Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 06. Nov. 2017 - 2 Sa 30/17

bei uns veröffentlicht am06.11.2017

Tenor

1. Unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichtes Schwerin vom 05.01.2017 (6 Ca 809/16) wird die Beklagte auch verurteilt

a) 892,13 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2013 zu zahlen;

b) 1.014,97 € brutto zuzüglich Zinsen in vorgenannter Höhe seit dem 01.12.2014 zu zahlen;

c) 1.056,27 € brutto zuzüglich Zinsen in vorgenannter Höhe seit dem 01.12.2015 zu zahlen.

2. Die Kosten des Rechtsstreites trägt die Beklagte.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

In einem inzwischen wegen Rentenbezugs beendeten Arbeitsverhältnis streiten die Parteien noch um die tarifliche Jahressonderzahlung (Weihnachtsgeld) aus den Jahren 2013, 2014 und 2015. Insoweit beruft sich die Beklagte auf Verfall der Forderung wegen nicht rechtzeitiger Geltendmachung.

2

Der im März 1954 geborene Kläger ist seit Oktober 1987 in dem Krankenhaus in A-Stadt tätig, zuletzt als Technischer Mitarbeiter. Nach der Landesgründung 1990 wurde das Krankenhaus zunächst als Kreiskrankenhaus fortgeführt. Später ist es auf den Landesverband des Deutschen Roten Kreuzes e.V. übertragen worden. Der Landesverband hat sodann das Krankenhaus im Jahre 1999 in eine eigens dafür gegründete GmbH, die hiesige Beklagte, überführt. Der Arbeitsvertrag mit der Beklagten vom 22. Juni 2000, der im Arbeitsverhältnis der Parteien bis zuletzt maßgebend war, lautet auszugsweise wörtlich (wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zur Akte gelangte Kopie des Dokuments, hier Blatt 10 ff, Bezug genommen):

3

"§ 3 Vergütung

1. Der Mitarbeiter wird in die Vergütungsgruppe 05 c Stufe 9 eingestuft.

2. Die Vergütung erfolgt entsprechend dem Tarifvertrag Ost über Arbeitsbedingungen für Angestellte, Arbeiter und Auszubildende des Deutschen Roten Kreuzes.

§ 4 Sonstige Regelungen

1. Sofern in diesem Änderungsvertrag nichts Abweichendes geregelt ist, gelten für das Arbeitsverhältnis die Arbeitsbedingungen für Angestellte, Arbeiter und Auszubildende des Deutschen Roten Kreuzes (DRK-Arbeitsbedingungen) in ihrer jeweils gültigen Fassung.

… "

4

2007 haben die Parteien im Rahmen eines Änderungsvertrages vereinbart, das Arbeitsverhältnis als Teilzeitarbeitsverhältnis mit 37,5 Stunden fortzuführen. Diese Regelung galt bis zum Ende der Zusammenarbeit und damit auch im Streitzeitraum 2013 bis 2015.

5

Bei den Einrichtungen des Deutschen Roten Kreuzes (nachfolgend DRK) fanden auf die Arbeitsverhältnisse entweder die vom Bundesvorstand des DRK verabschiedeten, nach den Gebieten "West" und "Ost" getrennten "Arbeitsbedingungen" oder die jeweiligen Tarifverträge für die Tarifgebiete "West" und "Ost", die sich bis 2007 weitgehend an den Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes orientierten, Anwendung. Dabei waren seit den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts die Texte der Tarifverträge und der einseitig vom Arbeitgeber gesetzten Arbeitsbedingungen über lange Jahre wortgleich, da die tariflichen Regelungen vom DRK-Bundesvorstand stets in die Arbeitsbedingungen übernommen wurden.

6

Seit dem 1. Januar 2007 ist der zwischen der Bundestarifgemeinschaft des Deutschen Roten Kreuzes und der Gewerkschaft ver.di geschlossene DRK-Reformtarifvertrag vom 22. Dezember 2006 (hier mit ReformTV abgekürzt bezeichnet) in Kraft, der bundesweit einheitliche Tarifregelungen zum Inhalt hat. Spätestens mit dem Abschluss ReformTV und des darauf bezogenen Überleitungstarifvertrages (TVÜ) gibt es den Gleichlauf zwischen den vom Arbeitgeber einseitig erlassenen Arbeitsbedingungen und den tariflichen Absprachen nicht mehr. Die Arbeitsbedingungen (Ost) des DRK wurden zuletzt im Jahr 2000 geändert.

7

Die Beklagte hat den Kläger seit dem Jahr 2000 und auch im Streitzeitraum 2013 bis 2015 nach der Vergütungsgruppe 05 c Stufe 9 vergütet. Aus den Lohnabrechnungen ergibt sich, dass sich dies auf "BAT/VKA Angestellte (Kommunen)" beziehen soll. Danach hat der Kläger 2013, 2014 und 2015 eine monatliche Vergütung in Höhe von 2.179,24 Euro brutto bezogen, die sich aus der Grundvergütung (1.585,25 Euro brutto), dem Ortszuschlag (484,48 Euro brutto), einer Tarifzulage (46,78 Euro brutto) sowie einer Gehaltsanpassung Tarif (42,73 Euro brutto) zusammengesetzt hatte. Als Sonderzuwendung bzw. als Weihnachtsgeld hat der Kläger 2013 von der Beklagten zusätzlich einen Betrag in Höhe von 1.625,03 Euro brutto erhalten, im Jahre 2014 in Höhe von 1.590,91 Euro brutto und im Jahre 2015 in Höhe von 1.573,32 Euro brutto.

8

Mit einem Schreiben der Gewerkschaft ver.di, der der Kläger angehört, vom 30. September 2013 (Kopie als Anlage K 8 zur Akte gelangt, hier Blatt 126), das der Beklagten noch am selben Tag zugegangen ist, hat der Kläger die Zahlung einer besseren Vergütung geltend gemacht. Ohne Berücksichtigung der ein- und ausleitenden Absätze heißt es dort wörtlich:

9

"Nach dem derzeitig gültigen Tarifvertrag des DRK (DRK-Reformtarifvertrag) wäre [der Kläger] in die Entgeltgruppe 9, Stufe 5 einzugruppieren. Dort liegt die Vergütung bei 3.465,76 € Brutto bei einer Arbeitszeit von 40 Stunden. Auf Grund der wöchentlichen Arbeitszeit [des Klägers] (37,5 Std) verringert sich die Grundvergütung auf 3.249,15 € Brutto. Hiermit machen wir rückwirkend bis einschließlich März 2013 eine Grundvergütung von 3.249,15 € Brutto geltend und fordern Sie auf, die ausstehende Differenz an [den Kläger] zu überweisen. Weiterhin fordern wir Sie auf, ab September 2013 eine Bruttovergütung in Höhe von 3.249,15 € an [den Kläger] zu zahlen."

10

Die Beklagte hat die verlangte Eingruppierung und Zahlung abgelehnt. Mit seiner der Beklagten am 8. November 2013 zugestellten Klage vom 29. Oktober 2013 hatte der Kläger dann zunächst die Vergütungsdifferenzen für die Monate März bis Oktober 2013 in Höhe von monatlich 1.069,91 Euro brutto eingeklagt. Nach Durchführung der Güteverhandlung im November 2013 ist der Rechtsstreit dann noch vor der Kammerverhandlung nach übereinstimmenden Anträgen beider Parteien mit gerichtlicher Verfügung vom 13. Mai 2014 zum Ruhen gebracht worden bis zur Rechtskraft einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in einem ähnlich gelagerten Verfahren gegen die Beklagte (BAG 9. Dezember 2015 – 4 AZR 595/13 – unveröffentlicht; vorausgehend LAG Mecklenburg-Vorpommern 16. April 2013 – 5 Sa 229/12 – und ArbG Schwerin 2. August 2012 – 6 Ca 2576/11).

11

Nach Zustellung des BAG-Urteils, das den Standpunkt des Klägers und seiner Kolleginnen und Kollegen in den parallelen Rechtsstreitigkeiten im Wesentlichen bestätigt hat, hat der Kläger im Mai 2016 die Fortsetzung des Rechtsstreits verlangt und dafür seine Anträge mit Schriftsatz vom 30. September 2016 erweitert und aktualisiert. Er begehrt jetzt nicht mehr die Bezahlung aus der Entgeltgruppe E 9 Stufe 5 ReformTV, sondern nur noch aus der Entgeltgruppe E 8, Stufe 6 ReformTV. Zudem hat er die Teilzeitquote, die sich aus seiner Beschäftigung mit 37,5 Stunden in der Woche ergibt, an das tarifliche Grundmaß von 39 Stunden die Woche bei Vollzeitbeschäftigung (§ 12 Absatz 1 ReformTV) angepasst. Auf dieser Basis verlangt er nunmehr Zahlung für alle Monate im Jahre 2013 ab dem Monat März, für das ganze Jahr 2014 und für das ganze Jahr 2015. Außerdem verlangt der Kläger erstmals mit diesem Schriftsatz Zahlung der offenen Differenzen bei der Jahressonderzahlung (Weihnachtsgeld) für die Jahre 2013, 2014 und 2015 nach § 23 ReformTV.

12

Das Arbeitsgericht Schwerin hat der Klage mit Urteil vom 5. Januar 2017 (6 Ca 809/16) stattgegeben, soweit der Kläger die monatliche Zahlung des Tabellenentgelts fordert. Hinsichtlich der Jahressonderzahlung für die Jahre 2013, 2014 und 2015 hat das Arbeitsgericht die Klage wegen Eingreifens von Ausschlussfristen abgewiesen. Auf dieses Urteil wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes vor dem Arbeitsgericht Bezug genommen.

13

Mit der rechtzeitig eingelegten und fristgemäß begründeten Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren hinsichtlich der Jahressonderzahlung für die drei streitbefangenen Jahre unverändert weiter. Die Beklagte hat kein Rechtsmittel eingelegt.

14

Der Kläger schließt sich dem Arbeitsgericht an, soweit dieses den Arbeitsvertrag dahin ausgelegt hat, dass die arbeitsvertragliche Verweisung bezüglich der Vergütung auf den alten DRK-Tarifvertrag (Ost) inzwischen als dynamische Verweisung auf die Vergütungsregelungen des DRK-Reformtarifvertrags (ReformTV) verstanden werden müsse. Der Kläger verteidigt auch die Auffassung des Arbeitsgerichts, dass sich aus den tariflichen Überleitungsvorschriften die vom Kläger gewünschte Eingruppierung in die Entgeltgruppe E 8, Stufe 6 ReformTV ergebe.

15

Dem Arbeitsgericht könne aber nicht gefolgt werden, soweit es die Klage wegen der Jahressonderzahlung abgewiesen habe. Der Kläger habe sowohl im Rahmen seiner außergerichtlichen Geltendmachung vom 30. September 2013 als auch in seiner Klage nie einen Zweifel daran gelassen, dass er die von ihm für zutreffend erachtete Eingruppierung in die Entgeltgruppe E 8 ReformTV mit allen ihren vergütungsrechtlichen Folgen, die sich aus der tarifgerechten Eingruppierung ergeben, verlangt habe. Das reiche aus, denn damit wäre der Beklagten klar gewesen, in welchem Umfang der Kläger auch zukünftig weitere Zahlung verlangen werde. Es sei dem Kläger nicht zuzumuten gewesen, die Konsequenzen der verlangten Eingruppierung in Bezug auf die Entgeltbestandteile, die neben dem Tabellenentgelt gegebenenfalls zu zahlen sind, im Einzelnen gesondert innerhalb der Ausschlussfristen ausdrücklich geltend zu machen.

16

Das für die Höhe der Jahressonderzahlung maßgebliche tarifliche Monatsentgelt in den Monaten Juli, August und September 2013 habe bei Vollbeschäftigung 2.908,72 Euro brutto betragen. Daraus ergebe sich für den teilzeitbeschäftigten Kläger ein Betrag in Höhe von 2.796,85 Euro brutto (37,5/39 des Tabellenentgelts). Da die Jahressonderzahlung in Höhe von 90 Prozent des Monatsdurchschnitts gezahlt werde, ergebe sich daraus ein Anspruch in Höhe von 2.517,16 Euro brutto. Ziehe man davon den unstreitig erhalten Betrag in Höhe von 1.625,03 Euro brutto ab, ergebe sich eine noch offene Restforderung in Höhe von 892,13 Euro brutto bezogen auf das Jahr 2013.

17

Das für die Höhe der Jahressonderzahlung maßgebliche tarifliche Monatsentgelt in den Monaten Juli, August und September 2014 habe bei Vollbeschäftigung 3.011,25 Euro brutto betragen. Daraus ergebe sich für den teilzeitbeschäftigten Kläger ein Betrag in Höhe von 2.895,43 Euro brutto (37,5/39 des Tabellenentgelts). Da die Jahressonderzahlung in Höhe von 90 Prozent des Monatsdurchschnitts gezahlt werde, ergebe sich daraus ein Anspruch in Höhe von 2.605,88 Euro brutto. Ziehe man davon den unstreitig erhalten Betrag in Höhe von 1.590,91 Euro brutto ab, ergebe sich eine noch offene Restforderung in Höhe von 1.014,97 Euro brutto bezogen auf das Jahr 2014.

18

Das für die Höhe der Jahressonderzahlung maßgebliche tarifliche Monatsentgelt in den Monaten Juli, August und September 2015 habe bei Vollbeschäftigung 3.083,52 Euro brutto betragen. Daraus ergebe sich für den teilzeitbeschäftigten Kläger ein Betrag in Höhe von 2.921,65 Euro brutto (37,5/39 des Tabellenentgelts). Da die Jahressonderzahlung in Höhe von 90 Prozent des Monatsdurchschnitts gezahlt werde, ergebe sich daraus ein Anspruch in Höhe von 2.629,48 Euro brutto. Ziehe man davon den unstreitig erhalten Betrag in Höhe von 1.573,22 Euro brutto ab, ergebe sich eine noch offene Restforderung in Höhe von 1.056,27 Euro brutto bezogen auf das Jahr 2015.

19

Der Kläger beantragt,

20

das arbeitsgerichtliche Urteil, soweit es die Klage abgewiesen hat, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen an den Kläger weitere

21

a) 892,13 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2013 zu zahlen;

22

b) 1.014,97 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2014 zu zahlen;

23

c) 1.056,27 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2015 zu zahlen.

24

Die Beklagte beantragt,

25

die Berufung zurückzuweisen.

26

Die Beklagte verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil soweit das Arbeitsgericht den noch anhängigen Teil der Klage mit Bezug auf das Eingreifen von Ausschlussfristen abgewiesen habe.

27

Weder die außergerichtliche Zahlungsaufforderung aus September 2013 noch die Klage aus November 2013, die sich lediglich auf die Zahlung des monatlichen Tabellenentgelts für die Monate März bis Oktober 21013 bezogen habe, habe der Beklagten einen ausreichenden Hinweis darauf gegeben, dass der Kläger auch eine Neuberechnung und Auszahlung des Weihnachtsgeldes für die Jahre 2013 bis 2015 verlange. Dies sei erstmals aus der Klageerweiterung mit Schriftsatz vom 30. September 2016 deutlich geworden. Zu diesem Zeitpunkt seien die Ansprüche jedoch bereits verfallen gewesen.

28

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die im Berufungsrechtszug überreichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

29

Die Berufung des Klägers ist begründet. Der Kläger hat Anspruch auf weitere Jahressonderzahlung für die Jahre 2013 bis 2015 in der geltend gemachten Höhe und der Anspruch ist nicht verfallen.

I.

30

Der Kläger hat Anspruch auf die eingeklagte Differenzzahlung bezüglich der Jahressonderzahlung nach § 23 ReformTV für die Jahre 2013, 2014 und 2015.

1.

31

Der Kläger hat Anspruch auf tarifliche Vergütung nach den Regelungen des ReformTV und des darauf bezogenen Überleitungstarifvertrages (TVÜ).

32

Zwar gelten die tariflichen Regelungen für das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht normativ (§ 4 Absatz 1 Satz 1 TVG), weil es an der beiderseitigen Tarifgebundenheit der Parteien im Sinne von § 3 Absatz 1 TVG fehlt. Die Beklagte ist nicht tarifgebunden und war es auch zu keiner Zeit. Die Anwendbarkeit der Regelungen des DRK-Reformtarifvertrages ergibt sich jedoch gemäß § 3 des Änderungsvertrages vom 22. Juni 2000 durch arbeitsvertragliche Inbezugnahme.

33

Diese Regelung beinhaltet im Hinblick auf die Arbeitsvergütung eine konstitutive dynamische Verweisung auf diejenige Vergütung, die sich aus der Vergütungsgruppe 05 c Stufe 9 gemäß dem DRK-Tarifvertrag Ost bzw. – seit dem Abschluss des DRK-Reformtarifvertrages mit Wirkung ab 2007 – der entsprechenden Entgeltgruppe nach TVÜ-DRK bzw. dem DRK-Reformtarifvertrag ergibt. Trotz der leicht unterschiedlichen Vertragsformulierung im hiesigen Fall kann insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts in dem vergleichbaren Rechtsstreit gegen die Beklagte verweisen werden (BAG 9. Dezember 2015 – 4 AZR 595/13 – unveröffentlicht). Ergänzend macht sich das Berufungsgericht die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts hierzu zu Eigen.

34

Die Vergütungsregelungen des DRK-Tarifvertrages (Ost) wurden durch § 3 des Arbeitsvertrages auch dynamisch in Bezug genommen. Damit gelten inzwischen auch die Regelungen des DRK-Reformtarifvertrages dynamisch in ihrer jeweiligen Fassung im Arbeitsverhältnis der Parteien. Auch insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz Bezug genommen werden, die sich an die Bewertung der Vertragslage durch das Bundesarbeitsgericht (BAG 9. Dezember 2015 aaO) anlehnen.

35

Nach den tariflichen Überleitungsvorschriften ergibt sich aus der ehemaligen Eingruppierung der klägerischen Tätigkeit in die Vergütungsgruppe 05 c Stufe 9 inzwischen eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe E 8 ReformTV. Die Überleitung aus den Vergütungsgruppen des alten DRK-Tarifvertrages in die Entgeltgruppen des Reformtarifvertrages und die zutreffende Stufenzuordnung ist im TVÜ geregelt (Teil B TVÜ-DRK, Überleitung der Mitarbeiter des DRK in die Entgeltgruppen und Regelungen des Übergangsrechts). Nach Teil B Anlage 1 TVÜ-DRK für am 31. Dezember / 1. Januar 2007 bereits unter Vertrag stehende Beschäftigte, ist für die Vergütungsgruppe Vc nach Aufstieg aus VI b eine Überleitung in die Entgeltgruppe 8 vorgesehen. Aufgrund seiner Beschäftigungszeit ist der Kläger der Stufe 6 zuzuordnen. – Wegen der weiteren Einzelheiten der Überleitung kann auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts, die sich das Berufungsgericht ausdrücklich zu eigen macht, verweisen werden.

2.

36

Die Höhe der Forderung ist vom Kläger für die drei streitgegenständlichen Jahre zutreffend berechnet worden. Insoweit hat die Beklagte auch keine Einwendungen erhoben.

II.

37

Der Beklagten ist es verwehrt, sich gegenüber diesen Zahlungsansprüchen auf Verwirkung durch Eingreifen von Ausschlussfristen zu berufen.

38

Dafür kann dahinstehen, ob die verschiedenen Inbezugnahmen in §§ 3 und 4 des Arbeitsvertrages vom 22. Juni 2000 auf die Ausschlussfristen nach § 65 des DRK-Tarifvertrages Ost (bzw. später auf § 41 ReformTV) einerseits oder auf § 65 der Arbeitsbedingungen DRK Ost andererseits verweisen. Denn nach allen genannten Regelungen, verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von 6 Monaten nach Fälligkeit schriftlich gegenüber dem Arbeitsvertragspartner geltend gemacht werden.

39

Der Kläger hat diese Frist mit seinem Schreiben vom 30. September 2013 für die von ihm wegen der falschen Eingruppierung geltend gemachten Differenzlohnansprüche eingehalten. Er hat in diesem Schreiben eine Vergütung nach dem DRK-Reformtarifvertrag Entgeltgruppe 9 Stufe 5 rückwirkend ab März 2013 sowie eine weitere zukünftige Zahlung nach dieser Eingruppierung gefordert.

40

Entsprechend dem Zweck tariflicher Ausschlussfristen, Rechtssicherheit und Rechtsklarheit zu schaffen, ist für eine wirksame Geltendmachung grundsätzlich erforderlich, dass der Gläubiger seinen Anspruch nach Grund und Höhe so genau wie möglich bezeichnet (vgl. BAG 22. April 2004 — 8 AZR 652/02). Dies ist durch den Kläger mit dem Geltendmachungsschreiben vom 30. September 2013 geschehen. In diesem Schreiben hat der Kläger der Beklagten mitgeteilt, dass er den DRK-Reformtarifvertrag für anwendbar hält, hiernach eingruppiert werden möchte und ein Ausgleich der sich daraus ergebenen Entgeltdifferenzen erwartet. Damit wusste die Beklagte, worauf sich das klägerische Verlangen bezieht. Da es sich um die Anwendung eines der Beklagten kraft ihrer Zugehörigkeit zum Deutschen Roten Kreuz bekannten Tarifvertrages gehandelt hat, war eine nähere Bezifferung der Höhe der klägerischen Ansprüche entbehrlich.

41

Durch das Geltendmachungsschreiben sind auch erst zukünftig fällig werdende Ansprüche auf Differenzentgelt in ausreichendem Maße im tariflichen Sinne geltend gemacht worden. Dafür kann dahinstehen, unter welchen allgemeinen Bedingungen es möglich ist, zukünftige derzeit noch nicht fällige Ansprüche durch ein sozusagen vorsorgliches Schreiben wirksam geltend zu machen. Denn jedenfalls ist es in der Rechtsprechung anerkannt, dass es für Lohndifferenzklagen, die auf einem Anspruch auf Entgelt aus einer bestimmten Entgeltgruppe aufbauen, ausreicht, wenn diese Lohndifferenz und die dahinterstehende Eingruppierungsfrage einmalig geltend gemacht worden ist. Denn damit ist der Streit der Parteien ausreichend umrissen, das Verlangen nach einer monatlichen Erweiterung der Klage oder einer monatlichen nochmaligen schriftlichen Geltendmachung der jüngsten Teilansprüche wäre lediglich unnötige Förmelei. Steht allein ein bestimmtes Element einer bestimmten Art von Ansprüchen in Streit, erfüllt die Aufforderung, dieses zukünftig in konkreter Art und Weise zu beachten, die Funktion einer Inanspruchnahme. Für den Schuldner kann kein Zweifel besteht, was von ihm verlangt wird und der Gläubiger darf ohne weiteres davon ausgehen, dass er seine Obliegenheit zur Geltendmachung genüge getan hat (BAG 16. Januar 2013 — 10 AZR 863/11).

42

Für den vorliegenden Einzelfall ergibt sich ein zusätzliches Argument gegen die Obliegenheit zur fortlaufenden schriftlichen Geltendmachung der jeweils neu fälligen Differenzansprüche auch aus dem einvernehmlichen zeitweisen Ruhen des Rechtsstreits. Durch die Klage vom 29. Oktober 2013 hatte der Kläger zunächst einmal seine Ansprüche bis einschließlich Oktober 2013 ausreichend geltend gemacht. Der als nächstes fällig gewordene Differenzlohnanspruch war der Entgeltanspruch für November 2013. Da nach § 29 Absatz 1 ReformTV das Entgelt zum Ende des laufenden Monats zu zahlen ist, waren die Differenzlohnansprüche für November 2013 ab dem 30. November 2013 fällig. Die 6-monatige Ausschlussfrist lief also bis Ende Mai 2014. Der vom Kläger und von der Beklagten gestellte übereinstimmende Antrag, das Verfahren bis zur Entscheidung des BAG in der Sache 4 AZR 595/13 Ruhen zu lassen, steht also in engem zeitlichen Zusammenhang zu dem drohenden Ablauf der Ausschlussfrist für die Ansprüche aus dem ersten bisher noch nicht rechtshängigen gemachten Teilanspruch aus November 2013. Das Gericht muss also davon ausgehen, dass in dem Begehren, das Verfahren vorläufig nicht weiter zu betreiben, auch der Wille zum Ausdruck kommt, weitere Geltendmachungsschreiben, die ohnehin keinen eigenen Erkenntniswert hätten, zu vermeiden.

43

Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts umfasst die Geltendmachung der zutreffenden Eingruppierung auch den jährlich einmalig zustehenden Anspruch auf die Jahressonderzahlung. Die Jahressonderzahlung gehört ebenso zum regelmäßigen Entgelt wie das monatliche Tabellenentgelt. Im laufenden Arbeitsverhältnis steht es jedem Arbeitnehmer, der sich auf den Tarifvertrag berufen kann, in voller Höhe zu. Soweit der Tarifvertrag eine Reduzierung des Anspruchs in Abhängigkeit von der Anzahl der Monate ohne tatsächliche Beschäftigung im Referenzzeitraum vorsieht, handelt es sich um eine Ausnahme, auf die sich der Arbeitgeber berufen müsste, was hier die Beklagte nicht getan hat. Da der Anspruch demnach allein von der hier streitigen und ausreichend geltend gemachten richtigen Eingruppierung abhängt, ist auch der Anspruch auf die Jahressonderzahlung mit dem außergerichtlichen Schreiben vom 30. September 2013 und der Klage vom 29. Oktober 2013 in ausreichendem Maße schriftlich geltend gemacht worden.

III.

44

Der Zinsanspruch ergibt sich aus dem Gesichtspunkt des Verzuges (§§ 286, 288 BGB).

IV.

45

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte nach § 91 ZPO, da sie den Rechtsstreit nunmehr insgesamt verloren hat. Die Einschränkungen der Kostenerstattung nach § 12a Absatz 1 ArbGG werden dadurch freilich nicht außer Kraft gesetzt.

46

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision aus § 72 ArbGG sind nicht erfüllt.

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

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(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 286 Verzug des Schuldners


#BJNR001950896BJNE027902377 (1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Z

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Tenor 1. Auf die Berufung des Beklagten vom 22.10.2012 wird das Urteil des Arbeitsgerichtes Schwerin vom 02.08.2012 abgeändert, soweit die Beklagte zur Zahlung von 4.077,12 Euro brutto nebst Zinsen verurteilt wurde. Die Klage wird im vollen Umf

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Tenor 1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 10. August 2011 - 18 Sa 96/11 - wird zurückgewiesen.

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Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten vom 22.10.2012 wird das Urteil des Arbeitsgerichtes Schwerin vom 02.08.2012 abgeändert, soweit die Beklagte zur Zahlung von 4.077,12 Euro brutto nebst Zinsen verurteilt wurde.

Die Klage wird im vollen Umfang abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten beider Rechtszüge.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt für die Zeit von Juni 2011 bis Dezember 2011 mehr Geld wegen tariflicher Lohnerhöhungen basierend auf dem sogenannten DRK-Reformtarifvertrag, falscher Eingruppierung oder sittenwidrig niedrigem Entgelt.

2

Die 1980 geborene Klägerin war seit 03.09.2001 bei der Beklagten als Krankenschwester beschäftigt, seit 2004 zu einer wöchentlichen Arbeitszeit von 33,25 Stunden. Sie erhielt zuletzt bei Arbeit in einer Intensivstation etwa 1.682,59 Euro brutto monatlich, darin enthalten 1.543,80 Euro Grundvergütung (Blatt 5) und eine Intensivzulage. Wegen der näheren Einzelheiten der exemplarisch zur Akte gereichten Abrechnung für September 2011 wird auf die Anlage K1, Blatt 8 d. A., verwiesen. Inzwischen arbeitet die Klägerin nicht mehr bei der Beklagten.

3

Im insoweit unveränderten Arbeitsvertrag vom 26.07.2001 heißt es auszugsweise (Blatt 9 – 11):

4

㤠2

5

Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach den Arbeitsbedingungen des DRK(O) in der jeweils gültigen Fassung.

§ 3

6

Die Angestellte ist in die Vergütungsgruppe KR IV (DRK-Tarifvertrag Ost) eingruppiert.“

7

Wegen der im Internet veröffentlichten Satzung des Deutschen Roten Kreuzes e. V. (im Folgenden abgekürzt DRK) Stand 2009 wird verwiesen auf (Blatt 260)

8

http://www.drk.de/fileadmin/Ueber_uns/DRK-Bundessatzung_2009.pdf.

9

Wortlaut und Entwicklung von Arbeitsbedingungen und Tarifverträgen beim DRK sind teilweise im Streit. Unstreitig ist Folgendes: Nach 1989 gab es unterschiedliche DRK-Tarifverträge für die neuen und alten Bundesländer, genannt DRK-Tarifvertrag Ost und DRK-Tarifvertrag West, die sich zu unterschiedlichen Zeiten teils mehr und teils weniger an die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes anlehnten. Die DRK-Arbeitsbedingungen-Ost wurden nach 2000 nicht mehr aktualisiert. Der DRK-Tarifvertrag Ost wurde mit Schreiben vom 04.07.2001 zum 31.12.2001 gekündigt. Mit dem 27. Änderungstarifvertrag wurde mit Wirkung zum 01.01.2007 ein einheitlicher DRK-Tarifvertrag für alle Bundesländer geschaffen, genannt DRK-Reformtarifvertrag, der (auch hinsichtlich der Entgelthöhe) durch Änderungstarifverträge aktualisiert wurde. Der DRK-Reformtarifvertrag enthält andere Eingruppierungsvorschriften als der DRK-Tarifvertrag Ost.

10

Wegen des Wortlautes der auszugsweise zur Akte gereichten DRK-Arbeitsbedingungen-Ost wird auf die Anlage B1, Blatt 68 – 86 d. A., verwiesen. Wegen des Wortlauts von Erklärungen zu den Arbeitsbedingungen aus dem Jahre 2000 wird verwiesen auf die Anlage B2, Blatt 62 – 67 d. A. Wegen in Schriftsätzen erwähnter Daten und Namen von Tarifverträgen nebst zur Akte gereichter dazugehöriger Tabellen und Textauszüge wird verwiesen auf Seite 3 des Schriftsatzes vom 16.02.2012 nebst Anlagen zu dem Schriftsatz, Blatt 26 – 34 d. A., Blatt 5 f. des Schriftsatzes vom 18.12.2012, Blatt 237 f. sowie auf Blatt 272 – 276 d. A..

11

Die Klägerin erhielt nach Nichtfortführung der DRK-Arbeitsbedingungen-Ost Entgelterhöhungen, nach Angaben der Beklagten 141,42 Euro (Blatt 39). Mit Schreiben vom 30.11.2011, der Beklagten am 01.12.2011 zugegangen, begehrt die Klägerin 510,18 Euro monatlich Differenznachzahlung für die letzten drei Jahre unter Bezugnahme auf eine ihr zustehende Bezahlung nach dem DRK-Reformtarifvertrag (Blatt 12). Mit am 30.12.2011 per Fax beim Arbeitsgericht eingegangener Klage vom gleichen Tag fordert die Klägerin mit vergleichbarer Begründung 509,64 Euro monatlich für die Zeit von Januar 2008 bis Dezember 2011 nebst Zinsen.

12

Die Klägerin hat behauptet, ihr seien die DRK-Arbeitsbedingungen-Ost nicht ausgehändigt worden (Blatt 43, 175). Sie hat bestritten, dass die DRK-Arbeitsbedingungen mit den DRK-Tarifverträgen wortlautgleich seien sowie dass in § 65 der DRK-Arbeitsbedingungen-Ost Ausschlussfristen enthalten seien. Hilfsweise bezweifelt sie die Anwendbarkeit dieser Ausschlussfrist (Blatt 43 f.). Sie sei davon ausgegangen, dass auf Grund § 3 ihres Vertrages eine Bezahlung nach den jeweiligen Tarifverträgen des DRK gelte.

13

Die Klägerin hat beantragt:

14

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 24.462,72 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 509,64 Euro seit dem

15

01.02.2008, 01.03.2008, 01.04.2008, 01.05.2008, 01.07.2008, 01.08.2008, 01.09.2008,
01.10.2008, 01.11.2008, 01.12.2008, 01.01.2009;
01.02.2009, 01.03.2009, 01.04.2009, 01.05.2009, 01.06.2009, 01.07.2009, 01.08.2009,
01.10.2009, 01.11.2009, 01.12.2009, 01.01.2010;
01.02.2010, 01.03.2010, 01.04.2010, 01.05.2010, 01.06.2010, 01.07.2010, 01.08.2010,
01.09.2010, 01.10.2010, 01.11.2010, 01.12.2010, 01.01.2011;
01.02.2011, 01.03.2011, 01.04.2011, 01.05.2011, 01.06.2011, 01.07.2011, 01.08.2011,
01.09.2011, 01.10.2011, 01.11.2011, 01.12.2011, 01.01.2012

16

zu zahlen.

17

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

18

Die Beklagte hat vorgetragen, die Klägerin sei gemäß DRK-Tarifvertrag Ost in die Vergütungsgruppe IV b eingruppiert, was bei Vollbeschäftigung eine Vergütung von 1.686,97 Euro ergebe, wegen Teilzeit der Klägerin 1.402,38 Euro (Blatt 38). Die Beklagte ist der Ansicht gewesen, nach § 2 des Arbeitsvertrags richte sich die Bezahlung nach den DRK-Arbeitsbedingungen-Ost. Sie hat sich auf eine Ausschlussfrist berufen und behauptet, der Wortlaut der DRK-Arbeitsbedingungen-Ost entspreche dem DRK-Tarifvertrag Ost und der eingereichten Unterlage (Blatt 155, 36).

19

Das Arbeitsgericht hat die Klage überwiegend abgewiesen wegen Anwendbarkeit einer Ausschlussfrist nach den DRK-Arbeitsbedingungen-Ost. Es hat der Klage nebst Zinsen stattgegeben für die Zeit von Juni 2011 bis Dezember 2011. § 3 des Arbeitsvertrages enthalte hinsichtlich der Vergütungsgruppe eine dynamische Verweisung auf die jeweiligen Bedingungen des DRK-Tarifvertrages Ost. Auf Grund von Unklarheiten gelte nach § 305 c Abs. 2 BGB, dass die Beklagte eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe KR IV des DRK-Tarifvertrages Ost in der jeweiligen Fassung schulde. Nach Nichtfortführung des DRK-Tarifvertrages Ost sei eine Vertragslücke entstanden, die im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung so zu schließen sei, dass nunmehr statt des DRK-Tarifvertrages Ost der DRK-Reformtarifvertrag gelte. Wegen des Wortlautes des Urteils wird ergänzend auf Blatt 171 – 190 der Akte verwiesen.

20

Die Beklagte wendet sich gegen das ihr am 23.08.2012 zugestellte Urteil mit am 22.10.2012 zur Post gegebener und am 24.10.2012 bei Gericht eingegangener und begründeter Berufung. Mit am 25.10.2012 bei Gericht eingegangenem Schreiben beantragt die Beklagte Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand (Blatt 212 – 214).

21

Die Beklagte ist der Ansicht, aus dem Zusammenhang von §§ 2 und 3 des Arbeitsvertrages ergebe sich, dass die Bezahlung sich nach den DRK-Arbeitsbedingungen-Ost zu richten habe. Die DRK-Arbeitsbedingungen-Ost und der DRK-Tarifvertrag Ost seien durch Nichtfortführung bzw. Kündigung statisch geworden. Wegen weiterer Einzelheiten der Begründung wird auf den Schriftsatz vom 22.10.2012 (Blatt 203 – 211) sowie auf den Vortrag in der mündlichen Verhandlung vom 16.04.2013 (Blatt 269) verwiesen.

22

Die Beklagte beantragt neben Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand (Blatt 204, 270, 213):

23

1. Das Urteil des Arbeitsgerichtes Schwerin vom 02.08.2012 (6 Ca 2576/11) ist, soweit es die Berufungsklägerin verpflichtet, an die Berufungsbeklagte einen Betrag in Höhe von 4.077,12 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf jeweils 509,64 Euro seit dem 15.06.2011, 15.07.2011, 15.08.2011, 15.09.2011, 15.10.2011, 15.11.2011, 15.12.2011 und 15.01.2012 zu zahlen, so abzuändern, dass die Klage vom 30.12.2011 im vollen Umfang abgewiesen wird.

24

2. Die Berufungsbeklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

25

3. Die Revision wird zugelassen.

26

Die Klägerin beantragt (Blatt 270, 233), die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

27

Die Klägerin hält das erstinstanzliche Urteil, soweit der Klage stattgegeben wurde, unter Bezugnahme auf den erstinstanzlichen Vortrag für richtig. Insbesondere ergebe sich aus der Nummerierung der Änderungstarifverträge, dass der DRK-Reformtarifvertrag Nachfolger des DRK-Tarifvertrages Ost sei. Für eine Klagstattgabe spreche, dass die Beklagte hinsichtlich der DRK-Arbeitsbedingungen-Ost das Nachweisgesetz nicht eingehalten habe.

28

Erstmalig im Termin am 16. April 2013 rügt die Klägerin eine unkorrekte Eingruppierung und die Sittenwidrigkeit der Bezahlung. Die Eingruppierung sei unzutreffend. Die Klägerin habe als Intensivkrankenschwester gearbeitet. Die Sittenwidrigkeit der vertraglichen Arbeitsbedingungen ergebe sich daraus, dass die Klägerin 1.632,25 Euro brutto Grundvergütung erhalten habe, mit Zulage etwa 1.800,00 Euro. Die Klägerin liege damit deutlich unter 70 Prozent des üblichen Entgelts im öffentlichen Dienst. Dabei sei die Entgeltgruppe 8 zu Grunde zu legen. Das Einstiegsentgelt liege bei 2.515,00 Euro und nach zehnjähriger Berufserfahrung, wie bei der Klägerin, bei etwa 2.700,00 Euro (Blatt 269).

29

Der weiteren Argumentation der Klägerin sowohl zur Zulässigkeit wie auch zur Begründetheit der Berufung wird ergänzend verwiesen auf den Schriftsatz vom 18.12.2012 (Blatt 233 – 238) sowie auf den Vortrag in der mündlichen Verhandlung (Blatt 269 f.).

30

Wegen des Vortrags beider Parteien zu Wortlaut und Inhalt von Regelungen beim DRK wird ergänzend auf den Akteninhalt verwiesen. Wegen Hinweisen und Fragen des Gerichtes wird verwiesen auf Blatt 215 rück, 250 – 252, 270).

Entscheidungsgründe

31

Die Berufung der Beklagten hat Erfolg. Sie ist zulässig, insbesondere rechtzeitig eingereicht (A.). Sie ist begründet. Die Klage ist, soweit sie in der Berufung zur Entscheidung ansteht, teilweise unzulässig bzw. nicht wirksam in den Prozess eingeführt (B. III.) und im Übrigen unbegründet (B. IV., B. V.).

A.

32

Die Berufung ist zulässig.

I.

33

Die Kammer beschließt gemäß § 233 ZPO, der Beklagten antragsgemäß Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand zu gewähren. Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 21.07.2010 darf ein Rechtsmittelführer grundsätzlich darauf vertrauen, dass im Bundesgebiet werktags aufgegebene Postsendungen am folgenden Tag ausgeliefert werden, sofern es nicht Anhaltspunkte für Besonderheiten gibt (4 ZB 73/10, in Juris veröffentlicht, dort Rz. 15). Dem folgt die Kammer und nicht der Argumentation der Klägerin, nach einer Veröffentlichung der Deutschen Post AG sei mit Verspätungen zu rechnen. Die Kammer geht davon aus, dass der Beklagtenvertreter die Entscheidung des Bundesgerichtshofs kennt, nicht jedoch die von der Klägerin geschilderte Praxis der Deutschen Post AG. Dem Gericht ist nicht bekannt, dass innerhalb von Mecklenburg-Vorpommern mit Postlaufzeiten von länger als einem Tag zu rechnen ist. Gegen diesen Beschluss ist kein gesondertes Rechtsmittel gegeben.

II.

34

Damit ist die Berufung rechtzeitig (§ 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG) eingereicht worden. Weitere Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung bestehen nicht.

B.

35

Die Berufung ist begründet. Die Klägerin hat mit keiner ihrer drei Begründungen Erfolg.

I.

36

Die Klage ist zulässig, soweit sie begründet wird mit der Geltung des DRK-Reformtarifvertrages und der dort vorgesehenen Entgelte. Die Klage ist hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 ZPO, insbesondere aufgegliedert auf Monate und rechnerisch erläutert. Der Klaggrund im Sinne von § 253 Abs. 2 ZPO ist ersichtlich, nämlich die Nachholung von tariflichen Entgelterhöhungen.

II.

37

Die Klage ist zulässig, soweit sie begründet wird mit der Sittenwidrigkeit des Entgeltes. Es handelt sich um den gleichen Streitgegenstand wie die Klage mit der Begründung Geltung des DRK-Reformtarifvertrages (zum Begriff des Streitgegenstandes Vollkommer in Zöller, ZPO, 29. Aufl.2012, Einleitung, Rz. 63, 67, 72 – 75). Denn beiden Begründungen liegt der gleiche Sachverhalt zu Grunde: Ein konkretes an die Klägerin gezahltes Entgelt und ein nach Wortlaut des DRK-Reformtarifvertrages zu zahlendes Entgelt. Die erforderliche Berechnung der Klagforderung (Greger in Zöller, ZPO, § 253 ZPO, Rz. 13 a) ist erkennbar. Aus Sicht der Klägerin ist das eingeklagte Entgelt das nach § 612 BGB übliche Entgelt.

III.

38

Die Klage mit der Begründung, die Eingruppierung sei falsch, ist unzulässig, und zwar insbesondere, weil dazu ein neuer Klagantrag erforderlich wäre, der nicht oder nicht zulässig gestellt wurde.

1.

39

Es handelt sich um einen neuen Streitgegenstand. Die zur Begründung der Klage angeführten Tatsachen sind andere als die zur Klage wegen Nichteinhaltung des DRK-Reformtarifvertrages bzw. wegen sittenwidrig niedrigen Entgeltes. Es geht nicht um die Differenz von der Bezahlung nach der Vergütungsgruppe KR IV DRK-Tarifvertrag Ost zur Bezahlung nach der Entgeltgruppe 7 Entgeltstufe 4 DRK-Reformtarifvertrag. Vielmehr geht es darum, ob über die Vergütungsgruppe KR IV DRK-Tarifvertrag Ost hinaus höhere Summen zu zahlen sind bzw. über die Bezahlung nach der Entgeltgruppe 7 Stufe 4 DRK-Reformtarifvertrag hinaus höhere Summen zu zahlen sind wegen einer Tätigkeit, die tariflich anders eingestuft ist als die Tätigkeit einer Krankenschwester.

2.

40

Die Voraussetzungen für die Einführung eines neuen Streitgegenstandes in den Prozess nach §§ 263, 533 ZPO (vgl. Koch in Erf. Kommentar, 13. Auflage 2013, § 67 ArbGG, Rz. 7) sind nicht gegeben. Weder hat die Klägerin fristgerecht einen neuen Klagantrag gestellt noch hat die Beklagte in eine Klagänderung eingewilligt noch hält das Gericht sie für sachdienlich. Klagänderungen in den letzten fünf Stunden vor Urteilsverkündung werden regelmäßig nicht für sachdienlich gehalten. Hier kommt hinzu, dass ein neuer, noch nicht zur Akte gelangter Sachverhalt streiterheblich wäre.

IV.

41

Die Klage ist nicht auf Grund Sittenwidrigkeit im Sinne von § 138 BGB begründet.

1.

42

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes kann eine Entgeltvereinbarung wegen Sittenwidrigkeit unwirksam sein, wenn das gezahlte Entgelt nicht 2/3 des üblichen Entgeltes erreicht. Dabei kann das tarifliche Entgelt als übliches Entgelt zu Grunde gelegt werden, wenn in einem Wirtschaftsgebiet mehr als 50 Prozent der Arbeitgeber oder der Arbeitnehmer tariflich bezahlt werden. Weiterhin muss eine verwerfliche Gesinnung entweder vorliegen oder aufgrund der Umstände zu vermuten sein (Linck in Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 14. Auflage, 2011, § 34, Rz. 7, 11; ferner Preis in Erf. Kommentar, 13. Auflage, 2013, § 612 BGB, Rz. 3; beide m. w. N.; BAG vom 24.06.2006 – 5 AZR 549/05 -; BAG vom 22.04.2009 – 5 AZR 436/08; beide in Juris veröffentlicht).

2.

43

Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben.

a)

44

Gemessen am DRK-Tarifvertrag Ost oder an den DRK-Arbeitsbedingungen Ost liegt keine Unterbezahlung vor. Es kann nicht festgestellt werden, dass in Krankenhäusern Westmecklenburgs mehr als 50 Prozent der Arbeitgeber oder mehr als 50 Prozent der Arbeitnehmer auf dem Niveau des DRK-Reformtarifvertrages bezahlt werden. Ein sonstiges übliches Entgelt wurde nicht mitgeteilt.

b)

45

Im Übrigen leidet die Berechnung der Klägerin daran, dass die Teilzeit nicht berücksichtigt wurde. Darauf ist die Klägerin hingewiesen worden. Die Berücksichtigung der Teilzeit wäre auch bei Üblichkeit der Bezahlung nach DRK-Reformtarifvertrag kein Anhaltspunkt für eine Sittenwidrigkeit gegeben.

V.

46

Die Klage ist nicht auf Grund Pflicht zur Bezahlung entsprechend dem DRK-Reformtarifvertrag begründet. Eine solche Pflicht ist nicht vereinbart. Das ergibt sich im Kern aus einer Auslegung des Arbeitsvertrages, wobei die Kammer insoweit der Argumentation der Beklagten und nicht der Argumentation der Klägerin und der ersten Instanz folgt [1. – 7., insbesondere 5. a), 5. b)]. Die arbeitsvertraglichen Regelungen sind wirksam vereinbart worden (8.).

1.

47

Bei Auslegung und Überprüfung auf Wirksamkeit von §§ 2 und 3 des Arbeitsvertrages sind neben den allgemeinen Regelungen (§§ 133, 157, 313 BGB) auch die besonderen Regeln für allgemeine Geschäftsbedingungen (§§ 305 c Abs. 2, 307 Abs. 1 Satz 2, 308 f. BGB) zu berücksichtigen.

48

Die am 01.01.2002 in Kraft getretenen §§ 305 ff BGB gelten nach Artikel 229 § 5 EBGB bei Altverträgen seit dem 01.01.2003, wobei im Einzelfall zur Vermeidung einer Rückwirkung eine verfassungskonforme Auslegung oder eine ergänzende Vertragsauslegung nach § 157 BGB erforderlich ist (vgl. Preis in Erf. Kommentar, a. a. O., § 305 BGB, Rz. 20, 104; Linck in Schaub, a. a. O., § 35, Rz. 3 f., 52 d).

49

Es handelt sich um einen Altvertrag. Die §§ 305 ff finden nach § 305 Abs. 1 und § 310 Abs. 3 BGB Anwendung (Arbeitsgericht Schwerin vom 02.08.2012 – 6 Ca 2576/11 -, Blatt 10 des Urteils, Blatt 180 der Akte).

2.

50

Für die Auslegung eines vorformulierten Vertrages gilt nach §§ 133, 157, 305 c Abs. 2 BGB (vgl. Preis in Erf. Kommentar, a. a. O., § 305 BGB, Rz. 31 f.; Linck in Schaub, a. a. O., § 35, Rz. 27 – 32; LAG Mecklenburg-Vorpommern v. 27.08.2001 – 5 Sa 278/00, Juris Rz. 33 - 35): Es ist der Wortlaut zu berücksichtigen und der Zusammenhang mit anderen Regeln. Die Vertragsklauseln sind so auszulegen, wie sie von einem verständigen und redlichen Vertragspartner unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Abweichend kann ausgelegt werden, wenn sich ein übereinstimmender Wille der Vertragsparteien feststellen lässt. In Zweifelsfällen ist sinnvollen Vertragsauslegungen der Vorzug zu geben. Bei Verweisungen auf externe Regelungen sind im Zweifel dynamische Verweisungen sinnvoll. Bei der Auslegung von Arbeitsverträgen ist das zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses allgemein vorhandene Vorverständnis zu berücksichtigen, wie es z. B. seinen Ausdruck findet in den damals vorliegenden Urteilen des Bundesarbeitsgerichtes.

51

Besteht nach Berücksichtigung all dieser Gesichtspunkte ein verbleibender Zweifel, sind also mindestens zwei Auslegungen rechtlich vertretbar, ohne das eine den klaren Vorzug verdient, so geht dies zu Lasten der formulierenden Partei. Es gilt die für den anderen günstigere Regelung (§ 305 c Abs. 2 BGB). Wenn eine Auslegung zwar möglich ist, nach Ausschöpfung der Auslegungsregeln aber nicht vertretbar, so gilt die Unklarheitenregelung nicht (BAG vom 20.02.2013 – 10 AZR 177/12 -, Juris Rz. 16; BAG vom 09.06.2010 – 5 AZR 332/09 -, Rz. 39). Weiterhin gilt die Unklarheitenregelung nicht, wenn zwei Klauseln sich inhaltlich widersprechen und deshalb nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam sind (BAG vom 20.01.2010 – 10 AZR 914/08 -, Juris Rz. 17).

3.

52

§ 2 des Arbeitsvertrages wird so ausgelegt, dass unter Arbeitsbedingungen Arbeitsbedingungen im Sinne von § 19 Abs. 3 und 4 der Satzung des Deutschen Roten Kreuzes gemeint sind (ähnlich für einen vergleichbaren Fall LAG Niedersachsen vom 15.12.2005 – 7 Sa 2004/04 -, Juris Rz. 2, 55).

a)

53

§ 19 Abs. 3 und 4 der Satzung des DRK waren vom 12.11.1993 bis 2009 unverändert und lauteten (BAG vom 18.04.2007 – 4 AZR 253/06 -, Juris Rz. 8):

54

„(3) Der Erlass von Bestimmungen, durch die einheitliche Regelungen im Deutschen Roten Kreuz mit Verbindlichkeit für alle Mitgliedsverbände geschaffen werden sollen, bedarf der Zustimmung des Präsidialrates. Dazu gehört auch die Festlegung von Mindestregelungen für die Satzungen der Mitgliedsverbände und deren Mitgliedsverbände.

55

(4) Der Zustimmung des Präsidialrates bedürfen Beschlüsse des Präsidiums, wenn sie erhebliche finanzielle Auswirkungen für die Mitgliedsverbände oder deren Mitgliedsverbände haben. Diese Regelung hat keine Außenwirkung.“

56

Seit der Änderung der Satzung vom 20.03.2009, im Vereinsregister eingetragen am 12.11.2009, lauten die entsprechenden Regelungen in § 16 Abs. 3 und 4:

57

„(3) Der Präsidialrat erlässt auf Vorschlag des Präsidiums Bestimmungen, durch die einheitliche Regelungen im Deutschen Roten Kreuz mit Verbindlichkeit für alle Mitgliedsverbände geschaffen werden sollen.

58

Dazu gehören auch:

59

- Entscheidungen über strategische Ziele des Deutschen Roten Kreuzes,
- Beschlüsse über Hauptaufgabenfelder des Deutschen Roten Kreuzes,
- Festlegung von Mindestregelungen für die Satzungen der Mitgliedsverbände und deren Mitgliedsverbände.

60

(4) Der Genehmigung des Präsidialrates bedürfen Beschlüsse des Präsidiums, wenn sie erhebliche finanzielle Auswirkungen für die Mitgliedsverbände oder deren Mitgliedsverbänden haben.“

61

Arbeitsbedingungen im Sinne von § 19 der Satzung des Deutschen Roten Kreuzes vor 2009 dienen der Vereinheitlichung von Regelungen. Sie weichen von zeitgleich geltenden Tarifverträgen nicht ab (BAG vom 27.11.2002 – 4 AZR 663/01 -, Juris Rz. 24; LAG Niedersachsen vom 15.12.2005 – 7 Sa 2004/04 -, Juris Rz. 52). Die Inhaltsgleichheit ergibt sich aus dem Zweck, nämlich der Vereinheitlichung von Regelungen, der sonst nicht erreicht werden könnte. Diese Auslegung der Satzung ist im Wortlaut angelegt. Sie entspricht dem Interesse des DRK an weitgehend einheitlichen Regelungen innerhalb des Verbandes.

b)

62

Die Auslegung des Arbeitsvertrages ergibt sich aus der Verwendung des bestimmten Artikels und dem Umstand, dass zum damaligen Zeitpunkt nur Arbeitsbedingungen nach § 19 der Satzung des DRK üblich waren. Diese Auslegung ist interessengerecht, insbesondere bei Auslegung der Satzung dahingehend, dass Arbeitsbedingungen nicht von Tarifverträgen abweichen dürfen. Eine andere sinnvolle Auslegung ist nicht ersichtlich.

4.

63

Die vertragliche Verweisung auf die DRK-Arbeitsbedingungen Ost ist nicht als Gleichstellungsabrede auszulegen, also als Abrede, dass die Klägerin bezahlt werde wie ein Gewerkschaftsmitglied. Verweisungen auf Arbeitsbedingungen stellen generell und auch konkret bei Verweisung auf die DRK-Arbeitsbedingungen keine Gleichstellungsabrede dar (BAG vom 27.11.2002 – 4 AZR 663/01 -, Juris Rz. 23 – 26; BAG vom 18.04.2007 – 4 AZR 253/06 -, Juris Rz. 24 – 33). Schon der Wortlaut spricht dagegen.

5.

64

Die Regelungen in §§ 2 und 3 des Arbeitsvertrages werden dahingehend ausgelegt, dass die Bezahlung der Klägerin sich nach den DRK-Arbeitsbedingungen Ost in der jeweiligen Fassung richtet [näher a)].

65

Die von der Klägerin befürwortete Auslegung, dass Bezahlung und Eingruppierung sich nach dem DRK-Tarifvertrag-Ost richten, findet keine Anwendung [näher b)].

a)

66

Im Einzelnen wird die vom Gericht für richtig gehaltene Auslegung wie folgt begründet:

67

Die Auslegung nach dem Wortlaut ergibt, dass die Bezahlung sich nach den DRK-Arbeitsbedingungen Ost richtet. Nach § 2 bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach diesen Regelungen, also auch die Bezahlung. § 3 regelt dem Wortlaut nach keine Bezahlung, sondern stellt die Eingruppierung dar. Eingruppierung und Entgelthöhe sind unterschiedliche Regelungsgegenstände, die vielfach auch in unterschiedlichen Tarifverträgen geregelt werden, die Eingruppierung im Rahmentarifvertrag, die Entgelthöhe im Entgelttarifvertrag.

68

Diese Auslegung nach dem Wortlaut lässt sich mit dem zu vermutenden Vorverständnis der Parteien zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses 2001 und mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes zu Vertragsgestaltungen mit zum Teil ähnlichem Wortlaut vereinbaren.

69

Es muss davon ausgegangen werden, dass zum damaligen Zeitpunkt die Vertragsparteien davon ausgingen, dass DRK-Tarifvertrag-Ost und DRK-Arbeitsbedingungen Ost im Wortlaut gleich sind. Derartige Bewertungen wurden von Gerichten 2001 und 2002 vorgenommen (LAG Mecklenburg-Vorpommern vom 27.08.2001 – 5 Sa 278/00 -, Juris Rz. 6; BAG vom 27.11.2002 – 4 AZR 663/01 -, Juris Rz. 6).

70

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, auch zu Formulararbeitsverträgen, dass insbesondere im Geltungsbereich des öffentlichen Dienstes typischerweise der Satz „Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach …“ die Hauptregelung darstellt, während die weitere Aussage „ist in die Vergütungsgruppe … eingruppiert“ typischerweise nur eine deklaratorische Mitteilung ohne Regelungsgehalt ist. Der Konflikt zwischen den beiden Sätzen wird bei Auseinanderfallen dahingehend gelöst, dass die Regelung im nach Hauptaussagen geltenden Regelwerk vorgeht, also eine sogenannte Tarifautomatik gilt (Treber in Schaub, a. a. O., § 183, Rz. 10). Gegen die Anwendung dieser Zweifelsregel spricht lediglich, dass in §§ 2 und 3 des Arbeitsvertrages unterschiedliche Regelungswerke genannt werden. Vor dem Hintergrund der damals vorherrschenden Auffassung, dass diese Regelungswerke im Wortlaut gleich sind, erscheint es richtig, die Rechtsprechung, die vorwiegend zum BAT entwickelt wurde, anzuwenden.

71

Abweichende Vorstellungen der Parteien sind weder mit den nach § 138 ZPO erforderlichen Einzelheiten noch mit Beweisantritt vorgetragen.

b)

72

Die von der Klägerin befürwortete Auslegung ist bei Beachtung der Auslegungsgrundsätze nicht vertretbar. Sie widerspricht dem Wortlaut. Die Auslegung ist weniger sinnvoll als die übliche Auslegung in Richtung Tarifautomatik, die typischerweise sowohl den Interessen von Arbeitgebern wie Arbeitnehmern entspricht. Bei Abwägung all dieser Gesichtspunkte verdient die oben dargestellte andere Auslegung klar den Vorzug.

6.

73

Es kann letztlich offen bleiben, ob weitere Auslegungsmöglichkeiten kraft Unklarheitenregelung (§ 305 c Abs. 2 BGB) zur Anwendung kommen. Denn diese führen nicht zu einem anderen Ergebnis.

a)

74

Das gilt für die mit dem Wortlaut vereinbare Auslegungsmöglichkeit, wonach die im Arbeitsvertrag genannte Vergütungsgruppe nach dem DRK-Tarifvertrag-Ost fest vereinbart ist, also nicht die von der Rechtsprechung bevorzugte Auslegung der Tarifautomatik gilt, hinsichtlich der Bezahlung aber die DRK-Arbeitsbedingungen-Ost gelten.

b)

75

Das gilt auch für die Auslegungsmöglichkeit, dass sich die Bezahlung nach den DRK-Arbeitsbedingungen Ost richtet und die Eingruppierung sich nach dem DRK-Tarifvertrag-Ost richtet. Diese mit dem Wortlaut nicht zu vereinbarende Auslegung führt wegen des Gleichlautes beider Regelungen zum gleichen Ergebnis. Von einem Gleichlaut wird ausgegangen, weil die Klägerin entgegen § 138 ZPO nicht zu einem abweichenden Wortlaut vortrug. Sie hätte ihre Gewerkschaft nach dem Wortlaut der DRK-Arbeitsbedingungen Ost fragen können.

c)

76

Nur am Rande wird darauf hingewiesen, dass auch eine ergänzende Vertragsauslegung (§ 157 BGB) dahingehend, dass hinsichtlich der Eingruppierung der DRK-Reformtarifvertrag gilt, nicht zu einem anderen Ergebnis führt. Die Umstellung des Eingruppierungssystems hat soweit ersichtlich keine Auswirkungen auf die Entgelthöhe.

77

Außerdem gilt: Bei einer Fallgestaltung, dass die Bezahlung sich nach den DRK-Arbeitsbedingungen Ost richtet, besteht kein Anlass zu einer ergänzenden Vertragsauslegung dahingehend, dass hinsichtlich der Eingruppierung statt des DRK-Tarifvertrages-Ost der DRK-Reformtarifvertrag gilt. Das besondere Interesse des Arbeitnehmers an dynamischen Regelungen besteht typischerweise nur hinsichtlich der Entgeltregelungen. Im Übrigen dürfte es den Vorstellungen der Vertragsparteien und einer angemessenen Interessenabwägung entsprochen haben, wenn hinsichtlich Bezahlung und Eingruppierung aufeinander abgestimmte Regelungen bestehen, was bei Wortlautgleichheit von DRK-Arbeitsbedingungen Ost und DRK-Tarifvertrag-Ost gegeben war. Durch die gleichzeitige Geltung von DRK-Arbeitsbedingungen Ost und DRK-Reformtarifvertrag würde eine erhebliche Verschlechterung des Gleichklangs eintreten.

7.

78

Es besteht auf der Basis der zutreffenden Auslegung (5.) kein Anlass zur ergänzenden Vertragsauslegung nach § 157 BGB.

a)

79

Es ergibt sich kein Anlass wegen Unwirksamkeit des Vertrages (ergänzend 8.).

b)

80

Es besteht auch kein Anlass zur ergänzenden Vertragsauslegung wegen Nichtfortführung der DRK-Arbeitsbedingungen Ost, wie sie z. B. im Beschluss des Präsidiums des DRK vom 26.03.2003 zum Ausdruck kommt (zu diesem Beschluss BAG vom 18.04.2007 – 4 AZR 253/06 -, Juris Rz. 7). Es ist das allgemeine, hinzunehmende Risiko bei dynamischen Verweisungen auf externe Regelungen, dass diese nicht fortgeführt werden. Die dynamische Verweisung wird dadurch faktisch zur statischen Verweisung (vgl. BAG vom 29.01.2008 – 3 AZR 426/06 -, Juris Rz. 18 f. m. w. N.).

c)

81

Die Überlegungen, die zu einer ergänzenden Vertragsauslegung dahingehend führen, dass bei einer vertraglichen Verweisung auf den BAT im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung TV-L oder TVöD gelten (BAG vom 28.04.2011 – 4 AZR 683/09 -, in Juris veröffentlicht), sind nicht übertragbar.

82

TV-L und TVöD ersetzen den BAT bzw. BAT-Ost. Das war Hintergrund der dargestellten Rechtsprechung. Eine vergleichbare Fallgestaltung gibt es vorliegend nicht. Es kann in diesem Zusammenhang offen bleiben, ob der DRK-Reformtarifvertrag nach Funktion oder Systematik der Tarifabschlüsse Nachfolger des DRK-Tarifvertrages Ost ist. Maßgeblich für die Bezahlung ist nämlich nicht der DRK-Tarifvertrag Ost, sondern sind die DRK-Arbeitsbedingungen Ost. Auf Grund ausdrücklicher Klarstellung im Beschluss vom 26.03.2003 sind die noch existierenden DRK-Arbeitsbedingungen mit Ständen nach 2000 nicht Nachfolger der DRK-Arbeitsbedingungen Ost. Der DRK-Reformtarifvertrag ist nicht Nachfolger der DRK-Arbeitsbedingungen-Ost.

8.

83

§§ 2 und 3 des Arbeitsvertrages sind wirksam.

a)

84

Die Verweisung auf die DRK-Arbeitsbedingungen Ost ist nicht wegen Verstoßes gegen § 2 Nachweisgesetz im Ergebnis unwirksam. Dabei ist von dem (nicht mit näheren Einzelheiten bestrittenen) Vortrag der Klägerin auszugehen, die DRK-Arbeitsbedingungen seien ihr nicht ausgehändigt worden.

85

Für den hier interessierenden Bereich ist trotz dieses Umstandes den Hinweispflichten genügt worden. Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Nachweisgesetz reicht ein Hinweis auf ähnliche Regelungen wie Tarifverträge aus, um der Pflicht zum Hinweis auf Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgeltes (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Nachweisgesetz) zu genügen. Es ist gerichtlich entschieden, dass die Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werks der evangelischen Kirche in Deutschland ähnliche Regelungen in diesem Sinne sind (BAG vom 14.01.2004 – 4 AZR 10/03 -, Juris Rz. 57; kritisch Preis in Erf. Kommentar, a. a. O., § 2 Nachweisgesetz, Rz. 34). Das muss erst recht gelten, wenn es sich wie hier um Arbeitsvertragsrichtlinien handelt, die grundsätzlich mit dem Wortlaut des aktuellen Tarifvertrages übereinstimmen [siehe B V. 3. a)].

86

Im Übrigen ist nicht ersichtlich, wie der bei einem Verstoß gegen das Nachweisgesetz entstehende Schadensersatzanspruch der Klägerin zu dem begehrten Klaganspruch oder zu einem Anspruch auf Vertragsänderung verhelfen könnte.

b)

87

Der Arbeitsvertrag ist nicht wegen Verstoßes gegen § 308 Nr. 4 BGB unwirksam.

88

aa) Eine Regelung in einem Arbeitsvertrag, wonach die jeweilige Fassung eines einseitig vom Arbeitgeber vorgegebenen Regelungswerks gilt, ohne dass ein nennenswerter Einfluss der Arbeitnehmerseite bei der Umformulierung erkennbar ist oder der Arbeitgeber bei der Umformulierung an bestimmte Maßstäbe gebunden ist, ist wegen Verstoß gegen § 308 Nr. 4 BGB unwirksam (BAG vom 11.02.2009 – 10 AZR 222/08 -, Juris Rz. 24 – 31). Demgegenüber hält die Rechtsprechung eine arbeitsvertragliche Inbezugnahme auf Arbeitsvertragsrichtlinien bei kirchlich geprägten Arbeitgebern, die im Rahmen des dritten Weges auch die Arbeitnehmerseite beteiligten, für wirksam (BAG vom 22.02.2012 – 4 AZR 24/10 -; BAG vom 28.06.2012 – 6 AZR 217/11 -, beide in Juris veröffentlicht). Das Bundesarbeitsgericht hat keine Bedenken gegen eine Verweisung auf die DRK-Arbeitsbedingungen geäußert in einem Fall, bei dem die §§ 305 ff BGB anwendbar waren. Dabei wurde der Wortlaut von § 19 der DRK-Satzung und der Gleichlaut von DRK-Arbeitsbedingungen und DRK-Tarifvertrag dargestellt (BAG vom 18.04.2007 – 4 AZR 253/06 -, Juris Rz. 35). Dieser Rechtsprechung ist zu folgen, weil auf Grund einer Auslegung von § 19 der DRK-Satzung bzw. jetzt § 16 der DRK-Satzung die DRK-Arbeitsbedingungen nur auf (unter Beteiligung der Arbeitnehmerseite) vereinbarte Tarifverträge verweisen dürften und keine vom Arbeitnehmer eigenständig entworfenen Regelungen zum Nachteil der Arbeitnehmer enthalten dürfen [näher B V. 3. a)]. Es liegt damit nicht die (kritisch zu beurteilende) Situation vor, dass das Präsidium des DRK einseitig, ohne Beteiligung der Arbeitnehmerseite, die DRK-Arbeitsbedingungen zum Nachteil der Arbeitnehmer abweichend von einem Tarifvertrag verändern kann.

89

bb) Die Klage wäre auch unbegründet, wenn die Verweisung auf die DRK-Arbeitsbedingungen wegen Verstoß gegen § 308 Nr. 4 BGB unwirksam wäre. Denn dann wäre nach § 612 Abs. 2 BGB das übliche Arbeitsentgelt maßgeblich. Darauf ist die Klägerin am 25.03.2013 hingewiesen worden. Die Klägerin hat zum üblichen Entgelt nicht vorgetragen Die Entscheidungsreife insoweit wäre am 16.04.2013 wohl nicht gegeben gewesen, weil das Gericht wegen der Kurzfristigkeit des Hinweises für den Fall der Entscheidungserheblichkeit des üblichen Entgeltes die Möglichkeit eines weiteren Termines in Aussicht gestellt hatte.

c)

90

Weitere Bedenken gegen die Wirksamkeit der vertraglichen Regelungen sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist auch nicht ersichtlich, dass durch die Nichtfortführung der Entgelterhöhungen das Entgeltniveau zwischenzeitlich so sank, dass es sittenwidrig ist (vgl. B IV. 2.) oder dass das Austauschverhältnis erheblich gestört ist, mit der Folge, dass damit ein Anspruch auf Vertragsanpassung nach § 313 BGB entstand.

9.

91

Bei Zugrundelegung der oben dargestellten Auslegung des Arbeitsvertrages ergibt sich der von der Klägerin begehrte Zahlungsanspruch nicht. Es wird von den Parteien nicht vorgetragen, dass die Klägerin auf Basis der DRK-Arbeitsbedingungen Ost zu niedrig bezahlt wurde. Damit entfällt zugleich der Zinsanspruch.

C.

92

Auf Grund des nunmehrigen vollständigen Unterliegens der Klägerin richtet sich die Kostenfolge nach § 91 ZPO.

D.

93

Die Revision wird nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, und zwar wegen der entscheidungserheblichen und klärungsbedürftigen Frage, ob die DRK-Gremien durch die Satzung gehindert sind, bei den DRK-Arbeitsbedingungen von den jeweils aktuellen Tarifverträgen zum Nachteil der Arbeitnehmer abzuweichen. Die Frage ist entscheidungserheblich, obwohl die Klage unabhängig von der Beantwortung der Frage unbegründet wäre, weil die Klage je nach Ergebnis (jedenfalls am 16.04.2013) nicht entscheidungsreif gewesen wäre [ B V. 8. b) bb)]. Die Frage ist klärungsbedürftig, weil in der BAG-Entscheidung vom 18.04.2007 – 4 AZR 253/06 – der Gleichklang von Arbeitsbedingungen und Tarifvertrag als Tatsachenfrage und nicht als rechtlich zwingend dargestellt wird.

(1) Die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluß oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, gelten unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Diese Vorschrift gilt entsprechend für Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen.

(2) Sind im Tarifvertrag gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien vorgesehen und geregelt (Lohnausgleichskassen, Urlaubskassen usw.), so gelten diese Regelungen auch unmittelbar und zwingend für die Satzung dieser Einrichtung und das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

(3) Abweichende Abmachungen sind nur zulässig, soweit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung der Regelungen zugunsten des Arbeitnehmers enthalten.

(4) Ein Verzicht auf entstandene tarifliche Rechte ist nur in einem von den Tarifvertragsparteien gebilligten Vergleich zulässig. Die Verwirkung von tariflichen Rechten ist ausgeschlossen. Ausschlußfristen für die Geltendmachung tariflicher Rechte können nur im Tarifvertrag vereinbart werden.

(5) Nach Ablauf des Tarifvertrags gelten seine Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.

(1) Tarifgebunden sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrags ist.

(2) Rechtsnormen des Tarifvertrags über betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen gelten für alle Betriebe, deren Arbeitgeber tarifgebunden ist.

(3) Die Tarifgebundenheit bleibt bestehen, bis der Tarifvertrag endet.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 10. August 2011 - 18 Sa 96/11 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, auf welcher Grundlage tarifliche Zeitzuschläge zu berechnen sind.

2

Die Beklagte betreibt ein Beförderungsunternehmen und war im Streitzeitraum November 2007 bis August 2009 Mitglied des Landesverbands Hessischer Omnibusunternehmer e. V. (LHO). Der Kläger ist für die Beklagte als Omnibusfahrer tätig. Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft vertraglicher Vereinbarung die Tarifverträge für die gewerblichen Arbeitnehmer des privaten Personenverkehrs mit Omnibussen in Hessen Anwendung.

3

Die für die Beklagte geltende betriebsbezogene Anlage 4 zu § 3 des Lohntarifvertrags für die gewerblichen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des privaten Personenverkehrs mit Omnibussen in Hessen vom 14. Juli 2003 idF vom 1. Januar 2005 (nachfolgend: LTV) regelt den Stundenlohn auszugsweise wie folgt:

Definition der Lohngruppen Sippel, gültig ab 01. Januar 2005***

Lohn-
gruppe

Bezeichnung

Stunden-
lohn

Zulage Betriebs-
zugehörigkeit

Zulage Ballungs-
raum

Zulage betriebs-
intern

Stunden-
lohn gesamt

im Monat
(s. unten stehende Erklärung)

L 1 A *
(Klasse D, D1, DE, D1E)

Innerstädtische Verkehre
nach § 42 PBefG in
hess. Städten
> 100.000 Einw.

                                                     

…       

                                                              

Stufe 4

nach vollendetem 5. Jahr
der Betriebszugehörigkeit

9,66 €

0,38 €

0,40 €

0,80 €

11,23 €

1.965,90 €

...

Erklärung zur Berechnung des Bruttomonatslohnes:

Bruttomonatslohn = 200 Dienststunden (abzüglich der Pausenzeiten), entspricht 175 Arbeitsstunden.

Ändert sich der Pausenabzug gem. § 7 Abschnitt A Ziffer 1, Punkt 4 Manteltarifvertrag LHO vom 01. März 1999, so sind die Bruttomonatslöhne entsprechend neu auszuweisen.“

4

Der Kläger wurde im Streitzeitraum nach der Lohngruppe L1A Stufe 4 vergütet.

5

Zum 1. Oktober 2007 trat die „Tarifvertragliche Vereinbarung Nr. 12 vom 25. Oktober 2007“ in Kraft. Diese regelt ua.:

        

„2.     

Die betriebsbezogenen Anlagen Nr. 1 bis 5 gemäß § 3 Lohntarifvertrag vom 14. Juli 2003 idF vom 1. Januar 2005 für die Unternehmen

                 

…       

        
                 

4.)     

A S GmbH …

                 

…       

                 

werden einvernehmlich zum 1. Oktober 2007 … aufgehoben.

        

…       

        
        

4.    

Für die am 30. Dezember 2007 unter eine der in Ziffer 2 genannten Anlagen fallenden Beschäftigten wird in Bezug auf das jeweils individuell erreichte ‚Stundenentgelt gesamt’ Besitzstandswahrung … vereinbart. Eine Minderung des jeweils individuell erreichten ‚Stundenentgelt gesamt’ ist unzulässig.“

6

Der Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer des privaten Personenverkehrs mit Omnibussen in Hessen vom 10. März 1999 (nachfolgend: MTV) enthält folgende Regelungen:

        

„§ 11 

        

Zeitzuschläge

        

1.    

Die Zeitzuschläge betragen:

                 

für Mehrarbeit

25 %   

        
                 

für Arbeit an Sonntagen

50 %   

        
                 

für Arbeit an gesetzlichen Wochen-
feiertagen

100 % 

        
                 

für Nachtarbeit von 22:00 Uhr
bis 6:00 Uhr

25 %   

        
                 

des Stundenlohnes.

                 
                 

…       

        

2.    

Beim Zusammentreffen mehrerer Zeitzuschläge für eine Arbeitsleistung wird nur der jeweils höchste Zeitzuschlag gezahlt.

        

...     

        

§ 21   

        

Ausschlussfristen

        

...     

        

2.    

Ansprüche aus Mehr-, Sonn- und Feiertagsarbeit, auf Zahlung von Spesen und von Zulagen aller Art sowie auf Rückzahlung von Barauslagen sind spätestens 8 Wochen nach Fälligkeit schriftlich oder mündlich unter Zeugen geltend zu machen.

        

3.    

Alle übrigen Ansprüche aus dem Tarifvertrag oder dem Einzelarbeitsvertrag sind binnen 3 Monaten nach ihrer Entstehung, im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses spätestens einen Monat nach Arbeitsvertragsende, schriftlich oder mündlich unter Zeugen geltend zu machen.

        

4.    

Nach Ablauf der angeführten Fristen ist beiderseits die Geltendmachung dieser Ansprüche ausgeschlossen, es sei denn, dass sie vorher schriftlich oder mündlich unter Zeugen geltend gemacht worden sind.

        

5.    

Ausgenommen von den vorstehenden Bestimmungen sind beiderseits Ansprüche aus unerlaubten Handlungen.“

7

Die im Streitzeitraum geleisteten Mehrarbeits-, Sonntags-, Feiertags- und Nachtstunden sind jeweils in den Lohnabrechnungen ausgewiesen. Die Beklagte hat die Zeitzuschläge ausschließlich auf der Grundlage des in der betriebsbezogenen Anlage 4 zu § 3 LTV für die Lohngruppe des Klägers ausgewiesenen „Stundenlohns“ iHv. 9,66 Euro berechnet.

8

Im Frühjahr und Herbst 2007 gab es Gespräche zwischen der Beklagten, dem Betriebsrat und der Gewerkschaft ver.di über die Berechnung der Vergütung der Mitarbeiter. Geltend gemacht wurde in diesem Zusammenhang auch, dass die tariflichen Zeitzuschläge auf einer falschen Grundlage berechnet würden.

9

Ende Januar 2008 überreichte der Kläger der Beklagten zusammen mit ca. 80 Kollegen ein vom Betriebsrat formuliertes Schreiben vom 18. Januar 2008 mit folgendem Wortlaut:

        

„Geltendmachung

        

Ich, B, geboren 1965 und als Busfahrer/S bei der Firma A S GmbH beschäftigt, mache hiermit meine Ansprüche auf ordnungsgemäße Bezahlung nach meinem Arbeitsvertrag, dem geltenden Tarifvertrag LHO und den gesetzlichen Bestimmungen geltend. Ich mache im Einzelnen meine Ansprüche auf Bezahlung des mir nach Tarifvertrag zustehenden Stundenlohnes geltend, ich mache meine Ansprüche auf Bezahlung aller von mir geleisteten Arbeitsstunden geltend, ich mache meinen Anspruch auf Bezahlung der von mir geleisteten Arbeitszeiten ohne Abzug von 1/6 bzw. 1/8 der von mir gearbeiteten Arbeitszeit geltend. Ich mache meine Ansprüche auf Bezahlung von Überstundenzuschlägen und sonstigen Zuschlägen (Feiertag, Nacht usw.) geltend. Dabei mache ich meinen Stundenlohn in Höhe von 11,23 Euro geltend und mache geltend, dass die jeweiligen Zuschläge (von 25 % bis 100 %) auf diesen Stundenlohn in Höhe von 11,23 Euro zu zahlen sind. Ich mache geltend, dass die Zahlung von Überstunden/Wochenstunden, Feiertagsstunden und Nachtstunden ohne jegliche Abzüge erfolgt. Ich mache geltend, dass mein Krankenlohn bzw. Urlaubsentgelt ebenfalls auf der Basis der ordnungsgemäßen Vergütung nach dieser Geltendmachung zu erfolgen hat.“

10

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Zeitzuschläge seien nicht auf der Grundlage des in der betriebsbezogenen Anlage 4 zu § 3 LTV für die Lohngruppe des Klägers ausgewiesenen „Stundenlohns“ iHv. 9,66 Euro, sondern nach dem „Stundenlohn gesamt“ iHv. 11,23 Euro zu berechnen. Er hat mit der im Januar 2010 erhobenen Klage die Differenzbeträge für die in den Lohnabrechnungen ausgewiesenen Mehrarbeits-, Sonntags-, Feiertags- und Nachtstunden für den Zeitraum November 2007 bis August 2009 geltend gemacht.

11

Der Kläger hat - soweit noch von Interesse - beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 927,23 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach näherer monatlicher Staffelung zu zahlen.

12

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, und die Auffassung vertreten, Grundlage der Berechnung der Zeitzuschläge nach § 11 Nr. 1 MTV sei der „Stundenlohn“ iHv. 9,66 Euro. Etwaige Ansprüche seien auch nach § 21 MTV verfallen.

13

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision ist unbegründet. Zuschläge nach § 11 Nr. 1 MTV für Mehr-, Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit sind aus dem in der betriebsbezogenen Anlage 4 zu § 3 LTV ausgewiesenen „Stundenlohn gesamt“ und nicht aus dem „Stundenlohn“ zu berechnen(unter I). Die Ansprüche sind nicht nach § 21 MTV verfallen(unter II).

15

I. Grundlage der Berechnung der Zeitzuschläge nach § 11 Nr. 1 MTV ist der in der betriebsbezogenen Anlage 4 zu § 3 LTV in der Lohngruppe L1A ausgewiesene „Stundenlohn gesamt“.

16

1. Bereits der Wortlaut der Tarifnorm legt dies nahe. Nach allgemeinem Sprachgebrauch ist „Stundenlohn“ die Vergütung, die ein Arbeitnehmer für die in einer Stunde geleistete Arbeit erhält (Wahrig Deutsches Wörterbuch 8. Aufl. Stichwort „Stundenlohn“). Mitarbeiter mit einer Vergütung nach der Lohngruppe L1A Stufe 4 erhalten für eine Stunde Arbeit den „Stundenlohn gesamt“ iHv. 11,23 Euro und nicht lediglich den „Stundenlohn“ iHv. 9,66 Euro. Der Stundenlohn setzt sich zusammen aus dem in der betriebsbezogenen Anlage 4 zu § 3 LTV ausgewiesenen „Stundenlohn“ sowie den für jede Stunde zu zahlenden Zulagen. Diese sind feste stundenbezogene Lohnbestandteile und damit Teil des tariflichen Stundenlohns.

17

2. Der tarifliche Gesamtzusammenhang bestätigt diese Auslegung. Bezugsgröße für tarifliche Ansprüche der nach der Lohngruppe L1A vergüteten Mitarbeiter ist nicht der „Stundenlohn“, sondern der „Stundenlohn gesamt“. Die in der betriebsbezogenen Anlage 4 zu § 3 LTV ausgewiesenen Bruttomonatslöhne für die verschiedenen Stufen der Lohngruppe L1A werden auf der Grundlage des „Stundenlohns gesamt“ errechnet; gleiches gilt für die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nach § 12 Nr. 1 Abs. 2 MTV, die Urlaubsvergütung nach § 15 Nr. 11 MTV und das Sterbegeld nach § 14 Nr. 1 MTV. Auch die in Nr. 4 der „Tarifvertraglichen Vereinbarung Nr. 12 vom 25. Oktober 2007“ vereinbarte Besitzstandswahrung ist ausdrücklich auf das individuell erreichte „Stundenentgelt gesamt“ bezogen. Vor diesem Hintergrund hätte es besonderer Anhaltspunkte bedurft, wenn für die Berechnung der Zuschläge nach § 11 Nr. 1 MTV ausnahmsweise der in der betriebsbezogenen Anlage 4 zu § 3 LTV ausgewiesene „Stundenlohn“ hätte maßgeblich sein sollen. Daran fehlt es. Dass der Arbeitgeber nach § 10 Nr. 5 MTV zur getrennten Ausweisung des „Lohnsatzes“, der „Lohnzuschläge“ und der „Lohnzulagen“ in der Lohnabrechnung verpflichtet wird, spricht entgegen der Auffassung der Revision nicht dafür, dass „Lohnsatz“ iSv. § 10 Nr. 5 MTV und „Stundenlohn“ iSv. § 11 Nr. 1 MTV gleichbedeutend sind. Hätten die Tarifvertragsparteien in beiden Normen auf eine einheitliche Bezugsgröße Bezug nehmen wollen, hätte es nahegelegen, denselben Begriff zu verwenden.

18

3. Sinn und Zweck der Zulagen gemäß der genannten betriebsbezogenen Anlage 4 zu § 3 LTV bestehen erkennbar nur darin, die geschuldete (Stunden-)Vergütung entsprechend der Eingruppierung des Arbeitnehmers festzulegen. Den Zulagen kommt keine besondere, neben einem Stundenlohn bestehende Funktion zu. Die Aufschlüsselung dient lediglich der Erläuterung des Stundenlohns, wie der Zusammenhang mit den übrigen Lohngruppen zeigt.

19

4. Auch die Tarifgeschichte spricht dagegen, dass der Begriff des „Stundenlohns“ - in Abgrenzung zu dem ebenfalls verwendeten Ausdruck „Stundenlohn gesamt“ - für § 11 Nr. 1 MTV maßgeblich sein soll. Der LTV nebst seinen betriebsbezogenen Anlagen wurde am 14. Juli 2003 vereinbart. Bei Abschluss des MTV am 10. März 1999 galt noch der Lohntarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des privaten Personenverkehrs mit Omnibussen vom 12. Juli 1996. Dieser Lohntarifvertrag differenzierte nicht zwischen „Stundenlohn“ und „Stundenlohn gesamt“, sondern wies in der Anlage zu § 3 einheitliche Stundenlöhne aus. Die Bezugnahme auf den „Stundenlohn“ in § 11 Nr. 1 MTV zeigt vor diesem Hintergrund, dass der Berechnung der Zuschläge die Vergütung zugrunde zu legen ist, die ein Arbeitnehmer nach dem Lohntarifvertrag für die in einer Stunde geleistete Arbeit verlangen kann. Dies ist bei Beschäftigten der Lohngruppe L1A der „Stundenlohn gesamt“.

20

5. Die Höhe der Differenzbeträge steht nicht im Streit.

21

II. Die Ansprüche sind nicht nach § 21 Nr. 4 MTV verfallen.

22

1. Nach § 21 Nr. 2 MTV müssen Ansprüche aus Mehr-, Sonn- und Feiertagsarbeit spätestens acht Wochen nach Fälligkeit und nach § 21 Nr. 3 MTV alle übrigen Ansprüche aus dem Tarifvertrag oder dem Einzelarbeitsvertrag binnen drei Monaten nach ihrer Entstehung, im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses spätestens einen Monat nach Arbeitsvertragsende, schriftlich oder mündlich unter Zeugen geltend gemacht werden. Nach Ablauf der Fristen ist die Geltendmachung dieser Ansprüche nach § 21 Nr. 4 MTV ausgeschlossen.

23

2. Ob die Geltendmachung aller im Streit stehenden Zuschläge sich nach § 21 Nr. 2 MTV richtet oder ob Zuschläge für die dort nicht ausdrücklich aufgeführte Nachtarbeit als „übrige Ansprüche“ nach § 21 Nr. 3 MTV geltend gemacht werden müssen, kann dahinstehen; die schriftliche Geltendmachung vom 18. Januar 2008 hat beide Ausschlussfristen gewahrt.

24

a) Zur Geltendmachung im Sinne tariflicher Ausschlussfristen gehört, die andere Seite zur Erfüllung des Anspruchs aufzufordern. Der Anspruchsinhaber muss unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass er Inhaber einer bestimmten Forderung ist und auf deren Erfüllung besteht. Die Geltendmachung setzt voraus, dass der Anspruch seinem Grunde nach hinreichend deutlich bezeichnet und die Höhe des Anspruchs sowie der Zeitraum, für den er verfolgt wird, mit der für den Schuldner notwendigen Deutlichkeit ersichtlich gemacht wird; die Art des Anspruchs sowie die Tatsachen, auf die der Anspruch gestützt wird, müssen erkennbar sein (BAG 22. April 2004 8 AZR 652/02 - zu II 1 a der Gründe, AP BAT-O §§ 22, 23 Nr. 28). Eine Bezifferung der Forderung ist nicht erforderlich, wenn dem Schuldner die Höhe bekannt oder für ihn ohne Weiteres errechenbar ist und die schriftliche Geltendmachung erkennbar hiervon ausgeht (BAG 22. Juni 2005 - 10 AZR 459/04 - zu II 2 b aa der Gründe, AP TVG § 4 Ausschlussfrist Nr. 183 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 179 ). Dies ist besonders bei Lohnklagen regelmäßig der Fall; hier ist der Arbeitgeber aufgrund seiner besonderen Sachkenntnis zur genauen Bezifferung regelmäßig eher in der Lage als der Arbeitnehmer (BAG 26. Februar 2003 5 AZR 223/02 - zu II 3 a der Gründe, BAGE 105, 181).

25

b) Der Kläger hat mit Schreiben vom 18. Januar 2008 die Zahlung von Zeitzuschlägen auf der Grundlage eines Stundenlohns von 11,23 Euro verlangt und damit die Abrechnung und Zahlung der Zuschläge auf einer anderen Berechnungsgrundlage als von der Beklagten bisher durchgeführt geltend gemacht. Die Geltendmachung ist nicht auf eine bestimmte Zeitspanne beschränkt, sondern schließt die Abrechnung künftiger Ansprüche auf dieser Grundlage erkennbar ein. Eine Bezifferung war entbehrlich; über Art und Anzahl der zuschlagspflichtigen Stunden streiten die Parteien nicht, die Höhe der Ansprüche war für die Beklagte ohne Weiteres errechenbar.

26

c) Unerheblich ist, dass die Ansprüche im Zeitpunkt der Geltendmachung zum Teil noch nicht fällig waren. § 21 Nr. 2 MTV bestimmt lediglich den Zeitpunkt, zu dem ein Anspruch „spätestens“ geltend gemacht werden muss, nicht aber den frühestmöglichen Zeitpunkt. Das Ziel der zügigen Klärung wechselseitiger Rechte und Pflichten aus einem Arbeitsverhältnis erfordert nicht, einen Anspruch erst nach Eintritt der Fälligkeit geltend zu machen. Behauptet der Anspruchsteller vor Fälligkeit, dass der von einer Norm zur Entstehung des Anspruchs vorausgesetzte Tatbestand verwirklicht ist, kann sich der Anspruchsgegner auf die erhobene Forderung einstellen und Klarheit über das Bestehen oder Nichtbestehen des Anspruchs verschaffen. Die rasche Klärung des Anspruchs wird bei einer Geltendmachung vor Fälligkeit in der Regel noch schneller erreicht (BAG 11. Dezember 2003 - 6 AZR 539/02 - zu I 4 b der Gründe, BAGE 109, 100).

27

d) Der wirksamen Geltendmachung steht nicht entgegen, dass die Ansprüche bei Geltendmachung zum Teil noch nicht entstanden waren.

28

aa) Nach § 21 Nr. 2 MTV ist allerdings grundsätzlich erforderlich, dass der Anspruch bereits entstanden ist.

29

(1) Die Norm regelt die Geltendmachung von „Ansprüchen“. Das setzt voraus, dass die rechtserzeugenden Anspruchsvoraussetzungen bei der Geltendmachung erfüllt sind. Fehlt es daran, liegt regelmäßig kein Anspruch vor, der geltend gemacht werden könnte (vgl. BAG 9. März 2005 - 5 AZR 385/02 - zu III 1 a der Gründe, EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 177; 11. Dezember 2003 - 6 AZR 539/02 - zu II 2 b aa der Gründe, BAGE 109, 100; 10. Juli 2003 - 6 AZR 283/02 - zu 3 b der Gründe, EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 168).

30

(2) Eine Geltendmachung vor Entstehung des Anspruchs widerspricht regelmäßig auch dem Sinn und Zweck von Ausschlussfristen. Der Anspruchsgegner soll vor der Verfolgung unzumutbarer Ansprüche bewahrt werden, das sind regelmäßig solche, mit deren Geltendmachung er nicht rechnet und auch nicht zu rechnen braucht(BAG 19. September 2012 - 5 AZR 627/11 - Rn. 22, NZA 2013, 101). Er soll sich auf offene Forderungen einstellen, Beweise sichern und vorsorglich Rücklagen bilden können (BAG 11. Dezember 2003 - 6 AZR 539/02 - zu I 4 b aa der Gründe, BAGE 109, 100; 10. Juli 2003 - 6 AZR 283/02 - zu 3 c der Gründe, EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 168). Sind die rechtserzeugenden Tatsachen noch nicht eingetreten, können diese Ziele regelmäßig nicht erreicht werden. Es bleibt ungewiss, ob und in welchem Umfang Ansprüche entstehen; die rasche Klärung von Ansprüchen wird nicht erreicht (BAG 16. Juni 2010 - 4 AZR 924/08 - Rn. 35, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 79; 22. Januar 2009 - 6 AZR 5/08 - Rn. 14, AP BAT § 70 Nr. 39; 9. März 2005 - 5 AZR 385/02 - zu III 1 a der Gründe, EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 177; 10. Juli 2003 - 6 AZR 283/02 - aaO).

31

bb) Eine Besonderheit liegt vor, wenn bei unveränderter rechtlicher und tatsächlicher Lage ein Anspruch aus einem bestimmten Sachverhalt hergeleitet werden kann (vgl. BAG 9. März 2005 - 5 AZR 385/02 - zu III 1 b der Gründe, EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 177; 11. Dezember 2003 - 6 AZR 539/02 - zu II 2 b cc der Gründe, BAGE 109, 100; 10. Juli 2003 - 6 AZR 283/02 - zu 4 der Gründe, EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 168; 17. Mai 2001 - 8 AZR 366/00 - zu II 3 c der Gründe, AP BAT-O § 70 Nr. 2 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 136). Dies ist der Fall, wenn ein bestimmter Anspruch jeweils aus einem ständig gleichen Grundtatbestand entsteht. Durch einmalige ordnungsgemäße Geltendmachung kann die Ausschlussfrist dann auch im Hinblick auf noch nicht entstandene Ansprüche gewahrt sein (vgl. BAG 11. Dezember 2003 - 6 AZR 539/02 - aaO; 10. Juli 2003 - 6 AZR 283/02 - aaO; 17. Mai 2001 - 8 AZR 366/00 - aaO). Einzelne Tarifverträge erlauben ausdrücklich eine solche Konzentration der Obliegenheit zur Geltendmachung (zB § 37 Abs. 1 Satz 2 TVöD). In Betracht kommt aber auch eine entsprechende Auslegung ohne ausdrückliche Regelung (vgl. BAG 9. März 2005 - 5 AZR 385/02 - zu III 1 b der Gründe, aaO); denn tarifliche Ausschlussfristen unterliegen einer einschränkenden Auslegung, wenn der mit der Ausschlussfrist verfolgte Zweck, dem Schuldner zeitnah Gewissheit zu verschaffen, mit welchen Ansprüchen er zu rechnen hat, durch einmalige Geltendmachung erreicht wird. Die einschränkende Auslegung ist insbesondere dann geboten, wenn lediglich über die stets gleiche Berechnungsgrundlage von im Übrigen unstreitigen Ansprüchen gestritten wird; hier reicht im Zweifel die einmalige Geltendmachung der richtigen Berechnungsmethode auch für später entstehende Zahlungsansprüche aus. Der Wortlaut des § 21 MTV schließt die Geltendmachung künftiger Ansprüche nicht von vornherein aus.

32

Dasselbe Verständnis von tariflichen Ausschlussfristen liegt der ständigen Rechtsprechung zugrunde, wonach künftig entstehende Entgeltansprüche bereits mit der Erhebung einer Bestandsschutzklage wirksam geltend gemacht werden. Eine derartige Geltendmachung vor Entstehen der Ansprüche ist zugleich auf die Sicherung der Ansprüche gerichtet, die durch den Verlust des Arbeitsverhältnisses verloren gehen. Damit ist der Arbeitgeber ausreichend von dem Ziel des Arbeitnehmers unterrichtet, die Einzelansprüche aus dem Arbeitsverhältnis aufrechtzuerhalten (BAG 19. September 2012 - 5 AZR 627/11 - Rn. 14 ff. mwN, NZA 2013, 101; 9. März 2005 - 5 AZR 385/02 - zu III 1 a der Gründe mwN, aaO). Eine weitere Geltendmachung kann nach dem Sinn und Zweck der tariflichen Ausschlussfristen regelmäßig nicht verlangt werden.

33

cc) Ansprüche aus ständig gleichem Grundtatbestand sind regelmäßig solche auf eine dauerhafte Zulage oder aus einer bestimmten Eingruppierung (BAG 11. Dezember 2003 - 6 AZR 539/02 - zu II 2 b cc der Gründe, BAGE 109, 100; 10. Juli 2003 - 6 AZR 283/02 - zu 4 der Gründe, EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 168; 17. Mai 2001 - 8 AZR 366/00 - zu II 3 c der Gründe, AP BAT-O § 70 Nr. 2 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 136). Unständige Bezüge, deren Entstehung von verschiedenen Faktoren abhängt, müssen vor der Geltendmachung hingegen regelmäßig entstanden sein (zur Überstundenvergütung: vgl. BAG 9März 2005 -  5 AZR 385/02 - zu III 1 b der Gründe, EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 177; 20. Juli 1989 - 6 AZR 774/87 - zu IV der Gründe, ZTR 1990, 155; zur Vergütung von Nachtdiensten: vgl. BAG 11. Dezember 2003 - 6 AZR 539/02 - zu II 2 b cc der Gründe, aaO; 10. Juli 2003 - 6 AZR 283/02 - zu 4 der Gründe, aaO). Steht allein ein bestimmtes Element einer bestimmten Art von Ansprüchen in Streit, erfüllt die Aufforderung, dieses zukünftig in konkreter Art und Weise zu beachten, die Funktion einer Inanspruchnahme. Für den Schuldner kann kein Zweifel bestehen, was von ihm verlangt wird, und der Gläubiger darf ohne Weiteres davon ausgehen, dass er seiner Obliegenheit zur Geltendmachung Genüge getan hat.

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dd) Die Parteien streiten über die Berechnungsgrundlage der Zeitzuschläge nach § 11 MTV und damit über einen für die Vergütung aller zuschlagpflichtigen Stunden gleichen Grundtatbestand. Anzahl und Art der zuschlagpflichtigen Stunden sind in den Lohnabrechnungen ausgewiesen und damit streitlos gestellt; sie mussten nicht geltend gemacht werden (vgl. BAG 28. Juli 2010 - 5 AZR 521/09 - Rn. 18 f., BAGE 135, 197). Zur Erreichung des mit der Ausschlussfrist verfolgten Zwecks war deshalb die einmalige Geltendmachung der - auch künftigen - Abrechnung der Zeitzuschläge auf der Grundlage des „Stundenlohns gesamt“ ausreichend. Das Schreiben vom 18. Januar 2008 wahrt sowohl die zu diesem Zeitpunkt entstandenen als auch die künftigen Differenzansprüche unter Zugrundelegung der jeweils abgerechneten Stunden. Die Beklagte musste ohne ständig wiederholte Geltendmachung damit rechnen, auf Zahlung ganz bestimmter höherer Zeitzuschläge verklagt zu werden. Sie konnte sich auf die Forderung einstellen, etwaige Beweise sichern und vorsorglich Rücklagen bilden; ein monatlich wiederholter Hinweis des Klägers hätte der Beklagten keinen zusätzlichen Erkenntnisgewinn gebracht und wäre lediglich überflüssige Förmelei gewesen. Die Beklagte konnte auch nicht davon ausgehen, der Kläger habe zwischenzeitlich von seiner Forderung Abstand genommen.

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e) Die vorstehende Auslegung von § 21 MTV steht nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung anderer Senate des Bundesarbeitsgerichts. Soweit bei unständigen Bezügen verschiedentlich nur die Geltendmachung bereits entstandener Ansprüche für ausreichend erachtet worden ist (für Ansprüche auf Überstundenvergütung: vgl. BAG 9März 2005 -  5 AZR 385/02 - zu III 1 b der Gründe, EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 177; 20. Juli 1989 - 6 AZR 774/87 - zu IV der Gründe, ZTR 1990, 155; für Ansprüche auf Vergütung von Nachtdiensten: vgl. BAG 11. Dezember 2003 - 6 AZR 539/02 - zu II 2 b cc der Gründe, BAGE 109, 100; 10. Juli 2003 - 6 AZR 283/02 - zu 4 der Gründe, EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 168), wurde auch darauf abgestellt, dass die Arbeitnehmer in den einzelnen Monaten in unterschiedlichem Umfang Arbeitsleistungen zu erbringen hatten (BAG 9März 2005 -  5 AZR 385/02 - aaO; 20. Juli 1989 - 6 AZR 774/87 - aaO; 11. Dezember 2003 - 6 AZR 539/02 - aaO; 10. Juli 2003 - 6 AZR 283/02 - aaO). Diese können nicht im Voraus geltend gemacht werden. Vorliegend besteht aber die Besonderheit, dass Umfang und Art der zuschlagpflichtigen Stunden streitlos sind und nur über die Berechnungsgrundlage gestritten wird. Der Grund, weshalb bei unständigen Bezügen regelmäßig nur die Geltendmachung bereits entstandener Ansprüche eine Ausschlussfrist wahren kann, ist mit Aufnahme der geleisteten Stunden in eine Lohnabrechnung entfallen. Für die richtige Berechnung der Zeitzuschläge gemäß § 11 MTV reichte deshalb die einmalige Geltendmachung aus.

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3. Jedenfalls ist die Berufung der Beklagten auf den Verfall der Ansprüche rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB).

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a) § 242 BGB kann zum Verlust eines Rechts im Hinblick auf ein missbilligtes Verhalten, das mit der Rechtsposition in sachlichem Zusammenhang steht, führen(BAG 13. Oktober 2010 - 5 AZR 648/09 - Rn. 19, BAGE 136, 54).Eine unzulässige Rechtsausübung liegt etwa vor, wenn die zum Verfall des Anspruchs führende Untätigkeit durch ein Verhalten der Gegenpartei veranlasst worden ist (vgl. BAG 13. Dezember 2007 - 6 AZR 222/07 - Rn. 32 mwN, BAGE 125, 216) oder wenn der Schuldner es pflichtwidrig unterlassen hat, dem Gläubiger die Umstände mitzuteilen, die diesen zur Einhaltung der Ausschlussfrist veranlasst hätten (BAG 13. Oktober 2010 - 5 AZR 648/09 - aaO).

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b) Die Beklagte führte mit Betriebsrat und Gewerkschaft seit 2007 Verhandlungen über eine andere Berechnung der Zeitzuschläge; spätestens seit der gemeinsamen Geltendmachung im Januar 2008 war ihr bewusst, dass die Arbeitnehmer auf einer Berechnung der Zeitzuschläge auf der Grundlage des „Stundenlohns gesamt“ bestehen. Der faire Umgang mit dem Vertragspartner hätte vor diesem Hintergrund geboten, auf eine im Sinne des Tarifvertrags gegebenenfalls nicht ausreichende, aber offenbar von den Arbeitnehmern als ausreichend angesehene Geltendmachung zu reagieren, um die - auch für sich selbst reklamierte - Klarheit zu schaffen. Dies ist unterblieben. Die Beklagte hat erkennbar darauf gesetzt, dass ein Teil der Mitarbeiter zunächst vor weiteren Geltendmachungen und (gerichtlichen) Auseinandersetzungen zurückschreckt und Ansprüche sukzessive verfallen. Dies ist rechtsmissbräuchlich.

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III. Der Zinsanspruch folgt aus § 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, § 288 Abs. 1 BGB iVm. § 10 Nr. 4 MTV, die Kostenentscheidung aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Mikosch    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    Thiel    

        

    Stefan Fluri    

                 

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) In Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs besteht kein Anspruch der obsiegenden Partei auf Entschädigung wegen Zeitversäumnis und auf Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozeßbevollmächtigten oder Beistands. Vor Abschluß der Vereinbarung über die Vertretung ist auf den Ausschluß der Kostenerstattung nach Satz 1 hinzuweisen. Satz 1 gilt nicht für Kosten, die dem Beklagten dadurch entstanden sind, daß der Kläger ein Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit, der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit, der Finanz- oder Sozialgerichtsbarkeit angerufen und dieses den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht verwiesen hat.

(2) Werden im Urteilsverfahren des zweiten und dritten Rechtszugs die Kosten nach § 92 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung verhältnismäßig geteilt und ist die eine Partei durch einen Rechtsanwalt, die andere Partei durch einen Verbandsvertreter nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 und 5 vertreten, so ist diese Partei hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten so zu stellen, als wenn sie durch einen Rechtsanwalt vertreten worden wäre. Ansprüche auf Erstattung stehen ihr jedoch nur insoweit zu, als ihr Kosten im Einzelfall tatsächlich erwachsen sind.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.