Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 16. Apr. 2013 - 5 Sa 229/12

bei uns veröffentlicht am16.04.2013

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten vom 22.10.2012 wird das Urteil des Arbeitsgerichtes Schwerin vom 02.08.2012 abgeändert, soweit die Beklagte zur Zahlung von 4.077,12 Euro brutto nebst Zinsen verurteilt wurde.

Die Klage wird im vollen Umfang abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten beider Rechtszüge.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt für die Zeit von Juni 2011 bis Dezember 2011 mehr Geld wegen tariflicher Lohnerhöhungen basierend auf dem sogenannten DRK-Reformtarifvertrag, falscher Eingruppierung oder sittenwidrig niedrigem Entgelt.

2

Die 1980 geborene Klägerin war seit 03.09.2001 bei der Beklagten als Krankenschwester beschäftigt, seit 2004 zu einer wöchentlichen Arbeitszeit von 33,25 Stunden. Sie erhielt zuletzt bei Arbeit in einer Intensivstation etwa 1.682,59 Euro brutto monatlich, darin enthalten 1.543,80 Euro Grundvergütung (Blatt 5) und eine Intensivzulage. Wegen der näheren Einzelheiten der exemplarisch zur Akte gereichten Abrechnung für September 2011 wird auf die Anlage K1, Blatt 8 d. A., verwiesen. Inzwischen arbeitet die Klägerin nicht mehr bei der Beklagten.

3

Im insoweit unveränderten Arbeitsvertrag vom 26.07.2001 heißt es auszugsweise (Blatt 9 – 11):

4

㤠2

5

Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach den Arbeitsbedingungen des DRK(O) in der jeweils gültigen Fassung.

§ 3

6

Die Angestellte ist in die Vergütungsgruppe KR IV (DRK-Tarifvertrag Ost) eingruppiert.“

7

Wegen der im Internet veröffentlichten Satzung des Deutschen Roten Kreuzes e. V. (im Folgenden abgekürzt DRK) Stand 2009 wird verwiesen auf (Blatt 260)

8

http://www.drk.de/fileadmin/Ueber_uns/DRK-Bundessatzung_2009.pdf.

9

Wortlaut und Entwicklung von Arbeitsbedingungen und Tarifverträgen beim DRK sind teilweise im Streit. Unstreitig ist Folgendes: Nach 1989 gab es unterschiedliche DRK-Tarifverträge für die neuen und alten Bundesländer, genannt DRK-Tarifvertrag Ost und DRK-Tarifvertrag West, die sich zu unterschiedlichen Zeiten teils mehr und teils weniger an die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes anlehnten. Die DRK-Arbeitsbedingungen-Ost wurden nach 2000 nicht mehr aktualisiert. Der DRK-Tarifvertrag Ost wurde mit Schreiben vom 04.07.2001 zum 31.12.2001 gekündigt. Mit dem 27. Änderungstarifvertrag wurde mit Wirkung zum 01.01.2007 ein einheitlicher DRK-Tarifvertrag für alle Bundesländer geschaffen, genannt DRK-Reformtarifvertrag, der (auch hinsichtlich der Entgelthöhe) durch Änderungstarifverträge aktualisiert wurde. Der DRK-Reformtarifvertrag enthält andere Eingruppierungsvorschriften als der DRK-Tarifvertrag Ost.

10

Wegen des Wortlautes der auszugsweise zur Akte gereichten DRK-Arbeitsbedingungen-Ost wird auf die Anlage B1, Blatt 68 – 86 d. A., verwiesen. Wegen des Wortlauts von Erklärungen zu den Arbeitsbedingungen aus dem Jahre 2000 wird verwiesen auf die Anlage B2, Blatt 62 – 67 d. A. Wegen in Schriftsätzen erwähnter Daten und Namen von Tarifverträgen nebst zur Akte gereichter dazugehöriger Tabellen und Textauszüge wird verwiesen auf Seite 3 des Schriftsatzes vom 16.02.2012 nebst Anlagen zu dem Schriftsatz, Blatt 26 – 34 d. A., Blatt 5 f. des Schriftsatzes vom 18.12.2012, Blatt 237 f. sowie auf Blatt 272 – 276 d. A..

11

Die Klägerin erhielt nach Nichtfortführung der DRK-Arbeitsbedingungen-Ost Entgelterhöhungen, nach Angaben der Beklagten 141,42 Euro (Blatt 39). Mit Schreiben vom 30.11.2011, der Beklagten am 01.12.2011 zugegangen, begehrt die Klägerin 510,18 Euro monatlich Differenznachzahlung für die letzten drei Jahre unter Bezugnahme auf eine ihr zustehende Bezahlung nach dem DRK-Reformtarifvertrag (Blatt 12). Mit am 30.12.2011 per Fax beim Arbeitsgericht eingegangener Klage vom gleichen Tag fordert die Klägerin mit vergleichbarer Begründung 509,64 Euro monatlich für die Zeit von Januar 2008 bis Dezember 2011 nebst Zinsen.

12

Die Klägerin hat behauptet, ihr seien die DRK-Arbeitsbedingungen-Ost nicht ausgehändigt worden (Blatt 43, 175). Sie hat bestritten, dass die DRK-Arbeitsbedingungen mit den DRK-Tarifverträgen wortlautgleich seien sowie dass in § 65 der DRK-Arbeitsbedingungen-Ost Ausschlussfristen enthalten seien. Hilfsweise bezweifelt sie die Anwendbarkeit dieser Ausschlussfrist (Blatt 43 f.). Sie sei davon ausgegangen, dass auf Grund § 3 ihres Vertrages eine Bezahlung nach den jeweiligen Tarifverträgen des DRK gelte.

13

Die Klägerin hat beantragt:

14

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 24.462,72 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 509,64 Euro seit dem

15

01.02.2008, 01.03.2008, 01.04.2008, 01.05.2008, 01.07.2008, 01.08.2008, 01.09.2008,
01.10.2008, 01.11.2008, 01.12.2008, 01.01.2009;
01.02.2009, 01.03.2009, 01.04.2009, 01.05.2009, 01.06.2009, 01.07.2009, 01.08.2009,
01.10.2009, 01.11.2009, 01.12.2009, 01.01.2010;
01.02.2010, 01.03.2010, 01.04.2010, 01.05.2010, 01.06.2010, 01.07.2010, 01.08.2010,
01.09.2010, 01.10.2010, 01.11.2010, 01.12.2010, 01.01.2011;
01.02.2011, 01.03.2011, 01.04.2011, 01.05.2011, 01.06.2011, 01.07.2011, 01.08.2011,
01.09.2011, 01.10.2011, 01.11.2011, 01.12.2011, 01.01.2012

16

zu zahlen.

17

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

18

Die Beklagte hat vorgetragen, die Klägerin sei gemäß DRK-Tarifvertrag Ost in die Vergütungsgruppe IV b eingruppiert, was bei Vollbeschäftigung eine Vergütung von 1.686,97 Euro ergebe, wegen Teilzeit der Klägerin 1.402,38 Euro (Blatt 38). Die Beklagte ist der Ansicht gewesen, nach § 2 des Arbeitsvertrags richte sich die Bezahlung nach den DRK-Arbeitsbedingungen-Ost. Sie hat sich auf eine Ausschlussfrist berufen und behauptet, der Wortlaut der DRK-Arbeitsbedingungen-Ost entspreche dem DRK-Tarifvertrag Ost und der eingereichten Unterlage (Blatt 155, 36).

19

Das Arbeitsgericht hat die Klage überwiegend abgewiesen wegen Anwendbarkeit einer Ausschlussfrist nach den DRK-Arbeitsbedingungen-Ost. Es hat der Klage nebst Zinsen stattgegeben für die Zeit von Juni 2011 bis Dezember 2011. § 3 des Arbeitsvertrages enthalte hinsichtlich der Vergütungsgruppe eine dynamische Verweisung auf die jeweiligen Bedingungen des DRK-Tarifvertrages Ost. Auf Grund von Unklarheiten gelte nach § 305 c Abs. 2 BGB, dass die Beklagte eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe KR IV des DRK-Tarifvertrages Ost in der jeweiligen Fassung schulde. Nach Nichtfortführung des DRK-Tarifvertrages Ost sei eine Vertragslücke entstanden, die im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung so zu schließen sei, dass nunmehr statt des DRK-Tarifvertrages Ost der DRK-Reformtarifvertrag gelte. Wegen des Wortlautes des Urteils wird ergänzend auf Blatt 171 – 190 der Akte verwiesen.

20

Die Beklagte wendet sich gegen das ihr am 23.08.2012 zugestellte Urteil mit am 22.10.2012 zur Post gegebener und am 24.10.2012 bei Gericht eingegangener und begründeter Berufung. Mit am 25.10.2012 bei Gericht eingegangenem Schreiben beantragt die Beklagte Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand (Blatt 212 – 214).

21

Die Beklagte ist der Ansicht, aus dem Zusammenhang von §§ 2 und 3 des Arbeitsvertrages ergebe sich, dass die Bezahlung sich nach den DRK-Arbeitsbedingungen-Ost zu richten habe. Die DRK-Arbeitsbedingungen-Ost und der DRK-Tarifvertrag Ost seien durch Nichtfortführung bzw. Kündigung statisch geworden. Wegen weiterer Einzelheiten der Begründung wird auf den Schriftsatz vom 22.10.2012 (Blatt 203 – 211) sowie auf den Vortrag in der mündlichen Verhandlung vom 16.04.2013 (Blatt 269) verwiesen.

22

Die Beklagte beantragt neben Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand (Blatt 204, 270, 213):

23

1. Das Urteil des Arbeitsgerichtes Schwerin vom 02.08.2012 (6 Ca 2576/11) ist, soweit es die Berufungsklägerin verpflichtet, an die Berufungsbeklagte einen Betrag in Höhe von 4.077,12 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf jeweils 509,64 Euro seit dem 15.06.2011, 15.07.2011, 15.08.2011, 15.09.2011, 15.10.2011, 15.11.2011, 15.12.2011 und 15.01.2012 zu zahlen, so abzuändern, dass die Klage vom 30.12.2011 im vollen Umfang abgewiesen wird.

24

2. Die Berufungsbeklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

25

3. Die Revision wird zugelassen.

26

Die Klägerin beantragt (Blatt 270, 233), die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

27

Die Klägerin hält das erstinstanzliche Urteil, soweit der Klage stattgegeben wurde, unter Bezugnahme auf den erstinstanzlichen Vortrag für richtig. Insbesondere ergebe sich aus der Nummerierung der Änderungstarifverträge, dass der DRK-Reformtarifvertrag Nachfolger des DRK-Tarifvertrages Ost sei. Für eine Klagstattgabe spreche, dass die Beklagte hinsichtlich der DRK-Arbeitsbedingungen-Ost das Nachweisgesetz nicht eingehalten habe.

28

Erstmalig im Termin am 16. April 2013 rügt die Klägerin eine unkorrekte Eingruppierung und die Sittenwidrigkeit der Bezahlung. Die Eingruppierung sei unzutreffend. Die Klägerin habe als Intensivkrankenschwester gearbeitet. Die Sittenwidrigkeit der vertraglichen Arbeitsbedingungen ergebe sich daraus, dass die Klägerin 1.632,25 Euro brutto Grundvergütung erhalten habe, mit Zulage etwa 1.800,00 Euro. Die Klägerin liege damit deutlich unter 70 Prozent des üblichen Entgelts im öffentlichen Dienst. Dabei sei die Entgeltgruppe 8 zu Grunde zu legen. Das Einstiegsentgelt liege bei 2.515,00 Euro und nach zehnjähriger Berufserfahrung, wie bei der Klägerin, bei etwa 2.700,00 Euro (Blatt 269).

29

Der weiteren Argumentation der Klägerin sowohl zur Zulässigkeit wie auch zur Begründetheit der Berufung wird ergänzend verwiesen auf den Schriftsatz vom 18.12.2012 (Blatt 233 – 238) sowie auf den Vortrag in der mündlichen Verhandlung (Blatt 269 f.).

30

Wegen des Vortrags beider Parteien zu Wortlaut und Inhalt von Regelungen beim DRK wird ergänzend auf den Akteninhalt verwiesen. Wegen Hinweisen und Fragen des Gerichtes wird verwiesen auf Blatt 215 rück, 250 – 252, 270).

Entscheidungsgründe

31

Die Berufung der Beklagten hat Erfolg. Sie ist zulässig, insbesondere rechtzeitig eingereicht (A.). Sie ist begründet. Die Klage ist, soweit sie in der Berufung zur Entscheidung ansteht, teilweise unzulässig bzw. nicht wirksam in den Prozess eingeführt (B. III.) und im Übrigen unbegründet (B. IV., B. V.).

A.

32

Die Berufung ist zulässig.

I.

33

Die Kammer beschließt gemäß § 233 ZPO, der Beklagten antragsgemäß Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zu gewähren. Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 21.07.2010 darf ein Rechtsmittelführer grundsätzlich darauf vertrauen, dass im Bundesgebiet werktags aufgegebene Postsendungen am folgenden Tag ausgeliefert werden, sofern es nicht Anhaltspunkte für Besonderheiten gibt (4 ZB 73/10, in Juris veröffentlicht, dort Rz. 15). Dem folgt die Kammer und nicht der Argumentation der Klägerin, nach einer Veröffentlichung der Deutschen Post AG sei mit Verspätungen zu rechnen. Die Kammer geht davon aus, dass der Beklagtenvertreter die Entscheidung des Bundesgerichtshofs kennt, nicht jedoch die von der Klägerin geschilderte Praxis der Deutschen Post AG. Dem Gericht ist nicht bekannt, dass innerhalb von Mecklenburg-Vorpommern mit Postlaufzeiten von länger als einem Tag zu rechnen ist. Gegen diesen Beschluss ist kein gesondertes Rechtsmittel gegeben.

II.

34

Damit ist die Berufung rechtzeitig (§ 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG) eingereicht worden. Weitere Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung bestehen nicht.

B.

35

Die Berufung ist begründet. Die Klägerin hat mit keiner ihrer drei Begründungen Erfolg.

I.

36

Die Klage ist zulässig, soweit sie begründet wird mit der Geltung des DRK-Reformtarifvertrages und der dort vorgesehenen Entgelte. Die Klage ist hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 ZPO, insbesondere aufgegliedert auf Monate und rechnerisch erläutert. Der Klaggrund im Sinne von § 253 Abs. 2 ZPO ist ersichtlich, nämlich die Nachholung von tariflichen Entgelterhöhungen.

II.

37

Die Klage ist zulässig, soweit sie begründet wird mit der Sittenwidrigkeit des Entgeltes. Es handelt sich um den gleichen Streitgegenstand wie die Klage mit der Begründung Geltung des DRK-Reformtarifvertrages (zum Begriff des Streitgegenstandes Vollkommer in Zöller, ZPO, 29. Aufl.2012, Einleitung, Rz. 63, 67, 72 – 75). Denn beiden Begründungen liegt der gleiche Sachverhalt zu Grunde: Ein konkretes an die Klägerin gezahltes Entgelt und ein nach Wortlaut des DRK-Reformtarifvertrages zu zahlendes Entgelt. Die erforderliche Berechnung der Klagforderung (Greger in Zöller, ZPO, § 253 ZPO, Rz. 13 a) ist erkennbar. Aus Sicht der Klägerin ist das eingeklagte Entgelt das nach § 612 BGB übliche Entgelt.

III.

38

Die Klage mit der Begründung, die Eingruppierung sei falsch, ist unzulässig, und zwar insbesondere, weil dazu ein neuer Klagantrag erforderlich wäre, der nicht oder nicht zulässig gestellt wurde.

1.

39

Es handelt sich um einen neuen Streitgegenstand. Die zur Begründung der Klage angeführten Tatsachen sind andere als die zur Klage wegen Nichteinhaltung des DRK-Reformtarifvertrages bzw. wegen sittenwidrig niedrigen Entgeltes. Es geht nicht um die Differenz von der Bezahlung nach der Vergütungsgruppe KR IV DRK-Tarifvertrag Ost zur Bezahlung nach der Entgeltgruppe 7 Entgeltstufe 4 DRK-Reformtarifvertrag. Vielmehr geht es darum, ob über die Vergütungsgruppe KR IV DRK-Tarifvertrag Ost hinaus höhere Summen zu zahlen sind bzw. über die Bezahlung nach der Entgeltgruppe 7 Stufe 4 DRK-Reformtarifvertrag hinaus höhere Summen zu zahlen sind wegen einer Tätigkeit, die tariflich anders eingestuft ist als die Tätigkeit einer Krankenschwester.

2.

40

Die Voraussetzungen für die Einführung eines neuen Streitgegenstandes in den Prozess nach §§ 263, 533 ZPO (vgl. Koch in Erf. Kommentar, 13. Auflage 2013, § 67 ArbGG, Rz. 7) sind nicht gegeben. Weder hat die Klägerin fristgerecht einen neuen Klagantrag gestellt noch hat die Beklagte in eine Klagänderung eingewilligt noch hält das Gericht sie für sachdienlich. Klagänderungen in den letzten fünf Stunden vor Urteilsverkündung werden regelmäßig nicht für sachdienlich gehalten. Hier kommt hinzu, dass ein neuer, noch nicht zur Akte gelangter Sachverhalt streiterheblich wäre.

IV.

41

Die Klage ist nicht auf Grund Sittenwidrigkeit im Sinne von § 138 BGB begründet.

1.

42

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes kann eine Entgeltvereinbarung wegen Sittenwidrigkeit unwirksam sein, wenn das gezahlte Entgelt nicht 2/3 des üblichen Entgeltes erreicht. Dabei kann das tarifliche Entgelt als übliches Entgelt zu Grunde gelegt werden, wenn in einem Wirtschaftsgebiet mehr als 50 Prozent der Arbeitgeber oder der Arbeitnehmer tariflich bezahlt werden. Weiterhin muss eine verwerfliche Gesinnung entweder vorliegen oder aufgrund der Umstände zu vermuten sein (Linck in Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 14. Auflage, 2011, § 34, Rz. 7, 11; ferner Preis in Erf. Kommentar, 13. Auflage, 2013, § 612 BGB, Rz. 3; beide m. w. N.; BAG vom 24.06.2006 – 5 AZR 549/05 -; BAG vom 22.04.2009 – 5 AZR 436/08; beide in Juris veröffentlicht).

2.

43

Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben.

a)

44

Gemessen am DRK-Tarifvertrag Ost oder an den DRK-Arbeitsbedingungen Ost liegt keine Unterbezahlung vor. Es kann nicht festgestellt werden, dass in Krankenhäusern Westmecklenburgs mehr als 50 Prozent der Arbeitgeber oder mehr als 50 Prozent der Arbeitnehmer auf dem Niveau des DRK-Reformtarifvertrages bezahlt werden. Ein sonstiges übliches Entgelt wurde nicht mitgeteilt.

b)

45

Im Übrigen leidet die Berechnung der Klägerin daran, dass die Teilzeit nicht berücksichtigt wurde. Darauf ist die Klägerin hingewiesen worden. Die Berücksichtigung der Teilzeit wäre auch bei Üblichkeit der Bezahlung nach DRK-Reformtarifvertrag kein Anhaltspunkt für eine Sittenwidrigkeit gegeben.

V.

46

Die Klage ist nicht auf Grund Pflicht zur Bezahlung entsprechend dem DRK-Reformtarifvertrag begründet. Eine solche Pflicht ist nicht vereinbart. Das ergibt sich im Kern aus einer Auslegung des Arbeitsvertrages, wobei die Kammer insoweit der Argumentation der Beklagten und nicht der Argumentation der Klägerin und der ersten Instanz folgt [1. – 7., insbesondere 5. a), 5. b)]. Die arbeitsvertraglichen Regelungen sind wirksam vereinbart worden (8.).

1.

47

Bei Auslegung und Überprüfung auf Wirksamkeit von §§ 2 und 3 des Arbeitsvertrages sind neben den allgemeinen Regelungen (§§ 133, 157, 313 BGB) auch die besonderen Regeln für allgemeine Geschäftsbedingungen (§§ 305 c Abs. 2, 307 Abs. 1 Satz 2, 308 f. BGB) zu berücksichtigen.

48

Die am 01.01.2002 in Kraft getretenen §§ 305 ff BGB gelten nach Artikel 229 § 5 EBGB bei Altverträgen seit dem 01.01.2003, wobei im Einzelfall zur Vermeidung einer Rückwirkung eine verfassungskonforme Auslegung oder eine ergänzende Vertragsauslegung nach § 157 BGB erforderlich ist (vgl. Preis in Erf. Kommentar, a. a. O., § 305 BGB, Rz. 20, 104; Linck in Schaub, a. a. O., § 35, Rz. 3 f., 52 d).

49

Es handelt sich um einen Altvertrag. Die §§ 305 ff finden nach § 305 Abs. 1 und § 310 Abs. 3 BGB Anwendung (Arbeitsgericht Schwerin vom 02.08.2012 – 6 Ca 2576/11 -, Blatt 10 des Urteils, Blatt 180 der Akte).

2.

50

Für die Auslegung eines vorformulierten Vertrages gilt nach §§ 133, 157, 305 c Abs. 2 BGB (vgl. Preis in Erf. Kommentar, a. a. O., § 305 BGB, Rz. 31 f.; Linck in Schaub, a. a. O., § 35, Rz. 27 – 32; LAG Mecklenburg-Vorpommern v. 27.08.2001 – 5 Sa 278/00, Juris Rz. 33 - 35): Es ist der Wortlaut zu berücksichtigen und der Zusammenhang mit anderen Regeln. Die Vertragsklauseln sind so auszulegen, wie sie von einem verständigen und redlichen Vertragspartner unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Abweichend kann ausgelegt werden, wenn sich ein übereinstimmender Wille der Vertragsparteien feststellen lässt. In Zweifelsfällen ist sinnvollen Vertragsauslegungen der Vorzug zu geben. Bei Verweisungen auf externe Regelungen sind im Zweifel dynamische Verweisungen sinnvoll. Bei der Auslegung von Arbeitsverträgen ist das zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses allgemein vorhandene Vorverständnis zu berücksichtigen, wie es z. B. seinen Ausdruck findet in den damals vorliegenden Urteilen des Bundesarbeitsgerichtes.

51

Besteht nach Berücksichtigung all dieser Gesichtspunkte ein verbleibender Zweifel, sind also mindestens zwei Auslegungen rechtlich vertretbar, ohne das eine den klaren Vorzug verdient, so geht dies zu Lasten der formulierenden Partei. Es gilt die für den anderen günstigere Regelung (§ 305 c Abs. 2 BGB). Wenn eine Auslegung zwar möglich ist, nach Ausschöpfung der Auslegungsregeln aber nicht vertretbar, so gilt die Unklarheitenregelung nicht (BAG vom 20.02.2013 – 10 AZR 177/12 -, Juris Rz. 16; BAG vom 09.06.2010 – 5 AZR 332/09 -, Rz. 39). Weiterhin gilt die Unklarheitenregelung nicht, wenn zwei Klauseln sich inhaltlich widersprechen und deshalb nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam sind (BAG vom 20.01.2010 – 10 AZR 914/08 -, Juris Rz. 17).

3.

52

§ 2 des Arbeitsvertrages wird so ausgelegt, dass unter Arbeitsbedingungen Arbeitsbedingungen im Sinne von § 19 Abs. 3 und 4 der Satzung des Deutschen Roten Kreuzes gemeint sind (ähnlich für einen vergleichbaren Fall LAG Niedersachsen vom 15.12.2005 – 7 Sa 2004/04 -, Juris Rz. 2, 55).

a)

53

§ 19 Abs. 3 und 4 der Satzung des DRK waren vom 12.11.1993 bis 2009 unverändert und lauteten (BAG vom 18.04.2007 – 4 AZR 253/06 -, Juris Rz. 8):

54

„(3) Der Erlass von Bestimmungen, durch die einheitliche Regelungen im Deutschen Roten Kreuz mit Verbindlichkeit für alle Mitgliedsverbände geschaffen werden sollen, bedarf der Zustimmung des Präsidialrates. Dazu gehört auch die Festlegung von Mindestregelungen für die Satzungen der Mitgliedsverbände und deren Mitgliedsverbände.

55

(4) Der Zustimmung des Präsidialrates bedürfen Beschlüsse des Präsidiums, wenn sie erhebliche finanzielle Auswirkungen für die Mitgliedsverbände oder deren Mitgliedsverbände haben. Diese Regelung hat keine Außenwirkung.“

56

Seit der Änderung der Satzung vom 20.03.2009, im Vereinsregister eingetragen am 12.11.2009, lauten die entsprechenden Regelungen in § 16 Abs. 3 und 4:

57

„(3) Der Präsidialrat erlässt auf Vorschlag des Präsidiums Bestimmungen, durch die einheitliche Regelungen im Deutschen Roten Kreuz mit Verbindlichkeit für alle Mitgliedsverbände geschaffen werden sollen.

58

Dazu gehören auch:

59

- Entscheidungen über strategische Ziele des Deutschen Roten Kreuzes,
- Beschlüsse über Hauptaufgabenfelder des Deutschen Roten Kreuzes,
- Festlegung von Mindestregelungen für die Satzungen der Mitgliedsverbände und deren Mitgliedsverbände.

60

(4) Der Genehmigung des Präsidialrates bedürfen Beschlüsse des Präsidiums, wenn sie erhebliche finanzielle Auswirkungen für die Mitgliedsverbände oder deren Mitgliedsverbänden haben.“

61

Arbeitsbedingungen im Sinne von § 19 der Satzung des Deutschen Roten Kreuzes vor 2009 dienen der Vereinheitlichung von Regelungen. Sie weichen von zeitgleich geltenden Tarifverträgen nicht ab (BAG vom 27.11.2002 – 4 AZR 663/01 -, Juris Rz. 24; LAG Niedersachsen vom 15.12.2005 – 7 Sa 2004/04 -, Juris Rz. 52). Die Inhaltsgleichheit ergibt sich aus dem Zweck, nämlich der Vereinheitlichung von Regelungen, der sonst nicht erreicht werden könnte. Diese Auslegung der Satzung ist im Wortlaut angelegt. Sie entspricht dem Interesse des DRK an weitgehend einheitlichen Regelungen innerhalb des Verbandes.

b)

62

Die Auslegung des Arbeitsvertrages ergibt sich aus der Verwendung des bestimmten Artikels und dem Umstand, dass zum damaligen Zeitpunkt nur Arbeitsbedingungen nach § 19 der Satzung des DRK üblich waren. Diese Auslegung ist interessengerecht, insbesondere bei Auslegung der Satzung dahingehend, dass Arbeitsbedingungen nicht von Tarifverträgen abweichen dürfen. Eine andere sinnvolle Auslegung ist nicht ersichtlich.

4.

63

Die vertragliche Verweisung auf die DRK-Arbeitsbedingungen Ost ist nicht als Gleichstellungsabrede auszulegen, also als Abrede, dass die Klägerin bezahlt werde wie ein Gewerkschaftsmitglied. Verweisungen auf Arbeitsbedingungen stellen generell und auch konkret bei Verweisung auf die DRK-Arbeitsbedingungen keine Gleichstellungsabrede dar (BAG vom 27.11.2002 – 4 AZR 663/01 -, Juris Rz. 23 – 26; BAG vom 18.04.2007 – 4 AZR 253/06 -, Juris Rz. 24 – 33). Schon der Wortlaut spricht dagegen.

5.

64

Die Regelungen in §§ 2 und 3 des Arbeitsvertrages werden dahingehend ausgelegt, dass die Bezahlung der Klägerin sich nach den DRK-Arbeitsbedingungen Ost in der jeweiligen Fassung richtet [näher a)].

65

Die von der Klägerin befürwortete Auslegung, dass Bezahlung und Eingruppierung sich nach dem DRK-Tarifvertrag-Ost richten, findet keine Anwendung [näher b)].

a)

66

Im Einzelnen wird die vom Gericht für richtig gehaltene Auslegung wie folgt begründet:

67

Die Auslegung nach dem Wortlaut ergibt, dass die Bezahlung sich nach den DRK-Arbeitsbedingungen Ost richtet. Nach § 2 bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach diesen Regelungen, also auch die Bezahlung. § 3 regelt dem Wortlaut nach keine Bezahlung, sondern stellt die Eingruppierung dar. Eingruppierung und Entgelthöhe sind unterschiedliche Regelungsgegenstände, die vielfach auch in unterschiedlichen Tarifverträgen geregelt werden, die Eingruppierung im Rahmentarifvertrag, die Entgelthöhe im Entgelttarifvertrag.

68

Diese Auslegung nach dem Wortlaut lässt sich mit dem zu vermutenden Vorverständnis der Parteien zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses 2001 und mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes zu Vertragsgestaltungen mit zum Teil ähnlichem Wortlaut vereinbaren.

69

Es muss davon ausgegangen werden, dass zum damaligen Zeitpunkt die Vertragsparteien davon ausgingen, dass DRK-Tarifvertrag-Ost und DRK-Arbeitsbedingungen Ost im Wortlaut gleich sind. Derartige Bewertungen wurden von Gerichten 2001 und 2002 vorgenommen (LAG Mecklenburg-Vorpommern vom 27.08.2001 – 5 Sa 278/00 -, Juris Rz. 6; BAG vom 27.11.2002 – 4 AZR 663/01 -, Juris Rz. 6).

70

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, auch zu Formulararbeitsverträgen, dass insbesondere im Geltungsbereich des öffentlichen Dienstes typischerweise der Satz „Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach …“ die Hauptregelung darstellt, während die weitere Aussage „ist in die Vergütungsgruppe … eingruppiert“ typischerweise nur eine deklaratorische Mitteilung ohne Regelungsgehalt ist. Der Konflikt zwischen den beiden Sätzen wird bei Auseinanderfallen dahingehend gelöst, dass die Regelung im nach Hauptaussagen geltenden Regelwerk vorgeht, also eine sogenannte Tarifautomatik gilt (Treber in Schaub, a. a. O., § 183, Rz. 10). Gegen die Anwendung dieser Zweifelsregel spricht lediglich, dass in §§ 2 und 3 des Arbeitsvertrages unterschiedliche Regelungswerke genannt werden. Vor dem Hintergrund der damals vorherrschenden Auffassung, dass diese Regelungswerke im Wortlaut gleich sind, erscheint es richtig, die Rechtsprechung, die vorwiegend zum BAT entwickelt wurde, anzuwenden.

71

Abweichende Vorstellungen der Parteien sind weder mit den nach § 138 ZPO erforderlichen Einzelheiten noch mit Beweisantritt vorgetragen.

b)

72

Die von der Klägerin befürwortete Auslegung ist bei Beachtung der Auslegungsgrundsätze nicht vertretbar. Sie widerspricht dem Wortlaut. Die Auslegung ist weniger sinnvoll als die übliche Auslegung in Richtung Tarifautomatik, die typischerweise sowohl den Interessen von Arbeitgebern wie Arbeitnehmern entspricht. Bei Abwägung all dieser Gesichtspunkte verdient die oben dargestellte andere Auslegung klar den Vorzug.

6.

73

Es kann letztlich offen bleiben, ob weitere Auslegungsmöglichkeiten kraft Unklarheitenregelung (§ 305 c Abs. 2 BGB) zur Anwendung kommen. Denn diese führen nicht zu einem anderen Ergebnis.

a)

74

Das gilt für die mit dem Wortlaut vereinbare Auslegungsmöglichkeit, wonach die im Arbeitsvertrag genannte Vergütungsgruppe nach dem DRK-Tarifvertrag-Ost fest vereinbart ist, also nicht die von der Rechtsprechung bevorzugte Auslegung der Tarifautomatik gilt, hinsichtlich der Bezahlung aber die DRK-Arbeitsbedingungen-Ost gelten.

b)

75

Das gilt auch für die Auslegungsmöglichkeit, dass sich die Bezahlung nach den DRK-Arbeitsbedingungen Ost richtet und die Eingruppierung sich nach dem DRK-Tarifvertrag-Ost richtet. Diese mit dem Wortlaut nicht zu vereinbarende Auslegung führt wegen des Gleichlautes beider Regelungen zum gleichen Ergebnis. Von einem Gleichlaut wird ausgegangen, weil die Klägerin entgegen § 138 ZPO nicht zu einem abweichenden Wortlaut vortrug. Sie hätte ihre Gewerkschaft nach dem Wortlaut der DRK-Arbeitsbedingungen Ost fragen können.

c)

76

Nur am Rande wird darauf hingewiesen, dass auch eine ergänzende Vertragsauslegung (§ 157 BGB) dahingehend, dass hinsichtlich der Eingruppierung der DRK-Reformtarifvertrag gilt, nicht zu einem anderen Ergebnis führt. Die Umstellung des Eingruppierungssystems hat soweit ersichtlich keine Auswirkungen auf die Entgelthöhe.

77

Außerdem gilt: Bei einer Fallgestaltung, dass die Bezahlung sich nach den DRK-Arbeitsbedingungen Ost richtet, besteht kein Anlass zu einer ergänzenden Vertragsauslegung dahingehend, dass hinsichtlich der Eingruppierung statt des DRK-Tarifvertrages-Ost der DRK-Reformtarifvertrag gilt. Das besondere Interesse des Arbeitnehmers an dynamischen Regelungen besteht typischerweise nur hinsichtlich der Entgeltregelungen. Im Übrigen dürfte es den Vorstellungen der Vertragsparteien und einer angemessenen Interessenabwägung entsprochen haben, wenn hinsichtlich Bezahlung und Eingruppierung aufeinander abgestimmte Regelungen bestehen, was bei Wortlautgleichheit von DRK-Arbeitsbedingungen Ost und DRK-Tarifvertrag-Ost gegeben war. Durch die gleichzeitige Geltung von DRK-Arbeitsbedingungen Ost und DRK-Reformtarifvertrag würde eine erhebliche Verschlechterung des Gleichklangs eintreten.

7.

78

Es besteht auf der Basis der zutreffenden Auslegung (5.) kein Anlass zur ergänzenden Vertragsauslegung nach § 157 BGB.

a)

79

Es ergibt sich kein Anlass wegen Unwirksamkeit des Vertrages (ergänzend 8.).

b)

80

Es besteht auch kein Anlass zur ergänzenden Vertragsauslegung wegen Nichtfortführung der DRK-Arbeitsbedingungen Ost, wie sie z. B. im Beschluss des Präsidiums des DRK vom 26.03.2003 zum Ausdruck kommt (zu diesem Beschluss BAG vom 18.04.2007 – 4 AZR 253/06 -, Juris Rz. 7). Es ist das allgemeine, hinzunehmende Risiko bei dynamischen Verweisungen auf externe Regelungen, dass diese nicht fortgeführt werden. Die dynamische Verweisung wird dadurch faktisch zur statischen Verweisung (vgl. BAG vom 29.01.2008 – 3 AZR 426/06 -, Juris Rz. 18 f. m. w. N.).

c)

81

Die Überlegungen, die zu einer ergänzenden Vertragsauslegung dahingehend führen, dass bei einer vertraglichen Verweisung auf den BAT im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung TV-L oder TVöD gelten (BAG vom 28.04.2011 – 4 AZR 683/09 -, in Juris veröffentlicht), sind nicht übertragbar.

82

TV-L und TVöD ersetzen den BAT bzw. BAT-Ost. Das war Hintergrund der dargestellten Rechtsprechung. Eine vergleichbare Fallgestaltung gibt es vorliegend nicht. Es kann in diesem Zusammenhang offen bleiben, ob der DRK-Reformtarifvertrag nach Funktion oder Systematik der Tarifabschlüsse Nachfolger des DRK-Tarifvertrages Ost ist. Maßgeblich für die Bezahlung ist nämlich nicht der DRK-Tarifvertrag Ost, sondern sind die DRK-Arbeitsbedingungen Ost. Auf Grund ausdrücklicher Klarstellung im Beschluss vom 26.03.2003 sind die noch existierenden DRK-Arbeitsbedingungen mit Ständen nach 2000 nicht Nachfolger der DRK-Arbeitsbedingungen Ost. Der DRK-Reformtarifvertrag ist nicht Nachfolger der DRK-Arbeitsbedingungen-Ost.

8.

83

§§ 2 und 3 des Arbeitsvertrages sind wirksam.

a)

84

Die Verweisung auf die DRK-Arbeitsbedingungen Ost ist nicht wegen Verstoßes gegen § 2 Nachweisgesetz im Ergebnis unwirksam. Dabei ist von dem (nicht mit näheren Einzelheiten bestrittenen) Vortrag der Klägerin auszugehen, die DRK-Arbeitsbedingungen seien ihr nicht ausgehändigt worden.

85

Für den hier interessierenden Bereich ist trotz dieses Umstandes den Hinweispflichten genügt worden. Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Nachweisgesetz reicht ein Hinweis auf ähnliche Regelungen wie Tarifverträge aus, um der Pflicht zum Hinweis auf Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgeltes (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Nachweisgesetz) zu genügen. Es ist gerichtlich entschieden, dass die Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werks der evangelischen Kirche in Deutschland ähnliche Regelungen in diesem Sinne sind (BAG vom 14.01.2004 – 4 AZR 10/03 -, Juris Rz. 57; kritisch Preis in Erf. Kommentar, a. a. O., § 2 Nachweisgesetz, Rz. 34). Das muss erst recht gelten, wenn es sich wie hier um Arbeitsvertragsrichtlinien handelt, die grundsätzlich mit dem Wortlaut des aktuellen Tarifvertrages übereinstimmen [siehe B V. 3. a)].

86

Im Übrigen ist nicht ersichtlich, wie der bei einem Verstoß gegen das Nachweisgesetz entstehende Schadensersatzanspruch der Klägerin zu dem begehrten Klaganspruch oder zu einem Anspruch auf Vertragsänderung verhelfen könnte.

b)

87

Der Arbeitsvertrag ist nicht wegen Verstoßes gegen § 308 Nr. 4 BGB unwirksam.

88

aa) Eine Regelung in einem Arbeitsvertrag, wonach die jeweilige Fassung eines einseitig vom Arbeitgeber vorgegebenen Regelungswerks gilt, ohne dass ein nennenswerter Einfluss der Arbeitnehmerseite bei der Umformulierung erkennbar ist oder der Arbeitgeber bei der Umformulierung an bestimmte Maßstäbe gebunden ist, ist wegen Verstoß gegen § 308 Nr. 4 BGB unwirksam (BAG vom 11.02.2009 – 10 AZR 222/08 -, Juris Rz. 24 – 31). Demgegenüber hält die Rechtsprechung eine arbeitsvertragliche Inbezugnahme auf Arbeitsvertragsrichtlinien bei kirchlich geprägten Arbeitgebern, die im Rahmen des dritten Weges auch die Arbeitnehmerseite beteiligten, für wirksam (BAG vom 22.02.2012 – 4 AZR 24/10 -; BAG vom 28.06.2012 – 6 AZR 217/11 -, beide in Juris veröffentlicht). Das Bundesarbeitsgericht hat keine Bedenken gegen eine Verweisung auf die DRK-Arbeitsbedingungen geäußert in einem Fall, bei dem die §§ 305 ff BGB anwendbar waren. Dabei wurde der Wortlaut von § 19 der DRK-Satzung und der Gleichlaut von DRK-Arbeitsbedingungen und DRK-Tarifvertrag dargestellt (BAG vom 18.04.2007 – 4 AZR 253/06 -, Juris Rz. 35). Dieser Rechtsprechung ist zu folgen, weil auf Grund einer Auslegung von § 19 der DRK-Satzung bzw. jetzt § 16 der DRK-Satzung die DRK-Arbeitsbedingungen nur auf (unter Beteiligung der Arbeitnehmerseite) vereinbarte Tarifverträge verweisen dürften und keine vom Arbeitnehmer eigenständig entworfenen Regelungen zum Nachteil der Arbeitnehmer enthalten dürfen [näher B V. 3. a)]. Es liegt damit nicht die (kritisch zu beurteilende) Situation vor, dass das Präsidium des DRK einseitig, ohne Beteiligung der Arbeitnehmerseite, die DRK-Arbeitsbedingungen zum Nachteil der Arbeitnehmer abweichend von einem Tarifvertrag verändern kann.

89

bb) Die Klage wäre auch unbegründet, wenn die Verweisung auf die DRK-Arbeitsbedingungen wegen Verstoß gegen § 308 Nr. 4 BGB unwirksam wäre. Denn dann wäre nach § 612 Abs. 2 BGB das übliche Arbeitsentgelt maßgeblich. Darauf ist die Klägerin am 25.03.2013 hingewiesen worden. Die Klägerin hat zum üblichen Entgelt nicht vorgetragen Die Entscheidungsreife insoweit wäre am 16.04.2013 wohl nicht gegeben gewesen, weil das Gericht wegen der Kurzfristigkeit des Hinweises für den Fall der Entscheidungserheblichkeit des üblichen Entgeltes die Möglichkeit eines weiteren Termines in Aussicht gestellt hatte.

c)

90

Weitere Bedenken gegen die Wirksamkeit der vertraglichen Regelungen sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist auch nicht ersichtlich, dass durch die Nichtfortführung der Entgelterhöhungen das Entgeltniveau zwischenzeitlich so sank, dass es sittenwidrig ist (vgl. B IV. 2.) oder dass das Austauschverhältnis erheblich gestört ist, mit der Folge, dass damit ein Anspruch auf Vertragsanpassung nach § 313 BGB entstand.

9.

91

Bei Zugrundelegung der oben dargestellten Auslegung des Arbeitsvertrages ergibt sich der von der Klägerin begehrte Zahlungsanspruch nicht. Es wird von den Parteien nicht vorgetragen, dass die Klägerin auf Basis der DRK-Arbeitsbedingungen Ost zu niedrig bezahlt wurde. Damit entfällt zugleich der Zinsanspruch.

C.

92

Auf Grund des nunmehrigen vollständigen Unterliegens der Klägerin richtet sich die Kostenfolge nach § 91 ZPO.

D.

93

Die Revision wird nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, und zwar wegen der entscheidungserheblichen und klärungsbedürftigen Frage, ob die DRK-Gremien durch die Satzung gehindert sind, bei den DRK-Arbeitsbedingungen von den jeweils aktuellen Tarifverträgen zum Nachteil der Arbeitnehmer abzuweichen. Die Frage ist entscheidungserheblich, obwohl die Klage unabhängig von der Beantwortung der Frage unbegründet wäre, weil die Klage je nach Ergebnis (jedenfalls am 16.04.2013) nicht entscheidungsreif gewesen wäre [ B V. 8. b) bb)]. Die Frage ist klärungsbedürftig, weil in der BAG-Entscheidung vom 18.04.2007 – 4 AZR 253/06 – der Gleichklang von Arbeitsbedingungen und Tarifvertrag als Tatsachenfrage und nicht als rechtlich zwingend dargestellt wird.

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(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmung

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(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kan

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War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wieder

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 310 Anwendungsbereich


(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermöge

Zivilprozessordnung - ZPO | § 533 Klageänderung; Aufrechnungserklärung; Widerklage


Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn1.der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und2.diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidu

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 612 Vergütung


(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. (2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 308 Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit


In Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist insbesondere unwirksam1.(Annahme- und Leistungsfrist)eine Bestimmung, durch die sich der Verwender unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Fristen für die Annahme oder Ablehnung eines Angebots oder

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Nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet.

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(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszug zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen. (2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszug entgegen einer hierfür nach § 56 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 o

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Tenor 1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 9. November 2009 - 16 Sa 582/09 - wird zurückgewiesen.

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War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.

(2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.

(3) (weggefallen)

Nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit ist eine Änderung der Klage zulässig, wenn der Beklagte einwilligt oder das Gericht sie für sachdienlich erachtet.

Klageänderung, Aufrechnungserklärung und Widerklage sind nur zulässig, wenn

1.
der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält und
2.
diese auf Tatsachen gestützt werden können, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 zugrunde zu legen hat.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszug zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszug entgegen einer hierfür nach § 56 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 oder § 61a Abs. 3 oder 4 gesetzten Frist nicht vorgebracht worden sind, sind nur zuzulassen, wenn nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei die Verspätung genügend entschuldigt. Der Entschuldigungsgrund ist auf Verlangen des Landesarbeitsgerichts glaubhaft zu machen.

(3) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszug entgegen § 282 Abs. 1 der Zivilprozessordnung nicht rechtzeitig vorgebracht oder entgegen § 282 Abs. 2 der Zivilprozessordnung nicht rechtzeitig mitgeteilt worden sind, sind nur zuzulassen, wenn ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder wenn die Partei das Vorbringen im ersten Rechtszug nicht aus grober Nachlässigkeit unterlassen hatte.

(4) Soweit das Vorbringen neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel nach den Absätzen 2 und 3 zulässig ist, sind diese vom Berufungskläger in der Berufungsbegründung, vom Berufungsbeklagten in der Berufungsbeantwortung vorzubringen. Werden sie später vorgebracht, sind sie nur zuzulassen, wenn sie nach der Berufungsbegründung oder der Berufungsbeantwortung entstanden sind oder das verspätete Vorbringen nach der freien Überzeugung des Landesarbeitsgerichts die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder nicht auf Verschulden der Partei beruht.

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.

(2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.

(3) (weggefallen)

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss

1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und
2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.

(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.

(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen. In den Fällen des Satzes 1 finden § 307 Absatz 1 und 2 sowie § 308 Nummer 1a und 1b auf Verträge, in die die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in der jeweils zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen ist, in Bezug auf eine Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen keine Anwendung.

(2) Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser.

(3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung:

1.
Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden;
2.
§ 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 46b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte;
3.
bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

(4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.

(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss

1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und
2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.

(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - vom 1. Dezember 2011 - 9 Sa 146/11 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Weihnachtsgeldansprüche für die Jahre 2009 und 2010.

2

Der Kläger ist bei der Beklagten seit 1. August 2004 beschäftigt, zuletzt zu einem monatlichen Bruttogehalt von 2.450,00 Euro.

3

Der von der Beklagten für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Arbeitsvertrag vom 29./31. Juli 2004 lautet auszugsweise:

        

§ 5   

        

Urlaub/Freiwillige Sozialleistungen

        

... [Abs. 1 bis Abs. 4 befassen sich mit dem Urlaubsanspruch]

        

Freiwillige Soziale Leistungen richten sich nach dem betriebsüblichen Rahmen. Zur Zeit werden gewährt:

        

-       

Urlaubsgeld in Höhe von 18,40 € pro Urlaubstag.

        

-       

Weihnachtsgeld in Höhe von (zeitanteilig) 40 % eines Monatsgehaltes im ersten Kalenderjahr der Beschäftigung. Es erhöht sich pro weiterem Kalenderjahr um jeweils 10 % bis zu 100 % eines Monatsgehaltes.

        

-       

Vermögenswirksame Leistungen in Höhe von 39,88 € pro Monat nach Vorlage eines entsprechenden Vertrages.

                          
        

Die Zahlung der betrieblichen Sondervergütungen (Weihnachtsgratifikation, Urlaubsgeld, Vermögenswirksame Leistungen) erfolgt in jedem Einzelfall freiwillig und ohne Begründung eines Rechtsanspruchs für die Zukunft.“

4

In den Jahren 2004 bis 2008 zahlte die Beklagte an den Kläger mit der Novembervergütung Weihnachtsgeld in der im Arbeitsvertrag angegebenen gestaffelten Höhe. Anlässlich der Zahlung erhielt der Kläger jeweils ein Schreiben, in dem es heißt:

        

„…    

        

Bei dieser Gratifikation handelt es sich um eine freiwillige Leistung, auf die kein Rechtsanspruch besteht und kein Anspruch in den folgenden Jahren hergeleitet werden kann.

        

Wird das Arbeitsverhältnis durch Sie gekündigt oder erfolgt die Kündigung durch uns aus Gründen, die zu einer fristlosen Kündigung berechtigen, oder aber endet das Arbeitsverhältnis durch Arbeitsvertragsbruch, so ist die Zuwendung zurückzuzahlen, wenn sie mehr als EURO 100,00 beträgt und das Arbeitsverhältnis vor dem 31.03. des Folgejahres beendet wird. Die Zahlung gilt insoweit als Vorschuss und kann bei der Endabrechnung verrechnet werden.

        

Durch die Entgegennahme der Zuwendung wird das Einverständnis mit den vorstehenden Bedingungen bekundet.

        

…“    

5

Im Jahr 2009 wurde den Mitarbeitern mitgeteilt, dass das Weihnachtsgeld aus wirtschaftlichen Gründen nicht gezahlt werden könne. Im Dezember 2010 erhielt der Kläger eine Sonderzahlung in Höhe von 880,00 Euro brutto, mit der die Beklagte „die Betriebstreue der Mitarbeiter belohnen“ wollte; ein Weihnachtsgeld nach § 5 des Arbeitsvertrags wurde nicht gezahlt.

6

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe für das Jahr 2009 ein Weihnachtsgeld in Höhe von 90 % eines Monatsgehalts (2.205,00 Euro) und für das Jahr 2010 in Höhe eines vollen Monatsgehalts (2.450,00 Euro) zu. Der Anspruch ergebe sich aus § 5 des Arbeitsvertrags. Weil die Sonderzahlungen im Arbeitsvertrag nach Voraussetzung und Höhe präzise formuliert würden, sei es widersprüchlich, sie zugleich an einen Freiwilligkeitsvorbehalt zu binden. Die Klausel sei unklar und deshalb gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam.

7

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.655,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 2.205,00 Euro seit 1. Dezember 2009 und aus weiteren 2.450,00 Euro seit 1. Dezember 2010 zu zahlen.

8

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, sie habe sich nicht verpflichtet, Weihnachtsgeld ohne gesetzliche oder kollektivrechtliche Grundlage dauerhaft zu zahlen. Dies ergebe sich eindeutig aus der arbeitsvertraglichen Regelung; der entsprechende Freiwilligkeitsvorbehalt sei wirksam. In § 5 Abs. 5 des Arbeitsvertrags sei ausdrücklich von „freiwilligen sozialen Leistungen“ die Rede. Damit sei keineswegs ein vorbehaltloser Anspruch vertraglich zugesichert und nachträglich unter einen Freiwilligkeitsvorbehalt gestellt worden. Vielmehr sei von Anfang an geregelt, dass für diese freiwillige Leistung kein Rechtsanspruch für die Zukunft bestehe. Für die Arbeitnehmer habe keine Unklarheit bestanden.

9

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte weiterhin Klageabweisung.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision ist unbegründet. Der Kläger hat aus § 5 Abs. 5 des Arbeitsvertrags einen Anspruch auf Weihnachtsgeld für das Jahr 2009 in Höhe von 90 % eines Monatsgehalts und für das Jahr 2010 in Höhe eines Monatsgehalts. Der vertragliche Freiwilligkeitsvorbehalt steht dem nicht entgegen.

11

I. Die Revision der Beklagten ist zulässig.

12

Die Beklagte setzt sich in ihrer Revisionsbegründung vom 10. April 2012 ausreichend mit der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts auseinander. Sie greift dabei insbesondere mit Bezug auf die verschiedenen Argumente des Landesarbeitsgerichts dessen Annahme an, § 5 Abs. 5 Satz 2 des Arbeitsvertrags gewähre einen Rechtsanspruch auf ein Weihnachtsgeld. Sollte die Revision mit dieser Ansicht durchdringen, könnte der Klage jedenfalls mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts nicht stattgegeben werden. Damit genügt die Revisionsbegründung den Anforderungen des § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO (vgl. dazu zB BAG 18. Mai 2011 - 10 AZR 346/10 - Rn. 10, NZA 2011, 878).

13

II. Die Revision der Beklagten ist unbegründet.

14

1. Die Vorinstanzen sind zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger einen vertraglichen Anspruch auf Weihnachtsgeld für die Jahre 2009 und 2010 hat. Dem steht der Vorbehalt in § 5 Abs. 5 Satz 3 des Arbeitsvertrags nicht entgegen. Vielmehr ist dieser unwirksam.

15

a) Bei der von der Beklagten in § 5 Abs. 5 des Arbeitsvertrags vorformulierten Vertragsbedingung handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 BGB. Die Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt einer vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (BAG 8. Dezember 2010 - 10 AZR 671/09 - Rn. 15, BAGE 136, 294).

16

Allgemeine Vertragsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (st. Rspr., zB BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 19, AP BGB § 307 Nr. 56 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 54). Bleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies gemäß § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders. Die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB setzt allerdings voraus, dass die Auslegung einer einzelnen AGB-Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und von diesen keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht (st. Rspr., zB BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 20, BAGE 135, 239).

17

b) Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Kläger aus § 5 Abs. 5 Satz 2 des Arbeitsvertrags einen Anspruch auf Weihnachtsgeld. Nach dieser Regelung wird ihm ein Weihnachtsgeld „gewährt“. Eine Formulierung, nach der vom Arbeitgeber ein Bonus oder eine Gratifikation gezahlt wird oder der Arbeitnehmer einen Bonus oder eine Gratifikation erhält, ist typisch für die Begründung eines Entgeltanspruchs (BAG 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - Rn. 45 mwN, BAGE 127, 185). Für den Begriff „gewährt“ gilt nichts anderes. Darüber hinaus ist die Höhe der Leistung präzise festgelegt, und zwar nicht nur für das Eintrittsjahr, sondern auch für die Folgejahre mit einem Erhöhungsfaktor um jeweils zehn Prozentpunkte pro Beschäftigungsjahr bis zum Erreichen eines vollen Monatsgehalts (zur präzisen Höhenangabe: vgl. BAG 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - aaO). Dem steht nicht entgegen, dass das Weihnachtsgeld sowohl in der Überschrift des § 5 als auch in dessen Absatz 5 als „freiwillige soziale Leistung“ bezeichnet wird. Die Bezeichnung als freiwillig kann auch zum Ausdruck bringen, dass der Arbeitgeber nicht durch Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Gesetz zu dieser Leistung verpflichtet ist (BAG 23. Oktober 2002 - 10 AZR 48/02 - zu II 2 a der Gründe, BAGE 103, 151). Sie genügt für sich genommen nicht, um einen Rechtsanspruch auf die Leistung auszuschließen. Ebenso wenig ergibt sich ein Ausschluss eines Rechtsanspruchs aus der Formulierung „zur Zeit werden gewährt“. Dies bringt lediglich zum Ausdruck, mit welcher konkreten Höhe der Zahlung der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses rechnen darf, ohne dass dem entnommen werden könnte, dass sich der Arbeitgeber damit einen völligen Entzug der Leistung vorbehalten wollte. Dies gilt insbesondere im Kontext der konkreten Euro-Beträge des Urlaubsgeldes und der vermögenswirksamen Leistungen. Zwar erscheint auch die von der Beklagten vertretene Auslegung möglich, wonach sich aus § 5 Abs. 5 Satz 2 des Arbeitsvertrags nicht unmittelbar ein Rechtsanspruch ergibt. Der Allgemeine Geschäftsbedingungen verwendende Arbeitgeber muss aber bei Unklarheiten nach § 305c Abs. 2 BGB die ihm ungünstigste Auslegungsmöglichkeit gegen sich gelten lassen.

18

c) Etwas anderes ergibt sich nicht aus dem in § 5 Abs. 5 Satz 3 des Arbeitsvertrags enthaltenen Freiwilligkeitsvorbehalt, wonach die Zahlung der betrieblichen Sondervergütungen keinen Rechtsanspruch für die Zukunft begründen soll. Diese Regelung verstößt - wie das Landesarbeitsgericht zutreffend annimmt - gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und ist deshalb unwirksam.

19

aa) Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt deshalb nicht schon dann vor, wenn der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Erst in der Gefahr, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders wegen unklar abgefasster Allgemeiner Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 BGB(st. Rspr., zB BAG 14. September 2011 - 10 AZR 526/10 - Rn. 22, AP BGB § 307 Nr. 56 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 54). So liegt der Fall hier.

20

bb) Der Vorbehalt in § 5 Abs. 5 Satz 3 des Arbeitsvertrags bezeichnet die Zahlung der betrieblichen Sondervergütungen einschließlich der Weihnachtsgratifikation nicht nur als freiwillig, sondern will „in jedem Einzelfall“ ausschließen, dass deren Zahlung einen Rechtsanspruch für die Zukunft begründet. Der Wortlaut dieser Abrede ist zwar eindeutig, sie schließt einen Rechtsanspruch auf eine Weihnachtsgratifikation aus. Die Bestimmung steht aber im Widerspruch zu dem nach § 5 Abs. 5 Satz 2 gewährten Anspruch auf ein Weihnachtsgeld. Sie ist deshalb nicht klar und verständlich iSv. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und unwirksam(vgl. zu einer vergleichbaren Fallkonstellation: BAG 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - Rn. 45, BAGE 127, 185). Gemäß § 306 Abs. 1 BGB fällt die unwirksame Regelung ersatzlos weg, der Vertrag im Übrigen bleibt bestehen.

21

d) Es kann dahinstehen, ob die bei jeder Zahlung erklärten Vorbehalte für sich genommen wirksam wären (vgl. dazu BAG 18. März 2009 - 10 AZR 289/08 - EzA BGB 2002 § 307 Nr. 43) und einen Anspruch des Klägers aus betrieblicher Übung verhindern könnten. Einen solchen Anspruch macht der Kläger nicht geltend; seinen vertraglichen Anspruch aus § 5 Abs. 5 Satz 2 des Arbeitsvertrags können spätere einseitige Erklärungen der Arbeitgeberin nicht beseitigen. Von einem Einverständnis des Klägers wegen dessen widerspruchsloser Entgegennahme der Zuwendung in den Jahren 2004 bis 2008 durfte die Beklagte nicht ausgehen. Da der Kläger bereits einen vertraglichen Anspruch hatte, kam der Entgegennahme der Zuwendung nicht die von der Beklagten gewünschte Bedeutung zu.

22

2. Die Höhe der Forderung für die Jahre 2009 und 2010 ist zwischen den Parteien unstreitig. Die Beklagte hat auch nicht mehr geltend gemacht, die Sonderzahlung von 880,00 Euro sei auf die streitgegenständliche Forderung geleistet worden. Der Zinsanspruch folgt aus § 288 Abs. 1 und § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB.

23

III. Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Mikosch    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

    W. Reinfelder    

        

        

        

    Baschnagel    

        

    Großmann    

                 

Tenor

1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 31. März 2009 - 14 Sa 728/08 - wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Rückzahlung von Provisionsvorschüssen und - im Wege der Widerklage - die Zahlung einer üblichen Vergütung.

2

Der Kläger ist ein Versicherungsunternehmen. Der Beklagte war bei ihm vom 1. Februar 2005 bis zum 31. Mai 2006 als Versicherungsvertreter tätig. Grundlage der Zusammenarbeit war ein „Vertretervertrag für hauptberufliche Vertreter (§§ 84 ff. HGB)“ vom 10./16. Januar 2005 (im Folgenden: Vertretervertrag), in dem es auszugsweise heißt:


        

     

                 
Der Vertreter übernimmt im Hauptberuf eine Vertretung für die D. Die Übernahme der Vertretung geschieht unter den nachstehenden Bedingungen sowie gemäß den diesem Vertrag beigefügten und den noch zu erlassenden schriftlichen Geschäftsanweisungen, soweit sie diesem Vertrag nicht zuwiderlaufen.
                 
Die Vertragspartner sind sich einig, dass der Vertreter die Anforderungen des Ausbildungsprogramms zum/zur ‚Versicherungsfachmann/-fachfrau (BWV)’ zu erfüllen hat. Steht endgültig fest, dass er diesen Anforderungen nicht genügt, so wird der Vertretervertrag grundsätzlich ordentlich gekündigt.
        
       

                 
Der Vertreter ist als selbstständiger Gewerbetreibender im Hauptberuf (§§ 84 ff. HGB) ständig damit betraut, für die D Versicherungsverträge zu vermitteln. Über seine Zeit und die Art der Durchführung seiner Tätigkeit kann der Vertreter im Wesentlichen frei bestimmen.
                 
Für die Erfüllung seiner sonstigen Verpflichtungen (z. B. Anmeldung seines Gewerbes nach § 14 der Gewerbeordnung und Versteuerung seiner Einkünfte) ist der Vertreter selbst verantwortlich.
                 
Der Vertreter ist Vermittlungsagent im Sinne des § 43 Versicherungsvertragsgesetz (VVG). …
                 
…       
        
       

                 
Der Vertreter erhält nach Maßgabe der beigefügten Provisionsbestimmungen Provisionen, die das volle Entgelt für seine Vermittlungs- und Betreuungstätigkeit darstellen. Er ist nicht berechtigt, besondere Gebühren für die Aufnahme des Antrags oder aus anderen Gründen zu erheben.
        
…“   
        
3

Mit gleichem Datum schlossen die Parteien „Besondere Vereinbarungen zum Vertretervertrag vom 1. Februar 2005“ (im Folgenden: Besondere Vereinbarungen), in denen sie ua. regelten:


        

„1.

Zur Gründung und Konsolidierung seiner Existenz als selbständiger Gewerbetreibender nach Maßgabe des § 84 HGB kann der Vertreter für den Zeitraum vom 01.02.2005 bis zum 30.04.2005 eine Aufbauhilfe in Form eines gleichbleibenden Vorschusses in Höhe von € 1900,00 pro Monat, im Zeitraum vom 01.05.2005 bis zum 31.07.2005 einen gleichbleibenden Vorschuss in Höhe von € 1700,00 und im Zeitraum vom 01.08.2005 bis zum 31.01.2006 einen gleichbleibenden Vorschuss in Höhe von € 1500,00 von der D bekommen.
        
…       
        
        
3.   

Die Summe aller vorgetragenen und noch nicht verrechneten Vorschüsse (offene D-Forderungen) ist während des gesamten Aufbauhilfezeitraumes auf € 15.500,00 begrenzt. Erreicht das Vertreterkonto diesen Forderungsbetrag, endet die Zahlung der Aufbauhilfe ungeachtet des in Ziffer 1 vereinbarten Zeitraumes.
        
4.   

Die Aufbauhilfe wird jeweils monatlich mit den auf der Grundlage des Vertretervertrages erworbenen Ansprüchen auf Provision, der vereinbarten Bonifikation sowie sonstigen Vergütungen verrechnet.
                 
Ist eine vollständige Verrechnung in einem Monat nicht möglich, wird der sich ergebende Vorschußsaldo vorgetragen und ab dem 25. Tätigkeitsmonat mit evtl. bestehenden Überschüssen in den Folgemonaten verrechnet. Sofern das Vertreterkonto ausgeglichen ist, werden sich ergebende Überschüsse ausgezahlt.
                 
Der Unterschuß wird bis zur vollständigen Verrechnung bzw. Beendigung des Vertretervortrages vorgetragen.
        
5.   

Etwaige nach Auslaufen der Aufbauhilfe sich ergebende Unterschüsse werden ab dem 25. Tätigkeitsmonat mit noch anfallenden Provisionen und sonstigen Vergütungen einschließlich Bonifikation verrechnet.
        
6.   

Die Vorschußzahlungen enden sofort mit Ausspruch der Kündigung bzw. bei Abschluß einer Beendigungsvereinbarung. Alle danach noch anfallenden Vergütungen werden auf einen evtl. Unterschuß angerechnet.
        
7.   

Bei Ausspruch der Kündigung des Vertretervertrages bzw. Abschluß einer Beendigungsvereinbarung ist ein noch ausstehender Unterschuß vom Vertreter sofort auszugleichen.
                 
Kündigt der Vertreter, ist, um das Kündigungsrecht des Vertreters nicht zu erschweren, ein etwaiger sich nach Verrechnung mit verdienten Provisionen, Bonifikationen und sonstigen Vergütungen ergebender Unterschuß nach Vertragsbeendigung in 12 gleichen Monatsraten an die D zurückzuzahlen. Die erste Rate ist zum Schluss des auf das Vertragsende folgenden Monats zu zahlen. Die folgenden Raten werden zum Ende der jeweils folgenden Monate zur Zahlung fällig. Nach Vertragsbeendigung noch anfallende Vergütungen werden ebenfalls auf den Unterschuß angerechnet. Der Vertreter paßt die Ratenzahlung entsprechend an (d.h. Verkürzung des Ratenzahlungszeitraums und/oder Reduzierung der letzten Ratenzahlung).
        
…       
        
        
9.   

Der Schwerpunkt des Tätigkeitsgebietes liegt im Zuständigkeitsgebiet des Herrn L.“
4

Ebenfalls unter dem 10./16. Januar 2005 trafen die Parteien eine „Bonifikationsvereinbarung zum Vertretervertrag vom 01.02.2005“, nach der der Beklagte zusätzlich zu den Provisionen eine freiwillige Bonifikation iHv. 10.000,00 Euro bei Erreichen von Nettoabschlussprovisionen iHv. 35.266,67 Euro in den ersten 24 Tätigkeitsmonaten oder von 21.050,00 Euro vom 13. - 24. Tätigkeitsmonat erhalten sollte. Vorausgesetzt wurde ferner, dass der Vertretervertrag im 25. Tätigkeitsmonat auf unbestimmte Dauer fortbesteht. Mit dem Inhaber der Agentur L schloss der Kläger mit Datum 10./14. Januar 2005 eine Vereinbarung über die Zuordnung des Beklagten zu der Agentur L, in der es heißt:


        

„…   
        
1.   

Der Agenturvertreter (V) wird dem Vertreter zugeordnet.
                 
Damit soll eine optimale Kundenbetreuung und eine höhere Bestandsproduktivität erzielt werden.
                 
Der Vertreter stellt dem Agenturvertreter hierfür alle notwendigen Informationen und Hilfsmittel zur Verfügung.
        
2.   

Das Neukundengeschäft des Agenturvertreters fließt für die Dauer der Zusammenarbeit unter Berücksichtigung der Regelung in Ziffer 4 in den Bestand des Vertreters ein.
        
3.   

Die im Rahmen der Zusammenarbeit erzielte Jahresnetto-Abschlußprovisionen des v.g. Agenturvertreters wird auch bei Ermittlung des erhöhten Abschlußprovisionszuschusses für den Vertreter berücksichtigt.
        
4.   

Sollte die Zusammenarbeit zwischen Vertreter und Agenturvertreter entweder vom Vertreter, vom Agenturvertreter oder von der D nicht mehr gewünscht werden, wird die Vermittler-Zuordnung beendet. Das bis dahin dem Vertreter zugeflossene bestands- bzw. servicevergütungspflichtige Geschäft verbleibt im Bestand des Vertreters.
        
…“   
        
5

Mit einem Nachtrag vom 22./27. Dezember 2005 wurde die Zuordnung des Beklagten zur Agentur L zum 31. Dezember 2005 beendet. Auf seinen Wunsch wechselte er zur Agentur V.

6

Zur Erlangung der Qualifikation „Versicherungsfachmann/-fachfrau (BWV)“ veranstaltet der Kläger in seiner Zentrale in K eine Seminarreihe, bestehend aus sieben Grundseminaren und einem prüfungsvorbereitenden Seminar. Die Seminare dauern in der Regel fünf Arbeitstage und sollen innerhalb eines Zeitraums von 18 Monaten durchlaufen werden. Der Beklagte erhielt regelmäßig Einladungen zur Teilnahme an den Seminaren.

7

Im Rahmen seiner Tätigkeit übermittelte der Beklagte dem für ihn zuständigen Organisationsleiter des Klägers regelmäßig montags bis 12:00 Uhr einen Wochenbericht für die zurückliegende Woche und eine Planung für die folgende.

8

Im Zeitraum Februar 2005 bis Januar 2006 zahlte der Kläger an den Beklagten gem. Ziff. 1 Besondere Vereinbarungen unter Verrechnung verdienter Provisionen 10.344,73 Euro.

9

Mit Schreiben vom 30. März 2006 kündigte der Beklagte das Vertragsverhältnis zum 31. Mai 2006. Zu diesem Zeitpunkt ergab sich unter Verrechnung von Stornoreserveguthaben ein Saldo iHv. 9.698,24 Euro zu seinen Lasten.

10

Mit der zunächst zum Landgericht erhobenen und von diesem an das Arbeitsgericht verwiesenen Klage hat der Kläger unter Berufung auf Ziff. 7 Besondere Vereinbarungen den Ausgleich des Negativsaldos begehrt und geltend gemacht, bei der dem Beklagten gewährten Aufbauhilfe habe es sich um Vorschüsse auf(noch) nicht ins Verdienen gebrachte Provisionen gehandelt, zu deren Rückzahlung der Beklagte verpflichtet sei. Der Beklagte sei als selbständiger Versicherungsvertreter entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen bei ihm tätig gewesen.

11

Der Kläger hat, soweit für die Revision noch von Interesse, beantragt,


        

1.   

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 9.698,24 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 7.273,71 Euro seit dem 1. März 2007 sowie aus 2.424,53 Euro seit dem 9. August 2007 zu zahlen,
        
2.   

die Widerklage abzuweisen.
12

Der Beklagte hat beantragt,


        

1.   

die Klage abzuweisen,
        
2.   

den Kläger zu verurteilen, an ihn 6.565,78 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juni 2006 zu zahlen.
13

Der Beklagte hat geltend gemacht, keine Provisionsvorschüsse erhalten zu haben. Die Besonderen Vereinbarungen seien dahingehend auszulegen, dass die Aufbauhilfe als Vergütung während der Startphase garantiert sein solle. Das ergebe sich zumindest bei Anwendung der Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB. Darüber hinaus benachteilige ihn die Rückzahlungsklausel unangemessen iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.

14

In zweiter Linie hat der Beklagte geltend gemacht, sein Vertragsverhältnis zum Kläger sei als Arbeitsverhältnis einzuordnen, und vorgebracht, er habe seine Tätigkeit nicht frei gestalten und seine Arbeitszeit nicht frei bestimmen können. Die Zuordnung zu den Agenturen L und V hätte ihn örtlich eingeschränkt, zudem sei er an die Bürozeiten der jeweiligen Agentur gebunden gewesen. Auf Anweisung des Klägers habe er mindestens 15 bis 20 Termine pro Woche vereinbaren und wahrnehmen müssen, davon mindestens drei bis vier in den Abendstunden.

15

Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, eine Vergütung allein auf Provisionsbasis sei im Arbeitsverhältnis sittenwidrig. Deshalb könne er die übliche Vergütung beanspruchen, die sich aus den Tarifverträgen für das private Versicherungsgewerbe ergebe. Danach habe er für den Zeitraum seiner Tätigkeit beim Kläger insgesamt 28.624,13 Euro brutto zu beanspruchen. Abzüglich erhaltener Zahlungen iHv. 21.893,35 Euro verbleibe ein restlicher Vergütungsanspruch iHv. 6.730,78 Euro brutto.

16

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag und sein Widerklagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

17

Die Revision des Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten gegen das der Klage stattgebende und die Widerklage abweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen.

18

I. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht das Rechtsverhältnis der Parteien nicht als Arbeitsverhältnis eingeordnet. Der Beklagte war sowohl nach dem Vertretervertrag vom 10./16. Januar 2005 als auch dessen praktischer Durchführung selbständiger Versicherungsvertreter iSd. § 92 Abs. 1, § 84 Abs. 1 HGB.

19

1. Nach § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB ist selbständig, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Auch im Rahmen von § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB sind alle Umstände des Falls in Betracht zu ziehen und schließlich in ihrer Gesamtheit zu würdigen. Die heranzuziehenden Anknüpfungspunkte müssen sich den gesetzlichen Unterscheidungsmerkmalen zuordnen lassen(Senat 15. Dezember 1999 - 5 AZR 169/99 - zu B II 2 der Gründe, BAGE 93, 132; 15. Dezember 1999 - 5 AZR 3/99 - zu II 2 der Gründe, BAGE 93, 112; 20. September 2000 - 5 AZR 271/99 - zu II 1 der Gründe, BAGE 95, 324). Der objektive Geschäftsinhalt ist den ausdrücklich getroffenen Vereinbarungen und der praktischen Durchführung des Vertrags zu entnehmen. Widersprechen sich Vereinbarung und tatsächliche Durchführung, ist letztere maßgebend (Senat 25. Mai 2005 - 5 AZR 347/04 - zu I der Gründe, BAGE 115, 1; 30. September 1998 - 5 AZR 563/97 - BAGE 90, 36). Das bedeutet aber nicht, dass die Vertragstypenwahl der Parteien gänzlich bedeutungslos wäre. Kann die vertraglich vereinbarte Tätigkeit typologisch sowohl in einem Arbeitsverhältnis als auch selbständig erbracht werden, ist die Entscheidung der Vertragsparteien für einen bestimmten Vertragstypus im Rahmen der bei jeder Statusbeurteilung erforderlichen Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen.

20

2. Unter beiden Aspekten des § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB war der Beklagte in einem für den Selbständigenstatus erforderlichen Maße frei von Weisungen.

21

a) Das gilt zunächst für die Arbeitszeit.

22

aa) Der Vertretervertrag enthält zu Beginn und Ende einer täglichen Arbeitszeit keinerlei Vorgaben. Der Beklagte hatte keine festen Arbeitszeiten. Aus der Vereinbarung der Zuordnung des Beklagten zu der Agentur L vom 10./14. Januar 2005 ergibt sich keine verbindliche Festlegung seiner Arbeitszeiten in Anlehnung an die Öffnungszeiten des Agenturbüros. Diese Vereinbarung ist die rechtliche Grundlage für die in Ziff. 9 Besondere Vereinbarungen getroffene Regelung, der Schwerpunkt des Tätigkeitsgebiets des Beklagten solle im Zuständigkeitsgebiet des Herrn L liegen. Damit wurde ein Tätigkeitsbezirk festgelegt, jedoch keine zeitliche Weisungsgebundenheit begründet.

23

bb) Die tatsächliche Durchführung des Vertretervertrags lässt eine zeitliche Weisungsgebundenheit nicht erkennen.

24

Der Beklagte macht zwar geltend, in den Agenturen L und V festen Arbeitszeiten unterworfen gewesen zu sein. Es fehlt aber an hinreichend substantiiertem Tatsachenvortrag dazu, wann der Beklagte von welchem Vertreter des Klägers eine Weisung welchen Inhalts erhalten hätte.

25

Der Arbeitszeitsouveränität des Beklagten steht die von ihm behauptete Verpflichtung zur Teilnahme an Besprechungsterminen mit einem Organisationsleiter des Klägers nicht entgegen. In einer verbindlichen Teilnahme an Besprechungsterminen liegt zwar eine Beeinträchtigung der Freiheit zur Bestimmung der Lage der Arbeitszeit. Eine Anordnung, an einem bestimmten Wochentag an einer Besprechung teilzunehmen, stellt jedoch keinen so gravierenden Eingriff dar, dass er mit dem Status eines Selbständigen unvereinbar wäre(Senat 15. Dezember 1999 - 5 AZR 169/99 - zu B II 2 a aa der Gründe, BAGE 93, 132).

26

Ebenso wenig führen die vom Beklagten behaupteten Vorgaben des Klägers, pro Woche 15 bis 20 Kunden besuchen zu müssen, davon mindestens drei bis vier in den Abendstunden, zu einer zeitlichen Weisungsgebundenheit. Zwar kann sich eine solche aus der Festlegung eines in einer bestimmten Zeitspanne zu erledigenden Mindestsolls ergeben. Das ist aber nicht anzunehmen, wenn die Grenzen so gesetzt sind, dass dem Mitarbeiter ein erheblicher Spielraum verbleibt(Senat 15. Dezember 1999 - 5 AZR 770/98 - zu II 1 b der Gründe, AP HGB § 92 Nr. 6 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 79; 26. Mai 1999 - 5 AZR 469/98 - AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 104 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 75). Insoweit fehlt es an Sachvortrag des Beklagten zur zeitlichen Inanspruchnahme der von ihm behaupteten Zahl von Kundenbesuchen und einer damit verbundenen Einengung seines Spielraums zur Bestimmung von Dauer und Lage seiner Arbeitszeit. Im Übrigen liegt es für einen Versicherungsvertreter im Hauptberuf nahe, dass er möglichst viele Kunden besucht.

27

b) Der Beklagte war auch bei der Gestaltung seiner Tätigkeit im Wesentlichen frei.

28

aa) Dem Beklagten war vertraglich kein bestimmter Arbeitsort vorgegeben. Er musste weder die Räumlichkeiten des Klägers noch die der Agenturen L bzw. V aufsuchen, um von dort aus tätig zu werden. Sollte er das gleichwohl getan haben, so lag dem keine entsprechende Verpflichtung durch den Kläger zugrunde. Die bloße „Zuordnung“ zu einer bestimmten Agentur - Ziff. 9 Besondere Vereinbarungen - begründete keinen Zwang, von dort aus der Vertretertätigkeit nachzugehen. Der Beklagte durfte, musste jedoch nicht auf die Ressourcen der Agenturen zurückgreifen.

29

Durch die Zuordnung zu einer Agentur gem. Ziff. 9 Besondere Vereinbarungen war dem Beklagten allerdings ein bestimmter Arbeitsbezirk vorgegeben. Die Zuweisung eines bestimmten Bezirks oder eines bestimmten Kundenkreises ist jedoch mit dem Status eines selbständigen Handelsvertreters vereinbar. Dies ergibt sich bereits aus § 87 Abs. 2 HGB, in dem eine solche Abrede vorausgesetzt wird. Für den Beklagten als Versicherungsvertreter gilt nichts anderes(vgl. ausf. Senat 15. Dezember 1999 - 5 AZR 3/99 - zu II 2 b aa der Gründe, BAGE 93, 112). Im Übrigen wird die Freiheit zur Gestaltung der Tätigkeit iSv. § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB durch die Festlegung eines geografischen Bereichs, innerhalb dessen die betreffende Tätigkeit entfaltet werden soll, nicht berührt.

30

bb) Ebenso wenig beeinträchtigen die vom Beklagten vorgetragenen Berichtspflichten seine Freiheit bei der Gestaltung seiner Tätigkeit in einem mit dem Selbständigenstatus nicht mehr zu vereinbarenden Maße. Nach § 86 Abs. 2 HGB hat der Handelsvertreter dem Unternehmer die erforderlichen Nachrichten zu geben, namentlich ihm von jeder Geschäftsvermittlung und von jedem Geschäftsabschluss unverzüglich Mitteilung zu machen. Über diese Berichtspflicht eines selbständigen Handelsvertreters ginge eine dem Beklagten abverlangte Vorlage von Wochenberichten nicht hinaus. Die vorgetragene Weisung, einem Organisationsleiter des Klägers jeweils montags bis 12:00 Uhr eine Planung für die folgende Woche zu übermitteln, vermag die selbstbestimmte Gestaltung der Tätigkeit solange nicht zu beeinträchtigen, wie der Handelsvertreter seine Planung ohne verbindliche Vorgaben des Unternehmers eigenständig vornehmen kann.

31

Entsprechendes gilt für die von dem Beklagten behaupteten Kontrollanrufe bei zwei von ihm besuchten Kunden. Diese sind von der Interessenwahrnehmungspflicht des § 86 Abs. 1 HGB abgedeckt(vgl. Senat 20. September 2000 - 5 AZR 271/99 - zu II 2 b ee der Gründe, BAGE 95, 324).

32

c) Die Teilnahme des Beklagten an dem tätigkeitsbegleitenden Ausbildungsprogramm „zum/zur Versicherungsfachmann/-fachfrau (BWV)“ steht der Annahme eines selbständigen Versicherungsvertreterverhältnisses nicht entgegen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob und unter welchen Voraussetzungen eine verpflichtende tätigkeitsbegleitende Ausbildung zur Einordnung eines Vertragsverhältnisses als Arbeitsverhältnis führen kann. Denn zum einen entspringt die Ausbildung des Beklagten zum Versicherungsfachmann dem berechtigten Interesse des Klägers an einer möglichst effizienten Tätigkeit des Beklagten, der wiederum seinerseits von einer solchen Ausbildung profitieren konnte(vgl. Senat 20. September 2000 - 5 AZR 271/99 - zu II 2 b ff der Gründe, BAGE 95, 324). Zum anderen führt der vom Landesarbeitsgericht festgestellte Umfang der Ausbildung - insgesamt 35 Arbeitstage im Jahr - angesichts des Nutzens für den Beklagten zu keiner übermäßigen Beschränkung der freien Gestaltung von Arbeitszeit und Tätigkeit.

33

d) Die von der Revision zu Recht als fehlend gerügte Gesamtwürdigung kann der Senat aufgrund der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts selbst vornehmen. Sie kann nur zu dem Ergebnis führen, dass das Rechtsverhältnis der Parteien nicht als Arbeitsverhältnis einzuordnen ist. Die Freiheit des Beklagten bei der Gestaltung von Arbeitszeit und Tätigkeit wurde von dem Kläger nicht in einem mit dem Selbständigenstatus nicht mehr zu vereinbarenden Umfang eingeschränkt. Da die Tätigkeit eines Versicherungsvertreters sowohl selbständig - § 92 Abs. 1 HGB in Verb. mit § 84 Abs. 1 HGB - als auch im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses - § 92 Abs. 1 in Verb. mit § 84 Abs. 2 HGB - erbracht werden kann, ist bei der Gesamtwürdigung zudem die Vertragstypenwahl der Parteien zu berücksichtigen. Wenn die tatsächliche Handhabung nicht zwingend für ein Arbeitsverhältnis spricht, müssen sich die Parteien an dem von ihnen gewählten Vertragstypus festhalten lassen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Parteien oder eine von ihnen im Geschäftsverkehr gänzlich unerfahren sind. Das ist aber weder bei dem Kläger als Versicherungsunternehmen, noch beim Beklagten der Fall. Nach dem vom Landesarbeitsgericht in Bezug genommenen Akteninhalt war der Beklagte nach eigenem Vorbringen bereits zuvor als freier Handelsvertreter für verschiedene Unternehmen tätig. Nach dem Vertretervertrag vom 10./16. Januar 2005 war der Beklagte „ständig damit betraut, für die D Versicherungsverträge zu vermitteln“. Dabei wurde er als selbständiger Versicherungsvertreter iSd. § 92 Abs. 1, § 84 Abs. 1 Satz 1 HGB tätig.

34

II. Die Klage ist begründet. Der Kläger kann vom Beklagten die Rückzahlung nicht ins Verdienen gebrachter Provisionsvorschüsse verlangen. Der Anspruch ergibt sich aus Ziff. 7 Besondere Vereinbarungen.

35

1. Nach Ziff. 7 Abs. 1 Besondere Vereinbarungen ist der Beklagte verpflichtet, bei Beendigung des Vertretervertrags nach Maßgabe der Ratenregelung in Abs. 2 einen noch ausstehenden Unterschuss auszugleichen.

36

a) Bei den Regelungen zur Aufbauhilfe in den Besonderen Vereinbarungen handelt es sich nach der vom Landesarbeitsgericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats(1. März 2006 - 5 AZR 363/05 - Rn. 20 ff., BAGE 117, 155) vorgenommenen rechtlichen Wertung, die von den Parteien nicht angegriffen wird, um Allgemeine Geschäftsbedingungen (§ 305 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB),die vom Kläger für eine Vielzahl von Verträgen gleichlautend verwendet und dem Beklagten bei Vertragsschluss gestellt wurden. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Anhaltspunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (Senat 19. März 2008 - 5 AZR 429/07 - Rn. 24, BAGE 126, 198). Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist durch das Revisionsgericht uneingeschränkt zu überprüfen (Senat 26. September 2007 - 5 AZR 808/06 - Rn. 13, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 58 = EzA BGB 2002 § 305c Nr. 13).

37

b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die vereinbarte Aufbauhilfe als Vorschuss auf Provisionen zu qualifizieren, der nach Ziff. 7 Besondere Vereinbarungen bei Vorliegen eines „Unterschusses“ zum Zeitpunkt der Vertragsbeendigung zurückzuzahlen ist.

38

aa) Schon der Wortlaut von Ziff. 1 Besondere Vereinbarungen ist eindeutig. Danach wird die Aufbauhilfe zur Gründung und Konsolidierung der Existenz des Beklagten als selbständiger Gewerbetreibender „in Form eines gleichbleibenden Vorschusses“ nach Maßgabe der dort aufgeführten zeitlichen Staffelung gezahlt. Durch die dreimalige Verwendung des Begriffs „gleichbleibender Vorschuss“ kann die Regelung von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise nur als bloße Vorschussregelung verstanden werden, zumal es in Ziff. 4 Vertretervertrag heißt, die Provisionen stellten „das volle Entgelt für seine Vermittlungs- und Betreuungstätigkeit“ dar. Die weiteren Regelungen in den Besonderen Vereinbarungen bestätigen, dass die Zahlung eines Vorschusses, nicht aber eines garantierten(Mindest-)Entgelts vereinbart war. So sieht Ziff. 4 vor, dass die Aufbauhilfe jeweils monatlich mit den auf der Grundlage des Vertretervertrags erworbenen Ansprüchen auf Provision, der vereinbarten Bonifikation sowie sonstigen Vergütungen verrechnet wird. Ziff. 3 begrenzt die Summe aller vorgetragenen und noch nicht verrechneten Vorschüsse auf eine bestimmte Summe. In Ziff. 6 heißt es, die Vorschusszahlungen endeten sofort mit Ausspruch einer Kündigung bzw. des Abschlusses einer Beendigungsvereinbarung. Auch der allgemeine Sprachgebrauch schließt ein Verständnis des Begriffs „Vorschuss“ als „Garantieeinkommen“, „Mindestentgelt“ oder „Fixum“ aus.

39

bb) Angesichts der Eindeutigkeit der Regelung ist für die Anwendung des § 305c Abs. 2 BGB kein Raum. Die Unklarheitenregelung setzt voraus, dass die Auslegung einer Allgemeinen Geschäftsbedingung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel“ an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht(BAG 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40).

40

cc) Die in Ziff. 7 Besondere Vereinbarungen vorgesehene Rückzahlungspflicht unterliegt nicht der uneingeschränkten Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB, weil sie keine von Rechtsvorschriften abweichende Regelung ist, § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB.

41

Rechtsvorschriften iSd. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB sind nicht nur die Gesetzesbestimmungen selbst, sondern die dem Gerechtigkeitsgebot entsprechenden allgemein anerkannten Rechtsgrundsätze, die Regeln des Richterrechts oder die aufgrund ergänzender Auslegung nach §§ 157, 242 BGB und aus der Natur des jeweiligen Schuldverhältnisses zu entnehmenden Rechte und Pflichten(Senat 11. Oktober 2006 - 5 AZR 721/05 - Rn. 18, AP BGB § 308 Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 308 Nr. 6). Der Beklagte wäre auch ohne Ziff. 7 Besondere Vereinbarungen verpflichtet, nicht ins Verdienen gebrachte Provisionsvorschüsse zurückzuzahlen. Ein Vorschuss ist eine vorweggenommene Vergütungstilgung. Entsteht die Forderung nicht oder nicht zeitgerecht, ist der Vorschussnehmer verpflichtet, den erhaltenen Vorschuss dem Vorschussgeber zurückzugewähren. Wird der Vertrag beendet, ist der Vorschuss auszugleichen (BAG 25. September 2002 - 10 AZR 7/02 - zu II 3 a der Gründe, BAGE 103, 1).

42

dd) Eine hiervon abweichende und damit die uneingeschränkte Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB eröffnende Wirkung erhält Ziff. 7 Besondere Vereinbarungen nicht dadurch, dass der Beklagte durch die Gewährung von Vorschüssen in einer seine Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG beeinträchtigenden Weise an den Kläger gebunden würde(vgl. zu einer Vereinbarung, nach der ein Handelsvertreter dem Unternehmer Schulungskosten anteilig zu erstatten hat BAG 24. Oktober 2002 - 6 AZR 632/00 - zu II 3 b der Gründe, BAGE 103, 180; zur Bindung eines Arbeitnehmers durch eine Sonderzahlung BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 24, BAGE 124, 259).

43

Mit seiner „Aufbauhilfe“ bindet der Kläger den Beklagten zwar insofern an sich, als bei Vertragsschluss damit zu rechnen war, der Beklagte werde als in der Versicherungsbranche Unerfahrener in der Anfangsphase seiner Tätigkeit die Vorschüsse nicht sogleich in voller Höhe ins Verdienen bringen können und sich zunächst bei dem Kläger „verschulden“. Die Vorschüsse lagen aber primär im Interesse des Beklagten, der sie nach Ziff. 1 Besondere Vereinbarungen beanspruchen konnte, aber nicht musste. Sie gewährleisteten ihm in der Anfangsphase des Vertragsverhältnisses kontinuierliche Einnahmen unabhängig vom Erfolg seiner Vermittlungstätigkeit. Außerdem waren sie zeitlich auf ein Jahr und in der Höhe auf max. 15.500,00 Euro begrenzt. Schließlich mussten die Vorschüsse, sofern sie nicht ins Verdienen gebracht wurden, bei einer Kündigung des Versicherungsvertreters nicht sofort in voller Höhe, sondern in zwölf gleichen Monatsraten zurückgezahlt werden.

44

2. Die Vergütung eines freien Versicherungsvertreters nur auf der von § 92 Abs. 3 HGB vorgesehenen Provisionsbasis ohne Gewährung eines - wie auch immer gearteten - Garantieeinkommens(Ziff. 4 Vertretervertrag) ist AGB-rechtlich nicht zu beanstanden. Klauseln, die den Umfang der von den Parteien geschuldeten Vertragsleistung festlegen, unterliegen nicht der uneingeschränkten Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB. Der eingeschränkten Kontrolle auf einen Verstoß gegen das Transparenzgebot gem. § 307 Abs. 3 Satz 2 in Verb. mit § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB hält die Vergütungsvereinbarung Stand. Ziff. 4 Vertretervertrag regelt klar und verständlich, dass die vereinbarte Provision das volle Entgelt für die Tätigkeit des Beklagten darstellt.

45

3. Die Höhe der nicht ins Verdienen gebrachten Provisionsvorschüsse ist zwischen den Parteien unstreitig. Der Zinsanspruch des Klägers ergibt sich aus § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2, § 291 BGB.

46

III. Die Widerklage ist unbegründet.

47

Der Beklagte kann eine übliche Vergütung nach § 612 Abs. 2 BGB nicht beanspruchen. Die Höhe der Vergütung ist bestimmt durch die Vergütungsvereinbarung in Ziff. 4 Vertretervertrag. Dass die dort in Bezug genommenen Provisionsbestimmungen unwirksam wären, hat der Beklagte nicht geltend gemacht.

48

IV. Der Beklagte hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der erfolglosen Revision zu tragen.


        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    R. Rehwald    

        

    Wolf    
                 

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 20. Juni 2008 - 3/15 Sa 1327/07 - aufgehoben, soweit es die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kassel vom 25. Juli 2007 - 1 Ca 91/07 - in Höhe von insgesamt 1.025,25 Euro zuzüglich darauf entfallender Zinsen zurückgewiesen hat. Das bezeichnete Urteil des Arbeitsgerichts Kassel wird insoweit abgeändert und in Ziff. 1 wie folgt neu gefasst:

Unter Aufrechterhaltung im Übrigen wird das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Kassel vom 25. Mai 2005 - 1 Ca 55/05 - insoweit aufgehoben, als die Klage in Höhe von 343,42 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2005 abgewiesen wurde. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.025,25 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 343,42 Euro seit dem 1. Januar 2005, 343,78 Euro seit dem 1. Januar 2006 und 338,05 Euro seit dem 1. Januar 2007 zu zahlen.

2. Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen. Die Kosten erster und zweiter Instanz haben die Klägerin zu 85 % und der Beklagte zu 15 % zu tragen, mit Ausnahme der Kosten, die durch das Versäumnisurteil vom 25. Mai 2005 entstanden sind. Diese Kosten hat die Klägerin allein zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe einer Sonderzuwendung. Der Beklagte ist ein gemeinnütziger Verein mit Sitz in Berlin, der Pflegeheime und Internate betreibt. Die Klägerin ist examinierte Altenpflegerin und seit dem 15. Oktober 1996 als Dauernachtwache bei dem Beklagten beschäftigt.

2

Die Klägerin bezieht nach § 5 Abs. 1 des Dienstvertrags vom 16. Oktober 1996 eine Vergütung nach „BAT Kr. IV“. § 5 Abs. 3 des Dienstvertrags verhält sich über Sonderzahlungen wie folgt:

        

„Sämtliche Sonderzahlungen sind freiwillige Zuwendungen, für die kein Rechtsanspruch besteht (z. B. Weihnachtsgratifikation und Urlaubsgeld richten sich nach den Bestimmungen des BAT).“

3

Der Beklagte zahlte bis zum Jahr 2003 als Weihnachtsgeld mit der Novembervergütung einen Betrag, der nach dem Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte vom 12. Oktober 1973 in seiner jeweiligen Fassung (nachfolgend: TV Zuwendung) berechnet wurde. Anlässlich der Zahlung erhielten die Mitarbeiter ein Schreiben, in dem wortgleich jeweils ua. ausgeführt war:

        

„Unter der Lohnart … können Sie das Ihnen zustehende Weihnachtsgeld in Höhe von

        

…       

        

entnehmen.

        

Wir möchten erneut betonen, dass es sich nach den vertraglichen Vereinbarungen um eine freiwillige Zahlung des Arbeitgebers handelt, für die kein Rechtsanspruch besteht.“

4

Entsprechend einer Ankündigung im Begleitschreiben für das Jahr 2003 erbrachte der Beklagte seit dem Jahr 2004 statt eines Weihnachtsgelds eine leistungsbezogene Sonderzahlung. Der Basiswert dieser Sonderzahlung wurde nach dem TV Zuwendung errechnet. Zur Auszahlung kam ein individuell für jeden Mitarbeiter anhand einer Leistungsbeurteilung ermittelter prozentualer Anteil.

5

Die Klägerin macht für die Jahre 2004 bis 2006 der Höhe nach zwischen den Parteien unstreitige Differenzen zwischen der geleisteten Sonderzahlung und der vollen Zuwendung nach dem TV Zuwendung geltend. Sie hat die Auffassung vertreten, nach § 5 Abs. 3 des Dienstvertrags bestehe ein vertraglicher Anspruch.

6

Die Klägerin hat beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an sie 1.025,25 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach bestimmter zeitlicher Staffelung zu zahlen.

7

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen und die Auffassung vertreten, nach § 5 Abs. 3 des Dienstvertrags seien sämtliche Sonderzahlungen freiwillige Leistungen, auf die kein Anspruch bestehe. Er sei deshalb nicht gehindert gewesen, ab dem Jahr 2004 statt eines Weihnachtsgelds eine leistungsbezogene Sonderzahlung zu erbringen.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist begründet. Die Vorinstanzen haben den Zahlungsantrag zu Unrecht abgewiesen.

10

I. Die Klägerin hat gegen den Beklagten aus § 5 Abs. 3 des Dienstvertrags, § 2 Abs. 1 TV Zuwendung iVm. der Protokollnotiz Nr. 1 zu § 2 TV Zuwendung einen Anspruch auf die geltend gemachten Zuwendungsdifferenzbeträge. Dies ergibt die Auslegung der vertraglichen Bestimmung nach Maßgabe des § 305c Abs. 2 BGB.

11

1. § 5 Abs. 3 des Dienstvertrags ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 BGB. Das Landesarbeitsgericht hat entsprechende Feststellungen getroffen. Darüber streiten die Parteien nicht.

12

2. Allgemeine Geschäftsbedingungen unterliegen der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - BAGE 124, 259). Sie sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (st. Rspr., BAG 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40; 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - mwN, aaO).

13

3. § 5 Abs. 3 des Dienstvertrags beinhaltet eine einheitliche, aus einem Freiwilligkeitsvorbehalt und einem Klammerzusatz bestehende Klausel.

14

a) Der Freiwilligkeitsvorbehalt ohne Klammerzusatz kann dem Wortlaut nach geeignet sein, einen vertraglichen Anspruch auf eine Sonderzahlung nicht entstehen zu lassen. Sämtliche Sonderzahlungen sollen danach freiwillige Zuwendungen sein, für die kein Rechtsanspruch besteht. Der Senat erkennt Freiwilligkeitsvorbehalte, die sich nicht in dem bloßen Hinweis erschöpfen, dass sich der Arbeitgeber „freiwillig“ zur Erbringung einer Sonderzahlung verpflichtet, sondern die einen Anspruch des Arbeitnehmers auf die Sonderzahlung bei wiederholter Zahlung nicht entstehen lassen, auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen grundsätzlich als zulässig an (BAG 18. März 2009 - 10 AZR 289/08 - EzA BGB 2002 § 307 Nr. 43; 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40; 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 274 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 38). Ein solcher Freiwilligkeitsvorbehalt weicht nicht von § 611 Abs. 1 BGB ab und verstößt, sofern es sich um einen klar und verständlich formulierten Vorbehalt handelt, nicht gegen § 308 Nr. 4 BGB, da es bereits an einer versprochenen Leistung fehlt(BAG 18. März 2009 - 10 AZR 289/08 - aaO; 30. Juli 2008 - 10 AZR 606/07 - aaO).

15

b)Der Klammerzusatz steht zu dem Freiwilligkeitsvorbehalt im Widerspruch. Nach der Verknüpfung „z. B.“ nimmt er zwar Bezug auf den Vorbehalt, soll ihn also anscheinend erläutern. Vor dem Hintergrund des nachfolgenden Klammertextes ist dies jedoch nicht eindeutig. Weihnachtsgratifikation und Urlaubsgeld sollen sich nach den Bestimmungen des BAT „richten“. Für sich genommen wird nach dem Wortlaut des Klammerzusatzes („richten sich“) ein vertraglicher, der Höhe nach in § 2 TV Zuwendung geregelter Anspruch auf eine Sonderzuwendung begründet, sofern der Arbeitnehmer die Anspruchsvoraussetzungen des § 1 TV Zuwendung erfüllt. Dass mit „den Bestimmungen des BAT“ bezogen auf die Weihnachtsgratifikation der TV Zuwendung gemeint ist, liegt im Hinblick darauf, dass der BAT keine eigene Regelung enthält, nahe und wird von den Parteien auch nicht anders verstanden.

16

c) Eine Verknüpfung von Vorbehalt und Klammerzusatz in dem Sinne, dass der Klammerzusatz lediglich die beispielhafte Aufzählung der Sonderzahlungen enthält, die unter den Freiwilligkeitsvorbehalt fallen, läge nahe, wenn dieser ohne die Worte „richten sich“ formuliert wäre. Da der Klammerzusatz einen Anspruch formuliert, ist aber auch eine einschränkende Auslegung im Sinne der Klägerin rechtlich vertretbar, dass zwar grundsätzlich Sonderzahlungen freiwillige Zuwendungen sind, aber Weihnachtsgratifikation und Urlaubsgeld nach den Bestimmungen des BAT gezahlt werden. Schließlich erscheint die vom Landesarbeitsgericht vertretene Auslegung möglich, der Verweis auf die Bestimmungen des BAT betreffe nicht das „Ob“, sondern nur das „Wie“ der Leistung; allerdings bestehen auch hierfür keine durchgreifenden Anhaltspunkte. § 5 Abs. 3 des Dienstvertrags erweist sich als mehrdeutig.

17

d) Bleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies nach § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Beklagten. Die Norm kommt dann zur Anwendung, wenn die Auslegung einer einzelnen Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und keines den klaren Vorzug verdient. Widersprechen sich hingegen mehrere Klauseln inhaltlich, ist § 305c Abs. 2 BGB unanwendbar und das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB greift(BAG 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 §   307 Nr. 40; 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - BAGE 124, 259).

18

Da nach der textlichen Gestaltung von Vorbehalt und Klammerzusatz und der Verknüpfung durch „z. B.“ eine einzelne Klausel über die Gewährung einer Weihnachtsgratifikation auszulegen ist, greift § 305c Abs. 2 BGB. Der Freiwilligkeitsvorbehalt erfasst nicht die im Klammerzusatz aufgeführte Weihnachtsgratifikation. Zugunsten der Klägerin ist § 5 Abs. 3 des Dienstvertrags dahin auszulegen, dass im Streitzeitraum ein vertraglicher Anspruch auf eine Sonderzuwendung nach Maßgabe des TV Zuwendung bestanden hat.

19

4. Unerheblich ist, dass der Dienstvertrag vor Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes im Vertrauen auf die damals geltende Rechtslage vereinbart wurde. Die jetzt in § 305c Abs. 2 BGB normierte Unklarheitenregel war schon vor Inkrafttreten des AGBG und während seiner Geltung allgemein anerkannt und galt auch für Formulararbeitsverträge(BAG 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40; 26. Januar 2005 - 10 AZR 331/04 - BAGE 113, 265).

20

5. Die Parteien haben den Anspruch der Klägerin auf eine Sonderzuwendung nach dem TV Zuwendung nicht vertraglich abgeändert. Die jährlichen Begleitschreiben des Beklagten im Zusammenhang mit der Zahlung enthalten kein Angebot an die Klägerin, das Arbeitsverhältnis zu geänderten Bedingungen fortzusetzen und einen vertraglichen Anspruch auf Zahlung der Weihnachtsgratifikation zukünftig auszuschließen. Sie sind wie § 5 Abs. 3 des Dienstvertrags in sich widersprüchlich, indem sie einerseits auf ein „zustehendes“ Weihnachtsgeld Bezug nehmen und andererseits einen Hinweis auf die Freiwilligkeit der Leistung enthalten. Selbst wenn sich die Begleitschreiben als Angebot auf Abänderung des Dienstvertrags auslegen ließen, hätte die Klägerin ein solches Angebot nicht angenommen. Das Schweigen gegenüber einem Angebot auf Verschlechterung eines Vertrags ist grundsätzlich keine Annahme eines solches Angebots (§ 151 BGB). Das gilt bei einer widerspruchslosen Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer zumindest dann, wenn sich die angetragene Veränderung nicht unmittelbar im Arbeitsverhältnis auswirkt (BAG 25. November 2009 - 10 AZR 779/08 -).

21

6. Der Anspruch besteht in der geltend gemachten Höhe. Im Streitzeitraum betrug die Sonderzuwendung entsprechend der Protokollnotiz Nr. 1 zu § 2 TV Zuwendung 82,14 % des Bemessungssatzes. Die Zuwendungsdifferenzen sind durch die Klägerin zutreffend für das Jahr 2004 mit 343,42 Euro, für das Jahr 2005 mit 343,78 Euro und für das Jahr 2006 mit 338,05 Euro berechnet worden. Der Zinsanspruch folgt aus § 286 Abs. 2, § 288 Abs. 1 BGB.

22

II. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 92, 344 ZPO.

        

    Mikosch    

        

    Marquardt    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Walter Huber    

        

    Kiel    

                 

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

In Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist insbesondere unwirksam

1.
(Annahme- und Leistungsfrist)eine Bestimmung, durch die sich der Verwender unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Fristen für die Annahme oder Ablehnung eines Angebots oder die Erbringung einer Leistung vorbehält; ausgenommen hiervon ist der Vorbehalt, erst nach Ablauf der Widerrufsfrist nach § 355 Absatz 1 und 2 zu leisten;
1a.
(Zahlungsfrist)eine Bestimmung, durch die sich der Verwender eine unangemessen lange Zeit für die Erfüllung einer Entgeltforderung des Vertragspartners vorbehält; ist der Verwender kein Verbraucher, ist im Zweifel anzunehmen, dass eine Zeit von mehr als 30 Tagen nach Empfang der Gegenleistung oder, wenn dem Schuldner nach Empfang der Gegenleistung eine Rechnung oder gleichwertige Zahlungsaufstellung zugeht, von mehr als 30 Tagen nach Zugang dieser Rechnung oder Zahlungsaufstellung unangemessen lang ist;
1b.
(Überprüfungs- und Abnahmefrist)eine Bestimmung, durch die sich der Verwender vorbehält, eine Entgeltforderung des Vertragspartners erst nach unangemessen langer Zeit für die Überprüfung oder Abnahme der Gegenleistung zu erfüllen; ist der Verwender kein Verbraucher, ist im Zweifel anzunehmen, dass eine Zeit von mehr als 15 Tagen nach Empfang der Gegenleistung unangemessen lang ist;
2.
(Nachfrist)eine Bestimmung, durch die sich der Verwender für die von ihm zu bewirkende Leistung abweichend von Rechtsvorschriften eine unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Nachfrist vorbehält;
3.
(Rücktrittsvorbehalt)die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, sich ohne sachlich gerechtfertigten und im Vertrag angegebenen Grund von seiner Leistungspflicht zu lösen; dies gilt nicht für Dauerschuldverhältnisse;
4.
(Änderungsvorbehalt)die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist;
5.
(Fingierte Erklärungen)eine Bestimmung, wonach eine Erklärung des Vertragspartners des Verwenders bei Vornahme oder Unterlassung einer bestimmten Handlung als von ihm abgegeben oder nicht abgegeben gilt, es sei denn, dass
a)
dem Vertragspartner eine angemessene Frist zur Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung eingeräumt ist und
b)
der Verwender sich verpflichtet, den Vertragspartner bei Beginn der Frist auf die vorgesehene Bedeutung seines Verhaltens besonders hinzuweisen;
6.
(Fiktion des Zugangs)eine Bestimmung, die vorsieht, dass eine Erklärung des Verwenders von besonderer Bedeutung dem anderen Vertragsteil als zugegangen gilt;
7.
(Abwicklung von Verträgen)eine Bestimmung, nach der der Verwender für den Fall, dass eine Vertragspartei vom Vertrag zurücktritt oder den Vertrag kündigt,
a)
eine unangemessen hohe Vergütung für die Nutzung oder den Gebrauch einer Sache oder eines Rechts oder für erbrachte Leistungen oder
b)
einen unangemessen hohen Ersatz von Aufwendungen verlangen kann;
8.
(Nichtverfügbarkeit der Leistung)die nach Nummer 3 zulässige Vereinbarung eines Vorbehalts des Verwenders, sich von der Verpflichtung zur Erfüllung des Vertrags bei Nichtverfügbarkeit der Leistung zu lösen, wenn sich der Verwender nicht verpflichtet,
a)
den Vertragspartner unverzüglich über die Nichtverfügbarkeit zu informieren und
b)
Gegenleistungen des Vertragspartners unverzüglich zu erstatten;
9.
(Abtretungsausschluss)eine Bestimmung, durch die die Abtretbarkeit ausgeschlossen wird
a)
für einen auf Geld gerichteten Anspruch des Vertragspartners gegen den Verwender oder
b)
für ein anderes Recht, das der Vertragspartner gegen den Verwender hat, wenn
aa)
beim Verwender ein schützenswertes Interesse an dem Abtretungsausschluss nicht besteht oder
bb)
berechtigte Belange des Vertragspartners an der Abtretbarkeit des Rechts das schützenswerte Interesse des Verwenders an dem Abtretungsausschluss überwiegen;
Buchstabe a gilt nicht für Ansprüche aus Zahlungsdiensterahmenverträgen und die Buchstaben a und b gelten nicht für Ansprüche auf Versorgungsleistungen im Sinne des Betriebsrentengesetzes.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 9. November 2009 - 16 Sa 582/09 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerinnen und der Kläger Ansprüche nach Maßgabe der Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR) in ihrer jeweiligen Fassung haben.

2

Die klagenden Parteien sind langjährig im S E Krankenhaus in O im nichtärztlichen Dienst beschäftigt und Mitglieder der Gewerkschaft ver.di. Der ursprüngliche Träger des Krankenhauses, die Krankenpflegeanstalt der „B“, vereinbarte mit allen klagenden Parteien arbeitsvertraglich die Anwendbarkeit der AVR in der jeweils gültigen Fassung. Diese sind auch nach Betriebsübergängen - zuletzt auf die S E-K O gGmbH (SEKO) - jahrelang weiterhin dynamisch auf die Arbeitsverhältnisse der klagenden Parteien angewendet worden.

3

Mit Wirkung zum 1. Mai 2007 hat die H Kliniken GmbH (H) die Gesellschaftsanteile an der SEKO übernommen und die Gesellschaft später in H S E K O GmbH (ebenfalls: SEKO) umbenannt. Diese betreibt die H S E K O (HSEKO). HELIOS als Konzernmutter hatte zuvor am 16. Januar 2007 mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft - Bundesvorstand - (ver.di) verschiedene Tarifverträge für die Unternehmen des Konzerns abgeschlossen. Außerdem schloss sie am 1. November 2007 mit der Gewerkschaft ver.di einen Nachtragstarifvertrag (TV Umsetzung HELIOS - Nachtrag 1/SEKO) ab, der für die Beklagte gelten und nach dessen Maßgabe sich der Geltungsbereich der Tarifverträge für die Unternehmen des Konzerns auf diese erstrecken sollte.

4

Für das Bistum Essen, zu dem auch O als Standort der HSEKO gehört, wurde mit Wirkung zum 1. Januar 2008 das auf Basis der AVR zu zahlende Arbeitsentgelt erhöht. Die Beklagte gab diese Erhöhung nicht an die klagenden Parteien weiter. Für das Jahr 2008 zahlte sie auch kein Urlaubsgeld und gewährte keinen „Arbeitszeitverkürzungstag“.

5

Dagegen richten sich die vorliegenden Klagen. Die klagenden Parteien sind der Auffassung, die AVR seien für ihre Arbeitsverhältnisse nicht durch die tarifvertraglichen Regelungen für Unternehmen des H-Konzerns abgelöst worden.

6

Auf das Wesentliche zusammengefasst haben die klagenden Parteien zuletzt jeweils beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der jeweiligen klagenden Partei ab dem 1. Januar 2008 eine monatliche Regelvergütung auf der Basis ihrer Vergütungsgruppe der AVR in der jeweils gültigen Fassung, teilweise zuzüglich einer Besitzstandszulage, zu zahlen, soweit diese günstiger ist als eine Vergütung auf der Grundlage des TV HELIOS in der jeweils gültigen Fassung;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, der jeweiligen klagenden Partei für den im Jahre 2008 nicht gewährten zusätzlichen freien Arbeitstag einen zusätzlichen freien Arbeitstag unter Fortzahlung der Bezüge unabhängig vom bestehenden Urlaubsanspruch zu gewähren;

        

3.    

die Beklagte zu verurteilen, der jeweiligen klagenden Partei einen Betrag in jeweils bestimmter Höhe als Urlaubsgeld für das Jahr 2008 zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 1. August 2008;

        

4.    

festzustellen, dass auf das Arbeitsverhältnis der jeweiligen klagenden Partei die AVR in der jeweiligen Fassung anzuwenden sind.

7

Die Beklagte beruft sich für ihren Klageabweisungsantrag darauf, dass der TV Umsetzung HELIOS - Nachtrag 1/SEKO und die weiteren Haustarifverträge wirksam seien und auf die Arbeitsverhältnisse der beidseitig tarifgebundenen Parteien Anwendung fänden. Dies habe zur Ablösung der vormals geltenden AVR geführt. Das Günstigkeitsprinzip nach § 4 Abs. 3 TVG sei hier nicht anwendbar, da die AVR nicht als individualrechtliche, sondern als kollektivrechtliche Regelungen zu verstehen seien.

8

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Anliegen der Klageabweisung weiter. Die klagenden Parteien beantragen, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben zu Recht erkannt, dass die einzelvertraglich begründete Anwendbarkeit der AVR nicht tarifvertraglich abgelöst werden kann.

10

I. Eine Zurückweisung der Revision ergibt sich nicht bereits daraus, dass die Berufung bereits unzulässig gewesen wäre, weil sich die Beklagte nicht ausreichend mit den tragenden Gründen des arbeitsgerichtlichen Urteils auseinandergesetzt hätte.

11

1. Die Zulässigkeit der Berufung ist Prozessfortsetzungsvoraussetzung für das gesamte weitere Verfahren nach Einlegung der Berufung (BAG 27. Juli 2010 - 1 AZR 186/09 - Rn. 17, NZA 2010, 1446). Deshalb ist vom Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen, ob eine ordnungsgemäße Begründung iSd. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO vorliegt (st. Rspr., vgl. zB BAG 27. Juli 2010 - 1 AZR 186/09 - aaO; 17. Januar 2007 - 7 AZR 20/06 - Rn. 10 mwN, BAGE 121, 18). Dass das Berufungsgericht das Rechtsmittel für zulässig gehalten hat, ist hierbei ohne Bedeutung (vgl. ua. BAG 15. März 2011 - 9 AZR 813/09 - Rn. 9, NZA 2011, 767).

12

2. Mit der Berufungsbegründungsschrift ist die erstinstanzliche Entscheidung noch ausreichend angegriffen worden. Darin setzt sich die Beklagte unter zulässiger Wiederholung von Sachvortrag mit der auch vom Arbeitsgericht vertretenen Auffassung der klagenden Parteien auseinander, nach der das Günstigkeitsprinzip eingreife und deshalb die Klageforderungen bestünden.

13

II. Zutreffend haben die Vorinstanzen erkannt, dass die klagenden Parteien weiterhin aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel die Anwendung der AVR auf ihr Arbeitsverhältnis verlangen können. Der Abschluss des TV Umsetzung HELIOS - Nachtrag 1/SEKO - über dessen Auswirkungen auf die bestehenden Arbeitsverhältnisse die Parteien allein streiten - hat nicht dazu geführt, dass die in der Bezugnahme genannten AVR nicht mehr dynamisch zur Anwendung kommen. Die geltend gemachten Ansprüche, die der Höhe und sonstigen Bestimmung nach vom Landesarbeitsgericht zutreffend beurteilt worden sind, stehen ihnen danach zu.

14

1. Die Anwendbarkeit der AVR in ihrer jeweiligen Fassung ergibt sich aus der in den Arbeitsverträgen der Parteien vereinbarten Inbezugnahme.

15

a) Bei den zwischen den Parteien vereinbarten Arbeitsverträgen handelt es sich um Formularverträge. Die Auslegung derartiger typischer Vertragsklauseln kann vom Revisionsgericht ohne Einschränkung überprüft werden (st. Rspr., etwa BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 15, BAGE 134, 283; 18. November 2009 - 4 AZR 514/08 - Rn. 15 mwN, BAGE 132, 261).

16

Nach §§ 133, 157 BGB sind Verträge so auszulegen, wie die Parteien sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mussten. Dabei ist vom Wortlaut auszugehen, wobei der allgemeine Sprachgebrauch und der vertragliche Regelungszusammenhang zu berücksichtigen sind. Vorformulierte Arbeitsvertragsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind (BAG 4. Juni 2008 - 4 AZR 308/07 - Rn. 30 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 64). Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind neben dem Vertragswortlaut der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 15, BAGE 134, 283; 16. Dezember 2009 - 5 AZR 888/08 - Rn. 12, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 73 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 44).

17

Dies gilt auch für Vertragsklauseln, die dynamische Verweisungen enthalten. Einzelvertraglich vereinbarte dynamische Bezugnahmen auf ein anderes Regelungswerk sind solange entsprechend ihres Wortlautes als konstitutive Verweisungsklausel zu verstehen, wie nichts anderes in hinreichend erkennbarer Form zum Ausdruck kommt (BAG 18. April 2007 - 4 AZR 652/05 - Rn. 26 ff., BAGE 122, 74).

18

Hiervon für die Auslegung einer Verweisung auf Arbeitsbedingungen in Richtlinien für Arbeitsverträge im kirchlich-diakonischen oder kirchlich-karitativen Bereich abzugehen, bei denen es sich ebenfalls um nicht zwischen den Parteien vereinbarte und als solche von ihnen auch nicht abzuändernde externe Regelwerke handelt, besteht kein Anlass (vgl. BAG 10. Dezember 2008 - 4 AZR 801/07 - Rn. 14, BAGE 129, 1). Diese Auslegungsgrundsätze standen für die AVR, bei denen es sich von vornherein nicht um normativ wirkende Tarifregelungen handelt, sondern um Kollektivvereinbarungen besonderer Art, auch nie in Frage. Die AVR können als vom jeweiligen Arbeitgeber gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen nur kraft einzelvertraglicher Bezugnahme auf ein Arbeitsverhältnis Anwendung finden (st. Rspr., vgl. nur BAG 29. Juni 2011 - 5 AZR 855/09 - Rn. 20 mwN, ZTR 2011, 694).

19

b) Mit der Bezugnahmeklausel in den Arbeitsverträgen der Parteien wurden die AVR wortwörtlich und ausdrücklich in Bezug genommen. Es gibt keinen Anhaltspunkt für einen davon abweichenden Regelungszweck oder eine abweichende und für die jeweils andere Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten. Mit dem Bezug auf „in der jeweils gültigen Fassung“ ist eindeutig nach dem Wortlaut eine zeitliche Dynamik konstitutiv vereinbart worden, ebenfalls ohne gegenteilige Anhaltspunkte.

20

2. Wie die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben, ist entgegen der Auffassung der Beklagten eine „Ablösung“ der AVR in den Arbeitsverhältnissen der Parteien nicht erfolgt.

21

a) Eine solche „Ablösung“ ist bereits deshalb nicht erfolgt, weil ein (Haus-)Tarifvertrag eine einzelvertragliche, konstitutive Inbezugnahme nicht ablösen kann.

22

aa) Den Arbeitsvertragsparteien steht es nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit grundsätzlich frei, eine Vereinbarung zur Inbezugnahme eines anderen Regelungswerks zu schließen. Die in Bezug genommenen Regelungen, seien sie tariflicher Art oder auch anderer Natur, gehören dann zum vertraglich vereinbarten Inhalt des Arbeitsvertrages und sind als solcher nur durch die Arbeitsvertragsparteien selbst abänderbar (vgl. im Ergebnis auch BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 20 mwN, BAGE 134, 283). Auch ein Tarifvertrag kann die Möglichkeit, günstigere Arbeitsbedingungen einzelvertraglich zu vereinbaren, nicht - auch nicht für tarifgebundene Arbeitsverhältnisse - einschränken (BAG 23. März 2011 - 4 AZR 366/09 - Rn. 41, EzA GG Art. 9 Nr. 104).

23

bb) Danach kann die arbeitsvertragliche Bezugnahme der AVR nur durch die Parteien des Arbeitsvertrages beendet werden, was hier nicht erfolgt ist. Weder der TV Umsetzung HELIOS - Nachtrag 1/SEKO noch ein anderer Tarifvertrag kann die zum Inhalt der Arbeitsverträge der Parteien gehörende Inbezugnahme abändern oder ablösen. Soweit die Beklagte demgegenüber vertritt, die AVR seien nicht als individualrechtliche Regelungen, sondern als kollektivrechtliche Regelungen ranggleich mit Tarifverträgen zu verstehen mit der Folge, dass die spätere Norm die bestehende ablöse, verkennt sie die einzelvertragliche Natur der Inbezugnahme.

24

cc) Aus dem von der Beklagten angeführten Urteil des Senats vom 10. Dezember 2008 (- 4 AZR 845/07 - Rn. 15; s. ua. auch - 4 AZR 801/07 - Rn. 14, BAGE 129, 1) ergibt sich nichts anderes. Es geht in diesem Urteil „lediglich“ um die Bestimmung der zutreffenden Auslegungsregeln bei Arbeitsverträgen, die die AVR dynamisch in Bezug nehmen. Daraus lässt sich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht „konsequent“ ableiten, in welchem „Rangverhältnis“ eine arbeitsvertragliche Bezugnahme auf die AVR zu einem Tarifvertrag steht.

25

b) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist auch nach dem Wortlaut der Bezugnahmeklausel oder nach anderweitigen Umständen kein übereinstimmender Regelungswille der Parteien bei Vertragsabschluss dahingehend erkennbar, dass die Haustarifverträge den AVR als „gleichzusetzende“ Rechtsnormen nachfolgen sollten und deshalb nunmehr von der Bezugnahmeklausel erfasst sind.

26

3. Darüber hinaus konnte der TV Umsetzung HELIOS - Nachtrag 1/SEKO bei der Beklagten schon deshalb nicht die AVR „ablösen“, weil sie nicht nach § 3 Abs. 1 TVG an ihn gebunden ist. Die Beklagte ist weder Partei dieses Tarifvertrages noch ist sie bei dessen Abschluss wirksam vertreten worden. Deshalb kommt es auf eine grundsätzlich anstehende Klärung der Ansprüche nach dem Günstigkeitsprinzip des § 4 Abs. 3 TVG vorliegend nicht an.

27

a) Auf das Zustandekommen eines Tarifvertrages finden die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über den Abschluss von Verträgen Anwendung. Eine wirksame Vertretung setzt nach § 164 Abs. 1 BGB voraus, dass der Vertreter - neben der Bevollmächtigung zur Abgabe der Willenserklärung - erkennbar im Namen des Vertretenen gehandelt hat(s. nur BAG 7. Juli 2010 - 4 AZR 120/09 - Rn. 20, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 77 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 49; 18. November 2009 - 4 AZR 491/08 - Rn. 15, BAGE 132, 268; 29. Juni 2004 - 1 AZR 143/03 - zu III 2 a der Gründe mwN, AP TVG § 1 Nr. 36 = EzA TVG § 1 Nr. 46).

28

Nach § 2 Abs. 1 TVG sind auf Arbeitgeberseite einzelne Arbeitgeber sowie Vereinigungen von Arbeitgebern Tarifvertragsparteien. Anhand der Vertragsurkunde muss hinreichend erkennbar sein, wer im Einzelnen den Tarifvertrag abgeschlossen hat. Im Falle einer rechtsgeschäftlichen Vertretung eines abhängigen Unternehmens durch das herrschende innerhalb eines Konzerns beim Abschluss eines Tarifvertrages bedarf es - neben der konkreten Bestimmung oder Bestimmbarkeit der oder des abhängigen Unternehmen/s für die/das der Tarifvertrag geschlossen werden soll - über die bloße Konzernzugehörigkeit hinaus weiterer Anhaltspunkte, aus denen mit für einen Tarifvertrag hinreichender Bestimmtheit und Erkennbarkeit der Wille hervorgeht, für ein oder mehrere abhängige Unternehmen zu handeln (BAG 7. Juli 2010 - 4 AZR 120/09 - Rn. 22 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 77 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 49; 18. November 2009 - 4 AZR 491/08 - Rn. 17, BAGE 132, 268).

29

b) Danach sind vorliegend keine ausreichenden Anhaltspunkte ersichtlich, dass der TV Umsetzung HELIOS - Nachtrag 1/SEKO von H als Konzernmutter und Gesellschafterin der Beklagten nicht nur auf die Beklagte „für“ den Krankenhausbetrieb der Beklagten „erstreckt“ wird - so Abs. 3 der Präambel -, sondern auch im Namen der Beklagten geschlossen wurde. So hat die Beklagte weder eine Mitunterschrift geleistet noch geht anderweitig deutlich aus dem Tarifvertrag hervor - beispielsweise durch die Worte „handelnd für“ -, dass dieser in ordnungsgemäßer Vertretung für sie abgeschlossen worden ist. In § 1 TV Umsetzung HELIOS - Nachtrag 1/SEKO wird lediglich hinsichtlich des Anwendungsbereichs aufgeführt, dass die Regelungen dieses Tarifvertrages für die Beschäftigten des Krankenhausbetriebes der Beklagten gelten sollen. Eine solche Angabe des Anwendungsbereichs allein reicht jedoch nicht aus. Denn dadurch wird nicht erkennbar, dass der Tarifvertrag in rechtsgeschäftlicher Vertretung für die Beklagte geschlossen werden soll. Ein Unternehmen wird nicht allein dadurch zur Partei eines nicht von ihm abgeschlossenen Tarifvertrages, weil seine Beschäftigten in dessen Geltungsbereich einbezogen werden (vgl. BAG 17. Oktober 2007 - 4 AZR 1005/06 - Rn. 28, 30, BAGE 124, 240; 12. Dezember 2007 - 4 AZR 1058/06 - Rn. 17, 19).

30

4. Die Einzelansprüche sind vom Landesarbeitsgericht zutreffend begründet und klargestellt worden, wogegen die Revision sich auch nicht gerichtet hat.

31

III. Die Beklagte hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision nach § 97 ZPO zu tragen.

        

    Bepler    

        

    Treber    

        

    Winter    

        

        

        

    H. Klotz    

        

    Schuldt    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 2. März 2011 - 7 Sa 141/10 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Duisburg vom 30. Dezember 2009 - 2 Ca 324/09 - abgeändert und die Klage abgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Weihnachtszuwendungen für die Jahre 2007 und 2008.

2

Der Kläger wurde von der Beklagten seit Oktober 1980 als Apothekerassistent beschäftigt. Bei der Beklagten handelte es sich im streitbefangenen Zeitraum um die Katholisches Klinikum Duisburg GmbH, die dem Deutschen Caritasverband e. V. angehörte. Während des Revisionsverfahrens hat die HELIOS-Klinikengruppe im Jahr 2011 51 % der Anteile an der Beklagten übernommen. Die restlichen Anteile werden seitdem von der Kosmas und Damian GmbH gehalten, einer gemeinsamen Gesellschaft des Bistums Essen und der St. Elisabeth GmbH. Die Beklagte hat in HELIOS Klinikum Duisburg GmbH umfirmiert. Der konfessionelle Charakter der Krankenhäuser soll trotz der gesellschaftsrechtlichen Veränderung erhalten bleiben.

3

Dem Arbeitsverhältnis liegt der Dienstvertrag vom 21. August 1981 zugrunde. Er lautet auszugsweise:

        

㤠2

        

Für das Dienstverhältnis gelten die ‚Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes’ (AVR) in der zur Zeit des Vertragsabschlusses in der ‚Caritas-Korrespondenz’ veröffentlichten und im Amtsblatt des Ortsbistums in Kraft gesetzten Fassung.

        

Die AVR sind Bestandteil des Dienstvertrages und haben dem Mitarbeiter zur Kenntnisnahme zur Verfügung gestanden.

        

Bei Änderungen der AVR gilt jeweils die in der ‚Caritas-Korrespondenz’ veröffentlichte und im Amtsblatt des Ortsbistums in Kraft gesetzte Fassung, ohne daß es einer weiteren Vereinbarung bedarf. Auch insoweit ist dem Mitarbeiter Gelegenheit zur Kenntnisnahme gegeben.

        

§ 8

        

Weitere Sondervereinbarungen bestehen nicht. Spätere Vereinbarungen bedürfen zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Festlegung unter Bezugnahme auf diesen Vertrag und der kirchenaufsichtlichen Genehmigung.2

        

…       

        

2 Bei Einrichtungen, die nicht der speziellen bischöflichen Aufsicht unterstehen, kann der Passus ‚und der kirchenaufsichtlichen Genehmigung’ gestrichen werden.“

4

Durch Änderungsvertrag vom 22. November 2005 vereinbarten die Parteien Altersteilzeit im Blockmodell. Die Arbeitsphase dauerte von April 2006 bis September 2009. Die Freistellungsphase umfasst den Zeitraum von Oktober 2009 bis März 2013.

5

Nach Anlage 1 Abschn. XIV zu den Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR) erhalten Arbeitnehmer jährlich eine am 1. Dezember des Kalenderjahres fällige Weihnachtszuwendung. Die Regelung lautet in ihren wortgleichen Fassungen von Januar 2007 und Januar 2008 in Auszügen:

        

„XIV Weihnachtszuwendung

        

(a)     

Anspruchsvoraussetzungen

        

Der Mitarbeiter erhält in jedem Kalenderjahr eine Weihnachtszuwendung, wenn er

        

1.    

am 1. Dezember des laufenden Kalenderjahres im Dienst- oder Ausbildungsverhältnis … steht und

        

2.    

seit dem 1. Oktober ununterbrochen in einem Dienst- oder Ausbildungsverhältnis im Geltungsbereich der AVR … gestanden hat … und

        

3.    

nicht in der Zeit vor dem 31. März des folgenden Kalenderjahres aus seinem Verschulden oder auf eigenen Wunsch aus dem am 1. Dezember bestehenden Dienst- oder Ausbildungsverhältnis ausscheidet, … .“

6

Zum 1. Juli 2004 trat die Ordnung der Arbeitsrechtlichen Kommission des Deutschen Caritasverbandes e. V. (AK-Ordnung 2004) in Kraft. In ihr heißt es:

        

„§ 12 Unterkommissionen und Ausschüsse der Arbeitsrechtlichen Kommission

        

Die Arbeitsrechtliche Kommission kann für die Dauer ihrer Amtszeit oder zeitlich befristet beschließende Unterkommissionen und beratende Ausschüsse bilden.

        

§ 13 Aufgabe und Bildung von Unterkommissionen

        

(1)     

Zur Beschlussfassung von Rechtsnormen über Inhalt, Abschluss und Beendigung von Dienstverhältnissen bestimmter kirchlich-caritativer Rechtsträger oder bestimmter Regionen des Deutschen Caritasverbandes oder bestimmter Berufs- und Aufgabenfelder in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes kann die Arbeitsrechtliche Kommission Unterkommissionen bilden.

        

…       

        
        

§ 14 Kompetenzen und Beschlüsse der Unterkommissionen

        

(1)     

Die Arbeitsrechtliche Kommission legt die Beschlusskompetenz der Unterkommissionen nach § 13 Abs. 1 dieser Ordnung fest. …

        

(2)     

Die Unterkommissionen fassen im Rahmen von Abs. 1 rechtlich verbindliche Beschlüsse gemäß § 16 dieser Ordnung.

        

(3)     

Die im Rahmen von Abs. 1 gefassten Beschlüsse der Unterkommissionen gehen den Beschlüssen der Arbeitsrechtlichen Kommission vor.

        

(4)     

Für das In-Kraft-Treten der Beschlüsse der Unterkommissionen gilt § 21 dieser Ordnung.

        

…       

        
        

§ 21 In-Kraft-Treten der Beschlüsse

        

Die Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen Kommission und der Unterkommissionen sind dem/der Vorsitzenden der Arbeitsrechtlichen Kommission zuzuleiten und von ihm/ihr zu unterzeichnen. Anschließend sind die Beschlüsse nach Maßgabe der Richtlinien für die In-Kraft-Setzung der Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen Kommission des Deutschen Caritasverbandes in der Bundesrepublik Deutschland in Kraft zu setzen und in der Verbandszeitschrift ‚neue caritas’ zu veröffentlichen.“

7

Am 7. Juli 2005 trat die „Ordnung für beschließende Unterkommissionen gemäß §§ 12 bis 14 der Ordnung der Arbeitsrechtlichen Kommission des Deutschen Caritasverbandes“(UK-Ordnung) idF vom 17. März 2005 durch Veröffentlichung im Kirchlichen Amtsblatt des Bistums Essen in Kraft. Sie lautet auszugsweise:

        

㤠6 Antragsvoraussetzungen

        

(1)     

Anträge auf Beschlussfassung in den Unterkommissionen können nur Mitglieder der Arbeitsrechtlichen Kommission stellen. Sie sind an den/die Geschäftsführer(in) in der Arbeitsrechtlichen Kommission zu senden.

        

(2)     

Anträge sind ausführlich schriftlich zu begründen und mit aussagekräftigen Unterlagen zu belegen.

        

(3)     

Bei Absenkungsanträgen für eine Einrichtung oder für einen Träger sind zur Begründung mindestens die Unterlagen vorzulegen, die ein den tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Einrichtung oder des Trägers vermitteln. …

        

§ 8 Umfang der Regelungen

        

(1)     

Die Unterkommissionen bzw. in Fällen des § 7 Abs. 2 die Arbeitsrechtliche Kommission können zur Gestaltung der Arbeitsbedingungen der Dienstverhältnisse mit kirchlich-caritativen Trägern im Bereich des Deutschen Caritasverbandes in ihren jeweiligen Regionen Beschlüsse fassen.

        

(2)     

Dabei sind folgende abschließend genannte Regelungsmaterien und Bandbreiten zu beachten:

        

…       

        
        

2.    

eine Absenkung oder Stundung der Weihnachtszuwendung (Abschnitt XIV der Anlage 1 zu den AVR);

        

…       

        
        

Die Maßnahmen nach Ziffer 1 bis 4 dürfen für das einzelne Dienstverhältnis in der Summe eine Absenkung von 15 v. H. der Dienstbezüge (Abschnitt II der Anlage 1 zu den AVR) nicht überschreiten. …

        

…       

        

§ 9 Beschlüsse der Unterkommissionen

        

(1)     

Die Unterkommissionen fassen im Rahmen von § 8 rechtlich verbindliche Beschlüsse gemäß § 16 AK-Ordnung. Diese Beschlüsse der Unterkommissionen gehen den Beschlüssen der Arbeitsrechtlichen Kommission vor.

        

(2)     

Fasst eine Unterkommission einen Beschluss, ist dieser dem/der Vorsitzenden der Arbeitsrechtlichen Kommission zuzuleiten, damit das Inkraftsetzungsverfahren gemäß § 21 AK-Ordnung eingeleitet werden kann.

        

…“    

        
8

Nach der Ordnung der Arbeitsrechtlichen Kommission des Deutschen Caritasverbandes e. V. idF vom 17. Oktober 2007, in Kraft getreten am 1. Januar 2008 (AK-Ordnung 2008), besteht die Arbeitsrechtliche Kommission nun aus einer Bundeskommission und sechs Regionalkommissionen. Unterkommissionen sind nicht mehr vorgesehen. Die AK-Ordnung 2008 lautet in Auszügen:

        

㤠1 Stellung und Aufgabe

        

…       

        
        

(3)     

Aufgabe der Arbeitsrechtlichen Kommission ist die Beschlussfassung von Rechtsnormen über Inhalt, Abschluss und Beendigung von Dienstverhältnissen mit kirchlich-caritativen Rechtsträgern im Bereich des Deutschen Caritasverbandes, solange und soweit die ‚Zentrale Kommission zur Ordnung des Arbeitsvertragsrechtes im kirchlichen Dienst’ (Zentral-KODA) von ihrer Regelungsbefugnis gemäß § 3 Absatz 1 Zentral-KODA-Ordnung keinen Gebrauch gemacht hat oder macht. …

        

§ 10 Zuständigkeiten der Bundeskommission und der Regionalkommissionen

        

(1)     

Die Bundeskommission hat eine umfassende Regelungszuständigkeit mit Ausnahme der Bereiche, die ausschließlich den Regionalkommissionen zugewiesen sind. In den ausschließlich den Regionalkommissionen zugewiesenen Bereichen bestehen Bandbreiten; sie betragen für die Festlegung der Höhe aller Vergütungsbestandteile von dem mittleren Wert 15 v. H. Differenz nach oben und nach unten, … . Die Bundeskommission legt den mittleren Wert fest; sie kann den Umfang der Bandbreiten durch Beschluss verändern.

        

…       

        
        

§ 11 Einrichtungsspezifische Regelungen

        

(1)     

Jedes Mitglied einer Regionalkommission kann nach Aufforderung durch eine betroffene (Gesamt-)Mitarbeitervertretung oder durch einen betroffenen Dienstgeber für die Gesamtheit der Einrichtungen eines Trägers, für eine Einrichtung oder für Teile einer Einrichtung einen schriftlich zu begründenden Antrag an die zuständige Regionalkommission stellen, von den durch die Regionalkommission festgelegten Regelungen der Höhe aller Vergütungsbestandteile, des Umfangs der regelmäßigen Arbeitszeit und des Umfangs des Erholungsurlaubs sowie den Maßnahmen der Beschäftigungssicherung abzuweichen. …

        

(2)     

Über einen solchen Antrag hat die Regionalkommission innerhalb von drei Monaten zu entscheiden. Die Entscheidung ist schriftlich zu begründen. Soweit sie Abweichungen zulässt, sind diese zeitlich zu befristen.

        

…       

        
        

§ 15 Vermittlungsverfahren

        

…       

        
        

(7)     

Unbeschadet der Regelungen in den Absätzen 1 bis 6 kann der Ortsordinarius im Einzelfall das Vorliegen eines unabweisbaren Regelungsbedürfnisses unüberprüfbar feststellen und die notwendige Entscheidung treffen.

        

§ 18 In-Kraft-Treten der Beschlüsse

        

…       

        
        

(2)     

Die Beschlüsse sollen in der Verbandszeitschrift ‚neue caritas’ und geeigneten diözesanen Medien veröffentlicht werden. Dies gilt nicht für Beschlüsse, die nach § 11 der Ordnung gefasst werden.“

9

Im Kirchlichen Amtsblatt des Bistums Essen vom 16. November 2007 ist - bezogen auf die Beklagte - folgender Beschluss veröffentlicht:

        

„Beschluss der Unterkommission II vom 22. - 23.10.2007 Antrag 98/UK II

        

Katholische Klinikum Duisburg GmbH, …

        

1.    

Für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Katholischen Klinikum Duisburg GmbH, …, wird in Abweichung von Abschnitt XIV der Anlage 1 zu den AVR im Kalenderjahr 2007 keine Weihnachtszuwendung gezahlt.

        

2.    

Die Änderung tritt am 23.10.2007 in Kraft. Die Laufzeit des Beschlusses endet am 31.12.2010.“

10

Im folgenden Text waren Nebenbestimmungen getroffen, ua. ein Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen.

11

Unter dem 4. August 2008 schloss die Beklagte mit zwei Mitarbeitervertretungen eine „Dienstvereinbarung Regelung 2008 und 2009“. Darin war ua. ein Ausschluss der Weihnachtszuwendung vorgesehen. Der Kläger unterzeichnete diese Vereinbarung in seiner Eigenschaft als damaliger Vorsitzender der Mitarbeitervertretung des S-Hospitals nicht.

12

Durch Beschluss von Juni 2008 legte die Bundeskommission neue Mittelwerte und Bandbreiten für die Weihnachtszuwendung fest. Für die Weihnachtszuwendung nach Anm. 2 in Abschn. XIV der Anlage 1 zu den AVR wurde die Bandbreite iHv. 0,1 % nach oben und unten angegeben.

13

Unter dem 5. August 2008 richtete die Beklagte einen Antrag auf Aufhebung der Weihnachtszuwendung für das Jahr 2008 an die Regionalkommission Nordrhein-Westfalen. Daraufhin fasste die Regionalkommission einen Beschluss, der am 28. November 2008 im Kirchlichen Amtsblatt des Bistums Essen veröffentlicht wurde:

        

„Beschluss Antrag 6/RK NRW Katholisches Klinikum Duisburg GmbH, …

        

1.    

Für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Ausnahme der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach Anlage 7 AVR des Katholischen Klinikums Duisburg GmbH, …, wird in Abweichung von Abschnitt XIV der Anlage 1 zu den AVR im Kalenderjahr 2008 keine Weihnachtszuwendung gezahlt.

        

2.    

Die Änderungen treten am 12.11.2008 in Kraft.“

14

Dort waren erneut Nebenbestimmungen getroffen, ua. ein Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen bis 31. Dezember 2010. Keiner der beiden Beschlüsse wurde in der Zeitschrift „Caritas-Korrespondenz“ oder der Folgezeitschrift „neue caritas“ veröffentlicht. In den Jahren 2006, 2007 und 2008 hatte der Kläger die Änderungen der AVR, die begünstigende Einmalzahlungen vorsahen, auch ohne Veröffentlichung in den Verbandszeitschriften widerspruchslos akzeptiert.

15

Die Beklagte zahlte in den Jahren 2007 und 2008 keine Weihnachtszuwendung an den Kläger und berief sich hierfür auf die Beschlüsse der Unter- bzw. der Regionalkommission aus den Jahren 2007 und 2008.

16

Mit seiner Klage erstrebt der Kläger die Weihnachtszuwendungen für die Jahre 2007 und 2008 in rechnerisch unstreitiger Höhe. Er hat die Auffassung vertreten, die Beschlüsse der Unter- und der Regionalkommission seien bereits deshalb unwirksam, weil sie nicht in der „Caritas-Korrespondenz“ oder der Folgezeitschrift „neue caritas“ veröffentlicht worden seien. Die Beschlüsse seien auf sein Arbeitsverhältnis auch nicht anzuwenden, weil sie von der dynamischen Bezugnahme in § 2 Abs. 3 des Dienstvertrags nicht erfasst seien. Die Zahlung habe allenfalls im Rahmen der vorgegebenen Bandbreiten abgesenkt werden können. Die Nebenbestimmungen der Beschlüsse seien nicht erfüllt worden. Der Beschluss der Regionalkommission für das Jahr 2008 sei nicht innerhalb der Dreimonatsfrist nach Antragstellung gefasst worden. Durch die unterbleibende Zahlung der Weihnachtszuwendung werde in unzulässiger Weise in den Altersteilzeitarbeitsvertrag eingegriffen.

17

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.300,08 Euro brutto zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.639,84 Euro seit 1. Dezember 2007 und aus 1.660,24 Euro seit 1. Dezember 2008 zu zahlen.

18

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, die dynamische Bezugnahmeklausel in § 2 Abs. 3 des Dienstvertrags beziehe sich auf alle Vorschriften des Dritten Wegs. Die Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen Kommission, der Unterkommission oder der Regionalkommission führten zu einer unmittelbaren Änderung der materiellen Rechtslage. Gewollt sei eine dynamische Anpassung, die zu Rechtsveränderungen - Verbesserungen und Verschlechterungen - führen könne. Da der kirchliche Arbeitgeber zur Anwendung des gesamten kirchlichen Regelungswerks verpflichtet sei, um einheitliche Dienstverhältnisse herzustellen, habe er den Dritten Weg insgesamt in Bezug nehmen wollen, also auch die AK-Ordnungen und die auf ihrer Grundlage ergangenen Beschlüsse. Aufgrund der grundgesetzlichen Garantie eines kircheneigenen Arbeitsrechtsregelungssystems müsse es kirchlichen Arbeitgebern möglich sein, den Dritten Weg weiterzuentwickeln. Die Verweisungsklausel halte auch einer Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB stand. Für einen Arbeitnehmer sei es nicht überraschend, dass ein kirchlicher Arbeitgeber den Dritten Weg verfolge und ihn durch Kompetenzverlagerungen weiterentwickle. Eine einseitige Änderungsbefugnis bestehe nicht, weil die Arbeitsrechtliche Kommission paritätisch zusammengesetzt sei. Das Letztentscheidungsrecht des Bischofs ändere daran nichts. Eine unangemessene Benachteiligung scheide aus. Die Fortentwicklung der AVR liege im Interesse beider Vertragsparteien. Die Arbeitsbedingungen könnten nur auf diese Weise ohne Änderungskündigungen geänderten Verhältnissen - zB durch Entgelterhöhungen - angepasst werden. Die im Dienstvertrag getroffene Vereinbarung über die Veröffentlichung in der Verbandszeitschrift habe keine konstitutive Wirkung. Die Veröffentlichungen seien seit Jahren nur noch im Kirchlichen Amtsblatt erfolgt. Die Bandbreitenregelungen seien nicht bindend, weil die einrichtungsspezifischen Regelungen des § 11 AK-Ordnung 2008 spezieller seien.

19

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

20

A. Die Ansprüche des Klägers auf Zahlung der Weihnachtszuwendung für die Jahre 2007 und 2008 sind wegen des am 16. November 2007 im Kirchlichen Amtsblatt des Bistums Essen veröffentlichten Beschlusses der Unterkommission und des am 28. November 2008 im Kirchlichen Amtsblatt des Bistums Essen veröffentlichten Beschlusses der Regionalkommission nicht entstanden. Die Beschlüsse sind von der dynamischen Bezugnahmeklausel in § 2 Abs. 3 Satz 1 des Dienstvertrags erfasst. Die Verweisungsklausel hält der Einbeziehungskontrolle stand. Der Senat kann offenlassen, ob die Verweisungsklausel hinsichtlich der Weihnachtszuwendung für das Jahr 2008 wegen des in Bezug genommenen (echten) Letztentscheidungsrechts des Bischofs in § 15 Abs. 7 AK-Ordnung 2008 einen Änderungsvorbehalt enthält, dem in analoger Anwendung von § 308 Nr. 4 BGB die Wirksamkeit abzusprechen ist. Die in diesem Fall gebotene ergänzende Vertragsauslegung führt auch für die Weihnachtszuwendung des Jahres 2008 dazu, dass die dynamische Verweisung für alle Beschlüsse der zuständigen Regionalkommission gilt, die ordnungsgemäß zustande gekommen sind.

21

I. Die Ansprüche des Klägers auf Weihnachtszuwendung für die Jahre 2007 und 2008 sind aufgrund des am 16. November 2007 im Kirchlichen Amtsblatt des Bistums Essen veröffentlichten Beschlusses der Unterkommission und des am 28. November 2008 im Kirchlichen Amtsblatt des Bistums Essen veröffentlichten Beschlusses der Regionalkommission nicht entstanden.

22

1. Die kirchlichen Ordnungen der Arbeitsrechtlichen Kommission des Deutschen Caritasverbands e. V. und für beschließende Unterkommissionen sind einschließlich des bischöflichen Letztentscheidungsrechts in § 15 Abs. 7 AK-Ordnung 2008 in § 2 Abs. 1 bis Abs. 3 des Dienstvertrags in Bezug genommen. Die Arbeitsvertragsparteien haben das kirchliche Arbeitsvertragsrecht - den sog. Dritten Weg - damit uneingeschränkt als verbindlich anerkannt. Das war im Fall der beklagten Arbeitgeberin zulässig, die als privatrechtlich organisiertes Caritas-Unternehmen jedenfalls in den für den Streitfall maßgeblichen Jahren 2007 bis 2009 eine kirchliche Einrichtung war.

23

a) Die Selbstordnungs- und Selbstverwaltungsgarantie aus Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 WRV kommt nicht nur den verfassten Kirchen und ihren rechtlich selbständigen Teilen zugute. Sie gilt vielmehr für alle der Kirche in bestimmter Weise zugeordneten Einrichtungen ohne Rücksicht auf deren Rechtsform, wenn sie nach kirchlichem Selbstverständnis ihrem Zweck oder ihrer Aufgabe entsprechend berufen sind, einen Teil des Auftrags der Kirche zu erfüllen. Nach dem Selbstverständnis der katholischen Kirche umfasst die Religionsausübung nicht nur den Bereich des Glaubens und des Gottesdienstes, sondern auch die Freiheit zur Entfaltung und Wirksamkeit in der Welt, wie es ihrer religiösen Aufgabe entspricht. Hierzu gehört insbesondere das karitative Wirken (vgl. BVerfG 4. Juni 1985 - 2 BvR 1703/83, 2 BvR 1718/83, 2 BvR 856/84 - zu B II 1 a der Gründe mwN, BVerfGE 70, 138).

24

b) Die Beklagte war zumindest in den entscheidungserheblichen Jahren 2007 bis 2009 als kirchliche Einrichtung der katholischen Kirche zugeordnet. Sie hatte unmittelbar teil an der Verwirklichung eines wesentlichen kirchlichen Auftrags, indem sie katholische Krankenhäuser unterhielt (vgl. zu einem solchen kirchlichen Auftrag BVerfG 4. Juni 1985 - 2 BvR 1703/83, 2 BvR 1718/83, 2 BvR 856/84 - zu B II 1 a der Gründe mwN, BVerfGE 70, 138).

25

2. Der Kläger erfüllt die allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen für die Weihnachtszuwendungen der Jahre 2007 und 2008. Auf Anlage 1 Abschn. XIV AVR ist in § 2 des Dienstvertrags wirksam verwiesen. Die Anspruchsvoraussetzungen des Buchst. a der Anlage 1 Abschn. XIV AVR sind gegeben. Der Kläger stand jeweils am 1. Dezember seit dem 1. Oktober in einem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten und schied aus ihm nicht vor dem 31. März des Folgejahres aus.

26

3. Der am 16. November 2007 im Kirchlichen Amtsblatt des Bistums Essen veröffentlichte Beschluss der Unterkommission und der am 28. November 2008 im Kirchlichen Amtsblatt des Bistums Essen veröffentlichte Beschluss der Regionalkommission verhinderten jedoch, dass Ansprüche des Klägers auf Weihnachtszuwendung für die Jahre 2007 und 2008 entstanden.

27

a) Der Beschluss der Unterkommission vom 22./23. Oktober 2007 regelt ausdrücklich, dass für alle Mitarbeiter in Abweichung von Abschn. XIV der Anlage 1 zu den AVR im Kalenderjahr 2007 keine Weihnachtszuwendung gezahlt wird. Die Regelung trat am 23. Oktober 2007 in Kraft. Entsprechendes gilt für den am 28. November 2008 im Kirchlichen Amtsblatt des Bistums Essen veröffentlichten Beschluss der Regionalkommission, der am 12. November 2008 in Kraft trat.

28

b) Die Auslegung der Bezugnahmeklausel in § 2 Abs. 3 Satz 1 des Dienstvertrags ergibt, dass das kirchenrechtliche System der Arbeitsrechtsetzung insgesamt erfasst werden soll, also auch alle Verfahrensordnungen und die daraus hervorgegangenen Beschlüsse, die auf dem Dritten Weg zustande gekommen sind. Die beiden Beschlüsse sind damit von der Verweisung auf die AVR erfasst.

29

aa) Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 des Dienstvertrags gilt bei Änderungen der AVR jeweils die in der „Caritas-Korrespondenz“ veröffentlichte und im Amtsblatt des Ortsbistums in Kraft gesetzte Fassung, ohne dass eine weitere Vereinbarung erforderlich wäre.

30

bb) Bei der Bezugnahme in § 2 Abs. 3 Satz 1 des Dienstvertrags handelt es sich nach dem Erscheinungsbild des Dienstvertrags um eine Allgemeine Geschäftsbedingung iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB. Der Vertrag enthält bis auf die persönlichen Daten des Klägers keine individuellen Besonderheiten. Der Inhalt Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist nach einem objektiv-generalisierenden Maßstab zu ermitteln. Sie sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Diese Grundsätze gelten auch für die Auslegung von Bezugnahmeklauseln auf kirchliche Regelungswerke (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 573/10 - Rn. 28, EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 22; 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 12, BAGE 135, 163 mit im Wesentlichen zust. Anm. von Hoyningen-Huene/van Endern AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 55; Richardi RdA 2011, 119 ff.).

31

cc) Nach diesen Grundsätzen kann die Verweisung auf die „Änderungen der AVR“ nur so verstanden werden, dass das kirchenrechtliche System der Arbeitsrechtsetzung insgesamt erfasst wird. Zu ihm gehören die Verfahrensordnungen und die daraus hervorgegangenen Beschlüsse, die wirksam auf dem Dritten Weg zustande gekommen sind.

32

(1) § 2 Abs. 1 des Dienstvertrags nimmt Bezug auf die „Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes(AVR) in der zur Zeit des Vertragsabschlusses in der Caritas-Korrespondenz veröffentlichten und im Amtsblatt des Ortsbistums in Kraft gesetzten Fassung“. Diese zunächst statische Verweisung wird ergänzt durch § 2 Abs. 3 Satz 1 des Dienstvertrags. Danach gilt bei Änderungen der AVR jeweils die in der „Caritas-Korrespondenz“ veröffentlichte und im Amtsblatt des Ortsbistums in Kraft gesetzte Fassung, ohne dass es einer weiteren Vereinbarung bedarf.

33

(2) Die erforderliche Auslegung dieser Klausel führt zu dem Ergebnis, dass die Parteien auch auf Zuständigkeits- und Verfahrensregelungen verweisen wollten.

34

(a) Dafür spricht entscheidend die Funktion einer solchen Bezugnahme. Mangels normativer Geltung kirchlichen Arbeitsrechts in privaten Arbeitsverhältnissen können dem kirchlichen Arbeitsrecht nur Verweisungsklauseln Wirkung verschaffen (vgl. BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 573/10 - Rn. 29, EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 22). Vor diesem Hintergrund sind Verweisungsklauseln auf die Regelungen des kirchlichen Arbeitsrechts grundsätzlich dahin auszulegen, dass sie dem kirchlichen Arbeitsrecht im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis umfassend Geltung verschaffen und das Verfahrensrecht einbeziehen wollen (vgl. BAG 21. Oktober 2009 - 4 AZR 880/07 - Rn. 27; 10. Dezember 2008 - 4 AZR 801/07 - Rn. 19 f., BAGE 129, 1). Auch bei katholischen Rechtsträgern, die nicht nach Art. 2 Abs. 1 der Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse(GrO) unmittelbar an die GrO gebunden sind, kann der kirchliche Arbeitnehmer entsprechende Klauseln im Ausgangspunkt nur dahin verstehen, dass sie dem kirchenrechtlichen Gebot in Art. 2 Abs. 2 GrO genügen sollen, die GrO verbindlich zu übernehmen(vgl. zu entsprechenden kirchenrechtlichen Pflichten oder Geboten im Bereich der Evangelischen Kirchen BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 573/10 - Rn. 29, EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 22; zur Reichweite entsprechender Verweisungsklauseln ferner 19. Februar 2003 - 4 AZR 11/02 - zu I 1 a bb und cc der Gründe, BAGE 105, 148; zur aus der Mitgliedschaft im Caritasverband folgenden Verpflichtung zur Übernahme und Anwendung der GrO KAGH 16. Dezember 2011 - K 09/11 - zu B II 1 a der Gründe, ZMV 2012, 95).

35

(b) Eine engere Auslegung hätte zur Folge, dass der Dritte Weg durch die Beklagte nicht mehr „gelebt“ werden könnte. Eine Anpassung arbeitsvertraglicher Regelungen ist in erster Linie von der dazu berufenen Arbeitsrechtlichen Kommission vorzunehmen. So regeln die hier maßgeblichen AK-Ordnungen 2004 und 2008 in § 1 Abs. 3, dass Aufgabe der Arbeitsrechtlichen Kommission die „Beschlussfassung von Rechtsnormen über Inhalt, Abschluss und Beendigung von Dienstverhältnissen“ ist. Die Arbeitsrechtliche Kommission hat die dynamischen vertraglichen Verweisungsklauseln auf diese Weise auszufüllen. Würde mit dem Landesarbeitsgericht eine Bezugnahme auf die AK-Ordnungen verneint, wäre das Arbeitsverhältnis nicht dynamisch ausgestaltet. Das widerspräche Sinn und Zweck der Regelung, weil Änderungen - etwa Entgelterhöhungen - häufig zugunsten der Arbeitnehmer wirken (vgl. BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 12, BAGE 135, 163; 22. Juli 2010 - 6 AZR 170/08 - Rn. 50).

36

(c) Der Vertragswortlaut schließt eine solche Auslegung entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht aus. Der Wortlaut der Bezugnahme in § 2 Abs. 3 Satz 1 des Dienstvertrags unterscheidet nicht zwischen formellen und materiellen Regelungen. Von der Verweisung sind Zuständigkeits- und Verfahrensregelungen nicht ausgenommen.

37

(3) Die in den genannten Beschlüssen der Unterkommission und der Regionalkommission getroffenen Regelungen sind materiell Bestandteil der AVR, indem sie diese für den speziellen Fall der Weihnachtszuwendung 2007 und 2008 bei der Beklagten ändern (vgl. zur Änderung der Dienstvertragsordnung im Bereich der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen BAG 16. Februar 2012 - 6 AZR 573/10 - Rn. 23 bis 25, EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 22).

38

c) Die dynamische Bezugnahmeklausel in § 2 Abs. 3 Satz 1 des Dienstvertrags hält der Einbeziehungskontrolle stand.

39

aa) Die Klausel genügt dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und steht nicht in Widerspruch zu anderen im Dienstvertrag getroffenen Vereinbarungen(vgl. BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 170/08 - Rn. 42 f.).

40

bb) Es handelt sich nicht um eine überraschende Klausel iSv. § 305c Abs. 1 BGB. Ein Arbeitnehmer, der einen Arbeitsvertrag mit einem kirchlichen Arbeitgeber schließt, hat davon auszugehen, dass sein Arbeitgeber das spezifisch kirchliche Vertragsrecht in seiner jeweiligen Fassung zum Gegenstand des Arbeitsverhältnisses machen will und damit idR kirchenrechtlichen Geboten genügen will (vgl. BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 16, BAGE 135, 163; 22. Juli 2010 - 6 AZR 170/08 - Rn. 40; 10. Dezember 2008 - 4 AZR 801/07 - Rn. 42, BAGE 129, 1).

41

d) Es kann auf sich beruhen, ob die Verweisungsklausel in § 2 Abs. 3 Satz 1 des Dienstvertrags im Hinblick auf die Weihnachtszuwendung für das Jahr 2008 aufgrund des in Bezug genommenen bischöflichen Letztentscheidungsrechts in § 15 Abs. 7 AK-Ordnung 2008 einen entsprechend § 308 Nr. 4 BGB unwirksamen Änderungsvorbehalt enthält.

42

aa) Für die Weihnachtszuwendung des Jahres 2007 stellt sich das Problem der analogen Anwendung von § 308 Nr. 4 BGB nicht. Die Ordnung zur Mitwirkung bei der Gestaltung des Arbeitsvertragsrechts durch Kommissionen in den (Erz-)Diözesen Aachen, Essen, Köln, Münster (nordrhein-westfälischer Teil) und Paderborn (Regional-KODA-Ordnung) enthält in § 15 Abs. 6 zwar ein Letztentscheidungsrecht des Diözesanbischofs im Fall eines unabweisbaren Regelungsbedürfnisses. Diese Regelung für den Bereich der verfassten Kirche gilt jedoch nicht für kirchliche Einrichtungen im Bereich des Deutschen Caritasverbands e. V.

43

bb) Der Senat kann auch für die Weihnachtszuwendung 2008 offenlassen, ob der Bezugnahme in § 2 Abs. 3 Satz 1 des Dienstvertrags wegen des in § 15 Abs. 7 AK-Ordnung 2008 aufgenommenen bischöflichen Letztentscheidungsrechts in analoger Anwendung von § 308 Nr. 4 BGB die Wirksamkeit abzusprechen ist. Die für diesen Fall gebotene ergänzende Vertragsauslegung würde nämlich dazu führen, dass die dynamische Verweisung jedenfalls für alle Beschlüsse der zuständigen Regionalkommission gilt, die ordnungsgemäß zustande gekommen sind.

44

(1) Grundsätzlich ist eine Verweisungsklausel wirksam, die auf Arbeitsvertragsregelungen Bezug nimmt, die auf dem Dritten Weg von einer paritätisch mit weisungsunabhängigen Mitgliedern besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossen werden. Das verlangt die angemessene Berücksichtigung der Besonderheiten des Arbeitsrechts iSv. § 310 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 1 BGB. Eine solche Verweisung gewährleistet ebenso wie die arbeitsvertragliche Bezugnahme auf einen einschlägigen Tarifvertrag eine Anpassung der Arbeitsbedingungen an veränderte Umstände und liegt nicht nur im Interesse des Arbeitgebers, sondern auch in dem des Arbeitnehmers. Nur so kann die notwendige Anpassung der Arbeitsbedingungen an veränderte Umstände auch ohne Änderungskündigung erreicht werden (vgl. BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 22, BAGE 135, 163; 22. Juli 2010 - 6 AZR 170/08 - Rn. 50).

45

(2) Der dynamischen Bezugnahmeklausel in § 2 Abs. 3 Satz 1 des Dienstvertrags könnte aber entsprechend § 308 Nr. 4 BGB die Wirksamkeit abzusprechen sein, weil sie auch auf § 15 Abs. 7 AK-Ordnung 2008 verweist, in dem ein Letztentscheidungsrecht des Bischofs vorgesehen ist. Dieses Letztentscheidungsrecht lässt nicht nur die Kassation von Regelungen zu, sondern begründet darüber hinaus die Befugnis zu einseitigen Neuregelungen (vgl. Richardi Arbeitsrecht in der Kirche 6. Aufl. § 15 Rn. 26).

46

(a) Nach § 308 Nr. 4 BGB ist eine Abrede unwirksam, wenn sich ein Arbeitgeber einseitig das Recht vorbehält, eine versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Arbeitgebers für den Arbeitnehmer zumutbar ist. Ein Änderungsvorbehalt ist eine von Rechtsvorschriften abweichende Regelung iSv. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB(vgl. BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 170/08 - Rn. 45; 11. Februar 2009 - 10 AZR 222/08 - Rn. 23, EzA BGB 2002 § 308 Nr. 9).

47

(b) Das Bundesarbeitsgericht hat über die Frage, ob das Letztentscheidungsrecht des Bischofs als Änderungsvorbehalt zugunsten des Arbeitgebers iSv. § 308 Nr. 4 BGB zu verstehen ist, bisher nicht entschieden. Es hat lediglich darauf hingewiesen, dass dynamisch in Bezug genommene Arbeitsvertragsregelungen, die auf ein kirchenrechtlich vorgesehenes Letztentscheidungsrecht des Bischofs verweisen, zu weit gefasst und unwirksam sein könnten, wenn die Klausel sprachlich nicht teilbar sei und nicht auf einen verständlichen, zulässigen Inhalt zurückgeführt werden könne (vgl. BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 18, BAGE 135, 163; 22. Juli 2010 - 6 AZR 170/08 - Rn. 46).

48

(c) Unschädlich ist insoweit, dass der Bischof das Recht hat, die Beschlüsse der zuständigen Kommissionen in Kraft zu setzen (vgl. § 21 AK-Ordnung 2004 iVm. § 7 der am 1. Oktober 2005 in Kraft getretenen Richtlinien für die Inkraftsetzung der Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen Kommission und der Unterkommissionen des Deutschen Caritasverbandes durch die Diözesanbischöfe in der Bundesrepublik Deutschland und § 18 AK-Ordnung 2008 iVm. § 1 der Richtlinien für die Inkraftsetzung der Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen Kommission des Deutschen Caritasverbandes durch die Diözesanbischöfe idF vom 26. November 2007). Sieht der Bischof - in kirchenrechtlich zulässiger Weise - davon ab, ändernde Regelungen in Kraft zu setzen, bleibt es beim bisherigen Vertragsinhalt, sodass es sich um keine Änderung handelt (vgl. Richardi Arbeitsrecht in der Kirche 6. Aufl. § 15 Rn. 55).

49

(d) Eine unmittelbare Anwendung von § 308 Nr. 4 BGB scheidet hier aus. Der Bischof ist kein vertretungsberechtigtes Organ der Beklagten. Die beklagte GmbH handelt durch ihre Geschäftsführer.

50

(aa) Für eine analoge Anwendung von § 308 Nr. 4 BGB könnte allerdings sprechen, dass der Bischof am Erhalt rechtlich selbständiger kirchlicher Einrichtungen im Bereich der Caritas - hier der kirchlichen Krankenhäuser der Beklagten - und deren wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit interessiert sein wird, damit der karitative Auftrag der kirchlichen Einrichtungen weiterhin erfüllt werden kann. Deshalb besteht die Gefahr, dass er vor allem deren wirtschaftliche Belange im Blick haben und ein unabweisbares Regelungsbedürfnis für eine eigene Entscheidung gerade dann annehmen wird, wenn von Beschlüssen der Arbeitsrechtlichen Kommission abgewichen werden soll und Vergütungen gesenkt werden sollen (vgl. Vogt Der „Dritte Weg“ der evangelischen Kirchen und die Tarifautonomie S. 141 f.; siehe auch Hammer Kirchliches Arbeitsrecht S. 368 ff.; Kühling AuR 2001, 241, 245; Pahlke Kirche und Koalitionsrecht S. 219 ff.; ErfK/Schmidt 12. Aufl. Art. 4 GG Rn. 55). Problematisch ist zudem, dass es keine Entscheidungsrichtlinien für die Ausfüllung des Letztentscheidungsrechts durch den Bischof gibt (vgl. Pahlke aaO S. 220 f.; Thüsing BB 2011, 190, 191).

51

(bb) Dem wird zwar entgegengehalten, dass der Bischof nicht Sachwalter der Dienstgeberseite, sondern der gesamten Dienstgemeinschaft sei und die umfassende Verantwortung für das Heil der ihm anvertrauten Gläubigen trage (vgl. Richardi Arbeitsrecht in der Kirche 6. Aufl. § 15 Rn. 24 bis 27 und 55; Thüsing BB 2011, 190, 191). Ferner wird angeführt, das Letztentscheidungsrecht sei lediglich das äußerste Mittel. Es komme wegen der Verantwortung des Bischofs für die Wahrnehmung gesamtkirchlicher Belange erst dann zum Zug, wenn ein vorgeschaltetes Vermittlungsverfahren erfolglos durchgeführt worden sei und zudem ein unabwendbares Regelungsbedürfnis bestehe (vgl. Briza „Tarifvertrag“ und „Dritter Weg“ S. 232; siehe auch Richardi FS Bepler S. 501, 510 f.). Gleichwohl werden kirchliche Arbeitnehmer einseitige Regelungen des Bischofs nicht als stets unparteiische, die widerstreitenden Interessen ausgewogen berücksichtigende Konfliktlösungen ansehen (vgl. Fischermeier FS Bepler S. 159, 165).

52

(3) Letztlich kann aber auch für die Weihnachtszuwendung 2008 dahinstehen, ob der dynamischen Bezugnahme in § 2 Abs. 3 Satz 1 des Dienstvertrags wegen des in § 15 Abs. 7 AK-Ordnung 2008 aufgenommenen bischöflichen Letztentscheidungsrechts entsprechend § 308 Nr. 4 BGB die Wirksamkeit abzusprechen ist. In diesem Fall wäre der Dienstvertrag ergänzend dahin auszulegen, dass die Verweisung auf solche Regelungen beschränkt ist, die auf dem Dritten Weg durch einen ordnungsgemäßen Beschluss der zuständigen, paritätisch mit weisungsunabhängigen Mitgliedern besetzten Kommission zustande gekommen sind.

53

(a) Eine einfache Auslegung der dynamischen Verweisungsklausel dahin, dass nur ohne Ausübung des Letztentscheidungsrechts des Bischofs zustande gekommene Arbeitsvertragsregelungen erfasst sein sollen, kommt nicht in Betracht (aA LAG Düsseldorf 23. Februar 2012 - 15 Sa 1284/11 - zu B III der Gründe, Revision anhängig unter - 6 AZR 372/12 -). Die Klausel differenziert nicht danach, wie die Änderung der AVR zustande gekommen ist. Zudem wäre die Klausel bei einer solchen Auslegung zumindest intransparent iSv. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB(vgl. Fischermeier FS Bepler S. 159, 165 f.).

54

(b) § 306 Abs. 2 BGB, der anstelle der unwirksamen Klausel die Geltung der gesetzlichen Vorschriften vorsieht, führt nicht weiter, weil keine gesetzliche Ersatzordnung für eine dynamische Bezugnahmeklausel besteht.

55

(c) Wird unterstellt, dass § 2 Abs. 3 Satz 1 des Dienstvertrags unwirksam ist, besteht allerdings eine Regelungslücke, die durch ergänzende Vertragsauslegung zu schließen ist.

56

(aa) Diese verstößt hier nicht gegen das in § 306 BGB enthaltene Verbot der geltungserhaltenden Reduktion(vgl. grundlegend BAG 4. März 2004 - 8 AZR 196/03 - zu B III 2 c der Gründe, BAGE 110, 8; zu Herleitung, Inhalt, Sinn und Zweck im Einzelnen Schlewing RdA 2011, 92 mwN). Das grundsätzliche Verbot der geltungserhaltenden Reduktion verfolgt zwei grundlegende Ziele des Rechts zur Kontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen, das der Prävention und das der Transparenz. Der Klauselverwender soll angehalten werden, von vornherein angemessene Bedingungen zu formulieren. Dem Gegner des Klauselverwenders soll die Möglichkeit sachgerechter Information über die Rechte und Pflichten aus dem vorformulierten Vertrag verschafft werden (vgl. BAG 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - zu IV 8 a der Gründe, BAGE 115, 19; 4. März 2004 - 8 AZR 196/03 - zu B III 2 c der Gründe, BAGE 110, 8; Schlewing aaO).

57

(bb) Wann eine ergänzende Vertragsauslegung zulässig ist, ist noch nicht abschließend geklärt (vgl. zB die Rechtsprechungsübersicht von Bieder NZA-Beilage 3/2011, 142 f.). Der Achte und der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts sowie der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs sind der Auffassung, eine ergänzende Vertragsauslegung komme erst dann in Betracht, wenn es für den Verwender eine unzumutbare Härte iSv. § 306 Abs. 3 BGB wäre, am Vertrag festzuhalten(vgl. BAG 18. Dezember 2008 - 8 AZR 81/08 - Rn. 64, AP BGB § 309 Nr. 4 = EzA-SD 2009 Nr. 19, 7; 25. September 2008 - 8 AZR 717/07 - Rn. 74, AP BGB § 307 Nr. 39 = EzA BGB 2002 § 310 Nr. 7; 19. Dezember 2006 - 9 AZR 294/06 - Rn. 34 ff., AP BGB § 611 Sachbezüge Nr. 21 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 17; BGH 29. April 2008 - KZR 2/07 - Rn. 31, BGHZ 176, 244). Der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts und weite Teile des Schrifttums nehmen im Unterschied dazu an, dass eine Rechtslage vorliegen müsse, die ohne Ergänzung des Vertrags keine angemessene, den typischen Interessen der Vertragsparteien Rechnung tragende Lösung biete (vgl. BAG 28. November 2007 - 5 AZR 992/06 - Rn. 27, AP BGB § 307 Nr. 33 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 30; 25. April 2007 - 5 AZR 627/06 - Rn. 26, BAGE 122, 182; Linck FS Bauer S. 645, 657; Schlewing NZA-Beilage 2/2012, 33, 36 ff.; Schmidt NZA 2004, 1002, 1009; Uffmann RdA 2011, 154, 160 f.).

58

(cc) Die Frage kann hier offenbleiben, weil die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten nach § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB und damit auch der gebotene Arbeitnehmerschutz angemessen zu berücksichtigen sind(vgl. BAG 14. Januar 2009 - 3 AZR 900/07 - Rn. 27 f., BAGE 129, 121). Kirchliche Arbeitsvertragsregelungen entstehen auf dem Dritten Weg (vgl. BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 170/08 - Rn. 49 f.; 19. November 2009 - 6 AZR 561/08 - Rn. 11, AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 53 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 12). § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB soll gerade auch den Besonderheiten des kirchlichen Arbeitsrechts Rechnung tragen(vgl. BT-Drucks. 14/7052 S. 189). Eine Dynamisierung kirchlicher Arbeitsvertragsregelungen liegt zudem im Interesse der kirchlichen Arbeitnehmer, die an der im Regelfall für sie günstigen Entwicklung teilhaben sollen. Sie kann in der verfassten Kirche und in kirchlichen Einrichtungen jedoch nicht durch eine unmittelbar und zwingend wirkende tarifliche Bindung herbeigeführt werden (vgl. BAG 8. Juni 2005 - 4 AZR 412/04 - zu II 2 a aa der Gründe, AP MitarbeitervertretungsG-EK Rheinland-Westfalen § 42 Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 6). Auch um das grundgesetzlich gewährleistete Selbstbestimmungsrecht der Kirchen und kirchlichen Einrichtungen wirksam werden zu lassen, ist als arbeitsrechtliche Besonderheit zumindest eine ergänzende Vertragsauslegung geboten, die den Dritten Weg ermöglicht.

59

(aaa) Im Fall der Unwirksamkeit von § 2 Abs. 3 Satz 1 des Dienstvertrags weist dieser eine Regelungslücke iSe. planwidrigen Unvollständigkeit auf (vgl. dazu BAG 14. Dezember 2011 - 4 AZR 179/10 - Rn. 30; 21. April 2009 -  3 AZR 640/07  - Rn. 33, BAGE 130, 202 ). Die gewollte Dynamik der Bezugnahme in § 2 des Dienstvertrags entfällt.

60

(bbb) Durch ergänzende Vertragsauslegung tritt an die Stelle der lückenhaften Vertragsbedingung die Gestaltung, die die Parteien bei einer angemessenen Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Lückenhaftigkeit des Vertrags bekannt gewesen wäre (st. Rspr., vgl. BAG 17. April 2012 - 3 AZR 803/09 - Rn. 31; 14. Dezember 2011 - 4 AZR 179/10 - Rn. 34; 25. April 2007 -  5 AZR 627/06  - Rn. 26, BAGE 122, 182). Maßgebender Zeitpunkt für die Feststellung und Bewertung des mutmaßlichen Parteiwillens und der Interessenlage ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Die ergänzende Vertragsauslegung schließt eine anfängliche Regelungslücke rückwirkend (vgl. BAG 19. Mai 2010 - 4 AZR 796/08 - Rn. 31, BAGE 134, 283 ; BGH 12. Oktober 2005 - IV ZR 162/03 - zu B IV 1 b der Gründe, BGHZ 164, 297). Zunächst ist an den Vertrag selbst anzuknüpfen. Die in ihm enthaltenen Regelungen und Wertungen, sein Sinn und Zweck sind der Ausgangspunkt der Vertragsergänzung. Soweit möglich, sind Lücken durch ergänzende Vertragsauslegung in der Weise auszufüllen, dass die Grundzüge des konkreten Vertrags „zu Ende gedacht werden“ (vgl. BGH 20. September 1993 - II ZR 104/92 - zu 2 der Gründe, BGHZ 123, 281).

61

(ccc) Die Vertragsparteien hätten bei Kenntnis der Unwirksamkeit der Dynamik der Bezugnahmeklausel infolge des bischöflichen Letztentscheidungsrechts eine Verweisung ohne Bezug auf ein solches Letztentscheidungsrecht vorgenommen. Das Interesse der Beklagten bestand darin, Arbeitsbedingungen ohne Änderungskündigung an veränderte Umstände anpassen zu können. Dasselbe Interesse bestand beim Arbeitnehmer, der mit der Dynamisierung an positiven Änderungen, etwa Entgelterhöhungen, teilnimmt (vgl. BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 22, BAGE 135, 163; 22. Juli 2010 - 6 AZR 170/08 - Rn. 50).

62

e) Der Beschluss der Unterkommission vom 22./23. Oktober 2007 und der am 28. November 2008 im Kirchlichen Amtsblatt des Bistums Essen veröffentlichte Beschluss der Regionalkommission wurden wirksam gefasst.

63

aa) Der Beschluss der Unterkommission vom 22./23. Oktober 2007 kam wirksam zustande.

64

(1) Er ist formell wirksam.

65

(a) Der Beschluss wurde nach der Subdelegation in §§ 12 bis 14 AK-Ordnung 2004 iVm. § 8 Abs. 2 Satz 1 Ziff. 2, § 9 UK-Ordnung durch die Unterkommission als zuständiges Gremium gefasst.

66

(b) Er wurde nach § 9 Abs. 2 UK-Ordnung iVm. § 21 AK-Ordnung 2004 nach den Richtlinien für die Inkraftsetzung der Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen Kommission wirksam in Kraft gesetzt und am 16. November 2007 im Kirchlichen Amtsblatt des Bistums Essen veröffentlicht.

67

(c) Der Beschluss ist nicht deswegen unwirksam, weil er nach seiner Inkraftsetzung nicht nach § 21 AK-Ordnung 2004 in der Verbandszeitschrift „neue caritas“ oder nach § 2 Abs. 3 Satz 1 des Dienstvertrags in der „Caritas-Korrespondenz“ veröffentlicht wurde.

68

(aa) Der Verstoß gegen § 21 AK-Ordnung 2004 berührt die Wirksamkeit der Inkraftsetzung nicht. Das Gebot der Veröffentlichung in der Zeitschrift „neue caritas“ dient dazu, den Arbeitnehmern Kenntnis von den Änderungen der Arbeitsvertragsregelungen zu verschaffen. Es ähnelt der Pflicht zur Bekanntgabe eines Tarifvertrags aus § 8 TVG. Für diese Bestimmung ist anerkannt, dass das Auslegen des Tarifvertrags kein konstitutives Wirksamkeitserfordernis ist (vgl. BAG 22. Januar 2008 - 9 AZR 416/07 - Rn. 38, AP TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 191 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 190; 23. Januar 2002 - 4 AZR 56/01 - zu 5 der Gründe, BAGE 100, 225). Das gilt auch hier. Die AVR sind zwar keine Tarifverträge. Sie unterliegen aber einem ähnlichen Prüfungsmaßstab (vgl. BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 31, BAGE 135, 163; 22. Juli 2010 - 6 AZR 170/08 - Rn. 56 und 61).

69

(bb) Der Beschluss der Unterkommission vom 22./23. Oktober 2007 verstößt auch nicht gegen § 2 Abs. 3 Satz 1 des Dienstvertrags, der die Veröffentlichung des Beschlusses in der „Caritas-Korrespondenz“ nennt. Auch insoweit handelt es sich nicht um ein konstitutives Wirksamkeitserfordernis. Dafür spricht insbesondere die abweichende Handhabung der Parteien. Nach den bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat der Kläger die durch Veröffentlichung im Kirchlichen Amtsblatt in Kraft gesetzten dynamischen Änderungen der AVR widerspruchslos akzeptiert, etwa für die Einmalzahlungen 2006, 2007 und 2008. Damit haben die Parteien der von der Klausel vorgesehenen Veröffentlichung in den Verbandszeitschriften übereinstimmend den Inhalt beigemessen, dass die Inkraftsetzung und Veröffentlichung im Kirchlichen Amtsblatt genügt, um die Änderung in ihrem Arbeitsverhältnis maßgeblich werden zu lassen. Selbst wenn es sich dabei um eine konkludente Vertragsänderung handeln sollte, ginge diese übereinstimmende Vorstellung wie eine Individualvereinbarung nach § 305b BGB dem Ergebnis auch einer objektiven Auslegung vor(vgl. BAG 24. September 2008 - 6 AZR 76/07 - Rn. 25, BAGE 128, 73; BGH 9. März 1995 - III ZR 55/94 - zu II 2 der Gründe, BGHZ 129, 90).

70

(2) Der am 16. November 2007 im Kirchlichen Amtsblatt des Bistums Essen veröffentlichte Beschluss ist materiellrechtlich wirksam. Er verstößt nicht gegen die nach §§ 307 ff. BGB vorzunehmende Rechtskontrolle. Auch sonstige Unwirksamkeitsgründe, etwa ein Verstoß gegen die Bandbreitenregelung oder die Nebenbestimmungen, sind nicht gegeben.

71

(a) Die Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB beschränkt sich bei dynamisch in Bezug genommenen kirchlichen Arbeitsvertragsregelungen auf eine Rechtskontrolle, wenn die AVR - wie hier - auf dem Dritten Weg nach den einschlägigen Organisations- und Verfahrensvorschriften von einer paritätisch mit weisungsunabhängigen Mitgliedern besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossen wurden. Die paritätische Besetzung und die Unabhängigkeit der Mitglieder der Arbeitsrechtlichen Kommission gewährleisten, dass die Arbeitgeberseite ihre Interessen bei der Festlegung des Inhalts der Arbeitsbedingungen nicht einseitig durchsetzen kann. Dabei handelt es sich um eine im Arbeitsrecht geltende Besonderheit iSv. § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB, die durch eine bloße Rechtskontrolle angemessen zu berücksichtigen ist. Maßstab der Rechtskontrolle ist wie bei Tarifverträgen, ob die Regelung gegen die Verfassung, höherrangiges zwingendes Recht oder die guten Sitten verstößt (vgl. BAG 19. April 2012 - 6 AZR 677/10 - Rn. 24; 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 31 f., BAGE 135, 163; 22. Juli 2010 - 6 AZR 170/08 - Rn. 61 f.).

72

(b) Die Regelung verletzt das sich aus Art. 20 GG ergebende Rückwirkungsverbot entgegen der Auffassung des Klägers nicht. Bei der Prüfung sind dieselben Maßstäbe anzulegen wie bei Tarifverträgen (vgl. BAG 24. März 2011 - 6 AZR 765/09 - Rn. 18).

73

(aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts tragen tarifvertragliche Regelungen auch während der Laufzeit des Tarifvertrags den immanenten Vorbehalt in sich, rückwirkend durch Tarifvertrag geändert zu werden (vgl. BAG 24. März 2011 - 6 AZR 765/09 - Rn. 19; 27. Oktober 2010 - 10 AZR 410/09 - Rn. 17, ZTR 2011, 172; 21. September 2010 - 9 AZR 515/09 - Rn. 45, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 49). Dabei ist die Gestaltungsfreiheit der Tarifvertragsparteien zur rückwirkenden Änderung nur durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes der Normunterworfenen begrenzt. Es gelten die gleichen Regeln wie nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu der Rückwirkung von Gesetzen. Ob und ab wann die Tarifunterworfenen mit einer tariflichen Neuregelung rechnen müssen, ist eine Frage des Einzelfalls. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist das Vertrauen in die Fortgeltung einer Tarifnorm dann nicht mehr schutzwürdig, wenn und sobald die Normunterworfenen mit einer Änderung rechnen müssen (vgl. BAG 24. März 2011 - 6 AZR 765/09 - aaO; 22. Oktober 2003 - 10 AZR 152/03 - zu II 3 a der Gründe, BAGE 108, 176).

74

(bb) Die jährliche Weihnachtszuwendung wurde nach Anlage 1 Abschn. XIV Buchst. f AVR am 1. Dezember des laufenden Kalenderjahres fällig. Zuvor entstand der Anspruch auch nicht, wie Anlage 1 Abschn. XIV Buchst. a Nr. 1 AVR zeigt. Danach setzt der Anspruch voraus, dass der Mitarbeiter am 1. Dezember des laufenden Kalenderjahres in einem Dienst- oder Ausbildungsverhältnis steht. Der Beschluss, die Weihnachtszuwendung 2007 zu streichen, trat bereits am 23. Oktober 2007 in Kraft und wurde am 16. November 2007 veröffentlicht. Ein etwaiges Vertrauen des Klägers auf den Fortbestand des Anspruchs war nicht schutzwürdig. Nachdem in § 8 Abs. 2 Satz 1 Ziff. 2 UK-Ordnung idF vom 17. März 2005 ausdrücklich die Möglichkeit einer Absenkung der Weihnachtszuwendung vorgesehen war, musste der Kläger mit ihr rechnen. Bei der Absenkung handelt es sich um eine Veränderung, wie sie als Reaktion auf eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage oder der Wettbewerbssituation nicht ungewöhnlich ist (vgl. BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 170/08 - Rn. 41).

75

(c) Die Absenkung der Weihnachtszuwendung durch den Beschluss der Unterkommission für das Jahr 2007 war nach der ausdrücklichen Regelung in § 8 Abs. 2 Satz 1 Ziff. 2 UK-Ordnung zulässig.

76

(aa) Entgegen der Ansicht des Klägers lässt eine „Absenkung“ iSv. § 8 Abs. 2 Satz 1 Ziff. 2 UK-Ordnung auch eine Verringerung „auf Null“ zu. Der Begriff enthält keine Untergrenze. Daher war es auch möglich, den Anspruch vollständig auszuschließen.

77

(bb) Es ist nicht festgestellt, dass über die Bandbreite des § 8 Abs. 2 Satz 2 UK-Ordnung, wonach die Maßnahme aus Ziff. 1 bis 4 für das einzelne Dienstverhältnis in der Summe eine Absenkung von 15 % der Dienstbezüge nicht überschreiten darf, hinausgegangen wäre. Der Kläger hat insoweit auch keine konkrete (Gegen-)Rüge erhoben.

78

(d) Ob ein Verstoß gegen die im Beschluss der Unterkommission vom 22./23. Oktober 2007 genannten Nebenstimmungen vorliegt, kann offenbleiben. Es fehlt an jeglichen Anhaltspunkten dafür, dass eine Verletzung der Nebenbestimmungen die Unwirksamkeit des Ausschlusses der Weihnachtszuwendung zur Folge hätte.

79

(e) Bei dem Anspruch auf Weihnachtszuwendung handelt es sich auch nicht um einen im Gegenseitigkeitsverhältnis stehenden Entgeltanspruch, der vom Kläger „pro rata temporis“ hätte erworben werden können. Voraussetzung für die Entstehung des Anspruchs ist, dass der Arbeitnehmer am 1. Dezember im Arbeitsverhältnis steht. Das hindert die Annahme eines ratierlich entstehenden Anspruchs. An dem Stichtag des 1. Dezember und der weiteren Anspruchsvoraussetzung in Anlage 1 Abschn. XIV Buchst. a Nr. 3 AVR wird deutlich, dass ein gewisses Maß an Betriebstreue erfüllt sein muss, um den Anspruch entstehen zu lassen. Nach Anlage 1 Abschn. XIV Buchst. a Nr. 3 AVR steht dem Arbeitnehmer die Zuwendung nur zu, wenn er nicht in der Zeit bis 31. März des folgenden Kalenderjahres aus seinem Verschulden oder auf eigenen Wunsch ausscheidet. Damit wird ein weiter gehender Zweck verfolgt als nur das Ziel, geleistete Arbeit zu honorieren (vgl. BAG 24. März 2011 - 6 AZR 765/09 - Rn. 19 und 29).

80

bb) Auch der Anspruch auf Weihnachtszuwendung für das Jahr 2008 ist wegen des am 28. November 2008 im Kirchlichen Amtsblatt des Bistums Essen veröffentlichten Beschlusses der Regionalkommission nicht entstanden.

81

(1) Die dynamische Bezugnahmeklausel erfasst jedenfalls nach ergänzender Vertragsauslegung auch den aufgrund von § 11 Abs. 1 AK-Ordnung 2008 ergangenen Beschluss der Regionalkommission zur Absenkung der Weihnachtszuwendung.

82

(2) Die Delegiertenversammlung war nach § 1 der AK-Ordnung 2008 iVm. § 9 Abs. 3 der Satzung des Deutschen Caritasverbands idF vom 18. Oktober 2005 dazu berechtigt, die AK-Ordnung zu erlassen.

83

(3) Der aufgrund der AK-Ordnung ergangene Beschluss der Streichung der Weihnachtszuwendung für das Jahr 2008 wurde formell und materiell wirksam durch die Regionalkommission gefasst und in Kraft gesetzt.

84

(a) Die Regionalkommission überschritt ihren Regelungsspielraum nicht. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ist nicht dadurch verletzt, dass der am 28. November 2008 veröffentlichte Beschluss „Mitarbeiter nach Anlage 7 AVR“ - die Auszubildenden - von der Streichung der Weihnachtszuwendung ausnahm.

85

(aa) Der Senat muss nicht darüber entscheiden, ob Beschlüsse der Regionalkommission, die auf dem Dritten Weg zustande gekommen sind, am arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu messen sind (offengelassen von BAG 21. Oktober 2009 - 10 AZR 786/08 - Rn. 51, AP AVR Caritasverband Anlage 1 Nr. 5; 8. Juni 2005 - 4 AZR 417/04 - zu B II 1 d der Gründe; bejahend KAGH 16. Dezember 2011 - K 09/11 - zu B II 1 b der Gründe, ZMV 2012, 95).

86

(bb) Der Kläger ist als Arbeitnehmer nicht vergleichbar mit Auszubildenden (vgl. dazu ausführlich BAG 21. Oktober 2009 - 10 AZR 786/08 - Rn. 49, AP AVR Caritasverband Anlage 1 Nr. 5). Er erhält seine Vergütung als Gegenleistung für die erbrachte Arbeit, während die Ausbildungsvergütung nach § 17 BBiG den Auszubildenden neben einer gewissen „Entlohnung“ bei der Lebenshaltung unterstützen und die Heranbildung eines ausreichenden Nachwuchses an qualifizierten Fachkräften gewährleisten soll(vgl. zu diesen drei Funktionen BAG 21. Oktober 2009 - 10 AZR 786/08 - Rn. 52, aaO; 19. Februar 2008 - 9 AZR 1091/06 - Rn. 18, BAGE 126, 12).

87

(b) Der Ausschluss der Weihnachtszuwendung für das Jahr 2008 verstößt nicht gegen eine vorgegebene Bandbreite. Die Regionalkommission hatte weder die in § 10 AK-Ordnung 2008 vorgegebene Bandbreite von 15 % nach oben und unten noch den Beschluss der Bundeskommission von Juni 2008 mit der Bandbreite von 0,1 % zu beachten. Das ergibt sich aus dem Zusammenhang der Regelungen. Es kommt nicht darauf an, ob die Regionalkommission binnen drei Monaten über den Antrag der Beklagten auf Aufhebung der Weihnachtszuwendung 2008 entschied.

88

(aa) § 10 AK-Ordnung 2008 regelt die Zuständigkeiten der Bundeskommission und grenzt sie von denen der Regionalkommissionen ab.

89

(aaa) Aufgrund von § 10 Abs. 2 AK-Ordnung 2008 sind die Regionalkommissionen ausschließlich zuständig für die Festlegung aller Vergütungsbestandteile. In § 10 Abs. 1 Satz 2 AK-Ordnung 2008 sind für den Fall der Regelung durch die zuständige Regionalkommission Bandbreiten vorgegeben. Diese Bandbreiten haben die Regionalkommissionen bei den Beschlüssen für ihre Region zu beachten oder nach § 10 Abs. 4 AK-Ordnung 2008 einen Antrag auf Abweichung bei der Bundeskommission zu stellen.

90

(bbb) Davon abzugrenzen sind Beschlüsse, die aufgrund von § 11 AK-Ordnung 2008 auf Antrag einer bestimmten Einrichtung oder einer Mitarbeitervertretung von der Regionalkommission gefasst werden. Der Antrag nach § 11 Abs. 1 Satz 1 AK-Ordnung 2008 ist darauf gerichtet, „von den durch die Regionalkommission festgelegten Regelungen der Höhe aller Vergütungsbestandteile … abzuweichen“. Ein solcher Antrag ist - wie die Beklagte in der Berufungsinstanz durch eine Stellungnahme des Geschäftsführers der Arbeitsrechtlichen Kommission des Deutschen Caritasverbands e. V. ausgeführt hat - nur dann sinnvoll, wenn von den bisherigen Beschlüssen der Regionalkommission, die unter Beachtung der Bandbreiten in § 10 Abs. 1 AK-Ordnung 2008 ergangen sind, abgewichen werden soll. Sonst „liefe“ die einrichtungsspezifische Regelung, die noch konkretere betriebliche Lösungen ermöglichen soll, „leer“, weil dieselben Bandbreiten zu beachten wären.

91

(ccc) Der Beschluss der Bundeskommission von Juni 2008 erging aufgrund von § 10 Abs. 1 Satz 3 AK-Ordnung 2008. Er bezieht sich ausschließlich auf die in § 10 Abs. 1 Satz 2 AK-Ordnung 2008 vorgegebene Bandbreite, nicht auf einrichtungsspezifische Regelungen aus § 11 Abs. 1 AK-Ordnung 2008.

92

(bb) Nicht entscheidend ist, ob die Regionalkommission binnen dreier Monate über den Antrag der Beklagten auf einrichtungsspezifische Aufhebung der Weihnachtszuwendung 2008 befand. Die Dreimonatsfrist des § 11 Abs. 2 Satz 1 AK-Ordnung 2008 soll ersichtlich nur die Regionalkommission zur Eile bei der Entscheidung über den Antrag anhalten. Die Regelung enthält keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass eine Überschreitung der Frist die Unwirksamkeit des getroffenen Beschlusses zur Folge haben soll.

93

II. Ein Anspruch des Klägers ergibt sich schließlich nicht aus dem Altersteilzeitarbeitsvertrag vom 22. November 2005. In § 3 Abs. 1 ist lediglich geregelt, dass der Kläger für die Dauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses Entgelt nach § 4 der Anlage 17 zu den AVR erhält. Daraus folgt kein Anspruch auf die Weihnachtszuwendung. Der Altersteilzeitarbeitnehmer nimmt in der Arbeits- und in der Freistellungsphase an Entgelterhöhungen und Vergütungsverringerungen aufgrund der dynamischen Verweisungsklausel in § 2 Abs. 3 Satz 1 des Dienstvertrags teil(vgl. für tarifliche Ansprüche BAG 19. April 2012 - 6 AZR 14/11 - Rn. 53). Inwieweit der in § 5 der Anlage 17 zu den AVR geregelte Mindestnettobetrag durch die Streichung der Weihnachtszuwendung unterschritten sein soll, hat der Kläger nicht nachvollziehbar dargelegt.

94

B. Der unterlegene Kläger hat nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Gallner    

        

    Spelge    

        

        

        

    Jerchel    

        

    Hoffmann    

                 

In Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist insbesondere unwirksam

1.
(Annahme- und Leistungsfrist)eine Bestimmung, durch die sich der Verwender unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Fristen für die Annahme oder Ablehnung eines Angebots oder die Erbringung einer Leistung vorbehält; ausgenommen hiervon ist der Vorbehalt, erst nach Ablauf der Widerrufsfrist nach § 355 Absatz 1 und 2 zu leisten;
1a.
(Zahlungsfrist)eine Bestimmung, durch die sich der Verwender eine unangemessen lange Zeit für die Erfüllung einer Entgeltforderung des Vertragspartners vorbehält; ist der Verwender kein Verbraucher, ist im Zweifel anzunehmen, dass eine Zeit von mehr als 30 Tagen nach Empfang der Gegenleistung oder, wenn dem Schuldner nach Empfang der Gegenleistung eine Rechnung oder gleichwertige Zahlungsaufstellung zugeht, von mehr als 30 Tagen nach Zugang dieser Rechnung oder Zahlungsaufstellung unangemessen lang ist;
1b.
(Überprüfungs- und Abnahmefrist)eine Bestimmung, durch die sich der Verwender vorbehält, eine Entgeltforderung des Vertragspartners erst nach unangemessen langer Zeit für die Überprüfung oder Abnahme der Gegenleistung zu erfüllen; ist der Verwender kein Verbraucher, ist im Zweifel anzunehmen, dass eine Zeit von mehr als 15 Tagen nach Empfang der Gegenleistung unangemessen lang ist;
2.
(Nachfrist)eine Bestimmung, durch die sich der Verwender für die von ihm zu bewirkende Leistung abweichend von Rechtsvorschriften eine unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Nachfrist vorbehält;
3.
(Rücktrittsvorbehalt)die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, sich ohne sachlich gerechtfertigten und im Vertrag angegebenen Grund von seiner Leistungspflicht zu lösen; dies gilt nicht für Dauerschuldverhältnisse;
4.
(Änderungsvorbehalt)die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist;
5.
(Fingierte Erklärungen)eine Bestimmung, wonach eine Erklärung des Vertragspartners des Verwenders bei Vornahme oder Unterlassung einer bestimmten Handlung als von ihm abgegeben oder nicht abgegeben gilt, es sei denn, dass
a)
dem Vertragspartner eine angemessene Frist zur Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung eingeräumt ist und
b)
der Verwender sich verpflichtet, den Vertragspartner bei Beginn der Frist auf die vorgesehene Bedeutung seines Verhaltens besonders hinzuweisen;
6.
(Fiktion des Zugangs)eine Bestimmung, die vorsieht, dass eine Erklärung des Verwenders von besonderer Bedeutung dem anderen Vertragsteil als zugegangen gilt;
7.
(Abwicklung von Verträgen)eine Bestimmung, nach der der Verwender für den Fall, dass eine Vertragspartei vom Vertrag zurücktritt oder den Vertrag kündigt,
a)
eine unangemessen hohe Vergütung für die Nutzung oder den Gebrauch einer Sache oder eines Rechts oder für erbrachte Leistungen oder
b)
einen unangemessen hohen Ersatz von Aufwendungen verlangen kann;
8.
(Nichtverfügbarkeit der Leistung)die nach Nummer 3 zulässige Vereinbarung eines Vorbehalts des Verwenders, sich von der Verpflichtung zur Erfüllung des Vertrags bei Nichtverfügbarkeit der Leistung zu lösen, wenn sich der Verwender nicht verpflichtet,
a)
den Vertragspartner unverzüglich über die Nichtverfügbarkeit zu informieren und
b)
Gegenleistungen des Vertragspartners unverzüglich zu erstatten;
9.
(Abtretungsausschluss)eine Bestimmung, durch die die Abtretbarkeit ausgeschlossen wird
a)
für einen auf Geld gerichteten Anspruch des Vertragspartners gegen den Verwender oder
b)
für ein anderes Recht, das der Vertragspartner gegen den Verwender hat, wenn
aa)
beim Verwender ein schützenswertes Interesse an dem Abtretungsausschluss nicht besteht oder
bb)
berechtigte Belange des Vertragspartners an der Abtretbarkeit des Rechts das schützenswerte Interesse des Verwenders an dem Abtretungsausschluss überwiegen;
Buchstabe a gilt nicht für Ansprüche aus Zahlungsdiensterahmenverträgen und die Buchstaben a und b gelten nicht für Ansprüche auf Versorgungsleistungen im Sinne des Betriebsrentengesetzes.

(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.

(2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.

(3) (weggefallen)

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.