Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 10. Okt. 2013 - 10 Sa 175/13

ECLI:ECLI:DE:LAGRLP:2013:1010.10SA175.13.0A
10.10.2013

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 14. März 2013, Az. 8 Ca 1956/12, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über den Zeitpunkt des Zugangs einer ordentlichen Kündigung.

2

Die 1954 geborene Klägerin war seit April 1992 im Gebäudereinigungsbetrieb der Beklagten als Unterhaltsreinigerin zu einer Bruttomonatsvergütung von zuletzt € 764,00 in der 20-Stunden-Woche beschäftigt. Die Beklagte beschäftigt ca. 500 Arbeitnehmer.

3

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 08.10.2012 aus krankheitsbedingten Gründen ordentlich zum 31.05.2013. Hiergegen erhob die Klägerin am 30.10.2012 Kündigungsschutzklage. Sie hat erstinstanzlich vorgetragen, das Kündigungsschreiben sei ihr erst am 16.10.2012 zugegangen. Die Beklagte hat vorgetragen, das Kündigungsschreiben sei der Klägerin am 08.10.2012 um 11:18 Uhr von den Zeugen M. B. und H. B. durch Einwurf in den Hausbriefkasten zugestellt worden.

4

Das Arbeitsgericht Ludwigshafen hat über die Behauptung der Beklagten Beweis erhoben durch Vernehmung der zwei Zeugen. Wegen des Inhalts der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 14.03.2013 Bezug genommen. Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 14.03.2013 abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, die am 30.10.2012 erhobene Klage gegen die Kündigung vom 08.10.2012 sei verspätet, denn nach den übereinstimmenden Zeugenaussagen sei das Kündigungsschreiben am 08.10.2012 um 11:18 Uhr in den Briefkasten der Klägerin eingeworfen worden. Beide Zeugen seien glaubwürdig, ihre Aussagen glaubhaft. Die Behauptung der Klägerin, sie habe am 08.10.2012 um 11:18 Uhr ihren Briefkasten an diesem Tag bereits geleert gehabt, sei unerheblich. Ein Zugang am nächsten Tag sei erst dann anzunehmen, wenn ein Kündigungsschreiben erhebliche Zeit nach der allgemeinen Postzustellung in den Briefkasten eingeworfen werde. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Werfe ein Arbeitgeber um 11:18 Uhr, also zu einer gewöhnlichen Postzustellzeit, ein Kündigungsschreiben beim Arbeitnehmer ein, so dürfe er davon ausgehen, dass die Sendung noch an diesem Tag zugehe, ohne dass er zuvor die konkreten örtlichen Verhältnisse im Zustellbezirk des Arbeitnehmers überprüfen müsse. Wegen der Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf Seite 4 bis 7 des erstinstanzlichen Urteils vom 14.03.2013 Bezug genommen.

5

Gegen das Urteil, das ihr am 19.03.2013 zugestellt worden ist, hat die Klägerin am 19.04.2013 Berufung eingelegt und diese innerhalb der bis zum 19.06.2013 verlängerten Begründungsfrist mit am 19.06.2013 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.

6

Sie macht geltend, sie habe die Dreiwochenfrist des § 4 Satz 1 KSchG gewahrt, weil ihr die Kündigung erst am 09.10.2012 zugegangen sei. Sie lebe allein und habe am frühen Morgen des 08.10.2012 nach dem für sie üblichen Postlauf den Briefkasten geleert. Sie sei zum Zeitpunkt der Zustellung der Kündigung - unstreitig - arbeitsunfähig erkrankt gewesen. Wenn sich ein Arbeitnehmer während einer Krankheit gewöhnlich zuhause aufhalte, sei von ihm nach der Verkehrsanschauung nicht zu erwarten, dass er nach den allgemeinen Postzustellzeiten den Briefkasten nochmals überprüfe. Sie sei aufgrund ihrer Fersenverletzung nicht in der Lage gewesen, zu laufen bzw. in ihrer Gehfähigkeit erheblich eingeschränkt gewesen. Sie sei nach dem üblichen Postlauf davon ausgegangen, dass für diesen Tag die Post bei ihr eingegangen sei. Sie habe keine Veranlassung gehabt, ihren Briefkasten erneut zu kontrollieren. Sie habe frühestmöglich am Folgetag - dem 09.10.2012 - Kenntnis von der streitgegenständlichen Kündigung erlangt. Deshalb sei die Kündigungsschutzklage am 30.10.2012 fristgerecht erhoben worden. Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Inhalt des Schriftsatzes der Klägerin vom 19.06.2013 Bezug genommen.

7

Die Klägerin beantragt zweitinstanzlich,

8

das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 14.03.2012, Az. 8 Ca 1956/12, abzuändern und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 08.10.2012 nicht aufgelöst worden ist,
im Falle des Obsiegens mit dem Antrag zu 1) die Beklagte zu verurteilen, sie bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Glas- und Gebäudereinigerin weiter zu beschäftigen.

9

Die Beklagte beantragt,

10

die Berufung zurückzuweisen.

11

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil nach Maßgabe ihres Schriftsatzes vom 09.07.2013, auf den Bezug genommen wird, als zutreffend.

12

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

13

Die nach § 64 ArbGG statthafte Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 517, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und in ausreichender Weise begründet worden. Sie ist somit zulässig.

II.

14

In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien ist durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 08.10.2012 mit Ablauf der Kündigungsfrist am 31.05.2013 aufgelöst worden. Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Kündigung gemäß § 7 KSchG wirksam ist, weil die am 30.10.2012 eingegangene Klage nicht die Dreiwochenfrist des § 4 Satz 1 KSchG wahrte.

15

Nach dem eindeutigen Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme haben die Zeugen M. B. und H. B. das Kündigungsschreiben der Beklagten vom 08.10.2012 am selben Tag um 11:18 Uhr in den Briefkasten der Klägerin eingeworfen. Das stellt die Berufung nicht in Abrede und ist nach den überzeugenden Ausführungen des Arbeitsgerichts auch nicht in Zweifel zu ziehen. Ihre erstinstanzliche Behauptung, das Kündigungsschreiben sei ihr (erst) am 16.10.2012 zugegangen, hält die Klägerin nicht aufrecht.

16

Entgegen der Ansicht der Berufung ist der Klägerin das Kündigungsschreiben iSv. § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB noch am 08.10.2012 zugegangen. Die Klägerin hätte deshalb nach § 4 Satz 1 KSchG spätestens am 29.10.2012 (§§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB) gegen die Kündigung Klage erheben müssen. Ihre Klage ist jedoch erst nach Ablauf der Dreiwochenfrist am 30.10.2012 beim Arbeitsgericht eingegangen.

17

Das Arbeitsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, das Kündigungsschreiben vom 08.10.2012 sei der Klägerin am selben Tag zugegangen, weil nach den -objektiv zu bestimmenden - gewöhnlichen Verhältnissen bei einem Einwurf in den Hausbriefkasten um 11:18 Uhr mit einer Kenntnisnahme noch am selben Tag zu rechnen sei.

18

Nach § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB wird eine unter Abwesenden abgegebene Willenserklärung in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie dem Empfänger zugeht. Ein Kündigungsschreiben ist zugegangen, sobald es in verkehrsüblicher Weise in die tatsächliche Verfügungsgewalt des Empfängers gelangt ist und für diesen unter gewöhnlichen Verhältnissen die Möglichkeit besteht, von dem Schreiben Kenntnis zu nehmen. Zum Bereich des Empfängers gehört auch sein Briefkasten. Ob die Möglichkeit der Kenntnisnahme bestand, ist nach den „gewöhnlichen Verhältnissen“ und den „Gepflogenheiten des Verkehrs“ zu beurteilen. So bewirkt der Einwurf in einen Briefkasten den Zugang, sobald nach der Verkehrsanschauung mit der nächsten Entnahme zu rechnen ist. Dabei ist - entgegen der Ansicht der Berufung - nicht auf die individuellen Verhältnisse des Empfängers abzustellen, sondern im Interesse der Rechtssicherheit zu generalisieren. Bei Hausbriefkästen ist mit einer Leerung im Allgemeinen zum Zeitpunkt der üblichen Postzustellzeiten zu rechnen, die allerdings stark variieren können. Wenn danach für den Empfänger unter gewöhnlichen Verhältnissen die Möglichkeit der Kenntnisnahme bestand, ist es unerheblich, ob und wann er die Erklärung tatsächlich zur Kenntnis genommen hat und ob er daran durch Krankheit, zeitweilige Abwesenheit oder andere besondere Umstände einige Zeit gehindert war. In diesem Fall trifft den Empfänger die Obliegenheit, die nötigen Vorkehrungen für eine tatsächliche Kenntnisnahme zu treffen. Unterlässt er dies, so wird der Zugang durch solche - allein in seiner Person liegende - Gründe nicht ausgeschlossen (BAG 22.03.2012 - 2 AZR 224/11 - Rn. 21, 22 mwN, EzA § 5 KSchG Nr. 41).

19

Nach diesen Grundsätzen, die das Arbeitsgericht rechtsfehlerfrei angewendet hat, ist der Klägerin das Kündigungsschreiben vom 08.10.2012 am selben Tag zugegangen, weil nach den objektiv zu bestimmenden gewöhnlichen Verhältnissen bei einem Einwurf in den Hausbriefkasten zwischen 11:00 und 11:30 Uhr mit einer Kenntnisnahme noch am selben Tag zu rechnen ist. Es ist unerheblich, dass die Klägerin nach der für sie üblichen Postlaufzeit ihren Briefkasten bereits am frühen Morgen kontrolliert, denn es nicht auf die individuellen Verhältnisse der Klägerin abzustellen. Abzustellen ist vielmehr auf den Zeitpunkt, bis zu welchem das Austragen der Post gewöhnlicherweise abgeschlossen ist. Nach diesem Zeitpunkt kann mit einer Leerung des Briefkastens am selben Tage normalerweise nicht mehr gerechnet werden. Es kann vorliegend dahinstehen, bis zu welcher Uhrzeit eine Sendung hiernach spätestens in den Briefkasten eingelegt werden muss, um den Zugang am selben Tage zu bewirken, denn eine Zustellung am Vormittag um 11:18 Uhr reicht bei der gebotenen generalisierenden Betrachtungsweise jedenfalls aus. Üblicherweise kann erwartet werden, dass der Empfänger einer um 11:18 Uhr in seinen Hausbriefkasten geworfenen Willenserklärung diese noch am selben Tag zur Kenntnis nimmt.

20

Der Vortrag der Klägerin, sie habe wegen ihrer Verletzung an der Ferse überhaupt nicht laufen können bzw. sie sei in ihrer Gehfähigkeit stark eingeschränkt gewesen, ist unerheblich. Eine Kündigungserklärung geht auch dann zu, wenn der Empfänger durch Krankheit, Urlaub, Haft oder sonstige Abwesenheit daran gehindert ist, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen (BAG 24.06.2004 - 2 AZR 461/03 - NZA 2004, 1330; LAG Rheinland-Pfalz 06.10.2011 - 10 Sa 381/11 - Juris; jeweils mwN).

III.

21

Die Klägerin hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Berufung zu tragen.

22

Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 64 Grundsatz


(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

Zivilprozessordnung - ZPO | § 519 Berufungsschrift


(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt. (2) Die Berufungsschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;2.die Erklärung, dass gegen dieses Urtei

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 66 Einlegung der Berufung, Terminbestimmung


(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Mona

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 69 Urteil


(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Woch

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 187 Fristbeginn


(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt. (2) Ist der Beginn

Zivilprozessordnung - ZPO | § 517 Berufungsfrist


Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 4 Anrufung des Arbeitsgerichts


Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung er

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 130 Wirksamwerden der Willenserklärung gegenüber Abwesenden


(1) Eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, wird, wenn sie in dessen Abwesenheit abgegeben wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie ihm zugeht. Sie wird nicht wirksam, wenn dem anderen vorher oder gleichzeitig ein Wide

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 7 Wirksamwerden der Kündigung


Wird die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung nicht rechtzeitig geltend gemacht (§ 4 Satz 1, §§ 5 und 6), so gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam; ein vom Arbeitnehmer nach § 2 erklärter Vorbehalt erlischt.

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 5 Zulassung verspäteter Klagen


(1) War ein Arbeitnehmer nach erfolgter Kündigung trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert, die Klage innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung zu erheben, so ist auf seinen Antrag die

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Bundesarbeitsgericht Urteil, 22. März 2012 - 2 AZR 224/11

bei uns veröffentlicht am 22.03.2012

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 2. Februar 2011 - 11 Sa 17/10 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 06. Okt. 2011 - 10 Sa 381/11

bei uns veröffentlicht am 06.10.2011

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 13. Mai 2011, Az.: 10 Ca 114/11, wird kostenpflichtig zurückgewiesen. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand 1 Die Parteien streiten übe

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(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

Wird die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung nicht rechtzeitig geltend gemacht (§ 4 Satz 1, §§ 5 und 6), so gilt die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam; ein vom Arbeitnehmer nach § 2 erklärter Vorbehalt erlischt.

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.

(1) Eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, wird, wenn sie in dessen Abwesenheit abgegeben wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie ihm zugeht. Sie wird nicht wirksam, wenn dem anderen vorher oder gleichzeitig ein Widerruf zugeht.

(2) Auf die Wirksamkeit der Willenserklärung ist es ohne Einfluss, wenn der Erklärende nach der Abgabe stirbt oder geschäftsunfähig wird.

(3) Diese Vorschriften finden auch dann Anwendung, wenn die Willenserklärung einer Behörde gegenüber abzugeben ist.

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.

(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.

(2) Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.

(1) Eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, wird, wenn sie in dessen Abwesenheit abgegeben wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie ihm zugeht. Sie wird nicht wirksam, wenn dem anderen vorher oder gleichzeitig ein Widerruf zugeht.

(2) Auf die Wirksamkeit der Willenserklärung ist es ohne Einfluss, wenn der Erklärende nach der Abgabe stirbt oder geschäftsunfähig wird.

(3) Diese Vorschriften finden auch dann Anwendung, wenn die Willenserklärung einer Behörde gegenüber abzugeben ist.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 2. Februar 2011 - 11 Sa 17/10 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit zweier fristloser Kündigungen. In diesem Zusammenhang streiten sie vorab darüber, ob die Klage gegen eine der Kündigungen verspätet und ggf. nachträglich zuzulassen ist.

2

Die Beklagte betreibt das Krankenhaus M. Der Kläger war dort seit dem 7. Februar 1983 als „OP-Pfleger“ beschäftigt. In der Zeit vom 12. bis 27. Juni 2009 hatte er Erholungsurlaub und hielt sich im Ausland auf.

3

Bei seiner Rückkehr am 27. Juni 2009 fand er in seinem Briefkasten ein Kündigungsschreiben vom 25. Juni 2009 und ein weiteres vom 26. Juni 2009 vor. Im Schreiben vom 25. Juni 2009 erklärte die Beklagte eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses wegen „Arbeitszeitbetrugs“ am 2. Juni 2009. Im Schreiben vom 26. Juni 2009 erklärte sie eine außerordentliche Kündigung, weil der Kläger am 12. Juni 2009 unentschuldigt der Arbeit ferngeblieben sei, um seinen Urlaub „mit einem Flug nach K vorzeitig anzutreten“.

4

Am 9. Juli 2009 erhob der Kläger zur Niederschrift bei der Rechtsantragsstelle des Arbeitsgerichts Klage mit dem Antrag festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 26. Juni 2009 nicht aufgelöst worden sei. Er legte der Antragsstelle zwar das Kündigungsschreiben vom 26. Juni 2009, nicht aber das vom 25. Juni 2009 vor. Am 13. Juli 2009 suchte der Kläger einen Rechtsanwalt auf und zeigte ihm die Klageschrift vom 9. Juli 2009 sowie beide Kündigungsschreiben; am 16. Juli 2009 entzog er ihm die Vollmacht wieder.

5

Mit Schriftsatz vom 17. Juli 2009, der am selben Tag beim Arbeitsgericht einging, erhob der jetzige Prozessbevollmächtigte des Klägers Klage auch gegen die Kündigung vom 25. Juni 2009. In der Klagebegründung heißt es, das Schreiben vom 25. Juni 2009 sei dem Kläger zusammen mit dem zweiten Kündigungsschreiben am 27. Juni 2009 zugegangen.

6

Mit Schriftsatz vom 18. August 2009, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers zugegangen am 20. August 2009, behauptete die Beklagte, das Kündigungsschreiben vom 25. Juni 2009 sei noch am selben Tag in den Briefkasten des Klägers eingeworfen worden.

7

Mit Schriftsatz vom 3. September 2009, beim Arbeitsgericht am selben Tag eingegangen, beantragte der Kläger, die gegen die außerordentliche Kündigung vom 25. Juni 2009 gerichtete Klage nachträglich zuzulassen.

8

Der Kläger hat mit Nichtwissen bestritten, dass die Kündigungserklärung vom 25. Juni 2009 noch am selben Tag in seinen Briefkasten eingeworfen worden sei. Er hat die Auffassung vertreten, die gegen diese Kündigung gerichtete Klage sei für den Fall, dass dem doch so gewesen sei, nachträglich zuzulassen. Er habe annehmen dürfen, dass er mit seiner Klage gegen die Kündigung vom 26. Juni 2009 zugleich die Kündigung vom Tag zuvor angegriffen habe. Auch habe er annehmen dürfen, dass die Klagefrist erst begonnen habe, nachdem er von den Kündigungserklärungen am 27. Juni 2009 tatsächlich Kenntnis erhalten habe. Er habe ferner davon ausgehen können, dass der ursprünglich von ihm beauftragte Rechtsanwalt noch vor der Mandatsbeendigung die Klage entsprechend erweitert habe. Der Kläger hat behauptet, erst mit Zugang des Schriftsatzes vom 18. August 2009 davon erfahren zu haben, dass die Beklagte das Kündigungsschreiben vom 25. Juni 2009 noch am Ausstellungstag in seinen Briefkasten eingelegt haben will.

9

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 25. Juni 2009 nicht aufgelöst worden ist;

        

2.    

die mit Schriftsatz vom 17. Juli 2009 erhobene Klage gegen die fristlose Kündigung vom 25. Juni 2009 nachträglich zuzulassen;

        

3.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 26. Juni 2009 nicht aufgelöst worden ist;

        

4.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch nicht durch andere Tatbestände geendet hat, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 26. Juni 2009 hinaus fortbesteht.

10

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, der Kläger habe gegen die Kündigung vom 25. Juni 2009 nicht rechtzeitig Klage erhoben.

11

Das Arbeitsgericht hat den Antrag auf nachträgliche Zulassung durch Zwischenurteil zurückgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die dagegen eingelegte Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers gegen das Zwischenurteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Die Klage gegen die Kündigung vom 25. Juni 2009 war verspätet. Gründe für ihre nachträgliche Zulassung liegen nicht vor.

13

I. Gegenstand der Revision ist allein der Zwischenstreit über den Antrag des Klägers auf nachträgliche Zulassung seiner Klage gegen die Kündigung vom 25. Juni 2009.

14

1. Das Arbeitsgericht hat das Verfahren zunächst auf den Antrag auf nachträgliche Zulassung der Klage beschränkt und darüber durch Zwischenurteil (§ 303 ZPO) entschieden. Dies ist auch nach Einführung des sog. Verbundverfahrens zum 1. April 2008 gem. § 5 Abs. 4 Satz 2 und Satz 3 KSchG zulässig. Im Rahmen des Zwischenstreits ist zu prüfen, ob die Klage verspätet war und ggf. nachträglich zuzulassen ist. Der Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage ist ein Hilfsantrag für den Fall, dass die Klage verspätet ist. Das Gericht darf daher über den Antrag nur entscheiden, wenn es zu der Ansicht gelangt ist, der Kläger habe gegen eine dem Arbeitgeber zuzurechnende Kündigung verspätet Klage erhoben (BAG 28. Mai 2009 - 2 AZR 732/08 - Rn. 17, BAGE 131, 105; Germelmann in Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge ArbGG 7. Aufl. § 46 Rn. 118).

15

2. Nach rechtskräftigem Abschluss des Zwischenstreits hat das Arbeitsgericht unter Beachtung von § 318 ZPO von Amts wegen abschließend über die Kündigungsschutzklage zu entscheiden.

16

II. Die Revision ist unbegründet. Der Antrag auf nachträgliche Klagezulassung ist zwar zulässig, aber nicht begründet.

17

1. Der Antrag ist gem. § 5 Abs. 2 und Abs. 3 KSchG zulässig. Er ist insbesondere innerhalb der Frist des § 5 Abs. 3 Satz 1 KSchG gestellt worden. Das Landesarbeitsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, der Kläger habe entsprechend seinem Vorbringen erst am 20. August 2009 erfahren, dass das Kündigungsschreiben vom 25. Juni 2009 noch an diesem Tag in seinen Briefkasten eingeworfen worden sei. Mit seinem am 3. September 2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat der Kläger folglich innerhalb der zweiwöchigen Frist des § 5 Abs. 3 Satz 1 KSchG beantragt, die gegen diese Kündigung gerichtete Klage nachträglich zuzulassen.

18

2. Der Antrag ist unbegründet.

19

a) Die am 17. Juli 2009 beim Arbeitsgericht eingegangene Klage gegen die Kündigung vom 25. Juni 2009 wahrte nicht die Frist des § 4 Satz 1 KSchG. Das Kündigungsschreiben war dem Kläger iSv. § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB noch am 25. Juni 2009 zugegangen. Die Kündigungsschutzklage hätte daher spätestens am 16. Juli 2009 beim Arbeitsgericht eingehen müssen. Die am 9. Juli 2009 zur Niederschrift bei der Rechtsantragsstelle erhobene Klage richtete sich allein gegen die Kündigung vom 26. Juni 2009. Der Beklagten ist es auch mit Blick auf § 242 BGB nicht verwehrt, sich auf die Versäumung der Frist für eine Klage gegen die Kündigung vom 25. Juni 2009 zu berufen.

20

aa) Nach § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB wird eine unter Abwesenden abgegebene Willenserklärung in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie dem Empfänger zugeht.

21

(1) Eine verkörperte Willenserklärung ist zugegangen, sobald sie in verkehrsüblicher Weise in die tatsächliche Verfügungsgewalt des Empfängers gelangt ist und für diesen unter gewöhnlichen Verhältnissen die Möglichkeit besteht, von dem Schreiben Kenntnis zu nehmen (BAG 11. November 1992 - 2 AZR 328/92 - zu III 1 der Gründe, AP BGB § 130 Nr. 18 = EzA BGB § 130 Nr. 24; 16. März 1988 - 7 AZR 587/87 - zu I 1 der Gründe, BAGE 58, 9; BGH 11. April 2002 - I ZR 306/99 - zu II der Gründe, NJW 2002, 2391). Zum Bereich des Empfängers gehören auch von ihm vorgehaltene Empfangseinrichtungen wie zB ein Briefkasten (Palandt/Ellenberger 70. Aufl. § 130 BGB Rn. 5). Ob die Möglichkeit der Kenntnisnahme bestand, ist nach den „gewöhnlichen Verhältnissen“ und den „Gepflogenheiten des Verkehrs“ zu beurteilen (BAG 8. Dezember 1983 - 2 AZR 337/82 - zu B II 2 a der Gründe, AP BGB § 130 Nr. 12 = EzA BGB § 130 Nr. 13; BGH 3. November 1976 - VIII ZR 140/75 - zu 2 b aa der Gründe, BGHZ 67, 271; Palandt/Ellenberger aaO; Staudinger/Dilcher BGB § 130 Rn. 21). So bewirkt der Einwurf in einen Briefkasten den Zugang, sobald nach der Verkehrsanschauung mit der nächsten Entnahme zu rechnen ist (vgl. BAG 8. Dezember 1983 - 2 AZR 337/82 - aaO; Palandt/Ellenberger aaO Rn. 6; jurisPK-BGB/Reichold 5. Aufl. § 130 Rn. 12). Dabei ist nicht auf die individuellen Verhältnisse des Empfängers abzustellen, sondern im Interesse der Rechtssicherheit zu generalisieren (vgl. BGH 21. Januar 2004 - XII ZR 214/00 - zu II 2 b der Gründe, EzA BGB 2002 § 130 Nr. 3; Palandt/Ellenberger aaO). Bei Hausbriefkästen ist mit einer Leerung im Allgemeinen zum Zeitpunkt der üblichen Postzustellzeiten zu rechnen, die allerdings stark variieren können (Reichold aaO).

22

(2) Wenn danach für den Empfänger unter gewöhnlichen Verhältnissen die Möglichkeit der Kenntnisnahme bestand, ist es unerheblich, ob und wann er die Erklärung tatsächlich zur Kenntnis genommen hat und ob er daran durch Krankheit, zeitweilige Abwesenheit oder andere besondere Umstände einige Zeit gehindert war (BAG 11. November 1992 - 2 AZR 328/92 - zu III 1 der Gründe, AP BGB § 130 Nr. 18 = EzA BGB § 130 Nr. 24; 16. März 1988 - 7 AZR 587/87 - zu I 1 der Gründe, BAGE 58, 9; BGH 21. Januar 2004 - XII ZR 214/00 - zu II 2 b der Gründe, EzA BGB 2002 § 130 Nr. 3). In diesem Fall trifft den Empfänger die Obliegenheit, die nötigen Vorkehrungen für eine tatsächliche Kenntnisnahme zu treffen. Unterlässt er dies, so wird der Zugang durch solche - allein in seiner Person liegende - Gründe nicht ausgeschlossen (BGH 21. Januar 2004 - XII ZR 214/00 - aaO). Ein an die Heimatanschrift des Arbeitnehmers gerichtetes Kündigungsschreiben kann diesem deshalb selbst dann zugehen, wenn der Arbeitgeber von einer urlaubsbedingten Ortsabwesenheit weiß (BAG 24. Juni 2004 - 2 AZR 461/03 - zu B I 2 a der Gründe, AP BGB § 620 Kündigungserklärung Nr. 22 = EzA BetrVG 2001 § 102 Nr. 9; 16. März 1988 - 7 AZR 587/87 - zu I 4 a der Gründe, BAGE 58, 9).

23

Daran hält der Senat auch angesichts der Kritik der Revision fest. Es besteht keine rechtliche Notwendigkeit, dem Urlaub des Arbeitnehmers allein in der Rechtsbeziehung zum Arbeitgeber eine zugangshemmende Wirkung zukommen zu lassen, während dies im sonstigen Rechtsverkehr nicht der Fall ist (BAG 11. August 1988 - 2 AZR 11/88 - zu III 1 der Gründe, RzK I 2c Nr. 14; 16. März 1988 - 7 AZR 587/87 - zu I 1 der Gründe mwN, BAGE 58, 9). Ist ein Arbeitnehmer infolge von Urlaubsabwesenheit unverschuldet an einer rechtzeitigen Klageerhebung nach § 4 Satz 1 KSchG gehindert, besteht die Möglichkeit einer nachträglichen Zulassung seiner Klage gemäß § 5 KSchG. Dem Arbeitgeber wiederum muss es möglich sein, den Zugang einer Kündigung auch während einer urlaubsbedingten Abwesenheit des Arbeitnehmers zu bewirken, nicht zuletzt, um Erklärungsfristen wie etwa nach § 626 Abs. 2 BGB wahren zu können.

24

bb) Danach ist die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, dem Kläger sei das Kündigungsschreiben vom 25. Juni 2009 durch Einwurf in seinen Hausbriefkasten gegen 13:00 Uhr noch am selben Tag zugegangen, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

25

(1) Das Landesarbeitsgericht hat nach Beweisaufnahme für wahr gehalten, dass das Kündigungsschreiben vom 25. Juni 2009 an diesem Tag gegen 13:00 Uhr in den Briefkasten des Klägers eingeworfen wurde.

26

(a) Eine vom Berufungsgericht nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO vorgenommene Würdigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme ist durch das Revisionsgericht nur begrenzt überprüfbar. Dieses kann lediglich prüfen, ob das Berufungsgericht die Voraussetzungen und Grenzen des § 286 ZPO gewahrt und eingehalten hat. Revisionsrechtlich von Bedeutung ist nur, ob das Berufungsgericht den gesamten Inhalt der Verhandlung berücksichtigt und alle erhobenen Beweise gewürdigt hat, ob die Beweiswürdigung in sich widerspruchsfrei und ohne Verletzung von Denkgesetzen sowie allgemeinen Erfahrungssätzen erfolgt ist und ob sie rechtlich möglich ist. Dabei verlangt die Berücksichtigung der Ergebnisse einer Beweisaufnahme nicht eine Würdigung jeder einzelnen Ausführung eines Sachverständigen oder Zeugen. Ausreichend ist, dass das Berufungsgericht insgesamt widerspruchsfrei und umfassend zum Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung genommen hat. Zu verlangen ist allerdings, dass alle wesentlichen Aspekte in der Begründung des Gerichts erwähnt und gewürdigt worden sind (BAG 27. Juli 2011 - 7 AZR 402/10 - Rn. 51, EzA TzBfG § 17 Nr. 14; 18. Januar 2007 - 2 AZR 759/05 - Rn. 28, PatR 2008, 34; BGH 14. Januar 1993 - IX ZR 238/91 - zu B II 3 a der Gründe, NJW 1993, 935).

27

(b) Unter Anwendung dieser Grundsätze hält die Beweiswürdigung des Landesarbeitsgerichts einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Das Berufungsgericht hat insgesamt widerspruchsfrei und umfassend zum Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung genommen. Es hat die Aussage des Zeugen T insbesondere deshalb für glaubhaft gehalten, weil sie sich in den wesentlichen Geschehensabläufen mit derjenigen des Zeugen Ko decke.

28

(aa) Entgegen der Auffassung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht keine wesentlichen Teile des Beweisergebnisses unberücksichtigt gelassen.

29

Der Kläger macht geltend, das Landesarbeitsgericht habe nicht gewürdigt, dass der Zeuge T die Unwahrheit gesagt haben müsse, als er bekundete, er habe nicht gewusst, dass der Kläger ortsabwesend gewesen sei. Dies ergebe sich daraus, dass die Kündigung vom 26. Juni 2009 damit begründet worden sei, er - der Kläger - habe mit einem Flug nach K am 12. Juni 2009 vorzeitig seinen Urlaub angetreten, und der Zeuge T bekundet habe, die Kündigungsschreiben selbst erstellt zu haben.

30

Der vermeintliche Widerspruch in der Aussage des Zeugen besteht nicht. Es kann dahinstehen, ob sich das Landesarbeitsgericht anderenfalls damit hätte auseinandersetzen müssen. Der Zeuge hat nicht bekundet, er habe „die“, also beide Kündigungsschreiben selbst erstellt. Er hat lediglich ausgesagt, er habe „am 25. Juni 2009“ „ein bereits vorgefertigtes Kündigungsschreiben“ einem der Geschäftsführer zur Unterschrift vorgelegt bzw. „das Kündigungsschreiben selbst vorbereitet“. Die Aussage betraf die Kündigung vom 25. Juni 2009. Auch Thema des Beweises war nur das Kündigungsschreiben vom 25. Juni 2009. Zudem müsste der Zeuge selbst dann, wenn er auch das Kündigungsschreiben vom 26. Juni 2009 gefertigt hätte, nicht zwangsläufig schon am 25. Juni 2009 Kenntnis von der Auslandsreise des Klägers gehabt haben. Im Übrigen folgt aus einer Kenntnis des Umstands, dass der Kläger am 12. Juni 2009 nach K geflogen ist, nicht notwendig, es habe bekannt sein müssen, dass er auch am 25. Juni 2009 noch ortsabwesend war.

31

Der Kläger rügt ferner, es sei ungewürdigt geblieben, dass der Zeuge in der Güteverhandlung als Vertreter der Beklagten anwesend gewesen und zudem bereits vom Arbeitsgericht vernommen worden sei. Entgegen der Auffassung des Klägers musste das Landesarbeitsgericht jedoch auf diese Umstände nicht noch einmal gesondert eingehen. Der Umstand, dass der Zeuge schon erstinstanzlich vernommen wurde, war für das Gericht ersichtlich ohne besondere Bedeutung für die Beurteilung seiner Glaubwürdigkeit. Das ist ohne Weiteres nachzuvollziehen. Auch der Kläger begründet nicht näher, warum dieser Umstand gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen spreche. Er macht nicht etwa geltend, es habe Widersprüche zwischen erst- und zweitinstanzlicher Aussage gegeben. Soweit der Zeuge als Vertreter der Beklagten am Gütetermin teilgenommen hatte, hat das Landesarbeitsgericht diesen Umstand nicht unberücksichtigt gelassen. Zum einen hat es sich die Begründung des Arbeitsgerichts zu Eigen gemacht, welches den Zeugen ausdrücklich auch unter Berücksichtigung seiner Anwesenheit in der Güteverhandlung für glaubwürdig gehalten hat. Zum anderen ergibt sich aus seinen weiteren Ausführungen, in denen die Anwesenheit des Zeugen im Gütetermin erneut thematisiert wird, dass es diesen Umstand nicht übersehen hat.

32

(bb) Es stellt - anders als der Kläger meint - keinen Verstoß gegen Denkgesetze dar, dass das Landesarbeitsgericht angenommen hat, die in Anwesenheit des Zeugen T erfolgte Darstellung des Geschäftsführers der Beklagten im Gütetermin, die Kündigung vom 26. Juni 2009 sei erst am 27. Juni 2009 in den Briefkasten eingeworfen worden, beruhe auf einer Information durch Dritte. Für das Landesarbeitsgericht war der Widerspruch zwischen dieser Darstellung des Geschäftsführers und der Aussage des Zeugen T über den Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung vom 26. Juni 2009 schon deshalb nicht entscheidend, weil Gegenstand der Beweisaufnahme nicht die Kündigung vom 26. Juni 2009, sondern diejenige vom 25. Juni 2009 war. Soweit es ausgeführt hat, ohnehin seien Datumsangaben, zumal wenn sie auf der Information Dritter beruhten, erfahrungsgemäß irrtumsanfällig, stellt es ersichtlich darauf ab, der Geschäftsführer habe die Erklärung nicht aus eigener Kenntnis der Umstände abgegeben, sondern nach Information durch eine andere Person. Der Kläger behauptet nicht, es habe sich entgegen dieser Annahme um eine Erklärung des Zeugen T selbst gehandelt. Dies ergibt sich auch nicht aus der Sitzungsniederschrift über die Güteverhandlung. Darin ist lediglich eine Erklärung „des Beklagtenvertreters“ vermerkt, ohne nähere Angabe dazu, welcher der beiden Beklagtenvertreter sie abgegeben hat.

33

(2) Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, das Kündigungsschreiben vom 25. Juni 2009 sei dem Kläger am selben Tag iSv. § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB zugegangen, weil nach den objektiv zu bestimmenden gewöhnlichen Verhältnissen bei einem Einwurf in den Hausbriefkasten gegen 13:00 Uhr mit einer Kenntnisnahme noch am selben Tag zu rechnen gewesen sei.

34

(a) Allerdings lässt sich dem nicht - wie nach der Zweitbegründung des Landesarbeitsgerichts - die Annahme zugrunde legen, es sei wegen der zwischenzeitlich erfolgten „Liberalisierung“ der Briefzustellung mit Einwürfen in einen vorgehaltenen Hausbriefkasten - allgemein oder ortsüblich - noch bis 17:00 Uhr eines Tages zu rechnen. Das Landesarbeitsgericht hat zu den tatsächlichen Grundlagen einer solchen - gewandelten - Verkehrsanschauung keine Feststellungen getroffen. Es ist auch nicht ersichtlich, auf welches möglicherweise eigene Erfahrungswissen es insoweit abgestellt hätte.

35

(b) Hingegen ist die Erstbegründung des Landesarbeitsgerichts revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Danach war am Wohnort des Klägers jedenfalls bis 14:00 Uhr gewöhnlich mit Zustellungen zu rechnen. Hierfür stützt sich das Landesarbeitsgericht maßgeblich auf die Auskunft der Deutschen Post AG vom 16. Juli 2010. Dieser zufolge beginnt die Zustellung am Wohnort des Klägers in der Regel um 8:15 Uhr und endet „mit Erreichung der gesetzlichen Arbeitszeitvorschriften“. Der beispielhaft beigelegte Dienstplan weist für den zuständigen Zusteller eine Dienstzeit an vier von sechs Arbeitstagen bis 14:05 Uhr aus.

36

Es hält sich innerhalb des Wertungsspielraums der Tatsacheninstanz, wenn das Landesarbeitsgericht auch angesichts der Ausführungen im letzten Absatz der Auskunft nicht davon ausgegangen ist, am Wohnort des Klägers sei mit Briefzustellungen gewöhnlich nur bis zu einem Zeitpunkt vor 14:00 Uhr, oder gar - mit Blick auf den Streitfall - vor 13:00 Uhr zu rechnen gewesen. Die Deutsche Post AG hat dort mitgeteilt: „Bei normalen Sendungsaufkommen und der Tatsache, dass sich der Zustellabschnitt in der ersten Hälfte befindet, können wir von einer Zustellzeit gegen Mittag ausgehen“. Zum einen bezeichnet die Angabe „gegen Mittag“ keine eindeutige Uhrzeit. Zum anderen ergibt sich aus dem Hinweis auf den Umfang des Sendungsaufkommens und die Lage des Zustellabschnitts, dass zeitliche Schwankungen oder Veränderungen nicht ausgeschlossen sind.

37

(c) Darauf, ob die Beklagte bei Einwurf des Kündigungsschreibens vom 25. Juni 2009 Kenntnis vom Aufenthalt des Klägers im Ausland hatte, kommt es entgegen der Auffassung des Klägers nicht an. Maßgeblich ist allein, ob unter gewöhnlichen Umständen mit einer Kenntnisnahme des Kündigungsschreibens durch den Kläger noch am 25. Juni 2009 zu rechnen war. Hierfür ist im Interesse der Rechtssicherheit auf die üblichen Zustellzeiten der Briefpost abzustellen, nicht auf persönliche Besonderheiten des Erklärungsempfängers. Im Übrigen lässt sich daraus, dass im Schreiben vom 26. Juni 2009 als Kündigungsgrund angegeben ist, der Kläger habe durch einen Flug nach K am 12. Juni 2009 vorzeitig seinen Urlaub angetreten, nicht schließen, der Beklagten habe bekannt sein müssen, dass sich der Kläger auch am 25. Juni 2009 noch im Ausland aufhielt.

38

cc) Gegen die demnach noch am 25. Juni 2009 zugegangene Kündigung vom selben Tag hätte der Kläger nach § 4 Satz 1 KSchG spätestens am 16. Juli 2009 (§ 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB) Kündigungsschutzklage erheben müssen. Die Kündigung ist jedoch erst mit der am 17. Juli 2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klageerweiterung zum Gegenstand des Verfahrens gemacht worden. Die am 9. Juli 2009 zur Niederschrift bei der Rechtsantragsstelle erhobene Klage hat die Klagefrist in Bezug auf diese Kündigung nicht gewahrt. Sie richtete sich nur gegen die Kündigung vom 26. Juni 2009 und enthielt keinen allgemeinen Feststellungsantrag. Nach der revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Würdigung der Vorinstanzen handelte es sich bei den Kündigungserklärungen vom 25. und 26. Juni 2009 nicht etwa nur um eine einzige, lediglich doppelt verlautbarte Kündigung (vgl. dazu BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 284/10 - Rn. 17, EzA BGB 2002 § 626 Nr. 37; 6. September 2007 - 2 AZR 264/06 - Rn. 38, AP BGB § 626 Nr. 208 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 18). Es lagen vielmehr zwei eigenständige Kündigungen vor. Das Arbeitsgericht und ihm folgend das Landesarbeitsgericht stellen rechtsfehlerfrei darauf ab, die Kündigungsschreiben ließen sich auch nach dem maßgeblichen Empfängerhorizont nur als zwei nebeneinander gewollte, jeweils eigenständig auf eine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses gerichtete Willenserklärungen verstehen. So tragen die Kündigungsschreiben verschiedene Daten, die Beklagte hat darin jeweils ausdrücklich eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers ausgesprochen und sie hat die Kündigungen auf unterschiedliche, in den Kündigungsschreiben im einzelnen näher ausgeführte Kündigungssachverhalte gestützt.

39

dd) Im Streitfall kann dahinstehen, ob besondere Umstände in Betracht kommen, unter denen sich ein Arbeitgeber nach § 242 BGB ausnahmsweise nicht auf einen Zugang eines an die Heimatanschrift gerichteten Kündigungsschreibens berufen kann, wenn er die Urlaubsanschrift des Arbeitnehmers kannte(vgl. BAG 16. März 1988 - 7 AZR 587/87 - zu I 4 a der Gründe, BAGE 58, 9). Der Kläger hat nicht behauptet, der Beklagten sei seine Urlaubsanschrift bekannt gewesen.

40

b) Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, Gründe für eine nachträgliche Zulassung der Klage gegen die Kündigung vom 25. Juni 2009 lägen nicht vor, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Der Kläger greift sie mit der Revision auch nicht mehr an.

41

aa) Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 KSchG ist eine Kündigungsschutzklage nachträglich zuzulassen, wenn der Arbeitnehmer nach erfolgter Kündigung trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert war, die Klage rechtzeitig beim Arbeitsgericht zu erheben. Dabei ist ihm das Verschulden eines (Prozess-)Bevollmächtigten an der Versäumung der gesetzlichen Klagefrist nach § 4 Satz 1 KSchG gem. § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG iVm. § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen(vgl. BAG 11. Dezember 2008 - 2 AZR 472/08 - Rn. 23, BAGE 129, 32).

42

bb) Der Kläger hat nicht dargelegt, dass er unverschuldet iSv. § 5 Abs. 1 Satz 1 KSchG daran gehindert gewesen wäre, die Klage gegen die Kündigung vom 25. Juni 2009 rechtzeitig zu erheben.

43

(1) Trotz seiner Urlaubsabwesenheit wäre es ihm möglich gewesen, rechtzeitig bis zum Ablauf der Drei-Wochen-Frist am 16. Juli 2009 Klage auch gegen die Kündigung vom 25. Juni 2009 zu erheben. Er hat nach seiner Rückkehr am 27. Juni 2009 die Kündigung vom 25. Juni 2009 zusammen mit derjenigen vom 26. Juni 2009 in seinem Briefkasten vorgefunden.

44

(2) Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, das Vorbringen des Klägers, er habe keine Kenntnis davon gehabt, dass er gegen jede einzelne Kündigung vorgehen müsse, schließe sein Verschulden nicht aus. Es gehört zu den für jeden Arbeitnehmer geltenden Sorgfaltspflichten, sich zumindest nach Ausspruch einer Kündigung unverzüglich darum zu kümmern, ob und wie er dagegen vorgehen kann (vgl. BAG 26. August 1993 - 2 AZR 376/93 - zu B I 2 c aa der Gründe, AP LPVG NW § 72 Nr. 8 = EzA KSchG § 4 nF Nr. 47; ErfK/Kiel 12. Aufl. § 5 KSchG Rn. 11).

45

(3) Ob der Kläger selbst das Unterbleiben der rechtzeitigen Klageerhebung gegen die Kündigung vom 25. Juni 2009 zu vertreten hat, weil er dem am 13. Juli 2009 unter Vorlage beider Kündigungsschreiben mandatierten Rechtsanwalt das Mandat noch während des Laufs der Klagefrist wieder entzogen hat, bedarf keiner Entscheidung. Selbst wenn dieser die Versäumung der Klagefrist zu vertreten hätte, müsste sich der Kläger das nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen. Ebenso kann wegen dieser Bestimmung dahinstehen, ob eine uU auch nach Mandatierung seines jetzigen Prozessbevollmächtigten noch mögliche rechtzeitige Klageerweiterung infolge von dessen oder infolge eigenen Verschuldens des Klägers unterblieben ist.

46

(4) Das Landesarbeitsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, die Klagefrist gegen die Kündigung vom 25. Juni 2009 sei nicht wegen eines unverschuldeten Irrtums der Prozessbevollmächtigten darüber, wann die Kündigung dem Kläger zugegangen sei, versäumt worden. Vielmehr habe der Bevollmächtigte angesichts des Datums des Kündigungsschreibens und des zweifelsfrei erkennbaren Umstands, dass dieses nicht mit der Post befördert worden sei, einen Zugang bereits am 25. Juni 2009 in Betracht ziehen müssen. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Ein Irrtum über die für die Fristberechnung erheblichen tatsächlichen Umstände kann nur dann zur nachträglichen Klagezulassung führen, wenn er unverschuldet ist (vgl. für die Wiedereinsetzung Zöller/Greger ZPO 29. Aufl. § 233 Rn. 23 Stichwort „Irrtum“). Das war hier nicht der Fall. Vielmehr muss auch die mögliche Unrichtigkeit einer Parteiinformation in Betracht gezogen und müssen bestehende Zweifel ausgeräumt werden (vgl. Zöller/Greger aaO).

47

III. Die Kosten seines erfolglos gebliebenen Rechtsmittels hat der Kläger zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Kreft    

        

    Berger    

        

    Rachor    

        

        

        

    Beckerle    

        

    Torsten Falke    

                 

(1) War ein Arbeitnehmer nach erfolgter Kündigung trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert, die Klage innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung zu erheben, so ist auf seinen Antrag die Klage nachträglich zuzulassen. Gleiches gilt, wenn eine Frau von ihrer Schwangerschaft aus einem von ihr nicht zu vertretenden Grund erst nach Ablauf der Frist des § 4 Satz 1 Kenntnis erlangt hat.

(2) Mit dem Antrag ist die Klageerhebung zu verbinden; ist die Klage bereits eingereicht, so ist auf sie im Antrag Bezug zu nehmen. Der Antrag muß ferner die Angabe der die nachträgliche Zulassung begründenden Tatsachen und der Mittel für deren Glaubhaftmachung enthalten.

(3) Der Antrag ist nur innerhalb von zwei Wochen nach Behebung des Hindernisses zulässig. Nach Ablauf von sechs Monaten, vom Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann der Antrag nicht mehr gestellt werden.

(4) Das Verfahren über den Antrag auf nachträgliche Zulassung ist mit dem Verfahren über die Klage zu verbinden. Das Arbeitsgericht kann das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag beschränken. In diesem Fall ergeht die Entscheidung durch Zwischenurteil, das wie ein Endurteil angefochten werden kann.

(5) Hat das Arbeitsgericht über einen Antrag auf nachträgliche Klagezulassung nicht entschieden oder wird ein solcher Antrag erstmals vor dem Landesarbeitsgericht gestellt, entscheidet hierüber die Kammer des Landesarbeitsgerichts. Absatz 4 gilt entsprechend.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 13. Mai 2011, Az.: 10 Ca 114/11, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung vom 28.12.2010.

2

Der Kläger (geb.1960, verheiratet) war seit dem 01.02.2004 bei der Beklagten als Lkw-Fahrer zu einem Bruttomonatslohn von 1.650,00 EUR tätig. Die Beklagte beschäftigt fast 200 Arbeitnehmer, ihre wichtigste Kundin ist die X, auf deren Werksgelände sie mit ca. 150 Arbeitnehmern verschiedene Dienstleistungen, u.a. den Transport von Paletten, erbringt.

3

Mitte November 2010 wurde die Beklagte von der X. darüber informiert, dass es in der Zeit von mindestens 2007 bis Februar 2010 zu Palettendiebstählen gekommen sei. Mitarbeiter der X und der Beklagten sollen ca. 240.000 Neupaletten im Gesamtwert von ca. 2,4 Mio. EUR vom Werksgelände geschafft haben. Im Verlauf der Ermittlungen gerieten zunächst der für das Packmittellager verantwortliche Betriebsmeister der X. M, der Disponent der Beklagten A. und der Fahrer S. in Verdacht. Am 14.12.2010 teilte die X. der Beklagten mit, dass nach ihren Erkenntnissen auch der Kläger daran beteiligt gewesen sei, mit dem Lkw der Beklagten gestohlene Neupaletten von ihrem Werksgelände zu einer Firma M. in E-stadt. zu transportieren, die das Diebesgut gewerbsmäßig weiter veräußert habe. Allein der Kläger soll in den Jahren 2008 und 2009 mindestens 375 Transporte von gestohlenen Paletten mit dem Lkw der Beklagten durchgeführt haben.

4

Am 14.12.2010 erteilte die X. dem Kläger ein Werksverbot. Am 23.12.2010 hörte die Beklagte den Kläger zu den Verdachtsmomenten und den Betriebsrat zu den Kündigungsvorwürfen an. Mit (einem) Schreiben vom 28.12.2010 kündigte sie das Arbeitsverhältnis fristlos bzw. zum nächstmöglichen Termin. Gegen diese Kündigung wendet sich der Kläger mit seiner am 19.01.2011 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage. Wann ihm das Kündigungsschreiben zugegangen ist, ist streitig.

5

Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 13.05.2011 (dort Seite 2-8 = Bl. 105 -111 d. A.) Bezug genommen.

6

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

7

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die außerordentliche Kündigung vom 28.12.2010, zugegangen am 17.01.2011, nicht aufgelöst worden ist,

8

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung vom 28.12.2010, zugegangen am 16.01.2011, nicht aufgelöst worden ist.

9

Die Beklagte hat beantragt,

10

die Klage abzuweisen.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 13.05.2011 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, es könne dahinstehen, ob die Kündigung vom 28.12.2010 bereits gemäß § 7 KSchG wirksam sei, weil der Kläger nicht innerhalb von drei Wochen nach ihrem Zugang Kündigungsschutzklage erhoben habe. Die Kündigung sei jedenfalls aus wichtigem Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB gerechtfertigt. Es bestehe der dringende Verdacht, dass der Kläger an den umfangreichen Palettendiebstählen zu Lasten der X. beteiligt gewesen sei. Er habe gewusst, dass die Transporte der Paletten vom Werksgelände der X. nach E-stadt. der Begehung von Straftaten dienten. Es hätte sich ihm aufdrängen müssen, dass er die Transporte an der Beklagten vorbei durchgeführt habe. Die Fahrten zur Firma M. nach E-stadt. seien nicht ordnungsgemäß dokumentiert worden. Der Kläger habe vom Empfänger keine Quittung über die Lieferung und auch sonst keine Belege über die durchgeführten Fahrten erhalten, um die Beklagte in die Lage zu versetzen, die ordnungsgemäße Abwicklung zu kontrollieren und die Leistung der X. in Rechnung zu stellen. Der Kläger könne sich nicht damit entlasten, er sei als Fahrer nicht verpflichtet gewesen, die Lieferaufträge zu überprüfen. Er sei als Lkw-Fahrer auch für die transportierte Ladung verantwortlich. Es sei im Transportgewerbe üblich, die Auftragserledigung zu dokumentieren. Soweit der Kläger geltend mache, eine Bestätigung des Empfangs der Ware sei bei Lieferungen nach E-stadt. nicht notwendig gewesen, der fehlende Beleg sei von der Beklagten auch nie gerügt worden, habe er nicht vorgetragen, wodurch die Beklagte von den Fahrten überhaupt hätte Kenntnis erlangen sollen. Soweit er einwende, er habe die Fahrten auf Anweisung des X-Mitarbeiters M. durchgeführt, handele es sich um eine betriebsfremde Person. Soweit er sich auf Anweisungen des Disponenten A. berufe, habe er nicht dargelegt, weshalb er trotz der im Transportgewerbe unüblichen Verfahrensweise davon ausgegangen sei, A. handele mit Wissen der Beklagten. Wegen weiterer Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf Seite 9 bis 16 des erstinstanzlichen Urteils vom 13.05.2011 (Bl. 112-119 d.A.) Bezug genommen.

12

Das genannte Urteil ist dem Kläger am 07.06.2011 zugestellt worden. Er hat mit am 05.07.2011 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese gleichzeitig begründet.

13

Er ist der Ansicht, seine Klage sei nicht verfristet. Die Kündigung sei ihm nicht am 28.12.2010 zugegangen. Zu diesem Zeitpunkt sei er erkrankt gewesen und habe das Kündigungsschreiben nicht erhalten. Dann sei er vom 01.01. bis zum 15.01.2011 in Urlaub gewesen. Seine Ehefrau habe den Brief am 05.01.2011 dem Briefkasten entnommen, aber nicht geöffnet. Am 16.01. oder 17.01.2011 habe ihm die Ehefrau den Brief gegeben.

14

Die fristlose Kündigung sei nicht durch einen wichtigen Grund gerechtfertigt. Das Arbeitsgericht habe verkannt, dass er als Lkw-Fahrer verpflichtet gewesen sei, Paletten auf Anweisung zu transportieren. Er sei auf Anweisung des X-Mitarbeiters M. tätig geworden, der als Leiter des Palettenlagers der X. für die Palettenbestände verantwortlich gewesen sei. Dessen Aufträgen habe der Disponent der Beklagten A. jeweils zugestimmt. Er habe die entsprechenden Fahrten weisungsgemäß durchgeführt und gebrauchte Paletten transportiert. Es habe für ihn als Lkw-Fahrer keinerlei Veranlassung bestanden, an den Weisungen des X.-Verantwortlichen oder des Disponenten der Beklagten zu zweifeln. Die entsprechenden Lieferscheine habe ihm M. jeweils übergeben. Warum und wieso irgendwelche Paletten an irgendwelche Orte zu fahren gewesen seien, habe er nicht überprüfen können. Dazu sei er als einfacher Fahrer auch nicht verpflichtet gewesen. Er habe sich nicht strafbar gemacht, weil er nur nach Anweisung gehandelt habe. Eine Meldung bei der Geschäftsleitung sei nicht erforderlich gewesen, weil diese durch den Disponenten A. vertreten worden sei.

15

Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Inhalt der Schriftsätze des Klägers vom 30.06.2011 (Bl. 128-130 d.A.) und vom 24.08.2011 (Bl. 156-157 d.A.) Bezug genommen.

16

Der Kläger beantragt zweitinstanzlich,

17

das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 13.05.2011, Az.: 10 Ca 114/11, abzuändern und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien weder durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 28.12.2010 noch durch die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung vom 28.12.2010 aufgelöst worden ist.

18

Die Beklagte beantragt,

19

die Berufung zurückzuweisen.

20

Sie verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung vom 08.08.2011 (Bl. 144-147 d.A.), auf die Bezug genommen wird, als zutreffend. Die Klage sei verspätet. Das Kündigungsschreiben sei am 28.12.2010 von zwei Boten um 10:36 Uhr in den Briefkasten des Klägers eingeworfen worden, nachdem ihnen auf ihr Klingeln niemand geöffnet habe. Die Kündigung sei zumindest als Verdachtskündigung gerechtfertigt. Das Verhalten des Klägers lasse keinen anderen Schluss zu, als dass er als Mitglied einer Bande an einem schweren Palettendiebstahl zum Nachteil ihrer Kundin X. beteiligt gewesen sei. Dem Kläger sei bekannt gewesen, dass er keinen Fahrauftrag erledigen dürfe, ohne dass ihm der Empfänger einen Lieferschein unterschreibe. Auf diese Notwendigkeit habe der Gesamteinsatzleiter die Fahrer immer wieder hingewiesen. Wer 375-mal Fahrten ohne unterschriebene Lieferscheine ausführe, setzte sich dem dringenden Verdacht aus, an den Palettendiebstählen beteiligt gewesen zu sein.

21

Ergänzend wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die zu den Sitzungsniederschriften getroffenen Feststellungen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

22

Die Berufung des Klägers ist zulässig. Das Rechtsmittel ist nach § 64 ArbGG an sich statthaft. Die Berufung wurde gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 517, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und auch inhaltlich ausreichend begründet.

II.

23

In der Sache hat die Berufung jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien ist durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 28.12.2010 mit sofortiger Wirkung aufgelöst worden.

24

1. Die Kündigung vom 28.12.2010 hat das Arbeitsverhältnis rechtswirksam beendet. Dies folgt bereits daraus, dass der Kläger die Kündigung nicht rechtzeitig mit einer Klage vor dem Arbeitsgericht angegriffen hat. Die Kündigung gilt deshalb nach § 13 Abs. 1 Satz 2, § 4 Satz 1, § 7 KSchG als von Anfang an rechtswirksam. Die Kündigung ist dem Kläger am 28.12.2010 durch Einwurf in den Hausbriefkasten zugegangen. Die Kündigungsschutzklage vom 19.01.2011, die am gleichen Tag per Telefax beim Arbeitsgericht eingegangen ist, wahrt die Dreiwochenfrist des § 4 Satz 1 KSchG nicht.

25

Der Kläger hat in der Klageschrift - in den Klageanträgen zu 1 und 2) - angegeben, die fristlose Kündigung vom 28.12.2010 sei ihm am 17.01.2011 zugegangen, die hilfsweise ordentliche Kündigung am 16.01.2011. Diese Angaben konnten schon deshalb nicht zutreffen, weil es nur ein Kündigungsschreiben der Beklagten (auf einem DIN A4-Blatt) mit der Formulierung „Hiermit kündigen wird das Arbeitsverhältnis fristlos bzw. zum nächstmöglichen Termin“ gibt. Auf den Vortrag der Beklagten, das Kündigungsschreiben sei am 28.12.2010, um 10:36 Uhr von zwei Boten in den Briefkasten des Klägers eingeworfen worden, trägt der Kläger zuletzt vor, er sei bis zum 31.12.2010 erkrankt gewesen und anschließend vom 01.01. bis zum 15.01.2011 nach Italien verreist. Seine Ehefrau habe die Sendung am 05.01.2011 aus dem Briefkasten entnommen und ihm den Brief am 16.01. oder 17.01.2011 ungeöffnet überreicht. Dieses Vorbringen ändert nichts daran, dass dem Kläger mit Einwurf des Kündigungsschreibens in den Hausbriefkasten die Kündigung am 28.12.2010 nach § 130 BGB zugegangen ist.

26

Die Ansicht des Klägers, die Kündigungserklärung sei ihm nicht am 28.12.2010 zugegangen, weil er zunächst erkrankt und danach bis 15.01.2011 nach Italien verreist sei, trifft nicht zu. Es ist unerheblich, ob seine Ehefrau die Sendung erst am 05.01.2011 aus dem Briefkasten entnommen und ihm am 16. oder 17.01.2011 ungeöffnet übergeben hat. Es kommt vielmehr allein darauf an, wann das Schreiben in den Hausbriefkasten gelangt ist. Eine schriftliche Willenserklärung ist nach § 130 Abs. 1 BGB zugegangen, sobald sie in verkehrsüblicher Weise in die tatsächliche Verfügungsgewalt des Empfängers bzw. eines empfangsberechtigten Dritten gelangt ist und für den Empfänger unter gewöhnlichen Verhältnissen die Möglichkeit besteht, von dem Inhalt des Schreibens Kenntnis zu nehmen. Besteht für den Empfänger diese Möglichkeit unter den gewöhnlichen Verhältnissen, ist es unerheblich, wann er die Erklärung tatsächlich zur Kenntnis nimmt oder ob er daran durch Krankheit, zeitweilige Abwesenheit oder andere besondere Umstände zunächst gehindert ist (BAG Urteil vom 24.06.2004 - 2 AZR 461/03 - NZA 2004, 1330).

27

Der Inhaber eines Hausbriefkastens muss grundsätzlich dafür Sorge tragen und Vorsorge treffen, dass er von für ihn bestimmte Sendungen Kenntnis nehmen kann. Dies entspricht den Gepflogenheiten des Verkehrs und wird von ihm erwartet. Es genügt deshalb nicht, wenn der Kläger vorträgt, seine Ehefrau habe die Sendung am 05.01.2011 mit Werbung aus dem Briefkasten genommen. Der Kläger hätte konkret angeben müssen, wann und von wem an den Tagen ab dem 28.12.2010 der Briefkasten geleert worden ist. Dies gilt umso mehr, weil er nach Erteilung des Hausverbots durch die X. am 14.12.2010 und seiner Anhörung durch die Beklagte am 23.12.2010 wegen des Verdachts der Beteiligung an einem bandenmäßigen Diebstahl von Paletten mit dem Zugang einer fristlosen Kündigung rechnen musste. In einem solchen Fall konnte von ihm ein gesteigertes Maß an Aufmerksamkeit, Sorgfalt und eine entsprechende Darlegung der Umstände im Prozess erwartet werden (vgl. BAG Urteil vom 28.05.2009 - 2 AZR 732/08 - NZA 2009, 1229). An einer derartigen Darlegung fehlt es. Auf gerichtliche Nachfrage in der mündlichen Verhandlung hat der persönlich anwesende Kläger der Berufungskammer mit der Begründung, er zahle seine Rechnungen immer pünktlich, er erhalte nur einmal jährlich Post vom ADAC, erklärt, dass er den Briefkasten nicht täglich leere. Dies geht zu seinen Lasten und nicht zu Lasten der Beklagten, die ihm das Kündigungsschreiben durch zwei Boten in den Hausbriefkasten hat einwerfen lassen (so auch: LAG Rheinland-Pfalz Beschluss vom 12.03.2007 - 11 Ta 217/06 - Juris).

28

Der Kläger hat keinen Antrag nach § 5 Abs. 1 Satz 1 KSchG auf nachträgliche Klagezulassung gestellt. Die Voraussetzungen wären im Entscheidungsfall auch nicht gegeben gewesen, denn der Kläger hat die Klagefrist nicht unverschuldet versäumt.

29

2. Weil die außerordentliche Kündigung vom 28.12.2010 bereits aufgrund der Fiktionswirkung des § 7 KSchG als rechtswirksam gilt, ist nicht mehr zu prüfen, ob sie durch einen wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB gerechtfertigt war.

30

Die Berufungskammer teilt allerdings die Ansicht des Arbeitsgerichts, dass es der Beklagten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar war, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger auch nur bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist fortzusetzen. Die Angriffe der Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil greifen nicht durch. Der Kläger macht geltend, das Arbeitsgericht habe völlig verkannt, dass für ihn als einfacher Fahrer kein Anlass bestanden habe, an der Rechtmäßigkeit der Weisungen des Disponenten der Beklagten A. und des Betriebsmeisters der X. M. zu zweifeln. Entgegen der Ansicht der Berufung hat das Arbeitsgericht ausführlich und sorgfältig begründet, weshalb sich der Kläger nicht mit dem Argument entlasten kann, er habe die Fahrten (der vom Werksgelände der X. gestohlenen Paletten) auf Anweisung des X.-Mitarbeiters M. durchgeführt, denn M. sei als betriebsfremde Person nicht sein Vorgesetzter gewesen. Soweit er sich auf Anweisungen des Disponenten A. berufe, habe er nicht dargelegt, weshalb er trotz der unüblichen Verfahrensweise davon ausgegangen sei, der Disponent handele mit Wissen der Beklagten.

31

Die gegenteilige Ansicht des Klägers rechtfertigt keine abweichende Beurteilung des hier maßgeblichen Sachverhalts. Wie das Arbeitsgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, kann sich der Kläger nicht damit entlasten, ihm sei verborgen geblieben, dass er vom Werksgelände der X. gestohlene Paletten (ab 2008 insgesamt 375 Fahrten) transportiert hat. Sein Argument, er habe als einfacher Lkw-Fahrer nicht zu überprüfen, warum und wieso er irgendwelche Paletten an irgendwelche Orte zu fahren habe, greift zu kurz. Er ist als Lkw-Fahrer nicht nur verpflichtet, Frachtgüter auf Anweisung zu ihrem Bestimmungsort zu transportieren und dort abzuliefern, er hat vielmehr auch für die ordnungsgemäße Dokumentation des Transports zu sorgen, damit sein Arbeitgeber Durchführung und Erledigung des Frachtauftrags gegenüber dem Kunden nachweisen und abrechnen kann. Wer als Lkw-Fahrer 375 vollbeladene Lkw mit Paletten vom Werksgelände der X. nach E-stadt transportiert, ohne sich - wie sonst gang und gäbe - den Empfang der Lieferung quittieren zu lassen und die Durchführung des Frachtauftrags gegenüber seiner Arbeitgeberin zu dokumentieren, begeht eine besonders schwere Pflichtverletzung, die das zur Fortführung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen in seine Zuverlässigkeit und Redlichkeit zerstört.

III.

32

Nach alledem ist die Berufung des Klägers mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

33

Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.