Landesarbeitsgericht Düsseldorf Urteil, 20. Okt. 2014 - 9 Sa 97/14
Tenor
1.Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 06.12.2013, Az. 1 Ca 5183/13 teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 6.314,09 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.03.2013 zu zahlen.
2.Die weitergehende Berufung der Beklagten wird ebenso wie die Anschlussberufung des Klägers zurückgewiesen.
3.Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 40 %, die Beklagte zu 60 %.
4.Die Revision wird zugelassen.
1
T a t b e s t a n d:
2Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Zahlung einer weiteren Sozialplanabfindung. Dabei streiten die Parteien im Wesentlichen über die Berechnung der Sozialplanabfindung, insbesondere über die Frage, ob die im Sozialplan vorgesehenen Zuschläge mit dem Faktor 0,7 zu kürzen sind sowie über die Frage, welche entgeltlichen Leistungen bei der Berechnung der Abfindung zu berücksichtigen sind.
3Die Beklagte (im Folgenden auch: "O.") betreibt ein Unternehmen auf dem Gebiet der Telekommunikation. Es sind mehrere Betriebsräte gewählt worden, darunter ein Betriebsrat für die Region West.
4Der Kläger war in der Zeit vom 08.11.1996 bis zum 30.09.2012 im Düsseldorfer Betrieb der Beklagten beschäftigt. Im Anschluss wechselte er aufgrund eines dreiseitigen Vertrages zur Transfergesellschaft, der O. T. Networks Transfergesellschaft mbH (im Folgenden auch: "O. TG").
5Der Kläger ist am 17.04.1966 geboren. Er ist verheiratet und einem Kind gegenüber zum Unterhalt verpflichtet.
6Das monatliches Bruttogrundgehalt betrug zuletzt 7.463,63 €. Zusätzlich war eine Incentive-Zahlung vereinbart. Diese betrug anteilig 1.119,55 €. Außerdem zahlte die Beklagte monatlich einen Zuschuss zu Kontoführungsgebühren in Höhe von 1,28 €.
7Dem Kläger ist ein Dienstwagen zur privaten Nutzung überlassen. Insoweit vergütete die Beklagte einen steuerlichen Vorteil für die Privatnutzung, der auf der Entgeltabrechnung mit einem Betrag in Höhe von 351,45 € ausgewiesen ist. Zusätzlich vergütete die Beklagte monatlich eine Kilometerpauschale in Höhe von 339,30 €, die für die Fahrt vom Wohnsitz zum Betrieb gezahlt wird und deren Höhe von der Entfernung des Wohnsitzes zum Betrieb abhängt.
8Nach einer vom Kläger vorgelegten "Benefit Car Policy" können Mitarbeiter, die auf die Privatnutzung des Dienstwagens verzichten, nach der Rückgabe des Fahrzeugs eine monatliche "cash allowance" von EUR 750,00 in Anspruch nehmen. Ob und in welchem Umfang diese "Policy" das Arbeitsverhältnis der Parteien erfasst, ist streitig. Jedenfalls bestand auch nach dem Wechsel in die Transfergesellschaft die Möglichkeit, das Fahrzeug weiter zu nutzen. Der Kläger gab den ihm überlassenen PKW am 28.09.2012 zurück.
9Am 13.08.2012 vereinbarte die Beklagte anlässlich einer Restrukturierungsmaßnahme mit dem Betriebsrat für die Region West einen Sozialplan. Dieser regelt für Arbeitnehmer, die ihr Arbeitsverhältnis zur Beklagten beenden und unter Abschluss eines dreiseitigen Vertrages in eine von der Beklagten eingerichtete Transfergesellschaft wechseln, einen Anspruch auf eine Abfindung.
10Soweit hier von Interesse lautet § 7 des Sozialplans:
11"§ 7
12Abfindung
13(1)Alle vom Geltungsbereich dieses Sozialplans erfassten Beschäftigten haben mit Unterzeichnung des dreiseitigen Vertrages (Zustimmung zum Eintritt in die beE) einen Anspruch auf eine aus dem individuellen Bruttomonatsentgelt errechnete Abfindung.
14(2)Abfindung = Abfindungsbetrag X 0,7
15Der errechnete Abfindungsbetrag wird mit dem Faktor 0,7 multipliziert. Der Faktor von 0,7 ergibt sich aus dem Angebot einer Transfergesellschaft mit den in § 5 des Sozialplans geregelten Konditionen.
16Abfindungsbetrag =
17Anzahl der Beschäftigungsjahre (Dienstjahre) x Bruttomonatseinkommen x Faktor
18(2.1) Der Faktor ergibt sich aus Lebensalter und Dienstalter:
19Lebensalter
2024-2930-3435-3940-4445-4950-58
21Dienstalter
2201-040,500,550,600,650,700,75
2305-090,550,600,650,700,750,80
2410-140,600,650,700,750,800,85
2515-190,700,750,800,850,90
26>200,750,800,850,901,00
27Stichtag für die Ermittlung des Lebensalters und der Betriebszugehörigkeit ist das Austrittsdatum aus O.. Es gelten die bis zu diesem Zeitpunkt vollendeten Jahre.
28Unter Bruttomonatseinkommen sind feste regelmäßige Einkommensbestandteile auf Basis der vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit zu verstehen. Ausgenommen sind Teile, die Aufwandsersatz darstellen, Einmalzahlungen sowie Mehrarbeitsvergütung.
29Bei Mitarbeitern, die Anspruch auf ein Incentive gem. der O. GBV 2011/18 haben, wird der Bruttomonatsverdienst zusätzlich 1/12 der zu beanspruchenden Incentives (BRM=1,0, Zielerreichung 100%) erhöht.
30(2.2) Zuschlag pro Kind: Mitarbeiter mit unterhaltsberechtigten Kindern erhalten zusätzlich zu der Abfindung für jedes unterhaltsberechtigte Kind einen Betrag von 2.500,00 € brutto. Maßgeblich sind die bei O. zum 31.08.2012 aufgrund der Angaben auf der Lohnsteuerkarte bekannten oder bis dahin vom Mitarbeiter mitgeteilten und nachgewiesenen Unterhaltsberechtigungen. Alleinerziehende erhalten einen zusätzlichen Betrag von einmalig 5.000,00 € brutto.
31Sofern beide Ehepartner betroffen sind, wird der Zuschlag nur einmal fällig.
32(2.3) Zuschlag für Schwerbehinderte: Zum Zeitpunkt der Kündigung oder des Abschlusses eines dreiseitigen Vertrages schwerbehinderte Menschen sowie schwerbehinderten Menschen Gleichgestellte (gemäß § 2 Abs. 3 SGB IX) erhalten bei Vorlage eines entsprechenden Nachweises einen Zuschlag von 750,00 € brutto je 10 Grad der Behinderung.
33(2.4) Mitarbeiter ab dem 35. bis zum 46. Lebensjahr erhalten zusätzlich einen Zuschlag in Höhe von 3.000,00 €; ab dem 47. Lebensjahr einen Zuschlag von 6.000,00 € brutto.
34(3)Die Abfindung ist mit dem Ausscheiden aus der beE zur Zahlung fällig. Die Auszahlung erfolgt mit der Entgeltabrechnung im Monat nach dem Ausscheiden aus der beE.
35(4)Beschäftigte können abweichend davon die Zahlung der Abfindung bereits mit Ausscheiden aus der O. verlangen.
36(5)Abfindungsansprüche sind nach dem Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen und vor Fälligkeit vererbbar, jedoch nicht abtretbar.
37(6)Der Anspruch auf Abfindung und deren Fälligkeit ist in den dreiseitigen Vertrag aufzunehmen.
38[….]"
39Wegen des Inhalts des Sozialplans im Einzelnen wird auf Bl. 79 - 87 der Akte Bezug genommen.
40Über die Berechnung der Sozialplanabfindung haben die Geschäftsführung der Beklagten auf einer Informationsveranstaltung und der Betriebsrat auf einer Betriebsversammlung jeweils am 14.08.2012 die Mitarbeiter anhand von Präsentationen informiert.
41Der Kläger schloss sodann mit der Beklagten und der O. TG einen dreiseitigen Vertrag entsprechend dem Sozialplan. Dieser enthält - soweit von Interesse - folgende Regelungen:
42"Arbeitnehmer erhalten eine Abfindung gem. § 7 des Sozialplanes. Die Abfindungszahlung ist nach Abschluss des Dreiseitigen Vertrags und vor Fälligkeit vererbbar, jedoch nicht abtretbar. Die Abfindung ist mit Ausscheiden aus der O. TG fällig. Der Arbeitnehmer kann abweichend davon die Zahlung der Abfindung bereits mit Ausscheiden aus der O. beanspruchen.
43Die Auszahlung erfolgt mit der Entgeltabrechnung im Monat nach dem Ausscheiden aus der O. TG. Sie erfolgt gemäß den jeweils gültigen steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Regelungen. Steuern und Abgaben gehen zu Lasten des Arbeitnehmers."
44Infolge dessen endete das mit der Beklagten bestehende Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen zum 30.09.2012. Zum 01.10.2012 erfolgte der Übertritt zur Transfergesellschaft.
45Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass dem Kläger ein Anspruch auf eine Abfindung zusteht.
46Dabei sind folgende Rahmendaten zwischen den Parteien unstreitig:
47Allgemein:
48BZ | Faktor |
18 Jahre | 0,85 |
Gehaltsbestandteile:
50Gehalt | Incentive | Konto | PKW geldwerter Vorteil | KM-Pauschale |
7.463,63 | 1.119,55 | 1,28 | 351,45 | 339,30 |
Zuschläge:
52Kind | Alter |
2.500,00 | 6.000,00 |
Streitig ist aber, ob und in welchem Umfang diese Daten bei der Berechnung der Abfindung zu berücksichtigen sind.
54Das Bruttomonatseinkommen setzt sich nach Auffassung der Beklagten nur zusammen aus dem Bruttoentgelt und dem anteiligen Incentive. Die individuellen Zuschläge hat sie dem Abfindungsbetrag zugerechnet und damit der Kürzung mit dem Faktor 0,7 unterworfen. Damit verwendet sie folgende Formel:
55(Beschäftigungsjahre x Faktor x (Grundgehalt + Incentive) + Zuschläge) x 0,7
56Aus dieser Formel errechnet sie hier einen Betrag in Höhe von 97.875,80 € (richtigerweise 97.875,86 €) brutto (18 x 0,85 x (7.463,63 € + 1.119,55 €) + 8.500,00 €) x 0,7. Diesen zahlte sie zum Oktober 2012 in Höhe von 95.775,80 € brutto sowie weitere 2.100,00 € brutto am 28.12.2012.
57Der Kläger hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, die Berechnung der Beklagten sei unzutreffend. Die Zuschläge seien nicht mit dem Faktor 0,7 zu multiplizieren. Der Kürzung unterworfen sei ausschließlich der Abfindungsbetrag. Dem seien die Zuschläge nicht hinzuzurechnen. Denn die Zuschläge seien nach dem eindeutigen Wortlaut des Sozialplanes "zusätzlich zu der Abfindung" zu zahlen. Ein etwaiger abweichender Regelungswille der Betriebspartner sei irrelevant, weil dieser keinen Niederschlag im Sozialplan gefunden habe. Zudem habe die Beklagte die Einkommensbestandteile fehlerhaft berechnet. Denn neben dem eigentlichen Gehalt seien sämtliche weiteren Gehaltsbestandteile zu berücksichtigen, soweit sie regelmäßig gezahlt würden. Dies betreffe zunächst die steuerliche PKW-Pauschale. Auch sie sei eine regelmäßige Zahlung. Sie sei in den Gehaltsabrechnungen als Bruttobetrag ständig ausgewiesen. Dabei ergebe sich auch aus der "Benefit Car Policy", dass es sich um einen Gehaltsbestandteil handele. Denn im Falle der Rückgabe erhöhe sich das Gehalt um 750,00 €. Statt der steuerlichen Pauschale des geldwerten Vorteils habe er allerdings Anspruch darauf, dass der Betrag in Höhe von 750,00 € berücksichtigt werde. Der Dienstwagen sei am 28.09.2012 zurückgegeben worden. Nach der Regelung in der "Car Policy" bestünde gerade das Wahlrecht. Insofern sei das Wahlrecht ausgeübt worden, so dass sich das Bruttogehalt um 750,00 € erhöhe. Dieser Betrag sei auch weder Aufwendungsersatz und werde auf Basis der vereinbarten Arbeitszeit gezahlt, da im Falle der Teilzeit eine Kürzungsmöglichkeit bestünde. Nichts anderes gelte für die Kilometerpauschale, die keine Form des Aufwendungsersatzes darstelle. Auch vermögenswirksame Leistungen müssten den Abfindungsanspruch erhöhen. Ebenso seien die Kontoführungsgebühren in die Berechnung einzubeziehen. Der Kläger berechnet seine Abfindung deshalb nach der Formel:
58(Beschäftigungsjahre x Faktor x (Grundgehalt + Incentive + Entgeltbestanteile)) x 0,7 + Zuschläge
59Unter Berücksichtigung aller Einkommensbestandteile ergebe sich ein einzusetzendes Bruttomonatseinkommen in Höhe von 8.214,91 € brutto. Insgesamt errechne sich ein Anspruch in Höhe von 108.458,36 € (18 x 0,85 x (8.214,91 €) x 0,7 + 8.500,00 €). Dabei enthält die Berechnung des Klägers einen geringfügigen Rechenfehler zu seinen Lasten. Tatsächlich sind es 108.472,06 €. Im Hinblick auf die erhaltene Zahlung ergebe sich ein Anspruch auf eine weitere Abfindung in Höhe von 10.582,56 €. Er habe auch Anspruch auf den geltend gemachten Annahmeverzug. Hinsichtlich der Gesamtforderung habe sich die Beklagte vom 01.10. bis zum 31.10.2012 in Verzug befunden. Denn er könne die Abfindung zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Unternehmen der Beklagten beanspruchen. Da er am 30.09.2012 ausgeschieden sei, sei Verzug zum 01.10.2012 eingetreten. Eine Regelung, dass die Abfindung erst mit der Entgeltabrechnung im Monat nach dem Ausscheiden bei der Beklagten gezahlt wird, sei weder dem Sozialplan noch dem dreiseitigen Vertrag zu entnehmen. Hinsichtlich des weiteren Betrages sei ab dem 01.11.2012 Verzug eingetreten, wobei zu berücksichtigen sei, dass die Beklagte zunächst nur 95.775,80 € im Oktober 2012 und im Dezember weitere 2.100,00 € gezahlt habe.
60Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,
61die Beklagte wird verurteilt, an ihn 10.582,56 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 108.458,36 € seit dem 01.10.2012 bis zum 31.10.2012, aus 12.682,56 € seit dem 01.11.2012 - 27.12.2012 und aus 10.582,56 € seit dem 28.12.2012 zu zahlen.
62Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
63die Klage abzuweisen.
64Die Beklagte hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, die Zuschläge unterlägen der Kürzung. Dazu hat sie behauptet, dass dies dem Willen der Betriebsparteien entspräche und zwischen ihnen vereinbart gewesen sei. Dieser Wille habe seinen Niederschlag auch in der Regelung gefunden. Jedenfalls ergäbe sich die Kürzungsmöglichkeit aus Wortlaut, Systematik und dem Gesamtzusammenhang des Sozialplans. Die Zuschläge seien Teil der Abfindung, weil sie unter der Überschrift "Abfindung" in § 7 des Sozialplans und nicht in einem eigenständigen Paragraphen geregelt worden seien. Letztlich wäre die Nichtberücksichtigung der Zuschläge auch systemwidrig. Denn sie erfasse eben sämtliche in den Unterabschnitten des § 7 genannten Positionen. Insoweit sei die "vor die Klammer" gezogene Formel "Abfindung = Abfindungsbetrag x 0,7". eindeutig. Denn dadurch sei der Faktor "vor die Klammer gezogen" worden und erfasse sämtliche in § 7 Abs. 2 geregelten Leistungen. Nichts anderes ergäbe sich auch aus den vorgelegten Präsentationen und könne von dem stellvertretenden Vorsitzenden des Betriebsrates Herrn L. X. sowie dem Personalleiter der Beklagten Herrn U. G. bestätigt werden. Auch das Einkommen habe sie richtig berechnet. Insoweit seien nur das Grundentgelt und der Incentive-Anteil zu berücksichtigen, weil das Bruttomonatseinkommen nach § 7 Abs. 2.1 des Sozialplans an die Basis "vereinbarte Arbeitszeit" anknüpfe. Durch diese Verbindung bei der Definition werde deutlich, dass nicht alle entgeltlichen Leistungen berücksichtigt werden könnten. Ausscheiden müssten die PKW-Pauschale, die Kilometerpauschale sowie die Kontoführungsgebühren. Der Betrag in Höhe von 750,00 € wegen der behaupteten Rückgabe des Firmenwagens müsse in jedem Fall unberücksichtigt bleiben, weil dieser niemals regelmäßig gezahlt worden sei. Auch der Zinsanspruch für den Zeitraum ab dem 01.10.2012 bestünde nicht, weil die Abfindung erst zum 01.11.2012 fällig geworden sei. Dies ergebe wiederum die Auslegung des Sozialplanes.
65Das Arbeitsgericht Düsseldorf hat der Klage in Höhe von 9.947,98 € brutto nebst Zinsen ab dem 29.03.2013 stattgegeben. Die Zuschläge nach den Absätzen 2.2 und 2.4 seien aufgrund des eindeutigen Wortlautes des Sozialplanes nicht mit dem Faktor 0,7 zu kürzen. Denn die Formel zur Berechnung der Abfindung § 7 Abs. 2 erwähne die Zuschläge nicht. Die Formel laute: "Abfindungsbetrag (= Anzahl der Beschäftigungsjahre x Bruttomonatseinkommen x Faktor) x 0,7". Gerade weil die Zuschläge nicht erwähnt würden, bestünde keine Kürzungsmöglichkeit. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Überschrift in § 7 "Abfindung". Zwar gehörten die Zuschläge auch zur Abfindung. Soweit sie der Kürzung unterliegen sollten, hätten sie ausdrücklich als Bestandteil des Abfindungsbetrages aufgeführt werden müssen. Auch der systematische Aufbau rechtfertige keine andere Sichtweise. Die Betriebspartner hätten letztlich zwei Abfindungsansprüche geschaffen, und zwar einen für alle Arbeitnehmer und einen weitergehenden für die als besonders schutzwürdig angesehenen Mitarbeiter. Für diese sollte sich nach dem reinen Wortlaut der Abfindungsanspruch um die jeweiligen Zuschläge (ungekürzt) erhöhen. Der von der Beklagten behauptete tatsächliche Wille der Betriebsparteien sei unerheblich, da er im Sozialplan keinen ausreichenden Niederschlag gefunden habe. Zudem bildete die Vernehmung des Personalleiters und des stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden einen unzulässigen Ausforschungsbeweis. Bei der Berechnung des Bruttomonatseinkommens im Sinne des § 7 Abs. 2.1 seien alle regelmäßig zu zahlenden Entgelte zu berücksichtigen, soweit sie keinen Aufwendungsersatz darstellten. Entscheidend für die Einbeziehung von Einkommensbestandteilen sei die Regelmäßigkeit der Zahlung. Dies gelte zunächst für den steuerlichen Vorteil der Dienstwagennutzung. In Kenntnis der Nutzung durch die Arbeitnehmer hätte diese ausdrücklich ausgenommen werden müssen, wenn sie nicht als Einkommensbestandteil angesehen werden sollte. Die Kilometerpauschale sei ebenfalls zu berücksichtigen. Denn sie werde steuerlich als Einkommen betrachtet und stelle eine entgeltliche Leistung dar. Es handele sich auch nicht um eine Form des Aufwendungsersatzes. Die Kontoführungsgebühren seien hingegen keine "regelmäßigen monatlichen Einkommensbestandteile". Nichts anderes gelte für den vom Kläger geltend gemachten Betrag in Höhe von 750,00 € für die Dienstwagennutzung. Denn diese Zahlung sei jedenfalls nicht regelmäßig gezahlt worden, da der Kläger diesen Betrag nie erhalten habe. Er könne allenfalls für die Zukunft bestehen. Entscheidend sei aber das Gehalt bei Austritt aus der Beklagten. Dem Kläger stünde der geltend gemachte Zinsanspruch ab dem 29.03.2013 aus §§ 288, 286 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB zu. Er habe aber keinen Anspruch auf Zinszahlung für die übrigen Zeiträume. Denn diese seien nicht konkret dargelegt worden.
66Gegen das ihr am 17.01.2014 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem am 23.01.2014 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 17.03.2014 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz begründet. Der Schriftsatz ist dem Kläger am 24.03.2014 zugestellt worden. Der Kläger hat mit einem am 30.04.2014 eingegangenen Schriftsatz Anschlussberufung eingelegt und gleichzeitig begründet.
67Soweit die geltend gemachten Ansprüche durch das Arbeitsgericht abgewiesen worden sind, verteidigt die Beklagte das angefochtene Urteil. Im Übrigen verfolgt sie mit der Berufung ihr ursprüngliches Begehren der vollständigen Klageabweisung weiter und macht unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ergänzend geltend: Aufgrund des Abschlusses des dreiseitigen Vertrages stünde dem Kläger zwar grundsätzlich ein Abfindungsanspruch zu. Diesen habe das Arbeitsgericht aber unzutreffend berechnet. Zunächst habe Arbeitsgericht rechtsfehlerhaft die Zuschläge nicht der Kürzung mit dem Faktor 0,7 unterworfen. Nach dem Inhalt des Sozialplans seien alle Abfindungsbestandteile mit dem Faktor 0,7 zu multiplizieren. Dies ergebe sich aus Wortlaut und Systematik der Regelung im Sozialplan sowie dem zu berücksichtigenden übereinstimmenden Parteiwillen der Betriebsparteien. Zunächst habe es stets dem Regelungswillen der Betriebspartner entsprochen, alle Bestandteile der Abfindung der Kürzung zu unterziehen. Dies sei ausdrücklich im Rahmen der Verhandlungen besprochen worden. Insoweit sei folgende Formel zutreffend:
68Abfindung {(Anzahl der Beschäftigungsjahre x Bruttomonatseinkommen x individueller Faktor) + Zuschläge (Kind, Lebensalter, Alleinerziehende, Schwerbehinderung)} x 0,7
69Der Regelungswille sei auch nach dem Abschluss des Sozialplanes kundgetan worden. Denn sie, die Beklagte, sowie der Betriebsrat hätten den Mitarbeitern am 14.08.2012 unabhängig voneinander in gleicher Weise die Berechnung des Abfindungsanspruchs erläutert. Der gemeinsame Wille sei auch danach durch E-Mails dokumentiert worden, insbesondere durch die E-Mail von Herrn L. X.. Die zugrunde zu legende Formel ergebe sich bereits aus dem Sozialplan selbst. Insoweit habe das Arbeitsgericht sowohl Wortlaut als auch Regelungssystematik des § 7 verkannt. Bereits dessen Überschrift "Abfindung" zeige, dass die Berechnung der Abfindung im Wege einer reinen Multiplikation mehrerer Bestandteile mit dem Faktor 0,7 erfolge. Eine weitere Addition der Zuschläge sei darüber hinaus nicht vorgesehen. Sämtliche Bestandteile der Abfindung seien nach der Überschrift von § 7 Abs. 2 "Abfindung = Abfindungsbetrag x 0,7" mit dem Faktor 0,7 zu multiplizieren. Eine Addition der Zuschläge auf das Endprodukt der Multiplikation hätte in die Berechnungsformel ausdrücklich aufgenommen werden müssen, etwa durch Verwendung der Formel "Abfindung = Abfindungsbetrag x 0,7 + Zuschlag". Dies sei aber gerade nicht erfolgt. Bei dem Verständnis der Regelung auf Grundlage der Rechtsauffassung des Arbeitsgerichtes hätten die Zuschläge nicht unter der Überschrift "Abfindung", sondern in einem gesonderten Paragraphen geregelt werden müssen. Die der Berechnungsformel "Abfindung = Abfindungsbetrag x 0,7" untergeordneten Unterabsätze regelten damit das Gesamtprodukt, also die einzelnen Bestandteile der auszuzahlenden Abfindung. Die Berücksichtigung des Faktors 0,7 sei den weiteren Regelungen vorangestellt, also "vor die Klammer gezogen". Die systematische Stellung der Sozialplanzuschläge als Unterabschnitt der benannten Berechnungsformel zeige nachhaltig, dass eine Multiplikation der Zuschläge mit dem Faktor 0,7 vereinbart worden sei. Denn die Regelungen seien als 2.1 - 2.4 definiert worden. Eine Differenzierung nach 2.1 bzw. 2.2. - 2.4 sei der Regelung nicht immanent. Dies zeigten letztlich auch die in den Absätzen 3 bis 6 des § 7 enthaltenen Regelungen zur Fälligkeit, Vererbbarkeit und Abtretbarkeit des Abfindungsanspruchs sowie der in Abs. 7 geregelte Ausschlussgrund. Die genannten Regelungen seien stets ausdrücklich auf die "Abfindung" bezogen. Damit existiere nur "eine" Abfindung. Würde man zwischen dem Abfindungsanspruch sowie den Zuschlägen als "Leistung sui generis" differenzieren, würde es an entsprechenden Regelungen zur Fälligkeit, Vererbbarkeit und Abtretbarkeit der Zuschlagsansprüche fehlen. Dieses Ergebnis werde sei auch vom Willen der Betriebsparteien gedeckt und sei mehrfach kommuniziert worden. Insbesondere auf den Mitarbeiterveranstaltungen sei die Berechnung erläutert worden, worauf maßgeblich auch das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht München in seinen Entscheidungen vom 14.05.2013 und 10.10.2013 abgestellt hätten. Der Wille der Betriebspartner sei auch zu berücksichtigen, weil er - wie bereits aufgezeigt - seinen Niederschlag in der Regelung gefunden habe.
70Auch bei der Berechnung der Abfindung habe das Arbeitsgericht den Inhalt der Regelung verkannt. Denn es könnten nicht jedwede regelmäßige Zahlungen an den Arbeitnehmer berücksichtigt werden. Entscheidend sei, dass der Sozialplan unter dem Begriff des Bruttomonatseinkommens "feste regelmäßige Einkommensbestandteile" verstehe, die gerade "auf Basis der vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit" gezahlt würden. Ausgenommen seien zudem Aufwandsersatz, Einmalzahlungen sowie Mehrarbeitsvergütung. Vor allem der Bezug auf die "vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit" zeige, dass es sich um Entgeltbestandteile handeln müsse, die an die Arbeitszeit anknüpfen und damit Entgelt im engeren Sinne bildeten. Zutreffend habe das Arbeitsgericht noch erkannt, dass der Betrag in Höhe von 750,00 € für den Dienstwagen nicht berücksichtigt werden könne. Denn die "Company Car Policy" erfasse das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht. Dem stünde schon das "Prefix" der Regelung entgegen, das auf die Suspendierung der "Car Policy" aus dem Jahre 2012 Bezug nehme. Nur Arbeitnehmer, die erstmals im Jahre 2012 berechtigt gewesen seien, einen Dienstwagen zu nutzen, sei die Möglichkeit eingeräumt worden. Insoweit handele es sich gar nicht um eine Rückgabe im Sinne der Regelung. Selbst wenn die "Car Policy" Anwendung fände, könne sie aber die Berechnungsgrundlage für die Abfindung nicht erhöhen. Denn sie wirke nicht rückwirkend, sondern für die Zukunft. Der Dienstwagen sei erst zum 28.09.2012 zurückgegeben worden. Zudem habe die Beklagte keine Aufforderung gegeben, den Wagen zurückzugeben. Auch habe das Arbeitsgericht zutreffend entschieden, dass die Kontoführungsgebühren nicht in die Berechnung einbezogen, weil sie einen reinen Aufwendungsersatz darstellten. Insoweit greife wiederum bereits der eindeutige Wortlaut der Regelung. Denn Zweck der Zahlung sei gerade der Ausgleich der mit dem Vorhalten eines Kontos verbundenen Belastungen. Auf das Merkmal der Freiwilligkeit komme es nicht an. Denn diese bedeute hier willentliche Vermögensopfer. Darauf, dass diese regelmäßig oder unregelmäßig anfallen, komme es nicht an. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichtes könne allerdings die PKW-Wert-Pauschale nicht berücksichtigt werden. Auch diese Leistung sei nicht an die Arbeitszeit geknüpft. Sie sei zwar in der Gehaltsabrechnung aufzuführen, weil sie der Steuer unterworfen sei. Daraus ergebe sich jedoch nichts für die Berücksichtigung als Berechnungsfaktor im Rahmen der Berechnung der Abfindung. Denn das zu berücksichtigen Einkommen sei im Sozialplan eng formuliert worden durch den Hinweis auf das Einkommen "auf Basis der vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit" in § 7 Abs. 2 des Sozialplanes. Die Möglichkeit, das Fahrzeug privat zu nutzen stelle keine Gegenleistung für ein bestimmtes Arbeitszeitvolumen dar. Denn auch bei einer Teilzeit verändere sich der Bestandteil steuerlich nicht. Dies zeige auch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Berücksichtigung dieses Bestandteils bei Betriebsrenten. Auch die Kilometerpauschale könne nicht berücksichtigt werden. Denn diese Zahlung sei nicht an die "vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit" geknüpft. Vielmehr handele es sich um eine Form des Aufwendungsersatzes, der nach der eindeutigen Definition ohnehin ausdrücklich ausgeschlossen sei. Zutreffend habe das Arbeitsgericht entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Zinsen für den Zeitraum vom 01.10.2012 - 31.10.2012 habe. Denn die Abfindung sei insgesamt erst Ende Oktober 2012 fällig gewesen. Der Abfindungsanspruch entstehe nach den Regelungen des Sozialplans frühestens einen Monat nach Ausscheiden des Klägers aus dem Unternehmen. Keinesfalls könne eine Fälligkeit bereits zum Tag des Ausscheidens selbst angenommen werden. Dies ergebe sich bereits aus einer lebensnahen Sachverhaltsbetrachtung. Mache ein Arbeitnehmer Ende September seinen Abfindungsanspruch geltend, sei es bereits aus abrechnungstechnischen Gründen nicht mehr möglich, dies in der Gehaltsabrechnung für September zu berücksichtigen.
71Die Beklagte beantragt,
721.das Urteil des Arbeitsgerichtes Düsseldorf vom 06.12.2014, Az.: 1 Ca 5183/13 abzuändern und die Klage abzuweisen.
732.Die Anschlussberufung des Klägers zurückzuweisen.
74Der Kläger beantragt im Wege der Anschlussberufung,
751.das Urteil des Arbeitsgerichtes Düsseldorf vom 06.12.2014, Az.: 1 Ca 5183/13 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 10.582,56 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 108.458,36 € seit dem 01.10.2012 bis zum 31.10.2012, aus 12.682,56 € seit dem 01.11.2012 - 27.12.2012 und aus 10.582,56 € seit dem 28.12.2012 zu zahlen.
762.Die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
77Soweit das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben hat, verteidigt der Kläger das angefochtene Urteil. Soweit es die Klage abgewiesen hat, verfolgt er es mit der Anschlussberufung in vollem Umfang weiter. Insoweit begehrt der Kläger mit seiner Anschlussberufung die Berücksichtigung des Wertes des PKW mit 750,00 € sowie die Einbeziehung der Kontoführungsgebühr. Darüber hinaus die beantragten Zinsen, insbesondere für den Zeitraum vom 01.10.2012 - 31.10.2012 aus der vollen Sozialplanforderung.
78Zu Recht habe das Arbeitsgericht die Zuschläge keiner Kürzung mit dem Faktor 0,7 unterworfen. Dies ergebe sich bereits aus dem Wortlaut des Sozialplanes. Ziffer 2.2 des § 7 regele, dass der Zuschlag für Kinder "zusätzlich zu der Abfindung" gezahlt werde. Dies gelte auch für die Regelung des Zuschlags für Lebensalter und Schwerbehinderung. Ausdrücklich habe die Regelung damit darauf verzichtet, die Zuschläge dem Abfindungsbetrag zuzurechnen. Ein abweichender Regelungswille der Betriebsparteien sei nicht erkennbar, jedenfalls habe er keinen Niederschlag im Text des Sozialplanes gefunden. Auf Informationen durch die Betriebspartner nach Abschluss des Sozialplans komme es ebenso wenig an wie auf den Willen während der Verhandlungen, solange dieser Wille - wie hier - gerade keinen Niederschlag im Wortlaut gefunden habe. Vorsorglich bestreitet er, der Kläger, mit Nichtwissen, dass ein gemeinsamer Regelungswille dahingehend bestanden habe, auch die Zuschläge mit dem Kürzungsfaktor 0,7 zu versehen. Dagegen spreche auch, dass teilweise Mitglieder des Betriebsrates unter den Klägern seien. Letztlich ergebe sich auch aus den vorgelegten Power-Point-Präsentationen nicht die Berücksichtigung der Zuschläge im Rahmen der Kürzung mit dem Faktor 0,7. Es sei heute zudem nicht mehr nachzuvollziehen, wer wann welche Aussage im Rahmen der Mitarbeiterbesprechungen gemacht habe. Auch aus den vorgelegten E-Mails ergebe sich nichts. Die E-Mail von Herrn X. gebe nur dessen subjektive Auffassung wieder. Die E-Mail sei im Übrigen verspätet in das Verfahren eingeführt worden. Auch eine Beweisaufnahme könne nicht erfolgen, weil diese auf eine unzulässige Ausforschung hinauslaufe. Des Weiteren sei zu beachten, dass es sich bei dem Betriebsrat um ein Kollegialorgan handele, so dass es nicht auf die Willensbildung einzelner Mitglieder ankomme. Der Wille dokumentiere sich zudem ausschließlich durch den Abschluss des Sozialplanes. Eine abweichende Willensbildung habe die Beklagte im Übrigen auch nicht hinreichend substantiiert. Auch aus den Entscheidungen des Arbeitsgerichtes und des Landesarbeitsgerichtes München ergebe sich nichts Gegenteiliges. Denn diese seien fehlerhaft.
79Das Arbeitsgericht habe zwar weitgehend zutreffend die Höhe der Abfindung ermittelt, jedoch rechtsfehlerhaft einige Faktoren bei der Berechnung der Abfindung fälschlicherweise nicht berücksichtigt. Ausgangspunkt sei der weite Entgeltbegriff des Sozialplanes. Denn darin werde nicht etwa vom "Gehalt" gesprochen, sondern vom "Einkommen". Dieser Begriff sei ebenso wie der Begriff des "Verdienstes" nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes weit auszulegen. Der zweite Halbsatz "auf Basis der vereinbarten Arbeitszeit" mache lediglich klar, dass der in Betracht kommende Teil des Einkommens für die Arbeitsleistung gewährt werde. Dies betreffe zunächst den Betrag in Höhe von 750,00 €. Statt des vom Arbeitsgericht berücksichtigten steuerlichen vermögenswerten Vorteils für die Überlassung des Dienstwagens sei der Betrag in Höhe von 750,00 € zugrunde zu legen. Insofern handele es sich auch um einen synallagmatischen Gehaltsbestandteil, der in der "Benefit Car Policy" niedergelegt sei. Hieraus ergebe sich, dass der Dienstwagen als Bestandteil des Gehaltes gewährt werde. Dies zeige schon die Möglichkeit, den Wagen zurückzugeben. In diesem Fall sei es möglich, statt des Dienstwagens ein höheres Gehalt zu erhalten. Denn nach der Regelung könnten die Mitarbeiter, die ihren Dienstwagen im Jahre 2012 zurückgeben, wählen zwischen einer Verlängerung der Leasingperiode und einer Zahlung in Höhe von 750,00 € brutto anstelle des Firmenwagens. Dabei bestünde im Falle der Teilzeit eine Kürzungsmöglichkeit, so dass auch insoweit an die vereinbarte Arbeitszeit angeknüpft werde. Bei der Gewährung des Firmenwagens handele es sich auch nicht um Aufwendungsersatz. Dem könne die Beklagte auch nicht die "bewusst enge" Formulierung des Einkommensbegriffs entgegenhalten. Denn im Gegenteil verwende der Sozialplan einen weiten Einkommensbegriff. Die Gewährung erfolge auch auf Basis der vereinbarten Arbeitszeit, gerade weil für Teilzeitbeschäftigte auch eine Kürzungsmöglichkeit bestünde. Da er nun den Dienstwagen zum 28.09.2012 zurückgegeben habe, sei ab diesem Zeitpunkt der Betrag von 750,00 € zugrunde zu legen. Darüber hinaus müssten die Kontoführungsgebühren in die Berechnung einbezogen werden. Insbesondere handele es sich nicht um Aufwendungen. Denn diese seien freiwillige Vermögensopfer im Interesse eines anderen. Hier fehle es bereits an der Freiwilligkeit. Die Beklagte leiste die Zahlung aufgrund rechtlicher Verpflichtung. Auch erfolge sie nicht im Interesse eines anderen, sondern weil die Arbeitgeberin Schuldnerin der Gehaltszahlung sei. Letztlich würde die Leistung also im Interesse des Arbeitgebers erbracht. Denn die Arbeitgeberin sei frei darin, auf welchem Weg sie die Gehaltszahlungen leiste. Wenn sie den für sie praktischen Weg der Überweisung wähle, trage sie auch die Kosten für die Übermittlung. Sie könne auch nicht davon ausgehen, dass der Arbeitnehmer ein Konto auf eigene Kosten für die Arbeitgeberin unterhalte. Zutreffend habe das Arbeitsgericht demgegenüber die Kilometerpauschale hinzugerechnet. Denn diese Zahlung stelle keinen Aufwendungsersatz dar und werde regelmäßig geleistet. Es komme nicht darauf an, dass die Zahlung an die "vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit" anknüpfe. Entgegen der Rechtsauffassung des Arbeitsgerichtes habe er auch Anspruch auf Zahlung von Zinsen für den Zeitraum vom 01.10.2012 - 31.10.2012. Denn die Beklagte habe die Forderung bei Fälligkeit nicht erfüllt. Die Abfindung könne zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Unternehmen der Beklagten beansprucht werden. Die Forderung sei indes erst zum 31.10.2012 erfüllt worden, so dass für einen Monat Verzug eingetreten sei. Da er am 30.09.2012 aus der O. TG ausgeschieden sei, sei die Abfindung zum 01.10.2012 fällig gewesen. Der dreiseitige Vertrag stelle insbesondere nicht darauf ab, dass die Zahlung mit der Entgeltabrechnung des Monats nach Ausscheiden auszuzahlen sei. Denn der dreiseitige Vertrag kenne nur zwei Ausscheidetermine, also das Ausscheiden aus der O. TG und das Eintreten in die Transfergesellschaft. Dies sei auch in der Mail vom 31.08.2012 bestätigt worden. Insoweit sei er aufgefordert worden, die Zahlung zum zweiten Termin geltend zu machen. Dieser Termin gelte. Da die Beklagte zunächst eine Zahlung in Höhe von 95.775,80 € sowie eine weitere Zahlung in Höhe von 2.100,00 € im Dezember geleistet habe, errechne sich auch die weitere Zinsforderung.
80Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf die in beiden Instanzen zu den Akten gereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen.
81E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
82I.
83Die Berufung der Beklagten ist zulässig (§§ 64 Abs. 1, Abs. 2 b, 66 Abs.1, 64 Abs.6 ArbGG, 519, 520 Abs. 3 ZPO), jedoch nur in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang teilweise begründet. Die Anschlussberufung des Klägers ist hingegen bereits zulässig (§§ 64 Abs. 1, Abs. 2 b, 66 Abs.1, 64 Abs.6 ArbGG, 519, 520 Abs. 3 ZPO). Die relevante Frist ist vom Kläger nicht eingehalten worden. Zutreffend hat das Arbeitsgericht entschieden, dass der Kläger gegen die Beklagte grundsätzlich einen Anspruch auf Zahlung einer weitergehenden Abfindung aus dem Sozialplan hat. Jedoch war der Anspruch in der Höhe auf 6.314,09 € zu reduzieren. Denn bei der Berechnung der Abfindung sind die Sozialzuschläge für Lebensalter, Kinder und Schwerbehinderte nicht der Kürzung mit dem Faktor 0,7 zu unterwerfen, wie das Arbeitsgericht zutreffend entschieden hat. Dem monatlichen Bruttogehalt sind aber, wie das Arbeitsgericht ebenfalls zutreffend entschieden hat, die von der Beklagten gezahlten Incentives sowie der steuerliche geldwerte Vorteil für einen überlassenen Dienstwagen hinzuzurechnen. Keine Berücksichtigung finden demgegenüber die Bestandteile "Kontoführungsgebühr" sowie die "Kilometerpauschale".
84Im Einzelnen:
85A)Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 6.314,09 € aus § 7 Ziffer Sozialplanes vom 13.08.2012 i.V.m. § 77 Abs. 4 Satz 1, § 112 Abs. 1 Satz 3 BetrVG.
861.Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten sind bei der Berechnung der Abfindung die Sozialzuschläge für Lebensalter, Kinder und Schwerbehinderte nicht der Kürzung mit dem Faktor 0,7 zu unterwerfen.
87Dies betrifft den Anspruch des Klägers hinsichtlich der insoweit unstreitigen Ansprüche auf den Kinderzuschlag in Höhe von 2.500,00 € und den Alterszuschlag in Höhe von 6.000,00 €.
88a)Nach § 7 Abs. 1 des Sozialplanes erhalten die erfassten Beschäftigten einen Anspruch auf eine aus dem individuellen Bruttomonatsgehalt errechnete Abfindung. Diese setzt sich aus mehreren Bestandteilen zusammen, wobei § 7 Abs. 2 die Berechnung regelt. Aus dieser Regelunge ergibt sich nach Auffassung der Kammer eindeutig, dass die Zuschläge nicht der Kürzung mit dem Faktor 0,7 zu unterwerfen sind. Auch wenn im Rahmen der Berechnungsgrundlage in § 7 Abs. 2 die Abfindung als "Abfindung = Abfindungsbetrag x 0,7 definiert ist, heißt es im Rahmen des Zuschlags unter Ziffer 2.2, dass die Mitarbeiter mit unterhaltsberechtigten Kindern "zusätzlich zu der Abfindung" einen weiteren Betrag erhalten. Diese Regelung ist eindeutig. Denn es heißt dort insbesondere nicht, dass die Mitarbeiter den Zuschlag zusätzlich zum Abfindungsbetrag erhalten.
89Im Einzelnen:
90b)Der Inhalt eines Sozialplanes ist durch Auslegung zu ermitteln.
91Sozialpläne werden wie andere normative Regelungen ausgelegt. Zwar hat das BetrVG die Rechtsnatur eines Sozialplanes nicht ausdrücklich festgelegt. Er hat nach § 112 Abs. 2 Satz 3 BetrVG aber die "Wirkung einer Betriebsvereinbarung". Zutreffend bezeichnet das BAG deshalb den Sozialplan als Betriebsvereinbarung besonderer Art (BAG v. 26.05.2009 - 1 AZR 198/08, NZA 2009, 849; BAG v. 25.03.2003 - 1 AZR 335/02, NZA 2004, 64). Daher ist der Sozialplan in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des BAG als Betriebsvereinbarung zu behandeln (vgl. nur BAG v. 25.03.2003, EzA § 112 BetrVG 2001 Nr. 5; Fitting § 112, 112a Rdnr.174). Dieser Rechtscharakter ist maßgeblich für die Auslegung. Sozialpläne sind wegen ihres normativen Charakters deshalb wie Gesetze auszulegen (BAG v. 30.03.2008 - 8 AZR 1022/06, NZA 2008, 1297).
92Auszugehen ist zunächst vom Wortlaut und dem dadurch vermittelten Wortsinn. Über den reinen Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Betriebsparteien zu berücksichtigen, soweit er in den Vorschriften seinen Niederschlag gefunden hat. Dabei sind insbesondere der Gesamtzusammenhang sowie der Sinn und Zweck der Regelung zu beachten. Bleiben hiernach noch Zweifel, so können ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte oder auch eine tatsächliche Übung herangezogen werden. Im Zweifel gebührt der Auslegung der Vorzug, die zu einer gesetzeskonformen, sachgerechten und praktisch handhabbaren Regelung führt (vgl. BAG v. 24.04.2013 - 7 AZR 523/11, DB 2013, 2094; BAG v. 14.03.2012 - 7 AZR 147/11, NZA 2012, 1138; BAG v. 19.02.2008 - 1 AZR 114/07, NZA 2008, 1313; BAG v. 30.03.2008 - 8 AZR 1022/06 - NZA 2008, 1297; BAG v. 29.09.2004 -1 AZR 634/03, EzA § 42d EStG Nr. 2; BAG v. 21.01.2003 - 1 ABR 5/02 - AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 117; BAG v. 22.07.2003 - 1 AZR 496/02 -, zu II 1 der Gründe: Fitting, § 122a Rz.175; Richardi, § 112 Rz.139; Däubler, § 112 a Rz.25). Raum für die Feststellung eines vom Wortlaut abweichenden Parteiwillens besteht daneben nach der ständigen Rechtsprechung des BAG nicht. Zwar darf nicht an dem buchstäblichen Sinne des Wortlauts gehaftet werden, sondern es ist der wirkliche Wille zu erforschen (so schon BAG v. 19.06.1963 - 4 AZR 125/62, AP Nr. 116 zu § 1 TVG Auslegung; BAG v. 23.05.1984 - 5 AZR 459/82, juris). Daneben ist der von den Betriebsparteien verfolgte Zweck in erster Linie zu berücksichtigen. Der wirkliche Wille und verfolgte Zweck müssen aber im Wortlaut oder sonst irgendwie in der Betriebsvereinbarung zumindest andeutungsweise ihren Niederschlag gefunden haben (BAG v. 22.01.1960 - 1 AZR 449/57 - AP Nr. 96 zu § 1 TVG Auslegung; BAG v. 23.05.1984 - 5 AZR 459/82, juris). Selbst wenn die Parteien eine falsche Bezeichnung (falsa demonstratio) wählen, sie aber übereinstimmend etwas anderes meinen, gilt nicht entsprechend den Grundsätzen bei der Vertragsauslegung das gemeinsam Gewollte (BAG v. 23.05.1984 - 5 AZR 459/82, juris).
93c)Unter Zugrundelegung dieser Auslegungsgrundsätze ergibt sich aus Sicht der Kammer, dass auch die Zuschläge mit dem Faktor 0,7 zu kürzen sind.
94(1)Insofern hat bereits die 7. Kammer des LAG Düsseldorf am 13.11.2013 im Verfahren 7 Sa 758/13 folgendes entschieden:
95"Ausgehend vom Wortlaut des § 7 ist zunächst festzustellen, dass dieser die Überschrift "Abfindung" trägt. Danach ist davon auszugehen, dass alle in diesem Paragraphen geregelten Leistungen zur Abfindung gehören, soweit sich aus den sodann folgenden Einzelregelungen keine Abweichungen ergeben. In Absatz 1 ist zunächst geregelt, dass alle vom Geltungsbereich dieses Sozialplans erfassten Beschäftigten mit Unterzeichnung des dreiseitigen Vertrages "einen Anspruch auf eine aus dem individuellen Bruttomonatsentgelt errechnete Abfindung" haben. Damit wird den anspruchsberechtigten Arbeitnehmern mitgeteilt, dass die Abfindung "errechnet" wird und Berechnungsgrundlage für die "Abfindung" das jeweilige persönliche Bruttomonatsentgelt ist. Abs. 2 - ohne Unterabsatz - ist sodann überschrieben mit "Abfindung = Abfindungsbetrag X 0,7". Ergänzend wird den Arbeitnehmern mitgeteilt, dass der "errechnete Abfindungsbetrag" mit dem Faktor 0,7 multipliziert wird. Sodann folgt die Definition des Begriffes "Abfindungsbetrag" - der nach S. 1 des Absatzes 2 "errechnet" werden muss - wie folgt: "Abfindungsbetrag = Anzahl der Beschäftigungsjahre (Dienstjahre) x Bruttomonatseinkommen x Faktor". In Abs. 2.1 werden sodann der sich aus Lebensalter und Dienstalter ergebende individuelle "Faktor" sowie das der Berechnung zugrunde zu legende "Bruttomonatseinkommen" definiert. Nach dem Wortlaut des Absatzes 2 sind danach für "einen Anspruch auf eine aus dem individuellen Bruttomonatsentgelt errechnete Abfindung" nach Absatz 1 des § 7 zunächst die Anzahl der Beschäftigungsjahre, das Bruttomonatseinkommen sowie der persönliche Faktor zu ermitteln. Dieser so "errechnete Abfindungsbetrag" ist sodann mit dem Faktor 0,7 zu multiplizieren. Nach der von den Betriebsparteien selbst gewählten Definition des Begriffes "Abfindungsbetrag" sind weitere Faktoren oder Beträge zur Errechnung der "Abfindung" nicht in die Berechnung einzubeziehen. Allein der ausdrücklich definierte Begriff des Abfindungsbetrages wird dem Faktor 0,7 unterworfen. Dass diese Formel auch für die nachfolgend geregelten Zuschläge gelten soll, ergibt sich aus dem Wortlaut nicht. Aus dem Wortlaut der sodann folgenden Absätze 2.2 bis 2.4 ergibt sich ebenfalls nicht, dass die dort geregelten Zuschläge - vor Kürzung mit dem Faktor 0,7 - in den nach Absatz 2. Satz 1 "errechneten Abfindungsbetrag" einzubeziehen sind. Vielmehr steht der Wortlaut der nachfolgenden Absätze einer derartigen Auslegung entgegen. Abs. 2.2 beginnt mit "Zuschlag pro Kind". Sodann wird ausgeführt, dass Mitarbeiter mit unterhaltsberechtigten Kindern "zusätzlich zu der Abfindung" für jedes unterhaltsberechtigte Kind einen Betrag von 2.500,00 € brutto erhalten. Absatz 2.3 beginnt mit "Zuschlag für Schwerbehinderte". Absatz 2.4 regelt, dass Mitarbeiter in Abhängigkeit vom Lebensalter "zusätzlich einen Zuschlag" bzw. "einen Zuschlag" erhalten. Im allgemeinen Sprachgebrauch ist unter dem Begriff "Zuschlag" eine Erhöhung zu verstehen. Unter Berücksichtigung des vorstehend dargelegten Auslegungsergebnisses, wonach der gemäß den Berechnungsvorgaben nach Absatz 2 i.V.m. Absatz 2.1 "errechnete Abfindungsbetrag" mit dem Faktor 0,7 zu multiplizieren ist, können die in den Absätzen 2.2 bis 2.4 getroffenen Regelungen nach dem Wortlaut nur dahingehend verstanden werden, dass die Zuschläge zu dem nach Absatz 2.1 "errechneten Abfindungsbetrag" zu addieren sind, und zwar ungekürzt, da sich aus dem Wortlaut der Regelungen - insbesondere unter Berücksichtigung der im Sozialplan enthaltenen Definition des Abfindungsbetrages - keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass auch die Zuschläge zu kürzen sind.
96Danach sind die Zuschläge nicht mit dem Faktor 0,7 zu kürzen.
97Die Einwände der Beklagten gegen dieses Auslegungsergebnis greifen nach Auffassung der Berufungskammer nicht durch, denn ein etwaiger anderer Wille der Betriebsparteien hat im Sozialplan keinen Niederschlag gefunden mit der Folge, dass ein solcher selbst dann unbeachtlich wäre, wenn der wirkliche Wille der Betriebsparteien vom Wortlaut des Sozialplans abweichen sollte.
98Aus Sinn und Zweck des § 7 ergeben sich keine Anhaltspunkte für die Auslegung des § 7 dahingehend, dass auch die Sozialzuschläge mit dem Faktor 0,7 multipliziert werden sollten. Ersichtlich sollen nach den Absätzen 2.2 bis 2.4 unterhaltspflichtige, ältere und schwerbehinderte, also sozial besonders schutzbedürftige Arbeitnehmer eine besondere Unterstützung erhalten. Dieser Zweck wird sowohl bei gekürzter als auch bei ungekürzter Auszahlung erfüllt. Allerdings spricht der Umstand, dass die Betriebsparteien die Sozialzuschläge nicht bereits in den individuellen Faktor hineingerechnet haben, der dem Kürzungsfaktor 0,7 unterliegt, eher dafür, dass die Zuschläge ungekürzt den sozial schutzbedürftigeren Arbeitnehmern zukommen sollten.
99Der Einwand der Beklagten, es sei praxisfern, anzunehmen, die Betriebsparteien hätten über zwei Faktoren verhandelt, ohne dass sich hieraus ein Mehrwert für die Berechnung der Sozialplanforderung ergebe, greift nicht durch. Dies ergibt sich schon daraus, dass beide Faktoren - der individuelle und der weitere Kürzungsfaktor in Höhe von 0,7 - bei der Berechnung der Abfindung für alle Mitarbeiter, unabhängig davon, ob ihnen auch Sozialzuschläge zustehen, berücksichtigt wird. Darin liegt bereits der von der Beklagten benannte "Mehrwert". Die Anwendung von zwei Faktoren macht danach auch - oder vielmehr gerade - dann Sinn, wenn die Sozialzuschläge von der Kürzung ausgenommen werden. Ganz offensichtlich war es der Wille der Betriebsparteien, sozial besonders schutzwürdigen Arbeitnehmern eine höhere Abfindung zukommen zu lassen. Die Betriebsparteien haben für jeden Zuschlag konkrete Beträge ausgewiesen. Wenn dieser konkret ausgewiesene Betrag dem anspruchsberechtigten schutzbedürftigen Arbeitnehmer nicht in ungekürzter Höhe hätte zukommen sollen, hätte es nahe gelegen, die sozialen Komponenten bereits in den der Kürzung unterworfenen individuellen Faktor aufzunehmen. Gerade dies haben die Betriebsparteien nicht getan.
100Der Auffassung der Beklagten, eine von der Kürzung mit dem Faktor 0,7 ausgenommene Handhabung der Zuschläge hätte im Wortlaut der Abfindungsformel Ausdruck finden müssen ("Abfindung = Abfindungsbetrag x 0,7 + Zuschläge"), folgt die Berufungskammer nicht. Aus Sicht der Berufungskammer wäre vielmehr das Gegenteil erforderlich gewesen, wenn die Betriebsparteien auch die Zuschläge dem Kürzungsfaktor hätten unterwerfen wollen. In diesem Fall hätte die Abfindungsformel lauten müssen: Abfindung = Abfindungsbetrag (berechnet nach Absatz 2.1) + Zuschläge (nach Absätze 2.2 bis 2.4) x 0,7. Für einen derartigen Willen der Betriebsparteien ergibt sich aber - wie bereits dargelegt - weder aus der Formel noch aus den nachfolgenden Absätzen ein Anhaltspunkt.
101Dem von der Berufungskammer dargelegtem Auslegungsergebnis stehen auch keine systematischen Überlegungen entgegen. In Absatz 1 des § 7 ist der Anspruch der Arbeitnehmer auf eine "errechnete Abfindung" enthalten. In Absatz 2 ohne Unterziffer ist der - ausweislich der Berechnungsformel ohne Zuschläge - mit dem Faktor 0,7 zu multiplizierende Abfindungsbetrag definiert. In Unterabsatz 2.1 sind die Faktoren enthalten, mit denen der mit 0,7 zu multiplizierende, von den Betriebsparteien definierte "Abfindungsbetrag" zu errechnen ist. Er enthält die für jeden Mitarbeiter geltende Berechnungsweise für den "Abfindungsbetrag". In den Unterabsätzen 2.2 bis 2.4 wird der nach Ziffer 2.1 "errechneten Abfindungsbetrag" sodann um die Zuschläge für besonders schutzwürdige Mitarbeiter ergänzt. Der aus Absatz 2.1 ermittelte gekürzte Abfindungsbetrag zuzüglich etwaiger Zuschläge ist mithin die in Absatz 1 ausgewiesene "errechnete Abfindung". In den folgenden Absätzen ist sodann geregelt, wie der Anspruch auf die "errechnete Abfindung" nach Absatz 1 i.V.m den Absätzen 2.1 bis 2.4 hinsichtlich Fälligkeit, Zeitpunkt der Auszahlung usw. gehandhabt wird. Dass die in den Absätzen 2.2 bis 2.4 geregelten Zuschläge zur "Abfindung" gehören, ergibt sich - wie bereits ausgeführt - schon daraus, dass § 7 die Überschrift "Abfindung" trägt. Ausgehend von vorstehenden Ausführungen fehlen - entgegen der Auffassung der Beklagten - die Zuschläge betreffend auch keine Regelungen hinsichtlich Fälligkeit usw. Die Zuschläge sind Teil der "errechneten Abfindung" nach § 7 Abs. 1, allerdings ungekürzt.
102Eine Vernehmung der von der Beklagten benannten Zeugen war nicht durchzuführen. In das Wissen dieser Zeugen, die an dem Zustandekommen des Sozialplans mitgewirkt haben, hat die Beklagte gestellt, dass es der übereinstimmende Wille der Betriebsparteien gewesen sei, auch die Zuschläge um den Kürzungsfaktor 0,7 zu verringern. Ist - wie vorstehend dargelegt - die Regelung in § 7 des Sozialplans dem Wortlaut nach eindeutig, so ist es unzulässig, auf hiervon abweichende Vorstellungen dieser oder jener Vertragsseite - oder auch beider - einzugehen (vgl. BAG, Urteil vom 11.06.1975, 5 AZR 217/74, zitiert nach juris). Insoweit ist auch unerheblich, ob und wie die Betriebsparteien den Arbeitnehmern den Inhalt des § 7 auf den jeweils von ihnen verwandten Folien präsentiert haben, weil nach Abschluss des Sozialplans der wirkliche Wille der Betriebsparteien unerheblich ist, wenn er im Sozialplan - wie vorliegend - keinen Niederschlag gefunden hat. Grundlage der Auslegung und maßgeblich für die Rechtsanwendung ist der von den Betriebsparteien unterzeichnete Text des Sozialplans. Dies folgt aus § 112 Abs. 1 S. 3 BetrVG i.V.m. § 77 Abs. 2 BetrVG. (Spätere) Rechtsansichten der Betriebsparteien sind kein Auslegungsmaßstab. Diese können einer Regelung durch eine spätere "Klarstellung” nicht nachträglich einen anderen Erklärungsgehalt beimessen (vgl. BAG, Urteil vom 22.11.2005, 1 AZR 458/04, zitiert nach juris). Gleiches gilt für die von der Beklagten vorgelegten E-Mail des stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden."
103(2)Dieser Auslegung und Würdigung schließt sich die erkennende 9. Kammer vollumfänglich an. Ausgangspunkt ist der Wortlaut der Regelung. Aus Sicht der Kammer ist neben den Argumenten der 7. Kammer des Landesarbeitsgerichtes Düsseldorf und vor dem Hintergrund der Berufungsbegründung der Beklagten und der Berufungserwiderung des Klägers ganz entscheidend, dass die Abfindung ausdrücklich als "Abfindung = Abfindungsbetrag x 0,7 definiert worden ist. Denn nur der Abfindungsbetrag wird der Kürzung mit dem Faktor 0,7 unterworfen. Der Abfindungsbetrag selbst wiederum ist definiert als "Anzahl der Beschäftigungsjahre (Dienstjahre) x Bruttomonatseinkommen x Faktor". Auch hier findet sich keinerlei Bezug zu den Zuschlägen. Im weiteren Verlauf werden dann der Faktor und das Bruttomonatseinkommen definiert. Abweichend heißt es dann unter Ziffer 2.2, dass der Zuschlag pro Kind "zusätzlich zu der Abfindung" gezahlt wird. Damit nimmt der Wortlaut ausdrücklich Bezug auf die in diesem Abschnitt geregelte "Abfindung", nicht auf den "Abfindungsbetrag". Denn ausdrücklich soll "die" Abfindung durch den Zuschlag "zusätzlich" erhöht werden.
104Diese Auslegung nach dem Wortlaut deckt sich auch mit der Systematik des Sozialplanes. Denn der Sozialplan kennt eben unterschiedliche Begrifflichkeiten. Er differenziert gerade zwischen der "Abfindung" und dem "Abfindungsbetrag". Diese Systematik greift die Regelung in Ziffer 2.2 auf und regelt sie für den Kinderzuschlag. Dass im Rahmen der Zuschläge für "Alter" und "Schwerbehinderung" nur noch formuliert ist "erhalten zusätzlich einen Zuschlag", ist irrelevant, weil damit zwar die Anbindung an die "Abfindung" fehlt, aber eben auch nicht an den "Abfindungsbetrag" angeknüpft wird. Im Gegenteil ergibt sich auch insoweit zwingend die Anbindung an die Abfindung, weil diese für den Kinderzuschlag eindeutig geregelt ist und systematisch keine Abweichung innerhalb der Zuschläge ersichtlich ist.
105Auch dem Sinn und Zweck des Sozialplanes entspricht die hier vertreten Auslegung. Denn auch von der Zielsetzung des Sozialplanes her ist es möglich, den betroffenen Mitarbeitern einen weiteren - ungekürzten - Ausgleich zukommen zu lassen. Ziel ist es, besonders belasteten Mitarbeitergruppen in den Genuss einer höheren Abfindung kommen zu lassen. Dies betrifft Eltern mit unterhaltspflichtigen Kindern, Schwerbehinderte und ältere Mitarbeiter. Der Ausgleich der von den Betriebspartnern als besonders belastet angesehenen Personengruppen ist nicht zu beanstanden. Nach § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG dient der Sozialplan dem Ausgleich oder der Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen. Diesem Zweck dient nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch eine im Sozialplan vorgesehene Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes. Sie stellt kein zusätzliches Entgelt für die in der Vergangenheit geleisteten Dienste dar, sondern soll künftige wirtschaftliche Nachteile ausgleichen oder doch mildern. Insofern kommt dem Sozialplan eine Ausgleichs- und Überbrückungsfunktion zu (BAG v. 26.05.2009 - 1 AZR 198/08, NZA 2009, 849; BAG v. 11.11.2008 - 1 AZR 475/07, NZA 2009, 210; BAG v. 30.09.2008 - 1 AZR 684/07, NZA 2009, 386; BAG v. 13.03.2007 - 1 AZR 262/06, AP Nr. 183 zu § 112 BetrVG). Da sich die wirtschaftlichen Nachteile nur schwer prognostizieren lassen, besteht ein sehr weitreichender Beurteilungsspielraum. Dieser gestattet Pauschalierungen und Typisierungen (so ausdrücklich BAG v. 11.11.2008 - 1 AZR 475/07, NZA 2009, 210). Mit dieser Ausgleichsfunktion geht eine Einschätzungsprärogative der Betriebspartner einher. Sie ermöglicht ihnen einerseits Beurteilungs- andererseits auch Gestaltungsspielräume. Der Beurteilungsspielraum betrifft die Frage, welche Nachteile den Arbeitnehmern infolge der Betriebsänderung entstehen werden, der Gestaltungsspielraum betrifft die Frage, inwieweit die Betriebspartner die erkannten Nachteile abmildern möchten. Ob und in welchem Umfang der Ausgleich vorgesehen wird ist also im Wesentlichen Sache der Betriebspartner. Jedenfalls liegt es in ihrem Ermessen, ob sie die Zuschläge ebenfalls der Kürzung unterwerfen wollen, oder nicht. Deshalb ist es auch nicht zu beanstanden, sie - wie hier - ungekürzt zu vereinbaren.
106(3)Unabhängig von den bereits von der 7. Kammer des Landesarbeitsgerichtes abgearbeiteten Argumente kann sich die Beklagte insbesondere nicht auf den behaupteten entgegenstehenden Willen der Betriebspartner berufen. Wie gesehen kann dieser nur dann berücksichtigt werden, wenn dieser Wille seinen Niederschlag im Wortlaut gefunden hat. Daran fehlt es hier, weil der Faktor gerade nicht ausdrücklich in die Berechnungsmatrix einbezogen worden ist. Die Auslegung ist auch nicht unklar, was wiederum die Berücksichtigung des Willens ermöglichen würde, sondern im Gegenteil eindeutig hinsichtlich der Nichtberücksichtigung der Zuschläge bei der Kürzung. Die Einwendungen der Beklagten, es habe stets dem Regelungswillen der Betriebspartner während der Verhandlungen entsprochen, alle Bestandteile der Kürzung zu unterziehen, muss deshalb unberücksichtigt bleiben. Nichts anderes gilt für die nachträglichen Berechnungen der Betriebspartner bei der Vorstellung der Regelwerke. Die Beklagte verkennt auch die Systematik ihres eigenen Sozialplanes, wenn sie vorrangig auf die Überschrift "Abfindung" rekurriert. Ihr ist zuzugeben, dass die Überschrift mit "Abfindung" versehen ist. Daraus lässt sich aber kein Rückschluss auf die Behandlung der Zuschläge ziehen. Auch dass die Abfindung als "Abfindungsbetrag x 0,7" definiert ist, bedeutet nicht, dass alle Bestandteile zwingend der Kürzung unterworfen wären. Entscheidend ist eben die konkrete Regelung. Denn durch die Verwendung der unterschiedlichen Begriffe "Abfindung" und "Abfindungsbetrag" ergibt sich aus dem Kinderzuschlag zwingend die Erhöhung der Abfindung. Er wird - wie bereits ausführlich dargelegt - zusätzlich zu der Abfindung gezahlt. Er erhöht die Abfindung, nicht den Abfindungsbetrag, was sich eben systematisch besonders gut durch die von der Beklagten herangezogene Überschrift ausdrückt. Die Beklagte verkennt, dass damit keine neue Überschrift erforderlich wäre. Denn es bleibt ja eine Abfindung, eben nur mit einem zusätzlichen Bestandteil ohne Kürzungsbefugnis. Soweit die Beklagte meint, die Kürzung sei "vor die Klammer" gezogen, ist richtig, dass Abs. 2 die Überschrift "Abfindung = Abfindungsbetrag x 0,7" trägt. Die Beklagte übersieht bei dieser Argumentation aber, dass es der "Abfindungsbetrag" ist, der der Kürzung unterworfen ist. Der Abfindungsbetrag aber ist das Produkt einer ganz konkreten Summe mit dem Faktor 0,7. Im Rahmen der Summe ist der Zuschlag gerade nicht aufgeführt. Wenn man den Gliederungspunkten 2.1 und 2.2 überhaupt eine Bedeutung beimessen kann, dann nur die, dass sich Ziffer 2.1 mit der Berechnung des Abfindungsbetrages befasst und die weiteren Ziffern mit Zuschlägen, was wiederum zum Ausdruck bringt, dass die Zuschläge separat betrachtet werden müssen. Auch diese Gliederung zeigt letztlich, dass die Gleichung "Abfindung = Abfindungsbetrag x 0,7" zwei Seiten hat. Den Abfindungsbetrag und die Abfindung. Dies drückt dann die Gliederung aus, weil sich die Ziffern 2.2 - 2.4 eben mit der linken Seite der Gleichung befassen und - mathematisch richtig - unter Ziffer 2.2 definiert, dass der Zuschlag zusätzlich zu der Abfindung gezahlt wird. Da es sich um Abfindung handelt, weil der Abfindungsbetrag erhöht wird, gelten die übrigen Fälligkeitsvoraussetzungen, so dass die Einwendungen der Beklagten auch insoweit in die Leere gehen.
1072.Die Abfindungshöhe beträgt 6.314,09 €. Denn bei der Berechnung der Abfindung sind neben dem monatlichen Bruttogehalt die von der Beklagten gezahlten Zuschläge bzw. Incentives sowie der steuerliche geldwerte Vorteil für einen überlassenen Dienstwagen zu berücksichtigen. Keine Berücksichtigung finden demgegenüber die Bestandteile "Kontoführungsgebühr" und die "Kilometerpauschale". Ebenso wenig kann der Betrag in Höhe von 750,00 € hinzugerechnet werden, den der Kläger anlässlich der Rückgabe des Dienstwagens geltend macht.
108a)Auch dies ergibt die Auslegung des Sozialplanes.
109aa)Die Grundsätze für die Auslegung eines Sozialplanes sind bereits unter 1) dargelegt worden.
110Welche Bestandteile das "Bruttomonatseinkommen" im Sinne des Sozialplans beinhaltet, ist in § 7 des Sozialplans nicht in allen Einzelheiten positiv geregelt worden. Es ist lediglich eine Begriffsdefinition erfolgt. Danach sollen unter Bruttomonatseinkommen "feste regelmäßige Einkommensbestandteile auf Basis der vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit" zu verstehen sein. Ausgenommen sind Teile, die Aufwandersatz darstellen, Einmalzahlungen sowie Mehrarbeitsvergütung. Ergänzend haben die Betriebspartner bestimmt, dass Mitarbeiter, die einen Anspruch auf Incentive haben, dieser das Bruttomonatsverdienst mit dem Faktor 1/12 erhöht.
111Bei dieser Definition fällt auf, dass sie schon sprachlich inkonsistent ist, weil einmal von Bruttomonatseinkommen, zum anderen von Bruttomonatsverdienst gesprochen wird. In der Regelung der Berechnung findet sich allerdings zweimal der Begriff des "Bruttomonatseinkommens". Dabei wird einerseits definiert, was darunter zu fassen sein soll, andererseits eine negative Abgrenzung vorgenommen. Zudem darf nicht übersehen werden, dass die globale Definition aus zwei Komponenten besteht. Denn es geht einerseits um "feste regelmäßige Einkommensbestandteile", andererseits um die "vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit".
112Geht man zunächst einmal vom bloßen Verständnis des Begriffs "Bruttomonatseinkommen" aus, hat die 7. Kammer des Landesarbeitsgerichtes Düsseldorf in der Entscheidung vom 13.11.2013 - 7 Sa 758/13 die Ausgangspunkte für die Auslegung bereits herausgearbeitet. Dort finden sich folgende Hinweise:
113"Dieser Begriff hat keine allgemein anerkannte, fest umrissene Bedeutung. Das Einkommensteuergesetz bezeichnet als "Einkommen" den Gesamtbetrag der Einkünfte, vermindert um die Sonderausgaben und die außergewöhnlichen Belastungen. Im Arbeitsleben werden "Verdienst" und "Einkommen" regelmäßig synonym verwendet, was semantisch ungenau ist, da unter "Einkommen" die Gesamtheit der Einnahmen innerhalb eines bestimmten Zeitraumes zu verstehen ist und nicht nur die aus Arbeit resultierenden Einkünfte (vgl. BAG, Urteil vom 21.08.2001, 3 AZR 746/00, zitiert nach juris). Aus diesen Begriffsbestimmungen lassen sich vorliegend keine Rückschlüsse darauf ziehen, welche Leistungen nach dem Willen der Betriebsparteien in die Berechnung einzubeziehen sein sollen.
114Auch aus dem Wortbestandteil "Brutto-" ergibt sich nicht zwangsläufig, dass alle zu versteuernden Einnahmen aus dem Arbeitsverhältnis unter § 7 des Sozialplans fallen sollen. Der Ausdruck "Brutto-" sagt nichts darüber aus, welche Arbeitgeberleistungen der Berechnung zugrunde zu legen sind (vgl. dazu BAG, Urteil vom 14.08.1990, 3 AZR 321/89, zitiert nach juris). "Bruttoverdienst" ist lediglich - im Gegensatz zum "Nettoverdienst" - der aus dem Arbeitsverhältnis zu beanspruchende Verdienst ohne Abzüge der Steuern und Abgaben (vgl. BAG, Urteil vom 21.08.2001, 3 AZR 746/00, zitiert nach juris).
115Mangels eindeutiger allgemeiner Definition des Begriffs "Bruttomonatseinkommen" ist dieser im Rahmen der Auslegung von anderen Begrifflichkeiten abzugrenzen.
116Wird der Begriff des "Bruttogehalts" verwendet, spricht dies nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eher für einen engen Vergütungsbegriff. Der Begriff "Gehalt" umfasst nach allgemeinem Sprachgebrauch z.B. nicht die Überlassung eines Kraftfahrzeugs zur privaten Nutzung (vgl. BAG, Urteil vom 14.08.1990, 3 AZR 321/89, zitiert nach juris). Unter dem Begriff "Gehalt" oder "Monatsgehalt" zählen nach allgemeinem Sprachgebrauch nur Geldleistungen, nicht aber geldwerte Vorteile oder Sachleistungen (vgl. LAG Düsseldorf, Urteil vom 08.04.2011, 10 Sa 930/10 m.w.N., zitiert nach juris). Wird als Berechnungsgrundlage hingegen auf den zuletzt bezogenen "Bruttoverdienst" oder das zuletzt bezogene "Bruttoeinkommen" Bezug genommen, spricht vieles dafür, dass etwa der geldwerte Vorteil durch die Zurverfügungstellung eines Dienstwagens bei der Berechnung des Abfindungsbetrages einzubeziehen ist, sofern dieser Vergütungsbestandteil nicht ausdrücklich in dem Sozialplan ausgenommen worden ist. Insofern ist davon auszugehen, dass ein "weiter Einkommensbegriff" zugrunde gelegt worden ist (vgl. BAG, Urteil vom 21.08.2011, 3 AZR 746/00, zitiert nach juris)."
117Unter Zugrundelegung dieser Auslegungsansätze haben die Parteien mit dem Begriff des "Bruttomonatseinkommens" durchaus einen weiten Einkommensbegriff verwendet. Es darf aber nicht übersehen werden, dass unabhängig vom weiten Einkommensbegriff eine nähere Eingrenzung sowohl positiv als auch negativ erfolgte. Positiv einbezogen werden sollen "feste regelmäßige Einkommensbestandteile" die zudem "auf Basis der vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit" geleistet werden und gleichzeitig negativ nicht "Aufwandersatz, Einmalzahlungen sowie Mehrarbeitsvergütung" darstellen, wobei als Rückausnahme "Incentives" zu 1/12 gleichwohl einbezogen werden sollen.
118Als "feste regelmäßige" Einkommensbestandteile lassen sich deshalb grundsätzlich Kontoführungsgebühren, vermögenswirksame Leistungen, versteuerter Vorteil für die Privatnutzung des Firmenwagens und Kilometergeld ansehen.
119Aus dieser Definition heraus fällt aber in jedem Fall bereits aus diesem Gesichtspunkt der pauschale Wert von 750,00 €, den der Kläger im Hinblick auf die von ihm behauptete Rückgabe des Firmenwagens ansetzt.
120Darauf kommt es hier wegen der unzulässigen Anschlusssberufung ohnehin nicht an, vgl. unten C).
121Es sei materiell gleichwohl Folgendes angemerkt: Dem Kläger ist durchaus zuzugeben, dass er nach der Regelung in der Car Policy, soweit sie denn die Rechtsbeziehungen der Parteien erfassen sollte, grundsätzlich wählen konnte, ob er einen Dienstwagen nutzt oder nicht. Für den Fall der Nichtinanspruchnahme des Dienstwagens ist auch eine pauschale Erhöhung des Einkommens um 750,00 € vorgesehen. Gleichwohl fällt dieser Teil offensichtlich nicht in den Bereich der "regelmäßig" gewährten Bestandteile, weil der Kläger vor dem Übertritt einen Dienstwagen genutzt hat. Es geht sachlogisch offensichtlich nur um die Einkommensbestandteile vor dem Übertritt in die Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft. Die "regelmäßige" Leistung ist insoweit aber der zur Verfügung gestellte Dienstwagen.
122Darüber hinaus ist bei der Auslegung zu berücksichtigen, dass unabhängig davon, ob es sich um einen regelmäßigen Einkommensbestandteil handelt, dieser auf "Grundlage der vereinbarten Arbeitszeit" geleistet werden muss. Er darf keinen Aufwendungsersatz darstellen. Es geht nach Auffassung der Kammer bei dieser Abgrenzung darum, dass die entgeltliche Leistung einen konkreten Bezug zur Arbeitsleistung hat. Damit ist nicht bloß eine Differenzierung nach unterschiedlichen Arbeitszeiten verbunden, vielmehr ist nach Auffassung der Kammer entscheidend, dass es sich bei der Leistung um eine entgeltliche Leistung handelt, die die Arbeitsleistung als solche honorieren will und als weitere Einschränkung keinen Aufwendungsersatz darstellt. Denn die Parteien haben diese Begrifflichkeit in ihrer eigenen Definition verwendet. Dies muss im Rahmen der Auslegung Berücksichtigung finden. Es geht also nicht nur darum, dass die Arbeitszeit "Basis" für den Einkommensbestandteil ist. Denn dieser Einschränkung hätte es nicht bedurft, weil sich Kürzungsbefugnisse "eo ipso" ergeben würden. Die Einschränkung kann vor dem Hintergrund der Aufnahme in eine Definition nur bedeuten, dass die Honorierung der Arbeitsleistung im Vordergrund steht. Es muss durch den zu berücksichtigen Bestandteil Arbeitsleistung honoriert werden. Ob Kürzungsbefugnisse für den Fall der unterschiedlichen Arbeitszeit bestehen, kann hier nur ein Indiz sein.
123Auf dieser Grundlage ist Folgendes festzuhalten:
124In die Berechnung einzubeziehen ist nur der steuerliche Ansatz in den Gehaltsabrechnungen für die Überlassung des Dienstwagens. Denn dieser Sachbezug stellt Einkommen dar und unterliegt der Besteuerung. Er ist regelmäßig überlassen und stellt auch eine entgeltliche Leistung dar, die gerade im Hinblick auf die Tätigkeit erfolgt. Dem Arbeitnehmer wird gerade wegen seiner Tätigkeit ein Dienstwagen überlassen. Dies ist natürlich besonders bedeutsam im Außendienst. Aber nicht nur da. Der Dienstwagen ist typischerweise Bestandteil eines "Gehaltspaketes". Gerade die Überlassung des Dienstwagens auch zur privaten Nutzung ist Bestandteil des Vergütungspaketes des Arbeitnehmers. Anknüpfungspunkt ist die Honorierung der Arbeitszeit, wobei es keine Rolle spielt, welche Arbeitszeit geleistet wird. Dies ist aber unerheblich, da der Vorteil gerade die Nutzung außerhalb der Arbeitszeit ist. Der Nutzwert für den Arbeitnehmer wird dabei durch die lohnsteuerliche Vorteilsermittlung bestimmt (vgl. nur BAG 27.05.1999 - 8 AZR 415/98). Insofern muss man die Parteien an der von ihnen gewählten Besteuerung festhalten lassen, weil diese einen realistischen Wert für die Definition des Vorteils beinhaltet. Auf dieser Grundlage ist deshalb auch für die Berechnung der Abfindung die in den Gehaltsabrechnungen ausgewiesene 1%-Regelung zu beachten. Dass der dort zugrunde gelegte Wert nicht der Realität entspräche und unzutreffend ist, ist nicht dargelegt worden. Auch handelt es sich bei dem steuerlich ausgewiesenen Wert nicht um Aufwendungsersatz, so dass auch die Negativabgrenzung der Betriebspartner nicht erfüllt ist.
125Die Kilometerpauschale ist hingegen nicht zu berücksichtigen. Denn sie knüpft nicht an die Arbeitsleistung an und stellt aus Sicht der Kammer zudem eindeutig Aufwendungsersatz dar. Der Arbeitgeber leistet hier eine Zahlung ausschließlich in Abhängigkeit der Entfernung von Wohnsitz und Arbeitsstätte. Es ist grundsätzlich Sache des Arbeitnehmers, zur Arbeitsstätte anzureisen. Die Fahrt zur Wohnung und zurück gehört also zum privaten Lebensbereich des Arbeitnehmers (BAG v. 28.08.1991 - 7 ABR 46/90, DB 1991, 2594). Soweit der Arbeitgeber diesen Bedarf finanziert, leistet er zwar steuerlich Arbeitsentgelt, dahinter steht aber die Erstattung eines konkreten Aufwandes, den zu übernehmen der Arbeitgeber nicht verpflichtet ist. Insofern hat diese Leistung keinerlei Bezug zur Arbeitsleistung als solche, sondern wird unabhängig von dieser allein für einen bestimmten Wohnort gewährt, um die mit der Anreise verbundenen Nachteile auszugleichen. Deshalb scheitert die Einbeziehung auf zwei Ebenen. Einerseits fehlt der Bezug zur Arbeitsleistung, andererseits wird ein Aufwand erstattet. Dabei ist zu beachten, dass die Regelung nicht nach der Rechtsgrundlage der Erstattung differenziert. Denn der Sozialplan nennt lediglich den Begriff des Aufwendungsersatzes. Darunter lässt sich zwanglos auch die Kilometerpauschale fassen.
126Ebenfalls nicht zu berücksichtigen sind die Kontoführungsgebühren. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend entschieden. Insoweit bedarf es im Hinblick auf die unzulässige Anschlussberufung wiederum keiner Ausführungen. Gleichwohl soll folgendes angemerkt werden:
127Es handelt es sich insoweit zum einen nicht um eine Leistung "auf Basis der vereinbarten Arbeitszeit". Zudem handelt es sich um Aufwendungsersatz. Es geht also bei dieser Leistung wiederum nicht um die Vergütung von Arbeitsleistung als solcher. Denn diese Zahlung hat keinerlei Bezug zur Arbeit und wird lediglich gezahlt, um einen Aufwand zu vergüten. Zuzugeben ist dem Kläger, dass der Arbeitgeber verschiedene Möglichkeiten hat, seine Verpflichtung zur Zahlung des Entgeltes zu erfüllen. Überwiegend wird die bargeldlose Zahlung praktiziert. Dabei hat der Arbeitgeber das Geld auf seine Kosten und auf seine Gefahr dem Arbeitnehmer an dessen Wohnsitz zu übermitteln, da es sich um eine sog. "Schickschuld" handelt. Insoweit tritt die Erfüllungswirkung erst ein mit der Gutschrift auf dem Konto. Entstehen durch die Überweisung beim Arbeitnehmer selbst Kosten, etwa eine Buchungsgebühr, trägt diese der Arbeitgeber (vgl. offen in BAG v. 12.09.1984 - 4 AZR 336/82, NZA 1985, 160). Der Arbeitnehmer ist finanziell so zu stellen, als hätte der Arbeitgeber in bar geleistet. Damit ist die Erstattung von Kosten der Kontoführungsgebühr aus Sicht der Kammer gleichsam das Paradigma des Aufwendungsersatzes. Soweit der Kläger meint, er unterhalte das Konto auch im Interesse des Arbeitgebers, ist dies richtig, spricht aber nicht für die Einbeziehung des Aufwendungsersatzes in die Abfindungsberechnung, sondern dagegen. Es geht auch nicht um die "Freiwilligkeit" des Vermögensopfers. Denn insofern haben die Parteien eine Vereinbarung über den Kostenausgleich getroffen und um die Wertung, um welche Art von Leistung es sich bei dieser zwischen den Parteien vereinbarten Zahlung handelt. Aus diesem Grunde kommt es auch nicht darauf an, ob die Leistung "regelmäßig" gezahlt wird.
128b)Damit ist folgende Berechnung zugrunde zu legen:
129aa)Für den Kläger sind folgende Daten unstreitig:
130Rahmendaten:
131Betriebszu-gehörigkeit | Faktor | Gezahlte Abfindung |
18 | 0,85 | 97.857,80 |
Gehaltsbestandteile:
133Gehalt | Incentive | Zuschläge | Konto | PKW geldwerter Vorteil | KM-Pauschale |
7.463,63 | 1.119,55 | 1,28 | 351,45 | 339,30 |
Zuschläge:
135Kind | Alter |
2.500,00 | 6.000,00 |
bb)Die Höhe der Abfindung berechnet sich nach Auffassung der Kammer wegen der ungekürzten Berücksichtigung der Abfindung nach folgender Formel:
137?(Beschäftigungsjahre x Bruttomonatseinkommen x Faktor x 0,7) + Zuschläge
138Da neben dem monatlichen Bruttogehalt nur die von der Beklagten gezahlten Zuschläge bzw. Incentives sowie der steuerliche geldwerte Vorteil für einen überlassenen Dienstwagen zu berücksichtigen sind, ergibt sich folgender Wertansatz:
139?(18 x 0,85 x (7.463,63 € + 1.119,55 €+ 351,45 €) x 0,7) + 2.500,00 € + 6.000,00 €
140= 104.189,89 €
141Da die Beklagte den Betrag in Höhe von 97.875,80 € gezahlt hat, verbleibt ein zu zahlender Abfindungsbetrag in Höhe von 6.314,09 €.
142Dabei handelt es sich um einen Bruttobetrag. Denn regelmäßig trägt der Arbeitnehmer die auf Zahlungen des Arbeitsgebers aus dem Arbeitsverhältnis entfallenden Steuern und Sozialversicherungsabgaben. Eine Nettolohnvereinbarung ist nicht vorgetragen.
143B)Der Kläger hat gegen die Beklagte auch einen Anspruch auf Zahlung von Zinsen aus dem ausgeurteilten Betrag in Höhe von 6.314,09 € ab dem 29.03.2013. Er ergibt sich aus §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 BGB.
144Die Beklagte befand sich mit der Zahlung der Abfindung jedenfalls seit dem 29.03.2013 in Verzug. Weitere Ausführungen erübrigen sich angesichts der unzulässigen Anschlussberufung.
145C)Die Anschlussberufung ist bereits unzulässig. Denn sie ist nicht innerhalb der Frist begründet worden. Die formalen Anforderungen an eine Anschlussberufung richten sich nach § 64 Abs. 6 ArbGG, §§ 524 Abs. 2 Satz 2, 519 Abs. 2, 520 Abs. 3 ZPO.
146Nach § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO iVm. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG ist eine Anschlussberufung vor den Landesarbeitsgerichten innerhalb eines Monats nach Zustellung der Berufungsbegründung, bei Verlängerung der Berufungsbeantwortungsfrist nach § 66 Abs. 1 Satz 5 ArbGG innerhalb der dann geltenden Frist einzulegen. Durch die zeitliche Begrenzung des Anschließungsrechts ist die nach früherem Recht (vgl. BGH 30.09.1960 - IV ZR 46/60, BGHZ 33, 169) bestehende Möglichkeit entfallen, die in einem zuvor eingereichten Schriftsatz, der den Anforderungen einer Anschlussschrift genügt, vorbehaltene Anschlussberufung in der mündlichen Verhandlung einzulegen (vgl. zum Ganzen: BAG 24.05.2012 - 2 AZR 124/11, NZA 2012, 1223; Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz v. 18.07.2013 - 10 Sa 44/13, juris; Musielak/Beil ZPO § 524 Rn. 20).
147Im arbeitsgerichtlichen Verfahren wird zwar - anders als nach § 521 Abs. 2 Satz 1 ZPO - dem Berufungsbeklagten vom Gericht keine Frist zur Berufungserwiderung "gesetzt"; vielmehr gilt für die Berufungsbeantwortung die durch § 66 Abs. 1 Satz 3 ArbGG bestimmte gesetzliche Frist von einem Monat. Gleichwohl ist § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG im Berufungsverfahren vor den Landesarbeitsgerichten entsprechend anwendbar. Eine Anschlussberufung, die nicht innerhalb eines Monats nach Zustellung der Berufungsbegründung - bei Verlängerung der Berufungsbeantwortungsfrist nach § 66 Abs. 1 Satz 5 ArbGG innerhalb der dann geltenden Frist (vgl. GK-ArbGG/Vossen § 64 Rn. 105; GMP/Germelmann ArbGG § 64 Rn. 106) - eingeht, ist entsprechend § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen (BAG 24.05.2012 - 2 AZR 124/11, NZA 2012, 1223; BAG v. 30.05.2006 - 1 AZR 111/05, BAGE 118, 211).
148Diese Frist hat der Kläger hier nicht eingehalten. Denn ihm ist die Berufungsbegründung ausweislich des Empfangsbekenntnisses am 24.03.2014 zugestellt worden. Insofern wäre es erforderlich gewesen, die Anschlussberufung bis zum 24.04.2014 zu begründen. Dies ist nicht erfolgt, denn die Anschlussberufung ist erst im Schriftsatz vom 30.04.2014 begründet worden. Diese Vorgänge hat der Kläger auch nicht bestritten und insoweit auch keine Gründe geltend gemacht, die die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand rechtfertigen könnten. Insoweit ist dem Kläger im Termin ausdrücklich Gelegenheit zur Prüfung gegeben worden und er hat mit seinem Büro telefonieren können. Die Vorgänge sind insgesamt unstreitig gestellt worden.
149Vor diesem Hintergrund kommt es auf die Einwendungen des Klägers gegen die ausgeurteilte Zinszahlung sowie die Nichtberücksichtigung der 750,00 € für das Dienstfahrzeug ebenso wenig an, wie auch die Nichtberücksichtigung der Kontoführungsgebühr.
150II.
151Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 525, 91, 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Da das Rechtsmittel der Beklagten teilweise Erfolg hatte, waren die Kosten unter den Parteien nach § 92 Abs. 1 ZPO verhältnismäßig zu teilen. Soweit der Kläger Anschlussberufung eingelegt hat, hat er ohnehin die Kosten seines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels zu tragen. Insoweit war eine einheitliche Kostenquote zu bilden.
152III.
153Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision an das Bundesarbeitsgericht liegen vor. Einerseits weicht die erkennende Kammer von der Entscheidung des LAG München vom 10.10.2013 - 4 Sa 694/13 ab, zum anderen von der Entscheidung des LAG Düsseldorf vom 13.11.2013 im Verfahren 7 Sa 758/13. Damit besteht der Revisionsgrund des § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG.
154RECHTSMITTELBELEHRUNG
155Gegen dieses Urteil kann von beiden Parteien
156R E V I S I O N
157eingelegt werden.
158Die Revision muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
159Bundesarbeitsgericht
160Hugo-Preuß-Platz 1
16199084 Erfurt
162Fax: 0361-2636 2000
163eingelegt werden.
164Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
165Die Revisionsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
1661.Rechtsanwälte,
1672.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
1683.Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
169In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Revisionsschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.
170Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
171Bezüglich der Möglichkeit elektronischer Einlegung der Revision wird auf die Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesarbeitsgericht vom 09.03.2006 (BGBl. I Seite 519) verwiesen.
172* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Landesarbeitsgericht Düsseldorf Urteil, 20. Okt. 2014 - 9 Sa 97/14
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Tenor
1.Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 9.947,98 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 29.03.2013 zu zahlen.
2.Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3.Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten zu 94 % und dem Kläger zu 6 % auferlegt.
4.Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 10.582,56 € festgesetzt.
1
T a t b e s t a n d:
2Der 47 Jahre alte (verheiratet, 1 Kind) Kläger war vom 08.11.1993 bis zum 30.09.2012 für die Beklagte tätig. Die Parteien streiten über die Berechnung der dem Kläger zustehenden Sozialplanabfindung. § 7 desmaßgeblichen Sozialplanes lautet wörtlich wie folgt:
3"§ 7
4Abfindung
5(1)Alle vom Geltungsbereich dieses Sozialplans erfassten Beschäftigten haben mit Unterzeichnung des dreiseitigen Vertrages (Zustimmung zum Eintritt in die beE) einen Anspruch auf eine aus ihrem individuellen Bruttomonatsentgelt errechnete Abfindung.
6(2)Abfindung = Abfindungsbetrag x 0,7
7Der Abfindungsbetrag wird mit dem Faktor 0,7 multipliziert. [...]
8Abfindungsbetrag =
9Anzahl der Beschäftigungsjahre (Dienstjahre) x Bruttomonatseinkommen x Faktor
10(2.1)Der Faktor ergibt sich aus dem Lebensalter und Dienstalter:
11[...]
12Unter Bruttomonatseinkommen sind feste regelmäßige monatliche Einkommensbestandteile auf Basis der vereinbarten regelmäßigen Arbeitszeit zu verstehen. Ausgenommen sind Teile, die Aufwandsersatz darstellen, Einmalzahlungen sowie Mehrarbeitsvergütungen.
13[...]
14(2.2)Zuschlag pro Kind: Mitarbeiter mit unterhaltsberechtigten Kindern erhalten zusätzlich zu der Abfindung für jedes unterhaltsberechtigte Kind einen Betrag von 2.500,00 € brutto. [...] Alleinerziehende erhalten einen zusätzlichen Betrag von einmalig 5.000,00 Euro brutto.
15(2.3) Zuschlag für Schwerbehinderte: [...]
16(2.4) Mitarbeiter ab dem 35. bis zum 46. Lebensjahr erhalten zusätzlich einen Zuschlag in Höhe von 3.000,00 €, ab dem 47. Lebensjahr einen Zuschlag von 6.000,00 € brutto.
17[...]"
18Aufgrund seines Alters hat der Kläger ein Anspruch auf einen Zuschlag gemäß § 7 Nr. 2.4 des Sozialplanes in Höhe von 6.000,00 € brutto sowie auf einen Kinderzuschlag von 2.500,00 €. Zwischen den Parteien ist vor allem im Streit, ob diese Zuschläge auch der Kürzung auf 7/10 unterliegen.
19Der Kläger hat tatsächlich eine Abfindung in Höhe von 97.875,80 € brutto erhalten.
20Mit seiner am 12.08.2013 bei Gericht eingegangenen Klage begehrt der Kläger die Zahlung weiterer 10.582,56 € brutto sowie Zinsen wegen der aus seiner Sicht verspäteten Zahlung.
21Er beziffert sein Gehalt wie folgt: Grundgehalt 7.463,63 €, Kontoführungsgebühr 1,28 €, geldwerter Vorteil PKH 750,00 € und kommt so zu einer Summe von 8.214,91 €, zu der er 1/12 der variablen Vergütung in Höhe von 1.119,55 € hinzu addiert und in der Summe 9.334,46 € brutto errechnet.
22Der Kläger ist der Auffassung, bei seiner Vergütung seien Kontoführungsgebühr und der geldwerte Vorteil des PKW zu berücksichtigen. Da ihm nach der Rückgabe des PKW eine Erhöhung des Gehaltes um 750,00 zugestanden habe, sei dieser Betrag maßgeblich an Stelle der tatsächlich zuvor in Ansatz gebrachten 690,75 € für die Privatnutzung des PKW.
23Die im Sozialplan vorgesehene Multiplikation mit dem Faktor 0,7 betreffe nach Systematik und Wortlaut des Sozialplanes nicht die Zuschläge für Alter und Kinder.
24Der Kläger beantragt,
25die Beklagte zu verurteilen, an ihn 10.582,56 € als Sozialplanentgelt nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
26a.) aus 108.458,36 € seit dem 01.10.2012 bis zum 31.10.2012 und
27b.) aus 12.682,56 € seit dem 01.11.2012 bis zum 27.12.2012 und
28c.) aus 10.582,56 € seit dem 28.12.2012 zu zahlen.
29Die Beklagte beantragt,
30die Klage abzuweisen.
31Die Beklagte ist der Auffassung, die eingeräumte Privatnutzung des Dienst-PKW sei kein Entgelt im Sinne des Sozialplanes. Die Kontoführungsgebühr zähle als Auslagenersatz ebenfalls nicht dazu.
32Die Multiplikation auch der Zuschläge mit dem Faktor 0,7 entspreche dem Willen der Betriebsparteien.
33Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
34E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
35I.
36Die Klage ist überwiegend gemäß § 7 des Sozialplans vom 13.08.2012 in Verbindung mit §§ 77 Abs. 4 Satz 1, 112 Abs. 1 Satz 3 BetrVG begründet.
37Ausgangspunkt für die Berechnung der Abfindung ist unstreitig § 7 des Sozialplanes.
381.
39Das Bruttomonatseinkommen des Klägers beträgt im Sinne von § 7 Sozialplan 9.273,93 € brutto. Es setzt sich zusammen aus der Grundvergütung von 7.463,63 € brutto, weiteren 690,75 € für die PKW-Nutzung und 1.119,55 € anteiliger Incentive-Vergütung.
40a)
41Die Kontoführungsgebühr stellt unzweifelhaft lediglich einen Aufwendungsersatz dar und zählt daher nach § 7 Abs. 2.1 nicht zum Bruttomonatseinkommen.
42b)
43Die Privatnutzung des PKW ist mit 690,75 € brutto anzusetzen. Es handelt sich hierbei um einen "regelmäßigen monatlichen Einkommensbestandteil". Die Vergütung des Klägers setzt sich aus dem Barlohn und aus einem Naturallohn in Gestalt der Überlassung des PKW auch zur Privatnutzung zusammen. Nur weil die Überlassung des PKW Entgeltcharakter hat, unterliegt sie dem Lohnsteuerabzug. Mit dieser Leistung wird keine Aufwendung des Klägers entschädigt, die dieser für die Beklagte getätigt hat. Es handelt sich um einen Vergütungsbestandteil.
44Es kann dahinstehen, ob der Kläger wegen der Rückgabe des Firmenfahrzeugs im August 2012 für den September 2012 einen Anspruch auf zusätzliche Vergütung in Höhe von 750,00 € gehabt hätte. Ein solcher Anspruch ist weder von ihm reklamiert, noch von der Beklagten erfüllt worden. Damit ist Grundlage für die Einkommensberechnung dasjenige, was die Beklagte ihm im August 2012 als Gegenleistung für die von ihm erbrachte Arbeitsleistung hat zukommen lassen. Hierbei ist ausweislich der erteilten Abrechnung der Wert der Privatnutzung des PKW mit 690,75 € anzusetzen.
45c)
46Die Multiplikation dieser 9.273,93 mit 18 und multipliziert mit dem Faktor 0,85 ergibt einen Abfindungsbetrag von 141.891,12 €. Die nunmehr vorzunehmende Multiplikation mit dem Faktor 0,7 gemäß § 7 Abs. 2 des Sozialplanes ergibt eine Abfindung von 99.323,78 € brutto.
472.
48Alsdann sind die unstreitigen Zuschläge für Alter und das Kind gemäß § 7 Nr. 2.2 des Sozialplanes ungekürzt zu addieren.
49Diese Zuschläge unterliegen - entgegen der Ansicht der Beklagten - nicht der Kürzung auf 70 %. Dies ergibt die vorzunehmende Auslegung des Sozialplanes.
50Die 6. Kammer des Arbeitsgerichts Düsseldorf hat in ihrer Entscheidung vom 14.03.2013 (6 Ca 357/13) zu dieser Rechtsfrage folgendes ausgeführt:
51"a. Sozialpläne sind als Betriebsvereinbarungen besonderer Art wegen ihrer aus §§ 77 Abs. 4 S. 1, 112 Abs. 1 S. 3 BetrVG folgenden normativen Wirkung nicht wie privatrechtliche Rechtsgeschäfte nach §§ 133, 157 BGB, sondern wie Tarifverträge und Gesetze objektiv auszulegen. Auszugehen ist dementsprechend zunächst vom Wortlaut und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Darüber hinaus kommt es auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Bestimmungen an. Der Sozialplanzweck ist aus Wortlaut und Gesamtzusammenhang der Regelung zu erschließen und bestimmt sich nicht nach den subjektiven Vorstellungen einer Betriebspartei (BAG vom 15.03.2011 - 1 AZR 808/09, AP Nr. 214 zu § 112 BetrVG 1972; BAG vom 20.04.2010 - 1 AZR 988/08, AP Nr. 208 zu § 112 BetrVG 1972; BAG vom 26.05.2009 - 1 AZR 198/08, AP Nr. 200 zu § 112 BetrVG 1972). Von besonderer Bedeutung sind ferner Sinn und Zweck der Regelung (BAG vom 26.05.2009 - 1 AZR 198/08, a.a.O.; BAG vom 13.03.2007 - 1 AZR 262/06, AP Nr. 183 zu § 112 BetrVG 1972; BAG vom 22.11.2005 - 1 AZR 458/04, AP Nr. 176 zu § 112 BetrVG 1972; BAG vom 22.03.2005 - 1 AZR 3/04, EzA § 112 BetrVG 2001 Nr. 13; BAG vom 12.11.2002 - 1 AZR 632/01, AP Nr. 155 zu § 112 BetrVG 1972). Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Regelung führt (BAG vom 26.05.2009 - 1 AZR 198/08, a.a.O.; BAG vom 13.03.2007 - 1 AZR 262/06, a.a.O.; BAG vom 22.11.2005 - 1 AZR 458/04, a.a.O.; BAG vom 22.03.2005 - 1 AZR 3/04, a.a.O.; BAG vom 12.11.2002 - 1 AZR 632/01, a.a.O.). Der tatsächliche Wille der Betriebsparteien ist nur zu berücksichtigen, soweit er im Sozialplan seinen Niederschlag gefunden hat (BAG vom 15.03.2011 - 1 AZR 808/09, a.a.O.; BAG vom 20.04.2010 - 1 AZR 988/08, a.a.O.; BAG vom 20.04.2010 - 1 AZR 988/08, a.a.O.; BAG vom 26.05.2009 - 1 AZR 198/08, a.a.O.; BAG vom 13.03.2007 - 1 AZR 262/06, a.a.O.; BAG vom 22.11.2005 - 1 AZR 458/04, a.a.O.; BAG vom 22.03.2005 - 1 AZR 3/04, a.a.O.; BAG vom 12.11.2002 - 1 AZR 632/01, a.a.O.).
52Soweit das Bundesarbeitsgericht in früheren Entscheidungen ausführt, dass zunächst der Wortlaut maßgebend und darüber hinaus der wirkliche Wille der Betriebspartner und der damit von ihnen beabsichtigte Zweck der Regelung mit zu berücksichtigen sei, liegt hierin kein anderweitiger Auslegungsmaßstab, der die Systematik unberücksichtigt ließe. Auch in diesen Entscheidungen beachtet das Bundesarbeitsgericht den Gesamtzusammenhang der Regelung, weil daraus auf den wirklichen Willen der Betriebspartner geschlossen und so der Zweck der Regelung zutreffend ermittelt werden könne (BAG vom 16.03.1994 - 10 AZR 606/93, AP Nr. 75 zu § 112 BetrVG 1972; BAG vom 05.02.1997 - 10 AZR 553/96, AP Nr. 112 zu § 112 BetrVG 1972). Insgesamt ist daher nicht nur auf den Wortlaut sondern auch auf Systematik und Sinn und Zweck abzustellen, kurzum der Gesamtzusammenhang zu beachten.
53b. Vorliegend führt die Auslegung von § 7 des Sozialplanes vom 13.08.2012 nach Maßgabe des vorangestellten Prüfungsmaßstabes entgegen der Ansicht der Beklagten dazu, dass die Zuschläge in Ziff. 2.2 bis 2.4 nicht mit dem Faktor 0,7 zu multiplizieren sind.
54aa. Der Wortlaut der Formel zur Berechnung der "Abfindung" in § 7 Ziff. 2 erwähnt die Zuschläge nicht. Die Formel ist vielmehr mit der Berechnungsweise Abfindung = Abfindungsbetrag (= Anzahl der Beschäftigungsjahre (Dienstjahre) x Bruttomonatseinkommen x Faktor) x 0,7 insoweit eindeutig, als dass die Zuschläge bei der Berechnung der Abfindung nach dieser Formel und damit auch bei der Multiplikation mit dem Faktor 0,7 keine Berücksichtigung finden sollen. Die von der Beklagten behauptete Berechnungsweise "Abfindung = [(Anzahl der Beschäftigungsjahre (Dienstjahre) x Bruttomonatseinkommen x Faktor) + Zuschläge] x 0,7" findet sich im konkreten Wortlaut der Regelung gerade nicht wieder.
55Die Zuschläge werden unter Ziff. 2.1 auch nicht als Teil des Bruttomonatseinkommens definiert oder lassen sich als Teil des Bruttomonatseinkommens im Wege der Auslegung bestimmen, da das Bruttomonatseinkommen lediglich "feste regelmäßige Einkommensbestandteile" umfasst. Eine Abfindung oder ein Zuschlag sind weder feste noch regelmäßige Leistungen und auch kein Einkommensbestandteil. Auch als Teil des Bruttomonatseinkommens ergibt sich daher keine Multiplikation der Zuschläge mit dem Faktor 0,7.
56In der in Ziff. 2 definierten Formel wird allein der "Abfindungsbetrag" dem Faktor 0,7 unterworfen. Dass zusätzlich noch einmal die "Abfindung" diesem Faktor unterworfen werden sollte, ergibt sich aus der Formel nicht. Dies ergibt sich entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht aus der Regelung vor Ziff. 2.1, wonach der errechnete "Abfindungsbetrag" mit dem Faktor 0,7 multipliziert wird. Auch der Abfindungsbetrag wird eindeutig definiert und zwar ohne Berücksichtigung der Zuschläge. Der Faktor lässt sich daher vom reinen Wortlaut her nicht auf die erst in Ziff. 2.2 ff. geregelten Zuschläge übertragen.
57Soweit die Beklagte vertritt, die isolierte Handhabung der Zuschläge hätte im Wortlaut der Abfindungsformel ihren Ausdruck finden müssen (also: x 0,7 + Zuschläge) stimmt die Kammer dem nicht zu. Es ist vielmehr so, dass gerade die Nichterwähnung die Formel eindeutig macht und es umgekehrt ist: Hätten die Betriebspartner auch die Zuschläge dem Faktor 0,7 unterwerfen wollen, hätte dies eindeutig zum Ausdruck kommen müssen. Dafür gibt es bei der konkreten Formel aber keinen Anhaltspunkt.
58Maßgeblich bestimmt § 7 Ziff. 2.2 für den Kinderzuschlag, dass die Anspruchsberechtigten "zusätzlich zu der Abfindung" die dargestellten Zuschläge erhalten. Da der Begriff der "Abfindung" in Ziff. 2 ausdrücklich definiert wird, die Zuschläge hier keine Berücksichtigung finden und sie folglich bei der Berechnung der "Abfindung" nach Maßgabe der Formel (einschließlich der Multiplikation mit dem Faktor 0,7) unberücksichtigt bleiben, sind sie "zusätzlich", dh. ungekürzt zu berücksichtigen, und zu der nach Ziff. 2.1 errechneten Abfindung als weiterer Abfindungsbetrag hinzu zu addieren.
59Soweit die Beklagte weiter ausführt, dass Ziff. 2 von einer "Abfindung" spreche und sämtliche in Ziff. 2 aufgeführten Leistungen Bestandteil einer Abfindung seien und nicht neben der Abfindung gezahlt werden sollten, stimmt die Kammer diesem Verständnis im Grundsatz zu. Allerdings ist der Abfindungsanspruch insgesamt nicht beschränkt auf die Abfindung wie sie vor Ziff. 2.1 und in Ziff. 2.1 mit der Formel "Abfindung = Abfindungsbetrag x 0,7" definiert wurde. Vielmehr haben die Betriebspartner zwei Abfindungsansprüche geschaffen: Einen für alle Arbeitnehmer (geregelt vor Ziff. 2.1 und in Ziff. 2.1) und einen weitergehenden für die besonders schutzwürdig angesehenen Mitarbeiter (Ziff. 2 insgesamt, inklusive Ziff. 2.2 bis 2.4). Für diese soll sich nach dem reinen Wortlaut der Abfindungsanspruch um die jeweiligen Zuschläge (ungekürzt) erhöhen.
60Richtig ist der Vortrag der Beklagten, dass in Ziff. 2 nicht unterschieden werde, ob es sich um Zuschläge oder Abfindungen handeln solle. Gerade diese fehlende Unterscheidung führt aber zu dem Ergebnis, dass die Zuschläge Teil der Abfindung insgesamt sein sollen, aber nicht des zu kürzenden Abfindungsbetrages.
61bb.Auch in systematischer Hinsicht ist § 7 des Sozialplanes vom 13.08.2012 dahingehend zu verstehen, dass die Zuschläge in Ziff. 2.2 ff. ungekürzt Bestandteil der Abfindung insgesamt sein sollen.
62Soweit die Beklagte anführt, die Regelung der Zuschläge in Ziff. 2.2 bis 2.4, also einer vermeintlichen Unternorm der Regelung vor Ziff. 2.1, in der bestimmt wird, dass der errechnete Abfindungsbetrag mit dem Faktor 0,7 multipliziert wird, spreche dafür, dass auch die Zuschläge mit dem Faktor 0,7 zu multiplizieren seien, folgt die Kammer dem nicht. Dem widerspricht der bereits oben dargestellte Wortlaut, insbesondere der Wortlaut der Ziff. 2.2 und 2.4. Danach erhalten die unter den Regelungsbereich fallenden Mitarbeiter den Kinderzuschlag "zusätzlich zu der Abfindung" (Ziff. 2.2). Da die Betriebspartner den Begriff der Abfindung in Ziff. 2.1 ausdrücklich definiert haben, die Abfindung in Ziff. 2.1 die Zuschläge aber nicht beinhaltet, kann die Regelung in Ziff. 2.2 nur so verstanden werden, dass die Zuschläge dem Faktor 0,7 nicht unterworfen werden sollen. Die Betriebspartner haben entgegen dem Verständnis der Beklagten eine Grundabfindung (oder Abfindung im engeren Sinne) für alle anspruchsberechtigten Arbeitnehmer nach Maßgabe der unter Ziff. 2 definierten Formel und eine Abfindung für besonders schutzwürdige Personengruppen unter den anspruchsberechtigten Arbeitnehmern (oder Abfindung im weiteren Sinne) unter Addition der individuellen Zuschläge zur "Abfindung" nach Ziff. 2 vereinbart. Daher sieht § 7 in Ziff. 2.1 und den Ziff. 2.2 bis 2.4 auch keine Über- oder Unterordnung vor, woraus sich ergäbe, dass sämtliche Ziffern dem Faktor 0,7 unterworfen wären. Die Regelungen stehen nebeneinander. Die grundsätzliche Berechnungsweise für die anspruchsberechtigten Mitarbeiter in Ziff. 2.1 wird um die hinzukommenden Bestandteile für die besonders schutzwürdigen Mitarbeiter ergänzt. Systematisch ist die Regelung daher vollkommen richtig in einer Unterziffer der Ziff. 2 angesiedelt: Die weiteren Ziffern des § 7 verhalten sich nämlich nicht mehr zur Berechnung des Anspruches an sich, sondern treffen Rahmenregelungen, wie die Fälligkeit des Anspruches u.ä.
63Für die Zuschläge betreffend das Alter in Ziff. 2.4 ergibt sich kein anderweitiges Ergebnis. Zwar ist die Formulierung hier nicht so eindeutig wie in Ziff. 2.2 - die unter den Regelungsbereich fallenden Mitarbeiter sollen "zusätzlich" einen Zuschlag erhalten -, dass die Betriebspartner die Zuschläge jeweils gesondert beurteilt wissen wollten, findet sich aber erst Recht nicht im Wortlaut oder der Systematik der Regelung wieder. Auch die Beklagte behauptet demzufolge nicht, dass die Betriebspartner hier einen Unterschied hätten machen wollen.
64Zudem übersieht die Beklagte bei ihrer systematischen Argumentation den Wortlaut der Regelung vor Ziff. 2.1. Hier wird gerade nicht die Abfindung dem Faktor 0,7 unterworfen, sondern der gesondert definierte "Abfindungsbetrag". Aufgrund der gesonderten Definition des Abfindungsbetrages, würde es nicht dem Wortlaut der Regelung entsprechen, würden auch die Zuschläge dem Faktor 0,7 unterworfen. Grenze jeder (Gesetzes-)Auslegung ist der Wortlaut (vgl. BAG vom 24.09.2009 - 8 AZR 636/08, AP Nr. 41 zu § 611 BGB Persönlichkeitsrecht; BAG vom 17.11.1998 - 1 AZR 221/98, AP Nr. 6 zu § 77 BetrVG 1972 Auslegung unter Rn. 27 nach juris). Daher argumentiert die Beklagte auch falsch, wenn sie meint, die Argumentation der Klägerin, wonach der Faktor 0,7 betreffend die Zuschläge in Ziff. 2.1 hätte Eingang finden müssen, lasse sich zu ihren Gunsten umkehren, dass also die Nichterwähnung nicht darauf schließen lasse, dass die Zuschläge dem Faktor nicht unterworfen seien. Da Grenze der Auslegung der Wortlaut ist, würde die von der Beklagten gebildete Formel - Abfindung = [(Anzahl der Beschäftigungsjahre (Dienstjahre) x Bruttomonatseinkommen x Faktor) + Zuschläge] x 0,7 - über den Wortlaut der Regelung hinausgehen und die Grenze der Auslegung überschreiten.
65Soweit die Beklagte meint, aus dem Zusammenhang mit anderen Vorschriften des Sozialplans ergebe sich, dass sämtliche Komponenten des Abfindungsanspruches mit dem Faktor 0,7 zu multiplizieren seien, ist auch dies nicht zutreffend. Richtig ist noch, dass in § 7 an mehreren Stellen das Wort "Abfindung" genutzt wird, ohne zwischen Zuschlägen und Abfindung zu unterscheiden. Das ist aber auch gar nicht nötig. Die Zuschläge sind Teil der Abfindung für die besonders schutzwürdigen Personengruppen. Sie stehen daher nicht neben der Abfindung, wie die Beklagte glauben machen will, sondern sind integraler Bestandteil der Abfindung. Allein werden sie nicht mit dem Faktor 0,7 multipliziert sondern fließen ungekürzt in die Berechnung der Abfindung für die besonders schutzwürdigen Personengruppen ein.
66cc. Sinn und Zweck der Norm geben keinen Anhaltspunkt für die Auslegung der Norm. Die besondere Unterstützung der unterhaltspflichtigen Arbeitnehmer, der älteren und der schwerbehinderten Arbeitnehmer wird sowohl mit der ungekürzten Berücksichtigung der Zuschläge als auch mit der faktorierten Berücksichtigung gewährleistet, wobei freilich durch die ungekürzte Berücksichtigung dem intendierten Schutzbedürfnis noch mehr Rechnung getragen wird.
67dd.Im Ergebnis führt die Auslegung des § 7 des Sozialplanes vom 13.08.2012 bereits zu einem eindeutigen Ergebnis: Die Zuschläge in Ziff. 2.2 bis 2.4 sind nicht dem Faktor 0,7 zu unterziehen. Der von der Beklagten behauptete anderweitige Wille der Betriebspartner hat in § 7 keinen hinreichenden Ausdruck (vgl. insoweit BAG vom 15.12.1998 - 1 AZR 332/98, a.a.O.) gefunden. Raum für die Feststellung eines vom Wortlaut des Sozialplanes abweichenden Parteiwillens etwa mit Hilfe von Zeugenaussagen besteht nicht (vgl. BAG vom 04.03.1982 - 6 AZR 594/79, AP Nr. 3 zu § 77 BetrVG 1972; LAG Düsseldorf vom 22.02.2002 - 18 Sa 1559/01, LAGE § 112 BetrVG 2001 Nr. 1)."
68Diesen zutreffenden Erwägungen tritt die erkennende Kammer für den Streitfall ausdrücklich bei und schließt sich ihnen an.
693.
70Auf die geschuldeten 107.823,78 € brutto sind unstreitig 97.875,80 € brutto gezahlt worden, sodass noch 9.947,98 € brutto zur Zahlung offen stehen.
714.
72Zinsen kann der Kläger gemäß § 286, 288 BGB verlangen, aber erst ab dem Zeitpunkt seiner Geltendmachung. Eine frühere Geltendmachung im Sinne von § 7 Abs. 4 des Sozialplanes hat der Kläger lediglich pauschal behauptet, aber in keiner Weise konkretisiert und auch nicht belegt.
73II.
74Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 56 Abs. 2 Satz 1 ArbGG, 92 Abs. 1 Satz 1 2. Alternative ZPO, 61 Abs. 1 ArbGG, 3, 5 ZPO, 63 GKG. Für eine gesonderte Zulassung der Berufung bestand keine Veranlassung.
75RECHTSMITTELBELEHRUNG
76Gegen dieses Urteil kann von jeder Partei Berufung eingelegt werden.
77Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
78Landesarbeitsgericht Düsseldorf
79Ludwig-Erhard-Allee 21
8040227 Düsseldorf
81Fax: 0211-7770 2199
82eingegangen sein.
83Die elektronische Form wird durch ein qualifiziert signiertes elektronisches Dokument gewahrt, das nach Maßgabe der Verordnung des Justizministeriums über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Arbeitsgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (ERVVO ArbG) vom 2. Mai 2013 in der jeweils geltenden Fassung in die elektronische Poststelle zu übermitteln ist. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden Sie auf der Internetseite www.egvp.de.
84Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.
85Die Berufungsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
861.Rechtsanwälte,
872.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
883.juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nr. 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
89Eine Partei, die als Bevollmächtigte zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
90* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
91Q.
(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.
(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.
(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
- 1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, - 2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, - 3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.
(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.
(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.
(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.
(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.
(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.
(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.
Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 112 Interessenausgleich über die Betriebsänderung, Sozialplan
(1) Kommt zwischen Unternehmer und Betriebsrat ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung zustande, so ist dieser schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und Betriebsrat zu unterschreiben; § 77 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. Das Gleiche gilt für eine Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen (Sozialplan). Der Sozialplan hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung. § 77 Abs. 3 ist auf den Sozialplan nicht anzuwenden.
(2) Kommt ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung oder eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit um Vermittlung ersuchen, der Vorstand kann die Aufgabe auf andere Bedienstete der Bundesagentur für Arbeit übertragen. Erfolgt kein Vermittlungsersuchen oder bleibt der Vermittlungsversuch ergebnislos, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Auf Ersuchen des Vorsitzenden der Einigungsstelle nimmt ein Mitglied des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit oder ein vom Vorstand der Bundesagentur für Arbeit benannter Bediensteter der Bundesagentur für Arbeit an der Verhandlung teil.
(3) Unternehmer und Betriebsrat sollen der Einigungsstelle Vorschläge zur Beilegung der Meinungsverschiedenheiten über den Interessenausgleich und den Sozialplan machen. Die Einigungsstelle hat eine Einigung der Parteien zu versuchen. Kommt eine Einigung zustande, so ist sie schriftlich niederzulegen und von den Parteien und vom Vorsitzenden zu unterschreiben.
(4) Kommt eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle über die Aufstellung eines Sozialplans. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.
(5) Die Einigungsstelle hat bei ihrer Entscheidung nach Absatz 4 sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen zu achten. Dabei hat die Einigungsstelle sich im Rahmen billigen Ermessens insbesondere von folgenden Grundsätzen leiten zu lassen:
- 1.
Sie soll beim Ausgleich oder bei der Milderung wirtschaftlicher Nachteile, insbesondere durch Einkommensminderung, Wegfall von Sonderleistungen oder Verlust von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung, Umzugskosten oder erhöhte Fahrtkosten, Leistungen vorsehen, die in der Regel den Gegebenheiten des Einzelfalles Rechnung tragen. - 2.
Sie hat die Aussichten der betroffenen Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen. Sie soll Arbeitnehmer von Leistungen ausschließen, die in einem zumutbaren Arbeitsverhältnis im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens oder eines zum Konzern gehörenden Unternehmens weiterbeschäftigt werden können und die Weiterbeschäftigung ablehnen; die mögliche Weiterbeschäftigung an einem anderen Ort begründet für sich allein nicht die Unzumutbarkeit. - 2a.
Sie soll insbesondere die im Dritten Buch des Sozialgesetzbuches vorgesehenen Förderungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit berücksichtigen. - 3.
Sie hat bei der Bemessung des Gesamtbetrages der Sozialplanleistungen darauf zu achten, dass der Fortbestand des Unternehmens oder die nach Durchführung der Betriebsänderung verbleibenden Arbeitsplätze nicht gefährdet werden.
Tenor
-
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 19. April 2011 - 1 Sa 507/10 - wird zurückgewiesen.
-
Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
- 1
-
Die Parteien streiten über eine Verpflichtung der Beklagten, mit dem Kläger (wieder) ein Arbeitsverhältnis zu begründen.
- 2
-
Der Kläger war bei der Beklagten vom 1. September 1980 bis zum 31. Dezember 1986 als technischer Angestellter, zuletzt im EDV-Bereich beschäftigt. Zum 1. Januar 1987 ging sein Arbeitsverhältnis im Zuge eines Betriebsübergangs auf die neu gegründete C I GmbH über. Die Beklagte hatte ihr Geschäftsfeld der kompatiblen Großcomputer und Peripheriesysteme ausgegliedert und in die C I GmbH überführt, einem von der Beklagten und der S AG neu gegründeten Joint Venture. Die Firmenbezeichnung dieser Gesellschaft stand Ende 1986 noch nicht fest; die Beklagte hielt nach ihrer Darstellung zunächst 66,5 % und die S AG 33,5 % der Gesellschaftsanteile. In der C Gruppe war der Kläger zuletzt bei der C S GmbH beschäftigt. Anschließend schloss er einen Arbeitsvertrag mit der A GmbH, die das Servicegeschäft von der C S GmbH übernommen hatte. Während der Probezeit kündigte der Kläger dieses Arbeitsverhältnis und wechselte zu einem anderen Arbeitgeber.
-
Die Beklagte und der bei ihr bestehende Betriebsrat führten vor der Ausgliederung auf die C I GmbH Verhandlungen über deren Folgen. Am 4. Dezember 1986 schlossen sie eine mit „Rahmenbedingungen für in das Joint-Venture B/S übertretende B AG-Mitarbeiter“ (im Folgenden: JVR 1986) überschriebene Vereinbarung, die auszugsweise folgenden Wortlaut hat:
-
„Aus Anlaß der Ausgliederung des Geschäfts mit kompatiblen Großcomputern und Peripheriesystemen aus der B AG zum 01.01.87 wird zwischen Unternehmensleitung und Betriebsrat folgendes vereinbart:
1.
…
15.
Die B AG garantiert den am 01.01.87 in die neue Gesellschaft überwechselnden Mitarbeitern ein Rückkehrrecht auf einen adäquaten Arbeitsplatz in der B AG, sofern eine Weiterbeschäftigung innerhalb der neuen Gesellschaft aus betrieblichen Gründen nicht mehr möglich ist.
…“
-
In der Zeit nach dem 1. Januar 1987 erwarb die Beklagte von der S AG sukzessive deren Geschäftsanteile an diesem Unternehmen. In drei Tranchen - am 1. Mai 1996, am 16. Juli 1998 sowie am 25. Oktober 1999 - veräußerte sie die Anteile an die P D H GmbH, die später in C D H GmbH umfirmierte. Mit Schreiben vom 14. August 2003 teilte die Beklagte ihren ehemaligen Mitarbeitern - darunter auch dem Kläger - Folgendes mit:
-
„…
Sofern Sie von dem geplanten Ausgliederungsvorhaben erfasst sind und für Sie die Joint-Venture-Regelung vom 04.12.1986 anwendbar ist, bleibt bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen eine nach Maßgabe von Ziffer 15 der Joint-Venture-Regelung etwa begründete Rechtsposition von dem Ausgliederungsvorhaben unberührt.“
- 5
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Mit Beschluss vom 1. Oktober 2009 wurde über das Vermögen der C S GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Zuvor hatte der vorläufige Insolvenzverwalter das Wartungs- und Servicegeschäft („IT-Service“) der C S GmbH auf die A GmbH und den Bereich Druckerwartung auf ein drittes Unternehmen veräußert.
- 6
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Der Insolvenzverwalter kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger am 1. Oktober 2009 betriebsbedingt zum 31. Januar 2010 und stellte ihn von der Arbeit frei. Gegen diese Kündigung erhob der Kläger keine Kündigungsschutzklage. Die bei der A GmbH weiterbeschäftigten Arbeitnehmer führten ihre Tätigkeit nach dem Übergang ihres Betriebes am 5. Oktober 2009 an ihren alten Arbeitsplätzen unter Nutzung der bestehenden Infrastruktur fort. Dieses Unternehmen hatte einschließlich des Führungspersonals mindestens 51 von 81 Mitarbeitern der C GmbH übernommen. Bis zu seiner Eigenkündigung während der Probezeit wurde der Kläger auf der Grundlage eines am 1. Oktober 2009 geschlossenen Arbeitsvertrags von der A GmbH weiterbeschäftigt. Mit Schreiben vom 4. November 2009 machte er sein „Rückkehrrecht“ gegenüber der Beklagten spätestens zum 1. Februar 2010 geltend. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 19. November 2009 ab.
- 7
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Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei zu einer Neubegründung des Arbeitsverhältnisses verpflichtet. Nr. 15 JVR 1986 beinhalte ein zeitlich nicht befristetes Rückkehrrecht allein unter der Bedingung, dass eine Weiterbeschäftigung in der „neuen Gesellschaft“ aus betrieblichen Gründen nicht mehr möglich sei. Die Bedingungen für das Rückkehrrecht seien am 1. Oktober 2009 durch die Kündigung des Insolvenzverwalters der C S GmbH eingetreten. Aufgrund der betriebsbedingten Kündigung und Stilllegung bei der C S GmbH sei eine Weiterbeschäftigung nicht mehr möglich. Selbst ein etwaiger Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die A GmbH ändere nichts an dem Eintritt der Bedingung.
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Der Kläger hat zuletzt beantragt,
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1.
die Beklagte zu verurteilen, sein Angebot auf Einstellung mit Wirkung zum 1. Februar 2010 als technischen Mitarbeiter zu den betriebsüblichen Bedingungen der Beklagten unter Anrechnung der bisherigen Betriebszugehörigkeit seit dem 16. März 1985 zu einer Jahresvergütung iHv. 70.000,00 Euro brutto anzunehmen,
hilfsweise,
2.
die Beklagte zu verurteilen, sein Angebot auf Wiedereinstellung mit Wirkung zum 1. Februar 2010 als technischen Angestellten oder auf einer seinen heutigen Tätigkeiten und Fähigkeiten entsprechenden Stelle zu den betriebsüblichen Bedingungen der Beklagten unter Anrechnung der bisherigen Betriebszugehörigkeit seit dem 16. März 1985 zu einer Jahresvergütung iHv. 70.000,00 Euro brutto anzunehmen,
hilfsweise,
3.
die Beklagte zu verurteilen, ihn ab dem 1. Februar 2010 als technischen Angestellten oder auf einer seiner Tätigkeit und Fähigkeit entsprechenden Stelle zu den betriebsüblichen Bedingungen der Beklagten unter Anrechnung der bisherigen Betriebszugehörigkeit seit dem 16. März 1985 zu einer Jahresvergütung iHv. 70.000,00 Euro brutto entsprechend seiner letzten Gehaltsbezüge bei der C S GmbH zu beschäftigen,
hilfsweise,
4.
die Beklagte zu verurteilen, ihn mit sofortiger Wirkung als technischen Angestellten oder auf einer seiner heutigen Tätigkeit und Fähigkeit entsprechenden Stelle zu den betriebsüblichen Bedingungen der Beklagten unter Anrechnung der bisherigen Betriebszugehörigkeit seit dem 16. März 1985 zu einer Jahresvergütung iHv. 70.000,00 Euro brutto entsprechend seiner letzten Gehaltsbezüge bei der C S GmbH zu beschäftigen.
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Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat zuletzt insbesondere noch die Auffassung vertreten, einem Rückkehrrecht stünde jedenfalls entgegen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers im Wege des Betriebsübergangs nach § 613a BGB auf die A GmbH übergegangen sei. Dort habe für den Kläger weiterhin eine Beschäftigungsmöglichkeit iSd. Nr. 15 JVR 1986 bestanden.
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Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers blieb beim Landesarbeitsgericht ohne Erfolg. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zutreffend abgewiesen.
- 12
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A. Der vom Kläger zuletzt als Hauptantrag gestellte Antrag zu 1. ist zulässig.
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I. Dieser Antrag ist nach seinem Wortlaut unzweifelhaft auf die Verurteilung der Beklagten zur Abgabe einer Annahmeerklärung gerichtet. Ihm geht es mit der erstrebten Fiktion der Abgabe der Annahmeerklärung nach § 894 Satz 1 ZPO um das endgültige Zustandekommen eines Arbeitsvertrags mit der Beklagten, das er mit übereinstimmenden Willenserklärungen - Antrag und Annahme(§§ 145 bis 147 BGB) - erwirken möchte. Die Abgabe eines Angebots ist in dem Anwaltsschreiben vom 4. November 2009 zu sehen. Die auf Abgabe der Annahmeerklärung gerichtete Klage entspricht dem Regelfall des mit einer sog. Wiedereinstellungsklage bekundeten Willens des Arbeitnehmers (vgl. zB BAG 19. Oktober 2011 - 7 AZR 743/10 - Rn. 16; 21. August 2008 - 8 AZR 201/07 - Rn. 54; 25. Oktober 2007 - 8 AZR 989/06 - Rn. 14; 14. August 2007 - 9 AZR 943/06 - Rn. 11, BAGE 123, 358; 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 23).
- 14
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II. Der Antrag ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Inhalt des anzunehmenden Arbeitsvertrags ist ausreichend konkretisiert. Der Kläger hat den Inhalt des mit der erstrebten Annahmeerklärung zustande kommenden Arbeitsvertrags näher beschrieben. Der Zeitpunkt der Wirkung der Abgabe der Annahmeerklärung - der 1. Februar 2010 - ist genannt. Die wesentlichen Vertragsbestandteile, insbesondere Art der Tätigkeit als technischen Mitarbeiter, sind bezeichnet. Die im Klageantrag angeführten „betriebsüblichen Bedingungen bei der Beklagten“ sind für die Bestimmtheit nicht unerlässlich.
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B. Der Hauptantrag ist unbegründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, die vom Kläger begehrte Willenserklärung abzugeben. Zwar regelt Nr. 15 JVR 1986 in zulässiger Weise für die zum 1. Januar 1987 in die C I GmbH wechselnden Arbeitnehmer das Recht einer Rückkehr zur Beklagten, sofern eine Weiterbeschäftigung innerhalb der neuen Gesellschaft aus betrieblichen Gründen nicht mehr möglich ist. Das Ausscheiden der C I GmbH aus dem Konzernverbund der Beklagten beendete das aufschiebend bedingte Rückkehrrecht nicht. Das Rückkehrrecht ist auch weder mit einem Betriebsübergang auf die C S GmbH, in die die Servicefunktionen der C I GmbH zum 1. September 2003 ausgegliedert wurden, noch mit dem Übergang des Betriebsteils IT-Service auf die A GmbH erloschen. Ein aufschiebend bedingter Rückkehranspruch nach Nr. 15 JVR 1986 besteht auch für den Fall fort, dass das Arbeitsverhältnis eines Arbeitnehmers auf einen Betriebserwerber nach § 613a Abs. 1 BGB übergeht. Die aufschiebende Bedingung, unter der das Rückkehrrecht steht, ist vorliegend nicht eingetreten. Die Beschäftigung des Klägers bei der A GmbH ist nicht aus betrieblichen Gründen unmöglich geworden. Vielmehr hat der Kläger während der Probezeit selbst ohne betriebliche Veranlassung gekündigt, um ein Arbeitsverhältnis mit einem anderen Arbeitgeber zu begründen.
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I. Der Antrag ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht schon deswegen unbegründet, weil die Verurteilung der Beklagten zur Abgabe der Annahmeerklärung zum 1. Februar 2010 (rück-)wirken soll.
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1. Mit der Abgabe der Annahmeerklärung kommt das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zustande, denn mit Rechtskraft eines obsiegenden Urteils gilt die Erklärung nach § 894 Satz 1 ZPO als abgegeben. Zu welchem Zeitpunkt die fingierte Annahmeerklärung wirkt, beurteilt sich nach materiellem Recht. Seit Inkrafttreten des § 311a Abs. 1 BGB idF des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) kommt auch die Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung in Betracht, die auf eine Vertragsänderung oder einen Vertragsschluss zu einem in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt gerichtet ist. Nach § 275 Abs. 1 BGB ist der Anspruch auf die Leistung zwar ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder jedermann unmöglich ist. Im Unterschied zum alten Recht ist in § 311a Abs. 1 BGB aber klargestellt, dass ein Vertrag selbst dann nicht nichtig ist, wenn er in der Vergangenheit tatsächlich nicht durchgeführt werden kann(vgl. BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 26 mwN). Die rückwirkende Begründung eines Arbeitsverhältnisses durch Urteil, die mit der Fiktion der Annahmeerklärung greift, ist daher zulässig. Ausgeschlossen ist lediglich eine gerichtliche Entscheidung, mit der ein Arbeitsverhältnis mit Rückwirkung zu einem Zeitpunkt vor Abgabe des Angebots begründet werden soll (vgl. BAG 4. Mai 2010 - 9 AZR 155/09 - Rn. 17 und 35, BAGE 134, 223; 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 28).
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2. Hiernach steht der Umstand, dass der Kläger die Begründung eines Arbeitsverhältnisses rückwirkend zum 1. Februar 2010 begehrt, der Begründetheit des Anspruchs nicht entgegen. Das Anwaltsschreiben vom 4. November 2009, mit dem der Beklagten mitgeteilt wurde, der Kläger mache sein „Rückkehrrecht in die B SE (vormals B AG) spätestens zum 01.02.2010 geltend“, enthält bei der nach § 133 BGB gebotenen Auslegung ein hinreichend konkretes Angebot zum Abschluss eines Arbeitsvertrags und nicht nur die Ankündigung eines solchen. Die Beklagte konnte dieses Schreiben, mit dem die Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit der C S GmbH zum 31. Januar 2010 mitgeteilt wird, dahin verstehen, dass der Kläger ihr im Anschluss daran die ihm von der Beklagten zugesagte Rückkehr anträgt. Spätestens mit der Klageschrift vom 15. Dezember 2009 musste der Beklagten klar sein, dass sich das in der Geltendmachung des Rückkehrrechts liegende Angebot auf den 1. Februar 2010 bezieht. Die Annahme dieses Angebots würde mit einer gerichtlichen Entscheidung nach § 894 Satz 1 ZPO fingiert.
- 19
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II. Der Kläger hat jedoch, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, keinen Anspruch auf Abgabe der begehrten Willenserklärung. Ein solcher folgt insbesondere nicht aus Nr. 15 JVR 1986. Zwar haben die Betriebsparteien darin für die unter den Geltungsbereich der Betriebsvereinbarung fallenden Arbeitnehmer das Recht zu einer Rückkehr zu der Beklagten unter der aufschiebenden Bedingung geregelt, dass eine Weiterbeschäftigung innerhalb der „neuen Gesellschaft“ aus betrieblichen Gründen nicht mehr möglich ist. Diesem kollektiv-rechtlichen Wiedereinstellungsversprechen begegnen auch keine grundsätzlichen Wirksamkeitsbedenken. Das aufschiebend bedingte Rückkehrrecht steht nicht unter dem - ungeschriebenen - Vorbehalt der Zugehörigkeit der C I GmbH zum Konzernverbund der Beklagten. Es endet nicht mit der Ausgliederung der Servicefunktionen zunächst auf die C S GmbH und anschließend auf die A GmbH. Die Voraussetzungen des Rückkehrrechts sind im vorliegenden Fall jedoch nicht eingetreten, nachdem der Kläger, der nach Ausspruch der Kündigung des Insolvenzverwalters auf der Grundlage eines vor dem Betriebsübergang geschlossenen Arbeitsvertrags weiterbeschäftigt worden ist, der A GmbH selbst gekündigt hat.
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1. Nr. 15 JVR 1986 regelt in zulässiger Weise für die zum 1. Januar 1987 in die C I GmbH wechselnden Arbeitnehmer das Recht einer Rückkehr zur Beklagten, sofern eine Weiterbeschäftigung innerhalb der neuen Gesellschaft aus betrieblichen Gründen nicht mehr möglich ist (vgl. BAG 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 32 ff.).
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a) Die JVR 1986 gilt für die Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse zum 1. Januar 1987 von der Beklagten auf die C I GmbH übergegangen sind. Der Kläger gehört zu diesem Personenkreis.
- 22
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b) Das in Nr. 15 JVR 1986 „garantierte“ Rückkehrrecht ist wirksam. Die Betriebsparteien sind nicht grundsätzlich gehindert, einen Wiedereinstellungsanspruch für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse aufgrund eines bevorstehenden Betriebsteilübergangs nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf einen anderen Arbeitgeber übergehen, zu regeln. Nr. 15 JVR 1986 verstößt nicht gegen die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG.
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aa) Mit der Regelung in Nr. 15 JVR 1986 in ihrem Verständnis als Wiedereinstellungsanspruch haben die Betriebsparteien ihre Regelungskompetenz nicht überschritten.
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(1) Bei der JVR 1986 handelt es sich um eine Betriebsvereinbarung im Sinne eines kollektiv-rechtlichen Normenvertrags zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber. Eine Betriebsvereinbarung kann über alle Fragen und Angelegenheiten abgeschlossen werden, die nach dem Gesetz der Zuständigkeit des Betriebsrats unterliegen. Dies ist in erster Linie bei mitbestimmungspflichtigen Tatbeständen der Fall. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kommt den Betriebsparteien aber auch eine umfassende Kompetenz zu, durch freiwillige Betriebsvereinbarungen Regelungen über den Inhalt, den Abschluss und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen zu treffen (BAG 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 36 mwN).
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(2) Hiernach betrifft Nr. 15 JVR 1986 im Verständnis eines - aufschiebend bedingten - Rückkehrrechts für die von einem Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse zur „neuen Gesellschaft“ mit Wirkung ab dem 1. Januar 1987 betroffenen Arbeitnehmer einen zulässigen Regelungsgegenstand. Ein Wiedereinstellungsversprechen kann als Abschlussnorm grundsätzlich zulässiger Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein (BAG 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 37 mwN).
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(a) Freiwillige Betriebsvereinbarungen nach § 88 BetrVG sind nicht auf die dort ausdrücklich genannten Gegenstände beschränkt, sondern können - wie sich aus dem Wort „insbesondere“ ergibt - auch andere Gegenstände erfassen. Die Regelung in § 77 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 BetrVG zeigt, dass der Gesetzgeber dort, wo die Tarifvertragsparteien ihre Befugnis zur Regelung von Arbeitsbedingungen nicht wahrnehmen, von einer Regelungskompetenz der Betriebsparteien ausgeht(BAG 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 38 mwN). Auch steht einer auf den Abschluss eines Arbeitsvertrags gerichteten Normsetzungsbefugnis nicht entgegen, dass Regelungen zum Arbeitsverhältnis ein solches begriffsnotwendig voraussetzten. Bei Wiedereinstellungsbestimmungen, die - wie im vorliegenden Streitfall - Arbeitnehmer betreffen, die (noch) in einem Arbeitsverhältnis stehen, können die Betriebsparteien Regelungen zu diesen Arbeitsverhältnissen treffen (BAG 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 39).
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(b) Der Regelungsgegenstand unterliegt der sachlich-funktionellen Zuständigkeit des Betriebsrats. Es ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass er sich auf den Betrieb und auf die Interessen der vom Betriebsrat vertretenen Arbeitnehmer bezieht. Dies ist vorliegend der Fall. Bei Abschluss der JVR 1986 waren die von ihrer Nr. 15 erfassten Arbeitnehmer (noch) vom Betriebsrat repräsentiert. Die Vorschrift richtet sich nicht an eine „betriebsfremde Belegschaft“. Die Bestimmung in der Betriebsvereinbarung regelt damit nicht in unzulässiger Weise eine Arbeitsbedingung in einem Betrieb eines anderen Arbeitgebers, für deren Gestaltung der Betriebsrat nicht sachlich legitimiert wäre. Sie knüpft zwar - hinsichtlich der aufschiebenden Bedingung des Wegfalls einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit innerhalb der „neuen Gesellschaft“ aus betrieblichen Gründen - an einen Sachverhalt an, der sich bei einer anderen Gesellschaft stellt. Die Rechtsfolge der Verpflichtung zur (Wieder-)Begründung des Arbeitsverhältnisses betrifft aber allein die Beklagte. Dies unterfällt der Regelungskompetenz des bei ihr bestehenden Betriebsrats. Die Rückkehrklausel regelt keinen Erwerbertatbestand, sondern einen den Betriebsteilveräußerer - die Beklagte - anbelangenden Sachverhalt (BAG 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 40).
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bb) Nr. 15 JVR 1986 ist nicht wegen des Vorrangs einer tariflichen Bestimmung nach § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG unwirksam. Sie betrifft keinen Sachverhalt, der (mittlerweile) durch Tarifvertrag geregelt ist.
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(1) Nach § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG können Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Die Vorschrift gewährleistet die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie. Dazu räumt sie den Tarifvertragsparteien den Vorrang zur Regelung von Arbeitsbedingungen ein. Diese Befugnis soll nicht durch ergänzende oder abweichende Regelungen der Betriebsparteien ausgehöhlt werden können. Eine gegen die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG verstoßende Betriebsvereinbarung ist unwirksam. Etwas anderes gilt nach § 77 Abs. 3 Satz 2 BetrVG dann, wenn der Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt(BAG 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 45 mwN).
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(2) Hiernach verstößt Nr. 15 JVR 1986 nicht gegen die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG. Gegenstand der Betriebsvereinbarungsbestimmung ist keine durch den Manteltarifvertrag Bergbau, Chemie, Energie vom 24. Juni 1992 - zuletzt in der Fassung vom 16. März 2009 - (MTV) geregelte Arbeitsbedingung. Die einzig in Betracht kommende Bestimmung nach § 13 Abschn. VI Ziff. 1 des MTV lautet:
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„Wiedereinstellung und betriebsbedingte Umsetzungen
Aus betriebsbedingten Gründen entlassene Arbeitnehmer, die länger als 12 Monate dem Betrieb angehört haben und deren Entlassung nicht mehr als 12 Monate zurückliegt, werden im Falle der Neubesetzung von für sie geeigneten Arbeitsplätzen bevorzugt wieder eingestellt.
Kommen mehr entlassene Arbeitnehmer in Betracht, als Arbeitsplätze wieder zur Verfügung stehen, hat der Arbeitgeber unter Beachtung des Mitbestimmungsrechtes des Betriebsrates gemäß § 99 BetrVG eine sachgerechte Auswahl zu treffen.“
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Damit regelt § 13 Abschn. VI Ziff. 1 MTV nach seinem unmissverständlichen Wortlaut sowie seinem Sinn und Zweck zwar auch einen Wiedereinstellungsanspruch. Dieser ist aber von vornherein auf eine andere Sachmaterie bezogen als die von Nr. 15 JVR 1986 geregelte. Während § 13 Abschn. VI Ziff. 1 MTV eine Wiedereinstellung im Zusammenhang mit betriebsbedingten Kündigungen vorsieht, legt die Betriebsvereinbarungsbestimmung einen solchen im Zusammenhang mit einem bevorstehenden Übergang von Arbeitsverhältnissen auf eine „andere Gesellschaft“ fest. Tarifnorm und Betriebsvereinbarungsregel ordnen damit zwar die gleiche Rechtsfolge an, regeln aber nicht die gleichen Sachverhalte (BAG 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 47).
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2. Das Ausscheiden der C I GmbH aus dem Konzernverbund der Beklagten beendete das aufschiebend bedingte Rückkehrrecht nicht. Wie die gebotene Auslegung ergibt, ist die „Garantie eines Rückkehrrechts“ nach Nr. 15 JVR 1986 nicht für die Zeit der Zugehörigkeit der C I GmbH zum Konzernverbund der Beklagten befristet.
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a) Betriebsvereinbarungen sind wegen ihres normativen Charakters wie Tarifverträge und Gesetze auszulegen. Auszugehen ist danach vom Wortlaut der Bestimmung und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Insbesondere bei unbestimmtem Wortsinn sind der wirkliche Wille der Betriebsparteien und der von ihnen beabsichtigte Zweck zu berücksichtigen, sofern und soweit sie im Text ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Regelungen. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Bestimmung führt (BAG 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 49 mwN).
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b) Hiernach steht die Geltung der Rückkehrzusage nicht unter dem Vorbehalt einer Zugehörigkeit der „neuen Gesellschaft“ zum Konzernverbund der Beklagten. Dies hat das Landesarbeitsgericht richtig erkannt.
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aa) Der Wortlaut von Nr. 15 JVR 1986 gibt keine Anhaltspunkte für eine solche Annahme. Das Rückkehrrecht bezieht sich auf die in die „neue Gesellschaft“ überwechselnden Mitarbeiter. Andere Voraussetzungen oder Bedingungen als der Wegfall einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit aus betrieblichen Gründen in dieser „neuen Gesellschaft“ sind nicht explizit ausgedrückt (BAG 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 51).
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bb) Der Gesamtzusammenhang und die Regelungssystematik deuten nicht zwingend darauf, das Rückkehrrecht zur Beklagten auf die Zeit der Zugehörigkeit der „neuen Gesellschaft“ zum B-Konzern zu beschränken. Die JVR 1986 enthält zahlreiche Bestimmungen, die - ungeachtet ihrer jeweiligen kollektiv-rechtlichen Wirksamkeit - die Beibehaltung der bisher bei der Beklagten geltenden Arbeitsbedingungen einschließlich deren Verschlechterungen und Vergünstigungen zeitlich nicht begrenzen. Damit unterscheidet sich die JVR 1986 von der gleichfalls ein Rückkehrrecht beinhaltenden Betriebsvereinbarung, die von der Beklagten mit den zuständigen Betriebsräten am 4. Dezember 1990 anlässlich der Ausgliederung ihrer Magnetproduktaktivitäten in ein Tochterunternehmen geschlossen worden ist und die der Entscheidung des Senats vom 19. Oktober 2005 zugrunde lag (- 7 AZR 32/05 - [Magnetic]). Die Betriebspartner haben in dem Wissen darum, dass es sich bei der Gesellschaft, in die das Geschäftsfeld der kompatiblen Großcomputer und Peripheriesysteme zum 1. Januar 1987 ausgegliedert worden ist, um ein Joint Venture mit der S AG handelte, den wechselnden Arbeitnehmern das bei der Beklagten bestehende Niveau der Arbeitsbedingungen sichern wollen. Ein alleiniger Einfluss der Beklagten auf die C I GmbH war bereits bei Abschluss der JVR 1986 ausgeschlossen. Dies kann dafür sprechen, dass die in der JVR 1986 geregelten Leistungen für die wechselnden Arbeitnehmer - ungeachtet ihrer Wirksamkeit und Durchsetzbarkeit - nach der Vorstellung der Betriebspartner nur so lange gelten sollten, wie die Beklagte überhaupt eine Einflussmöglichkeit auf die C I GmbH als konzernzugehöriges Unternehmen hat (BAG 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 52).
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cc) Sinn und Zweck des in Nr. 15 JVR 1986 geregelten Rückkehrrechts sprechen deutlich dafür, dieses nicht unter dem ungeschriebenen Vorbehalt eines Verbleibs der „neuen Gesellschaft“ in der B-Gruppe zu verstehen. Die Betriebspartner haben die Konditionen eines Wechsels von Arbeitnehmern zu einer anderen Vertragsarbeitgeberin festgelegt, vor allem aber den Ausgleich der Nachteile geregelt, die den überwechselnden Arbeitnehmern durch die Ausgliederung des Geschäftsfelds der kompatiblen Großcomputer und Peripheriesysteme ggf. entstehen können. Die Ausgleichsnotwendigkeit ist durch den Wegfall des Arbeitsplatzes der betroffenen Arbeitnehmer bei der Beklagten veranlasst. Entscheidend ist weniger die Kompensation von Nachteilen wegen eines Wechsels zu einer ganz bestimmten (konzernzugehörigen) Arbeitgeberin, sondern wegen der Nichtfortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten. Hierfür haben die Betriebspartner ein Äquivalent in der Form einer Wiedereinstellungszusicherung geschaffen und die Bedingung hierfür folgerichtig allein an das Fehlen einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit aus betrieblichen Gründen innerhalb der „neuen Gesellschaft“ geknüpft. Gegen den ungeschriebenen Vorbehalt eines Verbleibs der „neuen Gesellschaft“ in der B-Gruppe spricht auch, dass es anderenfalls die Beklagte als beherrschendes Unternehmen weitgehend in der Hand hätte, allein durch die Veräußerung ihrer Gesellschaftsanteile die Rückkehransprüche der begünstigten Arbeitnehmer kompensationslos zu beseitigen. Deren Rechtspositionen könnten von der Konzernmutter der Beklagten durch einseitige Maßnahmen ersatzlos entwertet werden. Anderes würde nur dann gelten, wenn in einem solchen Fall des Ausscheidens aus der B-Gruppe der Eintritt einer aufschiebenden Bedingung des Rückkehrrechts gelegen und dieses somit - bereits - zu diesem Zeitpunkt entstanden wäre. So kann Nr. 15 JVR 1986 aber nicht verstanden werden. Auch die Beklagte beruft sich nicht auf eine derartige Deutung. Bei einem ungeschriebenen Vorbehalt des Verbleibs der „neuen Gesellschaft“ in der B-Gruppe bliebe schließlich völlig unklar, ob ein solcher Verbleib bereits mit dem Verlust der Mehrheitsanteile und der Beendigung des Konzernverhältnisses oder erst mit der Aufgabe jeglicher Beteiligung an der „neuen Gesellschaft“ endete. Auch dies spricht gegen einen derartigen ungeschriebenen Vorbehalt (BAG 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 53).
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3. Das für den Kläger bestehende, aufschiebend bedingte Rückkehrrecht ist auch nicht mit dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses zur C S GmbH, in die die Servicefunktionen der C I GmbH zum 1. September 2003 ausgegliedert wurden, erloschen. Abgesehen davon, dass die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 14. August 2003 für einen Wechsel zur C S GmbH die Fortgeltung des Rückkehrrechts entsprechend der Nr. 15 JVR 1986 zugesagt hat (vgl. auch BAG 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 56 ff.), wird dieser Anspruch durch einen Betriebsübergang nach § 613a BGB nicht berührt.
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a) Bisher hat der Senat die Frage offengelassen, ob sich die Wiedereinstellungszusage nach Nr. 15 JVR 1986 sachlich auf den Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit bei der C I GmbH beschränkt oder auch auf einen solchen bei deren Rechtsnachfolgern erstreckt (BAG 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 31, 55). Eine Auslegung der Regelung in Nr. 15 JVR 1986 ergibt, dass das Rückkehrrecht durch den Übergang eines Betriebes bzw. Betriebsteils weder ausgelöst wird noch verloren geht. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Arbeitnehmer der Überleitung seines Arbeitsverhältnisses nicht widerspricht.
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aa) Der Wortlaut der Regelung in Nr. 15 JVR 1986 verhält sich nicht ausdrücklich zur Frage der Rechtsnachfolge. Die Wortwahl „neue Gesellschaft“ spricht zwar eher dafür, dass die Betriebsparteien allein die C I GmbH und nicht auch etwaige Rechtsnachfolger oder Betriebsübernehmer gemeint haben. Der Ausdruck ist gewählt worden, weil die Firmenbezeichnung des Joint Venture im Zeitpunkt des Abschlusses der JVR 1986 noch nicht festgestanden hat. Der das Rückkehrrecht auslösende Wegfall der Weiterbeschäftigung aus betrieblichen Gründen „innerhalb der neuen Gesellschaft“ könnte daher allein auf einen solchen bei der C I GmbH - und nicht bei rechtsnachfolgenden Gesellschaften - verstanden werden (BAG 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 31, 55).
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bb) Entstehungsgeschichte und Regelungszweck lassen demgegenüber darauf schließen, dass der betroffene Arbeitnehmer eine Rückkehr zur Beklagten nach Maßgabe der Nr. 15 JVR 1986 auch - oder nur dann - beanspruchen kann, wenn er bei einem Rechtsnachfolger der „neuen Gesellschaft“ nicht mehr weiterbeschäftigt werden kann. Dies gilt in den Fällen des Betriebsübergangs jedenfalls dann, wenn der Arbeitnehmer von der Möglichkeit, dem Übergang des Arbeitsverhältnisses nach § 613a Abs. 6 BGB zu widersprechen, keinen Gebrauch macht, sondern mit seinem Einverständnis bei einer Rechtsnachfolgerin der „neuen Gesellschaft“ weiterbeschäftigt wird. Das Rückkehrrecht soll dem Umstand Rechnung tragen, dass der betroffene Arbeitnehmer mit der Beklagten im Verhältnis zu einem neu gegründeten Unternehmen, das wirtschaftlich schwächer ist, eine „sichere“ Arbeitgeberin verliert. Der damit von den Betriebsparteien verfolgte Zweck, das Bestandsschutzinteresse des Arbeitnehmers an einer arbeitsvertraglichen Beschäftigungsmöglichkeit zu sichern, besteht auch, wenn an die Stelle der „neuen Gesellschaft“ nach § 613a Abs. 1 BGB ein weiterer neuer Arbeitgeber tritt. Dem entspricht es, dass das Rückkehrrecht nur dann ausgelöst wird, wenn bei dem - letzten - Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung aus betrieblichen Gründen nicht mehr möglich ist. Diese Voraussetzung tritt aber allein durch einen Betriebsteilübergang bzw. Betriebsübergang nicht ein. Geht das Arbeitsverhältnis auf den Erwerber über, bleibt der Arbeitnehmer vor dem Verlust einer Weiterbeschäftigung aus betrieblichen Gründen durch Nr. 15 JVR 1986 weiter umfassend geschützt.
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b) Die Servicefunktionen der C I GmbH sind zum 1. September 2003 auf die C S GmbH ausgegliedert worden. Bei dieser Ausgliederung handelt es sich nach den unstreitigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts um einen Betriebsübergang iSd. § 613a Abs. 1 BGB. Damit bestand das aufschiebend bedingte Rückkehrrecht über den 1. September 2003 hinaus fort.
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4. Das Landesarbeitsgericht hat weiter zutreffend erkannt, dass die aufschiebende Bedingung nicht eingetreten ist, nachdem das Arbeitsverhältnis des Klägers nach § 613a Abs. 1 BGB von der C S GmbH im Anschluss an die betriebsbedingte Insolvenzkündigung auf die A GmbH übergegangen ist und der Kläger dort während der Probezeit ohne betriebliche Veranlassung selbst gekündigt hat, um ein Arbeitsverhältnis mit einem anderen Arbeitgeber zu begründen.
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a) Der für den Kläger maßgebliche Betriebsteil „IT-Service“ der C S GmbH, der sich mit Tätigkeiten im Wartungs- und Installationsbereich befasst, ist auf die A GmbH nach § 613a Abs. 1 BGB übergegangen.
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aa) Ein Betriebs- oder Betriebsteilübergang nach § 613a Abs. 1 BGB setzt die Wahrung der Identität der betreffenden wirtschaftlichen Einheit voraus. Eine solche besteht aus einer organisatorischen Gesamtheit von Personen und/oder Sachen zur auf Dauer angelegten Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung. Ob ein im Wesentlichen unveränderter Fortbestand der organisierten Gesamtheit „Betrieb“ bei einem neuen Inhaber anzunehmen ist, richtet sich nach den Umständen des konkreten Falls. Als Teilaspekte der Gesamtwürdigung zählen insbesondere die Art des betreffenden Betriebes, der Übergang materieller Betriebsmittel wie beweglicher Güter und Gebäude, der Wert immaterieller Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs, die Übernahme der Hauptbelegschaft durch den neuen Inhaber, der Übergang von Kundschaft und Lieferantenbeziehungen, der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer einer Unterbrechung dieser Tätigkeit. Die Identität der Einheit kann sich auch aus anderen Merkmalen ergeben, wie ihrem Personal, ihren Führungskräften, ihrer Arbeitsorganisation, ihren Betriebsmethoden und ggf. den ihr zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln. Den für das Vorliegen eines Übergangs maßgeblichen Kriterien kommt je nach der ausgeübten Tätigkeit und je nach den Produktions- oder Betriebsmethoden unterschiedliches Gewicht zu ( BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 181/11 - Rn. 30 ff. mwN).
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Dem Übergang eines gesamten Betriebes steht der Übergang eines Betriebsteils gleich. Auch beim Erwerb eines Betriebsteils ist es erforderlich, dass die wirtschaftliche Einheit ihre Identität wahrt. Daher muss eine Teileinheit des Betriebes bereits beim früheren Betriebsinhaber die Qualität eines Betriebsteils gehabt haben. Beim bisherigen Betriebsinhaber musste also eine selbständig abtrennbare organisatorische Einheit vorhanden sein, mit der innerhalb des betrieblichen Gesamtzwecks ein Teilzweck verfolgt wurde. Das Merkmal des Teilzwecks dient zur Abgrenzung der organisatorischen Einheit. Im Teilbetrieb müssen keine andersartigen Zwecke als im übrigen Betrieb verfolgt werden. Ergibt die Gesamtbetrachtung eine identifizierbare wirtschaftliche und organisatorische Teileinheit, so muss diese beim Erwerber im Wesentlichen unverändert fortbestehen, wobei der übertragene Betriebsteil seine organisatorische Selbständigkeit beim Betriebserwerber nicht vollständig bewahren muss. Vielmehr genügt es, dass der Betriebs(teil)erwerber die funktionelle Verknüpfung zwischen den übertragenen Produktionsfaktoren beibehält und es ihm derart ermöglicht wird, diese Faktoren zu nutzen, um derselben oder einer gleichartigen wirtschaftlichen Tätigkeit nachzugehen (BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 181/11 - Rn. 33).
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bb) Wie der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts zu vorliegendem Sachverhalt bereits entschieden hat, hat die A GmbH nicht den gesamten Betrieb der C S GmbH, sondern nur den Betriebsteil „IT-Service“ durch Rechtsgeschäft nach § 613a Abs. 1 BGB übernommen(BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 181/11 - Rn. 30 ff.; vgl. auch - 8 AZR 243/11 und 8 AZR 244/11 -); der daneben bestehende Bereich der „Druckerwartung“ der C S GmbH ist ein eigenständiger Betriebsteil, der nicht übernommen worden ist (BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 181/11 - Rn. 71). Der Senat schließt sich den Erwägungen des Achten Senats uneingeschränkt an und sieht von deren erneuter Darstellung ab.
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b) Die in Nr. 15 JVR 1986 vorgesehene, das Rückkehrrecht auslösende aufschiebende Bedingung ist nicht eingetreten. Für den Kläger bestand nach dem mit Wirkung ab 5. Oktober 2009 übernommenen Betriebsteil „IT-Service“ trotz der Insolvenzverwalterkündigung vom 1. Oktober 2009 eine unveränderte Weiterbeschäftigungsmöglichkeit bei der A GmbH. Diese ist nicht aus betrieblichen Gründen entfallen, sondern durch die Eigenkündigung des Klägers.
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-
aa) Dem Eintritt der aufschiebenden Bedingung für den Rückkehranspruch steht allerdings nicht etwa entgegen, dass der Kläger die betriebsbedingte Kündigung des Insolvenzverwalters über das Vermögen der C S GmbH vom 1. Oktober 2009 nicht gerichtlich angegriffen hat. Nr. 15 JVR 1986 verlangt nur, dass „eine Weiterbeschäftigung innerhalb der neuen Gesellschaft aus betrieblichen Gründen nicht mehr möglich ist“. Eine rechtswirksame betriebsbedingte Kündigung ist nicht zwingend erforderlich. Der Wiedereinstellungsanspruch setzt nur die Unmöglichkeit einer Weiterbeschäftigung aus betrieblichen Gründen voraus. Weder Wortlaut, Systematik noch Sinn und Zweck der Regelung enthalten Anhaltspunkte dafür, dass die Wirksamkeit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der „neuen Gesellschaft“ den Anforderungen nach § 1 Abs. 2 und Abs. 3 KSchG entsprechen - und ggf. sogar einer gerichtlichen Prüfung unterzogen sein - muss. In einem solchen Verständnis hielte das Rückkehrrecht im Übrigen auch der Binnenschranke einer Verhältnismäßigkeitskontrolle nicht stand. Es handelte sich um eine dem Arbeitnehmer unzumutbare, mit § 75 Abs. 1 BetrVG unvereinbare Bedingung(BAG 14. März 2012 - 7 AZR 147/11 - Rn. 63).
- 50
-
bb) Die auflösende Bedingung ist jedoch deshalb nicht eingetreten, weil die Weiterbeschäftigung des Klägers bei der A GmbH nicht aus betrieblichen Gründen, sondern wegen der Eigenkündigung des Klägers unmöglich wurde. Die nach dem Betriebsübergang weiter bestehende Beschäftigungsmöglichkeit iSd. Nr. 15 JVR 1986 ist auch nicht etwa vor der Eigenkündigung des Klägers durch betriebliche Gründe entfallen. Das von der Rückkehrregelung in Nr. 15 JVR 1986 erfasste Risiko eines Arbeitsplatzverlustes aus betrieblichen Gründen hat sich nicht realisiert. Soweit im Anschluss an die Rechtsprechung zum Anspruch auf eine Sozialplanabfindung (BAG 13. Februar 2007 - 1 AZR 184/06 - Rn. 30, BAGE 121, 168) und zur Anzahl von Arbeitnehmern bei Massenentlassungsanzeigen nach § 17 KSchG(BAG 28. Juni 2012 - 6 AZR 780/10 - Rn. 48) auch in diesem Zusammenhang erwogen werden könnte, ein Rückkehrrecht bei einer von der Rechtsnachfolgerin veranlassten Beendigung aufgrund Aufhebungsvertrags oder Eigenkündigung anzunehmen, bedarf es dazu hier keiner Entscheidung. Ein solcher Fall liegt nicht vor.
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C. Die Hilfsanträge sind dem Senat damit nicht zur Entscheidung angefallen. Der Hilfsantrag zu 2. ist, wie die Klägervertreterin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt hat, nur für den Fall gestellt, dass der Senat einen Wiedereinstellungsanspruch als technischen Mitarbeiter verneinen sollte. Die Hilfsanträge zu 3. und zu 4. sind nur für den Fall des Obsiegens des Klägers mit dem Hauptantrag oder dem Hilfsantrag zu 2. gestellt.
-
Linsenmaier
Linsenmaier
Kiel
Willms
Busch
Tenor
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Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 30. November 2010 - 1 Sa 367/10 - wird zurückgewiesen.
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Die Kosten des Revisionsverfahrens bis zur Rücknahme der Revision des Klägers haben der Kläger zu 1/4 und die Beklagte zu 3/4 zu tragen. Im Übrigen hat die Beklagte die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
- 1
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Die Parteien streiten zuletzt noch über eine Verpflichtung der Beklagten, mit dem Kläger (wieder) ein Arbeitsverhältnis zu begründen.
- 2
-
Der Kläger war bei der Beklagten seit dem 1. Januar 1980 als Servicetechniker beschäftigt. Zum 1. Januar 1987 gliederte die Beklagte ihr Geschäftsfeld der kompatiblen Großcomputer und Peripheriesysteme aus und überführte es in die C I GmbH, einem von der Beklagten und der S AG neu gegründeten Joint Venture. Die Firmenbezeichnung dieser Gesellschaft stand Ende 1986 noch nicht fest; die Beklagte hielt nach ihrer Darstellung zunächst 66,5 % sowie die S AG 33,5 % der Gesellschaftsanteile.
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In einem an den Kläger gerichteten Schreiben vom 4. November 1986 informierte die Beklagte ihn - wie auch die anderen für einen Wechsel in die C I GmbH vorgesehenen Mitarbeiter - über das Ausgliederungsvorhaben und führte wörtlich ua. aus:
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„Hinsichtlich der vorgesehenen vertraglichen Rahmenbedingungen möchten wir Ihnen folgendes mitteilen:
○
...
○
… Am 01.01.1987 treten Sie in unserem Interesse in ein Arbeitsverhältnis zur neuen Gesellschaft über. Dabei ist sichergestellt, daß bestehende arbeitsvertragliche und betriebliche Regelungen der B Aktiengesellschaft Bestandteil ihres Arbeitsvertrages mit der neuen Gesellschaft werden.
○
Für den Fall, daß aus betrieblichen Gründen das Arbeitsverhältnis mit der neuen Gesellschaft endet, wird Ihnen die Wiedereinstellung bei der B Aktiengesellschaft angeboten. Über die Annahme dieses Angebotes haben Sie die B Aktiengesellschaft spätestens einen Monat vor Beendigung Ihres Arbeitsverhältnisses mit der neuen Gesellschaft zu unterrichten. Im Falle des Wiedereintritts gelten die dann bei der B Aktiengesellschaft üblichen vertraglichen Bedingungen und Ihre letzten Gehaltsbezüge bei der neuen Gesellschaft.
In den nächsten Tagen werden wir im Rahmen von Informationsveranstaltungen zu den Fragen Stellung nehmen, die für Sie von allgemeinem und besonderem Interesse sind.“
-
Die Beklagte und der bei ihr bestehende Betriebsrat führten vor der Ausgliederung Verhandlungen über deren Folgen. Am 4. Dezember 1986 schlossen sie eine mit „Rahmenbedingungen für in das Joint-venture B/S übertretende B AG-Mitarbeiter“ (im Folgenden: JVR 1986) überschriebene Vereinbarung. Sie hat folgenden Wortlaut:
-
„Aus Anlaß der Ausgliederung des Geschäfts mit kompatiblen Großcomputern und Peripheriesystemen aus der B AG zum 01.01.87 wird zwischen Unternehmensleitung und Betriebsrat folgendes vereinbart:
1.
Die neue Gesellschaft, die ihren Sitz in Ma haben wird, wird die bisherigen Standorte der zur Ausgliederung aus der B AG anstehenden Betriebsteile in Ma und L ab 01.01.87 beibehalten. Standortveränderungen für die Verkaufsbüros sind z. Zt. nicht beabsichtigt. Bei den Standorten H und M kann es mittelfristig zu Umzügen innerhalb der Standorte kommen.
2.
Die neue Gesellschaft wird Mitglied des Arbeitgeberverbands Chemie Baden-Württemberg e. V.
3.
Alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen (künftig nur: Mitarbeiter), deren Arbeitsverhältnisse am 01.01.87 auf die neue Gesellschaft übergehen, erhalten von der B AG eine entsprechende - mit dem Betriebsrat abgestimmte - schriftliche Mitteilung. Betroffen hiervon sind grundsätzlich alle derzeit in dem Geschäft mit kompatiblen Großcomputern und Peripheriesystemen tätigen Mitarbeiter. Sonderfälle sind zwischen Mitarbeiter, Betriebsrat und Unternehmensleitung der B AG mit dem ernsthaften Willen zur Einigung zu beraten.
4.
Ungeachtet der Bestimmung von Ziff. 3 Satz 3 kann jeder Mitarbeiter, der eine Mitteilung gem. Ziff. 3 erhalten hat, dem Übergang des Arbeitsverhältnisses bis spätestens 31.12.86 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch hat zur Folge, daß das mit der B AG bestehende Arbeitsverhältnis nicht auf die neue Gesellschaft übergeht.
5.
Im Falle des Widerspruchs eines Mitarbeiters ist die B AG verpflichtet, diesem unter Berücksichtigung der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten einen adäquaten Arbeitsplatz anzubieten. Sofern ein solcher nicht vorhanden oder frei ist, wird das Arbeitsverhältnis regelmäßig einvernehmlich (Aufhebungsvertrag) oder - unter Beachtung der gesetzlichen Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bei personellen Einzelmaßnahmen - durch einseitige Gestaltungserklärung (Kündigung des Mitarbeiters oder des Arbeitgebers) enden. Im Falle einer Kündigung durch den Mitarbeiter ist die B AG grundsätzlich bereit, auf die Einhaltung der Kündigungsfrist über den 31.12.86 hinaus zu verzichten. Die Gewährung der Jahresprämie 1986 wird dadurch nicht berührt.
6.
Mitarbeiter mit mindestens 25 Dienstjahren, die zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs das 55. Lebensjahr vollendet haben und die nicht mehr in die neue Gesellschaft überwechseln wollen, können auf Wunsch in der B AG verbleiben oder durch Aufhebungsvertrag aus der B AG ausscheiden.
7.
Bezüglich der arbeitsvertraglichen Rechte und Pflichten derjenigen Mitarbeiter, deren Arbeitsverhältnisse am 01.01.87 auf die neue Gesellschaft übergehen, gilt folgendes:
a)
Durch den Wechsel in die neue Gesellschaft ändert sich die Tätigkeit der Mitarbeiter in der Regel nicht. Sofern dies im Einzelfall doch der Fall ist, wird die Tätigkeit des Mitarbeiters in der neuen Gesellschaft seiner bisherigen in der B AG zumindest adäquat sein.
b)
Die mit der B AG abgeschlossenen schriftlichen Arbeitsverträge gehen zum 01.01.87 vollinhaltlich auf die neue Gesellschaft über. Dies gilt insbesondere auch für die in Teilzeit beschäftigten Mitarbeiter.
c)
Alle in der B AG zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestehenden kollektiven Regelungen (Betriebsvereinbarungen, Regelungsabreden, betriebliche Übungen), aus denen sich Rechte und Pflichten der Mitarbeiter ergeben, werden mit Wirkung vom 01.01.87 zusätzlicher Bestandteil der jeweiligen Einzelarbeitsverträge der in die neue Gesellschaft überwechselnden Mitarbeiter (§ 613 a BGB). In Ergänzung und Konkretisierung hierzu wird folgendes festgelegt:
aa)
Die nachfolgend im einzelnen aufgeführten Regelungen gelten für die am 01.01.87 übertretenden B-Mitarbeiter bis zu ihrem Ausscheiden aus der neuen Gesellschaft fort. Verbesserungen und/oder Verschlechterungen dieser Betriebsvereinbarungen in der B AG nach 1987 führen unmittelbar zu einer entsprechenden Verbesserung/Verschlechterung für die zum 01.01.87 überwechselnden B-Mitarbeiter. Im einzelnen handelt es sich hierbei um folgende Regelungen:
•
B-Altersversorgung
•
Betriebsvereinbarung Nr. 3 (Regelungen für Mitarbeiter mit politischen Mandaten und ehrenamtlichen Tätigkeiten)
•
Betriebsvereinbarung Nr. 13 (Jubiläumsgaben und Dienstaltersprämien)
•
Betriebsvereinbarung Nr. 14 (Leistungen bei unverschuldeter Arbeitsunfähigkeit sowie bei Heilverfahren)
•
Betriebsvereinbarung Nr. 32 (Entlohnungsgrundsätze für außertarifliche Angestellte) mit der Maßgabe, daß als Bezugsgröße die Bestimmungen der Tarifverträge für Baden-Württemberg gelten.
•
Altersteilzeit und Altersfreizeit für AT-Mitarbeiter
•
Programm ‚Eltern und Kind’
•
‚Absprache zur Behandlung der WSZ bei tariflichen Alters- und Meisterjahressprüngen, bei C.3-Zulagen und Umgruppierungen’, unter Berücksichtigung der baden-württembergischen Tarifgruppenstruktur
bb)
Ziff. 7 c) aa) gilt entsprechend für folgende, nicht in förmlichen Betriebsvereinbarungen oder Regelungsabreden festgelegte Regelungen:
•
Die Erhöhung der WSZ bei Tarifmitarbeitern erfolgt bis einschließlich 1992 nach den jährlich in der B AG geltenden Vorgaben.
•
Allgemeine Gesundheitsvorsorgemaßnahmen nach Gruppe II
•
Gewährung von Hypothekendarlehen der Pensionskasse sowie von Belegschaftsdarlehen und zinslosen Darlehen durch die B AG
•
Urlaubsgeldpauschalen für außertarifliche und schwerbehinderte Mitarbeiter
•
Gewährung von Pensionierungsurlaub
•
Gewährung von Vorzugsaktien für AT-Mitarbeiter (anstelle vermögenswirksamer Leistungen)
•
Möglichkeit des Bezugs von B-Aktien im Rahmen der Netto-Jahresprämie
•
Gewährung von Zusatzurlaub für die den Schwerbehinderten gleichgestellten Mitarbeiter
•
Mehrarbeitspauschale und Dienstwagenregelung für Außendienst-Mitarbeiter
•
‚Richtlinien für Dienstwagen’ sowie für ‚Bereitschaft, Noteinsätze, Meldung von Überstunden und Abfeiern’ (ORGA)
cc)
Die zum 01.01.87 übertretenden B-Mitarbeiter werden folgende Leistungen entsprechend Ziff. 7 c) aa) - jeweils nach den in der B AG geltenden Regelungen - weiterhin in Anspruch nehmen können:
•
Werksärztlicher Dienst der B AG
•
Leistungen der Br-Stiftung entsprechend der Satzung
•
Werkbücherei
•
Privatabgabestellen mit Ausnahme des Technischen Lagers (Schrottlager)
•
Belegschaftsrabatt im Verkaufs-Center (Z 23)
•
Derzeitiges Kantinenangebot bzw. Essensgeldzuschußzahlung
•
Freizeit-/und Abendkursangebot
dd)
Die B Betriebskrankenkasse wird gesetzliche Pflichtkrankenkasse der neuen Gesellschaft. Freiwillig Versicherte können ihre Mitgliedschaft in der Betriebskrankenkasse fortführen. Mitgliedschaften in der Sterbekasse bleiben unberührt.
ee)
Bis einschließlich 1990 erhalten die von der B AG in die neue Gesellschaft überwechselnden Mitarbeiter eine Jahresprämie in Höhe der B AG-Jahresprämie.
ff)
Die B AG wird sicherstellen, daß die neue Gesellschaft den übertretenden B-Mitarbeitern den in der B AG üblichen Unfallversicherungsschutz (Invaliditätsfall, Todesfall) gewährt.
gg)
Soweit ein Mitarbeiter, dessen Arbeitsverhältnis am 01.01.87 auf die neue Gesellschaft übergeht, Mieter einer G/E-Wohnung ist oder ein zinsloses oder verzinsliches Darlehen von der B AG oder der Pensionskasse erhalten hat, werden die Rechte und Pflichten der Mitarbeiter (Mietvertrag, Darlehensbedingungen) durch den Übertritt in die neue Gesellschaft nicht berührt.
8.
Hinsichtlich der Dienstreiserichtlinien, der Umzugskostenregelung einschl. der Bedingungen für die Gewährung eines Mietzuschusses sowie der Versetzungs- und Entsendungsrichtlinien verbleibt es für die übertretenden B-Mitarbeiter ab 01.01.87 bei den bisherigen (B-)Regelungen. Die neue Gesellschaft wird diese Regelungen im Interesse einer Vereinheitlichung neu fassen. Die Neufassung darf und wird jedoch insgesamt nicht zu einer Schlechterstellung der übertretenden B-Mitarbeiter führen.
9.
Die vorstehenden Ausführungen (Ziff. 8) gelten entsprechend für die derzeit für die übertretenden Mitarbeiter gültige Gleitzeitregelung.
10.
Mitarbeitern, die dem Schutz des Schwerbehindertengesetzes unterliegen, dürfen durch den Übertritt in die neue Gesellschaft keine Nachteile entstehen. Bei notwendigen Umsetzungen schwerbehinderter Mitarbeiter gilt das in der B AG für Umschulungen praktizierte Verfahren.
11.
Die übertretenden Mitarbeiter können sich bis einschließlich 1992 zu den in der B AG geltenden Bedingungen an der internen Stellenausschreibung in der BASF-Werkszeitung beteiligen. Danach gelten die Regeln für Inlandsgruppengesellschaften.
12.
Die Ausbildungsleistungen, welche die B bislang für den ausgegliederten Betriebsteil erbracht hat, werden durch die Ausgliederung nicht berührt. Darüber hinaus wird die neue Gesellschaft zur Deckung ihres Personalbedarfs vorrangig B-Ausgebildete einstellen.
13.
Über die zuvor ausdrücklich angesprochenen, mit dem Übertritt in die neue Gesellschaft für die Mitarbeiter verbundenen Rechte und Pflichten hinaus werden die Unternehmensleitung und der Betriebsrat der B AG im Rahmen ihrer Möglichkeiten sicherstellen, daß nach Gründung der neuen Gesellschaft Betriebsrat und Unternehmensleitung dieser Gesellschaft in angemessener Frist ein alle nicht ausdrücklich erwähnte Betriebsvereinbarungen, Regelungsabreden und betriebliche Übungen einschließendes eigenständiges kollektives Regelwerk erstellen, welches für die zum 01.01.87 übertretenden B-Mitarbeiter insgesamt im Vergleich zu den zum Übertrittszeitpunkt in der B AG geltenden Regelungen nicht zu einer Schlechterstellung führen darf.
14.
Die Eingruppierung und das Entgelt der in die neue Gesellschaft übertretenden B-Mitarbeiter richten sich nach dem Gehaltsrahmen-Tarifvertrag Baden-Württemberg für die chemische Industrie sowie dem am 01.01.87 geltenden Gehaltstarifvertrag. Dabei wird sichergestellt, daß sich die Mitarbeiter bei ihrem Übertritt insgesamt nicht schlechter stellen als nach den bisher für sie geltenden Tarifverträgen des Tarifbezirkes Rheinland-Pfalz. Die tarifliche Eingruppierung sowie die Höhe des Entgelts ergeben sich aus der unter Ziff. 3 genannten schriftlichen Mitteilung an die Mitarbeiter, welche diese spätestens am 10.12.86 erhalten sollen.
Für außertarifliche Mitarbeiter ergibt sich die Höhe des Entgelts unter Berücksichtigung der weitergeltenden BV 32 (vgl. Ziff. 7 c) aa)) aus dem übergehenden Einzelarbeitsvertrag.
15.
Die B AG garantiert den am 01.01.87 in die neue Gesellschaft überwechselnden Mitarbeitern ein Rückkehrrecht auf einen adäquaten Arbeitsplatz in der B AG, sofern eine Weiterbeschäftigung innerhalb der neuen Gesellschaft aus betrieblichen Gründen nicht mehr möglich ist.
…“
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Mit Schreiben vom 9. Dezember 1986 unterrichtete die Beklagte den Kläger über den Abschluss der JVR 1986 und händigte ihm eine Abschrift hiervon aus. In dem vom Kläger gegengezeichneten und in der Zweitschrift an die Beklagte zurückgesandten Schreiben heißt es, dass er die sich „aus dem Übergang des Arbeitsverhältnisses ergebenden Rechte und Pflichten den Rahmenbedingungen entnehmen“ könne. Mit Wirkung zum 1. Januar 1987 ging das Arbeitsverhältnis des Klägers nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die C I GmbH über.
-
In den Folgejahren erwarb die Beklagte von der S AG sukzessive deren Geschäftsanteile an der C I GmbH. In drei Tranchen - zum 1. Mai 1996, am 16. Juli 1998 sowie am 25. Oktober 1999 - veräußerte sie die Anteile an die P GmbH, die später in C H GmbH umfirmierte. Im Sommer 2003 informierte die C I GmbH die Beklagte über eine beabsichtigte Verschmelzung auf die C H GmbH, die noch vor der Umwandlung in C GmbH umfirmierte. Auf der Grundlage einer vorherigen Anfrage der C I GmbH erhielten die ehemaligen Mitarbeiter - darunter auch der Kläger - ein Schreiben der Beklagten vom 12. Dezember 2003. In diesem ist ua. ausgeführt:
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„… auf Anfrage von C … bestätigen wir Ihnen für den Fall der uns von C mitgeteilten geplanten Verschmelzung … gerne auch persönlich folgendes:
Sofern Sie von dem genannten Verschmelzungsvorhaben erfasst sind und für Sie die Joint-Venture-Regelung vom 04.12.1986 anwendbar ist, bleibt bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen eine nach Maßgabe von Ziffer 15 der Joint-Venture-Regelung etwa begründete Rechtsposition von dem Verschmelzungsvorhaben unberührt.“
-
Zum 1. Februar 2004 verschmolz die C I GmbH auf die C GmbH. Diese informierte Anfang 2005 die Beklagte über die geplante Versetzung mehrerer ihrer ehemaligen Mitarbeiter in neu gegründete Regionalgesellschaften. In diesem Zusammenhang erklärte die Beklagte in einem an ihre - jedenfalls von der Versetzung in die C Nord GmbH & Co. KG und in die C West GmbH & Co. KG betroffenen - ehemaligen Mitarbeiter gerichteten Schreiben vom 10. Februar 2005:
-
„… Sofern auf Sie die Joint-Venture-Regelung vom 04.12.1986 anwendbar ist, bleibt bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen eine nach Maßgabe von Ziffer 15 der Joint-Venture-Regelung etwa begründete Rechtsposition von der Versetzung unberührt.“
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Auch der Kläger erhielt dieses Schreiben vom 10. Februar 2005. Zum Ablauf des Jahres 2008 verschmolzen einige Regionalgesellschaften auf die C GmbH.
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Das Arbeitsverhältnis des Klägers ging im Zuge der Verschmelzung der C I GmbH auf die C GmbH über. Anfang 2005 wechselte der Kläger aufgrund der Ausgliederung in Regionalgesellschaften zu der C R GmbH & Co. KG. Anlässlich der Verschmelzung der Regionalgesellschaften auf die C GmbH zum Ablauf des Jahres 2008 wechselte er wiederum zu dieser Arbeitgeberin und war dort zuletzt als Systemberater beschäftigt.
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Mit Beschluss vom 1. Oktober 2009 wurde über das Vermögen der C GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger am 12. Oktober 2009 zum 31. Januar 2010. Über die hiergegen vom Kläger erhobene Kündigungsschutzklage war im Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung noch nicht rechtskräftig befunden; jedenfalls war der Betrieb der Insolvenzschuldnerin stillgelegt. Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 5. Oktober 2009 machte der Kläger gegenüber der Beklagten die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sowie seine Wiedereinstellung geltend, was diese ablehnte.
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Mit seiner der Beklagten am 1. April 2010 zugestellten Erweiterung der ursprünglich nur auf eine Verurteilung zur Beschäftigung gerichteten Klage hat der Kläger die Auffassung vertreten, die Beklagte sei zu einer Neubegründung des Arbeitsverhältnisses verpflichtet. Ziffer 15 der JVR 1986 beinhalte ein zeitlich nicht befristetes Rückkehrrecht allein unter der - nunmehr eingetretenen - Bedingung, dass eine Weiterbeschäftigung in der neuen Gesellschaft aus betrieblichen Gründen nicht mehr möglich sei. Die Bestimmung stehe nicht unter dem Vorbehalt, dass die neue Gesellschaft im Zeitpunkt der Rückkehr noch zum Konzern der Beklagten gehören müsse; dies zeigten auch die Schreiben der Beklagten an ihn aus den Jahren 2003 und 2005. Mit diesen Schreiben sei überdies eine einzelvertragliche Wiedereinstellungszusage erklärt worden.
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Der Kläger hat - soweit für das Revisionsverfahren zuletzt noch von Bedeutung - beantragt,
-
die Beklagte zu verurteilen, sein Angebot auf Wiedereinstellung mit Wirkung ab dem 1. Oktober 2009 als Systemberater/technischer Angestellter zu den bei der B üblichen Arbeitsbedingungen mit einer Jahresvergütung in Höhe von 60.000,00 Euro brutto zuzüglich variabler Vergütung unter Anrechnung einer Betriebszugehörigkeit seit dem 1. Januar 1980 anzunehmen.
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Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat sich auf den Standpunkt gestellt, es bestehe kein kollektiv-rechtlicher Rückkehranspruch. Mit Ziffer 15 der JVR 1986 hätten die Betriebspartner außerhalb ihrer Normsetzungsbefugnis gehandelt und außerdem im Hinblick auf den Wiedereinstellungsanspruch nach § 13 Abschn. VI des für die Beklagte geltenden Manteltarifvertrags Bergbau, Chemie, Energie (MTV) den Tarifvorrang von § 77 Abs. 3 BetrVG verkannt. Ungeachtet dessen seien die Voraussetzungen für einen kollektiv-rechtlichen Wiedereinstellungsanspruch nicht gegeben. Das in Ziffer 15 der JVR 1986 vorgesehene Rückkehrrecht sei - wie die gesamten Rahmenbedingungen - auf den Zeitraum befristet, in dem die „neue Gesellschaft“ dem Konzernverbund der Beklagten angehöre. Sachlich sei es auf einen Verlust der Beschäftigungsmöglichkeit in einer Gesellschaft beschränkt, in der der Kläger zuletzt nicht mehr beschäftigt gewesen sei. Ein Wiedereinstellungsanspruch könne nicht auf die Korrespondenz mit den betroffenen Mitarbeitern nach dem Ausscheiden der C I GmbH aus dem Konzernverbund der Beklagten gestützt werden. Die Beklagte habe in ihren Schreiben stets auf eine „etwa begründete Rechtsposition“ verwiesen; eine solche habe dem Kläger bereits im Zeitpunkt der Schreiben nicht (mehr) zugestanden.
-
Das Arbeitsgericht hat dem - in der I. Instanz äußerst hilfsweise gestellten - Begehren auf Wiedereinstellung in der Fassung der Antragstellung entsprochen und die ursprünglich vom Kläger in erster Linie sowie hilfsweise verfolgten Beschäftigungsanträge abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen - die arbeitsgerichtliche Entscheidung zT abgeändert und den Urteilstenor „zur Klarstellung“ wie folgt gefasst:
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„Die Beklagte wird verurteilt, das Angebot des Klägers auf Abschluss eines Arbeitsvertrages ab dem 1. Februar 2010 auf einem adäquaten Arbeitsplatz in der B zu den bei der Beklagten üblichen Bedingungen anzunehmen.“
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Die die Abweisung der Beschäftigungsanträge betreffende Anschlussberufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Der Kläger hat seine - nur diese Anträge betreffende - Revision in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zurückgenommen. Die Beklagte begehrt mit ihrer ua. auf die Rügen einer Verletzung von § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO und von § 313 Abs. 1 Nr. 4 iVm. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO gestützten Revision die Abweisung(auch) des Wiedereinstellungsantrags. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Das angefochtene Urteil ist nicht verfahrensfehlerhaft. Der Entscheidungsausspruch ist weder unbestimmt, noch hat das Berufungsgericht dem Kläger unter Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO etwas zuerkannt, was dieser nicht beantragt hat. Der Antrag in der vom Landesarbeitsgericht tenorierten Fassung ist zulässig und begründet. Der Anspruch des Klägers auf Abschluss eines Arbeitsvertrags mit der Beklagten folgt aus Ziffer 15 der JVR 1986 iVm. den Schreiben der Beklagten vom 12. Dezember 2003 und vom 10. Februar 2005.
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A. Die Revision rügt ohne Erfolg, dass der Ausspruch des Berufungsgerichts unbestimmt ist und darüber hinaus dem Kläger etwas zugesprochen hat, was nicht Gegenstand der Klage war.
- 18
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I. Das angefochtene Urteil verstößt nicht gegen § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO.
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1. Nach § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO enthält ein verfahrensbeendendes Urteil eine Urteilsformel. Diese muss hinreichend deutlich gefasst sein. Das Erfordernis der - von Amts wegen zu prüfenden - Bestimmtheit des Urteilsausspruchs dient der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit. Der Umfang der materiellen Rechtskraft iSv. § 322 Abs. 1 ZPO und damit die Entscheidungswirkungen müssen festgestellt werden können(vgl. für den Entscheidungsausspruch im Beschlussverfahren BAG 12. Januar 2011 - 7 ABR 25/09 - Rn. 19, AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 48 = EzA BetrVG 2001 § 99 Nr. 21). Bei diesen Feststellungen sind Tatbestand und Entscheidungsgründe ergänzend heranzuziehen, wenn die Urteilsformel den Streitgegenstand und damit den Umfang der Rechtskraft nicht für sich gesehen erkennen lässt (für eine klageabweisende Entscheidung vgl. BAG 19. Januar 2010 - 1 ABR 55/08 - Rn. 15 mwN, BAGE 133, 75; BGH 19. Mai 2011 - I ZB 57/10 - Rn. 7 mwN, BGHZ 190, 1). Insbesondere bei einer Verurteilung zu einer Willenserklärung kann zur Ermittlung des Inhalts einer auslegungsbedürftigen Urteilsformel ein Rückgriff auf Tatbestand und Entscheidungsgründe erforderlich sein (vgl. BGH 8. Juni 2011 - VIII ZR 204/10 - Rn. 9 mwN, NJW-RR 2011, 1382). Ein auf die Abgabe einer Willenserklärung gerichteter Urteilsspruch ist nur dann bestimmt, wenn er so gefasst ist, dass der Inhalt der nach § 894 Satz 1 ZPO fingierten Erklärung klar ist(vgl. BGH 19. Mai 2011 - I ZB 57/10 - Rn. 7 mwN, aaO). Geht es um den Abschluss eines Arbeitsvertrags, muss die nach der speziellen Vollstreckungsregel des § 894 Satz 1 ZPO als abgegeben geltende Willenserklärung den für eine Vertragseinigung notwendigen Mindestinhalt(essentialia negotii) umfassen. Nach § 611 Abs. 1 BGB gehören hierzu die „versprochenen Dienste“, also Art und Beginn der Arbeitsleistung. Eine Einigung über weitere Inhalte ist nicht erforderlich, sofern klar ist, dass die Arbeitsleistung überhaupt vergütet werden soll (vgl. Schaub/Linck ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 32 Rn. 4; Küttner/Röller Personalbuch 2012 19. Aufl. Arbeitsvertrag Rn. 7). Der Umfang der Arbeitsleistung und die Dauer des Arbeitsverhältnisses bestimmen sich ggf. nach den üblichen Umständen; die Vergütung folgt ggf. aus § 612 BGB.
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2. Hiernach ist die Entscheidungsformel im landesarbeitsgerichtlichen Urteil hinreichend bestimmt. Die Verurteilung zur Annahme eines Angebots auf Abschluss eines Arbeitsvertrags benennt den Zeitpunkt des begehrten Vertragsschlusses. Der Umfang der geschuldeten Arbeitsleistung in dem mit der Verurteilung zustande gekommenen Vertrag lässt sich ausreichend deutlich klären. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte handelt es sich um eine unbefristete Vollzeitbeschäftigung. Auch der Inhalt der Tätigkeit ist ausreichend beschrieben. Zwar eröffnet die Formulierung „auf einem adäquaten Arbeitsplatz“ einen Interpretationsspielraum. Entgegen der eigenen Ansicht des Landesarbeitsgerichts ist damit aber keine „weitgehend unbestimmte Verurteilung der Beklagten vorgenommen“. Unter Hinzuziehung von Tatbestand und Entscheidungsgründen ist deutlich, dass die tenorierte Willenserklärung eine Arbeitsleistung des Klägers als Systemberater/technischer Angestellter umfasst. In dieser Tätigkeit war der Kläger zuletzt bei der C GmbH beschäftigt; diese Aufgaben hat auch das Landesarbeitsgericht als „in allererster Linie naheliegend“ erachtet. Mit seinem Ausdruck „adäquater Arbeitsplatz“ meint es zwar einen weiter gefassten Beschäftigungsbereich; auch nach den Gründen der angefochtenen Entscheidung muss dieser aber der Tätigkeit eines „Systemberaters/technischen Angestellten“ gleichwertig sein. Damit ist letztlich ein weites Direktionsrecht der Beklagten eröffnet. Sie kann dem Kläger bei solch einer Verurteilung alle Aufgaben zuweisen, die ein „Systemberater/technischer Angestellter“ schuldet. Eine „weit gefasste“ Beschreibung der Tätigkeit führt zu einem größeren Spielraum bei den arbeitgeberseitigen Weisungsrechten und nicht zu deren Unklarheit. Die ausgesprochene Verurteilung ist damit ebenso wenig unbestimmt, wie ein Vertrag mit der Beklagten über eine Tätigkeit als „Systemberater/technischer Angestellter“ unwirksam wäre. Auch ein solcher Vertrag enthielte eine Einigung über die „essentialia negotii“.
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II. Das Landesarbeitsgericht hat § 308 Abs. 1 ZPO nicht verletzt. Der Ausspruch in dem angefochtenen Urteil betrifft keinen anderen Streitgegenstand als den vom Kläger zur Entscheidung gestellten.
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1. Nach § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist ein Gericht nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Umgekehrt darf die beklagte Partei nicht zu etwas anderem verurteilt werden als zu dem, worauf sie ihre Verteidigung einrichten musste (vgl. BAG 11. Dezember 2001 - 9 AZR 435/00 - zu II 2 a der Gründe mwN, EzA ZPO § 256 Nr. 59). Das Gericht darf und muss aber ein Weniger zuerkennen, wenn ein solches Begehren im jeweiligen Sachantrag enthalten ist (vgl. BAG 24. Februar 2010 - 4 AZR 657/08 - Rn. 15 mwN, AP ZPO § 551 Nr. 68). Etwas anderes gilt, wenn es sich nicht um ein Weniger, sondern um ein Aliud handelt. Ob dies der Fall ist, hängt von den konkreten Umständen und Ansprüchen sowie dem erkennbaren Begehren des Klägers ab (vgl. BAG 6. Juni 2007 - 4 AZR 505/06 - Rn. 17, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 308). Entscheidend sind nicht allein die wörtlichen Ausdrücke von Antrag und Urteilsausspruch, sondern deren - ggf. durch Auslegung zu ermittelnde - streitgegenständlichen Inhalte (ähnlich BGH 3. April 2003 - I ZR 1/01 - zu II 1 a der Gründe mwN, BGHZ 154, 342).
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2. Danach hat das Landesarbeitsgericht § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht verletzt. Der vom Kläger - in den Tatsacheninstanzen äußerst hilfsweise zur Entscheidung - gestellte Antrag ist nach seinem Wortlaut unzweifelhaft auf die Verurteilung der Beklagten zur Abgabe einer Annahmeerklärung gerichtet. Ihm geht es mit der erstrebten Fiktion der Abgabe der Annahmeerklärung nach § 894 Satz 1 ZPO um das endgültige Zustandekommen eines Arbeitsvertrags mit der Beklagten, das er mit übereinstimmenden Willenserklärungen - Antrag und Annahme(§§ 145 bis 147 BGB) - erwirken möchte. Die Abgabe eines Angebots ist in dem Anwaltsschreiben vom 5. Oktober 2009 zu sehen. Die auf Abgabe der Annahmeerklärung gerichtete Klage entspricht dem Regelfall des mit einer sog. Wiedereinstellungsklage bekundeten Willens des Arbeitnehmers (vgl. zB BAG 19. Oktober 2011 - 7 AZR 743/10 - Rn. 16; 21. August 2008 - 8 AZR 201/07 - Rn. 54, AP BGB § 613a Nr. 353 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 95; 25. Oktober 2007 - 8 AZR 989/06 - Rn. 14, AP BGB § 613a Wiedereinstellung Nr. 2 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 80; 14. August 2007 - 9 AZR 943/06 - Rn. 11, BAGE 123, 358). Der Kläger hat den Inhalt des mit der erstrebten Annahmeerklärung zustande kommenden Arbeitsvertrags näher beschrieben. Er hat den Zeitpunkt des Vertragsbeginns, die Tätigkeit, die Vergütung sowie eine anzurechnende Betriebszugehörigkeit angegeben. Hinsichtlich der für einen Arbeitsvertragsschluss notwendigen Bestandteile - der nach § 611 Abs. 1 BGB „versprochenen Dienste“ - hat das Berufungsgericht keine anderen Bedingungen zuerkannt. Eine Modifizierung (und wegen der beschränkten Revisionseinlegung des Klägers insoweit rechtskräftige teilweise Klageabweisung) liegt allenfalls in der zugesprochenen Vergütung und anzurechnenden Betriebszugehörigkeit. Da diese Bestandteile nicht unverzichtbar für die Annahme eines wirksamen Vertragsschlusses sind, liegt hierin aber keine Änderung des Streitgegenstands. Auch der vom Landesarbeitsgericht zuerkannte spätere Beginn des Arbeitsverhältnisses ist eine Einschränkung und keine Änderung des Klagebegehrens (vgl. zu diesem Aspekt BAG 2. Juli 2003 - 7 AZR 529/02 - zu II 1 der Gründe, BAGE 107, 18).
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B. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht dem Klageantrag - in dem in der Revision noch angefallenen Umfang - entsprochen. Das zulässige Begehren des Klägers ist begründet.
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I. Der durch die Revision der Beklagten noch anhängige Antrag ist auch in der Fassung, die er durch die Tenorierung des Landesarbeitsgerichts erfahren hat, zulässig. Er ist - wie ausgeführt - in dieser Fassung hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Inhalt des (anzunehmenden) Arbeitsvertrags ist ausreichend konkretisiert. Der Zeitpunkt der Wirkung der Abgabe der Annahmeerklärung - der 1. Februar 2010 - ist genannt. Die wesentlichen Vertragsbestandteile, insbesondere Art und Beginn der Tätigkeit, sind bezeichnet. Die im Klagebegehren angeführten „bei der Beklagten üblichen Bedingungen“ sind nicht unerlässlich für die Bestimmtheit, stehen aber auch außer Streit.
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II. Der Antrag ist begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, die vom Kläger begehrte Willenserklärung abzugeben.
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1. Der Antrag ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht schon deswegen unbegründet, weil die Verurteilung der Beklagten zur Abgabe der Annahmeerklärung zum 1. Februar 2010 (rück-)wirken soll.
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a) Mit der Abgabe der Annahmeerklärung kommt das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zustande, denn mit Rechtskraft eines obsiegenden Urteils gilt die Erklärung nach § 894 Satz 1 ZPO als abgegeben. Zu welchem Zeitpunkt die fingierte Annahmeerklärung wirkt, beurteilt sich nach materiellem Recht. Seit Inkrafttreten des § 311a Abs. 1 BGB idF des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) kommt auch die Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung in Betracht, die auf eine Vertragsänderung oder einen Vertragsschluss zu einem in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt gerichtet ist. Nach § 275 Abs. 1 BGB ist der Anspruch auf die Leistung zwar ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder jedermann unmöglich ist. Im Unterschied zum alten Recht ist in § 311a Abs. 1 BGB aber klargestellt, dass ein Vertrag selbst dann nicht nichtig ist, wenn er in der Vergangenheit tatsächlich nicht durchgeführt werden kann(vgl. BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 26 mwN, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2). Die rückwirkende Begründung eines Arbeitsverhältnisses durch Urteil, die mit der Fiktion der Annahmeerklärung greift, ist daher zulässig. Ausgeschlossen ist lediglich eine gerichtliche Entscheidung, mit der ein Arbeitsverhältnis mit Rückwirkung zu einem Zeitpunkt vor Abgabe des Angebots begründet werden soll (vgl. BAG 4. Mai 2010 - 9 AZR 155/09 - Rn. 17 und 35, BAGE 134, 223).
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b) Hiernach kann der Kläger die Begründung eines am 1. Februar 2010 beginnenden Arbeitsverhältnisses verlangen. Das Anwaltsschreiben vom 5. Oktober 2009 enthält ein Angebot zum Abschluss eines Arbeitsvertrags. Die Annahme dieses Angebots ist mit einer gerichtlichen Entscheidung nach § 894 Satz 1 ZPO fingiert. Das Arbeitsverhältnis gilt nicht zu einem Zeitpunkt vor Abgabe des Angebots als geschlossen.
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2. Entgegen der Auffassung des Klägers folgt sein Anspruch auf Abschluss eines Arbeitsvertrags nicht aus dem Schreiben der Beklagten vom 4. November 1986. Es kann offenbleiben, ob dieses Schreiben überhaupt ein selbständiges Wiedereinstellungsversprechen enthielte. Selbst wenn man hiervon zu Gunsten des Klägers ausginge, wäre die Zusage mit dem späteren Schreiben der Beklagten vom 9. Dezember 1986, welches der Kläger gegengezeichnet hat, einvernehmlich aufgehoben. Die Beklagte hat in diesem Schreiben auf die JVR 1986 und die dort niedergelegten Rechte und Pflichten verwiesen. Der Kläger hat mit der Gegenzeichnung der Zweitschrift des Schreibens sein Einverständnis damit bekundet, dass nunmehr die JVR 1986 Rechtsgrundlage eventueller nachvertraglicher Verpflichtungen der Beklagten ist und ggf. früher gegebene Versprechen überholt sein sollen.
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3. Der Anspruch des Klägers auf Abgabe der vom Landesarbeitsgericht zugesprochenen Annahmeerklärung folgt aber aus Ziffer 15 der JVR 1986 iVm. den Schreiben der Beklagten vom 12. Dezember 2003 und vom 10. Februar 2005. In Ziffer 15 der JVR 1986 haben die Betriebsparteien für die unter den Geltungsbereich der Betriebsvereinbarung fallenden Arbeitnehmer das Recht zu einer Rückkehr zu der Beklagten unter der aufschiebenden Bedingung geregelt, dass eine Weiterbeschäftigung innerhalb der „neuen Gesellschaft“ aus betrieblichen Gründen nicht mehr möglich ist. Diesem kollektiv-rechtlichen Wiedereinstellungsversprechen begegnen entgegen der Auffassung der Beklagten keine grundsätzlichen Wirksamkeitsbedenken. Das aufschiebend bedingte Rückkehrrecht steht nicht unter dem - ungeschriebenen - Vorbehalt der Zugehörigkeit der C I GmbH zum Konzernverbund der Beklagten. Dies ergibt die Auslegung von Ziffer 15 der JVR 1986. Ob sich die Wiedereinstellungszusage sachlich auf den Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit bei der C I GmbH beschränkt oder auch auf einen solchen bei deren Rechtsnachfolgern erstreckt, kann offenbleiben. Das - aufschiebend bedingte - Recht auf eine Rückkehr endete weder mit der Verschmelzung der C I GmbH auf die C GmbH noch mit dem Wechsel des Klägers zu der C R GmbH & Co. KG. Dies folgt jedenfalls aus den an ihn gerichteten Schreiben der Beklagten vom 12. Dezember 2003 und vom 10. Februar 2005. Die Voraussetzungen des Rückkehrrechts sind erfüllt. Der Unmöglichkeitseinwand der Beklagten ist unbegründet.
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a) Ziffer 15 der JVR 1986 regelt in zulässiger Weise für die zum 1. Januar 1987 in die C I GmbH wechselnden Arbeitnehmer das Recht einer Rückkehr zur Beklagten, sofern eine Weiterbeschäftigung innerhalb der neuen Gesellschaft aus betrieblichen Gründen nicht mehr möglich ist.
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aa) Die JVR 1986 gilt für die Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse zum 1. Januar 1987 von der Beklagten auf die C I GmbH übergegangen sind. Der Kläger gehört zu diesem Personenkreis.
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bb) Das in Ziffer 15 der JVR 1986 „garantierte“ Rückkehrrecht ist nicht aus kollektiv-rechtlichen Gründen unwirksam. Die Betriebsparteien sind nicht grundsätzlich gehindert, einen Wiedereinstellungsanspruch für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse aufgrund eines bevorstehenden Betriebsteilübergangs nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf einen anderen Arbeitgeber übergehen, zu regeln. Eine etwaige Unwirksamkeit anderer Bestimmungen in den JVR 1986 führte jedenfalls nicht zu ihrer Gesamtunwirksamkeit. Ziffer 15 der JVR 1986 verstößt schließlich nicht gegen die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG.
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(1) Mit Ziffer 15 der JVR 1986 in ihrem Verständnis als Wiedereinstellungsanspruch haben die Betriebsparteien ihre Regelungskompetenz nicht überschritten.
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(a) Bei den JVR 1986 handelt es sich um eine Betriebsvereinbarung iSe. kollektiv-rechtlichen Normenvertrags zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber. Eine Betriebsvereinbarung kann über alle Fragen und Angelegenheiten abgeschlossen werden, die nach dem Gesetz der Zuständigkeit des Betriebsrats unterliegen. Dies ist in erster Linie bei mitbestimmungspflichtigen Tatbeständen der Fall. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kommt den Betriebsparteien aber auch eine umfassende Kompetenz zu, durch freiwillige Betriebsvereinbarungen Regelungen über den Inhalt, den Abschluss und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen zu treffen (vgl. ausf. BAG 12. Dezember 2006 - 1 AZR 96/06 - Rn. 13 ff., BAGE 120, 308; grundlegend BAG GS 7. November 1989 - GS 3/85 - zu C I 2 der Gründe, BAGE 63, 211; vgl. auch Linsenmaier RdA 2008, 1; kritisch zur „globalen Regelungskompetenz“ Richardi BetrVG 13. Aufl. § 77 Rn. 67).
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(b) Hiernach betrifft Ziffer 15 der JVR 1986 im Verständnis eines - aufschiebend bedingten - Rückkehrrechts für die von einem Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse zur „neuen Gesellschaft“ mit Wirkung ab dem 1. Januar 1987 betroffenen Arbeitnehmer einen zulässigen Regelungsgegenstand. Ein Wiedereinstellungsversprechen kann als Abschlussnorm grundsätzlich zulässiger Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein (vgl. BAG 19. Oktober 2005 - 7 AZR 32/05 - zu II 2 der Gründe, AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 26 = EzA BetrVG 2001 § 77 Nr. 13; vgl. ferner auch 5. Juli 1984 - 2 AZR 246/83 - ohne ausdrückliche Problematisierung bei einem Wiedereinstellungsanspruch aus einem Sozialplan; grds. aA Diehn Rückkehrzusagen beim Betriebsübergang S. 49 ff.).
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(aa) Die Argumentation der Revision, eine entsprechende Regelungsbefugnis könne nicht auf § 88 BetrVG gestützt werden, vernachlässigt, dass freiwillige Betriebsvereinbarungen nicht auf die dort ausdrücklich genannten Gegenstände beschränkt sind, sondern - wie sich aus dem Wort „insbesondere“ ergibt - auch über andere Gegenstände möglich sein sollen. Außerdem zeigt die Regelung in § 77 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 BetrVG, dass der Gesetzgeber dort, wo die Tarifvertragsparteien ihre Befugnis zur Regelung von Arbeitsbedingungen nicht wahrnehmen, von einer Regelungskompetenz der Betriebsparteien ausgeht(vgl. näher BAG 12. Dezember 2006 - 1 AZR 96/06 - Rn. 14, BAGE 120, 308).
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(bb) Auch der Verweis der Revision, den Betriebsparteien käme keine auf den Abschluss eines Arbeitsvertrags gerichtete Normsetzungsbefugnis zu, weil Regelungen zum Arbeitsverhältnis ein solches begriffsnotwendig voraussetzten, geht fehl. Bei Wiedereinstellungsbestimmungen, die - wie im vorliegenden Streitfall - Arbeitnehmer betreffen, die (noch) in einem Arbeitsverhältnis stehen, treffen die Betriebsparteien Regelungen zu diesen Arbeitsverhältnissen. Die von der Beklagten angeführten Legitimationsprobleme bestehen daher nicht.
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(cc) Der Regelungsgegenstand unterliegt der sachlich-funktionellen Zuständigkeit des Betriebsrats. Es ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass er sich auf den Betrieb und auf die Interessen der vom Betriebsrat vertretenen Arbeitnehmer bezieht (vgl. BAG 19. Oktober 2005 - 7 AZR 32/05 - zu II 2 der Gründe, AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 26 = EzA BetrVG 2001 § 77 Nr. 13). Dies ist vorliegend der Fall. Bei Abschluss der JVR 1986 waren die von ihrer Ziffer 15 erfassten Arbeitnehmer (noch) vom Betriebsrat repräsentiert. Die Vorschrift richtet sich nicht an eine „betriebsfremde Belegschaft“. Die Bestimmung in der Betriebsvereinbarung regelt damit nicht in unzulässiger Weise eine Arbeitsbedingung in einem Betrieb eines anderen Arbeitgebers, für deren Gestaltung der Betriebsrat nicht sachlich legitimiert wäre. Sie knüpft zwar - hinsichtlich der aufschiebenden Bedingung des Wegfalls einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit innerhalb der „neuen Gesellschaft“ aus betrieblichen Gründen - an einen Sachverhalt an, der sich bei einer anderen Gesellschaft stellt. Die Rechtsfolge der Verpflichtung zur (Wieder-)Begründung des Arbeitsverhältnisses betrifft aber allein die Beklagte. Dies unterfällt der Regelungskompetenz des bei ihr bestehenden Betriebsrats. Die Rückkehrklausel regelt keinen Erwerbertatbestand, sondern einen den Betriebsteilveräußerer - die Beklagte - anbelangenden Sachverhalt.
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(2) Eine etwaige Unwirksamkeit anderer Bestimmungen in der JVR 1986 hinderte die Annahme der Wirksamkeit von deren Ziffer 15 nicht. Die teilweise Unwirksamkeit der JVR 1986 hat nicht deren Gesamtnichtigkeit zur Folge.
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(a) Nach § 139 BGB ist ein ganzes Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde. Bei den nach § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG unmittelbar und zwingend wirkenden Betriebsvereinbarungen tritt die Rechtsfolge der Gesamtnichtigkeit wegen des Normencharakters allerdings nur dann ein, wenn der verbleibende Teil ohne den unwirksamen Teil keine sinnvolle und in sich geschlossene Regelung mehr darstellt(vgl. BAG 19. Februar 2008 - 1 AZR 1004/06 - Rn. 40 mwN, BAGE 125, 366).
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(b) Selbst wenn alle anderen Bestimmungen der JVR 1986 wegfielen, stellte die Rückkehrbestimmung noch eine sinnvolle und in sich geschlossene Regelung dar. Darauf, ob die Betriebsparteien bei Kenntnis selbst einer überwiegenden Teilunwirksamkeit der JVR 1986 deren Ziffer 15 in gleicher Weise vereinbart hätten, kommt es nicht an (ähnlich im Fall eines Einigungsstellenspruchs BAG 26. August 2008 - 1 ABR 16/07 - Rn. 57, BAGE 127, 276). Es kann daher auf sich beruhen, ob andere Normen der JVR 1986 die „neue Gesellschaft“ außerhalb der Normsetzungsbefugnis der Betriebsparteien unzulässig unmittelbar verpflichten.
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(3) Ziffer 15 der JVR 1986 ist nicht - anders als die Revision meint - wegen des Vorrangs einer tariflichen Bestimmung nach § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG unwirksam. Sie betrifft keinen Sachverhalt, der (mittlerweile) durch einen Tarifvertrag geregelt ist.
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(a) Nach § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG können Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Die Vorschrift gewährleistet die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie. Dazu räumt sie den Tarifvertragsparteien den Vorrang zur Regelung von Arbeitsbedingungen ein. Diese Befugnis soll nicht durch ergänzende oder abweichende Regelungen der Betriebsparteien ausgehöhlt werden können. Eine gegen die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG verstoßende Betriebsvereinbarung ist unwirksam. Etwas anderes gilt nach § 77 Abs. 3 Satz 2 BetrVG dann, wenn der Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt(vgl. zB BAG 29. April 2004 - 1 ABR 30/02 - zu B II 2 a der Gründe mwN, BAGE 110, 252).
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(b) Hiernach verstößt Ziffer 15 der JVR 1986 nicht gegen die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG. Gegenstand der Betriebsvereinbarungsbestimmung ist keine durch den Manteltarifvertrag Bergbau, Chemie, Energie vom 24. Juni 1992 - zuletzt in der Fassung vom 16. März 2009 - (MTV) geregelte Arbeitsbedingung. Die einzig in Betracht kommende Bestimmung nach § 13 Abschn. VI Ziff. 1 des MTV lautet:
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„Wiedereinstellung und betriebsbedingte Umsetzungen
Aus betriebsbedingten Gründen entlassene Arbeitnehmer, die länger als 12 Monate dem Betrieb angehört haben und deren Entlassung nicht mehr als 12 Monate zurückliegt, werden im Falle der Neubesetzung von für sie geeigneten Arbeitsplätzen bevorzugt wieder eingestellt.
Kommen mehr entlassene Arbeitnehmer in Betracht, als Arbeitsplätze wieder zur Verfügung stehen, hat der Arbeitgeber unter Beachtung des Mitbestimmungsrechtes des Betriebsrates gemäß § 99 BetrVG eine sachgerechte Auswahl zu treffen.“
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Damit regelt § 13 Abschn. VI Ziff. 1 MTV nach seinem unmissverständlichen Wortlaut sowie seinem Sinn und Zweck zwar auch einen Wiedereinstellungsanspruch. Dieser ist aber von vornherein auf eine andere Sachmaterie bezogen als die von Ziffer 15 der JVR 1986 geregelte. Während § 13 Abschn. VI Ziff. 1 MTV eine Wiedereinstellung im Zusammenhang mit betriebsbedingten Kündigungen vorsieht, legt die Betriebsvereinbarungsbestimmung einen solchen im Zusammenhang mit einem bevorstehenden Übergang von Arbeitsverhältnissen auf eine „andere Gesellschaft“ fest. Tarifnorm und Betriebsvereinbarungsregel ordnen damit zwar die gleiche Rechtsfolge an, regeln aber nicht die gleichen Sachverhalte.
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b) Das Ausscheiden der C I GmbH aus dem Konzernverbund der Beklagten beendete das aufschiebend bedingte Rückkehrrecht nicht. Wie die gebotene Auslegung ergibt, ist die „Garantie eines Rückkehrrechts“ nach Ziffer 15 der JVR 1986 nicht für die Zeit der Zugehörigkeit der C I GmbH zum Konzernverbund der Beklagten befristet.
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aa) Betriebsvereinbarungen sind wegen ihres normativen Charakters wie Tarifverträge und Gesetze auszulegen. Auszugehen ist danach vom Wortlaut der Bestimmung und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Insbesondere bei unbestimmtem Wortsinn sind der wirkliche Wille der Betriebsparteien und der von ihnen beabsichtigte Zweck zu berücksichtigen, sofern und soweit sie im Text ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Regelungen. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Bestimmung führt (vgl. zB BAG 27. Juli 2010 - 1 AZR 67/09 - Rn. 9, AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 52 = EzA BetrVG 2001 § 77 Nr. 31).
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bb) Hiernach steht die Geltung der Rückkehrzusage nicht unter dem Vorbehalt einer Zugehörigkeit der „neuen Gesellschaft“ zum Konzernverbund der Beklagten. Dies hat das Landesarbeitsgericht richtig erkannt.
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(1) Der Wortlaut von Ziffer 15 der JVR 1986 gibt keine Anhaltspunkte für eine solche Annahme. Das Rückkehrrecht bezieht sich auf die in die „neue Gesellschaft“ überwechselnden Mitarbeiter. Andere Voraussetzungen oder Bedingungen als der Wegfall einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit aus betrieblichen Gründen in dieser „neuen Gesellschaft“ sind nicht explizit ausgedrückt.
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(2) Der Gesamtzusammenhang und die Regelungssystematik deuten nicht zwingend darauf, das Rückkehrrecht zur Beklagten auf die Zeit der Zugehörigkeit der „neuen Gesellschaft“ zum B-Konzern zu beschränken. Die JVR 1986 enthält zahlreiche Bestimmungen, die - ungeachtet ihrer jeweiligen kollektiv-rechtlichen Wirksamkeit - die Beibehaltung der bisher bei der Beklagten geltenden Arbeitsbedingungen einschließlich deren Verschlechterungen und Vergünstigungen zeitlich nicht begrenzen. Damit unterscheidet sich die JVR 1986 von der gleichfalls ein Rückkehrrecht beinhaltenden Betriebsvereinbarung, die von der Beklagten mit den zuständigen Betriebsräten am 4. Dezember 1990 anlässlich der Ausgliederung ihrer Magnetproduktaktivitäten in ein Tochterunternehmen geschlossen worden ist und die der Entscheidung des Senats vom 19. Oktober 2005 zugrunde lag (- 7 AZR 32/05 - [Magnetic] AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 26 = EzA BetrVG 2001 § 77 Nr. 13). Zwar sind die Geltung der „Erhöhung der WSZ bei Tarifmitarbeitern“ nach Ziffer 7 c) bb) erster Punkt der JVR 1986 und die Jahresprämienbestimmung nach Ziffer 7 c) ee) in zeitlicher Hinsicht ebenso limitiert wie die Beteiligung der zur „neuen Gesellschaft“ gewechselten Mitarbeiter an internen Stellenausschreibungen der Beklagten nach Ziffer 11 der JVR 1986. Die in Ziffer 7 c) aa) der JVR 1986 vorgesehene Fortgeltung von bei der Beklagten bestehenden Betriebsvereinbarungen einschließlich deren späteren Verbesserungen oder Verschlechterungen enthält aber keine zeitlich beschriebene „Veränderungsgrenze“. Auch die entsprechende Anwendung anderer bei der Beklagten geltender kollektiver Regelungen ist unbeschränkt niedergelegt. Den weiter geregelten Möglichkeiten der Inanspruchnahme von unternehmens- und konzernbezogenen Sozialeinrichtungen und Leistungen mag die Vorstellung eines Verbleibs der C I GmbH in der B-Gruppe zugrunde liegen, was jedenfalls in Ziffer 11 Satz 2 der JVR 1986 auch seinen sprachlichen Niederschlag gefunden hat („Regeln für Inlandsgruppengesellschaften“). Notwendig erscheint diese Annahme aber nicht. Augenscheinlich haben die Betriebspartner in dem Wissen darum, dass es sich bei der Gesellschaft, in die das Geschäftsfeld der kompatiblen Großcomputer und Peripheriesysteme zum 1. Januar 1987 ausgegliedert worden ist, um ein Joint Venture mit der S AG handelte, den wechselnden Arbeitnehmern das bei der Beklagten bestehende Niveau der Arbeitsbedingungen sichern wollen. Ein alleiniger Einfluss der Beklagten auf die C I GmbH war bereits bei Abschluss der JVR 1986 ausgeschlossen. Dies kann dafür sprechen, dass die in der JVR 1986 geregelten Leistungen für die wechselnden Arbeitnehmer - ungeachtet ihrer Wirksamkeit und Durchsetzbarkeit - nach der Vorstellung der Betriebspartner nur so lange gelten sollten, wie die Beklagte überhaupt eine Einflussmöglichkeit auf die C I GmbH als konzernzugehöriges Unternehmen hat. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, muss eine ggf. anzunehmende konzernzugehörigkeitsbegrenzte Reichweite der geregelten Leistungen aber nicht auch für die Rückkehrzusage gelten.
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cc) Sinn und Zweck des in Ziffer 15 der JVR 1986 geregelten Rückkehrrechts sprechen deutlich dafür, dieses nicht unter dem ungeschriebenen Vorbehalt eines Verbleibs der „neuen Gesellschaft“ in der B-Gruppe zu verstehen. Die Betriebspartner haben die Konditionen eines Wechsels von Arbeitnehmern zu einer anderen Vertragsarbeitgeberin festgelegt, vor allem aber den Ausgleich der Nachteile geregelt, die den überwechselnden Arbeitnehmern durch die Ausgliederung des Geschäftsfelds der kompatiblen Großcomputer und Peripheriesysteme ggf. entstehen können. Die Ausgleichsnotwendigkeit ist durch den Wegfall des Arbeitsplatzes der betroffenen Arbeitnehmer bei der Beklagten veranlasst. Entscheidend ist weniger die Kompensation von Nachteilen wegen eines Wechsels zu einer ganz bestimmten (konzernzugehörigen) Arbeitgeberin, sondern wegen der Nichtfortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten. Hierfür haben die Betriebspartner ein Äquivalent in der Form einer Wiedereinstellungszusicherung geschaffen und die Bedingung hierfür folgerichtig allein an das Fehlen einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit aus betrieblichen Gründen innerhalb der „neuen Gesellschaft“ geknüpft. Gegen den ungeschriebenen Vorbehalt eines Verbleibs der „neuen Gesellschaft“ in der B-Gruppe spricht auch, dass es anderenfalls die Beklagte als beherrschendes Unternehmen weitgehend in der Hand hätte, allein durch die Veräußerung ihrer Gesellschaftsanteile die Rückkehransprüche der begünstigten Arbeitnehmer kompensationslos zu beseitigen. Deren Rechtspositionen könnten von der Konzernmutter der Beklagten durch einseitige Maßnahmen ersatzlos entwertet werden. Anderes würde nur dann gelten, wenn in einem solchen Fall des Ausscheidens aus der B-Gruppe der Eintritt einer aufschiebenden Bedingung des Rückkehrrechts gelegen und dieses somit - bereits - zu diesem Zeitpunkt entstanden wäre. So kann Ziffer 15 der JVR 1986 aber nicht verstanden werden. Auch die Beklagte beruft sich nicht auf eine derartige Deutung. Bei einem ungeschriebenen Vorbehalt der Verbleibs der „neuen Gesellschaft“ in der B-Gruppe bliebe schließlich völlig unklar, ob ein solcher Verbleib bereits mit dem Verlust der Mehrheitsanteile und der Beendigung des Konzernverhältnisses oder erst mit der Aufgabe jeglicher Beteiligung an der „neuen Gesellschaft“ endete. Auch dies spricht gegen einen derartigen ungeschriebenen Vorbehalt.
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c) Das für den Kläger geltende Rückkehrrecht endete nicht mit dem Wechsel seines Arbeitsverhältnisses zur C GmbH, auf die die C I GmbH mit Wirkung zum 1. Februar 2004 verschmolzen ist.
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aa) Ob sich das Rückkehrrecht der zu der C I GmbH gewechselten Arbeitnehmer bereits nach Ziffer 15 der JVR 1986 sachlich auch auf den Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit bei einem Rechtsnachfolger dieser „neuen Gesellschaft“ erstreckt, kann offenbleiben. Es erscheint einerseits klar, dass die Betriebspartner mit „neuer Gesellschaft“ allein die C I GmbH gemeint haben. Der Ausdruck wurde nur deshalb gewählt, weil die Firmenbezeichnung des Joint Venture im Zeitpunkt des Abschlusses der JVR 1986 noch nicht feststand. Der das Rückkehrrecht auslösende Wegfall der Weiterbeschäftigung aus betrieblichen Gründen „innerhalb der neuen Gesellschaft“ mag daher allein auf einen solchen bei der C I GmbH - und nicht bei rechtsnachfolgenden Gesellschaften - verstanden werden können. Andererseits deutet der bereits dargestellte Zweck des Rückkehrrechts darauf, dass mit ihm weniger der Nachteil wegen des Wechsels der betroffenen Arbeitnehmer zu der „neuen Gesellschaft“ als einem ganz bestimmten Betriebsteilerwerber ausgeglichen werden sollte, sondern es um eine Kompensation dafür ging, die Beklagte als „sichere“ Arbeitgeberin zu verlieren. Die Betriebsparteien bezweckten die Absicherung der ehemaligen Mitarbeiter der Beklagten für den Fall eines späteren Verlustes ihres (neuen) Arbeitsplatzes aus betrieblichen Gründen. Das Rückkehrrecht kann daher so verstanden werden, dass es sich auch auf die fehlende Beschäftigungsmöglichkeit bei einem anderen Rechtsträger erstreckt, auf die die Arbeitsverhältnisse der vormaligen Mitarbeiter der Beklagten infolge von betrieblichen und gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierungen der „neuen Gesellschaft“ mittlerweile übergegangen sind. Ein solches Verständnis erscheint jedenfalls bei einer gesellschaftsrechtlichen Umwandlung der „neuen Gesellschaft“, die keine Widerspruchsmöglichkeit für die Arbeitnehmer nach § 613a Abs. 6 BGB gegen den Übergang oder den Wechsel ihrer Arbeitsverhältnisse auf eine „andere Gesellschaft“ aufgrund einer Gesamtrechtsnachfolge eröffnet, naheliegend. Dies ist der Fall, wenn - wie vorliegend im Zuge der Verschmelzung der C I GmbH auf die C GmbH - der bisherige Rechtsträger erlischt (vgl. zum Nichtbestehen eines Widerspruchsrechts ausf. BAG 21. Februar 2008 - 8 AZR 157/07 - Rn. 18 ff., BAGE 126, 105). Der betroffene Arbeitnehmer kann bei solch einer Konstellation den Übergang seines Arbeitsverhältnisses nicht verhindern. Er würde also allein durch umwandlungsrechtliche Maßnahmen auf Seiten seines Arbeitgebers, die er nicht beeinflussen und deren Rechtsfolgen er nicht abwenden kann, ersatzlos eine wesentliche, ihm günstige Rechtsposition verlieren. Die Frage kann vorliegend jedoch letztlich dahinstehen.
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bb) Der Kläger hat jedenfalls aufgrund des Schreibens der Beklagten vom 12. Dezember 2003 auch nach seinem Wechsel zur C GmbH gegenüber der Beklagten ein individualrechtlich versprochenes Rückkehrrecht entsprechend der Ziffer 15 der JVR 1986. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht in diesem Schreiben eine Zusage der Weitergeltung der Rückkehrmöglichkeit auch bei einem Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit aus betrieblichen Gründen bei der C GmbH gesehen.
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(1) Es kann dahinstehen, ob, wofür vieles spricht, das Schreiben vom 12. Dezember 2003 typische Erklärungen beinhaltet, deren Auslegung durch das Revisionsgericht uneingeschränkt kontrollierbar ist - auch hinsichtlich der Frage, ob mit ihnen überhaupt eine rechtsgeschäftliche Bindung eingegangen werden soll - (vgl. dazu zB BAG 29. September 2010 - 3 AZR 546/08 - Rn. 17 mwN, AP BetrAVG § 9 Nr. 23 ), oder ob eine nichttypische Regelung vorliegt, deren Auslegung durch die Tatsachengerichte in der Revisionsinstanz nur darauf überprüfbar ist, ob sie gegen gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verstößt oder wesentliche Umstände unberücksichtigt lässt und ob sie rechtlich möglich ist (vgl. dazu zB BAG 23. Mai 2007 - 10 AZR 29/07 - Rn. 16 mwN). Die Auslegung des Schreibens durch das Landesarbeitsgericht hielte auch einer uneingeschränkten revisionsrechtlichen Prüfung stand.
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(2) Das Schreiben der Beklagten vom 12. Dezember 2003 ist nicht lediglich eine Wissenserklärung ohne rechtliche Bindung.
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(a) Willenserklärungen sind nach §§ 133, 157 BGB so auszulegen, wie sie der Empfänger aufgrund des aus der Erklärung erkennbaren Willens unter Berücksichtigung der Verkehrssitte und der Grundsätze von Treu und Glauben(§ 242 BGB) und unter Berücksichtigung aller ihm bekannten Begleitumstände vernünftigerweise verstehen durfte. Ob der Erklärende einen entsprechenden Geschäftswillen hat, ist für den Eintritt der Wirkung einer Willenserklärung im Rechtsverkehr nicht ausschlaggebend. Maßgeblich ist vielmehr, ob der Empfänger aus einem bestimmten Erklärungsverhalten auf einen Bindungswillen schließen durfte. Erforderlich ist weiterhin, dass der Erklärende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen und vermeiden können, dass sein Verhalten als Willenserklärung aufgefasst werden konnte, und dass der Erklärungsempfänger es tatsächlich so verstanden hat (vgl. BAG 17. Juni 2003 - 3 AZR 462/02 - zu III 1 der Gründe mwN, EzA BetrAVG § 2 Nr. 20).
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(b) Die Beklagte hat sich gegenüber dem Kläger - wie auch gegenüber den anderen ehemaligen Mitarbeitern - dahingehend geäußert, dass „eine nach Maßgabe von Ziffer 15 der Joint-Venture-Regelung etwa begründete Rechtsposition“ von der Verschmelzungsmaßnahme „unberührt“ bleibe. Die Formulierung „unberührt bleibt“ lässt aus der Sicht des Klägers - wie auch der anderen Empfänger dieses Schreibens - auf einen Verpflichtungswillen der Beklagten dahingehend schließen, dass jedenfalls dann, wenn der betroffene Mitarbeiter dem aufschiebend bedingten Rückkehrrecht nach Ziffer 15 der JVR 1986 unterfällt, dieses nicht wegen der gesellschaftsrechtlichen Umwandlung der C I GmbH und des damit verbundenen Wechsels der Arbeitgeberin beseitigt sein soll. Hierfür sprechen auch die Begleitumstände des Erklärungsverhaltens der Beklagten, die sich auf Anfrage der C I GmbH in persönlichen Einzelschreiben an ihre ehemaligen Arbeitnehmer gewandt und die Nichtrelevanz der geplanten Verschmelzung für eine auf der Grundlage der Ziffer 15 der JVR 1986 „etwa begründete Rechtsposition“ „bestätigt“ hat, ohne dass es auf die vom Landesarbeitsgericht angeführte und von der Beklagten in Abrede gestellte Motivation für dieses Schreiben (Verhinderung des - ohnehin nicht gegebenen - Widerspruchs gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses) ankäme. Die Betroffenen - also ua. der Kläger - konnten das Schreiben nur so verstehen, dass die Beklagte zwar kein von den Voraussetzungen nach Ziffer 15 der JVR 1986 unabhängiges Rückkehrrecht zusichern wollte, der Wechsel ihres Arbeitsverhältnisses zu der C GmbH diesem aber nicht entgegenstehen soll. Das aufschiebend bedingte Recht einer Rückkehr, das der Kläger in diesem Zeitpunkt immer noch innehatte, war somit nicht wegen der gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierung erloschen.
- 61
-
d) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht weiter angenommen, dass die Beklagte an ihre Zusage vom 12. Dezember 2003 gebunden ist. Mit der „Versetzung“ des Klägers - es handelte sich wohl eher um einen Übergang seines Arbeitsverhältnisses - zu der C R GmbH & Co. KG hat die Geltungsdauer des Rückkehrrechts nicht geendet. Die Beklagte hat in diesem Zusammenhang dem Kläger gegenüber mit Schreiben vom 10. Februar 2005 erklärt, dass die „nach Maßgabe von Ziffer 15 der Joint-Venture-Regelung etwa begründete Rechtsposition von der Versetzung unberührt“ bleibe. Auch diese Erklärung beinhaltet eine bindende Zusage dahingehend, den Status als „Rückkehrberechtigten“ trotz eines Wechsels in ausgegliederte Regionalgesellschaften zu sichern. Ist - wie beim Kläger - eine Rechtsposition begründet, sollte nach dem verlautbarten Willen der Beklagten die „Versetzung“ zu einer anderen Gesellschaft den Anspruch auf eine Rückkehr zu ihr nicht tangieren.
- 62
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e) Schließlich bewirkte der (Rück-)Wechsel des Klägers zur C GmbH keinen Untergang des Rückkehrrechts. Hinsichtlich dieser Gesellschaft war dem Kläger mit Schreiben vom 12. Dezember 2003 versprochen, dass eine nach Ziffer 15 der JVR 1986 „etwa begründete“ Rechtsposition (die der Kläger tatsächlich noch innehatte) erhalten bleibt.
- 63
-
f) Die Voraussetzungen für den Rückkehranspruch liegen vor. Dessen aufschiebende Bedingung ist eingetreten. Eine Weiterbeschäftigung des Klägers bei der C GmbH ist aus betrieblichen Gründen nicht möglich. Deren Betrieb ist stillgelegt. Die Rückkehrbestimmung ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht so zu interpretieren, dass sie nur bei einer rechtswirksamen betriebsbedingten Kündigung greift. Der Wiedereinstellungsanspruch setzt nur die Unmöglichkeit einer Weiterbeschäftigung aus betrieblichen Gründen voraus. Weder Wortlaut, Systematik noch Sinn und Zweck der Regelung enthalten Anhaltspunkte dafür, dass die Wirksamkeit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der „neuen Gesellschaft“ den Anforderungen nach § 1 Abs. 2 und Abs. 3 KSchG entsprechen - und ggf. sogar einer gerichtlichen Prüfung unterzogen sein - muss. In einem solchen Verständnis hielte das Rückkehrrecht im Übrigen auch der Binnenschranke einer Verhältnismäßigkeitskontrolle nicht stand. Es handelte sich um eine dem Arbeitnehmer unzumutbare, mit § 75 Abs. 1 BetrVG unvereinbare Bedingung(vgl. BAG 22. November 2005 - 1 AZR 458/04 - Rn. 28, AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 176 = EzA BetrVG 2001 § 112 Nr. 15; 22. Juli 2003 - 1 AZR 575/02 - zu III 1 der Gründe, BAGE 107, 100; zur Angemessenheitskontrolle einer einzelvertraglichen Wiedereinstellungszusage in vorformulierten Vertragsbedingungen vgl. BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 44 ff., AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2).
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g) Die von der Beklagten geltend gemachte Unmöglichkeit einer Beschäftigung des Klägers zu den Konditionen des begehrten Arbeitsvertrags steht dem auf die Abgabe einer Willenserklärung gerichteten Klageanspruch nicht entgegen. Mit Rechtskraft der den Vertrag begründenden Annahmeerklärung steht der Vertragsmindestinhalt fest; die Abgabe einer solchen Erklärung ist der Beklagten nicht unmöglich. Allenfalls der - in der Revisionsinstanz nicht (mehr) streitgegenständlichen - Beschäftigungsverpflichtung könnte die Beklagte mit dem Unmöglichkeitseinwand begegnen.
-
C. Die Kostenentscheidung beruht für die Zeit bis zur Rücknahme der Revision des Klägers auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1, § 565 iVm. § 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO, im Übrigen auf § 97 Abs. 1 ZPO.
-
Linsenmaier
Kiel
Schmidt
Günther Metzinger
Willms
(1) Der Arbeitgeber haftet
- 1.
für die Lohnsteuer, die er einzubehalten und abzuführen hat, - 2.
für die Lohnsteuer, die er beim Lohnsteuer-Jahresausgleich zu Unrecht erstattet hat, - 3.
für die Einkommensteuer (Lohnsteuer), die auf Grund fehlerhafter Angaben im Lohnkonto oder in der Lohnsteuerbescheinigung verkürzt wird, - 4.
für die Lohnsteuer, die in den Fällen des § 38 Absatz 3a der Dritte zu übernehmen hat.
(2) Der Arbeitgeber haftet nicht, soweit Lohnsteuer nach § 39 Absatz 5 oder § 39a Absatz 5 nachzufordern ist und in den vom Arbeitgeber angezeigten Fällen des § 38 Absatz 4 Satz 2 und 3 und des § 41c Absatz 4.
(3)1Soweit die Haftung des Arbeitgebers reicht, sind der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer Gesamtschuldner.2Das Betriebsstättenfinanzamt kann die Steuerschuld oder Haftungsschuld nach pflichtgemäßem Ermessen gegenüber jedem Gesamtschuldner geltend machen.3Der Arbeitgeber kann auch dann in Anspruch genommen werden, wenn der Arbeitnehmer zur Einkommensteuer veranlagt wird.4Der Arbeitnehmer kann im Rahmen der Gesamtschuldnerschaft nur in Anspruch genommen werden,
- 1.
wenn der Arbeitgeber die Lohnsteuer nicht vorschriftsmäßig vom Arbeitslohn einbehalten hat, - 2.
wenn der Arbeitnehmer weiß, dass der Arbeitgeber die einbehaltene Lohnsteuer nicht vorschriftsmäßig angemeldet hat.2Dies gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer den Sachverhalt dem Finanzamt unverzüglich mitgeteilt hat.
(4)1Für die Inanspruchnahme des Arbeitgebers bedarf es keines Haftungsbescheids und keines Leistungsgebots, soweit der Arbeitgeber
- 1.
die einzubehaltende Lohnsteuer angemeldet hat oder - 2.
nach Abschluss einer Lohnsteuer-Außenprüfung seine Zahlungsverpflichtung schriftlich anerkennt.
(5) Von der Geltendmachung der Steuernachforderung oder Haftungsforderung ist abzusehen, wenn diese insgesamt 10 Euro nicht übersteigt.
(6)1Soweit einem Dritten (Entleiher) Arbeitnehmer im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1995 (BGBl. I S. 158), das zuletzt durch Artikel 26 des Gesetzes vom 20. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2854) geändert worden ist, zur Arbeitsleistung überlassen werden, haftet er mit Ausnahme der Fälle, in denen eine Arbeitnehmerüberlassung nach § 1 Absatz 3 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes vorliegt, neben dem Arbeitgeber.2Der Entleiher haftet nicht, wenn der Überlassung eine Erlaubnis nach § 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung zugrunde liegt und soweit er nachweist, dass er den nach § 51 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe d vorgesehenen Mitwirkungspflichten nachgekommen ist.3Der Entleiher haftet ferner nicht, wenn er über das Vorliegen einer Arbeitnehmerüberlassung ohne Verschulden irrte.4Die Haftung beschränkt sich auf die Lohnsteuer für die Zeit, für die ihm der Arbeitnehmer überlassen worden ist.5Soweit die Haftung des Entleihers reicht, sind der Arbeitgeber, der Entleiher und der Arbeitnehmer Gesamtschuldner.6Der Entleiher darf auf Zahlung nur in Anspruch genommen werden, soweit die Vollstreckung in das inländische bewegliche Vermögen des Arbeitgebers fehlgeschlagen ist oder keinen Erfolg verspricht; § 219 Satz 2 der Abgabenordnung ist entsprechend anzuwenden.7Ist durch die Umstände der Arbeitnehmerüberlassung die Lohnsteuer schwer zu ermitteln, so ist die Haftungsschuld mit 15 Prozent des zwischen Verleiher und Entleiher vereinbarten Entgelts ohne Umsatzsteuer anzunehmen, solange der Entleiher nicht glaubhaft macht, dass die Lohnsteuer, für die er haftet, niedriger ist.8Die Absätze 1 bis 5 sind entsprechend anzuwenden.9Die Zuständigkeit des Finanzamts richtet sich nach dem Ort der Betriebsstätte des Verleihers.
(7) Soweit der Entleiher Arbeitgeber ist, haftet der Verleiher wie ein Entleiher nach Absatz 6.
(8)1Das Finanzamt kann hinsichtlich der Lohnsteuer der Leiharbeitnehmer anordnen, dass der Entleiher einen bestimmten Teil des mit dem Verleiher vereinbarten Entgelts einzubehalten und abzuführen hat, wenn dies zur Sicherung des Steueranspruchs notwendig ist; Absatz 6 Satz 4 ist anzuwenden.2Der Verwaltungsakt kann auch mündlich erlassen werden.3Die Höhe des einzubehaltenden und abzuführenden Teils des Entgelts bedarf keiner Begründung, wenn der in Absatz 6 Satz 7 genannte Prozentsatz nicht überschritten wird.
(9)1Der Arbeitgeber haftet auch dann, wenn ein Dritter nach § 38 Absatz 3a dessen Pflichten trägt.2In diesen Fällen haftet der Dritte neben dem Arbeitgeber.3Soweit die Haftung des Dritten reicht, sind der Arbeitgeber, der Dritte und der Arbeitnehmer Gesamtschuldner.4Absatz 3 Satz 2 bis 4 ist anzuwenden; Absatz 4 gilt auch für die Inanspruchnahme des Dritten.5Im Fall des § 38 Absatz 3a Satz 2 beschränkt sich die Haftung des Dritten auf die Lohnsteuer, die für die Zeit zu erheben ist, für die er sich gegenüber dem Arbeitgeber zur Vornahme des Lohnsteuerabzugs verpflichtet hat; der maßgebende Zeitraum endet nicht, bevor der Dritte seinem Betriebsstättenfinanzamt die Beendigung seiner Verpflichtung gegenüber dem Arbeitgeber angezeigt hat.6In den Fällen des § 38 Absatz 3a Satz 7 ist als Haftungsschuld der Betrag zu ermitteln, um den die Lohnsteuer, die für den gesamten Arbeitslohn des Lohnzahlungszeitraums zu berechnen und einzubehalten ist, die insgesamt tatsächlich einbehaltene Lohnsteuer übersteigt.7Betrifft die Haftungsschuld mehrere Arbeitgeber, so ist sie bei fehlerhafter Lohnsteuerberechnung nach dem Verhältnis der Arbeitslöhne und für nachträglich zu erfassende Arbeitslohnbeträge nach dem Verhältnis dieser Beträge auf die Arbeitgeber aufzuteilen.8In den Fällen des § 38 Absatz 3a ist das Betriebsstättenfinanzamt des Dritten für die Geltendmachung der Steuer- oder Haftungsschuld zuständig.
(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:
- 1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb; - 2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage; - 3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit; - 4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte; - 5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird; - 6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen; - 7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften; - 8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist; - 9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen; - 10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung; - 11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren; - 12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen; - 13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt; - 14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.
(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.
Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 112 Interessenausgleich über die Betriebsänderung, Sozialplan
(1) Kommt zwischen Unternehmer und Betriebsrat ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung zustande, so ist dieser schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und Betriebsrat zu unterschreiben; § 77 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. Das Gleiche gilt für eine Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen (Sozialplan). Der Sozialplan hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung. § 77 Abs. 3 ist auf den Sozialplan nicht anzuwenden.
(2) Kommt ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung oder eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit um Vermittlung ersuchen, der Vorstand kann die Aufgabe auf andere Bedienstete der Bundesagentur für Arbeit übertragen. Erfolgt kein Vermittlungsersuchen oder bleibt der Vermittlungsversuch ergebnislos, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Auf Ersuchen des Vorsitzenden der Einigungsstelle nimmt ein Mitglied des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit oder ein vom Vorstand der Bundesagentur für Arbeit benannter Bediensteter der Bundesagentur für Arbeit an der Verhandlung teil.
(3) Unternehmer und Betriebsrat sollen der Einigungsstelle Vorschläge zur Beilegung der Meinungsverschiedenheiten über den Interessenausgleich und den Sozialplan machen. Die Einigungsstelle hat eine Einigung der Parteien zu versuchen. Kommt eine Einigung zustande, so ist sie schriftlich niederzulegen und von den Parteien und vom Vorsitzenden zu unterschreiben.
(4) Kommt eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle über die Aufstellung eines Sozialplans. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.
(5) Die Einigungsstelle hat bei ihrer Entscheidung nach Absatz 4 sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen zu achten. Dabei hat die Einigungsstelle sich im Rahmen billigen Ermessens insbesondere von folgenden Grundsätzen leiten zu lassen:
- 1.
Sie soll beim Ausgleich oder bei der Milderung wirtschaftlicher Nachteile, insbesondere durch Einkommensminderung, Wegfall von Sonderleistungen oder Verlust von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung, Umzugskosten oder erhöhte Fahrtkosten, Leistungen vorsehen, die in der Regel den Gegebenheiten des Einzelfalles Rechnung tragen. - 2.
Sie hat die Aussichten der betroffenen Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen. Sie soll Arbeitnehmer von Leistungen ausschließen, die in einem zumutbaren Arbeitsverhältnis im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens oder eines zum Konzern gehörenden Unternehmens weiterbeschäftigt werden können und die Weiterbeschäftigung ablehnen; die mögliche Weiterbeschäftigung an einem anderen Ort begründet für sich allein nicht die Unzumutbarkeit. - 2a.
Sie soll insbesondere die im Dritten Buch des Sozialgesetzbuches vorgesehenen Förderungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit berücksichtigen. - 3.
Sie hat bei der Bemessung des Gesamtbetrages der Sozialplanleistungen darauf zu achten, dass der Fortbestand des Unternehmens oder die nach Durchführung der Betriebsänderung verbleibenden Arbeitsplätze nicht gefährdet werden.
(1) Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber, auch soweit sie auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen, führt der Arbeitgeber durch, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebs eingreifen.
(2) Betriebsvereinbarungen sind von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen. Sie sind von beiden Seiten zu unterzeichnen; dies gilt nicht, soweit Betriebsvereinbarungen auf einem Spruch der Einigungsstelle beruhen. Werden Betriebsvereinbarungen in elektronischer Form geschlossen, haben Arbeitgeber und Betriebsrat abweichend von § 126a Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dasselbe Dokument elektronisch zu signieren. Der Arbeitgeber hat die Betriebsvereinbarungen an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen.
(3) Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Dies gilt nicht, wenn ein Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt.
(4) Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend. Werden Arbeitnehmern durch die Betriebsvereinbarung Rechte eingeräumt, so ist ein Verzicht auf sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässig. Die Verwirkung dieser Rechte ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für ihre Geltendmachung sind nur insoweit zulässig, als sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden; dasselbe gilt für die Abkürzung der Verjährungsfristen.
(5) Betriebsvereinbarungen können, soweit nichts anderes vereinbart ist, mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.
(6) Nach Ablauf einer Betriebsvereinbarung gelten ihre Regelungen in Angelegenheiten, in denen ein Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen kann, weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden.
Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 112 Interessenausgleich über die Betriebsänderung, Sozialplan
(1) Kommt zwischen Unternehmer und Betriebsrat ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung zustande, so ist dieser schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und Betriebsrat zu unterschreiben; § 77 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend. Das Gleiche gilt für eine Einigung über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen (Sozialplan). Der Sozialplan hat die Wirkung einer Betriebsvereinbarung. § 77 Abs. 3 ist auf den Sozialplan nicht anzuwenden.
(2) Kommt ein Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung oder eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit um Vermittlung ersuchen, der Vorstand kann die Aufgabe auf andere Bedienstete der Bundesagentur für Arbeit übertragen. Erfolgt kein Vermittlungsersuchen oder bleibt der Vermittlungsversuch ergebnislos, so können der Unternehmer oder der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Auf Ersuchen des Vorsitzenden der Einigungsstelle nimmt ein Mitglied des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit oder ein vom Vorstand der Bundesagentur für Arbeit benannter Bediensteter der Bundesagentur für Arbeit an der Verhandlung teil.
(3) Unternehmer und Betriebsrat sollen der Einigungsstelle Vorschläge zur Beilegung der Meinungsverschiedenheiten über den Interessenausgleich und den Sozialplan machen. Die Einigungsstelle hat eine Einigung der Parteien zu versuchen. Kommt eine Einigung zustande, so ist sie schriftlich niederzulegen und von den Parteien und vom Vorsitzenden zu unterschreiben.
(4) Kommt eine Einigung über den Sozialplan nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle über die Aufstellung eines Sozialplans. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.
(5) Die Einigungsstelle hat bei ihrer Entscheidung nach Absatz 4 sowohl die sozialen Belange der betroffenen Arbeitnehmer zu berücksichtigen als auch auf die wirtschaftliche Vertretbarkeit ihrer Entscheidung für das Unternehmen zu achten. Dabei hat die Einigungsstelle sich im Rahmen billigen Ermessens insbesondere von folgenden Grundsätzen leiten zu lassen:
- 1.
Sie soll beim Ausgleich oder bei der Milderung wirtschaftlicher Nachteile, insbesondere durch Einkommensminderung, Wegfall von Sonderleistungen oder Verlust von Anwartschaften auf betriebliche Altersversorgung, Umzugskosten oder erhöhte Fahrtkosten, Leistungen vorsehen, die in der Regel den Gegebenheiten des Einzelfalles Rechnung tragen. - 2.
Sie hat die Aussichten der betroffenen Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen. Sie soll Arbeitnehmer von Leistungen ausschließen, die in einem zumutbaren Arbeitsverhältnis im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens oder eines zum Konzern gehörenden Unternehmens weiterbeschäftigt werden können und die Weiterbeschäftigung ablehnen; die mögliche Weiterbeschäftigung an einem anderen Ort begründet für sich allein nicht die Unzumutbarkeit. - 2a.
Sie soll insbesondere die im Dritten Buch des Sozialgesetzbuches vorgesehenen Förderungsmöglichkeiten zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit berücksichtigen. - 3.
Sie hat bei der Bemessung des Gesamtbetrages der Sozialplanleistungen darauf zu achten, dass der Fortbestand des Unternehmens oder die nach Durchführung der Betriebsänderung verbleibenden Arbeitsplätze nicht gefährdet werden.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.
(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,
- a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist, - b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt, - c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder - d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.
(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft - a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen, - b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder - c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
- 3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.
(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.
(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.
(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.
(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.
(1) Der Berufungsbeklagte kann sich der Berufung anschließen. Die Anschließung erfolgt durch Einreichung der Berufungsanschlussschrift bei dem Berufungsgericht.
(2) Die Anschließung ist auch statthaft, wenn der Berufungsbeklagte auf die Berufung verzichtet hat oder die Berufungsfrist verstrichen ist. Sie ist zulässig bis zum Ablauf der dem Berufungsbeklagten gesetzten Frist zur Berufungserwiderung. Diese Frist gilt nicht, wenn die Anschließung eine Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen (§ 323) zum Gegenstand hat.
(3) Die Anschlussberufung muss in der Anschlussschrift begründet werden. Die Vorschriften des § 519 Abs. 2, 4 und des § 520 Abs. 3 sowie des § 521 gelten entsprechend.
(4) Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Berufung zurückgenommen, verworfen oder durch Beschluss zurückgewiesen wird.
(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.
(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,
- a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist, - b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt, - c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder - d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.
(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft - a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen, - b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder - c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
- 3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.
(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.
(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.
(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.
(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.
(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.
(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.
Tenor
-
1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 2. Dezember 2010 - 11 Sa 649/10 - im Kostenausspruch und insoweit aufgehoben, wie es die Beklagte zur Zahlung von 16.854,00 Euro brutto nebst Zinsen verurteilt hat.
-
2. Die Anschlussberufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 24. März 2010 - 1 Ca 2392/09 - wird als unzulässig verworfen.
-
3. Die weitergehende Revision der Beklagten wird zurückgewiesen.
-
4. Die Kosten der Berufungsinstanz haben der Kläger zu 1/6, die Beklagte zu 5/6 und die Kosten der Revision haben der Kläger zu 1/5, die Beklagte zu 4/5 zu tragen.
Tatbestand
- 1
-
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen, auf betriebsbedingte Gründe gestützten Kündigung und damit in Zusammenhang stehende Ansprüche.
- 2
-
Die Beklagte ist ein Tochterunternehmen eines amerikanischen Konzerns. Sie hat in Deutschland drei Produktionsstätten. In ihrem Werk O beschäftigte sie regelmäßig etwa 85 Arbeitnehmer.
- 3
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Der im August 1954 geborene Kläger ist promovierter Chemiker und seit April 1986 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Seit Dezember 2006 ist er als „Betriebsleiter GUR“ Leiter der Kunststoffgranulat-Produktion in O. Anfang Februar 2007 wurde ihm zusätzlich die Leitung des gesamten Standorts übertragen. Laut § 1 des im Juni/Juli 2004 geschlossenen Anstellungsvertrags sieht ihn die Beklagte als leitenden Angestellten iSv. § 5 Abs. 3 BetrVG an. Seine Vergütung richtete sich nach einem unternehmensweit angewandten „Vertragsstufensystem für leitende Angestellte“. Danach bezog er ein Bruttomonatsgehalt von etwa 9.860,00 Euro, das sich aus einem Fixum und Bonuszahlungen zusammensetzte.
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Im August 2009 stellte die Beklagte den Kläger unter Berufung auf anstehende seinen Arbeitsplatz betreffende Veränderungen von seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei. Mit Schreiben vom 24. September 2009 kündigte sie das Arbeitsverhältnis der Parteien ordentlich zum 30. April 2010, „vorsorglich ... zum zulässigen Termin“. Der „vorsorglich“ zur Kündigung angehörte Betriebsrat des Werks O hatte der Kündigung mit der Begründung widersprochen, die Beschäftigungsmöglichkeiten für den Kläger seien nicht weggefallen.
- 5
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Der Kläger hat gegen die Kündigung rechtzeitig die vorliegende Klage erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, ein dringendes betriebliches Erfordernis für eine Kündigung liege nicht vor. Sein Arbeitsplatz sei bei im Wesentlichen gleich gebliebenen Aufgaben lediglich neu besetzt worden. Eine Verlagerung bisher durch ihn erledigter Aufgaben auf andere in O beschäftigte Arbeitnehmer sei nicht ohne deren überobligatorische Inanspruchnahme möglich gewesen. Auch habe die Möglichkeit bestanden, ihn auf dem frei gewordenen Arbeitsplatz des „Forschungsleiters“ weiter zu beschäftigen.
-
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
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1.
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 24. September 2009 nicht aufgelöst worden ist;
2.
für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiter zu beschäftigen;
3.
für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, ihm ein wohlwollendes Zwischenzeugnis zu erteilen, das sich auf Führung und Leistung erstreckt;
4.
für den Fall der Abweisung des Antrags zu 1. die Beklagte zu verurteilen, ihm ein „endgültiges“ wohlwollendes Zeugnis zu erteilen, das sich auf Führung und Leistung erstreckt.
- 7
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Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat behauptet, im September 2009 sei auf Konzernebene die - anschließend durch ihren Geschäftsführer umgesetzte - unternehmerische Entscheidung getroffen worden, Produktionsstandorte zusammenzulegen sowie Funktionen und Zuständigkeiten zu bündeln. In diesem Zusammenhang sei die globale Verantwortlichkeit für die Prozessentwicklung und das Qualitätsmanagement in O angesiedelt worden. An diese Funktion habe sie die Hälfte der bisher vom Kläger wahrgenommenen Leitungsaufgaben „angekoppelt“; die Stelle habe sie mit Frau K besetzt, die zuvor Geschäftsführerin eines anderen Konzernunternehmens gewesen sei. Die andere Hälfte der Tätigkeiten habe sie auf insgesamt sieben, dem Kläger bisher nachgeordnete Arbeitnehmer verteilt, die auch in der Lage seien, das zusätzliche Pensum zu bewältigen. Der Kläger sei fachlich nicht in der Lage, die neu zugeschnittene Leitungsstelle auszufüllen. Er verfüge, anders als Frau K, die neben ihrem Chemie- ein Ingenieurstudium absolviert habe, nicht über die erforderlichen Kenntnisse und die notwendige Berufserfahrung auf dem Gebiet der Prozessentwicklung und des Qualitätsmanagements. Außerdem sei die Stelle mit einem Aufgaben- und Kompetenzzuwachs verbunden, der sich in veränderten Berichtspflichten unmittelbar gegenüber dem Management der Beklagten und der Zuordnung des Arbeitsplatzes zu einem höheren „Gehaltslevel“ ausdrücke. Zur Weiterbeschäftigung des Klägers auf einer solchen „Beförderungsstelle“ sei sie nicht verpflichtet.
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Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt. Der Kläger hat in der Berufungsinstanz zusätzlich beantragt, an ihn 16.854,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten aus jeweils 8.427,00 Euro brutto seit dem 1. November 2010 und seit dem 1. Dezember 2010 zu zahlen. Er hat die Auffassung vertreten, das damit geforderte Gehalt für die Monate Oktober und November 2010 stehe ihm unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs zu. Die Beklagte hat gerügt, die Klageerweiterung sei unzulässig. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und diese zur Gehaltszahlung in beantragter Höhe verurteilt. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter, die Klage - ausgenommen den Anspruch auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses - abzuweisen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision ist begründet, soweit die Beklagte ihre Verurteilung zur Zahlung von Vergütung für die Monate Oktober und November 2010 angreift (I.). Im Übrigen bleibt die Revision ohne Erfolg. Die Kündigung vom 24. September 2009 ist unwirksam und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst (II.). Die (Hilfs-)Anträge auf vorläufige Weiterbeschäftigung und auf Erteilung eines Endzeugnisses sind dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen (III.).
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I. Mit Erfolg wendet sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung zur Gehaltszahlung, die der Kläger erstmals in der Berufungsinstanz geltend gemacht hat. Die Revision ist insoweit aus prozessualen Gründen erfolgreich. Bei der Klageerweiterung handelt es sich um eine nach § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO iVm. § 64 Abs. 6 Satz 1, § 66 Abs. 1 Satz 3 ArbGG verspätete und deshalb unzulässige Anschlussberufung. Das hat das Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen (BGH 24. Oktober 2007 - IV ZR 12/07 - Rn. 7, MDR 2008, 159).
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1. Dem Kläger stand für eine Erweiterung der Klage im Berufungsrechtszug nur der Weg der Anschlussberufung zur Verfügung. Als solche ist sein Zahlungsbegehren deshalb zu behandeln; einer ausdrücklichen Bezeichnung als Anschlussberufung bedarf es dazu nicht (BAG 28. Juni 2011 - 3 AZR 282/09 - Rn. 20, EzA BetrAVG § 16 Nr. 59; 30. Mai 2006 - 1 AZR 111/05 - Rn. 42, BAGE 118, 211). Es genügt, dass schriftsätzlich klar und deutlich der Wille zum Ausdruck gebracht wird, eine Änderung des vorinstanzlichen Urteils auch als Rechtsmittelbeklagter zu erreichen. Dazu reicht es, dass der Rechtsmittelbeklagte die Klage - wie im Streitfall mit Schriftsatz vom 19. November 2010 geschehen - erweitert. Einer Beschwer bedarf es für die Anschlussberufung grundsätzlich nicht (vgl. BAG 10. Februar 2009 - 3 AZR 728/07 - Rn. 11, AE 2009, 331).
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2. Nach § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO iVm. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG ist eine Anschlussberufung zulässig bis zum Ablauf der dem Berufungsbeklagten gesetzten Frist zur Berufungserwiderung. Im arbeitsgerichtlichen Verfahren wird zwar - anders als nach § 521 Abs. 2 Satz 1 ZPO - dem Berufungsbeklagten vom Gericht keine Frist zur Berufungserwiderung „gesetzt“; vielmehr gilt für die Berufungsbeantwortung die durch § 66 Abs. 1 Satz 3 ArbGG bestimmte gesetzliche Frist von einem Monat. Gleichwohl ist § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG im Berufungsverfahren vor den Landesarbeitsgerichten entsprechend anwendbar. Eine Anschlussberufung, die nicht innerhalb eines Monats nach Zustellung der Berufungsbegründung - bei Verlängerung der Berufungsbeantwortungsfrist nach § 66 Abs. 1 Satz 5 ArbGG innerhalb der dann geltenden Frist(vgl. GK-ArbGG/Vossen Stand April 2012 § 64 Rn. 105; GMP/Germelmann ArbGG 7. Aufl. § 64 Rn. 106) - eingeht, ist entsprechend § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen(BAG 30. Mai 2006 - 1 AZR 111/05 - Rn. 45, BAGE 118, 211).
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3. Danach war die Anschlussberufung des Klägers verspätet.
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a) Der betreffende Schriftsatz ist am 22. November 2010 beim Landesarbeitsgericht eingegangen. Zu diesem Zeitpunkt war seit der am 26. Juli 2010 bewirkten Zustellung der Berufungsbegründung weit mehr als ein Monat vergangen. Die Frist zur Berufungsbeantwortung war nicht verlängert worden. Ein Fall des § 524 Abs. 2 Satz 3 ZPO liegt nicht vor.
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b) Die Frist zur Berufungsbeantwortung ist ordnungsgemäß in Lauf gesetzt worden. Insbesondere ist der nach § 66 Abs. 1 Satz 4 ArbGG gebotene Hinweis erfolgt. Dies konnte der Senat selbst im Wege des Freibeweises klären (vgl. BAG 18. Januar 2012 - 7 AZR 211/09 - Rn. 17, NZA 2012, 691).
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aa) Die Verwerfung der Anschlussberufung wegen Fristversäumnis setzt voraus, dass der Berufungsgegner mit der Zustellung der Berufungsbegründung gemäß § 66 Abs. 1 Satz 4 ArbGG auf die gesetzliche Verpflichtung hingewiesen wurde, die Berufung binnen eines Monats nach Zustellung der Berufungsbegründung zu beantworten. Fehlt es an einem solchen Hinweis, wird weder die Frist zur Berufungsbeantwortung noch die zur Einlegung der Anschlussberufung in Lauf gesetzt (BA G 30. Mai 2006 - 1 AZR 111/05 - Rn. 45, BAGE 118, 211).
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bb) Der Klägervertreter hat mit Empfangsbekenntnis vom 26. Juli 2010 den Erhalt der Berufungsbegründung bestätigt. Laut Empfangsbekenntnis ist ihm neben der Berufungsbegründung ein „Hinweis gemäß § 66 Abs. 1 Satz 3 ArbGG“ zugestellt worden. Dies bezieht sich auf ein zugleich übermitteltes, vom Kläger in Kopie zur Senatsakte gereichtes gerichtliches Begleitschreiben vom 16. Juli 2010, das - auszugsweise - wie folgt lautet:
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„Gemäß § 66 Abs. 1 Satz 3 Arbeitsgerichtsgesetzmuss die Berufung innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung anliegender Berufungsbegründung b e a n t w o r t e t werden.
Werden Angriffs- oder Verteidigungsmittel in der Berufungsbeantwortung nicht rechtzeitig vorgebracht, so lässt sie das Gericht nur zu, wenn nach seiner freien Überzeugung ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder die Verspätung genügend entschuldigt wird.“
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cc) Dieser Hinweis war mit Blick auf die Anschlussberufung ausreichend. Insoweit geht es vor allem um die Klarstellung, zu welchem Zeitpunkt die Frist des § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO iVm. § 66 Abs. 1 Satz 3 ArbGG in Gang gesetzt worden ist. Über die Möglichkeit der Anschließung als solche braucht hingegen nicht belehrt zu werden. Ob das gerichtliche Schreiben eine hinreichende Belehrung über die Präklusionsvorschrift des § 67 ArbGG und mögliche Folgen aus einer Versäumung der Beantwortungsfrist enthält, kann offenbleiben. Auf die Präklusionsregelung kommt es für die Frage, ob die Anschlussberufung frist- und formgerecht erhoben worden ist, nicht an. Überdies handelt es sich bei der Klageerweiterung als solche nicht um ein Angriffs- oder Verteidigungsmittel iSv. § 67 ArbGG, sondern um den Angriff selbst(BAG 11. April 2006 - 9 AZN 892/05 - Rn. 12, BAGE 117, 370).
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dd) Den Akten ist nicht zu entnehmen, ob das gerichtliche Schreiben vom 16. Juli 2010 oder auch nur die Verfügung, mit der die Zustellung der Berufungsbegründung „mit Belehrung über die Frist gem. § 66 I 3 ArbGG“ veranlasst worden ist, vom Vorsitzenden der Kammer unterzeichnet war. Das ist unschädlich. Der Hinweis hat von Gesetzes wegen „mit der Zustellung der Berufungsbegründung“ zu erfolgen (§ 66 Abs. 1 Satz 4 ArbGG). Ein Tätigwerden des Gerichts bzw. seines Vorsitzenden in jedem Einzelfall ist damit nicht verlangt. Es reicht, dass der Hinweis auf allgemeine Anordnung hin durch die Geschäftsstelle erfolgt. Dieser obliegt ohnehin die Ausführung der Zustellung (§ 168 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Zudem besteht hinsichtlich der Erteilung des Hinweises kein Ermessensspielraum; die Regelung des § 66 Abs. 1 Satz 4 ArbGG ist zwingend. Die Anschlussberufung war damit als unzulässig zu verwerfen.
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II. Die Revision ist unbegründet, soweit sie sich gegen die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über den Feststellungsantrag richtet. Diesem hat das Landesarbeitsgericht zu Recht stattgegeben. Die Kündigungsschutzklage ist begründet. Die ordentliche Kündigung vom 24. September 2009 ist sozial ungerechtfertigt. Sie ist nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG bedingt.
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1. Dringende betriebliche Erfordernisse für eine Kündigung iSv. § 1 Abs. 2 KSchG können sich aus innerbetrieblichen oder außerbetrieblichen Gründen ergeben. Innerbetriebliche Gründe liegen vor, wenn sich der Arbeitgeber zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt, bei deren Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt. Eine solche unternehmerische Entscheidung ist gerichtlich nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10 - Rn. 17, NZA 2012, 852; 16. Dezember 2010 - 2 AZR 770/09 - Rn. 13, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 186 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 165). Nachzuprüfen ist aber, ob die fragliche Entscheidung tatsächlich umgesetzt wurde und dadurch das Beschäftigungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer entfallen ist (BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10 - aaO; 16. Dezember 2010 - 2 AZR 770/09 - aaO).
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2. Allerdings kann in Fällen, in denen die Organisationsentscheidung des Arbeitgebers und sein Kündigungsentschluss praktisch deckungsgleich sind, die ansonsten berechtigte Vermutung, die fragliche Entscheidung sei aus sachlichen Gründen erfolgt, nicht unbesehen greifen. Da die Kündigung nach dem Gesetz an das Vorliegen von Gründen gebunden ist, die außerhalb ihrer selbst liegen, muss der Arbeitgeber in solchen Fällen seine Entscheidung hinsichtlich ihrer organisatorischen Durchführbarkeit und zeitlichen Nachhaltigkeit verdeutlichen (BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 770/09 - Rn. 14, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 186 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 165; 17. Juni 1999 - 2 AZR 522/98 - zu II 1 c der Gründe, BAGE 92, 61). Daran fehlt es, wenn die Kündigung zu einer rechtswidrigen Überforderung oder Benachteiligung des im Betrieb verbliebenen Personals führte (vgl. Rost Jahrbuch des Arbeitsrechts Bd. 39 S. 83) oder die zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung lediglich Vorwand dafür wäre, bestimmte Arbeitnehmer aus dem Betrieb zu drängen, obwohl Beschäftigungsbedarf und Beschäftigungsmöglichkeiten objektiv fortbestehen und etwa nur der Inhalt des Arbeitsvertrags als zu belastend angesehen wird (BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10 - Rn. 18, NZA 2012, 852; 22. Mai 2003 - 2 AZR 326/02 - zu B I 3 d (1) der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 128 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 126).
- 23
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Läuft die unternehmerische Entscheidung auf den Abbau einer Hierarchieebene oder die Streichung eines einzelnen Arbeitsplatzes hinaus verbunden mit einer Umverteilung der dem betroffenen Arbeitnehmer bisher zugewiesenen Aufgaben, muss der Arbeitgeber konkret erläutern, in welchem Umfang und aufgrund welcher Maßnahmen die bisher vom gekündigten Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten für diesen zukünftig entfallen. Nur so kann geprüft werden, ob die Entscheidung den dargestellten Voraussetzungen genügt. Der Arbeitgeber muss die Auswirkungen seiner unternehmerischen Vorgaben und Planungen auf das erwartete Arbeitsvolumen anhand einer schlüssigen Prognose im Einzelnen darstellen und angeben, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige Leistungen, dh. im Rahmen ihrer vertraglich geschuldeten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit erledigt werden können (BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10 - Rn. 18, NZA 2012, 852; 13. Februar 2008 - 2 AZR 1041/06 - Rn. 16, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 174 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 158).
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3. Zu den nur auf Willkür zu überprüfenden Organisationsentscheidungen des Arbeitgebers zählt die Festlegung des Anforderungsprofils einer Stelle. Das Bestreben des Arbeitgebers, bestimmte Tätigkeiten nur von Arbeitnehmern mit bestimmten Qualifikationen ausführen zu lassen, ist grundsätzlich hinzunehmen (BAG 18. März 2010 - 2 AZR 337/08 - Rn. 19, AP BGB § 626 Nr. 228 = EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 17). Schafft der Arbeitgeber neu zugeschnittene Arbeitsplätze, ist dies jedenfalls dann zu respektieren, wenn die Qualifikationsmerkmale einen nachvollziehbaren Bezug zur Organisation der auszuführenden Arbeiten haben (BAG 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 25, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 181 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 163; 7. Juli 2005 - 2 AZR 399/04 - Rn. 32 mwN, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 138 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 138).
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a) Erhöhte Anforderungen an die Darlegungslast sind dabei mit Blick auf § 1 Abs. 2 KSchG dann zu stellen, wenn der Arbeitgeber das Anforderungsprofil für Arbeitsplätze ändert, die bereits mit langjährig beschäftigten Arbeitnehmern besetzt sind. Der Arbeitgeber kann nicht unter Berufung auf eine gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbare Unternehmerentscheidung den Kündigungsschutz des betreffenden Arbeitnehmers dadurch umgehen, dass er in sachlich nicht gebotener Weise die Anforderungen an die Kenntnisse des Arbeitsplatzinhabers verschärft (BAG 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 26, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 181 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 163; 7. Juli 2005 - 2 AZR 399/04 - Rn. 33, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 138 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 138).
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b) Der Arbeitgeber muss deshalb, will er dem Vorwurf des Missbrauchs entgehen, dartun, dass es sich bei der zusätzlich geforderten Qualifikation für die Ausführung der Tätigkeit nicht nur um eine „wünschenswerte Voraussetzung”, sondern um ein sachlich gebotenes, arbeitsplatzbezogenes Kriterium für das Stellenprofil handelt (BAG 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 26, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 181 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 163; 24. Juni 2004 - 2 AZR 326/03 - zu B II 2 a der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Nr. 76 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 132). Die Änderung des Anforderungsprofils muss im Zusammenhang mit einer organisatorischen Maßnahme des Arbeitgebers stehen, die nach ihrer Durchführung angesichts eines veränderten Beschäftigungsbedarfs - etwa aufgrund von Änderungen des Arbeitsvolumens oder des Inhalts der Tätigkeit - auch die Anforderungen an den Arbeitsplatzinhaber erfasst (BAG 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 31, aaO). Gestaltet der Arbeitgeber lediglich Arbeitsabläufe um, ohne dass sich die Tätigkeit inhaltlich ändert, und ist der bisherige Stelleninhaber aufgrund seiner Fähigkeiten und Ausbildung in der Lage, die künftig anfallenden Arbeiten zu verrichten, so ist eine auf betriebliche Gründe gestützte Kündigung selbst dann nicht sozial gerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber die Änderungen zum Anlass nimmt, die Stelle in eine „Beförderungsstelle“ umzuwandeln (ähnlich BAG 10. November 1994 - 2 AZR 242/94 - zu B I 2 der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 65 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 77). Das gleiche gilt, wenn der Arbeitgeber die auf dem Arbeitsplatz bislang zu verrichtende Tätigkeit um zusätzliche Aufgaben erweitert, der dadurch veränderte Arbeitsplatz aber nach Bedeutung und Verantwortung nicht um so viel anspruchsvoller ist, dass insgesamt ein anderer Arbeitsbereich entstanden wäre (BAG 30. August 1995 - 1 ABR 11/95 - zu A II 3 b bb der Gründe, AP BetrVG 1972 § 99 Versetzung Nr. 5 = EzA BetrVG 1972 § 99 Nr. 130).
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4. Daran gemessen hat das Landesarbeitsgericht an die Darlegungslast der Beklagten zu Recht erhöhte Anforderungen gestellt. Dabei macht es keinen Unterschied, ob sich die behauptete Umstrukturierung als Umgestaltung des bisherigen Arbeitsplatzes des Klägers oder als Abbau dieser Stelle bei gleichzeitiger Einrichtung eines neuen, als Beförderungsstelle zu qualifizierenden Arbeitsplatzes darstellt. In beiden Fällen liegt die Organisationsentscheidung nahe am Kündigungsentschluss. Hinzu kommt, dass nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten die bisherigen Aufgaben des Klägers weiterhin anfallen. Die Beklagte musste deshalb zum einen aufzeigen, dass durch die behauptete Bündelung von Funktionen und Zuständigkeiten auf der Leitungsebene tatsächlich ein anderer Arbeitsbereich entstanden ist. Zum anderen war sie gehalten, ihren Entschluss zur Umverteilung der anfallenden Tätigkeiten hinsichtlich seiner Durchführbarkeit und Nachhaltigkeit durch konkreten Tatsachenvortrag zu verdeutlichen.
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5. Dem wird das Vorbringen der Beklagten nicht gerecht. Sie hat nicht nachvollziehbar dargelegt, dass zum Zeitpunkt der Kündigung die Prognose gerechtfertigt war, die Hälfte der bisherigen Arbeitsaufgaben des Klägers könnten von dem ihm bislang nachgeordneten Personal im Rahmen regulärer zeitlicher Verpflichtungen erledigt werden. Bereits dies führt zur Unwirksamkeit der Kündigung.
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a) Die Beklagte hat durchaus im Einzelnen vorgetragen, welche konkreten Aufgaben aus den Bereichen „Betriebsleitung GUR“ und „Standortleitung“ in welchem zeitlichen Umfang künftig durch Frau K und weitere sieben namentlich benannte Arbeitnehmer übernommen werden sollten. Sie hat es aber versäumt schlüssig darzutun, dass die fraglichen sieben Personen über hinreichend freie Arbeitszeitkapazität verfügten, um das zusätzliche Pensum von täglich bis zu einer Stunde ohne überobligationsmäßige Leistungen zu bewältigen. Sie hat dies lediglich pauschal behauptet ohne aufzuzeigen, worauf sich ihre Einschätzung stützt. Spätestens nachdem der Kläger die mangelnde Schlüssigkeit ihres Vorbringens beanstandet und sich beispielhaft unter Angabe von Beginn und Ende täglicher Arbeitszeiten darauf berufen hatte, zwei der betroffenen Mitarbeiter seien bereits in der Zeit vor seiner Freistellung voll ausgelastet gewesen, hätte die Beklagte ihren Vortrag im Rahmen der abgestuften Darlegungslast substantiieren müssen. Das ist nicht geschehen. Sie hat nur ihren nicht weiter einlassungsfähigen Vortrag wiederholt, einer der Genannten sei „genau wie alle anderen Mitarbeiter in der Lage, die ihm übertragenen Aufgaben ohne überobligatorische Verpflichtung zu übernehmen“, die Arbeitszeit eines anderen werde vom Kläger unzutreffend dargestellt. Stattdessen hätte sie, um ihrer Vortragslast zu genügen, die zutreffenden Arbeitszeiten der fraglichen Mitarbeiter nebst der Möglichkeit, „freie“ Kapazitäten für die Übertragung weiterer Arbeiten zu nutzen, darstellen müssen.
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b) Eine Konkretisierung ihres Vorbringens war auch dann nicht entbehrlich, wenn es sich - wie die Beklagte geltend macht - bei den fraglichen Arbeitnehmern um „leitende Angestellte“ oder zumindest außertariflich vergütete Arbeitnehmer handeln sollte. Aus beidem folgt nicht, dass mit diesen keine vertraglichen Vereinbarungen hinsichtlich des Umfangs der zu leistenden Arbeitszeit bestanden. Im Übrigen unterliegen auch sog. AT-Mitarbeiter den Grenzen des Arbeitszeitgesetzes und nimmt nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 ArbZG nur leitende Angestellte iSv. § 5 Abs. 3 BetrVG aus seinem Anwendungsbereich aus(vgl. BAG 6. Mai 2003 - 1 ABR 13/02 - zu B II 2 b aa der Gründe, BAGE 106, 111). Inwieweit diese Voraussetzungen bei einzelnen Arbeitnehmern erfüllt sind, ist dem Vorbringen der Beklagten nicht zu entnehmen.
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c) In welcher Weise ein Arbeitgeber darlegt, dass die Umverteilung von Arbeitsaufgaben nicht zu einer überobligatorischen Beanspruchung im Betrieb verbliebener Arbeitnehmer führt, bleibt ihm überlassen. Handelt es sich um nicht taktgebundene Arbeiten, muss nicht in jedem Fall und minutiös dargelegt werden, welche einzelnen Tätigkeiten die fraglichen Mitarbeiter künftig mit welchen Zeitanteilen täglich zu verrichten haben. Es kann ausreichend sein, wenn der Arbeitgeber die getroffenen Vereinbarungen zu Umfang und Verteilung der Arbeitszeit darstellt und Anhaltspunkte dafür darlegt, dass Freiräume für die Übernahme zusätzlicher Aufgaben vorhanden sind. Im Streitfall hat die Beklagte auch dies unterlassen. Soweit das Landesarbeitsgericht noch strengere Anforderungen an ihr Vorbringen gestellt hat, wirkt sich dies im Ergebnis nicht aus.
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d) Die Rüge der Beklagten, das Landesarbeitsgericht habe sie auf die Mängel in ihrem Vortrag hinweisen müssen, ist unberechtigt.
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aa) Ein Verstoß gegen die richterliche Hinweispflicht (§ 139 ZPO) liegt schon deshalb nicht vor, weil die Beklagte darauf durch die erstinstanzliche Entscheidung und die Ausführungen der Gegenseite aufmerksam gemacht wurde (vgl. BGH 23. April 2009 - IX ZR 95/06 - Rn. 6 mwN, NJW-RR 2010, 70). Das Arbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage mit der Begründung stattgegeben, die Beklagte sei ihrer Darlegungslast nicht nachgekommen. Sie habe es ua. versäumt deutlich zu machen, in welchem Umfang die anderen Mitarbeiter, auf die nunmehr neue Aufgaben zukämen, bisher ausgelastet gewesen seien und warum sie in der Lage sein sollten, die neuen Arbeitsaufgaben ohne überobligatorischen Aufwand zu bewältigen. Dies hat der Kläger aufgegriffen und geltend gemacht, das Vorbringen der Beklagten in ihrer Berufungsbegründung sei „immer noch“ unsubstantiiert. Überdies stützen sich die Entscheidungen der Vorinstanzen insoweit auf die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Die Beklagte war daher auch ohne richterlichen Hinweis gehalten, deutlich konkreter vorzutragen.
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bb) Ob der im Rahmen der Revision nachgeholte Vortrag den Anforderungen an eine substantiierte Darlegung entspricht, kann dahinstehen. Allerdings handelt es sich bei der Vereinbarung einer „Vertrauensarbeitszeit“, auf die die Beklagte hinsichtlich einzelner Arbeitnehmer verweist, typischerweise um ein Arbeitszeitmodell, bei dem der Arbeitgeber lediglich auf die Festlegung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit verzichtet und darauf vertraut, dass die Arbeitnehmer ihre Arbeitsverpflichtung auch ohne Kontrolle erfüllen (vgl. BAG 6. Mai 2003 - 1 ABR 13/02 - Rn. 65, BAGE 106, 111; Schaub/Vogelsang ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 160 Rn. 33). Aus der Vereinbarung einer „Vertrauensarbeitszeit“ folgt dagegen nicht, dass es an arbeits- oder tarifvertraglichen Vorgaben zur wöchentlichen Arbeitszeit fehlt und die Beklagte über die tatsächlich erbrachte Arbeitszeit hinaus Arbeitsleistungen im Umfang von bis zu einer Stunde täglich verlangen konnte.
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e) Dringende betriebliche Erfordernisse, die die Kündigung bedingen, hat die Beklagte damit nicht dargelegt. Unerheblich ist, dass das in Rede stehende zu verteilende Arbeitsvolumen - ausgehend vom Vorbringen der Beklagten - lediglich 50 Prozent der bislang dem Kläger zugewiesenen Arbeitsaufgaben umfasst. Auch wenn die Übertragung der anderen 50 Prozent auf Frau K kündigungsrechtlich nicht zu beanstanden sein sollte, hätte die Beklagte dem Kläger zumindest eine Weiterbeschäftigung im entsprechend reduzierten Umfang anbieten müssen. Dafür, dass ein solches Angebot wegen „Unannehmbarkeit“ hätte unterbleiben können (vgl. dazu BAG 23. Februar 2010 - 2 AZR 656/08 - Rn. 57, BAGE 133, 226; 21. September 2006 - 2 AZR 607/05 - Rn. 34, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 130 = EzA KSchG § 2 Nr. 62), fehlt es an Anhaltspunkten. Im Übrigen kann der Vortrag der Beklagten so verstanden werden, dass ihre gesamte Organisationsentscheidung mit der Möglichkeit der Umverteilung von Aufgaben auf nachgeordnete Mitarbeiter „steht und fällt“.
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III. Der Antrag auf Weiterbeschäftigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag ist dem Senat nicht angefallen. Der Kündigungsrechtsstreit ist rechtskräftig entschieden. Der Antrag auf Erteilung eines Endzeugnisses ist nur für den Fall des Unterliegens mit dem Feststellungsantrag gestellt. Diese Bedingung ist nicht eingetreten.
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IV. Die Kosten der Berufungsinstanz und der Revision waren im Verhältnis von jeweiligem Obsiegen und Unterliegen der Parteien zu teilen (§ 97 Abs. 1 iVm. § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
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Kreft
Koch
Berger
Gans
F. Löllgen
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird Ziffer 3) des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 17.01.2013, Az.: 10 Ca 4622/11, abgeändert und die Klage auf Feststellung, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, dem Beklagten im Versorgungsfall Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu gewähren, vollständig abgewiesen.
Im Übrigen wird die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.
Die Anschlussberufung der Klägerin wird als unzulässig verworfen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz hat die Klägerin 11 % und der Beklagte 89 % zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
- 1
Die Parteien streiten über deliktische Schadensersatzansprüche der Klägerin und darüber, ob sie die dem Beklagten erteilte Versorgungszusage wirksam widerrufen hat.
- 2
Der 1965 geborene Beklagte trat im August 1983 bei der Rechtsvorgängerin der Klägerin als Auszubildender ein und war (seit einer Fusion im Jahr 2001) bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses am 31.12.2010 bei der Klägerin als Energie-Manager in deren Niederlassung Nord in N. im Vertrieb tätig. Sein Bruttomonatsgehalt betrug zuletzt € 4.380,91. Die Klägerin ist ein Energiedienstleister, die ihre Kunden mit Strom, Wärme und Erdgas beliefert. Der Beklagte wechselte zum 01.01.2011 zu den Stadtwerken N., dem örtlichen Wettbewerber der Klägerin.
- 3
Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien endete durch einen im November 2010 abgeschlossenen, undatierten Aufhebungsvertrag zum 31.12.2010. Der Vertrag (Bl. 22/23 d.A.) hat - auszugsweise - folgenden Wortlaut:
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„§ 1 Beendigung des Anstellungsvertrags
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Das seit dem 01.08.1983 bestehende Anstellungsverhältnis … wird im gegenseitigen Einvernehmen zum 31.12.2010 beendet.
- 6
§ 2 Vorzeitige Freistellung/Jahresurlaub
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Die … stellt Herrn … mit Vertragsunterzeichnung bis zum Ende des Anstellungsverhältnisses unter Fortzahlung der laufenden Arbeitsbezüge und unter Anrechnung auf etwaigen Jahresurlaub sowie bestehender positiver Zeitsalden aus dem flexiblen Arbeitszeitkonto bzw. Überstundenkonto von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei.
- 8
…
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§ 4 Betriebliche Altersversorgung
- 10
Aufgrund der geleisteten Dienstzeit hat sich Herr … einen unverfallbaren Betriebsrentenanspruch erworben. Eine detaillierte Ausrechnung nach heutigem Sachstand ist diesem Aufhebungsvertrag beigefügt.
…
- 11
§ 9 Ausgleichsklausel/ Widerrufsmöglichkeit/ Vertragsgültigkeit
- 12
Die Vertragsparteien sind sich einig, dass mit Erfüllung dieser Vereinbarung keine weiteren Ansprüche - gleich aus welchem Rechtsgrund - aus dem Anstellungsverhältnis mehr bestehen und keine Tatsachen vorliegen, aus denen sich im Hinblick auf das Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung Ansprüche irgendwelcher Art herleiten ließen.
…“
- 13
Mit Klageschrift vom 22.12.2011, die am 23.12.2011 beim Arbeitsgericht eingegangen und dem Beklagten am 30.12.2011 zugestellt worden ist, macht die Klägerin Schadensersatzansprüche aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung iHv. insgesamt € 254.734,80 geltend. Der Beklagte beruft sich ua. auf die Ausgleichsklausel in § 9 des Aufhebungsvertrags und erhebt die Einrede der Verjährung.
- 14
Die Klägerin trägt vor, nachdem der Beklagte zu erkennen gegeben habe, zum örtlichen Wettbewerber wechseln zu wollen, habe sie ihn aus diesem Grund ab 08.11.2010 freigestellt. Noch im November 2010 sei der Aufhebungsvertrag zum 31.12.2010 geschlossen worden. Ab Januar 2011 habe sie herausgefunden, dass sie der Beklagte über Jahre mit kriminellen Handlungen vorsätzlich geschädigt habe. Daher sei die Geschäftsgrundlage für die Ausgleichsklausel in § 9 des Aufhebungsvertrags entfallen. Jedenfalls könne sich der Beklagte nach Treu und Glauben nicht auf die Ausgleichsklausel berufen. Vorsorglich focht die Klägerin die Ausgleichsklausel, äußerst hilfsweise den gesamten Aufhebungsvertrag mit Schreiben vom 30.12.2011 (Bl. 430 d.A.) wegen arglistiger Täuschung an.
- 15
Mit Schreiben vom 30.12.2011 (Bl. 393 d.A.) widerrief die Klägerin die dem Beklagten erteilte Versorgungszusage wegen Rechtsmissbrauchs. Bei seinem Ausscheiden hatte sie ihm mit Schreiben vom 30.11.2010 (Bl. 388 d.A.) einen unverfallbaren Anspruch auf ein betriebliches Ruhegeld iHv. monatlich € 653,22 bescheinigt.
- 16
Am 04.10.2011 gab der Beklagte, gegen den die Staatsanwaltschaft ermittelt, folgende Verpflichtungserklärung (Bl. 324 d.A.) ab:
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„Der Schuldner verpflichtet sich gegenüber der Gläubigerin einen jeden ihm nachgewiesenen Schaden, der auf sein Verschulden zurückzuführen ist, nach Kräften wieder gut zu machen.“
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Diese Erklärung focht der Beklagte mit Schriftsatz vom 23.01.2012 wegen arglistiger Täuschung an.
- 19
Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 17.01.2013 (dort Seite 2-11 = Bl. 633-642 d.A.) Bezug genommen.
- 20
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
- 21
den Beklagten zu verurteilen, an sie € 254.734,80 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2011 zu zahlen,
festzustellen, dass der Beklagte den zu Ziffer 1 bezifferten Schadensersatz aus vorsätzlich unerlaubter Handlung schuldet,
den Beklagten zu verurteilen, ihr die Quittungen Nr. 00.000 und 00.000 bis 00.000 aus dem Quittungsblock mit dem Nummernkreis 00.000 bis 00.000 und die Quittungen Nr. 00.000, 00.000, 00.000, 00.000 sowie 00.000 bis 00.000 aus dem Quittungsblock mit dem Nummernkreis 00.000 bis 00.000 herauszugeben, hilfsweise Auskunft über den Verbleib und die Verwendung der Quittungen zu erteilen, ggf. die Auskunft an Eides Statt zu versichern und solche vereinnahmten Beträge an die Klägerin auszukehren,
festzustellen, dass sie gegenüber einer Inanspruchnahme des Beklagten aus der Versorgungszusage (Betriebsvereinbarung vom 17.03.1989 mit Besitzstandsregelung vom 15.12.1987) zur Leistungsverweigerung - hilfs- weise teilweisen Leistungsverweigerung - berechtigt ist, der Widerruf der Versorgungszusage - die ursprünglich gegenüber dem Beklagten mit Schreiben vom 30.11.2010 bestätigt worden war - vom 03.01.2012 wirksam - hilfsweise im Umfang der dem Widerrufsschreiben beigefügten Berechnung - wirksam ist,
hilfsweise festzustellen, dass der Beklagte aus der Versorgungszusage keine - hilfsweise keine über die vorgelegte Simulationsberechnung, die dem Widerrufsschreiben beigefügt war, hinausgehenden - Rechte ihr gegenüber herleiten kann.
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Der Beklagte hat beantragt,
- 23
die Klage abzuweisen.
- 24
Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 17.01.2013 teilweise stattgegeben und den Beklagten verurteilt, an die Klägerin Schadensersatz aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung iHv. € 230.469,27 nebst Zinsen zu zahlen. Das Arbeitsgericht hat außerdem festgestellt, dass der Beklagte aus der ihm erteilten Versorgungszusage keine Rechte wegen seiner Betriebszugehörigkeit vom 01.04.2001 bis 31.12.2010 herleiten kann. Die weitergehende Klage hat das Arbeitsgericht abgewiesen.
- 25
Wegen der Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf Seite 12 bis 25 des erstinstanzlichen Urteils vom 17.01.2013 (Bl. 643-656 d.A.) Bezug genommen.
- 26
Gegen das Urteil, das ihm am 13.02.2013 zugestellt worden ist, hat der Beklagte Berufung eingelegt. Die Berufungsschrift ist bereits am 29.01.2013, die Begründungsschrift innerhalb der bis zum 13.05.2013 verlängerten Frist am 13.05.2013 beim Landesarbeitsgericht eingegangen. Dieser Schriftsatz ist der Klägerin am 16.05.2013 zugestellt worden. Die Berufungserwiderungsfrist wurde antragsgemäß bis zum 29.06.2013, einem Samstag, verlängert. Mit Telefax vom 01.07.2013, einem Montag, reichte die Klägerin eine Erwiderungsschrift ein, die auch eine Anschlussberufungsbegründung und einen Antrag mit dem ausdrücklichen Vermerk enthält, dass die Anschlussberufung vorbehalten ist. In der Berufungsverhandlung hat die Klägerin erklärt, dass die Anschlussberufung unbedingt eingelegt worden sei. Die Formulierung „unter Vorbehalt“ habe sich auf die Antragstellung bezogen, die von den Erörterungen in der mündlichen Verhandlung abhängen sollte.
- 27
Der Beklagte macht mit der Berufung geltend, entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts sei die Klägerin aufgrund der allumfassenden Ausgleichsklausel in § 9 des Aufhebungsvertrags an der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen, auch deliktischen, gehindert. Die Klägerin habe zumindest seit Januar 2006 erhebliche Verdachtsmomente für das Vorliegen einer Straftat gehabt, weil der Kunde J. Sch. bei ihr angerufen und den Sachverhalt einem Kundenbetreuer in G. geschildert habe. Dies sei aus der beigezogenen Ermittlungsakte ersichtlich. Die Klägerin hätte im Rahmen ihrer Schadensminderungspflicht den Verdachtsmomenten frühzeitig nachgehen müssen. Sie hätte sich ohne nennenswerte Mühen insgesamt Kenntnis vom Sachverhalt verschaffen können. Die geltend gemachten Schadensersatzansprüche seien entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts verjährt. Die Unkenntnis der Klägerin beruhe seit Ende 2005/ Anfang 2006 zumindest auf grober Fahrlässigkeit. Dies gehe zu ihren Lasten. Die dreijährige Verjährungsfrist sei für Ansprüche vor dem 01.01.2008 bei Klageerhebung Ende 2011 verstrichen gewesen. Die Klägerin habe die Ausgleichsklausel nicht wirksam angefochten. Ihr Prozessbevollmächtigter sei zur Anfechtungserklärung am 30.12.2011 nicht ordnungsgemäß bevollmächtigt gewesen. Die nachträgliche Genehmigung der Vertretungsvollmacht sei verfristet.
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Der Teilwiderruf der betrieblichen Altersversorgung sei entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts nicht wirksam erfolgt. Selbst wenn die Vorwürfe der Klägerin vollumfassend zuträfen, sei sie nicht berechtigt, die Versorgungszusage zu widerrufen.
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Was die ausgeurteilten Schadensersatzbeträge im Einzelnen angehe, seien die Ansprüche iHv. € 66.083,93 (Stichwort: „Rücküberweisungen von Kunden“) zumindest verjährt. Soweit er verurteilt worden sei, an die Klägerin € 26.488,64 (Stichwort: „Abhebungen Sparkonto K.-Fußballer“) zu zahlen, habe das Arbeitsgericht den rechtlichen Status der Betriebsfußballmannschaft als BGB-Gesellschaft verkannt. Die Klägerin habe sämtliche Beträge, die sie der Fußballmannschaft gewährt habe, wie dies für „fremde Dritte“ üblich sei, als Betriebsausgaben abgesetzt. Das Arbeitsgericht sei fehlerhaft davon ausgegangen, dass die Klägerin Inhaberin des Sparkontos der Fußballmannschaft gewesen sei. Im Übrigen sei der Vortrag der Klägerin unsubstantiiert. Das Arbeitsgericht habe die Darlegungs- und Beweislast verkannt. Die Nachlässigkeit der Klägerin, die - über den von ihm behaupteten und oftmals auch belegten Verwendungszweck hinaus - keine weitergehenden Belege, Quittungen oder Verwendungsnachweise gefordert habe, könne nicht zu seinen Lasten gehen. Auch seine Verurteilung zur Zahlung von € 35.702,10 (Stichwort: „Kassenbarauszahlungen“) sei rechtsfehlerhaft erfolgt. Er habe den unsubstantiierten Vortrag der Klägerin in zulässiger Weise mit Nichtwissen bestritten. Es sei nicht ersichtlich, wie sich der geltend gemachte Betrag zusammensetze. Die bloße Bezugnahme auf Anlagen ersetze keinen Sachvortrag. Das Arbeitsgericht habe ihn auch zu Unrecht verurteilt, an die Klägerin € 20.710,00 (Stichwort: „Fall T.“) zu zahlen. Er habe in zulässiger Weise bestritten, diesen Betrag erhalten zu haben. Auch dieser Vortrag der Klägerin sei unsubstantiiert. Es sei nicht seine Aufgabe die Klage schlüssig zu machen. Da ihm die Quittungen über die Barzahlungen des Kunden T. nicht mehr vorlägen, könne er sich auf bloßes Bestreiten zurückziehen. Das vorgenannte gelte auch bezüglich der erstinstanzlichen Verurteilung zur Zahlung von € 56.792,16 (Stichwort: „Fall Kur- und Sporthotel F.“). Er habe die behaupteten Scheckzahlungen mit Nichtwissen bestritten. Er habe auch bestritten, dass er Barschecks des Kunden entgegengenommen habe und dass die Schecks dem Konto des Kunden Franz belastet worden seien. Soweit er vom Arbeitsgericht verurteilt worden sei, an die Klägerin € 5.000,00 (Stichwort: „Auszahlungsanweisung Zuschuss Betriebssport“) und € 14.929,28 (Stichwort: „Scheck E.-Rückerstattung“) und € 2.464,66 (Stichwort: „Scheck N.“) und € 2.300,00 (Stichwort: „Rückerstattung Kaution“) zu zahlen, berufe er sich auf die vereinbarte Abgeltungsklausel und die Einrede der Verjährung.
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Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz des Beklagten vom 13.05.2013 (Bl. 768-782 d.A.) Bezug genommen.
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Der Beklagte beantragt zweitinstanzlich,
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das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 17.01.2013, Az. 10 Ca 4622/11, teilweise abzuändern und die Klage vollständig abzuweisen,
die Anschlussberufung der Klägerin als unzulässig zu verwerfen bzw. zurückzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufung des Beklagten zurückzuweisen,
im Wege der Anschlussberufung, (die vorbehalten ist), das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 17.01.2013, Az. 10 Ca 4622/11, teilweise abzuändern und den Beklagten zu verurteilen,
an sie über den ausgeurteilten Teilbetrag von € 230.469,27 insgesamt € 254.734,80 nebst Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.01.2011 zu zahlen,
ihr Auskunft über den Verbleib und die Verwendung der Quittungen Nr. 00.000 und 00.000 bis 00.000 aus dem Quittungsblock mit dem Nummernkreis 00.000 bis 00.000 und der Quittungen Nr. 00.000, 00.000, 00.000, 00.000 sowie 00.000 bis 00.000 aus dem Quittungsblock mit dem Nummernkreis 00.000 bis 00.000 zu erteilen, ggf. die Auskunft an Eides Statt zu versichern und solche vereinnahmten Beträge an sie auszukehren,
an sie weitere € 4.380,91 nebst Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 31.12.2010 zu zahlen.
- 35
Die zweitinstanzlich erweitere Klage (Ziff. 2 c) auf Rückzahlung des Bruttogehaltes für den Monat Dezember 2010 hat die Klägerin mit Einwilligung des Beklagten in der Berufungsverhandlung zurückgenommen. Die Formulierung in Ziff. 2 des Antrags „die vorbehalten ist“, hat sie in der mündlichen Verhandlung gestrichen.
- 36
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
- 37
1. Die nach § 64 ArbGG statthafte Berufung des Beklagten ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 517, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und in ausreichender Weise begründet worden. Sie ist somit zulässig.
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2. Die Anschlussberufung der Klägerin ist unzulässig. Das folgt daraus, dass die Anschlussberufungsschrift vom 01.07.2013 den ausdrücklichen Vermerk enthält, dass die Einlegung der Anschlussberufung „vorbehalten“ ist.
- 39
Nach § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO iVm. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG ist eine Anschlussberufung vor den Landesarbeitsgerichten innerhalb eines Monats nach Zustellung der Berufungsbegründung, bei Verlängerung der Berufungsbeantwortungsfrist nach § 66 Abs. 1 Satz 5 ArbGG innerhalb der dann geltenden Frist einzulegen (BAG 24.05.2012 - 2 AZR 124/11 - Rn. 12, NZA 2012, 1223).
- 40
Durch die zeitliche Begrenzung des Anschließungsrechts ist die nach früherem Recht (vgl. BGH 30.09.1960 - IV ZR 46/60 - BGHZ 33, 169) bestehende Möglichkeit entfallen, die in einem zuvor eingereichten Schriftsatz, der den Anforderungen einer Anschlussschrift genügt, vorbehaltene Anschlussberufung in der mündlichen Verhandlung einzulegen (Musielak/Beil ZPO 10. Aufl. § 524 Rn. 20).
- 41
Die Klägerin hat sich in ihrem fristgerecht eingereichten Schriftsatz vom 01.07.2013 ausdrücklich vorbehalten, im Wege der Anschlussberufung eine Änderung des Urteils des Arbeitsgerichts zu ihren Gunsten zu erreichen (Anträge zu 2 a) und 2 b)) sowie die Klage zu erweitern (Antrag zu Ziff. 2 c)). Ein derartiger Vorbehalt ist unzulässig (BGH 17.07.2008 - V ZB 151/07 - Rn. 10, Juris). Es handelt sich nicht lediglich um eine „ungeschickte Ausdrucksweise“ bei der Antragsformulierung, sondern um einen ausdrücklichen Vorbehalt, den die Klägerin auf Seite 2 ihrer Berufungserwiderung nochmals und zusätzlich durch Unterstreichung hervorgehoben hat.
II.
- 42
Die Berufung des Beklagten hat teilweise Erfolg. Die Klägerin hat die dem Beklagten erteilte Versorgungszusage nicht wirksam widerrufen. Dies führt zur teilweisen Abänderung des angefochtenen Urteils. Die weitergehende Berufung des Beklagten ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass der Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin Schadensersatz iHv. € 230.469,27 nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.01.2011 zu zahlen. Das Arbeitsgericht hat außerdem zutreffend festgestellt, dass die Schadensersatzforderung der Klägerin auf vorsätzlichen unerlaubten Handlungen des Beklagten beruht.
- 43
1. Die Klägerin ist verpflichtet, bei Eintritt des Versorgungsfalls an den Beklagten bzw. seine Hinterbliebenen, die mit der Versorgungszusage ihrer Rechtsvorgängerin K. vom 17.03.1989 zugesagte Versorgungsleistung zu erbringen. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts ist nicht nur der vollständige, sondern auch der teilweise Widerruf der Versorgungszusage mit Schreiben vom 30.12.2011 unwirksam.
- 44
Die Klägerin kann bei Eintritt des Versorgungsfalls die Erbringung von Versorgungsleistungen aus der von ihrer Rechtsvorgängerin erteilten Versorgungszusage weder ganz noch teilweise mit der Begründung verweigern, der Beklagte habe ihr durch grobe Verletzung seiner arbeitsvertraglichen Pflichten erhebliche Vermögensschäden zugefügt. Grobe Pflichtverletzungen, die ein Versorgungsberechtigter begangen hat, berechtigen den Arbeitgeber nur dann zum Widerruf der Versorgungszusage, wenn die Berufung des Versorgungsberechtigten auf die Versorgungszusage dem Rechtsmissbrauchseinwand (§ 242 BGB) ausgesetzt ist.
- 45
a) Stützt sich der Arbeitgeber - wie hier - auf die Verursachung eines Vermögensschadens durch den Arbeitnehmer, so kann er die Versorgungszusage widerrufen, wenn der Arbeitnehmer seine Pflichten in grober Weise verletzt und ihm hierdurch einen existenzgefährdenden Schaden zugefügt hat. Nur dann ist die Berufung des Arbeitnehmers auf die Versorgungszusage rechtsmissbräuchlich. Führen die vom Arbeitnehmer verursachten Vermögensschäden hingegen nicht zu einer Gefährdung der wirtschaftlichen Grundlage des Arbeitgebers, sind dessen Interessen mit der Möglichkeit, den Arbeitnehmer auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen, hinreichend gewahrt (BAG 13.11.2012 - 3 AZR 444/10 - Rn. 30 mwN, Juris).
- 46
Leistungen der betrieblichen Altersversorgung haben sowohl Versorgungs- als auch Entgeltcharakter. Aufgrund des Entgeltcharakters kann die betriebliche Altersversorgung nicht bereits dann verweigert werden, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber - wie hier mit über € 230.000,-- - einen erheblichen Vermögensschaden zugefügt hat. Er kann den Arbeitnehmer vielmehr nur auf Schadensersatz in Anspruch nehmen und ggf. gegenüber den Vergütungsansprüchen des Arbeitnehmers aufrechnen. Anders verhält es sich nur dann, wenn die Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers zu einer Existenzgefährdung des Arbeitgebers geführt haben. Dann ist das Versorgungsverlangen des Arbeitnehmers rechtsmissbräuchlich. Führen vom Arbeitnehmer durch pflichtwidriges Verhalten verursachte Vermögensschäden hingegen nicht zu einer Gefährdung der wirtschaftlichen Grundlage des Arbeitgebers, sind die Interessen des Arbeitgebers mit der Möglichkeit, den Arbeitnehmer auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen, hinreichend gewahrt (BAG 13.11.2012 - 3 AZR 444/10 - Rn. 32 mwN, Juris).
- 47
Nach diesen Grundsätzen, denen die Berufungskammer folgt, kann die Klägerin die dem Beklagten erteilte Versorgungszusage nicht mit der Begründung widerrufen, er habe ihr durch vorsätzliche unerlaubte Handlungen einen erheblichen Vermögensschaden zugefügt. Der Beklagte hat die Klägerin zwar um ca. € 230.000,-- geschädigt, er hat die Klägerin durch seine Verfehlungen jedoch nicht in eine existenzbedrohende Lage gebracht. Eine existenzbedrohte Lage hat die Klägerin ausdrücklich verneint.
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b) Der Rechtsmissbrauchseinwand kann nach der Rechtsprechung des BAG außerdem dann gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitnehmer die Unverfallbarkeit seiner Versorgungsanwartschaft nur durch Vertuschung schwerer Verfehlungen erschlichen hat. Das ist anzunehmen, wenn eine rechtzeitige Entdeckung derartiger Verfehlungen zur fristlosen Kündigung geführt hätte, bevor die Versorgungsanwartschaft unverfallbar werden konnte und der Arbeitnehmer den Arbeitgeber durch die Vertuschung des Fehlverhaltens daran gehindert hat, noch vor Eintritt der Unverfallbarkeit zu kündigen (BAG 13.11.2012 - 3 AZR 444/10 - Rn. 47 mwN., aaO).
- 49
Im vorliegenden Fall ist die Versorgungsanwartschaft des Beklagten bereits am 16.11.2000 unverfallbar geworden. Der am 16.11.1965 geborene Beklagte war am 01.08.1983 in die Dienste der Rechtsvorgängerin der Klägerin getreten. Die in Rede stehende Versorgungszusage wurde ihm mit Wirkung zum 01.04.1989 erteilt. Damit beurteilt sich der Eintritt der Unverfallbarkeit seiner Versorgungsanwartschaften nach § 30 f Abs. 1 iVm. § 1 b BetrAVG. Danach bleibt die Anwartschaft erhalten, wenn das Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalls, jedoch nach Vollendung des 35. Lebensjahres endet und die Versorgungszusage zu diesem Zeitpunkt mindestens zehn Jahre oder bei mindestens zwölfjähriger Betriebszugehörigkeit mindestens drei Jahre bestanden hat. Der Beklagte hatte am 16.11.2000 das 35. Lebensjahr vollendet, der Beginn seiner Betriebszugehörigkeit lag zu diesem Zeitpunkt mindestens zwölf Jahre zurück und die Versorgungszusage hatte für ihn mindestens drei Jahre bestanden.
- 50
Die Klägerin wirft dem Beklagten schwere Verfehlungen vor, die er seit der Fusion im Jahr 2001 begangen hat. Auf Verfehlungen, die sich bis zum Eintritt der Unverfallbarkeit seiner Versorgungsanwartschaft im November 2000 ereignet haben, beruft sich die Klägerin nicht. Sie macht nicht geltend, der Beklagte habe die Unverfallbarkeit seiner Versorgungsanwartschaft durch Vertuschung pflichtwidrigen Verhaltens erschlichen. Damit ist sie nicht berechtigt, die dem Beklagten erteilte Versorgungszusage ganz oder teilweise zu widerrufen. Ihre Feststellungsklage ist unbegründet. Dies führt zur teilweisen Änderung des angefochtenen Urteils und zur vollständigen Abweisung des Klageantrags zu Ziffer 4.
- 51
2. Der Beklagte ist verpflichtet, an die Klägerin Schadensersatz iHv. € 230.469,27 zu zahlen. Die Berufungskammer folgt der ausführlichen und sorgfältigen Begründung des angefochtenen Urteils und stellt dies nach § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Das Berufungsvorbringen veranlasst lediglich folgende Ausführungen:
- 52
a) Entgegen der Ansicht der Berufung steht die in § 9 des Aufhebungsvertrags vereinbarte Ausschlussklausel den erhobenen Schadensersatzansprüchen der Klägerin aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung nicht entgegen. Die Parteien haben in § 9 des Aufhebungsvertrags geregelt, dass mit Erfüllung dieser Vereinbarung keine weiteren Ansprüche, „gleich aus welchem Rechtsgrund“, aus dem Anstellungsverhältnis mehr bestehen und keine Tatsachen vorliegen, aus denen sich im Hinblick auf das Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung „Ansprüche irgendwelcher Art“ herleiten ließen.
- 53
aa) Welche Rechtsqualität und welchen Umfang eine Ausgleichsklausel hat, ist durch Auslegung nach den Regeln der §§ 133, 157 BGB zu ermitteln. Es ist der in der auszulegenden Erklärung verkörperte maßgebliche Wille der Parteien zu ermitteln. Lässt sich dabei ein übereinstimmender Wille der Parteien feststellen, so ist dieser allein maßgeblich, auch wenn er in dem Vertrag nur einen unvollkommenen oder gar keinen Ausdruck gefunden hat. Lässt sich ein solch übereinstimmender Wille nicht feststellen, sind die jeweiligen Erklärungen der Vertragsparteien jeweils aus der Sicht des Erklärungsempfängers so auszulegen, wie er sie nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen durfte und musste. Dabei sind alle den Parteien erkennbaren Begleitumstände, die für den Erklärungsinhalt von Bedeutung sein können, zu berücksichtigen. Hierzu gehören insbesondere die Entstehungsgeschichte, das Verhalten der Parteien nach Vertragsschluss, der Zweck des Vertrags und die bei Vertragsschluss vorliegende Interessenlage. Ausgleichsklauseln in gerichtlichen und außergerichtlichen Vergleichen und Aufhebungsverträgen sind im Interesse klarer Verhältnisse grundsätzlich weit auszulegen. In einem Aufhebungsvertrag wollen die Parteien in der Regel das Arbeitsverhältnis abschließend bereinigen und alle Ansprüche erledigen, gleichgültig, ob sie daran dachten oder nicht. Andererseits werden von Ausgleichsklauseln regelmäßig solche Forderungen nicht erfasst, die objektiv außerhalb des von den Parteien Vorgestellten liegen und bei Vergleichsabschluss subjektiv unvorstellbar waren (BAG 11.10.2006 - 5 AZR 755/05 - Rn. 24 mwN, NZA 2008, 72).
- 54
Im vorliegenden Fall lässt sich aus den Begleitumständen, der Entstehungsgeschichte und dem Zweck des Aufhebungsvertrags vom November 2010 nicht entnehmen, dass die in § 9 geregelte Ausgleichsklausel auch deliktische Ansprüche der Klägerin gegen den Beklagten umfasst. Ohne besondere Anzeichen ist regelmäßig nicht davon auszugehen, dass die Parteien des Arbeitsvertrages mit einer Ausschlussklausel auch Fragen der Vorsatzhaftung regeln wollen (BAG 20.06.2013 - 8 AZR 280/12 - Pressemitteilung Nr. 42/13). Der Beklagte wollte das Arbeitsverhältnis kurzfristig beenden, um zu einem örtlichen Wettbewerber der Klägerin wechseln zu können. Die Parteien haben sich deshalb auf eine Beendigung zum 31.12.2010, die Freistellung des Beklagten unter Fortzahlung der Vergütung, jedoch unter Anrechnung auf Resturlaubsansprüche geeinigt. Die Klägerin hat bei Vertragsschluss nicht damit gerechnet, dass sie der Beklagte seit Jahren durch strafbare Handlungen um insgesamt ca. € 230.000,-- geschädigt hat.
- 55
bb) Selbst wenn man annehmen sollte, dass die Ausgleichsklausel auch Ansprüche der Klägerin umfasst, die auf vorsätzlichen unerlaubten Handlungen des Beklagten beruhen, könnte sich der Beklagte aufgrund seines strafrechtlich relevanten Vorgehens nicht mit Erfolg auf die vereinbarte Ausgleichsklausel berufen.
- 56
Wie das Arbeitsgericht unter Bezugnahme auf die höchstrichterliche Rechtsprechung (BAG 09.03.1972 - 1 AZR 165/71 - DB 1972, 2216; LAG Düsseldorf 28.08.2001 - 16 Sa 610/01 - Rn. 39 mwN, Juris) bereits zutreffend ausgeführt hat, verstößt ein Arbeitnehmer, der durch eine vorsätzliche unerlaubte Handlung seinem bisherigen Arbeitgeber einen Schaden zufügt, gegen den die gesamte Rechtsordnung beherrschenden Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB), wenn er, um für sich einen Rechtsvorteil zu erzielen, seinen früheren Arbeitgeber an einer Erklärung festhalten will, die dieser bei Kenntnis des Sachverhalts in dieser Form nicht abgegeben hätte. Der Grundsatz von Treu und Glauben bildet eine allen Rechten, Rechtslagen und Rechtsnormen immanente Inhaltsbegrenzung, die eine gegen § 242 BGB verstoßende Rechtsausübung oder Ausnutzung einer Rechtslage unzulässig macht.
- 57
Der Klägerin war bei Abschluss des Aufhebungsvertrags im November 2010 nicht bekannt, dass ihr der Beklagte durch vorsätzlich begangene Vermögensdelikte einen Schaden iHv. ca. € 230.000,-- zugefügt hat. Diese Delikte wurden erst ab Januar 2011, auch im Rahmen der polizeilichen Ermittlungen, aufgedeckt. Die Rechtsausübung des Beklagten ist somit insoweit unzulässig, als er die Klägerin an der Ausgleichsklausel festhalten will, um sie daran zu hindern, ihre nachträglich gegenüber ihm festgestellten auf vorsätzlichen vorwerfbaren Handlungen beruhende Forderung geltend zu machen.
- 58
cc) Auf die von der Berufung aufgeworfene Frage, ob die Klägerin die Ausgleichsklausel bzw. den gesamten Aufhebungsvertrag gemäß § 123 BGB innerhalb der Anfechtungsfrist des § 124 Abs. 1 BGB wirksam angefochten hat, insb. ob ihrem Prozessbevollmächtigten die erforderliche Vollmacht des Vorstandes zur Anfechtungserklärung vorlag, kommt es auch zweitinstanzlich nicht an.
- 59
b) Entgegen der Ansicht der Berufung sind die erhobenen Schadensersatzansprüche der Klägerin nicht verjährt.
- 60
Gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 EGBGB gilt seit 01.01.2002 für bis dahin nicht verjährten Schadensersatzansprüche die dreijährige Regelverjährung des § 195 BGB. Dabei setzt der Beginn der Frist das Vorliegen der subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB voraus. Nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB) mit dem Schluss des Jahres, in dem der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen.
- 61
Die in § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB enthaltene subjektive Voraussetzung für den Verjährungsbeginn knüpft an die Kenntnis bzw. fahrlässige Unkenntnis des Gläubigers hinsichtlich aller Merkmale des Anspruchs an. Ausreichend ist im Allgemeinen eine solche Kenntnis, die es dem Geschädigten erlaubt, eine hinreichend aussichtsreiche - wenn auch nicht risikolose - Feststellungsklage zu erheben. Erforderlich ist, dass der Geschädigte über einen Kenntnisstand verfügt, der ihn in die Lage versetzt, eine auf eine deliktische Anspruchsgrundlage gestützte Schadensersatzklage schlüssig zu begründen (BGH 06.11.2007 - VI ZR 182/06 - MDR 2008, 208).
- 62
Entgegen der Ansicht des Beklagten hat die Klägerin nicht bereits im Jahr 2006 über einen ausreichenden Kenntnisstand verfügt, um gegen ihn deliktische Schadensersatzansprüche wegen Untreue (§ 823 Abs. 2 BGB iVm. § 266 Abs. 1 StGB) oder sittenwidriger Schädigung (§ 826 BGB) geltend machen zu können. Allein aus dem Umstand, dass der Zeuge J. Sch., ein Tankstellenpächter und Kunde der Klägerin, im Ermittlungsverfahren gegen den Beklagten bei seiner polizeilichen Vernehmung am 16.08.2011 (Bl. 514-520 d.A.) ausgesagt hat, es sei ihm „suspekt“ vorgekommen, dass der Beklagte ihn im Januar 2006 gebeten habe, den Geldbetrag von € 4.700,00, den ihm die Klägerin angeblich wegen einer Fehlbuchung irrtümlich überwiesen habe, auf das Konto einer Privatperson zurückzuüberweisen. Deshalb habe er bei der Klägerin angerufen, um mit einem Vorgesetzten des Beklagten zu sprechen. Er wisse nicht mehr mit welcher Person er telefoniert habe, zu der er durchgestellt worden sei. Es habe sich um einen Mann gehandelt, genauere Angaben könne er nicht machen.
- 63
Im Fall des Kunden Sch. hat die Klägerin keinen Schaden erlitten, weil dieser Kunde misstrauisch geworden ist. Zehn andere Kunden der Klägerin haben die Machenschaften des Beklagten (angebliche Fehlüberweisung und Rücküberweisung auf ein anderes Konto) nicht durchschaut, so dass der Klägerin - was unstreitig ist - durch dieses Tatmuster des Beklagten insgesamt ein Schaden von € 66.083,93 entstanden ist. Es ergibt sich nichts dafür, dass die Klägerin aufgrund eines Telefonanrufs des Zeugen Sch. bei einer männlichen Person, an die er sich nicht erinnern kann, Kenntnis von diesen Machenschaften hatte oder dass ihre Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruht.
- 64
Grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegt vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis deshalb fehlt, weil er ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt oder das nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen, wie etwa dann, wenn sich dem Gläubiger die den Anspruch begründenden Umstände förmlich aufgedrängt haben und er leicht zugängliche Informationsquellen nicht genutzt hat (BGH 24.07.2012 - II ZR 177/11 - Rn. 17, NJW-RR 2012, 1240). Aus einem Telefonanruf des Kunden Sch. bei einem unbekannten männlichen Mitarbeiter der Klägerin, lässt sich keine grobfahrlässige Unkenntnis von den Vorsatzstraftaten des Beklagten herleiten.
- 65
Nach der Rechtsprechung des BGH, der die Berufungskammer folgt, kommt es hinsichtlich der Kenntnis der für den Beginn der Verjährungsfrist maßgebenden Umstände grundsätzlich auf die Person des Anspruchsinhabers selbst an. Dieser muss sich das Wissen eines Dritten entsprechend § 166 Abs. 1 BGB dann als eigenes Wissen zurechnen lassen, wenn er den Dritten mit der Erledigung bestimmter Angelegenheiten in eigener Verantwortung betraut, insbesondere ihm im Zusammenhang mit der Verfolgung des Anspruchs die Kenntnisnahme von bestimmten Tatsachen oder die Vornahme der erforderlichen Tatsachenfeststellungen übertragen hat (BGH 13.12.2012 - III ZR 298/11 - Rn. 19, NJW 2013, 448). Dafür, dass der Kunde Sch. mit einem „Wissensvertreter“ der Klägerin iSd. § 166 Abs. 1 BGB telefoniert hat, hat der Beklagte, der die Darlegungs- und Beweislast für die den Beginn und den Ablauf der Verjährung maßgeblichen Umstände trägt, nichts vorgetragen.
- 66
Die Klägerin hat erst nach dem Ausscheiden des Beklagten im Januar 2011 nach Eingang der Rechnung einer Wäscherei über die Reinigung von Fußballtrikots das für die Betriebsfußballmannschaft („K.-Fußballer“) eingerichtete Konto Nr. 000 000 000 bei der Sparkasse N., auf das der Beklagte Zugriff hatte, überprüft und dabei Unregelmäßigkeiten festgestellt, die sie dazu veranlasst haben, weitere Nachforschungen anzustellen und auch Strafanzeige zu erstatten. Die Klage ist am 30.12.2011 und damit für alle Schadensersatzansprüche ab 2001 noch innerhalb der zehnjährigen Verjährungshöchstfrist des § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB dem Beklagten zugestellt worden; sie hat den Lauf der Verjährungsfrist rechtzeitig gehemmt, § 204 Abs.1 Nr. 1 BGB.
- 67
c) Entgegen der Ansicht der Berufung ist die Entscheidung des Arbeitsgerichts, dass der Beklagte wegen der angerichteten Schäden im Einzelnen verpflichtet ist, an die Klägerin insgesamt € 230.469,27 zu zahlen, nicht zu beanstanden.
- 68
aa) Der Beklagte ist gemäß § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 266 Abs. 1 StGB bzw. aus § 826 BGB verpflichtet, an die Klägerin Schadensersatz iHv. € 66.083,93 (Stichwort: „Rücküberweisungen von Kunden“) zu zahlen.
- 69
Der Beklagte bestreitet nicht, dass er die Klägerin um € 66.083,93 geschädigt hat, indem er in insgesamt 10 Fällen von April 2001 bis November 2005 rechtsgrundlose Geldüberweisungen der Klägerin in einer Gesamthöhe von € 66.083,93 an verschiedene Kunden veranlasst hat, die Kunden anschließend durch Täuschung zur Rücküberweisung der eingegangenen Beträge auf das allein seiner Verfügung unterliegende Sparkonto Nr. 301 710 455 bei der Sparkasse N. bewegt und schließlich persönlich die eingegangenen Beträge vereinnahmt hat.
- 70
Wie oben - unter Ziff. II. 2. a) und b) der Entscheidungsgründe - ausgeführt, ist der Schadensersatzanspruch der Klägerin weder verjährt noch aufgrund der Ausgleichsklausel in § 9 des Aufhebungsvertrags ausgeschlossen.
- 71
Der Vorwurf der Berufung, die Klägerin treffe ein „evidentes Organisationsverschulden“ ist nicht berechtigt. Der Beklagte kann der Klägerin kein schadensursächliches Mitverschulden anlasten, weil es ihm über mehrere Jahre gelungen ist, Straftaten zu begehen, die zu ihrer Schädigung geführt haben. Dafür, dass ein unzureichendes Kontrollsystems für den Schaden der Klägerin kausal verantwortlich ist, wofür der Beklagte die Darlegungs- und Beweislast trägt, bestehen keine Anhaltspunkte. Auch ein optimales Kontrollsystem ist nicht stets einer besonderen kriminellen Energie gewachsen (zu diesem Aspekt BGH 30.09.2003 - XI ZR 232/02 - NJW-RR 2004, 45). Im Streitfall haben nicht die Kontrollmechanismen der Klägerin versagt, sie wurden vielmehr durch Fälschung von Unterschriften sowie durch Täuschung von Vorgesetzten, anderen Mitarbeitern und Kunden zielgerichtet unterlaufen.
- 72
bb) Der Beklagte ist gemäß § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 266 Abs. 1 StGB bzw. aus § 826 BGB verpflichtet, an die Klägerin € 26.488,64 (Stichwort: „Abhebungen Sparkonto K.-Fußballer“ [€ 48.988,64 - € 22.500,00]) zu zahlen.
- 73
Bereits die Rechtsvorgängerin der Klägerin hatte unstreitig für die Betriebsfußballmannschaft („K.-Fußballer“) bei der Sparkasse N. ein Konto Nr. 000 000 000 angelegt, auf das der Beklagte als sog. Teamcaptain Zugriff hatte, um damit sämtliche Aufwendungen für die Mannschaft zu bestreiten. Die Klägerin zahlte unstreitig für die Jahre 2001 bis 2011 Sponsoringbeträge in einer Gesamthöhe von € 22.500,00 auf das Konto ein. Der Beklagte hat nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Klägerin dieses Sparkonto wie eine „Schwarze Kasse“ missbraucht. Auf diesem Konto gingen nicht nur die Sponsoringbeträge, sondern auch andere Geldbeträge ein, die sich der Beklagte dorthin hat überweisen lassen. Der Beklagte hat über die Jahre, was ebenfalls unstreitig ist, insgesamt € 48.988,64 von diesem Konto abgehoben. Ob die Ansicht des Arbeitsgerichts zutrifft, der Beklagte sei nicht verpflichtet, die Sponsoringbeträge von € 22.500,00 - zumindest teilweise - zurückzuzahlen, weil die Klägerin die zweckwidrige Verwendung der freiwillig geleisteten Fördermittel für die Fußballmannschaft nicht substantiiert vorgetragen habe, ist mangels Zulässigkeit der Anschlussberufung nicht zu prüfen. Jedenfalls ist die Entscheidung des Arbeitsgerichts, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin Schadensersatz in Höhe der Differenz zwischen € 48.988,64 und € 22.500,00, mithin € 26.488,64, zu zahlen, nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat diese Differenzbeträge jeweils kurz nach der Einzahlung vom Sparkonto abgehoben, ohne dass sich ein Bezug zum Betriebsfußball herstellen ließe.
- 74
Die Erwägungen der Berufung zum rechtlichen Status der Betriebsfußballmannschaft als „BGB-Gesellschaft“, mit der Rechtsfolge, dass die Klägerin nicht berechtigt sei, Ansprüche gegen den Beklagten wegen Veruntreuung der Geldbeträge auf diesem Sparkonto geltend zu machen, sind fehlsam. Die Sportgruppe hat keine eigene Rechtspersönlichkeit und kein eigenes Vermögen, dass der Beklagte nach Gutdünken für seine privaten Zwecke hätte verwenden dürfen. Er war vielmehr gegenüber der Klägerin weisungsgebunden und zur zweckentsprechenden Verwendung der eingezahlten Gelder verpflichtet.
- 75
Auch mit dem Argument, die Klägerin habe die Geldbeträge, die sie der Fußballmannschaft gewährt habe, als Betriebsausgaben von der Steuer abgesetzt, kann der Beklagte seine Haftung für den verursachten Schaden nicht ausschließen oder mindern. Soweit der Klägerin Steuervorteile entstanden sein sollten, sind diese bei einer Rückabwicklung im Wege des Schadensersatzes durch die Besteuerung der Ersatzleistung wieder zu korrigieren (BGH 01.03.2011 - XI ZR 96/09 - Rn. 8, 13 mwN, DB 2011, 1158).
- 76
Soweit der Beklagte einwendet, die Nachlässigkeit der Klägerin, die von ihm keine weitergehenden Belege, Quittungen oder sonstigen Verwendungsnachweise gefordert habe, könne nicht zu seinen Lasten gehen, muss sich die Klägerin ein Mitverschulden nicht anrechnen lassen. Der Beklagte, der die Klägerin über Jahre hinweg vorsätzlich und sittenwidrig geschädigt hat, kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, die Klägerin habe leichtfertig gehandelt, weil sie ihm vertraut und ihn nur nachlässig kontrolliert habe.
- 77
Wie oben - unter Ziff. II. 2. a) und 2 b) der Entscheidungsgründe - ausgeführt, ist der Schadensersatzanspruch der Klägerin weder verjährt noch aufgrund der Ausgleichsklausel in § 9 des Aufhebungsvertrags ausgeschlossen.
- 78
cc) Der Beklagte ist gemäß § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 266 Abs. 1 StGB bzw. aus § 826 BGB verpflichtet, an die Klägerin € 35.702,10 (Stichwort: „Kassenbarauszahlungen“) zu zahlen.
- 79
Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass sich der Beklagte in insgesamt 77 Fällen in einer Gesamthöhe von € 35.702,10 Bargeld aus der Kasse hat auszahlen lassen, indem er die Unterschriften der die Auszahlung veranlassenden Mitarbeiter gefälscht oder ihnen tatsächlich nicht gegebene Rechtsgründe vorgetäuscht hat. Er ist deshalb zum Schadensersatz verpflichtet.
- 80
Entgegen der Ansicht der Berufung ist der diesbezügliche Vortrag der Klägerin nicht unsubstantiiert. Die Klägerin hat bereits in der Klageschrift unter zulässiger Bezugnahme auf eine anliegende Tabelle („Übersicht Kassenauszahlungen“, Anlage K 35, Bl. 141/142 d.A.) ausgeführt, dass sich der Beklagte in den Jahren von 2002 bis 2008 insgesamt € 35.702,10 in bar aus der Kasse hat auszahlen lassen, ohne dass eine Veranlassung durch den Betriebssport bestanden habe.
- 81
Der Beklagte durfte dieses Vorbringen nicht pauschal mit Nichtwissen bestreiten. Zwar gilt allgemein, dass die geordnete Darstellung von Tatsachen nicht durch pauschale Bezugnahme auf Anlagen ersetzt werden kann. Hinsichtlich der Aufzählung der 77 Kassenauszahlungen, die an den Beklagten erfolgt sind, hat die Klägerin auf eine zweiseitige Tabelle verwiesen, was hinsichtlich der Vielzahl einzelner Positionen sachgerecht ist. Letztlich ist es unerheblich, dass die Klägerin die 77 Einzelpositionen in übersichtlicher Tabellenform als Anlage K 35 vorgelegt hat, anstatt sie in die Klageschrift zu kopieren. Dem Beklagten war zuzumuten, die in nachvollziehbarer Weise aufgearbeitete Tabelle durchzuarbeiten und zu den einzelnen durchnummerierten Positionen Stellung zu nehmen. Es ist keineswegs so, dass er sich aus der Tabelle selbst hätten zusammensuchen müssen, wie die geltend gemachte Forderung sich nach Grund und Höhe errechnete. Der in der Klageschrift zusammengefasst wiedergegebenen Betrag von € 35.702,10 ließ sich ohne Mühe aus der Tabelle nachvollziehen.
- 82
Wenn der Beklagte geltend machen will, dass der Klägerin durch die Kassenbarauszahlungen kein Schaden entstanden ist, weil er die 77 aufgeführten Auszahlungsbeträge für die Betriebsfußballmannschaft verwendet habe, so ist er verpflichtet, detailliert vorzutragen, welche Beträge er für den Betriebssport und nicht für sich privat verwendet hat. Das schlichte Bestreiten mit Nichtwissen ist gemäß § 138 Abs. 4 ZPO unzulässig, so dass das Vorbringen der Klägerin als zugestanden gilt, § 138 Abs. 3 ZPO.
- 83
Der Beklagte kann sich nicht mit Erfolg auf die Abgeltungsklausel in § 9 des Aufhebungsvertrags oder die Einrede der Verjährung berufen. Insoweit wird auf die Ausführungen unter Ziff. II. 2. a) und 2 b) der Entscheidungsgründe Bezug genommen.
- 84
dd) Der Beklagte ist gemäß § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 266 Abs. 1 StGB bzw. aus § 826 BGB verpflichtet, an die Klägerin Schadensersatz iHv. € 20.710,00 (Stichwort: „Fall T.“) zu zahlen. Auch dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt.
- 85
Entgegen der Ansicht der Berufung hat die Klägerin substantiiert vorgetragen, dass ihr Kunde T., Betreiber des Cafés am Kurpark E., dem Beklagten zur Begleichung seiner Versorgungsschulden ausweislich der vorgelegten Quittungsdurchschläge (Bl. 263 ff d.A.) von Mai 2009 bis April 2010 insgesamt € 20.710,00 in bar übergeben hat, die der Beklagte jedoch nicht an sie abgeführt, sondern selbst vereinnahmt habe.
- 86
Diesen Vortrag kann der Beklagte nicht pauschal mit Nichtwissen bestreiten. Eine Erklärung mit Nichtwissen ist gemäß § 138 Abs. 4 ZPO nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind. Da der Beklagte ausweislich der vorgelegten Quittungsdurchschriften dem Kunden T. den Empfang des Bargeldes quittiert hat, ist ein bloßes Bestreiten mit Nichtwissen prozessual unbeachtlich. Für Geschehnisse im Bereich der eigenen Wahrnehmungsmöglichkeiten besteht grundsätzlich eine Pflicht der Partei, sich das für die Erklärung erforderliche Wissen zu verschaffen. Das Vorbringen der Klägerin ist daher als zugestanden anzusehen, § 138 Abs. 3 ZPO.
- 87
Der Beklagte kann sich nicht mit Erfolg auf die Abgeltungsklausel in § 9 des Aufhebungsvertrags oder die Einrede der Verjährung berufen. Insoweit wird auf die Ausführungen unter Ziff. II. 2. a) und 2 b) der Entscheidungsgründe Bezug genommen.
- 88
ee) Der Beklagte ist gemäß § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 266 Abs. 1 StGB bzw. aus § 826 BGB verpflichtet, an die Klägerin Schadensersatz iHv. € 56.792,16 (Stichwort: „Fall Kur- und Sporthotel F.“) zu zahlen. Auch insoweit sind die Ausführungen des Arbeitsgerichts in keiner Weise zu beanstanden.
- 89
Entgegen der Ansicht der Berufung hat die Klägerin substantiiert vorgetragen, dass der Beklagte im Mai 2009 ausstehende Forderungen der Klägerin gegen den Kunden Kur- und Sporthotel F. aus D. in einer Gesamthöhe von € 59.653,58 unter Fälschung der Unterschrift seines Vorgesetzten mit der Begründung „Insolvenz“ ausgebucht habe (Bl. 92 d.A.). Tatsächlich habe der Kunde F. dem Beklagten in der Zeit vom Juli 2007 bis Juni 2008 insgesamt 13 Schecks über einen Gesamtbetrag von € 56.972,16 überreicht, die dem Konto des Kunden werthaltig belastet worden seien. Der Beklagte habe die Schecks nicht an sie weitergeleitet, sondern die Scheckbeträge für sich selbst vereinnahmt. Von 5 Schecks über Beträge iHv. insgesamt € 14.000,00 legte die Klägerin darüber hinaus Ablichtungen nebst Einlieferungsformularen zwecks Gutschrift auf dem Konto der Ehefrau des Beklagten bei der W.bank vor (Bl. 601 ff d.A.).
- 90
Dem Beklagten ist es verwehrt, diesen substantiierten Vortrag der Klägerin pauschal mit Nichtwissen zu bestreiten. Bei eigenen Handlungen oder Wahrnehmungen ist eine Erklärung nach § 138 Abs. 4 ZPO mit Nichtwissen nicht zulässig. Über die Höhe der veruntreuten Geldbeträge verfügt der Beklagte zweifellos über eigene Wahrnehmungen, so dass die Geständnisfiktion des § 138 Abs. 3 ZPO greift.
- 91
ff) Der Beklagte ist gemäß § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 266 Abs. 1 StGB bzw. aus § 826 BGB verpflichtet, an die Klägerin Schadensersatz iHv. € 5.000,00 (Stichwort: „Auszahlungsanweisung Zuschuss Betriebssport“) und iHv. € 14.929,28 (Stichwort: „Scheck E.-Rückerstattung“) zu zahlen.
- 92
Der Beklagte bestreitet nicht, dass er im Mai 2006 unter Fälschung der Unterschrift seines Vorgesetzten oder jedenfalls durch dessen Täuschung eine Auszahlungsanweisung mit dem Stichwort „Zuschuss Betriebssport“ über € 5.000,00 gefertigt (Bl. 61 d.A.) und diesen Geldbetrag auf das Konto seiner Ehefrau bei der W.bank überwiesen hat (Kontoübersicht, Bl. 597 d.A.).
- 93
Der Beklagte bestreitet auch nicht, die Klägerin im August 2008 darüber getäuscht zu haben, dass eine Kundin (Kläranlagenbetriebsverband E.- und W.) eine E.-Rückerstattung über € 14.929,28 mittels Scheck wünsche, und den von der Klägerin ausgestellten Scheck über diese Summe auf seinem Privatkonto bei der S.-Bank eingelöst hat (Kontoauszug, Bl. 618 d.A.).
- 94
Der Beklagte kann sich nicht mit Erfolg auf die Abgeltungsklausel in § 9 des Aufhebungsvertrags oder die Einrede der Verjährung berufen. Insoweit wird auf die Ausführungen unter Ziff. II. 2 a) und 2 b) der Entscheidungsgründe Bezug genommen.
- 95
gg) Der Beklagte ist gemäß § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 266 Abs. 1 StGB und aus § 826 BGB verpflichtet, an die Klägerin Schadensersatz iHv. € 2.464,66 (Stichwort: „Scheck N.“) zu zahlen.
- 96
Im Februar 2007 reichte der Beklagte unstreitig einen auf die Sparkasse W. bezogenen, an die Klägerin adressierten Scheck über € 2.464,66 (ausgestellt in L. am 18.01.2007) ein, dessen Gutschrift auf das Konto seiner Ehefrau bei der W. Bank erfolgte, über das er selbst verfügungsberechtigt war (Kontoübersicht, Bl. 594-596 d.A.).
- 97
Entgegen der Ansicht der Berufung ist der diesbezügliche Schadensersatzanspruch der Klägerin - wie oben unter Ziff. II. 2 a) und 2 b) ausgeführt - weder verjährt noch aufgrund der Ausgleichsklausel in § 9 des Aufhebungsvertrags ausgeschlossen.
- 98
hh) Der Beklagte ist gemäß § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 266 Abs. 1 StGB bzw. aus § 826 BGB verpflichtet, an die Klägerin Schadensersatz iHv. € 2.300,00 (Stichwort: „Rückerstattung Kaution“) zu zahlen.
- 99
Der Beklagte hat unstreitig unter Fälschung der Unterschrift und Täuschung seines unmittelbaren Vorgesetzten diesen veranlasst, für die Kundin Sport- und Freizeitanlage K. GmbH (Bl. 64 d.A.) unter dem Stichwort „Rückerstattung Kaution“ im Februar 2008 einen Betrag von € 1.000,00 zur Auszahlung anzuweisen. Im Juli 2008 hat er mit dem gleichen Tatmuster eine Auszahlungsanweisung über € 1.300,00 an die Kundin E. H. (Café B.) veranlasst (Bl. 65 d.A.). Beide Geldbeträge hat er seinem Privatkonto gutschreiben lassen.
- 100
Die Schadensersatzansprüche der Klägerin sind entgegen der Ansicht der Berufung - wie oben unter Ziff. II. 2 a) und 2 b) der Entscheidungsgründe ausgeführt - weder verjährt noch aufgrund der Ausgleichsklausel in § 9 des Aufhebungsvertrags ausgeschlossen.
- 101
ii) Die geltend gemachten Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz sind gemäß §§ 849, 288 Abs. 1 BGB begründet. Der Zinsbeginn ist antragsgemäß auf den 01.01.2011 festzusetzen. Der Zinsanspruch gegen den Deliktsschuldner entsteht bereits mit dem Schadensereignis. Vorliegend lagen sämtliche Rechtsgutsverletzungen vor dem 01.01.2011.
- 102
3. Die Klage auf Feststellung, dass der Schadensersatzforderung iHv. € 230.469,27 Ansprüche aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung zugrunde liegen, ist im Hinblick auf § 850 f Abs. 2 ZPO, § 302 Nr. 1 InsO zulässig und begründet. Auch dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt.
- 103
Für die Klägerin besteht das Risiko, dass es früher oder später zu einer Auseinandersetzung über die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung wegen der titulierten Schadenersatzforderung kommt. Die Klägerin hat deshalb ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Feststellungsklage, dass die Forderung auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung beruht. Um den Nachweis für die Vollstreckungsprivilegierung zu erbringen, hat der Gläubiger dem Vollstreckungsgericht einen Titel vorzulegen, aus dem sich der deliktische Schuldgrund und der von § 850 f Abs. 2 ZPO vorausgesetzte Grad des Verschuldens ergeben. Diese Feststellung des Prozessgerichts bindet das Vollstreckungsgericht (BGH 10.03.2011 - VII ZB 70/08 - Rn. 8-9, Juris). Im Übrigen nehmen Verbindlichkeiten des Schuldners aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung in der Privatinsolvenz zum Schutz des geschädigten Gläubigers nicht an einer Restschuldbefreiung teil (§ 302 Nr. 1 InsO).
- 104
Die Feststellungsklage ist begründet. Wie oben unter Ziff. II. 2. der Entscheidungsgründe im Einzelnen ausgeführt, folgen die Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen den Beklagten in einer Gesamthöhe von € 230.469,27 aus § 823 Abs. 2 BGB iVm. §§ 266 Abs. 1 StGB bzw. aus § 826 BGB.
III.
- 105
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO.
- 106
Der Streitwert beträgt € 286.631,63. Er setzt sich zusammen aus den bezifferten Zahlungsforderungen von € 254.734,80 und € 4.380,91 sowie der Forderung auf Auskunft über den Verbleib und die Verwendung der Quittungen, die mit € 4.000,00 zu bewerten ist. Zu addieren ist der Streitwert des Feststellungsantrags wegen des Widerrufs der betrieblichen Altersversorgung, der € 23.515,92 (36 Monate x € 653,22) beträgt. Der Beklagte obsiegt mit € 31.896,83, dies entspricht einer gerundeten Quote von 11 Prozent.
- 107
Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.
(1) Der Berufungsbeklagte kann sich der Berufung anschließen. Die Anschließung erfolgt durch Einreichung der Berufungsanschlussschrift bei dem Berufungsgericht.
(2) Die Anschließung ist auch statthaft, wenn der Berufungsbeklagte auf die Berufung verzichtet hat oder die Berufungsfrist verstrichen ist. Sie ist zulässig bis zum Ablauf der dem Berufungsbeklagten gesetzten Frist zur Berufungserwiderung. Diese Frist gilt nicht, wenn die Anschließung eine Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen (§ 323) zum Gegenstand hat.
(3) Die Anschlussberufung muss in der Anschlussschrift begründet werden. Die Vorschriften des § 519 Abs. 2, 4 und des § 520 Abs. 3 sowie des § 521 gelten entsprechend.
(4) Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Berufung zurückgenommen, verworfen oder durch Beschluss zurückgewiesen wird.
(1) Die Berufungsschrift und die Berufungsbegründung sind der Gegenpartei zuzustellen.
(2) Der Vorsitzende oder das Berufungsgericht kann der Gegenpartei eine Frist zur schriftlichen Berufungserwiderung und dem Berufungskläger eine Frist zur schriftlichen Stellungnahme auf die Berufungserwiderung setzen. § 277 gilt entsprechend.
(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.
(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.
(1) Der Berufungsbeklagte kann sich der Berufung anschließen. Die Anschließung erfolgt durch Einreichung der Berufungsanschlussschrift bei dem Berufungsgericht.
(2) Die Anschließung ist auch statthaft, wenn der Berufungsbeklagte auf die Berufung verzichtet hat oder die Berufungsfrist verstrichen ist. Sie ist zulässig bis zum Ablauf der dem Berufungsbeklagten gesetzten Frist zur Berufungserwiderung. Diese Frist gilt nicht, wenn die Anschließung eine Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen (§ 323) zum Gegenstand hat.
(3) Die Anschlussberufung muss in der Anschlussschrift begründet werden. Die Vorschriften des § 519 Abs. 2, 4 und des § 520 Abs. 3 sowie des § 521 gelten entsprechend.
(4) Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Berufung zurückgenommen, verworfen oder durch Beschluss zurückgewiesen wird.
(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.
(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,
- a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist, - b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt, - c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder - d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.
(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft - a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen, - b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder - c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
- 3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.
(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.
(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.
(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.
(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.
(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.
(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.
(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.
(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,
- a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist, - b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt, - c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder - d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.
(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft - a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen, - b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder - c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
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das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.
(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.
(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.
(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.
(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.
(1) Das Berufungsgericht hat von Amts wegen zu prüfen, ob die Berufung an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen. Gegen den Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt.
(2) Das Berufungsgericht soll die Berufung durch Beschluss unverzüglich zurückweisen, wenn es einstimmig davon überzeugt ist, dass
- 1.
die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, - 3.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und - 4.
eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
(3) Gegen den Beschluss nach Absatz 2 Satz 1 steht dem Berufungsführer das Rechtsmittel zu, das bei einer Entscheidung durch Urteil zulässig wäre.
Tenor
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1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 2. Dezember 2010 - 11 Sa 649/10 - im Kostenausspruch und insoweit aufgehoben, wie es die Beklagte zur Zahlung von 16.854,00 Euro brutto nebst Zinsen verurteilt hat.
-
2. Die Anschlussberufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 24. März 2010 - 1 Ca 2392/09 - wird als unzulässig verworfen.
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3. Die weitergehende Revision der Beklagten wird zurückgewiesen.
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4. Die Kosten der Berufungsinstanz haben der Kläger zu 1/6, die Beklagte zu 5/6 und die Kosten der Revision haben der Kläger zu 1/5, die Beklagte zu 4/5 zu tragen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen, auf betriebsbedingte Gründe gestützten Kündigung und damit in Zusammenhang stehende Ansprüche.
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Die Beklagte ist ein Tochterunternehmen eines amerikanischen Konzerns. Sie hat in Deutschland drei Produktionsstätten. In ihrem Werk O beschäftigte sie regelmäßig etwa 85 Arbeitnehmer.
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-
Der im August 1954 geborene Kläger ist promovierter Chemiker und seit April 1986 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Seit Dezember 2006 ist er als „Betriebsleiter GUR“ Leiter der Kunststoffgranulat-Produktion in O. Anfang Februar 2007 wurde ihm zusätzlich die Leitung des gesamten Standorts übertragen. Laut § 1 des im Juni/Juli 2004 geschlossenen Anstellungsvertrags sieht ihn die Beklagte als leitenden Angestellten iSv. § 5 Abs. 3 BetrVG an. Seine Vergütung richtete sich nach einem unternehmensweit angewandten „Vertragsstufensystem für leitende Angestellte“. Danach bezog er ein Bruttomonatsgehalt von etwa 9.860,00 Euro, das sich aus einem Fixum und Bonuszahlungen zusammensetzte.
- 4
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Im August 2009 stellte die Beklagte den Kläger unter Berufung auf anstehende seinen Arbeitsplatz betreffende Veränderungen von seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei. Mit Schreiben vom 24. September 2009 kündigte sie das Arbeitsverhältnis der Parteien ordentlich zum 30. April 2010, „vorsorglich ... zum zulässigen Termin“. Der „vorsorglich“ zur Kündigung angehörte Betriebsrat des Werks O hatte der Kündigung mit der Begründung widersprochen, die Beschäftigungsmöglichkeiten für den Kläger seien nicht weggefallen.
- 5
-
Der Kläger hat gegen die Kündigung rechtzeitig die vorliegende Klage erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, ein dringendes betriebliches Erfordernis für eine Kündigung liege nicht vor. Sein Arbeitsplatz sei bei im Wesentlichen gleich gebliebenen Aufgaben lediglich neu besetzt worden. Eine Verlagerung bisher durch ihn erledigter Aufgaben auf andere in O beschäftigte Arbeitnehmer sei nicht ohne deren überobligatorische Inanspruchnahme möglich gewesen. Auch habe die Möglichkeit bestanden, ihn auf dem frei gewordenen Arbeitsplatz des „Forschungsleiters“ weiter zu beschäftigen.
-
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
-
1.
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 24. September 2009 nicht aufgelöst worden ist;
2.
für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiter zu beschäftigen;
3.
für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, ihm ein wohlwollendes Zwischenzeugnis zu erteilen, das sich auf Führung und Leistung erstreckt;
4.
für den Fall der Abweisung des Antrags zu 1. die Beklagte zu verurteilen, ihm ein „endgültiges“ wohlwollendes Zeugnis zu erteilen, das sich auf Führung und Leistung erstreckt.
- 7
-
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat behauptet, im September 2009 sei auf Konzernebene die - anschließend durch ihren Geschäftsführer umgesetzte - unternehmerische Entscheidung getroffen worden, Produktionsstandorte zusammenzulegen sowie Funktionen und Zuständigkeiten zu bündeln. In diesem Zusammenhang sei die globale Verantwortlichkeit für die Prozessentwicklung und das Qualitätsmanagement in O angesiedelt worden. An diese Funktion habe sie die Hälfte der bisher vom Kläger wahrgenommenen Leitungsaufgaben „angekoppelt“; die Stelle habe sie mit Frau K besetzt, die zuvor Geschäftsführerin eines anderen Konzernunternehmens gewesen sei. Die andere Hälfte der Tätigkeiten habe sie auf insgesamt sieben, dem Kläger bisher nachgeordnete Arbeitnehmer verteilt, die auch in der Lage seien, das zusätzliche Pensum zu bewältigen. Der Kläger sei fachlich nicht in der Lage, die neu zugeschnittene Leitungsstelle auszufüllen. Er verfüge, anders als Frau K, die neben ihrem Chemie- ein Ingenieurstudium absolviert habe, nicht über die erforderlichen Kenntnisse und die notwendige Berufserfahrung auf dem Gebiet der Prozessentwicklung und des Qualitätsmanagements. Außerdem sei die Stelle mit einem Aufgaben- und Kompetenzzuwachs verbunden, der sich in veränderten Berichtspflichten unmittelbar gegenüber dem Management der Beklagten und der Zuordnung des Arbeitsplatzes zu einem höheren „Gehaltslevel“ ausdrücke. Zur Weiterbeschäftigung des Klägers auf einer solchen „Beförderungsstelle“ sei sie nicht verpflichtet.
-
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt. Der Kläger hat in der Berufungsinstanz zusätzlich beantragt, an ihn 16.854,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten aus jeweils 8.427,00 Euro brutto seit dem 1. November 2010 und seit dem 1. Dezember 2010 zu zahlen. Er hat die Auffassung vertreten, das damit geforderte Gehalt für die Monate Oktober und November 2010 stehe ihm unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs zu. Die Beklagte hat gerügt, die Klageerweiterung sei unzulässig. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und diese zur Gehaltszahlung in beantragter Höhe verurteilt. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren weiter, die Klage - ausgenommen den Anspruch auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses - abzuweisen.
Entscheidungsgründe
- 9
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Die zulässige Revision ist begründet, soweit die Beklagte ihre Verurteilung zur Zahlung von Vergütung für die Monate Oktober und November 2010 angreift (I.). Im Übrigen bleibt die Revision ohne Erfolg. Die Kündigung vom 24. September 2009 ist unwirksam und hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst (II.). Die (Hilfs-)Anträge auf vorläufige Weiterbeschäftigung und auf Erteilung eines Endzeugnisses sind dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen (III.).
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I. Mit Erfolg wendet sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung zur Gehaltszahlung, die der Kläger erstmals in der Berufungsinstanz geltend gemacht hat. Die Revision ist insoweit aus prozessualen Gründen erfolgreich. Bei der Klageerweiterung handelt es sich um eine nach § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO iVm. § 64 Abs. 6 Satz 1, § 66 Abs. 1 Satz 3 ArbGG verspätete und deshalb unzulässige Anschlussberufung. Das hat das Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen (BGH 24. Oktober 2007 - IV ZR 12/07 - Rn. 7, MDR 2008, 159).
- 11
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1. Dem Kläger stand für eine Erweiterung der Klage im Berufungsrechtszug nur der Weg der Anschlussberufung zur Verfügung. Als solche ist sein Zahlungsbegehren deshalb zu behandeln; einer ausdrücklichen Bezeichnung als Anschlussberufung bedarf es dazu nicht (BAG 28. Juni 2011 - 3 AZR 282/09 - Rn. 20, EzA BetrAVG § 16 Nr. 59; 30. Mai 2006 - 1 AZR 111/05 - Rn. 42, BAGE 118, 211). Es genügt, dass schriftsätzlich klar und deutlich der Wille zum Ausdruck gebracht wird, eine Änderung des vorinstanzlichen Urteils auch als Rechtsmittelbeklagter zu erreichen. Dazu reicht es, dass der Rechtsmittelbeklagte die Klage - wie im Streitfall mit Schriftsatz vom 19. November 2010 geschehen - erweitert. Einer Beschwer bedarf es für die Anschlussberufung grundsätzlich nicht (vgl. BAG 10. Februar 2009 - 3 AZR 728/07 - Rn. 11, AE 2009, 331).
- 12
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2. Nach § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO iVm. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG ist eine Anschlussberufung zulässig bis zum Ablauf der dem Berufungsbeklagten gesetzten Frist zur Berufungserwiderung. Im arbeitsgerichtlichen Verfahren wird zwar - anders als nach § 521 Abs. 2 Satz 1 ZPO - dem Berufungsbeklagten vom Gericht keine Frist zur Berufungserwiderung „gesetzt“; vielmehr gilt für die Berufungsbeantwortung die durch § 66 Abs. 1 Satz 3 ArbGG bestimmte gesetzliche Frist von einem Monat. Gleichwohl ist § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG im Berufungsverfahren vor den Landesarbeitsgerichten entsprechend anwendbar. Eine Anschlussberufung, die nicht innerhalb eines Monats nach Zustellung der Berufungsbegründung - bei Verlängerung der Berufungsbeantwortungsfrist nach § 66 Abs. 1 Satz 5 ArbGG innerhalb der dann geltenden Frist(vgl. GK-ArbGG/Vossen Stand April 2012 § 64 Rn. 105; GMP/Germelmann ArbGG 7. Aufl. § 64 Rn. 106) - eingeht, ist entsprechend § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen(BAG 30. Mai 2006 - 1 AZR 111/05 - Rn. 45, BAGE 118, 211).
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3. Danach war die Anschlussberufung des Klägers verspätet.
- 14
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a) Der betreffende Schriftsatz ist am 22. November 2010 beim Landesarbeitsgericht eingegangen. Zu diesem Zeitpunkt war seit der am 26. Juli 2010 bewirkten Zustellung der Berufungsbegründung weit mehr als ein Monat vergangen. Die Frist zur Berufungsbeantwortung war nicht verlängert worden. Ein Fall des § 524 Abs. 2 Satz 3 ZPO liegt nicht vor.
- 15
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b) Die Frist zur Berufungsbeantwortung ist ordnungsgemäß in Lauf gesetzt worden. Insbesondere ist der nach § 66 Abs. 1 Satz 4 ArbGG gebotene Hinweis erfolgt. Dies konnte der Senat selbst im Wege des Freibeweises klären (vgl. BAG 18. Januar 2012 - 7 AZR 211/09 - Rn. 17, NZA 2012, 691).
- 16
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aa) Die Verwerfung der Anschlussberufung wegen Fristversäumnis setzt voraus, dass der Berufungsgegner mit der Zustellung der Berufungsbegründung gemäß § 66 Abs. 1 Satz 4 ArbGG auf die gesetzliche Verpflichtung hingewiesen wurde, die Berufung binnen eines Monats nach Zustellung der Berufungsbegründung zu beantworten. Fehlt es an einem solchen Hinweis, wird weder die Frist zur Berufungsbeantwortung noch die zur Einlegung der Anschlussberufung in Lauf gesetzt (BA G 30. Mai 2006 - 1 AZR 111/05 - Rn. 45, BAGE 118, 211).
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bb) Der Klägervertreter hat mit Empfangsbekenntnis vom 26. Juli 2010 den Erhalt der Berufungsbegründung bestätigt. Laut Empfangsbekenntnis ist ihm neben der Berufungsbegründung ein „Hinweis gemäß § 66 Abs. 1 Satz 3 ArbGG“ zugestellt worden. Dies bezieht sich auf ein zugleich übermitteltes, vom Kläger in Kopie zur Senatsakte gereichtes gerichtliches Begleitschreiben vom 16. Juli 2010, das - auszugsweise - wie folgt lautet:
-
„Gemäß § 66 Abs. 1 Satz 3 Arbeitsgerichtsgesetzmuss die Berufung innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung anliegender Berufungsbegründung b e a n t w o r t e t werden.
Werden Angriffs- oder Verteidigungsmittel in der Berufungsbeantwortung nicht rechtzeitig vorgebracht, so lässt sie das Gericht nur zu, wenn nach seiner freien Überzeugung ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögern würde oder die Verspätung genügend entschuldigt wird.“
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cc) Dieser Hinweis war mit Blick auf die Anschlussberufung ausreichend. Insoweit geht es vor allem um die Klarstellung, zu welchem Zeitpunkt die Frist des § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO iVm. § 66 Abs. 1 Satz 3 ArbGG in Gang gesetzt worden ist. Über die Möglichkeit der Anschließung als solche braucht hingegen nicht belehrt zu werden. Ob das gerichtliche Schreiben eine hinreichende Belehrung über die Präklusionsvorschrift des § 67 ArbGG und mögliche Folgen aus einer Versäumung der Beantwortungsfrist enthält, kann offenbleiben. Auf die Präklusionsregelung kommt es für die Frage, ob die Anschlussberufung frist- und formgerecht erhoben worden ist, nicht an. Überdies handelt es sich bei der Klageerweiterung als solche nicht um ein Angriffs- oder Verteidigungsmittel iSv. § 67 ArbGG, sondern um den Angriff selbst(BAG 11. April 2006 - 9 AZN 892/05 - Rn. 12, BAGE 117, 370).
- 19
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dd) Den Akten ist nicht zu entnehmen, ob das gerichtliche Schreiben vom 16. Juli 2010 oder auch nur die Verfügung, mit der die Zustellung der Berufungsbegründung „mit Belehrung über die Frist gem. § 66 I 3 ArbGG“ veranlasst worden ist, vom Vorsitzenden der Kammer unterzeichnet war. Das ist unschädlich. Der Hinweis hat von Gesetzes wegen „mit der Zustellung der Berufungsbegründung“ zu erfolgen (§ 66 Abs. 1 Satz 4 ArbGG). Ein Tätigwerden des Gerichts bzw. seines Vorsitzenden in jedem Einzelfall ist damit nicht verlangt. Es reicht, dass der Hinweis auf allgemeine Anordnung hin durch die Geschäftsstelle erfolgt. Dieser obliegt ohnehin die Ausführung der Zustellung (§ 168 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Zudem besteht hinsichtlich der Erteilung des Hinweises kein Ermessensspielraum; die Regelung des § 66 Abs. 1 Satz 4 ArbGG ist zwingend. Die Anschlussberufung war damit als unzulässig zu verwerfen.
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II. Die Revision ist unbegründet, soweit sie sich gegen die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über den Feststellungsantrag richtet. Diesem hat das Landesarbeitsgericht zu Recht stattgegeben. Die Kündigungsschutzklage ist begründet. Die ordentliche Kündigung vom 24. September 2009 ist sozial ungerechtfertigt. Sie ist nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG bedingt.
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1. Dringende betriebliche Erfordernisse für eine Kündigung iSv. § 1 Abs. 2 KSchG können sich aus innerbetrieblichen oder außerbetrieblichen Gründen ergeben. Innerbetriebliche Gründe liegen vor, wenn sich der Arbeitgeber zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt, bei deren Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer entfällt. Eine solche unternehmerische Entscheidung ist gerichtlich nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10 - Rn. 17, NZA 2012, 852; 16. Dezember 2010 - 2 AZR 770/09 - Rn. 13, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 186 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 165). Nachzuprüfen ist aber, ob die fragliche Entscheidung tatsächlich umgesetzt wurde und dadurch das Beschäftigungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer entfallen ist (BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10 - aaO; 16. Dezember 2010 - 2 AZR 770/09 - aaO).
- 22
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2. Allerdings kann in Fällen, in denen die Organisationsentscheidung des Arbeitgebers und sein Kündigungsentschluss praktisch deckungsgleich sind, die ansonsten berechtigte Vermutung, die fragliche Entscheidung sei aus sachlichen Gründen erfolgt, nicht unbesehen greifen. Da die Kündigung nach dem Gesetz an das Vorliegen von Gründen gebunden ist, die außerhalb ihrer selbst liegen, muss der Arbeitgeber in solchen Fällen seine Entscheidung hinsichtlich ihrer organisatorischen Durchführbarkeit und zeitlichen Nachhaltigkeit verdeutlichen (BAG 16. Dezember 2010 - 2 AZR 770/09 - Rn. 14, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 186 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 165; 17. Juni 1999 - 2 AZR 522/98 - zu II 1 c der Gründe, BAGE 92, 61). Daran fehlt es, wenn die Kündigung zu einer rechtswidrigen Überforderung oder Benachteiligung des im Betrieb verbliebenen Personals führte (vgl. Rost Jahrbuch des Arbeitsrechts Bd. 39 S. 83) oder die zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung lediglich Vorwand dafür wäre, bestimmte Arbeitnehmer aus dem Betrieb zu drängen, obwohl Beschäftigungsbedarf und Beschäftigungsmöglichkeiten objektiv fortbestehen und etwa nur der Inhalt des Arbeitsvertrags als zu belastend angesehen wird (BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10 - Rn. 18, NZA 2012, 852; 22. Mai 2003 - 2 AZR 326/02 - zu B I 3 d (1) der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 128 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 126).
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Läuft die unternehmerische Entscheidung auf den Abbau einer Hierarchieebene oder die Streichung eines einzelnen Arbeitsplatzes hinaus verbunden mit einer Umverteilung der dem betroffenen Arbeitnehmer bisher zugewiesenen Aufgaben, muss der Arbeitgeber konkret erläutern, in welchem Umfang und aufgrund welcher Maßnahmen die bisher vom gekündigten Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten für diesen zukünftig entfallen. Nur so kann geprüft werden, ob die Entscheidung den dargestellten Voraussetzungen genügt. Der Arbeitgeber muss die Auswirkungen seiner unternehmerischen Vorgaben und Planungen auf das erwartete Arbeitsvolumen anhand einer schlüssigen Prognose im Einzelnen darstellen und angeben, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige Leistungen, dh. im Rahmen ihrer vertraglich geschuldeten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit erledigt werden können (BAG 23. Februar 2012 - 2 AZR 548/10 - Rn. 18, NZA 2012, 852; 13. Februar 2008 - 2 AZR 1041/06 - Rn. 16, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 174 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 158).
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3. Zu den nur auf Willkür zu überprüfenden Organisationsentscheidungen des Arbeitgebers zählt die Festlegung des Anforderungsprofils einer Stelle. Das Bestreben des Arbeitgebers, bestimmte Tätigkeiten nur von Arbeitnehmern mit bestimmten Qualifikationen ausführen zu lassen, ist grundsätzlich hinzunehmen (BAG 18. März 2010 - 2 AZR 337/08 - Rn. 19, AP BGB § 626 Nr. 228 = EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 17). Schafft der Arbeitgeber neu zugeschnittene Arbeitsplätze, ist dies jedenfalls dann zu respektieren, wenn die Qualifikationsmerkmale einen nachvollziehbaren Bezug zur Organisation der auszuführenden Arbeiten haben (BAG 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 25, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 181 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 163; 7. Juli 2005 - 2 AZR 399/04 - Rn. 32 mwN, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 138 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 138).
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a) Erhöhte Anforderungen an die Darlegungslast sind dabei mit Blick auf § 1 Abs. 2 KSchG dann zu stellen, wenn der Arbeitgeber das Anforderungsprofil für Arbeitsplätze ändert, die bereits mit langjährig beschäftigten Arbeitnehmern besetzt sind. Der Arbeitgeber kann nicht unter Berufung auf eine gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbare Unternehmerentscheidung den Kündigungsschutz des betreffenden Arbeitnehmers dadurch umgehen, dass er in sachlich nicht gebotener Weise die Anforderungen an die Kenntnisse des Arbeitsplatzinhabers verschärft (BAG 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 26, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 181 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 163; 7. Juli 2005 - 2 AZR 399/04 - Rn. 33, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 138 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 138).
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b) Der Arbeitgeber muss deshalb, will er dem Vorwurf des Missbrauchs entgehen, dartun, dass es sich bei der zusätzlich geforderten Qualifikation für die Ausführung der Tätigkeit nicht nur um eine „wünschenswerte Voraussetzung”, sondern um ein sachlich gebotenes, arbeitsplatzbezogenes Kriterium für das Stellenprofil handelt (BAG 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 26, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 181 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 163; 24. Juni 2004 - 2 AZR 326/03 - zu B II 2 a der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Nr. 76 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 132). Die Änderung des Anforderungsprofils muss im Zusammenhang mit einer organisatorischen Maßnahme des Arbeitgebers stehen, die nach ihrer Durchführung angesichts eines veränderten Beschäftigungsbedarfs - etwa aufgrund von Änderungen des Arbeitsvolumens oder des Inhalts der Tätigkeit - auch die Anforderungen an den Arbeitsplatzinhaber erfasst (BAG 10. Juli 2008 - 2 AZR 1111/06 - Rn. 31, aaO). Gestaltet der Arbeitgeber lediglich Arbeitsabläufe um, ohne dass sich die Tätigkeit inhaltlich ändert, und ist der bisherige Stelleninhaber aufgrund seiner Fähigkeiten und Ausbildung in der Lage, die künftig anfallenden Arbeiten zu verrichten, so ist eine auf betriebliche Gründe gestützte Kündigung selbst dann nicht sozial gerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber die Änderungen zum Anlass nimmt, die Stelle in eine „Beförderungsstelle“ umzuwandeln (ähnlich BAG 10. November 1994 - 2 AZR 242/94 - zu B I 2 der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 65 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 77). Das gleiche gilt, wenn der Arbeitgeber die auf dem Arbeitsplatz bislang zu verrichtende Tätigkeit um zusätzliche Aufgaben erweitert, der dadurch veränderte Arbeitsplatz aber nach Bedeutung und Verantwortung nicht um so viel anspruchsvoller ist, dass insgesamt ein anderer Arbeitsbereich entstanden wäre (BAG 30. August 1995 - 1 ABR 11/95 - zu A II 3 b bb der Gründe, AP BetrVG 1972 § 99 Versetzung Nr. 5 = EzA BetrVG 1972 § 99 Nr. 130).
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4. Daran gemessen hat das Landesarbeitsgericht an die Darlegungslast der Beklagten zu Recht erhöhte Anforderungen gestellt. Dabei macht es keinen Unterschied, ob sich die behauptete Umstrukturierung als Umgestaltung des bisherigen Arbeitsplatzes des Klägers oder als Abbau dieser Stelle bei gleichzeitiger Einrichtung eines neuen, als Beförderungsstelle zu qualifizierenden Arbeitsplatzes darstellt. In beiden Fällen liegt die Organisationsentscheidung nahe am Kündigungsentschluss. Hinzu kommt, dass nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten die bisherigen Aufgaben des Klägers weiterhin anfallen. Die Beklagte musste deshalb zum einen aufzeigen, dass durch die behauptete Bündelung von Funktionen und Zuständigkeiten auf der Leitungsebene tatsächlich ein anderer Arbeitsbereich entstanden ist. Zum anderen war sie gehalten, ihren Entschluss zur Umverteilung der anfallenden Tätigkeiten hinsichtlich seiner Durchführbarkeit und Nachhaltigkeit durch konkreten Tatsachenvortrag zu verdeutlichen.
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5. Dem wird das Vorbringen der Beklagten nicht gerecht. Sie hat nicht nachvollziehbar dargelegt, dass zum Zeitpunkt der Kündigung die Prognose gerechtfertigt war, die Hälfte der bisherigen Arbeitsaufgaben des Klägers könnten von dem ihm bislang nachgeordneten Personal im Rahmen regulärer zeitlicher Verpflichtungen erledigt werden. Bereits dies führt zur Unwirksamkeit der Kündigung.
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a) Die Beklagte hat durchaus im Einzelnen vorgetragen, welche konkreten Aufgaben aus den Bereichen „Betriebsleitung GUR“ und „Standortleitung“ in welchem zeitlichen Umfang künftig durch Frau K und weitere sieben namentlich benannte Arbeitnehmer übernommen werden sollten. Sie hat es aber versäumt schlüssig darzutun, dass die fraglichen sieben Personen über hinreichend freie Arbeitszeitkapazität verfügten, um das zusätzliche Pensum von täglich bis zu einer Stunde ohne überobligationsmäßige Leistungen zu bewältigen. Sie hat dies lediglich pauschal behauptet ohne aufzuzeigen, worauf sich ihre Einschätzung stützt. Spätestens nachdem der Kläger die mangelnde Schlüssigkeit ihres Vorbringens beanstandet und sich beispielhaft unter Angabe von Beginn und Ende täglicher Arbeitszeiten darauf berufen hatte, zwei der betroffenen Mitarbeiter seien bereits in der Zeit vor seiner Freistellung voll ausgelastet gewesen, hätte die Beklagte ihren Vortrag im Rahmen der abgestuften Darlegungslast substantiieren müssen. Das ist nicht geschehen. Sie hat nur ihren nicht weiter einlassungsfähigen Vortrag wiederholt, einer der Genannten sei „genau wie alle anderen Mitarbeiter in der Lage, die ihm übertragenen Aufgaben ohne überobligatorische Verpflichtung zu übernehmen“, die Arbeitszeit eines anderen werde vom Kläger unzutreffend dargestellt. Stattdessen hätte sie, um ihrer Vortragslast zu genügen, die zutreffenden Arbeitszeiten der fraglichen Mitarbeiter nebst der Möglichkeit, „freie“ Kapazitäten für die Übertragung weiterer Arbeiten zu nutzen, darstellen müssen.
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b) Eine Konkretisierung ihres Vorbringens war auch dann nicht entbehrlich, wenn es sich - wie die Beklagte geltend macht - bei den fraglichen Arbeitnehmern um „leitende Angestellte“ oder zumindest außertariflich vergütete Arbeitnehmer handeln sollte. Aus beidem folgt nicht, dass mit diesen keine vertraglichen Vereinbarungen hinsichtlich des Umfangs der zu leistenden Arbeitszeit bestanden. Im Übrigen unterliegen auch sog. AT-Mitarbeiter den Grenzen des Arbeitszeitgesetzes und nimmt nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 ArbZG nur leitende Angestellte iSv. § 5 Abs. 3 BetrVG aus seinem Anwendungsbereich aus(vgl. BAG 6. Mai 2003 - 1 ABR 13/02 - zu B II 2 b aa der Gründe, BAGE 106, 111). Inwieweit diese Voraussetzungen bei einzelnen Arbeitnehmern erfüllt sind, ist dem Vorbringen der Beklagten nicht zu entnehmen.
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c) In welcher Weise ein Arbeitgeber darlegt, dass die Umverteilung von Arbeitsaufgaben nicht zu einer überobligatorischen Beanspruchung im Betrieb verbliebener Arbeitnehmer führt, bleibt ihm überlassen. Handelt es sich um nicht taktgebundene Arbeiten, muss nicht in jedem Fall und minutiös dargelegt werden, welche einzelnen Tätigkeiten die fraglichen Mitarbeiter künftig mit welchen Zeitanteilen täglich zu verrichten haben. Es kann ausreichend sein, wenn der Arbeitgeber die getroffenen Vereinbarungen zu Umfang und Verteilung der Arbeitszeit darstellt und Anhaltspunkte dafür darlegt, dass Freiräume für die Übernahme zusätzlicher Aufgaben vorhanden sind. Im Streitfall hat die Beklagte auch dies unterlassen. Soweit das Landesarbeitsgericht noch strengere Anforderungen an ihr Vorbringen gestellt hat, wirkt sich dies im Ergebnis nicht aus.
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d) Die Rüge der Beklagten, das Landesarbeitsgericht habe sie auf die Mängel in ihrem Vortrag hinweisen müssen, ist unberechtigt.
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aa) Ein Verstoß gegen die richterliche Hinweispflicht (§ 139 ZPO) liegt schon deshalb nicht vor, weil die Beklagte darauf durch die erstinstanzliche Entscheidung und die Ausführungen der Gegenseite aufmerksam gemacht wurde (vgl. BGH 23. April 2009 - IX ZR 95/06 - Rn. 6 mwN, NJW-RR 2010, 70). Das Arbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage mit der Begründung stattgegeben, die Beklagte sei ihrer Darlegungslast nicht nachgekommen. Sie habe es ua. versäumt deutlich zu machen, in welchem Umfang die anderen Mitarbeiter, auf die nunmehr neue Aufgaben zukämen, bisher ausgelastet gewesen seien und warum sie in der Lage sein sollten, die neuen Arbeitsaufgaben ohne überobligatorischen Aufwand zu bewältigen. Dies hat der Kläger aufgegriffen und geltend gemacht, das Vorbringen der Beklagten in ihrer Berufungsbegründung sei „immer noch“ unsubstantiiert. Überdies stützen sich die Entscheidungen der Vorinstanzen insoweit auf die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Die Beklagte war daher auch ohne richterlichen Hinweis gehalten, deutlich konkreter vorzutragen.
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bb) Ob der im Rahmen der Revision nachgeholte Vortrag den Anforderungen an eine substantiierte Darlegung entspricht, kann dahinstehen. Allerdings handelt es sich bei der Vereinbarung einer „Vertrauensarbeitszeit“, auf die die Beklagte hinsichtlich einzelner Arbeitnehmer verweist, typischerweise um ein Arbeitszeitmodell, bei dem der Arbeitgeber lediglich auf die Festlegung von Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit verzichtet und darauf vertraut, dass die Arbeitnehmer ihre Arbeitsverpflichtung auch ohne Kontrolle erfüllen (vgl. BAG 6. Mai 2003 - 1 ABR 13/02 - Rn. 65, BAGE 106, 111; Schaub/Vogelsang ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 160 Rn. 33). Aus der Vereinbarung einer „Vertrauensarbeitszeit“ folgt dagegen nicht, dass es an arbeits- oder tarifvertraglichen Vorgaben zur wöchentlichen Arbeitszeit fehlt und die Beklagte über die tatsächlich erbrachte Arbeitszeit hinaus Arbeitsleistungen im Umfang von bis zu einer Stunde täglich verlangen konnte.
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e) Dringende betriebliche Erfordernisse, die die Kündigung bedingen, hat die Beklagte damit nicht dargelegt. Unerheblich ist, dass das in Rede stehende zu verteilende Arbeitsvolumen - ausgehend vom Vorbringen der Beklagten - lediglich 50 Prozent der bislang dem Kläger zugewiesenen Arbeitsaufgaben umfasst. Auch wenn die Übertragung der anderen 50 Prozent auf Frau K kündigungsrechtlich nicht zu beanstanden sein sollte, hätte die Beklagte dem Kläger zumindest eine Weiterbeschäftigung im entsprechend reduzierten Umfang anbieten müssen. Dafür, dass ein solches Angebot wegen „Unannehmbarkeit“ hätte unterbleiben können (vgl. dazu BAG 23. Februar 2010 - 2 AZR 656/08 - Rn. 57, BAGE 133, 226; 21. September 2006 - 2 AZR 607/05 - Rn. 34, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 130 = EzA KSchG § 2 Nr. 62), fehlt es an Anhaltspunkten. Im Übrigen kann der Vortrag der Beklagten so verstanden werden, dass ihre gesamte Organisationsentscheidung mit der Möglichkeit der Umverteilung von Aufgaben auf nachgeordnete Mitarbeiter „steht und fällt“.
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III. Der Antrag auf Weiterbeschäftigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag ist dem Senat nicht angefallen. Der Kündigungsrechtsstreit ist rechtskräftig entschieden. Der Antrag auf Erteilung eines Endzeugnisses ist nur für den Fall des Unterliegens mit dem Feststellungsantrag gestellt. Diese Bedingung ist nicht eingetreten.
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IV. Die Kosten der Berufungsinstanz und der Revision waren im Verhältnis von jeweiligem Obsiegen und Unterliegen der Parteien zu teilen (§ 97 Abs. 1 iVm. § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
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Kreft
Koch
Berger
Gans
F. Löllgen
(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.
(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,
- a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist, - b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt, - c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder - d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.
(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft - a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen, - b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder - c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
- 3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.
(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.
(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.
(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.
(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.
(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
- 1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.
(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.
(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.
(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.
(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.