei Vorruhestandsvereinbarungen … die Konditionen für Vorruhestände mit schwerbehinderten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern … zu verbessern“. Dementsprechend haben die Parteien „zur Vermeidung bzw. zum Ausgleich von Nachteilen, die sich bei der gesetzlichen Rente sowie bei der betrieblichen Altersversorgung im Zusammenhang mit der Möglichkeit des vorzeitigen Bezugs von Altersrente wegen Schwerbehinderung ergeben können“, die Laufzeit des Vorruhestandsverhältnisses so verlängert, dass bei anschließender Inanspruchnahme von Altersrente wegen Schwerbehinderung die individuellen Abschläge der Klägerin in der gesetzlichen Rentenversicherung den Abschlägen von gleichaltrigen, nicht schwerbehinderten Menschen, die zum frühestmöglichen Zeitpunkt Altersrente für langjährig Versicherte in Anspruch nehmen, entsprechen. Die Änderungsvereinbarung hat somit insbesondere die Beseitigung einer Benachteiligung hinsichtlich der individuellen Rentenabschläge zum Gegenstand. Ihr kann nicht entnommen werden, dass weiter gehende Ansprüche ausgeschlossen werden sollten. Die Beklagte hat auch nicht vorgetragen, dass die Klägerin im Vorfeld Rechtspositionen für sich reklamiert hat, die in der Änderungsvereinbarung als Ergebnis eines gegenseitigen Nachgebens berücksichtigt worden sind.

38

6. Die Klägerin musste die Verlängerung der Laufzeit des Vorruhestandsverhältnisses nicht im Rahmen der Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG geltend machen. Diese Bestimmung findet bereits nach ihrem Wortlaut nur auf Ansprüche nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG, dh. nur auf Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche und damit nicht auf Ansprüche auf eine Vertragsanpassung Anwendung (vgl. BAG 22. Oktober 2015 - 8 AZR 168/14 - Rn. 64).

39

7. Die Rechtsauffassung der Beklagten, der Verlängerung der Laufzeit des Vorruhestandsverhältnisses stehe § 15 Abs. 6 AGG entgegen, geht fehl. § 15 Abs. 6 AGG schließt seinem Wortlaut nach einen gegen den Arbeitgeber gerichteten Anspruch auf Abschluss eines Arbeitsverhältnisses oder auf Gewährung eines beruflichen Aufstiegs aus. Der in dieser Regelung zum Ausdruck kommende Schutz der Privatautonomie gebietet nicht die entsprechende Anwendung des § 15 Abs. 6 AGG auf eine nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksame Bestimmung in einer Vorruhestandsvereinbarung. Es fehlt an der erforderlichen Vergleichbarkeit der Interessenlage. § 15 Abs. 6 AGG trägt der grundrechtlich geschützten Auswahlfreiheit des Arbeitgebers Rechnung. Es ist wertungsmäßig ein Unterschied, ob ein Arbeitgeber verpflichtet ist, einen von ihm abgelehnten Arbeitnehmer einzustellen oder auf einer anderen (Beförderungs-)Position zu beschäftigen, oder ob er verpflichtet ist, ein bereits begründetes Vorruhestandsverhältnis mit einem Arbeitnehmer, den er ursprünglich aus eigener Willensentscheidung eingestellt hat, über einen längeren Zeitraum fortzuführen (vgl. BAG 6. April 2011 - 7 AZR 524/09 - Rn. 34).

40

B. Die Revision der Beklagten ist begründet, soweit sie sich auf den mit dem Klageantrag zu 2. geltend gemachten Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG richtet. Die Klage ist insoweit zulässig, aber unbegründet.

41

I. Der auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung gerichtete Klageantrag ist zulässig, insbesondere ist er hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

42

1. Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin die Höhe der von ihr begehrten Entschädigung in das Ermessen des Gerichts gestellt hat. Diese Möglichkeit eröffnet bereits der Wortlaut von § 15 Abs. 2 AGG. Den Gerichten wird hinsichtlich der Höhe der Entschädigung ein Beurteilungsspielraum eingeräumt. Hängt die Bestimmung eines Betrags vom billigen Ermessen des Gerichts ab, ist ein unbezifferter Zahlungsantrag zulässig, wenn die Klagepartei einerseits Tatsachen benennt, die das Gericht bei der Bestimmung des Betrags heranziehen soll, und andererseits die Größenordnung der geltend gemachten Forderung angibt (BAG 22. Juni 2011 - 8 AZR 48/10 - Rn. 22 mwN, BAGE 138, 166).

43

2. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Klägerin hat dem Gericht einen Sachverhalt im obigen Sinne dargelegt und die Höhe der verlangten Entschädigung mit wenigstens 40.000,00 Euro beziffert.

44

II. Der Antrag ist unbegründet. Die Klägerin hat den auf die Benachteiligung wegen ihrer Schwerbehinderung gestützten Entschädigungsanspruch nicht innerhalb der Frist des § 15 Abs. 4 AGG geltend gemacht.

45

1. Nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG muss ein Anspruch nach Abs. 1 oder Abs. 2 des § 15 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden. Die Ausschlussfrist ist - auch in ihrer Kombination mit der für den Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG maßgeblichen Klagefrist des § 61b Abs. 1 ArbGG - mit den Vorgaben des Unionsrechts vereinbar(BAG 18. Mai 2017 - 8 AZR 74/16 - Rn. 30 ff. mit ausf. Begründung). Sie beginnt nach § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG in Fällen, die weder eine Bewerbung noch einen beruflichen Aufstieg zum Gegenstand haben, mit dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt. Hinsichtlich der Frage, wann eine Kenntniserlangung von der Benachteiligung vorliegt, kann auf die Maßstäbe des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB mit der Maßgabe zurückgegriffen werden, dass wegen des Wortlauts von § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG eine grob fahrlässige Unkenntnis nicht genügt. Kenntnis von der Benachteiligung hat der Beschäftigte daher dann, wenn er Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen hat (BAG 15. März 2012 - 8 AZR 160/11 - Rn. 60). Der Entschädigungsanspruch ist auf den Ersatz des Nichtvermögensschadens gerichtet und muss nicht beziffert werden. Neben der Kenntnis des Anspruchsgegners, dh. des Arbeitgebers, ist Voraussetzung eines Entschädigungsanspruchs, dass der Benachteiligte auch Kenntnis von der Benachteiligung hat. Ein Entschädigungsanspruch besteht nach § 7 Abs. 1 AGG aber nur dann, wenn die Benachteiligung wegen eines Grundes im Sinne von § 1 AGG erfolgt ist(BAG 15. März 2012 - 8 AZR 160/11 - Rn. 62).

46

2. Spätestens mit Abschluss der Änderungsvereinbarung vom 8. Dezember 2012 hatte die Klägerin Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen. Sie wusste, dass die Vorruhestandsverhältnisse mit nicht schwerbehinderten Arbeitnehmern frühestens nach Vollendung des 63. Lebensjahres enden sollten. Dies folgt aus dem Schreiben vom 30. November 2012 und Ziff. 1 der Änderungsvereinbarung, denen zu entnehmen ist, dass eine Gleichbehandlung hinsichtlich der individuellen Rentenabschläge mit nicht schwerbehinderten Vorruheständlern, die zum frühestmöglichen Zeitpunkt Altersrente für langjährig Versicherte, dh. erst nach Vollendung des 63. Lebensjahres in Anspruch nehmen, herbeigeführt werden sollte. Aufgrund ihrer Tatsachenkenntnis konnte sie eine hinreichend aussichtsreiche, wenn auch nicht risikolose (nicht notwendig zu beziffernde) Entschädigungsklage erheben (vgl. dazu BAG 15. März 2012 - 8 AZR 160/11 - Rn. 64). Die Klägerin hat den Entschädigungsanspruch erstmals mit Schreiben vom 17. Oktober 2014 und damit nach Ablauf der Frist des § 15 Abs. 4 AGG geltend gemacht.

47

3. Dem Ablauf der Geltendmachungsfrist steht nicht entgegen, dass das Vorruhestandsverhältnis über den 8. Dezember 2012 hinaus fortbestand. Hierdurch wird kein Dauertatbestand begründet, der den Lauf der Frist des § 15 Abs. 4 AGG verhindert.

48

a) Ein Dauertatbestand ist gegeben, wenn fortlaufend neue Tatsachen eintreten, die für eine Benachteiligung von Bedeutung sind. Nur dann, wenn ein noch nicht abgeschlossener, länger währender Zustand vorliegt, beginnt die Ausschlussfrist nicht vor dessen Beendigung zu laufen. Dagegen liegt ein Dauerzustand dann nicht vor, wenn die für die Benachteiligung maßgeblichen Vorgänge bereits abgeschlossen sind und lediglich nachwirken (vgl. BAG 24. September 2009 - 8 AZR 705/08 - Rn. 59 f. mwN).

49

b) Dies war vorliegend der Fall. Die unmittelbare Benachteiligung wurde bereits durch die Vereinbarung eines Vorruhestandsverhältnisses mit einer gegenüber vergleichbaren nicht schwerbehinderten Beschäftigten kürzeren Laufzeit bewirkt. Bereits damit waren die für die Benachteiligung maßgeblichen Vorgänge abgeschlossen.

50

C. Die Anschlussrevision der Klägerin ist unzulässig.

51

I. Sie erfüllt zwar die Voraussetzungen des § 554 ZPO.

52

Nach § 72 Abs. 5 ArbGG gelten für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht die Vorschriften der ZPO über die Revision mit Ausnahme des § 566 ZPO entsprechend, soweit das ArbGG nichts anderes bestimmt. Gemäß § 554 Abs. 1 ZPO kann sich der Revisionsbeklagte der Revision anschließen. Die Anschließung erfolgt durch Einreichung der Revisionsanschlussschrift bei dem Revisionsgericht. Sie ist auch statthaft, wenn die Revision nicht zugelassen worden ist, und bis zum Ablauf eines Monats nach Zustellung der Revisionsbegründung zu erklären (§ 554 Abs. 2 ZPO). Dem wird die Anschlussrevision der Klägerin noch gerecht.

53

II. Die Anschlussrevision der Klägerin genügt jedoch nicht den gesetzlichen Begründungsanforderungen.

54

1. Nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 554 Abs. 3 Satz 2, § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO gehört zum notwendigen Inhalt der Begründung der Anschlussrevision die Angabe der Revisionsgründe. Bei einer Sachrüge sind nach § 554 Abs. 3 Satz 2 iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO die Umstände zu bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergeben soll. Dabei muss die (Anschluss-)Revisionsbegründung den Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des revisionsrechtlichen Angriffs erkennbar sind. Dies erfordert eine Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung. Dadurch soll sichergestellt werden, dass der Prozessbevollmächtigte des Anschlussrevisionsklägers das angefochtene Urteil im Hinblick auf das Rechtsmittel überprüft und mit Blickrichtung auf die Rechtslage genau durchdenkt. Außerdem soll die Begründung der Anschlussrevision durch ihre Kritik an dem angefochtenen Urteil zur richtigen Rechtsfindung durch das Revisionsgericht beitragen. Dazu hat der Anschlussrevisionskläger darzulegen, aus welchen Gründen er die Begründung des Berufungsgerichts für unrichtig hält. Die bloße Wiedergabe oder der Verweis auf das bisherige Vorbringen genügt hierfür nicht (vgl. BAG 7. Juni 2017 - 1 AZR 608/16 - Rn. 9 mwN).

55

2. Diesen Anforderungen genügt die Begründung der Anschlussrevision nicht.

56

a) Dies gilt zunächst für den Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG, dessen Festlegung die Klägerin in der durch das Landesarbeitsgericht bezifferten Höhe für unzureichend erachtet.

57

aa) Das Landesarbeitsgericht hat eine Entschädigung in Höhe eines Betrags von 4.600,00 Euro für angemessen gehalten, weil die Klägerin bereits durch das Berufungsurteil einem nicht schwerbehinderten Menschen hinsichtlich der Laufzeit ihres Vorruhestandsverhältnisses uneingeschränkt gleichgestellt worden sei, sodass kein Nachteil verbleibe. Zudem hat das Landesarbeitsgericht berücksichtigt, dass die Beklagte im Jahr 2012 durch die Unterbreitung des Angebots auf Abschluss der Änderungsvereinbarung von sich aus einen gewissen Ausgleich vorgenommen hat.

58

bb) Die Anschlussrevision führt lediglich aus, dass die durch das Landesarbeitsgericht festgelegte Entschädigung keine „Sanktions- oder Beugewirkung“ zu entfalten vermöge. Dass sich die Beklagte von sich aus um eine Wiedergutmachung bemüht habe, rechtfertige eine Entschädigung iHv. nur 4.600,00 Euro nicht. Denn auch durch die Änderungsvereinbarung vom 8. Dezember 2012 sei die Benachteiligung der Klägerin aufrechterhalten worden. Zudem enthält die Begründung der Anschlussrevision neben erstmals im Revisionsverfahren vorgebrachter Tatsachen eine pauschale Bezugnahme auf die Ausführungen in dem Schriftsatz der Klägerin vom 31. Oktober 2014. Eine konkrete Auseinandersetzung mit sämtlichen Bestandteilen der durch das Landesarbeitsgericht getroffenen Gesamtabwägung liegt darin nicht. Die Klägerin befasst sich überhaupt nicht mit der Argumentation des Landesarbeitsgerichts, dass die Benachteiligung für die Klägerin zu keinem Schaden geführt habe, weil durch die Verlängerung der Laufzeit des Vorruhestandsverhältnisses für sie kein Nachteil verbleibe.

59

b) Die Anschlussrevision setzt sich mit den Gründen des angefochtenen Urteils auch insoweit nicht hinreichend auseinander, als sie sich gegen die Abweisung des mit dem Antrag zu 3. geltend gemachten Unterlassungsanspruchs richtet.

60

aa) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Unterlassungsantrag sei mangels Rechtsschutzbedürfnisses bereits unzulässig. Dieses Ergebnis begründet es damit, dass die Benachteiligung der Klägerin durch die Gleichstellung mit den nicht schwerbehinderten Betroffenen beseitigt werde und angesichts der Beendigung des Arbeitsverhältnisses sowie des bevorstehenden Endes des Vorruhestandsverhältnisses keinerlei Anhaltspunkte für weitere in Betracht kommende Diskriminierungen durch die Beklagte vorlägen.

61

bb) Die Klägerin geht in ihrer Anschlussrevision nicht auf die vom Landesarbeitsgericht festgestellte Unzulässigkeit des Unterlassungsantrags ein. Sie befasst sich nur mit den Voraussetzungen des Unterlassungsanspruchs selbst und damit ausschließlich mit Fragen der Begründetheit des Antrags. Mit dem Argument des Landesarbeitsgerichts, dass angesichts der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und des bevorstehenden Endes des Vorruhestandsverhältnisses keine Anhaltspunkte für künftige Benachteiligungen vorlägen, befasst sie sich überhaupt nicht. Soweit die Anschlussrevision darauf hinweist, grundsätzlich sei eine für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr schon durch die erste Rechtsverletzung entstanden, stellt dies keinen revisionsrechtlich beachtlichen Angriff auf das Berufungsurteil dar. Die Klägerin stellt dadurch ihre rechtlichen Erwägungen lediglich an die Stelle derjenigen des Landesarbeitsgerichts, ohne sich mit diesen inhaltlich auseinanderzusetzen.

62

c) Schließlich wird die Begründung der Anschlussrevision auch nicht den Begründungserfordernissen des § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 554 Abs. 3 Satz 2, § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO gerecht, soweit sie sich auf den Antrag auf Feststellung einer Verpflichtung zum Schadensersatz bezieht. Das Landesarbeitsgericht hat den Feststellungsantrag zu 4. unter Hinweis auf das Fehlen des nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderlichen Feststellungsinteresses als unzulässig abgewiesen, da es an einer gewissen Wahrscheinlichkeit des künftigen Eintritts von Schäden mangele. In der Begründung der Anschlussrevision geht die Klägerin auf den Einwand der Unzulässigkeit des Feststellungsantrags nicht ein, sondern beschränkt sich auf Ausführungen zur Begründetheit des Antrags. Eine Auseinandersetzung mit dem Vorliegen des vom Landesarbeitsgericht in Abrede gestellten Feststellungsinteresses findet nicht statt.

63

D. Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte 52 % und die Klägerin 48 % zu tragen. Dies entspricht dem jeweiligen Obsiegen und Unterliegen der Parteien (§ 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

        

    Brühler    

        

    Suckow    

        

    Zimmermann    

        

        

        

    Heilmann    

        

    Vogg    

                 

Tenor

1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 28. April 2011 - 16 Sa 854/10 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 25.270,92 Euro festgesetzt.

Gründe

1

A. Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung einer Überbrückungsbeihilfe nach dem Tarifvertrag zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vom 31. August 1971 (TV SozSich). Die Beklagte stellte die Zahlung dieser tariflichen Leistung seit dem 1. Juni 2009 ein, weil der 1949 geborene, schwerbehinderte Kläger seit diesem Zeitpunkt Anspruch auf gesetzliche Altersrente hatte. Gemäß § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich wird die Überbrückungsbeihilfe nicht gezahlt für Zeiten nach Ablauf des Monats, in dem der Arbeitnehmer die Voraussetzungen zum Bezug eines vorgezogenen Altersruhegeldes aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllt. Der Kläger hat geltend gemacht, diese Regelung verletze das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1, § 3 Abs. 2 AGG. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat gegen sein Urteil die Revision nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner auf grundsätzliche Bedeutung gestützten Nichtzulassungsbeschwerde.

2

B. Die Beschwerde ist unbegründet.

3

I. Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung einer Rechtsfrage nur zuzulassen, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits von einer klärungsfähigen, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage abhängt (§ 72 Abs. 2 Nr. 1, § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ArbGG). Das ist der Fall, wenn die Klärung der aufgeworfenen Rechtsfrage entweder von allgemeiner Bedeutung für die Rechtsordnung ist oder wegen ihrer tatsächlichen Auswirkungen die Interessen zumindest eines größeren Teils der Allgemeinheit berührt. Die aufgeworfene Rechtsfrage muss sich in einer unbestimmten Vielzahl weiterer Fälle stellen können und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berühren (BAG 5. Oktober 2010 - 5 AZN 666/10 - AP ArbGG 1979 § 72a Nr. 74 = EzA ArbGG 1979 § 72 Nr. 43).

4

II. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.

5

1. Die Beschwerdebegründung geht zu Unrecht noch von den Zulassungsvoraussetzungen des § 72a Abs. 1 Nr. 2 ArbGG in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung aus. Sie führt zu den Zulassungsvoraussetzungen lediglich aus, die Rechtssache habe grundsätzliche Bedeutung und die Parteien stritten über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen hinaus erstrecke. Aus der Beschwerdebegründung ergibt sich jedoch eindeutig, dass der Kläger die Rechtsfrage geklärt wissen will, ob die Einstellung der Zahlung der Überbrückungsbeihilfe bei Bestehen eines Anspruchs auf die gesetzliche Altersrente gemäß § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich zu einer unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung wegen des Alters oder einer Behinderung führt und diese Tarifvorschrift deshalb gegebenenfalls nicht angewendet werden darf. Damit hat er auch hinreichend die Entscheidungserheblichkeit der Frage dargetan. Aus den weiteren Ausführungen der Beschwerdebegründung ergibt sich die Darlegung, dass der aufgeworfenen Frage eine allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt und die Frage im Hinblick auf die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 12. Oktober 2010 (- C-499/08 - [Andersen] EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 17) klärungsbedürftig erscheint.

6

2. Entgegen der Ansicht des Klägers ist die angesprochene Frage nicht klärungsbedürftig, weil der Senat bereits entschieden hat, dass der Anspruch auf die Überbrückungsbeihilfe aufgrund der Regelung in § 2 Ziff. 2 Buchst. d TV SozSich auch bei Anspruch auf eine Altersrente wegen Schwerbehinderung nicht entsteht und dies nicht zu einer mittelbaren Diskriminierung wegen der Behinderung führt. Für das Erlöschen des Anspruchs auf die Überbrückungsbeihilfe gemäß § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich gilt nichts anderes. Der Senat hat ferner entschieden, dass die Überbrückungsbeihilfe bereits dann nicht mehr zu zahlen ist, wenn lediglich die Möglichkeit des Bezugs der vorzeitigen Altersrente besteht, ohne dass es darauf ankommt, ob der Arbeitnehmer die Rente tatsächlich erhält oder beantragt hat (18. Mai 2006 - 6 AZR 631/05 - BAGE 118, 196; 30. März 2000 - 6 AZR 645/98 - AP TVG § 4 Rationalisierungsschutz Nr. 33 = EzA TVG § 4 Stationierungsstreitkräfte Nr. 7).

7

3. Die von der Beschwerde angeführte Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 12. Oktober 2010 (- C-499/08 - [Andersen] EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 17) führt ebenso wenig zu einem Klärungsbedarf wie die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 15. Februar 2011 (- 9 AZR 584/09 - und - 9 AZR 750/09 - NZA 2011, 740). § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich diskriminiert die davon betroffenen Arbeitnehmer weder unmittelbar noch mittelbar wegen ihres Alters oder einer Behinderung.

8

a) Die Regelung in § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich knüpft nicht unmittelbar an die Behinderteneigenschaft oder an das Alter, sondern an die Voraussetzungen für den Bezug einer vorgezogenen Altersrente und damit auch für die vorzeitige Inanspruchnahme der gesetzlichen Rente wegen Schwerbehinderung an. Anspruch auf vorzeitige Inanspruchnahme von Altersrente haben nicht nur Schwerbehinderte (§ 37 bzw. § 236a SGB VI). Altersrente können vielmehr auch langjährig Versicherte vorzeitig in Anspruch nehmen (§ 36 bzw. § 236 SGB VI), ebenso arbeitslose Arbeitnehmer und solche in Altersteilzeit unter den Voraussetzungen des § 237 SGB VI, Frauen unter den Voraussetzungen des § 237a SGB VI, ferner langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute(§ 40 bzw. § 238 SGB VI). § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich knüpft also nicht ausdrücklich an das Alter und/oder die Behinderung des Arbeitnehmers an. Ebenso wenig betrifft diese Regelung ausschließlich Träger von Diskriminierungsmerkmalen oder steht in untrennbarem Zusammenhang mit einem der Diskriminierungsmerkmale des § 1 AGG(vgl. EuGH 12. Oktober 2010 - C-499/08 - [Andersen] Rn. 23, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 17; MüArbR/Oetker 3. Aufl. Bd. 1 § 14 Rn. 55; Rupp RdA 2009, 307, 308 f.). Eine unmittelbare Diskriminierung scheidet damit aus (vgl. bereits BAG 30. März 2000 - 6 AZR 645/98 - zu II 3 c cc der Gründe, AP TVG § 4 Rationalisierungsschutz Nr. 33 = EzA TVG § 4 Stationierungsstreitkräfte Nr. 7; Wißmann RdA 2011, 181, 187).

9

b) § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich führt auch nicht zu einer mittelbaren Diskriminierung wegen der Merkmale Alter oder Behinderung.

10

aa) Es fehlt bereits an einer tatbestandlichen Benachteiligung vergleichbarer Personen (ebenso Wißmann RdA 2011, 181, 187). Das Verbot mittelbarer Diskriminierung ist eine besondere Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes, so dass eine mittelbare Diskriminierung nur vorliegen kann, wenn die benachteiligten und die begünstigten Personen vergleichbar sind (BAG 27. Januar 2011 - 6 AZR 526/09 - Rn. 33, ZTR 2011, 357).

11

Die finanzielle Lage Behinderter und Nichtbehinderter ist nur bis zu dem Zeitpunkt vergleichbar, in dem für den Behinderten erstmals eine Rentenberechtigung besteht. Danach ändert sich die objektive Ausgangslage. Der Behinderte hat anders als der Nichtbehinderte Anspruch auf eine gesetzliche Rente. Dies führt bei Leistungen wie der Überbrückungsbeihilfe nach dem TV SozSich, die im hier interessierenden Zusammenhang dazu dienen, den Lebensstandard bis zum Beginn des Anspruchs auf eine gesetzliche Rente zu sichern, notwendigerweise zu einer unterschiedlichen Behandlung von Arbeitnehmern, die Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung haben, und von Arbeitnehmern, die weiterhin auf die vom ehemaligen Arbeitgeber finanzierte Überbrückungsbeihilfe angewiesen sind. Arbeitnehmer mit einer Rentenberechtigung und solche ohne eine derartige Berechtigung befinden sich hinsichtlich des Überbrückungsbedarfs nicht mehr in einer vergleichbaren Lage. Mit der Übernahme der sozialversicherungsrechtlichen Altersgrenze enthält § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich somit ein neutrales Kriterium, so dass eine Diskriminierung ausscheidet (vgl. EuGH 9. Dezember 2004 - C-19/02 - [Hlozek] Rn. 49, Slg. 2004, I-11491; 9. November 1993 - C-132/92 - [Birds Eye Walls Ltd.] Rn. 18, 20, 23, Slg. 1993, I-5579).

12

bb) Darüber hinaus wäre die vom Kläger angenommene besondere Benachteiligung rentenberechtigter Behinderter ebenso wie die darin nach seiner Auffassung liegende mittelbare Altersdifferenzierung durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels wären erforderlich und angemessen (§ 3 Abs. 2 AGG).

13

(1) Die Überbrückungsbeihilfe ist eine Sonderleistung, durch die ein während eines Arbeitsverhältnisses oder der Arbeitslosigkeit auftretender wirtschaftlicher Bedarf älterer Arbeitnehmer oder Arbeitsloser überbrückt werden soll. Diesen Arbeitnehmern soll längstens bis zu ihrem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben ein angemessener Lebensunterhalt gesichert werden. Dafür werden für einen Übergangszeitraum die Gesamteinkünfte nach einer Bemessungsgrundlage gewährleistet, die auf die tarifliche Grundvergütung Bezug nimmt (BAG 18. Mai 2006 - 6 AZR 631/05 - Rn. 12, BAGE 118, 196; 30. März 2000 - 6 AZR 645/98 - zu II 3 c bb der Gründe, AP TVG § 4 Rationalisierungsschutz Nr. 33 = EzA TVG § 4 Stationierungsstreitkräfte Nr. 7). Die Überbrückungsbeihilfe verfolgt also im hier interessierenden Zusammenhang das Ziel, den Lebensunterhalt von Arbeitnehmern, die ihren Arbeitsplatz unter den Voraussetzungen des § 2 TV SozSich verloren haben, bis zum Erwerb einer wirtschaftlichen Absicherung durch den Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zu gewährleisten. Ein solches Ziel des Schutzes langjährig beschäftigter Arbeitnehmer ist rechtmäßig (EuGH 12. Oktober 2010 - C-499/08 - [Andersen] Rn. 29, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 17).

14

(2) Das zur Erreichung dieses Ziels eingesetzte Mittel, nämlich die Beschränkung der Zahlung der Überbrückungsbeihilfe auf die Zeit bis zum Bestehen des Anspruchs auf gesetzliche Altersrente, ist auch angemessen und erforderlich.

15

(a) Ausgehend vom Zweck der Überbrückungsbeihilfe, die nur solange gewährt werden soll, wie der Lebensunterhalt nicht durch den Anspruch auf eine gesetzliche Altersrente gesichert ist, ist es erforderlich, diese Zahlung auch dann nicht mehr zu gewähren, wenn der Rentenberechtigte die gesetzliche Altersrente nicht beantragt.

16

(b) Die Regelung in § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich geht auch nicht über das hinaus, was zur Erreichung der von den Tarifvertragsparteien verfolgten Ziele erforderlich ist, und ist damit angemessen. Die Tarifvertragsparteien wollten einen zeitlich begrenzten Überbrückungsbedarf befriedigen. Sie haben dabei in typisierender Weise auf den Personenkreis abgestellt, der besonders von Arbeitslosigkeit bedroht ist und deshalb wirtschaftlicher Absicherung bedarf. Sie durften im Hinblick auf die Tarifautonomie, die auch im Unionsrecht Anerkennung gefunden hat und bei dessen Anwendung zu berücksichtigen ist (vgl. EuGH 8. September 2011 - C-297/10 - [Hennigs] Rn. 65, 92; ausführlich BAG 19. Januar 2011 - 3 AZR 29/09 - Rn. 47 ff.), dabei an die bloße Berechtigung zum Bezug einer vorgezogenen Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung anknüpfen, ohne im Einzelfall darauf abstellen zu müssen, ob die zu erwartende Rente tatsächlich die Aufrechterhaltung des Lebensstandards gewährleistet (BAG 30. März 2000 - 6 AZR 645/98 - zu II 3 c dd der Gründe, AP TVG § 4 Rationalisierungsschutz Nr. 33 = EzA TVG § 4 Stationierungsstreitkräfte Nr. 7).

17

Die Tarifvertragsparteien mussten sich auch nicht darauf beschränken, die Überbrückungsbeihilfe lediglich um den hypothetischen Rentenbetrag zu kürzen, der bei einem frühestmöglichen Rentenantrag gezahlt würde. Ebenso wenig mussten sie sich auf die Anrechnung tatsächlich bezogener Renten beschränken oder den durch den vorzeitigen Rentenbezug entstehenden Nachteil ausgleichen (so aber wohl von Roetteken Anm. 1 jurisPR-ArbR 3/2007 unter C). Eine solche Kürzungs- oder Anrechnungsregelung würde dem Zweck der Überbrückungsbeihilfe nicht gerecht und wäre deshalb kein ebenso geeignetes, milderes Mittel. Die Überbrückungsbeihilfe soll nicht eine nach Beendigung des Arbeitslebens zustehende, als unzureichend empfundene Altersrente ergänzen. Soweit eine ausreichende Versorgung durch die gesetzliche Rente aufgrund etwaiger Rentenminderungen nicht besteht, ist die daraus entstehende Unterversorgung mit anderen Mitteln als der vom Arbeitgeber zu zahlenden Überbrückungsbeihilfe auszugleichen (BAG 18. Mai 2006 - 6 AZR 631/05 - Rn. 12, BAGE 118, 196).

18

(c) Schließlich wird § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich den mit dieser Regelung verfolgten Zielen auch in kohärenter und systematischer Weise gerecht.

19

(aa) Eine Regelung ist nur dann geeignet, die Verwirklichung des geltend gemachten Ziels zu gewährleisten, wenn sie tatsächlich dem Anliegen gerecht wird, das verfolgte Ziel in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen (EuGH 10. März 2009 - C-169/07 - [Hartlauer] Rn. 55, Slg. 2009, I-1721). Ausnahmen von den Bestimmungen einer Norm können in bestimmten Fällen deren Kohärenz beeinträchtigen, insbesondere wenn sie wegen ihres Umfangs zu einem Ergebnis führen, das dem mit dem Gesetz verfolgten Ziel widerspricht (EuGH 21. Juli 2011 - C-159/10 - [Fuchs] Rn. 86). In seiner jüngeren Rechtsprechung zur Altersdiskriminierung hat der Gerichtshof der Europäischen Union dieses Erfordernis eines inneren Zusammenhangs von Inhalt und Ziel einer benachteiligenden Regelung in den Vordergrund seiner Rechtmäßigkeitsprüfung gestellt (21. Juli 2011 - C-159/10 - [Fuchs] Rn. 85 ff.; 18. November 2010 - C-250/09 und C-268/09 - [Georgiev] Rn. 55, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 18; 12. Januar 2010 - C-341/08 - [Petersen] Rn. 53, AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 15; ausführlich Wißmann RdA 2011, 181, 182 ff. mwN).

20

(bb) Diesem Erfordernis genügt § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich im Unterschied zu der Regelung in § 2a Abs. 3 Funktionærlov, die der Gerichtshof der Europäischen Union als nicht vereinbar mit Art. 2 und Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (RL 2000/78/EG) angesehen hat.

21

(aaa) Anders als die Beschwerde ohne Weiteres unterstellt, hat der Gerichtshof der Europäischen Union die seiner Entscheidung vom 12. Oktober 2010 (- C-499/08 - [Andersen] EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 17) zugrunde liegende Regelung in § 2a Abs. 3 Funktionærlov nicht allein deswegen als altersdiskriminierend angesehen, weil sie den Anspruch auf eine Leistung des Arbeitsgebers an den(möglichen) Bezug einer Altersrente knüpft. Diese Bestimmung führt vielmehr ausschließlich wegen des Widerspruchs zwischen dem Zweck der Leistung und dem Inhalt der Ausschlussregelung zu einer Diskriminierung (vgl. Wißmann RdA 2011, 181, 184).

22

Die Entlassungsabfindung nach dem Funktionærlov hat das Ziel, den Übergang älterer, langjährig beschäftigter Arbeitnehmer in eine neue Beschäftigung zu erleichtern. Die Regelung in § 2a Abs. 3 Funktionærlov, wonach der Anspruch entfällt, wenn der Angestellte bei seinem Ausscheiden eine Vollrente erhält, soll vermeiden, dass die Abfindung Personen zugute kommt, die keine neue Stelle suchen, sondern aus dem Erwerbsleben ausscheiden und eine Altersrente beziehenwollen (EuGH 12. Oktober 2010 - C-499/08 - [Andersen] Rn. 27, 44, EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 17). Für diesen Personenkreis besteht kein Bedürfnis zur Zahlung einer Entlassungsabfindung, die den Übergang älterer Arbeitnehmer in eine neue Beschäftigung erleichtern soll. Ob ein solcher Wille vorliegt, wird nach dem dänischen Recht allerdings nicht am tatsächlichen Bezug der Altersrente festgemacht. Die Regelung beruht vielmehr auf dem Gedanken, dass Arbeitnehmer im Allgemeinen aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden, wenn sie Rente beziehen können. Sie knüpft also allein an den unterstellten Willen der rentenberechtigten Arbeitnehmer an, auch tatsächlich aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden zu wollen. Mit diesem auf den mutmaßlichen Willen des Arbeitnehmers abstellenden Regelungszweck ist es nicht in Einklang zu bringen, die Abfindung gerade den Arbeitnehmern vorzuenthalten, die sich nicht mit der Rente begnügen, sondern tatsächlich weiter arbeiten wollen und deshalb des Schutzes durch die Entlassungsabfindung besonders bedürfen (EuGH 12. Oktober 2010 - C-499/08 - [Andersen] Rn. 44, aaO). Der Inhalt und der dem Gerichtshof der Europäischen Union mitgeteilte Zweck der Abfindungsregelung in § 2a Abs. 3 Funktionærlov in ihrer Auslegung durch die nationalen Gerichte stehen also nicht nur nicht im Einklang, sondern widersprechen sich. Dem Arbeitnehmer, der seinen Willen dokumentiert, weiter arbeiten zu wollen, indem er keinen Rentenantrag stellt, darf deshalb die Abfindung nach dem Regelungszweck der dänischen Regelung nicht vorenthalten werden (vgl. auch Wißmann RdA 2011, 181, 184, 186).

23

(bbb) Demgegenüber ist Zweck des § 8 Ziff. 1 Buchst. c Alt. 1 TV SozSich, wie ausgeführt, die wirtschaftliche Absicherung der begünstigten Arbeitnehmer längstens bis zum frühestmöglichen Anspruch auf gesetzliche Rente. Die tarifliche Regelung stellt also nicht auf den Willen des Arbeitnehmers ab, jedenfalls potentiell dem Arbeitsmarkt weiter zur Verfügung zu stehen und deshalb keinen Rentenantrag zu stellen, sondern auf den nach Einschätzung der Tarifvertragsparteien mit Beginn des Rentenanspruchs nicht mehr gegebenen Sicherungsbedarf. Die Wertungen des Gerichtshofs der Europäischen Union in seiner Entscheidung vom 12. Oktober 2010 (- C-499/08 - [Andersen] EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 17) lassen sich damit auf tarifliche Regelungen wie die vorliegende nicht übertragen (ebenso Wißmann RdA 2011, 181, 186 mwN in Fn. 58 für den Sozialplan). Im Gegenteil wäre es gerade inkohärent und stünde im Widerspruch zum tariflichen Regelungszweck, wenn die Überbrückungsbeihilfe - ungekürzt oder um die fiktive gesetzliche Rente gekürzt - auch nach Eintritt der Rentenberechtigung weitergezahlt würde. Eine Kompensation von Rentennachteilen, die im Einzelfall aufgrund der Erwerbsbiographie eines Arbeitnehmers eintreten oder die, anders als im Fall des Klägers, der noch von der Vertrauensschutzregelung in § 236a Abs. 4 SGB VI profitiert, auf Rentenabschlägen beruhen, liegt außerhalb des Regelungsplans der Tarifvertragsparteien. Bereits die Überbrückungsbeihilfe stellt eine soziale Sonderleistung dar, die weit über die im Arbeitsleben üblichen Leistungen des Arbeitgebers hinausgeht. Mit ihr erhalten ältere, langjährig beschäftigte Arbeitnehmer, die betriebsbedingt und damit wirksam entlassen worden sind, noch über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus Unterstützungsleistungen durch ihren früheren Arbeitgeber. Bereits mit der Möglichkeit des Bezugs einer vorgezogenen staatlichen Altersrente entfällt das Bedürfnis für eine derartige Unterstützung (vgl. BAG 18. Mai 2006 - 6 AZR 631/05 - Rn. 21, BAGE 118, 196). Darin liegt der Unterschied zu betrieblichen oder tariflichen Leistungen, die dazu dienen, Versorgungslücken zu überbrücken, die durch die Beendigung der Erwerbstätigkeit eintreten. Die Versorgungslücken der Arbeitnehmer, die vorzeitig Altersrente beanspruchen können, sind nicht geringer als die Lücken der Arbeitnehmer, die lediglich die Regelaltersrente beanspruchen können. Bei derartigen Leistungen ist es darum nach der Rechtsprechung des Neunten Senats des Bundesarbeitsgerichts (vgl. 15. Februar 20119 AZR 584/09 - Rn. 46 ff. und - 9 AZR 750/09 - Rn. 32 ff., NZA 2011, 740, für eine Benachteiligung von Frauen) mit dem Regelungszweck nicht zu vereinbaren, die Zahlungen ab dem Alter, von dem an Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung gewährt werden können, einzustellen. Angesichts der unterschiedlichen Regelungsziele der tariflichen Überbrückungsbeihilfe nach dem TV SozSich und der Leistungen, die den Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 15. Februar 2011 zugrunde lagen, besteht auch insoweit kein Klärungsbedarf (vgl. BAG 15. Februar 2011 9 AZR 584/09 - Rn. 49 und - 9 AZR 750/09 - Rn. 36, aaO). Die Tarifvertragsparteien durften deshalb diese soziale Leistung, die aus Mitteln des ehemaligen Arbeitgebers finanziert wird, auf die Zeit bis zum frühestmöglichen Bezug einer gesetzlichen, solidarisch finanzierten Altersrente beschränken.

24

C. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 72a Abs. 5 Satz 5 ArbGG abgesehen.

25

D. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Wertfestsetzung beruht auf § 63 GKG und wurde in Höhe des 36-fachen des zuletzt gezahlten Übergangsgeldes von 701,97 Euro festgesetzt.

        

    Fischermeier    

        

    Brühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    Klapproth    

        

    Lorenz    

                 

(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor.

(2) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

(3) Eine Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(4) Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(5) Die Anweisung zur Benachteiligung einer Person aus einem in § 1 genannten Grund gilt als Benachteiligung. Eine solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Verhalten bestimmt, das einen Beschäftigten oder eine Beschäftigte wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt oder benachteiligen kann.

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 23. April 2014 - 3 Sa 50/13 - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen teilweise aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 13. Juni 2013 - 29 Ca 263/12 - teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt gefasst:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin für die Zeit von Dezember 2012 bis einschließlich August 2013 eine persönliche Zulage gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 iVm. Abs. 3 Satz 1 TV UmBw ohne Verringerung bei allgemeinen Entgelterhöhungen nach § 6 Abs. 3 Satz 2 TV UmBw zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin zu 77 % und die Beklagte zu 23 %.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe einer tariflichen Einkommenssicherungszulage.

2

Die 1968 geborene Klägerin ist bei der Beklagten seit dem 1. September 1988 als Büroangestellte beschäftigt. Die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes finden aufgrund vertraglicher Inbezugnahme auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Seit dem 1. Juli 2007 erfolgte eine Einkommenssicherung nach Maßgabe des § 6 des Tarifvertrags über sozialverträgliche Begleitmaßnahmen im Zusammenhang mit der Umgestaltung der Bundeswehr (TV UmBw) vom 18. Juli 2001. Die Klägerin erhielt eine persönliche Zulage nach § 6 Abs. 1 TV UmBw in Höhe von zunächst 112,25 Euro brutto monatlich.

3

In der Fassung des Änderungstarifvertrags Nr. 2 vom 4. Dezember 2007 bestimmte § 6 Abs. 3 TV UmBw zur Dynamisierung der persönlichen Zulage Folgendes:

        

1Die persönliche Zulage nimmt an allgemeinen Entgelterhöhungen teil. 2Ungeachtet von Satz 1 verringert sie sich nach Ablauf der sich aus § 34 Abs. 1 TVöD ohne Berücksichtigung des § 34 Abs. 2 TVöD ergebenden Kündigungsfrist bei jeder allgemeinen Entgelterhöhung bei Beschäftigten, die

        

a)    

eine Beschäftigungszeit von 15 Jahren zurückgelegt und noch nicht das 55. Lebensjahr vollendet haben, um ein Drittel,

        

b)    

noch keine Beschäftigungszeit von 15 Jahren zurückgelegt haben, um zwei Drittel

        

des Erhöhungsbetrages. ... 4Die Verringerung unterbleibt in den Fällen, in denen die/der Beschäftigte

        

a)    

das 55. Lebensjahr vollendet und eine Beschäftigungszeit von 15 Jahren zurückgelegt hat,

        

b)    

eine Beschäftigungszeit von 25 Jahren zurückgelegt hat oder

        

c)    

zum Zeitpunkt der Maßnahme nach § 1 Abs. 1 bereits auf Grund einer früheren Personalmaßnahme nach diesem Tarifvertrag,... eine Vergütungs-Lohn- und Entgeltsicherung erhalten hat.

        

...“   

        
4

Der TV UmBw ist durch Änderungstarifvertrag Nr. 3 vom 10. Dezember 2010 mit Wirkung zum 1. Januar 2011 ohne Bedeutung für den vorliegenden Rechtsstreit geändert worden.

5

Ab dem 1. Januar 2008 kürzte die Beklagte die persönliche Zulage einschließlich des auf die Jahressonderzahlung bezogenen Anteils unter Berufung auf § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a TV UmBw bei jeder allgemeinen Entgelterhöhung um ein Drittel des sich daraus ergebenden Gesamtsteigerungsbetrags. Die Klägerin legte mit Schreiben vom 26. September 2008 zunächst erfolglos „Widerspruch gegen die Kürzung der Einkommenssicherung nach Tarifabschluss 2008“ ein und teilte der Beklagten dann mit Schreiben vom 20. Oktober 2011 auszugsweise Folgendes mit:

        

„Die von Ihnen durchgeführte Abschmelzungsberechnung wurde in der Vergangenheit falsch durchgeführt. … Tatsächlich ist die Verringerung lediglich aus dem Erhöhungsbetrag der persönlichen Zulage zu berechnen, d.h. aus der Differenz, die sich zwischen persönlicher Zulage vor und nach deren tariflichen Anpassung ergibt.

        

…, beantrage ich nochmals die entsprechende Neuberechnung und Korrektur meiner persönlichen Zulage nach § 6 Abs. 3 TV UmBw und mache mit voller Rückwirkung die Auszahlung und Nachzahlung des mir zustehenden höheren Zulagenbetrages geltend.“

6

Die Beklagte nahm keine Neuberechnung der Zulage vor.

7

Mit ihrer am 11. Mai 2012 eingegangenen Klage hat die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 3.047,52 Euro brutto zzgl. Zinsen für die Zeit ab dem 1. Januar 2008 bis einschließlich 28. Februar 2012 begehrt. Dem lag die Annahme der Klägerin zugrunde, sie müsse zwar eine Verringerung der persönlichen Zulage um ein Drittel hinnehmen, dies aber nur bezogen auf die Erhöhung der persönlichen Zulage durch die allgemeinen Entgelterhöhungen. Hinsichtlich der Jahressonderzahlungen hat die Klägerin deswegen für die Jahre 2008 bis 2011 die Zahlung eines Differenzbetrags von 219,08 Euro zzgl. Zinsen verlangt. Zudem begehrte sie die Feststellung, die Beklagte sei verpflichtet, zukünftig eine persönliche Zulage nach § 6 TV UmBw zu zahlen, „wobei jede allgemeine Erhöhung der Bezüge auf die persönliche Zulage berechnet werde und dabei eine Verringerung lediglich um ein Drittel des jeweils erhöhten Betrages, bezogen auf die persönliche Zulage, eintrete“. Am 29. November 2012 wurde das Verfahren ruhend gestellt.

8

Mit Schriftsatz vom 29. April 2013, welcher der Beklagten am 8. Mai 2013 zugestellt wurde, hat die Klägerin die Fortführung des Verfahrens beantragt und nunmehr bezogen auf die Zeit von Januar 2008 bis einschließlich Februar 2012 die Zahlung eines Differenzbetrags von 3.165,36 Euro brutto verlangt. Hinsichtlich der Jahressonderzahlungen wurde die Forderung auf 227,55 Euro erhöht. Die Klägerin hat nunmehr die Auffassung vertreten, die persönliche Zulage sei entsprechend dem obiter dictum des Senats in seiner Entscheidung vom 15. November 2012 (- 6 AZR 359/11 -) ohne jedwede Verringerung zu zahlen, da die in § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a und Satz 4 Buchst. a TV UmBw vorgenommene Differenzierung nach dem 55. Lebensjahr eine unzulässige Altersdiskriminierung enthalte und daher unbeachtlich sei. Eine Gleichstellung mit den Beschäftigten, welche das 55. Lebensjahr bereits vollendet hatten, könne nur dadurch hergestellt werden, dass sie (die Klägerin) denselben Zahlungsanspruch für die Vergangenheit habe. Die tarifliche Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 TVöD-AT sei durch die Geltendmachung mit dem Schreiben vom 26. September 2008 gewahrt worden. Sie habe von vornherein die korrekte Berechnung der persönlichen Zulage verlangt. Die Beklagte habe sich daher auf eine entsprechende Forderung der Differenzbeträge einstellen können.

9

Die Klägerin hat daher vor dem Arbeitsgericht beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2008 bis 28. Februar 2012 die persönliche Zulage für das regelmäßige monatliche Entgelt in Höhe von 3.165,36 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz in gestaffelter Höhe nachzuzahlen;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für die Jahre 2008 bis 2011 die noch ausstehende persönliche Zulage auf die Jahressonderzahlung in Gesamthöhe von 227,55 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz in gestaffelter Höhe nachzuzahlen;

        

3.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin auch über den Februar 2012 hinaus die zu dynamisierende persönliche Zulage im Wege der Einkommenssicherung nach § 6 TV UmBw zu zahlen, wobei jede allgemeine Erhöhung der Bezüge ohne die Verrechnung nach § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a iVm. Satz 4 Buchst. a TV UmBw erfolgt.

10

Hilfsweise hat die Klägerin die ursprünglichen Anträge gestellt.

11

Die Beklagte hat die Abweisung der Klage beantragt. Etwaige Ansprüche der Klägerin für das Jahr 2008 seien verjährt. Eine schriftliche Geltendmachung iSd. § 37 Abs. 1 TVöD-AT sei hinsichtlich der zuletzt verfolgten Ansprüche erstmals durch den Schriftsatz vom 29. April 2013 erfolgt. Vorher habe die Klägerin keine (teilweise) Unwirksamkeit des § 6 Abs. 3 TV UmBw wegen Altersdiskriminierung angenommen. Es handle sich um einen neuen Sachverhalt, da die Ansprüche nunmehr auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) gestützt würden. Ein entsprechender Verstoß gegen das Verbot der Altersdiskriminierung liege nicht vor. Die Unterscheidung nach der Vollendung des 55. Lebensjahres sei gerechtfertigt, da damit den schlechteren Chancen älterer Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt Rechnung getragen werde. Ältere hätten nur eingeschränkte Möglichkeiten, durch einen Arbeitsplatzwechsel den erreichten Besitzstand zu sichern und damit den Verlust des ursprünglichen Arbeitsplatzes bei der Bundeswehr auszugleichen. Der TV UmBw entspreche in seinem Regelungsgehalt einem Sozialplan. Dementsprechend sei § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG auch bezüglich § 6 Abs. 3 TV UmBw entsprechend anwendbar. Selbst bei Annahme einer unzulässigen Altersdiskriminierung bestünde zudem kein Anspruch auf eine sog. „Anpassung nach oben“. Eine solche greife in die tarifliche Ausgestaltung der Einkommenssicherung und die damit verbundene Vorgabe hinsichtlich der Mittelverteilung ein. Wäre die fragliche Differenzierung nach dem Lebensalter unwirksam, so wäre die Konsequenz die alleinige Geltung der in § 6 Abs. 3 Satz 2 und Satz 4 TV UmBw vorgesehenen Staffelung nach der Beschäftigungszeit.

12

Das Arbeitsgericht hat die Klage teilweise abgewiesen. Die Klägerin könne wegen der von ihr zu Recht gerügten Altersdiskriminierung zwar eine ungekürzte Zulage verlangen. Die für das Jahr 2008 geltend gemachten Ansprüche auf Zahlung von Differenzvergütung seien jedoch verjährt. Bezogen auf die Zeit vom 1. Januar 2009 bis zum 28. Februar 2012 hat das Arbeitsgericht der Leistungsklage in der Höhe stattgegeben, welche den mit der ursprünglichen Klage geltend gemachten Differenzbeträgen entspricht, weil nur insoweit die tarifliche Ausschlussfrist gewahrt worden sei. Im Übrigen wurde die Leistungsklage abgewiesen. Die mit dem Hauptantrag begehrte Feststellung wurde für die Zeit ab Dezember 2012 getroffen. Bezüglich des Zeitraums vom 1. März 2012 bis zum 30. November 2012 hat das Arbeitsgericht dem zuletzt als Hilfsantrag gestellten ursprünglichen Feststellungsantrag entsprochen.

13

Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Senat durch Beschluss vom 16. Oktober 2014 (- 6 AZN 629/14 -) zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel der vollständigen Klageabweisung weiter. Im Revisionsverfahren hat sie Tarifauskünfte des Bundesministeriums des Inneren vom 13. Juli 2015, der Gewerkschaft ver.di vom 14. Juli 2015 und des dbb vom 15. Juli 2015 vorgelegt.

Entscheidungsgründe

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Die Revision ist teilweise begründet.

15

I. Die Leistungsklage ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts vollumfänglich unbegründet. Die Klägerin hatte zwar zunächst die streitgegenständlichen Ansprüche auf Differenzvergütung, weil die Regelung in § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a iVm. Satz 4 Buchst. a TV UmBw wegen der Differenzierung nach der Vollendung des 55. Lebensjahres eine unzulässige Altersdiskriminierung beinhaltet, welche für die Vergangenheit nur durch die Leistung einer ungekürzt dynamisierten persönlichen Zulage hätte ausgeglichen werden können. Diese aus der Altersdiskriminierung abgeleiteten Ansprüche sind jedoch gemäß § 37 Abs. 1 TVöD-AT verfallen. Soweit die Klägerin hilfsweise die Zahlung einer persönlichen Zulage begehrt, welche bei allgemeinen Entgelterhöhungen nur um ein Drittel des auf die Zulage bezogenen Steigerungsbetrags verringert wird, ist die Klage unbegründet, weil die Anrechnung an den Gesamtsteigerungsbetrag anknüpft.

16

1. Die Regelung in § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a iVm. Satz 4 Buchst. a TV UmBw führt zu einer unmittelbaren Diskriminierung jüngerer Beschäftigter, die eine Beschäftigungszeit von mindestens 15 Jahren aufweisen, soweit sie innerhalb dieses Personenkreises Beschäftigte wegen der Vollendung des 55. Lebensjahres begünstigt.

17

a) Nach § 7 Abs. 1 Halbs. 1 AGG dürfen Beschäftigte nicht wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt werden. Hierzu zählt auch das Lebensalter. Eine unmittelbare Benachteiligung ist nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG gegeben, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation. Der für eine unmittelbare Benachteiligung erforderliche Kausalzusammenhang ist bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an einen oder mehrere in § 1 AGG genannten Gründe anknüpft oder dadurch motiviert ist(BAG 21. Oktober 2014 - 9 AZR 956/12 - Rn. 13, BAGE 149, 315). Eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters ist jedoch nach § 10 Satz 1 AGG zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Gemäß § 10 Satz 2 AGG müssen die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sein. § 10 AGG dient der Umsetzung von Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. EG L 303 vom 2. Dezember 2000 S. 16) in das nationale Recht (BAG 18. März 2014 - 3 AZR 69/12 - Rn. 21, BAGE 147, 279).Der Gesetzgeber hat bei der Umsetzung den Text der Richtlinie nahezu wörtlich in das nationale Recht übernommen. Dessen Regelungen sind unionsrechtskonform in Übereinstimmung mit der Richtlinie unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) auszulegen (vgl. BAG 9. Dezember 2015 - 7 AZR 68/14 - Rn. 33; 21. Oktober 2014 - 9 AZR 956/12 - Rn. 17, aaO). Dieser hat darauf erkannt, dass legitime Ziele iSv. Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG wegen der als Beispiele genannten Bereiche Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung solche aus dem Bereich „Sozialpolitik“ sind (vgl. EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge] Rn. 81, Slg. 2011, I-8003; BAG 19. Dezember 2013 - 6 AZR 790/12 - Rn. 26 mwN, BAGE 147, 89). Ziele, die als „rechtmäßig“ iSd. Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG angesehen werden können, stehen als „sozialpolitische Ziele“ im Allgemeininteresse. Dadurch unterscheiden sie sich von Zielen, die im Eigeninteresse des Arbeitgebers liegen, wie Kostenreduzierung und Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit. Freilich ist es nicht ausgeschlossen, dass eine nationale Vorschrift bei der Verfolgung der genannten sozialpolitischen Ziele den Arbeitgebern einen gewissen Grad an Flexibilität einräumt (EuGH 21. Juli 2011 - C-159/10, C-160/10 - [Fuchs und Köhler] Rn. 52, Slg. 2011, I-6919; 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 46, Slg. 2009, I-1569). Eine unabhängig von Allgemeininteressen verfolgte Zielsetzung eines einzelnen Arbeitgebers kann aber keine Ungleichbehandlung rechtfertigen (BAG 23. Juli 2015 - 6 AZR 457/14 - Rn. 36).

18

b) § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a iVm. Satz 4 Buchst. a TV UmBw benachteiligt Beschäftigte, die zwar eine Beschäftigungszeit von mindestens 15 Jahren aufweisen, aber das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bei der Anrechnung von Einkommenserhöhungen auf die nach § 6 Abs. 1 TV UmBw zu zahlende persönliche Zulage unmittelbar. Dies ist nicht gerechtfertigt.

19

aa) § 6 TV UmBw regelt den Fall, dass ein Beschäftigter aufgrund einer Maßnahme iSd. § 1 Abs. 1 TV UmBw bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis eine Verringerung seines Entgelts hinnehmen muss. In diesem Fall wird ihm eine persönliche Zulage in Höhe der Differenz zwischen seinem Entgelt und dem Entgelt, das ihm in seiner bisherigen Tätigkeit zuletzt zugestanden hat, gewährt (§ 6 Abs. 1 Satz 1 TV UmBw). § 6 TV UmBw dient der Sicherung des Besitzstands(vgl. BAG 25. Juni 2015 - 6 AZR 380/14 - Rn. 24; 18. Januar 2012 - 6 AZR 462/10 - Rn. 17).

20

bb) Gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 TV UmBw wird die persönliche Zulage dynamisiert. Nach Ablauf der in § 6 Abs. 3 Satz 2 TV UmBw genannten Frist wird sie jedoch in Abhängigkeit von Beschäftigungszeit und Lebensalter abgebaut. Sofern nicht der Anrechnungsschutz des § 6 Abs. 3 Satz 4 TV UmBw eingreift, wird in den meisten Fällen die Einkommenssicherung durch Anrechnung von Tariflohnerhöhungen vollständig abgeschmolzen(BAG 15. November 2012 - 6 AZR 359/11 - Rn. 26).

21

cc) Die unterschiedliche Anrechnung von Einkommenserhöhungen in § 6 Abs. 3 Satz 2 iVm. Satz 4 TV UmBw führt zu einer unmittelbaren Diskriminierung jüngerer gegenüber älteren Beschäftigten wegen des Alters, soweit sie bei der Einkommenssicherung der Beschäftigten mit einer Beschäftigungszeit von mindestens 15 Jahren, aber weniger als 25 Jahren, nach der Vollendung des 55. Lebensjahres differenziert. Ein legitimes Ziel iSd. § 10 AGG, das eine derartige Benachteiligung rechtfertigen könnte, ist nicht ersichtlich. Dies hat der Senat in seiner Entscheidung vom 15. November 2012 bereits dargelegt (- 6 AZR 359/11 - Rn. 29 ff.) und hält daran fest. Der von der Revision angeführte Ausgleich schlechterer Chancen älterer Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt kann demnach zwar ein legitimes sozialpolitisches Ziel iSd. § 10 AGG sein. § 6 TV UmBw bezweckt aber nicht den Schutz des Beschäftigten vor dem Verlust seines Arbeitsplatzes und will daher nicht schlechtere Chancen Älterer auf dem Arbeitsmarkt ausgleichen(BAG 15. November 2012 - 6 AZR 359/11 - Rn. 35).

22

(1) Soweit die Revision diesbezüglich anführt, der TV UmBw entspreche nach seiner Bezeichnung und seinem Regelungsgehalt einem Sozialplan mit der Konsequenz, dass die in § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG erlaubte Differenzierung nach dem Lebensalter bei Sozialplänen entsprechend gelte, berücksichtigt sie nicht das Gesamtsystem des TV UmBw. Dieser unterscheidet bei der Leistungsgewährung zwischen der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses und dessen Beendigung. Die hier in Frage stehenden Regelungen des § 6 TV UmBw gelten ebenso wie die Ergänzung der Einkommenssicherung nach § 7 TV UmBw oder die Härtefallregelung des § 11 TV UmBw nur bei einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu veränderten Bedingungen. Demgegenüber sieht § 9 TV UmBw bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter bestimmten Voraussetzungen die Zahlung einer Abfindung vor. Nur insoweit besteht eine inhaltliche Berührung mit § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG, wonach eine unterschiedliche Behandlung durch eine nach Alter gestaffelte Abfindungsregelung erfolgen kann, in der die wesentlich vom Alter abhängenden Chancen auf dem Arbeitsmarkt durch eine verhältnismäßig starke Betonung des Lebensalters erkennbar berücksichtigt werden(vgl. hierzu BAG 12. April 2011 - 1 AZR 764/09 - Rn. 11 f.). Mit § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG will der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung tragen, dass ältere Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt typischerweise größere Schwierigkeiten haben als jüngere(BT-Drs. 16/1780 S. 36). Er hat den Betriebsparteien einen Gestaltungs- und Beurteilungsspielraum eröffnet, der es ihnen unter den in der Vorschrift bestimmten Voraussetzungen ermöglicht, das Lebensalter als Bemessungskriterium für die Sozialplanabfindung heranzuziehen (BAG 9. Dezember 2014 - 1 AZR 102/13 - Rn. 22; 23. April 2013 - 1 AZR 25/12 - Rn. 15). Die von der Revision aufgeworfene Frage, ob § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG auf den TV UmBw entsprechend Anwendung finden kann, könnte sich folglich nur bezüglich der in § 9 TV UmBw vorgesehenen Abfindungsregelung stellen. Die hier maßgeblichen Vorschriften des § 6 Abs. 3 TV UmBw enthalten keine Abfindungsregelungen und stehen in keinem ersichtlichen Zusammenhang mit etwaigen Schwierigkeiten älterer Beschäftigter bei einer Suche nach einem neuen Arbeitsplatz zu attraktiveren Konditionen.

23

(2) Daran ändert auch nichts, dass die von der Beklagten nunmehr im Revisionsverfahren vorgelegten Tarifauskünfte anführen, die Regelungen in § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a iVm. Satz 4 Buchst. a TV UmBw wollten die schwierigere Arbeitsmarktsituation älterer Arbeitnehmer berücksichtigen. Die Rüge der Revision, das Landesarbeitsgericht habe die Einholung einer Tarifauskunft unzulässigerweise unterlassen, ist damit gegenstandslos.

24

(a) Welches Ziel iSd. Art. 2 Abs. 2 Buchst. b Ziff. i der Richtlinie 2000/78/EG bzw. § 10 AGG eine Tarifnorm verfolgt, ergibt sich aus dem Normzweck. Dieser ist dem in der Norm zum Ausdruck kommenden objektivierten Willen der Tarifvertragsparteien, wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist, zu entnehmen. Dabei können gerade die systematische Stellung einer Vorschrift im Tarifvertrag und ihr sachlich-logischer Zusammenhang mit anderen Vorschriften diesen Sinn und Zweck freilegen (vgl. zur Ermittlung eines Gesetzeszwecks: BVerfG 19. März 2013 - 2 BvR 2628/10, 2 BvR 2 BvR 2883/10, 2 BvR 2 BvR 2155/11 - Rn. 66, BVerfGE 133, 168; 10. Juni 2009 - 1 BvR 825/08, 1 BvR 1 BvR 831/08 - Rn. 48, BVerfGE 124, 25; BAG 18. September 2014 - 6 AZR 636/13 - Rn. 23 f., BAGE 149, 125). Nur so ist eine gerichtliche Überprüfung des Vorliegens einer sozialpolitischen Zielsetzung als Voraussetzung für die Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung auf einer objektivierbaren Grundlage möglich. Die bloße Behauptung einer sozialpolitischen Zielsetzung im Rahmen von nachträglich erstellten Tarifauskünften ist nicht ausreichend, da die Tarifvertragsparteien anderenfalls bei Abgabe entsprechender Erklärungen die gerichtliche Überprüfung beeinflussen könnten.

25

(b) Das legitime sozialpolitische Ziel des Ausgleichs schlechterer Chancen älterer Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt ergibt sich weder aus dem Wortlaut des § 6 Abs. 3 TV UmBw noch aus dessen Regelungszusammenhang. Im Gegenteil lässt ein Vergleich mit § 9 TV UmBw darauf schließen, dass die Arbeitsmarktsituation für den Regelungsinhalt des § 6 Abs. 3 TV UmBw ohne Bedeutung ist, weil die Vorschrift im Gegensatz zu § 9 TV UmBw den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses voraussetzt. Die behauptete sozialpolitische Zielsetzung ist auch nicht der Tarifvertragsgeschichte oder Materialien zu entnehmen, welche Auskunft über die Willensbildung und Zielsetzung der Tarifvertragsparteien bei den Tarifverhandlungen geben (zB Verhandlungsprotokolle).

26

2. Die festgestellte Diskriminierung ist durch die Nichtanwendung der altersbezogenen Unterscheidung in § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a iVm. Satz 4 Buchst. a TV UmBw zu beseitigen. Bezüglich der mit der Leistungsklage für die Vergangenheit geltend gemachten Differenzvergütung bedeutet dies im Ergebnis eine sog. „Anpassung nach oben“.

27

a) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG verstoßen, sind nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam. Darunter fallen auch tarifliche Regelungen (BAG 14. Januar 2015 - 7 AZR 880/13 - Rn. 36; Löwisch/Rieble TVG 3. Aufl. § 1 Rn. 839). Dies entspricht den Vorgaben des Unionsrechts (vgl. BAG 14. Mai 2013 - 1 AZR 44/12 - Rn. 25, BAGE 145, 113). Nach Art. 16 Buchst. b der Richtlinie 2000/78/EG finden die Diskriminierungsverbote der Richtlinie auch auf tarifvertragliche Bestimmungen Anwendung (BAG 25. März 2015 - 5 AZR 458/13 - Rn. 41). Demnach haben die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um sicherzustellen, dass die mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz nicht zu vereinbarenden Bestimmungen ua. in Tarifverträgen für nichtig erklärt werden oder erklärt werden können oder geändert werden. Im Vordergrund steht die effektive Beseitigung der Diskriminierung, denn die Mitgliedstaaten sind verpflichtet sicherzustellen, dass alle Arbeitnehmer in vollem Umfang in den Genuss des Schutzes gelangen, den ihnen die Richtlinie gegen Diskriminierungen wegen des Alters gewährt (vgl. EuGH 12. Oktober 2010 - C-45/09 - [Rosenbladt] Rn. 79, Slg. 2010, I-9391; zu den Sanktionsmöglichkeiten vgl. Art. 17 der Richtlinie 2000/78/EG). Auch Tarifverträge haben dem Recht der Union und der Richtlinie 2000/78/EG zu entsprechen, denn das in Art. 28 GRC proklamierte Recht auf Kollektivverhandlungen muss im Geltungsbereich des Unionsrechts im Einklang mit diesem ausgeübt werden(EuGH 13. September 2011 - C-447/09 - [Prigge] Rn. 46 f., Slg. 2011, I-8003; 8. September 2011 - C-297/10 - [Hennigs] Rn. 67 f., Slg. 2011, I-7965; 15. Juli 2010 - C-271/08 - [Kommission/Deutschland] Rn. 43, Slg. 2010, I-7091; BAG 29. September 2011 - 2 AZR 177/10 - Rn. 21). Die Sozialpartner verfügen zwar nicht nur bei der Entscheidung, welches konkrete Ziel von mehreren im Bereich der Arbeits- und Sozialpolitik sie verfolgen wollen, sondern auch bei der Festlegung der Maßnahmen zu seiner Erreichung über einen weiten Gestaltungsspielraum (EuGH 11. November 2014 - C-530/13 - [Schmitzer] Rn. 38; 26. September 2013 - C-476/11 - [HK Danmark] Rn. 60). Dieser Spielraum darf allerdings nicht dazu führen, dass der Grundsatz des Verbots der Diskriminierung aus Gründen des Alters ausgehöhlt wird (vgl. EuGH 12. Oktober 2010 - C-499/08 - [Andersen] Rn. 33, Slg. 2010, I-9343; 5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 51, Slg. 2009, I-1569; BAG 15. Dezember 2011 - 2 AZR 42/10 - Rn. 49, BAGE 140, 169). Dementsprechend sieht weder das Unionsrecht noch § 7 Abs. 2 AGG eine befristete Fortgeltung einer diskriminierenden Regelung vor. Die entgegenstehenden Ausführungen von Löwisch/Becker (EuZA 2015, 83, 89 f.), wonach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG und damit auch § 10 AGG den Fortbestand einer diskriminierenden Regelung bis zur „klaren und präzisen“ Feststellung der Altersdiskriminierung zuließen, berufen sich auf die Ausführungen des EuGH in der Rechtssache Specht zur Frage der Staatshaftung(EuGH 19. Juni 2014 - C-501/12 - [Specht] Rn. 102 f.). Die Unwirksamkeit einer diskriminierenden Tarifregelung hat damit nichts zu tun.

28

b) Eine solche Unwirksamkeit kann unterschiedliche Auswirkungen haben.

29

aa) Die Rechtsfolge eines Verstoßes gegen das Verbot der Altersdiskriminierung ist grundsätzlich nicht die Gesamtnichtigkeit und damit gänzliche Unanwendbarkeit des Tarifvertrags, sondern nur die Unwirksamkeit der verbotswidrigen Bestimmung gemäß § 7 Abs. 2 AGG(BAG 16. November 2011 - 4 AZR 856/09 - Rn. 27). Die Auslegungsregel des § 139 BGB gilt nicht. Es kommt lediglich darauf an, ob der Tarifvertrag oder die Tarifbestimmung ohne die unwirksame Regelung noch eine sinnvolle und in sich geschlossene Regelung darstellt (vgl. BAG 9. Mai 2007 - 4 AZR 275/06 - Rn. 37 mwN; Schleusener in Schleusener/Suckow/Voigt AGG 4. Aufl. § 7 Rn. 45). Ob dies der Fall ist, muss im Einzelfall unter Berücksichtigung des tariflichen Gesamtzusammenhangs beurteilt werden. Verbleibt eine sinnvolle und in sich geschlossene Regelung, ist der Tarifvertrag bzw. die Tarifbestimmung bis zu einer Neuregelung mit diesem Inhalt anzuwenden. Dabei handelt es sich nicht um eine ergänzende Auslegung des Tarifvertrags, sondern um die zwingende Rechtsfolge des § 7 Abs. 2 AGG. Anders verhält es sich, wenn der Wegfall der unwirksamen Regelung dazu führt, dass der Tarifvertrag lückenhaft wird. Eine nachträglich entstandene Tariflücke darf nicht durch ergänzende Tarifauslegung geschlossen werden, wenn den Tarifvertragsparteien ein Spielraum in der Frage bleibt, wie die Lücke zu schließen ist, und es ihnen wegen der verfassungsrechtlich geschützten Tarifautonomie überlassen ist, die von ihnen für angemessen gehaltene Regelung selbst zu finden (BAG 15. Januar 2015 - 6 AZR 646/13 - Rn. 26; 27. März 2014 - 6 AZR 571/12 - Rn. 28, BAGE 148, 1).

30

bb) Die Unwirksamkeit einer Tarifbestimmung kann aber in beiden Konstellationen dazu führen, dass den benachteiligten Arbeitnehmern für die Vergangenheit ein Anspruch auf die vorenthaltene Leistung zuzuerkennen ist (sog. „Anpassung nach oben“).

31

(1) Nach der Rechtsprechung des EuGH kann die Wahrung des Gleichheitssatzes, wenn das nationale Recht unter Verstoß gegen das Unionsrecht eine unterschiedliche Behandlung mehrerer Personengruppen vorsieht und solange keine Maßnahmen zur Wiederherstellung der Gleichbehandlung erlassen wurden, nur dadurch gewährleistet werden, dass den Angehörigen der benachteiligten Gruppe dieselben Vorteile gewährt werden wie die, in deren Genuss die Angehörigen der privilegierten Gruppe kommen (vgl. EuGH 19. Juni 2014 - C-501/12 - [Specht] Rn. 95; 22. Juni 2011 - C-399/09 - [Landtová] Rn. 51, Slg. 2011, I-5573; 26. Januar 1999 - C-18/95 - [Terhoeve] Rn. 57, Slg. 1999, I-345). Diese Lösung kommt aber nur dann zur Anwendung, wenn es ein gültiges Bezugssystem gibt (EuGH 28. Januar 2015 - C-417/13 - [Starjakob] Rn. 47; 19. Juni 2014 - C-501/12 - [Specht] Rn. 96; vgl. auch 9. September 2015 - C-20/13 - [Unland] Rn. 68 f.; BVerwG 30. Oktober 2014 - 2 C 6.13 - Rn. 21, BVerwGE 150, 234).

32

(2) Es ist nicht zu verkennen, dass eine „Anpassung nach oben“ erhebliche finanzielle Belastungen des Arbeitgebers bewirken kann, insbesondere wenn die Gruppe der Begünstigten relativ klein ist (vgl. BAG 10. November 2011 - 6 AZR 148/09 - Rn. 34, BAGE 140, 1; ebenso bereits BAG 13. Februar 2002 - 5 AZR 713/00 - zu II 2 der Gründe; JKOS/Krause 2. Aufl. § 1 Rn. 105). Eine „Anpassung nach oben“ ist dennoch gerechtfertigt, wenn auf andere Weise die Diskriminierung nicht behoben werden kann, weil der Arbeitgeber den Begünstigten für die Vergangenheit die Leistung nicht mehr entziehen kann (BAG 25. März 2015 - 5 AZR 458/13 - Rn. 32; 20. März 2012 - 9 AZR 529/10 - Rn. 30, BAGE 141, 73; 10. November 2011 - 6 AZR 148/09 - Rn. 20 ff., aaO). Die Unmöglichkeit der Rückforderung solcher Leistungen kann sich aus der Wirkung tariflicher Ausschlussfristen und dem Umstand ergeben, dass die Begünstigten auf die Wirksamkeit der (diskriminierenden) Regelungen vertrauen durften (BAG 10. November 2011 - 6 AZR 148/09 - Rn. 23, aaO). Die diesbezüglich von Löwisch/Pieper (Anm. AP BAT § 27 Nr. 12) erhobene Kritik, wonach Ursache der Unwirksamkeit der Tarifbestimmung eine Gesetzesänderung (Geltung des AGG seit dem 18. August 2006) gewesen sei und es keinen Schutz des Kontinuitätsvertrauens der Begünstigten gegenüber Gesetzesänderungen gebe, überzeugt nicht. Zwar beruht die Unwirksamkeit der Tarifregelung auf § 7 Abs. 2 AGG. Das schützenswerte Vertrauen hatte sich aber nicht auf eine gesetzliche Regelung, sondern auf den Fortbestand der tariflichen Ordnung ausgerichtet.

33

(3) Auch die weiteren in der Verhandlung vor dem Senat vorgetragenen Bedenken der Beklagten tragen nicht. Es geht nicht um eine Gleichbehandlung im Unrecht, sondern um die Beseitigung einer erlittenen Diskriminierung durch die Gleichstellung der Benachteiligten mit den Begünstigten. Durch diese Gleichstellung wird die gesetzwidrige Begünstigung nicht perpetuiert, sondern beendet.

34

cc) Die „Anpassung nach oben“ ist aber nicht die einzig mögliche Folge einer Diskriminierung. Dies gilt vor allem für die künftige Rechtslage. Der EuGH hat klargestellt, dass Art. 16 der Richtlinie 2000/78/EG den Mitgliedstaaten oder einem privaten Arbeitgeber keine bestimmte Maßnahme im Fall einer Verletzung des Diskriminierungsverbots vorschreibt, sondern ihnen nach Maßgabe der unterschiedlichen denkbaren Sachverhalte die Freiheit der Wahl unter den verschiedenen Lösungen, die zur Verwirklichung des verfolgten Ziels geeignet sind, belässt(EuGH 28. Januar 2015 - C-417/13 - [Starjakob] Rn. 44). Im deutschen Recht ist die Umsetzung der Richtlinienvorgabe durch die Anordnung der Unwirksamkeit nach § 7 Abs. 2 AGG geschehen. Besteht die Notwendigkeit der Beseitigung vergangenheitsbezogener Benachteiligungen nicht, kann dabei die bloße Nichtanwendung der unwirksamen Regelung genügen (BAG 14. Mai 2013 - 1 AZR 44/12 - Rn. 25, BAGE 145, 113). Dies kann allerdings mittelbar zu einer „Anpassung nach oben“ führen (vgl. zu § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB BAG 9. September 2010 - 2 AZR 714/08 - Rn. 21, BAGE 135, 278). Umgekehrt kann der Entfall einer begünstigenden Regelung für die Zukunft auch eine „Anpassung nach unten“ bewirken (vgl. Krebber Anm. JZ 2012, 1078, 1079; ders. Anm. AP BetrVG 1972 § 75 Nr. 59; Bauer/Krieger AGG 4. Aufl. § 7 Rn. 26 f.; ErfK/Schlachter 16. Aufl. § 7 AGG Rn. 8). Entgegen Thüsing (MüKoBGB 7. Aufl. § 7 AGG Rn. 14) kann dem Bessergestellten zukunftsbezogen der Anspruch genommen werden. Dies ist die Rechtsfolge des § 7 Abs. 2 AGG.

35

dd) Letztlich ist es die Aufgabe der Tarifvertragsparteien, jedenfalls bei Vorliegen einer von der Rechtsprechung nicht durch Auslegung zu schließenden Tariflücke ein diskriminierungsfreies Regelungssystem zu schaffen. Eine rückwirkende Regelungskompetenz wird ihnen im Regelfall nicht zustehen, es sei denn, die Begünstigten mussten mit dem Wegfall ihrer Besserstellung ab einem bestimmten Zeitpunkt rechnen (vgl. BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 217/11 - Rn. 73, BAGE 142, 247). Für die Zukunft besteht die tarifliche Regelungsmacht uneingeschränkt. Deshalb wird diskutiert, ob Art. 9 Abs. 3 GG in Verbindung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz die befristete Aussetzung eines Rechtsstreits gebietet, damit die Tarifvertragsparteien regeln können, auf welche Art und Weise die Diskriminierung für die Zukunft beseitigt werden soll(vgl. BAG 10. November 2011 - 6 AZR 148/09 - Rn. 28 mwN, BAGE 140, 1; EUArbR/Mohr RL 2000/78/EG Art. 16 Rn. 13; Franzen RdA 2013, 180, 186). Eine Aussetzung stünde jedoch mit der Bindung der Mitgliedstaaten an das Unionsrecht und der Verpflichtung zu dessen effektiver Umsetzung in Widerspruch (vgl. BAG 9. September 2010 - 2 AZR 714/08 - Rn. 21, BAGE 135, 278; BeckOK ArbR/Roloff Stand 1. Dezember 2015 AGG § 7 Rn. 3, § 8 Rn. 18). Zudem kann ein zukunftsgerichteter Feststellungsausspruch durch eine diskriminierungsfreie tarifliche Neuregelung obsolet werden (vgl. BAG 18. März 2010 - 6 AZR 434/07 - Rn. 66).

36

c) Eine Aussetzung ist hier schon deshalb nicht veranlasst, weil die Leistungsklage sich ausschließlich auf die Vergangenheit bezieht. Die Klägerin hatte diesbezüglich zunächst den streitgegenständlichen Anspruch auf eine nach § 6 Abs. 3 Satz 1 TV UmBw uneingeschränkt dynamisierte persönliche Zulage.

37

aa) Gemäß § 7 Abs. 2 AGG ist § 6 Abs. 3 Satz 2 und Satz 4 TV UmBw insoweit unwirksam, als die Regelungen hinsichtlich der Verringerung der persönlichen Zulage nach der Vollendung des 55. Lebensjahres der betroffenen Beschäftigten differenzieren. Die tariflichen Vorgaben stellen jedoch auch ohne die unwirksamen Elemente noch eine sinnvolle und in sich geschlossene Regelung dar.

38

(1) Nach § 6 Abs. 3 Satz 1 TV UmBw nimmt die persönliche Zulage an Entgelterhöhungen teil. Der entgeltsteigernde Effekt wird jedoch durch § 6 Abs. 3 Satz 2 TV UmBw eingeschränkt, denn diese Norm ordnet „ungeachtet von Satz 1“ unter bestimmten Voraussetzungen die Verringerung der persönlichen Zulage bei jeder allgemeinen Entgelterhöhung an. Der Umfang der Verringerung bemisst sich dabei nach zwei Komponenten. Zum einen wird danach unterschieden, ob eine Beschäftigungszeit von 15 Jahren zurückgelegt wurde oder nicht. Dies führt für sich genommen nicht zu einer Diskriminierung wegen des Alters, weil die dadurch erfolgende mittelbare Begünstigung älterer Beschäftigter durch die Honorierung der Betriebstreue gerechtfertigt ist (vgl. BAG 15. November 2012 - 6 AZR 359/11 - Rn. 38 ff.). Neben der Beschäftigungsdauer ist nach § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a iVm. Satz 4 Buchst. a TV UmBw noch die Vollendung des 55. Lebensjahres entscheidend für den Umfang der Verringerung. Nur diese altersbezogene Differenzierung ist gemäß § 7 Abs. 2 AGG unwirksam.

39

(2) Bei ihrem Wegfall gibt § 6 Abs. 3 Satz 2 TV UmBw weiterhin Sinn. § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a TV UmBw sieht dann vor, dass eine Verringerung um ein Drittel erfolgt, wenn eine Beschäftigungszeit von 15 Jahren zurückgelegt wurde. Anderenfalls beläuft sich die Verringerung gemäß § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. b TV UmBw auf zwei Drittel.

40

(3) Folglich entfällt die diskriminierende Ausnahme in § 6 Abs. 3 Satz 4 Buchst. a TV UmBw, welche das Unterbleiben der Verringerung ab Vollendung des 55. Lebensjahres bei einer Beschäftigungszeit von 15 Jahren vorsieht. Ihr ist wegen der Unwirksamkeit der Differenzierung nach dem 55. Lebensjahr in § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a TV UmBw die Grundlage entzogen. Da es nicht auf die Vollendung des 55. Lebensjahres ankommt, verbleibt für § 6 Abs. 3 Satz 4 Buchst. a TV UmBw kein Regelungsbereich. Bei einer Beschäftigungszeit von 15 Jahren findet unabhängig von dem Lebensalter vielmehr gemäß § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a TV UmBw eine Verringerung um ein Drittel statt. Im Ergebnis kommt es daher bei einer Beschäftigungszeit von 15 Jahren und einer Vollendung des 55. Lebensjahres zu einer „Anpassung nach unten“.

41

(4) Dies gilt aber nur so lange, bis eine Beschäftigungszeit von 25 Jahren zurückgelegt wurde und die Verringerung demzufolge nach § 6 Abs. 3 Satz 4 Buchst. b TV UmBw unterbleibt. Die Tatbestände des § 6 Abs. 3 Satz 4 Buchst. b und c TV UmBw bleiben als selbständige Ausnahmeregelungen bestehen. Sie weisen keinen Bezug zur Vollendung des 55. Lebensjahres auf.

42

bb) Die Klägerin ist ausweislich der Feststellung des Landesarbeitsgerichts seit dem 1. September 1988 bei der Beklagten beschäftigt und hat folglich schon seit dem 1. September 2003 eine Beschäftigungszeit von 15 Jahren zurückgelegt. Damit wäre mangels einer Ausnahme nach § 6 Abs. 3 Satz 4 Buchst. b oder c TV UmBw eine Verringerung ihrer Zulage in dem von der Leistungsklage erfassten Zeitraum um ein Drittel berechtigt gewesen. Die Beklagte hat jedoch unstreitig nach § 6 Abs. 3 Satz 4 Buchst. a TV UmBw gegenüber den Beschäftigten, die ebenfalls eine Beschäftigungszeit von 15 Jahren zurückgelegt, aber bereits das 55. Lebensjahr vollendet hatten, keine Kürzung vorgenommen. Sie kann diesen Begünstigten für die Vergangenheit die Leistung nicht mehr entziehen. Für die streitgegenständliche Vergangenheit konnte die Klägerin deshalb nach den dargestellten Grundsätzen zur Beseitigung dieser Diskriminierung die begehrte „Anpassung nach oben“ verlangen.

43

3. Die daraus folgenden Ansprüche auf Differenzvergütung sind jedoch gemäß § 37 Abs. 1 TVöD-AT verfallen, soweit sie Gegenstand der Leistungsklage sind.

44

a) Nach § 37 Abs. 1 Satz 1 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst - Allgemeiner Teil - vom 13. September 2005 (TVöD-AT) verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit von der oder dem Beschäftigten oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden. Für denselben Sachverhalt reicht allerdings die einmalige Geltendmachung des Anspruchs auch für später fällige Leistungen gemäß § 37 Abs. 1 Satz 2 TVöD-AT aus.

45

b) Tarifliche Ausschlussfristen dienen der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit. Der Anspruchsgegner soll sich auf die aus Sicht des Anspruchstellers noch offene Forderung rechtzeitig einstellen, Beweise sichern und ggf. Rücklagen bilden können (BAG 13. Dezember 2007 - 6 AZR 222/07 - Rn. 18, BAGE 125, 216). Er soll vor der Verfolgung von Ansprüchen, mit deren Geltendmachung er nicht rechnet und auch nicht rechnen muss, geschützt werden (BAG 3. Juli 2013 - 4 AZR 476/12 - Rn. 44). Für eine ordnungsgemäße Geltendmachung iSd. § 37 Abs. 1 TVöD-AT ist daher erforderlich, dass der Anspruchsgegner zur Erfüllung eines bestimmten Anspruchs aufgefordert wird. Der Anspruchsteller muss unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass er Inhaber einer nach Grund und Höhe spezifizierten Forderung ist und auf der Erfüllung dieser Forderung besteht (vgl. BAG 20. Juni 2002 - 8 AZR 488/01 - zu II 2 e aa der Gründe). Der Anspruchsgegner muss ausgehend von seinem Empfängerhorizont erkennen können, um welche Forderung es sich handelt (vgl. BAG 18. März 1999 - 6 AZR 523/97 - zu B II 3 a der Gründe). Das setzt voraus, dass der Anspruch seinem Grunde nach hinreichend deutlich bezeichnet und die Höhe des Anspruchs sowie der Zeitraum, für den er verfolgt wird, mit der für den Anspruchsgegner notwendigen Deutlichkeit ersichtlich gemacht wird. Die Art des Anspruchs und die Tatsachen, auf die dieser gestützt wird, müssen erkennbar sein. Liegen diese Voraussetzungen vor, ist eine Bezifferung nicht zwingend erforderlich (vgl. BAG 18. Februar 2016 - 6 AZR 628/14 - Rn. 20; 19. August 2015 - 5 AZR 1000/13 - Rn. 24).

46

c) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts enthält das Schreiben der Klägerin vom 26. September 2008 keine die Ausschlussfrist des § 37 TVöD-AT wahrende Geltendmachung. Der bloße „Widerspruch gegen die Kürzung der Einkommenssicherung nach Tarifabschluss 2008“ bringt schon nicht zum Ausdruck, dass die Klägerin willens ist, eine bestimmte Forderung gegenüber der Beklagten zu erheben und auf deren Erfüllung besteht. Ein Widerspruch kann auch als bloße Aufforderung zu einer Überprüfung verstanden werden. Es ist ferner nicht erkennbar, weshalb die Klägerin die Kürzung der Einkommenssicherung beanstandet. Ein etwaiger Anspruch wird seinem Grunde nach nicht hinreichend deutlich bezeichnet. Zudem bezieht sich der Widerspruch nur auf den Tarifabschluss 2008. Das Arbeitsgericht hat rechtskräftig entschieden, dass Ansprüche der Klägerin für das Jahr 2008 verjährt sind.

47

d) Demgegenüber macht das Schreiben der Klägerin vom 20. Oktober 2011 deutlich, dass die Verringerung gemäß § 6 Abs. 3 Satz 2 TV UmBw nach ihrer Auffassung lediglich aus dem Erhöhungsbetrag der persönlichen Zulage zu berechnen ist. Der Anspruch auf Beseitigung der altersdiskriminierenden Regelungen wird von dieser Geltendmachung aber nicht erfasst. Es handelt sich dabei um einen eigenständigen Anspruch, der auf einem anderen Lebenssachverhalt beruht, und damit um einen anderen Streitgegenstand. Der Senat hat in seinem Urteil vom 18. Februar 2016 (- 6 AZR 628/14 - Rn. 22) begründet, dass dies der Wahrung der Ausschlussfrist entgegensteht. Hierauf wird Bezug genommen.

48

e) Der aus der Altersdiskriminierung abgeleitete Anspruch auf Differenzvergütung wurde erstmals im gerichtlichen Verfahren mit Schriftsatz vom 29. April 2013 geltend gemacht. Dieser wurde der Beklagten am 8. Mai 2013 zugestellt. Damit wurde die sechsmonatige Frist des § 37 Abs. 1 Satz 1 TVöD-AT für die Ansprüche auf Zahlung einer ungekürzten persönlichen Zulage für die Monate ab November 2012 gewahrt, denn der Anspruch für November 2012 ist gemäß § 24 Abs. 1 Satz 2 TVöD-AT am Freitag, dem 30. November 2012, fällig geworden. Die streitgegenständliche Leistungsklage bezieht sich jedoch auf die Zeit bis einschließlich Februar 2012. Dementsprechend sind sämtliche Ansprüche verfallen.

49

4. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts bezüglich der Leistungsklage stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Klägerin für den streitgegenständlichen Zeitraum die ihr durch das Urteil des Arbeitsgerichts zugesprochenen Beträge unabhängig von der Altersdiskriminierung beanspruchen könnte. Dies ist jedoch nicht der Fall. Soweit die Klägerin mit ihrer ursprünglichen Klage die von ihr verlangten Differenzbeträge damit begründete, die Beklagte habe bei allgemeinen Entgelterhöhungen die Verringerung der persönlichen Zulage fehlerhaft bezogen auf die gesamte Entgeltsteigerung vorgenommen, geht sie von unzutreffenden Annahmen aus. Die Verringerung bezieht sich nicht lediglich auf die Erhöhung der persönlichen Zulage. Anknüpfungspunkt für die Anrechnung nach § 6 Abs. 3 Satz 2 TV UmBw ist schon aufgrund des Wortlauts der Bestimmung der sich aus der allgemeinen Entgelterhöhung ergebende Steigerungsbetrag und nicht der Betrag, um den isoliert betrachtet die Zulage aufgrund der in § 6 Abs. 3 Satz 1 TV UmBw angeordneten Dynamisierung steigt(BAG 15. November 2012 - 6 AZR 359/11 - Rn. 26).

50

II. Hinsichtlich des als Hauptantrag gestellten Feststellungsantrags ist die Revision unbegründet. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts erweist sich insoweit als im Ergebnis richtig.

51

1. Der Antrag bedarf allerdings der Auslegung.

52

Die Klägerin begehrt die streitgegenständliche Feststellung ausdrücklich nur bezogen auf die - zu unterlassende - „Verrechnung nach § 6 Abs. 3 Satz 2 Buchst. a iVm. Satz 4 Buchst. a TV UmBw“. Die Frage der Verringerung der persönlichen Zulage nach diesen Vorschriften verliert jedoch ab dem 1. September 2013 ihre Bedeutung, denn die Klägerin hat seitdem eine Beschäftigungszeit von 25 Jahren zurückgelegt. Demnach unterbleibt die streitgegenständliche Verringerung der persönlichen Zulage bei allgemeinen Entgelterhöhungen ab dem 1. September 2013 schon gemäß § 6 Abs. 3 Satz 4 Buchst. b TV UmBw. Hierüber besteht zwischen den Parteien kein ersichtlicher Streit. Der Antrag ist daher so zu verstehen, dass die Klägerin die Feststellung nur bezogen auf die Zeit bis zum 31. August 2013 verlangt.

53

2. Mit diesem Inhalt ist der Feststellungsantrag zulässig. Er ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO(vgl. BAG 15. Januar 2015 - 6 AZR 646/13 - Rn. 14). Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben. Der angestrebte feststellende Ausspruch ist trotz seiner nicht vollstreckbaren Wirkung geeignet, den Streit der Parteien über die Verringerung der persönlichen Zulage bei Entgelterhöhungen, wie sie beispielsweise zum 1. Januar 2013 und 1. August 2013 vereinbart wurden, beizulegen und weitere Prozesse zwischen ihnen zu vermeiden. Das rechtfertigt die Annahme eines rechtlichen Interesses (vgl. BAG 21. Mai 2015 - 6 AZR 254/14 - Rn. 19).

54

3. Der so verstandene Feststellungsantrag ist begründet.

55

a) Die Beklagte ist verpflichtet, an die Klägerin jedenfalls ab Dezember 2012 bis einschließlich August 2013 die zu dynamisierende persönliche Zulage ohne eine Verringerung nach § 6 Abs. 3 Satz 2 TV UmBw zu zahlen. Dies ergibt sich aus dem dargestellten Anspruch auf Gleichstellung mit den Beschäftigten, die das 55. Lebensjahr bereits vollendet hatten und eine ungekürzte Zulage erhielten.

56

b) Der Anspruch auf die begehrte Feststellung bestünde zwar auch bezüglich des Monats November 2012, wie das Arbeitsgericht in den Entscheidungsgründen seines Urteils eingeräumt hat. Das Urteil des Arbeitsgerichts ist aber auch insoweit in Rechtskraft (§ 322 Abs. 1 ZPO) erwachsen, als sich die Feststellung einer unverringerten Zahlungsverpflichtung bei allgemeinen Entgelterhöhungen erst auf die Zeit ab Dezember 2012 bezieht.

57

c) Auf die kürzeren Ausschlussfristen nach § 15 Abs. 4 AGG bzw. § 61b ArbGG kommt es nicht an, weil die Klägerin nicht Schadensersatz nach § 15 Abs. 1 AGG oder Entschädigung gemäß § 15 Abs. 2 AGG begehrt, sondern die Erfüllung der Hauptleistungspflicht der Beklagten durch Zahlung einer höheren und diskriminierungsfreien Vergütung.

58

III. Soweit das Arbeitsgericht für die Zeit vom 1. März 2012 bis zum 30. November 2012 festgestellt hat, dass die Beklagte verpflichtet sei, die persönliche Zulage zu zahlen, „wobei jede allgemeine Erhöhung der Bezüge auf die persönliche Zulage berechnet wird und dabei eine Verringerung lediglich um ein Drittel des jeweils erhöhten Betrages, bezogen auf die persönliche Zulage, eintritt“, ist die Revision begründet. Auch insoweit ist die erstinstanzliche Entscheidung abzuändern und die Klage abzuweisen. Wie vorstehend ausgeführt, ist entgegen dem Feststellungsantrag der sich aus der allgemeinen Entgelterhöhung ergebende Steigerungsbetrag maßgeblich und nicht allein der Anstieg der persönlichen Zulage im Rahmen der Dynamisierung gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 TV UmBw.

59

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel     

        

        

        

    Steinbrück    

        

    Lauth     

                 

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.