Landesarbeitsgericht München Urteil, 22. Juli 2015 - 11 Sa 86/15

bei uns veröffentlicht am22.07.2015
vorgehend
Arbeitsgericht München, 43 Ca 554/14, 16.12.2014

Gericht

Landesarbeitsgericht München

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München (Az.: 43 Ca 555/14) vom 16.12.2014 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer, nicht unter Vorbehalt angenommenen, betriebsbedingten Änderungskündigung.

Der Kläger, wohnhaft in A-Stadt, ist bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängern seit 08.03.1989, zuletzt als Development Technician HW in der Betriebsstätte in A-Stadt mit einem Bruttomonatsentgelt von € 4.763,00 beschäftigt.

Grundlage des Arbeitsverhältnisses ist der schriftliche Anstellungsvertrag vom 12.01./17.01.2000 (Bl. 8 bis 12 d. A.). Im Zeitpunkt des Vertragsschlusses existierte als einziger Standort der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgänger die Betriebsstätte in A-Stadt.

Die Beklagte beschäftigt regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer. Es bestand für die Betriebsstätte A-Stadt auch ein Betriebsrat.

Die Beklagte beabsichtigte die Anzahl der deutschen Standorte der C-Gruppe aufgrund der wirtschaftlichen Situation sowie zur Zukunftssicherung zu reduzieren. Dabei sollten die bislang vorhandenen Standorte in A-Stadt, E-Stadt, F-Stadt, C-Stadt, G-Stadt und H-Stadt auf die Standorte C-Stadt und E-Stadt konzentriert werden, in dem unter anderem die Standorte in H-Stadt, A-Stadt, F-Stadt, E-Stadt und I-Stadt dorthin verlagert werden sollten. Die betroffenen Mitarbeiter sollten an den neuen Standorten ihre Tätigkeit fortführen. Entsprechend wurden zwischen der Beklagten und dem Gesamtbetriebsrat ein Interessenausgleich und ein Sozialplan abgeschlossen. Im Sozialplan waren, speziell zur Abmilderung der Folgen der Verlagerung der jeweiligen Arbeitsplätze, soziale Ausgleichsund Milderungsmaßnahmen vorgesehen.

Im Interessenausgleich (Bl. 24 ff. d. A.) ist unter Ziffer 2. (4) folgende Regelung einhaltet:

„Die betroffenen Mitarbeiter sollen in den Betrieben C-Stadt und E-Stadt weiter beschäftigt werden. Hierzu wird die C allen Mitarbeitern ein Änderungsangebot unterbreiten, welches mit einer Frist von 10 Tagen angenommen werden kann. Sollten die Mitarbeiter dieses Änderungsangebot nicht innerhalb dieser Frist annehmen, wird die C vorbehaltlich der Annahme des Änderungsangebotes durch die Mitarbeiter von ihrem Direktionsrecht Gebrauch machen und vorsorglich Versetzungen aussprechen. Alternativ wird in diesem Fall die C vorbehaltlich der Annahme des Änderungsangebotes durch die Mitarbeiter vorsorglich Änderungskündigungen, verbunden mit dem Angebot in den Betrieben C-Stadt und E-Stadt tätig zu werden, aussprechen. Hiervon unberührt bleibt die Möglichkeit, Kündigungen aus anderen Gründen auszusprechen.“ Der Anstellungsvertrag des Klägers enthält - u.a. folgende Regelungen:

„Anstellungsvertrag Zwischen

Firma C GmbH b. D-Stadt im folgenden „C.“ und Herrn A.“

A-Stadt im folgenden „Mitarbeiter“ genannt wird folgender Anstellungsvertrag geschlossen:

I. Besondere Vereinbarungen

1. Tätigkeit/Aufgabengebiet: Entwicklungsingenieur

2. Beginn des Arbeitsverhältnisses: 01.01.2000

3. Derzeitiger Dienstsitz: s.o.

II. Allgemeine Vereinbarungen

1. Beschäftigungsort, Versetzungsvorbehalt

1.1. Tätigkeitsort sind die jeweiligen Geschäftsräume von C.

1.2. C behält sich vor, dem Mitarbeiter bei unveränderten Bezügen im Rahmen des Unternehmens auch eine andere seiner Vorbildung und seinen Fähigkeiten entsprechende Tätigkeit, eventuell auch nur vertretungsweise, an einem anderen Arbeitsplatz zu übertragen.

Mit Schreiben vom 13.12.2013 (Bl. 16 ff. d. A.) hörte die Beklagte den Betriebsrat zur beabsichtigten ordentlichen betriebsbedingten Änderungskündigung an und stellte Antrag auf Zustimmung zur beabsichtigten Versetzung nach § 99 BetrVG. Dem Betriebsrat wurde mitgeteilt, dass beabsichtigt sei zunächst mit Wirkung zum 01.02.2014 aufgrund des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts den Kläger bei gleichbleibender Tätigkeit nach C-Stadt zu versetzen. Gleichzeitig sei beabsichtigt, höchst vorsorglich das Arbeitsverhältnis ordentlich betriebsbedingt zum 31.07.2014 zu kündigen und dem Kläger gleichzeitig ab dem 01.08.2014 die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu den bisherigen Bedingungen am Standort C-Stadt anzubieten. Die Beklagte zitierte dabei die Versetzungsklausel gemäß Ziffer II. 1.2. des Anstellungsvertrages und erklärte die Auffassung, dass die angestrebte Änderung des Arbeitsvertrages auf Basis dieser Versetzungsklausel im Wege des Direktionsrechts durchgesetzt werden könne und es des Ausspruchs einer Änderungskündigung nicht bedürfe. Höchstvorsorglich werde eine Änderungskündigung ausgesprochen. Der Betriebsrat verweigerte mit Schreiben vom 20.12.2013 (Bl. 29 d. A.) die Zustimmung zur Versetzung und widersprach auch der Änderungskündigung.

Mit Schreiben vom 23.12.2013 (Bl. 22 d. A.) sprach die Beklagte eine Versetzung mit Wirkung zum 01.02.2014 gegenüber dem Kläger auf den neuen Arbeitsort in C-Stadt aus.

Mit Schreiben vom 23.12.2013 (Bl. 13 f. d. A.) erklärte die beklagte Partei gegenüber dem Kläger die ordentliche betriebsbedingte Änderungskündigung. Darin heißt es auszugsweise wie folgt:

„Höchst vorsorglich kündigen wir auch das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis ordentlich betriebsbedingt unter mindestens Einhaltung der für Sie maßgeblichen Kündigungsfrist mit Wirkung zum 31.07.2014, hilfsweise zum nächst zulässigen Zeitpunkt.“

Gleichzeitig bieten wir Ihnen die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ab dem 01.08.2014 zu folgenden geänderten Bedingungen an:

Ihr neuer Arbeitsort: C-Stadt Für den Fall, dass Sie das Angebot annehmen, ändert sich lediglich ihr Arbeitsort." Der Kläger nahm das Änderungsangebot nicht an, auch eine Vorbehaltsannahme wurde nicht erklärt.

Von der mit Schreiben vom 23.12.2013 ausgesprochenen Versetzung Kraft Direktionsrechts nahm die Beklagte später Abstand und nahm diese zurück.

Im vorliegenden Rechtsstreit begehrt der Kläger, soweit für das Berufungsverfahren von Bedeutung, die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die Änderungskündigung vom 23.12.2013 nicht aufgelöst worden ist.

Der Kläger war erstinstanzlich der Auffassung, dass der Arbeitsplatz des Klägers in Eching nicht mit Ablauf der individuellen Kündigungsfrist ersatzlos und endgültig entfallen sei. Die Umsetzung der unternehmerischen Entscheidung der Verlagerung der Arbeitsplätze nach C-Stadt im angegebenen Zeitpunkt sei infolge einer nicht erteilten Baugenehmigung nicht möglich gewesen. Des Weiteren sei die Betriebsratsanhörung nicht wirksam erfolgt, da der Betriebsrat nicht über einzelne Umsetzungsschritte im Rahmen der Betriebsratsanhörung informiert worden sei, auch nicht im Rahmen des Interessenausgleichsverfahrens. Des Weiteren seien in der Betriebsratsanhörung die Begrifflichkeiten Betriebsverlagerung und Betriebsschließung, welche unterschiedlichen Inhalt hätten, verwendet worden, so dass nicht klar gewesen sei, welche Form der Betriebsänderung letztlich vorgelegen hätte. Zudem seien die Angaben zum Kündigungstermin widersprüchlich gewesen. Eine Sozialauswahl sei nicht vorgenommen worden, obwohl die Beklagte wegen der schrittweisen Umsetzung der Maßnahme hierzu verpflichtet gewesen sei. Die Kündigung sei auch unwirksam gewesen, da sie unter einer Bedingung ausgesprochen worden sei, nämlich der, dass die Versetzung letzten Endes unwirksam sei. Schließlich verstoße die Änderungskündigung auch gegen den Interessenausgleich, da dort Versetzung und Änderungskündigung alternativ und nicht kumulativ vorgesehen seien. Letztlich sei die Änderungskündigung vor allem deswegen unwirksam, da die Versetzung bereits aufgrund des Versetzungsvorbehalts im Arbeitsvertrag möglich gewesen sei und insofern die Änderungskündigung unverhältnismäßig sei.

Der Kläger beantragte erstinstanzlich:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung der beklagten Partei vom 23.12.2013, zugegangen am 27.12.2013, nicht zum 31.07.2014 aufgelöst wird.

2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klagepartei über den sich aus der mindestens Einhaltung der für den Kläger geltenden Kündigungsfrist ergebenden Beendigungszeitpunkt, über den nächst zulässigen Kündigungszeitpunkt und auch über den 31.07.2014 hinaus für die Dauer des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte beantragte erstinstanzlich: Klageabweisung.

Die Beklagte war erstinstanzlich der Auffassung, dass der Arbeitsplatz der Klagepartei von der geplanten Standortverlagerung betroffen sei. Der Standort in A-Stadt sei vollständig verlagert worden. Insoweit lägen dringende betriebliche Erfordernisse für die notwendige Änderungskündigung vor. Der Anstellungsvertrag habe der Beklagten nicht die rechtliche Möglichkeit gegeben, die Klagepartei einseitig im Rahmen des Direktionsrechts nach C-Stadt zu versetzen. Durch die Nennung der Adresse im Arbeitsvertrag und die Festlegung des Arbeitsorts auf die jeweiligen Geschäftsräume habe die Auslegung aus Sicht eines Arbeitnehmers ergeben, dass der Arbeitsort festgelegt sei auf die Geschäftsräume in A-Stadt. Die Betriebsratsanhörung sei jedenfalls ordnungsgemäß erfolgt, da insbesondere auch dem Betriebsrat infolge der Interessenausgleichsverhandlungen, an denen der Betriebsratsvorsitzende des Betriebsrats Eching teilgenommen hätte, die Einzelheiten der Betriebsverlagerung und die zeitliche Abfolge bekannt gewesen sei. Die Angabe des Kündigungstermins in der Betriebsratsanhörung sei auch richtig und nachvollziehbar erfolgt. Die Kündigung sei auch nicht unter einer unzulässigen Bedingung erklärt worden, sondern allenfalls unter einer zulässigen Rechtsbedingung. Eine Sozialauswahl habe nicht vorgenommen werden müssen, nachdem am Standort in A-Stadt, nach Ablauf der Kündigungsfrist der Klagepartei, keine Arbeitsplätze verblieben seien, die von Seiten der Klagepartei hätten wahrgenommen werden können. Es hätten auch keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten zu den bisherigen Bedingungen mehr in A-Stadt bestanden. Für die Auslegung des Anstellungsvertrages im Sinne der Beklagten sei zu berücksichtigen, dass die Klagepartei selbst von einer Fixierung des Einsatzortes ausgegangen sei, so dass eine andere Auslegung des Arbeitsvertrages auch am übereinstimmenden Willen der Parteien scheitere. Die Versetzungsklausel im Arbeitsvertrag selbst habe nur die Tätigkeit, nicht aber den Arbeitsort des Klägers erfasst. Im Übrigen sei die Klausel nach AGB-Recht unwirksam. Ein Verstoß gegen den Interessenausgleich liege auch nicht vor, da jedenfalls bereits im Interessenausgleich klargestellt worden sei, dass Versetzung und Änderungskündigung auch gemeinsam erfolgen könnten.

Mit dem angefochtenen Endurteil vom 16.12.2014 hat das Arbeitsgericht München der Klage hinsichtlich des Feststellungsantrages, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 23.12.2013 nicht aufgelöst worden ist, stattgegeben, im Übrigen die Klage abgewiesen. Es hat dies damit begründet, dass infolge der fehlenden Vorbehaltsannahme zu überprüfen sei, ob durch die Änderungskündigung eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses eingetreten sei. Die Kündigung sei hinreichend bestimmt, insbesondere sei der Beendigungszeitpunkt hinreichend klar geworden. Auch eine unzulässige Bedingung habe nicht vorgelegen, sondern lediglich eine zulässige auflösende Rechtsbedingung. Die Kündigung sei jedoch unwirksam, da sie überflüssig gewesen sei und daher unverhältnismäßig mit der Folge der Unwirksamkeit. Die Beklagte habe den Kläger bereits kraft Direktionsrechts nach C-Stadt versetzen können, da im vorliegenden Fall der Arbeitsort vertraglich nicht festgelegt sei. Beim Anstellungsvertrag der Parteien handle es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen, deren Auslegung ergebe, dass keine das Direktionsrecht beschränkende Festlegung des Arbeitsorts vereinbart sei. In Ziffer II. 1.1. sei unter dem Stichwort „Tätigkeitsort“ A-Stadt nicht genannt, sondern lediglich die „jeweiligen“ Geschäftsräume von C. Durch das Wort „jeweils“ sei dabei bereits ein möglicher Wechsel in der Örtlichkeit angesprochen. Dem sei auch nicht eine reine auf das Geschäftsgebäude in A-Stadt bezogene Umzugsklausel innerhalb dieser Räumlichkeiten zu entnehmen. Auch die Nennung der Adresse in AStadt in der Überschrift des Anstellungsvertrages spreche nicht für eine andere Auslegung, da in Ziffer I. 3. Ausdrücklich festgehalten sei, dass es sich dabei um den „derzeitigen“ Dienstsitz handle. Es sei nicht davon auszugehen, dass es sich bei der Festlegung des Ortes „A-Stadt“ als Arbeitsort um eine dauerhafte Festlegung handeln solle. Vielmehr sei davon auszugehen, dass hierin lediglich die erstmalige Ausübung des Weisungsrechts liege. Auch sei der Argumentation der Beklagten, die Klagepartei gehe selbst von einer örtlichen Festlegung auf A-Stadt aus, da sie lediglich die Versetzungsmöglichkeit in Ziffer II. 1.2. anspreche, insoweit liege übereinstimmender Parteiwille vor, nicht zu folgen. Denn dem Vortrag der Klagepartei sei jedenfalls zu entnehmen, dass der Beklagten einseitig die Versetzungsmöglichkeit zustehe und sich auch die Klagepartei insoweit mobil zeigen müsse. Auf Rechtsfolgen der §§ 305 c Abs. 2, Abs. 1 BGB könne sich die Beklagte als Verwender der AGB nicht berufen. Der Arbeitsort habe sich auch nicht auf A-Stadt konkretisiert, da besondere Umstände hierfür nicht ersichtlich und vorgetragen seien. Den Weiterbeschäftigungsanspruch des Klägers hat das Arbeitsgericht abgewiesen.

Gegen dieses, der Beklagten am 14.01.2015 zugestellte, Endurteil richtet sich die Berufung der Beklagten mit Schriftsatz vom 04.02.2015, am 05.02.2015 beim Landesarbeitsgericht München eingegangen.

Die Beklagte ist auch im Rahmen der Berufung weiterhin der Auffassung, dass die Änderungskündigung wirksam das Arbeitsverhältnis mangels Vorbehaltsannahme beendet habe. Die Änderungskündigung sei betriebsbedingt wirksam erfolgt, da die Beklagte den Standort A-Stadt geschlossen habe und die Arbeitsplätze nach C-Stadt verlagert habe. Im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung sei auch von einer Durchführbarkeit und einem Entfallen des Arbeitsplatzes des Klägers in A-Stadt auszugehen gewesen. Spätere Probleme mit der Baugenehmigung hätten sich zum einen hinsichtlich des Arbeitsplatzes des Klägers nicht ausgewirkt, da dieser Arbeitsplatz hiervon nicht betroffen gewesen sei und der Kläger durchaus, wie auch andere 22 Arbeitnehmer aus A-Stadt, in C-Stadt hätte beschäftigt werden können. Zudem seien fehlende Beschäftigungsmöglichkeiten dem Risikobereich der Beklagten zuzurechnen. Der Betrieb in A-Stadt sei mittlerweile auch geschlossen. Weitere Beschäftigungsmöglichkeiten, die der Kläger hätte ausüben können, hätten nach Ablauf der Kündigungsfrist in A-Stadt nicht mehr bestanden. Insoweit habe sich auch eine Sozialauswahl erübrigt. Die Betriebsratsanhörung sei ordnungsgemäß erfolgt, da der Betriebsrat infolge der Interessenausgleichsverhandlungen hinreichenden Kenntnisstand gehabt habe und im Rahmen der erfolgten Betriebsratsanhörung auch hinreichend informiert worden sei. Dem Betriebsrat sei auch stets klar gewesen, welche Maßnahmen beabsichtigt seien, auch wenn in der Betriebsratsanhörung sowohl die Begriffe Betriebsverlagerung und Betriebsschließung verwendet worden seien. Auch der Beendigungszeitpunkt sei hinreichend angegeben worden. Eine unzulässige Bedingung habe nicht vorgelegen. Im Interessenausgleich seien auch nicht als denkbare Möglichkeiten und Maßnahmen lediglich Versetzung und Änderungskündigung alternativ, sondern auch beide zusammen als möglich erachtet worden.

Insbesondere sei eine Versetzung des Klägers auch kraft Direktionsrechts nicht möglich gewesen. Dies habe auch der übereinstimmenden Auffassung der Parteien im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung entsprochen. Dies zeige die Tatsache, dass der Prozessbevollmächtigte der Klagepartei in einem gleichgelagerten Verfahren vor dem Arbeitsgericht Weiden die Auffassung vertreten habe, dass der Einsatzort fix vereinbart und kraft Direktionsrechts nicht abänderbar sei. Aufgrund entsprechender Einwände betroffener Mitarbeiter habe man das Versetzungsrecht nochmals überprüft und sei schließlich zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Versetzung kraft Direktionsrechts doch nicht möglich sei. Daher sei auch die Rücknahme der Versetzung ausgesprochen worden. Da der Kläger lediglich dahingehend argumentiert habe, dass eine Versetzung aufgrund Ziffer II. 1.2. des Arbeitsvertrages möglich gewesen sei, sei dieser ebenfalls von einer Fixierung des Einsatzortes und einem nicht bereits nach § 106 GewO bestehenden Versetzungsrecht ausgegangen. Dies habe auch der Auffassung der Beklagten entsprochen. Von diesem übereinstimmenden Parteiwillen dürfe daher auch das Gericht im Wege der Auslegung des Arbeitsvertrages nicht abweichen. Darüber hinaus ergebe aber auch die objektive Auslegung des Arbeitsvertrages, dass eine Versetzung kraft Direktionsrechts nicht möglich sei. Im Zeitpunkt des Vertragsschlusses habe die Beklagte lediglich in A-Stadt eine Niederlassung gehabt. Aus Sicht eines verständigen Arbeitnehmers seien daher der Verweis auf die Adresse in der Überschrift des Anstellungsvertrages und der Hinweis auf die jeweiligen Geschäftsräume nur so verstehbar gewesen, dass allenfalls ein Umzug innerhalb dieser Geschäftsräume möglich sei. Auch die Versetzungsklausel ergebe kein Versetzungsrecht in örtlicher Hinsicht, sondern lediglich hinsichtlich der Tätigkeit der Klagepartei. Jedenfalls ergebe dies auch die Unklarheitenregelung nach § 305 c Abs. 2 BGB. Auch würde eine Versetzung einer Ausübungskontrolle nach § 315 BGB nicht standhalten, da unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere wegen der Entfernung des Wohnortes zum neuen Arbeitsort, eine Versetzung unzumutbar gewesen sei.

Die Beklagte beantragte zuletzt,

  • 1.Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 16. Dezember 2014, Az.: 43 Ca 554/14, abgeändert, soweit der Klage stattgegeben wurde

  • 2.Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger beantragte zuletzt,

Zurückweisung der Berufung.

Der Kläger ist weiterhin der Auffassung, dass die Kündigung unwirksam sei, insbesondere deswegen, weil die Versetzungsmöglichkeit bereits kraft Direktionsrechts bestanden habe. Bereits in einem früheren Arbeitsvertrag habe sich eine wörtlich gleichartige Versetzungsklausel befunden, erweitert um den Fall der Betriebsverlagerung. Von dieser Versetzungsklausel sei auch mehrfach Gebrauch gemacht worden, insbesondere durch Verlegung der Betriebsstätte und Versetzung des Klägers. Eine einvernehmliche Ansicht der Parteien, Eching sei fix als Einsatzort vereinbart worden, habe nicht bestanden. Vielmehr habe die Klagepartei bereits im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens auf die bestehende Versetzungsmöglichkeit hingewiesen. Dem stehe auch die Auffassung, geäußert vor dem Arbeitsgericht Weiden, welche fälschlicherweise in das dortige Verfahren Eingang gefunden habe, nicht entgegen. Hinweise auf die Begriffe „derzeitig“ und „jeweilig“ hätten gezeigt, dass der angegebene Dienstsitz lediglich die aktuelle Situation beschreibe, dass aber insbesondere auch ein anderer Dienstsitz möglich werden könne. Auch sei die Versetzungsklausel aufgrund der Überschrift des Absatzes im Anstellungsvertrag auch wörtlich zu verstehen gewesen. Dies zeige auch die Tatsache, dass die Beklagte letztlich zunächst eine Versetzung ausgesprochen habe und dies auch im Interessenausgleich so vorgesehen war. Eine Versetzung sei auch wirksam möglich, da ein Ortswechsel für den Kläger auch nicht unzumutbar sei, angesichts der anzusetzenden Fahrtzeiten nach C-Stadt. Dies zeige auch die Härtefallregelung im Sozialplan, wonach Abfindungen nur an Personen gezahlt würden, bei denen die Fahrstrecke mehr als 120 km zum neuen Arbeitsort betrage. Der Betriebsrat sei nicht wirksam angehört, da zum einen die Sozialauswahl nicht gegenüber dem Betriebsrat erläutert worden sei. Wegen der stufenweisen Durchführung der Betriebsschließung sei eine solche Sozialauswahl auch erforderlich gewesen. Schließlich sei auch im Rahmen der Betriebsratsanhörung gegenüber dem Betriebsrat die Auffassung vertreten worden, dass eine Versetzung kraft Direktionsrechts möglich sei. Insoweit sei die Anhörung des Betriebsrats bereits fehlerhaft erfolgt. Schließlich sei in der Betriebsratsanhörung mehrmalig von Betriebsschließung, aber auch von Betriebsverlegung die Rede, obwohl beide Begriffe sich ausschließen würden. Der Kündigungszeitpunkt sei nicht hinreichend deutlich gemacht worden. Des Weiteren verstoße die Kündigung auch gegen den Interessenausgleich, da Versetzung und Änderungskündigung lediglich alternativ als Maßnahmen vorgesehen seien.

Im Übrigen wird auf die Schriftsätze vom 04.02.2015, 14.04.2015, 14.06.2015, 08.07.2015 sowie auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

I.

Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO). Sie ist daher zulässig.

II.

Die Berufung ist jedoch unbegründet.

1. Zunächst wird auf die zutreffende Begründung der arbeitsgerichtlichen Entscheidung Bezug genommen (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Insbesondere folgt das Berufungsgericht der Ansicht des Arbeitsgerichts, dass es sich bei der ausgesprochenen Änderungskündigung um eine sogenannte „überflüssige“ Änderungskündigung handelt mit der Folge, dass diese unverhältnismäßig und deswegen unwirksam ist, da die Beklagte mit den Mitteln des Direktionsrechts bereits eine Veränderung des Arbeitsortes des Klägers hätte herbeiführen können.

a) Während die ständige Rechtsprechung. des BAG im Falle einer überflüssigen Änderungskündigung, welche unter Vorbehalt angenommen wurde, davon ausgeht, dass eine erhobene Klage nach §§ 4 Satz 2, 2 KSchG unbegründet ist (vgl. BAG Urteil v. 26.01.2012 - 2 AZR 102/11, Urteil v. 19.07.2012 - 2 AZR 25/11), ist in Fällen, in denen der Arbeitnehmer eine Vorbehaltsannahme nicht erklärt hat, in denen also ausschließlich die Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Streit steht, wegen dieser Bestandsgefährdung die Kündigung als unverhältnismäßig zu betrachten, wenn es ihrer nicht bedurfte, weil die Änderung der Arbeitsbedingungen bereits aufgrund Direktionsrechts möglich war (vgl. BAG Urteil v. 06.09.2007 - 2 AZR 368/06).

b) Ergibt der Arbeitsvertrag oder dessen Auslegung, dass zwischen den Parteien der Ort der Arbeitsleistung fest vereinbart ist, so kann dieser festgelegte Arbeitsort nicht kraft Direktionsrechts abgeändert werden. Ist dies hingegen nicht der Fall, ergibt sich der Umfang des Weisungsrechts des Arbeitgebers aus § 106 GewO. Auf die Zulässigkeit eines etwa darüber hinaus vereinbarten Versetzungsvorbehalts käme es nicht an. Die Bestimmung eines Orts der Arbeitsleistung in Kombination mit einer im Arbeitsvertrag durch Versetzungsvorbehalt geregelten Einsatzmöglichkeit im gesamten Unternehmen, verhindert regelmäßig jedenfalls die vertragliche Beschränkung auf den im Vertrag genannten Ort. Denn es macht keinen Unterschied, ob im Arbeitsvertrag auf eine Festlegung des Ortes der Arbeitsleistung generell verzichtet wird und daher der Arbeitgeber im Rahmen von § 106 GewO diesen zuweisen kann oder ob der Ort der Arbeitsleistung bestimmt, aber die Möglichkeit der Zuweisung eines anderen Ortes jedenfalls vereinbart ist (BAG Urteil v. 28.08.2013 - 10 AZR 569/12).

c) Die Auslegung des Inhalts auch der vorliegenden arbeitsvertraglichen Vereinbarung, bei denen es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, erfolgt unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere sind diese nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeit des konkreten, sondern diejenige des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen ist. Grundsätzlicher Ansatzpunkt ist der Vertragswortlaut. Des Weiteren sind auch die von den Vertragsparteien verfolgten Regelungszwecke sowie die jeweils für die andere Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten zu berücksichtigen. Schließlich ist auch der zum Ausdruck gekommene konkrete Wille der Parteien zu berücksichtigen (vgl. BAG Urteil v. 26.09.2012 - 10 AZR 311/11).

d) Aufgrund dieser Grundsätze ergibt sich nach Auffassung der Kammer keine vertragliche Festlegung des Arbeitsortes des Klägers auf A-Stadt. Vielmehr war die Beklagte bereits aufgrund des Direktionsrechts nach § 106 GewO berechtigt, dem Kläger einen anderen Arbeitsort zuzuweisen. Diese Zuweisung wäre auch wirksam gewesen, da eine Unzumutbarkeit nicht ersichtlich ist.

aa) Die von Seiten der Beklagten verwendeten Begrifflichkeiten „derzeitiger“ Dienstsitz und „jeweilige“ Geschäftsräume zeigen bereits nach dem Wortlaut, dass es sich hierbei nicht um eine endgültige Fixierung des Arbeitsortes handeln sollte. Gerade der Begriff „derzeitig“ zeigt, dass ausgehend von der aktuellen Situation, zwar momentan der Arbeitsort des Klägers unter der Anschrift stattfinden sollte, auf die mit s.o. verwiesen wurde, also in A-Stadt liegen sollte, dass dies aber gerade keine endgültige Festlegung sein sollte. Gerade die Tatsache, dass die Beklagte zum damaligen Zeitpunkt nur eine Niederlassung in A-Stadt betrieb, in Verbindung mit dem Begriff „derzeitig“, zeigt dass die Beklagte durchaus die Möglichkeit bereits in Betracht gezogen hatte, dass sich andere Einsatzorte für den Kläger ergeben könnten, dass sich mithin der Dienstsitz verändern könnte, sei es durch eine Verlagerung des Betriebes, wie sie anscheinend bereits in der Vergangenheit, auch bezogen auf den Kläger und seine Tätigkeit, erfolgt ist, sei es auch durch Erweiterungen der Beklagten auf weitere Standorte. Hätte die Beklagte eine Fixierung des Arbeitsortes auf den einzigen damaligen Standort A-Stadt vereinbaren wollen, so hätte es nahegelegen, nicht von derzeitigem Dienstsitz zu sprechen, sondern hinsichtlich des Dienstsitzes einfach auf die Anschrift der Beklagten zum damaligen Zeitpunkt zu verweisen (vgl. hierzu auch LAG Rheinland-Pfalz Urt. v. 24.10.2011 - 7 Sa 438/11 Rnr.42 zit. nach Juris).

Zwar ist der Beklagten zuzugeben, dass die Versetzungsklausel selbst nach der Unklarheitenregelung des § 305 c Abs. 2 BGB wohl nur eine tätigkeitsbezogene Versetzungsmöglichkeit vorsieht, da vor allem auf Vorbildung und Fähigkeiten Bezug genommen wird. Unabhängig von der Frage, ob sich die Beklagte als Verwender der AGB überhaupt auf diesen Umstand berufen dürfte, ist sie jedoch selbst ursprünglich gerade von einer örtlichen Versetzungsmöglichkeit ausgegangen. Dies zeigt die ausgesprochene Versetzung. Schließlich wäre die Verwendung einer rein tätigkeitsbezogenen Klausel auch konsequent, da mangels Fixierung des Arbeitsortes über die Begriffe „derzeit“ und „jeweilig“ der Arbeitsort kraft Direktionsrecht frei bestimmt werden konnte. Dies sogar bundesweit ( vgl. BAG Urt. v. 13.04.2010 - 9 AZR 36/09). Einschränkungen sind letztlich über die Ausübungskontrolle am Maßstab des § 315 BGB vorzunehmen (vgl. BAG a.a.O.).

bb) Dem steht auch nicht entgegen, dass dann unter Ziffer II. unter der Überschrift „Beschäftigungsort, Versetzungsvorbehalt“ nicht ausdrücklich auch eine wörtliche Versetzungsmöglichkeit angesprochen wurde. Zum einen mag die Beklagte bereits die Versetzungsklausel mit der Begrifflichkeit „Arbeitsplatz“ so verstanden haben, dass der Arbeitsplatz nicht nur tätigkeitssondern auch ortsbezogen zu sehen ist und insoweit die Versetzungsklausel auch einen Ortswechsel mit erfasst. Hierfür spricht die Tatsache, dass die Beklagte zunächst eine Versetzung ausgesprochen hat unter Berufung auf die Versetzungsklausel, wie sich gerade aus der Betriebsratsanhörung ergibt und der Tatsache, dass die Beklagte lediglich hilfsweise die Änderungskündigung ausgesprochen hat. Anscheinend hat die Beklagte tatsächlich die Versetzungsklausel zunächst auch ortsbezogen verstanden. Des Weiteren zeigt aber auch die Fixierung des Tätigkeitsortes in Ziffer II. 1.1. mit der Formulierung „jeweilig“, dass auch hier Veränderungen der Geschäftsräume durchaus künftig eintreten könnten und insoweit der Tätigkeitsort des Klägers sich dann an den jeweiligen Geschäftsräumen der Beklagten befindet. Die anzunehmende Interessenlage, insbesondere auch im Hinblick darauf, dass unbestrittenermaßen die Beklagte bei einem vergleichbaren Wortlaut bereits in der Vergangenheit Versetzungen vorgenommen hat kraft Direktionsrechts, zeigt dass gerade keine Fixierung des Arbeitsortes vorgenommen werden sollte. Früher war also die Beklagte davon ausgegangen, dass mit den Begrifflichkeiten „derzeitig“ und „jeweilig“ ohnehin eine Festlegung des Arbeitsortes nicht erfolgt ist und damit eine Versetzung bereits nach dem Direktionsrecht möglich ist, der Versetzungsvorbehalt ausdrücklich wegen einer zuvor erfolgten Fixierung der Tätigkeit auf eine bestimmte Tätigkeit sich daher nur auf eine Abänderung der Tätigkeit beziehen musste, oder sie war der Auffassung, dass jedenfalls der Versetzungsvorbehalt auch eine örtliche Versetzungsmöglichkeit mit erfasste. Jedenfalls aus Sicht eines redlichen Vertragspartners der Beklagten musste gerade über die Begrifflichkeiten „derzeitig“ und „jeweilig“ der Arbeitnehmer den Vertragswortlaut so verstehen, dass jedenfalls auf Dauer eine Fixierung des Arbeitsortes nicht vorgenommen worden war.

cc) Einer solchen Auslegung steht auch nicht etwa ein übereinstimmender Parteiwille im Zeitpunkt etwa des Zugangs der Kündigung entgegen, wonach die Parteien zu diesem Zeitpunkt übereinstimmend davon ausgegangen wären, dass eine feste Vereinbarung des Arbeitsortes vorliegen würde. Zum einen ist schon nicht ersichtlich, inwieweit tatsächlich eine derartige Auffassung der Klagepartei zu diesem Zeitpunkt bestanden hätte. Der Akte zumindest ist nicht zu entnehmen, dass sich die Klagepartei auf diesen Standpunkt gestellt hätte. Soweit die Beklagte auf eine Argumentation des Prozessbevollmächtigten der Klagepartei vor dem Arbeitsgericht Weiden abstellt, fand dies jedenfalls nach Zugang der Kündigung statt und wirkt zudem auch nicht auf die vorliegende Klagepartei zurück. Entscheidend nach dieser Argumentation der Beklagten, wonach das Gericht von einem überstimmenden Willen der Parteien durch Auslegung nicht abweichen darf, wäre, wie tatsächlich die Partei des jeweiligen Rechtsstreits den Vertragsinhalt verstanden hat. Daher kann es schon nicht maßgeblich sein, wie etwa eine Partei eines anderen Rechtsstreits den Inhalt der Versetzungsklausel verstanden hat bzw. des Arbeitsvertrages insgesamt. Der Kläger im vorliegenden Verfahren hat sich jedenfalls bereits im erstinstanzlichen Verfahren auf die Versetzungsmöglichkeit kraft Direktionsrechts berufen.

Selbst wenn man aber eine solche Fixierung des Arbeitsortes von Seiten der Klagepartei vertreten hätte, so LAG jedenfalls kein übereinstimmender Wille der Parteien zu diesem Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung vor. Die Beklagte hat sich ja zu diesem Zeitpunkt, das zeigt die letztlich nur hilfsweise ausgesprochene Änderungskündigung, auf den Standpunkt gestellt, dass gerade eine Versetzung kraft Direktionsrechts möglich wäre. Und selbst wenn die Beklagte zu diesem Zeitpunkt ihre Argumentation nur auf den Versetzungsvorbehalt bezogen hätte, so ist zum einen, wie bereits dargestellt, nicht auszuschließen, dass die Beklagte den Versetzungsvorbehalt i.S.d. der o.g. Rechtsprechung aufgefasst hat, nämlich dahingehend, dass eine Fixierung des Einsatzortes gerade nicht erfolgt ist, weil eine unternehmensweite Versetzungsmöglichkeit kraft Klausel vorgesehen war. Hiervon ist sie augenscheinlich ausgegangen, denn sie hat sich, etwa in der Betriebsratsanhörung, auf die Versetzungsklausel insoweit berufen. Dann ist aber die Vereinbarung des Arbeitsortes im Arbeitsvertrag tatsächlich nicht als Fixierung des Arbeitsortes von ihr gewertet worden, sondern allenfalls als erstmalige Ausübung ihres Weisungsrechtes, welches sie aufgrund der Versetzungsklausel als fortbestehend angenommen hat. Ein übereinstimmender Wille also im Zeitpunkt des Zugangs der Änderungskündigung dahingehend, dass der Vertrag selbst eine Fixierung des Arbeitsorts vorgesehen hätte, kann nicht festgestellt werden. Allenfalls hat die Beklagte nachträglich, später durch Aufgabe auch der Versetzung, einen entsprechenden Willen gebildet. Sie hat damit ihre Rechtsauffassung geändert, dies muss aber auch dem Kläger gegebenenfalls erlaubt sein. Ansonsten müsste man bereits annehmen, dass sich auch die Beklagte wegen der ursprünglich geäußerten Annahme, versetzen zu können, daran festhalten lassen müsste.

Hinzu kommt aber, dass anders als etwa in anderen entschiedenen Fällen, der Einsatzort noch nicht einmal vollständig fixiert war, sondern durch die Begrifflichkeiten „derzeitig“ und „jeweilig“ auch noch bereits unter einen zeitlichen Vorbehalt gestellt wurde der Abänderbarkeit je nach Notwendigkeit. Insoweit ist die Beklagte daher auch nach dem Empfängerhorizont eines verständigen Arbeitnehmers berechtigt, den Arbeitsort bereits kraft Direktionsrechts nach § 106 GewO abzuändern. Auf den Inhalt des Versetzungsvorbehalts kam es insoweit nicht an.

dd) Auch die Ausübung eines entsprechenden Versetzungsrechts wäre nicht unbillig gewesen. Der Kläger selbst räumt ein, dass die Beschäftigung in C-Stadt auch angesichts der Entfernung zwischen Wohn- und Arbeitsort zumutbar ist. Dies erscheint auch der Kammer so, da die Beklagte selbst einräumt, dass die einfache Entfernung bei ca. einer Fahrtzeit von einer Stunde liegt. Selbst wenn bei außergewöhnlichen Verkehrsverhältnissen die Fahrtzeit länger wäre, wäre angesichts der heutigen im Rahmen der Beschäftigungssituation in D-Stadt üblichen Entfernungen und Fahrtzeiten, eine derartige Entfernung und Wahrnehmung einer Beschäftigung durchaus zumutbar. Dies hat letztlich die Beklagte auch im Rahmen der Sozialplanverhandlungen anscheinend so gesehen, nachdem Härtefallregelungen erst bei einer Entfernung von über 120 km angenommen wurden. Dies liegt jedenfalls nicht vor.

Da somit die Änderungskündigung überflüssig war, da ein Versetzungsrecht bereits kraft Direktionsrechts bestand, war die Änderungskündigung unverhältnismäßig gemäß der oben zitierten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und daher unwirksam. Sie hat daher zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht geführt. Die Berufung der Beklagten konnte daher keinen Erfolg haben. Auf weitere Unwirksamkeitsgründe kam es daher nicht an. Solche wären auch nicht ersichtlich gewesen.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

3. Die Revision war gem. § 72 Abs. 2 Ziff. 2 ArbGG zuzulassen, da eine Entscheidung einer anderen Kammer des LAG München (5 Sa 828/14) vorliegt, von deren Rechtsansicht die vorliegenden Kammer abweicht.

Insoweit wird auf die folgende Rechtsmittelbelehrungverwiesen.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht München Urteil, 22. Juli 2015 - 11 Sa 86/15

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Landesarbeitsgericht München Urteil, 22. Juli 2015 - 11 Sa 86/15 zitiert 12 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 64 Grundsatz


(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 66 Einlegung der Berufung, Terminbestimmung


(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Mona

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 315 Bestimmung der Leistung durch eine Partei


(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist. (2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil. (3) Sol

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 69 Urteil


(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Woch

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 99 Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen


(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen v

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 4 Anrufung des Arbeitsgerichts


Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung er

Gewerbeordnung - GewO | § 106 Weisungsrecht des Arbeitgebers


Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder geset

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Landesarbeitsgericht München Urteil, 22. Juli 2015 - 11 Sa 86/15 zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).

Landesarbeitsgericht München Urteil, 22. Juli 2015 - 11 Sa 86/15 zitiert 7 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Arbeitsgericht München Endurteil, 16. Dez. 2014 - 43 Ca 555/14

bei uns veröffentlicht am 16.12.2014

Tenor 1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die ordentliche Kündigung der beklagten Partei vom 23.12.2013 nicht aufgelöst worden ist. 2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 3. Von den Kosten des Rechtss

Bundesarbeitsgericht Urteil, 28. Aug. 2013 - 10 AZR 569/12

bei uns veröffentlicht am 28.08.2013

Tenor 1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 22. März 2012 - 15 Sa 1204/11 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 26. Sept. 2012 - 10 AZR 311/11

bei uns veröffentlicht am 26.09.2012

Tenor 1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 1. März 2011 - 1 Sa 571/10 - wird zurückgewiesen.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 19. Juli 2012 - 2 AZR 25/11

bei uns veröffentlicht am 19.07.2012

Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 19. Juli 2010 - 5 Sa 604/10 - aufgehoben.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 26. Jan. 2012 - 2 AZR 102/11

bei uns veröffentlicht am 26.01.2012

Tenor 1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 2. Dezember 2010 - 5 Sa 1183/10 - aufgehoben.

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 24. Okt. 2011 - 7 Sa 438/11

bei uns veröffentlicht am 24.10.2011

Tenor Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 22.06.2011, Az.: 4 Ca 2899/10, wird kostenpflichtig zurückgewiesen. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand 1 Die Parteien des vorliegenden.

Bundesarbeitsgericht Urteil, 13. Apr. 2010 - 9 AZR 36/09

bei uns veröffentlicht am 13.04.2010

Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 11. Dezember 2008 - 11 Sa 817/08 - wird zurückgewiesen, soweit das Landesarbeitsgericht die Beru

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Tenor

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die ordentliche Kündigung der beklagten Partei vom 23.12.2013 nicht aufgelöst worden ist.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die beklagte Partei % und die Klagepartei % zu tragen.

4. Der Streitwert wird festgesetzt auf 10.480, 00 €.

5. Soweit die Berufung nicht kraft Gesetzes statthaft ist, wird sie nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen betriebsbedingten Beendigungskündigung sowie über die Weiterbeschäftigung der Klagepartei. Im Vordergrund steht die Frage, ob die Maßnahme der beklagten Partei noch einseitig durch das Direktionsrecht rechtlich durchsetzbar gewesen und die ausgesprochene Änderungskündigung somit überflüssig war.

Der am 1982 geborene Kläger (ehemals Nachname L) war seit dem 01.2.2005 unbefristet und ununterbrochen bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin in der Betriebsstätte in E, zuletzt als Mitarbeiter Prüffeld, beschäftigt. Grundlage des Arbeitsverhältnisses ist der schriftliche Arbeitsvertrag 30.09.200406./10.12.2004 (Bl. 10 - 14 d.A.). Der Kläger verdiente zuletzt monatlich brutto € 2620.

Der Kläger war Ersatzmitglied des Betriebsrats.

Die beklagte Partei beschäftigte regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer. Es bestand ein Betriebsrat.

Die beklagte Partei beabsichtigte, die Anzahl der deutschen Standorte der K-Gruppe aufgrund der wirtschaftlichen Situation sowie zur Zukunftssicherung zu reduzieren. Standorte in K-Stadt, E, R, D und U sollten an die Standorte A und D verlagert werden. Aus diesem Grund schlossen die Beklagte und der Gesamtbetriebsrat am 04.12.2013 eine Gesamtbetriebsvereinbarung über einen Interessenausgleich (Bl. 27 - 31 d.A.).

Ein ebenfalls zwischen diesen Betriebsparteien geschlossener Sozialplan vom 04.12.2013 sieht für die von den im o.g. Interessenausgleich benannten Maßnahmen betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter soziale Ausgleichs- und Milderungsmaßnahmen vor. Bezüglich des Inhalts wird auf Bl. 71 - 80 d.A. verwiesen.

Der Arbeitsvertrag der Parteien enthält - soweit für diesen Rechtsstreit bedeutsam - folgende Regelungen:

„Arbeitsvertrag

Zwischen

Firma K GmbH O-Str. E bei M-Stadt im folgenden „K.“

und Herrn L, A-Stadt im folgenden „Mitarbeiter“ genannt wird folgender Arbeitsvertrag geschlossen: I. Besondere Vereinbarungen

1. Tätigkeit/Aufgabengebiet: Mitarbeiter Prüffeld

2. Beginn des Arbeitsverhältnisses: 01.02.2005

3. Derzeitiger Dienstsitz: s.o.

Weiter heißt es in Ziffer II. dieses Arbeitsvertrags wie folgt:

„II. Allgemeine Vereinbarungen

1. Beschäftigungsort, Versetzungsvorbehalt

1.1. Tätigkeitsort sind die jeweiligen Geschäftsräume von K

1.2. K behält sich vor, dem Mitarbeiter bei unveränderten Bezügen im Rahmen des Unternehmens auch eine andere seiner Vorbildung und seinen Fähigkeiten entsprechende Tätigkeit, eventuell auch nur vertretungsweise, an einem anderen Arbeitsplatz zu übertragen.

Gemäß Ziffer 9.1. dieses Vertrages gelten die jeweils gültigen gesetzlichen Kündigungsfristen (Bl. 13 d.A).

Anlässlich der Zustimmung zur beabsichtigten Versetzung nach § 99 BetrVG und der Anhörung gemäß § 102 BetrVG zur beabsichtigten vorsorglichen ordentlichen betriebsbedingten Änderungskündigung des Klägers hörte die Beklagte den Betriebsrat mit Schrei ben vom 13.12.2013 schriftlich an. Auf Blatt 18 - 23 d.A. wird verwiesen. Wörtlich heißt es auf Seite 2 dieses Schreibens:

„Vorsorgliche Änderungskündigung:

Höchst vorsorglich kündigen wird das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis ordentlich betriebsbedingt unter Einhaltung der für Sie maßgeblichen Kündigungsfrist mit Wirkung zum 31.07.2014 hilfsweise zum nächst zulässigen Zeitpunkt.

Gleichzeitig bieten wir Ihnen die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ab dem 01.08.2014 zu den bisherigen Arbeitsbedingungen am Standort A an.

Auf Seite 3 dieses Schreibens heißt es auszugsweise wie folgt:

„Das Unternehmen ist der Auffassung, dass die angestrebte Änderung des Arbeitsvertrages auf Basis dieser Versetzungsklausel im Wege des Direktionsrechts durchgesetzt werden kann und dass es des Ausspruchs einer Änderungskündigung nicht bedarf. Die Einstellung des Mitarbeiters soll daher zum 01.02.2014 erfolgen.“

Nach der Überschrift „Änderung des Dienstsitzes mittels vorsorglicher Änderungskündigung“ heißt es weiter in dem Anhörungsschreiben:

„Höchst vorsorglich für den Fall, dass die angestrebte Änderung des Arbeitsvertrags nicht im Wege des Direktionsrechts durchgesetzt werden kann, beabsichtigt das Unternehmen den Ausspruch einer vorsorglichen ordentlichen, betriebsbedingten Änderungskündigung.“

Mit Schreiben vom 20.12.2013 äußerte sich der Betriebsrat E zu der Änderungskündigung wie folgt:

„2. Der Änderungskündigung gegenüber dem o.g. Mitarbeiter wird nicht zugestimmt, vielmehr widersprochen, da eine Sozialauswahl nicht stattgefunden hat, § 102 Abs. 3 Nr. 1 BetrVG. Die soziale Auswahl ist möglich, da die Schließung des Betriebes in verschiedenen Stufen stattfindet.“

Auf Blatt 32 d.A. wird im Übrigen Bezug genommen.

Von der gegenüber der Klagepartei am 23.12.2013 ausgesprochenen Versetzung zum 01.02.2014 (Bl. 26 d.A.) nahm, die Beklagte Abstand (Bl. 52/88 d.A.).

Mit Schreiben vom 23.12.2013 (Bl. 15 d.A.) erklärte die beklagte Partei gegenüber der Klagepartei die ordentliche betriebsbedingte Änderungskündigung.

Wörtlich heißt es auszugsweise wie folgt:

„Höchst vorsorglich kündigen wir auch das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis ordentlich betriebsbedingt unter mindestens Einhaltung der für Sie maßgeblichen Kündigungsfrist mit Wirkung zum 31.07.2014, hilfsweise zum nächst zulässigen Zeitpunkt.

Gleichzeitig bieten wir Ihnen die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ab dem 01.08.2014 zu folgenden geänderten Bedingungen an:

Ihr neuer Arbeitsort: A Für den Fall, dass Sie das Angebot annehmen, ändert sich lediglich ihr Arbeitsort." Der Kläger nahm das Änderungsangebot nicht an."

Gegen diese „Änderungskündigung“ reichte die Klagepartei am 15.01.2014, am Arbeitsgericht München eingegangen am 16.01.2014 und der Beklagten zugestellt am 25.01.2014 (Bl. 40 d.A.), Kündigungsschutzklage ein.

Die Klagepartei behauptet, der Betriebsrat sei nicht ordnungsgemäß angehört worden. Sie bestreitet, dass der Arbeitsplatz in E zum 31.07.2014, spätestens aber mit Ablauf der individuellen Kündigungsfrist ersatzlos und endgültig wegfalle. In rechtlicher Hinsicht trägt die Klagepartei vor, die Kündigungserklärung enthalte eine unzulässige Bedingung. Sie daher aus diesem Grunde schon unwirksam. Zudem sei sie unverhältnismäßig, da die Ausübung des Direktionsrechts hier ein milderes Mittel dargestellt hätte (Bl. 89 d.A.). Im Übrigen sei die Betriebsratsanhörung fehlerhaft.

Die Klagepartei beantragt,

nachdem das Gericht auf sachdienliche Anträge hingewirkt hat, zuletzt:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung der beklagten Partei vom 23.12.2013, zugegangen am 27.12.2013, nicht zum 31.07.2014 aufgelöst wird.

2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klagepartei über den sich aus der mindestens Einhaltung der für den Kläger geltenden Kündigungsfrist sich ergebenden Beendigungszeitpunkt, über den nächst zulässigen Kündigungszeitpunkt und auch über den 31.07.2014 hinaus für die Dauer des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte beantragt,

Klageabweisung.

Hilfsweise

im Falle des Unterliegens mit dem Klageabweisungsantrag die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils gemäß § 62 Abs. 1 Satz 2 ArbGG auszuschließen.

Die Klagepartei beantragt,

Antragszurückweisung.

Die Beklagte behauptet, der Arbeitsplatz der Klägerin sei von einer von der Beklagten geplanten Standortverlagerung betroffen. Der Standort in E sei vollständig verlagert. Aus diesem Grund lägen die dringenden betrieblichen Erfordernisse für eine notwendige Änderungskündigung des Arbeitsverhältnisses vor. Der Anstellungsvertrag gebe der Beklagten nicht die rechtliche Möglichkeit, der Klägerin einseitig im Rahmen des Direktionsrechts A als neuen Arbeitsort zuzuweisen. Durch die Nennung der Adresse im Arbeitsvertrag und die Festlegung des Arbeitsorts auf die jeweiligen Geschäftsräume ergebe eine Auslegung aus Sicht eines Arbeitnehmers eine örtliche Festlegung auf die Geschäftsräume in der in E bei M-Stadt. Andernfalls hätte die Adresse des Tätigkeitsorts im Vertrag nicht genannt werden müssen. Auf Blatt 115 - 120 d.A. wird im Übrigen Bezug genommen. Die beklagte Partei behauptet, sie habe zwar von der Versetzung zum 01.02.2014 Abstand genommen - dies ist unstrittig -, die ausgesprochene Änderungskündigung aber aufrechterhalten.

In rechtlicher Hinsicht trägt die beklagte Partei vor, die Voraussetzungen für eine wirksame Änderungskündigung lägen vor. Ein Weiterbeschäftigungsanspruch des Klägers am Standort E scheide aus, da dort keine Arbeit mehr anfalle.

Bezüglich des weiteren Vorbringens wird auf die Niederschriften der mündlichen Verhandlungen vom 21.02.2014 (Bl. 42/ 43 d.A.) sowie vom 16.12.2014, auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf den gesamten sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist teilweise begründet.

Zwischen den Parteien bestand - nach Nachfrage des Vorsitzenden in der Kammerverhandlung - Einigkeit, dass nur eine Änderungskündigung von Seiten der beklagten Partei ausgesprochen worden ist. Folglich waren die Anträge in der Klageschrift vom 15.01.2014 Ziffer 1-3 nur als ein einziger punktueller Antrag analog §§ 133, 157 BGB auszulegen.

Über den allgemeinen Feststellungsantrag hatte das Gericht nicht zu entscheiden. Insoweit hat die Klagepartei den Antrag konkludent zurückgenommen und die Rechtshängig-keit ist insoweit weggefallen (§ 269 Abs. 3 Satz 1, 495 Abs. 1 ZPO, § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG).

Über den Antrag der beklagten Partei, die vorläufige Vollstreckbarkeit im Urteil auszuschließen, hatte das Gericht nicht zu entscheiden. Ausweislich der Begründung in dem Schriftsatz vom 14.05.2014 stellte die beklagte Partei diesen Antrag im Hinblick auf die Weiterbeschäftigung. Insoweit ist dem Klageabweisungsantrag der beklagten Partei jedoch stattgegeben worden; daher ist die innerprozessuale Bedingung (vgl. BAG 21.11.2013 - 6 AZR 664/12 - Rz. 66, NZA 2014, 362, 367) für den Hilfsantrag nicht eingetreten.

I.

Das Arbeitsgericht München ist zur Sachentscheidung befugt und die Klage ist im Übrigen zulässig.

1. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen folgt aus § 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. b ArbGG (auch für den Weiterbeschäftigungsanspruch GMP/Matthes/Schlewing 7. Aufl. § 2 Rz. 69)

2. Das Arbeitsgericht München ist örtlich zuständig gemäß § 12 Halbsatz 1 i.V.m. § 17 ZPO bzw. § 29 Abs. 1 ZPO, § 269 Abs. 1 BGB.

3. Die Klageanträge sind hinreichend bestimmt i.S.d. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, insbesondere ist auch der geltend gemachte Weiterbeschäftigungsanspruch hinreichend bestimmt gefasst. Die Art der Beschäftigung ist aus dem Antrag selbst zwar nicht ersichtlich, aber durch die Bezugnahme auf den schriftlichen Arbeitsvertrag in der Begründung des Klageantrags. Dies ist ausreichend (vgl. BAG 15.04.2009 - 3 AZB 93/08 -BAGE 130, 195).

4. Das Feststellungsinteresse für den punktuellen Kündigungsschutzantrag ergibt sich aus § 4 Satz 1 KSchG wegen der ansonsten drohenden Fiktionswirkung des § 7 Hs. 1 KSchG.

5. Die Voraussetzungen des § 259 ZPO hinsichtlich der begehrten Weiterbeschäftigung sind gegeben, da die Besorgnis gerechtfertigt ist, der Schuldner werde sich der recht zeitigen Leistung entziehen (BAG 14.05.1997 - 7 AZR 471/96 - ZUM 1998, 84; 10.08.1994 - 7 AZR 695/93 - Rz. 37, NZA 1995, 30 ff.).

Die Voraussetzungen der objektiven Klagehäufung nach § 260 ZPO sind gegeben, insbesondere ist für beide Streitgegenstände das Urteilsverfahren gemäß § 2 Abs. 5 ArbGG und damit dieselbe Prozessart zulässig.

II.

Die Klage ist teilweise begründet.

Die streitgegenständliche Beendigungskündigung hat das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht beendet (1.).

Ein Weiterbeschäftigungsanspruch des Klägers besteht nicht (2.).

1. Die Kündigungsschutzklage ist begründet.

Die streitgegenständliche Kündigung vom 23.12.2014 hat das zwischen den Parteien im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung unstrittig bestehende Arbeitsverhältnis i.S.d. § 611 BGB (vgl. zu dieser Voraussetzung: BAG 24.10.2013 - 2 AZR 1078/12 - Rz. 20, NZA 2014, 540, 542) nicht aufgelöst.

a) Der Klageantrag ist zu Recht nach § 4 Satz 1 KSchG auf die Feststellung gerichtet, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 23.12.2014 nicht aufgelöst worden ist.

Die Klagepartei hat das mit der Kündigung verbundene Änderungsangebot nicht, auch nicht unter dem Vorbehalt des § 2 KSchG angenommen. Damit bleibt es bei der in der Änderungskündigung enthaltenen Kündigungserklärung. Die Parteien streiten - an ders als wenn der Kläger das mit der Kündigung verbundene Änderungsangebot unter dem Vorbehalt des § 2 angenommen hätte - nicht über die Wirksamkeit der Änderung der Arbeitsbedingungen i.S.v. § 4 Satz 2 KSchG, sondern über eine Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses durch die Kündigung (BAG 10.04.2014 - 2 AZR 812/12 - Ziff. 19, NZA 2014, 653; KR - Friedrich 10. Aufl. § 4 KSchG Rn. 284; ErfK/Kiel 13. Aufl. § 14 KSchG Rn. 27; APS/Hesse 4. Aufl. § 4 KSchG Rn. 116).

b) Die unstreitig (§ 138 Abs. 3 ZPO) am 27.12.2013 dem Kläger zugegangene Kündigung gemäß § 130 BGB ist nicht deshalb unwirksam, da sie nicht hinreichend bestimmt ist (vgl. KR/Friedrich 10. Aufl. § 13 Rn. 377: kein Unwirksamkeitsgrund iSd. § 4 Satz 1 iVm. § 13 Abs. 3 KSchG).

aa) Eine Kündigung muss als empfangsbedürftige Willenserklärung so bestimmt sein, dass der Empfänger Klarheit über die Absichten des Kündigenden erhält. Der Kündigungsadressat muss erkennen, zu welchem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis aus Sicht des Kündigenden beendet sein soll. Deshalb muss sich aus der Erklärung oder den Umständen zumindest ergeben, ob eine fristgemäße oder eine fristlose Kündigung gewollt ist.

Die an eine ordentliche Kündigung zu stellenden Bestimmtheitsanforderungen verlangen vom Kündigenden nicht, den Kündigungstermin als konkretes kalendarisches Datum in der Kündigungserklärung ausdrücklich anzugeben. Es reicht aus, wenn der gewollte Beendigungstermin für den Kündigungsempfänger zweifelsfrei bestimmbar ist (BAG 23.05.2013 - 2 AZR 54/12 - Rz. 47, NZA 2013, 1197, 1201; APS/Preis, 4. Aufl., Grundlagen D, Rn. 20; APS/Linck, § 622 BGB Rn. 66 c HaKo - Kündi-gungsschutzrecht/Fiebig/Mestwerdt, 4. Aufl. Einleitung Rn. 18; Fleddermann Arbeitsrecht aktuell 2011, 347).

Das Bundesarbeitsgericht hat in o.g. Entscheidung ausdrücklich dahinstehen lassen, ob eine Kündigung, die vom Arbeitgeber isoliert als ordentliche Kündigung und als solche „zum nächst zulässigen Termin“ ausgesprochen wird, diesen Bestimmtheitsanforderungen in jedem Fall genügt.

bb) Unter Anwendung dieser Grundsätze ist die konkrete Kündigung hinreichend bestimmt.

Es kommt klar zum Ausdruck, dass eine fristgemäße und keine fristlose (Änderungs) kündigung gewollt ist.

Der gewollte Beendigungstermin ist bei gebotener Auslegung jedenfalls objektiv eindeutig bestimmbar. Die Formulierung mindestens unter Einhaltung der „für Sie maßgeblichen Kündigungsfrist mit Wirkung zum 31.07.2014, hilfsweise zum nächst zulässigen Zeitpunkt“ macht deutlich, dass der beklagten Partei auf jeden Fall daran gelegen war, die zulässige Kündigungsfrist einzuhalten. Durch die Formulierung „nächst“ zulässiger Termin wird objektiv hinreichend erkennbar, dass ggf. der nach dem 31.07.2014 liegende Zeitpunkt maßgeblich sein soll.

b) Die Kündigung ist nicht unwirksam, da sie unter einer unzulässigen Bedingung erklärt worden ist (vgl. zur Geltung des § 4 S. 1 KSchG für diesen Unwirksamkeitsgrund KR/Friedrich aaO)

Die „vorsorglich“ erklärte Änderungskündigung verstößt nicht gegen den Grundsatz der Bedingungsfeindlichkeit von Gestaltungsrechten. Sie steht unter einer -zulässigen - auflösenden Rechtsbedingung iSd. § 158 Abs. 2 BGB (vgl. BAG 23.05.2014 - 2 AZR 54/12 - Rn. 44, NZA 2013, 1197, 1201).

Die beklagte Partei hat zuletzt unstrittig an der zum 01.02.2014 ausgesprochenen Versetzung nicht mehr, an der Änderungskündigung sehr wohl festgehalten (§ 138 Abs. 3 ZPO). Der beklagten Partei blieb es unbenommen, von einer Weisung iSd. § 106 GewO einseitig wieder Abstand zu nehmen. Damit stand nur noch die Änderungskündigung bzw. aufgrund der Ablehnung des Angebots durch den Kläger die Beendigungskündigung - zur Entscheidung an. Eine zu befolgende Wei sung gab es nicht mehr. Entgegen der Auffassung der Klagepartei handelte es sich bei der Bedingung um eine Rechtsbedingung und nicht um eine tatsächliche Bedingung. Eine solche wäre rechtlich unzulässig. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich die beklagte Partei, anwaltlich von einer renommierten Kanzlei vertreten, einer unzulässigen Bedingungsform bedienen wollte. Da die Rechtswirkung, zulässige Versetzung durch Ausübung des Direktionsrechts, nicht mehr eintreten konnte, kam es auf die Wirksamkeit der vorsorglich ausgesprochenen Änderungskündigung an. Für den Kläger als Empfänger der Kündigungserklärung bestand zu keiner Zeit Rechtsunsicherheit.

c) Die Kündigung gilt nicht gemäß § 7 Halbs. 1 KSchG als wirksam.

Ausgehend von einem Zugang am 27.12.2013 endete die dreiwöchige Kündigungsfrist am 17.1.2014. Die Klagepartei hat durch die am 16.1.2014 beim Arbeitsgericht München eingegangene Klage die dreiwöchige Kündigungsfrist gewahrt gemäß § 4 Satz 1 KSchG. Die Zustellung an die beklagte Partei und damit die Rechtshängigkeit erfolgte zwar erst am 21.01.2014 und damit außerhalb der Dreiwochenfrist, aber noch demnächst i.S.d. § 167 ZPO (vgl. BAG 04.12.2013 - 7 AZR 457/12 - Rz. 13, NZA 2014, 1018, 1019).

d) Die Kündigung ist jedoch unwirksam, da sie „überflüssig“ war.

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist eine „überflüssige“ Änderungskündigung unverhältnismäßig mit der Folge der Unwirksamkeit, wenn der Arbeitnehmer das Änderungsangebot nicht angenommen hat (BAG 06.09.2007 - 2 AZR 368/06 - Rz. 19, NZA-RR 2008, 291). Mit Ablehnung des Änderungsangebots streiten die Parteien ausschließlich um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Bereits diese Bestandsgefährdung verbietet es, die Kündigung als verhältnismäßig zu betrachten (BAG 06.09.2007 - 2 AZR 368/06 -Rz. 21 a.a.O.). Dies gilt unabhängig davon, ob der Arbeitgeber sein entsprechendes Weisungsrecht schon ausgeübt hat oder (noch) nicht (KR/Rost/Kreft § 2 KSchG Rz. 20 b).

aa) Nach § 106 Satz 1 GewO kann der Arbeitgeber u.a. den Ort der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit dieser nicht durch den Arbeitsvertrag festgelegt ist. Auf die Zulässigkeit eines darüber hinaus vereinbarten Versetzungsvorbehalts kommt es dann nicht an. Weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen anderen Arbeitsort zu, so unterliegt dies der Ausübungskontrolle gemäß § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 3 BGB (BAG 28.08.2013 - 10 AZR 602/12 - Rz. 19, Juris; 26.09.2012 -10 AZR 311/11 - Rn. 19, Juris).

Sollte er sich bei einer solchen Festlegung um eine allgemeine Geschäftsbedingung gemäß § 305 ff. BGB handeln, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln, ob ein bestimmter Tätigkeitsort tatsächlich fixiert ist und welchen Inhalt ggf. ein vereinbarter Versetzungsvorbehalt hat (BAG 26.01.2012 - 2 AZR 102/11 - Rz. 16, NZA 2012, 856 = BAGE 140, 328).

bb) Im vorliegenden Fall ist der Arbeitsort vertraglich nicht festgelegt. Die beklagte Partei hätte nach § 106 Satz 1 Halbs. 1, § 6 Abs. 2 GewO verfahren müssen.

(1) Bei dem Arbeitsvertrag der Parteien handelt es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. § 305 Abs. 1 BGB, auf die Vorschriften der §§ 305 ff. BGB zur Anwendung kommen. Dafür spricht schon das äußere Erscheinungsbild des Arbeitsvertrags. Zudem handelt es sich bei einem Arbeitsvertrag um einen Verbrauchervertrag iSd. § 310 Abs. 3 BGB, so dass hier auch die AGB gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB als vom Arbeitgeber gestellt gelten (Cle-menz in Clemenz/Kreft/Krause AGB - Arbeitsrecht § 305 Rz. 35).

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB sind -ausgehend vom Vertragswortlaut - nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind (st. Rspr., vgl. zB BAG 13.03.2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 38 mwN; vgl. auch zur Auslegung BAG 18.05.2010 - 3 AZR 373/08 - BAGE 134, 269; Clemenz in Clemenz/Krause/Kreft § 305 Rz. 5).

(3) Ausgehend von diesen Grundsätzen enthält der Anstellungsvertrag keine das Direktionsrecht beschränkende Festlegung des Arbeitsorts:

Ziffer II. 1.1. nennt unter dem Stichwort Tätigkeitsort E nicht. Genannt sind nur die „jeweiligen“ Geschäftsräume von K. durch das Wort jeweils ist bereits ein möglicher Wechsel in der Örtlichkeit angesprochen. Dass sich eine solche Formulierung nur auf das Geschäftsgebäude in E als - so die Argumentation der beklagten Partei - „reine Umzugsklausel“ beziehen sollte, ist eine eher fernliegende Betrachtungsweise, welche der Kammer nicht folgt.

Etwas anderes ergibt sich entgegen der Rechtsauffassung der beklagten Partei auch nicht aus dem Umstand, dass die Überschrift des Arbeitsvertrages auf Seiten der Arbeitgeberseite die Adresse in E nennt. Die Regelung in Ziff. II nimmt durch die Nennung von den Geschäftsräumen von K nicht hinreichend klar Bezug auf den Standort E in der Präambel (vgl. zur Zulässigkeit der Bezugnahme einer Klausel auf eine Präambel BAG 19.03.2014 - 5 AZR 299/13 (F) - Rz. 22, Juris). Denn unter Ziffer I. 3. heißt es ausdrücklich, dass es sich dabei um den derzeitigen Dienstsitz handle.

Selbst wenn man also der Auffassung der beklagten Partei folgen sollte, dass aus der Einleitung im Arbeitsvertrag und der dortigen Nennung von E eine Festlegung erfolgen sollte, so konnte dies jedenfalls nicht im Sinne einer dauerhaften Festlegung zu verstanden werden. Das BAG entschied mit Urteil vom 28.08.2013 (- 10 AZR 569/12 - Juris), dass die Angabe eines bestimmten Ortes im Arbeitsvertrag nicht zwingend eine vertragliche Festschreibung des Arbeitsortes bedeuten müsse. Es könne sich auch um die schriftliche Fixierung der erstmaligen Ausübung des Weisungsrechts handeln. Auch im vorliegenden Fall ist die Erwähnung von E in der Präambel in Verbindung mit der besonde ren Vereinbarung „derzeitiger“ Sitz so zu verstehen, dass bei Vertragsbeginn der Kläger in den Geschäftsräumen der Firma - derzeit in E - seine Arbeit aufnehmen sollte. Die Präambel bestimmt nicht den Inhalt der geschuldeten Arbeitsleistung, sondern allenfalls den Ort ihrer erstmaligen Ausübung.

Die Argumentation der beklagten Partei, die Klagepartei gehe selbst von einer örtlichen Festlegung auf E aus, da sie die Versetzungsmöglichkeit in Ziffer II 1.2. und nicht in 1.1 verankert sehe, und somit läge ein übereinstimmender Parteiwille vor, greift nicht durch. Unmaßgeblich ist, auf welche vertragliche Bestimmung die Klagepartei eine mögliche Versetzungsmöglichkeit der beklagten Partei stützt, sie geht jedenfalls davon aus, dass der beklagten Partei diese einseitige Handhabe rechtlich zusteht und die Klagepartei sich ggf. örtlich mobil teigen muss.

Schließlich geht auch der Verweis der beklagten Partei auf die Bestimmungen des § 305c Abs. 2 BGB und § 307 Abs. 1 BGB ins Leere. Sie verkennt, dass im Rahmen des § 305c Abs. 2 BGB Unklarheiten zu Lasten des Verwenders gehen (ErfK/Preis 11. Auf. § 305 BGB Rn. 32). Selbst wenn die Versetzungsklausel einer Inhaltskontrolle nicht standhielte, könnte sich die Beklagte hierauf nicht mit Erfolg berufen. Dem steht die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und des Bundesgerichtshof zum AGB- Recht entgegen.

Der Zehnte Senat des Bundesarbeitsgerichts führt in seiner Entscheidung vom 28.06.2006 - 10 AZR 407/05 - NZA 2006, 1157 wörtlich wie folgt aus:

„Die Inhaltskontrolle schafft lediglich einen Ausgleich für die einseitige Inanspruchnahme der Vertragsfreiheit durch den Klauselverwender, sie dient aber nicht dem Schutz des Klauselverwenders vor den von ihm selbst vorformulierten Vertragsbedingungen (vgl. BAG 27. Oktober 2005 - 8 AZR 3/05 - EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 181; BGH 2. April 1998 - IX ZR 79/97 - NJW1998, 2280; 4. Dezember 1986 - VII ZR 354/85 - BGHZ 99,160).“

Es geht hier um die örtliche Versetzung vom bisherigen Standort in E nach A. Für eine unbillige Weisung iSd. § 106 Satz 1 Halbs. 1 GewO besteht kein Anhaltspunkt und im Übrigen ist auch insbesondere seitens der Klagepartei nichts vorgetragen. Im Übrigen wäre ausgehend von der Rechtsprechung des 5. Senats zwischen der Nichtigkeit und der bloßen Unverbindlichkeit einer Weisung zu differenzieren (vgl. BAG 22.02.2012 - 5 AZR 249/11 - Rz. 24, Juris).

(4) Die Arbeitspflicht des Klägers hat sich auch nicht auf den bisherigen Einsatzort räumlich dadurch konkretisiert, dass sie seit Vertragsbeginn im Wesentlichen von dort aus tätig gewesen ist. Es ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass Arbeitspflichten sich, ohne dass darüber ausdrückliche Erklärungen ausgetauscht werden, nach längerer Zeit auch bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren (BAG 17.08.2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 19, Juris). Derartige besondere Umstände hat die Klagepartei aber nicht vorgetragen.

e) Da die Kündigung bereits aus oben genanntem Grund unverhältnismäßig und damit unwirksam ist, bedurfte es nicht der Entscheidung der Streitfrage zwischen den Parteien, ob die Kündigung auch nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam ist. Da der Kläger zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung als Ersatzbetriebsratsmitglied nicht aktiv war, greift § 15 Abs. 1 Satz 1 KSchG iVm. § 103 BetrVG nicht ein.

2. Die Klage ist hinsichtlich der begehrten Weiterbeschäftigung unbegründet.

a) Dem Kläger steht kein kollektivrechtlicher Weiterbeschäftigungsanspruch nach § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG zu.

aa) Will der Arbeitnehmer auf die angebotenen neuen Vertragsbedingungen auch nicht unter Vorbehalt eingehen, sondern zu den bisherigen Vertragsbedingungen das Arbeitsverhältnis fortsetzen, so wird er - wie im vorliegenden Fall - Kündigungsschutzklage gemäß § 4 Satz 1 KSchG erheben. In diesem Fall muss der Betriebsrat sich über diese Absicht des Arbeitnehmers vor seiner Beschlussfassung vergewissern (Fitting 25. Aufl. § 102 Rz. 14). Nur in diesem Fall steht dem Arbeitnehmer unter den Voraussetzungen des Absatzes 5 ein Anspruch auf vorläufige Wei terbeschäftigung zu den alten Bedingungen zu.

Für einen ordnungsgemäßen Widerspruch nach § 102 Abs. 3 Ziff. 1 Be-trVG hat der Betriebsrat die Gesichtspunkte darzulegen, die für den für die Kündigung vorgesehenen Arbeitnehmer sprechen. Nicht notwendig ist hingegen, dass die Klagepartei ihrerseits andere Arbeitnehmer bezeichnet, denen gekündigt werden könnte. Der Betriebsrat muss aber den Personenkreis vergleichbarer Arbeitnehmer zumindest an anhand abstrakter Merkmale bezeichnen, so dass der Arbeitgeber in der Lage ist, seine Auswahlentscheidung zu überprüfen (ErfK/Kania 13. Aufl. § 102 BetrVG Rz. 18; Fitting § 102 Rz. 81). Der Betriebsrat hat moniert, es habe gar keine Sozialauswahl stattgefunden. Dies entbindet ihn aber nicht von der Darlegung der Gründe, warum der betroffene Arbeitnehmer sozial schutzwürdiger als andere Personen gewesen ist (vgl. BAG 09.07.2003 - 5 AZR 305/02 - BAGE 107, 66).

bb) Unter Anwendung dieser Grundsätze scheidet im vorliegenden Fall ein Anspruch nach § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG aus.

Die Klagepartei hat nicht vorgetragen, dass der Betriebsrat vor seiner Stellungnahme im Rahmen der Anhörung im Dezember 2013 sich über diese Absicht des Arbeitnehmers vergewissert hat. Aus dem Widerspruch des Betriebsrats wird nicht deutlich, ob der Betriebsrat eine Wei-terbeschäftigungsmöglichkeit des Klägers auf dem alten Arbeitsplatz sieht und vor allem auch bis zu welchem Zeitpunkt. Der Betriebsrat geht selbst von der Schließung - wenn auch in Stufen - aus. Der Widerspruch ist daher nicht hinreichend konkret formuliert.

Im Übrigen hat der Betriebsrat auch nicht vorgetragen, ein anderer Arbeitnehmer sei im Hinblick auf die Sozialauswahl weniger schutzwürdig als die Klagepartei gewesen. Insoweit fehlt es auch an einer hinreichend konkreten Darlegung des Widerspruchsgrundes nach § 102 Abs. 3 Ziff. 1 BetrVG. Der Betriebsrat hat den Personenkreis vergleichbarer Arbeit nehmer nicht zumindest anhand abstrakter Merkmale bezeichnet. Der Arbeitgeber war aus diesem Grund ausgehend von dem pauschalen Widerspruch außerstande, seine Auswahlentscheidung zu überprüfen. Das Erfordernis eines Mindestmaßes an Konkretheit ergibt sich auch aus der Systematik des Gesetzes (vgl. § 102 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 BetrVG).

b) Auch ein individualrechtlicher Weiterbeschäftigungsanspruch scheidet aus gemäß §§ 611, 613 Satz 1, 242 BGB i.V.m. der objektiven Wertentscheidung aus Art. 2 Abs. 1 GG iVm. Art. 1 Abs. 1 GG.

aa) Das Gericht hat die beantragte Weiterbeschäftigung unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt zu prüfen. Insoweit besteht auch eine Prüfungskompetenz (BAG 14.12.1998 - 5 AS 8/98 - Rn. 15, NZA 1999, 390).

bb) Die Voraussetzungen für einen Weiterbeschäftigungsanspruch (grundlegend BAG 27.02.1985 - GS 1/84 - BAGE 48, 122) liegen wegen fehlende tatsächlicher Beschäftigungsmöglichkeit der Klagepartei in Eching nicht vor bzw. die Voraussetzungen sind jedenfalls nicht schlüssig dargelegt.

III.

1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG.

2. Der im Urteilstenor gem. § 61 Abs. 1 ArbGG festzusetzende Rechtsmittelstreitwert bemisst sich nach §§ 3 Halbs. 1, 5 ZPO.

Der Kündigungsschutzantrag wurde mit drei Bruttomonatsgehältern entsprechend § 42 Abs. 2 Satz 1 Hs. 1 GKG und der Weiterbeschäftigungsantrag mit einem Bruttomonatsgehalt gem. § 3 Hs. 1 ZPO festgesetzt. Daraus ergibt sich eine Kostenquote von 3/4 zu Lasten der Beklagten und 1/4 zu Lasten der Klagepartei.

Der zurückgenommene allgemeine Feststellungsantrag erhöhte den Streitwert nicht. Denn dieser diente nur dazu, mögliche weitere Kündigungen im Hinblick auf die Frist des § 4 Satz 1 KSchG rechtzeitig anzugreifen; dies rechtfertigt keine höhere Ansetzung des Streitwerts (vgl. LAG Sachsen-Anhalt 04.02.2013 - 1 Ta 125/12 - ArbR Aktuell 2013, 188; LAG Thüringen 03.06.1996 - 8 Ta 76/96 - Juris).

3. Die Berufung wurde gemäß § 64 Abs. 2 lit. a ArbGG nicht zugelassen. Die Zulassungsgründe nach § 64 Abs. 3 ArbGG sind nicht gegeben, insbesondere hat die Rechtssache keine grundlegende Bedeutung gemäß § 64 Abs. 3 Nr. 1 ArbGG. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung in Anlehnung an die Grundsätze der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur überflüssigen Änderungskündigung im Falle der Ablehnung des Angebots.

Die Statthaftigkeit der Berufung kraft Gesetzes nach § 64 Abs. 2 lit. b und lit. c ArbGG bleibt unberührt. Auf die formelhafte Rechtsmittelbelehrungwird hingewiesen.

(1) In Unternehmen mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen und Auskunft über die Person der Beteiligten zu geben; er hat dem Betriebsrat unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen Auskunft über die Auswirkungen der geplanten Maßnahme zu geben und die Zustimmung des Betriebsrats zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Bei Einstellungen und Versetzungen hat der Arbeitgeber insbesondere den in Aussicht genommenen Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen. Die Mitglieder des Betriebsrats sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen der personellen Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der Arbeitnehmer, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 79 Abs. 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn

1.
die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde,
2.
die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde,
3.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten,
4.
der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist,
5.
eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder
6.
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.

(3) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so hat er dies unter Angabe von Gründen innerhalb einer Woche nach Unterrichtung durch den Arbeitgeber diesem schriftlich mitzuteilen. Teilt der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Verweigerung seiner Zustimmung nicht innerhalb der Frist schriftlich mit, so gilt die Zustimmung als erteilt.

(4) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht beantragen, die Zustimmung zu ersetzen.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 2. Dezember 2010 - 5 Sa 1183/10 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über eine Änderungskündigung.

2

Die Beklagte betreibt einen Verlag. Ihre Zentrale befindet sich in S. Für diese ist ein Betriebsrat gewählt. Im Bundesgebiet unterhält die Beklagte mehrere Geschäftsstellen. Die Geschäftsstelle H untergliedert sich in die Standorte Ha und H. Sie wird von einem gemeinsamen Geschäftsstellenleiter geführt. Ein örtlicher Betriebsrat für die Geschäftsstelle H ist nicht gebildet.

3

Die Klägerin war am Standort H beschäftigt. Sie ist seit dem 1. August 1993 bei der Beklagten tätig, zunächst als Sekretärin, seit dem 1. Januar 2008 als Vertriebskoordinatorin. Ihre monatliche Bruttovergütung beträgt durchschnittlich etwa 3.920,00 Euro.

4

Im Jahr 2008 beschäftigte die Beklagte in der Geschäftsstelle H neben der Klägerin acht Vertriebsaußendienstmitarbeiter, zwei weitere Vertriebskoordinatorinnen, eine Sekretärin und den Geschäftsstellenleiter.

5

Nach Anhörung und gegen den Widerspruch des Betriebsrats sprach die Beklagte gegenüber der Klägerin mit Schreiben vom 26. August 2009 eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. März 2010 aus, verbunden mit dem Angebot, sie ab dem 1. April 2010 als Vertriebskoordinatorin in der Geschäftsstelle S weiterzubeschäftigen. Die Klägerin nahm das Angebot unter dem Vorbehalt einer Überprüfung seiner sozialen Rechtfertigung an. Sie hat rechtzeitig die vorliegende Klage erhoben. Seit dem 12. April 2010 ist sie in S tätig.

6

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Änderung ihrer Arbeitsbedingungen sei sozial nicht gerechtfertigt. Sie hat bestritten, dass ihr bisheriger Arbeitsplatz weggefallen sei. Im Übrigen liege die Zustimmung des Betriebsrats zu ihrer Versetzung nicht vor.

7

Die Klägerin hat - soweit noch von Interesse - beantragt

        

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Kündigung der Beklagten vom 26. August 2009 rechtsunwirksam ist.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die zum Zwecke der Versetzung ausgesprochene Änderungskündigung sei in jeder Hinsicht rechtswirksam. Sie hat behauptet, sie habe gegen Ende des Jahres 2008 beschlossen, die Abläufe und Aufgabenverteilungen in den Vertriebsgeschäftsstellen überwiegend zentral und nach einheitlichen, nicht mehr regional unterschiedlichen Vorgaben zu steuern. Aus diesem Grunde seien Aufgaben innerhalb der Geschäftsstelle H sowie zwischen dieser und der Zentrale umverteilt worden. Außerdem seien die Aufgaben der Vertriebskoordinatorinnen wegen des Rückgangs der Anzahl der ihrer Geschäftsstelle H zugeordneten Vertriebsaußendienstmitarbeiter zurückgegangen. Damit sei das Beschäftigungsbedürfnis für eine der - mittlerweile nur noch zwei - Vertriebskoordinatorinnen in H entfallen. Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, der Arbeitsvertrag der Parteien gebe ihr ohnehin das Recht, die Klägerin deutschlandweit einzusetzen. Selbst wenn die Änderungskündigung sozial nicht gerechtfertigt sei, sei sie in eine Maßnahme des Direktionsrechts umzudeuten.

9

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter, die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist begründet. Dies führt, soweit das Landesarbeitsgericht die Berufung der Beklagten zurückgewiesen hat, zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht ( § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO ). Die Klage ist unbegründet, wenn Gegenstand des mit der Kündigung vom 26. August 2009 verbundenen Änderungsangebots in Wirklichkeit nicht eine Vertragsänderung war (I.1.). Ob die beabsichtigte Versetzung der Klägerin eine Vertragsänderung erforderte, steht noch nicht fest (I.2.). Unerheblich ist, ob die Beklagte ein mögliches Weisungsrecht, die Klägerin nach S zu versetzen, bereits wirksam ausgeübt hat (II.).

11

I. Die von der Klägerin begehrte Feststellung, die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 26. August 2009 sei rechtsunwirksam, kann nicht getroffen werden, wenn das „Änderungsangebot“ der Beklagten nicht auf eine Änderung der Arbeitsvertragsbedingungen zielt.

12

1. Nach § 4 Satz 2 KSchG ist eine Änderungsschutzklage auf die Feststellung zu richten, dass die „Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt“ oder sie „aus anderen Gründen rechtsunwirksam“ ist. Eine solche Feststellung können die Gerichte nicht treffen, wenn das mit einer Kündigung verbundene „Änderungsangebot“ gar nicht auf eine Änderung der bestehenden Vertragsregelungen gerichtet ist, sondern die in ihm vorgesehenen neuen Bedingungen schon durch Ausübung des Direktionsrechts durchgesetzt werden können (vgl. ErfK/Oetker 12. Aufl. § 2 KSchG Rn. 14). Voraussetzung für die Begründetheit einer Änderungsschutzklage nach § 4 Satz 2 KSchG ist, dass die Parteien über die Berechtigung einer Änderung ihrer arbeitsvertraglichen Vereinbarungen streiten. Das Fehlen der sozialen Rechtfertigung einer Änderung der Arbeitsbedingungen bzw. deren Unwirksamkeit aus anderen Gründen kann nicht festgestellt werden, wenn der Vertrag der Parteien in Wirklichkeit nicht geändert werden soll.

13

a) Hat der Arbeitnehmer das Änderungsangebot des Arbeitgebers unter Vorbehalt angenommen und Änderungsschutzklage nach § 4 Satz 2 KSchG erhoben, streiten die Parteien nicht über eine Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses und damit nicht über die Rechtswirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung, sondern über die Berechtigung des Angebots auf Änderung der Arbeitsbedingungen(BAG 22. April 2010 - 2 AZR 491/09 - Rn. 19, BAGE 134, 154). Streitgegenstand der Änderungsschutzklage ist nicht die Wirksamkeit der Kündigung, sondern der Inhalt der für das Arbeitsverhältnis geltenden Vertragsbedingungen (BAG 26. August 2008 - 1 AZR 353/07 - Rn. 17, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 139 = EzA KSchG § 2 Nr. 72). Die Regelung in § 8 KSchG spricht nicht gegen dieses Verständnis. Danach gilt zwar „die Änderungskündigung“ als von Anfang an rechtsunwirksam, wenn das Gericht festgestellt hat, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt ist. Da aber schon die Annahme des Angebots unter Vorbehalt die Beendigungswirkung der Kündigung beseitigt, ist § 8 KSchG so zu verstehen, dass nur die unter Vorbehalt akzeptierte Änderung der Arbeitsbedingungen von Beginn an entfällt. Streitgegenstand der Klage nach § 4 Satz 2 KSchG ist deshalb die Wirksamkeit der Änderung der Arbeitsbedingungen, nicht die der Kündigung.

14

b) Eine Änderung von „Arbeitsbedingungen“ iSv. § 2 Satz 1, § 4 Satz 2 KSchG steht nur im Streit, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geändertenvertraglichen Bedingungen anbietet. § 2 Satz 1 KSchG setzt ersichtlich voraus, dass es zur Änderung der Arbeitsbedingungen einer Kündigung des bestehenden Arbeitsvertrags bedarf. Das ist nur der Fall, wenn der Arbeitgeber die von ihm erstrebte Änderung auf Basis der bestehenden vertraglichen Regelungen gerade nicht zu erreichen vermag. Das bedeutet umgekehrt, dass eine faktische Änderung, die schon auf der Grundlage des bestehenden Arbeitsvertrags, dh. ohne Einverständnis des Arbeitnehmers durchsetzbar ist, keiner Vertragsänderung und deshalb keiner Kündigung bedarf. Unter „geänderten Arbeitsbedingungen“ iSv. § 2 Satz 1 KSchG sind folglich andere Arbeitsvertragsbedingungen zu verstehen. Vom Arbeitgeber erstrebte Änderungen, die er schon durch Ausübung seines Weisungsrechts gem. § 106 Satz 1 GewO durchsetzen kann, halten sich im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen und sind keine „Änderung von Arbeitsbedingungen“ nach § 2 Satz 1, § 4 Satz 2 KSchG. Während das Weisungsrecht der wechselnden Konkretisierung des unveränderten Vertragsinhalts dient, zielt die Änderungskündigung auf eine Änderung des Vertrags (vgl. Hromadka NZA 2008, 1338, 1339). Soll am bestehenden Vertragsinhalt nichts geändert werden, liegt in Wirklichkeit kein Änderungsangebot vor. Die vermeintlich erst herbeizuführenden Vertragsbedingungen gelten bereits. Eine Änderungsschutzklage ist in diesem Fall - notwendig - unbegründet (vgl. BAG 10. Dezember 1975 - 4 AZR 41/75 - zu I der Gründe, AP BAT §§ 22, 23 Nr. 90 = EzA BAT §§ 22 - 23 VergGr. VIII, 1 Nr. 1; KR/Rost 9. Aufl. § 2 KSchG Rn. 28; vgl. auch ErfK/Oetker 12. Aufl. § 2 KSchG Rn. 14). Es kann dann schlechterdings nicht festgestellt werden, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus einem anderen Grund rechtsunwirksam ist. Bestehende, arbeitsvertraglich bereits vereinbarte Bedingungen, die in Wirklichkeit unverändert bleiben, können nicht iSv. § 1 Abs. 2, § 2 Satz 1 KSchG sozial ungerechtfertigt sein. Eine nicht erfolgte Änderung der Arbeitsvertragsbedingungen kann auch nicht aus einem anderen Grund unwirksam sein. Es bleibt in Wirklichkeit beim bisherigen Vertragsinhalt. Er ist bereits die Rechtsgrundlage für die beabsichtigte faktische Änderung, die sich durch Ausübung des Direktionsrechts erreichen lässt (vgl. ErfK/Oetker aaO).

15

2. Es steht noch nicht fest, ob die mit der Kündigung der Beklagten vom 26. August 2009 erstrebte Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses in S eine Änderung der Arbeitsbedingungen im Sinne einer Vertragsänderung erforderte. Die Beklagte hat sich darauf berufen, der Arbeitsvertrag der Parteien gebe ihr das Recht, die Klägerin deutschlandweit einzusetzen. Das Landesarbeitsgericht hat zum Inhalt der vertraglichen Vereinbarungen der Parteien bislang keine Feststellungen getroffen. Das wird es nachholen müssen. Dabei wird es Folgendes zu beachten haben:

16

a) Nach § 106 Satz 1 GewO kann der Arbeitgeber ua. den Ort der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit dieser nicht durch den Arbeitsvertrag festgelegt ist. Sollte es sich bei einer solchen Festlegung um eine Allgemeine Geschäftsbedingung gem. §§ 305 ff. BGB handeln, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln, ob ein bestimmter Tätigkeitsort tatsächlich fixiert ist und welchen Inhalt ggf. ein vereinbarter Versetzungsvorbehalt hat (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 12, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7; 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 17 bis 31, BAGE 135, 239).

17

b) Die Auslegung der vertraglichen Bestimmungen kann ergeben, dass eine wie ein Versetzungsvorbehalt erscheinende Klausel lediglich den Umfang der geschuldeten Leistung bestimmen soll, insbesondere dann, wenn alternative Tätigkeitsinhalte oder Tätigkeitsorte schon konkret benannt sind (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7; 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 18, BAGE 135, 239). Die Bestimmung eines Orts der Arbeitsleistung in Kombination mit einer durch Versetzungsvorbehalt vorgesehenen Einsatzmöglichkeit im gesamten Unternehmen verhindert regelmäßig die Beschränkung auf den ausdrücklich genannten Ort der Arbeitsleistung (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - aaO; 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 27, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47). Es macht keinen Unterschied, ob im Arbeitsvertrag auf eine Festlegung des Orts der Arbeitsleistung verzichtet und die nötige Konkretisierung dem Arbeitgeber im Rahmen von § 106 GewO vorbehalten wird oder ob der Ort der Arbeitsleistung zwar bestimmt, aber zugleich die Möglichkeit der Zuweisung eines anderen Orts vereinbart wird. In diesem Fall wird lediglich klargestellt, dass § 106 Satz 1 GewO gelten und eine Befugnis zur Versetzung an andere Arbeitsorte bestehen soll(BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - aaO; 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - aaO).

18

c) Ergibt die Auslegung, dass der Vertrag eine nähere Festlegung des Orts der Tätigkeit enthält, so unterliegt diese keiner Angemessenheitskontrolle iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Vielmehr handelt es sich um die Bestimmung des Inhalts der Hauptpflicht (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 16, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7; 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 21, BAGE 135, 239; 13. Juni 2007 - 5 AZR 564/06 - Rn. 30, BAGE 123, 98). Dabei ist es unerheblich, wie eng oder weit die Leistungsbestimmung gefasst ist. Vorzunehmen ist lediglich eine Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

19

d) Fehlt es an einer Festlegung des Orts der Leistungspflicht im Arbeitsvertrag, ergibt sich der Umfang der Weisungsrechte des Arbeitgebers aus § 106 GewO. Je allgemeiner der Ort der Arbeitsleistung im Arbeitsvertrag festgelegt ist, desto weiter geht die Befugnis des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer einen bestimmten (anderen) Arbeitsort einseitig zuzuweisen (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 17, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7; vgl. auch BAG 2. März 2006 - 2 AZR 23/05 - Rn. 16, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 81 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 67). Auf die Zulässigkeit eines außerdem vereinbarten Versetzungsvorbehalts kommt es dann nicht an.

20

e) Enthält der Arbeitsvertrag neben einer Festlegung des Orts der Tätigkeit einen Versetzungsvorbehalt, so ist zu differenzieren (BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 23, BAGE 135, 239):

21

aa) Ergibt die Vertragsauslegung, dass der Versetzungsvorbehalt materiell (nur) dem Inhalt der gesetzlichen Regelung des § 106 GewO entspricht oder zugunsten des Arbeitnehmers davon abweicht, unterliegt diese Klausel keiner Angemessenheitskontrolle iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, sondern allein einer Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB(BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 24, BAGE 135, 239; 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 24 ff., AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47). Der Arbeitgeber, der sich lediglich die Konkretisierung des vertraglich vereinbarten Tätigkeitsinhalts, nicht aber eine Änderung des Vertragsinhalts vorbehält, weicht nicht zulasten des Arbeitnehmers von Rechtsvorschriften ab (§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB). Die Vertragsklausel muss dabei zwar die Beschränkung auf den materiellen Gehalt des § 106 GewO unter Berücksichtigung der dargestellten Auslegungsgrundsätze aus sich heraus erkennen lassen. Auch die Verpflichtung zur transparenten Vertragsgestaltung gem. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB erfordert aber nicht, dass die Klausel Hinweise auf den Anlass der Ausübung des Weisungsrechts enthält(BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 25, BAGE 135, 239; vgl. auch 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 44 ff., AP BGB § 307 Nr. 26).

22

bb) Ergibt die Vertragsauslegung, dass sich der Arbeitgeber mit dem Versetzungsvorbehalt über § 106 GewO hinaus ein Recht zur Vertragsänderung vorbehält, so unterliegt die Regelung der Angemessenheitskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB(BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 26, BAGE 135, 239). Führt die Kontrolle zur Unwirksamkeit des Versetzungsvorbehalts, so richtet sich der Inhalt des Vertrags gem. § 306 Abs. 2 BGB nach den gesetzlichen Vorschriften. Eine geltungserhaltende Reduktion auf das angemessene Maß findet nicht statt (BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 30, aaO; vgl. auch 13. April 2010 - 9 AZR 113/09 - Rn. 42, AP BGB § 308 Nr. 8 = EzA BGB 2002 § 308 Nr. 11; 11. Februar 2009 - 10 AZR 222/08 - Rn. 33, EzA BGB 2002 § 308 Nr. 9). Maßgeblich ist in diesem Fall § 106 GewO. Die Vorschrift überlässt dem Arbeitgeber das Weisungsrecht aber nur insoweit, wie der Leistungsinhalt durch den Arbeitsvertrag nicht festgelegt ist. Ergibt die Auslegung des Vertrags, dass ein bestimmter Arbeitsort vereinbart wurde, ist der Arbeitgeber an diesen gebunden, wenn ein zusätzlich vereinbarter Versetzungsvorbehalt der Angemessenheitskontrolle nicht standhält.

23

II. Ob die Beklagte die Klägerin durch Ausübung ihres Weisungsrechts möglicherweise bereits (wirksam) versetzt hat, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits und für dessen Entscheidung unerheblich. Eine Klage nach § 4 Satz 2 KSchG ist schon dann unbegründet, wenn der Arbeitgeber rechtlich in der Lage ist, die im „Änderungsangebot“ genannten Beschäftigungsbedingungen einseitig durchzusetzen(zutreffend Oetker Anm. zu BAG 28. Mai 2009 - 2 AZR 844/07 - AP BGB § 626 Nr. 222). Es kommt nicht darauf an, ob er sein Direktionsrecht tatsächlich bereits (wirksam) ausgeübt hat. Es genügt, dass er es wahrnehmen könnte. Soweit der Entscheidung des Senats vom 28. Mai 2009 (- 2 AZR 844/07 - Rn. 18, BAGE 131, 78) eine abweichende Ansicht entnommen werden könnte, wird daran nicht festgehalten.

        

    Kreft    

        

    Eylert    

        

    Rachor    

        

        

        

    Söller    

        

    Jan Eulen    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 19. Juli 2010 - 5 Sa 604/10 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Änderungskündigung mit notwendiger Auslauffrist.

2

Die Klägerin ist seit dem 9. April 1987 im K Möbelhaus der Beklagten beschäftigt und verdiente zuletzt monatlich 2.300,00 Euro brutto. In ihrem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 1. April 1987 wurde eine Tätigkeit als „Verkäuferin“ bei einem Arbeitszeitvolumen von 107 Stunden monatlich vereinbart. Die Klägerin war zuletzt in der zentral organisierten „Preisauszeichnung“ eingesetzt. Ihre Aufgabe bestand darin, auf Anforderung hin beschädigte oder abhanden gekommene Preisschilder in den einzelnen Abteilungen des Kaufhauses zu ersetzen und für eine korrekte Preisauszeichnung zu sorgen. In einer von den Parteien unterzeichneten und dem Betriebsrat zur Zustimmung zugeleiteten „Arbeitszeitänderung“ vom 13. Oktober 1994 wurde die „durchschnittliche Stundenzahl monatlich“ mit 163 angegeben und waren als Arbeitszeiten für die Tage von Montag bis Freitag die Stunden von 8:00 bis 17:00 Uhr einschließlich einer Stunde Pause aufgeführt. Der Betriebsrat erteilte seine Zustimmung. Einige Jahre später wurde das Arbeitszeitende für die Tage Montag bis Donnerstag auf 16:00 Uhr, für den Freitag auf 13:30 Uhr verlegt.

3

In den Jahren 2008 und 2009 nahm die Klägerin als Ersatzmitglied an mehreren Sitzungen des Betriebsrats teil.

4

Die Beklagte beschloss im Jahr 2009, die Preisauszeichnung nicht mehr zentral, sondern durch jede Abteilung selbst ausführen zu lassen. Die Klägerin sollte deshalb im Verkauf eingesetzt werden.

5

Mit Schreiben vom 9. April 2009 hörte die Beklagte den Betriebsrat zu einer beabsichtigten außerordentlichen Änderungskündigung an. Er widersprach dieser Maßnahme.

6

Mit Schreiben vom 21. April 2009 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien außerordentlich mit Auslauffrist zum 31. Oktober 2009 und bot der Klägerin eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses im Verkauf ab dem 1. November 2009 an. Die Klägerin nahm das Änderungsangebot unter Vorbehalt an. Am 21. April 2009 erhielt die Klägerin nach ihrem von der Beklagten nicht bestrittenen Vorbringen die Einladung zu einer Betriebsratssitzung, an der sie zwei Tage später teilnahm.

7

Mit ihrer rechtzeitig erhobenen Klage hat sich die Klägerin gegen die Änderungskündigung gewandt. Sie hat die Auffassung vertreten, diese sei schon wegen nicht ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats unwirksam. Dem Betriebsrat sei nicht mitgeteilt worden, dass sie im Verkaufsbereich nunmehr an sechs Tagen unter Einschluss des Samstags tätig werden solle. Auch für eine solche Änderung der Lage der Arbeitszeit habe es einer Änderungskündigung bedurft. Im Übrigen lägen die Voraussetzungen des § 626 Abs. 1 BGB nicht vor. Auch sei die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB nicht gewahrt worden.

8

Die Klägerin hat - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - beantragt

        

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 21. April 2009 sozial ungerechtfertigt und unwirksam ist.

9

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, der Betriebsrat sei ordnungsgemäß angehört worden. Sie habe ihm alle maßgeblichen Kündigungsgründe mitgeteilt. Mit der Klägerin sei keine feste Arbeitszeit vertraglich vereinbart gewesen; diese ergebe sich aus den geltenden Betriebsvereinbarungen, die dem Betriebsrat bekannt seien.

10

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision hält die Beklagte an ihrem Begehren fest, die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das angegriffene Urteil war aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Auf der Grundlage seiner bisherigen Feststellungen durfte das Landesarbeitsgericht die Änderungskündigung vom 21. April 2009 nicht als unwirksam ansehen. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden. Der relevante Sachverhalt ist noch nicht hinreichend festgestellt (§ 563 Abs. 3 ZPO).

12

I. Das Landesarbeitsgericht hat die Zulässigkeit der Berufung der Beklagten zu Recht bejaht.

13

1. Nach § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG beträgt die Berufungsfrist einen Monat, die Frist zur Begründung der Berufung zwei Monate. Nach § 66 Abs. 1 Satz 2 ArbGG beginnen beide Fristen mit Zustellung des vollständig abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung. Die Berufungsfrist endet damit in jedem Fall spätestens sechs Monate nach der Verkündung (BAG 6. Juli 2005 - 4 AZR 35/04 - zu I 1 der Gründe). Das Urteil ist dann rechtskräftig (Germelmann in Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge ArbGG 7. Aufl. § 66 Rn. 16).

14

2. Die Beklagte hat die Berufungs- und die Berufungsbegründungsfrist gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG gewahrt.

15

a) Das Urteil des Arbeitsgerichts ist am 3. November 2009 verkündet worden. Die Zustellung des vollständig abgefassten Urteils erfolgte nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts am 29. April 2010, also später als fünf Monate nach Verkündung.

16

b) Die Beklagte hat innerhalb eines Monats nach Ablauf der fünf Monate Berufung eingelegt, nämlich noch am 29. April 2010. Sie hat die Berufung am 12. Mai 2010 und somit innerhalb von zwei Monaten nach Ablauf der fünf Monate begründet.

17

II. Aufgrund der bisherigen tatsächlichen Feststellungen durfte das Landesarbeitsgericht die außerordentliche Änderungskündigung vom 21. April 2009 nicht nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG für unwirksam halten. Es steht nicht fest, ob es insoweit einer Anhörung des Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 BetrVG bedurfte. Das wäre nicht der Fall, wenn die Versetzung der Klägerin in den Verkaufsbereich mit geänderten Arbeitszeiten schon ohne Änderungskündigung rechtswirksam vorgenommen werden konnte, die ausgesprochene Änderungskündigung demnach „überflüssig“ war.

18

1. Die von der Klägerin begehrte Feststellung, die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 21. April 2009 sei unwirksam, kann nicht getroffen werden, wenn das von ihr unter Vorbehalt angenommene „Änderungsangebot“ der Beklagten in Wirklichkeit gar nicht auf eine Änderung der Arbeitsvertragsbedingungen abzielte.

19

a) Nach § 4 Satz 2 KSchG ist eine Änderungsschutzklage auf die Feststellung zu richten, die Änderung der Arbeitsbedingungen sei „sozial ungerechtfertigt“ oder sei „aus einem anderen Grund rechtsunwirksam“. Auf eine außerordentliche Änderungskündigung ist § 4 Satz 2 KSchG trotz des einschränkenden Wortlauts von § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG entsprechend anzuwenden (BAG28. Oktober 2010 - 2 AZR 688/09 - Rn. 12, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 148 = EzA KSchG § 2 Nr. 80). Eine solche Feststellung können die Gerichte nicht treffen, wenn das mit der Kündigung verbundene „Änderungsangebot“ gar nicht auf eine Änderung der bestehenden Vertragsbedingungen gerichtet ist, sondern die bereits bestehenden Vertragsbedingungen inhaltlich nur wiederholt. Das ist der Fall, wenn die in ihm vorgesehenen „neuen“ Bedingungen vom Arbeitgeber schon durch Ausübung des Direktionsrechts durchgesetzt werden können (BAG 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 - Rn. 12; 29. September 2011 - 2 AZR 617/10 - Rn. 14; ErfK/Oetker 12. Aufl. § 2 KSchG Rn. 14). Voraussetzung für die Begründetheit einer Änderungsschutzklage nach § 4 Satz 2 KSchG ist, dass die Parteien über die Berechtigung einer Änderung ihrer arbeitsvertraglichen Vereinbarungen streiten. Das Fehlen der sozialen Rechtfertigung einer Änderung der Arbeitsbedingungen oder deren Unwirksamkeit aus anderen Gründen kann nicht festgestellt werden, wenn der Vertrag der Parteien in Wirklichkeit nicht geändert werden soll. Das gilt auch für eine außerordentliche Änderungskündigung, insbesondere für eine außerordentliche Änderungskündigung mit notwendiger Auslauffrist, die der ordentlichen Änderungskündigung in den Rechtsfolgen angenähert ist (BAG 29. September 2011 - 2 AZR 617/10 - Rn. 14).

20

b) Hat der Arbeitnehmer - wie hier - das Änderungsangebot des Arbeitgebers unter Vorbehalt angenommen und Änderungsschutzklage nach § 4 Satz 2 KSchG erhoben, streiten die Parteien nicht über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und damit nicht über die Rechtswirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung, sondern nur noch über die Berechtigung des Angebots auf Änderung der Arbeitsbedingungen. Streitgegenstand der Änderungsschutzklage ist nicht die Wirksamkeit der Kündigung, sondern der Inhalt der für das Arbeitsverhältnis geltenden Vertragsbedingungen (BAG 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 - Rn. 13; 26. August 2008 - 1 AZR 353/07 - Rn. 17, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 139 = EzA KSchG § 2 Nr. 72).

21

c) Vom Arbeitgeber erstrebte Änderungen, die sich schon durch die Ausübung des Weisungsrechts gemäß § 106 Satz 1 GewO durchsetzen lassen, halten sich im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen und sind keine „Änderung der Arbeitsbedingungen“ iSv. § 2 Satz 1, § 4 Satz 2 KSchG(BAG 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 - Rn. 14). Soll der bestehende Vertragsinhalt nicht geändert werden, liegt in Wirklichkeit kein Änderungsangebot vor, die vermeintlich erst herbeizuführenden Vertragsbedingungen gelten bereits. Eine Änderungskündigung ist „überflüssig“. Eine Änderungsschutzklage ist dann unbegründet (BAG 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 - aaO; KR/Rost 9. Aufl. § 2 KSchG Rn. 28). Es kann in diesem Fall schlechterdings nicht festgestellt werden, der Änderung der Vertragsbedingungen fehle es an einem wichtigen Grund oder sie sei aus anderen Gründen rechtsunwirksam (BAG 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 - aaO; vgl. auch ErfK/Oetker 12. Aufl. § 2 KSchG Rn. 14).

22

2. Nach den bisherigen Feststellungen schuldete die Klägerin eine Tätigkeit als Verkäuferin. Danach hält sich die von der Beklagten für sie vorgesehene Tätigkeit im Rahmen der bestehenden vertraglichen Abrede. Um ihr diese Tätigkeit zuzuweisen, bedurfte es folglich keiner Änderungskündigung. Zwischen den Parteien steht dagegen im Streit, ob die Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf die Wochentage von Montag bis Freitag und der Beginn und das Ende der täglichen Arbeitszeit vertraglich fest vereinbart sind. Liegt keine feste vertragliche Vereinbarung vor, gehört es nach § 106 Satz 1 GewO zum Gegenstand des Direktionsrechts der Beklagten, die Lage der Arbeitszeit zu bestimmen(vgl. BAG 15. September 2009 - 9 AZR 757/08 - Rn. 51, BAGE 132, 88). Haben die Parteien dagegen die Lage der Arbeitszeit vertraglich festgelegt, ist sie gemäß § 106 Satz 1 Halbs. 2 GewO einer näheren Ausgestaltung im Wege des Direktionsrechts der Beklagten entzogen. Eine solche Vereinbarung können die Vertragsparteien ausdrücklich oder konkludent schließen. Wollen sie das Weisungsrecht des Arbeitgebers durch eine vertragliche Regelung einschränken, müssen sie das hinreichend deutlich zum Ausdruck bringen (Schaub/Linck ArbR-Hdb. 13. Aufl. § 45 Rn. 67, 68; HWK/Lembke 4. Aufl. § 106 GewO Rn. 38).

23

3. Das Landesarbeitsgericht hat nicht festgestellt, ob die Bestimmung der Lage der Arbeitszeit dem Direktionsrecht der Beklagten unterfällt oder diesem aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung der Parteien entzogen ist.

24

a) Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 1. April 1987 enthält keine ausdrückliche Regelung zur Verteilung der Arbeitszeit.

25

b) Das Landesarbeitsgericht hat dahinstehen lassen, ob die in der „Arbeitszeitänderung“ vom 13. Oktober 1994 aufgeführten Arbeitszeiten ein einseitig nicht mehr änderbarer Vertragsbestandteil geworden sind. Dies durfte nicht dahingestellt bleiben. Das Landesarbeitsgericht wird vielmehr zu klären haben, ob die Parteien die Verteilung der Arbeitszeit der Klägerin vertraglich geregelt haben. Ist dies zu bejahen, bedurfte es zu ihrer Änderung einer - dann nicht „überflüssigen“ - Änderungskündigung, die allen Wirksamkeitsanforderungen entsprechen muss. Ist die Frage zu verneinen, kommt es auf die Wirksamkeit der Änderungskündigung nicht an. Dabei kommt in Betracht, dass die Parteien mit dem Schreiben vom Oktober 1994 eine verbindliche Vereinbarung über die Lage der Arbeitszeit getroffen haben. Ferner kommt in Betracht, dass die Parteien in der Folgezeit eine solche Vereinbarung getroffen haben; nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist die Arbeitszeit für die Klägerin nach 1994 erneut verändert worden.

26

c) Soweit sich die Klägerin auf eine der einseitigen Änderung entzogenen Konkretisierung der Lage ihrer Arbeitszeit durch eine jahrelang gleichmäßige Handhabung beruft, ist dieser Umstand nach den bisherigen Feststellungen nicht geeignet, das Weisungsrecht der Beklagten einzuschränken.

27

aa) Eine solche Konkretisierung tritt regelmäßig nicht allein dadurch ein, dass ein Arbeitnehmer längere Zeit in einer bestimmten Weise eingesetzt worden ist. Zum reinen Zeitablauf müssen besondere Umstände hinzukommen, die erkennen lassen, der Arbeitnehmer solle künftig verpflichtet sein, seine Arbeit nur noch wie bisher zu erbringen (BAG 15. September 2009 - 9 AZR 757/08 - Rn. 54, BAGE 132, 88). Allein aus der Beibehaltung einer betrieblichen Praxis über einen längeren Zeitraum hinweg kann der Arbeitnehmer nicht schließen, der Arbeitgeber werde diese Praxis auch künftig beibehalten und sein Weisungsrecht nicht mehr anders ausüben (BAG 7. Dezember 2000 - 6 AZR 444/99 - zu III 2 der Gründe, AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 61 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 23). Der Arbeitgeber muss dazu nicht etwa in bestimmten zeitlichen Abständen darauf hinweisen, er beabsichtige, von seinem Weisungsrecht ggf. weiterhin Gebrauch zu machen (vgl. Schaub/Linck ArbR-Hdb. 13. Aufl. § 45 Rn. 13 e).

28

bb) Etwas anderes kann sich bei Vorliegen besonderer Umstände ergeben, die den Schluss auf einen Verzicht des Arbeitgebers zulassen, von seinem Weisungsrecht anderen Gebrauch zu machen. Solche Umstände hat das Landesarbeitsgericht bisher nicht festgestellt. Es wird den Parteien Gelegenheit geben müssen, hierzu ergänzend vorzutragen.

29

III. Sollte das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis kommen, es habe für die Änderung der Lage der Arbeitszeit einer Änderungskündigung bedurft, folgt eine Unwirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung, anders als es angenommen hat, nicht aus einem Verstoß der Beklagten gegen § 102 Abs. 1 BetrVG. Zwar gehört zu den dem Betriebsrat mitzuteilenden Kündigungsgründen im Fall einer Änderungskündigung auch das dem Arbeitnehmer unterbreitete Änderungsangebot (KR/Rost 9. Aufl. § 2 KSchG Rn. 115). Die Beklagte hat den Betriebsrat aber über die beabsichtigte Änderung der Tätigkeit der Klägerin in die einer Verkäuferin unterrichtet. Die mit dieser Tätigkeit verbundenen Einsatzzeiten musste sie dem Betriebsrat nicht ausdrücklich mitteilen. Sie waren diesem aus der für den Verkaufsbereich geltenden Betriebsvereinbarung bekannt. Aus dem Anhörungsschreiben ist hinreichend deutlich zu entnehmen, dass auch die Klägerin im Verkaufsbereich zu den dort allgemein geltenden Arbeitszeiten tätig sein sollte. Die zentrale Preisauszeichnung wurde nach den Ausführungen im Anhörungsschreiben gerade aufgelöst, um die Preisauszeichnung „während der kompletten Öffnungszeit“ im Verkauf durchführen zu können. Von den entsprechenden Veränderungen ihrer bisherigen Arbeitszeit sollte die Klägerin ersichtlich betroffen sein.

30

IV. Hat es zur Änderung der Lage der Arbeitszeit einer Änderungskündigung bedurft, wird das Landesarbeitsgericht dagegen prüfen müssen, ob eine solche Kündigung wegen § 15 Abs. 1 KSchG unwirksam war, weil die Zustimmung des Betriebsrats nach § 103 BetrVG nicht vorgelegen hat. Das kommt deshalb in Betracht, weil die Klägerin Ersatzmitglied des Betriebsrats und bei Kündigungszugang möglicherweise gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 BetrVG nachgerückt war.

31

V. Kommt das Landesarbeitsgericht zu dem Ergebnis, dass die Änderungskündigung vom 21. April 2009 zur Durchsetzung der Änderungswünsche der Beklagten erforderlich war und nicht schon „aus einem anderen Grund“ iSv. § 4 Satz 2 KSchG unwirksam ist, wird es prüfen müssen, ob die Änderung der bisherigen Vertragsbestimmungen wegen eines wichtigen Grundes iSv. § 626 Abs. 1 BGB berechtigt ist. Es hat dies bislang nicht geprüft. Dabei wird das Berufungsgericht die außerordentliche Änderungskündigung nicht wegen Verstoßes gegen § 626 Abs. 2 BGB als unwirksam ansehen dürfen. Betriebliche Änderungserfordernisse stellen einen Dauertatbestand dar (BAG 5. Oktober 1995 - 2 AZR 25/95 - Rn. 23, RzK I 6g Nr. 26).

        

    Kreft    

        

    Rachor     

        

    Eylert     

        

        

        

    Söller    

        

    Jan Eulen     

                 

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 22. März 2012 - 15 Sa 1204/11 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

Die Klägerin hat die Unwirksamkeit einer Versetzung und einer vorsorglich ausgesprochenen Änderungskündigung geltend gemacht.

2

Die Beklagte ist ein Luftverkehrsunternehmen mit Sitz in Düsseldorf, das neben Flugkapitänen und Copiloten ca. 100 Flugbegleiter beschäftigt.

3

Die 1969 geborene Klägerin steht als Flugbegleiterin in den Diensten der Beklagten. Sie war zuletzt bei einem monatlichen Bruttogehalt von rund 2.500,00 Euro von Münster/Osnabrück aus tätig.

4

In dem Arbeitsvertrag der Klägerin vom 8. Dezember 1994 heißt es ua.:

        

1.    

Beginn der Tätigkeit

                 

Die Mitarbeiterin wird ab 03.12.1994 im Bereich Flugbetrieb, Beschäftigungsort Münster/Osnabrück, als Flugbegleiterin eingestellt.

        

2.    

Rechte und Pflichten

                 

Die Rechte und Pflichten der Mitarbeiterin ergeben sich aus den einschlägigen Gesetzen, den jeweils gültigen Vergütungsvereinbarungen, den Betriebsvereinbarungen sowie den Dienstvorschriften der Eurowings AG. Durch ihre Unterschrift bestätigt die Mitarbeiterin gleichzeitig den Erhalt der Betriebsvereinbarung.“

5

Die Betriebsvereinbarung Nr. 1 für das Bordpersonal der Eurowings vom 15. September 1993 (im Folgenden: BV Nr. 1) ist seinerzeit von der Arbeitgeberin und einer informell eingerichteten „Bordvertretung“ geschlossen worden. § 3 Abs. 8 der BV Nr. 1 lautet:

        

„Der Mitarbeiter kann unter Berücksichtigung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten je nach betrieblichen Erfordernissen an einen anderen dienstlichen Wohnsitz versetzt werden und mit anderen im Rahmen der Geschäftstätigkeit des Flugbetriebes der Eurowings liegenden Aufgaben im In- und Ausland betraut werden. Dies gilt auch bei vorübergehendem oder aushilfsweisem Einsatz in Zusammenhang mit dem Flug- und Verkehrsbetrieb.“

6

Der Manteltarifvertrag Nr. 2 für die Beschäftigten des Kabinenpersonals der Eurowings Luftverkehrs AG vom 15. März 2006 (im Folgenden: MTV Nr. 2), den die Beklagte anwendet, enthält in § 4 Abs. 6 ua. die nachfolgenden Regelungen:

        

„a)     

Der Beschäftigte kann unter Berücksichtigung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten, je nach den betrieblichen Erfordernissen, an einen anderen Einsatzort versetzt werden und mit anderen im Rahmen der Geschäftstätigkeit des Flugbetriebes der Eurowings liegenden Aufgaben im In- und Ausland betraut werden. Bei Schwangerschaft ist EW berechtigt, die Beschäftigte für eine Diensttätigkeit am Boden einzusetzen, sofern auch die Zustimmung des örtlich zuständigen Bodenbetriebsrates vorliegt. Hierbei sind die Bestimmungen des Mutterschutzgesetzes zu beachten.

        

b)    

Alle Beschäftigten, die zum 01.04.2004 an einen neuen dienstlichen Einsatzort versetzt worden sind, erhalten auf Antrag die Möglichkeit, auf eigene Kosten zu ihrem ehemaligen dienstlichen Einsatzort oder an eine 4-Base-Station zurückzukehren. Für diese einmalige Rückkehrmöglichkeit gilt eine Ausschlussfrist bis zum 30.06.2006. Der Rückkehrantrag muss innerhalb dieser Ausschlussfrist schriftlich bei der EW-Personalleitung eingegangen sein. EW wird eine Vorlaufzeit zur Umsetzung des Rückkehrantrages von 3 Monaten nach Antragstellung eingeräumt, und zwar zum Monatsersten des nach Ablauf dieses 3-Monatszeitraums folgenden Kalendermonats.

                 

Die Rückkehrmöglichkeit gemäß b) Satz 1 gilt nicht für die Beschäftigten, denen ein unbefristeter Arbeitsvertrag an einem 4-Base-Standort angeboten wurde.“

7

Unter dem 24. Januar 2011 schlossen die Arbeitgeberin und die bei ihr auf der Basis des Tarifvertrags Personalvertretung Nr. 1 vom 19. März/7. April 2008 gebildete Personalvertretung für die Kabinenmitarbeiter (im Folgenden: PV Kabine) einen Interessenausgleich sowie einen Sozialplan. Aus Ziff. 2 des Interessenausgleichs ergibt sich, dass von den dienstlichen Einsatzorten Köln, Dortmund, Münster/Osnabrück, Hannover, München, Nürnberg, Paderborn, Stuttgart und Berlin aus keine Einsätze von Mitarbeitern mehr erfolgen und daher die diesen Einsatzorten zugeordneten Arbeitsplätze gestrichen werden. Nach Ziff. 1 des Interessenausgleichs wird der Einsatz der Mitarbeiter ausschließlich ab Düsseldorf oder Hamburg erfolgen. Die Versetzungen sollen zum 1. Juni bzw. 1. August 2011 durchgeführt werden. In Härtefällen können Arbeitnehmer bis zum 31. März 2014 an ihren bisherigen Einsatzorten bleiben (Ziff. 3 Buchst. e des Interessenausgleichs). Im Sozialplan vom 24. Januar 2011 sind unter bestimmten Voraussetzungen verschiedene Kompensationszahlungen an von Versetzungen betroffene Arbeitnehmer vorgesehen.

8

Am 24. März 2011 übergab die Beklagte der PV Kabine das Unterrichtungsschreiben vom 23. März 2011 und bat um Zustimmung zur beabsichtigten Versetzung der Klägerin von ihrem bisherigen Einsatzort nach Düsseldorf.

9

Mit Schreiben vom 1. April 2011 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie zum 1. Juni 2011 von ihrem bisherigen dienstlichen Einsatzort an den neuen dienstlichen Einsatzort Düsseldorf versetzt werde. Gegen diese arbeitgeberseitige Maßnahme wehrt sich die Klägerin mit ihrer Klage.

10

Unter dem 31. Mai 2011 kündigte die Beklagte „vorsorglich“ das Arbeitsverhältnis zum 30. November 2011 und bot der Klägerin zugleich die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit neuem dienstlichen Einsatzort Düsseldorf an. Die Klägerin nahm das Änderungsangebot unter Vorbehalt an. Auch gegen diese Änderungskündigung wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden Klage.

11

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die arbeitgeberseitige Maßnahme vom 1. April 2011 sei unwirksam. Es fehle bereits an einer rechtlichen Versetzungsgrundlage. Der Dienstort sei vertraglich vereinbart und könne nicht einseitig geändert werden. Die Versetzung entspreche zudem nicht billigem Ermessen. Sie sei nicht durch betriebliche Erfordernisse gerechtfertigt und treffe die Klägerin in ihren persönlichen Belangen übermäßig hart. Die Personalvertretung sei nicht ordnungsgemäß über die Versetzung unterrichtet worden. Die Änderungskündigung sei sozialwidrig.

12

Die Klägerin hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die Versetzung der Beklagten vom 1. April 2011 unwirksam ist,

        

2.    

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch Änderungskündigung vom 31. Mai 2011 sozial ungerechtfertigt und unwirksam ist.

13

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, die Versetzung sei nicht bereits nach dem Arbeitsvertrag ausgeschlossen. Der Vertrag lege den Arbeitsort nicht fest. Die Versetzung entspreche billigem Ermessen. Ihr liege die durch den Interessenausgleich festgeschriebene unternehmerische Entscheidung zugrunde, in Zukunft die Flugbegleiter nur noch von Düsseldorf und Hamburg aus einzusetzen, wo die Umläufe hauptsächlich begönnen. Ohne Versetzung müssten die nicht in Düsseldorf oder Hamburg stationierten Flugbegleiter - wie bisher schon in erheblichem Umfang - zu den Abflugorten gebracht werden, was unproduktive Kosten verursache. Diese Flugbegleiter stünden dann aufgrund der tarifvertraglichen Regelungen über die Flugdienstzeit nur noch mit geringeren Stundenzahlen zum Einsatz zur Verfügung. Durch die Verlagerung könne deshalb das Arbeitszeitpotenzial der Flugbegleiter besser genutzt werden. Die Versetzung halte einer Interessenabwägung stand, zumal die Klägerin mit anderen betroffenen Flugbegleiterinnen gemeinsam eine Wohnung am neuen Einsatzort anmieten und die sie treffenden Nachteile steuerlich geltend machen könne. Auch sehe der Sozialplan einen gewissen Ausgleich vor. Die vorsorglich ausgesprochene Änderungskündigung sei wirksam, weil die angebotenen Vertragsänderungen aus den Gründen der Versetzung gerechtfertigt seien.

14

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.

Entscheidungsgründe

15

Die Revision hat keinen Erfolg. Die Vorinstanzen haben im Ergebnis richtig entschieden. Die Klage ist unbegründet.

16

A. Die von der Beklagten ausgesprochene Versetzung ist wirksam. Die Beklagte war nach dem Arbeitsvertrag nicht daran gehindert, der Klägerin in Ausübung des Direktionsrechts einen anderen als den ursprünglichen Arbeitsort zuzuweisen (zu I). Die Versetzung hält auch der erforderlichen Ausübungskontrolle stand (§ 106 GewO). Die vom Landesarbeitsgericht vertretene Auffassung, einer Abwägung der Belange des Arbeitnehmers mit denen des Arbeitgebers bedürfe es bei Vorliegen einer nicht missbräuchlichen Unternehmerentscheidung nicht, ist zwar mit § 106 GewO nicht vereinbar(zu II). Diese unzutreffende rechtliche Bewertung hat sich jedoch auf das Ergebnis nicht ausgewirkt. Denn die vom Landesarbeitsgericht zur Begründung seiner Entscheidung selbständig tragend in Bezug genommenen Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils rechtfertigen die Klageabweisung. Die vom Arbeitsgericht vorgenommene Abwägung der beiderseitigen Interessen ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (zu III). Die Zustimmung der Personalvertretung gilt nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt(zu IV). Die Änderungsschutzklage hat keinen Erfolg (zu V).

17

I. Das vertragliche Weisungsrecht der Beklagten umfasst die Befugnis, der Klägerin nach Maßgabe des § 106 GewO einen anderen Einsatzort als den bisherigen zuzuweisen(vgl. für einen gleich gelagerten Fall: BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 -).

18

1. Bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Versetzung, die auf Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 305 ff. BGB beruht, ist zunächst durch Auslegung der Inhalt der vertraglichen Regelungen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln (im Einzelnen: BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 17 ff., BAGE 135, 239). Festzustellen ist, ob ein bestimmter Tätigkeitsinhalt und Tätigkeitsort vertraglich festgelegt sind und welchen Inhalt ein gegebenenfalls vereinbarter Versetzungsvorbehalt hat (BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 - Rn. 16; 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 12).

19

a) Die Bestimmung eines Orts der Arbeitsleistung in Kombination mit einer im Arbeitsvertrag durch Versetzungsvorbehalt geregelten Einsatzmöglichkeit im gesamten Unternehmen verhindert regelmäßig die vertragliche Beschränkung auf den im Vertrag genannten Ort der Arbeitsleistung (BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 - Rn. 18; 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 15; 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 27). Es macht keinen Unterschied, ob im Arbeitsvertrag auf eine Festlegung des Orts der Arbeitsleistung verzichtet und diese dem Arbeitgeber im Rahmen von § 106 GewO vorbehalten bleibt oder ob der Ort der Arbeitsleistung bestimmt, aber die Möglichkeit der Zuweisung eines anderen Orts vereinbart wird. In diesem Fall wird lediglich klargestellt, dass § 106 Satz 1 GewO gelten und eine Versetzungsbefugnis an andere Arbeitsorte bestehen soll.

20

b) Fehlt es an einer Festlegung des Inhalts oder des Orts der Leistungspflicht im Arbeitsvertrag, ergibt sich der Umfang der Weisungsrechte des Arbeitgebers aus § 106 GewO. Auf die Zulässigkeit eines darüber hinaus vereinbarten Versetzungsvorbehalts kommt es dann nicht an. Weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen anderen Arbeitsort zu, so unterliegt dies der Ausübungskontrolle gemäß § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 3 BGB(BAG 26. September 2012 - 10 AZR 311/11 - Rn. 19).

21

2. Die Auslegung des Arbeitsvertrags der Klägerin ergibt, dass ihr Einsatzort nicht vertraglich festgelegt ist.

22

a) Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, dass es sich bei dem Arbeitsvertrag der Parteien um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, auf die die Vorschriften des § 305 ff. BGB zur Anwendung kommen. Die Parteien sind dieser angesichts des Erscheinungsbildes des Arbeitsvertrags sich aufdrängenden Annahme nicht entgegengetreten. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 15, BAGE 124, 259).

23

b) Der Arbeitsvertrag enthält keine das Direktionsrecht beschränkende Festlegung des Arbeitsorts.

24

aa) Unter Ziff. 1 des Arbeitsvertrags ist vorgesehen, dass die Klägerin am Beschäftigungsort Münster/Osnabrück „eingestellt“ wird. Darin liegt keine vertragliche Beschränkung des Direktionsrechts auf Münster/Osnabrück als Arbeitsort. Die betreffende Passage des Vertrags ist mit „Beginn der Tätigkeit“ überschrieben und legt lediglich fest, wo die Arbeitnehmerin bei Vertragsbeginn ihre Arbeit aufnehmen soll. Die Regelung bestimmt nicht den Inhalt der geschuldeten Arbeitsleistung, sondern den Ort ihrer erstmaligen Ausübung. Die Regelung in § 3 Abs. 8 BV Nr. 1, nach der der Mitarbeiter unter Berücksichtigung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten an einen anderen dienstlichen Wohnsitz versetzt werden kann, beschreibt den Umfang des Weisungsrechts, der ausdrücklich auch die Arbeitsleistung an anderen Orten einschließt.

25

(1) Die BV Nr. 1 ist unstreitig keine Betriebsvereinbarung iSd. Betriebsverfassungsgesetzes. Sie gilt demnach nicht aufgrund von § 77 Abs. 4 BetrVG.

26

(2) Bei der BV Nr. 1 handelt es sich um vom Arbeitgeber ohne kollektivrechtliche Grundlage mit Vertretern der Belegschaft verabredete Allgemeine Arbeitsbedingungen. Sie gelten nur dann, wenn die Parteien des Arbeitsvertrags ihre Geltung wirksam vereinbart haben.

27

(3) Letzteres ist hier der Fall. Im Arbeitsvertrag ist die Geltung der „Betriebsvereinbarung“ ausdrücklich vorgesehen. Gemeint war die BV Nr. 1. Ein Exemplar wurde der Klägerin bei Vertragsschluss ausgehändigt.

28

(4) Die damit gegebene Bezugnahme auf die Allgemeinen Arbeitsbedingungen (BV Nr. 1) als solche ist nicht nach § 305 ff. BGB zu beanstanden. Soweit allerdings auf die „jeweilige“ Fassung der Betriebsvereinbarung Bezug genommen wird, dürfte dies nach § 308 Nr. 4 BGB unwirksam sein(vgl. BAG 11. Februar 2009 - 10 AZR 222/08 - Rn. 23 ff.; vgl. auch Preis NZA 2010, 361). Hierauf kommt es aber nicht an, da es allein um die bei Vertragsschluss ausgehändigte Fassung geht.

29

(5) Die in Bezug genommene Klausel ist hinreichend eindeutig, transparent und angemessen. Sie knüpft die Ausübung des Weisungsrechts in Bezug auf den Arbeitsort an betriebliche Erfordernisse und enthält damit jedenfalls nicht weniger strenge Voraussetzungen als das Gesetz.

30

bb) Zusätzlich ist die Versetzungsbefugnis durch § 4 Abs. 6 Buchst. a MTV Nr. 2, der für die Parteien kraft Verbandszugehörigkeit gilt und ebenfalls eine Versetzungsmöglichkeit bei betrieblichen Erfordernissen vorsieht, gegeben. Der Wortlaut der Regelung ist nahezu identisch mit § 3 Abs. 8 BV Nr. 1.

31

c) Etwas anderes ergibt sich nicht aus den im Bereich der Luftfahrt geltenden Regelungen über Flug-, Dienst- und Ruhezeiten. Nach § 20 ArbZG iVm. § 5 Abs. 1 der Zweiten Durchführungsverordnung zur Betriebsordnung für Luftfahrtgerät(2. DV LuftBO) bzw. nach Art. 1 iVm. Ziff. 3.1 des Anhangs III Abschn. Q OPS 1.1090 der Verordnung (EG) Nr. 859/2008 vom 20. August 2008 (ABl. EU L 254 vom 20. September 2008 S. 1, 223) ist die Beklagte verpflichtet, für jedes Besatzungsmitglied eine Heimatbasis anzugeben. Aus diesen Vorschriften ergibt sich aber nicht die Verpflichtung, die Heimatbasis arbeitsvertraglich so festzuschreiben, dass eine Änderung nur im Wege einer Änderungskündigung erfolgen könnte. Vielmehr schließen auch diese Vorschriften nicht aus, dass der Arbeitgeber im Rahmen der vertraglichen Regelungen im Wege des Direktionsrechts die Heimatbasis verändert und gegenüber dem Besatzungsmitglied neu benennt.

32

d) Die Arbeitspflicht der Klägerin hat sich nicht dadurch auf den bisherigen Einsatzort räumlich konkretisiert, dass die Klägerin seit Vertragsbeginn im Wesentlichen von dort aus tätig gewesen ist. Eine den Arbeitsvertrag abändernde Vereinbarung haben die Parteien nicht - insbesondere auch nicht stillschweigend - getroffen.

33

aa) Es ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass Arbeitspflichten sich, ohne dass darüber ausdrückliche Erklärungen ausgetauscht werden, nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 19 mwN). Die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum schafft aber regelmäßig keinen Vertrauenstatbestand dahin gehend, dass der Arbeitgeber von diesem vertraglich und/oder gesetzlich eingeräumten Recht in Zukunft keinen Gebrauch mehr machen will. Die Nichtausübung des Direktionsrechts hat keinen Erklärungswert. Nur beim Hinzutreten besonderer Umstände, aufgrund derer der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll, kann es durch konkludentes Verhalten zu einer vertraglichen Beschränkung der Ausübung des Direktionsrechts kommen (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - aaO).

34

bb) Derartige besondere Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen. Sie sind auch ansonsten nicht ersichtlich. Allein die lange Verweildauer am bisherigen Einsatzort lässt keinen Rückschluss darauf zu, die Parteien hätten - in Abänderung ihres Vertrags - nunmehr den bisherigen Ort zum vertraglich vereinbarten Arbeitsort bestimmt. Zu Recht weist das Landesarbeitsgericht darauf hin, dass sich Gegenteiliges nicht aus § 4 Abs. 6 MTV Nr. 2 ergibt. Das Rückkehrrecht nach dessen Buchst. b sagt nichts darüber aus, ob die vorangegangene Bestimmung des Einsatzorts auf einer Vertragsänderung oder der Ausübung des Weisungsrechts beruhte.

35

e) Die Auffassung der Revision, es handele sich bei der Maßnahme der Beklagten deshalb um eine nur durch Änderungskündigung durchsetzbare Vertragsänderung, weil die Versetzung mit einem beträchtlichen Eingriff in das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung sowie in weitere maßgebliche Interessen der Klägerin verbunden sei, greift nicht durch.

36

aa) Mit der Versetzung greift die Beklagte nicht in das vom Vertrag festgelegte Verhältnis von Leistung und Gegenleistung ein. Die Dauer der Arbeitszeit hat sich ebenso wenig geändert wie die Höhe der für die Arbeit zu leistenden Vergütung. Geändert hat sich zu einem gewissen Teil die von der Klägerin während der Arbeitszeit zu erbringende Tätigkeit. Sie besteht im Wesentlichen nur noch aus der an Bord verbrachten Zeit. Einen Anspruch, die Arbeitszeit nicht mit der Arbeit an Bord zu verbringen, hat die Klägerin nicht. Sie muss jetzt erheblich höhere Reisekosten für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsort tragen. Dies erhöht die mit der Berufsausübung verbundenen Belastungen, verringert jedoch nicht die vertraglich vereinbarte Arbeitsvergütung.

37

bb) Auch die weiteren Beeinträchtigungen des persönlichen Lebens der Klägerin führen nicht dazu, dass die Ausübung des Weisungsrechts allein um deswillen die rechtliche Qualität einer Vertragsänderung aufwiese. Diese Umstände sind vielmehr, ebenso wie die Erhöhung der finanziellen Belastungen, bei der Ausübungskontrolle im Rahmen der Prüfung, ob die Beklagte bei der Versetzung billiges Ermessen gewahrt hat, zu berücksichtigen.

38

II. Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, es habe bei der hier gegebenen Sachlage einer umfassenden Ausübungskontrolle nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB in Bezug auf die Versetzung nicht bedurft, ist unzutreffend. Sie steht mit dem Gesetz nicht im Einklang.

39

1. Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 106 GewO, § 315 Abs. 1 BGB verbleibt auch im Falle der Versetzung für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein - hier freilich auf betriebliche Gründe beschränkter - nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Dem Gericht obliegt nach § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB die Prüfung, ob der Arbeitgeber als Gläubiger die Grenzen seines Bestimmungsrechts beachtet hat(vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 28; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48).

40

2. Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB) verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit. In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40; 21. Juli 2009 - 9 AZR 404/08 - Rn. 22; bereits auch: 28. November 1989 - 3 AZR 118/88 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 63, 267).

41

a) Beruht die Weisung auf einer unternehmerischen Entscheidung, so kommt dieser besonderes Gewicht zu. Eine unternehmerische Entscheidung führt aber nicht dazu, dass die Abwägung mit Interessen des Arbeitnehmers von vornherein ausgeschlossen wäre und sich die Belange des Arbeitnehmers nur in dem vom Arbeitgeber durch die unternehmerische Entscheidung gesetzten Rahmen durchsetzen könnten. Das unternehmerische Konzept ist zwar nicht auf seine Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen. Die Arbeitsgerichte können vom Arbeitgeber nicht verlangen, von ihm nicht gewollte Organisationsentscheidungen zu treffen. Wohl aber kann die Abwägung mit den Belangen des Arbeitnehmers ergeben, dass ein Konzept auch unter Verzicht auf die Versetzung durchsetzbar war.

42

b) Die gegenteilige Auffassung des Landesarbeitsgerichts findet im Gesetz keine Stütze; § 106 GewO verlangt eine umfassende und offene Abwägung aller in Betracht kommenden Belange(BAG 17. August 2011- 10 AZR 202/10 - Rn. 28 ff.). Die unternehmerische Entscheidung ist dabei ein wichtiger, aber nicht der alleinige, sondern regelmäßig nur einer unter mehreren Abwägungsgesichtspunkten. Im Einzelfall können besonders schwerwiegende, zB auch verfassungsrechtlich geschützte Interessen des Arbeitnehmers entgegenstehen (vgl. BeckOK ArbR/Tillmanns Stand 1. März 2013 GewO § 106 Rn. 52 mit zahlreichen Nachweisen). Es kommt darauf an, ob das Interesse des Arbeitgebers an der Durchsetzung seiner Organisationsentscheidung auch im Einzelfall die Weisung rechtfertigt (BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 31). Das ist der Fall, wenn die zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung die Versetzung auch angesichts der für den Arbeitnehmer entstehenden Nachteile nahelegt und sie nicht willkürlich oder missbräuchlich erscheinen lässt (BAG 26. September 2012 - 10 AZR 412/11 - Rn. 37).

43

3. Eine soziale Auswahl wie im Fall des § 1 Abs. 3 KSchG findet nicht statt. Soweit es auf die Zumutbarkeit des neu zugewiesenen Arbeitsorts ankommt, kann aus den sozialrechtlichen Regeln über die Zumutbarkeit einer Beschäftigung kein belastbarer Maßstab für die arbeitsrechtliche Beurteilung des Ermessensgebrauchs nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB bei einer Versetzung abgeleitet werden(vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 22, 25).

44

III. Die Anwendung dieser Maßstäbe auf den Streitfall ergibt, dass die Versetzung der Klägerin billigem Ermessen entspricht. Die Auffassung des Landesarbeitsgerichts, eine einzelfallbezogene Interessenabwägung habe in Fällen der vorliegenden Art nicht stattzufinden, steht zwar, wie ausgeführt, nicht mit dem Gesetz im Einklang. Jedoch ist die vom Landesarbeitsgericht als selbständig tragende Entscheidungsbegründung in Bezug genommene Würdigung des Arbeitsgerichts, die Beklagte habe bei der Ausübung ihres Weisungsrechts billiges Ermessen (§ 106 GewO, § 315 BGB) gewahrt, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

45

1. Zutreffend ist die Würdigung, dass auf Seiten der Beklagten die unternehmerische Entscheidung zur Neuordnung der Stationierung der Flugbegleiter zu berücksichtigen ist. Die Zweckmäßigkeit dieser Neuordnung war auch keiner Kontrolle zu unterziehen. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, die Neuordnung sei etwa nur vorgeschoben, um lästig gewordene Vertragspflichten abzuschütteln. Anzeichen für Missbräuchlichkeit der Reorganisation als solcher sind nicht erkennbar. Angesichts des Umstands, dass die Beklagte seit dem Juni 2010 ihre Flugumläufe nahezu ausschließlich von Düsseldorf und Hamburg beginnen ließ, ist die Entscheidung, dort auch die Flugbegleiter zu stationieren, naheliegend. Auch die von der Beklagten vorgelegten Aufstellungen über die Auslastung des Personals mit Flugarbeitszeit zeigen, dass die getroffenen Entscheidungen einleuchtend sind. Das gilt selbst dann, wenn die Beklagte nicht aus jeder einzelnen Versetzung finanziellen Nutzen zieht. Einer durch viele Einzelmaßnahmen umgesetzten Neuordnung kann die Plausibilität nicht mit der Begründung abgesprochen werden, einer oder mehrere Teilakte seien für sich genommen nicht gewinnbringend. Für die Beurteilung der unternehmerischen Entscheidung ist vielmehr ihr Gesamtkonzept maßgeblich. Die Entscheidung ist ersichtlich nicht etwa nur für einen kurzen Zeitraum oder unter dem Vorbehalt alsbaldiger Änderung getroffen worden. Vielmehr zeugen die umfangreichen Reorganisationen der Beklagten von dem anhaltend, ernsthaft und nachdrücklich verfolgten Bestreben, ihre Tätigkeit auf die beiden Orte Hamburg und Düsseldorf zu konzentrieren. Auch der Abschluss von Interessenausgleich und Sozialplan sowie insbesondere die Zusage, bis zum Jahr 2015 keine betriebsbedingten Kündigungen auszusprechen, zeigen, dass die Entscheidung der Beklagten auf langfristigen Überlegungen und Berechnungen beruht.

46

2. Das Interesse der Klägerin an der Beibehaltung ihres bisherigen Einsatzorts muss demgegenüber zurücktreten. Unzumutbare persönliche, familiäre oder sonstige außervertraglich entstandene Belastungen hat die Klägerin nicht vorgetragen. Von Bedeutung ist dabei, dass der Tätigkeit einer Flugbegleiterin eine gewisse Volatilität stets innewohnt und die Erwartung der sozialen und sonstigen Vorteile eines ortsfesten Arbeitseinsatzes zu dauerhaft unveränderten Zeiten vom Vertragszweck von vornherein nicht gedeckt sein kann. Die Versetzung unterstreicht diese Besonderheiten, verursacht sie aber nicht. Die zweifellos auftretenden Unbequemlichkeiten und zusätzlich entstehenden Kosten muss die Klägerin hinnehmen, wie das Arbeitsgericht nachvollziehbar angenommen hat. Sie gehen im Grundsatz nicht über das hinaus, was Arbeitnehmern regelmäßig zugemutet wird, nämlich die Belastungen des Wegs zur und von der Arbeit zu tragen. Aufgrund des abgeschlossenen Sozialplans gewährt die Beklagte einen nicht unbeachtlichen finanziellen Ausgleich. Insbesondere hatte die Klägerin auch die Möglichkeit, den Misslichkeiten einer längeren Anfahrt zum Arbeitsort durch einen Umzug auszuweichen.

47

IV. Die Versetzung ist nicht nach § 117 Abs. 2, § 99 BetrVG unwirksam. Die Beklagte hat die PV Kabine mit Schreiben vom 23. März 2011 unterrichtet. Inwiefern die Unterrichtung nicht ausreichend gewesen sein soll, ist nicht erkennbar. Der angegebene Versetzungsgrund war die Reduzierung der Einsatzorte auf zwei. Damit war nicht ausgeschlossen, dass übergangsweise noch einzelne Umläufe von anderen Einsatzorten aus stattfanden. Insbesondere sieht die im Interessenausgleich vorgesehene Härtefallregelung eine zeitliche Übergangsphase für die Versetzungen ausdrücklich vor. All dies ändert nichts an der für die Versetzung maßgeblichen Grundentscheidung. Dass die Beklagte ihr bekannte und wesentliche Umstände gegenüber der PV Kabine verschwiegen hätte, ist nicht ersichtlich. Die Personalvertretung hat auch keine Nachfragen angebracht. Nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG gilt ihre Zustimmung als erteilt.

48

V. Die erhobene Änderungsschutzklage ist unbegründet. Hat der Arbeitnehmer - wie hier - das Änderungsangebot des Arbeitgebers unter Vorbehalt angenommen und Änderungsschutzklage nach § 4 Satz 2 KSchG erhoben, streiten die Parteien nicht über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und damit nicht über die Rechtswirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung, sondern nur über die Berechtigung des Angebots auf Änderung der Arbeitsbedingungen. Streitgegenstand der Änderungsschutzklage ist allein der Inhalt der für das Arbeitsverhältnis geltenden Vertragsbedingungen (BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 25/11 - Rn. 20; 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 - Rn. 13, BAGE 140, 328; 26. August 2008 - 1 AZR 353/07 - Rn. 17). Vom Arbeitgeber erstrebte Änderungen, die sich schon durch die Ausübung des Weisungsrechts gemäß § 106 Satz 1 GewO durchsetzen lassen, halten sich im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen und sind keine „Änderung der Arbeitsbedingungen“ iSv. § 2 Satz 1, § 4 Satz 2 KSchG. Soll der bestehende Vertragsinhalt nicht geändert werden, liegt in Wirklichkeit kein Änderungsangebot vor; die vermeintlich erst herbeizuführenden Vertragsbedingungen gelten bereits. Die Änderungskündigung ist „überflüssig“. Eine Änderungsschutzklage ist dann unbegründet (BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 25/11 - Rn. 21; 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 - Rn. 14, aaO).

49

B. Die Kosten des Revisionsverfahrens fallen der Klägerin nach § 97 Abs. 1 ZPO zur Last.

        

    Mikosch    

        

    Mestwerdt    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

        

        

    Schürmann    

        

    R. Bicknase    

                 

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 1. März 2011 - 1 Sa 571/10 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Versetzung und einer hilfsweise ausgesprochenen Änderungskündigung.

2

Die 1972 geborene, ledige Klägerin ist seit dem 25. Oktober 1999 als Flugbegleiterin tätig, zuletzt mit einer Bruttomonatsvergütung von 2.020,00 Euro.

3

In einem Schreiben vom 1. April 2000 heißt es auszugsweise:

        

Stationierung

        

Sehr geehrte Frau S,

        

wir freuen uns, Ihnen mit Wirkung zum 01.04.2000 eine Stationierung in Hannover anbieten zu können.

        

Die übrigen Bedingungen Ihres Arbeitsvertrages behalten weiterhin Gültigkeit.

        

Wir weisen bei dieser Gelegenheit ausdrücklich darauf hin, dass diese Versetzung auf eigenen Wunsch erfolgt und somit keine Umzugskosten erstattet werden können.

                 
        

Bitte senden Sie die beiliegende Kopie als Zeichen Ihres Einverständnisses bis zum 24.03.2000 unterschrieben an uns zurück.“

4

Im Arbeitsvertrag vom 26. November 2001 heißt es auszugsweise:

        

„1.     

Beginn, Art und Ort der Beschäftigung

                 

Der Mitarbeiter wird ab 01.12.2001 als Flugbegleiter/in im Teilzeitmodell 3 Y mit einer verkürzten Arbeitszeit in HAJ beschäftigt.

                 

Danach beträgt die jährliche reduzierte Arbeitszeit 75 % der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Mitarbeiters.

                 

…       

                 

C ist berechtigt, aus betrieblichen Gründen mit einer Vorlauffrist von einem Monat zum monatlichen Planungsbeginn, Änderungen des vertraglich vereinbarten Teilzeitmodells vorzunehmen.

                 

Der Mitarbeiter und C können jederzeit einvernehmliche Änderungen vereinbaren.

                          
                 

…       

                 

C kann den Mitarbeiter vorübergehend oder auf Dauer auf einem anderen Flugzeugmuster, einem anderen Ort sowie befristet auch bei einem anderen Unternehmen einsetzen.

                          
        

2.    

Rechte und Pflichten

                 

Die gegenseitigen Rechte und Pflichten ergeben sich aus dem Gesetz, den Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen der C  in ihrer jeweils geltenden Fassung sowie aus den Dienstvorschriften der C und den Bestimmungen dieses Vertrages.“

5

Aus organisatorischen Gründen beginnt und endet der Einsatz der Crews bei der Beklagten nicht durchweg an ihrem Stationierungsort. In den Fällen, in denen der Einsatz von anderen Flughäfen aus erfolgt und auch dort endet, hat die Beklagte nach den anwendbaren tarifvertraglichen Regelungen die erforderlichen Transporte zu gewährleisten und die Transportzeiten als Arbeitszeit zu bezahlen (Dead-Head-Kosten).

6

Nach Maßgabe einer Geschäftsführungsvorlage vom 26. September 2008 entschied sich die Beklagte zur Stationsschließung in Hannover zum 31. Dezember 2009. Am Standort Hannover beschäftigte die Beklagte zuletzt ca. 40 Arbeitnehmer. Flugzeuge sind in Hannover nicht mehr stationiert und es beginnen dort keine Flüge mehr mit einer von Hannover aus eingesetzten Crew. Die vorher bestehenden Postfächer und ein Raum für die Mitarbeiter/innen wurden abgeschafft.

7

Nachdem die Beklagte ihr Flugprogramm ab Hannover seit Mai 2008 zumindest erheblich reduziert hatte, schloss sie am 7. Juli 2009 mit der nach § 117 Abs. 2 BetrVG eingerichteten Personalvertretung eine „Vereinbarung über die Beendigung der Stationierung von Cockpit - Kabinenpersonal in Hannover“. Die Präambel lautet:

        

„C beabsichtigt, am Ende des Kalenderjahres 2009 den Stationierungsort Hannover für das fliegende Personal aufzugeben. Hierdurch fallen an diesem Stationierungsort insgesamt 43 Arbeitsplätze für das fliegende Personal (5 Flugkapitäne, 1 Copilot, 10 Purser, 27 Flugbegleiter) mit einem Vollzeitäquivalent von 33,9 Stellen weg. Dies ist im Hinblick auf die dauerhafte Streichung von regelmäßigen An- und Abflügen ex Hannover unumgänglich.“

8

Ein Teil der betroffenen Mitarbeiter/innen bewarb sich auf freie Arbeitsplätze in Frankfurt am Main und Hamburg. Des Weiteren bot die Beklagte die Möglichkeit eines Einsatzes von Hannover aus im Wege der Abordnung zur Tochtergesellschaft C B (CiB) an, der allerdings mit schlechteren tariflichen Bedingungen verbunden war. Einzelheiten regelte ein von der Beklagten mit der Personalvertretung abgeschlossener „Teilinteressenausgleich Kabine über die Beendigung der Stationierung von Cockpit- und Kabinenpersonal am Flughafen Hannover“ vom 13. März 2009. Die Klägerin war nur bereit, zu unveränderten Arbeitsbedingungen bei der CiB tätig zu werden.

9

Nach Beteiligung der Personalvertretung, die sich nicht äußerte, versetzte die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 17. September 2009 mit Wirkung zum 1. Januar 2010 unter Beibehaltung ihrer bisherigen Funktion als Flugbegleiterin von Hannover nach Frankfurt am Main. Hilfsweise kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis betriebsbedingt zum nächstmöglichen Termin unter gleichzeitigem Angebot der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ab dem 1. April 2010 mit der Maßgabe, dass Stationierungsort nunmehr Frankfurt am Main sein solle. Dieses Angebot nahm die Klägerin unter Vorbehalt an.

10

Die Klägerin hat die Versetzung für unwirksam gehalten. Als Arbeitsort sei vertraglich Hannover vereinbart. Das Weisungsrecht der Beklagten umfasse nicht die Befugnis, den Arbeitsort einseitig zu ändern. Die Vertragsklausel, auf die sich die Beklagte stütze, sei unwirksam. Sie verstoße gegen § 307 BGB. Die Änderungskündigung sei sozial ungerechtfertigt. Auch bei vollständiger Schließung des Stationierungsorts Hannover könne die Klägerin von dort aus eingesetzt werden, gegebenenfalls bei der Tochtergesellschaft CiB.

11

Die Klägerin hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die Änderungen der Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit der ordentlichen Änderungskündigung der Beklagten gemäß dem Schreiben vom 17. September 2009 sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam sind,

        

2.    

festzustellen, dass der Inhalt des Arbeitsverhältnisses der Parteien durch die Änderungskündigung der Beklagten vom 17. September 2009 nicht geändert wird,

        

3.    

die Beklagte zu verurteilen, sie zu unveränderten Bedingungen des Arbeitsvertrags vom 26. November 2001 als Flugbegleiterin in Vollzeit vom Stationierungsort Hannover zu beschäftigen.

12

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Als „Arbeitsort“ sei für die Klägerin vertraglich nicht Hannover festgelegt, die im Jahr 2000 erfolgte Zuordnung der Klägerin zum Flughafen Hannover habe das Direktionsrecht der Beklagten nicht eingeschränkt. Die Stationierung fliegenden Personals in Hannover sei unwirtschaftlich geworden. Während die in Hannover stationierten Mitarbeiter bis Anfang 2008 weit überwiegend auch von Hannover aus eingesetzt wurden, seien im Jahr 2009 90 % der Einsätze nach vorheriger Dead-Head-Anreise erfolgt. Hierdurch seien monatliche Mehrkosten in Höhe von 96.950,00 Euro wegen zusätzlicher Dead-Head-Transporte, Übernachtungskosten und Bezahlung zusätzlicher Einsatztage entstanden.

13

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

Entscheidungsgründe

14

Die zulässige Revision ist unbegründet. Die mit Schreiben vom 17. September 2009 erfolgte Versetzung von Hannover nach Frankfurt am Main ist wirksam. Dies hat auch die Unbegründetheit der gegen die vorsorglich ausgesprochene Änderungskündigung erhobenen Klage zur Folge.

15

I. Das vertragliche Weisungsrecht der Beklagten umfasst die Befugnis, der Klägerin nach Maßgabe des § 106 GewO einen anderen Einsatzort als den bisherigen zuzuweisen(vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 -).

16

1. Bei der Prüfung der Wirksamkeit einer Versetzung, die auf Regelungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemäß § 305 ff. BGB beruht, ist zunächst durch Auslegung der Inhalt der vertraglichen Regelungen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln (im Einzelnen: BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 17 ff., BAGE 135, 239). Festzustellen ist, ob ein bestimmter Tätigkeitsinhalt und Tätigkeitsort vertraglich festgelegt sind und welchen Inhalt ein gegebenenfalls vereinbarter Versetzungsvorbehalt hat (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 12, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7).

17

a) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind dabei nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der konkreten Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist der Wortlaut eines Formularvertrags nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus der Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss (zB BAG 10. Dezember 2008 - 10 AZR 1/08 - Rn. 14, AP BGB § 307 Nr. 40 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 40). Von Bedeutung für das Auslegungsergebnis sind ferner der von den Vertragsparteien verfolgte Regelungszweck sowie die der jeweils anderen Seite erkennbare Interessenlage der Beteiligten (BAG 9. Juni 2010 - 5 AZR 332/09 - Rn. 36, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 121 = EzA BGB 2002 § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 18).

18

b) Bei der Auslegung der vertraglichen Bestimmungen ist zu beachten, dass die Bestimmung eines Orts der Arbeitsleistung in Kombination mit einer im Arbeitsvertrag durch Versetzungsvorbehalt geregelten Einsatzmöglichkeit im gesamten Unternehmen regelmäßig die vertragliche Beschränkung auf den im Vertrag genannten Ort der Arbeitsleistung verhindert (BAG 19. Januar 2011 - 10 AZR 738/09 - Rn. 15, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7; 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 27, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; Preis/Genenger NZA 2008, 969, 970). Es macht keinen Unterschied, ob im Arbeitsvertrag auf eine Festlegung des Orts der Arbeitsleistung verzichtet und diese dem Arbeitgeber im Rahmen von § 106 GewO vorbehalten bleibt oder ob der Ort der Arbeitsleistung bestimmt, aber die Möglichkeit der Zuweisung eines anderen Orts vereinbart wird. In diesem Fall wird lediglich klargestellt, dass § 106 Satz 1 GewO gelten und eine Versetzungsbefugnis an andere Arbeitsorte bestehen soll.

19

c) Fehlt es an einer Festlegung des Inhalts oder des Orts der Leistungspflicht im Arbeitsvertrag, ergibt sich der Umfang der Weisungsrechte des Arbeitgebers aus § 106 GewO. Auf die Zulässigkeit eines darüber hinaus vereinbarten Versetzungsvorbehalts kommt es dann nicht an. Weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen anderen Arbeitsort zu, so unterliegt dies der Ausübungskontrolle gemäß § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 3 BGB.

20

2. Die Auslegung des Arbeitsvertrags der Klägerin ergibt, dass ihr Einsatzort nicht vertraglich festgelegt ist.

21

a) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts haben die Parteien einen Formularvertrag geschlossen, auf den die Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen nach § 305 ff. BGB zur Anwendung kommen. Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (BAG 24. Oktober 2007 - 10 AZR 825/06 - Rn. 15, BAGE 124, 259).

22

b) Der schriftliche Arbeitsvertrag vom 26. November 2001 enthält keine Festlegung des Arbeitsorts. Es heißt dort, die Klägerin werde in HAJ (= Hannover) beschäftigt, der Arbeitgeber könne die Klägerin auch „vorübergehend oder auf Dauer … [an] einem anderen Ort … einsetzen“. Damit ist hinreichend klargestellt, dass die Bestimmung des Einsatzorts im Vertrag lediglich die damalige Ausübung des Weisungsrechts in Bezug auf den Arbeitsort darstellt. Daran konnte für die Beteiligten kein Zweifel bestehen. Auch unter Berücksichtigung der Mitteilung der Beklagten vom 1. April 2000 ergibt sich keine vertragliche Festlegung des Arbeitsorts; abgesehen davon wurde der Vertrag vom 26. November 2001 zeitlich nach dieser Mitteilung geschlossen. Nach dem Schreiben vom 1. April 2000 wurde der Stationierungsort auf Wunsch der Klägerin nach Hannover verlegt. Diese im Schreiben selbst als „Versetzung“ bezeichnete Maßnahme hielt sich im Rahmen der durch den Arbeitsvertrag beschriebenen Grenzen des Weisungsrechts. Die Vertragsbedingungen sollten - abgesehen von der Versetzung - ausdrücklich unverändert bleiben. Entgegen der Auffassung der Revision bleibt hier auch kein Raum für die Anwendung der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB; erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des gefundenen Auslegungsergebnisses bestehen nicht (vgl. dazu BAG 25. August 2010 - 10 AZR 275/09 - Rn. 20, BAGE 135, 239).

23

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den im Bereich der Luftfahrt geltenden Regelungen über Flug-, Dienst- und Ruhezeiten. Nach § 20 ArbZG iVm. § 5 Abs. 1 der Zweiten Durchführungsverordnung zur Betriebsordnung für Luftfahrtgerät(2. DV LuftBO) bzw. nach Art. 1 iVm. Ziff. 3.1 des Anhangs III Abschn. Q OPS 1.1090 der Verordnung (EG) Nr. 859/2008 vom 20. August 2008 (ABl. EU L 254 vom 20. September 2008 S. 1, 223) ist die Beklagte verpflichtet, für jedes Besatzungsmitglied eine Heimatbasis anzugeben. Aus diesen Vorschriften ergibt sich aber nicht die Verpflichtung, die Heimatbasis arbeitsvertraglich so festzuschreiben, dass eine Änderung nur im Wege einer Änderungskündigung erfolgen könnte. Vielmehr schließen auch diese Vorschriften nicht aus, dass der Arbeitgeber im Rahmen der vertraglichen Regelungen im Wege des Direktionsrechts diese Heimatbasis verändert und gegenüber dem Besatzungsmitglied neu benennt. Eine solche Neubenennung ist durch die Versetzung vom 17. September 2009 erfolgt.

24

c) Der Arbeitsvertrag hat sich im Hinblick auf den Arbeitsort nicht dadurch auf Hannover konkretisiert, dass die Klägerin seit dem Jahr 2000 dort tätig gewesen ist. Eine den Arbeitsvertrag abändernde Vereinbarung haben die Parteien nicht - insbesondere auch nicht stillschweigend - getroffen.

25

aa) Es ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass Arbeitspflichten sich, ohne dass darüber ausdrückliche Erklärungen ausgetauscht werden, nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 19 mwN, EzA GewO § 106 Nr. 9). Die Nichtausübung des Direktionsrechts über einen längeren Zeitraum schafft aber regelmäßig keinen Vertrauenstatbestand dahin gehend, dass der Arbeitgeber von diesem vertraglich und/oder gesetzlich eingeräumten Recht in Zukunft keinen Gebrauch mehr machen will. Die Nichtausübung des Direktionsrechts hat keinen Erklärungswert. Nur beim Hinzutreten besonderer Umstände, aufgrund derer der Arbeitnehmer darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll, kann es durch konkludentes Verhalten zu einer vertraglichen Beschränkung der Ausübung des Direktionsrechts kommen (vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - aaO).

26

bb) Derartige besondere Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen. Dass die Beklagte im Jahr 2000 auf den Wunsch der Klägerin nach Versetzung eingegangen ist und sie in Hannover stationiert hat, konnte für sich genommen keinen Vertrauenstatbestand begründen und keine Konkretisierung der Arbeitspflicht auf diesen Arbeitsort bewirken; im Übrigen ist der Arbeitsvertrag zeitlich nachfolgend einschließlich der Versetzungsklausel neu abgeschlossen worden.

27

II. Die Beklagte hat von ihrem Weisungsrecht nach billigem Ermessen (§ 106 GewO, § 315 BGB) Gebrauch gemacht.

28

1. Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 315 Abs. 1 BGB verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb des Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Dem Gericht obliegt nach § 315 Abs. 3 BGB die Prüfung, ob der Arbeitgeber als Gläubiger die Grenzen seines Bestimmungsrechts beachtet hat(vgl. BAG 13. Juni 2012 - 10 AZR 296/11 - Rn. 28; BGH 18. Oktober 2007 - III ZR 277/06 - Rn. 20, BGHZ 174, 48).

29

2. Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB) verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit.

30

a) In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Hierzu gehören die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse, wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen (BAG 13. April 2010 - 9 AZR 36/09 - Rn. 40, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; 21. Juli 2009 - 9 AZR 404/08 - Rn. 22, EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 18; bereits auch: 28. November 1989 - 3 AZR 118/88 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 63, 267). Eine soziale Auswahl wie im Falle des § 1 Abs. 3 KSchG findet nicht statt. Soweit es auf die Zumutbarkeit des neu zugewiesenen Arbeitsorts ankommt, kann aus den sozialrechtlichen Regeln über die Zumutbarkeit einer Beschäftigung kein belastbarer Maßstab für die arbeitsrechtliche Beurteilung des Ermessensgebrauchs nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB bei einer Versetzung abgeleitet werden(vgl. BAG 17. August 2011 - 10 AZR 202/10 - Rn. 22, 25, EzA GewO § 106 Nr. 9).

31

b) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Beklagte habe bei ihrer Versetzungsentscheidung billiges Ermessen gewahrt, nicht zu beanstanden.

32

Dabei kann dahinstehen, ob die Kontrolle der Ausübung des billigen Ermessens wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt (vgl. dazu BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 92 mwN, BAGE 135, 128). Die landesarbeitsgerichtliche Entscheidung hält auch einer vollen Überprüfung durch das Revisionsgericht stand.

33

Das Landesarbeitsgericht hat alle maßgeblichen Faktoren in seine Erwägungen mit einbezogen. Es hat zugunsten der Beklagten die unternehmerische Entscheidung zur Schließung des Standorts Hannover und die entsprechenden wirtschaftlichen Erwägungen berücksichtigt. Entgegen der Auffassung der Klägerin bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die unternehmerische Entscheidung der Beklagten nicht „nachhaltig“ gewesen sei. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob, wie die Klägerin meint, eine unternehmerische Organisationsentscheidung im Rahmen einer Versetzung auf „Nachhaltigkeit“ iSd. Rechtsprechung zu betriebsbedingten Kündigungen (BAG 17. Juni 1999 - 2 AZR 141/99 - BAGE 92, 71) zu überprüfen ist (vgl. dazu BAG 26. September 2012 - 10 AZR 412/11 -).

34

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Ausübungskontrolle ist der Zeitpunkt, zu dem der Arbeitgeber die Ermessensentscheidung zu treffen hat (BAG 14. Juli 2010 - 10 AZR 182/09 - Rn. 89 mwN, BAGE 135, 128). Dies war hier die Entscheidung über die der Klägerin mit Schreiben vom 17. September 2009 mitgeteilte Versetzung. Es gibt nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass zu diesem Zeitpunkt davon auszugehen war, dass die Beklagte in absehbarer Zeit oder überhaupt wieder einmal Flüge in relevantem Umfang von Hannover beginnen lassen würde. Vielmehr hatte sich die Beklagte nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zur Schließung der Station in Hannover entschlossen und hat dies auch entsprechend umgesetzt. Flugzeuge sind nicht mehr in Hannover stationiert und es beginnen dort keine Flüge mehr mit einer von Hannover aus eingesetzten Crew. Mit der zuständigen Personalvertretung sind am 13. März 2009 ein Teilinteressenausgleich und am 7. Juli 2009 eine „Vereinbarung über die Beendigung der Stationierung von Cockpit - Kabinenpersonal in Hannover“ geschlossen worden. Die letztgenannte Vereinbarung beinhaltet umfangreiche Regelungen über die daraus folgenden personellen Maßnahmen und über die Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen für die Beschäftigten. Auch die Klägerin hat in den Tatsacheninstanzen weder greifbare Anhaltspunkte dafür benannt, dass es sich nur um eine vorübergehende Maßnahme handelte noch dafür, dass ab Hannover erneut Flüge stattfinden würden und damit die zur Begründung der Versetzung herangezogenen wirtschaftlichen Umstände nur für einen vorübergehenden Zeitraum vorliegen würden. Bei den Ausführungen im Schriftsatz vom 31. August 2012 handelt es sich um neuen Sachvortrag, der in der Revisionsinstanz gemäß § 559 ZPO keine Beachtung mehr finden kann.

35

Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht weiter die von der Beklagten mit der Personalvertretung vereinbarten Regelungen zur Abmilderung der für die Arbeitnehmer entstehenden Mehraufwendungen an Freizeit und Fahrtkosten berücksichtigt. Andererseits hat es die für die Klägerin bestehenden Belastungen, die insbesondere in den Kosten für zusätzliche Fahrten und dem erhöhten Freizeitaufwand bestehen, einbezogen. Weitere Umstände, die vom Landesarbeitsgericht fehlerhafterweise nicht berücksichtigt worden wären, benennt auch die Revision nicht. Ihre Angriffe betreffen vielmehr im Wesentlichen die Frage der Nachhaltigkeit der getroffenen unternehmerischen Entscheidung, an der aber aus den oben genannten Gründen keine Zweifel ersichtlich sind.

36

III. Die erhobene Änderungsschutzklage ist unbegründet. Hat der Arbeitnehmer - wie hier - das Änderungsangebot des Arbeitgebers unter Vorbehalt angenommen und Änderungsschutzklage nach § 4 Satz 2 KSchG erhoben, streiten die Parteien nicht über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und damit nicht über die Rechtswirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung, sondern nur noch über die Berechtigung des Angebots auf Änderung der Arbeitsbedingungen. Streitgegenstand der Änderungsschutzklage ist nicht die Wirksamkeit der Kündigung, sondern der Inhalt der für das Arbeitsverhältnis geltenden Vertragsbedingungen (BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 25/11 - Rn. 20, NZA 2012, 1038; 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 - Rn. 13, EzA KSchG § 2 Nr. 84; 26. August 2008 - 1 AZR 353/07 - Rn. 17, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 139 = EzA KSchG § 2 Nr. 72). Vom Arbeitgeber erstrebte Änderungen, die sich schon durch die Ausübung des Weisungsrechts gemäß § 106 Satz 1 GewO durchsetzen lassen, halten sich im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen und sind keine „Änderung der Arbeitsbedingungen“ iSv. § 2 Satz 1, § 4 Satz 2 KSchG. Soll der bestehende Vertragsinhalt nicht geändert werden, liegt in Wirklichkeit kein Änderungsangebot vor; die vermeintlich erst herbeizuführenden Vertragsbedingungen gelten bereits. Eine Änderungskündigung ist „überflüssig“. Eine Änderungsschutzklage ist dann unbegründet (BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 25/11 - Rn. 21, aaO; 26. Januar 2012 - 2 AZR 102/11 - Rn. 14, aaO).

37

IV. Aus den genannten Gründen besteht auch kein Anspruch auf Beschäftigung vom Stationierungsort Hannover aus.

38

V. Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Schmitz-Scholemann    

        

    W. Reinfelder    

        

    Mestwerdt    

        

        

        

    R. Baschnagel    

        

    Stefan Fluri    

                 

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.


Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 22.06.2011, Az.: 4 Ca 2899/10, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob die Beklagte noch zur Zahlung von Annahmeverzugslohn an den Kläger verpflichtet ist.

2

Der Kläger war auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 08.12.1999 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängern seit dem 01.09.1997 als CAD-Konstrukteur beschäftigt; zuletzt erhielt er eine Bruttomonatsvergütung von 4.020,00 Euro.

3

Die Beklagte ist ein Unternehmen der Automobilzuliefererindustrie. Sie unterhielt im Jahr 2010 zwei Betriebe, in B-Stadt einen Betrieb für Forschung und Entwicklung mit zirka 170 Arbeitnehmern sowie in A-Stadt einen Produktionsbetrieb mit zirka 270 Arbeitnehmern.

4

Bei Abschluss des Arbeitsvertrags des Klägers mit der Rechtvorgängerin der Beklagten vom 08.12.1999 unterhielt die damalige Arbeitgeberin nur einen einzigen Betrieb am Standort B-Stadt (vgl. Bl. 73 d.A). Der Arbeitsvertrag hat, soweit vorliegend von Belang, u.a. folgenden Wortlaut:

5

„1. Der Mitarbeiter wird als Technischer Angestellter im Bereich Werkzeugbau eingestellt.

6

Die A.-GMBH behält sich vor, dem Mitarbeiter innerhalb des Unternehmens eine andere, gleichwertige Tätigkeit zu übertragen.

7

Dienstsitz ist B-Stadt.“

8

Nachdem der für das Betriebsgrundstück der Beklagten in B-Stadt abgeschlossene Mietvertrag zum 31.12.2010 endete, beschloss die Unternehmensleitung der Beklagten bereits zuvor, den Betrieb bis zum 31.12.2010 an den Standort A-Stadt zu verlegen. Der Betrieb sollte als eigenständiger zweiter Betrieb in A-Stadt neben dem dort bereits bestehenden Produktionsbetrieb auf dem firmeneigenen Gelände angesiedelt und im Übrigen unverändert fortgeführt werden.

9

Mit Schreiben vom 28.09.2010 hat die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31.03.2011 gekündigt und dem Kläger zugleich mit Wirkung vom 01.04.2011 die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses in A-Stadt zu im Übrigen unveränderten Arbeitsbedingungen angeboten. Der Kläger hat dagegen zunächst Kündigungsschutzklage erhoben, diese sodann jedoch zurückgenommen.

10

Mit Schreiben vom 26.11.2010 hat die Beklagte unter anderem auch den Kläger gebeten, bereits ab dem 13.12.2010 in A-Stadt zu arbeiten. Mit Schreiben vom 09.12.2010 hat die Beklagte den Kläger sodann aufgefordert, seine Arbeitsleistung ab diesem Zeitpunkt bis zum Ablauf der Kündigungsfrist in A-Stadt zu erbringen; zugleich hat sie für den Weigerungsfall Lohnkürzungen angekündigt.

11

Die Arbeitsplätze der von der Versetzung betroffenen Arbeitnehmer waren ab dem 13.12.2010 nicht mehr in B-Stadt, sondern in A-Stadt eingerichtet. Für den Kläger bestand folglich keine andere Einsatzmöglichkeit in B-Stadt mehr.

12

Die geplante Betriebsverlagerung wurde zum 31.12.2010 abgeschlossen. Seit dem 01.01.2011 wurden in B-Stadt nur noch Aufräumarbeiten für die Übergabe des Betriebsgrundstücks ausgeführt.

13

Der Kläger fand sich in der Zeit vom 13.12.2010 bis einschließlich 17.12.2010 an seinem bisherigen Arbeitsplatz in B-Stadt ein. Er war in dieser Zeit auch arbeitsfähig, obwohl er außerhalb der Arbeitszeit sich in ärztlicher Behandlung wegen eines Bandscheibenleidens befand.

14

Ausweislich der Lohnabrechnung für Dezember 2010 hat die Beklagte die Vergütung des Klägers für die 50. Kalenderwoche 2010 um 873,75 Euro brutto gekürzt. Dagegen wendet sich der Kläger.

15

Der Kläger hat vorgetragen,

16

die Lohnkürzung sei rechtswidrig erfolgt, weil er nicht verpflichtet gewesen sei, in A-Stadt zu arbeiten. Die Änderung des Arbeitsorts sei auch unbillig, weil die einfache Wegstrecke vom Wohnort des Klägers zum neuen Arbeitsort 179 km betrage und eine Fahrzeit von zirka zwei Stunden bzw. - mit öffentlichen Verkehrsmitteln - von zirka 3,5 Stunden erforderlich mache. Zudem lasse die gesundheitliche Situation des Klägers längere Anfahrtszeiten nicht zu. Letztlich sei der Arbeitsplatz in A-Stadt in der Zeit vom 13.12. bis 17.12.2010 gar nicht eingerichtet gewesen, sondern habe sich vielmehr noch im Trockenbaustadium befunden.

17

Der Kläger hat beantragt,

18

die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 873,75 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 12. Januar 2011 zu zahlen.

19

Die Beklagte hat beantragt,

20

die Klage wird abzuweisen.

21

Die Beklagte hat vorgetragen,

22

sie sei zur Zahlung von Annahmeverzugsentgelt nicht verpflichtet, weil sie dem Kläger einen funktionsfähigen vertragsgerechten Arbeitsplatz in A-Stadt angeboten habe. Dort habe er seine Arbeitsleistung tatsächlich anbieten müssen. Die Versetzung vom 09.12.2010 sei auf der Grundlage der vertraglichen Versetzungsklausel rechtswirksam. Die Formulierung „innerhalb des Unternehmen“ sei unsinnig, wenn der Kläger allein in B-Stadt habe eingesetzt werden können. Bei der Ausübung des Direktionsrechts seien die Interessen des Klägers angemessen berücksichtigt worden; es sei - unstreitig - ein Bustransfer eingerichtet und - unstreitig - im Sozialplan Mobilitätshilfen vereinbart worden.

23

Sollte dem entgegen die Versetzung gleichwohl unwirksam sein, so habe der Kläger dennoch keinen Zahlungsanspruch, weil er es dann i.S.d. § 615 Satz 2 BGB böswillig unterlassen habe, die zumutbare Arbeit in A-Stadt aufzunehmen. Die Entfernung zum neuen Arbeitsort stehe dem nicht entgegen, weil jegliche Beschäftigungsmöglichkeit am bisherigen Arbeitsort B-Stadt zum 13.12.2010 entfallen sei und die Beklagte umfangreiche Mobilitätshilfen zur Verfügung gestellt habe.

24

Das Arbeitsgericht Koblenz hat daraufhin die Beklagte durch Urteil vom 22.06.2011 - 4 Ca 2899/10 - verurteilt, an den Kläger 873,75 EUR brutto nebst Zinsen zu zahlen. Hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Bl. 102 bis 115 d.A. Bezug genommen.

25

Gegen das ihr am 13.07.2011 zugestellte Urteil hat die Beklagte durch am 25.07.2011 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Sie hat die Berufung durch am 12.08.2011 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.

26

Die Beklagte wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, die streitgegenständliche Versetzungsklausel sei rechtswirksam vereinbart worden; selbst wenn man anderer Auffassung sei, habe der Kläger zumindest durch die Nichtaufnahme der Tätigkeit in A-Stadt anderweitigen Verdienst böswillig unterlassen im Sinne des § 615 Satz 2 BGB. Alle von der Mitwirkung zum 13.12.2010 erfolgten Versetzung betroffenen Arbeitsplätze, insbesondere auch der des Klägers, hätten bereits in der 49. Kalenderwoche 2010 den gesetzlichen Arbeitsschutzbestimmungen genügt. Von einer Mehrdeutigkeit der Versetzungsklausel im schriftlich abgeschlossenen Arbeitsvertrag könne keine Rede sein. Auch habe diese Maßnahme billigem Ermessen entsprochen.

27

Zur weiteren Darstellung der Auffassung der Beklagten wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 11.08.2011 (Bl. 171 bis 201 d.A.) nebst Anlagen (Bl. 202 bis 206 d.A.) sowie deren Schriftsatz vom 10.10.2011 (Bl. 222 bis 224 d.A.) nebst Anlage (Bl. 225 bis 227 d.A.) Bezug genommen.

28

Die Beklagte beantragt,

29

das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 22.06.2011, Az.: 4 Ca 2899/10, aufzuheben und die Klage abzuweisen.

30

Der Kläger beantragt,

31

die Berufung zurückzuweisen.

32

Der Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens und hebt insbesondere hervor, die Versetzungsklausel im Arbeitsvertrag der Parteien sei unklar, mit der Maßgabe, dass die Zuweisung des Arbeitsorts A-Stadt zum Nachteil des Klägers rechtswidrig sei. Zudem sei dem Kläger vor Abschluss des schriftlichen Arbeitsvertrages mitgeteilt worden, dass der neue Arbeitsvertrag zu keinerlei Nachteilen für ihn führen werde. Auch habe er durch die Aufnahme der Tätigkeit in A-Stadt anderweitigen Verdienst nicht böswillig unterlassen.

33

Zur weiteren Darstellung der Auffassung des Klägers wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 28.09.2011 (Bl. 214 bis 217 d.A.) Bezug genommen.

34

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen.

35

Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 24.10.2011.

Entscheidungsgründe

I.

36

Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

37

Das Rechtsmittel der Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

38

Denn das Arbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger Annahmeverzugslohn (§ 293 ff., 615 BGB) für den streitgegenständlichen Zeitraum verlangen kann; er hat es insbesondere nicht böswillig unterlassen, anderweitigen Verdienst zu erzielen.

39

Gemäß § 615 Abs. 1 BGB kann der Arbeitnehmer für die in Folge des Verzuges nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein, wenn der Arbeitgeber mit der Annahme der Dienste in Verzug gerät. Gemäß § 293 BGB ist das dann der Fall, wenn der Arbeitgeber die ihn angebotene Leistung nicht annimmt. Dabei muss die Leistung gemäß § 294 BGB grundsätzlich so, wie sie auch tatsächlich zu bewirken ist, angeboten werden.

40

Der Kläger hat, davon ist das Arbeitsgericht zu Recht ausgegangen, im streitgegenständlichen Zeitraum seine Arbeitsleistung so angeboten, wie sie auch tatsächlich zu bewirken war, in dem er an seinem bisherigen Arbeitsplatz in B-Stadt erschienen ist. Er war nicht zur Erbringung der Arbeitsleistung in A-Stadt verpflichtet, weil die Beklagte zu einer entsprechenden Weisung nach dem Arbeitsvertrag der Parteien nicht befugt war. Die Versetzungsanordnung im Schreiben vom 09.12.2010 ist unwirksam.

41

Mit dem Direktionsrecht (§ 106 GewO; vgl. BAG 15.09.2009 EzA § 106 GewO Nr. 4 = NZA 2009, 1333; Dörner/Luczak/Wildschütz, Handbuch des Fachanwalts für Arbeitsrecht, 9. Aufl. 2011, S. 145 ff.) kann der Arbeitgeber zwar primär die jeweils konkret zu leistende Arbeit und die Art und Weise ihrer Erbringung festlegen. Das Weisungsrecht des Arbeitgebers erstreckt sich gemäß § 106 Satz 1, 2 GewO auf "Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung" sowie auf die "Ordnung und Verhalten im Betrieb". Das Weisungsrecht findet allerdings seine Grenzen in einzelvertraglichen, gesetzlichen und kollektivvertraglichen Regelungen, auch dispositiven, soweit sie nicht im Einzelfall durch Vereinbarung abgedungen sind. Das Weisungsrecht kann insbesondere nicht einseitig die im Arbeitsvertrag festgelegten Bedingungen verändern (vgl. LAG Köln 28.01.2004 LAG-Report 2004, 270). Der Arbeitgeber kann also Inhalt, Ort und Umfang der Arbeitspflichtkraft seines Weisungsrechts nur im Rahmen eines jeweiligen Arbeitsvertrages festlegen (BAG 23.06.2007, EZA § 106 GewO Nr. 2 = EZA 2007, 974). Je genauer die Tätigkeit des Arbeitnehmers sowie die Modalitäten der Beschäftigung, also insbesondere auch der Einsatzort, aber auch zum Beispiel Umfang und die Lage der Arbeitszeit im Arbeitsvertrag beschrieben sind, um so weniger Spielraum hat der Arbeitgeber zum Beispiel bei der Zuweisung verschiedenartiger Tätigkeiten (vgl. BAG 23.11.2004, EZA § 4 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 134). Befindet sich deshalb zum Beispiel in einem Arbeitsvertrag keine Versetzungsklausel, so ist die einseitige Versetzungsmöglichkeit durch Direktionsrecht des Arbeitgebers an einen anderen Ort außerhalb des Betriebes - und sei diese auch nur 13 km entfernt - nicht gegeben (LAG Nürnberg 17.02.2004 NZA - RR 2204, 628; Dörner/Luczak/Wildschütz, a.a.O., S. 150).

42

Vorliegend haben die Arbeitsvertragsparteien nach Auffassung der Kammer im schriftlich abgeschlossenen Arbeitsvertrag als Arbeitsort B-Stadt unter Einschränkung des gesetzlichen Weisungsrechts vertraglich vereinbart. Aus der Sicht des klagenden Arbeitnehmers (§ 133, 157 BGB) kann die Formulierung "… ist B-Stadt" nur so verstanden werden, dass eine das Weisungsrecht ausschließende Festlegung der Arbeitstätigkeit auf den Ort B-Stadt geregelt werden sollte. Denn dieser Satz enthält keinerlei Vorbehalt einer abweichenden Zuweisung, zum Beispiel durch die ergänzenden Formulierungen "derzeit", "einstweilen", "vorbehaltlich einer anderen Bestimmung" und dergleichen mehr. Für diese Auslegung spricht auch der Zusammenhang zum Vorsatz, in dem sowohl eine das Weisungsrecht betreffende Flexibilität des Einsatzes des Klägers in tätigkeitsbezogener Hinsicht als auch durchaus bezogen auf einen anderen Betrieb des Unternehmens zu sehen ist ("gleichwertige Tätigkeit", "innerhalb des Unternehmens"). Hätten es die Vertragsparteien hinsichtlich des Arbeitsortes insoweit lediglich beim gesetzlichen Weisungsrecht belassen wollen, hätte der Nachsatz, bezogen auf den Dienstort, entweder insgesamt entfallen müssen oder aber es wäre klarzustellen gewesen, dass es sich um eine Beschreibung des "Ist-Zustandes" handelte, für den im Übrigen das normale Weisungsrecht gilt. Daran fehlt es vorliegend, so dass davon auszugehen ist, dass eine vertragliche Vereinbarung der Beschränkung der Ableistung der Tätigkeit in B-Stadt erfolgt ist.

43

Sollte man der hier vertretenen Auffassung nicht folgen, so wäre mit dem Arbeitsgericht davon auszugehen, dass die formularvertragliche Vereinbarung jedenfalls einer AGB-Kontrolle unterliegt. Denn die dann gegebene Versetzungsklausel im Arbeitsvertrag ist Bestandteil eines Formulararbeitsvertrages, der für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert wurde; es handelt sich also um eine allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne von § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB, die der Auslegung bedarf. Hinsichtlich des Prüfungsmaßstabes für die Auslegung wird insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts (S. 9, 10 = Bl. 108, 109 d.A.) in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen (vgl. auch Dörner/Luczak/Wildschütz, a.a.O., S. 181 ff.).

44

Entscheidend ist insoweit letztlich, dass der die allgemeinen Geschäftsbedingungen verwendende Arbeitgeber bei Unklarheiten die im ungünstigsten Auslegungsmöglichkeit gegen sich gelten lassen muss.

45

Vor diesem Hintergrund wäre, die zuvor dargestellte Auslegung des Arbeitsvertrages durch die Kammer als unzutreffend unterstellt, davon auszugehen, dass die Parteien in Ziffer 1 Satz 2 des Arbeitsvertrages zunächst eine örtliche Versetzungsbefugnis vereinbart haben. Zur Begründung dessen wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts in der angefochtenen Entscheidung (S. 11, 12 = Bl. 110, 111 d.A.) Bezug genommen. Dieses Auslegungsergebnis ist dann aber nicht das einzig denkbare, denn der Wortlaut der Vertragsbestimmung kann auch dahingehend verstanden werden, dass nur die Art der Tätigkeit flexibel gestaltet werden soll. Insoweit wird auf S. 12 der angefochtenen Entscheidung (= Bl. 111 d.A.) Bezug genommen.

46

Die damit festgestellte Unklarheit geht zu Lasten des Verwenders (§ 305 c Abs. 2 BGB). Führt die "kundenfeindlichste" Auslegung nicht zur Unwirksamkeit der Klausel, so ist die "kundenfreundlichste" Auslegung zugrunde zu legen. Ersteres (örtliche Versetzung vorbehalten) führt vorliegend deshalb nicht zur Unwirksamkeit der Klausel, weil mit dem Angebot die Hauptleistungspflicht geregelt wurde; das ist kontrollfrei möglich (§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB). Folglich ist die "kundenfreundlichste" Auslegungsvariante heranzuziehen, wonach sich die Arbeitgeberin so behandeln lassen muss, als sei die Versetzung nach A-Stadt nicht vertraglich vorbehalten worden.

47

Der Anspruch aus § 615 Satz 1 BGB, der somit gegeben ist, ist auch nicht gemäß § 615 Satz 2 BGB ausgeschlossen. Danach muss sich der Arbeitnehmer den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er in Folge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Denn eine derartige Obliegenheit des Klägers, Zwischenverdienst bei seiner bisherigen Arbeitgeberin in A-Stadt zu erzielen, bestand aufgrund der Besonderheiten des vorliegend zu entscheidenden Einzelfalles nicht.

48

Zwar kann böswilliges unterlassen im Sinne des § 615 Satz 2 BGB auch darin liegen, dass der Arbeitnehmer nach Ausspruch einer Änderungskündigung durch den Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu den geänderten Arbeitsbedingungen oder zumindest zu den bisherigen Arbeitsbedingungen ablehnt (BAG, 11.01.2006 EzA § 615 BGB 2002 Nr. 11 = NZA 2006, 314; 07.02.2007 EzA § 615 BGB 2002 Nr. 19 = NZA 2007, 561; Dörner/Luczak/Wildschütz, a.a.O., S. 739 ff.).

49

Ob der Arbeitnehmer es böswillig unterlassen hat, eine zumutbare Arbeit anzunehmen, ist nach den gesamten Umständen des konkreten Einzelfalles im Rahmen einer Interessenabwägung zu beurteilen. Bei der Prüfung sind das dem Arbeitnehmer gemäß Art. 12 GG zustehende Grundrecht der freien Arbeitsplatzwahl sowie der Grundsatz von Treu und Glauben zu beachten. Die Unzumutbarkeit der Arbeit kann sich aus verschiedenen Gesichtspunkten ergeben. Sie kann in der Person des Arbeitgebers, der Art der Arbeit oder auch in den sonstigen Arbeitsbedingungen ihren Grund haben. Auch vertragsrechtliche Umstände sind zu berücksichtigen. Demgegenüber kann auf die Zumutbarkeitskriterien des § 121 SGB III nicht abgestellt werden, weil es dort um einen anderen Regelungszweck, nämlich den Schutz der Versichertengemeinschaft, geht. Böswillig handelt der Arbeitnehmer, der in Kenntnis der objektiven Umstände, d.h. der Arbeitsmöglichkeit, der Zumutbarkeit der Arbeit und der Nachteilsfolge für den Arbeitgeber, gleichwohl vorsätzlich untätig bleibt oder die Arbeitsaufnahme verhindert hat; nicht erforderlich ist Schädigungsabsicht des Arbeitnehmers. Dabei kann eine Unzumutbarkeit sowohl bei ungerechtfertigter wie auch bei gerechtfertigter Änderungskündigung gegeben sein. Auf die Erhebung einer Änderungs- (Kündigungs-) Schutzklage kommt es nicht an (vgl. BAG 16.07.2004 - 5 AZR 508/03 ZTR 2004, 655; BAG 26.09.2007 EzA § 615 BGB 2002 Nr. 121 = NZA 2008, 1063; Dörner/Luczak/Wildschütz, a.a.O., S. 741).

50

Wird dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber unter Überschreitung des Direktionsrechts eine andere Arbeit zugewiesen, als der Arbeitnehmer sie vertraglich schuldet, ist die Ablehnung dieser Arbeit grundsätzlich keine böswillige Unterlassung im Sinn des § 615 Satz 2 BGB. Bietet der Arbeitgeber objektiv vertragswidrige Arbeit an, sind im Hinblick auf § 615 Satz 2 BGB allerdings die Art dieser Arbeit und die sonstigen Arbeitsbedingungen im Vergleich zu der bisherigen Arbeit zu prüfen. Das Maß der gebotenen Rücksichtnahme beim Arbeitnehmer hängt regelmäßig davon ab, aus welchen Gründen der Arbeitgeber nicht die vertragsgemäße Arbeit anbietet. Dies ist vom Arbeitgeber darzulegen. Bestehen für die Änderung dringende Gründe, denen nicht von vornherein eine Billigung versagt werden kann, handelt der Arbeitnehmer dann nicht rücksichtsvoll (vgl. auch § 241 Abs. 2 BGB), wenn er die Arbeit allein deshalb ablehnt, weil sie nicht vertragsgemäß ist, und deshalb ohne Erwerb bleibt. Die beiderseitigen Gründe für die Zuweisung bzw. Ablehnung der neuen Arbeit sind zu benennen und sodann gegeneinander abzuwägen. Bei einem Irrtum des Arbeitgebers über die Vertragsmäßigkeit ist auch die Vertretbarkeit seines (Rechts-) Standpunkts zu berücksichtigen (BAG 07.02.2007 EzA § 615 BGB 2002 Nr. 19 = NZA 2007, 561).

51

Daraus folgt, dass während des Laufs einer Kündigungsfrist nur ausnahmsweise dann eine Obliegenheit zur Aufnahme vertragswidriger Arbeit besteht, wenn der Arbeitgeber den Wegfall der bisherigen Beschäftigungsmöglichkeit nicht selbst durch zurechenbares Verhalten herbeigeführt hat. Vor Ablauf der Kündigungsfrist muss der Arbeitnehmer in der Regel keine vertragswidrige Arbeit aufnehmen.

52

Vorliegend, insoweit folgt die Kammer dem Arbeitsgericht, beruht der Wegfall der bisherigen vertragsgemäßen Beschäftigungsmöglichkeit auf der freien unternehmerischen Entscheidung der Beklagten von Anfang Juni 2010 bzw. deren tatsächlicher Umsetzung. Dass die Beklagte dem Kläger bereits im Dezember 2010 keine vertragsgemäße Arbeit mehr in B-Stadt zuweisen konnte, ist Ergebnis dieser unternehmerischen Entscheidung und zugleich auch Ausdruck ihres unternehmerischen Risikos. Zwar mag in Einzelfällen eine Arbeitsobliegenheit im Sinne des § 615 Satz 2 BGB in Fällen des Eintretens eines unvermeidbaren Betriebsrisikos, insbesondere bei höherer Gewalt, unter Umständen bestehen (BAG 07.02.2007 a.a.O.), der Arbeitnehmer ist aber andererseits nicht gehalten, das allgemeine Wirtschaftsrisiko der Beklagten zu tragen. Denn anderenfalls könnte der Arbeitgeber ohne Kostenrisiko vertragswidrigen Arbeiten zuweisen und von einer Änderungskündigung insgesamt absehen. Besondere Umstände, die zu Gunsten der Beklagten zu einem anderen Ergebnis führen könnten, sind vorliegend nicht ersichtlich (vgl. auch LAG Hamm 24.05.2007 NZA - RR 2008, 175).

53

Da hinsichtlich der Höhe der Klageforderung keine Meinungsverschiedenheiten zwischen den Parteien bestehen, hat das Arbeitsgericht folglich der Klage zu Recht stattgegeben.

54

Das Berufungsvorbringen der Beklagten rechtfertigt keine abweichende Beurteilung des hier maßgeblichen Lebenssachverhalts.

55

Denn neben einer umfassenden Darstellung der tatsächlichen Ereignisse, die zur Verlegung des Betriebes B-Stadt geführt haben, wiederholt die Beklagte lediglich ihre Rechtsauffassung, wonach sie sich auf eine vertragliche Versetzungsklausel berufen konnte, bzw. darauf, dass der Kläger durch die Nichtleistung der Arbeit in A-Stadt anderweitigen Verdienst böswillig unterlassen habe. Neue, nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiierte Tatsachenbehauptungen, die ein anderes Ergebnis rechtfertigen könnten, werden nicht vorgetragen; gleiches gilt für rechtliche Argumente, die die rechtliche Bewertung des hier maßgeblichen Lebenssachverhalts in einem anderen Licht erscheinen lassen könnten. Das Berufungsvorbringen macht insbesondere lediglich deutlich, dass die Beklagte - aus ihrer Sicht verständlich - die gegenteilige Auffassung des Arbeitsgerichts, die die Kammer für letztlich zutreffend hält, nicht teilt. Weitere Ausführungen sind folglich nicht veranlasst.

56

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

57

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

58

Für eine Zulassung der Revision war angesichts der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 11. Dezember 2008 - 11 Sa 817/08 - wird zurückgewiesen, soweit das Landesarbeitsgericht die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 15. April 2008 - 5 Ca 3435/07 - hinsichtlich der Kündigungsschutzklage zurückgewiesen hat.

Im Übrigen wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des gesamten Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Versetzung sowie darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund einer fristlosen und hilfsweise fristgemäßen verhaltensbedingten Kündigung der Beklagten beendet worden ist.

2

Die Beklagte ist eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Sie unterhält mehrere Niederlassungen innerhalb der Bundesrepublik Deutschland. Darüber hinaus ist sie ein Unternehmen des international tätigen Konzerns P. Andere Konzernunternehmen sind außerhalb Deutschlands in verschiedenen Staaten tätig.

3

Die 1965 geborene Klägerin ist seit dem 1. Juli 2000 als Steuerberaterin/Managerin in der Niederlassung Bielefeld der Beklagten beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 23. Mai 2000 heißt es ua. wie folgt:

        

„§ 1 Beginn und Inhalt des Arbeitsverhältnisses

        

1.   

Sie werden ab 1. Juli 2000 als Manager für den Bereich TLS in unserer Niederlassung Bielefeld eingestellt.

        

2.   

P behält sich das Recht vor, Sie im Bedarfsfall auch an einem anderen Arbeitsort und/oder bei einer anderen Gesellschaft des Konzerns P entsprechend Ihrer Vorbildung und Ihren Fähigkeiten für gleichwertige Tätigkeiten einzusetzen. Hierbei werden Ihre persönlichen Belange angemessen berücksichtigt.

        

...“

        
4

Im Oktober 2007 fanden Gespräche zwischen den Parteien über einen zukünftigen Einsatz der Klägerin in München statt. Am 19. Oktober 2007 unterrichtete die Beklagte den in ihrer Niederlassung Bielefeld bestehenden Betriebsrat „gem. § 99 BetrVG“ über die beabsichtigte Versetzung der Klägerin zur Niederlassung München. Sie bat um Stellungnahme. Dem Betriebsrat wurde weiter mitgeteilt, die Klägerin solle ab dem 1. Dezember 2007 als „Managerin im Bereich Tax Human Resources Services“ zur Niederlassung München versetzt werden. Am 25. Oktober 2007 teilte der Betriebsrat der Niederlassung Bielefeld der Beklagten mit, er werde keine Stellungnahme abgeben. Mit identischem Formblatt und identischer Information unterrichtete die Beklagte unter dem 26. Oktober 2007 den Betriebsrat ihrer Niederlassung München. Dieser erklärte mit Datum vom 31. Oktober 2007, er werde keine Stellungnahme abgeben. Mit Schreiben vom 1. November 2007 versetzte die Beklagte die Klägerin mit Wirkung zum 1. Dezember 2007 zur Niederlassung München als „Manager in dem Bereich Tax Human Resources Services“. Unter dem 29. November 2007 kündigte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin gegenüber der Beklagten an, die Klägerin werde die Stelle in München nicht antreten. Die Beklagte wies mit Schreiben vom 30. November 2007 darauf hin, dass sie in diesem Fall arbeitsrechtliche Schritte einleiten werde. Sie werte das Verhalten der Klägerin als Arbeitsverweigerung. Am 3. Dezember 2007 bot die Klägerin ihre Arbeitskraft in der Niederlassung Bielefeld tatsächlich an. Sie wurde aufgefordert, die Niederlassung zu verlassen und ihre Gebäudezutrittskarte herauszugeben. Die Arbeit in München nahm die Klägerin nicht auf. Mit Datum vom 4. Dezember 2007 hörte die Beklagte den Betriebsrat der Niederlassung Bielefeld zu einer beabsichtigten außerordentlichen sowie hilfsweisen ordentlichen Kündigung der Klägerin wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung an. Der Betriebsrat gab keine Stellungnahme ab.

5

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis gegenüber der Klägerin mit Schreiben vom 11. Dezember 2007 außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich zum 31. März 2008 wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung.

6

Mit ihrer Klage wendet sich die Klägerin zuletzt gegen die Versetzung sowie die Kündigungen.

7

Sie hat die Auffassung vertreten, die Versetzung und die Kündigungen seien unwirksam. Die Beklagte könne sich nicht auf eine fehlende Auslastung in Bielefeld berufen. Die Niederlassung Bielefeld sei seit Jahren nicht voll ausgelastet. Zudem sei die Klägerin eine der dienstältesten Mitarbeiterinnen dieser Niederlassung. Die Beklagte habe auch zum 1. September 2007 neue Mitarbeiter eingestellt. So sei die Mitarbeiterin W mit einer vergleichbaren Arbeitstätigkeit in der Niederlassung Bielefeld noch im September 2007 eingestellt worden. Weiterhin sei im Jahr 2007 in der Steuerabteilung Bielefeld eine neue Managerstelle geschaffen worden. Dort sei seit dem 1. Juni 2000 Herr S tätig. Er übe dieselbe Tätigkeit aus wie die anderen Steuerberater der Steuerabteilung Bielefeld. Die Beklagte habe zudem über offene Stellen verfügt, die deutlich näher am Wohnort der Klägerin gelegen seien als der Versetzungsort München.

8

Da die Versetzung nicht wirksam sei, habe sie keine beharrliche Arbeitsverweigerung begangen. Zudem sei der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört worden.

9

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass ihre Versetzung vom 1. Dezember 2007 als Managerin in den Bereich Tax Human Resources Services nach München unwirksam ist;

        

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die schriftliche Kündigung der Beklagten vom 11. Dezember 2007 nicht aufgelöst worden ist.

10

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Versetzung sei wirksam. Für die Klägerin sei in Bielefeld kein Beschäftigungsbedarf mehr gegeben. Soweit sie neue Mitarbeiter eingestellt habe, seien diese mit der Klägerin nicht vergleichbar. Wegen eines Großkunden sei es erforderlich gewesen, die Stelle in München kurzfristig zu besetzen. Soweit offene Stellen ausgewiesen seien, erfülle die Klägerin die Voraussetzungen teilweise nicht.

11

Die Kündigungen seien deshalb wirksam, weil die Klägerin eine beharrliche Arbeitsverweigerung begangen habe. Der Bielefelder Betriebsrat sei auch ordnungsgemäß beteiligt worden. Er habe mit Datum vom 10. Dezember 2007, 18:35 Uhr, per E-Mail mitgeteilt, dass er keine Stellungnahme abgebe.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

13

Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision ist nur hinsichtlich der Versetzung begründet. Sie führt insoweit zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht(§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte der Klage nicht stattgegeben werden. Wegen fehlender Feststellungen des Landesarbeitsgerichts kann der Senat nicht abschließend darüber entscheiden, ob die Versetzung unwirksam ist. Im Übrigen ist die Revision unbegründet.

15

A. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Versetzungsklausel im Arbeitsvertrag benachteilige die Klägerin unangemessen. Sie sei gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB intransparent, da sie der Beklagten das Recht einräume, die Klägerin ohne weitere Einschränkungen eines zulässigen Entfernungsradius’ und ohne Ankündigungsfrist zu allen Betrieben des Bundesgebiets und darüber hinaus zu den international tätigen Konzernunternehmen zu versetzen. Das hält einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.

16

I. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts genügt die Versetzungsklausel in § 1 Nr. 2 des Arbeitsvertrags den Erfordernissen einer Kontrolle am Maßstab der §§ 307 ff. BGB. Die Beklagte ist grundsätzlich berechtigt, den Ort der Arbeitsleistung der Klägerin innerhalb des Bundesgebiets nach billigem Ermessen näher zu bestimmen. Die Klausel ist auch nicht intransparent.

17

1. Die arbeitsvertragliche Versetzungsklausel unterliegt nicht der Angemessenheitskontrolle des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Sie ist nur auf Unklarheit(§ 305c Abs. 2 BGB)und Transparenz (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) zu untersuchen.

18

2. Im schriftlichen Arbeitsvertrag der Parteien vom 23. Mai 2000 stellte die Beklagte Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. § 305 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BGB auf. Sie bot der Klägerin nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts die für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen in dieser Form an. Die Parteien handelten die Vertragsbedingungen nicht nach § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB aus.

19

Die Regelungen zur Gestaltung der Schuldverhältnisse durch Allgemeine Geschäftsbedingungen in der Fassung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes finden kraft geänderter Bereichsausnahme in § 310 Abs. 4 BGB auch auf das Arbeitsrecht Anwendung. Für sie gilt die Übergangsvorschrift des Art. 229 § 5 EGBGB. Nach Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB ist auf Schuldverhältnisse, die vor dem 1. Januar 2002 entstanden sind, das bis zu diesem Zeitpunkt geltende Recht weiter anzuwenden. Das gilt nach Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB auch für „Dauerschuldverhältnisse” mit der Maßgabe, dass ab dem 1. Januar 2003 das neue Recht Anwendung findet. Seitdem sind die neu gefassten §§ 305 bis 310 BGB anzuwenden. Vertrauensschutz hat der Gesetzgeber damit nur bis zum 31. Dezember 2002 eingeräumt(Senat 13. März 2007 - 9 AZR 433/06 - Rn. 34, AP BGB § 307 Nr. 26).

20

3. Es kann dahinstehen, ob die der Beklagten eingeräumte Befugnis, die Klägerin auch bei einer anderen Gesellschaft des Konzerns einzusetzen, der Inhaltskontrolle gemäß §§ 307 ff. BGB standhielte. Die davon abtrennbare Befugnis, die Klägerin zu einem anderen Arbeitsort im Bundesgebiet zu versetzen, ist jedenfalls nicht unwirksam.

21

a) Eine Unwirksamkeit der Konzernversetzungsklausel würde nicht zur Gesamtunwirksamkeit der Versetzungsklausel in § 1 Nr. 2 des Arbeitsvertrags führen. Die Beklagte beruft sich im vorliegenden Fall nicht auf eine „Versetzungsbefugnis“ zu einer anderen Konzerngesellschaft, sondern nur auf die zu ihrer eigenen Niederlassung in München.

22

aa) § 306 Abs. 1 BGB enthält eine kodifizierte Abweichung von der Auslegungsregel des § 139 BGB und bestimmt, dass bei Teilnichtigkeit grundsätzlich der Vertrag im Übrigen aufrechterhalten bleibt. Die Anwendung dieses Grundsatzes entspricht der Interessenlage beider Arbeitsvertragsparteien(ErfK/Preis 10. Aufl. § 611 BGB Rn. 342 mwN) . Soweit die Klausel nicht teilbar ist, tritt an ihre Stelle nach § 306 Abs. 2 BGB das Gesetz. Die Teilbarkeit einer Klausel ist mittels des sog. blue-pencil-tests durch Streichung des unwirksamen Teils mit einem „blauen Stift” zu ermitteln (BAG 6. Mai 2009 - 10 AZR 443/08 - Rn. 11, AP BGB § 307 Nr. 43 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 44; 12. März 2008 - 10 AZR 152/07 - Rn. 28, AP BGB § 305 Nr. 10 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 33 ) . Ist die verbleibende Restregelung weiterhin verständlich, bleibt sie bestehen. Maßgeblich ist also, ob die Klausel mehrere sachliche Regelungen enthält und der unzulässige Teil sprachlich eindeutig abtrennbar ist. Gegenstand der Inhaltskontrolle sind dann für sich jeweils verschiedene, nur formal verbundene Vertragsbedingungen (BAG 11. April 2006 - 9 AZR 610/05 - Rn. 32, BAGE 118, 36).

23

bb) Die Befugnis zur Versetzung zu anderen Konzerngesellschaften und die Befugnis zur Versetzung an einen anderen Arbeitsort sind inhaltlich abtrennbar. Dies kommt sprachlich darin zum Ausdruck, dass § 1 Nr. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrags zwischen beiden Befugnissen(„und/oder“) unterscheidet. Die Konzernversetzungsklausel kann problemlos vollständig gestrichen werden. Trotzdem bleibt die übrige Versetzungsklausel äußerlich und inhaltlich unverändert und behält ihre Selbständigkeit und ihren spezifischen Zweck. Eine etwaige Unwirksamkeit der Konzernversetzungsklausel berührt deshalb nicht die verbleibende Regelung.

24

b) Die in § 1 Nr. 2 des Arbeitsvertrags geregelte Befugnis der Beklagten, die Klägerin auch an einen anderen Arbeitsort zu versetzen, unterliegt nicht der Angemessenheitskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Sie stellt keine von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelung iSd. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB dar und unterliegt deshalb nicht der Kontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2, §§ 308 und 309 BGB.

25

aa) Die arbeitsvertragliche Versetzungsklausel entspricht materiell der Regelung in § 106 Satz 1 GewO. Danach kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind.

26

bb) Nichts anderes bestimmt die Klausel in § 1 Nr. 2 des Arbeitsvertrags. Danach steht das Direktionsrecht der Beklagten nur unter dem Vorbehalt auch der Beachtung der persönlichen Belange der Klägerin zu. Die Zuweisung darf zudem nur für gleichwertige Tätigkeiten erfolgen. Somit kann sich die Beklagte, wie es auch § 106 Satz 1 GewO verlangt, bei der Ausübung ihres Direktionsrechts aufgrund der arbeitsvertraglichen Zuweisungsklausel nicht allein von ihren Interessen leiten lassen. Sie hat einen angemessenen Ausgleich der beiderseitigen Interessen vorzunehmen. Die Klausel entspricht damit der Regelung in § 106 GewO.

27

cc) Die Befugnis der Beklagten, die Klägerin an einen anderen Ort des Unternehmens gemäß § 106 GewO versetzen zu dürfen, wird nicht dadurch eingeschränkt, dass sie nach § 1 Nr. 1 des Arbeitsvertrags in der Niederlassung Bielefeld eingestellt wurde. Die Festlegung eines bestimmten Orts in Kombination mit einer im Arbeitsvertrag geregelten Einsatzmöglichkeit im gesamten Unternehmen verhindert die Beschränkung auf einen bestimmten Ort(vgl. Preis/Genenger NZA 2008, 969, 970). Es wird klargestellt, dass weiter § 106 Satz 1 GewO und damit die Versetzungsbefugnis an andere Arbeitsorte gilt.

28

c) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist die Klausel nicht intransparent. Das Berufungsgericht meint zu Unrecht, die Klausel sei intransparent, weil weder der zulässige Entfernungsradius noch eine Ankündigungsfrist für die Versetzung bestimmt sei. Das hält einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.

29

aa) Die Versetzungsklausel unterliegt als kontrollfreie Hauptabrede(§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB)sowohl der Unklarheitenregelung des § 305 Abs. 2 BGB als auch der Transparenzkontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Sie ist jedoch weder unklar noch intransparent.

30

bb) Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB sind Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen entsprechend den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet, Rechte und Pflichten ihrer Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dazu gehört auch, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen wirtschaftliche Nachteile und Belastungen insoweit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann. Auch einseitige Bestimmungsvorbehalte können nur hingenommen werden, soweit sie bei unsicherer Entwicklung der Verhältnisse als Instrument der Anpassung notwendig sind und den Anlass, aus dem das Bestimmungsrecht entsteht, sowie die Richtlinien und Grenzen seiner Ausübung möglichst konkret angeben(Senat 11. April 2006 - 9 AZR 557/05 - Rn. 40, BAGE 118, 22) .

31

cc) Nach diesen Grundsätzen war es nicht zwingend notwendig, Ankündigungsfristen oder den zulässigen Entfernungsradius in die Vertragsklauseln aufzunehmen. § 106 GewO sowie entsprechende Versetzungsklauseln tragen dem im Arbeitsrecht bestehenden spezifischen Anpassungs- und Flexibilisierungsbedürfnis Rechnung. Der Arbeitsvertrag bedarf als Dauerschuldverhältnis einer ständigen, bei Vertragsschluss gedanklich nicht vorwegnehmbaren Anpassung. Die Einflussfaktoren sind im Arbeitsrecht so zahlreich und vielgestaltig, dass gesicherte Prognosen kaum möglich sind(Senat 11. April 2006 - 9 AZR 557/05 - Rn. 35, BAGE 118, 22; zustimmend Hunold NZA 2007, 19). Eine Konkretisierungsverpflichtung würde nicht dem Bedürfnis des Arbeitgebers gerecht, auf im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht vorhersehbare Veränderungen reagieren zu können. Zudem wird ein Zwang zur Konkretisierung entweder zu Leerformeln wie „sachlicher Grund“ oder zu einer ausufernden Aufzählung aller in einer möglicherweise fernen Zukunft einmal in Betracht kommenden Sachverhalte führen. Das trägt nicht notwendigerweise zur Erhöhung der Transparenz bei. Demgegenüber ist aus der hier verwandten Klausel für jeden Arbeitnehmer zweifelsfrei erkennbar, dass eine Versetzung an alle Arbeitsorte des Unternehmens in Betracht kommt. Das entspricht dem weitgehenden Bestimmungsrecht, das das Gesetz dem Arbeitgeber einräumt. Nach § 106 Satz 1 GewO kann er Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Die Regelung in § 106 Satz 1 GewO trägt damit der Gegebenheit Rechnung, dass Arbeitsverträge nur eine rahmenmäßig umschriebene Leistungspflicht festlegen können.

32

dd) Wie im Schrifttum vorgeschlagen(vgl. Hunold NZA 2007, 19, 22), kann eine Klausel, in der sich der Arbeitgeber die Änderung des Arbeitsorts vorbehält, dem Arbeitnehmer durch Vorgaben hinsichtlich der Regionen, des Entfernungsradius’ und der Mindestkündigungsfristen Klarheit verschaffen, innerhalb welcher Grenzen und Fristen der Arbeitgeber von seiner örtlichen Versetzungsbefugnis Gebrauch machen will. Derartige Festlegungen sind wünschenswert, jedoch nicht zwingend zur Vermeidung einer unangemessenen Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB erforderlich. Der Arbeitnehmer wird durch die vom Gericht nach § 106 GewO, § 315 BGB durchzuführende Ausübungskontrolle vor unbilliger Überforderung geschützt. Das betrifft sowohl die Frage der zulässigen Entfernung als auch die Berücksichtigung von Ankündigungsfristen. Hinzu kommen noch die nach der Betriebsverfassung zugunsten des Arbeitnehmers eingreifenden Bestimmungen, die den Arbeitgeber bei der Ausübung seines Weisungsrechts beschränken. Dazu gehören insbesondere das Mitbestimmungsverfahren nach § 99 Abs. 1 BetrVG mit dem Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrats aus § 99 Abs. 2 Nr. 2 und 4 BetrVG sowie das Recht des Betriebsrats aus § 95 Abs. 2 BetrVG, die Aufstellung von Richtlinien für Versetzungen auch im Hinblick auf einzuhaltende soziale Gesichtspunkte zu verlangen. Der Umstand, dass der Gesetzgeber den Betriebspartnern einen derartigen weiten Regelungs- und Beurteilungsspielraum eingeräumt hat, spricht dafür, dass § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB keine zwingenden Vorgaben für eine Versetzungsklausel enthalten muss. Unter Berücksichtigung der in § 106 GewO und §§ 95, 99 BetrVG geregelten Besonderheiten ist die hier zu beurteilende weite örtliche unternehmensinterne Versetzungsklausel nicht als unangemessene Benachteiligung anzusehen.

33

II. Das Landesarbeitsgericht hat aus seiner Sicht konsequent keine Ausübungskontrolle vorgenommen. Für die Prüfung, ob die Versetzung der Klägerin von Bielefeld nach München billigem Ermessen entspricht(§ 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 1 BGB), bedarf es weiterer Feststellungen.

34

1. Der Ort, an dem die Klägerin ihre Arbeitsleistungen erbringen muss, hat sich nicht auf die Niederlassung Bielefeld konkretisiert. Das Weisungsrecht der Beklagten ist deshalb nicht auf Bielefeld als Arbeitsort beschränkt.

35

a) Arbeitspflichten können sich nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren. Dazu genügt jedoch nicht schon der bloße Zeitablauf. Vielmehr müssen besondere Umstände hinzutreten, aufgrund derer der Arbeitnehmer erkennen kann und vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll(Senat 13. März 2007 -  9 AZR 433/06 - Rn. 50, AP BGB § 307 Nr. 26).

36

b) Zwar ist die Klägerin bereits langjährig in der Niederlassung Bielefeld beschäftigt worden. Es fehlt jedoch an besonderen Umständen, denen sie hätte entnehmen können, dass sie künftig nicht an einem anderen Arbeitsort eingesetzt würde. Dass ein Arbeitnehmer sich im Lauf der Zeit bezüglich der Gestaltung seines persönlichen Umfelds an der ausgeübten Tätigkeit und insbesondere am Ort seiner Arbeitsleistung ausrichtet, ist nur eine Folge der langjährigen Tätigkeit und begründet, ohne dass weitere Umstände hinzutreten, keine Konkretisierung auf einen bestimmten Arbeitsort.

37

2. Der Senat kann nicht abschließend darüber entscheiden, ob die Versetzung von Bielefeld nach München billigem Ermessen entspricht.

38

a) Nach § 106 Satz 1 GewO hat der Arbeitgeber sein Weisungsrecht nach billigem Ermessen auszuüben. Auch wenn die Versetzung des Arbeitnehmers nach dem Arbeitsvertrag zulässig ist, muss die Ausübung des Direktionsrechts gemäß § 106 Satz 1 GewO billigem Ermessen entsprechen. Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind.

39

aa) Ob die Entscheidung der Billigkeit entspricht, unterliegt der vollen gerichtlichen Kontrolle, § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB. Diese Sachentscheidung ist wegen der zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls vorrangig den Tatsachengerichten vorbehalten. Eine Entscheidung des Revisionsgerichts ist dann geboten, wenn die maßgeblichen Tatsachen feststehen und nur eine bestimmte Entscheidung dem Maßstab der Billigkeit entspricht(vgl. Senat 15. September 2009 - 9 AZR 643/08 - Rn. 29 mwN, AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 44 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 31).

40

bb) Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach den verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit. Das gebietet eine Berücksichtigung und Bewertung der Interessen unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls. Hierzu gehören im Arbeitsrecht die Vorteile aus einer Regelung, die Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien, die beiderseitigen Bedürfnisse, außervertragliche Vor- und Nachteile, Vermögens- und Einkommensverhältnisse sowie soziale Lebensverhältnisse wie familiäre Pflichten und Unterhaltsverpflichtungen(Senat 21. Juli 2009 - 9 AZR 404/08 - Rn. 22, EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 18; BAG 28. November 1989 - 3 AZR 118/88 - zu II 1 a der Gründe, BAGE 63, 267).

41

b) Hier sind die für die Kontrolle der Ermessensausübung wesentlichen Tatsachen zwischen den Parteien streitig. Die Beklagte hat sich insbesondere darauf berufen, der Arbeitsplatz der Klägerin in Bielefeld sei ersatzlos weggefallen. Sie werde in der Niederlassung München wegen eines Großkunden dringend benötigt. Die Klägerin hat sich darauf gestützt, sie sei die dienstälteste Mitarbeiterin in der Niederlassung Bielefeld, es gebe Beschäftigungsmöglichkeiten in Niederlassungen, die näher an ihrem Wohnort lägen, und sie erfülle nicht das Stellenprofil der übertragenen Tätigkeit in der Niederlassung München. Das Landesarbeitsgericht wird diese Umstände aufzuklären haben.

42

B. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass die mit Schreiben vom 11. Dezember 2007 erklärte außerordentliche und die hilfsweise ordentliche Kündigung unwirksam sind. Dies folgt entweder aus § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG wegen fehlender Anhörung des Betriebsrats in München oder aus dem Fehlen der die Kündigungen rechtfertigenden Gründe gemäß § 1 Abs. 2 KSchG und § 626 Abs. 1 BGB. Sollte die Versetzung unwirksam sein, musste die Klägerin nicht in München arbeiten. Sollte die Versetzung wirksam sein, hätte die Beklagte den Betriebsrat der Niederlassung München zu den Kündigungen anhören müssen.

43

I. Welcher Betriebsrat nach § 102 BetrVG zu beteiligen ist, richtet sich nach der Wirksamkeit der Versetzung.

44

1. Beteiligt der Arbeitgeber einen nicht zuständigen Betriebsrat an einer beabsichtigten Kündigung, so fehlt es an einer ordnungsgemäßen Anhörung iSv. § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG. Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat desjenigen Betriebs anhören, zu dessen Belegschaft der zu kündigende Arbeitnehmer gehört(BAG 12. Mai 2005 - 2 AZR 149/04 - zu B I 1 der Gründe, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 145 = EzA BetrVG 2001 § 102 Nr. 13).

45

2. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Betriebsrat der Niederlassung München sei als zuständiger Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigungen vom 11. Dezember 2007 anzuhören gewesen. Aufgrund der ausgesprochenen Versetzung sei die Klägerin der Niederlassung München betrieblich zugeordnet worden. Unabhängig von der Wirksamkeit der Versetzung sei der Betriebsrat der Niederlassung München damit zuständig für eine nach der Zuordnung auszusprechende Kündigung geworden. Das hält einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand.

46

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gelten als Betriebsangehörige im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, die in einem Arbeitsverhältnis zum Inhaber des Betriebs stehen und innerhalb der Betriebsorganisation des Arbeitgebers abhängige Arbeitsleistungen erbringen(BAG 22. März 2000 - 7 ABR 34/98 - zu B II 2 a aa der Gründe mwN, BAGE 94, 144). Es kann dahinstehen, ob hierzu die Eingliederung in die Arbeitsorganisation genügt (so Schneider/Homburg in Däubler/Kittner/Klebe/Wedde BetrVG 12. Aufl. § 7 Rn. 5). Fehlt, wie hier, eine solche tatsächliche Eingliederung, kommt es auf die Zuordnung an.

47

b) Die Klägerin war weder in die Niederlassung Bielefeld noch in die Niederlassung München tatsächlich eingegliedert. Die Beklagte hat der Klägerin in Bielefeld keine Arbeit zugewiesen. Die Klägerin hat die Erfüllung der ihr in München zugewiesenen Arbeitsaufgaben dauerhaft verweigert. Bei einer solchen fehlenden tatsächlichen Eingliederung in einen Betrieb verliert der Arbeitnehmer nicht seine Betriebszugehörigkeit. Diese ist nicht von einer steten Eingliederung in einen Betrieb abhängig. So wird sie nicht durch Abwesenheitszeiten wie Erholungsurlaub, Arbeitsunfähigkeit oder Elternzeit unterbrochen(Kreutz/Raab in GK-BetrVG 9. Aufl. § 7 Rn. 22). Entscheidend ist allein, ob noch eine spätere Wiederaufnahme der Arbeit vorgesehen ist (vgl. BAG 16. April 2003 - 7 ABR 53/02 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 106, 64). Das ist bei der Klägerin der Fall. Die Parteien haben zum Zeitpunkt der Anhörung des Betriebsrats in München gemäß § 102 BetrVG nicht darüber gestritten, ob die Klägerin tatsächlich arbeiten soll, sondern nur darüber, in welchem Betrieb. Für die Beantwortung dieser Frage ist maßgeblich, in welcher Niederlassung eine Arbeitspflicht der Klägerin bestand und damit, ob die Versetzung nach München wirksam war. Deshalb hängt die Zuordnung der Klägerin zu einer bestimmten Niederlassung und damit die Zuständigkeit eines Betriebsrats zur Anhörung nach § 102 BetrVG entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts von der Wirksamkeit der streitgegenständlichen Versetzung ab.

48

II. Demnach könnte der Betriebsrat in der Niederlassung Bielefeld nur zuständig gewesen sein, wenn die Klägerin der Niederlassung München nicht wirksam zugeordnet worden wäre. In diesem Fall stellte die Weigerung der Klägerin, die Arbeit in München aufzunehmen, keine Vertragspflichtverletzung dar. Sollte die Klägerin demgegenüber der Niederlassung München wirksam zugeordnet gewesen sein, so fehlte es an der ordnungsgemäßen Anhörung des für das Verfahren nach § 102 BetrVG zuständigen Betriebsrats der Niederlassung München.

        

    Düwell    

        

    Gallner    

        

    Krasshöfer    

        

        

        

    Jungermann    

        

    Pfelzer    

                 

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)