Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 19. Aug. 2015 - 4 Sa 709/14

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2015:0819.4SA709.14.0A
bei uns veröffentlicht am19.08.2015

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 13.11.2014 - 10 Ca 4121/13 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung sowie über einen Anspruch des Klägers auf Entschädigung für die entgangene Privatnutzung eines Dienstwagens.

2

Die Beklagte ist ein Tochterunternehmen der B. AG, die im Bereich der Gewinnung von Steinen und Erden tätig ist. Unternehmensgegenstand der Beklagten, die selbst keine Steinbrüche oder Asphaltmischungen in Deutschland betreibt, ist ausschließlich die Führung von im Ausland befindlichen Gesellschaften, u. a. in Algerien, Polen, Russland und der Ukraine, wobei die Zuständigkeiten für die Auslandsgesellschaften unter den drei Geschäftsführern der Beklagten aufgeteilt sind. Der Geschäftsführer S, der gegenüber den Mitarbeitern im Betrieb der Beklagten in Linz weisungsgefugt ist und dem insoweit die Entscheidungen in personellen und sozialen Angelegenheiten obliegen, ist auch Vorgesetzter der in den Auslandsgesellschaften in Russland und in der Ukraine als Geschäftsführer eingesetzten Personen.

3

Unter dem 10.05.2011 schlossen die Parteien einen "Dienst- und Entsendungsvertrag". Dieser Vertrag, in dessen Text die Beklagte als "die Gesellschaft" bezeichnet ist, enthält u. a. folgende Bestimmungen:

4

"§ 1 Eintritt und Funktion

1.

5

Herr A. tritt mit Wirkung zum 01.06.2011 als Mitarbeiter der Gesellschaft ein und wird sofort als Geschäftsführer der Gesellschaft " V. K. " in die Ukraine entsandt. Als Dienstsitz gilt 15 S. G. Dorf, S. Bezirk, R. Gebiet, 34551, Ukraine.
….

3.

6

Herr A. ist verpflichtet, die Geschäfte der Gesellschaft mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsmannes zu führen. Dabei beachtet er den Gesellschaftervertrag, die Geschäftsordnung der Geschäftsführung, die von den Gesellschaftern festgelegte Ziele, Richtlinien und Prioritäten für die Unternehmensführung sowie dienstliche Weisungen seines Vorgesetzten. Die Gesellschaft kann ihm anstatt oder neben der ihm zugewiesenen Tätigkeit eine andere seiner Stellung entsprechende Tätigkeit zuweisen.

7

§ 2 Vergütung

8

1. Als Vergütung für seine Tätigkeit zahlt die Gesellschaft Herrn A. ein Jahresbruttogehalt in Höhe von

9

110.000,- €

10

Dieses kommt in zwölf gleichen Teilen jeweils zum Monatsende auf das von Herr A. angegebene Konto zur Auszahlung. In der Ukraine erhaltene Bezüge werden auf dieses Gehalt angerechnet.
...

11

§ 8 Arbeitszeit, Urlaub

12


2.

13

Herr A. hat Anspruch auf einen bezahlten Jahresurlaub von 30 Arbeitstagen. Die Lage des Urlaubes richtet sich nach den dienstlichen Gegebenheiten und ist mit dem Vorgesetzten abzustimmen. Es besteht Einigkeit darüber, dass ein in der Ukraine über die 30 Tage hinaus gegebenenfalls existierender Anspruch auf Urlaub (Ausnahme Feiertage in der Ukraine) nicht verbraucht werden wird.

14

§ 9 Nebentätigkeiten und Erfindungen

1.

15

Herr A. hat seine ganze Arbeitskraft in den Dienst der Gesellschaft zu stellen und deren Interessen nach bestem Vermögen zu wahren. Daher bedarf jede die Arbeitsleistung des Herrn A. oder die Interessen der Gesellschaft beeinträchtigende Nebentätigkeit (auch Vorträge und Veröffentlichungen) der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Gesellschafter. Die Genehmigung für die Tätigkeit als Vorsitzender des deutschen Wirtschaftsclubs in der Ukraine gilt als vorab erteilt.

16

§ 12 Sonstige Vereinbarungen

17


3.

18

Der vorstehende Vertrag unterliegt deutschem Recht.

4.

19

Herr A. erhält in der Ukraine einen Dienstwagen nach den derzeit in der Gesellschaft geltenden Richtlinien, der auch privat genutzt werden kann. Die in der Ukraine für Dienstwagen geltenden steuerlichen Regelungen gehen zu Lasten von Herrn A..
…"

20

Unter dem 02.06.2011 schloss der Kläger mit der in § 1 des Vertrages der Par-teien genannten, in der Ukraine ansässigen Gesellschaft einen "Arbeitsvertrag", nach dessen Inhalt er von dieser Gesellschaft als "Generaldirektor" eingestellt wurde. In Ziffer 10.5 dieses Vertrages, hinsichtlich dessen Inhalts im Einzelnen auf Bl. 87 bis 94 d. A. Bezug genommen wird, ist die Geltung ukrainischen Rechts vereinbart.

21

Die Beklagte hält als Gesellschafterin über 99 Prozent der Anteile am Stammkapital des in der Ukraine ansässigen Unternehmens. Dem Kläger wurde in der Ukraine ein Dienstwagen, dessen Listenpreis sich auf 40.265,00 EUR belief, zur Verfügung gestellt.

22

Die Beklagte beschäftigt an ihrem Betriebssitz in Linz unstreitig zumindest fünf Arbeitnehmer. Darüber hinaus beschäftigt sie weitere acht Personen, die ebenso wie der Kläger im Ausland bei dort ansässigen Tochtergesellschaften der Beklagten als Geschäftsführer oder Leitende Angestellte tätig sind. Die diesbezüglich zwischen der Beklagten und diesen Mitarbeitern bestehenden Verträge entsprechen inhaltlich im Wesentlichen dem zwischen den Parteien geschlossenen "Dienst- und Entsendungsvertrag" vom 10.05.2011. Insoweit wird auf die von der Beklagten beispielhaft vorgelegten Verträge der Mitarbeiter S und Z (Bl. 262 bis 277 d. A.) Bezug genommen.

23

Am 21.10.2013 beschlossen die Gesellschafter des ukrainischen Tochterunternehmens der Beklagten, bei dem der Kläger eingesetzt war, auf einer Gesellschaftsversammlung dessen Abberufung als Generaldirektor. Mit Schreiben vom 22.10.2013 kündigte diese Gesellschaft das zwischen ihr und dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis zum 30.11.2013.

24

Mit Schreiben vom 21.10.2013 kündigte die Beklagte den mit dem Kläger geschlossenen "Dienst- und Entsendungsvertrag" zum 30.04.2014. Gegen diese Kündigung richtet sich die vom Kläger am 07.11.2013 beim Arbeitsgericht eingereichte Kündigungsschutzklage. Darüber hinaus hat der Kläger die Beklagte erstinstanzlich im Wege mehrerer Klageerweiterungen auf Zahlung von Entschädigung wegen entgangener Privatnutzung des Dienstwagens, den er auf Aufforderung der Beklagten Ende Dezember 2013 zurückgeben musste, für die Zeit von Januar bis September 2014 in Anspruch genommen.

25

Die Beklagte hat erstinstanzlich geltend gemacht, der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten sei nicht eröffnet. Das Arbeitsgericht hat daraufhin mit rechtskräftig gewordenem Beschluss vom 26.06.2014 den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für zulässig erklärt.

26

Der Kläger hat erstinstanzlich u. a. vorgetragen, der Erste Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes finde auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Dies ergebe sich bereits daraus, dass die Beklagte in Deutschland einen gemeinsamen Betrieb mit der B. AG führe, in dem deutlich mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt seien. Zum anderen beschäftige die Beklagte selbst in dem von ihr und nach ihrem Verständnis im Inland geführten Betrieb bereits regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer. Die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. Die Beklagte habe in ihrem Unternehmen durchaus die Möglichkeit, ihn weiterzubeschäftigen. Sofern er nicht mehr in der ukrainischen Tochtergesellschaft der Beklagten eingesetzt werden könne, sei es der Beklagten möglich, ihn an anderer Stelle im Unternehmen zu beschäftigen.

27

Der Kläger hat erstinstanzlich (zuletzt) beantragt,

28

1. festzustellen, dass das Dienst- bzw. Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung vom 21.10.2013, ihm zugegangen am 21.10.2013, zum 30.04.2014 aufgelöst worden ist,

29

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.207,95 EUR geldwerten Vorteil für den Zeitraum Januar bis März 2014 zu zahlen,

30

3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 402,65 EUR geldwerten Vorteil für den Zeitraum April 2014 zu zahlen,

31

4. die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 1.207,95 EUR geldwerten Vorteil nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für den Zeitraum Mai bis Juli 2014 zu zahlen,

32

5. die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 805,30 EUR geldwerten Vorteil für den Zeitraum August und September 2014 zu zahlen.

33

Die Beklagte hat beantragt,

34

die Klage abzuweisen.

35

Die Beklagte hat erstinstanzlich u. a. vorgetragen, das zwischen ihr und dem Kläger begründete Beschäftigungsverhältnis unterfalle nicht dem Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes, weil bei der Berechnung des Schwellenwertes des § 23 Abs. 1 KSchG ihre im Ausland beschäftigten Mitarbeiter nicht mitzuzählen seien und weil sie keinen Gemeinschaftsbetrieb mit der B. AG führe. Im Übrigen bestehe auch nicht länger die Möglichkeit, den Kläger zu beschäftigen, da die ukrainische Gesellschaft, an die der Kläger als Geschäftsführer entsandt gewesen sei, eine weitere Beschäftigung des Klägers ablehne und das Arbeitsverhältnis des Klägers als Geschäftsführer gekündigt habe.

36

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 13.11.2014, auf dessen Tatbestand (Bl. 176 bis 183 d. A.) zur ergänzenden Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird, der Klage insgesamt stattgegeben. Zur Darstellung der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 9 bis 15 dieses Urteils (= Bl. 183 bis 189 d. A.) verwiesen.

37

Gegen das ihr am 02.12.2014 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 30.12.2014 Berufung eingelegt und diese innerhalb der ihr mit Beschluss vom 02.02.2015 verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 02.03.2015 begründet.

38

Die Beklagte macht im Wesentlichen geltend, entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts seien die Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes vorliegend nicht anwendbar. Da der Kläger als Geschäftsführer tätig gewesen sei, sei bereits der persönliche Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes nicht eröffnet. Ferner genieße der Kläger auch deshalb keinen Kündigungsschutz, weil er nicht in einem auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gelegenen Betrieb beschäftigt gewesen sei. Überdies sei der Schwellenwert des § 23 KSchG nicht erreicht, da sie - die Beklagte - in ihrem Betrieb in Deutschland lediglich fünf Arbeitnehmer beschäftige und die im Ausland tätigen Mitarbeiter nicht zu berücksichtigen seien. Sie - die Beklagte - führe auch keinen Gemeinschaftsbetrieb mit der B. AG. Diesbezüglich fehle es schon an einer schlüssigen Darlegung der äußeren Umstände durch den Kläger, die für die Annahme sprechen könnten, dass sich mehrere Unternehmen rechtlich über die Führung eines gemeinsamen Betriebes geeinigt hätten und dementsprechend arbeitstechnische Zwecke innerhalb der organisatorischen Einheit unter einem einheitlichen Leitungsapparat fortgesetzt verfolgten. Es treffe lediglich zu, dass die B. AG auf der Grundlage eines Dienstleistungsvertrages für sie bestimmte Leistungen auf dem Gebiet des Personalmanagements erbringe, wie z. B. die Erstellung von Lohn- und Gehaltsabrechnungen. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Ersatz eines geldwerten Vorteils wegen Entziehung des ihm ehemals zur Verfügung gestellten Dienstwagens. Bei der in § 12 Ziffer 4 des Dienst- und Entsendungsvertrages getroffenen Vereinbarung handele es sich lediglich um eine Rahmenregelung, die erst durch den zwischen dem Kläger und der ukrainischen Gesellschaft geschlossenen Arbeitsvertrag Verbindlichkeit erlangt habe. Da die Ausgestaltung der Dienstwagengewährung nur durch die ukrainische Gesellschaft habe erfolgen können, habe sie sich veranlasst gesehen, im Dienst- und Entsendungsvertrag zumindest klarstellend eine entsprechende Regelung aufzunehmen. Ansprüche des Klägers gegen sie - die Beklagte - seien dadurch nicht begründet worden. Diese seien vielmehr gegen die ukrainische Gesellschaft zu richten.

39

Die Beklagte beantragt,

40

das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

41

Der Kläger beantragt,

42

die Berufung zurückzuweisen.

43

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil und macht im Wesentlichen geltend, die Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes seien anwendbar. Seine Tätigkeit als Geschäftsführer einer Tochtergesellschaft der Beklagten im Ausland lasse seine rechtliche Position als Mitarbeiter der Beklagten in Deutschland unberührt. Da die Beklagte ihren Sitz in Deutschland habe, könne sie sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er seine Tätigkeit im Ausland erbracht habe. Der Schwellenwert des § 23 KSchG sei bereits deshalb erreicht, weil die im Ausland eingesetzten Mitarbeiter der Beklagten insoweit zu berücksichtigen seien. Darüber hinaus beschäftige die Beklagte auch in Deutschland mehr als die von ihr angegebenen fünf Arbeitnehmer. Hinzu kämen nämlich weitere sechs Arbeitnehmer, deren Beschäftigung die Beklagte verschwiegen habe. Letztlich sei das Arbeitsgericht auch zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte zusammen mit der B. AG einen Gemeinschaftsbetrieb führe. Hierfür spreche u.a. der Inhalt einer Vielzahl von der B. AG veröffentlichter Präsentationen. Dabei stelle sich die B AG in der Öffentlichkeit so dar, dass sich aus Sicht eines Dritten ein einheitlicher Betrieb ergebe. Keineswegs handele es sich bei der in § 12 Ziffer 4 des Dienst- und Entsendungsvertrages getroffenen Vereinbarung um eine bloße Rahmenregelung, sondern vielmehr um eine die Beklagte selbst verpflichtende verbindliche Bestimmung.

44

Zur Darstellung aller Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die in zweiter Instanz zu den Akten gereichten Schriftsätze sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 19.08.2015 (Bl. 430 ff. d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

A.

45

Die statthafte Berufung ist sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das hiernach insgesamt zulässige Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat der Klage vielmehr zu Recht insgesamt stattgegeben.

B.

I.

46

Der Klageantrag zu 1. ist zulässig und begründet.

47

1. Der Antrag ist als Kündigungsschutzklage nach § 4 KSchG zulässig.

48

Der Antrag ist hinreichend bestimmt i. S. v. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger das Rechtsverhältnis der Parteien in seinem Antrag als "Dienst- bzw. Arbeitsverhältnis" und damit - stellt man allein auf den Antragswortlaut ab - nicht mit der an sich gebotenen Klarheit bezeichnet hat. Die gebotene Auslegung des Antrages ergibt nämlich, dass er nach dem Willen des Klägers von Anfang an ausschließlich darauf gerichtet war, es möge die Nichtauflösung eines zwischen den Parteien begründeten Arbeitsverhältnisses festgestellt werden. Bereits in seiner Klageschrift hat der Kläger zur Begründung der Klage geltend gemacht, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt i. S. v. § 1 KSchG. Vom Geltungsbereich dieser Vorschrift werden ausschließlich Arbeitsverhältnisse erfasst. Darüber hinaus hat der Kläger in seinem noch in der Klageschrift enthaltenen, später jedoch nicht mehr weiterverfolgten allgemeinen Feststellungsantrag das Rechtsverhältnis ausdrücklich als Arbeitsverhältnis bezeichnet.

49

2. Die Kündigungsschutzklage ist begründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die streitbefangene ordentliche Kündigung nicht aufgelöst worden. Die Kündigung erweist sich als sozial ungerechtfertigt und daher als rechtsunwirksam (§ 1 Abs. 1 KSchG).

50

a) Der Erste Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung.

51

aa) Das Rechtsverhältnis der Parteien unterliegt aufgrund der in § 12 Ziffer 3 ausdrücklich getroffenen Rechtswahl deutschem Recht (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Rom I-VO). Anhaltspunkte dafür, dass diese Rechtswahl nach Art. 8 Abs. 1 Satz 2 Rom I-VO (teilweise) unwirksam und daher auf den Bestandsstreit der Parteien (auch) ukrainisches Recht anzuwenden sein könnte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

52

bb) Die Anwendung der Vorschriften des Ersten Abschnitts des Kündigungsschutzgesetzes ist nicht durch § 14 Abs. 1 KSchG ausgeschlossen. Nach dieser Bestimmung gilt der allgemeine Kündigungsschutz nicht in Betrieben einer juristischen Person für die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist (Nr. 1) sowie in Betrieben einer Personengesamtheit für die durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit berufenen Personen (Nr. 2). Die Bestimmung gilt jedoch nur im unmittelbaren Verhältnis der juristischen Person bzw. Personengesamtheit zu ihrem Organvertreter, d. h. also für Kündigungen, die die juristische Person oder Personengesamtheit gegenüber ihren unmittelbaren Organvertretern ausspricht (BAG v. 15.04.1982 - 2 AZR 1101/79 - AP Nr. 1 zu § 14 KSchG 1969).

53

Im Streitfall war der Kläger zwar auf der Grundlage des mit dem ukrainischen Tochterunternehmen der Beklagten geschlossenen Arbeitsvertrages zu dessen "Generaldirektor" bzw. Geschäftsführer bestellt worden. Dies berührt indessen nicht seine Rechtsstellung gegenüber der Beklagten, zu deren gesetzlichen Vertretung der Kläger zu keinem Zeitpunkt berufen war. Die Bestimmung des § 14 Abs. 1 KSchG greift daher nicht ein.

54

cc) Das zwischen den Parteien mit Vertrag vom 10.05.2011 begründete Rechtsverhältnis ist rechtlich als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren.

55

Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persön-licher Abhängigkeit verpflichtet ist. Kein Arbeitnehmer ist, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB enthält insoweit eine über seinen unmittelbaren Anwendungsbereich hinausgehende gesetzliche Wertung. Für die Abgrenzung von Bedeutung sind in erster Linie die tatsächlichen Umstände, unter denen die Dienstleistung zu erbringen ist. Die Eingliederung zeigt sich insbesondere daran, dass der Beschäftigte einem Weisungsrecht seines Vertragspartners hinsichtlich Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit unterliegt. Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Abstrakte, für alle Arbeitsverhältnisse geltende Merkmale lassen sich nicht aufstellen. Letztlich kommt es auf eine Gesamtwürdigung aller maßgebenden Umstände des Einzelfalles an (BAG v. 20.09.2000 - 5 AZR 61/99 - AP Nr. 37 zu § 611 BGB Rundfunk).

56

Bei Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich, dass der Kläger als Arbeitnehmer für die Beklagte tätig war. Die persönliche Abhängigkeit des Klägers und damit seine Arbeitnehmerstellung folgen aus den Bestimmungen des zwischen den Parteien am 10.05.2011 geschlossenen Vertrages. Anhaltspunkte dafür, dass der Vertrag abweichend von diesen Regelungen durchgeführt wurde, sind nicht ersichtlich.

57

Nach § 1 Ziffer 3 des Vertrages unterlag der Kläger den dienstlichen Weisungen seines Vorgesetzten, d. h. dem Mitgeschäftsführer S der Beklagten. Das Weisungsrecht des Vorgesetzten ist nach dem Vertragsinhalt in keiner Weise eingeschränkt und bezieht sich daher auf Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit des Klägers. Der Kläger konnte daher seine Tätigkeit keineswegs frei gestalten. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass die Weisungsgebundenheit eines Dienstleistenden, der - wie der Kläger - Dienste höherer Art erbringt, stark eingeschränkt sein kann, ohne dass dies bereits der Annahme eines Arbeitsverhältnisses entgegensteht (BAG v. 15.04.1982 - 2 AZR 1101/79 - AP Nr. 1 zu § 14 KSchG 1969). Darüber hinaus hat sich die Beklagte in § 1 Ziffer 3 des Vertrages sogar vorbehalten, dem Kläger eine andere Tätigkeit zuzuweisen. Die Vereinbarung eines solch weitreichenden Direktionsrechts steht der Annahme eines freien Dienstverhältnisses entgegen. Die Abhängigkeit des Klägers und die Fremdnützigkeit der von ihm zu erbringenden Leistungen ergibt sich auch aus § 9 Ziffer 1 des Vertrages, wonach er seine ganze Arbeitskraft in den Dienst der Beklagten zu stellen hatte und jede (anderweitige) Arbeitsleistung der vorherigen schriftlichen Zustimmung der Gesellschafter der Beklagten bedurfte. Auch die in § 8 Ziffer 2 des Vertrages enthaltene Urlaubsregelung, nach welcher dem Kläger ein bezahlter Jahresurlaub von 30 Arbeitstagen zusteht, der mit dem Vorgesetzten abzustimmen, d. h. also letztlich von diesem zu genehmigen ist, spricht für die Annahme eines Arbeitsverhältnisses.

58

Eine Gesamtwürdigung der vertraglichen Regelungen, von denen - soweit ersichtlich - bei der tatsächlichen Durchführung des Vertrages nicht abgewichen wurde, führt daher zu dem Ergebnis, dass es sich bei dem zwischen den Parteien am 10.05.2011 begründeten Rechtsverhältnis nicht um ein freies Dienstverhältnis, sondern um ein Arbeitsverhältnis handelt.

59

dd) Der Kläger bzw. dessen Arbeitsverhältnis mit der Beklagten unterfällt auch dem räumlichen Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes, da er im Sinne von § 23 Abs. 1 KSchG in einem Betrieb der Beklagten in Deutschland beschäftigt war. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger - abgesehen von einer kurzen Einarbeitungszeit - in einem Tochterunternehmen der Beklagten in der Ukraine eingesetzt war.

60

§ 23 Abs. 1 KSchG enthält ebenso wie das gesamte Kündigungsschutzgesetz keine Definition des Betriebsbegriffs. Für §§ 1, 15 und 17 KSchG wird weitgehend der Betriebsbegriff verwendet, den insbesondere das Betriebsverfassungsgesetz prägt. Nach der allgemein üblichen Definition ist der Betrieb die organisatorische Einheit von Arbeitsmitteln, mit deren Hilfe der Arbeitgeber allein oder in Gemeinschaft mit seinen Arbeitnehmern mit Hilfe von technischen und immateriellen Mitteln einen bestimmten arbeitstechnischen Zweck fortgesetzt verfolgt, der nicht nur in der Befriedigung von Eigenbedarf liegt. Der Betriebsbegriff knüpft an die organisatorische Einheit an. Eine betriebliche Struktur setzt einen einheitlichen organisatorischen Einsatz der Betriebsmittel und der Personalressourcen voraus. Die einen Betrieb konstituierende Leitungsmacht wird dadurch bestimmt, dass der Kern der Arbeitgeberfunktionen in personellen und sozialen Angelegenheiten von derselben institutionalisierten Leitung im Wesentlichen selbständig ausgeübt wird (BAG v. 03.06.2004 - 2 AZR 386/03 - AP Nr. 33 zu § 23 KSchG 1969).

61

Die Beklagte unterhält einen Betrieb in Deutschland. Der Zweck dieses Betriebes besteht unstreitig in der Führung im Ausland befindlicher eigener Tochtergesellschaften der Beklagten bzw. Tochtergesellschaften der B. AG. Zur Verfolgung dieses Zwecks stellt die Beklagte auf der Grundlage von Verträgen, die inhaltlich im Wesentlichen demjenigen des Klägers entsprechen, Mitarbeiter ein bei gleichzeitiger Entsendung zu den im Ausland gelegenen Tochtergesellschaften für deren dortigen Einsatz als Geschäftsführer bzw. leitende Angestellte unter Beibehaltung eines eigenen, weitgehenden Direktionsrechts.

62

Der Kläger war in diesen Betrieb eingegliedert. Sein Einsatz in der Ukraine diente dem von der Beklagten verfolgten Betriebszweck, nämlich der Leitung und Steuerung des dortigen Tochterunternehmens. Er unterlag - wie bereits ausgeführt - einem weitgehenden Direktionsrecht der Beklagten, welches von deren Mitgeschäftsführer S ausgeübt wurde. Das Arbeitsverhältnis wurde auch von der Beklagten administrativ abgewickelt, wie sich aus den Bestimmungen des Arbeitsvertrages ergibt. Insbesondere aus diesem Umstand ergibt sich, dass das "ent-grenzte" Arbeitsverhältnis des Klägers dem Kündigungsschutzgesetz unterfällt, da damit das Arbeitsverhältnis jedenfalls im kündigungsschutzrechtlichen Sinne organisatorisch beim deutschen Vertragsarbeitgeber eingegliedert ist (vgl. Gimmy/Hügel, NZA 2013, 764). Die organisatorische Zuordnung des Klägers hat auch die Beklagte selbst im Berufungsverfahren eingeräumt (Schriftsatz vom 08.07.2015, dort Seite 4 = Bl. 378 d. A.). Die Stellung des Klägers ist insoweit vergleichbar mit derjenigen eines Leiharbeitnehmers, bei dem eine Betriebszugehörigkeit zum entsendenden inländischen Betrieb ohnehin zu bejahen ist (vgl. ErfK/Kiel, 15. Auflage, § 23 KSchG, Rz. 13). Letztlich spricht für einen Inlandsbezug und damit für eine Eingliederung des Klägers in den Betrieb der Beklagten auch der Umstand, dass sich die Beklagte in § 1 Ziffer 3 des Arbeitsvertrages die Zuweisung einer anderen Tätigkeit und damit zugleich auch einen Rückruf des Klägers nach Deutschland vorbehalten hat (vgl. hierzu BAG v. 07.12.1989 - 2 AZR 228/89 - NZA 1990, 658).

63

ee) Der Schwellenwert des § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG ist ebenfalls erfüllt.

64

Dabei kann offen bleiben, ob am Betriebssitz der Beklagten in Deutschland - wie von ihr behauptet - lediglich fünf Arbeitnehmer tätig sind. Zu berücksichtigen sind nämlich auch die (einschließlich des Klägers) insgesamt neun bei der Beklagten angestellten und zu deren Tochtergesellschaften im Ausland entsandten Mitarbeiter. Diese sind unstreitig und wie sich auch aus den von der Beklagten beispielhaft vorgelegten Verträgen ergibt, zu im Wesentlichen gleichlautenden vertraglichen Regelungen wie der Kläger im Ausland eingesetzt. Sie sind deshalb sowohl Arbeitnehmer der Beklagten als auch in deren Betrieb in Deutschland eingegliedert. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen unter B I. 2. a) cc) und dd) verwiesen.

65

Soweit das BAG in seinen Entscheidungen vom 17.01.2008 (2 AZR 902/06 - AP Nr. 40 zu § 23 KSchG 1969) und vom 26.03.2009 (2 AZR 883/07, AP Nr. 45 zu § 23 KSchG 1969) eine Berücksichtigung von im Ausland beschäftigten Arbeitnehmern bei der Ermittlung des Schwellenwerts nach § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG verneint hat, hat es dies damit begründet, dass die im Ausland beschäftigten Arbeitnehmer nicht dem deutschen Recht unterlagen. Ob eine Zusammenrechnung erwägenswert wäre, wenn - wie im vorliegenden Fall - die im Ausland tätigen Arbeitnehmer dem deutschen Recht unterfallen, hat das B. AG ausdrücklich offen gelassen. Nach Auffassung des Berufungsgerichts sind keine rechtlichen Gesichtspunkte ersichtlich, die einer Berücksichtigung im Ausland eingesetzter Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse sich nach deutschem Recht richten und die nach Maßgabe vorstehender Ausführungen in den Inlandsbetrieb eingegliedert sind, bei der Ermittlung des Schwellenwerts des § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG entgegenstehen könnten.

66

b) Die streitbefangene ordentliche Kündigung ist sozial ungerechtfertigt. Sie ist nicht durch Gründe i. S. v. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG bedingt.

67

Die Beklagte begründet die Kündigung ausschließlich damit, dass ihre ukrainische Tochtergesellschaft mit Beschluss ihrer Gesellschafter vom 21.10.2013 den Kläger als Geschäftsführer abberufen sowie ihrerseits das der Geschäftsführerstellung des Klägers zugrundeliegende Arbeitsverhältnis gekündigt hat und nicht mehr bereit sei, den Kläger weiterzubeschäftigen. Dieser Sachverhalt ist insofern mit einer Druckkündigung vergleichbar, als der Anlass für die Entlassung des Klägers von einem Dritten gesetzt wurde. Hierbei sind nach der Rechtsprechung des B. AG zwei Fallgestaltungen zu unterscheiden: Das Verlangen des Dritten kann gegenüber dem Arbeitgeber durch ein Verhalten des Arbeitnehmers oder durch einen personenbedingten Grund objektiv gerechtfertigt sein; in diesem Fall liegt es im Ermessen des Arbeitgebers, ob er eine personen- oder verhaltensbedingte Kündigung ausspricht. Lediglich wenn es an einer objektiven Rechtfertigung der Drohung fehlt, kommt eine Kündigung aus betriebsbedingten Gründen in Betracht (BAG v. 14.02.1991 - 2 AZR 363/90 - zitiert nach juris; BAG v. 18.07.2013 - 6 AZR 420/12 - AP Nr. 14 zu § 626 BGB Druckkündigung).

68

Tatsachen, aus denen sich ergeben könnte, dass die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer, dessen Kündigung durch die ukrainische Tochtergesellschaft und deren Weigerung, den Kläger weiterzubeschäftigen, durch dessen Verhalten oder durch einen personenbedingten Grund objektiv gerechtfertigt sind, hat die Beklagte nicht vorgetragen. Der Kläger hat demgegenüber bereits in seiner Klageschrift vorgetragen, er habe die ihm obliegenden Arbeitsaufgaben im Tochterunternehmen der Beklagten stets zu deren Zufriedenheit ausgeführt. Dem ist die Beklagte nicht entgegengetreten.

69

Damit fehlt es an einer objektiven Rechtfertigung sowohl der Abberufung und Kündigung des Klägers durch die ukrainische Gesellschaft als auch für deren Weigerung, den Kläger weiterzubeschäftigen. Es kommt daher allenfalls eine Kündigung aus betriebsbedingten Gründen in Betracht. An die Zulässigkeit einer solchen, sogenannten "echten Druckkündigung" sind allerdings strenge Anforderungen zu stellen. Der Arbeitgeber hat sich in diesem Fall zunächst schützend vor den betroffenen Arbeitnehmer zu stellen (BAG v. 18.07.2013 - 6 AZR 420/12 - AP Nr. 14 zu § 626 BGB Druckkündigung). Da die Beklagte über mehr als 99 Prozent der Gesellschaftsanteile an dem ukrainischen Unternehmen verfügt, wäre sie hierzu auch ohne weiteres in der Lage gewesen. Darüber hinaus kann sich die Beklagte zur Rechtfertigung der Kündigung vorliegend ohnehin nicht auf das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft mit Erfolg berufen. Als Mehrheitsgesellschafterin mit einem Gesellschaftsanteil von mehr als 99 Prozent hat sie selbst die Abberufung des Klägers in der Gesellschaftsversammlung vom 21.10.2013 herbeigeführt und damit zugleich die Situation, die zum Ausspruch der streitbefangenen Kündigung geführt hat, selbst in vorwerfbarer Weise herbeigeführt mit der Folge, dass sie sich hierauf zur Begründung der Kündigung nicht berufen kann (vgl. KR-Fischermeier, 10. Auflage, § 626 BGB, Rz. 208; ErfK/Oetker, 15. Auflage, § 1 KSchG, Rz. 183).

II.

70

Die Zahlungsklage (Klageanträge zu 2. bis 5.) ist ebenfalls begründet.

71

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung für die entgangene private Nutzung des Dienstwagens für die Monate Januar bis September 2014 in der vom Arbeitsgericht ausgeurteilten Höhe. Für die Zeit bis zum Kündigungstermin (30.04.2014) folgt dieser Anspruch aus § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB i. V. m. § 283 Satz 1 BGB. Für die Monate Mai bis September 2013 ergibt er sich aus den §§ 611 Abs.1, 615 Satz 1 BGB, da sich die Beklagte infolge der unwirksamen Kündigung zum 30.04.2014 ab dem 01.05.2014 in Annahmeverzug befand.

72

Die Beklagte war nach § 12 Ziffer 4 des Arbeitsvertrages vom 10.05.2011 verpflichtet, dem Kläger einen Dienstwagen mit privater Nutzungsberechtigung zur Verfügung zu stellen. Die Beklagte kann nicht mit Erfolg geltend machen, bei der betreffenden vertraglichen Bestimmung handele es sich lediglich um eine Rahmenregelung, aus der sich allenfalls Ansprüche des Klägers gegen das ukrainische Tochterunternehmen ergeben könnten. Die Verpflichtung, dem Kläger einen Dienstwagen auch zur privaten Nutzung zur Verfügung zu stellen, traf nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des § 12 Ziffer 4 des Arbeitsvertrages die Beklagte selbst.

73

Kommt der Arbeitgeber seiner Vertragspflicht, dem Arbeitnehmer die Nutzung des Dienstwagens zu Privatzwecken weiter zu ermöglichen, nicht nach, wird die Leistung wegen Zeitablaufs unmöglich, sodass der Arbeitgeber nach § 275 Abs. 1 BGB von der Leistungspflicht nicht befreit wird. Der Arbeitnehmer hat in diesem Fall nach § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB i. V. m. § 283 Satz 1 BGB Anspruch auf Ersatz des hierdurch entstandenen Schadens. Zu dessen Berechnung ist eine Nutzungsausfallentschädigung auf der Grundlage der steuerlichen Bewertung der privaten Nutzungsmöglichkeit mit monatlich ein Prozent des Listenpreises des Kraftfahrzeugs im Zeitpunkt der Erstzulassung anerkannt (BAG v. 21.03.2012 - 5 AZR 651/10 - AP Nr. 24 zu § 611 BGB Sachbezüge). Unter Zugrundelegung des unstreitigen Listenpreises des dem Kläger zur Verfügung gestellten Dienstwagens von 40.265,00 EUR beläuft sich die von der Beklagten geschuldete Nutzungsentschädigung demnach auf 402,65 EUR monatlich.

74

Da die Beklagte durch die unwirksame Kündigung des Klägers in Annahmeverzug geraten ist, blieb der Anspruch des Klägers auf Zurverfügungstellung des Dienstwagens zur privaten Nutzung als vereinbarter Naturallohn gemäß § 611 Abs. 1, § 615 Satz 1 BGB über den 30.04.2014 hinaus erhalten. Da die vereinbarte Naturalvergütung für die Vergangenheit nicht nachholbar ist, tritt an ihre Stelle der Wert, den die Naturalvergütung verkörpert. Der Anspruch auf Gewährung eines Dienstwagens zur privaten Nutzung wandelt sich demgemäß in einen Zahlungsanspruch um (BAG v. 02.12.1999 - 8 AZR 849/98 - zitiert nach juris), der sich vorliegend ebenfalls auf 402,65 EUR monatlich beläuft.

C.

75

Die Berufung der Beklagten war daher mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 19. Aug. 2015 - 4 Sa 709/14

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Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 19. Aug. 2015 - 4 Sa 709/14 zitiert 16 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung


(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Schadensersatz weg

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 1 Sozial ungerechtfertigte Kündigungen


(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt is

Zivilprozessordnung - ZPO | § 253 Klageschrift


(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift). (2) Die Klageschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;2.die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Ansp

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 611 Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag


(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. (2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 626 Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund


(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unte

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 17 Anzeigepflicht


(1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, der Agentur für Arbeit Anzeige zu erstatten, bevor er 1. in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 und weniger als 60 Arbeitnehmern mehr als 5 Arbeitnehmer,2. in Betrieben mit in der Regel mindestens 60 und wenig

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 275 Ausschluss der Leistungspflicht


#BJNR001950896BJNE026802377 (1) Der Anspruch auf Leistung ist ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist. (2) Der Schuldner kann die Leistung verweigern, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtu

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 4 Anrufung des Arbeitsgerichts


Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung er

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 615 Vergütung bei Annahmeverzug und bei Betriebsrisiko


Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch de

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 23 Geltungsbereich


(1) Die Vorschriften des Ersten und Zweiten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten und des öffentlichen Rechts, vorbehaltlich der Vorschriften des § 24 für die Seeschiffahrts-, Binnenschiffahrts- und Luftverkehrsbetriebe. Die Vo

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 15 Unzulässigkeit der Kündigung


(1) Die Kündigung eines Mitglieds eines Betriebsrats, einer Jugend- und Auszubildendenvertretung, einer Bordvertretung oder eines Seebetriebsrats ist unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Gr

Handelsgesetzbuch - HGB | § 84


(1) Handelsvertreter ist, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer (Unternehmer) Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen. Selbständig ist, wer im wesentlichen frei seine Tätig

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 283 Schadensersatz statt der Leistung bei Ausschluss der Leistungspflicht


Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, kann der Gläubiger unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 Schadensersatz statt der Leistung verlangen. § 281 Abs. 1 Satz 2 und 3 und Abs. 5 findet entsprechende Anwendung.

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 14 Angestellte in leitender Stellung


(1) Die Vorschriften dieses Abschnitts gelten nicht 1. in Betrieben einer juristischen Person für die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist,2. in Betrieben einer Personengesamtheit für die durch Ge

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Diese Entscheidung zitiert Tenor I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 26.1.2016 - 10 Ca 2942/15 - wie folgt abgeändert: Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Rechtss

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(1) Die Vorschriften des Ersten und Zweiten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten und des öffentlichen Rechts, vorbehaltlich der Vorschriften des § 24 für die Seeschiffahrts-, Binnenschiffahrts- und Luftverkehrsbetriebe. Die Vorschriften des Ersten Abschnitts gelten mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Betriebe und Verwaltungen, in denen in der Regel fünf oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden. In Betrieben und Verwaltungen, in denen in der Regel zehn oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden, gelten die Vorschriften des Ersten Abschnitts mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31. Dezember 2003 begonnen hat; diese Arbeitnehmer sind bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach Satz 2 bis zur Beschäftigung von in der Regel zehn Arbeitnehmern nicht zu berücksichtigen. Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach den Sätzen 2 und 3 sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen.

(2) Die Vorschriften des Dritten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten Rechts sowie für Betriebe, die von einer öffentlichen Verwaltung geführt werden, soweit sie wirtschaftliche Zwecke verfolgen.

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Die Vorschriften dieses Abschnitts gelten nicht

1.
in Betrieben einer juristischen Person für die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist,
2.
in Betrieben einer Personengesamtheit für die durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit berufenen Personen.

(2) Auf Geschäftsführer, Betriebsleiter und ähnliche leitende Angestellte, soweit diese zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind, finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit Ausnahme des § 3 Anwendung. § 9 Abs. 1 Satz 2 findet mit der Maßgabe Anwendung, daß der Antrag des Arbeitgebers auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses keiner Begründung bedarf.

(1) Handelsvertreter ist, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer (Unternehmer) Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen. Selbständig ist, wer im wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann.

(2) Wer, ohne selbständig im Sinne des Absatzes 1 zu sein, ständig damit betraut ist, für einen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen, gilt als Angestellter.

(3) Der Unternehmer kann auch ein Handelsvertreter sein.

(4) Die Vorschriften dieses Abschnittes finden auch Anwendung, wenn das Unternehmen des Handelsvertreters nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

(1) Die Vorschriften dieses Abschnitts gelten nicht

1.
in Betrieben einer juristischen Person für die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist,
2.
in Betrieben einer Personengesamtheit für die durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit berufenen Personen.

(2) Auf Geschäftsführer, Betriebsleiter und ähnliche leitende Angestellte, soweit diese zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind, finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit Ausnahme des § 3 Anwendung. § 9 Abs. 1 Satz 2 findet mit der Maßgabe Anwendung, daß der Antrag des Arbeitgebers auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses keiner Begründung bedarf.

(1) Die Vorschriften des Ersten und Zweiten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten und des öffentlichen Rechts, vorbehaltlich der Vorschriften des § 24 für die Seeschiffahrts-, Binnenschiffahrts- und Luftverkehrsbetriebe. Die Vorschriften des Ersten Abschnitts gelten mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Betriebe und Verwaltungen, in denen in der Regel fünf oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden. In Betrieben und Verwaltungen, in denen in der Regel zehn oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden, gelten die Vorschriften des Ersten Abschnitts mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31. Dezember 2003 begonnen hat; diese Arbeitnehmer sind bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach Satz 2 bis zur Beschäftigung von in der Regel zehn Arbeitnehmern nicht zu berücksichtigen. Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach den Sätzen 2 und 3 sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen.

(2) Die Vorschriften des Dritten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten Rechts sowie für Betriebe, die von einer öffentlichen Verwaltung geführt werden, soweit sie wirtschaftliche Zwecke verfolgen.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Die Kündigung eines Mitglieds eines Betriebsrats, einer Jugend- und Auszubildendenvertretung, einer Bordvertretung oder eines Seebetriebsrats ist unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen, und daß die nach § 103 des Betriebsverfassungsgesetzes erforderliche Zustimmung vorliegt oder durch gerichtliche Entscheidung ersetzt ist. Nach Beendigung der Amtszeit ist die Kündigung eines Mitglieds eines Betriebsrats, einer Jugend- und Auszubildendenvertretung oder eines Seebetriebsrats innerhalb eines Jahres, die Kündigung eines Mitglieds einer Bordvertretung innerhalb von sechs Monaten, jeweils vom Zeitpunkt der Beendigung der Amtszeit an gerechnet, unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen; dies gilt nicht, wenn die Beendigung der Mitgliedschaft auf einer gerichtlichen Entscheidung beruht.

(2) Die Kündigung eines Mitglieds einer Personalvertretung, einer Jugend- und Auszubildendenvertretung oder einer Jugendvertretung ist unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen, und daß die nach dem Personalvertretungsrecht erforderliche Zustimmung vorliegt oder durch gerichtliche Entscheidung ersetzt ist. Nach Beendigung der Amtszeit der in Satz 1 genannten Personen ist ihre Kündigung innerhalb eines Jahres, vom Zeitpunkt der Beendigung der Amtszeit an gerechnet, unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen; dies gilt nicht, wenn die Beendigung der Mitgliedschaft auf einer gerichtlichen Entscheidung beruht.

(3) Die Kündigung eines Mitglieds eines Wahlvorstands ist vom Zeitpunkt seiner Bestellung an, die Kündigung eines Wahlbewerbers vom Zeitpunkt der Aufstellung des Wahlvorschlags an, jeweils bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen, und daß die nach § 103 des Betriebsverfassungsgesetzes oder nach dem Personalvertretungsrecht erforderliche Zustimmung vorliegt oder durch eine gerichtliche Entscheidung ersetzt ist. Innerhalb von sechs Monaten nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses ist die Kündigung unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen; dies gilt nicht für Mitglieder des Wahlvorstands, wenn dieser durch gerichtliche Entscheidung durch einen anderen Wahlvorstand ersetzt worden ist.

(3a) Die Kündigung eines Arbeitnehmers, der zu einer Betriebs-, Wahl- oder Bordversammlung nach § 17 Abs. 3, § 17a Nr. 3 Satz 2, § 115 Abs. 2 Nr. 8 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes einlädt oder die Bestellung eines Wahlvorstands nach § 16 Abs. 2 Satz 1, § 17 Abs. 4, § 17a Nr. 4, § 63 Abs. 3, § 115 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 oder § 116 Abs. 2 Nr. 7 Satz 5 des Betriebsverfassungsgesetzes beantragt, ist vom Zeitpunkt der Einladung oder Antragstellung an bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses unzulässig, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen; der Kündigungsschutz gilt für die ersten sechs in der Einladung oder die ersten drei in der Antragstellung aufgeführten Arbeitnehmer. Wird ein Betriebsrat, eine Jugend- und Auszubildendenvertretung, eine Bordvertretung oder ein Seebetriebsrat nicht gewählt, besteht der Kündigungsschutz nach Satz 1 vom Zeitpunkt der Einladung oder Antragstellung an drei Monate.

(3b) Die Kündigung eines Arbeitnehmers, der Vorbereitungshandlungen zur Errichtung eines Betriebsrats oder einer Bordvertretung unternimmt und eine öffentlich beglaubigte Erklärung mit dem Inhalt abgegeben hat, dass er die Absicht hat, einen Betriebsrat oder eine Bordvertretung zu errichten, ist unzulässig, soweit sie aus Gründen erfolgt, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen. Der Kündigungsschutz gilt von der Abgabe der Erklärung nach Satz 1 bis zum Zeitpunkt der Einladung zu einer Betriebs-, Wahl- oder Bordversammlung nach § 17 Absatz 3, § 17a Nummer 3 Satz 2, § 115 Absatz 2 Nummer 8 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes, längstens jedoch für drei Monate.

(4) Wird der Betrieb stillgelegt, so ist die Kündigung der in den Absätzen 1 bis 3a genannten Personen frühestens zum Zeitpunkt der Stillegung zulässig, es sei denn, daß ihre Kündigung zu einem früheren Zeitpunkt durch zwingende betriebliche Erfordernisse bedingt ist.

(5) Wird eine der in den Absätzen 1 bis 3a genannten Personen in einer Betriebsabteilung beschäftigt, die stillgelegt wird, so ist sie in eine andere Betriebsabteilung zu übernehmen. Ist dies aus betrieblichen Gründen nicht möglich, so findet auf ihre Kündigung die Vorschrift des Absatzes 4 über die Kündigung bei Stillegung des Betriebs sinngemäß Anwendung.

(1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, der Agentur für Arbeit Anzeige zu erstatten, bevor er

1.
in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 und weniger als 60 Arbeitnehmern mehr als 5 Arbeitnehmer,
2.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 60 und weniger als 500 Arbeitnehmern 10 vom Hundert der im Betrieb regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer oder aber mehr als 25 Arbeitnehmer,
3.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 500 Arbeitnehmern mindestens 30 Arbeitnehmer
innerhalb von 30 Kalendertagen entläßt. Den Entlassungen stehen andere Beendigungen des Arbeitsverhältnisses gleich, die vom Arbeitgeber veranlaßt werden.

(2) Beabsichtigt der Arbeitgeber, nach Absatz 1 anzeigepflichtige Entlassungen vorzunehmen, hat er dem Betriebsrat rechtzeitig die zweckdienlichen Auskünfte zu erteilen und ihn schriftlich insbesondere zu unterrichten über

1.
die Gründe für die geplanten Entlassungen,
2.
die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden Arbeitnehmer,
3.
die Zahl und die Berufsgruppen der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer,
4.
den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen,
5.
die vorgesehenen Kriterien für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer,
6.
die für die Berechnung etwaiger Abfindungen vorgesehenen Kriterien.
Arbeitgeber und Betriebsrat haben insbesondere die Möglichkeiten zu beraten, Entlassungen zu vermeiden oder einzuschränken und ihre Folgen zu mildern.

(3) Der Arbeitgeber hat gleichzeitig der Agentur für Arbeit eine Abschrift der Mitteilung an den Betriebsrat zuzuleiten; sie muß zumindest die in Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 bis 5 vorgeschriebenen Angaben enthalten. Die Anzeige nach Absatz 1 ist schriftlich unter Beifügung der Stellungnahme des Betriebsrats zu den Entlassungen zu erstatten. Liegt eine Stellungnahme des Betriebsrats nicht vor, so ist die Anzeige wirksam, wenn der Arbeitgeber glaubhaft macht, daß er den Betriebsrat mindestens zwei Wochen vor Erstattung der Anzeige nach Absatz 2 Satz 1 unterrichtet hat, und er den Stand der Beratungen darlegt. Die Anzeige muß Angaben über den Namen des Arbeitgebers, den Sitz und die Art des Betriebes enthalten, ferner die Gründe für die geplanten Entlassungen, die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden und der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer, den Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen und die vorgesehenen Kriteren für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer. In der Anzeige sollen ferner im Einvernehmen mit dem Betriebsrat für die Arbeitsvermittlung Angaben über Geschlecht, Alter, Beruf und Staatsangehörigkeit der zu entlassenden Arbeitnehmer gemacht werden. Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat eine Abschrift der Anzeige zuzuleiten. Der Betriebsrat kann gegenüber der Agentur für Arbeit weitere Stellungnahmen abgeben. Er hat dem Arbeitgeber eine Abschrift der Stellungnahme zuzuleiten.

(3a) Die Auskunfts-, Beratungs- und Anzeigepflichten nach den Absätzen 1 bis 3 gelten auch dann, wenn die Entscheidung über die Entlassungen von einem den Arbeitgeber beherrschenden Unternehmen getroffen wurde. Der Arbeitgeber kann sich nicht darauf berufen, daß das für die Entlassungen verantwortliche Unternehmen die notwendigen Auskünfte nicht übermittelt hat.

(4) Das Recht zur fristlosen Entlassung bleibt unberührt. Fristlose Entlassungen werden bei Berechnung der Mindestzahl der Entlassungen nach Absatz 1 nicht mitgerechnet.

(5) Als Arbeitnehmer im Sinne dieser Vorschrift gelten nicht

1.
in Betrieben einer juristischen Person die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist,
2.
in Betrieben einer Personengesamtheit die durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit berufenen Personen,
3.
Geschäftsführer, Betriebsleiter und ähnliche leitende Personen, soweit diese zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind.

(1) Die Vorschriften des Ersten und Zweiten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten und des öffentlichen Rechts, vorbehaltlich der Vorschriften des § 24 für die Seeschiffahrts-, Binnenschiffahrts- und Luftverkehrsbetriebe. Die Vorschriften des Ersten Abschnitts gelten mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Betriebe und Verwaltungen, in denen in der Regel fünf oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden. In Betrieben und Verwaltungen, in denen in der Regel zehn oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt werden, gelten die Vorschriften des Ersten Abschnitts mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 nicht für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31. Dezember 2003 begonnen hat; diese Arbeitnehmer sind bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach Satz 2 bis zur Beschäftigung von in der Regel zehn Arbeitnehmern nicht zu berücksichtigen. Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach den Sätzen 2 und 3 sind teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen.

(2) Die Vorschriften des Dritten Abschnitts gelten für Betriebe und Verwaltungen des privaten Rechts sowie für Betriebe, die von einer öffentlichen Verwaltung geführt werden, soweit sie wirtschaftliche Zwecke verfolgen.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 29. März 2012 - 3 Sa 426/10 - teilweise aufgehoben, soweit es die Berufung des Beklagten gegen die Feststellung des Arbeitsgerichts, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung des Beklagten vom 2. März 2010 nicht aufgelöst wurde, zurückgewiesen hat.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Revisionsverfahren noch um die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

2

Der Kläger war seit Beginn der 1990iger Jahre Gesellschafter und teilweise Geschäftsführer von drei Gesellschaften, welche das Hotel H in A betrieben. Die das Hotel tragenden Gesellschaften gerieten in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Im Mai 2007 übernahm die H R GmbH (im Folgenden: Schuldnerin) den Betrieb des Hotels.

3

Unter dem 1. August 2007 schlossen die Schuldnerin und der Kläger einen als Arbeitsvertrag bezeichneten Vertrag. Demnach wurde der Kläger als „Mitarbeiter für Verkauf und Gastbetreuung“ ab 1. August 2007 eingestellt.

4

Mit Beschluss des Amtsgerichts Magdeburg - Insolvenzgericht - vom 1. März 2010 (- 340 IN 83/10 (351) -) wurde an diesem Tag das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Termin zur Gläubigerversammlung wurde auf den 12. Mai 2010 festgesetzt.

5

Mit Schreiben vom 2. März 2010, welches dem Kläger noch am selben Tag zuging, kündigte der Beklagte das Vertragsverhältnis mit dem Kläger zum 30. April 2010. Der Beklagte rechtfertigt die Kündigung damit, dass die Grundpfandgläubigerin H (im Folgenden: Sparkasse) nur unter der Bedingung der Beendigung der Vertragsverhältnisse mit dem Kläger und seiner Ehefrau bereit gewesen sei, zur Ermöglichung der Fortführung des Betriebs eine Verlustübernahmeerklärung abzugeben. Ohne die Abgabe einer solchen Verlustübernahmeerklärung hätte der Betrieb stillgelegt werden müssen.

6

Mit Schriftsatz vom 23. März 2010, welcher per Telefax am selben Tag beim Arbeitsgericht einging, erhob der Prozessbevollmächtigte des Klägers „wegen Kündigungsschutzes“ gegen den Beklagten die Klage mit dem Antrag „festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 2.3.2010 nicht beendet ist“. Als Begründung der Klage führte er lediglich an, dass der Kläger Arbeitnehmer der Schuldnerin sei und der Beklagte als deren Insolvenzverwalter das Arbeitsverhältnis „per 2.3.2010“ gekündigt habe.

7

Mit Schreiben vom 20. April 2010, welches dem Kläger am 21. April 2010 übergeben wurde, kündigte der Beklagte dem Kläger außerordentlich fristlos. Der Kläger habe die ihm von der Schuldnerin für Ankäufe zugunsten des Hotelbetriebs zur Verfügung gestellte EC-Karte missbraucht und mit ihr Privateinkäufe bezahlt. Zudem habe er trotz Aufforderung mit Schreiben vom 15. März 2010 den Firmenwagen nicht herausgegeben, sondern weiter unberechtigt privat genutzt.

8

Mit bei Gericht am 7. Mai 2010 eingegangener Klageerweiterung vom 5. Mai 2010 hat der Kläger auch die außerordentliche Kündigung angegriffen.

9

Der Kläger hält sowohl die außerordentliche als auch die ordentliche Kündigung für unwirksam. Er habe mit der EC-Karte keine privaten Einkäufe getätigt und das Firmenfahrzeug nicht für Privatfahrten genutzt. Bis zur Erstattung der von ihm für betriebliche Fahrten verauslagten Benzinkosten sei er nicht zur Herausgabe des Fahrzeugs verpflichtet gewesen. Die Sparkasse habe keinen Grund gehabt, seine Entlassung zu verlangen.

10

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die ordentliche Kündigung des Beklagten vom 2. März 2010 noch durch die außerordentliche Kündigung des Beklagten vom 20. April 2010 aufgelöst worden ist.

11

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

12

Er hat die Auffassung vertreten, der Kläger könne sich gegen die Kündigungen schon deshalb nicht zur Wehr setzen, weil er entgegen der Bezeichnung im Vertrag vom 1. August 2007 tatsächlich kein Arbeitnehmer gewesen sei. Er habe ohne Einbindung in die Organisation des Hotelbetriebs frei über seine Arbeitszeit bestimmt und sei auch sonst nicht dem Direktionsrecht unterlegen.

13

Bei Unterstellung der Arbeitnehmereigenschaft habe die außerordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis fristlos beendet. Hinsichtlich der ordentlichen Kündigung habe der Kläger keine ordnungsgemäße Kündigungsschutzklage erhoben. Die Klageschrift vom 23. März 2010 enthalte keine hinreichende Begründung der angeblichen Unwirksamkeit der ordentlichen Kündigung. Dessen ungeachtet sei die ordentliche Kündigung sozial gerechtfertigt. Die zur Begründung der außerordentlichen Kündigung angeführten Umstände würden auch die ordentliche Kündigung rechtfertigen. Zur Ermöglichung der Fortführung des Betriebs sei es zudem unabdingbar gewesen, einem Verlangen der Sparkasse nach Entlassung des Klägers zu entsprechen. Die Sparkasse habe die Hotelimmobilie und die Wellnessanlage finanziert. Nach dem Auftreten wirtschaftlicher Schwierigkeiten hätten der Kläger und dessen Ehefrau die weitere Zusammenarbeit mit der Sparkasse verweigert, um einen Schuldenerlass über eine andere Bank zu finanzieren. Dies sei nicht gelungen. Nach der Kündigung der Geschäftsbeziehung wegen Rückständen und Überziehungen hätten der Kläger und seine Ehefrau alles unternommen, um die Verwertung der Sicherheiten zu verhindern. Aufgrund dieser Ereignisse sei die Sparkasse bei Verbleib der Eheleute im Betrieb nicht bereit gewesen, eine Verlustübernahmeerklärung von bis zu 100.000,00 Euro abzugeben. Diese sei aber unbedingt erforderlich gewesen, um die Fortführung des Betriebs zu ermöglichen. Die Prognose für die Zeit von März 2010 bis zum 31. Dezember 2010 habe einen wahrscheinlichen Verlust von 99.100,00 Euro ergeben. Ohne die entsprechende Verlustübernahmeerklärung durch die Sparkasse hätte der Betrieb eingestellt werden müssen. Er (der Beklagte) habe versucht, die Sparkasse von ihrer Forderung nach Entlassung des Klägers abzubringen. Die Forderung sei aber nicht verhandelbar gewesen.

14

Diese Drucksituation bestehe unverändert. Der Beklagte hat deshalb im Berufungsverfahren für den Fall des Obsiegens des Klägers mit der Kündigungsschutzklage hilfsweise beantragt, das Arbeitsverhältnis aufzulösen. Nach Ansicht des Klägers liegt kein Auflösungsgrund vor.

15

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen und den Auflösungsantrag abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision wendet sich der Beklagte gegen die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts, soweit sie die ordentliche Kündigung betrifft. Die außerordentliche Kündigung und der Auflösungsantrag sind somit nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens.

Entscheidungsgründe

16

Die Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat mit unzutreffender Begründung das Vorliegen der Voraussetzungen einer ordentlichen Druckkündigung verneint. Die Entscheidung stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar. Da der festgestellte Sachverhalt keine abschließende Entscheidung erlaubt, ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Es bedarf daher keiner Entscheidung über die von der Revision erhobenen Verfahrensrügen.

17

I. Zwischen dem Kläger und der Schuldnerin wurde auf der Grundlage des ausdrücklich als Arbeitsvertrag bezeichneten Vertrags vom 1. August 2007 ein Arbeitsverhältnis begründet. Dies hat das Landesarbeitsgericht nach Durchführung einer Beweisaufnahme und deren Würdigung rechtsfehlerfrei entschieden. Es berücksichtigte hierbei die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines Anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist (vgl. BAG 29. August 2012 - 10 AZR 499/11 - Rn. 14 und 15 mwN). Die Revision erhebt hiergegen keine Rügen.

18

II. Die Kündigung vom 2. März 2010 gilt nicht gemäß § 7 Halbs. 1 KSchG als von Anfang an rechtswirksam. Entgegen der Auffassung der Revision hat der Kläger mit der Klageschrift vom 23. März 2010 fristwahrend eine Kündigungsschutzklage gemäß § 4 Satz 1 KSchG erhoben.

19

1. Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist (§ 4 Satz 1 KSchG). Der dem Gesetzeswortlaut entsprechende Klageantrag ist dann auch bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Als Prozesshandlung ist eine Klageschrift ebenso wie eine private Willenserklärung auslegungsfähig. Entscheidend ist der geäußerte Parteiwille, wie er aus der Klageschrift und den sonstigen Umständen erkennbar wird. Dabei ist gerade im arbeitsgerichtlichen Verfahren ein großzügiger Maßstab anzulegen. Dies entspricht auch dem Zweck der weit auszulegenden Vorschrift des § 6 KSchG(vgl. BAG 23. Juni 2009 - 2 AZR 474/07 - Rn. 28, BAGE 131, 155). Zweck des § 6 KSchG ist es, im Zusammenspiel mit § 4 KSchG frühzeitig Rechtsklarheit und -sicherheit zu schaffen. § 6 KSchG will den - häufig rechtsunkundigen - Arbeitnehmer vor einem unnötigen Verlust seines Kündigungsschutzes aus formalen Gründen schützen. Der Arbeitnehmer ist nach §§ 4, 6 KSchG nur verpflichtet, durch eine rechtzeitige Anrufung des Arbeitsgerichts seinen Willen, sich gegen die Wirksamkeit einer Kündigung zu wehren, genügend klar zum Ausdruck zu bringen(BAG 23. April 2008 - 2 AZR 699/06 - Rn. 24). Es genügt, dass aus der Klage ersichtlich ist, gegen wen sie sich richtet, wo der Kläger tätig war und vor allem, dass er seine Kündigung nicht als berechtigt anerkennen will (BAG 13. Dezember 2007 - 2 AZR 818/06 - Rn. 20 mwN).

20

Die Darlegung aller klagebegründenden Tatsachen, wie die Erfüllung der kündigungsschutzrechtlichen Voraussetzungen nach § 1 Abs. 1 KSchG und § 23 Abs. 1 KSchG, gehört nicht zur Zulässigkeit der Kündigungsschutzklage, sondern zur Schlüssigkeit des Sachvortrags; ihr Fehlen führt demnach nicht zur Unzulässigkeit der Kündigungsschutzklage, sondern zu deren Unbegründetheit (KR/Friedrich 10. Aufl. § 4 KSchG Rn. 159; Linck in vHH/L KSchG 15. Aufl. § 4 Rn. 37).

21

2. Die Klageschrift vom 23. März 2010 genügt den Anforderungen an die Erhebung einer Kündigungsschutzklage. Der Antrag entspricht der Vorgabe des § 4 Satz 1 KSchG. Die ausdrücklich „wegen Kündigungsschutzes“ erhobene Klage macht deutlich, dass der Kläger sich als Arbeitnehmer der Schuldnerin sieht und die von dem Beklagten als Insolvenzverwalter erklärte Kündigung vom 2. März 2010 nicht akzeptieren will. Dies ist entgegen der Auffassung der Revision ausreichend. Die Revision verkennt, dass es im vorliegenden Fall, anders als in dem mit Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 13. Dezember 2007 - 2 AZR 818/06 - entschiedenen Fall, nicht um die Auslegung der Klageschrift geht. Die von der Revision thematisierte Problematik unterschiedlicher Auslegungsmaßstäbe von Klageschriften, die von sachkundigen Prozessbevollmächtigten erstellt wurden, in Abgrenzung zu Klageschriften, die von rechtsunkundigen Parteien verfasst wurden, stellt sich nicht. Die Klageschrift ist eindeutig formuliert. Soweit die Revision eine unzureichende Klagebegründung rügt, wirft sie ein Problem der Begründetheit der Klage auf.

22

Die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG wurde unstreitig gewahrt. Die Kündigung ging dem Kläger noch am 2. März 2010 zu. Die am 23. März 2010 als Telefax bei Gericht eingegangene Klage hielt die Frist ein. Der 23. März 2010 war der Tag des Fristablaufs (§ 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB).

23

III. Das Landesarbeitsgericht sieht die streitgegenständliche Kündigung als sozial ungerechtfertigt gemäß § 1 Abs. 2 KSchG und die Klage damit als begründet an. Das Vorliegen verhaltensbedingter Gründe hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei verneint. Die Revision rügt jedoch zu Recht die Verkennung des Kündigungsgrundes, soweit die Kündigung als Druckkündigung gerechtfertigt wurde.

24

1. Die Voraussetzungen der Anwendbarkeit des allgemeinen Kündigungsschutzes gemäß § 1 Abs. 1 KSchG und § 23 Abs. 1 KSchG liegen unstreitig vor. Die ordentliche Kündigung vom 2. März 2010 bedarf daher der sozialen Rechtfertigung (§ 1 Abs. 2 KSchG).

25

2. Die streitgegenständliche Kündigung ist nicht durch Gründe, die im Verhalten des Klägers liegen, sozial gerechtfertigt.

26

a) Das Landesarbeitsgericht hat im Verhalten des Klägers keine hinreichenden Kündigungsgründe erkannt. In Frage stehen die zur Rechtfertigung der außerordentlichen Kündigung angeführten Gründe (Missbrauch der EC-Karte für Privateinkäufe; Verweigerung der Herausgabe des Firmenwagens). Bezüglich der Einkäufe zulasten des Kontos der Schuldnerin ist das Landesarbeitsgericht nach Vernehmung des vormaligen Geschäftsführers der Schuldnerin zu der Auffassung gelangt, dass dieser die Einkäufe angewiesen und überprüft hat und damit kein Pflichtverstoß der klagenden Partei festzustellen ist. Hinsichtlich des Firmenwagens hat sich das Landesarbeitsgericht der Auffassung des Arbeitsgerichts angeschlossen, wonach es vor Erklärung der Kündigung einer entsprechenden Abmahnung bedurft hätte.

27

b) Diese Ausführungen des Landesarbeitsgerichts lassen keinen revisiblen Rechtsfehler erkennen. Der tatrichterliche Beurteilungsspielraum wurde nicht überschritten. Die Revision erhebt insoweit auch keine Rügen. Zudem könnte die verweigerte Herausgabe des Fahrzeugs die Kündigung vom 2. März 2010 nicht rechtfertigen, da die Herausgabe erst mit Schreiben vom 15. März 2010 verlangt wurde. Kündigungsgründe, die erst nach dem Zugang der Kündigung entstanden sind, können eine bereits ausgesprochene Kündigung nicht sozial rechtfertigen (KR/Griebeling 10. Aufl. § 1 KSchG Rn. 246).

28

3. Zu Recht rügt die Revision allerdings Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts bei der Beurteilung der ordentlichen Kündigung als betriebsbedingte Druckkündigung.

29

a) Hinsichtlich der Druckkündigung hat das Landesarbeitsgericht Beweis erhoben durch Vernehmung eines Mitarbeiters des Beklagten zur wirtschaftlichen Situation der Schuldnerin ab dem Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung und zur Forderung der Sparkasse nach Entlassung des Klägers und seiner Ehefrau. Das Landesarbeitsgericht hat dann aber ohne Würdigung der durchgeführten Beweisaufnahme entschieden, dass die Voraussetzungen einer betriebsbedingten Druckkündigung nicht vorliegen. Der Kündigung liege nicht der erforderliche ernsthafte und endgültige Kündigungswille zugrunde. Die Kündigung beruhe auf einem „prognostischen Element“, denn es hätte der Gläubigerversammlung am 12. Mai 2010 oblegen, über die Fortführung des Betriebs zu entscheiden. Zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung sei noch nicht entschieden gewesen, ob der Betrieb der Schuldnerin fortgeführt werde und es auf die Gewährung eines Darlehens durch die Sparkasse überhaupt ankommen werde. Ein Grund für den Ausspruch einer Druckkündigung habe deshalb bei Kündigungserklärung nicht bestanden.

30

b) Mit dieser Begründung kann die Druckkündigung nicht als sozial ungerechtfertigt gemäß § 1 Abs. 2 KSchG angesehen werden.

31

aa) Das Landesarbeitsgericht hat den Kündigungsgrund verkannt. Der Beklagte hat die Kündigung nicht mit der Stilllegung des Betriebs begründet. Er rechtfertigt die Kündigung vielmehr damit, dass er davon ausging, dass ohne Verlustübernahmeerklärung der Sparkasse keine Alternative zur Stilllegung mehr bestand, und er zur Erreichung der Verlustübernahmeerklärung deshalb dem auf die Entlassung des Klägers gerichteten Druck der Sparkasse nachgeben musste. Er führt eine Drucksituation im Vorfeld einer Entscheidung über die Stilllegung oder Fortführung an.

32

bb) Die vom Beklagten behauptete Drucksituation und die darauf basierende Kündigungsentscheidung berühren nicht die Befugnisse der Gläubigerversammlung gemäß § 157 InsO.

33

(1) Nach dieser Vorschrift beschließt die Gläubigerversammlung im Berichtstermin, ob das Unternehmen des Schuldners stillgelegt oder vorläufig fortgeführt werden soll. Die Gläubiger haben demnach autonom über die Stilllegung, vorläufige Fortführung und einen Insolvenzplan zu befinden (vgl. MünchKommInsO/Görg 2. Aufl. § 157 Rn. 5 ff.). Der Insolvenzverwalter hat gemäß § 156 InsO den Berichtstermin vorzubereiten, da er im Berichtstermin über die wirtschaftliche Lage des Schuldners und ihre Ursachen zu berichten hat(§ 156 Abs. 1 Satz 1 InsO). Gemäß § 156 Abs. 1 Satz 2 InsO hat der Insolvenzverwalter zudem darzulegen, ob Aussichten bestehen, das Unternehmen des Schuldners im Ganzen oder in Teilen zu erhalten, welche Möglichkeiten für einen Insolvenzplan bestehen und welche Auswirkungen jeweils für die Befriedigung der Gläubiger eintreten würden. Der Verwalter hat im Berichtstermin die fortführende oder übertragende Sanierung als Alternative zur Liquidation zu erörtern und gegebenenfalls einen Sanierungsplan vorzulegen (Uhlenbruck/Uhlenbruck 13. Aufl. § 156 InsO Rn. 9).

34

(2) Die Frage der Gewährung einer Verlustübernahmeerklärung durch die Sparkasse war nach Darstellung des Beklagten wesentlich für die Beurteilung der Sanierungsaussichten. Dabei handelte es sich um das entscheidende Merkmal für die Vorbereitung des Berichtstermins. Ohne das Eintreten der Sparkasse hätte der Beklagte der Gläubigerversammlung nach seiner Darstellung die Stilllegung des Betriebs vorschlagen müssen. Bei Gewährung der Verlustübernahmeerklärung hingegen kam eine Fortführung in Betracht. Damit entstand im Vorfeld der Gläubigerversammlung der Druck, den der Beklagte zur Rechtfertigung der Kündigung anführt. Ohne Entlassung des Klägers und seiner Ehefrau wäre die Absicherung durch die Sparkasse nicht erreichbar gewesen. Erst durch die Verlustübernahmeerklärung wurde der Gläubigerversammlung eine Wahl zwischen Stilllegung und vorläufiger Fortführung ermöglicht.

35

cc) Am Kündigungswillen des Beklagten besteht entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts kein Zweifel. Er hat ihn durch die Erklärung der Kündigung verwirklicht (vgl. BAG 21. Januar 2006 - 2 AZR 179/05 - Rn. 46).

36

IV. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Dies wäre nur dann der Fall, wenn eine sogenannte „echte Druckkündigung“ als betriebsbedingte Kündigung gemäß § 1 Abs. 2 KSchG entgegen der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts generell als unzulässig anzusehen wäre. Dies vertreten einige Stimmen des juristischen Schrifttums. Der Senat hält aber an der bisherigen Rechtsprechung fest.

37

1. Eine Druckkündigung liegt nach der Rechtsprechung vor, wenn Dritte unter Androhung von Nachteilen für den Arbeitgeber von diesem die Entlassung eines bestimmten Arbeitnehmers verlangen. Dabei sind zwei Fallgestaltungen zu unterscheiden:

38

a) Das Verlangen des Dritten kann gegenüber dem Arbeitgeber durch ein Verhalten des Arbeitnehmers oder einen personenbedingten Grund objektiv gerechtfertigt sein. In diesem Fall liegt es im Ermessen des Arbeitgebers, ob er eine personen- oder eine verhaltensbedingte Kündigung erklärt (BAG 19. Juni 1986 - 2 AZR 563/85 - zu B II 2 a der Gründe). Eine solche Kündigung wird auch als „unechte Druckkündigung“ bezeichnet. Die Kündigung wird nicht primär wegen des durch den Dritten erzeugten Drucks erklärt, sondern wegen des personen- oder verhaltensbedingten Kündigungsgrundes.

39

b) Fehlt es hingegen an einer solchen objektiven Rechtfertigung der Drohung, so kommt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine Kündigung aus betriebsbedingten Gründen in Betracht. An die Zulässigkeit einer sogenannten „echten Druckkündigung“ sind allerdings strenge Anforderungen zu stellen. Der Arbeitgeber hat sich in diesem Fall zunächst schützend vor den betroffenen Arbeitnehmer zu stellen. Nur wenn auf diese Weise die Drohung nicht abgewendet werden kann und bei Verwirklichung der Drohung schwere wirtschaftliche Schäden für den Arbeitgeber drohen, kann die Kündigung sozial gerechtfertigt sein. Dabei ist jedoch Voraussetzung, dass die Kündigung das einzig praktisch in Betracht kommende Mittel ist, um die Schäden abzuwenden (BAG 19. Juni 1986 - 2 AZR 563/85 - zu B II 2 b aa der Gründe). Zu berücksichtigen ist hierbei auch, inwieweit der Arbeitgeber die Drucksituation selbst in vorwerfbarer Weise herbeigeführt hat (BAG 4. Oktober 1990 - 2 AZR 201/90 - zu II 3 der Gründe). Typische Fälle einer echten Druckkündigung sind Drohungen der Belegschaft mit Streik oder Massenkündigungen oder die Androhung des Abbruchs von Geschäftsbeziehungen für den Fall der Weiterbeschäftigung eines bestimmten Arbeitnehmers (zur Abgrenzung zwischen betriebsbedingter Druckkündigung und personenbedingter Kündigung vgl. BAG 26. Juni 1997 - 2 AZR 502/96 - zu B I 3 der Gründe; 31. Januar 1996 - 2 AZR 158/95 - zu II 5 a und b der Gründe, BAGE 82, 124).

40

2. Diese Rechtsprechung ist in der Literatur neben Zustimmung auch auf Kritik gestoßen.

41

a) Ein Teil des Schrifttums sieht eine Druckkündigung als betriebsbedingte Kündigung entsprechend der Rechtsprechung als sozial gerechtfertigt an, wenn dem Arbeitgeber anderenfalls schwere wirtschaftliche Schäden drohen (KR/Griebeling 10. Aufl. § 1 KSchG Rn. 586a; DFL/Kaiser 5. Aufl. § 1 KSchG Rn. 19; Löwisch/Spinner KSchG 9. Aufl. § 1 Rn. 334; ErfK/Müller-Glöge 13. Aufl. § 626 BGB Rn. 185; MüKoBGB/Henssler 6. Aufl. § 626 Rn. 255; zu etwaigen Schadensersatzansprüchen des betroffenen Arbeitnehmers vgl. KR/Fischermeier § 626 BGB Rn. 209 mwN).

42

b) Zum Teil wird eingewendet, dass es sich um keinen Fall der betriebsbedingten Kündigung handle, da keine arbeitsplatzbezogenen Beschäftigungsmöglichkeiten entfielen (so APS/Kiel 4. Aufl. § 1 KSchG Rn. 521 mwN; Berkowsky Die betriebsbedingte Kündigung 6. Aufl. Rn. 106). Die Druckkündigung könne nur der personenbedingten Kündigung zugerechnet werden. Die Person des Arbeitnehmers sei der eigentliche Anlass für den von Dritten ausgeübten Druck (Krause in vHH/L KSchG 15. Aufl. § 1 Rn. 346; ErfK/Oetker 13. Aufl. § 1 KSchG Rn. 184).

43

c) Andere Autoren lehnen die echte Druckkündigung gänzlich ab. Es liege kein Kündigungsgrund vor. Habe sich der Arbeitnehmer nichts zuschulden kommen lassen, dürfe das Mittel der betriebsbedingten Kündigung nicht dazu führen, dass der Arbeitnehmer wegen einer ungerechtfertigen Drohung seinen Arbeitsplatz verliere. Das Recht brauche dem Unrecht nicht zu weichen (Stahlhacke/Preis 10. Aufl. Rn. 970; Kittner/Däubler/Zwanziger/Deinert KSchR 8. Aufl. § 1 KSchG Rn. 469; ablehnend auch HK/Weller/Dorndorf KSchG 4. Aufl. § 1 Rn. 997; zur Problematik diskriminierender Entlassungsverlangen vgl. Deinert RdA 2007, 275 ff.).

44

3. Die in der Literatur geäußerten Bedenken gegen die Einstufung einer echten Druckkündigung als betriebsbedingte Kündigung iSd. § 1 Abs. 2 KSchG tragen nicht.

45

Dringende betriebliche Erfordernisse für eine Kündigung können sich aus innerbetrieblichen oder außerbetrieblichen Gründen ergeben (st. Rspr., vgl. BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 124/11 - Rn. 21). In beiden Konstellationen liegt der Kündigungsgrund in der Sphäre des Arbeitgebers, der entweder agiert, dh. eine Organisationsentscheidung trifft, oder auf eine bestimmte Situation reagiert. Letzteres ist insbesondere der Fall, wenn der Arbeitgeber einen Auftrag verliert und den Personalbestand an die noch verbleibende Arbeitsmenge anpassen muss (vgl. BAG 18. Mai 2006 - 2 AZR 412/05 - Rn. 17). Bei einem Auftragsverlust entsteht für den Arbeitgeber eine Drucksituation, auf die er unternehmerisch reagieren muss, um den Fortbestand des Betriebs zu sichern.

46

Bei der echten Druckkündigung ist die Lage insoweit vergleichbar. Entstünden bei Verwirklichung der Drohung schwere wirtschaftliche Schäden für den Arbeitgeber, muss dieser aus wirtschaftlichen Gründen handeln. Der Kündigungsgrund ist damit seiner Sphäre zuzuordnen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Druck von Vertragspartnern des Arbeitgebers ausgeübt wird (HWK/Quecke 5. Aufl. § 1 KSchG Rn. 257). Die Person des zur Kündigung anstehenden Arbeitnehmers ist nur mittelbarer Anlass für den eigentlichen Kündigungsgrund, dass von dritter Seite Druck auf den Arbeitgeber ausgeübt wird. Wird der Druck als betriebliches Erfordernis verstanden, kommt es nicht darauf an, ob die Forderung nach der Entlassung berechtigt oder unberechtigt ist (HaKo/Gallner KSchR 4. Aufl. § 1 Rn. 528). Der Arbeitgeber sieht sich mit der Druckausübung konfrontiert, auch wenn sie inhaltlich unberechtigt sein sollte (vgl. BAG 4. Oktober 1990 - 2 AZR 201/90 - zu III 1 b bb der Gründe). Er muss abwägen, ob er dem Druck nachgibt oder nicht. Das Argument, dass der Beschäftigungsbedarf für den betroffenen Arbeitnehmer nicht entfällt, verliert dann an Gewicht, wenn bei Verwirklichung der Drohung der Beschäftigungsbedarf für Teile der oder sogar für die gesamte Belegschaft in Frage steht. Dies wird deutlich im Fall des angedrohten Auftragsentzugs: Reagiert der Arbeitgeber nicht und entzieht der Dritte den Auftrag, können wegen Wegfalls des Beschäftigungsbedürfnisses betriebsbedingte Kündigungen erforderlich werden. Die Erklärung einer Druckkündigung kann dies unter Umständen verhindern. Auch dies spricht für die Einstufung als betriebsbedingte Kündigung, die sozial gerechtfertigt sein kann.

47

Der vorliegende Fall zeigt zudem, dass die Zielsetzung der sanierenden Insolvenz konterkariert würde, wenn wegen des generellen Ausschlusses der betriebsbedingten Druckkündigung die Fortführung eines Unternehmens verhindert würde.

48

V. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist gemäß § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Die festgestellten Tatsachen reichen zur Beurteilung der ordentlichen Druckkündigung nicht aus. Das Landesarbeitsgericht wird unter Wahrung des Gebots des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 GG) die von ihm durchgeführte Beweisaufnahme gemäß § 286 Abs. 1 ZPO zu würdigen oder die Beweisaufnahme zu wiederholen haben.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

    Krumbiegel    

      

        

        

    Kreis    

        

    Kammann    

                 

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 29. März 2012 - 3 Sa 426/10 - teilweise aufgehoben, soweit es die Berufung des Beklagten gegen die Feststellung des Arbeitsgerichts, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung des Beklagten vom 2. März 2010 nicht aufgelöst wurde, zurückgewiesen hat.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten im Revisionsverfahren noch um die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

2

Der Kläger war seit Beginn der 1990iger Jahre Gesellschafter und teilweise Geschäftsführer von drei Gesellschaften, welche das Hotel H in A betrieben. Die das Hotel tragenden Gesellschaften gerieten in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Im Mai 2007 übernahm die H R GmbH (im Folgenden: Schuldnerin) den Betrieb des Hotels.

3

Unter dem 1. August 2007 schlossen die Schuldnerin und der Kläger einen als Arbeitsvertrag bezeichneten Vertrag. Demnach wurde der Kläger als „Mitarbeiter für Verkauf und Gastbetreuung“ ab 1. August 2007 eingestellt.

4

Mit Beschluss des Amtsgerichts Magdeburg - Insolvenzgericht - vom 1. März 2010 (- 340 IN 83/10 (351) -) wurde an diesem Tag das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Termin zur Gläubigerversammlung wurde auf den 12. Mai 2010 festgesetzt.

5

Mit Schreiben vom 2. März 2010, welches dem Kläger noch am selben Tag zuging, kündigte der Beklagte das Vertragsverhältnis mit dem Kläger zum 30. April 2010. Der Beklagte rechtfertigt die Kündigung damit, dass die Grundpfandgläubigerin H (im Folgenden: Sparkasse) nur unter der Bedingung der Beendigung der Vertragsverhältnisse mit dem Kläger und seiner Ehefrau bereit gewesen sei, zur Ermöglichung der Fortführung des Betriebs eine Verlustübernahmeerklärung abzugeben. Ohne die Abgabe einer solchen Verlustübernahmeerklärung hätte der Betrieb stillgelegt werden müssen.

6

Mit Schriftsatz vom 23. März 2010, welcher per Telefax am selben Tag beim Arbeitsgericht einging, erhob der Prozessbevollmächtigte des Klägers „wegen Kündigungsschutzes“ gegen den Beklagten die Klage mit dem Antrag „festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 2.3.2010 nicht beendet ist“. Als Begründung der Klage führte er lediglich an, dass der Kläger Arbeitnehmer der Schuldnerin sei und der Beklagte als deren Insolvenzverwalter das Arbeitsverhältnis „per 2.3.2010“ gekündigt habe.

7

Mit Schreiben vom 20. April 2010, welches dem Kläger am 21. April 2010 übergeben wurde, kündigte der Beklagte dem Kläger außerordentlich fristlos. Der Kläger habe die ihm von der Schuldnerin für Ankäufe zugunsten des Hotelbetriebs zur Verfügung gestellte EC-Karte missbraucht und mit ihr Privateinkäufe bezahlt. Zudem habe er trotz Aufforderung mit Schreiben vom 15. März 2010 den Firmenwagen nicht herausgegeben, sondern weiter unberechtigt privat genutzt.

8

Mit bei Gericht am 7. Mai 2010 eingegangener Klageerweiterung vom 5. Mai 2010 hat der Kläger auch die außerordentliche Kündigung angegriffen.

9

Der Kläger hält sowohl die außerordentliche als auch die ordentliche Kündigung für unwirksam. Er habe mit der EC-Karte keine privaten Einkäufe getätigt und das Firmenfahrzeug nicht für Privatfahrten genutzt. Bis zur Erstattung der von ihm für betriebliche Fahrten verauslagten Benzinkosten sei er nicht zur Herausgabe des Fahrzeugs verpflichtet gewesen. Die Sparkasse habe keinen Grund gehabt, seine Entlassung zu verlangen.

10

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die ordentliche Kündigung des Beklagten vom 2. März 2010 noch durch die außerordentliche Kündigung des Beklagten vom 20. April 2010 aufgelöst worden ist.

11

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

12

Er hat die Auffassung vertreten, der Kläger könne sich gegen die Kündigungen schon deshalb nicht zur Wehr setzen, weil er entgegen der Bezeichnung im Vertrag vom 1. August 2007 tatsächlich kein Arbeitnehmer gewesen sei. Er habe ohne Einbindung in die Organisation des Hotelbetriebs frei über seine Arbeitszeit bestimmt und sei auch sonst nicht dem Direktionsrecht unterlegen.

13

Bei Unterstellung der Arbeitnehmereigenschaft habe die außerordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis fristlos beendet. Hinsichtlich der ordentlichen Kündigung habe der Kläger keine ordnungsgemäße Kündigungsschutzklage erhoben. Die Klageschrift vom 23. März 2010 enthalte keine hinreichende Begründung der angeblichen Unwirksamkeit der ordentlichen Kündigung. Dessen ungeachtet sei die ordentliche Kündigung sozial gerechtfertigt. Die zur Begründung der außerordentlichen Kündigung angeführten Umstände würden auch die ordentliche Kündigung rechtfertigen. Zur Ermöglichung der Fortführung des Betriebs sei es zudem unabdingbar gewesen, einem Verlangen der Sparkasse nach Entlassung des Klägers zu entsprechen. Die Sparkasse habe die Hotelimmobilie und die Wellnessanlage finanziert. Nach dem Auftreten wirtschaftlicher Schwierigkeiten hätten der Kläger und dessen Ehefrau die weitere Zusammenarbeit mit der Sparkasse verweigert, um einen Schuldenerlass über eine andere Bank zu finanzieren. Dies sei nicht gelungen. Nach der Kündigung der Geschäftsbeziehung wegen Rückständen und Überziehungen hätten der Kläger und seine Ehefrau alles unternommen, um die Verwertung der Sicherheiten zu verhindern. Aufgrund dieser Ereignisse sei die Sparkasse bei Verbleib der Eheleute im Betrieb nicht bereit gewesen, eine Verlustübernahmeerklärung von bis zu 100.000,00 Euro abzugeben. Diese sei aber unbedingt erforderlich gewesen, um die Fortführung des Betriebs zu ermöglichen. Die Prognose für die Zeit von März 2010 bis zum 31. Dezember 2010 habe einen wahrscheinlichen Verlust von 99.100,00 Euro ergeben. Ohne die entsprechende Verlustübernahmeerklärung durch die Sparkasse hätte der Betrieb eingestellt werden müssen. Er (der Beklagte) habe versucht, die Sparkasse von ihrer Forderung nach Entlassung des Klägers abzubringen. Die Forderung sei aber nicht verhandelbar gewesen.

14

Diese Drucksituation bestehe unverändert. Der Beklagte hat deshalb im Berufungsverfahren für den Fall des Obsiegens des Klägers mit der Kündigungsschutzklage hilfsweise beantragt, das Arbeitsverhältnis aufzulösen. Nach Ansicht des Klägers liegt kein Auflösungsgrund vor.

15

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen und den Auflösungsantrag abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision wendet sich der Beklagte gegen die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts, soweit sie die ordentliche Kündigung betrifft. Die außerordentliche Kündigung und der Auflösungsantrag sind somit nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens.

Entscheidungsgründe

16

Die Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat mit unzutreffender Begründung das Vorliegen der Voraussetzungen einer ordentlichen Druckkündigung verneint. Die Entscheidung stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar. Da der festgestellte Sachverhalt keine abschließende Entscheidung erlaubt, ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Es bedarf daher keiner Entscheidung über die von der Revision erhobenen Verfahrensrügen.

17

I. Zwischen dem Kläger und der Schuldnerin wurde auf der Grundlage des ausdrücklich als Arbeitsvertrag bezeichneten Vertrags vom 1. August 2007 ein Arbeitsverhältnis begründet. Dies hat das Landesarbeitsgericht nach Durchführung einer Beweisaufnahme und deren Würdigung rechtsfehlerfrei entschieden. Es berücksichtigte hierbei die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines Anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist (vgl. BAG 29. August 2012 - 10 AZR 499/11 - Rn. 14 und 15 mwN). Die Revision erhebt hiergegen keine Rügen.

18

II. Die Kündigung vom 2. März 2010 gilt nicht gemäß § 7 Halbs. 1 KSchG als von Anfang an rechtswirksam. Entgegen der Auffassung der Revision hat der Kläger mit der Klageschrift vom 23. März 2010 fristwahrend eine Kündigungsschutzklage gemäß § 4 Satz 1 KSchG erhoben.

19

1. Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist (§ 4 Satz 1 KSchG). Der dem Gesetzeswortlaut entsprechende Klageantrag ist dann auch bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Als Prozesshandlung ist eine Klageschrift ebenso wie eine private Willenserklärung auslegungsfähig. Entscheidend ist der geäußerte Parteiwille, wie er aus der Klageschrift und den sonstigen Umständen erkennbar wird. Dabei ist gerade im arbeitsgerichtlichen Verfahren ein großzügiger Maßstab anzulegen. Dies entspricht auch dem Zweck der weit auszulegenden Vorschrift des § 6 KSchG(vgl. BAG 23. Juni 2009 - 2 AZR 474/07 - Rn. 28, BAGE 131, 155). Zweck des § 6 KSchG ist es, im Zusammenspiel mit § 4 KSchG frühzeitig Rechtsklarheit und -sicherheit zu schaffen. § 6 KSchG will den - häufig rechtsunkundigen - Arbeitnehmer vor einem unnötigen Verlust seines Kündigungsschutzes aus formalen Gründen schützen. Der Arbeitnehmer ist nach §§ 4, 6 KSchG nur verpflichtet, durch eine rechtzeitige Anrufung des Arbeitsgerichts seinen Willen, sich gegen die Wirksamkeit einer Kündigung zu wehren, genügend klar zum Ausdruck zu bringen(BAG 23. April 2008 - 2 AZR 699/06 - Rn. 24). Es genügt, dass aus der Klage ersichtlich ist, gegen wen sie sich richtet, wo der Kläger tätig war und vor allem, dass er seine Kündigung nicht als berechtigt anerkennen will (BAG 13. Dezember 2007 - 2 AZR 818/06 - Rn. 20 mwN).

20

Die Darlegung aller klagebegründenden Tatsachen, wie die Erfüllung der kündigungsschutzrechtlichen Voraussetzungen nach § 1 Abs. 1 KSchG und § 23 Abs. 1 KSchG, gehört nicht zur Zulässigkeit der Kündigungsschutzklage, sondern zur Schlüssigkeit des Sachvortrags; ihr Fehlen führt demnach nicht zur Unzulässigkeit der Kündigungsschutzklage, sondern zu deren Unbegründetheit (KR/Friedrich 10. Aufl. § 4 KSchG Rn. 159; Linck in vHH/L KSchG 15. Aufl. § 4 Rn. 37).

21

2. Die Klageschrift vom 23. März 2010 genügt den Anforderungen an die Erhebung einer Kündigungsschutzklage. Der Antrag entspricht der Vorgabe des § 4 Satz 1 KSchG. Die ausdrücklich „wegen Kündigungsschutzes“ erhobene Klage macht deutlich, dass der Kläger sich als Arbeitnehmer der Schuldnerin sieht und die von dem Beklagten als Insolvenzverwalter erklärte Kündigung vom 2. März 2010 nicht akzeptieren will. Dies ist entgegen der Auffassung der Revision ausreichend. Die Revision verkennt, dass es im vorliegenden Fall, anders als in dem mit Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 13. Dezember 2007 - 2 AZR 818/06 - entschiedenen Fall, nicht um die Auslegung der Klageschrift geht. Die von der Revision thematisierte Problematik unterschiedlicher Auslegungsmaßstäbe von Klageschriften, die von sachkundigen Prozessbevollmächtigten erstellt wurden, in Abgrenzung zu Klageschriften, die von rechtsunkundigen Parteien verfasst wurden, stellt sich nicht. Die Klageschrift ist eindeutig formuliert. Soweit die Revision eine unzureichende Klagebegründung rügt, wirft sie ein Problem der Begründetheit der Klage auf.

22

Die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG wurde unstreitig gewahrt. Die Kündigung ging dem Kläger noch am 2. März 2010 zu. Die am 23. März 2010 als Telefax bei Gericht eingegangene Klage hielt die Frist ein. Der 23. März 2010 war der Tag des Fristablaufs (§ 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB).

23

III. Das Landesarbeitsgericht sieht die streitgegenständliche Kündigung als sozial ungerechtfertigt gemäß § 1 Abs. 2 KSchG und die Klage damit als begründet an. Das Vorliegen verhaltensbedingter Gründe hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei verneint. Die Revision rügt jedoch zu Recht die Verkennung des Kündigungsgrundes, soweit die Kündigung als Druckkündigung gerechtfertigt wurde.

24

1. Die Voraussetzungen der Anwendbarkeit des allgemeinen Kündigungsschutzes gemäß § 1 Abs. 1 KSchG und § 23 Abs. 1 KSchG liegen unstreitig vor. Die ordentliche Kündigung vom 2. März 2010 bedarf daher der sozialen Rechtfertigung (§ 1 Abs. 2 KSchG).

25

2. Die streitgegenständliche Kündigung ist nicht durch Gründe, die im Verhalten des Klägers liegen, sozial gerechtfertigt.

26

a) Das Landesarbeitsgericht hat im Verhalten des Klägers keine hinreichenden Kündigungsgründe erkannt. In Frage stehen die zur Rechtfertigung der außerordentlichen Kündigung angeführten Gründe (Missbrauch der EC-Karte für Privateinkäufe; Verweigerung der Herausgabe des Firmenwagens). Bezüglich der Einkäufe zulasten des Kontos der Schuldnerin ist das Landesarbeitsgericht nach Vernehmung des vormaligen Geschäftsführers der Schuldnerin zu der Auffassung gelangt, dass dieser die Einkäufe angewiesen und überprüft hat und damit kein Pflichtverstoß der klagenden Partei festzustellen ist. Hinsichtlich des Firmenwagens hat sich das Landesarbeitsgericht der Auffassung des Arbeitsgerichts angeschlossen, wonach es vor Erklärung der Kündigung einer entsprechenden Abmahnung bedurft hätte.

27

b) Diese Ausführungen des Landesarbeitsgerichts lassen keinen revisiblen Rechtsfehler erkennen. Der tatrichterliche Beurteilungsspielraum wurde nicht überschritten. Die Revision erhebt insoweit auch keine Rügen. Zudem könnte die verweigerte Herausgabe des Fahrzeugs die Kündigung vom 2. März 2010 nicht rechtfertigen, da die Herausgabe erst mit Schreiben vom 15. März 2010 verlangt wurde. Kündigungsgründe, die erst nach dem Zugang der Kündigung entstanden sind, können eine bereits ausgesprochene Kündigung nicht sozial rechtfertigen (KR/Griebeling 10. Aufl. § 1 KSchG Rn. 246).

28

3. Zu Recht rügt die Revision allerdings Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts bei der Beurteilung der ordentlichen Kündigung als betriebsbedingte Druckkündigung.

29

a) Hinsichtlich der Druckkündigung hat das Landesarbeitsgericht Beweis erhoben durch Vernehmung eines Mitarbeiters des Beklagten zur wirtschaftlichen Situation der Schuldnerin ab dem Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung und zur Forderung der Sparkasse nach Entlassung des Klägers und seiner Ehefrau. Das Landesarbeitsgericht hat dann aber ohne Würdigung der durchgeführten Beweisaufnahme entschieden, dass die Voraussetzungen einer betriebsbedingten Druckkündigung nicht vorliegen. Der Kündigung liege nicht der erforderliche ernsthafte und endgültige Kündigungswille zugrunde. Die Kündigung beruhe auf einem „prognostischen Element“, denn es hätte der Gläubigerversammlung am 12. Mai 2010 oblegen, über die Fortführung des Betriebs zu entscheiden. Zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung sei noch nicht entschieden gewesen, ob der Betrieb der Schuldnerin fortgeführt werde und es auf die Gewährung eines Darlehens durch die Sparkasse überhaupt ankommen werde. Ein Grund für den Ausspruch einer Druckkündigung habe deshalb bei Kündigungserklärung nicht bestanden.

30

b) Mit dieser Begründung kann die Druckkündigung nicht als sozial ungerechtfertigt gemäß § 1 Abs. 2 KSchG angesehen werden.

31

aa) Das Landesarbeitsgericht hat den Kündigungsgrund verkannt. Der Beklagte hat die Kündigung nicht mit der Stilllegung des Betriebs begründet. Er rechtfertigt die Kündigung vielmehr damit, dass er davon ausging, dass ohne Verlustübernahmeerklärung der Sparkasse keine Alternative zur Stilllegung mehr bestand, und er zur Erreichung der Verlustübernahmeerklärung deshalb dem auf die Entlassung des Klägers gerichteten Druck der Sparkasse nachgeben musste. Er führt eine Drucksituation im Vorfeld einer Entscheidung über die Stilllegung oder Fortführung an.

32

bb) Die vom Beklagten behauptete Drucksituation und die darauf basierende Kündigungsentscheidung berühren nicht die Befugnisse der Gläubigerversammlung gemäß § 157 InsO.

33

(1) Nach dieser Vorschrift beschließt die Gläubigerversammlung im Berichtstermin, ob das Unternehmen des Schuldners stillgelegt oder vorläufig fortgeführt werden soll. Die Gläubiger haben demnach autonom über die Stilllegung, vorläufige Fortführung und einen Insolvenzplan zu befinden (vgl. MünchKommInsO/Görg 2. Aufl. § 157 Rn. 5 ff.). Der Insolvenzverwalter hat gemäß § 156 InsO den Berichtstermin vorzubereiten, da er im Berichtstermin über die wirtschaftliche Lage des Schuldners und ihre Ursachen zu berichten hat(§ 156 Abs. 1 Satz 1 InsO). Gemäß § 156 Abs. 1 Satz 2 InsO hat der Insolvenzverwalter zudem darzulegen, ob Aussichten bestehen, das Unternehmen des Schuldners im Ganzen oder in Teilen zu erhalten, welche Möglichkeiten für einen Insolvenzplan bestehen und welche Auswirkungen jeweils für die Befriedigung der Gläubiger eintreten würden. Der Verwalter hat im Berichtstermin die fortführende oder übertragende Sanierung als Alternative zur Liquidation zu erörtern und gegebenenfalls einen Sanierungsplan vorzulegen (Uhlenbruck/Uhlenbruck 13. Aufl. § 156 InsO Rn. 9).

34

(2) Die Frage der Gewährung einer Verlustübernahmeerklärung durch die Sparkasse war nach Darstellung des Beklagten wesentlich für die Beurteilung der Sanierungsaussichten. Dabei handelte es sich um das entscheidende Merkmal für die Vorbereitung des Berichtstermins. Ohne das Eintreten der Sparkasse hätte der Beklagte der Gläubigerversammlung nach seiner Darstellung die Stilllegung des Betriebs vorschlagen müssen. Bei Gewährung der Verlustübernahmeerklärung hingegen kam eine Fortführung in Betracht. Damit entstand im Vorfeld der Gläubigerversammlung der Druck, den der Beklagte zur Rechtfertigung der Kündigung anführt. Ohne Entlassung des Klägers und seiner Ehefrau wäre die Absicherung durch die Sparkasse nicht erreichbar gewesen. Erst durch die Verlustübernahmeerklärung wurde der Gläubigerversammlung eine Wahl zwischen Stilllegung und vorläufiger Fortführung ermöglicht.

35

cc) Am Kündigungswillen des Beklagten besteht entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts kein Zweifel. Er hat ihn durch die Erklärung der Kündigung verwirklicht (vgl. BAG 21. Januar 2006 - 2 AZR 179/05 - Rn. 46).

36

IV. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Dies wäre nur dann der Fall, wenn eine sogenannte „echte Druckkündigung“ als betriebsbedingte Kündigung gemäß § 1 Abs. 2 KSchG entgegen der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts generell als unzulässig anzusehen wäre. Dies vertreten einige Stimmen des juristischen Schrifttums. Der Senat hält aber an der bisherigen Rechtsprechung fest.

37

1. Eine Druckkündigung liegt nach der Rechtsprechung vor, wenn Dritte unter Androhung von Nachteilen für den Arbeitgeber von diesem die Entlassung eines bestimmten Arbeitnehmers verlangen. Dabei sind zwei Fallgestaltungen zu unterscheiden:

38

a) Das Verlangen des Dritten kann gegenüber dem Arbeitgeber durch ein Verhalten des Arbeitnehmers oder einen personenbedingten Grund objektiv gerechtfertigt sein. In diesem Fall liegt es im Ermessen des Arbeitgebers, ob er eine personen- oder eine verhaltensbedingte Kündigung erklärt (BAG 19. Juni 1986 - 2 AZR 563/85 - zu B II 2 a der Gründe). Eine solche Kündigung wird auch als „unechte Druckkündigung“ bezeichnet. Die Kündigung wird nicht primär wegen des durch den Dritten erzeugten Drucks erklärt, sondern wegen des personen- oder verhaltensbedingten Kündigungsgrundes.

39

b) Fehlt es hingegen an einer solchen objektiven Rechtfertigung der Drohung, so kommt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine Kündigung aus betriebsbedingten Gründen in Betracht. An die Zulässigkeit einer sogenannten „echten Druckkündigung“ sind allerdings strenge Anforderungen zu stellen. Der Arbeitgeber hat sich in diesem Fall zunächst schützend vor den betroffenen Arbeitnehmer zu stellen. Nur wenn auf diese Weise die Drohung nicht abgewendet werden kann und bei Verwirklichung der Drohung schwere wirtschaftliche Schäden für den Arbeitgeber drohen, kann die Kündigung sozial gerechtfertigt sein. Dabei ist jedoch Voraussetzung, dass die Kündigung das einzig praktisch in Betracht kommende Mittel ist, um die Schäden abzuwenden (BAG 19. Juni 1986 - 2 AZR 563/85 - zu B II 2 b aa der Gründe). Zu berücksichtigen ist hierbei auch, inwieweit der Arbeitgeber die Drucksituation selbst in vorwerfbarer Weise herbeigeführt hat (BAG 4. Oktober 1990 - 2 AZR 201/90 - zu II 3 der Gründe). Typische Fälle einer echten Druckkündigung sind Drohungen der Belegschaft mit Streik oder Massenkündigungen oder die Androhung des Abbruchs von Geschäftsbeziehungen für den Fall der Weiterbeschäftigung eines bestimmten Arbeitnehmers (zur Abgrenzung zwischen betriebsbedingter Druckkündigung und personenbedingter Kündigung vgl. BAG 26. Juni 1997 - 2 AZR 502/96 - zu B I 3 der Gründe; 31. Januar 1996 - 2 AZR 158/95 - zu II 5 a und b der Gründe, BAGE 82, 124).

40

2. Diese Rechtsprechung ist in der Literatur neben Zustimmung auch auf Kritik gestoßen.

41

a) Ein Teil des Schrifttums sieht eine Druckkündigung als betriebsbedingte Kündigung entsprechend der Rechtsprechung als sozial gerechtfertigt an, wenn dem Arbeitgeber anderenfalls schwere wirtschaftliche Schäden drohen (KR/Griebeling 10. Aufl. § 1 KSchG Rn. 586a; DFL/Kaiser 5. Aufl. § 1 KSchG Rn. 19; Löwisch/Spinner KSchG 9. Aufl. § 1 Rn. 334; ErfK/Müller-Glöge 13. Aufl. § 626 BGB Rn. 185; MüKoBGB/Henssler 6. Aufl. § 626 Rn. 255; zu etwaigen Schadensersatzansprüchen des betroffenen Arbeitnehmers vgl. KR/Fischermeier § 626 BGB Rn. 209 mwN).

42

b) Zum Teil wird eingewendet, dass es sich um keinen Fall der betriebsbedingten Kündigung handle, da keine arbeitsplatzbezogenen Beschäftigungsmöglichkeiten entfielen (so APS/Kiel 4. Aufl. § 1 KSchG Rn. 521 mwN; Berkowsky Die betriebsbedingte Kündigung 6. Aufl. Rn. 106). Die Druckkündigung könne nur der personenbedingten Kündigung zugerechnet werden. Die Person des Arbeitnehmers sei der eigentliche Anlass für den von Dritten ausgeübten Druck (Krause in vHH/L KSchG 15. Aufl. § 1 Rn. 346; ErfK/Oetker 13. Aufl. § 1 KSchG Rn. 184).

43

c) Andere Autoren lehnen die echte Druckkündigung gänzlich ab. Es liege kein Kündigungsgrund vor. Habe sich der Arbeitnehmer nichts zuschulden kommen lassen, dürfe das Mittel der betriebsbedingten Kündigung nicht dazu führen, dass der Arbeitnehmer wegen einer ungerechtfertigen Drohung seinen Arbeitsplatz verliere. Das Recht brauche dem Unrecht nicht zu weichen (Stahlhacke/Preis 10. Aufl. Rn. 970; Kittner/Däubler/Zwanziger/Deinert KSchR 8. Aufl. § 1 KSchG Rn. 469; ablehnend auch HK/Weller/Dorndorf KSchG 4. Aufl. § 1 Rn. 997; zur Problematik diskriminierender Entlassungsverlangen vgl. Deinert RdA 2007, 275 ff.).

44

3. Die in der Literatur geäußerten Bedenken gegen die Einstufung einer echten Druckkündigung als betriebsbedingte Kündigung iSd. § 1 Abs. 2 KSchG tragen nicht.

45

Dringende betriebliche Erfordernisse für eine Kündigung können sich aus innerbetrieblichen oder außerbetrieblichen Gründen ergeben (st. Rspr., vgl. BAG 24. Mai 2012 - 2 AZR 124/11 - Rn. 21). In beiden Konstellationen liegt der Kündigungsgrund in der Sphäre des Arbeitgebers, der entweder agiert, dh. eine Organisationsentscheidung trifft, oder auf eine bestimmte Situation reagiert. Letzteres ist insbesondere der Fall, wenn der Arbeitgeber einen Auftrag verliert und den Personalbestand an die noch verbleibende Arbeitsmenge anpassen muss (vgl. BAG 18. Mai 2006 - 2 AZR 412/05 - Rn. 17). Bei einem Auftragsverlust entsteht für den Arbeitgeber eine Drucksituation, auf die er unternehmerisch reagieren muss, um den Fortbestand des Betriebs zu sichern.

46

Bei der echten Druckkündigung ist die Lage insoweit vergleichbar. Entstünden bei Verwirklichung der Drohung schwere wirtschaftliche Schäden für den Arbeitgeber, muss dieser aus wirtschaftlichen Gründen handeln. Der Kündigungsgrund ist damit seiner Sphäre zuzuordnen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Druck von Vertragspartnern des Arbeitgebers ausgeübt wird (HWK/Quecke 5. Aufl. § 1 KSchG Rn. 257). Die Person des zur Kündigung anstehenden Arbeitnehmers ist nur mittelbarer Anlass für den eigentlichen Kündigungsgrund, dass von dritter Seite Druck auf den Arbeitgeber ausgeübt wird. Wird der Druck als betriebliches Erfordernis verstanden, kommt es nicht darauf an, ob die Forderung nach der Entlassung berechtigt oder unberechtigt ist (HaKo/Gallner KSchR 4. Aufl. § 1 Rn. 528). Der Arbeitgeber sieht sich mit der Druckausübung konfrontiert, auch wenn sie inhaltlich unberechtigt sein sollte (vgl. BAG 4. Oktober 1990 - 2 AZR 201/90 - zu III 1 b bb der Gründe). Er muss abwägen, ob er dem Druck nachgibt oder nicht. Das Argument, dass der Beschäftigungsbedarf für den betroffenen Arbeitnehmer nicht entfällt, verliert dann an Gewicht, wenn bei Verwirklichung der Drohung der Beschäftigungsbedarf für Teile der oder sogar für die gesamte Belegschaft in Frage steht. Dies wird deutlich im Fall des angedrohten Auftragsentzugs: Reagiert der Arbeitgeber nicht und entzieht der Dritte den Auftrag, können wegen Wegfalls des Beschäftigungsbedürfnisses betriebsbedingte Kündigungen erforderlich werden. Die Erklärung einer Druckkündigung kann dies unter Umständen verhindern. Auch dies spricht für die Einstufung als betriebsbedingte Kündigung, die sozial gerechtfertigt sein kann.

47

Der vorliegende Fall zeigt zudem, dass die Zielsetzung der sanierenden Insolvenz konterkariert würde, wenn wegen des generellen Ausschlusses der betriebsbedingten Druckkündigung die Fortführung eines Unternehmens verhindert würde.

48

V. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist gemäß § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Die festgestellten Tatsachen reichen zur Beurteilung der ordentlichen Druckkündigung nicht aus. Das Landesarbeitsgericht wird unter Wahrung des Gebots des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 GG) die von ihm durchgeführte Beweisaufnahme gemäß § 286 Abs. 1 ZPO zu würdigen oder die Beweisaufnahme zu wiederholen haben.

        

    Fischermeier    

        

    Spelge    

        

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    Kreis    

        

    Kammann    

                 

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.

(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn

1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, kann der Gläubiger unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 Schadensersatz statt der Leistung verlangen. § 281 Abs. 1 Satz 2 und 3 und Abs. 5 findet entsprechende Anwendung.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

*

(1) Der Anspruch auf Leistung ist ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist.

(2) Der Schuldner kann die Leistung verweigern, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers steht. Bei der Bestimmung der dem Schuldner zuzumutenden Anstrengungen ist auch zu berücksichtigen, ob der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat.

(3) Der Schuldner kann die Leistung ferner verweigern, wenn er die Leistung persönlich zu erbringen hat und sie ihm unter Abwägung des seiner Leistung entgegenstehenden Hindernisses mit dem Leistungsinteresse des Gläubigers nicht zugemutet werden kann.

(4) Die Rechte des Gläubigers bestimmen sich nach den §§ 280, 283 bis 285, 311a und 326.

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

(3) Schadensersatz statt der Leistung kann der Gläubiger nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen des § 281, des § 282 oder des § 283 verlangen.

Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, kann der Gläubiger unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 Schadensersatz statt der Leistung verlangen. § 281 Abs. 1 Satz 2 und 3 und Abs. 5 findet entsprechende Anwendung.

Tenor

I. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 14. September 2010 - 13 Sa 462/10 - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen teilweise aufgehoben und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 16. Februar 2010 - 1 Ca 474/09 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 203,13 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22. August 2009 zu zahlen. Im Übrigen wird die Zahlungsklage abgewiesen.

2. Die Kosten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

II. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine Entschädigung für die entgangene Privatnutzung eines Dienstwagens.

2

Die Klägerin war bei der Beklagten, die Arbeitnehmerüberlassung betreibt, als Personal- und Vertriebsdisponentin auf der Grundlage des Anstellungsvertrags vom 19. Dezember 2007 zu einem Bruttomonatsentgelt von 2.300,00 Euro beschäftigt.

3

In § 2 Nr. 3 des Arbeitsvertrags hieß es:

        

„Im Falle einer Kündigung ist R berechtigt, den Mitarbeiter von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung unter Weiterzahlung der Bezüge freizustellen. …“

4

Gemäß Dienstwagenvertrag vom 1. Februar 2008 stellte die Beklagte der Klägerin einen Pkw der Marke V als Dienstwagen zur Verfügung. Die Klägerin war berechtigt, das Fahrzeug auch für private Zwecke zu nutzen. Diese private Nutzung berücksichtigte die Beklagte in den Entgeltabrechnungen mit 277,00 Euro monatlich. Dieser Betrag entsprach einem Prozent des Listenpreises.

5

Im Dienstwagenvertrag war ua. geregelt:

        

„§ 6 Haftung, Schadensersatz und Nutzungsentschädigung

        

...     

        

        

4.    

Macht der Arbeitnehmer Nutzungsentschädigungsansprüche wegen rechtswidrigen Entzugs des Dienstwagens geltend, erfolgt vorrangig eine konkrete Schadensberechnung, wenn der Mitarbeiter über ein eigenes Fahrzeug verfügt. Er muss in diesem Fall die Schadensposten belegen. Im Falle einer abstrakten Schadensberechnung wird eine Nutzungsentschädigung in Höhe der steuerlichen Bewertung der privaten Nutzung geleistet.

        

§ 7 Widerrufsvorbehalte

        

Der Arbeitgeber behält sich vor, die Überlassung des Dienstwagens zu widerrufen, wenn und solange der Pkw für dienstliche Zwecke seitens des Arbeitnehmers nicht benötigt wird. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer nach Kündigung des Arbeitsverhältnisses von der Arbeitsleistung freigestellt wird. Im Falle der Ausübung des Widerrufs durch den Arbeitgeber ist der Arbeitnehmer nicht berechtigt, eine Nutzungsentschädigung oder Schadensersatz zu verlangen.“

6

Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund einer ordentlichen Kündigung der Klägerin zum 30. Juni 2009. Nach Ausspruch der Kündigung stellte die Beklagte die Klägerin von der Arbeit frei und forderte die Rückgabe des Dienstwagens. Diese erfolgte am 9. Juni 2009.

7

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Widerrufsvorbehalt benachteilige sie unangemessen. Der Entzug der Privatnutzung des Dienstwagens als ihrem einzigen Fahrzeug begründe einen Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung.

8

Die Klägerin hat, soweit für die Revision von Interesse, beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 206,80 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2009 zu zahlen.

9

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Die Widerrufsklausel sei wirksam und sie habe bei der Ausübung des Widerrufs die Interessen der Parteien zutreffend abgewogen.

10

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Zurückweisung der Berufung.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Beklagten ist im Wesentlichen unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klägerin zu Recht einen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung für die entgangene private Nutzung des Dienstwagens für die Zeit vom 9. Juni bis zum 30. Juni 2009 zuerkannt. Der Anspruch besteht jedoch nur iHv. 203,13 Euro brutto nebst Prozesszinsen. Hinsichtlich des darüber hinausgehenden Betrags ist die Klage unbegründet.

12

I. Die Klägerin hat gemäß § 280 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 283 Satz 1 BGB einen Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung für die Zeit vom 9. Juni bis zum 30. Juni 2009. Die Beklagte war nicht berechtigt, der Klägerin während der Dauer ihrer Freistellung die Möglichkeit zu entziehen, das ihr zur Verfügung gestellte Firmenfahrzeug für Privatfahrten zu nutzen. Die Widerrufsklausel hält zwar einer Inhaltskontrolle stand. Der Widerruf entsprach im Streitfall jedoch nicht billigem Ermessen.

13

1. § 7 des Dienstwagenvertrags, wonach sich die Beklagte vorbehalten hatte, die Überlassung des Dienstwagens zu widerrufen, wenn und solange der Pkw für dienstliche Zwecke seitens des Arbeitnehmers nicht benötigt werde, was insbesondere dann der Fall sei, wenn der Arbeitnehmer nach Kündigung des Arbeitsverhältnisses von der Arbeitsleistung freigestellt werde, ist wirksam.

14

a) Der Dienstwagenvertrag enthält Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB, denn die Beklagte hat diese vorformulierten Bedingungen mehreren Arbeitnehmern bei Überlassung eines Dienstwagens gestellt.

15

b) Die Vereinbarung des Widerrufsvorbehalts weicht von Rechtsvorschriften ab, § 307 Abs. 3 BGB. Die Überlassung eines Firmenwagens auch zur privaten Nutzung stellt einen geldwerten Vorteil und Sachbezug dar. Sie ist steuer- und abgabenpflichtiger Teil des geschuldeten Arbeitsentgelts und damit Teil der Arbeitsvergütung. Die Gebrauchsüberlassung ist regelmäßig zusätzliche Gegenleistung für die geschuldete Arbeitsleistung (BAG 21. August 2001 - 3 AZR 746/00 - zu II 2 a der Gründe, AP BetrVG 1972 § 77 Auslegung Nr. 10 = EzA BetrAVG § 1 Nr. 78; 19. Dezember 2006 -  9 AZR 294/06  - Rn. 24, AP BGB § 611 Sachbezüge Nr. 21 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 17; 24. März 2009 -  9 AZR 733/07  - Rn. 15, BAGE 130, 101 ; 14. Dezember 2010 - 9 AZR 631/09 - Rn. 14, AP BGB § 611 Sachbezüge Nr. 23 = EzA EntgeltfortzG § 3 Nr. 17 ). Sie ist so lange geschuldet, wie der Arbeitgeber Arbeitsentgelt leisten muss (BAG 11. Oktober 2000 - 5 AZR 240/99 - zu A II 1 b der Gründe, BAGE 96, 34 ). Diese Rechtslage wird durch das vertraglich vereinbarte Widerrufsrecht geändert, denn ohne den Widerrufsvorbehalt ist der Arbeitgeber nach § 611 Abs. 1 BGB verpflichtet, dem Arbeitnehmer während des Arbeitsverhältnisses die vereinbarte Privatnutzung eines Dienstwagens zu ermöglichen. Einseitige Leistungsbestimmungsrechte, die dem Verwender das Recht einräumen, die Hauptleistungspflichten einzuschränken, zu verändern, auszugestalten oder zu modifizieren, unterliegen einer Inhaltskontrolle (BAG 11. Oktober 2006 - 5 AZR 721/05 - zu I 1 d der Gründe, AP BGB § 308 Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 308 Nr. 6; 20. April 2010 - 5 AZR 191/10 - Rn. 10, AP BGB § 308 Nr. 9 = EzA BGB 2002 § 308 Nr. 12).

16

c) Der Widerrufsvorbehalt ist nicht aus formellen Gründen unwirksam. Ein Widerrufsvorbehalt muss den formellen Anforderungen von § 308 Nr. 4 BGB gerecht werden. Bei den Widerrufsgründen muss zumindest die Richtung angegeben werden, aus der der Widerruf möglich sein soll, zB wirtschaftliche Gründe, Leistung oder Verhalten des Arbeitnehmers ( BAG 12. Januar 2005 - 5 AZR 364/04 - BAGE 113, 140; 11. Oktober 2006 - 5 AZR 721/05 - Rn. 28, 33 f., AP BGB § 308 Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 308 Nr. 6; 20. April 2010 - 5 AZR 191/10 - Rn. 10, AP BGB § 308 Nr. 9 = EzA BGB 2002 § 308 Nr. 12; enger BAG 13. April 2010 -  9 AZR 113/09  - AP BGB § 308 Nr. 8 = EzA BGB 2002 § 308 Nr. 11). Dabei ist zu beachten, dass der Verwender vorgibt, was ihn zum Widerruf berechtigen soll. Diesem Transparenzgebot wird die Widerrufsklausel gerecht; denn hiernach ist ausdrücklich klargestellt, dass der Arbeitnehmer im Falle einer Freistellung mit dem Entzug der Privatnutzung rechnen muss.

17

d) Die Widerrufsklausel ist materiell wirksam. Nach § 308 Nr. 4 BGB ist die Vereinbarung eines Widerrufsrechts zumutbar, wenn der Widerruf nicht grundlos erfolgen soll, sondern wegen der unsicheren Entwicklung der Verhältnisse als Instrument der Anpassung notwendig ist. Der Widerruf der privaten Nutzung eines Dienstwagens im Zusammenhang mit einer (wirksamen) Freistellung des Arbeitnehmers ist zumutbar. Der Arbeitnehmer muss bis zum Kündigungstermin keine Arbeitsleistung erbringen, insbesondere entfallen Dienstfahrten mit dem Pkw. Die Widerrufsklausel verknüpft, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, die dienstliche und private Nutzung sachgerecht ( BAG 19. Dezember 2006 -  9 AZR 294/06  - Rn. 23, AP BGB § 611 Sachbezüge Nr. 21 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 17; vgl. auch BAG 17. September 1998 - 8 AZR 791/96 -).

18

e) Die Widerrufsklausel ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht unwirksam, weil sie keine Ankündigungs- bzw. Auslauffrist enthält. Für eine solche Frist gibt es keinen Ansatz im Gesetz. Vielmehr ist die Einräumung einer Auslauffrist bei der Ausübungskontrolle in Betracht zu ziehen (BAG 12. Januar 2005 -  5 AZR 364/04  - zu B I 4 c cc der Gründe, BAGE 113, 140 ; 11. Oktober 2006 - 5 AZR 721/05 - Rn. 24, AP BGB § 308 Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 308 Nr. 6; ebenso Bayreuther ZIP 2007, 2009 , 2011; Bauer/Chwalisz ZfA 2007, 339 , 345; Lembke BB 2007, 1627, 1628; aA Däubler/Bonin/Deinert/Bonin AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 3. Aufl. § 308 BGB Rn. 46).

19

f) Der Entzug der Privatnutzung des Dienstwagens bedarf keiner Änderungskündigung, wenn durch den Wegfall der privaten Nutzungsmöglichkeit das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung im Arbeitsverhältnis nicht grundlegend berührt ist. Das ist der Fall, wenn - wie hier - weniger als 25 % des regelmäßigen Verdienstes betroffen sind (BAG 19. Dezember 2006 -  9 AZR 294/06  - Rn. 24, AP BGB § 611 Sachbezüge Nr. 21 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 17; 11. Oktober 2006 - 5 AZR 721/05 - Rn. 23 , AP BGB § 308 Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 308 Nr. 6; vgl. Hessisches LAG 20. Juli 2004 - 13 Sa 1992/03 - MDR 2005, 459).

20

g) Ist das Herausgabeverlangen des Arbeitgebers zulässig, ist keine Entschädigung für den Entzug der privaten Nutzung zu zahlen. Die Rechtslage des Widerrufs einer Naturalvergütung entspricht der Rechtslage des Widerrufs anderer Entgeltbestandteile ( BAG 19. Dezember 2006 -  9 AZR 294/06  - Rn. 24, AP BGB § 611 Sachbezüge Nr. 21 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 17; ebenso AnwK-ArbR/Brors 2. Aufl. § 611 BGB Rn. 658; Pauly AuA 1995, 381, 384; Fröhlich ArbRB 2011, 253, 255; aA ErfK/Preis 12. Aufl. § 611 BGB Rn. 522, 524; HWK/Thüsing 4. Aufl. § 611 BGB Rn. 89; Küttner/Griese Personalbuch 18. Aufl. „Dienstwagen“ Rn. 10 unter unzutreffender Berufung auf BGH 9. April 1990 II ZR 1/89 - DB 1990, 1126 ).

21

2. Die Beklagte hat das Widerrufsrecht im Streitfall nicht wirksam ausgeübt und damit eine gegenüber der Klägerin bestehende Vertragspflicht verletzt.

22

a) Neben der Inhaltskontrolle der in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen Widerrufsklausel steht die Ausübungskontrolle im Einzelfall gemäß § 315 BGB, denn die Erklärung des Widerrufs stellt eine Bestimmung der Leistung durch den Arbeitgeber nach § 315 Abs. 1 BGB dar. Der Widerruf muss im Einzelfall billigem Ermessen entsprechen (BAG 20. April 2011 - 5 AZR 191/10 - Rn. 20, AP BGB § 308 Nr. 9 = EzA BGB 2002 § 308 Nr. 12).

23

b) Ausgehend von den vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen hat die Beklagte ihr Widerrufsrecht im Streitfall unbillig ausgeübt. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht im Rahmen der Gesamtbewertung der beiderseitigen Interessen ein überwiegendes Interesse der Klägerin, das Fahrzeug bis zum Ende des Monats Juni 2009 nutzen zu dürfen, bejaht. Über den Umstand hinaus, dass die Beklagte einen Dienstwagen generell nur ihren Außendienstmitarbeitern vorrangig zum Besuch bei Kundenunternehmen zur Verfügung stellt, hat diese keine Gründe vorgetragen, warum sie unmittelbar nach der Eigenkündigung der Klägerin das Fahrzeug zurückgefordert hat. Dieses war jedoch deren einziger Pkw. Darüber hinaus hat das Landesarbeitsgericht zutreffend die steuerrechtliche Lage berücksichtigt. Hiernach war die Klägerin gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG verpflichtet, die private, mit 277,00 Euro bewertete Nutzung für den gesamten Monat Juni 2009 zu versteuern, obwohl sie über diese Nutzung für 22 Tage nicht mehr verfügen konnte. Damit führte der Entzug des Pkw nicht nur zum Nutzungsausfall, sondern darüber hinaus zu einer spürbaren Minderung ihres Nettoeinkommens. Im Ergebnis hatte ihre Eigenkündigung die Kürzung der laufenden Bezüge zur Folge. Das Interesse der Klägerin, den von ihr versteuerten Vorteil auch real nutzen zu können, überwiegt das abstrakte Interesse der Beklagten am sofortigen Entzug des Dienstwagens.

24

3. Kommt der Arbeitgeber seiner Vertragspflicht, dem Arbeitnehmer die Nutzung des Dienstwagens zu Privatzwecken weiter zu ermöglichen, nicht nach, wird die Leistung wegen Zeitablaufs unmöglich, sodass der Arbeitgeber nach § 275 Abs. 1 BGB von der Leistungspflicht befreit wird. Der Arbeitnehmer hat in diesem Fall nach § 280 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 283 Satz 1 BGB Anspruch auf Ersatz des hierdurch entstandenen Schadens(BAG 17. September 1998 - 8 AZR 791/96 -; 27. Mai 1999 - 8 AZR 415/98 - zu I der Gründe, BAGE 91, 379; 2. Dezember 1999 - 8 AZR 849/98 -; 25. Januar 2001 - 8 AZR 412/00 -; 23. Juni 2004 - 7 AZR 514/03 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 139 = EzA BetrVG 2001 § 37 Nr. 2; 19. Dezember 2006 -  9 AZR 294/06  - Rn. 40, 41 mwN, AP BGB § 611 Sachbezüge Nr. 21 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 17; 13. April 2010 -  9 AZR 113/09  - Rn. 53 ff., AP BGB § 308 Nr. 8 = EzA BGB 2002 § 308 Nr. 11 ).

25

II. Die Klägerin hat Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung iHv. 203,13 Euro brutto.

26

1. Nach § 249 Abs. 1 BGB hat derjenige, der zum Schadensersatz verpflichtet ist, den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Soweit die Herstellung nicht möglich oder zur Entschädigung des Gläubigers nicht genügend ist, hat der Ersatzpflichtige den Gläubiger gemäß § 251 Abs. 1 BGB in Geld zu entschädigen. Der Schadensersatz wegen Nichterfüllung richtet sich auf das positive Interesse. Demgemäß ist die Klägerin so zu stellen, wie sie stehen würde, wenn die Beklagte den Vertrag ordnungsgemäß erfüllt hätte. Zur Berechnung ist eine Nutzungsausfallentschädigung auf der Grundlage der steuerlichen Bewertung der privaten Nutzungsmöglichkeit mit monatlich 1 % des Listenpreises des Kraftfahrzeugs im Zeitpunkt der Erstzulassung anerkannt (BAG 27. Mai 1999 - 8 AZR 415/98 - BAGE 91, 379; 19. Dezember 2006 -  9 AZR 294/06  - Rn. 43 mwN, AP BGB § 611 Sachbezüge Nr. 21 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 17). Die Klägerin hat damit Anspruch auf eine kalendertägliche Nutzungsausfallentschädigung iHv. 9,23 Euro für 22 Tage, also 203,13 Euro. Die darüber hinausgehende Forderung ist unbegründet.

27

2. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass der Klägerin der Schadensersatzanspruch nicht als Nettovergütung zusteht. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG ist die private Nutzung des Dienstwagens zu versteuern. Der Schadensersatzanspruch wegen der von der Beklagten zu vertretenden Unmöglichkeit dieses Naturallohnanspruchs tritt an dessen Stelle und ist steuerlich in gleicher Weise zu behandeln (BAG 27. Mai 1999 - 8 AZR 415/98 - BAGE 91, 379).

28

III. Für ihre Forderung kann die Klägerin nach § 291 BGB Prozesszinsen ab dem 22. August 2009 beanspruchen. Frühere Verzugszinsen stehen ihr nicht zu, weil sie die Beklagte nicht in Verzug gesetzt hat, § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB. Eine Mahnung war nicht entbehrlich iSv. § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB.

29

IV. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen, denn die Zuvielforderung der Klägerin war verhältnismäßig geringfügig und hat keine höheren Kosten verursacht, § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung über die Kosten der ersten und der zweiten Instanz folgt der Vereinbarung der Parteien im Teil-Vergleich vom 14. September 2010.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Zoller    

        

    Pollert    

                 

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)