Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 06. Okt. 2016 - 5 Sa 181/16

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2016:1006.5SA181.16.0A
06.10.2016

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Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 5. April 2016, Az. 4 Ca 3306/15, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die beklagte Hochschule verpflichtet ist, an den Kläger eine Entschädigung wegen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot des AGG zu zahlen.

2

Der 1965 geborene Kläger ist mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 80 als schwerbehinderter Mensch anerkannt. Er verfügt über ein abgeschlossenes Hochschulstudium der Wirtschaftswissenschaften und wurde 1997 promoviert. Der Kläger bewarb sich am 29.01.2015 auf eine von der Beklagten, einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, ausgeschriebenen Stelle mit der Bezeichnung "Leiter/in der Rechenzentren (CIO)". Im Bewerbungsschreiben wies der Kläger darauf hin, dass aus einer Erkrankung eine Schwerbehinderung resultiere, die ihn in der Ausübung der ausgeschriebenen Position nicht beeinträchtigen dürfte. In der Stellenausschreibung heißt es ua.:

3

"Die Hochschule […], mit ihren Standorten in […], bietet Lehre und angewandte Forschung mit einem umfangreichen Präsenz- und Fernstudienangebot in den Bereichen […]. Derzeit studieren an der Hochschule […] insgesamt rund 8.800 Studierende, die von 160 Professorinnen/Professoren und ca. 360 Beschäftigten betreut werden.

4

Die Hochschule sucht zum nächstmöglichen Zeitpunkt

5

Leiter/in der Rechenzentren (CIO)

6

Entgeltgruppe bis E 14 TV-L

7

Zu den Aufgaben gehören:

8

- Leitung der Rechenzentren aller Standorte einschließlich Personalführung
- Strategische Weiterentwicklung und Ausbau der IT-Infrastruktur
- Planung, Kontrolle und Steuerung der zur Verfügung stehenden Ressourcen
- Leitung von IT-Projekten zur Abbildung von Hochschulgeschäftsprozessen mit IT-Verfahren
- Weiterentwicklung der Management- und Führungsstrukturen
- Anbindung des IT-Betriebs an die Lehre, Forschung und Verwaltung der Hochschule
- Mitarbeit im operativen Geschäft der Rechenzentren

9

Einstellungsvoraussetzungen:

10

- Abgeschlossenes Hochschulstudium (Diplom/Master) und einschlägige Berufserfahrung
- Erfahrung in Führung eines IT-Bereichs
- Team- und Kommunikationsfähigkeit, soziale Kompetenz sowie ein ausgeprägtes Dienstleistungsverständnis
- Erfahrungen in der Steuerung komplexerer IT-Projekte. Wünschenswert sind außerdem Kenntnisse von Hochschulgeschäftsprozessen
- Verständnisse für die Besonderheiten der Hochschulkultur
- Fähigkeiten bei der Gestaltung und Steuerung organisatorischer Veränderungsprozesse
- Sehr gute allgemeine Kenntnisse der aktuellen Informationstechnologie
- Bereitschaft zu lebenslangem Lernen und Weiterentwicklung
- Bereitschaft zum Einsatz an allen Standorten der Hochschule, ein Führerschein ist daher erwünscht."

11

Der Lebenslauf des Klägers, der dem Bewerbungsanschreiben beigefügt war, lautet auszugsweise:

12

"Berufserfahrung

        
        

Marktforschung und Unternehmensberatung
mit den Schwerpunkten

00/2005-00/2013

Datensammlung, Datamining, Beratung zum Marktplatz …
von 2003-2006 wurden sämtliche Angebote mit
selbstentwickelten Tools erfasst (ca. 250 Mio. p.a.) und je
nach Kundenanforderung ausgewertet und konsolidiert (MS-SQL,
Reporting Services/OLAP, Excel, SPSS. div. Tools),
in ähnlicher Weise dann auch andere Marktplätze/Plattformen
wie …etc. für Kunden wie …

        

Competitive-Intelligence mittels vorher benannter
technischer Verfahren … "Auslesen" (Scraping) nahezu aller
renommierten Marktplätze in Deutschland, Projektplanungen
im Bereich Social Networks, Profile & Opinion-Mining,
Sentiment Detection und Big-Data

00/2007-00/2008

Sourcing von IT-Projekten in Rumänien & Indien,
Personalsuche insb. in Rumänien

01/2004-12/2008

Beratung & Coaching bei Unternehmensaufbau (Software
für Foto-Finishing) strategischer Positionierung und Verkauf …

07/2001-05/2002

Inhouse-Consultant/ Akquisitionsunterstützung und
Projektleitung bei Softwareunternehmen …

12/2000-06/2001

Vorstand für Technik & Marketing
bei …

11/1999-12/2000

Business Development Manager
bei …

07/1998-10/1999

Marketing Manager/Niederlassungsleiter
… für …

07/1997-07/1998

Senior Consultant
bei …

11/1996-05/1997

Fremdgeschäftsführer einer der ersten "New Media
Agenturen" in Deutschland …

09/1992-05/1995

Wissenschaftlicher Mitarbeiter
… an der Hochschule

03/1992-10/1992

Freelancer
bei …

00/1988-00/1991

Geschäftsstellenleiter Vermittlung von Allfinanzprodukten
"

13

Die Beklagte leitete die Bewerbung des Klägers an die Schwerbehindertenbeauftragte weiter. Diese führte in ihrer Stellungnahme vom 23.02.2015 aus, dass aus ihrer Sicht auf eine Einladung des Klägers zum Vorstellungsgespräch verzichtet werden könne, weil er nicht über die notwendige Erfahrung im operativen Geschäft eines IT-Bereichs verfüge. Aus den Bewerbungsunterlagen gehe hervor, dass der Kläger vorwiegend in den Bereichen Marketing und Beratung im IKT-Sektor tätig gewesen sei.

14

Die Beklagte lud den Kläger nicht zu einem Vorstellungsgespräch ein. Sie erteilte ihm mit Schreiben vom 16.04., das ihm am 22.04.2015 zugegangen ist, eine Absage. Mit Telefax vom 21.06.2015 machte der Kläger gegenüber der Beklagten geltend, er sei wegen seiner Schwerbehinderung diskriminiert worden und forderte die Zahlung einer Entschädigung iHv. mindestens drei Bruttomonatsverdiensten nach Entgeltgruppe 14 TV-L (Stufe 3) iHv. € 13.506,78. Dieses Begehren verfolgt er nach Zurückweisung des Anspruchs mit seiner Klage, die am 19.09.2015 beim Arbeitsgericht eingegangen ist, weiter.

15

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

16

die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestellte Entschädigung zu zahlen, die € 9.004,52 aber nicht unterschreiten soll.

17

Die Beklagte hat beantragt,

18

die Klage abzuweisen.

19

Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 05.04.2016 Bezug genommen.

20

Das Arbeitsgericht Koblenz hat die Klage mit Urteil vom 05.04.2016 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Kläger habe im Bewerbungsschreiben zwar pauschal auf eine Schwerbehinderung hingewiesen, jedoch keine Angaben zum GdB oder der Art seiner Behinderung gemacht. Er habe auch die Inhaberschaft eines Schwerbehindertenausweises nicht nachgewiesen. Damit habe er die Beklagte nicht ordnungsgemäß informiert. Wegen der weiteren Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils vom 05.04.2016 Bezug genommen.

21

Gegen das am 25.04.2016 zugestellte Urteil hat der Kläger mit am 09.05.2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese gleichzeitig begründet. Er macht geltend, das Arbeitsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass er die Beklagte in seinem Bewerbungsschreiben nicht hinreichend klar und deutlich über seine Schwerbehinderung informiert habe. Nach der jüngsten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts reiche es aus, den öffentlichen Arbeitgeber über das Vorliegen einer Schwerbehinderung zu informieren. Es sei nicht zusätzlich erforderlich, ihm den GdB mitzuteilen. An seiner bisherigen Rechtsprechung habe das Bundesarbeitsgericht nicht festgehalten.

22

Der Kläger beantragt zweitinstanzlich,

23

das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 05.04.2016, Az. 4 Ca 3306/15, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestellte Entschädigung zu zahlen, die € 9.004,52 aber nicht unterschreiten soll.

24

Die Beklagte beantragt,

25

die Berufung zurückzuweisen.

26

Die Beklagte meint, sie sei nicht verpflichtet gewesen, den Kläger zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, weil seine fachliche Eignung für die ausgeschriebene Stelle als Leiter ihrer Rechenzentren offensichtlich gefehlt habe. Bei den geforderten Erfahrungen und Kenntnissen im IT-Bereich habe es sich um "Kernvoraussetzungen" gehandelt, deren Vorhandensein zwingend und unabdingbar für die Tätigkeit als Leiter der Rechenzentren seien. Zu dessen Aufgaben gehöre der Aus- und Aufbau der IT-Infrastruktur, Netzausbau, Serveradministration, Anbindung und Service des Rechenzentrums für Anwendungen in Lehre, Forschung und Verwaltung. Der Leiter ihrer Rechenzentren müsse über fundierte Erfahrungen und Kenntnisse im Umgang mit einer Vielzahl von Hard- und Softwareproblemen verfügen. Er sei täglich mit derartigen Problemen konfrontiert, deren Lösungen gefordert seien. Sehr guter IT-Kenntnisse und Erfahrung in Führung und Steuerung eines IT-Bereich seien daher zwingend.

27

Der Kläger erfülle die zwingenden Einstellungsvoraussetzungen offensichtlich nicht. Ausweislich des vorgelegten Lebenslaufs und der beigefügten Arbeitszeugnisse weise er lediglich Berufserfahrung im Bereich Marktforschung und Unternehmensberatung auf. Der Kläger habe im Zeitraum von 1988 bis ins Jahr 2013 in verschiedenen Funktionen gearbeitet. All diesen Funktionen und Aufgabengebieten sei gemein, dass sie ganz überwiegend im Bereich Marktforschung und Unternehmensberatung angesiedelt seien. Der Kläger habe bei seinen früheren Arbeiten keine Erfahrungen in der Führung eines IT-Bereichs gesammelt. Er habe weder komplexe IT-Projekte gesteuert noch sehr gute Kenntnisse der allgemeinen IT erworben. Die Führungsrolle für ein Rechenzentrum in der hier vorhandenen Größe sei ohne technische Kompetenz nicht denkbar.

28

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und den Inhalt der Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

29

Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist gem. §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG iVm. §§ 519, 520 ZPO zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und ordnungsgemäß begründet worden.

II.

30

In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Die Klage ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht erkannt, dass die beklagte Hochschule nicht verpflichtet ist, an den Kläger eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG zu zahlen. Der Kläger ist nicht wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt worden.

31

1. Der Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG, den der Kläger frist- und formgerecht geltend gemacht und eingeklagt hat (§ 15 Abs. 4 AGG, § 61b Abs. 1 ArbGG) setzt einen Verstoß gegen das in § 7 Abs. 1 AGG geregelte Benachteiligungsverbot voraus (§ 15 Abs. 2 iVm. § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG) und ist verschuldensunabhängig. Das Benachteiligungsverbot in § 7 Abs. 1 AGG untersagt im Anwendungsbereich des AGG eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, ua. wegen einer Behinderung. Zudem dürfen Arbeitgeber nach § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX schwerbehinderte Beschäftigte nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligen. Im Einzelnen gelten hierzu nach § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX die Regelungen des AGG. Bewerber haben Anspruch auf ein diskriminierungsfreies Bewerbungs-/Stellenbesetzungsverfahren (BAG 20.01.2016 - 8 AZR 194/14 - Rn. 15 ff. mwN).

32

2. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts hat der Kläger die Beklagte in seinem Bewerbungsanschreiben vom 29.01.2015 über die vorhandene Schwerbehinderung in Kenntnis gesetzt. Eine Information im Bewerbungsanschreiben ist regelmäßig ausreichend. Im Zusammenhang mit der Verpflichtung des öffentlichen Arbeitgebers aus § 82 SGB IX reicht es aus, über das Vorliegen einer „Schwerbehinderung“ zu informieren. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist es nicht zusätzlich erforderlich, den GdB mitzuteilen. Soweit sich aus der bisherigen Rechtsprechung des Achten Senats (insb. BAG 18.09.2014 - 8 AZR 759/13 - Rn. 33, 35; 26.09.2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 30), die das Arbeitsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, etwas anderes ergeben sollte, hat das Bundesarbeitsgericht hieran ausdrücklich nicht festgehalten (BAG 22.10.2015 - 8 AZR 384/14 - Rn. 40 mwN).

33

Der Kläger hat in seinem Bewerbungsanschreiben hinreichend klar und deutlich auf eine zum Zeitpunkt der Bewerbung vorliegende Schwerbehinderung hingewiesen. In dem Fall, der der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 22.10.2015 (aaO) zugrunde lag, hat der dortige Bewerber formuliert: "Aus gesundheitlichen Gründen musste ich für kurze Zeit meine Erwerbstätigkeit unterbrechen und mich aufgrund meiner Schwerbehinderung beruflich neu orientieren“. Vorliegend hat der Kläger im vierten Absatz seines Bewerbungsanschreibens ausgeführt: "Eine daran anschließende unternehmerische Tätigkeit als […] habe ich erkrankungsbedingt aufgegeben müssen. Aus der Erkrankung resultierte eine Schwerbehinderung, die mich in der Ausübung der ausgeschriebenen Position allerdings nicht beeinträchtigen dürfte." Das genügte. Die Beklagte hat den Hinweis auf die Schwerbehinderung auch erkannt, denn sie hat die Bewerbung des Klägers an die Schwerbehindertenbeauftragte weitergeleitet und diese um Stellungnahme gebeten.

34

3. Der Kläger hat wegen seiner Schwerbehinderung im konkreten Bewerbungs-/Stellenbesetzungsverfahren keine weniger günstige Behandlung erfahren, denn ihm fehlte für die ausgeschriebene Stelle mit der Bezeichnung "Leiter/in der Rechenzentren (CIO)" offensichtlich die fachliche Eignung iSd. § 82 Satz 3 SGB IX.

35

a) Bewirbt sich ein schwerbehinderter Mensch bei einem öffentlichen Arbeitgeber um eine zu besetzende Stelle, so hat dieser ihn nach § 82 Satz 2 SGB IX zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Nach § 82 Satz 3 SGB IX ist eine Einladung nur dann entbehrlich, wenn dem schwerbehinderten Menschen die fachliche Eignung offensichtlich fehlt. Damit muss der öffentliche Arbeitgeber einem sich bewerbenden schwerbehinderten Menschen die Chance eines Vorstellungsgesprächs auch dann gewähren, wenn dessen fachliche Eignung zwar zweifelhaft, aber nicht offensichtlich ausgeschlossen ist. Insoweit ist der schwerbehinderte Bewerber im Bewerbungsverfahren besser gestellt als nicht schwerbehinderte Konkurrenten (BAG 20.01.2016 - 8 AZR 194/14 - Rn. 32 mwN).

36

b) Ob einem Bewerber "offensichtlich" die fachliche Eignung iSd. § 82 Satz 3 SGB IX fehlt, ist anhand eines Vergleichs zwischen dem Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Stelle und dem Leistungsprofil des Bewerbers zu ermitteln (BAG 16.02.2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 49 mwN). Mit dem veröffentlichten Anforderungsprofil bestimmt der öffentliche Arbeitgeber den Umfang seiner verfahrensrechtlichen Verpflichtung nach § 82 Satz 2 und Satz 3 SGB IX (BVerwG 03.03.2011 - 5 C 16/10). Durch das Stellen von Anforderungen an den Bewerber, die nach der im Arbeitsleben herrschenden Verkehrsanschauung durch die Erfordernisse der wahrzunehmenden Aufgaben unter keinem nachvollziehbaren Gesichtspunkt gedeckt sind, darf der Arbeitgeber allerdings die Vergleichbarkeit der Situation nicht willkürlich gestalten und dadurch den Schutz des AGG de facto beseitigen (BAG 23.08.2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 27 mwN; lag Rheinland-Pfalz - 10.02.2015 - 6 Sa 465/14 - Rn. 38 mwN).

37

Für die Stellenvergabe im öffentlichen Dienst gilt das verfassungsrechtlich garantierte Prinzip der Bestenauslese, dh. der Leistungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG, uneingeschränkt. Danach hat nur der für die zu besetzende Stelle am besten geeignete Bewerber einen Anspruch auf Einstellung, sobald und solange sich der öffentliche Arbeitgeber im Rahmen seiner Organisationsgewalt - wie hier - dafür entschieden hat, verfügbare Stellen im Wege der Bewerberauswahl zu besetzen. Dem Prinzip der Auslese nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung sind auch die durch das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG geschützten Personengruppen unterworfen. Fehlen einem Bewerber die erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen, verschafft ihnen das Benachteiligungsverbot keinen Anspruch darauf, von bestimmten Qualifikationsmerkmalen befreit zu werden (BVerwG 03.03.2011 - 5 C 16/10 - Rn. 20 mwN). Der öffentliche Arbeitgeber ist bei der Erstellung des Anforderungsprofils an die gesetzlichen und ggf. tarifvertraglichen Vorgaben gebunden. Er hat das Anforderungsprofil ausschließlich nach objektiven Kriterien anzufertigen. Eine Einengung des Kreises der nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu vergleichenden Bewerber um ein öffentliches Amt darf nur aufgrund sachlicher Erwägungen erfolgen (BVerwG 03.03.2011 - 5 C 16/10 - Rn. 22 mwN). Wenn der schwerbehinderte Bewerber das Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Stelle offensichtlich völlig verfehlt, muss er nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden.

38

c) So liegen die Dinge hier. Dem Kläger fehlt offensichtlich die fachliche Eignung für die ausgeschriebene Stelle eines Leiters der Rechenzentren (CIO) der Beklagten. Dies kann die Berufungskammer auch ohne besondere Fachkunde im IT-Bereich selbst beurteilen.

39

aa) Zu den Aufgaben als Leiter der Rechenzentren gehören unstreitig Aus- und Aufbau der IT-Infrastruktur, Netzausbau, Serveradministration, Anbindung und Service des Rechenzentrums für Anwendungen in Lehre, Forschung und Verwaltung. Die Beklagte hat ausweislich des Anforderungsprofils für die zu besetzende Stelle sowohl "Erfahrung in Führung einer IT-Bereichs" sowie "Erfahrungen in der Steuerung komplexerer IT-Projekte" normativ vorgeschrieben. Außerdem verlangte sie "sehr gute Kenntnisse der aktuellen Informationstechnologie". Es ist sachlich gerechtfertigt und nach der im Arbeitsleben herrschenden Verkehrsanschauung ohne weiteres nachvollziehbar, dass die Beklagte (eine Hochschule mit ca. 8.800 Studierenden) für den Leiter ihrer Rechenzentren praktische IT-Erfahrungen und sehr gute IT-Kenntnisse als "Kernvoraussetzungen" zwingend fordert.

40

bb) Über derartige Erfahrungen und Kenntnisse verfügt der Kläger jedoch ausweislich der seinem Bewerbungsanschreiben beigefügten Unterlagen (Lebenslauf und teilweise Arbeitszeugnisse) offensichtlich nicht. Im Lebenslauf hat der Kläger schon in der Überschrift angegeben, dass er in den Bereichen "Marktforschung und Unternehmensberatung" tätig war. Dem Lebenslauf lässt sich nicht ansatzweise entnehmen, dass der Kläger die notwendigen Erfahrungen im operativen Geschäft eines IT-Bereichs gesammelt hat. Auch aus den Arbeitszeugnissen, die der Kläger für die Zeit bis einschließlich 30.06.2001 vorgelegt hat, geht nicht hervor, dass er Erfahrungen im Führen eines IT-Bereichs oder in der Steuerung komplexerer IT-Projekte erworben hat. Damit erfüllt er bereits konstitutive Anforderungsmerkmale nicht.

41

Der Kläger hat seit 1988 bis ins Jahr 2013 in verschiedenen Funktionen gearbeitet. All diesen Funktionen und Aufgabengebieten ist gemein, dass sie ganz überwiegend im Bereich Marktforschung und Unternehmensberatung angesiedelt waren (Senior Consultant, Marketing Manager, Business Development Manager, Inhouse-Consultant, Fremdgeschäftsführer). Im Einzelnen:

42

(1) In der Zeit von 1988 bis 1991 (vor dem Studium) arbeitete der Kläger nach seinen Angaben im Lebenslauf als Geschäftsstellenleiter im Bereich Vermittlung von Allfinanzprodukten und im Bereich des Aufbaus lokaler Vertriebsgruppen für den Finanz- und Versorgungsdienst der Aachener & Münchener Versicherungen.

43

(2) In den Monaten von März bis Oktober 1992 war er als Freelancer für die Boston Consulting Group tätig. Nach seinen Angaben im Lebenslauf war er mit diversen Projekten für Telekommunikation, Food sowie mit der wissenschaftlichen Ausarbeitung eines TOP100 Triaden-Vergleichs betraut worden.

44

(3) Im Zeitraum von November 1996 bis Mai 1997 war der Kläger als Fremdgeschäftsführer einer der ersten New Media Agenturen, der a. GmbH, angestellt. Ausweislich des vorgelegten Arbeitszeugnisses vom 02.07.1997 gehörte zu seinen Aufgaben die Auswahl geeigneter Büroräume und der technischen Büroausstattung, Personalsuche und -einstellung sowie die Akquisition von Kunden.

45

(4) Im Zeitraum von Juli 1997 bis Juli 1998 war der Kläger als Senior Consultant für die K. Unternehmensberatung tätig. Zu seinen Aufgaben gehörte ausweislich des vorgelegten Arbeitszeugnisses vom 01.09.1998 die Durchführung einer Marktstudie über die Entwicklungstendenzen im Callcenter Markt, die Durchführung einer Analyse und Konzeption diverser Geschäftsmodelle für den Markteintritt eines TK-Carriers sowie die Durchführung von Detailanalysen auf Basis konkreter Business-Cases für den Geschäftsbereich "Electronic Commerce" eines TK-Carriers.

46

(5) Im Zeitraum von Juli 1998 bis Oktober 1999 war der Kläger als Marketing Manager/Niederlassungsleiter der C. AG tätig. Ausweislich des Lebenslaufs und des vorgelegten Arbeitszeugnisses vom 30.09.1999 gehörte die strategische Geschäftsfeldplanung, das Chance- bzw. Eskalationsmanagement, die Prozessoptimierung, die Repräsentation auf öffentlichen Veranstaltungen als Referent, Ausarbeitung und Koordination mehrerer Ausschreibungen von Großkunden aus der Versicherungsbranche, Betreuung von Kunden aus der Versicherungsbranche sowie diverse Aufgaben im Bereich des Marketings zu seinen Aufgabengebieten.

47

(6) Im Zeitraum von November 1999 bis Dezember 2000 war der Kläger ausweislich des Lebenslaufs als Business Development Manager bei der I. GmbH tätig und hat ua. Projekte und Key-Customer betreut, sowie zahlreiche Veranstaltungen und Referate auch in englischer Sprache durchgeführt.

48

(7) Von Dezember 2000 bis Juni 2001 hat der Kläger als Vorstand für Technik & Marketing bei h.de gearbeitet. Er war verantwortlich für die Bereiche Technik und Marketing. Hierbei hat er ausweislich des vorgelegten Arbeitszeugnisses vom 30.06.2001 insbesondere Marketing- und Vertriebsmaßnahmen durchgeführt sowie Kooperationspartner ausgewählt.

49

(8) Im Zeitraum von Juli 2001 bis Mai 2002 hat der Kläger nach seinen Angaben im Lebenslauf sodann als Inhouse-Consultant bei der t. AG gearbeitet. Zu seinen Aufgaben gehörte Akquisitionsunterstützung sowie Projektleitung.

50

(9) Im Zeitraum von Januar 2004 bis Dezember 2008 war er nach seinen Angaben im Lebenslauf im Bereich Beratung und Coaching im Rahmen eines Unternehmensaufbaus beschäftigt.

51

cc) Bei all diesen Tätigkeiten hat der Kläger offensichtlich keinerlei Erfahrungen in der Führung eines IT-Bereichs gesammelt. Er hat offensichtlich keine komplexeren IT-Projekte gesteuert oder sehr gute Kenntnisse der allgemeinen IT erworben.

52

Der Kläger hat lediglich im Zeitraum von September 1992 bis Mai 1995 während seiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Versicherungswirtschaft an der Hochschule St. G. Erfahrungen im Bereich der IT gesammelt. Ansonsten ist er ausschließlich im Bereich Marktforschung und Unternehmensberatung tätig gewesen. Der Lebenslauf des Klägers weist im Zeitraum von 2007 bis 2008 die Tätigkeit "Sourcing von IT-Projekten" in Rumänien & Indien, Personalsuche, insb. in Rumänien, auf. Auch in dieser Zeit hat er keine komplexen IT-Projekte gesteuert, einen IT-Bereich geführt oder sehr gute IT-Kenntnisse erworben.

53

Schließlich hat der Kläger in der Zeit von 2005 bis 2013 ausweislich seiner Angaben im Lebenslauf Daten gesammelt und große Datenmengen über Internetfirmen ausgewertet. Auch bei diesen Tätigkeiten hat er keine komplexen IT-Projekte gesteuert oder einen IT-Bereich geführt.

54

ee) Die geforderten "sehr guten allgemeinen Kenntnisse der aktuellen Informationstechnologie" besitzt der Kläger ebenfalls offensichtlich nicht. Er ist lediglich in der Zeit von September 1992 bis Mai 1995 als Betreuer der internen IT der Hochschule St. G. tätig gewesen. Angesichts des technischen Fortschritts und der Entwicklung der Informationstechnologie sind die bis 1995 möglicherweise erworbenen Kenntnisse und Erfahrungen aus heutiger Sicht überholt.

55

4. Weil die Beklagte somit nicht gegen die grundsätzlich gem. § 82 Satz 2 SGB IX bestehende Verpflichtung eines öffentlichen Arbeitgebers, schwerbehinderte Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, verstoßen hat, begründet die Nichteinladung des Klägers auch keine Vermutung für seine unzulässige Benachteiligung wegen seiner Behinderung (§ 22 AGG) (BAG 07.04.2011 – 8 AZR 679/09 - Rn. 51 mwN).

III.

56

Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Berufung zu tragen.

57

Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.

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(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 64 Grundsatz


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(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen. (2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der

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Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 69 Urteil


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(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Wegen eines Schadens,

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 7 Benachteiligungsverbot


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Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG | § 22 Beweislast


Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung

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Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Saarland vom 8. Januar 2014 - 1 Sa 61/12 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 22. Okt. 2015 - 8 AZR 384/14

bei uns veröffentlicht am 22.10.2015

Tenor 1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 20. März 2014 - 5 Sa 1346/13 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 18. Sept. 2014 - 8 AZR 759/13

bei uns veröffentlicht am 18.09.2014

Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 24. Oktober 2012 - 9 Sa 214/12 - teilweise aufgehoben. Das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vo

Bundesarbeitsgericht Urteil, 26. Sept. 2013 - 8 AZR 650/12

bei uns veröffentlicht am 26.09.2013

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 22. Mai 2012 - 19 Sa 1658/11 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 23. Aug. 2012 - 8 AZR 285/11

bei uns veröffentlicht am 23.08.2012

Tenor Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 10. November 2010 - 17 Sa 1410/10 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 16. Feb. 2012 - 8 AZR 697/10

bei uns veröffentlicht am 16.02.2012

Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 5. Oktober 2010 - 13 Sa 488/10 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor des U

Bundesarbeitsgericht Urteil, 07. Apr. 2011 - 8 AZR 679/09

bei uns veröffentlicht am 07.04.2011

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Saarland vom 3. Dezember 2008 - 1 Sa 71/08 - wird zurückgewiesen.

Referenzen

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

(1) Eine Klage auf Entschädigung nach § 15 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes muss innerhalb von drei Monaten, nachdem der Anspruch schriftlich geltend gemacht worden ist, erhoben werden.

(2) Machen mehrere Bewerber wegen Benachteiligung bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses oder beim beruflichen Aufstieg eine Entschädigung nach § 15 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes gerichtlich geltend, so wird auf Antrag des Arbeitgebers das Arbeitsgericht, bei dem die erste Klage erhoben ist, auch für die übrigen Klagen ausschließlich zuständig. Die Rechtsstreitigkeiten sind von Amts wegen an dieses Arbeitsgericht zu verweisen; die Prozesse sind zur gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung zu verbinden.

(3) Auf Antrag des Arbeitgebers findet die mündliche Verhandlung nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit Erhebung der ersten Klage statt.

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Leistungen zum Erwerb und Erhalt praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten werden erbracht, um Leistungsberechtigten die für sie erreichbare Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Die Leistungen sind insbesondere darauf gerichtet, die Leistungsberechtigten in Fördergruppen und Schulungen oder ähnlichen Maßnahmen zur Vornahme lebenspraktischer Handlungen einschließlich hauswirtschaftlicher Tätigkeiten zu befähigen, sie auf die Teilhabe am Arbeitsleben vorzubereiten, ihre Sprache und Kommunikation zu verbessern und sie zu befähigen, sich ohne fremde Hilfe sicher im Verkehr zu bewegen. Die Leistungen umfassen auch die blindentechnische Grundausbildung.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Saarland vom 8. Januar 2014 - 1 Sa 61/12 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob das beklagte Land verpflichtet ist, an den Kläger eine Entschädigung wegen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot des AGG zu zahlen.

2

Der Kläger ist mit einem Grad der Behinderung (im Folgenden GdB) von 50 als schwerbehinderter Mensch anerkannt. Nach einer Ausbildung zum Bankkaufmann absolvierte er ein Universitätsstudium der Betriebswirtschaftslehre und erwarb den Abschluss als Diplom-Kaufmann. Im Rahmen von Fortbildungsmaßnahmen eignete er sich weitere Qualifikationen im Bereich des Rechnungswesens und des Controllings an und war bei verschiedenen Arbeitgebern vornehmlich im Bereich Controlling tätig.

3

Mit einer am 29. Juli 2010 im Amtsblatt des Saarlandes veröffentlichten Stellenausschreibung schrieb das beklagte Land für den Bereich des damaligen Ministeriums für Umwelt, Energie und Verkehr die Stelle einer/eines „Sachbearbeiterin/Sachbearbeiters des gehobenen Dienstes“ aus. In der Stellenausschreibung heißt es ua.:

        

„Der Sachbearbeiterin bzw. dem Sachbearbeiter obliegt insbesondere die zuwendungsrechtliche Abwicklung von Fördermaßnahmen, insbesondere in EU-kofinanzierten Bereichen.

        

Infrage kommen Bewerberinnen und Bewerber mit kaufmännischem bzw. betriebswirtschaftlichem Hochschulabschluss (FH oder Bachelor).“

4

Der Kläger bewarb sich mit Schreiben vom 19. August 2010, dem ein Lebenslauf und eine Kopie seines Schwerbehindertenausweises beigefügt waren, auf diese Stelle. Das beklagte Land lud den Kläger nicht zu einem Vorstellungsgespräch ein und teilte ihm mit Schreiben vom 5. November 2010 - dem Kläger zugegangen am 6. November 2010 - mit, dass es sich für einen anderen Bewerber entschieden habe.

5

Mit Schreiben vom 29. Dezember 2010 machte der Kläger gegenüber dem beklagten Land geltend, er sei wegen seiner Schwerbehinderung diskriminiert worden und forderte die Zahlung einer Entschädigung iHv. zumindest drei Bruttomonatsverdiensten à 3.153,14 Euro, mithin einen Gesamtbetrag iHv. mindestens 9.459,42 Euro. Dieses Begehren verfolgt der Kläger nach Zurückweisung des Anspruchs durch das beklagte Land mit seiner Klage weiter.

6

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, das beklagte Land hätte ihn zu einem Vorstellungsgespräch einladen müssen, da er für die ausgeschriebene Stelle nicht etwa offensichtlich fachlich ungeeignet gewesen sei. Ein weiteres Indiz für eine Diskriminierung wegen seiner Behinderung sei die - unstreitig - unterbliebene Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung. Zudem sei davon auszugehen, dass die Stelle nicht bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldet worden sei.

7

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

das beklagte Land zu verurteilen, an ihn eine Entschädigung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, die jedoch nicht unter 9.459,42 Euro liegen sollte, nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. April 2011 zu zahlen.

8

Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, dem Kläger keine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG zu schulden. Der Kläger habe nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden müssen, da er aufgrund seiner Überqualifizierung für die ausgeschriebene Stelle offensichtlich ungeeignet gewesen sei. Die Stelle sei der Bundesagentur für Arbeit gemeldet worden. Die unterbliebene Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung beruhe auf einer Vereinbarung zwischen der Personalabteilung des Ministeriums und der Schwerbehindertenvertretung, wonach die Schwerbehindertenvertretung nur über Bewerbungen der in die nähere Auswahl kommenden Bewerber informiert werden müsse. Im Übrigen hätten sich auf die Ausschreibung insgesamt 72 Personen beworben, von denen 15 über einen Universitätsabschluss verfügten. Diese Personen seien im Auswahlverfahren von Anfang an nicht berücksichtigt worden. Diese Verfahrensweise werde für Stellen des „gehobenen“ Dienstes seit Jahren praktiziert; sie entspreche der Personalpolitik des Ministeriums. Ein universitärer Abschluss sei für Stellen des „höheren“, nicht aber für Stellen des „gehobenen“ Dienstes erforderlich. Er sei für Stellen des „gehobenen“ Dienstes auch nicht erwünscht. Andernfalls könne der Gefahr der Frustration der Bewerber selbst sowie der Gefahr eines Verdrängungswettbewerbs „von oben nach unten“ sowie von „Rangordnungskämpfen“ unter den Beschäftigten nicht wirksam begegnet werden. Zudem seien unter den Bewerbern, die zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden seien, auch zwei schwerbehinderte Menschen gewesen, was ebenfalls zeige, dass der Kläger nicht etwa wegen seiner Schwerbehinderung unberücksichtigt geblieben sei.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers - nach Beweisaufnahme - zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren nach Zahlung einer angemessenen Entschädigung weiter. Das beklagte Land beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zu Recht zurückgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen das beklagte Land auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG.

11

A. Der auf Zahlung einer Entschädigung gerichtete Klageantrag ist zulässig, insbesondere ist er hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Kläger durfte die Höhe der von ihm begehrten Entschädigung in das Ermessen des Gerichts stellen. § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG räumt dem Gericht bei der Höhe der Entschädigung einen Beurteilungsspielraum ein, weshalb eine Bezifferung des Zahlungsantrags nicht notwendig ist. Der Kläger hat auch Tatsachen benannt, die das Gericht bei der Bestimmung des Betrags heranziehen soll und die Größenordnung der geltend gemachten Forderung, die er mit mindestens 9.459,42 Euro bestimmt hat, angegeben (zu den Anforderungen an die Bestimmtheit des Klageantrags: vgl. etwa BAG 14. November 2013 - 8 AZR 997/12 - Rn. 16; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 16).

12

B. Die Klage ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass das beklagte Land nicht verpflichtet ist, an den Kläger eine angemessene Entschädigung zu zahlen. Seine Annahme, der Kläger sei nicht wegen der Behinderung benachteiligt worden iSv. § 7 Abs. 1 AGG, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

13

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Kläger habe zwar Indizien dargelegt und nachgewiesen, die eine Benachteiligung wegen seiner Schwerbehinderung vermuten ließen (§ 22 AGG). Insoweit hat es festgestellt, das beklagte Land habe entgegen seiner Verpflichtung aus § 81 Abs. 1 Satz 4 iVm. § 95 Abs. 2 SGB IX der beim Ministerium für Umwelt, Energie und Verkehr eingerichteten Schwerbehindertenvertretung die Bewerbung des Klägers nebst den dazugehörigen Bewerbungsunterlagen nicht vorgelegt. Zudem hat es zugunsten des Klägers unterstellt, dass das beklagte Land den Kläger entgegen der in § 82 Satz 2 SGB IX getroffenen Bestimmung nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen und dass es entgegen § 81 Abs. 1 Satz 2, § 82 Satz 1 SGB IX die Agentur für Arbeit von der freien Stelle nicht unterrichtet hat. Allerdings - so das Landesarbeitsgericht - habe das beklagte Land die Vermutung, der Kläger sei wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt worden, widerlegt. Das beklagte Land habe zur Überzeugung der Kammer nachgewiesen, dass die Nichtberücksichtigung des Klägers im Auswahlverfahren mit dessen Schwerbehinderung überhaupt nichts zu tun gehabt habe, sondern dass dafür ausschließlich andere Gründe maßgebend gewesen seien, die keinerlei Bezug zu der Schwerbehinderung des Klägers hätten. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass der Kläger ausschließlich aus personalpolitischen Erwägungen, also aus Erwägungen, die zudem nicht seine fachliche Eignung beträfen, im Auswahlverfahren nicht berücksichtigt worden sei.

14

II. Diese Würdigung hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.

15

1. Der Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG setzt einen Verstoß gegen das in § 7 Abs. 1 AGG geregelte Benachteiligungsverbot voraus(§ 15 Abs. 2 iVm. § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG) und ist verschuldensunabhängig.

16

a) Das Benachteiligungsverbot in § 7 Abs. 1 AGG untersagt im Anwendungsbereich des AGG eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, ua. wegen einer Behinderung. Zudem dürfen Arbeitgeber nach § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX schwerbehinderte Beschäftigte nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligen. Im Einzelnen gelten hierzu nach § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX die Regelungen des AGG.

17

b) § 7 Abs. 1 AGG verbietet sowohl unmittelbare als auch mittelbare Benachteiligungen. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt eine - vorliegend ausschließlich in Betracht kommende - unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, ua. einer Behinderung, eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

18

aa) Im Hinblick auf eine - insbesondere bei einer Einstellung und Beförderung - zu treffende Auswahlentscheidung des Arbeitgebers befinden sich Personen grundsätzlich bereits dann in einer vergleichbaren Situation, wenn sie sich für dieselbe Stelle beworben haben (vgl. auch BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 29). Bereits deshalb kommt es, sofern ein Bewerber vorab ausgenommen und damit vorzeitig aus dem Bewerbungsverfahren ausgeschlossen wurde, nicht zwangsläufig auf einen Vergleich mit dem/der letztlich eingestellten Bewerber/in an.

19

bb) Ob eine vergleichbare Situation iSv. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG nur dann vorliegt, wenn der die Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG verlangende Bewerber für die ausgeschriebene Stelle auch „objektiv geeignet“ ist, kann im vorliegenden Verfahren dahinstehen.

20

(1) Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats ist für eine Vergleichbarkeit die am Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Stelle zu messende „objektive Eignung“ des Bewerbers erforderlich (vgl. etwa BAG 23. Januar 2014 - 8 AZR 118/13 - Rn. 18; 14. November 2013 - 8 AZR 997/12 - Rn. 29; 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 20 ff.; 21. Februar 2013 - 8 AZR 180/12 - Rn. 28, BAGE 144, 275; 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 35; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 26; 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - Rn. 37; ausdrücklich offengelassen allerdings von BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 29). Dies hat der Senat im Wesentlichen damit begründet, dass eine Benachteiligung nur angenommen werden könne, wenn eine Person, die an sich für die Tätigkeit geeignet sei, nicht ausgewählt oder nicht in Betracht gezogen worden sei. Könne hingegen auch ein objektiv ungeeigneter Bewerber immaterielle Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG verlangen, stehe dies nicht im Einklang mit dem Schutzzweck des AGG, das nur vor ungerechtfertigter Benachteiligung schützen, nicht aber eine unredliche Gesinnung des (potentiellen) Arbeitgebers sanktionieren wolle.

21

(2) Ob an dieser Rechtsprechung festgehalten werden kann, könnte ua. bereits deshalb zweifelhaft sein, weil § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG den Entschädigungsanspruch für Personen, die „bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden“ wären, nicht ausschließt, sondern lediglich der Höhe nach begrenzt. Zudem würde das Erfordernis der „objektiven Eignung“, da die Feststellung einer „vergleichbaren Situation“ nicht ohne Vergleichsbetrachtung auskommen kann, wohl eine parallele Überprüfung der „objektiven Eignung“ der eingeladenen Bewerber und Bewerberinnen nach sich ziehen müssen. Eine derartige Prüfung und Vergleichsbetrachtung findet jedoch möglicherweise weder in den Bestimmungen des AGG - hier insbesondere in der in § 22 AGG getroffenen „Beweislast“-Regelung - noch in den unionsrechtlichen Vorgaben, insbesondere in denen der Richtlinie 2000/78/EG eine hinreichende Grundlage.

22

(3) Die Frage, ob eine vergleichbare Situation iSv. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG nur dann angenommen werden kann, wenn der Bewerber für die ausgeschriebene Stelle auch „objektiv geeignet“ ist, muss im vorliegenden Verfahren jedoch nicht entschieden werden, da der Kläger für die ausgeschriebene Stelle objektiv geeignet ist. Daran ändert auch der Einwand des beklagten Landes nichts, der Kläger sei für die Stelle einer/eines Sachbearbeiterin/Sachbearbeiters des gehobenen Dienstes „überqualifiziert“. Mit diesem Einwand hat das beklagte Land die objektive Eignung des Klägers gerade nicht infrage gestellt, sondern eingeräumt, dass der Kläger über eine Qualifikation verfügt, die für die ausgeschriebene Stelle mehr als ausreichend war.

23

c) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats liegt eine Benachteiligung im Rahmen einer Auswahlentscheidung, insbesondere bei einer Einstellung oder Beförderung, bereits dann vor, wenn der Beschäftigte nicht in die Auswahl einbezogen, sondern vorab ausgeschieden wird. Die Benachteiligung liegt hier in der Versagung einer Chance (vgl. BAG 22. August 2013 - 8 AZR 563/12 - Rn. 36 mwN; 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 29; 28. Mai 2009 - 8 AZR 536/08 - Rn. 31, BAGE 131, 86). Bewerber/innen haben Anspruch auf ein diskriminierungsfreies Bewerbungs-/Stellenbesetzungsverfahren (vgl. BAG 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 23; 3. April 2007 - 9 AZR 823/06 - Rn. 33, BAGE 122, 54; vgl. auch BT-Drs. 12/5468 S. 44 zu § 611a BGB aF). Sind bereits die Chancen einer Bewerberin/eines Bewerbers durch ein diskriminierendes Verfahren beeinträchtigt worden, kommt es regelmäßig nicht mehr darauf an, ob eine nach § 1 AGG verbotene Anknüpfung bei der sich an das Auswahlverfahren anschließenden Einstellungsentscheidung noch eine nachweisbare Rolle gespielt hat(vgl. BVerfG 16. November 1993 - 1 BvR 258/86 - zu C I 2 c der Gründe, BVerfGE 89, 276 zu § 611a BGB aF für geschlechtsbezogene Benachteiligungen). Deshalb ist es auch ohne Bedeutung, ob es später im Zuge des Auswahlverfahrens tatsächlich zu einer Einstellung oder Beschäftigung kommt (BAG 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 23 mwN).

24

d) Das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG erfasst nicht jede Ungleichbehandlung, sondern nur eine Ungleichbehandlung „wegen“ eines in § 1 AGG genannten Grundes. Zwischen der benachteiligenden Behandlung und einem in § 1 AGG genannten Grund muss demnach ein Kausalzusammenhang bestehen. Dafür ist es nicht erforderlich, dass der betreffende Grund iSv. § 1 AGG das ausschließliche oder auch nur ein wesentliches Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist; er muss nicht - gewissermaßen als vorherrschender Beweggrund, Hauptmotiv oder „Triebfeder“ des Verhaltens - handlungsleitend oder bewusstseinsdominant gewesen sein; vielmehr ist der Kausalzusammenhang bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an einen Grund iSv. § 1 AGG anknüpft oder durch diesen motiviert ist, wobei die bloße Mitursächlichkeit genügt(vgl. etwa BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 34 mwN). Bei der Prüfung des Kausalzusammenhangs sind alle Umstände des Rechtsstreits im Sinne einer Gesamtbetrachtung und -würdigung des Sachverhalts zu berücksichtigen (vgl. EuGH 25. April 2013 - C-81/12 - [Asociatia ACCEPT] Rn. 50; 19. April 2012 - C-415/10 - [Meister] Rn. 42, 44 f.; BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 31 mwN).

25

e) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen, § 15 Abs. 1 AGG. Nach § 15 Abs. 2 AGG kann der oder die Beschäftigte wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs dient § 15 Abs. 2 AGG dazu, die „Forderungen der Richtlinien“ (hier insbesondere Richtlinie 2000/78/EG) sowie der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union(ua. EuGH 22. April 1997 - C-180/95 - [Draehmpaehl] Rn. 24, 39 f., Slg. 1997, I-2195) nach einer wirksamen und verschuldensunabhängig ausgestalteten Sanktion bei Verletzung des Benachteiligungsverbotes durch den Arbeitgeber umzusetzen (BT-Drs. 16/1780 S. 38; vgl. auch BAG 18. September 2014 - 8 AZR 759/13 - Rn. 26 mwN; 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - Rn. 33 mwN, BAGE 127, 367).

26

f) Für den Rechtsschutz bei Diskriminierungen sieht § 22 AGG eine Erleichterung der Darlegungslast, eine Absenkung des Beweismaßes und eine Umkehr der Beweislast vor. Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen, trägt nach § 22 AGG die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

27

aa) Danach genügt eine Person, die sich durch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für beschwert hält, ihrer Darlegungslast bereits dann, wenn sie Indizien vorträgt, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt ist(vgl. BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 33, BAGE 142, 158; 15. März 2012 - 8 AZR 37/11 - Rn. 65, BAGE 141, 48). Besteht die Vermutung einer Benachteiligung, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt worden ist (vgl. EuGH 25. April 2013 - C-81/12 - [Asociatia ACCEPT] Rn. 55 mwN; 10. Juli 2008 - C-54/07 - [Feryn] Rn. 32, Slg. 2008, I-5187; BAG 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 27). Hierfür gilt jedoch das Beweismaß des sog. Vollbeweises (vgl. etwa BAG 18. September 2014 - 8 AZR 753/13 - Rn. 33). Der Arbeitgeber muss demnach Tatsachen vortragen und ggf. beweisen, aus denen sich ergibt, dass ausschließlich andere als die in § 1 AGG genannten Gründe zu einer ungünstigeren Behandlung geführt haben. In dem Motivbündel des (potentiellen) Arbeitgebers darf der betreffende Grund weder als negatives noch der fehlende Grund als positives Kriterium enthalten gewesen sein (vgl. etwa BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 188/12  - Rn. 41 ; 16. Februar 2012 - 8  AZR 697/10  - Rn. 58 ; 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 45). Die Beweiswürdigung erfolgt nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO unter Zugrundelegung der Vorgaben von § 22 AGG(vgl. BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 32 ff. mwN).

28

bb) Sowohl die Würdigung der Tatsachengerichte, ob die von einem Bewerber/einer Bewerberin vorgetragenen und unstreitigen oder bewiesenen Haupt- und/oder Hilfstatsachen eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen, als auch deren Würdigung, ob die von dem Arbeitgeber seinerseits vorgebrachten Tatsachen den Schluss darauf zulassen, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligungen vorgelegen hat, sind nur eingeschränkt revisibel(vgl. etwa BAG 22. August 2013 - 8 AZR 563/12 - Rn. 49 mwN, 63). In beiden Fällen beschränkt sich die revisionsrechtliche Kontrolle darauf zu prüfen, ob das Landesarbeitsgericht sich den Vorgaben von § 286 Abs. 1 ZPO entsprechend mit dem Prozessstoff umfassend auseinandergesetzt hat, seine Würdigung also vollständig und des Weiteren rechtlich möglich und in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt(st. Rspr., vgl. BAG 23. Juli 2015 - 6 AZR 457/14 - Rn. 29; 18. September 2014 - 8 AZR 759/13 - Rn. 30; 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 42 mwN; 27. März 2014 - 6 AZR 989/12 - Rn. 37; 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 28; 22. August 2013 - 8 AZR 563/12 - Rn. 49; 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 34, BAGE 142, 158).

29

2. In Anwendung dieser Grundsätze ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts, der Kläger sei nicht wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes - hier: der Behinderung - benachteiligt worden, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Zwar hat der Kläger bereits dadurch eine ungünstigere Behandlung erfahren, dass er - anders als andere Bewerber - nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen und damit vorab aus dem Auswahlverfahren ausgeschieden wurde; auch liegen hinreichende Indizien vor, die eine Benachteiligung des Klägers wegen der Behinderung vermuten lassen. Das beklagte Land hat diese Vermutung jedoch - wie das Landesarbeitsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen hat - widerlegt und schuldet dem Kläger deshalb keine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG.

30

a) Es liegen zwar hinreichende Indizien vor, die eine Benachteiligung des Klägers wegen der Behinderung vermuten lassen.

31

aa) Die Vermutung, dass der Kläger wegen der Behinderung benachteiligt wurde, ist bereits deshalb begründet, weil das beklagte Land den Kläger entgegen der in § 82 Satz 2 SGB IX geregelten Verpflichtung nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen hat.

32

(1) Bewirbt sich ein schwerbehinderter Mensch bei einem öffentlichen Arbeitgeber um eine zu besetzende Stelle, so hat dieser ihn nach § 82 Satz 2 SGB IX zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Nach § 82 Satz 3 SGB IX ist eine Einladung nur entbehrlich, wenn dem schwerbehinderten Menschen die fachliche Eignung offensichtlich fehlt(zur Bedeutung näher BAG 12. September 2006 - 9 AZR 807/05 - Rn. 24 mwN, BAGE 119, 262). Damit muss der öffentliche Arbeitgeber einem sich bewerbenden schwerbehinderten Menschen die Chance eines Vorstellungsgesprächs auch dann gewähren, wenn dessen fachliche Eignung zwar zweifelhaft, aber nicht offensichtlich ausgeschlossen ist (BAG 12. September 2006 - 9 AZR 807/05 - aaO). Insoweit ist der schwerbehinderte Bewerber im Bewerbungsverfahren besser gestellt als nicht schwerbehinderte Konkurrenten.

33

Dem steht die Richtlinie 2000/78/EG auch dann nicht entgegen, wenn der andere Bewerber/die andere Bewerberin behindert iSv. § 2 Abs. 1 SGB IX ist. Zwar verlangt Art. 5 der Richtlinie 2000/78/EG von den Mitgliedstaaten, angemessene Vorkehrungen für Menschen mit Behinderung zu treffen, um den Zugang zur Beschäftigung zu gewährleisten; allerdings gestattet Art. 7 der Richtlinie positive Maßnahmen, die das Ziel haben, einer Eingliederung von Menschen mit Behinderung in die Arbeitswelt zu dienen oder diese Eingliederung zu fördern. Welche Maßnahmen und Vorkehrungen der Mitgliedstaat im Einzelnen zu treffen hat, ist dabei nicht vorgegeben (vgl. BAG 18. November 2008 - 9 AZR 643/07 - Rn. 48).

34

(2) Die Verletzung der in § 82 Satz 2 SGB IX geregelten Verpflichtung eines öffentlichen Arbeitgebers, eine/n schwerbehinderten Bewerber/in zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, begründet grundsätzlich die Vermutung einer Benachteiligung wegen der Behinderung. Diese Pflichtverletzung ist nämlich grundsätzlich geeignet, den Anschein zu erwecken, an der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen uninteressiert zu sein (vgl. BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 45 mwN).

35

(3) Das beklagte Land war nach § 82 Satz 2 SGB IX verpflichtet, den schwerbehinderten Kläger zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Von dieser Verpflichtung war es nicht nach § 82 Satz 3 SGB IX entbunden. Eine Einladung zum Vorstellungsgespräch war danach nicht entbehrlich. Dem Kläger fehlte - wie unter Rn. 22 ausgeführt - nicht offensichtlich die fachliche Eignung für die ausgeschriebene Stelle, sondern er war - im Gegenteil - überqualifiziert, verfügte also über eine Qualifikation, die für die ausgeschriebene Stelle mehr als ausreichend war.

36

bb) Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht ein weiteres Indiz für eine Benachteiligung des Klägers wegen der Behinderung darin gesehen, dass das beklagte Land die Schwerbehindertenvertretung entgegen den in § 81 Abs. 1 Satz 4, § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX getroffenen Bestimmungen nicht über die Bewerbung des Klägers unterrichtet hat.

37

(1) Das beklagte Land war nach § 81 Abs. 1 Satz 4, § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX verpflichtet, die Schwerbehindertenvertretung über die Bewerbung des Klägers zu unterrichten.

38

Nach § 81 Abs. 1 Satz 4 SGB IX hat der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung ua. über vorliegende Bewerbungen schwerbehinderter Menschen unmittelbar nach Eingang zu unterrichten. Nach § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX muss der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, unverzüglich und umfassend unterrichten. § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX ist eine Konkretisierung des in § 99 Abs. 1 SGB IX verankerten Grundsatzes der engen Zusammenarbeit von Arbeitgeber, Schwerbehindertenvertretung und Betriebs- oder Personalrat, der die Teilhabechancen schwerbehinderter Menschen sicherstellen soll. Die für die Eingliederung schwerbehinderter Menschen zuständige Schwerbehindertenvertretung (§ 95 Abs. 1 Satz 1 SGB IX) soll an der Willensbildung des Arbeitgebers mitwirken. Die Unterrichtungs- und Anhörungsrechte sollen es der Schwerbehindertenvertretung ermöglichen, auf eine sachdienliche Behandlung hinzuwirken, wenn die spezifischen Belange eines schwerbehinderten Menschen oder der schwerbehinderten Beschäftigten als Gruppe für die Entscheidung des Arbeitgebers erheblich sind. Dadurch sollen behinderungsbedingte Nachteile ausgeglichen und gleiche Teilhabechancen eröffnet werden (vgl. etwa BAG 22. August 2013 - 8 AZR 574/12 - Rn. 35; 17. August 2010 - 9 ABR 83/09 - Rn. 18, BAGE 135, 207).

39

Die aus § 81 Abs. 1 Satz 4, § 95 Abs. 2 SGB IX folgende Verpflichtung des beklagten Landes, die Schwerbehindertenvertretung über die Bewerbung des Klägers zu unterrichten, war entgegen der Ansicht des beklagten Landes nicht dadurch entfallen, dass dieses mit der Schwerbehindertenvertretung eine Vereinbarung getroffen hatte, wonach diese nur über die in die nähere Auswahl kommenden Bewerber informiert werden musste. Nur der schwerbehinderte Bewerber kann auf eine Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung verzichten, die Schwerbehindertenvertretung selbst hat demgegenüber keine Verzichtsmöglichkeit (BAG 22. August 2013 - 8 AZR 574/12 - Rn. 47). Dies folgt aus § 81 Abs. 1 Satz 10 SGB IX, wonach die Schwerbehindertenvertretung bei Bewerbungen schwerbehinderter Menschen nur dann nicht zu beteiligen ist, wenn der schwerbehinderte Mensch die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung ausdrücklich ablehnt.

40

(2) Unterlässt es der Arbeitgeber - wie hier - entgegen § 81 Abs. 1, § 95 Abs. 2 SGB IX, die Schwerbehindertenvertretung zu beteiligen, so ist dies nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ein Indiz iSd. § 22 AGG, das mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lässt, dass der schwerbehinderte Bewerber wegen der Behinderung benachteiligt wurde(vgl. etwa BAG 22. August 2013 - 8 AZR 574/12 - Rn. 35; 15. Februar 2005 - 9 AZR 635/03 - zu B IV 1 b bb (2) der Gründe, BAGE 113, 361).

41

b) Vorliegend kann dahinstehen, ob sich ein Indiz für eine Benachteiligung des Klägers wegen der Behinderung zudem daraus ergibt, dass das beklagte Land gegen die aus § 81 Abs. 1 Satz 2, § 82 Satz 1 SGB IX folgende Verpflichtung verstoßen hat, die zu besetzende Stelle der Bundesagentur für Arbeit zu melden. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, das beklagte Land habe die aus sämtlichen - dh. auch aus den zugunsten des Klägers unterstellten - Indizien folgende Vermutung der Kausalität der Behinderung für die Benachteiligung des Klägers widerlegt. Diese Würdigung des Landesarbeitsgerichts ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

42

aa) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen, insb. der vom beklagten Land zur Akte gereichten Bewerbermatrix und des Ergebnisses der Beweisaufnahme stehe fest, dass der Kläger ausschließlich aufgrund personalpolitischer Erwägungen, die zudem nicht seine fachliche Eignung beträfen, in dem Auswahlverfahren nicht berücksichtigt worden sei. Er sei - wie eine Reihe anderer Bewerber und Bewerberinnen mit Schwerbehinderung oder ohne Schwerbehinderung - ausschließlich wegen seines universitären Abschlusses nicht berücksichtigt worden. Ein universitärer Abschluss werde nur dann vorausgesetzt, wenn eine Stelle des „höheren Dienstes“ ausgeschrieben werde, nicht hingegen bei der Ausschreibung einer Stelle des „gehobenen Dienstes“. Der Kläger sei demnach für die für den gehobenen Dienst ausgeschriebene Stelle „überqualifiziert“ gewesen. Beim beklagten Land bestehe eine Praxis, wonach in diesem Sinne überqualifizierte Bewerber von vornherein von der Auswahl ausgeschlossen seien. Diese Praxis diene dazu, der Gefahr einer Frustration wegen mangelnder Auslastung bei dem Bewerber/der Bewerberin sowie der Gefahr von „Rangordnungskämpfen“ zwischen den Beschäftigten und einem besser qualifizierten „Neuen“ vorzubeugen. Zudem wirke sich aus, dass das beklagte Land zwei schwerbehinderte Bewerber mit einem GdB von 50 bzw. 70, die nicht über einen universitären Abschluss, sondern über einen Abschluss auf dem Niveau eines Fachhochschulstudiums verfügten, zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen habe.

43

bb) Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts lässt revisible Rechtsfehler nicht erkennen. Das Berufungsgericht hat sich mit dem Prozessstoff und dem Ergebnis der Beweisaufnahme umfassend auseinandergesetzt. Seine Beweiswürdigung ist vollständig, rechtlich möglich und in sich widerspruchsfrei und verstößt nicht gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze.

44

(1) Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers begegnet die Annahme des Landesarbeitsgerichts, dass die vom beklagten Land für die Herausnahme des Klägers aus dem weiteren Auswahlverfahren angeführten Gründe nicht die fachliche Eignung des Klägers betreffen, keinen rechtlichen Bedenken.

45

(a) Das Landesarbeitsgericht ist zunächst in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats zutreffend davon ausgegangen, dass es zur Widerlegung der auf den Verstoß gegen § 82 Satz 2 SGB IX gestützten Kausalitätsvermutung nicht ausgereicht hätte, wenn das beklagte Land Tatsachen vorgetragen und bewiesen hätte, aus denen sich ergab, dass ausschließlich andere Gründe als die Behinderung für die Benachteiligung des Klägers ausschlaggebend waren, sondern dass hinzukommen musste, dass diese Gründe nicht die fachliche Eignung des Klägers betrafen(vgl. etwa BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 188/12 - Rn. 42; 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 59). Diese zusätzliche Anforderung folgt aus der in § 82 Satz 3 SGB IX getroffenen Bestimmung, wonach eine Einladung des schwerbehinderten Bewerbers zu einem Vorstellungsgespräch nur dann entbehrlich ist, wenn dem Bewerber die fachliche Eignung offensichtlich fehlt. § 82 Satz 3 SGB IX enthält insoweit eine abschließende Regelung, die bewirkt, dass sich der (potentielle) Arbeitgeber zur Widerlegung der infolge der Verletzung des § 82 Satz 2 SGB IX vermuteten Kausalität nicht auf Umstände berufen kann, die die fachliche Eignung des Bewerbers berühren. Die Widerlegung dieser Vermutung setzt daher den Nachweis voraus, dass die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch aufgrund von Umständen unterblieben ist, die weder einen Bezug zur Behinderung aufweisen noch die fachliche Eignung des Bewerbers berühren. Diese Einschränkung gilt allerdings nur für den Bereich des öffentlichen Dienstes und nicht für private Arbeitgeber.

46

(b) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, dass die vom beklagten Land für die Herausnahme des Klägers aus dem Auswahlverfahren angeführten Gründe nicht die fachliche Eignung des Klägers betreffen, lässt revisible Rechtsfehler nicht erkennen.

47

Unter fachlicher Eignung ist die aufgrund einer Ausbildung oder aufgrund von Berufserfahrung erworbene Fähigkeit zu verstehen, die gestellten Aufgaben bewältigen zu können. Maßgeblich sind insoweit die Ausbildungs- oder Prüfungsvoraussetzungen für die zu besetzende Stelle, die durch die in der Stellenausschreibung geforderten Qualifikationsmerkmale konkretisiert werden (vgl. BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - Rn. 24, BAGE 131, 232; 12. September 2006 - 9 AZR 807/05 - Rn. 25, BAGE 119, 262). Diese Fähigkeit spricht das beklagte Land dem Kläger nicht ab. Es stellt nicht in Abrede, dass der Kläger aufgrund seiner Ausbildung in der Lage wäre, die im Rahmen der ausgeschriebenen Stelle zu erledigenden Aufgaben zu bewältigen. Das beklagte Land stützt seine Entscheidung, Bewerber mit einer bestimmten Qualifikation nicht zu berücksichtigen, vielmehr allein auf personalpolitische Gründe, die die fachliche Eignung der Bewerber/Bewerberinnen nicht betreffen. Zwar stellt es insoweit formal auf einen bestimmten Ausbildungsabschluss ab und macht geltend, der Kläger sei „überqualifiziert“, inhaltlich - und nur darauf und nicht auf die Bezeichnung kommt es an - betreffen die von ihm angeführten Erwägungen aber ausnahmslos Gründe der Personalpolitik, die die Mitarbeiterzufriedenheit und eine nachhaltige Personalplanung zum Ziel haben. Das beklagte Land befürchtet, „überqualifizierte“ Mitarbeiter könnten aufgrund der Wahrnehmung nicht ihrer Qualifikation entsprechender Aufgaben frustriert werden. Darüber hinaus geht es ihm darum, „Rangordnungskämpfe“ zwischen den formal unterschiedlich qualifizierten Mitarbeitern sowie eine Verdrängung der Bewerber „von oben nach unten“ bei der Besetzung von Beförderungsstellen zu vermeiden. Zudem verfolgt das beklagte Land das Ziel, Bewerber auszuwählen, die sich innerhalb einer Laufbahn fortentwickeln wollen und können und nicht von vornherein den Aufstieg in die höhere, ihrer formalen Qualifikation entsprechende Laufbahn anstreben.

48

(2) Das beklagte Land war auch nicht aus Rechtsgründen gehindert, sich zur Widerlegung der Vermutung der Kausalität der Behinderung des Klägers für dessen ungünstigere Behandlung auf die von ihm geltend gemachten personalpolitischen Erwägungen zu berufen. Insbesondere waren diese Erwägungen - entgegen der Rechtsauffassung des Klägers - nicht an den Vorgaben von Art. 33 Abs. 2 GG zu messen, wonach jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt hat und der öffentliche Arbeitgeber verpflichtet wird, jede Bewerbung nach diesen Kriterien zu beurteilen.

49

Zwar können für die Frage, mit welchen Tatsachen ein öffentlicher Arbeitgeber die Vermutung einer Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes widerlegen kann, grundsätzlich auch die Besonderheiten des Bewerbungsverfahrens für ein öffentliches Amt iSv. Art. 33 Abs. 2 GG von Bedeutung sein(vgl. etwa BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 188/12 - Rn. 42). Beruft sich der öffentliche Arbeitgeber aber - wie hier - zur Widerlegung der Kausalitätsvermutung, die auf Verstößen gegen Verfahrensvorschriften beruht, die zur Förderung der Chancen schwerbehinderter Menschen in konkreten Stellenbesetzungsverfahren geschaffen wurden, auf Gründe der Personalpolitik, die nicht an die Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG anknüpfen, muss er nicht darlegen und im Bestreitensfall beweisen, dass er den Grundsatz der Bestenauslese gewahrt hat. Jedenfalls in einem solchen Fall reicht es aus, wenn der öffentliche Arbeitgeber Tatsachen vorträgt und ggf. beweist, aus denen sich ergibt, dass es ausschließlich andere Gründe waren als die Behinderung, die zu der weniger günstigen Behandlung geführt haben, und in seinem Motivbündel weder die Behinderung als negatives noch die fehlende Behinderung als positives Kriterium enthalten war (vgl. etwa BAG 22. August 2013 - 8 AZR 563/12 - Rn. 64 f.). Des ungeachtet widerspricht es nicht Art. 33 Abs. 2 GG, wenn die öffentliche Verwaltung im Rahmen der ihr zustehenden Personal- und Organisationshoheit den Kreis der nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu vergleichenden Bewerber um ein öffentliches Amt aufgrund sachlicher Erwägungen einengt(BVerfG 11. November 1999 - 2 BvR 1992/99 - zu 2 der Gründe; vgl. BVerwG 21. Oktober 2010 - 1 WB 18/10 - Rn. 31, BVerwGE 138, 70). Solche Erwägungen liegen hier vor. Personalpolitische Erwägungen, die die Mitarbeiterzufriedenheit und eine nachhaltige Personalplanung zum Ziel haben, sind nicht sachwidrig.

50

Aus den Urteilen des Bundesarbeitsgerichts vom 16. September 2008 (- 9 AZR 791/07 - Rn. 30, BAGE 127, 367) sowie vom 12. September 2006 (- 9 AZR 807/05 - Rn. 29, BAGE 119, 262) folgt nichts Abweichendes. Diese Entscheidungen sind zum Benachteiligungsverbot des § 81 SGB IX in der bis zum 17. August 2006 geltenden Fassung (im Folgenden aF) ergangen. Danach trug der Arbeitgeber die Beweislast dafür, dass nicht auf die Behinderung bezogene, sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigten (§ 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 3 SGB IX aF). In § 81 Abs. 2 SGB IX in der ab dem 18. August 2006 geltenden Fassung heißt es demgegenüber, dass Arbeitgeber schwerbehinderte Beschäftigte nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligen dürfen und dass im Einzelnen hierzu die Regelungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes gelten. Danach kann der Arbeitgeber die Kausalitätsvermutung auch mit Gründen widerlegen, die die Benachteiligung nicht ohne Weiteres sachlich rechtfertigen (vgl. BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - Rn. 38, BAGE 131, 232).

51

(3) Das Landesarbeitsgericht durfte schließlich bei seiner Würdigung, ob das beklagte Land die Kausalitätsvermutung widerlegt hatte, auch den Umstand mitberücksichtigen, dass die beiden weiteren schwerbehinderten Bewerber, die nicht über einen universitären Abschluss verfügten, demnach nicht „überqualifiziert“ waren, zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden waren. Auch wenn dieser Umstand für sich genommen möglicherweise nicht ausreicht, die durch die Nichteinladung eines schwerbehinderten Bewerbers begründete Vermutung zu widerlegen (vgl. BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 188/12 - Rn. 46), spricht er jedenfalls gegen eine positive Berücksichtigung der fehlenden Behinderung anderer Bewerber (vgl. BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - Rn. 48, BAGE 131, 232).

52

C. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Schlewing    

        

    Winter    

        

    Vogelsang    

        

        

        

    R. Kandler    

        

    B. Wein    

                 

Leistungen zur Förderung der Verständigung werden erbracht, um Leistungsberechtigten mit Hör- und Sprachbehinderungen die Verständigung mit der Umwelt aus besonderem Anlass zu ermöglichen oder zu erleichtern. Die Leistungen umfassen insbesondere Hilfen durch Gebärdensprachdolmetscher und andere geeignete Kommunikationshilfen. § 17 Absatz 2 des Ersten Buches bleibt unberührt.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 24. Oktober 2012 - 9 Sa 214/12 - teilweise aufgehoben. Das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 20. Dezember 2011 - 14 Ca 4955/11 - wird teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Entschädigungsanspruch, den der Kläger aufgrund einer Benachteiligung wegen seiner Schwerbehinderteneigenschaft bei einem Bewerbungsverfahren geltend macht.

2

Der am 2. Januar 1959 geborene Kläger ist schwerbehinderter Mensch mit einem GdB 50. Nach vorausgegangener Banklehre hat er von 1982 bis 1989 ein Studium der Betriebswirtschaftslehre absolviert und als Diplom-Kaufmann abgeschlossen. Er hat diverse Fortbildungsmaßnahmen im Bereich Controlling und Rechnungswesen absolviert.

3

Mit E-Mail-Schreiben vom 16. Juni 2010 bewarb der Kläger sich auf die Stelle eines/einer „Projektkoordinators/in eines Programms zur Förderung von Frauen in der Qualifikationsphase“ im Prorektorat für Akademische Karriere, Diversität und Internationales. Der Bewerbung war ein 34-seitiges Anlagenkonvolut beigefügt, mit dem „auf Seite 29 der Schwerbehindertenausweis überreicht“ wurde. Die verantwortliche Mitarbeiterin entdeckte diesen Hinweis auf die Schwerbehinderung, unterrichtete die Schwerbehindertenvertretung und der Kläger wurde schließlich von der für das damalige Einstellungsverfahren zuständigen Stelle, der Prorektorin für Akademische Karriere, Diversität und Internationales zu einem Vorstellungsgespräch am 28. Juni 2010 eingeladen. Der Kläger erhielt unter dem 17. August 2010 eine Absage auf diese Bewerbung.

4

Mit Bewerbungsschluss am 26. Juli 2010 schrieb die Beklagte eine auf drei Jahre befristete Vollzeitstelle eines/r wissenschaftlichen Mitarbeiters/in am Staatswissenschaftlichen Seminar der Universität zu K, Stiftungsprofessur für Energiewirtschaft - Prof. Dr. B - aus, wobei Bewerbungen an diese Stiftungsprofessur des Staatswissenschaftlichen Seminars zu richten waren. Die Beklagte hatte diese Stelle am 12. Juli 2010 der Bundesagentur für Arbeit gemeldet. Unter dem 25. Juli 2010 bewarb sich der Kläger auch für diese Stelle. Weder das Bewerbungsanschreiben noch der Lebenslauf enthielten einen Hinweis auf die Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers. Der Bewerbung waren 29 Seiten Anlagen, im Wesentlichen chronologisch von 2009 bis 1978 geordnet, ohne Inhaltsverzeichnis beigefügt. Als Blatt 24 dieser Anlagen - eingefügt zwischen zwei Fotokopien von Dokumenten aus dem Jahr 1985 - befand sich eine Kopie der Vorderseite des Schwerbehindertenausweises des Klägers.

5

Die Beklagte bestätigte unter dem 26. Juli 2010 den Eingang der Bewerbung des Klägers. Sodann führte sie am 29. und 30. Juli 2010 Vorstellungsgespräche mit anderen Bewerbern durch, zu denen der Kläger nicht eingeladen wurde. Das Auswahlverfahren zu der ausgeschriebenen Stelle wurde nach Angaben der Beklagten in der ersten Augusthälfte beendet und die nicht berücksichtigten Bewerber erhielten Absagen. Der Kläger erhielt keine Absage.

6

Unter dem 1. Oktober 2010 bewarb sich der Kläger für eine dritte Stelle. Auch diese Bewerbung blieb erfolglos.

7

Wegen der Stelle am Staatswissenschaftlichen Seminar fragte der Kläger mit E-Mail vom 14. Dezember 2010 nach. Schließlich wurde ihm auf telefonische weitere Nachfrage am 24. Januar 2011 mitgeteilt, dass er bei der schon im August 2010 getroffenen Entscheidung keine Berücksichtigung gefunden habe.

8

Der Kläger machte mit Telefax vom 24. März 2011 einen Entschädigungsanspruch geltend und erhob mit Eingang bei Gericht am 24. Juni 2011 Entschädigungsklage.

9

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er sei wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt worden. Die Beklagte sei ihrer Verpflichtung nach § 82 Satz 2 SGB IX, ihn zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, nicht nachgekommen. Von seiner Schwerbehinderung habe er die Beklagte bei dieser Bewerbung ordnungsgemäß unterrichtet, da die Beklagte von seiner Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch Kenntnis hätte erlangen können, wenn sie seine Bewerbungsunterlagen vollständig zur Kenntnis genommen hätte. Eines Hinweises an exponierter Stelle bedürfe es nicht. Dies zeige die Beklagte selbst, da sie auf einen ähnlichen Hinweis bei seiner ersten Bewerbung mit der Einladung zu einem Vorstellungsgespräch reagiert habe. Seine Bewerbung sei ernsthaft.

10

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine Entschädigung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, die jedoch nicht unter 10.757,16 Euro liegen sollte, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22. April 2011 zu zahlen.

11

Ihren Antrag auf Klageabweisung hat die Beklagte damit begründet, dass sich der Kläger nicht ernsthaft auf die Stellen beworben habe. Der Hinweis auf seine Schwerbehinderung sei jeweils an versteckter Stelle erfolgt, nach den Absagen seien dann Entschädigungsklagen erhoben worden. Der Kläger sei gehalten gewesen, auf seine Schwerbehinderteneigenschaft im Bewerbungsanschreiben, jedenfalls aber an exponierter Stelle hinzuweisen.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage iHv. 1.000,00 Euro stattgegeben. Unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht auf die Anschlussberufung des Klägers die Entschädigungssumme um weitere 4.378,58 Euro erhöht. Mit der auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten durch Beschluss vom 22. August 2013 - 8 AZN 230/13 - vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel einer Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Revision ist begründet. Die Klage ist unbegründet. Die Beklagte hat bei der Besetzung der Stelle eines wissenschaftlichen Mitarbeiters am Staatswissenschaftlichen Seminar nicht gegen das Verbot verstoßen, einen schwerbehinderten Bewerber wegen seiner Behinderung zu benachteiligen (§ 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX, §§ 7, 1 AGG). Dem Kläger steht daher kein Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG iVm. § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX zu.

14

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

15

Der objektiv für die ausgeschriebene Stelle geeignete Kläger sei durch die Aussonderung vor der eigentlichen Auswahlentscheidung benachteiligt worden. Dies sei wegen seiner Behinderung geschehen. Denn die Beklagte habe ihn als schwerbehinderten Bewerber entgegen ihrer Verpflichtung als öffentliche Arbeitgeberin nach § 82 Satz 2 SGB IX nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen, was die Vermutung auslöse, die Benachteiligung stehe im ursächlichen Zusammenhang mit der Behinderung. Dem könne die Beklagte nicht entgegenhalten, die Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers nicht gekannt zu haben. Aufgrund der Bewerbungsunterlagen hätte sie sich Kenntnis von der Schwerbehinderung verschaffen können. Die Vorlage des gerade zum Nachweis im Rechtsverkehr ausgestellten Schwerbehindertenausweises genüge. Dies bestätige das eigene Verhalten der Beklagten im Zusammenhang mit der ersten Bewerbung, bei der eine Einladung zum Vorstellungsgespräch erfolgt sei. Aus der damals erfolgten Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung gehe hervor, dass im ersten Bewerbungsverfahren die Beklagte in der Lage gewesen sei, den Hinweis des Klägers aufzunehmen. Als Entschädigung sei die Hälfte des vom Kläger begehrten Entschädigungsbetrages, also 11/2 Bruttomonatsgehälter, angemessen.

16

B. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

17

I. Der persönliche Anwendungsbereich des AGG ist eröffnet. Als Bewerber ist der Kläger „Beschäftigter“ nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG. Da die Beklagte um Bewerbungen für das von ihr angestrebte Beschäftigungsverhältnis nachgesucht hat, ist sie Arbeitgeberin iSd. § 6 Abs. 2 Satz 1 AGG(BAG 23. Januar 2014 - 8 AZR 118/13 - Rn. 17; 21. Juni 2012 - 8 AZR 188/11 - Rn. 18, BAGE 142, 143; 19. August 2010 - 8 AZR 370/09 - Rn. 23).

18

II. Seinen auf die Benachteiligung wegen Schwerbehinderung gestützten Entschädigungsanspruch hat der Kläger innerhalb der Fristen der § 15 Abs. 4 AGG, § 61b Abs. 1 ArbGG geltend gemacht.

19

1. Nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG muss ein Anspruch nach Abs. 1 oder Abs. 2 des § 15 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden. Im Falle einer Bewerbung beginnt die Frist grundsätzlich mit dem Zugang der Ablehnung (§ 15 Abs. 4 Satz 2 AGG)zu laufen, nicht jedoch vor dem Zeitpunkt, in dem der Bewerber von seiner Benachteiligung Kenntnis erlangt (vgl. BAG 15. März 2012 - 8 AZR 37/11 - Rn. 55, BAGE 141, 48 = AP AGG § 15 Nr. 11). Dabei genügt eine telefonische Benachrichtigung, soweit sie hinreichend klar und individualisiert ist (vgl. v. Roetteken AGG Stand Juli 2014 § 15 Rn. 89 f.).

20

Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat der Kläger in dem Telefonat vom 24. Januar 2011 erfahren, dass seine Bewerbung schon im August 2010 abgelehnt wurde. Mit der Revision hat die Beklagte diese Feststellung nicht, auch nicht mit einer zulässigen Verfahrensrüge angegriffen. Der Eingang des Geltendmachungsschreibens des Klägers am 24. März 2011 bei der Beklagten ist unstreitig.

21

Soweit die Beklagte „mit Nichtwissen bestritten“ hat, dass dem Kläger ihr Absageschreiben nicht schon im August 2010 zugegangen sei, hat sie daran im Berufungsrechtszug nicht festgehalten. Im Übrigen war ein solches Bestreiten mit Nichtwissen unzulässig, weil die Darlegungs- und Beweislast für einen früheren Zugang der Absage bei der Beklagten selbst liegt. Dass die Beklagte nicht für einen Zustellungsnachweis der Absage gesorgt hat, bedeutet nicht, dass sie über den früheren Zugang einer Absage nicht auch hätte Kenntnis haben können.

22

2. Die am 24. Juni 2011 bei dem Arbeitsgericht Köln eingegangene Klage wahrte die Drei-Monats-Frist nach § 61b Abs. 1 ArbGG. Die Zustellung an die Beklagte erfolgte am 4. Juli 2011, also „demnächst“ iSv. § 167 ZPO.

23

III. Die Beklagte hat den Kläger unmittelbar benachteiligt. Eine solche Benachteiligung liegt nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG vor, wenn eine Person eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Der Kläger erfuhr eine weniger günstige Behandlung als der tatsächlich eingestellte, erfolgreiche Bewerber. Ein Nachteil im Rahmen einer Auswahlentscheidung, insbesondere bei einer Einstellung oder Beförderung, liegt bereits dann vor, wenn der Bewerber oder Beschäftigte - wie hier der Kläger - nicht in die (End-)Auswahl einbezogen, sondern vorab ausgenommen und vorzeitig aus dem Bewerbungsverfahren ausgeschlossen wird. Hier liegt die Benachteiligung in der Versagung einer Chance (BAG 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 22; 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 -; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 24; 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 29).

24

IV. Der Kläger befand sich mit dem letztlich ausgewählten Bewerber in einer vergleichbaren Situation (§ 3 Abs. 1 Satz 1 AGG). Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte in Abrede gestellt hätte, dass der Kläger objektiv für die ausgeschriebene Stelle geeignet war. Die entsprechende Würdigung im Berufungsurteil (dort unter II 1 c bb der Gründe) hat die Revision nicht angegriffen.

25

V. Die Beklagte behandelte den Kläger aber nicht „wegen“ seiner Behinderung weniger günstig. Es fehlt an dem erforderlichen Kausalzusammenhang zwischen der ihn benachteiligenden Handlung - Ablehnung - und dem Merkmal der Behinderung.

26

1. Voraussetzung des Entschädigungsanspruchs nach § 15 Abs. 2 AGG ist ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG(zur Bezugnahme auf die Voraussetzungen in § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG - ohne die des Verschuldens nach § 15 Abs. 1 Satz 2 AGG -: vgl. BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 24; 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 30; 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 25; BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16.10 - Rn. 14, BVerwGE 139, 135). Nach näherer Maßgabe des AGG sind Benachteiligungen aus einem in § 1 AGG genannten Grund, hier also wegen einer Behinderung, in Bezug auf die Bedingungen für den Zugang zu unselbstständiger Erwerbstätigkeit, einschließlich der Auswahlkriterien und der Einstellungsbedingungen, unabhängig vom Tätigkeitsfeld und von der beruflichen Position unzulässig(§ 2 Abs. 1 Nr. 1 AGG). Eine verbotene (§ 7 AGG) unmittelbare Benachteiligung liegt nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

27

2. Der Kausalzusammenhang zwischen benachteiligender Behandlung und dem Merkmal der Behinderung ist bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an die Behinderung anknüpft oder durch diese motiviert ist. Dabei ist es nicht erforderlich, dass der betreffende Grund - die Behinderung - das ausschließliche Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist. Ausreichend ist vielmehr, dass das „verpönte Merkmal“ Bestandteil eines Motivbündels ist, welches die Entscheidung beeinflusst hat (st. Rspr., BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 32, BAGE 142, 158; 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 42, AP AGG § 22 Nr. 4). Auf ein schuldhaftes Handeln oder gar eine Benachteiligungsabsicht kommt es - wie erwähnt - nicht an (BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - aaO). Die Behinderung muss mithin nicht - gewissermaßen als vorherrschender Beweggrund, Hauptmotiv oder „Triebfeder“ des Verhaltens - handlungsleitend oder bewusstseinsdominant gewesen sein; eine bloße Mitursächlichkeit genügt.

28

3. Hinsichtlich des Ursachenzusammenhangs zwischen Nachteil und verpöntem Merkmal ist in § 22 AGG eine Beweislastregelung getroffen, die sich zugleich auf die Darlegungslast auswirkt. Ein erfolgloser Bewerber genügt danach seiner Darlegungslast, wenn er Indizien vorträgt, die seine Benachteiligung wegen eines unzulässigen Merkmals vermuten lassen. Dies ist dann der Fall, wenn die vorgetragenen Tatsachen - aus objektiver Sicht und mit überwiegender Wahrscheinlichkeit - darauf schließen lassen, dass die Benachteiligung zumindest auch wegen jenes Merkmals erfolgt ist. Denn durch die Verwendung der Begriffe „Indizien“ und „vermuten“ bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass es hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen einem der in § 1 AGG genannten Gründe und einer ungünstigeren Behandlung genügt, Hilfstatsachen vorzutragen, die zwar nicht zwingend den Schluss auf die Kausalität zulassen, die aber gleichwohl die Annahme rechtfertigen, dass die Kausalität gegeben ist(BAG 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 32, AP AGG § 3 Nr. 9; 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - Rn. 29, AP AGG § 22 Nr. 3).

29

Besteht eine derartige Vermutung für die Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, trägt nach § 22 AGG die andere Partei die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

30

4. Die Würdigung der Tatsachengerichte, ob die von einem Bewerber vorgetragenen und unstreitigen oder bewiesenen (Hilfs-)Tatsachen eine Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten lassen, ist nur beschränkt revisibel. Die nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewonnene Überzeugung bzw. Nichtüberzeugung von einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit für die Kausalität zwischen einem verpönten Merkmal und einem Nachteil kann revisionsrechtlich nur darauf überprüft werden, ob sie möglich und in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 34, BAGE 142, 158; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 36).

31

5. § 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG verbietet eine Benachteiligung wegen einer Behinderung. Damit sind jedenfalls alle iSv. § 2 Abs. 1 SGB IX behinderten Menschen vor einer Ungleichbehandlung aufgrund dieses Merkmals geschützt. Seit dem Inkrafttreten des AGG können sich behinderte Menschen, die nicht iSv. § 2 Abs. 2 SGB IX als schwerbehinderte Menschen anerkannt sind oder die nicht iSv. § 2 Abs. 3 SGB IX diesen gleichgestellt wurden, nicht auf die Verletzung von Verfahrensvorschriften, etwa der §§ 81, 82 SGB IX als Vermutungstatsachen iSd. § 22 AGG berufen, weil diese nur für schwerbehinderte oder diesen gleichgestellte behinderte Menschen gelten(§ 68 Abs. 1 SGB IX; vgl. BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - Rn. 32; Beyer jurisPR-ArbR 35/2011 Anm. 2).

32

a) Rechtsfehlerfrei ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, dass für die Mitteilung der Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch eines Bewerbers an sich die „Vorlage“ des Schwerbehindertenausweises ausreichend ist.

33

Zwar hat der Kläger nicht „seinen Schwerbehindertenausweis vorgelegt“, sondern unter seine Bewerbungsunterlagen nur die Kopie der Vorderseite seines Schwerbehindertenausweises gemischt, aus der sein GdB nicht hervorgeht. Nach der Ausweisverordnung Schwerbehindertengesetz (SchwbAwV vom 25. Juli 1991, BGBl. I S. 1739, 1743), die für die Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises, wie ihn der Kläger hat, noch maßgeblich ist, ist gemäß dem Muster 1 zu § 1 SchwbAwV der GdB auf der Rückseite des Ausweises anzugeben. Nach § 69 Abs. 5 Satz 1 SGB IX wird aber ein Schwerbehindertenausweis nur ausgestellt, wenn die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch festgestellt oder aber, bei einem geringeren Grad der Behinderung, eine Gleichstellung erfolgt ist, § 68 Abs. 1 SGB IX iVm. § 2 Abs. 2 und Abs. 3 SGB IX. Mit anderen Worten: Zeigt der Bewerber an, dass er im Besitz eines Schwerbehindertenausweises ist, indem er seine Inhaberschaft nachweist, so genügt die Kopie der Ausweisvorderseite, um die Anwendungspflicht der besonderen Regelungen zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen auszulösen (Teil 2 des SGB IX, §§ 68 ff. SGB IX). Erfolgt allerdings der Nachweis des Besitzes eines Schwerbehindertenausweises nicht, wozu keine Pflicht besteht (BAG 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 40), so muss die Schwerbehinderung mit dem Grad der Behinderung und, bei einem geringeren Grad als 50, auch die erfolgte Gleichstellung mitgeteilt werden (BAG 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 30), um den Schutz der §§ 68 ff. SGB IX zu erlangen.

34

b) Jedoch stellte die Übermittlung einer Kopie des Schwerbehindertenausweises als Blatt 24 der Anlage zur Bewerbung keine ordnungsgemäße Mitteilung der Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers dar.

35

Will ein Bewerber seine Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch bei der Behandlung seiner Bewerbung berücksichtigt wissen, so hat er den Arbeitgeber über seine Schwerbehinderteneigenschaft regelmäßig im Bewerbungsschreiben selbst unter Angabe des GdB, ggf. einer Gleichstellung zu informieren. Jedenfalls ist der Arbeitgeber gehalten, bei jeder Bewerbung das eigentliche Bewerbungsschreiben zur Kenntnis zu nehmen (vgl. BAG 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - Rn. 39, BAGE 127, 367). Auch auf eine Behinderung iSd. § 2 Abs. 1 SGB IX, die berücksichtigt werden soll, aber keine Schwerbehinderung iSd. § 2 Abs. 2 SGB IX darstellt und für die auch keine Gleichstellung nach § 2 Abs. 3 SGB IX erfolgt ist, ist im Bewerbungsschreiben mit weiteren Angaben zur Art der Behinderung hinzuweisen.

36

Möglich ist auch eine Information im Lebenslauf. Dies hat jedoch an hervorgehobener Stelle und deutlich, etwa durch eine besondere Überschrift, zu geschehen.

37

Im Falle einer Behinderung oder Schwerbehinderung wird ein Bewerbermerkmal mitgeteilt, über das nicht jede Bewerberin/jeder Bewerber verfügt. Durch den Hinweis sollen besondere Förderpflichten des Arbeitgebers ausgelöst werden. Wegen der Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme auf die Interessen und Rechte des Vertragspartners (§ 241 Abs. 2 BGB iVm. § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB)ist auch bei einer Bewerbung der Arbeitgeber über die besondere Situation des Bewerbers klar und eindeutig zu informieren. Daher sind „eingestreute“ oder unauffällige Informationen, indirekte Hinweise in beigefügten amtlichen Dokumenten, eine in den weiteren Bewerbungsunterlagen befindliche Kopie des Schwerbehindertenausweises etc. keine ordnungsgemäße Information des angestrebten Vertragspartners (BAG 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 30).

38

Diesen Anforderungen entsprach die Mitteilung des Klägers über seine Schwerbehinderteneigenschaft bei seiner Bewerbung vom 25. Juli 2010 nicht. Er hat weder im Bewerbungsschreiben noch im Lebenslauf an hervorgehobener Stelle auf seine Schwerbehinderteneigenschaft hingewiesen. Die von ihm in die weiteren Bewerbungsunterlagen eingefügte Kopie seines Schwerbehindertenausweises stellte gerade keine ordnungsgemäße Information der Beklagten als des angestrebten Vertragspartners dar.

39

6. Der Beklagten war die Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers auch nicht nachweislich schon bekannt.

40

a) Bei einer Außenbewerbung wird der Beschäftigtenstatus iSd. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG nur durch die jeweilige Bewerbung im Einzelfall erworben. Daher ist die Eigenschaft als behinderter oder schwerbehinderter Mensch bei jeder Bewerbung aufs Neue klar und eindeutig mitzuteilen. Zudem liegt es in der Entscheidung des Bewerbers, ob er seine Behinderung oder Schwerbehinderung vom Arbeitgeber bei der Behandlung der konkreten Bewerbung berücksichtigt haben will oder nicht. Eine Pflicht zur Offenbarung der Schwerbehinderung schon bei einer Bewerbung besteht grundsätzlich nicht, ebenso wenig wie ein grundsätzliches Fragerecht des Arbeitgebers (vgl. BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 53; 16. Februar 2012 - 6 AZR 553/10 - BAGE 141, 1). Zudem ist der Arbeitgeber nicht nur nicht verpflichtet, sondern es ist ihm regelmäßig datenschutzrechtlich untersagt, personenbezogene Daten erfolgloser Bewerber, erst recht sensible Daten wie die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch nach Abschluss einer Bewerbung zu speichern oder sie während der Bewerbung oder nach deren Abschluss weiterzuverwenden oder zu verbreiten, auch nicht innerhalb des eigenen Unternehmens an andere personalentscheidungsberechtigte Stellen. Kenntnisse zur Person, die nur aufgrund einer Bewerbung beim Arbeitgeber entstehen, darf dieser grundsätzlich nicht außerhalb der Bearbeitung dieser Bewerbung verwenden.

41

Darüber hinaus kann ein Arbeitgeber nicht wissen, ob eine anlässlich einer früheren Bewerbung mitgeteilte Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch noch vorliegt. Dies gilt auch im Fall einer nicht befristeten Feststellung der Schwerbehinderung oder der Ausstellung eines unbefristet gültigen Schwerbehindertenausweises. Denn die Anwendung der besonderen Regelungen des SGB IX zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen wird beendet, wenn die Voraussetzungen nach § 2 Abs. 2 SGB IX wegfallen, also wenn der Grad der Behinderung sich auf weniger als 50 verringert oder wenn die Gleichstellung widerrufen oder zurückgenommen wird, § 116 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 SGB IX. Das Gebot der Rechtsklarheit und -sicherheit verbietet zudem eine Differenzierung nach dem Zeitablauf zwischen mehreren Bewerbungen oder nach der Größe des Arbeitgebers. Auch auf eine etwaige Kenntnis der Schwerbehindertenvertretung des Arbeitgebers von der Schwerbehinderteneigenschaft eines Bewerbers kann es nicht ankommen. Kenntnisse der Schwerbehindertenvertretung sind keine des oder der Arbeitgebers/in, weil die Vertrauensperson der Schwerbehinderten gegenüber dem Arbeitgeber die gleiche persönliche Rechtsstellung wie ein Mitglied der betrieblichen Interessenvertretung besitzt, § 96 Abs. 3 Satz 1 SGB IX(BAG 21. Februar 2013 - 8 AZR 180/12 - Rn. 50, BAGE 144, 275).

42

Anderes kann nur dann gelten, wenn dem Arbeitgeber außerhalb des Bewerbungsverhältnisses die Schwerbehinderteneigenschaft positiv bekannt ist, was regelmäßig bei der Innenbewerbung eines schwerbehinderten Mitarbeiters der Fall sein wird. Ebenso kann, etwa bei einem Vorstellungsgespräch, eine Behinderung iSd. § 2 Abs. 1 SGB IX offenkundig werden, zB bei einem auf den Rollstuhl angewiesenen Bewerber. Um die besonderen Regelungen zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen nach Teil 2 des SGB IX zur Anwendung kommen zu lassen, ist jedoch die Feststellung nach § 69 iVm. § 68 Abs. 1 SGB IX nachzuweisen.

43

b) Danach kann sich der Kläger, der eine Entschädigung wegen Benachteiligung bei seiner Bewerbung vom 25. Juli 2010 geltend macht, nicht darauf berufen, die Beklagte habe um seine Schwerbehinderteneigenschaft aufgrund seiner vorausgegangenen Bewerbung vom 16. Juni 2010 gewusst, in deren Bearbeitung damals eine Schwerbehindertenvertretung bei der Beklagten eingeschaltet worden war. Es lag in der Entscheidungsmacht des Klägers, ob er bei seiner jeweiligen Bewerbung die festgestellte Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch berücksichtigt wissen wollte. Ebenso lag es in seiner Entscheidung, ggf. darüber klar und eindeutig Mitteilung zu machen. Dies hat der Kläger bei dieser Bewerbung versäumt. Wenn eine Bereichsverwaltung der Beklagten gleichwohl aufgrund besonderer Aufmerksamkeit bei der ersten Bewerbung eine Schwerbehindertenvertretung eingeschaltet hatte, kann der Kläger hieraus keine rechtlichen Folgen für die Behandlung seiner zweiten Bewerbung ableiten.

44

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

        

    Hauck    

        

    Breinlinger    

        

    Winter    

        

        

        

    Burr    

        

    Bloesinger    

                 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 22. Mai 2012 - 19 Sa 1658/11 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten noch über einen Entschädigungsanspruch des Klägers, der sich wegen seiner Behinderung benachteiligt sieht.

2

Der 1953 geborene Kläger ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 60. Er ist ausgebildeter Opernsänger, hat langjährige Berufserfahrung und war zuletzt von Herbst 1991 bis zum Frühjahr 2009 Erster Tenor im Chor der B.

3

Im Juni 2010 wurde für das Theater der beklagten Stadt die Stelle als Erster Tenor im Chor der Oper ausgeschrieben. Die Stelle wurde nach der Gagenklasse 1a mit einem Monatsgehalt iHv. 2.603,00 Euro brutto vergütet. Der Kläger erhielt auf diese Stelle einen Hinweis der Zentralen Künstlervermittlung (ZKV) Hamburg der Bundesagentur für Arbeit, die von der Beklagten über die freie Stelle informiert worden war. Unter dem 7. Juni 2010 bewarb sich der Kläger umgehend per E-Mail auf diese Stelle. Die das Bewerbungsschreiben darstellende E-Mail enthielt keinen Hinweis auf die Schwerbehinderung des Klägers. Beigefügt waren dieser E-Mail drei Dateien, nämlich „Publicity-Fra“, „Chorpartien“ und „Lebenslauf F“. Letztere Datei ist in acht Unterpunkte gegliedert, nämlich: „Persönliche Informationen“ (vier Unterpunkte), „angestrebte Tätigkeit“ (zwei Unterpunkte), „Ausbildung - akademische Grade“ (sieben Unterpunkte), „Sprachkenntnisse“ (fünf Unterpunkte), „Zusatzausbildungen“ (Hinweis auf mindestens neun Meisterkurse), „Berufserfahrung“ (20 Unterpunkte), „spezielle Qualifikationen“ und „Hobbies“ (fünf Unterpunkte). Der Gliederungspunkt „spezielle Qualifikationen“ auf S. 2 unten des Lebenslaufs hat dabei folgendes Erscheinungsbild:

SPEZIELLE QUALIFIKATIONEN

• fundierte Softwarekenntnisse:

• PC Microsoft XP, Office-Paket (Word, Excel, Powerpoint), Adobe Photoshop Version 8, Corel Draw, Soundforge, WaveLab

• sonstige Qualifikationen:

• Diverse Tätigkeiten im Bereich Theatermanagement sowie im Bühnentechnischen Bereich

Schwerbehindert nach SGB IX-GDB 60“

4

Die Ausschreibung löste elf Bewerbungen aus, acht Bewerber, darunter der Kläger, wurden zum Vorsingen eingeladen. Beim Termin zum Vorsingen am 18. Juni 2010 wies der Kläger auf seine Schwerbehinderung nicht hin. Die Beklagte handelte im weiteren Verlauf in Unkenntnis der Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers. Auf wiederholtes Nachfragen gab er sein Lebensalter an.

5

In der zweiten Julihälfte 2010 telefonierte der Kläger mit dem Chordirektor des Theaters Bi. Der Gesprächsinhalt ist strittig. Sodann verlangte der Kläger unter dem 8. Oktober 2010 durch Schreiben seiner Gewerkschaft von der Beklagten Auskunft über das Schicksal seiner Bewerbung. Diese teilte ihm unter dem 19. Oktober 2010 schriftlich mit, dass er unberücksichtigt geblieben sei und begründete dies.

6

Mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 16. Dezember 2010 machte der Kläger ua. einen Entschädigungsanspruch iHv. drei Monatsgehältern geltend. Diesen verfolgte er mit seiner am 14. März 2011 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage weiter.

7

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass er eine Entschädigung beanspruchen könne, weil er wegen seiner Schwerbehinderung und seines Alters benachteiligt worden sei. Trotz seines ausdrücklichen Hinweises auf die Schwerbehinderung bei seiner Bewerbung habe die Beklagte wesentliche Verpflichtungen nach § 81 Abs. 1 SGB IX nicht erfüllt. So seien ihm nicht unverzüglich nach § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX die Ablehnungsgründe mitgeteilt worden. Dies indiziere nach § 22 AGG die Vermutung einer Benachteiligung wegen seiner Schwerbehinderung.

8

Soweit für die Revision von Bedeutung, hat der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 7.809,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20. März 2011 zu zahlen.

9

Ihren Antrag auf Klageabweisung hat die Beklagte damit begründet, dass der Kläger schon nicht ausreichend und ordnungsgemäß bei seiner Bewerbung auf die Schwerbehinderung hingewiesen habe. Einen entsprechenden Hinweis habe der Kläger bewusst an ganz ungewöhnlicher Stelle versteckt, weswegen ihn die Beklagte nicht zur Kenntnis habe nehmen können. Der Kläger sei auch bei fünf anderen Theatern in gleicher Weise vorgegangen. Für die Einladung des Klägers wie für die Auswahlentscheidung selbst seien - in Unkenntnis der Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers - ausschließlich künstlerische Gesichtspunkte maßgeblich gewesen. Dem Chorvorstand seien die persönlichen Daten der Bewerber ohnehin nicht mitgeteilt worden.

10

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers blieb vor dem Landesarbeitsgericht ohne Erfolg. Mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Entschädigungsanspruch weiter.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision ist unbegründet, da die Klage unbegründet ist. Das Landesarbeitsgericht hat ohne Rechtsfehler einen Anspruch des Klägers nach § 15 Abs. 2 AGG auf Entschädigung abgelehnt, weil der Kläger nicht wegen seiner Behinderung benachteiligt worden ist.

12

A. Hinsichtlich des in der Revisionsinstanz allein noch umstrittenen Entschädigungsanspruchs hat das Landesarbeitsgericht seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Der zwischen den Parteien umstrittene Inhalt des Telefonats im Juli 2010 könne dahinstehen, da dem Kläger auch im Falle einer rechtzeitigen Geltendmachung ein Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG nicht zustehe. Der Kläger habe den erforderlichen Kausalzusammenhang zwischen der weniger günstigen Behandlung seiner Bewerbung und seiner Behinderung nicht dargelegt. Soweit die Beklagte besondere Förderungspflichten nach § 81 Abs. 1 SGB IX gegenüber schwerbehinderten Menschen nicht erfüllt haben sollte, indiziere dies nicht die Benachteiligung des Klägers wegen seiner Behinderung. Denn diese habe er bei seiner Bewerbung nicht ordnungsgemäß mitgeteilt. Die Beklagte habe daher die Tatsache, dass der Kläger behinderter Mensch sei, weder gekannt noch habe sie sie kennen müssen. Daher habe die Schwerbehinderung des Klägers nicht ursächlich für das Verhalten der Beklagten sein können. Wegen einer daneben womöglich noch erfolgten Benachteiligung wegen des Alters habe der Kläger jedenfalls die Klagefrist nach § 61b Abs. 1 ArbGG nicht eingehalten. Eine Benachteiligung wegen dieses Merkmals habe er klageweise erst mit einem Schriftsatz vom 12. Juli 2011 beim Arbeitsgericht geltend gemacht.

13

B. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Für eine Diskriminierung wegen seiner Schwerbehinderung hat der Kläger den erforderlichen Kausalzusammenhang nicht dargelegt. Daher hat die Beklagte bei der Besetzung der Stelle als Erster Tenor des Opernchores nicht gegen das Verbot verstoßen, einen schwerbehinderten Bewerber wegen seiner Behinderung zu benachteiligen (§ 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX, §§ 7, 1 AGG). Ein Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG iVm. § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX steht dem Kläger nicht zu.

14

I. Der persönliche Anwendungsbereich des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes ist eröffnet. Als Bewerber ist der Kläger „Beschäftigter“ iSd. AGG (§ 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG). Die Beklagte hat um Bewerbungen für ein von ihr angestrebtes Beschäftigungsverhältnis nachgesucht, ist also nach § 6 Abs. 2 Satz 1 AGG Arbeitgeberin im Sinne des Gesetzes(vgl. BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 188/11 - Rn. 18, AP AGG § 15 Nr. 12 = EzA AGG § 15 Nr. 20; 19. August 2010 - 8 AZR 370/09 - Rn. 23, AP SGB IX § 81 Nr. 19 = EzA AGG § 15 Nr. 11).

15

II. Das Landesarbeitsgericht konnte es dahinstehen lassen, ob der Kläger seinen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG rechtzeitig geltend gemacht hat. Einen etwaigen Entschädigungsanspruch wegen Altersdiskriminierung hat er jedenfalls nicht binnen der Frist des § 61b ArbGG eingeklagt.

16

1. Bereits nach dem Gesetzeswortlaut des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG muss auch der Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung mit dem Zugang der Ablehnung (§ 15 Abs. 4 Satz 2 AGG), nicht jedoch vor dem Zeitpunkt, in dem der Bewerber von seiner Benachteiligung Kenntnis erlangt (vgl. BAG 15. März 2012 - 8 AZR 37/11 - Rn. 55, BAGE 141, 48 = AP AGG § 15 Nr. 11 = EzA AGG § 15 Nr. 18). Innerhalb von drei Monaten nach der schriftlichen Geltendmachung des Anspruchs muss eine Klage auf Entschädigung nach § 15 AGG erhoben werden(§ 61b Abs. 1 ArbGG). Es handelt sich in beiden Fällen um materiell-rechtliche Ausschlussfristen, der Anspruch verfällt also, wenn die Fristen nicht eingehalten worden sind (vgl. BAG 24. September 2009 - 8 AZR 705/08 -; ErfK/Koch 13. Aufl. § 61b ArbGG Rn. 2).

17

2. Schriftlich geltend gemacht hat der Kläger einen Entschädigungsanspruch wegen der aus seiner Sicht vorliegenden Benachteiligung aufgrund seiner Behinderung und wegen seines Alters mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 16. Dezember 2010. Die Entschädigungsklage wegen einer Diskriminierung als behinderter Mensch hat er am 14. März 2011 beim Arbeitsgericht eingereicht, ohne jedoch dabei auch klageweise geltend zu machen, eine Entschädigung stehe ihm auch zu, da er wegen seines Alters benachteiligt worden sei. Daher hat der Kläger jedenfalls hinsichtlich einer Altersdiskriminierung die Frist zur Klageerhebung nach § 61b Abs. 1 ArbGG nicht gewahrt.

18

Die Frist zur schriftlichen Geltendmachung nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG wurde von ihm nur dann eingehalten, wenn er erstmalig durch das Schreiben der Beklagten vom 19. Oktober 2010 mitgeteilt bekommen hatte, dass er nicht ausgewählt worden sei und aus welchem Grund diese Entscheidung so getroffen worden war. Insoweit ist zwischen den Parteien strittig, ob die Beklagte in dem Telefonat während der zweiten Julihälfte 2010 durch den Chordirektor die ablehnende Entscheidung und die Begründung dafür mitgeteilt hat. Da es sich bei der Frist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG um eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist handelt, deren Versäumung zur Unbegründetheit der Klage führt, konnte das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei von einer Beweisaufnahme zu dieser zwischen den Parteien strittigen Frage absehen. Darauf kommt es nicht an, wenn die Klage schon aus anderen Gründen materiell keinen Erfolg haben kann.

19

III. Mit der Ablehnung seiner Bewerbung hat der Kläger eine weniger günstige Behandlung erfahren als der letztlich ausgewählte erfolgreiche Bewerber. In Betracht kommt daher eine unmittelbare Benachteiligung iSd. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG, wenn diese Behandlung wegen der Behinderung aus einem der in § 1 AGG genannten Gründe erfolgte. Dass sich der Kläger im Verhältnis zum tatsächlich eingestellten, erfolgreichen Bewerber in einer „vergleichbaren Situation“ befand, hat das Landesarbeitsgericht unterstellt, kann aber auch aufgrund des unstreitigen Sachverhaltes vom Senat festgestellt werden.

20

1. Das Vorliegen einer vergleichbaren Situation setzt zunächst voraus, dass der Kläger objektiv für die ausgeschriebene Stelle geeignet war, denn vergleichbar (nicht: gleich) ist die Auswahlsituation nur für Arbeitnehmer, die gleichermaßen die objektive Eignung für die zu besetzende Stelle aufweisen (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 35, AP AGG § 22 Nr. 4 = EzA AGG § 15 Nr. 17; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 26, AP AGG § 15 Nr. 9 = EzA AGG § 15 Nr. 16; 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - Rn. 37, AP AGG § 15 Nr. 6 = EzA AGG § 15 Nr. 13). Für das Vorliegen einer Benachteiligung ist es nämlich erforderlich, dass eine Person, die an sich für die Tätigkeit geeignet wäre, nicht ausgewählt oder schon nicht in Betracht gezogen wurde. Könnte auch ein objektiv ungeeigneter Bewerber immaterielle Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG verlangen, stünde dies nicht im Einklang mit dem Schutzzweck des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes. Jenes Gesetz will vor ungerechtfertigter Benachteiligung schützen, nicht eine unredliche Gesinnung des (potentiellen) Arbeitgebers sanktionieren. Die objektive Eignung ist somit keine ungeschriebene Voraussetzung der Bewerbereigenschaft, sondern Kriterium der „vergleichbaren Situation“ iSd. § 3 Abs. 1 AGG(BAG 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 26, AP AGG § 3 Nr. 9 = EzA AGG § 7 Nr. 2; 19. August 2010 - 8 AZR 466/09 - Rn. 35, AP AGG § 3 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 12).

21

Für die Beurteilung der objektiven Eignung ist nicht nur auf das formelle und bekannt gegebene Anforderungsprofil, das der Arbeitgeber erstellt hat, zurückzugreifen. Maßgeblich sind vielmehr die Anforderungen, die der Arbeitgeber an einen Bewerber in redlicher Weise stellen durfte. Zwar vermag der Arbeitgeber über den einer Stelle zugeordneten Aufgabenbereich und die dafür geforderten Qualifikationen des Stelleninhabers grundsätzlich frei zu entscheiden. Durch überzogene Anforderungen, die nach der im Arbeitsleben herrschenden Verkehrsanschauung unter keinem nachvollziehbaren Gesichtspunkt durch die Erfordernisse der wahrzunehmenden Aufgaben gedeckt sind, darf er allerdings die Vergleichbarkeit der Situation nicht willkürlich gestalten und dadurch den Schutz des AGG de facto beseitigen (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 36, AP AGG § 22 Nr. 4 = EzA AGG § 15 Nr. 17; 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - Rn. 38, AP AGG § 15 Nr. 6 = EzA AGG § 15 Nr. 13).

22

Während der private Arbeitgeber im Rahmen der dargelegten Grundsätze frei ist, welche Anforderungen er in seiner Stellenausschreibung an Bewerber stellt und ob er dann ggf. bei seiner Auswahlentscheidung von einzelnen dieser geforderten Qualifikationen abweicht, hat der öffentliche Arbeitgeber Art. 33 Abs. 2 GG zu beachten. Jene Bestimmung gewährt einen Anspruch auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Art. 33 Abs. 2 GG dient zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes, dessen fachliches Niveau und rechtliche Integrität gewährleistet werden sollen(sog. Bestenauslese), zum anderen trägt er dem berechtigten Interesse des Bewerbers an seinem beruflichen Fortkommen Rechnung. Art. 33 Abs. 2 GG begründet zugleich ein grundrechtsgleiches Recht auf rechtsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl und auf deren Durchführung nur anhand der dort genannten Auswahlkriterien(sog. Bewerbungsverfahrensanspruch, vgl. BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - Rn. 40, AP AGG § 15 Nr. 6 = EzA AGG § 15 Nr. 13).

23

2. Nach dem vom Landesarbeitsgericht festgestellten und zwischen den Parteien unstrittigen Sachverhalt können an der objektiven Eignung des Klägers für die von der Beklagten ausgeschriebene Stelle keine Zweifel bestehen. Die Ausschreibung enthielt die allgemein gehaltene Angabe, dass das Theater Bi für seinen Opernchor einen Ersten Tenor suche und ein Vorsingen geplant sei. Weitere sachliche Anforderungen wie zB Stimmvolumen und Lagerung der Stimme wurden nicht zum Ausdruck gebracht. Andererseits verfügte der Kläger über langjährige Erfahrungen als Sänger und konnte auf ein umfangreiches, auch aus Sicht der Beklagten interessantes Repertoire verweisen. Die Beklagte lud ihn wegen seiner bestehenden generellen, objektiven Eignung daher zu einem ersten Vorsingen ein. Dass der Kläger im weiteren Bewerbungsgang dann nicht in die Endausscheidung kam, beruht auf dem Auswahlverfahren und damit letztlich auf dem von der Beklagten zu verfolgenden Prinzip der Bestenauslese, hat aber mit der objektiven Eignung und damit mit der „Vergleichbarkeit“ des Klägers iSd. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG nichts zu tun.

24

IV. Die als unterlegener Bewerber erfahrene „ungünstigere Behandlung“ erfolgte jedoch nicht „wegen“ der Behinderung. Mit einem GdB 60 unterfällt der Kläger zwar ohne weiteres dem Behindertenbegriff des § 1 AGG, jedoch fehlt es an dem erforderlichen Kausalzusammenhang zwischen seiner Ablehnung und dem bei ihm vorliegenden Merkmal der Behinderung.

25

1. Der Kausalzusammenhang zwischen benachteiligender Behandlung und dem Merkmal der Behinderung ist bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an die Behinderung anknüpft oder durch diese motiviert ist. Dabei ist es nicht erforderlich, dass der betreffende Grund - die Behinderung - das ausschließliche Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist. Ausreichend ist vielmehr, dass das verpönte Merkmal Bestandteil eines Motivbündels ist, welches die Entscheidung beeinflusst hat (st. Rspr., BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 32, EzA AGG § 22 Nr. 6; 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 42, AP AGG § 22 Nr. 4 = EzA AGG § 15 Nr. 17). Auf ein schuldhaftes Handeln oder gar eine Benachteiligungsabsicht kommt es nicht an (BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - aaO). Die Behinderung muss mithin nicht - gewissermaßen als vorherrschender Beweggrund, Hauptmotiv oder „Triebfeder“ des Verhaltens - handlungsleitend oder bewusstseinsdominant gewesen sein; eine bloße Mitursächlichkeit genügt.

26

Hinsichtlich des Ursachenzusammenhangs zwischen Nachteil und verpöntem Merkmal ist in § 22 AGG eine Beweislastregelung getroffen, die sich zugleich auf die Darlegungslast auswirkt. Ein erfolgloser Bewerber genügt danach seiner Darlegungslast, wenn er Indizien vorträgt, die seine Benachteiligung wegen eines unzulässigen Merkmals vermuten lassen. Dies ist dann der Fall, wenn die vorgetragenen Tatsachen - aus objektiver Sicht und mit überwiegender Wahrscheinlichkeit - darauf schließen lassen, dass die Benachteiligung zumindest auch wegen jenes Merkmals erfolgt ist. Denn durch die Verwendung der Begriffe „Indizien“ und „vermuten“ bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass es hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen einem der in § 1 AGG genannten Gründe und einer ungünstigeren Behandlung genügt, Hilfstatsachen vorzutragen, die zwar nicht zwingend den Schluss auf die Kausalität zulassen, die aber gleichwohl die Annahme rechtfertigen, dass die Kausalität gegeben ist(BAG 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 32, AP AGG § 3 Nr. 9 = EzA AGG § 7 Nr. 2; 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - Rn. 29, AP AGG § 22 Nr. 3 = EzA AGG § 22 Nr. 3).

27

Besteht eine derartige Vermutung für die Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, trägt nach § 22 AGG die andere Partei die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

28

2. Die Würdigung der Tatsachengerichte, ob die von einem Bewerber vorgetragenen und unstreitigen oder bewiesenen (Hilfs-)Tatsachen eine Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten lassen, ist nur beschränkt revisibel. Die nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewonnene Überzeugung bzw. Nichtüberzeugung von einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit für die Kausalität zwischen dem verpönten Merkmal - hier der Schwerbehinderung - und einem Nachteil kann revisionsrechtlich nur darauf überprüft werden, ob sie möglich und in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 34, AP AGG § 22 Nr. 5 = EzA AGG § 22 Nr. 6; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 36, AP AGG § 15 Nr. 9 = EzA AGG § 15 Nr. 16).

29

3. Die Verletzung von Verfahrens- und Förderpflichten zu Gunsten schwerbehinderter Menschen aus dem SGB IX kann grundsätzlich die Vermutungswirkung des § 22 AGG herbeiführen. Das Landesarbeitsgericht hat, insoweit von der Revision nicht angegriffen, festgestellt, dass die Beklagte als öffentliche Arbeitgeberin Verpflichtungen aus §§ 81, 82 SGB IX erfüllt hat, bei denen es nicht darauf ankommt, ob ihr die Schwerbehinderteneigenschaft eines Bewerbers bekannt war. Ob die Beklagte darüber hinaus Förderungspflichten verletzt hat, die gerade gegenüber dem Kläger als schwerbehindertem Bewerber bestanden, konnte das Landesarbeitsgericht offen lassen, da die Verletzung derartiger Pflichten jedenfalls nur dann eine Indizwirkung iSd. § 22 AGG auslöst, wenn ihr die Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers bekannt gewesen ist oder sie sich aufgrund der Bewerbungsunterlagen diese Kenntnis hätte verschaffen können. Andernfalls kann der - objektiv vorliegende - Pflichtenverstoß dem Arbeitgeber nicht zugerechnet werden (BAG 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 37, AP AGG § 15 Nr. 9 = EzA AGG § 15 Nr. 16; vgl. 18. November 2008 - 9 AZR 643/07 - AP SGB IX § 81 Nr. 16 = EzA SGB IX § 81 Nr. 19).

30

a) Soweit die Schwerbehinderteneigenschaft dem Arbeitgeber nicht nachweislich schon bekannt ist oder - etwa bei einem Vorstellungsgespräch - eine körperliche Behinderung offensichtlich bekannt wird, zB im Falle fehlender Gliedmaßen oder der Notwendigkeit, einen Rollstuhl zu benutzen, muss der Bewerber den Arbeitgeber über seine Schwerbehinderteneigenschaft informieren. Dies hat regelmäßig im Bewerbungsschreiben selbst unter Angabe des GdB, gegebenenfalls einer Gleichstellung zu geschehen, da der Arbeitgeber jedenfalls gehalten ist, bei jeder Bewerbung das eigentliche Bewerbungsschreiben zur Kenntnis zu nehmen (vgl. BAG 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - Rn. 39, BAGE 127, 367). Sofern auf eine anderweitige Behinderung, die nicht unter das SGB IX fällt oder anerkannt ist, hingewiesen werden soll, ist die Behinderung iSd. AGG näher zu umschreiben. Wird die Information im Lebenslauf gegeben, so hat dies an hervorgehobener Stelle und deutlich, etwa durch eine besondere Überschrift hervorgehoben, zu geschehen. Im Falle einer Behinderung oder Schwerbehinderung wird ein Bewerbermerkmal mitgeteilt, über das nicht jede Bewerberin / jeder Bewerber verfügt. Durch den Hinweis sollen besondere Förderpflichten des Arbeitgebers ausgelöst werden. Wegen der Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme auf die Interessen und Rechte des Vertragspartners (§ 241 Abs. 2 BGB iVm. § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB)ist auch bei einer Bewerbung der Arbeitgeber über die besondere Situation des Bewerbers klar und eindeutig zu informieren. Daher sind „eingestreute“ oder unauffällige Informationen, indirekte Hinweise in beigefügten amtlichen Dokumenten, eine in den weiteren Bewerbungsunterlagen befindliche Kopie des Schwerbehindertenausweises etc. keine ordnungsgemäße Information des angestrebten Vertragspartners.

31

b) Unstrittig hatte die Beklagte keine positive Kenntnis von der Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers. Sie musste diese auch nicht kennen, da der Hinweis des Klägers in seinem Lebenslauf - zwar unterstrichen, aber an unerwarteter Stelle und unter einer irreführenden Überschrift - nicht ordnungsgemäß erfolgte und eher versteckt war. Dabei spielt es keine Rolle, dass die Beklagte als öffentliche Arbeitgeberin eine Reihe weiterer Pflichten nach dem SGB IX zu erfüllen hat als es privaten Arbeitgebern obliegt. Die Information über die Schwerbehinderteneigenschaft hat klar und unabhängig davon zu erfolgen, welche Rechtsfolgen durch sie ausgelöst werden. Infolge der vom Kläger nicht hinreichend gegebenen Information über seine Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch musste die Beklagte diese Eigenschaft nicht kennen. Ihre festgestellte Unkenntnis ist unschädlich. Daher konnte diese Eigenschaft des Klägers auch nicht kausal für seine Ablehnung als Bewerber um die ausgeschriebene Stelle sein. Der von ihm geltend gemachte und eingeklagte Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG hat keine Rechtsgrundlage, weil die Voraussetzungen dafür nicht erfüllt sind.

32

C. Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Wein    

        

    Pauli    

                 

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 20. März 2014 - 5 Sa 1346/13 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger eine Entschädigung wegen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot des AGG zu zahlen.

2

Der Kläger hat nach einer Ausbildung zum Großhandelskaufmann die Fachhochschulreife erworben und anschließend zwei Jahre Wirtschaftswissenschaften studiert. Danach war er mehr als zehn Jahre als Gruppenleiter/Gebietsreferent, mehr als fünf Jahre als Einkaufsleiter, mehr als sechs Jahre als Vertriebskaufmann und mehr als fünf Jahre als Business Development Manager Healthcare tätig. Von Januar bis November 2009 war er nicht erwerbstätig und von November 2009 bis April 2012 arbeitete er als Verwaltungsmitarbeiter. Der Kläger ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung (im Folgenden GdB) von 60. Sein Schwerbehindertenausweis ist ab dem 25. Juli 2008 gültig und ohne zeitliche Befristung ausgestellt.

3

Die Beklagte ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Im Februar 2013 schrieb sie für die Abteilung „Organisation“ ihrer Geschäftsstelle eine Stelle als „kaufm. Sachbearbeiter/in“ aus. Laut Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Stelle sind insbesondere eine abgeschlossene Ausbildung in einem kaufmännischen Beruf, einschlägige Berufserfahrung, gute EDV-Kenntnisse sowie ein sicheres Gespür für Sprache erwünscht.

4

Der Kläger bewarb sich mit Schreiben vom 26. Februar 2013 auf diese Stelle. Neben Angaben zu seinen Kenntnissen und Fähigkeiten für die ausgeschriebene Stelle, wobei der Kläger auch auf einen routinierten Umgang mit gängigen MS-Office-Programmen hinwies, enthält das Bewerbungsschreiben ua. die folgende Erklärung:

        

„Aus gesundheitlichen Gründen musste ich für kurze Zeit meine Erwerbstätigkeit unterbrechen und mich aufgrund meiner Schwerbehinderung beruflich neu orientieren.“

5

Die Beklagte reagierte auf die Bewerbung des Klägers zunächst nicht und lud diesen nicht zu einem Vorstellungsgespräch ein. Auf seine schriftlichen Nachfragen sandte sie ihm schließlich mit Schreiben vom 16. Mai 2013 seine Bewerbungsunterlagen zurück und teilte mit, sich für einen anderen Bewerber/eine andere Bewerberin entschieden zu haben. Danach kam es zu einem Schriftwechsel unter den Parteien über die Frage, warum der Kläger trotz seiner Schwerbehinderung nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen worden war. Die Beklagte teilte dem Kläger mit E-Mail vom 24. Mai 2013 mit, eine Verpflichtung, ihn zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, habe nicht bestanden, da seinen Bewerbungsunterlagen ein Hinweis/Nachweis über eine vorliegende, festgestellte Schwerbehinderung mit einem GdB von mindestens 50 nicht zu entnehmen gewesen sei. Mit Schreiben vom 27. Mai 2013 machte der Kläger gegenüber der Beklagten einen Entschädigungsanspruch iHv. 7.053,24 Euro geltend.

6

Mit seiner am 6. Juni 2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage, die ursprünglich auf Zahlung eines Betrages iHv. 7.053,24 Euro gerichtet war, hat der Kläger die Auffassung vertreten, ihm stehe eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG zu. Die Beklagte habe ihn entgegen ihrer Verpflichtung nach § 82 Satz 2 SGB IX nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen, obgleich sie durch sein Bewerbungsschreiben Kenntnis von seiner Schwerbehinderung gehabt habe.

7

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.955,96 Euro zu zahlen.

8

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, eine Pflicht, den Kläger zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, habe nicht bestanden. Der Kläger habe in seinem Anschreiben nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, im Zeitpunkt seiner Bewerbung schwerbehindert gewesen zu sein; zudem habe er den GdB nicht mitgeteilt. Auch aus dem weiteren Vorbringen des Klägers ergebe sich nichts, was die Annahme einer Benachteiligung wegen der Behinderung stützen könne. Im Übrigen habe sie die Stelle mit einer Bewerberin mit einem GdB von 30 besetzt.

9

Das Arbeitsgericht hat dem Kläger - unter Klageabweisung im Übrigen - 3.955,96 Euro zugesprochen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufungen beider Parteien zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die vollständige Klageabweisung. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zu Recht zurückgewiesen. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung iHv. 3.955,96 Euro.

11

I. Der persönliche Anwendungsbereich des AGG ist eröffnet. Der Kläger ist als Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis Beschäftigter iSd. AGG (§ 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG). Die Beklagte ist Arbeitgeberin iSv. § 6 Abs. 2 Satz 1 AGG(vgl. ua. BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 188/11 - Rn. 18 mwN, BAGE 142, 143).

12

II. Der Kläger hat den Entschädigungsanspruch frist- und formgerecht geltend gemacht und eingeklagt (§ 15 Abs. 4 AGG, § 61b Abs. 1 ArbGG). Hierüber streiten die Parteien auch nicht.

13

III. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger eine angemessene Entschädigung zu zahlen. Dies folgt aus § 15 Abs. 2 iVm. Abs. 1 Satz 1 und § 7 Abs. 1 AGG iVm. § 81 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 sowie § 82 Satz 2 SGB IX.

14

1. Der Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG setzt einen Verstoß gegen das in § 7 Abs. 1 AGG geregelte Benachteiligungsverbot voraus(§ 15 Abs. 2 iVm. § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG) und ist verschuldensunabhängig.

15

Das Benachteiligungsverbot in § 7 Abs. 1 AGG untersagt im Anwendungsbereich des AGG eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, ua. wegen einer Behinderung. Zudem dürfen Arbeitgeber nach § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX schwerbehinderte Beschäftigte nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligen. Im Einzelnen gelten hierzu nach § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX die Regelungen des AGG.

16

Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen, § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG. Nach § 15 Abs. 2 AGG kann der oder die Beschäftigte wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Nach der Begründung des Gesetzesentwurfs dient § 15 Abs. 2 AGG dazu, die „Forderungen der Richtlinien“ (hier insbesondere: Richtlinie 2000/78/EG) sowie der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union(ua. EuGH 22. April 1997 - C-180/95 - [Draehmpaehl] Rn. 24, 39 f., Slg. 1997, I-2195) nach einer wirksamen und verschuldensunabhängig ausgestalteten Sanktion bei Verletzung des Benachteiligungsverbotes durch den Arbeitgeber umzusetzen (BT-Drs. 16/1780 S. 38; vgl. auch BAG 18. September 2014 - 8 AZR 759/13 - Rn. 26 mwN; 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - Rn. 33 mwN, BAGE 127, 367).

17

2. Der Kläger wurde von der Beklagten unmittelbar wegen der Behinderung benachteiligt iSv. § 7 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 1 AGG iVm. § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX.

18

a) Im Falle der Schwerbehinderung eines Bewerbers/einer Bewerberin kann in der Nichteinladung zu einem Vorstellungsgespräch bei einem öffentlichen Arbeitgeber und dem damit verbundenen vorzeitigen Ausscheiden des Bewerbers/der Bewerberin aus dem Bewerbungsverfahren eine unmittelbare Benachteiligung wegen der Behinderung liegen.

19

aa) § 7 Abs. 1 AGG verbietet sowohl unmittelbare als auch mittelbare Benachteiligungen. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt eine - vorliegend ausschließlich in Betracht kommende - unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, ua. einer Behinderung, eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

20

(1) Im Hinblick auf eine - insbesondere bei einer Einstellung und Beförderung zu treffende - Auswahlentscheidung des Arbeitgebers befinden sich Personen grundsätzlich bereits dann in einer vergleichbaren Situation, wenn sie sich für dieselbe Stelle beworben haben (vgl. auch BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 29). Bereits deshalb kommt es, sofern ein Bewerber vorab ausgenommen und damit vorzeitig aus dem Bewerbungsverfahren ausgeschlossen wurde, nicht zwangsläufig ausschließlich auf den Vergleich mit dem/der letztlich eingestellten Bewerber/in an.

21

(2) Ob eine vergleichbare Situation iSv. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG nur dann vorliegt, wenn der die Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG verlangende Bewerber für die ausgeschriebene Stelleauch „objektiv geeignet“ ist, kann im vorliegenden Verfahren dahinstehen.

22

Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats ist für eine Vergleichbarkeit die am Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Stelle zu messende „objektive Eignung“ des Bewerbers erforderlich (vgl. etwa BAG 23. Januar 2014 - 8 AZR 118/13 - Rn. 18; 14. November 2013 - 8 AZR 997/12 - Rn. 29; 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 20 ff.; 21. Februar 2013 - 8 AZR 180/12 - Rn. 28, BAGE 144, 275; 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 35; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 26; 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - Rn. 37; ausdrücklich offen gelassen allerdings von BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 29). Dies hat der Senat im Wesentlichen damit begründet, dass eine Benachteiligung nur angenommen werden könne, wenn eine Person, die an sich für die Tätigkeit geeignet sei, nicht ausgewählt oder nicht in Betracht gezogen worden sei. Könne hingegen auch ein objektiv ungeeigneter Bewerber immaterielle Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG verlangen, stehe dies nicht im Einklang mit dem Schutzzweck des AGG, das nur vor ungerechtfertigter Benachteiligung schützen, nicht aber eine unredliche Gesinnung des (potentiellen) Arbeitgebers sanktionieren wolle.

23

Ob an dieser Rechtsprechung festgehalten werden kann, könnte ua. bereits deshalb zweifelhaft sein, weil § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG den Entschädigungsanspruch für Personen, die „bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden“ wären, nicht ausschließt, sondern lediglich der Höhe nach begrenzt. Zudem würde das Erfordernis der „objektiven Eignung“, da die Feststellung einer „vergleichbaren Situation“ nicht ohne Vergleichsbetrachtung auskommen kann, wohl eine parallele Überprüfung der „objektiven Eignung“ der eingeladenen Bewerber und Bewerberinnen nach sich ziehen müssen. Eine derartige Prüfung und Vergleichsbetrachtung findet jedoch möglicherweise weder in den Bestimmungen des AGG noch in den unionsrechtlichen Vorgaben, insbesondere denen der Richtlinie 2000/78/EG eine hinreichende Grundlage.

24

Die Frage, ob eine vergleichbare Situation iSv. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG nur dann angenommen werden kann, wenn der Bewerber für die ausgeschriebene Stelleauch „objektiv geeignet“ ist, muss im vorliegenden Verfahren jedoch nicht entschieden werden, da das Landesarbeitsgericht die „objektive Eignung“ des Klägers für die zu besetzende Stelle bejaht hat und dies unter den Parteien auch nicht mehr streitig ist.

25

(3) Das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG erfasst nicht jede Ungleichbehandlung, sondern nur eine Ungleichbehandlung „wegen“ eines in § 1 AGG genannten Grundes. Zwischen der benachteiligenden Behandlung und einem in § 1 AGG genannten Grund muss demnach ein Kausalzusammenhang bestehen. Dafür ist es nicht erforderlich, dass der betreffende Grund iSv. § 1 AGG das ausschließliche oder auch nur ein wesentliches Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist;er muss nicht - gewissermaßen als vorherrschender Beweggrund, Hauptmotiv oder „Triebfeder“ des Verhaltens - handlungsleitend oder bewusstseinsdominant gewesen sein; vielmehr ist der Kausalzusammenhang bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an einen Grund iSv. § 1 AGG anknüpft oder durch diesen motiviert ist, wobei bloße Mitursächlichkeit genügt(vgl. etwa BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 34 mwN). Bei der Prüfung des Kausalzusammenhangs sind alle Umstände des Rechtsstreits im Sinne einer Gesamtbetrachtung und -würdigung des Sachverhalts zu berücksichtigen (vgl. EuGH 25. April 2013 - C-81/12 - [Asociatia ACCEPT] Rn. 50; 19. April 2012 - C-415/10 - [Meister] Rn. 42, 44 f.; BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 31 mwN).

26

bb) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats liegt eine Benachteiligung im Rahmen einer Auswahlentscheidung, insbesondere bei einer Einstellung oder Beförderung, bereits dann vor, wenn der Beschäftigte nicht in die Auswahl einbezogen, sondern vorab ausgeschieden wird. Die Benachteiligung liegt hier in der Versagung einer Chance (vgl. BAG 22. August 2013 - 8 AZR 563/12 - Rn. 36 mwN; 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 29; 28. Mai 2009 - 8 AZR 536/08 - Rn. 31, BAGE 131, 86). Nach § 7 Abs. 1 AGG darf ein vorzeitiger Ausschluss eines Bewerbers/einer Bewerberin aus dem Auswahlverfahren demnach nicht in einem (mit)ursächlichen Zusammenhang mit einem in § 1 AGG aufgeführten Grund stehen. Sind bereits die Chancen einer Bewerberin/eines Bewerbers durch ein diskriminierendes Verfahren beeinträchtigt worden, kommt es regelmäßig nicht mehr darauf an, ob eine nach § 1 AGG verbotene Anknüpfung bei der abschließenden Einstellungsentscheidung noch eine nachweisbare Rolle gespielt hat(vgl. BVerfG 16. November 1993 - 1 BvR 258/86 - zu C I 2 c der Gründe, BVerfGE 89, 276 zu § 611a Abs. 1 BGB aF für geschlechtsbezogene Benachteiligungen). Bewerber/innen haben vielmehr Anspruch auf ein diskriminierungsfreies Bewerbungs-/Stellenbesetzungsverfahren (vgl. BAG 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 23; 3. April 2007 - 9 AZR 823/06 - Rn. 33, BAGE 122, 54; vgl. auch BT-Drs. 12/5468 S. 44 zu § 611a BGB aF). Deshalb ist es auch ohne Bedeutung, ob es später im Zuge des Auswahlverfahrens tatsächlich zu einer Einstellung oder Beschäftigung kommt (BAG 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 23 mwN).

27

cc) Bewirbt sich ein schwerbehinderter Mensch bei einem öffentlichen Arbeitgeber um eine zu besetzende Stelle, so hat dieser ihn nach § 82 Satz 2 SGB IX zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Nach § 82 Satz 3 SGB IX ist eine Einladung nur dann entbehrlich, wenn dem schwerbehinderten Menschen die fachliche Eignung offensichtlich fehlt(zur Bedeutung näher BAG 12. September 2006 - 9 AZR 807/05 - Rn. 24 mwN, BAGE 119, 262). Damit muss der öffentliche Arbeitgeber einem sich bewerbenden schwerbehinderten Menschen die Chance eines Vorstellungsgesprächs auch dann gewähren, wenn dessen fachliche Eignung zwar zweifelhaft, aber nicht offensichtlich ausgeschlossen ist (BAG 12. September 2006 - 9 AZR 807/05 - aaO). Insoweit ist der schwerbehinderte Bewerber im Bewerbungsverfahren besser gestellt als nicht schwerbehinderte Konkurrenten.

28

Dem steht die Richtlinie 2000/78/EG auch dann nicht entgegen, wenn der andere Bewerber/die andere Bewerberin behindert iSv. § 2 Abs. 1 SGB IX ist. Zwar verlangt Art. 5 der Richtlinie 2000/78/EG von den Mitgliedstaaten, angemessene Vorkehrungen für Menschen mit Behinderung zu treffen, um den Zugang zur Beschäftigung zu gewährleisten; allerdings gestattet Art. 7 der Richtlinie positive Maßnahmen, die das Ziel haben, einer Eingliederung von Menschen mit Behinderung in die Arbeitswelt zu dienen oder diese Eingliederung zu fördern. Welche Maßnahmen und Vorkehrungen der Mitgliedstaat im Einzelnen zu treffen hat, ist dabei nicht vorgegeben (vgl. BAG 18. November 2008 - 9 AZR 643/07 - Rn. 48).

29

Unterlässt es der öffentliche Arbeitgeber entgegen § 82 Satz 2 SGB IX, einen sich bewerbenden schwerbehinderten Menschen zum Vorstellungsgespräch einzuladen und versagt diesem damit die Chance, ihn von seiner Eignung zu überzeugen, kann darin eine unmittelbare Benachteiligung wegen der Behinderung liegen. Wird dem schwerbehinderten Arbeitnehmer die Möglichkeit genommen, sich in einem Vorstellungsgespräch zu präsentieren, liegt eine weniger günstige Behandlung vor, als sie das Gesetz (§ 82 Satz 2 SGB IX) zur Herstellung gleicher Bewerbungschancen gegenüber anderen Bewerbern für erforderlich hält (BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 48; 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - Rn. 22, BAGE 131, 232; 12. September 2006 - 9 AZR 807/05 - Rn. 24 mwN, BAGE 119, 262). Der Ausschluss aus dem weiteren Bewerbungsverfahren kann demnach eine Benachteiligung sein, die in einem (mit)ursächlichen Zusammenhang mit der Behinderung steht (vgl. BAG 22. August 2013 - 8 AZR 563/12 - Rn. 51; 18. November 2008 - 9 AZR 643/07 - Rn. 24; 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - Rn. 44, BAGE 127, 367).

30

dd) Lädt der öffentliche Arbeitgeber den sich bewerbenden schwerbehinderten Beschäftigten nicht zu einem Vorstellungsgespräch ein, kann darin allerdings nur dann eine unmittelbare Benachteiligung wegen der Behinderung liegen, wenn ihm die Schwerbehinderung des Stellenbewerbers/der Stellenbewerberin zum Zeitpunkt der benachteiligenden Maßnahme bekannt ist oder er diese kennen muss. Deshalb muss ein Bewerber, der seine Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch bei der Behandlung seiner Bewerbung berücksichtigt wissen will, den (potentiellen) Arbeitgeber über die vorhandene Schwerbehinderung rechtzeitig in Kenntnis setzen, soweit dieser nicht bereits aus anderem Zusammenhang über diese Information verfügt. Andernfalls ist dem öffentlichen Arbeitgeber ein Verstoß gegen die bei der Bewerbung schwerbehinderter Menschen nach § 82 Satz 2 SGB IX auferlegte Verpflichtung objektiv nicht zurechenbar und es fehlt an der (Mit-)Ursächlichkeit der Behinderung für die benachteiligende Maßnahme(vgl. BAG 18. November 2008 - 9 AZR 643/07 - Rn. 24; 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - Rn. 28, BAGE 127, 367).

31

(1) Ein hinreichender Hinweis auf eine Schwerbehinderung liegt vor, wenn die Mitteilung in einer Weise in den Empfangsbereich des Arbeitgebers gelangt ist, die es diesem ermöglicht, die Schwerbehinderung des Bewerbers zur Kenntnis zu nehmen (BAG 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 38; 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - Rn. 35, BAGE 127, 367). Eine Information im Bewerbungsanschreiben (etwa BAG 18. September 2014 - 8 AZR 759/13 - Rn. 35; 22. August 2013 - 8 AZR 563/12 - Rn. 4 iVm. Rn. 35 ff.; 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - Rn. 28 ff., 39, BAGE 127, 367 ) oder an gut erkennbarer Stelle im Lebenslauf (etwa BAG 18. September 2014 - 8 AZR 759/13 - Rn. 36; 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 30) ist regelmäßig ausreichend (Klarstellung von BAG 18. September 2014 - 8 AZR 759/13 - Rn. 35; 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - aaO). Unter Umständen kann auch eine rechtzeitige gesonderte Mitteilung genügen (vgl. etwa BAG 18. November 2008 - 9 AZR 643/07 - Rn. 39 zu einer vor Beginn des Auswahlgesprächs dem Arbeitgeber zugesandten Zusicherung der Bundesagentur für Arbeit mit dem Betreff „Gleichstellung gem. § 2 Abs. 3 Sozialgesetzbuch IX …“).

32

(2) Zur Mitteilung der Schwerbehinderung eines Bewerbers/einer Bewerberin kann auch die „Vorlage“ des Schwerbehindertenausweises ausreichend sein ( BAG 18. September 2014 - 8 AZR 759/13 - Rn. 32 f.); allerdings genügt es nicht, wenn eine Kopie des Schwerbehindertenausweises lediglich den Anlagen zur Bewerbung beigefügt wird ( BAG 18. September 2014 - 8 AZR 759/13 - Rn. 37), ohne dass im Anschreiben oder im Lebenslauf hierauf ausreichend hingewiesen wird.

33

ee) Für den Rechtsschutz bei Diskriminierungen sieht § 22 AGG eine Erleichterung der Darlegungslast, eine Absenkung des Beweismaßes und eine Umkehr der Beweislast vor. Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen, trägt nach § 22 AGG die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

34

(1) Danach genügt eine Person, die sich durch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für beschwert hält, ihrer Darlegungslast bereits dann, wenn sie Indizien vorträgt, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt ist(vgl. BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 33, BAGE 142, 158; 15. März 2012 - 8 AZR 37/11 - Rn. 65, BAGE 141, 48). Besteht die Vermutung einer Benachteiligung, trägt die andere Partei die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt worden ist (ua. EuGH 25. April 2013 - C-81/12 - [Asociatia ACCEPT] Rn. 55 mwN; 10. Juli 2008 - C-54/07 - [Feryn] Rn. 32, Slg. 2008, I-5187; BAG 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 27). Hierfür gilt jedoch das Beweismaß des sog. Vollbeweises (vgl. etwa BAG 18. September 2014 - 8 AZR 753/13 - Rn. 33). Der Arbeitgeber muss demnach Tatsachen vortragen und ggf. beweisen, aus denen sich ergibt, dass ausschließlich andere als die in § 1 AGG genannten Gründe zu einer ungünstigeren Behandlung geführt haben(vgl. etwa BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 45). Die Beweiswürdigung erfolgt nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO unter Zugrundelegung der Vorgaben von § 22 AGG(vgl. BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 32 ff. mwN).

35

(2) Die Verletzung der in § 82 Satz 2 SGB IX geregelten Verpflichtung eines öffentlichen Arbeitgebers, eine/n schwerbehinderte/n Bewerber/in zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, begründet regelmäßig die Vermutung einer Benachteiligung wegen der Behinderung. Diese Pflichtverletzung ist nämlich grundsätzlich geeignet, den Anschein zu erwecken, an der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen uninteressiert zu sein (vgl. BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 45 mwN).

36

b) Nach diesen Grundsätzen hat das Landesarbeitsgericht ohne Rechtsfehler erkannt, dass der Kläger eine ungünstigere Behandlung (auch) wegen der Behinderung erfahren hat und ihm deshalb eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG zusteht.

37

aa) Der Kläger hat gegenüber anderen Bewerbern und Bewerberinnen, die zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden sind, eine ungünstigere Behandlung erfahren. Hierüber streiten die Parteien nicht. Die Beklagte, die als Körperschaft des öffentlichen Rechts gemäß § 71 Abs. 3 Nr. 4 SGB IX als öffentliche Arbeitgeberin gilt, war gemäß § 82 Satz 2 SGB IX auch verpflichtet, schwerbehinderte Bewerber/innen zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Von dieser Verpflichtung war sie im Fall des Klägers nicht nach § 82 Satz 3 SGB IX wegen offensichtlichen Fehlens der fachlichen Eignung des Klägers befreit. Das Landesarbeitsgericht hat das Vorhandensein der fachlichen Eignung bejaht; dies greift die Revision nicht an.

38

bb) Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, dass der Kläger der Beklagten seine Schwerbehinderung deutlich und ausreichend mitgeteilt hat und dass die weniger günstige Behandlung des Klägers demnach „wegen“ der Behinderung erfolgt ist, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

39

(1) Die Beklagte beruft sich auch in der Revision darauf, der Kläger habe sie in seinem Bewerbungsschreiben nicht hinreichend klar und deutlich über seine Schwerbehinderung informiert. Zum einen reiche es nicht aus, nur den Begriff der „Schwerbehinderung“ anzuführen, vielmehr sei auch der GdB anzugeben gewesen. Ein Erfahrungssatz des Inhalts, im heutigen Berufsleben sei allgemein bekannt, dass zwischen einer Behinderung und einer Schwerbehinderung im Rechtssinne zu unterscheiden sei, existiere insbesondere „nach dem objektiven Empfängerhorizont“ nicht. Zudem ergebe sich aus dem Bewerbungsschreiben des Klägers nicht, dass die Schwerbehinderung zum Zeitpunkt der Bewerbung vorgelegen habe.

40

(2) Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass es im Zusammenhang mit der Verpflichtung des öffentlichen Arbeitgebers aus § 82 SGB IX ausreicht, über das Vorliegen einer „Schwerbehinderung“ zu informieren und dass es nicht zusätzlich erforderlich ist, den GdB mitzuteilen. Soweit sich aus der bisherigen Rechtsprechung des Senats (insbesondere BAG 18. September 2014 - 8 AZR 759/13 - Rn. 33, 35; 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 30) etwas anderes ergeben sollte, hält der Senat hieran nicht fest.

41

(a) Der Begriff der „Schwerbehinderung“ ist ein Rechtsbegriff, dem im Rechtsverkehr, vor allem im Arbeits- und Sozialrecht eine feste Bedeutung zukommt. Der Begriff der Schwerbehinderung ist in § 2 Abs. 2 SGB IX gesetzlich definiert. Nach dieser Bestimmung sind Menschen schwerbehindert, wenn bei ihnen ein GdB von wenigstens 50 vorliegt. Weist ein/e Bewerber/in im Zusammenhang mit einer Bewerbung darauf hin, „schwerbehindert“ zu sein, ist deshalb - sofern nicht ausnahmsweise Anhaltspunkte für ein abweichendes Begriffsverständnis gegeben sind - für den Arbeitgeber ohne Weiteres erkennbar, dass der Begriff iSd. in § 2 Abs. 2 SGB IX gegebenen Definition gemeint ist und damit beim Bewerber mindestens ein GdB von 50 vorliegt. Eine andere Funktion liegt im Zusammenhang mit einem Bewerbungsschreiben regelmäßig nicht nahe.

42

(b) Da nach § 2 Abs. 2 SGB IX Menschen schwerbehindert sind, wenn bei ihnen ein GdB von wenigstens 50 vorliegt und dies die Verpflichtung des öffentlichen Arbeitgebers nach § 82 Satz 2 SGB IX auslöst, einen schwerbehinderten Bewerber zum Vorstellungsgespräch einzuladen, ist eine (weitergehende) Angabe des im Einzelfall vorliegenden GdB nicht erforderlich. Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten folgt auch aus der Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme auf die Interessen und Rechte der anderen Seite, soweit sich eine solche hier ggf. aus einem Anbahnungsverhältnis ergeben sollte (vgl. dazu BAG 20. Mai 2010 - 8 AZR 287/08 (A) - Rn. 28), nichts anderes. Zwar ist nicht auszuschließen, dass im Einzelfall wegen bestimmter Arbeitsanforderungen und/oder zur Erfüllung der Verpflichtung zu „angemessenen Vorkehrungen“ (vgl. dazu BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 53; 22. Mai 2014 - 8 AZR 662/13 - Rn. 42, BAGE 148, 158; 19. Dezember 2013 - 6 AZR 190/12 - Rn. 53, BAGE 147, 60) nähere Kenntnisse des Arbeitgebers zu Art und ggf. Umfang einer Behinderung erforderlich sein können und der Arbeitnehmer deshalb zu entsprechender Auskunft verpflichtet sein kann; um solch eine besondere Situation geht es vorliegend jedoch nicht.

43

(3) Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, dass der Kläger in seinem Bewerbungsschreiben hinreichend klar und deutlich auf eine zum Zeitpunkt der Bewerbung vorliegende Schwerbehinderung hingewiesen hat, ist ebenso revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

44

(a) Die Auslegung der Angaben des Klägers in seinem Bewerbungsschreiben durch das Landesarbeitsgericht kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln verletzt, gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen hat.

45

(b) Unter Zugrundelegung dieses eingeschränkten Prüfungsmaßstabs halten die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts einer revisionsgerichtlichen Kontrolle ohne Weiteres stand.

46

Das Landesarbeitsgericht hat - zusammengefasst - angenommen, der Kläger habe mit der Erklärung in seinem Bewerbungsschreiben: „Aus gesundheitlichen Gründen musste ich für kurze Zeit meine Erwerbstätigkeit unterbrechen und mich aufgrund meiner Schwerbehinderung beruflich neu orientieren“, unzweideutig darauf hingewiesen, dass die Schwerbehinderung auch zum Zeitpunkt der Bewerbung bestand. Das Schreiben könne sinnvollerweise nicht dahin ausgelegt werden, dass der Kläger im Hinblick auf das Vorliegen einer Schwerbehinderung einen nicht mehr aktuellen Hinweis habe geben wollen.

47

Die Auslegung durch das Landesarbeitsgericht lässt weder eine Verletzung von Auslegungsregeln noch einen Verstoß gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze erkennen. Vielmehr stützt insbesondere die Formulierung in der Erklärung des Klägers - aufgrund „meiner“ Schwerbehinderung - das vom Landesarbeitsgericht gefundene Auslegungsergebnis. Auch diese Formulierung legt die Annahme nahe, der Kläger habe auf eine aktuelle Schwerbehinderung hinweisen wollen. Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen wurden. Das Landesarbeitsgericht hat sich - im Gegenteil - eingehend mit der hier allein für die Auslegung maßgeblichen Erklärung des Klägers befasst. Soweit die Beklagte geltend macht, der Kläger habe lediglich eine vergangenheitsbezogene Mitteilung gemacht und damit nicht deutlich erklärt, dass er aktuell ein schwerbehinderter Mensch ist, hat sie keine Verstöße gegen Rechts- oder Erfahrungssätze und/oder Denkgesetze oder eine Widersprüchlichkeit der Würdigung dargetan.

48

Dass die Beklagte nach eigenen Angaben „nicht erkannt hat“, dass sie aufgrund der Mitteilung des Klägers nach § 82 Satz 2 SGB IX verpflichtet war, diesen zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, führt zu keiner anderen Bewertung. Von Bedeutung ist nicht, was sie tatsächlich erkannt hat, sondern was sie erkennen musste.

49

(4) Schließlich ist auch die Annahme des Landesarbeitsgerichts, dass der Kläger wegen seiner Behinderung eine weniger günstige Behandlung erfahren hat, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

50

(a) Sowohl die Würdigung der Tatsachengerichte, ob die von einem Bewerber/einer Bewerberin vorgetragenen und unstreitigen oder bewiesenen Haupt- und/oder Hilfstatsachen eine Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten lassen, als auch deren Würdigung, ob die von dem Arbeitgeber seinerseits vorgebrachten Tatsachen den Schluss darauf zulassen, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligungen vorgelegen hat,sind nur eingeschränkt revisibel (vgl. etwa BAG 22. August 2013 - 8 AZR 563/12 - Rn. 49, 63 mwN ). In beiden Fällen beschränkt sich die revisionsgerichtliche Kontrolle darauf zu prüfen, ob die Würdigung des Tatsachengerichts möglich und in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr., vgl. BAG 23. Juli 2015 - 6 AZR 457/14 - Rn. 29; 18. September 2014 - 8 AZR 759/13 - Rn. 30; 22. August 2013 - 8 AZR 563/12 - Rn. 49; 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 34, BAGE 142, 158).

51

(b) Unter Zugrundelegung dieses Prüfungsmaßstabs hält das angefochtene Urteil auch insoweit einer revisionsgerichtlichen Überprüfung stand.

52

Das Landesarbeitsgericht ist vor dem Hintergrund, dass der Kläger die Beklagte in seinem Bewerbungsschreiben darauf hingewiesen hatte, dass er zum Zeitpunkt der Bewerbung schwerbehindert war, zutreffend davon ausgegangen, dass der Verstoß der Beklagten gegen ihre aus § 82 Satz 2 SGB IX folgende Verpflichtung, den schwerbehinderten Kläger zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, geeignet ist, die Vermutung einer unmittelbaren Benachteiligung des Klägers wegen der Behinderung zu begründen und hat dies gewürdigt. Ebenso gewürdigt hat es den von der Beklagten zur Widerlegung der Vermutung geleisteten Sachvortrag, sie habe eine mit einem GdB von 30 behinderte Bewerberin eingestellt. Insoweit hat es angenommen, mit diesem Vorbringen habe die Beklagte die Vermutungswirkung des § 22 AGG nicht widerlegt. Diese Würdigung lässt insbesondere vor dem Hintergrund, dass es für die Frage, ob ein/e Bewerber/in diskriminierungsfrei vorab aus dem Auswahlverfahren ausgeschlossen wurde, nicht darauf ankommt, ob und ggf. zu welcher Einstellung es später im Zuge des Auswahlverfahrens tatsächlich gekommen ist, revisible Rechtsfehler nicht erkennen. Solche werden von der Revision auch nicht gerügt.

53

IV. Dem Kläger steht nach § 15 Abs. 2 AGG eine Entschädigung iHv. 3.955,96 Euro zu. Die Bestimmung der Höhe der Entschädigung (vgl. hierzu näher BAG 22. Mai 2014 - 8 AZR 662/13 - Rn. 44, BAGE 148, 158) ist grundsätzlich Sache der Tatsachengerichte (vgl. etwa BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 188/12 - Rn. 49). Das Landesarbeitsgericht hat in Übereinstimmung mit dem Arbeitsgericht eine Entschädigung iHv. 3.955,96 Euro als angemessen erachtet. Dies wird von der Revision nicht angegriffen.

54

V. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Schlewing    

        

    Winter    

        

    Rinck    

        

        

        

    N. Reiners    

        

        

Soost 

        

Leistungen zur Förderung der Verständigung werden erbracht, um Leistungsberechtigten mit Hör- und Sprachbehinderungen die Verständigung mit der Umwelt aus besonderem Anlass zu ermöglichen oder zu erleichtern. Die Leistungen umfassen insbesondere Hilfen durch Gebärdensprachdolmetscher und andere geeignete Kommunikationshilfen. § 17 Absatz 2 des Ersten Buches bleibt unberührt.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Saarland vom 8. Januar 2014 - 1 Sa 61/12 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob das beklagte Land verpflichtet ist, an den Kläger eine Entschädigung wegen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot des AGG zu zahlen.

2

Der Kläger ist mit einem Grad der Behinderung (im Folgenden GdB) von 50 als schwerbehinderter Mensch anerkannt. Nach einer Ausbildung zum Bankkaufmann absolvierte er ein Universitätsstudium der Betriebswirtschaftslehre und erwarb den Abschluss als Diplom-Kaufmann. Im Rahmen von Fortbildungsmaßnahmen eignete er sich weitere Qualifikationen im Bereich des Rechnungswesens und des Controllings an und war bei verschiedenen Arbeitgebern vornehmlich im Bereich Controlling tätig.

3

Mit einer am 29. Juli 2010 im Amtsblatt des Saarlandes veröffentlichten Stellenausschreibung schrieb das beklagte Land für den Bereich des damaligen Ministeriums für Umwelt, Energie und Verkehr die Stelle einer/eines „Sachbearbeiterin/Sachbearbeiters des gehobenen Dienstes“ aus. In der Stellenausschreibung heißt es ua.:

        

„Der Sachbearbeiterin bzw. dem Sachbearbeiter obliegt insbesondere die zuwendungsrechtliche Abwicklung von Fördermaßnahmen, insbesondere in EU-kofinanzierten Bereichen.

        

Infrage kommen Bewerberinnen und Bewerber mit kaufmännischem bzw. betriebswirtschaftlichem Hochschulabschluss (FH oder Bachelor).“

4

Der Kläger bewarb sich mit Schreiben vom 19. August 2010, dem ein Lebenslauf und eine Kopie seines Schwerbehindertenausweises beigefügt waren, auf diese Stelle. Das beklagte Land lud den Kläger nicht zu einem Vorstellungsgespräch ein und teilte ihm mit Schreiben vom 5. November 2010 - dem Kläger zugegangen am 6. November 2010 - mit, dass es sich für einen anderen Bewerber entschieden habe.

5

Mit Schreiben vom 29. Dezember 2010 machte der Kläger gegenüber dem beklagten Land geltend, er sei wegen seiner Schwerbehinderung diskriminiert worden und forderte die Zahlung einer Entschädigung iHv. zumindest drei Bruttomonatsverdiensten à 3.153,14 Euro, mithin einen Gesamtbetrag iHv. mindestens 9.459,42 Euro. Dieses Begehren verfolgt der Kläger nach Zurückweisung des Anspruchs durch das beklagte Land mit seiner Klage weiter.

6

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, das beklagte Land hätte ihn zu einem Vorstellungsgespräch einladen müssen, da er für die ausgeschriebene Stelle nicht etwa offensichtlich fachlich ungeeignet gewesen sei. Ein weiteres Indiz für eine Diskriminierung wegen seiner Behinderung sei die - unstreitig - unterbliebene Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung. Zudem sei davon auszugehen, dass die Stelle nicht bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldet worden sei.

7

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

das beklagte Land zu verurteilen, an ihn eine Entschädigung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, die jedoch nicht unter 9.459,42 Euro liegen sollte, nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. April 2011 zu zahlen.

8

Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, dem Kläger keine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG zu schulden. Der Kläger habe nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden müssen, da er aufgrund seiner Überqualifizierung für die ausgeschriebene Stelle offensichtlich ungeeignet gewesen sei. Die Stelle sei der Bundesagentur für Arbeit gemeldet worden. Die unterbliebene Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung beruhe auf einer Vereinbarung zwischen der Personalabteilung des Ministeriums und der Schwerbehindertenvertretung, wonach die Schwerbehindertenvertretung nur über Bewerbungen der in die nähere Auswahl kommenden Bewerber informiert werden müsse. Im Übrigen hätten sich auf die Ausschreibung insgesamt 72 Personen beworben, von denen 15 über einen Universitätsabschluss verfügten. Diese Personen seien im Auswahlverfahren von Anfang an nicht berücksichtigt worden. Diese Verfahrensweise werde für Stellen des „gehobenen“ Dienstes seit Jahren praktiziert; sie entspreche der Personalpolitik des Ministeriums. Ein universitärer Abschluss sei für Stellen des „höheren“, nicht aber für Stellen des „gehobenen“ Dienstes erforderlich. Er sei für Stellen des „gehobenen“ Dienstes auch nicht erwünscht. Andernfalls könne der Gefahr der Frustration der Bewerber selbst sowie der Gefahr eines Verdrängungswettbewerbs „von oben nach unten“ sowie von „Rangordnungskämpfen“ unter den Beschäftigten nicht wirksam begegnet werden. Zudem seien unter den Bewerbern, die zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden seien, auch zwei schwerbehinderte Menschen gewesen, was ebenfalls zeige, dass der Kläger nicht etwa wegen seiner Schwerbehinderung unberücksichtigt geblieben sei.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers - nach Beweisaufnahme - zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren nach Zahlung einer angemessenen Entschädigung weiter. Das beklagte Land beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zu Recht zurückgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen das beklagte Land auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG.

11

A. Der auf Zahlung einer Entschädigung gerichtete Klageantrag ist zulässig, insbesondere ist er hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Kläger durfte die Höhe der von ihm begehrten Entschädigung in das Ermessen des Gerichts stellen. § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG räumt dem Gericht bei der Höhe der Entschädigung einen Beurteilungsspielraum ein, weshalb eine Bezifferung des Zahlungsantrags nicht notwendig ist. Der Kläger hat auch Tatsachen benannt, die das Gericht bei der Bestimmung des Betrags heranziehen soll und die Größenordnung der geltend gemachten Forderung, die er mit mindestens 9.459,42 Euro bestimmt hat, angegeben (zu den Anforderungen an die Bestimmtheit des Klageantrags: vgl. etwa BAG 14. November 2013 - 8 AZR 997/12 - Rn. 16; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 16).

12

B. Die Klage ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass das beklagte Land nicht verpflichtet ist, an den Kläger eine angemessene Entschädigung zu zahlen. Seine Annahme, der Kläger sei nicht wegen der Behinderung benachteiligt worden iSv. § 7 Abs. 1 AGG, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

13

I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Kläger habe zwar Indizien dargelegt und nachgewiesen, die eine Benachteiligung wegen seiner Schwerbehinderung vermuten ließen (§ 22 AGG). Insoweit hat es festgestellt, das beklagte Land habe entgegen seiner Verpflichtung aus § 81 Abs. 1 Satz 4 iVm. § 95 Abs. 2 SGB IX der beim Ministerium für Umwelt, Energie und Verkehr eingerichteten Schwerbehindertenvertretung die Bewerbung des Klägers nebst den dazugehörigen Bewerbungsunterlagen nicht vorgelegt. Zudem hat es zugunsten des Klägers unterstellt, dass das beklagte Land den Kläger entgegen der in § 82 Satz 2 SGB IX getroffenen Bestimmung nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen und dass es entgegen § 81 Abs. 1 Satz 2, § 82 Satz 1 SGB IX die Agentur für Arbeit von der freien Stelle nicht unterrichtet hat. Allerdings - so das Landesarbeitsgericht - habe das beklagte Land die Vermutung, der Kläger sei wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt worden, widerlegt. Das beklagte Land habe zur Überzeugung der Kammer nachgewiesen, dass die Nichtberücksichtigung des Klägers im Auswahlverfahren mit dessen Schwerbehinderung überhaupt nichts zu tun gehabt habe, sondern dass dafür ausschließlich andere Gründe maßgebend gewesen seien, die keinerlei Bezug zu der Schwerbehinderung des Klägers hätten. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe fest, dass der Kläger ausschließlich aus personalpolitischen Erwägungen, also aus Erwägungen, die zudem nicht seine fachliche Eignung beträfen, im Auswahlverfahren nicht berücksichtigt worden sei.

14

II. Diese Würdigung hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.

15

1. Der Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG setzt einen Verstoß gegen das in § 7 Abs. 1 AGG geregelte Benachteiligungsverbot voraus(§ 15 Abs. 2 iVm. § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG) und ist verschuldensunabhängig.

16

a) Das Benachteiligungsverbot in § 7 Abs. 1 AGG untersagt im Anwendungsbereich des AGG eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, ua. wegen einer Behinderung. Zudem dürfen Arbeitgeber nach § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX schwerbehinderte Beschäftigte nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligen. Im Einzelnen gelten hierzu nach § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX die Regelungen des AGG.

17

b) § 7 Abs. 1 AGG verbietet sowohl unmittelbare als auch mittelbare Benachteiligungen. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt eine - vorliegend ausschließlich in Betracht kommende - unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, ua. einer Behinderung, eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

18

aa) Im Hinblick auf eine - insbesondere bei einer Einstellung und Beförderung - zu treffende Auswahlentscheidung des Arbeitgebers befinden sich Personen grundsätzlich bereits dann in einer vergleichbaren Situation, wenn sie sich für dieselbe Stelle beworben haben (vgl. auch BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 29). Bereits deshalb kommt es, sofern ein Bewerber vorab ausgenommen und damit vorzeitig aus dem Bewerbungsverfahren ausgeschlossen wurde, nicht zwangsläufig auf einen Vergleich mit dem/der letztlich eingestellten Bewerber/in an.

19

bb) Ob eine vergleichbare Situation iSv. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG nur dann vorliegt, wenn der die Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG verlangende Bewerber für die ausgeschriebene Stelle auch „objektiv geeignet“ ist, kann im vorliegenden Verfahren dahinstehen.

20

(1) Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats ist für eine Vergleichbarkeit die am Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Stelle zu messende „objektive Eignung“ des Bewerbers erforderlich (vgl. etwa BAG 23. Januar 2014 - 8 AZR 118/13 - Rn. 18; 14. November 2013 - 8 AZR 997/12 - Rn. 29; 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 20 ff.; 21. Februar 2013 - 8 AZR 180/12 - Rn. 28, BAGE 144, 275; 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 35; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 26; 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - Rn. 37; ausdrücklich offengelassen allerdings von BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 29). Dies hat der Senat im Wesentlichen damit begründet, dass eine Benachteiligung nur angenommen werden könne, wenn eine Person, die an sich für die Tätigkeit geeignet sei, nicht ausgewählt oder nicht in Betracht gezogen worden sei. Könne hingegen auch ein objektiv ungeeigneter Bewerber immaterielle Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG verlangen, stehe dies nicht im Einklang mit dem Schutzzweck des AGG, das nur vor ungerechtfertigter Benachteiligung schützen, nicht aber eine unredliche Gesinnung des (potentiellen) Arbeitgebers sanktionieren wolle.

21

(2) Ob an dieser Rechtsprechung festgehalten werden kann, könnte ua. bereits deshalb zweifelhaft sein, weil § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG den Entschädigungsanspruch für Personen, die „bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden“ wären, nicht ausschließt, sondern lediglich der Höhe nach begrenzt. Zudem würde das Erfordernis der „objektiven Eignung“, da die Feststellung einer „vergleichbaren Situation“ nicht ohne Vergleichsbetrachtung auskommen kann, wohl eine parallele Überprüfung der „objektiven Eignung“ der eingeladenen Bewerber und Bewerberinnen nach sich ziehen müssen. Eine derartige Prüfung und Vergleichsbetrachtung findet jedoch möglicherweise weder in den Bestimmungen des AGG - hier insbesondere in der in § 22 AGG getroffenen „Beweislast“-Regelung - noch in den unionsrechtlichen Vorgaben, insbesondere in denen der Richtlinie 2000/78/EG eine hinreichende Grundlage.

22

(3) Die Frage, ob eine vergleichbare Situation iSv. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG nur dann angenommen werden kann, wenn der Bewerber für die ausgeschriebene Stelle auch „objektiv geeignet“ ist, muss im vorliegenden Verfahren jedoch nicht entschieden werden, da der Kläger für die ausgeschriebene Stelle objektiv geeignet ist. Daran ändert auch der Einwand des beklagten Landes nichts, der Kläger sei für die Stelle einer/eines Sachbearbeiterin/Sachbearbeiters des gehobenen Dienstes „überqualifiziert“. Mit diesem Einwand hat das beklagte Land die objektive Eignung des Klägers gerade nicht infrage gestellt, sondern eingeräumt, dass der Kläger über eine Qualifikation verfügt, die für die ausgeschriebene Stelle mehr als ausreichend war.

23

c) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats liegt eine Benachteiligung im Rahmen einer Auswahlentscheidung, insbesondere bei einer Einstellung oder Beförderung, bereits dann vor, wenn der Beschäftigte nicht in die Auswahl einbezogen, sondern vorab ausgeschieden wird. Die Benachteiligung liegt hier in der Versagung einer Chance (vgl. BAG 22. August 2013 - 8 AZR 563/12 - Rn. 36 mwN; 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 29; 28. Mai 2009 - 8 AZR 536/08 - Rn. 31, BAGE 131, 86). Bewerber/innen haben Anspruch auf ein diskriminierungsfreies Bewerbungs-/Stellenbesetzungsverfahren (vgl. BAG 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 23; 3. April 2007 - 9 AZR 823/06 - Rn. 33, BAGE 122, 54; vgl. auch BT-Drs. 12/5468 S. 44 zu § 611a BGB aF). Sind bereits die Chancen einer Bewerberin/eines Bewerbers durch ein diskriminierendes Verfahren beeinträchtigt worden, kommt es regelmäßig nicht mehr darauf an, ob eine nach § 1 AGG verbotene Anknüpfung bei der sich an das Auswahlverfahren anschließenden Einstellungsentscheidung noch eine nachweisbare Rolle gespielt hat(vgl. BVerfG 16. November 1993 - 1 BvR 258/86 - zu C I 2 c der Gründe, BVerfGE 89, 276 zu § 611a BGB aF für geschlechtsbezogene Benachteiligungen). Deshalb ist es auch ohne Bedeutung, ob es später im Zuge des Auswahlverfahrens tatsächlich zu einer Einstellung oder Beschäftigung kommt (BAG 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 23 mwN).

24

d) Das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG erfasst nicht jede Ungleichbehandlung, sondern nur eine Ungleichbehandlung „wegen“ eines in § 1 AGG genannten Grundes. Zwischen der benachteiligenden Behandlung und einem in § 1 AGG genannten Grund muss demnach ein Kausalzusammenhang bestehen. Dafür ist es nicht erforderlich, dass der betreffende Grund iSv. § 1 AGG das ausschließliche oder auch nur ein wesentliches Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist; er muss nicht - gewissermaßen als vorherrschender Beweggrund, Hauptmotiv oder „Triebfeder“ des Verhaltens - handlungsleitend oder bewusstseinsdominant gewesen sein; vielmehr ist der Kausalzusammenhang bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an einen Grund iSv. § 1 AGG anknüpft oder durch diesen motiviert ist, wobei die bloße Mitursächlichkeit genügt(vgl. etwa BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 34 mwN). Bei der Prüfung des Kausalzusammenhangs sind alle Umstände des Rechtsstreits im Sinne einer Gesamtbetrachtung und -würdigung des Sachverhalts zu berücksichtigen (vgl. EuGH 25. April 2013 - C-81/12 - [Asociatia ACCEPT] Rn. 50; 19. April 2012 - C-415/10 - [Meister] Rn. 42, 44 f.; BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 31 mwN).

25

e) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen, § 15 Abs. 1 AGG. Nach § 15 Abs. 2 AGG kann der oder die Beschäftigte wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs dient § 15 Abs. 2 AGG dazu, die „Forderungen der Richtlinien“ (hier insbesondere Richtlinie 2000/78/EG) sowie der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union(ua. EuGH 22. April 1997 - C-180/95 - [Draehmpaehl] Rn. 24, 39 f., Slg. 1997, I-2195) nach einer wirksamen und verschuldensunabhängig ausgestalteten Sanktion bei Verletzung des Benachteiligungsverbotes durch den Arbeitgeber umzusetzen (BT-Drs. 16/1780 S. 38; vgl. auch BAG 18. September 2014 - 8 AZR 759/13 - Rn. 26 mwN; 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - Rn. 33 mwN, BAGE 127, 367).

26

f) Für den Rechtsschutz bei Diskriminierungen sieht § 22 AGG eine Erleichterung der Darlegungslast, eine Absenkung des Beweismaßes und eine Umkehr der Beweislast vor. Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen, trägt nach § 22 AGG die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

27

aa) Danach genügt eine Person, die sich durch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für beschwert hält, ihrer Darlegungslast bereits dann, wenn sie Indizien vorträgt, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt ist(vgl. BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 33, BAGE 142, 158; 15. März 2012 - 8 AZR 37/11 - Rn. 65, BAGE 141, 48). Besteht die Vermutung einer Benachteiligung, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt worden ist (vgl. EuGH 25. April 2013 - C-81/12 - [Asociatia ACCEPT] Rn. 55 mwN; 10. Juli 2008 - C-54/07 - [Feryn] Rn. 32, Slg. 2008, I-5187; BAG 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 27). Hierfür gilt jedoch das Beweismaß des sog. Vollbeweises (vgl. etwa BAG 18. September 2014 - 8 AZR 753/13 - Rn. 33). Der Arbeitgeber muss demnach Tatsachen vortragen und ggf. beweisen, aus denen sich ergibt, dass ausschließlich andere als die in § 1 AGG genannten Gründe zu einer ungünstigeren Behandlung geführt haben. In dem Motivbündel des (potentiellen) Arbeitgebers darf der betreffende Grund weder als negatives noch der fehlende Grund als positives Kriterium enthalten gewesen sein (vgl. etwa BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 188/12  - Rn. 41 ; 16. Februar 2012 - 8  AZR 697/10  - Rn. 58 ; 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 45). Die Beweiswürdigung erfolgt nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO unter Zugrundelegung der Vorgaben von § 22 AGG(vgl. BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 32 ff. mwN).

28

bb) Sowohl die Würdigung der Tatsachengerichte, ob die von einem Bewerber/einer Bewerberin vorgetragenen und unstreitigen oder bewiesenen Haupt- und/oder Hilfstatsachen eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen, als auch deren Würdigung, ob die von dem Arbeitgeber seinerseits vorgebrachten Tatsachen den Schluss darauf zulassen, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligungen vorgelegen hat, sind nur eingeschränkt revisibel(vgl. etwa BAG 22. August 2013 - 8 AZR 563/12 - Rn. 49 mwN, 63). In beiden Fällen beschränkt sich die revisionsrechtliche Kontrolle darauf zu prüfen, ob das Landesarbeitsgericht sich den Vorgaben von § 286 Abs. 1 ZPO entsprechend mit dem Prozessstoff umfassend auseinandergesetzt hat, seine Würdigung also vollständig und des Weiteren rechtlich möglich und in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt(st. Rspr., vgl. BAG 23. Juli 2015 - 6 AZR 457/14 - Rn. 29; 18. September 2014 - 8 AZR 759/13 - Rn. 30; 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 42 mwN; 27. März 2014 - 6 AZR 989/12 - Rn. 37; 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 28; 22. August 2013 - 8 AZR 563/12 - Rn. 49; 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 34, BAGE 142, 158).

29

2. In Anwendung dieser Grundsätze ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts, der Kläger sei nicht wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes - hier: der Behinderung - benachteiligt worden, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Zwar hat der Kläger bereits dadurch eine ungünstigere Behandlung erfahren, dass er - anders als andere Bewerber - nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen und damit vorab aus dem Auswahlverfahren ausgeschieden wurde; auch liegen hinreichende Indizien vor, die eine Benachteiligung des Klägers wegen der Behinderung vermuten lassen. Das beklagte Land hat diese Vermutung jedoch - wie das Landesarbeitsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen hat - widerlegt und schuldet dem Kläger deshalb keine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG.

30

a) Es liegen zwar hinreichende Indizien vor, die eine Benachteiligung des Klägers wegen der Behinderung vermuten lassen.

31

aa) Die Vermutung, dass der Kläger wegen der Behinderung benachteiligt wurde, ist bereits deshalb begründet, weil das beklagte Land den Kläger entgegen der in § 82 Satz 2 SGB IX geregelten Verpflichtung nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen hat.

32

(1) Bewirbt sich ein schwerbehinderter Mensch bei einem öffentlichen Arbeitgeber um eine zu besetzende Stelle, so hat dieser ihn nach § 82 Satz 2 SGB IX zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Nach § 82 Satz 3 SGB IX ist eine Einladung nur entbehrlich, wenn dem schwerbehinderten Menschen die fachliche Eignung offensichtlich fehlt(zur Bedeutung näher BAG 12. September 2006 - 9 AZR 807/05 - Rn. 24 mwN, BAGE 119, 262). Damit muss der öffentliche Arbeitgeber einem sich bewerbenden schwerbehinderten Menschen die Chance eines Vorstellungsgesprächs auch dann gewähren, wenn dessen fachliche Eignung zwar zweifelhaft, aber nicht offensichtlich ausgeschlossen ist (BAG 12. September 2006 - 9 AZR 807/05 - aaO). Insoweit ist der schwerbehinderte Bewerber im Bewerbungsverfahren besser gestellt als nicht schwerbehinderte Konkurrenten.

33

Dem steht die Richtlinie 2000/78/EG auch dann nicht entgegen, wenn der andere Bewerber/die andere Bewerberin behindert iSv. § 2 Abs. 1 SGB IX ist. Zwar verlangt Art. 5 der Richtlinie 2000/78/EG von den Mitgliedstaaten, angemessene Vorkehrungen für Menschen mit Behinderung zu treffen, um den Zugang zur Beschäftigung zu gewährleisten; allerdings gestattet Art. 7 der Richtlinie positive Maßnahmen, die das Ziel haben, einer Eingliederung von Menschen mit Behinderung in die Arbeitswelt zu dienen oder diese Eingliederung zu fördern. Welche Maßnahmen und Vorkehrungen der Mitgliedstaat im Einzelnen zu treffen hat, ist dabei nicht vorgegeben (vgl. BAG 18. November 2008 - 9 AZR 643/07 - Rn. 48).

34

(2) Die Verletzung der in § 82 Satz 2 SGB IX geregelten Verpflichtung eines öffentlichen Arbeitgebers, eine/n schwerbehinderten Bewerber/in zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, begründet grundsätzlich die Vermutung einer Benachteiligung wegen der Behinderung. Diese Pflichtverletzung ist nämlich grundsätzlich geeignet, den Anschein zu erwecken, an der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen uninteressiert zu sein (vgl. BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 45 mwN).

35

(3) Das beklagte Land war nach § 82 Satz 2 SGB IX verpflichtet, den schwerbehinderten Kläger zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Von dieser Verpflichtung war es nicht nach § 82 Satz 3 SGB IX entbunden. Eine Einladung zum Vorstellungsgespräch war danach nicht entbehrlich. Dem Kläger fehlte - wie unter Rn. 22 ausgeführt - nicht offensichtlich die fachliche Eignung für die ausgeschriebene Stelle, sondern er war - im Gegenteil - überqualifiziert, verfügte also über eine Qualifikation, die für die ausgeschriebene Stelle mehr als ausreichend war.

36

bb) Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht ein weiteres Indiz für eine Benachteiligung des Klägers wegen der Behinderung darin gesehen, dass das beklagte Land die Schwerbehindertenvertretung entgegen den in § 81 Abs. 1 Satz 4, § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX getroffenen Bestimmungen nicht über die Bewerbung des Klägers unterrichtet hat.

37

(1) Das beklagte Land war nach § 81 Abs. 1 Satz 4, § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX verpflichtet, die Schwerbehindertenvertretung über die Bewerbung des Klägers zu unterrichten.

38

Nach § 81 Abs. 1 Satz 4 SGB IX hat der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung ua. über vorliegende Bewerbungen schwerbehinderter Menschen unmittelbar nach Eingang zu unterrichten. Nach § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX muss der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, unverzüglich und umfassend unterrichten. § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX ist eine Konkretisierung des in § 99 Abs. 1 SGB IX verankerten Grundsatzes der engen Zusammenarbeit von Arbeitgeber, Schwerbehindertenvertretung und Betriebs- oder Personalrat, der die Teilhabechancen schwerbehinderter Menschen sicherstellen soll. Die für die Eingliederung schwerbehinderter Menschen zuständige Schwerbehindertenvertretung (§ 95 Abs. 1 Satz 1 SGB IX) soll an der Willensbildung des Arbeitgebers mitwirken. Die Unterrichtungs- und Anhörungsrechte sollen es der Schwerbehindertenvertretung ermöglichen, auf eine sachdienliche Behandlung hinzuwirken, wenn die spezifischen Belange eines schwerbehinderten Menschen oder der schwerbehinderten Beschäftigten als Gruppe für die Entscheidung des Arbeitgebers erheblich sind. Dadurch sollen behinderungsbedingte Nachteile ausgeglichen und gleiche Teilhabechancen eröffnet werden (vgl. etwa BAG 22. August 2013 - 8 AZR 574/12 - Rn. 35; 17. August 2010 - 9 ABR 83/09 - Rn. 18, BAGE 135, 207).

39

Die aus § 81 Abs. 1 Satz 4, § 95 Abs. 2 SGB IX folgende Verpflichtung des beklagten Landes, die Schwerbehindertenvertretung über die Bewerbung des Klägers zu unterrichten, war entgegen der Ansicht des beklagten Landes nicht dadurch entfallen, dass dieses mit der Schwerbehindertenvertretung eine Vereinbarung getroffen hatte, wonach diese nur über die in die nähere Auswahl kommenden Bewerber informiert werden musste. Nur der schwerbehinderte Bewerber kann auf eine Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung verzichten, die Schwerbehindertenvertretung selbst hat demgegenüber keine Verzichtsmöglichkeit (BAG 22. August 2013 - 8 AZR 574/12 - Rn. 47). Dies folgt aus § 81 Abs. 1 Satz 10 SGB IX, wonach die Schwerbehindertenvertretung bei Bewerbungen schwerbehinderter Menschen nur dann nicht zu beteiligen ist, wenn der schwerbehinderte Mensch die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung ausdrücklich ablehnt.

40

(2) Unterlässt es der Arbeitgeber - wie hier - entgegen § 81 Abs. 1, § 95 Abs. 2 SGB IX, die Schwerbehindertenvertretung zu beteiligen, so ist dies nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ein Indiz iSd. § 22 AGG, das mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lässt, dass der schwerbehinderte Bewerber wegen der Behinderung benachteiligt wurde(vgl. etwa BAG 22. August 2013 - 8 AZR 574/12 - Rn. 35; 15. Februar 2005 - 9 AZR 635/03 - zu B IV 1 b bb (2) der Gründe, BAGE 113, 361).

41

b) Vorliegend kann dahinstehen, ob sich ein Indiz für eine Benachteiligung des Klägers wegen der Behinderung zudem daraus ergibt, dass das beklagte Land gegen die aus § 81 Abs. 1 Satz 2, § 82 Satz 1 SGB IX folgende Verpflichtung verstoßen hat, die zu besetzende Stelle der Bundesagentur für Arbeit zu melden. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, das beklagte Land habe die aus sämtlichen - dh. auch aus den zugunsten des Klägers unterstellten - Indizien folgende Vermutung der Kausalität der Behinderung für die Benachteiligung des Klägers widerlegt. Diese Würdigung des Landesarbeitsgerichts ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

42

aa) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen, insb. der vom beklagten Land zur Akte gereichten Bewerbermatrix und des Ergebnisses der Beweisaufnahme stehe fest, dass der Kläger ausschließlich aufgrund personalpolitischer Erwägungen, die zudem nicht seine fachliche Eignung beträfen, in dem Auswahlverfahren nicht berücksichtigt worden sei. Er sei - wie eine Reihe anderer Bewerber und Bewerberinnen mit Schwerbehinderung oder ohne Schwerbehinderung - ausschließlich wegen seines universitären Abschlusses nicht berücksichtigt worden. Ein universitärer Abschluss werde nur dann vorausgesetzt, wenn eine Stelle des „höheren Dienstes“ ausgeschrieben werde, nicht hingegen bei der Ausschreibung einer Stelle des „gehobenen Dienstes“. Der Kläger sei demnach für die für den gehobenen Dienst ausgeschriebene Stelle „überqualifiziert“ gewesen. Beim beklagten Land bestehe eine Praxis, wonach in diesem Sinne überqualifizierte Bewerber von vornherein von der Auswahl ausgeschlossen seien. Diese Praxis diene dazu, der Gefahr einer Frustration wegen mangelnder Auslastung bei dem Bewerber/der Bewerberin sowie der Gefahr von „Rangordnungskämpfen“ zwischen den Beschäftigten und einem besser qualifizierten „Neuen“ vorzubeugen. Zudem wirke sich aus, dass das beklagte Land zwei schwerbehinderte Bewerber mit einem GdB von 50 bzw. 70, die nicht über einen universitären Abschluss, sondern über einen Abschluss auf dem Niveau eines Fachhochschulstudiums verfügten, zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen habe.

43

bb) Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts lässt revisible Rechtsfehler nicht erkennen. Das Berufungsgericht hat sich mit dem Prozessstoff und dem Ergebnis der Beweisaufnahme umfassend auseinandergesetzt. Seine Beweiswürdigung ist vollständig, rechtlich möglich und in sich widerspruchsfrei und verstößt nicht gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze.

44

(1) Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers begegnet die Annahme des Landesarbeitsgerichts, dass die vom beklagten Land für die Herausnahme des Klägers aus dem weiteren Auswahlverfahren angeführten Gründe nicht die fachliche Eignung des Klägers betreffen, keinen rechtlichen Bedenken.

45

(a) Das Landesarbeitsgericht ist zunächst in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats zutreffend davon ausgegangen, dass es zur Widerlegung der auf den Verstoß gegen § 82 Satz 2 SGB IX gestützten Kausalitätsvermutung nicht ausgereicht hätte, wenn das beklagte Land Tatsachen vorgetragen und bewiesen hätte, aus denen sich ergab, dass ausschließlich andere Gründe als die Behinderung für die Benachteiligung des Klägers ausschlaggebend waren, sondern dass hinzukommen musste, dass diese Gründe nicht die fachliche Eignung des Klägers betrafen(vgl. etwa BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 188/12 - Rn. 42; 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 59). Diese zusätzliche Anforderung folgt aus der in § 82 Satz 3 SGB IX getroffenen Bestimmung, wonach eine Einladung des schwerbehinderten Bewerbers zu einem Vorstellungsgespräch nur dann entbehrlich ist, wenn dem Bewerber die fachliche Eignung offensichtlich fehlt. § 82 Satz 3 SGB IX enthält insoweit eine abschließende Regelung, die bewirkt, dass sich der (potentielle) Arbeitgeber zur Widerlegung der infolge der Verletzung des § 82 Satz 2 SGB IX vermuteten Kausalität nicht auf Umstände berufen kann, die die fachliche Eignung des Bewerbers berühren. Die Widerlegung dieser Vermutung setzt daher den Nachweis voraus, dass die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch aufgrund von Umständen unterblieben ist, die weder einen Bezug zur Behinderung aufweisen noch die fachliche Eignung des Bewerbers berühren. Diese Einschränkung gilt allerdings nur für den Bereich des öffentlichen Dienstes und nicht für private Arbeitgeber.

46

(b) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, dass die vom beklagten Land für die Herausnahme des Klägers aus dem Auswahlverfahren angeführten Gründe nicht die fachliche Eignung des Klägers betreffen, lässt revisible Rechtsfehler nicht erkennen.

47

Unter fachlicher Eignung ist die aufgrund einer Ausbildung oder aufgrund von Berufserfahrung erworbene Fähigkeit zu verstehen, die gestellten Aufgaben bewältigen zu können. Maßgeblich sind insoweit die Ausbildungs- oder Prüfungsvoraussetzungen für die zu besetzende Stelle, die durch die in der Stellenausschreibung geforderten Qualifikationsmerkmale konkretisiert werden (vgl. BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - Rn. 24, BAGE 131, 232; 12. September 2006 - 9 AZR 807/05 - Rn. 25, BAGE 119, 262). Diese Fähigkeit spricht das beklagte Land dem Kläger nicht ab. Es stellt nicht in Abrede, dass der Kläger aufgrund seiner Ausbildung in der Lage wäre, die im Rahmen der ausgeschriebenen Stelle zu erledigenden Aufgaben zu bewältigen. Das beklagte Land stützt seine Entscheidung, Bewerber mit einer bestimmten Qualifikation nicht zu berücksichtigen, vielmehr allein auf personalpolitische Gründe, die die fachliche Eignung der Bewerber/Bewerberinnen nicht betreffen. Zwar stellt es insoweit formal auf einen bestimmten Ausbildungsabschluss ab und macht geltend, der Kläger sei „überqualifiziert“, inhaltlich - und nur darauf und nicht auf die Bezeichnung kommt es an - betreffen die von ihm angeführten Erwägungen aber ausnahmslos Gründe der Personalpolitik, die die Mitarbeiterzufriedenheit und eine nachhaltige Personalplanung zum Ziel haben. Das beklagte Land befürchtet, „überqualifizierte“ Mitarbeiter könnten aufgrund der Wahrnehmung nicht ihrer Qualifikation entsprechender Aufgaben frustriert werden. Darüber hinaus geht es ihm darum, „Rangordnungskämpfe“ zwischen den formal unterschiedlich qualifizierten Mitarbeitern sowie eine Verdrängung der Bewerber „von oben nach unten“ bei der Besetzung von Beförderungsstellen zu vermeiden. Zudem verfolgt das beklagte Land das Ziel, Bewerber auszuwählen, die sich innerhalb einer Laufbahn fortentwickeln wollen und können und nicht von vornherein den Aufstieg in die höhere, ihrer formalen Qualifikation entsprechende Laufbahn anstreben.

48

(2) Das beklagte Land war auch nicht aus Rechtsgründen gehindert, sich zur Widerlegung der Vermutung der Kausalität der Behinderung des Klägers für dessen ungünstigere Behandlung auf die von ihm geltend gemachten personalpolitischen Erwägungen zu berufen. Insbesondere waren diese Erwägungen - entgegen der Rechtsauffassung des Klägers - nicht an den Vorgaben von Art. 33 Abs. 2 GG zu messen, wonach jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt hat und der öffentliche Arbeitgeber verpflichtet wird, jede Bewerbung nach diesen Kriterien zu beurteilen.

49

Zwar können für die Frage, mit welchen Tatsachen ein öffentlicher Arbeitgeber die Vermutung einer Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes widerlegen kann, grundsätzlich auch die Besonderheiten des Bewerbungsverfahrens für ein öffentliches Amt iSv. Art. 33 Abs. 2 GG von Bedeutung sein(vgl. etwa BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 188/12 - Rn. 42). Beruft sich der öffentliche Arbeitgeber aber - wie hier - zur Widerlegung der Kausalitätsvermutung, die auf Verstößen gegen Verfahrensvorschriften beruht, die zur Förderung der Chancen schwerbehinderter Menschen in konkreten Stellenbesetzungsverfahren geschaffen wurden, auf Gründe der Personalpolitik, die nicht an die Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG anknüpfen, muss er nicht darlegen und im Bestreitensfall beweisen, dass er den Grundsatz der Bestenauslese gewahrt hat. Jedenfalls in einem solchen Fall reicht es aus, wenn der öffentliche Arbeitgeber Tatsachen vorträgt und ggf. beweist, aus denen sich ergibt, dass es ausschließlich andere Gründe waren als die Behinderung, die zu der weniger günstigen Behandlung geführt haben, und in seinem Motivbündel weder die Behinderung als negatives noch die fehlende Behinderung als positives Kriterium enthalten war (vgl. etwa BAG 22. August 2013 - 8 AZR 563/12 - Rn. 64 f.). Des ungeachtet widerspricht es nicht Art. 33 Abs. 2 GG, wenn die öffentliche Verwaltung im Rahmen der ihr zustehenden Personal- und Organisationshoheit den Kreis der nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu vergleichenden Bewerber um ein öffentliches Amt aufgrund sachlicher Erwägungen einengt(BVerfG 11. November 1999 - 2 BvR 1992/99 - zu 2 der Gründe; vgl. BVerwG 21. Oktober 2010 - 1 WB 18/10 - Rn. 31, BVerwGE 138, 70). Solche Erwägungen liegen hier vor. Personalpolitische Erwägungen, die die Mitarbeiterzufriedenheit und eine nachhaltige Personalplanung zum Ziel haben, sind nicht sachwidrig.

50

Aus den Urteilen des Bundesarbeitsgerichts vom 16. September 2008 (- 9 AZR 791/07 - Rn. 30, BAGE 127, 367) sowie vom 12. September 2006 (- 9 AZR 807/05 - Rn. 29, BAGE 119, 262) folgt nichts Abweichendes. Diese Entscheidungen sind zum Benachteiligungsverbot des § 81 SGB IX in der bis zum 17. August 2006 geltenden Fassung (im Folgenden aF) ergangen. Danach trug der Arbeitgeber die Beweislast dafür, dass nicht auf die Behinderung bezogene, sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigten (§ 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 3 SGB IX aF). In § 81 Abs. 2 SGB IX in der ab dem 18. August 2006 geltenden Fassung heißt es demgegenüber, dass Arbeitgeber schwerbehinderte Beschäftigte nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligen dürfen und dass im Einzelnen hierzu die Regelungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes gelten. Danach kann der Arbeitgeber die Kausalitätsvermutung auch mit Gründen widerlegen, die die Benachteiligung nicht ohne Weiteres sachlich rechtfertigen (vgl. BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - Rn. 38, BAGE 131, 232).

51

(3) Das Landesarbeitsgericht durfte schließlich bei seiner Würdigung, ob das beklagte Land die Kausalitätsvermutung widerlegt hatte, auch den Umstand mitberücksichtigen, dass die beiden weiteren schwerbehinderten Bewerber, die nicht über einen universitären Abschluss verfügten, demnach nicht „überqualifiziert“ waren, zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden waren. Auch wenn dieser Umstand für sich genommen möglicherweise nicht ausreicht, die durch die Nichteinladung eines schwerbehinderten Bewerbers begründete Vermutung zu widerlegen (vgl. BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 188/12 - Rn. 46), spricht er jedenfalls gegen eine positive Berücksichtigung der fehlenden Behinderung anderer Bewerber (vgl. BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - Rn. 48, BAGE 131, 232).

52

C. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Schlewing    

        

    Winter    

        

    Vogelsang    

        

        

        

    R. Kandler    

        

    B. Wein    

                 

Leistungen zur Förderung der Verständigung werden erbracht, um Leistungsberechtigten mit Hör- und Sprachbehinderungen die Verständigung mit der Umwelt aus besonderem Anlass zu ermöglichen oder zu erleichtern. Die Leistungen umfassen insbesondere Hilfen durch Gebärdensprachdolmetscher und andere geeignete Kommunikationshilfen. § 17 Absatz 2 des Ersten Buches bleibt unberührt.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 5. Oktober 2010 - 13 Sa 488/10 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor des Urteils des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 5. Oktober 2010 - 13 Sa 488/10 - klarstellend wie folgt neu gefasst wird:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 28. Januar 2010 - 11 Ca 7932/09 - teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger eine Entschädigung in Höhe von 2.700,00 Euro zu zahlen. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Die Anschlussrevision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 5. Oktober 2010 - 13 Sa 488/10 - wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens haben Kläger und Beklagte je zur Hälfte zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Entschädigungsanspruch des Klägers wegen einer Benachteiligung aufgrund seiner Behinderung bei einer Bewerbung.

2

Der Kläger war nach dem Abschluss der Berufsausbildung zum Elektroinstallateur ua. als Pförtner und Fahrer von Oktober 1987 bis Dezember 1990 tätig. In den Folgejahren arbeitete er ua. als Monteur, legte die Meisterprüfung als Elektroinstallateur ab und arbeitete als Haushandwerker und Fahrer von Juli 1999 bis Dezember 2006. Der Kläger ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 60.

3

Am 18. März 2004 hatte das Bundesministerium des Innern (BMI) mit der Hauptschwerbehindertenvertretung des BMI, der Hauptschwerbehindertenvertretung des Bundesgrenzschutzes (BGS), den jeweiligen Hauptpersonalräten, der Schwerbehindertenvertretung des BMI, dem Personalrat des BMI und der Gleichstellungsbeauftragten eine „Rahmenvereinbarung zur Integration schwerbehinderter und diesen gleichgestellten behinderten Menschen im Bundesministerium des Innern und den Behörden seines Geschäftsbereichs (einschließlich BGS) gemäß § 83 Sozialgesetzbuch - Neuntes Buch (SGB IX)“(im Folgenden: Rahmenintegrationsvereinbarung) geschlossen. In dieser Rahmenvereinbarung ist ua. das Folgende geregelt:

        

1. Präambel

        

(1) Schwerbehinderte Menschen im Bundesministerium des Innern und den Behörden seines Geschäftsbereichs (einschl. BGS)1 sind wie alle anderen Beschäftigten leistungsfähig und leistungsbereit. ...

        

(2) Mit dieser Rahmenintegrationsvereinbarung werden die Maßnahmen und Möglichkeiten aufgezeigt, die die beruflichen Chancen und die konkreten Arbeitsbedingungen dieser Kolleginnen und Kollegen in der Dienststelle weiter verbessern sollen. ...

        

(3) Alle beteiligten Stellen und Personen sind verpflichtet, vertrauensvoll zusammenzuarbeiten und im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der vorhandenen Möglichkeiten den Anliegen der schwerbehinderten Menschen verständnisvoll, sach- und behindertengerecht zu begegnen. Soweit der Dienststelle vom Gesetzgeber ein Ermessensspielraum zugestanden wird, sollte dieser im Interesse der schwerbehinderten Beschäftigten möglichst großzügig gehandhabt werden.

                 
        

2. Ziele

        

(1) Nach Art. 3 Abs. 3 GG unterliegen behinderte Menschen dem besonderen Schutz des Grundgesetzes. Die Dienststelle wahrt die Rechte der schwerbehinderten Beschäftigten und berücksichtigt ihre Belange bei allen Maßnahmen, von denen sie berührt sind.

        

(2) Schwerbehinderte Beschäftigte dürften bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme, insbesondere bei der Begründung des Dienst-, Arbeits- oder sonstigen Beschäftigungsverhältnisses, beim beruflichen Aufstieg oder bei einer Kündigung nicht wegen ihrer Schwerbehinderung benachteiligt werden. ...

                 
        

4. Personalmanagement

        

…       

        

4.2.4 Einstellung

        

…       

        

(3) Hinsichtlich der sonstigen Eignung, insbesondere der beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten, gilt uneingeschränkt das Leistungsprinzip im Wettbewerb mit anderen nichtbehinderten Bewerbern.

        

…       

        

(5) Schwerbehinderte Bewerberinnen und Bewerber sind zu Auswahlverfahren zuzulassen, es sei denn, dass sie nach den vorgelegten Unterlagen für eine Verwendung auf Grund bestehender Ausbildungs- oder Prüfungsvoraussetzungen offensichtlich nicht geeignet erscheinen. Von einer Einladung zum Auswahlverfahren ist abzusehen, wenn zwischen Zentralabteilung, Schwerbehindertenvertretung und Gleichstellungsbeauftragter Einvernehmen besteht, dass die Bewerberin oder der Bewerber für den freien Arbeitsplatz nicht in Betracht kommt. Der Personalrat ist vor dieser Entscheidung anzuhören.

        

…       

        

(7) Die Verpflichtung zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen wird durch andere gesetzliche Verpflichtungen zur bevorzugten Einstellung und Beschäftigung bestimmter Personengruppen nicht berührt (§ 122 SGB IX).

        

…       

        

12 Schlussbestimmungen und Inkrafttreten

        

...     

        

(2) Rechtsvorschriften und tarifliche Regelungen werden durch diese Vereinbarung nicht berührt.“

4

Die dem Bundesministerium des Innern unterstellte B schrieb am 13. März 2009 eine Stelle als Pförtner/in, Wächter/in aus. In der Ausschreibung heißt es:

        

„...   

        

Die B hat zum nächstmöglichen Zeitpunkt einen Dienstposten für Tarifbeschäftigte im Sachbereich 37 (Zentraler Dienst) für den Pförtner- und Wachdienst zu besetzen und sucht deshalb

        

eine Pförtnerin/Wächterin bzw. einen Pförtner/Wächter.

        

Die Tätigkeit ist mit der Entgeltgruppe 3 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD) bewertet.

        

Das Aufgabengebiet beinhaltet:

        

•       

Kontrolle des ein- und ausgehenden Personenverkehrs sowie des ein- und ausfahrenden Kfz-Verkehrs einschließlich Kontrolle der entsprechenden Ausweise sowie der Berechtigung zum Aufenthalt in der Liegenschaft

        

•       

Empfang und Anmeldung von Besuchern, Erteilen von Auskünften

        

•       

Bestreifung des Geländes der Liegenschaft F

                 
        

Anforderungen:

        

•       

Bereitschaft zur flexiblen Arbeitszeitgestaltung in Form eines Regeldienstes rund um die Uhr (Früh-, Spät- und Nachtdienst)

        

•       

gepflegtes Erscheinungsbild, überzeugendes und sicheres Auftreten sowie gute Umgangsformen

        

•       

körperliche Eignung

        

•       

gute Deutschkenntnisse in Wort und Schrift

        

•       

Erfahrungen oder Ausbildung im Bereich des Wach- und Sicherheitsdienstes vorteilhaft

        

•       

Bereitschaft zum Führen einer Schusswaffe

        

•       

Führungszeugnis ohne Eintrag (braucht in der Bewerbung noch nicht vorgelegt werden!)

                 
        

Eine Besetzung mit Teilzeitkräften ist grundsätzlich möglich. Bereitschaft zur flexiblen Arbeitszeitgestaltung gemäß den dienstlichen Erfordernissen wird vorausgesetzt.

        

Die B ist bestrebt, den Frauenanteil zu erhöhen. Bewerbungen von Frauen sind besonders erwünscht. Bei gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung werden Frauen nach Maßgabe des Bundesgleichstellungsgesetzes bevorzugt berücksichtigt.

        

Im Rahmen der Stellenbesetzungen werden die Gleichstellungsbeauftragte und die Vertrauensperson der Schwerbehinderten beteiligt. Schwerbehinderte werden bei gleicher Eignung bevorzugt berücksichtigt, es wird ein Mindestmaß an körperlicher Eignung verlangt.

        

...“   

5

Mit Schreiben vom 16. März 2009 bewarb sich der Kläger um die ausgeschriebene Stelle. Auszugsweise lautet die Bewerbung des Klägers wie folgt:

        

„Ich bin 43 Jahre alt und habe ausreichend Berufserfahrung im Fahr- und Pfortendienst inclusive Personen- und Zugangskontrolle. Durch diese Berufserfahrung und meine bisherigen Qualifikationen fühle ich mich bestens geeignet, die von Ihnen ausgeschriebene Stelle ideal zu besetzen.

        

Bereits bei meiner Tätigkeit als Fahrer/Pförtner beim S in Be, habe ich die Hauptaufgaben in diesem Arbeitsbereich frühzeitig kennen gelernt. Durch meine langjährige Berufserfahrung verfüge ich über umfangreiche Kenntnisse in der Personen- und Fahrzeugkontrolle sowie in der mündlichen bzw. telefonischen Auskunftserteilung und als Lotse bezüglich der Besuchereinweisung vor Ort innerhalb der Liegenschaften. Aufgaben, wie die Zustellung und Beförderung der Post, sowie der Personentransport im städtischen und ländlichen Bereich, gehörten auch zu meinen täglichen Schwerpunktaufgaben. Ich bin im Besitz aller Führerscheinklassen.

        

Wörter, wie Diskretion, Verlässlich- und Pünktlichkeit sind keinesfalls fremd für mich, genauso wie ein gepflegtes Äußeres und ein hohes Maß an Zuverlässigkeit und Loyalität. Meine vorhandene Schwerbehinderung mit einem GdB von 60 würde mich weder körperlich noch geistig für die geforderten Aufgaben in Ihrem Hause einschränken, so dass ich gerne meine Fähig- und Fertigkeiten bei Ihnen einbringen würde.

        

Der von Ihnen beschriebene Arbeitseinsatz im Schichtdienst kommt meiner derzeitigen Lebenssituation entgegen.“

6

Zu den dem Bewerbungsschreiben beigefügten Unterlagen gehörte ua. auch eine Kopie des Schwerbehindertenausweises des Klägers. Auf dem Ausweis ist maschinenschriftlich ein GdB von 50 befristet bis März 2007 und handschriftlich ein GdB von 60 seit dem 29. Juni 2004 mit einem eingestempelten Gültigkeitsdatum bis Januar 2022 vermerkt.

7

Im Rahmen des Auswahlverfahrens für die zu besetzende Stelle beteiligte das BMI seine Zentralabteilung, die Schwerbehindertenvertretung, die Gleichstellungsbeauftragte sowie den Personalrat. Zwischen diesen herrschte Einvernehmen darüber, dass der Kläger für die Stelle wegen offensichtlich fehlender Eignung nicht in Betracht komme. Von seiner Einladung zu einem Vorstellungsgespräch wurde deshalb abgesehen. Zu Vorstellungsgesprächen wurden neben fünf Männern auch fünf Frauen eingeladen. Ausweislich der von der Beklagten vorgelegten Unterlagen zum Bewerbungsverfahren bewarben sich auf die ausgeschriebene Stelle neben dem Kläger auch weitere schwerbehinderte bzw. gleichgestellte Bewerber, die ebenfalls nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurden.

8

Mit Schreiben vom 11. Mai 2009 teilte die B dem Kläger mit, dass man sich im Auswahlverfahren für eine Bewerberin entschieden habe.

9

Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 29. Mai 2009 die B aufgefordert hatte, ihn bei der Besetzung der Stelle zu berücksichtigen, machte er mit Schreiben vom 18. Juni 2009 Entschädigungs- bzw. Schadensersatzansprüche iHv. sechs Monatsgehältern wegen der Nichteinstellung geltend. Dem trat die Beklagte mit Schreiben vom 10. Juli 2009 entgegen.

10

Mit seiner am 15. September 2009 beim Arbeitsgericht Frankfurt am Main eingegangenen und der Beklagten am 28. September 2009 zugestellten Klage nimmt der Kläger die Beklagte auf Zahlung einer Entschädigung in Höhe von drei Monatsgehältern der Entgeltgruppe 3, Stufe 2, des TVöD in Anspruch.

11

Der Kläger vertritt die Ansicht, die nicht erfolgte Einladung zum Vorstellungsgespräch sei ein Indiz dafür, dass er wegen seiner Behinderung benachteiligt worden sei. Da ihm die fachliche Eignung nicht offensichtlich gefehlt habe, wäre er einzuladen gewesen. Auf das Absehen von einer Einladung aufgrund Ziff. 4.2.4 Abs. 5 der Rahmenintegrationsvereinbarung vom 18. März 2004 könne sich die Beklagte nicht mit Erfolg berufen, da sonst § 82 SGB IX umgangen würde.

12

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.723,28 Euro zu zahlen.

13

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

14

Sie macht geltend, der Kläger habe im Bewerbungsverfahren seine Schwerbehinderteneigenschaft nicht zweifelsfrei nachgewiesen. Außerdem seien wegen § 19 Haushaltsgesetz 2009 Versetzungsbewerber und wegen § 7 BGleiG bevorzugt Frauen zu berücksichtigen gewesen, da diese unterrepräsentiert gewesen seien. Der Kläger sei zudem deshalb nicht eingeladen worden, weil den Unterlagen kein Hinweis auf eine Sachkundeprüfung nach § 34a(Bewachungsgewerbe) GewO zu entnehmen gewesen sei. Vor allem habe eine Einladung zum Vorstellungsgespräch deshalb unterbleiben dürfen, weil nach Ziff. 4.2.4 Abs. 5 der Rahmenintegrationsvereinbarung vom 18. März 2004 Einvernehmen bestanden habe, dass der Kläger für den freien Arbeitsplatz nicht in Betracht komme. Jedenfalls treffe die Beklagte weder Vorsatz noch grobe Fahrlässigkeit.

15

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht die Beklagte zur Zahlung von 2.700,00 Euro verurteilt. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger erstrebt mit seiner Anschlussrevision die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 5.723,28 Euro.

Entscheidungsgründe

16

Die Revision der Beklagten ist unbegründet, während die Anschlussrevision des Klägers unzulässig ist.

17

A. Sein Urteil, mit dem es die Beklagte zur Zahlung einer Entschädigung von 2.700,00 Euro an den Kläger verurteilt hat, hat das Landesarbeitsgericht im Wesentlichen wie folgt begründet: Der Kläger sei wegen eines Merkmals iSd. § 1 AGG, nämlich seiner Behinderung, benachteiligt worden(§ 7 Abs. 1 AGG). Dafür habe er mit der Nichteinladung zum Vorstellungsgespräch (§ 82 SGB IX) ein ausreichendes Indiz vorgetragen. Die fachliche Eignung habe dem Kläger nicht offensichtlich gefehlt, da er das nach der Stellenausschreibung erforderliche Anforderungsprofil erfülle. Eine Sachkundeprüfung nach § 34a(Bewachungsgewerbe) GewO werde dort nicht verlangt. Die Beklagte habe die Vermutung der Benachteiligung wegen der Behinderung nicht entkräftet. Insbesondere könne sie sich nicht erfolgreich darauf berufen, die am Einstellungsverfahren Beteiligten seien übereinstimmend der Auffassung gewesen, der Kläger sei offensichtlich nicht geeignet. Die Rahmenintegrationsvereinbarung sei nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam, da mit ihr in unzulässiger Weise der Rechtsschutz schwerbehinderter Menschen beschnitten werde. Es werde mit Ziff. 4.2.4 Abs. 5 der Rahmenintegrationsvereinbarung der Eindruck erweckt, eine gerichtliche Überprüfung der Voraussetzungen einer offensichtlich fehlenden fachlichen Eignung sei nicht mehr möglich. Dies unterlaufe den allgemeinen Justizgewährungsanspruch. Auch § 15 Abs. 3 AGG sei zugunsten der Beklagten nicht einschlägig. Ob § 15 Abs. 3 AGG gegen EU-Richtlinien verstoße, könne dahinstehen, denn die Beklagte treffe jedenfalls der Vorwurf grob fahrlässigen Verhaltens. Die Beklagte habe an der Rahmenintegrationsvereinbarung selbst mitgewirkt. Sie hätte erkennen müssen, dass kollektiv-rechtliche Regelungen, die den Zugang zu den Gerichten beschneiden, verfassungswidrig sind.

18

In Anbetracht von Art und Schwere der Benachteiligung, ihrer Dauer, ihrer Folgen, des Anlasses und des Beweggrundes des Handelns, des Grades der Verantwortlichkeit und der Genugtuungsfunktion sowie der Notwendigkeit einer abschreckenden Wirkung der zuzusprechenden Entschädigung sei vorliegend eine solche in Höhe von 2.700,00 Euro angemessen.

19

Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält nicht in allen Teilen der Begründung, wohl aber im Ergebnis einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

20

B. Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet.

21

I. Streitgegenstand ist ein Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung wegen eines immateriellen Schadens (§ 15 Abs. 2 AGG) und nicht ein auf Ersatz eines Vermögensschadens gerichteter Schadensersatzanspruch (§ 15 Abs. 1 AGG). Zwar verwendet der Kläger zur Begründung der Klage wiederholt den Begriff „Schadensersatz“, jedoch macht er ausweislich der von ihm gegebenen Begründung keinen Schadensersatzanspruch geltend. Insbesondere kann der Klagebegründung nicht entnommen werden, dass der Kläger einen konkreten Verdienstausfall für einen bestimmten Zeitraum wegen unterbliebener Einstellung begehrt. Auch behauptet er nicht, er wäre als am besten geeigneter Bewerber von der Beklagten einzustellen gewesen. Mit der von ihm angegebenen Klageforderung von 5.723,28 Euro hat der Kläger ausdrücklich drei Monatsgehälter ersichtlich als Entschädigung iSv. § 15 Abs. 2 AGG gefordert.

22

II. Die Klage ist in Höhe des ausgeurteilten Betrags (2.700,00 Euro) begründet.

23

1. Die Beklagte hat bei der Besetzung der Stelle eines Pförtners/Wächters bzw. einer Pförtnerin/Wächterin im Frühjahr 2009 gegen das Verbot verstoßen, schwerbehinderte Beschäftigte wegen ihrer Behinderung zu benachteiligen (§ 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX, §§ 7, 1 AGG). Der Kläger hat als benachteiligter schwerbehinderter Beschäftigter nach § 81 Abs. 2 SGB IX, § 15 Abs. 2 AGG Anspruch auf eine angemessene Entschädigung in Geld.

24

a) Der persönliche Anwendungsbereich des AGG ist eröffnet. Der Kläger ist als Bewerber „Beschäftigter“ im Sinne des AGG. Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG gelten als Beschäftigte auch Bewerberinnen und Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis. Für den Bewerberbegriff kommt es dabei weder auf die objektive Eignung (vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 466/09 - AP AGG § 3 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 12) noch auf die subjektive Ernsthaftigkeit der Bewerbung an. An der subjektiven Ernsthaftigkeit bestehen unabhängig davon keine Zweifel. Das Fehlen einer solchen würde auch nur zum Einwand treuwidrigen Verhaltens des Bewerbers führen (vgl. BAG 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/11 -).

25

b) Die Beklagte ist als „Arbeitgeber“ passiv legitimiert. Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 AGG ist Arbeitgeber im Sinne des Gesetzes, wer „Personen nach Absatz 1“ des § 6 AGG „beschäftigt“. Arbeitgeber ist also derjenige, der um Bewerbungen für ein von ihm angestrebtes Beschäftigungsverhältnis bittet (vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 370/09 - AP SGB IX § 81 Nr. 19 = EzA AGG § 15 Nr. 11). Dies trifft auf die Beklagte aufgrund der Stellenausschreibung zu.

26

2. Der Kläger hat seinen Anspruch innerhalb der Fristen des § 15 Abs. 4 AGG geltend gemacht.

27

a) Die Ablehnung der Bewerbung wurde dem Kläger mittels Schreibens der B vom 11. Mai 2009 mitgeteilt. Mit Schreiben vom 18. Juni 2009 machte der Kläger Entschädigungs- bzw. Schadensersatzansprüche geltend. Damit hat er die Zweimonatsfrist für die schriftliche Geltendmachung nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG gewahrt. Unerheblich ist, ob der Kläger sein Schreiben vom 18. Juni 2009 unterschrieben hat. Das Schriftformgebot des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG verlangt nicht die gesetzliche Schriftform nach § 126 Abs. 1 BGB, ausreichend ist vielmehr die Textform nach § 126b BGB(vgl. BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - EzA AGG § 22 Nr. 3). Für die Textform nach § 126b BGB muss zwar - neben der Nennung der Person des Erklärenden - der Abschluss der Erklärung durch Nachbildung der Namensunterschrift oder anders erkennbar gemacht werden. Hierzu genügt aber eine Grußformel oder die Nennung des Namens am Textende (vgl. MüKoBGB/Einsele 6. Aufl. § 126b BGB Rn. 6; Palandt/Ellenberger BGB 71. Aufl. § 126b Rn. 5). Diesen Erfordernissen genügt das Schreiben vom 18. Juni 2009 mit der Grußformel am Textende unter Namensnennung. Nicht erforderlich war, dass der Kläger die Entschädigungsforderung bezifferte (vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 466/09 - AP AGG § 3 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 12).

28

b) Die am 15. September 2009 beim Arbeitsgericht Frankfurt am Main eingegangene Klage, die der Beklagten am 28. September 2009 zugestellt wurde, hat die Frist des § 61b Abs. 1 ArbGG gewahrt. Sie wurde innerhalb von drei Monaten nach der schriftlichen Geltendmachung des Anspruchs erhoben. Für die Fristwahrung genügte gemäß § 167 ZPO der Eingang der Klage beim Arbeitsgericht, weil deren Zustellung demnächst erfolgte(vgl. BAG 24. April 2008 - 8 AZR 257/07 - AP AGG § 33 Nr. 2 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 6, zu § 611a BGB aF).

29

3. Die vom Landesarbeitsgericht festgestellten Tatsachen lassen einen Verstoß der Beklagten gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 AGG iVm. § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX vermuten.

30

a) Voraussetzung für einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG ist ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 AGG. § 15 Abs. 2 AGG enthält nur eine Rechtsfolgenregelung, jedoch ist für die Voraussetzungen des Anspruchs auf § 15 Abs. 1 AGG zurückzugreifen. Dies ergibt sich aus dem systematischen Zusammenhang (vgl. BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16/10 - BVerwGE 139, 135; BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - AP AGG § 15 Nr. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21).

31

b) Der Kläger hat eine Benachteiligung im Hinblick auf seine Behinderung erfahren.

32

aa) Der Begriff der Behinderung im Sinne von § 1 AGG, wegen der gemäß § 7 AGG Beschäftigte nicht benachteiligt werden dürfen, entspricht den gesetzlichen Definitionen in § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX und § 3 BGG(vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 31). Auf einen bestimmten Grad der Behinderung kommt es nicht an (vgl. BAG 3. April 2007 - 9 AZR 823/06 - BAGE 122, 54 = AP SGB IX § 81 Nr. 14 = EzA SGB IX § 81 Nr. 15). Der Kläger, für den seit dem 10. April 2003 ein Grad der Behinderung von 50 und seit dem 29. Juni 2004 ein Grad der Behinderung von 60, dh. eine Schwerbehinderung, festgestellt ist, unterfällt dem Behindertenbegriff des § 1 AGG.

33

bb) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation. Der Kläger erfuhr eine weniger günstige Behandlung als die eingestellte Bewerberin. Weniger günstig war auch die Behandlung des Klägers im Vergleich mit den zu Vorstellungsgesprächen eingeladenen Bewerbern/innen. Ein Nachteil im Rahmen einer Auswahlentscheidung, insbesondere bei einer Einstellung und Beförderung, liegt bereits vor, wenn der Beschäftigte - wie hier der Kläger - nicht in die Auswahl einbezogen, sondern vorab ausgenommen wird. Die Benachteiligung liegt in der Versagung einer Chance (vgl. BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - AP AGG § 15 Nr. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21).

34

cc) Der Kläger und die letztlich eingestellte Bewerberin befanden sich auch in einer vergleichbaren Situation.

35

Das Vorliegen einer vergleichbaren Situation setzt voraus, dass der Kläger objektiv für die ausgeschriebene Stelle geeignet war, denn vergleichbar (nicht: gleich) ist die Auswahlsituation nur für Arbeitnehmer, die gleichermaßen die objektive Eignung für die zu besetzende Stelle aufweisen (vgl. BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - AP AGG § 15 Nr. 6 = EzA AGG § 15 Nr. 13). Für das Vorliegen einer Benachteiligung ist es erforderlich, dass eine Person, die an sich für die Tätigkeit geeignet wäre, nicht ausgewählt oder schon nicht in Betracht gezogen wurde. Könnte auch ein objektiv ungeeigneter Bewerber immaterielle Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG verlangen, stünde dies nicht im Einklang mit dem Schutzzweck des AGG. Das AGG will vor ungerechtfertigter Benachteiligung schützen, nicht eine unredliche Gesinnung des (potentiellen) Arbeitgebers sanktionieren. Die objektive Eignung ist also keine ungeschriebene Voraussetzung der Bewerbereigenschaft, sondern Kriterium der „vergleichbaren Situation“ iSd. § 3 Abs. 1 AGG(vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 466/09 - AP AGG § 3 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 12).

36

Grundsätzlich ist für die objektive Eignung nicht auf das formelle Anforderungsprofil, welches der Arbeitgeber erstellt hat, abzustellen, sondern auf die Anforderungen, die der Arbeitgeber an einen Stellenbewerber stellen durfte. Zunächst ist davon auszugehen, dass der Arbeitgeber über den der Stelle zugeordneten Aufgabenbereich und die dafür geforderten Qualifikationen des Stelleninhabers frei entscheiden darf. Durch das Stellen von Anforderungen an den Bewerber, die nach der im Arbeitsleben herrschenden Verkehrsanschauung durch die Erfordernisse der wahrzunehmenden Aufgaben unter keinem nachvollziehbaren Gesichtspunkt gedeckt sind, darf er allerdings die Vergleichbarkeit der Situation nicht willkürlich gestalten und dadurch den Schutz des AGG de facto beseitigen (vgl. BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - AP AGG § 15 Nr. 6 = EzA AGG § 15 Nr. 13). Diese Grundsätze gelten allerdings bei der Besetzung von Stellen öffentlicher Arbeitgeber nur eingeschränkt. Während der private Arbeitgeber im Rahmen der oben dargelegten Grundsätze frei ist, welche Anforderungen er in seiner Stellenausschreibung an Bewerber stellt und ob er dann bei seiner Auswahlentscheidung von einzelnen dieser geforderten Qualifikationen abweicht, hat der öffentliche Arbeitgeber Art. 33 Abs. 2 GG zu beachten. Hiernach besteht nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung Anspruch auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Öffentliche Ämter in diesem Sinne sind nicht nur Beamtenstellen, sondern auch Stellen, die mit Arbeitern und Angestellten besetzt werden. Art. 33 Abs. 2 GG dient zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes, dessen fachliches Niveau und rechtliche Integrität gewährleistet werden sollen(sog. Bestenauslese), zum anderen trägt er dem berechtigten Interesse des Bewerbers an seinem beruflichen Fortkommen Rechnung. Art. 33 Abs. 2 GG begründet ein grundrechtsgleiches Recht auf rechtsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl und auf deren Durchführung anhand der in der Regelung - hier der Stellenausschreibung - genannten Auswahlkriterien(sog. Bewerbungsverfahrensanspruch; vgl. BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - aaO).

37

Die in Art. 33 Abs. 2 GG genannten Gesichtspunkte der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung sind die allein maßgeblichen Kriterien für die Bewerberauswahl; andere Kriterien sind nicht zulässig. Allerdings bestimmt Art. 33 Abs. 2 GG nicht, auf welchen Bezugspunkt sich diese Kriterien beziehen. Dies folgt erst aus dem Anforderungsprofil, welches als Funktionsbeschreibung des Dienstpostens objektiv die Kriterien bestimmt, die der künftige Stelleninhaber erfüllen muss. Über die Einrichtung und nähere Ausgestaltung von Dienstposten entscheidet grundsätzlich der Dienstherr nach seinen organisatorischen Bedürfnissen und Möglichkeiten. Es obliegt daher auch seinem organisatorischen Ermessen, wie er einen Dienstposten zuschneiden will und welche Anforderungen demgemäß der Bewerberauswahl zugrunde zu legen sind. Erst aus diesem Zuschnitt des zu vergebenden Amtes oder Dienstpostens werden daher die Anforderungen bestimmt, an denen konkurrierende Bewerber zu messen sind (vgl. BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - AP AGG § 15 Nr. 6 = EzA AGG § 15 Nr. 13).

38

Mit der Bestimmung eines Anforderungsprofils für die zu vergebende Stelle legt der Dienstherr die Kriterien für die Auswahl der Bewerber fest; an ihm werden die Eigenschaften und Fähigkeiten der Bewerber gemessen (vgl. BVerfG 8. Oktober 2007 - 2 BvR 1846/07 - BVerfGK 12, 284). Der öffentliche Arbeitgeber hat im Anforderungsprofil die formalen Voraussetzungen, fachlichen Kenntnisse und Fähigkeiten sowie außerfachlichen Kompetenzen zu beschreiben, die ein Bewerber für eine erfolgreiche Bewältigung der künftigen Tätigkeit benötigt und die dementsprechend der leistungsbezogenen Auswahl zugrunde zu legen sind (vgl. BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16/10 - BVerwGE 139, 135). Aufgrund des Anforderungsprofils sollen einerseits geeignete Bewerber gefunden, andererseits ungeeignete Bewerber schon im Vorfeld der eigentlichen Auswahlentscheidung aus dem Kreis der in das engere Auswahlverfahren einzubeziehenden Bewerber ausgeschlossen werden. Mit der Festlegung des Anforderungsprofils wird ein wesentlicher Teil der Auswahlentscheidung vorweggenommen. Zugleich bestimmt der öffentliche Arbeitgeber mit dem Anforderungsprofil den Umfang seiner der eigentlichen Auswahlentscheidung vorgelagerten verfahrensrechtlichen Verpflichtung nach § 82 Satz 2 und Satz 3 SGB IX(vgl. BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16/10 - aaO).

39

Für die Dauer des Auswahlverfahrens bleibt der Arbeitgeber an das in der veröffentlichten Stellenbeschreibung bekannt gegebene Anforderungsprofil gebunden (vgl. BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - BAGE 131, 232 = AP SGB IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1).

40

Unter Beachtung dieser Grundsätze bestehen unter Zugrundelegung des Anforderungsprofils in der Stellenausschreibung vom 13. März 2009 an der objektiven Eignung des Klägers für die von der Beklagten ausgeschriebene Stelle keine Zweifel. Die Beklagte hat mit ihrer Ausschreibung eine Pförtnerin/Wächterin bzw. einen Pförtner/Wächter gesucht und dazu ein Anforderungsprofil aufgestellt, wonach die Bereitschaft zur flexiblen Arbeitszeitgestaltung, ein gepflegtes Erscheinungsbild, ein überzeugendes und sicheres Auftreten, gute Umgangsformen, körperliche Eignung, gute Deutschkenntnisse in Wort und Schrift, die Bereitschaft zum Führen einer Schusswaffe und ein Führungszeugnis ohne Eintrag verlangt wurde. Erfahrungen oder eine Ausbildung im Bereich des Wach- und Sicherheitsdienstes waren nach dem Anforderungsprofil nicht vorausgesetzt, sondern nur vorteilhaft. Fachliche Voraussetzungen werden mit dem Anforderungsprofil nicht aufgestellt. Der Kläger hatte in der Vergangenheit bereits als Pförtner gearbeitet und ausweislich seines Bewerbungsschreibens umfangreiche Kenntnisse im Bereich von Personen- und Fahrzeugkontrollen. Im Hinblick auf die vom Kläger in der Vergangenheit verrichteten Tätigkeiten und ausweislich der Angaben des Klägers im Bewerbungsschreiben ist auch von seiner körperlichen Eignung auszugehen. Auch die Beklagte zieht diese nicht in Zweifel. Dass der Kläger zum Zeitpunkt der Bewerbung keine Sachkundeprüfung nach § 34a Abs. 1 Satz 5 GewO abgelegt hatte, ist im Hinblick auf das verbindliche Anforderungsprofil der Beklagten nicht relevant. Auch ist davon auszugehen, dass der Kläger die Anforderungen im Erscheinungsbild und Auftreten erfüllt, zumal etwaige Defizite in diesen Bereichen nur in einem Vorstellungsgespräch hätten festgestellt werden können.

41

c) Die Beklagte behandelte den Kläger auch wegen seiner Behinderung weniger günstig.

42

aa) Der Kausalzusammenhang zwischen nachteiliger Behandlung und Behinderung ist bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an die Behinderung anknüpft oder durch sie motiviert ist (vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 32 zu § 3 Abs. 1 AGG). Dabei ist es nicht erforderlich, dass der betreffende Grund, dh. die Behinderung, das ausschließliche Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist. Ausreichend ist vielmehr, dass die Behinderung Bestandteil eines Motivbündels ist, welches die Entscheidung beeinflusst hat. Auf ein schuldhaftes Handeln oder gar eine Benachteiligungsabsicht kommt es nicht an (BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - EzA AGG § 22 Nr. 3).

43

bb) Hinsichtlich der Kausalität zwischen Nachteil und dem verpönten Merkmal ist in § 22 AGG eine Beweislastregelung getroffen, die sich auch auf die Darlegungslast auswirkt. Der Beschäftigte genügt danach seiner Darlegungslast, wenn er Indizien vorträgt, die seine Benachteiligung wegen eines verbotenen Merkmals vermuten lassen. Dies ist der Fall, wenn die vorgetragenen Tatsachen aus objektiver Sicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass die Benachteiligung wegen dieses Merkmals erfolgt ist. Durch die Verwendung der Wörter „Indizien“ und „vermuten“ bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass es hinsichtlich der Kausalität zwischen einem der in § 1 AGG genannten Gründe und einer ungünstigeren Behandlung genügt, Hilfstatsachen vorzutragen, die zwar nicht zwingend den Schluss auf die Kausalität zulassen, die aber die Annahme rechtfertigen, dass die Kausalität gegeben ist. Liegt eine Vermutung für die Benachteiligung vor, trägt nach § 22 AGG die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat(BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - EzA AGG § 22 Nr. 3).

44

cc) Die Würdigung der Tatsachengerichte, ob die von einem Bewerber vorgetragenen oder unstreitigen Tatsachen eine Benachteiligung wegen seiner Behinderung vermuten lassen, ist nur beschränkt revisibel. Die nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewonnene Überzeugung bzw. Nichtüberzeugung von einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit für die Kausalität zwischen einer Behinderung und einem Nachteil kann revisionsrechtlich nur darauf überprüft werden, ob sie möglich, in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder andere Rechtssätze verstößt (BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - EzA AGG § 22 Nr. 3).

45

dd) Rechtsfehlerfrei hat das Landesarbeitsgericht zunächst angenommen, als ein Indiz für einen Kausalzusammenhang stelle sich die unterlassene Einladung zum Vorstellungsgespräch dar.

46

Unterlässt es der öffentliche Arbeitgeber entgegen § 82 Satz 2 SGB IX, den schwerbehinderten Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, so ist dies eine geeignete Hilfstatsache nach § 22 AGG(vgl. BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16/10 - BVerwGE 139, 135; BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - BAGE 131, 232 = AP SGB IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1).

47

Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht auch davon ausgegangen, dass die Pflicht, den Kläger zum Vorstellungsgespräch einzuladen, nicht aufgrund der Ausnahmevorschrift des § 82 Satz 3 SGB IX wegen offensichtlich fehlender fachlicher Eignung entfallen war.

48

Ein schwerbehinderter Bewerber muss bei einem öffentlichen Arbeitgeber die Chance eines Vorstellungsgesprächs bekommen, wenn seine fachliche Eignung zweifelhaft, aber nicht offensichtlich ausgeschlossen ist. Selbst wenn sich der öffentliche Arbeitgeber aufgrund der Bewerbungsunterlagen schon die Meinung gebildet hat, ein oder mehrere andere Bewerber seien so gut geeignet, dass der schwerbehinderte Bewerber nicht mehr in die nähere Auswahl komme, muss er den schwerbehinderten Bewerber nach dem Gesetzesziel einladen. Der schwerbehinderte Bewerber soll den öffentlichen Arbeitgeber im Vorstellungsgespräch von seiner Eignung überzeugen können. Wird ihm diese Möglichkeit genommen, liegt darin eine weniger günstige Behandlung als sie das Gesetz zur Herstellung gleicher Bewerbungschancen gegenüber anderen Bewerbern für erforderlich hält. Der Ausschluss aus dem weiteren Bewerbungsverfahren ist eine Benachteiligung, die in einem ursächlichen Zusammenhang mit der Behinderung steht (BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - BAGE 131, 232 = AP SGB IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1).

49

Auch für die Frage, ob dem Bewerber die fachliche Eignung offensichtlich fehlt, ist im öffentlichen Dienst auf die veröffentlichte Stellenbeschreibung abzustellen (vgl. BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - BAGE 131, 232 = AP SGB IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1), denn mit dem veröffentlichten Anforderungsprofil bestimmt der öffentliche Arbeitgeber den Umfang seiner verfahrensrechtlichen Verpflichtung nach § 82 Satz 2 und Satz 3 SGB IX(vgl. BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16/10 - BVerwGE 139, 135).

50

Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, dem Kläger habe die fachliche Eignung nicht offensichtlich gefehlt, ist nicht zu beanstanden. Der Kläger erfüllt die Anforderungen der Stellenbeschreibung, die keine besonderen Anforderungen an Fähigkeiten und Kenntnisse stellt. Auch die Beklagte behauptet nicht, der Kläger erfülle eine oder mehrere Anforderungen der veröffentlichten Stellenbeschreibung nicht. Auf eine fehlende Sachkundeprüfung nach § 34a Abs. 1 Satz 5 GewO kann sich die Beklagte nicht erfolgreich berufen, da in der Stellenausschreibung eine solche nicht verlangt wird.

51

Dem Landesarbeitsgericht ist jedoch nicht dahin zu folgen, dass Ziff. 4.2.4 Abs. 5 Satz 2 der Rahmenintegrationsvereinbarung wegen § 7 Abs. 2 AGG unwirksam ist. Vielmehr ergibt sich im Wege der Auslegung, dass die Rahmenintegrationsvereinbarung keine zuungunsten des schwerbehinderten Bewerbers von § 82 Satz 2 und Satz 3 SGB IX abweichende Regelung enthält. Weder nach § 82 Satz 3 SGB IX noch nach Ziff. 4.2.4 Abs. 5 der Rahmenintegrationsvereinbarung durfte eine Einladung des Klägers zum Vorstellungsgespräch unterbleiben.

52

Das Landesarbeitsgericht hat Ziff. 4.2.4 Abs. 5 Satz 2 der Rahmenintegrationsvereinbarung zu Unrecht entnommen, abweichend von § 82 Satz 3 SGB IX sei dort der Beklagten die Befugnis eingeräumt, von einer Einladung zum Vorstellungsgespräch abzusehen, wenn zwischen Zentralabteilung, Schwerbehindertenvertretung und Gleichstellungsbeauftragter Einvernehmen besteht, dass der Bewerber für den freien Arbeitsplatz nicht in Betracht kommt.

53

Nach Ziff. 4.2.4 Abs. 5 Satz 1 der Rahmenintegrationsvereinbarung sind schwerbehinderte Bewerberinnen und Bewerber zu Auswahlverfahren zuzulassen, es sei denn, dass sie nach den vorgelegten Unterlagen für eine Verwendung aufgrund bestehender Ausbildungs- und Prüfungsvoraussetzungen offensichtlich nicht geeignet erscheinen. Damit knüpft Ziff. 4.2.4 Abs. 5 Satz 1 der Rahmenintegrationsvereinbarung an die bestehende Rechtslage nach § 82 Satz 2 und Satz 3 SGB IX an. Die die Rahmenintegrationsvereinbarung abschließenden Parteien gehen vom gesetzlichen Regel-/Ausnahmeverhältnis aus. Die Einladung zum Vorstellungsgespräch/Die Zulassung zum Auswahlverfahren ist der Regelfall, der Ausschluss wegen offensichtlicher Nichteignung die Ausnahme. Dabei wird auch die gesetzliche Terminologie der offensichtlich fehlenden Eignung aufgegriffen, sodass davon auszugehen ist, dass die Vertragsparteien den gesetzlichen Begriff der offensichtlich fehlenden fachlichen Eignung aus § 82 Satz 3 SGB IX zugrunde gelegt und dieses Begriffsverständnis zum Inhalt der Rahmenintegrationsvereinbarung gemacht haben. Damit ist die Eignung am veröffentlichten Stellenprofil zu messen. Die in der Rahmenintegrationsvereinbarung angesprochenen Ausbildungs- und Prüfungsvoraussetzungen können daher nur dann maßgeblich sein, wenn diese in das veröffentlichte Stellenprofil Eingang gefunden haben.

54

Ziff. 4.2.4 Abs. 5 Satz 2 der Rahmenintegrationsvereinbarung schränkt dies nicht ein, sondern soll den gesetzlich bestehenden Schutz vielmehr erweitern. Zwar ist nach Satz 2 von einer Einladung zum Auswahlverfahren abzusehen, wenn zwischen Zentralabteilung, Schwerbehindertenvertretung und Gleichstellungsbeauftragter Einvernehmen besteht, dass der Bewerber für den freien Arbeitsplatz nicht in Betracht kommt. Diese Regelung ist aber nicht so zu verstehen, dass auch bei Nichtvorliegen einer offensichtlichen Nichteignung aufgrund eines Einvernehmens der genannten Stellen von einer Einladung zum Auswahlverfahren/Vorstellungsgespräch abgesehen werden darf. Schon in Abs. 2 der Präambel der Rahmenintegrationsvereinbarung ist ausgeführt, dass mit dieser die beruflichen Chancen und konkreten Arbeitsbedingungen in der Dienststelle „weiter verbessert“ werden sollen. In Ziff. 2 Abs. 1 Satz 2 der Rahmenintegrationsvereinbarung ist ausgeführt, dass die Dienststelle die Rechte der schwerbehinderten Beschäftigten wahrt und bei allen Maßnahmen deren Belange berücksichtigt. Hieraus ergibt sich, dass der gesetzliche Mindestschutz des § 82 Satz 2 und Satz 3 SGB IX nicht unterschritten, sondern durch die Rahmenintegrationsvereinbarung ein höheres Schutzniveau gewährleistet werden soll. Vor allem ergibt sich dies aus deren Ziff. 12 Abs. 2. Dort ist ausdrücklich geregelt, dass Rechtsvorschriften und tarifliche Regelungen durch die Rahmenintegrationsvereinbarung nicht berührt werden. Dadurch haben die Vertragsparteien zum Ausdruck gebracht, dass ein Abweichen von gesetzlichen Vorschriften zuungunsten Schwerbehinderter - unabhängig davon, inwieweit dies überhaupt rechtlich zulässig wäre - nicht beabsichtigt ist. Damit kommt es auch nach der Rahmenintegrationsvereinbarung für die Frage der offensichtlich fehlenden fachlichen Eignung auf das veröffentlichte Anforderungsprofil an. Von einer Einladung zum Vorstellungsgespräch darf nach Ziff. 4.2.4 Abs. 5 Satz 2 der Rahmenintegrationsvereinbarung deshalb nur dann abgesehen werden, wenn zusätzlich zur offensichtlich vorliegenden fehlenden Eignung Einvernehmen zwischen Zentralabteilung, Schwerbehindertenvertretung und Gleichstellungsbeauftragter über diese Nichteignung besteht. Da dem Kläger aber die fachliche Eignung nicht offensichtlich fehlte, war der Kläger auch nach den Regeln der Rahmenintegrationsvereinbarung einzuladen.

55

ee) Eine Pflichtverletzung nach § 82 Satz 2 SGB IX ist als Indiz im Sinne von § 22 AGG nur dann geeignet, wenn dem Arbeitgeber die Schwerbehinderteneigenschaft oder Gleichstellung des Bewerbers bekannt gewesen ist oder sich der Arbeitgeber aufgrund der Bewerbungsunterlagen diese Kenntnis hätte verschaffen können. Andernfalls ist der Pflichtenverstoß dem Arbeitgeber nicht zuzurechnen (vgl. BAG 18. November 2008 - 9 AZR 643/07 - AP SGB IX § 81 Nr. 16 = EzA SGB IX § 81 Nr. 19). Es obliegt dem abgelehnten Bewerber deshalb darzulegen, dass dem Arbeitgeber die Schwerbehinderteneigenschaft oder Gleichstellung bekannt gewesen ist oder er sich aufgrund der Bewerbungsunterlagen diese Kenntnis jedenfalls hätte verschaffen können.

56

Dies hat der Kläger getan. Er hatte die Beklagte auf die bestehende Schwerbehinderteneigenschaft in seinem Bewerbungsschreiben hingewiesen. Dort heißt es, dass ihn die „vorhandene Schwerbehinderung mit einem GdB von 60“ weder körperlich noch geistig für die Aufgaben einschränkt. Auch die Beklagte hatte den Kläger im Bewerbungsverfahren als schwerbehinderten Menschen geführt, wie sich aus den von ihr vorgelegten Unterlagen zur Erfassung der Bewerber ergibt.

57

ff) Die Beklagte hat die Vermutung der Benachteiligung des Klägers wegen dessen Behinderung nicht widerlegt.

58

Wenn die festgestellten Tatsachen eine Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten lassen, trägt der Arbeitgeber nach § 22 AGG die Beweislast dafür, dass eine solche Benachteiligung nicht vorlag. Der Arbeitgeber muss das Gericht davon überzeugen, dass die Benachteiligung nicht (auch) auf der Behinderung beruht. Damit muss er Tatsachen vortragen und gegebenenfalls beweisen, aus denen sich ergibt, dass es ausschließlich andere Gründe waren als die Behinderung, die zu der weniger günstigen Behandlung geführt haben (vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - AP AGG § 15 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 10), und in seinem Motivbündel weder die Behinderung als negatives noch die fehlende Behinderung als positives Kriterium enthalten war.

59

Für die Frage, welche Tatsachen geeignet sind, die Vermutung der Benachteiligung zu widerlegen, sind die Besonderheiten des Bewerbungsverfahrens für ein öffentliches Amt iSv. Art. 33 Abs. 2 GG(vgl. BAG 18. November 2008 - 9 AZR 643/07 - AP SGB IX § 81 Nr. 16 = EzA SGB IX § 81 Nr. 19) und die gesetzlichen Regelungen des SGB IX zu beachten. Für den nach § 22 AGG möglichen Nachweis, dass für die Nichteinladung eines Bewerbers entgegen § 82 Satz 2 SGB IX ausschließlich andere Gründe als die Behinderung erheblich waren, können nur solche Gründe herangezogen werden, die nicht die fachliche Eignung betreffen. Hierfür enthält die in § 82 Satz 3 SGB IX geregelte Ausnahme mit dem Erfordernis der „offensichtlichen“ Nichteignung eine abschließende Regelung. Sie prägt auch die Anforderungen, die bei Verstößen im Bewerbungsverfahren bei auf die fachliche Eignung bezogenen Erwägungen für den Gegenbeweis zugrunde zu legen wären. Dies entspricht dem Schutzzweck des § 7 Abs. 1 AGG iVm. § 82 Satz 2 SGB IX, der das Recht schwerbehinderter Menschen und der ihnen gleichgestellten behinderten Menschen auf ein benachteiligungsfreies Bewerbungsverfahren schützt(vgl. BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16/10 - BVerwGE 139, 135). Die Widerlegung der infolge der Verletzung des § 82 Satz 2 SGB IX vermuteten Kausalität setzt daher den Nachweis voraus, dass die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch aufgrund von Umständen unterblieben ist, die weder einen Bezug zur Behinderung aufweisen noch die fachliche Eignung des Bewerbers berühren, wenn nicht sowieso bereits eine offensichtlich fehlende fachliche Eignung iSd. § 82 Satz 3 SGB IX vorgelegen und deshalb die Einladung entbehrlich gemacht hat. Dies folgt aus dem insoweit abschließenden Charakter des § 82 Satz 3 SGB IX. Der öffentliche Arbeitgeber darf daher von der Einladung eines schwerbehinderten Bewerbers im Hinblick auf die fachliche Eignung nur dann absehen, wenn er vorab ein diskriminierungsfreies und sachlich gerechtfertigtes Anforderungsprofil erstellt hat (vgl. BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16/10 - aaO) und der Bewerber dieses offensichtlich nicht erfüllt.

60

Für eine mögliche Widerlegung der Vermutung einer Benachteiligung wegen der Behinderung ist auch die in § 122 SGB IX getroffene Regelung zu beachten, wonach die Verpflichtungen zur bevorzugten Einstellung und Beschäftigung bestimmter Personenkreise nach anderen Gesetzen den Arbeitgeber nicht von der Verpflichtung zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen nach den besonderen Regelungen für schwerbehinderte Menschen entbinden. Die Vorschrift regelt das Verhältnis der Regelungen des SGB IX über die Einstellung und Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen zu entsprechenden rechtlichen Verpflichtungen für andere besonders schutzbedürftige Personen (vgl. FKS-SGB IX-Faber 2. Aufl. § 122 Rn. 1). § 122 SGB IX stellt klar, dass sich der Arbeitgeber nicht dadurch von seinen Verpflichtungen zur Beschäftigung schwerbehinderter Menschen entlasten kann, dass er auf seine gesetzlichen Verpflichtungen gegenüber anderen schutzbedürftigen Personen verweist(vgl. Trenk-Hinterberger in HK-SGB IX 3. Aufl. § 122 Rn. 3). Die Regelung spricht zwar nur von „Beschäftigung“ schwerbehinderter Menschen - im Gegensatz zur „Einstellung und Beschäftigung“ der anderen Personenkreise - jedoch ist der Begriff „Beschäftigung“ nach Sinn und Zweck der Norm weit zu verstehen. Er umfasst daher auch die Besetzung von Arbeitsplätzen und die Einstellung von Arbeitnehmern (vgl. Trenk-Hinterberger aaO Rn. 5; Faber aaO Rn. 4; Lampe GK-SGB IX Stand Januar 2012 § 122 Rn. 12; Masuch in Hauck/Noftz SGB IX Stand November 2011 K § 122 Rn. 4). Damit konkretisiert § 122 SGB IX das Benachteiligungsverbot des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG(vgl. Masuch aaO). Ob § 122 SGB IX eine Vorrangregelung zugunsten Schwerbehinderter darstellt(dagegen: ErfK/Rolfs 12. Aufl. § 122 SGB IX Rn. 1; Knittel SGB IX Kommentar 5. Aufl. § 122 Rn. 3; aA Düwell in LPK-SGB IX 2. Aufl. § 122 Rn. 6), kann dahinstehen. Jedenfalls folgt aus § 122 SGB IX das Verbot, die Pflichten gegenüber schwerbehinderten Menschen aus Anlass von Verpflichtungen gegenüber anderen Personen zu missachten(vgl. Trenk-Hinterberger aaO Rn. 10; Masuch aaO Rn. 6; Faber aaO Rn. 6). Das hat zur Folge, dass der öffentliche Arbeitgeber nicht mit der Begründung, allein die Förderung anderer Personenkreise habe seine Entscheidung motiviert und die Behinderung sei daher in keiner Weise ein Kriterium für den Ausschluss eines schwerbehinderten Bewerbers vom Vorstellungsgespräch gewesen, den Entlastungsbeweis nach § 22 AGG führen kann.

61

Zunächst kann sich die Widerlegung der Benachteiligungsvermutung nicht aus einer besseren Eignung der tatsächlich eingestellten Bewerberin ergeben. Denn die bessere Eignung schließt die Benachteiligung nicht aus. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG. Danach ist selbst dann eine Entschädigung zu leisten, wenn der schwerbehinderte Bewerber auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Im Übrigen bewirken Fragen der fachlichen Eignung keine Entlastung des Arbeitgebers nach § 22 AGG, weil § 82 Satz 3 AGG insoweit eine abschließende Regelung enthält(vgl. oben).

62

Die Einlassung der Beklagten, ausschlaggebend für die Nichteinladung des Klägers sei gewesen, dass sie § 19 Haushaltsgesetz 2009 und § 7 Bundesgleichstellungsgesetz(BGleiG) zu beachten hatte, ist nicht geeignet nachzuweisen, dass die Einladung aufgrund von nicht diskriminierenden Umständen unterblieben ist. In § 19 Haushaltsgesetz 2009, wonach freie Planstellen und Stellen vorrangig mit Bediensteten zu besetzen sind, die bei anderen Behörden der Bundesverwaltung wegen Aufgabenrückgangs oder wegen Auflösung der Behörde nicht mehr benötigt werden, ist eine Verpflichtung zur bevorzugten Einstellung und Beschäftigung eines bestimmten Personenkreises iSv. § 122 SGB IX getroffen. Diese entbindet die Beklagte nicht von ihrer Verpflichtung nach § 82 Satz 2 SGB IX(vgl. oben). Gleiches gilt für die in §§ 7, 8, 9 BGleiG und die dort zugunsten von Frauen getroffenen Regelungen(vgl. Trenk-Hinterberger in HK-SGB IX 3. Aufl. § 122 Rn. 7; FKS-SGB IX-Faber 2. Aufl. § 122 Rn. 5). § 7 BGleiG ordnet an, dass bei der Besetzung von Arbeitsplätzen in Bereichen, in denen Frauen unterrepräsentiert sind, zu Vorstellungsgesprächen oder besonderen Auswahlverfahren mindestens ebenso viele Frauen wie Männer einzuladen sind, welche die in der Ausschreibung vorgegebene Qualifikation aufweisen, sofern Bewerbungen von Frauen in ausreichender Zahl vorliegen. Damit war die Beklagte nach § 122 SGB IX aufgefordert, sowohl ihre Einladungspflicht nach § 7 BGleiG als auch nach § 82 Satz 2 SGB IX zu erfüllen. Die Beklagte kann sich nicht durch einen Verweis auf ihre Pflicht zur Frauenförderung gegenüber dem schwerbehinderten Bewerber entlasten.

63

4. Ein Ausschluss der Haftung der Beklagten folgt nicht aus der Haftungsprivilegierung des § 15 Abs. 3 AGG. Dabei kann dahinstehen, ob die Beklagte bei der Anwendung der Rahmenintegrationsvereinbarung grob fahrlässig gehandelt hat, wie vom Landesarbeitsgericht angenommen. Vorliegend ist bereits der Anwendungsbereich des § 15 Abs. 3 AGG nicht eröffnet.

64

Nach § 15 Abs. 3 AGG ist der Arbeitgeber bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt hat. Unabhängig davon, ob eine Integrationsvereinbarung nach § 83 SGB IX eine kollektivrechtliche Vereinbarung im Sinne von § 15 Abs. 3 AGG darstellt und unabhängig von der Frage der Europarechtswidrigkeit des § 15 Abs. 3 AGG(offengelassen: BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - BAGE 129, 181 = AP AGG § 15 Nr. 1 = EzA AGG § 15 Nr. 1) kommt eine Anwendung von § 15 Abs. 3 AGG nach Sinn und Zweck deshalb nicht in Betracht, weil der Kläger durch die falsche Anwendung der nicht diskriminierenden kollektivrechtlichen Regelung - nämlich der Rahmenintegrationsvereinbarung - benachteiligt worden ist(vgl. Stein in Wendeling-Schröder/Stein AGG § 15 Rn. 63; Däubler/Bertzbach-Deinert 2. Aufl. § 15 AGG Rn. 89a). Denn Grund für die in § 15 Abs. 3 AGG enthaltene Privilegierung ist, dass der Arbeitgeber für die Folgen einer diskriminierenden kollektivrechtlichen Vereinbarung, die er anwendet, nicht(allein) verantwortlich sein soll. Die falsche Anwendung einer diskriminierungsfreien Kollektivvereinbarung wird von § 15 Abs. 3 AGG dagegen nicht erfasst.

65

5. Der Ausschluss des Klägers vom Vorstellungsgespräch lässt sich auch nicht mit einer Förderung von Frauen nach §§ 7 ff. BGleiG als positive Maßnahme nach § 5 AGG rechtfertigen.

66

Zwar ermöglicht § 5 AGG kompensatorische Maßnahmen, um bestehende Nachteile wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes auszugleichen. Soweit dabei aber mit der Förderung einer Gruppe von Merkmalsträgern nach § 1 AGG zugleich eine Zurücksetzung einer anderen Gruppe verbunden ist, sind gesetzliche Konkurrenzregelungen zu beachten. Im Falle von schwerbehinderten bzw. diesen gleichgestellten Menschen hat der Gesetzgeber in § 122 SGB IX eine solche Konkurrenzregelung getroffen, die eine Zurücksetzung dieser Gruppe zugunsten einer anderen Gruppe von Merkmalsträgern nach § 1 AGG ausschließt(vgl. MüKoBGB/Thüsing 6. Aufl. § 5 AGG Rn. 13; Schleusener/Suckow/Voigt-Voigt AGG 3. Aufl. Rn. 14; Stein in Wendeling-Schröder/Stein AGG § 5 Rn. 4). In der Rahmenintegrationsvereinbarung wird hierauf in Ziff. 4.2.4 Abs. 7 Bezug genommen. Eine Förderung von Frauen unter Missachtung der Regelungen der §§ 81, 82 SGB IX ist folglich ausgeschlossen.

67

6. Das Landesarbeitsgericht hat die dem Kläger zustehende angemessene Entschädigung in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise mit 2.700,00 Euro bemessen.

68

a) § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG räumt dem Gericht einen Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Höhe der Entschädigung ein. Bei der Festsetzung der angemessenen Entschädigung sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Zu diesen zählen etwa die Art und Schwere der Benachteiligung, ihre Dauer und Folgen, der Anlass und der Beweggrund des Handelns, der Grad der Verantwortlichkeit des Arbeitgebers, etwa geleistete Wiedergutmachung oder erhaltene Genugtuung und das Vorliegen eines Wiederholungsfalles. Ferner ist der Sanktionszweck der Norm zu berücksichtigen, sodass die Höhe auch danach zu bemessen ist, was zur Erzielung einer abschreckenden Wirkung erforderlich ist. Dabei ist zu beachten, dass die Entschädigung geeignet sein muss, eine wirklich abschreckende Wirkung gegenüber dem Arbeitgeber zu haben und in jedem Fall in einem angemessenen Verhältnis zum erlittenen Schaden stehen muss (BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - BAGE 129, 181 = AP AGG § 15 Nr. 1 = EzA AGG § 15 Nr. 1).

69

Da die Höhe der Entschädigung von einem Beurteilungsspielraum abhängt, ist die Bemessung des Entschädigungsanspruchs grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters (vgl. BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - BAGE 129, 181 = AP AGG § 15 Nr. 1 = EzA AGG § 15 Nr. 1). Die Festsetzung der angemessenen Entschädigung obliegt demnach nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht. Dabei ist revisionsrechtlich zu überprüfen, ob das Urteil das Bemühen um eine angemessene Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände erkennen lässt und ob es gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen hat (vgl. BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - aaO).

70

b) Zwischen den Parteien war in den Tatsacheninstanzen nicht streitig, dass der Kläger auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre, sodass die Entschädigungshöhe nach § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG auf maximal drei Monatsgehälter begrenzt ist. Der Kläger hat seine Klageforderung hieran ausgerichtet und drei Monatsgehälter á 1.907,76 Euro (Entgeltgruppe 3, Stufe 2 TVöD Bund) gefordert. Dies hat das Landesarbeitsgericht beachtet und im Übrigen Art und Schwere des Verstoßes, Folgen und Bedeutung für den Kläger und das Nichtvorliegen eines Wiederholungsfalles zutreffend gewürdigt und auf dieser Grundlage - revisionsrechtlich nicht zu beanstanden - etwa die Hälfte der vom Kläger begehrten Entschädigung für angemessen erachtet.

71

C. Die Anschlussrevision des Klägers ist unzulässig. Die Revisionsbegründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen.

72

I. Die Anschlussrevision ist zwar in der Anschlussschrift vom 4. Februar 2011 begründet worden (§ 554 Abs. 3 ZPO). Für den notwendigen Inhalt dieser Begründung gelten dieselben Grundsätze wie für die Begründung der Revision. So müssen gemäß § 72 Abs. 5 ArbGG, § 554 Abs. 3 Satz 2, § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO die Revisionsgründe angegeben werden. Bei Sachrügen sind diejenigen Umstände bestimmt zu bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO). Die Revisionsbegründung muss den angenommenen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts in einer Weise verdeutlichen, die Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennen lässt. Die Revisionsbegründung hat sich deshalb mit den tragenden Gründen des Berufungsurteils auseinanderzusetzen. Dadurch soll ua. sichergestellt werden, dass der Prozessbevollmächtigte des Revisionsklägers das angefochtene Urteil auf das Rechtsmittel hin überprüft und die Rechtslage genau durchdenkt. Die Revisionsbegründung soll durch ihre Kritik an dem angefochtenen Urteil außerdem zur richtigen Rechtsfindung durch das Revisionsgericht beitragen (BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 346/10 - NZA 2011, 878; 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - BAGE 130, 119 - AP BUrlG § 7 Nr. 39 = EzA BUrlG § 7 Abgeltung Nr. 15). Die bloße Darstellung anderer Rechtsansichten ohne jede Auseinandersetzung mit den Gründen des Berufungsurteils genügt nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Revisionsbegründung (vgl. BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 346/10 - aaO; 13. Oktober 2009 - 9 AZR 875/08 - AP ArbGG 1979 § 72 Nr. 54).

73

II. Diesen Anforderungen wird die Begründung der Anschlussrevision nicht gerecht.

74

Das Landesarbeitsgericht hat dargelegt, aus welchen Gründen es dem Kläger eine Entschädigung iHv. von 2.700,00 Euro zugesprochen hat.

75

Die Anschlussschrift setzt sich insoweit mit den Entscheidungsgründen des Landesarbeitsgerichts nicht auseinander. Zunächst wiederholt der Kläger nur bereits in den Vorinstanzen geäußerte Rechtsauffassungen in zusammengefasster Form, denen das Landesarbeitsgericht in weiten Teilen gefolgt war. Zur Entschädigungshöhe ist in der Anschlussschrift lediglich ausgeführt, diese müsse angemessen und geeignet sein, eine abschreckende Wirkung haben und im Verhältnis zu dem erlittenen Schaden stehen. Erstmals macht der Kläger in der Anschlussrevision geltend, es könne nicht gesagt werden, ob der Kläger auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht hätte eingestellt werden müssen, weshalb von drei Monatsgehältern als Entschädigungsleistung auszugehen sei. Es wird nicht erläutert, worin der Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts liegen soll, dem der Gesetzgeber als Tatsachengericht bei der Bemessung der Höhe der Entschädigung einen Beurteilungsspielraum eingeräumt hat, und in welcher Weise das Landesarbeitsgericht diesen Beurteilungsspielraum verkannt bzw. gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen haben soll.

76

D. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 ZPO.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Schuckmann    

        

    Mallmann    

                 

Leistungen zur Förderung der Verständigung werden erbracht, um Leistungsberechtigten mit Hör- und Sprachbehinderungen die Verständigung mit der Umwelt aus besonderem Anlass zu ermöglichen oder zu erleichtern. Die Leistungen umfassen insbesondere Hilfen durch Gebärdensprachdolmetscher und andere geeignete Kommunikationshilfen. § 17 Absatz 2 des Ersten Buches bleibt unberührt.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 10. November 2010 - 17 Sa 1410/10 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Entschädigungsanspruch, den der Kläger geltend macht, weil er sich wegen seines Alters bei einer Bewerbung benachteiligt sieht.

2

Unter dem 22. Juni 2009 schrieb die Beklagte Stellen über ein Internetportal aus. In der Stellenanzeige heißt es ua. (wörtliche Wiedergabe):

        

„Die Firma M GmbH entwickelt seit 1995 kundenspezifische Datenbanklösungen basierend auf dem MS SQL Server (2000/2005) vorwiegend für industrielle Prozessanwendungen (z. B. Betriebsdatenerfassung, SAP, Leitsysteme etc.).

        

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3

Der am 27. März 1956 geborene Kläger bewarb sich erfolglos auf eine der Stellen. Nachdem die Beklagte zumindest einen Bewerber aus Berlin zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen hatte, sah sie letztlich von einer Einstellung von Mitarbeitern ab.

4

Mit der am 27. Oktober 2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger die Beklagte auf Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 26.400,00 Euro in Anspruch genommen.

5

Er behauptet, die Beklagte habe ihn wegen seines Alters benachteiligt. Dafür spreche der Inhalt der Stellenausschreibung. Für die ausgeschriebenen Stellen sei er objektiv geeignet gewesen.

6

Der Kläger beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 26.400,00 Euro zu zahlen.

7

Die Beklagte beantragt Klageabweisung. Sie bestreitet, den Kläger wegen dessen Alters benachteiligt zu haben. Dieser habe in der ihr vorgelegten Projekthistorie lediglich sieben Monate Projekterfahrung mit der erforderlichen Software VB.Net und der Datenbank MS SQL Server 2005 vorweisen können. Andere Bewerber hätten mehr Erfahrung als der Kläger gehabt. Die weiteren vom Kläger nachgewiesenen Kenntnisse und Fähigkeiten seien weder notwendig noch durch die Ausschreibung gefordert gewesen. Dem Kläger fehle daher die objektive Eignung für die ausgeschriebenen Stellen. Auch habe sich der Kläger nicht subjektiv ernsthaft beworben, was sich daraus ergebe, dass bei einer ernsthaften Bewerbung die Bewerbungsunterlagen ausführlicher gewesen und stärker die Vorzüge des Klägers dargelegt worden wären. Auch sei deshalb von einem „AGG-Hopping“ auszugehen, weil der Kläger überzogene Vergütungsvorstellungen habe, wie sich aus der Klageforderung mit einem vermeintlich entgangenen Gehalt von 8.800,00 Euro brutto monatlich ergebe. Letztlich sei der Kläger auch aufgrund seines Wohnsitzes für die ausgeschriebene „Stelle“ nicht infrage gekommen.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter, während die Beklagte die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Entschädigungsklage mit einer nicht tragfähigen Begründung abgewiesen.

10

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Dem Kläger stehe ein Anspruch nach § 15 Abs. 2 AGG nicht zu. Eine unmittelbare Benachteiligung eines nicht zum Zuge gekommenen Stellenbewerbers iSd. § 3 Abs. 1 AGG setze ua. voraus, dass die ausgeschriebene Stelle tatsächlich besetzt wurde. Eine gegen § 1 AGG verstoßende Stellenausschreibung bedeute für sich genommen noch keine Benachteiligung. Deshalb könne dahinstehen, ob der Kläger für die Stelle objektiv geeignet gewesen wäre, da er keine schlechtere Behandlung als die übrigen Bewerber erfahren habe, die ebenfalls nicht eingestellt worden seien.

11

B. Die Revision des Klägers ist zulässig. Insbesondere ist sie ausreichend iSd. § 551 ZPO iVm. § 72 Abs. 5 ArbGG begründet.

12

Die Revisionsbegründung enthält zwar keine Auseinandersetzung mit dem Urteil des Landesarbeitsgerichts. Der Kläger durfte allerdings auf die Begründung seiner Nichtzulassungsbeschwerde Bezug nehmen (§ 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 2 ZPO).

13

Soll eine solche Bezugnahme zur Zulässigkeit der Revision führen, muss zum einen die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde den inhaltlichen Anforderungen an eine Revisionsbegründung entsprechen, zum anderen muss diese Bezugnahme innerhalb der Zweimonatsfrist des § 72a Abs. 6 Satz 3 iVm. § 74 Abs. 1 Satz 1 ArbGG bei Gericht eingehen(BAG 13. Oktober 2009 - 9 AZR 875/08 - AP ArbGG 1979 § 72 Nr. 54).

14

Die Revisionsbegründung, welche die Bezugnahme auf die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde enthält, ist innerhalb der Zweimonatsfrist nach Zustellung des Zulassungsbeschlusses des Senats an den Kläger eingegangen. In der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde führt der Kläger unter Bezugnahme auf Entscheidungen des Senats aus, dass eine ungünstigere Behandlung bereits in der Versagung einer Chance liegen könne, sodass es auf die anschließende Einstellungsentscheidung des Arbeitgebers nicht mehr ankomme. Dies stellt eine ausreichende Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgründen des Landesarbeitsgerichts dar.

15

C. Die Revision des Klägers führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte die Berufung des Klägers nicht zurückgewiesen werden.

16

I. Zunächst ist das Landesarbeitsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei dem vom Kläger geltend gemachten Entschädigungsanspruch um einen solchen nach § 15 Abs. 2 AGG handelt. Ob ein solcher jedoch besteht, konnte der Senat aufgrund der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht entscheiden.

17

1. Als Bewerber ist der Kläger nach § 6 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 AGG „Beschäftigter“ und fällt in den persönlichen Anwendungsbereich des AGG. Unerheblich ist, dass sich die Ausschreibung vorrangig auf eine „freiberufliche Mitarbeit“ bezog und ein Arbeitsverhältnis nur für den Fall der Eignung in Aussicht gestellt wurde (vgl. BAG 17. Dezember 2009 - 8 AZR 670/08 - AP AGG § 7 Nr. 2 = EzA AGG § 15 Nr. 6). § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AGG bezieht in die durch das AGG geschützten Beschäftigungsverhältnisse nämlich auch arbeitnehmerähnliche Personen ein. Außerdem erstreckt § 6 Abs. 3 AGG die Anwendbarkeit der §§ 7 bis 18 AGG auch auf Selbständige, soweit es die Bedingungen für den Zugang zur Erwerbstätigkeit sowie den beruflichen Aufstieg betrifft.

18

Für den persönlichen Anwendungsbereich nach § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG ist es unerheblich, ob der Bewerber für die in Aussicht genommene Stelle objektiv geeignet ist(vgl. BAG 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - EzA AGG § 15 Nr. 16; 19. August 2010 - 8 AZR 466/09 - AP AGG § 3 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 12). Für den Bewerberstatus ist zudem die subjektive Ernsthaftigkeit der Bewerbung keine Voraussetzung. Vielmehr kann die fehlende subjektive Ernsthaftigkeit allenfalls den Einwand des Rechtsmissbrauchs nach § 242 BGB begründen(vgl. BAG 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - aaO).

19

2. Die Beklagte ist als „Arbeitgeberin“ passivlegitimiert. Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 AGG ist Arbeitgeber im Sinne des Gesetzes, wer „Personen nach Absatz 1“ des § 6 AGG „beschäftigt“. Arbeitgeber ist also derjenige, der um Bewerbungen für ein von ihm angestrebtes Beschäftigungsverhältnis bittet (vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 370/09 - AP SGB IX § 81 Nr. 19 = EzA AGG § 15 Nr. 11).

20

3. Voraussetzung für einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG ist ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 AGG. Für die Voraussetzungen des Anspruchs ist auf § 15 Abs. 1 AGG zurückzugreifen(vgl. BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - AP AGG § 15 Nr. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21). Entgegen der Meinung des Landesarbeitsgerichts scheitert eine unmittelbare Benachteiligung des Klägers nicht allein daran, dass die Beklagte auf die ausgeschriebenen Stellen letztlich niemanden eingestellt hat.

21

a) Nach § 3 Abs. 1 AGG liegt eine unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine weniger günstige Behandlung erfordert das Zufügen eines Nachteils. Eine bloße Ungleichbehandlung genügt hierfür nicht (vgl. BAG 25. Februar 2010 - 6 AZR 911/08 - BAGE 133, 265 = AP AGG § 3 Nr. 3 = EzA AGG § 10 Nr. 3). Ob die Zufügung eines Nachteils vorliegt, bestimmt sich objektiv aus der Sicht eines verständigen Dritten (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 553/10 - EzA AGG § 3 Nr. 7) und in Relation zur Vergleichsperson.

22

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liegt ein Nachteil im Rahmen einer Auswahlentscheidung, insbesondere bei einer Einstellung oder Beförderung, bereits dann vor, wenn der Beschäftigte nicht in die Auswahl einbezogen, sondern vorab ausgeschieden wird. Die Benachteiligung liegt in der Versagung einer Chance (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - mwN, NZA 2012, 667). Wie sich aus § 15 Abs. 2 AGG ergibt, ist auch dann, wenn der Bewerber selbst bei diskriminierungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre, ein Entschädigungsanspruch nicht ausgeschlossen, sondern nur der Höhe nach begrenzt. Selbst eine später vorgenommene Einstellung oder tatsächliche Beschäftigung eines zuvor benachteiligten Bewerbers beseitigt dessen ungünstigere Behandlung nicht (vgl. BAG 18. März 2010 - 8 AZR 1044/08 - AP AGG § 15 Nr. 3 = EzA AGG § 15 Nr. 7).

23

Da die ungünstigere Behandlung bereits in der Versagung einer Chance liegt, ist es irrelevant, ob es im Zuge des Auswahlverfahrens später tatsächlich zu einer Einstellung oder Beschäftigung eines anderen Bewerbers kommt (vgl. MüKoBGB/Thüsing 6. Aufl. § 15 AGG Rn. 20; Däubler/Bertzbach-Deinert 2. Aufl. § 15 Rn. 51; MünchKommBGB/Müller-Glöge 4. Aufl. 2005 § 611a BGB Rn. 64; aA LAG Rheinland-Pfalz 30. November 2006 - 4 Sa 727/06 -; LAG Düsseldorf 1. Februar 2002 - 9 Sa 1451/01 - NZA-RR 2002, 345). Die Auslegung der Norm darf nicht dazu führen, dass es der Arbeitgeber in der Hand hat, durch geeignete Verfahrensgestaltung, etwa das vorläufige Absehen von einer Stellenbesetzung, die Chancen von Bewerbern wegen ihrer Merkmale nach § 1 AGG so zu mindern, dass seine Entscheidung praktisch unangreifbar wird(vgl. BVerfG 21. September 2006 - 1 BvR 308/03 - BVerfGK 9, 218 = AP BGB § 611a Nr. 24 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 4 für geschlechtsbezogene Benachteiligungen). Der Bewerber hat Anspruch auf ein diskriminierungsfreies Bewerbungsverfahren (vgl. BAG 3. April 2007 - 9 AZR 823/06 - BAGE 122, 54 = AP SGB IX § 81 Nr. 14 = EzA SGB IX § 81 Nr. 15), der unabhängig von dessen Ausgang besteht (vgl. MüKoBGB/Thüsing aaO; MünchKommBGB/Müller-Glöge aaO).

24

b) Nach diesen Grundsätzen liegt eine ungünstigere Behandlung des Klägers vor. Diese besteht darin, dass der Kläger aus dem Auswahlverfahren ausgeschieden und er anders als mindestens ein anderer Bewerber von der Beklagten nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden ist. Dem Kläger wurde damit bereits im Vorfeld der eigentlichen Besetzungsentscheidung die Chance auf Einstellung genommen. Dies stellt eine ungünstigere Behandlung dar, unabhängig davon, ob der Kläger bei „passendem“ Alter eingestellt worden wäre (vgl. BAG 18. März 2010 - 8 AZR 1044/08 - mwN, AP AGG § 15 Nr. 3 = EzA AGG § 15 Nr. 7). Unerheblich ist es deshalb, dass sich die Beklagte später entschlossen hat, keinen Bewerber einzustellen. Hierdurch wurde die bereits zuvor erfolgte Benachteiligung des Klägers nicht beseitigt.

25

II. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, § 563 Abs. 3 ZPO. Das Landesarbeitsgericht hat die Frage der objektiven Eignung des Klägers für die ausgeschriebenen Stellen dahinstehen lassen und hierzu auch keine ausreichenden Feststellungen getroffen. Die fehlenden Feststellungen wird das Landesarbeitsgericht nachzuholen und bei der Frage der vergleichbaren Situation iSv. § 3 Abs. 1 AGG ua. Folgendes zu beachten haben:

26

1. Das Vorliegen einer vergleichbaren Situation setzt voraus, dass der Kläger objektiv für die ausgeschriebene Stelle geeignet war, denn vergleichbar (nicht: gleich) ist die Auswahlsituation nur für Arbeitnehmer, die gleichermaßen die objektive Eignung für die zu besetzende Stelle aufweisen (vgl. BAG 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - EzA AGG § 15 Nr. 16). Für das Vorliegen einer Benachteiligung ist es erforderlich, dass eine Person, die an sich für die Tätigkeit geeignet wäre, nicht ausgewählt oder schon nicht in Betracht gezogen wurde. Könnte auch ein objektiv ungeeigneter Bewerber immaterielle Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG verlangen, stünde dies nicht im Einklang mit dem Schutzzweck des AGG. Das AGG will vor ungerechtfertigter Benachteiligung schützen, nicht eine unredliche Gesinnung des (potentiellen) Arbeitgebers sanktionieren. Die objektive Eignung ist also keine ungeschriebene Voraussetzung der Bewerbereigenschaft, sondern Kriterium der „vergleichbaren Situation“ iSd. § 3 Abs. 1 AGG(vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 466/09 - AP AGG § 3 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 12).

27

2. Grundsätzlich darf der Arbeitgeber über den der Stelle zuzuordnenden Aufgabenbereich und die dafür geforderten Qualifikationen des Stellenbewerbers frei entscheiden. Durch das Stellen von Anforderungen an Bewerber, die nach der im Arbeitsleben herrschenden Verkehrsanschauung durch die Erfordernisse der wahrzunehmenden Aufgaben unter keinem nachvollziehbaren Gesichtspunkt gedeckt sind, darf der Arbeitgeber aber die Vergleichbarkeit der Situation nicht willkürlich gestalten und dadurch den Schutz des AGG de facto beseitigen (BAG 22. Juli 2010 - 8 AZR 1012/08 - AP AGG § 22 Nr. 2 = EzA AGG § 22 Nr. 2). Deshalb ist für die objektive Eignung nicht (allein) das Anforderungsprofil maßgeblich, welches der Arbeitgeber erstellt hat, sondern die Anforderungen, welche an die jeweilige Tätigkeit nach der im Arbeitsleben herrschenden Verkehrsanschauung gestellt werden (vgl. BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - AP AGG § 15 Nr. 6 = EzA AGG § 15 Nr. 13). Im Übrigen ist die objektive Eignung von der individuellen und persönlichen Qualifikation des Bewerbers zu trennen, die nur als Kriterium der Auswahlentscheidung auf der Ebene der Kausalität zwischen Benachteiligung und verbotenem Merkmal eine Rolle spielt (vgl. BAG 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - aaO). Bewerber, welche die auf der zu besetzenden Stelle auszuübenden Tätigkeiten grundsätzlich verrichten können, ohne aber jede Voraussetzung des Anforderungsprofils zu erfüllen, bedürfen des Schutzes vor Diskriminierung, weil gerade Anforderungsprofile in Stellenanzeigen häufig Qualifikationen benennen, deren Vorhandensein der Arbeitgeber sich für den Idealfall zwar wünscht, die aber keinesfalls zwingende Voraussetzung einer erfolgreichen Bewerbung sind (vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 466/09 - AP AGG § 3 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 12). Ebenfalls keinen Einfluss auf die Beurteilung der Vergleichbarkeit der Situation kann aus gesetzessystematischen Erwägungen das Vorliegen des verbotenen Merkmals selbst haben (BAG 18. März 2010 - 8 AZR 77/09 - AP AGG § 8 Nr. 2 = EzA AGG § 8 Nr. 2).

28

3. Unter Berücksichtigung der für den Nachweis der objektiven Eignung geltenden abgestuften Darlegungs- und Beweislast (vgl. BAG 22. Juli 2010 - 8 AZR 1012/08 - AP AGG § 22 Nr. 2 = EzA AGG § 22 Nr. 2; Adomeit/Mohr AGG 2. Aufl. § 3 Rn. 49) wird das Landesarbeitsgericht unter Beachtung der genannten Maßstäbe zu prüfen haben, ob der Kläger für die ausgeschriebenen Stellen objektiv geeignet war.

29

4. Sollte das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis gelangen, dass der Kläger für die ausgeschriebenen Stellen objektiv geeignet war und damit nach § 3 Abs. 1 AGG unmittelbar benachteiligt wurde, wird es weiter zu prüfen haben, ob dies - wie vom Kläger behauptet - wegen seines Alters, dh. wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt ist.

30

a) Eine weniger günstige Behandlung wegen des Alters ist bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an das Alter anknüpft oder durch sie motiviert ist. Ausreichend ist, dass das Alter Bestandteil eines Motivbündels war, das die Entscheidung beeinflusst hat. Auf ein schuldhaftes Handeln oder gar eine Benachteiligungsabsicht kommt es nicht an (vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - AP AGG § 15 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 10).

31

b) Das Landesarbeitsgericht wird zu beachten haben, dass hinsichtlich der Kausalität zwischen Nachteil und dem verpönten Merkmal in § 22 AGG eine Beweislastregelung getroffen ist, die sich auch auf die Darlegungslast auswirkt.

32

aa) Der Beschäftigte genügt seiner Darlegungslast, wenn er Indizien vorträgt, die seine Benachteiligung wegen eines verpönten Merkmals vermuten lassen. Dies ist der Fall, wenn die vorgetragenen Tatsachen aus objektiver Sicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass die Benachteiligung wegen dieses Merkmals erfolgt ist. Durch die Verwendung der Wörter „Indizien“ und „vermuten“ bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass es hinsichtlich der Kausalität zwischen einem der in § 1 AGG genannten Gründe und einer ungünstigeren Behandlung genügt, Hilfstatsachen vorzutragen, die zwar nicht zwingend den Schluss auf die Kausalität zulassen, die aber die Annahme rechtfertigen, dass die Kausalität gegeben ist(BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - EzA AGG § 22 Nr. 3).

33

bb) Die Verletzung der Verpflichtung, einen Arbeitsplatz nicht unter Verstoß gegen § 7 Abs. 1 AGG auszuschreiben(§ 11 AGG), kann die Vermutung begründen, die Benachteiligung sei wegen des in der Ausschreibung bezeichneten Merkmals erfolgt (vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - AP AGG § 15 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 10).

34

cc) Wenn die festgestellten Tatsachen eine Benachteiligung wegen eines verpönten Merkmals iSd. § 1 AGG(hier: des Alters) vermuten lassen, trägt die Beklagte nach § 22 AGG die Beweislast dafür, dass eine solche Benachteiligung nicht vorgelegen hat. Sie muss das Gericht davon überzeugen, dass die Benachteiligung des Klägers nicht (auch) auf dessen Alter beruht hat. Damit muss sie Tatsachen vortragen und gegebenenfalls beweisen, aus denen sich ergibt, dass es ausschließlich andere Gründe waren als das Alter, die zu der weniger günstigen Behandlung des Klägers geführt haben (vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - AP AGG § 15 Nr. 5 = EzA AGG § 15 Nr. 10) und in ihrem Motivbündel dessen Alter keine Rolle gespielt hat.

35

5. Das Landesarbeitsgericht wird ggf. weiter zu prüfen haben, ob der Kläger den von ihm geltend gemachten Entschädigungsanspruch rechtzeitig nach § 15 Abs. 4 AGG schriftlich geltend gemacht und seine Klage innerhalb der Dreimonatsfrist des § 61b Abs. 1 ArbGG erhoben hat.

36

6. Sollte das Berufungsgericht einen Entschädigungsanspruch des Klägers dem Grunde nach bejahen, so wird es auch zu prüfen haben, ob der Entschädigungsanspruch des Klägers ausnahmsweise unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB)ausgeschlossen ist.

37

Entschädigungsansprüche nach § 15 Abs. 2 AGG können unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles dann wegen Verstoßes gegen das Verbot des Rechtsmissbrauchs nach § 242 BGB ausgeschlossen sein, wenn die Bewerbung allein deshalb erfolgt ist, um Entschädigungsansprüche zu erlangen. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass sich der Bewerber nicht ernsthaft beworben hat und der Anspruch nach § 15 AGG sonach ausnahmsweise ausgeschlossen ist, trägt der Arbeitgeber. Er muss dafür Indizien vortragen, die geeignet sind, den Schluss auf die fehlende Ernsthaftigkeit zuzulassen (vgl. BAG 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - EzA AGG § 15 Nr. 16).

38

7. Sollte sich danach ergeben, dass dem Kläger ein Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG zusteht, wird das Berufungsgericht auch über die Höhe der Entschädigung zu befinden haben. Bei der Festsetzung der angemessenen Entschädigung sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Zu diesen zählen etwa die Art und Schwere der Benachteiligung, ihre Dauer und Folgen, der Anlass und der Beweggrund des Handelns, der Grad der Verantwortlichkeit des Arbeitgebers, etwa geleistete Wiedergutmachung oder erhaltene Genugtuung und das Vorliegen eines Wiederholungsfalles. Ferner ist auch der Sanktionszweck der Norm zu berücksichtigen, sodass die Höhe auch danach zu bemessen wäre, was zur Erzielung einer abschreckenden Wirkung erforderlich ist. Dabei ist zu beachten, dass die Entschädigung geeignet sein muss, eine wirklich abschreckende Wirkung gegenüber dem Arbeitgeber zu haben und dass sie in einem angemessenen Verhältnis zum erlittenen Schaden stehen muss (vgl. BAG 17. Dezember 2009 - 8 AZR 670/08 - AP AGG § 7 Nr. 2 = EzA AGG § 15 Nr. 6; 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - mwN, BAGE 129, 181 = AP AGG § 15 Nr. 1 = EzA AGG § 15 Nr. 1).

39

8. Das Landesarbeitsgericht wird auch über die Kosten der Revision mitzuentscheiden haben.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Der ehrenamtliche Richter Brückmann ist wegen Ende der Amtszeit an der Unterschriftsleistung verhindert.
Hauck    

        

    Bloesinger    

        

        

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dessau-Roßlau vom 20.11.2014 – 5 Ca 126/14 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Berufungsrechtszug noch über die Auflösung ihres Arbeitsverhältnisses auf Antrag des Klägers gegen Zahlung einer angemessenen Abfindung.

2

Der Kläger war seit 01.10.2001 bei der Beklagten, zuletzt als Bauleiter, in deren Niederlassung H (Sitz in B) mit einem durchschnittlichen monatlichen Bruttogehalt von 6.011,67 EUR tätig.

3

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 24.06.2014 zum 30.11.2014 und erneut mit Schreiben vom 29.07.2014 zum 31.12.2014 aus betriebsbedingten Gründen.

4

Der Kläger hat beide Kündigungen mittels Kündigungsschutzklage angegriffen und das Vorliegen von Kündigungsgründen i.S.d. § 1 KSchG bestritten.

5

Im Verlauf des vorliegenden Rechtsstreits kam es zwischen den Parteien zu Verhandlungen über eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses. Die Beklagte bot dem Kläger die Weiterbeschäftigung an ihrem Hauptsitz in H an und ließ dem Kläger hierzu den Entwurf eines Änderungsvertrages vom 30.10.2014, wegen dessen weiteren Inhalts auf Bl. 170 d.A. verwiesen wird, zukommen. Letztendlich lehnte der Kläger, auch nachdem die Beklagte nach Aufforderung durch den Prozessbevollmächtigten des Klägers das Angebot „nachgebessert hatte“, eine Weiterbeschäftigung bei der Beklagten ab.

6

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, den streitgegenständlichen Kündigungen komme keine Rechtswirksamkeit zu. Das Arbeitsverhältnis sei jedoch gegen Zahlung einer angemessenen Abfindung aufzulösen, weil ihm eine weitere Zusammenarbeit mit der Beklagten nicht zumutbar sei. Hierzu hat der Kläger behauptet, der Prokurist der Beklagten D habe in einem Telefongespräch am 18.11.2014 damit gedroht, er erhalte eine Abmahnung und werde auf Schadensersatz verklagt, falls er nicht den „Vierzeiler“ – gemeint war der Entwurf des Änderungsvertrages vom 30.10.2014 – unterzeichne.

7

Der Kläger hat beantragt,

8

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 24.06.2014 nicht aufgelöst worden ist;

9

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 29.07.2014 nicht aufgelöst worden ist;

10

3. das Arbeitsverhältnis der Parteien gegen Zahlung einer Abfindung, die 40.000,00 EUR nicht unterschreiten soll, nach § 9 Abs. 1 KSchG aufzulösen;

11

4. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weiteres Arbeitsentgelt

12

a) für den Monat Juli 2014 in Höhe von 466,00 EUR brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 01.08.2014,

13

b) für den Monat August 2014 in Höhe von 466,00 EUR brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatzgemäß § 247 BGB seit dem 01.09.2014

14

und

15

c) für den Monat September 2014 in Höhe von 466,00 EUR brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 01.10.2014

16

zu zahlen.

17

Die Beklagte hat beantragt,

18

die Klage abzuweisen.

19

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, den streitgegenständlichen Kündigungen komme Rechtswirksamkeit zu. Jedenfalls seien keinerlei Gründe für die von dem Kläger begehrte Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegeben. Die von ihm behauptete Äußerung ihres Prokuristen Deimel werde bestritten. In dem besagten Telefongespräch sei es ausschließlich um die Frage gegangen, ob der Kläger das verbesserte Vertragsangebot vom 30.10.2014 annehmen wolle oder nicht.

20

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 20.11.2014 den Kündigungsschutzklagen stattgegeben, jedoch den Auflösungsantrag (und auch den Zahlungsantrag) als unbegründet abgewiesen sowie die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger zu 19,78 % und der Beklagten zu 80,22 % auferlegt. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht u.a. ausgeführt, dem Auflösungsantrag habe nicht entsprochen werden können, weil der Kläger für seine Behauptung, der Prokurist der Beklagten habe ihm mit einer Abmahnung und einer Schadensersatzklage gedroht, keinen Beweis angetreten habe. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidung wird auf Bl. 173 – 189 d.A. verwiesen.

21

Gegen dieses, ihm am 15.12.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 16.12.2014 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 16.03.2015 am 16.03.2015 begründet.

22

Mit seinem Rechtsmittel verfolgt er den erstinstanzlich gestellten Auflösungsantrag weiter. Er wiederholt sein diesbezügliches erstinstanzliches Vorbringen und bietet zum Beweis das Zeugnis des Prokuristen der Beklagten D sowie Vernehmung des Klägers als Partei an.

23

Der Kläger beantragt,

24

das Urteil des Arbeitsgerichts Dessau-Roßlau vom 20.11.2014 – 5 Ca 126/14 – abzuändern und das Arbeitsverhältnis der Parteien gegen Zahlung einer Abfindung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, die jedoch einen Betrag in Höhe von 40.000,00 EUR nicht unterschreiten sollte, nach § 9 KSchG per 30.11.2014 aufzulösen.

25

Die Beklagte beantragt,

26

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

27

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung.

28

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

A.

29

Die an sich statthafte (§§ 8 Abs. 2, 64 ArbGG) und auch im Übrigen zulässige (§ 66 Abs. 1 ArbGG) Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht den allein in der Berufungsinstanz noch anhängigen Auflösungsantrag des Klägers zurückgewiesen.

I.

30

Der Antrag ist gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 KSchG zulässig.

II.

31

Der Antrag ist jedoch nicht begründet. Die Voraussetzungen für eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses auf Antrag des Klägers zum 30.11.2014 gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 KSchG liegen nicht vor.

32

Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 KSchG hat das Gericht das durch eine sozialwidrige Kündigung nicht beendete Arbeitsverhältnis durch Urteil aufzulösen, wenn dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten ist. Dafür muss kein wichtiger Grund i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB vorliegen, der dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar machen würde. Es reicht aus, dass ihm die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auf unbestimmte Dauer unzumutbar ist. Dafür wiederum genügt nicht allein die Sozialwidrigkeit der Kündigung. Es bedarf vielmehr zusätzlicher, vom Arbeitnehmer darzulegender Umstände. Diese müssen im Zusammenhang mit der Kündigung oder doch dem Kündigungsschutzprozess stehen. Auflösungsgründe können sich demnach aus den Modalitäten der Kündigung als solcher und aus weiteren Handlungen des Arbeitgebers ergeben, die mit der Kündigung einhergehen.

33

Abzustellen ist dabei  auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz (BAG 11.07.2013 – 2 AZR 241/12 – Rn. 15, 17).

34

Bei Anwendung dieser Rechtssätze lassen sich zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung keine, die Auflösung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigenden Gründe feststellen. Die allein für die Begründung des Antrags von dem Kläger behauptete Äußerung des Prokuristen der Beklagten anlässlich des Telefongesprächs am 18.10.2014, er erhalte eine Abmahnung und werde auf Schadensersatz in Anspruch genommen, wenn er den „Vierzeiler“ nicht unterzeichne, ist – die Behauptung des Klägers als wahr unterstellt – hierfür nicht ausreichend.

35

Hieraus lässt sich eine „Zerrüttung“ des Vertragsverhältnisses i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 1 KSchG nicht herleiten. Nach dem sich bietenden Sachverhalt bestand bis zu diesem Telefongespräch ungeachtet der von der Beklagten ausgesprochenen betriebsbedingten Kündigungen von beiden Seiten ein Interesse an einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses am Hauptsitz der Beklagten in H. Die Beklagte hat unwidersprochen sogar ihre Bereitschaft gezeigt, das ursprünglich unterbreitete Angebot („Vierzeiler“) nachzubessern. Die einmalige – zugunsten des Klägers unterstellte – „Drohung“ durch den Prokuristen im Zusammenhang mit den Verhandlungen über eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses lässt sich daher nicht derart hoch gewichten, dass allein hierdurch die Schwelle des § 9 Abs. 1 Satz 1 KSchG erreicht wird. In welchem Zusammenhang die behauptete Äußerung des Prokuristen gefallen sein soll, ist von dem Kläger nicht weiter dargelegt worden. Ebenso bleibt der Hintergrund der behaupteten Äußerung unklar. Der Kläger hat nicht näher dazu vorgetragen, ob der Prokurist etwa seine „Drohung“ mit Tatsachen „unterfüttert“ hat, also z.B. konkret von dem Kläger verursachte Schäden und/oder abmahnungsrelevante Pflichtverletzungen aufgezeigt hat. Inhalt der „Drohung“ ist die Ankündigung von arbeitsrechtlichen Maßnahmen. Damit hält sich die Beklagte grundsätzlich im Rahmen der geltenden Rechtsordnung.

III.

36

Nach alledem konnte das Rechtsmittel des Klägers keinen Erfolg haben.

B.

37

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

C.

38

Gegen diese Entscheidung findet ein weiteres Rechtsmittel nicht statt.

39

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor. Den entscheidungserheblichen Rechtsfragen kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Die Kammer weicht mit ihrer Entscheidung auch nicht von höchstrichterlicher Rechtsprechung ab.

40

Auf § 72a ArbGG wird hingewiesen.


(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

Leistungen zur Förderung der Verständigung werden erbracht, um Leistungsberechtigten mit Hör- und Sprachbehinderungen die Verständigung mit der Umwelt aus besonderem Anlass zu ermöglichen oder zu erleichtern. Die Leistungen umfassen insbesondere Hilfen durch Gebärdensprachdolmetscher und andere geeignete Kommunikationshilfen. § 17 Absatz 2 des Ersten Buches bleibt unberührt.

Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Saarland vom 3. Dezember 2008 - 1 Sa 71/08 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Entschädigungsanspruch des Klägers wegen Diskriminierung bei der Bewerbung aufgrund einer Behinderung.

2

Der 1981 geborene Kläger schloss im Jahr 2005 seine Ausbildung zum Kaufmann für Bürokommunikation mit der Gesamtnote „ausreichend“ ab. Für das Bestehen der Ausbildungsabschlussprüfung war das Erreichen von mindestens 50 Punkten erforderlich. Der Kläger erzielte 52,3 von 100 möglichen Punkten. Für ein befriedigendes Ergebnis wären mindestens 67 Punkte, für ein gutes Ergebnis mindestens 81 Punkte erforderlich gewesen.

3

Bei dem Kläger ist ein Grad der Behinderung (GdB) von 70 wegen Gelenkdeformitäten, einer Beinverkürzung links, Gelenkverschleiß und eines Wirbelsäulensyndroms festgestellt. Weitere Gesundheitsstörungen im Sinne des SGB IX liegen ausweislich des Feststellungsbescheids vom 3. Juli 2002 beim Kläger nicht vor.

4

Nachdem der Personalausschuss des Stadtrats der Beklagten beschlossen hatte, mehrere befristete Stellen für sachbearbeitende Schreibkräfte in Schulsekretariaten auszuschreiben, wurde mit Schreiben vom 5. Juni 2007 der Personalrat, das Frauenbüro und der Vertrauensmann der schwerbehinderten Menschen hierüber informiert. Dem Schreiben beigefügt war der Text der Stellenausschreibung. Am 11. Juni 2007 teilte der Vertrauensmann der schwerbehinderten Menschen der Beklagten mit, dass gegen den vorgeschlagenen Ausschreibungstext keine Bedenken bestünden. Am 27. Juni 2007 wurde der Integrationsdienst der Agentur für Arbeit über die Ausschreibung informiert.

5

In der Saarbrücker Zeitung vom 30. Juni/1. Juli 2007 schaltete die Beklagte eine Anzeige mit auszugsweise folgendem Inhalt:

        

„Wir suchen zum 1.9.2007 befristet für max. 2 Jahre mehrere MitarbeiterInnen als

        

sachbearbeitende Schreibkräfte in den Schulsekretariaten der LHS

        

Das Aufgabengebiet umfasst

        

-       

Sachbearbeitung und Schreibarbeiten für den Schulleiter / die Schulleiterin

        

-       

Geschäftszimmertätigkeiten

        

-       

Haushaltssachbearbeitung - Modell „Teilautonome Schule“

        

-       

Einschulungen, An-, Um- und Abmeldungen, Schulordnungsverfahren

        

-       

abteilungs- bzw. schulübergreifende Aufgaben

        

-       

Betreuung und Beratung von SchülerInnen und Eltern

        

-       

standortbedingte Zusatzarbeiten

        

Wir erwarten von Ihnen

        

-       

eine abgeschlossene Ausbildung als Verwaltungsfachangestellte/r der Fachrichtung allgemeine Verwaltung des Landes und der Kommunalverwaltung mit einem guten Prüfungsergebnis (Note mind. 2,5)

        

-       

alternativ eine abgeschlossene Ausbildung als Kauffrau/Kaufmann für Bürokommunikation bzw. Ausbildung als Sekretariatsfachkraft mit einem guten Prüfungsergebnis (Note mind. 2,0)

        

-       

vertiefte Kenntnisse in der EDV-Anwendung (insbesondere MS-Office-Standardsoftware)

        

-       

Teamfähigkeit, sicheres Auftreten, Kommunikationsfähigkeit, Flexibilität sowie ein hohes Maß an Arbeitsorganisation und Sorgfalt

        

-       

die Bereitschaft, den Urlaub in den Schulferien zu nehmen und Ferienüberhänge vor- bzw. nachzuarbeiten

        

Wir bieten Ihnen

        

-       

eine interessante und abwechslungsreiche Tätigkeit mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von derzeit 20 bzw. 22 Stunden

        

-       

ein Entgelt der Entgeltgruppe 6 TVöD

        

…       

        

Gern nehmen wir Bewerbungen von nichtdeutschen InteressentInnen entgegen. Schwerbehinderte BewerberInnen werden im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen bevorzugt berücksichtigt.

        

…“    

6

Am 3. Juli 2007 bewarb sich der Kläger auf diese Anzeige und führte in seinem Bewerbungsschreiben ua. aus:

        

„…    

        

Ich bin 25 Jahre alt und verfüge über eine abgeschlossene Ausbildung als Kaufmann für Bürokommunikation. Mit den anfallenden administrativen Aufgaben und Arbeiten im Bürowesen bin ich somit bestens vertraut. Neben Zuverlässigkeit biete ich Ihnen natürlich auch Flexibilität und Teamfähigkeit. In neue Aufgabengebiete arbeite ich mich schnell und gründlich ein.

        

Solide EDV Kenntnisse gehören genauso zu meinen Fähigkeiten wie schnelle Auffassungsgabe und Belastbarkeit. In mir finden Sie einen engagierten und motivierten Mitarbeiter. Da ich den Führerschein Klasse B und einen PKW besitze, bin ich zudem mobil und zeitlich flexibel einsetzbar. Meine Gehaltsvorstellungen bewegen sich zwischen 300 € und 600 € im Monat bei Teilzeit.

        

Bei einer Festanstellung würde die ARGE V einen Eingliederungszuschuss entsprechend der Anstellungsdauer finanzieren aufgrund meiner Schwerbehinderung. Für ein Praktikum oder eine Arbeitserprobung stehe ich Ihnen auf Wunsch auch zur Verfügung, damit Sie sich von meiner Eignung persönlich überzeugen können.

        

Ich hoffe, meine Bewerbung hat Ihr Interesse geweckt und Sie laden mich zu einem persönlichen Gespräch ein.

        

…“    

7

Auf die Zeitungsannonce waren 221 Bewerbungen bei der Beklagten eingegangen. Sechs dieser Bewerber waren schwerbehindert. Deren Bewerbungen wurden dem Vertrauensmann der schwerbehinderten Menschen übermittelt.

8

Die Beklagte sortierte im Rahmen ihrer Bewerberauswahl von den eingegangenen Bewerbungen zunächst solche aus, die nicht die geforderten Noten in den bezeichneten Ausbildungsgängen aufwiesen oder die unvollständig waren. Dies reduzierte die Anzahl der aus Sicht der Beklagten berücksichtigungsfähigen Bewerber auf 58. Diese wurden zu Vorstellungsgesprächen und Eignungstests eingeladen. Die vorab aussortierten Bewerber, darunter auch der Kläger, erhielten ein standardisiertes Ablehnungsschreiben vom 2. August 2007. Unter den 163 vorab abgelehnten Bewerbern befanden sich - einschließlich des Klägers - drei schwerbehinderte Menschen. Diese wurden, wie die übrigen vorab abgelehnten Bewerber auch, nicht zu Vorstellungsgesprächen eingeladen.

9

Mit Anwaltsschreiben vom 24. Oktober 2007 wies der Kläger darauf hin, der Ablauf des Bewerbungsverfahrens spreche dafür, dass er wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt worden sei; er mache deshalb einen Entschädigungsanspruch geltend.

10

Die Beklagte erläuterte unter Bezugnahme auf das Geltendmachungsschreiben des Klägers mit einem Antwortschreiben vom 29. Oktober 2007 das Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Stellen.

11

Mit der am 7. Januar 2008 beim Arbeitsgericht Saarbrücken eingegangenen und der Beklagten am 11. Januar 2008 zugestellten Klage hat der Kläger eine angemessene Entschädigung, mindestens jedoch eine solche iHv. drei Bruttomonatsgehältern eingeklagt.

12

Der Kläger ist der Ansicht, es bestehe die Vermutung seiner Diskriminierung wegen einer Behinderung. Dies folge einerseits aus Verstößen der Beklagten gegen § 81 Abs. 1 SGB IX. Diesbezüglich behauptet der Kläger, die Beklagte habe weder geprüft, ob die ausgeschriebenen Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen, insbesondere mit bei der Agentur für Arbeit arbeitslos oder arbeitssuchend gemeldeten schwerbehinderten Menschen, besetzt werden könnten noch habe sie frühzeitig Verbindung zur Agentur für Arbeit aufgenommen. Andererseits ergebe sich die Vermutung seiner Diskriminierung daraus, dass er unter Verstoß gegen § 82 Satz 2 SGB IX nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden sei.

13

Der Kläger behauptet, seine Schwerbehinderung gehe mit einer krankhaften Stressempfindlichkeit einher und diese habe - neben der Schwerbehinderung - Auswirkungen bei Prüfungen. Daher könne aufgrund seines nur ausreichenden Prüfungsergebnisses nicht auf eine fehlende fachliche Eignung geschlossen werden. Von der für schwerbehinderte Menschen unter bestimmten Voraussetzungen bestehenden Möglichkeit der Verlängerung der Prüfungszeit in der Ausbildungsprüfung (Nachteilsausgleich) habe er bewusst keinen Gebrauch gemacht, weil die Zeitverlängerung im Zeugnis vermerkt worden wäre.

14

Der Kläger begehrt, ausgehend von einer Vergütung nach Entgeltgruppe 6 TVöD iHv. 1.764,00 Euro brutto pro Monat bei Vollzeitbeschäftigung und einer ausgeschriebenen Beschäftigung im Umfang von 22 Wochenstunden, eine Entschädigung von drei Monatsverdiensten à 1.008,00 Euro.

15

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine angemessene Entschädigung, mindestens jedoch iHv. drei Bruttomonatsverdiensten zu je 1.008,00 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17. November 2007 zu zahlen.

16

Die Beklagte hat die Abweisung der Klage beantragt.

17

Sie vertritt die Auffassung, die Einladung des Klägers zu einem Vorstellungsgespräch sei nach § 82 Satz 3 SGB IX entbehrlich gewesen, da diesem aufgrund seines Ausbildungsergebnisses und den Anforderungen in der Stellenausschreibung die fachliche Eignung offensichtlich gefehlt habe.

18

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Bundesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageanspruch weiter, während die Beklagte die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe

19

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Ihm steht der geltend gemachte Entschädigungsanspruch nicht zu.

20

I. Das Landesarbeitsgericht hat sowohl das Vorliegen einer unmittelbaren als auch einer mittelbaren Diskriminierung des Klägers verneint. Zunächst ist es davon ausgegangen, dass die Ausschreibung unter Beteiligung aller notwendigen und zuständigen Stellen formell ordnungsgemäß zustande gekommen sei und dass die in der Stellenanzeige formulierten Anforderungen nicht zu beanstanden seien.

21

Eine Verletzung der in § 81 Abs. 1 Satz 1, 2 SGB IX niedergelegten Arbeitgeberpflichten hat das Landesarbeitsgericht verneint, da der Integrationsdienst der Arbeitsagentur vor Erscheinen der Stellenanzeige über die freie Stelle informiert worden sei und die Beklagte geprüft habe, ob die Stelle mit einem schwerbehinderten Menschen besetzt werden könne.

22

Auch sei die Beklagte nicht nach § 82 Satz 2 SGB IX verpflichtet gewesen, den Kläger zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, da diesem wegen seiner Prüfungsergebnisse und des gestellten Anforderungsprofils offensichtlich die fachliche Eignung gefehlt habe. Das Prüfungsergebnis des Klägers habe die geforderte Ausbildungsnote nicht lediglich knapp, sondern ganz erheblich verfehlt. Dass der Kläger im Rahmen des Prüfungsverfahrens einen Nachteilsausgleich für sich nicht in Anspruch genommen habe, sei der Beklagten nicht anzulasten. Dies gelte besonders, da nicht unterstellt werden könne, dass der Kläger bei einer Verlängerung der Bearbeitungszeit eine bessere Abschlussnote erlangt hätte, zumal für die Gewährung eines Nachteilsausgleichs Voraussetzung sei, dass die Behinderung Auswirkungen auf das Ablegen der Prüfung habe. Dies sei aber beim Kläger aufgrund der festgestellten Gesundheitsstörungen nicht der Fall. Seine Behauptung, die Schwerbehinderung ginge mit einer krankhaften Stressempfindlichkeit einher, die Auswirkungen auf die Prüfung habe, sei weder substantiiert dargelegt noch im Feststellungsbescheid dokumentiert.

23

Selbst wenn eine Diskriminierungsvermutung vorläge, so hätte die Beklagte diese entkräftet. Sie habe vorgetragen, dass die Bewerbung des Klägers allein deshalb abgelehnt worden sei, weil der Kläger das Anforderungsprofil nicht erfülle. Da dieses nicht zu beanstanden sei, habe die Beklagte den Kläger auch als fachlich ungeeignet ansehen dürfen.

24

Im Übrigen habe die Beklagte dargelegt, dass sie die Beschäftigungspflichtquote nach § 71 SGB IX deutlich überschreite, was ebenfalls gegen eine Diskriminierung spreche.

25

II. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

26

Dem Kläger steht kein Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG zu.

27

1. Das am 18. August 2006 in Kraft getretene AGG findet auf den Streitfall Anwendung, da der maßgebliche Zeitpunkt der Benachteiligungshandlung im Sommer 2007 und damit nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des AGG liegt (vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - EzA AGG § 15 Nr. 10).

28

2. Nach § 7 Abs. 1 AGG dürfen Arbeitgeber Beschäftigte nicht wegen einer Behinderung oder wegen eines anderen in § 1 genannten Grundes benachteiligen. Der Kläger unterfällt dem persönlichen Anwendungsbereich des AGG, da er als Beschäftigter gilt und die Beklagte Arbeitgeberin ist.

29

a) Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG gelten als Beschäftigte auch Bewerberinnen und Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis. Der Kläger ist ein solcher Bewerber. Der Begriff „Bewerber“ im Sinne des AGG setzt nicht die objektive Eignung eines Bewerbers für die in Aussicht genommene Stelle voraus. Vielmehr ist die objektive Eignung eines Bewerbers eine Frage, ob eine „vergleichbare Situation“ iSd. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG vorliegt, welche Voraussetzung für die Annahme einer unmittelbaren Benachteiligung ist(BAG 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - EzA AGG § 15 Nr. 10). Ob die subjektive Ernsthaftigkeit der Bewerbung Tatbestandsvoraussetzung für Ansprüche nach §§ 15, 6 AGG ist, hat der Senat bislang ausdrücklich offengelassen(19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - aaO; 18. März 2010 - 8 AZR 77/09 - AP AGG § 8 Nr. 2 = EzA AGG § 8 Nr. 2) und bedarf auch hier keiner Entscheidung. Es sind aufgrund der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts und des Parteivorbringens keine Anhaltspunkte erkennbar, die gegen die Ernsthaftigkeit der Bewerbung des Klägers sprechen.

30

b) Die Beklagte ist Arbeitgeberin iSd. § 15 AGG. Sie ist als Gebietskörperschaft eine juristische Person des öffentlichen Rechts und sie beschäftigt Arbeitnehmer (§ 6 Abs. 2 Satz 1 AGG).

31

3. Ob der Kläger den Entschädigungsanspruch fristgerecht geltend gemacht hat (§ 15 Abs. 4 AGG), kann letztlich dahinstehen, da ein solcher Anspruch des Klägers nicht besteht.

32

4. Der Entschädigungsanspruch setzt einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot voraus. Dies stellt § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG zwar nicht ausdrücklich klar, ergibt sich aber aus dem Gesamtzusammenhang der Bestimmungen in § 15 AGG(BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - BAGE 129, 181 = AP AGG § 15 Nr. 1 = EzA AGG § 15 Nr. 1).

33

Der für einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG erforderliche Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot liegt nicht vor.

34

a) Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt eine unmittelbare Benachteiligung vor, wenn ein Beschäftigter wegen eines in § 1 genannten Grundes - zu denen auch eine Behinderung zählt - eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

35

Der Kläger hat im Bewerbungsverfahren um die ausgeschriebene Stelle eine weniger günstige Behandlung erfahren als die später eingestellten Bewerber. Seine Bewerbung wurde abgelehnt, ohne dass er zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden war. Eine Benachteiligung kann in der Versagung einer Chance liegen (BAG 19. August 2010 - 8 AZR 530/09 - EzA AGG § 15 Nr. 10). Ein Behinderter hat Anspruch auf ein diskriminierungsfreies Bewerbungsverfahren, unabhängig vom Ausgang des Verfahrens (BAG 18. November 2008 - 9 AZR 643/07 - AP SGB IX § 81 Nr. 16 = EzA SGB IX § 81 Nr. 19). Durch die Nichteinladung wurde dem Kläger die Chance auf Einstellung versagt.

36

b) Die ungünstigere Behandlung des Klägers erfolgte jedoch in keiner vergleichbaren Situation iSd. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG, da der Kläger die in der Stellenausschreibung geforderte Abschlussnote der Berufsausbildung nicht erzielt hat und der Beklagten die Festsetzung des Erfordernisses einer bestimmten Ausbildungsnote in der Stellenausschreibung nicht verwehrt war. Bereits damit scheidet eine unzulässige Benachteiligung des Klägers wegen seiner Behinderung aus.

37

aa) Das Vorliegen einer vergleichbaren Situation setzt voraus, dass der Kläger objektiv für die ausgeschriebene Stelle geeignet war, denn vergleichbar (nicht: gleich) ist die Auswahlsituation nur für Arbeitnehmer, die gleichermaßen die objektive Eignung für die zu besetzende Stelle aufweisen (BAG 18. März 2010 - 8 AZR 77/09 - AP AGG § 8 Nr. 2 = EzA AGG § 8 Nr. 2). Für das Vorliegen einer Benachteiligung ist es erforderlich, dass eine Person, die an sich für die Tätigkeit geeignet wäre, nicht ausgewählt oder schon nicht in Betracht gezogen wurde. Könnte auch ein objektiv ungeeigneter Bewerber immaterielle Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG verlangen, stünde dies nicht im Einklang mit dem Schutzzweck des AGG. Das AGG will vor ungerechtfertigter Benachteiligung schützen, nicht eine unredliche Gesinnung des (potentiellen) Arbeitgebers sanktionieren. Die objektive Eignung ist also keine ungeschriebene Voraussetzung der Bewerbereigenschaft, sondern Kriterium der „vergleichbaren Situation“ iSd. § 3 Abs. 1 AGG(BAG 19. August 2010 - 8 AZR 466/09 - EzA AGG § 15 Nr. 12).

38

bb) Maßgeblich für die objektive Eignung ist dabei nicht das formelle Anforderungsprofil, welches der Arbeitgeber erstellt hat, sondern sind die Anforderungen, die der Arbeitgeber an einen Stellenbewerber stellen durfte. Zunächst ist davon auszugehen, dass der Arbeitgeber über den der Stelle zugeordneten Aufgabenbereich und die dafür geforderten Qualifikationen des Stelleninhabers frei entscheiden darf. Durch das Stellen von Anforderungen an den Bewerber, die nach der im Arbeitsleben herrschenden Verkehrsanschauung durch die Erfordernisse der wahrzunehmenden Aufgaben unter keinem nachvollziehbaren Gesichtspunkt gedeckt sind, darf er allerdings die Vergleichbarkeit der Situation nicht willkürlich gestalten und dadurch den Schutz des AGG de facto beseitigen (BAG 22. Juli 2010 - 8 AZR 1012/08 - NZA 2011, 93).

39

Die objektive Eignung ist zu trennen von der individuellen fachlichen und persönlichen Qualifikation des Bewerbers, die nur als Kriterium der Auswahlentscheidung auf der Ebene der Kausalität zwischen Benachteiligung und verbotenem Merkmal eine Rolle spielt (BAG 22. Juli 2010 - 8 AZR 1012/08 - NZA 2011, 93). Allerdings bedürfen auch Bewerber, welche die auf der zu besetzenden Stelle auszuübenden Tätigkeiten grundsätzlich verrichten können, ohne aber jede Voraussetzung des Anforderungsprofils zu erfüllen, des Schutzes vor Diskriminierung, weil gerade Anforderungsprofile in Stellenanzeigen häufig Qualifikationen benennen, deren Vorhandensein der Arbeitgeber sich für den Idealfall zwar wünscht, die aber keinesfalls zwingende Voraussetzung einer erfolgreichen Bewerbung sind (BAG 19. August 2010 - 8 AZR 466/09 - EzA AGG § 15 Nr. 12).

40

cc) Diese Grundsätze gelten allerdings bei der Besetzung von Stellen öffentlicher Arbeitgeber nur eingeschränkt. Während nämlich der private Arbeitgeber im Rahmen der oben dargelegten Grundsätze frei ist, welche Anforderungen er in seiner Stellenausschreibung an Bewerber stellt und ob er dann bei seiner Auswahlentscheidung von einzelnen dieser geforderten Qualifikationen abweicht, hat der öffentliche Arbeitgeber Art. 33 Abs. 2 GG zu beachten. Hiernach besteht nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung Anspruch auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Öffentliche Ämter in diesem Sinne sind nicht nur Beamtenstellen, sondern auch Stellen, die mit Arbeitern und Angestellten besetzt werden. Art. 33 Abs. 2 GG dient zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes, dessen fachliches Niveau und rechtliche Integrität gewährleistet werden sollen(sog. Bestenauslese), zum anderen trägt sie dem berechtigten Interesse des Bewerbers an seinem beruflichen Fortkommen Rechnung. Art. 33 Abs. 2 GG begründet ein grundrechtsgleiches Recht auf rechtsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl und auf deren Durchführung anhand der in der Regelung genannten Auswahlkriterien(sog. Bewerbungsverfahrensanspruch) (BAG 23. Januar 2007 - 9 AZR 492/06 - BAGE 121, 67 = AP ZPO 1977 § 233 Nr. 83 = EzA GG Art. 33 Nr. 30).

41

(1) Die in Art. 33 Abs. 2 GG genannten Gesichtspunkte der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung sind die allein maßgeblichen Kriterien für die Bewerberauswahl; andere Kriterien sind nicht zulässig. Allerdings bestimmt Art. 33 Abs. 2 GG nicht, auf welchen Bezugspunkt sich diese Kriterien beziehen. Dies folgt erst aus dem Anforderungsprofil, welches als Funktionsbeschreibung des Dienstpostens objektiv die Kriterien bestimmt, die der künftige Stelleninhaber erfüllen muss.

42

Über die Einrichtung und nähere Ausgestaltung von Dienstposten entscheidet grundsätzlich der Dienstherr nach seinen organisatorischen Bedürfnissen und Möglichkeiten. Es obliegt daher auch seinem organisatorischen Ermessen, wie er einen Dienstposten zuschneiden will und welche Anforderungen demgemäß der Bewerberauswahl zugrunde zu legen sind. Erst aus diesem Zuschnitt des zu vergebenden Amtes oder Dienstpostens werden daher die Anforderungen bestimmt, an denen konkurrierende Bewerber zu messen sind.

43

Mit der Bestimmung eines Anforderungsprofils für die zu vergebende Stelle legt der Dienstherr gleichzeitig die Kriterien für die Auswahl der Bewerber fest, an ihm werden die Eigenschaften und Fähigkeiten der Bewerber gemessen (vgl. BVerfG 8. Oktober 2007 - 2 BvR 1846/07 ua. - BVerfGK 12, 284). Aufgrund des Anforderungsprofils sollen einerseits geeignete Bewerber gefunden, andererseits ungeeignete Bewerber schon im Vorfeld der eigentlichen Auswahlentscheidung aus dem Kreis der in das engere Auswahlverfahren einzubeziehenden Bewerber ausgeschlossen werden. Der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes ist daher nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, für die zu besetzende Stelle ein Anforderungsprofil festzulegen und nachvollziehbar zu dokumentieren. Nur so kann eine Auswahlentscheidung nach den Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG gerichtlich überprüft werden(BAG 12. September 2006 - 9 AZR 807/05 - BAGE 119, 262 = AP SGB IX § 81 Nr. 13 = EzA SGB IX § 81 Nr. 14).

44

Für das Auswahlverfahren bleibt die Ausschreibung verbindlich. Eine nachträgliche Ergänzung oder Verschärfung sind ebenso unzulässig wie der spätere Verzicht auf einzelne Merkmale.

45

Dem Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes steht bei der Anwendung von Art. 33 Abs. 2 GG und damit auch bei der Festlegung des Anforderungsprofils und der Eignungsmerkmale ein von der Verfassung gewährter Beurteilungsspielraum zu, der nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle unterliegt. Die Grenzen der Gestaltungsfreiheit ergeben sich aus den Wertentscheidungen in anderen Verfassungsnormen. Dieser Spielraum des Arbeitgebers des öffentlichen Dienstes besteht allerdings nur insoweit, als das Prinzip der „Bestenauslese” für die zu besetzende Stelle gewährleistet werden soll, also die Merkmale der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung der Auswahlentscheidung zugrunde gelegt werden. Die Festlegung des Anforderungsprofils muss deshalb im Hinblick auf die Anforderungen der zu besetzenden Stelle sachlich nachvollziehbar sein (BAG 12. September 2006 - 9 AZR 807/05 - BAGE 119, 262 = AP SGB IX § 81 Nr. 13 = EzA SGB IX § 81 Nr. 14).

46

(2) Der von der Beklagten vorgenommenen Festlegung auf die formale Ausbildungsqualifikation als Verwaltungsfachangestellte/r oder Kauffrau/Kaufmann für Bürokommunikation bzw. Sekretariatsfachkraft kommt die Aufgabe zu, die durch die Abschlussprüfung nachgewiesene Befähigung zur Erledigung bestimmter Aufgaben abstrakt zu beschreiben. Eine solche Festlegung ist für die Besetzung von Stellen als „sachbearbeitende Schreibkräfte in den Schulsekretariaten“ unproblematisch geboten.

47

Die weiter reichende Anforderung einer bestimmten guten Abschlussnote der Ausbildung tragen der Bestenauslese hinsichtlich Leistung und Befähigung in besonderer Weise Rechnung. Es begegnet keinen Bedenken, wenn ein öffentlicher Arbeitgeber für zu besetzende Stellen von vornherein nur solche Bewerber in Blick nehmen will, die aufgrund ihrer dokumentierten Ausbildungsergebnisse in besonderem Maße befähigt erscheinen.

48

Die Beachtung des Grundsatzes der Bestenauslese wird von der Beklagten insbesondere auch dadurch sachgerecht zum Ausdruck gebracht, dass sie zwischen einer zumindest mit der Note 2,5 abgeschlossenen Ausbildung als Verwaltungsfachangestellte/r der Fachrichtung allgemeine Verwaltung des Landes und der Kommunalverwaltung und einer mit mindestens der Note 2,0 abgeschlossenen Ausbildung als Kauffrau/Kaufmann für Bürokommunikation bzw. Ausbildung als Sekretariatsfachkraft unterscheidet. Sie fordert also nicht schematisch Qualifikationen, sondern beurteilt die Eignung der Ausbildungsgänge für die zu besetzenden Stellen und differenziert hinsichtlich der vorgegebenen Mindestnote zwischen der sachnäheren und der sachferneren Ausbildung.

49

Die in der Stellenausschreibung geforderten Ausbildungsergebnisse stellen sich offensichtlich auch als sachgerecht dar, weil etwa ein Viertel der Bewerber die geforderten Noten erzielt hat.

50

(3) Soweit der Kläger behauptet, dass aufgrund seiner Schwerbehinderung nicht von seinem Prüfungsergebnis auf eine fehlende fachliche Eignung geschlossen werden dürfe, da seine Schwerbehinderung mit einer krankhaften Stressempfindlichkeit einhergehe, die - neben seiner Schwerbehinderung - Auswirkungen bei Prüfungen habe, fehlt es bereits, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, an einem schlüssigen Sachvortrag und/oder einer Dokumentation bzgl. einer solchen krankhaften Stressempfindlichkeit. Soweit das Prüfungsergebnis aufgrund der Schwerbehinderung beeinträchtigt worden sein sollte, hätte der Kläger dies im Prüfungsverfahren einwenden müssen. Im Übrigen verkennt der Kläger in diesem Zusammenhang, dass nur bei gleicher Eignung verfassungsrechtlich anerkannte Förderungspflichten des Staates - wie im Fall der Behinderung nach Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG - in die Abwägung mit dem Gebot des Art. 33 Abs. 2 GG Eingang finden können. Bei Auswahlentscheidungen für freie Stellen ist der schwerbehinderte Mensch wie nicht behinderte Konkurrenten nach Eignung, Befähigung und Leistung zu behandeln. Die Eigenschaft als Schwerbehinderter kommt erst dann zum Tragen, wenn ein schwerbehinderter Bewerber mit einem Nichtbehinderten konkurriert und beide aufgrund ihrer Aus- und Vorbildung, ihrer Fähigkeiten und ihrer Leistungen absolut gleich geeignet für die angestrebte Verwendung sind (vgl. BVerwG 15. Februar 1990 - 1 WB 36/88 - BVerwGE 86, 244). Nur in einem solchen und hier nicht vorliegendem Fall können besondere Förderungspflichten greifen.

51

c) Wegen der offensichtlich fehlenden fachlichen Eignung des Klägers für die ausgeschriebene Stelle war die Beklagte auch nicht verpflichtet, den Kläger zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, § 82 Satz 3 SGB IX. Da die Beklagte somit nicht gegen die grundsätzlich gemäß § 82 Satz 2 SGB IX bestehende Verpflichtung eines öffentlichen Arbeitgebers, schwerbehinderte Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, verstoßen hat, begründet die Nichteinladung des Klägers auch keine Vermutung für seine unzulässige Benachteiligung wegen seiner Behinderung(§ 22 AGG) (vgl. BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - BAGE 131, 232 = AP SGB IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1; 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - BAGE 127, 367 = AP SGB IX § 81 Nr. 15 = EzA SGB IX § 81 Nr. 17).

52

III. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Warnke    

        

    Mallmann    

                 

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.