Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 30. Juni 2016 - 5 Sa 572/15
Gericht
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 22. Oktober 2015, Az. 3 Ca 639/15, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf Vergütung nach dem Gehaltstarifvertrag für die Angestellten im Einzelhandel Rheinland-Pfalz in seiner jeweils geltenden Fassung.
- 2
Der 1956 geborene Kläger ist seit 1978 im Kaufhaus der Beklagten in A-Stadt als Einzelhandelskaufmann beschäftigt. Er war bis zum Jahr 2002 oder 2004 Mitglied der Gewerkschaft ver.di. Im Formulararbeitsvertrag der Parteien vom 12.02.1991 heißt es ua:
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"1. Die […] stellt Sie zum o.g. Termin als Verkäufer Abt. 053 ein.
- 4
2. Sie erhalten für Ihre Tätigkeit eine Vergütung von monatlich DM 2.850,-- brutto.
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Im vorstehenden Betrag sind enthalten:
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nach Tarifgruppe G I_ DM _____ brutto
_________________ DM ____ _ brutto
- 7
Etwaige, die tariflichen Ansprüche übersteigenden Mehrbezüge werden bei einer Veränderung der tariflichen Ansprüche, gleichgültig aus welchem Rechtsgrunde diese erfolgt, verrechnet; es sei denn, daß ausdrücklich eine andere Vereinbarung getroffen wird.
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Außertarifliche Zulagen, Prämien, Sonderzahlungen jeder Art sind freie, jederzeit ohne Einhaltung einer Frist widerrufliche Zahlungen der Firma. …
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10. Die Bedingungen dieses Anstellungsvertrages behalten ihre Gültigkeit auch dann, wenn eine Änderung der bisherigen Tätigkeit und/oder eine Änderung des Entgelts - bei Teilzeitbeschäftigen auch der Arbeitszeit - eintritt. Im Übrigen gelten die Tarifverträge für den Einzelhandel in Rheinland-Pfalz in ihrer jeweiligen Fassung.
…"
- 10
Der Kläger wurde zuletzt nach Gehaltsgruppe G II des Gehaltstarifvertrags für die Angestellten im Einzelhandel Rheinland-Pfalz vergütet. Der Gehaltssatz betrug bis Juli 2013 in der Endstufe € 2.248,00 brutto.
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Die Beklagte war Vollmitglied des Einzelhandelsverbands Region Trier e.V., der als Regionalverband Mitglied im Landesverband Einzelhandel Rheinland-Pfalz e.V. ist. Im Schreiben des Regionalverbands vom 15.05.2013 an die Beklagte heißt es:
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"OT-Mitgliedschaft
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… wir nehmen Bezug auf Ihr Schreiben vom 06.05.2013, das uns am 14.05.2013 zugegangen ist. Darin erklären Sie den Wechsel in die OT-Mitgliedschaft.
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Wir bestätigen Ihnen hiermit die OT-Mitgliedschaft gemäß unserer Satzung mit Wirkung zum Ablauf der jeweils geltenden Tarifverträge. …"
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Am 17.12.2013 schloss der Landesverband mit der Gewerkschaft ver.di einen neuen Gehaltstarifvertrag, der ab 01.05.2013 in Kraft trat. Der Gehaltssatz G II erhöhte sich ab 01.08.2013 in der Endstufe auf € 2.315,00, ab 01.05.2014 auf € 2.364,00 brutto. Die Beklagte gab die tariflichen Gehaltserhöhungen nicht mehr an den Kläger weiter.
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Nach vergeblicher Geltendmachung mit Schreiben vom 27.04.2015 verlangt der Kläger mit der Klage Vergütungsdifferenzen für die Monate von August 2013 bis Juli 2015 (9 Mon. x € 67,00; 15 Mon. x € 116,00). Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestands und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils vom 22.10.2015 Bezug genommen.
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Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 2.343,00 brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus € 2.111,00 brutto seit dem 09.05.2015 sowie weitere Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag iHv. jeweils € 116,00 brutto seit dem 01.07. und 03.08.2015 zu zahlen.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Das Arbeitsgericht Trier hat die Klage mit Urteil vom 22.10.2015 abgewiesen und zur Begründung - zusammengefasst - ausgeführt, bei der im Arbeitsvertrag des Klägers aus dem Jahr 1991 vereinbarten Bezugnahmeklausel handele es sich um eine Gleichstellungsabrede nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu sog. Altverträgen. Nach dem Wechsel der Beklagten in die OT-Mitgliedschaft wirkten die in Bezug genommenen Tarifverträge nur noch statisch fort. Die Beklagte sei nicht verpflichtet, die Verweisungsklausel im Altvertrag des Klägers anzupassen, denn das Bundesarbeitsgericht gewähre ihr Vertrauensschutz. Das Argument des Klägers, die Verweisungsklausel beinhalte eine unzulässige Altersdiskriminierung, verfange nicht. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts stelle nicht auf das Alter, sondern auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses ab. Auf eine betriebliche Übung könne sich der Kläger nicht berufen. Wegen der weiteren Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 22.10.2015 Bezug genommen.
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Gegen das am 27.11.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger mit am 23.12.2015 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 29.02.2016 verlängerten Begründungsfrist mit am 19.02.2016 eingegangenem Schriftsatz begründet.
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Er macht geltend, die Vergütungsvereinbarung in seinem Arbeitsvertrag bestehe unabhängig davon, ob die Beklagte mit oder ohne Tarifbindung Mitglied im Arbeitgeberverband des Einzelhandels sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dürfe ein durchschnittlicher Arbeitnehmer eine Klausel, die - wie hier - einen festen Euro-Betrag und dessen Bezeichnung als Tarifentgelt verwende, so verstehen, dass der in der Klausel festgehaltene Betrag nicht für die Dauer des Arbeitsverhältnisses statisch sein, sondern sich entsprechend den Tariferhöhungen entwickeln solle. Dass die Verweisungsklausel nur so lange gelten solle, wie die Beklagte selbst an den Tarifvertrag gebunden sei, sei ihrem Wortlaut nicht zu entnehmen. Die Beklagte könne die arbeitsvertraglich vereinbarte Vergütung nicht einseitig dadurch ändern, dass sie in die OT-Mitgliedschaft wechsle. Außerdem sei sie verpflichtet gewesen, die Verweisungsklausel ab 01.01.2002 anzupassen. Ihr sei nicht gestattet, Verweisungsklauseln ohne zeitliche Begrenzung als Gleichstellungsabrede zu verwenden, obwohl ihr bekannt sei, dass die Rechtsprechung zu Vereinbarungen ab dem 01.01.2002 diese Auslegung nicht mehr zulasse. Das Arbeitsgericht habe zu Unrecht das Vorliegen einer unzulässigen Altersdiskriminierung verneint. Auch wenn man nicht auf das Alter, sondern auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses abstelle, sei unverkennbar, dass der Vertrauensschutz nur gegen ältere Arbeitnehmer wirke, weil nur sie sog. Altverträge abgeschlossen hätten. Wenn die vertragliche Vereinbarung durch den Wechsel der Beklagten in die OT-Mitgliedschaft als primäre Rechtsquelle entfallen sein sollte, sei die betriebliche Übung als weitere Anspruchsgrundlage heranzuziehen. Er bestreite vorsorglich, dass der Wechsel der Beklagten in eine OT-Mitgliedschaft wirksam erfolgt sei. Der Wechsel im Mai 2013 sei wohl während der laufenden Tarifvertragsverhandlungen erfolgt, denn der Gehaltstarifvertrag sei bereits unter dem 17.12.2013 geändert worden. Ein kurzfristiger Statuswechsel in eine Mitgliedschaft ohne Tarifbindung könne trotz grundsätzlicher satzungsmäßiger Zulässigkeit als eine die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie beeinträchtigende Abrede tarifrechtlich unwirksam sein.
- 24
Der Kläger beantragt zweitinstanzlich,
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das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 22.10.2015, Az. 3 Ca 639/15, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 2.343,00 brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus € 2.111,00 brutto seit dem 09.05.2015 sowie weitere Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag iHv. jeweils € 116,00 brutto seit dem 01.07. und 03.08.2015 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
- 27
die Berufung zurückzuweisen.
- 28
Sie hält die Berufung bereits für unzulässig, jedenfalls für unbegründet. Das Bundesarbeitsgericht gehe bei einem sog. Altvertrag von einer Gleichstellungsabrede aus. Nichts anderes gelte für die Vergütungsregelung im Arbeitsvertrag des Klägers. Das Bestreiten des Klägers hinsichtlich ihres Wechsels in die OT-Mitgliedschaft sei unerheblich. Sie habe hierfür die entsprechenden Unterlagen vorgelegt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und den Inhalt der Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
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Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist gem. §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 519, 520 ZPO zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und ordnungsgemäß begründet worden.
- 31
Entgegen der Ansicht der Beklagten genügt die Berufungsbegründungsschrift des Klägers den Anforderungen von § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO. Der Kläger hat sich mit den Argumenten des Arbeitsgerichts hinreichend auseinandergesetzt und aufgezeigt, aus welchen Gründen die Entscheidung des Arbeitsgerichts seiner Auffassung nach rechtsfehlerhaft ist.
II.
- 32
In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Die geltend gemachten Ansprüche auf Zahlung der Vergütungsdifferenzen für die Zeit von August 2013 bis Juli 2015 iHv. insgesamt € 2.343,00 brutto stehen dem Kläger unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.
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Die Berufungskammer folgt der ausführlichen und sorgfältigen Begründung des angefochtenen Urteils und stellt dies nach § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Von der Darstellung eigener vollständiger Entscheidungsgründe wird daher abgesehen. Das Berufungsvorbringen veranlasst lediglich folgende Ausführungen:
- 34
1. Die streitigen Zahlungsansprüche ergeben sich nicht aus einer unmittelbaren Geltung des Gehaltstarifvertrags für die Angestellten im Einzelhandel Rheinland-Pfalz vom 17.12.2013, der am 01.05.2013 in Kraft getreten ist. Weder der Kläger noch die Beklagte sind an diesen Tarifvertrag gebunden (§§ 3, 4 TVG).
- 35
Der Kläger ist seit dem Jahr 2002 oder 2004 kein Mitglied der Gewerkschaft ver.di mehr. Die Beklagte war zunächst Mitglied des Einzelhandelsverbands Region Trier mit Tarifgebundenheit. Auf ihren Antrag hin führt sie der Verband - ausweislich des vorgelegten Schreibens vom 15.05.2013 - seit Mai 2013 als Mitglied ohne Tarifgebundenheit („OT-Mitglied“). Die Verbandssatzung sieht eine derartige OT-Mitgliedschaft vor.
- 36
2. Ein Anspruch auf die Weitergabe der tariflichen Gehaltserhöhungen folgt nicht aufgrund einzelvertraglicher Vereinbarung.
- 37
Der Arbeitsvertrag aus dem Jahr 1991 ist ein Formularvertrag, dessen Bestimmungen nach den Regelungen über Allgemeine Geschäftsbedingungen auszulegen sind. Die Ziffern 2 und 10 des Arbeitsvertrags enthalten zwar eine zeitdynamische Verweisung ua. auf die zwischen dem Landesverband des Einzelhandels in Rheinland-Pfalz und der Gewerkschaft ver.di geschlossenen Gehaltstarifverträge. Die Bezugnahmeregelung ist aber als sog. Gleichstellungsabrede auszulegen. Das führt aufgrund des Wegfalls der Tarifgebundenheit der Beklagten im Mai 2013 zur nur noch statischen Anwendung der in Bezug genommenen Gehaltstarifverträge in derjenigen Fassung, die zum Zeitpunkt des Eintritts der fehlenden Tarifgebundenheit galt. In der Folge ist auf Grundlage des im Jahr 1991 geschlossenen Arbeitsvertrags der Gehaltstarifvertrag vom 17.12.2013 auf das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht anzuwenden.
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a) Dem Kläger ist zuzugeben, dass die Auslegung der Ziff. 2 des Arbeitsvertrags ergibt, dass die Gehaltstarifverträge des Einzelhandels grundsätzlich zeitdynamisch in Bezug genommen worden sind. Nach dem Wortlaut des Arbeitsvertrags in Ziff. 2 wurde der Kläger als Verkäufer "nach Tarifgruppe G I" eingestellt. Damit hat die Beklagte als Klauselverwenderin deutlich zum Ausdruck gebracht, sie vergüte den Kläger entsprechend der einschlägigen tariflichen Entgeltbestimmungen, zumal sie zwischen tariflichen Ansprüchen und etwaigen außertariflichen Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen unterscheidet. Der durchschnittliche Arbeitnehmer darf bei einer derartigen Verknüpfung von einem festen Entgeltbetrag und dessen Bezeichnung als Tarifentgelt redlicherweise davon ausgehen, der in der Klausel festgehaltene Betrag werde nicht für die Dauer des Arbeitsverhältnisses statisch sein, sondern solle sich entsprechend den tariflichen Entwicklungen des maßgebenden Gehaltstarifvertrags entwickeln. Ein redlicher Arbeitgeber würde - wenn er die von ihm gestellte Klausel nicht so verstanden wissen wollte - die Bezeichnung als Tarifentgelt unterlassen, um klar und deutlich zum Ausdruck zu bringen (vgl. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB), dass er nicht „nach Tarif“ zahlen will, sondern sich das vereinbarte Entgelt ausschließlich nach den konkret bezifferten Parteivereinbarungen richten soll. Bestätigt wird diese Auslegung durch die Anrechnungsregelung, „etwaige, die tariflichen Ansprüche übersteigenden Mehrbezüge werden bei einer Veränderung der tariflichen Ansprüche … verrechnet", die nur bei einer dynamischen Inbezugnahme der tariflichen Entgeltbestimmungen einen Anwendungsbereich hat (ebenso BAG 13.05.2015 - 4 AZR 244/14 - Rn. 16-18 mwN).
- 39
b) Die dynamische Anwendung der Gehaltstarifverträge endete jedoch aufgrund des Wegfalls der Tarifgebundenheit der Beklagten durch den im Mai 2013 erfolgten Wechsel in eine sog. OT-Mitgliedschaft. Die Bezugnahmeregelung ist als sog. Gleichstellungsabrede auszulegen.
- 40
aa) Nach der früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts galt die widerlegbare Vermutung, es gehe einem an arbeitsvertraglich in Bezug genommene Tarifverträge gebundenen Arbeitgeber nur darum, durch die Bezugnahme die nicht organisierten Arbeitnehmer mit den organisierten Beschäftigten hinsichtlich der Geltung des in Bezug genommenen Tarifwerks gleichzustellen. Das Bundesarbeitsgericht ging davon aus, mit einer solchen von einem tarifgebundenen Arbeitgeber gestellten Vertragsklausel sollte lediglich die möglicherweise fehlende Gebundenheit des Arbeitnehmers an die im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge ersetzt werden, um jedenfalls zu einer vertraglichen Anwendung des einschlägigen Tarifvertrags für alle Beschäftigten zu kommen. Daraus hat das Bundesarbeitsgericht die Konsequenz gezogen, ohne weitere Anhaltspunkte im Vertragstext oder aus den Begleitumständen bei Vertragsschluss seien im Falle der normativen Gebundenheit des Arbeitgebers an die in Bezug genommenen Tarifverträge Bezugnahmeklauseln in aller Regel als sog. Gleichstellungsabreden auszulegen. Die Verweisung auf einen Tarifvertrag oder ein Tarifwerk in der jeweils geltenden Fassung wurde deshalb einschränkend dahin ausgelegt, die auf diese Weise zum Ausdruck gebrachte Dynamik gehe nur so weit, wie sie bei einem tarifgebundenen Arbeitnehmer reiche, sie ende also dann, wenn der Arbeitgeber wegen Wegfalls der eigenen Tarifgebundenheit nicht mehr normativ an künftige Tarifentwicklungen gebunden sei. Ab diesem Zeitpunkt sind die in Bezug genommenen Tarifverträge nur noch statisch anzuwenden (ständige Rechtsprechung, siehe nur BAG 24.02.2016 - 4 AZR 990/13 - Rn. 29 mwN).
- 41
Diese Rechtsprechung hat das Bundesarbeitsgericht für vertragliche Bezugnahmeklauseln, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 01.01.2002 vereinbart worden sind, aufgegeben. Er wendet die Auslegungsregel lediglich aus Gründen des Vertrauensschutzes weiterhin auf Bezugnahmeklauseln an, die vor dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 01.01.2002 vereinbart worden sind (vgl. BAG 24.02.2016 - 4 AZR 990/13 - Rn. 29 mwN).
- 42
bb) Einer Auslegung der arbeitsvertraglichen Bezugnahme als sog. Gleichstellungsabrede iSd. früheren Rechtsprechung steht - anders als dies der Kläger meint - nicht entgegen, dass in Ziff. 2 des Arbeitsvertrags die tariflichen Gehaltsbestimmungen in Bezug genommen werden und über dessen Ziff. 10 auf die tarifliche Regelungen "im Übrigen" verwiesen wird. Eine sog. Gleichstellungsabrede kann auch dann vorliegen, wenn tarifvertragliche Bestimmungen lediglich „im Übrigen“ anzuwenden sind und/oder „soweit nicht abweichende arbeitsvertragliche Regelungen bestehen“ (vgl. BAG 11.12.2013 - 4 AZR 473/12 - Rn. 18 mwN).
- 43
Aus der Bezugnahmeklausel oder den Begleitumständen ergeben sich im Entscheidungsfall keine besonderen Anhaltspunkte, dass eine Bezugnahme der tariflichen Entgeltbestimmungen über Ziff. 2 und 10 des Arbeitsvertrags nicht als sog. Gleichstellungsabrede zu verstehen ist. Insbesondere rechtfertigt die - bloße - Weitergabe mehrerer tariflicher Gehaltserhöhungen nicht die Annahme, die Beklagte habe eine unbedingte dynamische Bezugnahme vertraglich vereinbaren wollen.
- 44
c) In Anwendung dieser Grundsätze scheiden Zahlungsansprüche des Klägers für die Zeit ab August 2013 aus. Die Beklagte war zwar bei Abschluss des Arbeitsvertrags im Jahr 1991 nach §§ 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 TVG aufgrund ihrer Vollmitgliedschaft im Einzelhandelsverband Region Trier an die jeweils geltenden Gehaltstarifverträge im Einzelhandel Rheinland-Pfalz gebunden. Ihre Tarifgebundenheit endete jedoch durch den Wechsel in die OT-Mitgliedschaft im Mai 2013. Die nach diesem Zeitpunkt im Gehaltstarifvertrag vom 17.12.2013 vereinbarten Gehaltserhöhungen werden von der Bezugnahmeregelung im Arbeitsvertrag nicht erfasst.
- 45
d) Eine Tarifbindung der Beklagten folgt - entgegen der Ansicht der Berufung - nicht aus dem Umstand, dass der Gehaltstarifvertrag vom 17.12.2013 mit einer Laufzeit von zwei Jahren rückwirkend zum 01.05.2013 in Kraft getreten ist, als die Beklagte noch Voll-Mitglied im Einzelhandelsverband war. Die Legitimation zur Normsetzung durch Mitgliedschaft muss im Zeitpunkt des Abschlusses des Tarifvertrags bestehen. Das ist vorliegend durch den im Monat Mai 2013 vollzogenen Wechsel der Beklagten in eine OT-Mitgliedschaft nicht der Fall. Dies hat zur Beendigung ihrer Tarifgebundenheit geführt.
- 46
aa) Die Tarifgebundenheit der Beklagten besteht nicht - wie die Berufung andeutet - aufgrund einer Störung der Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie. Nach der Rechtsprechung muss ein Statuswechsel während laufender Tarifverhandlungen transparent sein. Ist dies nicht der Fall, kann ein - im Grundsatz rechtmäßiger und auf Dauer angelegter - Wechsel von einer Voll-Mitgliedschaft in eine OT-Mitgliedschaft in einem Arbeitgeberverband unter besonderen Umständen gegen das Verbot des Art. 9 Abs. 3 Satz 2 GG verstoßen mit der Folge einer tarifrechtlichen Unwirksamkeit des Wechsels bezogen auf den im Verhandlungsprozess befindlichen Tarifvertrag (dazu BAG 21.11.2012 - 4 AZR 28/11 - Rn. 29 mwN).
- 47
bb) Im Entscheidungsfall besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass der Statuswechsel der Beklagten tarifrechtlich unwirksam sein könnte.
- 48
Ein Verstoß gegen das gesetzliche Verbot des Art. 9 Abs. 3 Satz 2 GG, § 134 BGB ist nach den Regeln einer abgestuften Darlegungs- und Beweislast festzustellen. Macht der Arbeitnehmer die Nichtigkeit des Wechsels in eine OT-Mitgliedschaft geltend, hat er zunächst vorzutragen, dass die Tarifvertragsverhandlungen bei dem Statuswechsel bereits begonnen hatten und sich zu diesem Zeitpunkt in einem Stadium befanden, in dem eine Störung der Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie in Betracht kommt. Die Bestimmung dieses Zeitpunktes ist eine Frage des Einzelfalls. Darüber hinaus muss der Arbeitnehmer darlegen, dass der Wechsel des Arbeitgebers in die OT-Mitgliedschaft für die andere Tarifvertragspartei nicht transparent war. Der Arbeitgeber hat sodann substantiiert darzulegen, aus welchen Umständen sich eine Transparenz des Verhaltens für die Gewerkschaftsseite ergeben habe. Nach einer solchen Darlegung ist es wiederum Aufgabe des Arbeitnehmers, diese Behauptungen im Wege des Beweises zu entkräften (vgl. BAG 04.06.2008 - 4 AZR 419/07 - Rn. 73).
- 49
Das Berufungsvorbringen des Klägers genügt nicht den Anforderungen an die ihm obliegende Darlegungslast. Er hat sich auf einfaches Bestreiten beschränkt und lediglich die Vermutung geäußert, dass der Wechsel in die OT-Mitgliedschaft während laufender Tarifverhandlungen erfolgt sein könnte.
- 50
e) Die Parteien haben nach dem 31.12.2001 keinen sog. Neuvertrag abgeschlossen. Darauf hat der Kläger auch keinen Anspruch.
- 51
Der von der Rechtsprechung gewährte Vertrauensschutz für sog. Altverträge entfällt, wenn die Bezugnahmeklausel nach dem 31.12.2001 erneut vereinbart wird. Bei der Änderung eines von einem Arbeitgeber geschlossenen sog. Altvertrags ist dies der Fall, wenn die vertragliche Bezugnahmeregelung in der nachfolgenden Vertragsänderung zum Gegenstand der rechtsgeschäftlichen Willensbildung der beteiligten Vertragsparteien gemacht worden ist (BAG 08.07.2015 - 4 AZR 51/14 - Rn. 26).
- 52
Die Parteien haben den sog. Altvertrag aus dem Jahr 1991 in den folgenden Jahren nicht mehr verändert. Entgegen der Ansicht des Klägers war die Beklagte nicht verpflichtet, ihm nach dem 01.01.2002 einen Neuvertrag - ggf. mittels Änderungskündigung - anzubieten. Für dieses Begehren ist keine Anspruchsgrundlage ersichtlich.
- 53
f) Entgegen der Ansicht des Klägers führt der Vertrauensschutz für die Auslegung von sog. Altverträgen zu keiner unzulässigen Altersdiskriminierung.
- 54
Der den Arbeitgebern vom Bundesarbeitsgericht zugebilligte Vertrauensschutz knüpft nicht an das Lebensalter der Arbeitnehmer an, sondern an einen Stichtag, den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes, den 01.01.2002. Damit werden zwar den Arbeitnehmern, die - wie der Kläger - vor diesem Stichtag Arbeitsverträge abgeschlossen haben, Nachteile auferlegt. Der Vertrauensschutz ist jedoch - auch unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen dieser Arbeitnehmergruppe - gerechtfertigt, weil eine vollständige Rückwirkung der neuen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auf alle Arbeitsverträge, in denen Verweisungsklauseln vereinbart worden sind, für die Arbeitgeber eine unzumutbare Härte bedeuten würde (vgl. ausführlich BAG 18.04.2007 - 4 AZR 652/05 - mwN; BAG 26.08.2009 - 4 AZR 285/08 - Rn. 49 ff).
- 55
3. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Weitergabe der tariflichen Gehaltserhöhungen aus betrieblicher Übung.
- 56
a) Gewährt ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern wiederholt eine Erhöhung der Löhne und Gehälter entsprechend der Tarifentwicklung in einem bestimmten Tarifgebiet, kann eine betriebliche Übung dann entstehen, wenn deutliche Anhaltspunkte in seinem Verhalten dafür sprechen, dass er die Erhöhungen - auch ohne das Bestehen einer tarifvertraglichen Verpflichtung - künftig, dh. auf Dauer übernehmen will. Ein tarifgebundener Arbeitgeber, der die Tarifentgelterhöhungen - ungeachtet der Tarifgebundenheit des einzelnen Arbeitnehmers - an alle Arbeitnehmer weitergibt, will sich - auch insoweit für die Arbeitnehmer erkennbar - im Regelfall nicht über die Zeit seiner Tarifgebundenheit hinaus ohne die Möglichkeit einer Kündigung des Tarifvertrags oder eines Verbandsaustritts dauerhaft (vertraglich) binden (vgl. BAG 24.02.2016 - 4 AZR 990/13 - Rn. 23 mwN).
- 57
b) Danach hat die Beklagte mit der Weitergabe der tariflichen Gehaltserhöhungen keine betriebliche Übung begründet, auf die der Kläger seinen Klageanspruch stützen könnte. Es fehlt an den erforderlichen - über die bloße Weitergabe der Tariferhöhungen hinausgehenden - deutlichen Anhaltspunkten im Verhalten der Beklagten, aus denen sich für den Kläger erkennbar der Wille ergäbe, sie wolle auf Dauer die von den Tarifvertragsparteien jeweils ausgehandelten Gehaltserhöhungen ohne Weiteres übernehmen.
III.
- 58
Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Berufung zu tragen.
- 59
Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.
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Annotations
(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.
(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.
(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.
(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.
(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.
(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,
- a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist, - b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt, - c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder - d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.
(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft - a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen, - b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder - c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
- 3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.
(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.
(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.
(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.
(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.
(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.
(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.
(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.
(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird; - 2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.
(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.
(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.
(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.
(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge); - 2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt; - 3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.
(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt; - 2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.
(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.
(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.
(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.
(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.
(1) Tarifgebunden sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrags ist.
(2) Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen gelten für alle Betriebe, deren Arbeitgeber tarifgebunden ist.
(3) Die Tarifgebundenheit bleibt bestehen, bis der Tarifvertrag endet.
(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.
(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.
(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.
(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.
(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
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mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder - 2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.
(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.
(1) Tarifgebunden sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrags ist.
(2) Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen gelten für alle Betriebe, deren Arbeitgeber tarifgebunden ist.
(3) Die Tarifgebundenheit bleibt bestehen, bis der Tarifvertrag endet.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.
(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.
(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.
Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.
(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.
(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.
(3) (weggefallen)
(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
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eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.
(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.
(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.
(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.
(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.