Landesarbeitsgericht Düsseldorf Urteil, 04. Nov. 2015 - 7 Sa 754/15
Tenor
1.Auf die Berufung der beklagten Stadt wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 25.06.2015 - 5 Ca 15/15 - abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
2.Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
3.Die Revision wird zugelassen.
1
T A T B E S T A N D :
2Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung des Klägers als Fachangestellter für Bäderbetriebe.
3Der am 08.12.1991 geborene Kläger ist seit dem 20.07.2011 bei der beklagten Stadt auf der Grundlage des Arbeitsvertrags vom 08.08.2011 als Fachangestellter für Bäderbetriebe beschäftigt, nachdem er zunächst bei der beklagten Stadt in der Zeit vom 01.08.2007 bis zum 19.07.2011 eine dreijährige berufsbezogene Qualifizierung zum Fachangestellten für Bäderbetriebe mit entsprechender Abschlussprüfung absolviert hatte. Der Arbeitsvertrag enthält unter anderem folgende Regelungen:
4"§ 1
5Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) und dem besonderen Teil für die Verwaltung und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung einschließlich des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (§ 1 Abs. 2 TVÜ-VKA). Außerdem finden die im Bereich des Arbeitgebers jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung.
6§ 2
7Der Beschäftigte ist in die Entgeltgruppe 3 eingruppiert (§ 17 TVÜ-VKA).
8Alle zwischen dem 01.10.2005 und dem Inkrafttreten der neuen Entgeltordnung stattfindenden Eingruppierungsvorgänge (Neueinstellungen und Umgruppierungen) sind vorläufige und begründen keinen Vertrauensschutz und keinen Besitzstand."
9Wegen des Inhalts des Arbeitsvertrages im Einzelnen wird auf Bl. 10 bis 11 der Akte Bezug genommen.
10Ursprünglich existierte bis zum Jahr 1997 eine "Verordnung für die Berufsausbildung zum Schwimmmeistergehilfen" vom 5. Dezember 1971 (im Folgenden: VO 1971). Die Ausbildungsdauer betrug zweieinhalb Jahre. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die VO 1971 (Bl. 44 - 46 der Akte) Bezug genommen. Seit 1997 wurde dieser Ausbildungsberuf abgelöst durch die vom Kläger absolvierte Ausbildung zum Fachangestellten für Bäderbetriebe. Die Ausbildungsdauer betrug nunmehr drei Jahre. Grundlage war die "Verordnung über die Berufsausbildung zum/zur Fachangestellten für Bäderbetriebe" vom 26.03.1997 (im Folgenden: VO 1997), auf die wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 29 - 32 der Akte).
11§ 17 des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA) enthält folgende Regelung:
12"Eingruppierung
13(1)Bis zum Inkrafttreten der Eingruppierungsvorschriften des TVöD (mit Entgeltordnung) gelten die §§ 22, 23, 25 BAT und Anlage 3 zum BAT, §§ 22, 23 BAT-O/BAT-Ostdeutsche Sparkassen einschließlich der Vergütungsordnung sowie die landesbezirklichen Lohngruppenverzeichnisse gemäß Rahmentarifvertrag zu § 20 BMT-G und des Tarifvertrages zu § 20 Abs. 1 BMT-G-O (Lohngruppenverzeichnis) über den 30. September 2005 hinaus fort. … Diese Regelungen finden auf übergeleitete und ab dem 1. Oktober 2005 neu eingestellte Beschäftigte im jeweiligen bisherigen Geltungsbereich nach Maßgabe dieses Tarifvertrages Anwendung. An die Stelle der Begriffe Vergütung und Lohn tritt der Begriff Entgelt.
14…
15(4)Anpassungen der Eingruppierung aufgrund des In-Kraft-Tretens der neuen Entgeltordnung erfolgen mit Wirkung für die Zukunft. …
16(5)Bewährungs-, Fallgruppen- und Tätigkeitsaufstiege gibt es ab dem 1. Oktober 2005 nicht mehr; …
17…
18(7)Für Eingruppierungen zwischen dem 1. Oktober 2005 und dem In-Kraft-Treten der neuen Entgeltordnung werden die Vergütungsgruppen der Vergütungsordnung (Anlage 1a) und die Lohngruppen der Lohngruppenverzeichnisse gemäß Anlage 3 den Entgeltordnungen des TVöD zugeordnet. …"
19Die Anlage 3 zum TVÜ-VKA regelt die vorläufige Zuordnung der Vergütungs- und Lohngruppen zu den Entgeltgruppen für zwischen dem 01.10.2005 und dem In-Kraft-Treten der neuen Entgeltordnung stattfindende Eingruppierungs- und Einreihungsvorgänge (VKA) u.a. wie folgt:
20Entgeltgruppe | Vergütungsgruppe | Lohngruppe |
5 | VII mit Aufstieg nach VIb VII ohne Aufstieg nach VIb | 5 mit Aufstieg nach 5a 4 mit Aufstieg nach 5 und 5a |
4 | Keine | 4 mit Aufstieg nach 4a 3 mit Aufstieg nach 4 und 4a |
3 | VIII mit Aufstieg nach VII VIII ohne Aufstieg nach VII | 3 mit Aufstieg nach 3a 2 mit Aufstieg nach 3 und 3a |
§ 22 des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) lautet auszugsweise wie folgt:
22" § 22
23Eingruppierung
24(1)Die Eingruppierung der Angestellten richtet sich nach den Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsordnung (Anlage 1a und 1b). Der Angestellte erhält Vergütung nach der Vergütungsgruppe, in die er eingruppiert ist.
25(2)Der Angestellte ist in der Vergütungsgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht.
26Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerkmalen einer Vergütungsgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Vergütungsgruppe erfüllen. Kann die Erfüllung einer Anforderung in der Regel erst bei der Betrachtung mehrerer Arbeitsvorgänge festgestellt werden (z.B. vielseitige Fachkenntnisse), sind diese Arbeitsvorgänge für die Feststellung, ob diese Anforderung erfüllt ist, insoweit zusammen zu beurteilen.
27…"
28Die Anlage 1a zum BAT im Bereich der Gemeinden (VKA) bestimmt u.a.:
29"Bemerkungen zu allen Vergütungsgruppen
30Nr. 3
31Für Angestellte, deren Tätigkeit in der Anlage 1 a außerhalb der Tätigkeitsmerkmale der jeweiligen Fallgruppe 1 des Tarifvertrages zur Änderung und Ergänzung der Anlage 1 a zum BAT (Neufassung der Fallgruppen 1) vom 24. Juni 1975 in besonderen Tätigkeitsmerkmalen aufgeführt ist, gelten die Tätigkeitsmerkmale der jeweiligen Fallgruppe 1 des Tarifvertrages vom 24. Juni 1975 weder in der Vergütungsgruppe, in der sie aufgeführt sind, noch in einer höheren Vergütungsgruppe.
32Dies gilt nicht für sonstige Angestellte der jeweiligen Fallgruppe 1 der Vergütungsgruppen II bis I des Tarifvertrages vom 24. Juni 1975, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben, es sei denn, daß ihre Tätigkeit außerhalb der Tätigkeitsmerkmale der jeweiligen Fallgruppe 1 dieser Vergütungsgruppen des Tarifvertrages vom 24. Juni 1975 in besonderen Tätigkeitsmerkmalen aufgeführt ist.
33…
34Vergütungsgruppe VII
351a. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche Fachkenntnisse erfordert.
36(Erforderlich sind nähere Kenntnisse von Gesetzen, Verwaltungsvorschriften und Tarifbestimmungen usw. des Aufgabenkreises.)
371b. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse erfordert.
38(Die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse brauchen sich nicht auf das gesamte Gebiet der Verwaltung [des Betriebes], bei der der Angestellte beschäftigt ist, zu beziehen. Der Aufgabenkreis des Angestellten muss aber so gestaltet sein, dass er nur beim Vorhandensein gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse ordnungsgemäß bearbeitet werden kann.)
39(Hierzu Protokollerklärung Nr. 1)
401c. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Vergütungsgruppe VIII Fallgruppe 1 a heraushebt, dass sie mindestens zu einem Viertel gründliche Fachkenntnisse erfordert,
41nach zweijähriger Bewährung in Vergütungsgruppe VIII Fallgruppe 1 b.
42…
43Vergütungsgruppe VIII
441a. Angestellte im Büro-, Registratur-, Kassen-, Buchhalterei-, Sparkassen-, sonstigen Innendienst und im Außendienst mit schwierigerer Tätigkeit (z. B. Mitwirkung bei der Bearbeitung laufender oder gleichartiger Geschäfte nach Anleitung, Entwerfen von dabei zu erledigenden Schreiben nach skizzierten Angaben; Erledigung ständig wiederkehrender Arbeiten in Anlehnung an ähnliche Vorgänge, auch ohne Anleitung; Führung von Brieftagebüchern schwieriger Art, Führung von nach technischen oder wissenschaftlichen Merkmalen geordneten Karteien sowie von solchen Karteien, deren Führung die Kenntnis fremder Sprachen voraussetzt; buchhalterische Übertragungsarbeiten; Zinsstaffelberechnungen; Kontenführung).
451b. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich dadurch aus der Fallgruppe 1 a heraushebt, dass sie mindestens zu einem Viertel gründliche Fachkenntnisse erfordert.
46(Erforderlich sind nähere Kenntnisse von Gesetzen, Verwaltungsvorschriften und Tarifbestimmungen usw. des Aufgabenkreises.)
47…"
48Im Bereich des BAT bestand im Teil II VKA ein "Tarifvertrag zur Änderung und Ergänzung der Anlage 1 a zum BAT (Schwimmmeister und Schwimmmeistergehilfen)" vom 18.02.1981, zuletzt geändert am 26.05.1992 (im Folgenden: TV Schwimmmeister), dessen § 2 auszugsweise folgende Regelungen enthält:
49"§ 2 Änderung und Ergänzung der Anlage 1a zum BAT für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände
50Die Anlage 1a zum BAT, zuletzt geändert und ergänzt durch den Tarifvertrag zur Änderung und Ergänzung der Anlage 1a zum BAT (Meister, technische Angestellte) vom 18. April 1980, wird wie folgt geändert und ergänzt:
51…
522. Nachstehende Tätigkeitsmerkmale werden eingefügt:
53a)In Vergütungsgruppe IX
54Angestellte in der Tätigkeit von Schwimmmeistergehilfen mit Abschlussprüfung
55b)In Vergütungsgruppe VIII
56Schwimmmeistergehilfen mit Abschlussprüfung und entsprechender Tätigkeit (Hierzu Protokollerklärung Nr. 1)
57c)In Vergütungsgruppe VII
581.Schwimmmeistergehilfen mit Abschlussprüfung, denen als Schichtführer die Aufsicht über mindestens vier Arbeitnehmer oder über mindestens zwei Schwimmmeistergehilfen mit Abschlussprüfung bzw. Angestellte in der Tätigkeit von Schwimmmeistergehilfen durch ausdrückliche Anordnung ständig übertragen ist. (Hierzu Protokollerklärungen Nrn. 1, 3 und 4).
592.Schwimmmeistergehilfen mit Abschlussprüfung und entsprechender Tätigkeit
60nach zweijähriger Bewährung in dieser Tätigkeit in Vergütungsgruppe VIII….
61(Hierzu Protokollerklärung Nr. 1)
62…"
63Im Lohngruppenverzeichnis zu § 4 Abs. 1 BZT-G/NRW i.d.F. des 59. Änderungstarifvertrags zum BZT-G/NRW vom 28.07.1995 hieß es u.a.:
64"Allgemeine Hinweise:
651.…
662.Die Arbeiter werden je nach ihrer auszuübenden Tätigkeit in allgemeine Lohngruppen oder F-Lohngruppen eingruppiert.
67…
68Lohngruppe 3
691.Angelernte Arbeiter
70…
71Abschnitt a)
72Angelernte Arbeiter mit folgenden Tätigkeiten, sofern sie die in der Protokollerklärung Nr. 1 genannten Voraussetzungen erfüllen:
73…
746. Badewärter in Schwimm- oder medizinischen Bädern
75…
76Protokollerklärungen:
771.zu Abschnitt a)
78Voraussetzung für die Eingruppierung in diese Lohngruppe ist eine mindestens halbjährige gleichartige oder berufsverwandte Tätigkeit in der Lohngruppe 2 in dem gleichen oder einem anderen Betrieb und Überprüfung durch die in der Protokollerklärung Nr.1 zu Lohngruppe 4 genannte oder gleichwertige, dem Beruf entsprechende Kommission. Die Tätigkeit in einem anderen Betrieb ist durch Zeugnisse nachzuweisen.
79Zeiten, die über die in Unterabsatz 1 genannte halbjährige gleichwertige oder berufsverwandte Tätigkeit hinausgehen, werden auf die Bewährungszeit angerechnet.
80…
81Lohngruppe 4
821.…
832.…
843.Arbeiter der Lohngruppe 3 nach vierjähriger Bewährung
85…
86Abschnitt e)
87Arbeiter der Lohngruppe 3 Abschnitte a) bis c) nach vierjähriger Bewährung in dieser Lohngruppe und diesen Abschnitten.
88…"
89Eine Arbeitsplatzbeschreibung für den Aufgabenbereich des Klägers existiert bei der beklagten Stadt nicht. Es besteht lediglich eine "Dienstanweisung für das Bade- und technische Personal des Stadtbetriebs Sport & Bäder der Stadt Wuppertal" von Dezember 2006. Wegen der Regelungen im Einzeln wird auf Bl. 19 - 23 der Akte Bezug genommen. In einem "Aufgabenkatalog für Geprüfte Meister für Bäderbetriebe und Fachangestellte für Bäderbetriebe", u.a. herausgegeben vom Bundesfachverband Öffentliche Bäder e.V., werden die Aufgaben der Fachangestellten für Bäderbetriebe erfasst. Es fallen insoweit u.a. folgende Tätigkeiten an:
90"Aufsichts- und Rettungsdienst
911.Betreuung der Badbesucher
922.Wasser- und Badeaufsicht
933.Sanitäts- und Rettungsdienst
944.Erweiterte Aufgabenbereiche
955.Sonstige Betriebseinsätze
96Ordnungs- und Sicherheitspflichten
971.Kontrollfunktionen
982.Rechtsfunktionen
993.Betreuungsfunktionen
1004.Verwaltungsfunktionen
101Spezielle Aufgaben
1021.Schwimmunterricht und Nachwuchsförderung
1032.Freizeit- und Aktionsbereiche, Schwimmsport und Veranstaltungen
104Technischer Aufgabenbereich (unter Berücksichtigung des Umweltschutzes)
1051.Bädertechnik
1062.Pflege und Wartung
1073.Reinigung und Desinfektion"
108Sämtliche dort genannten Aufgaben führt der Kläger regelmäßig durch. Die Pflege und Wartung sowie Reinigung und Desinfektion umfasst dabei nicht mehr als ca. 10 % der Arbeitszeit. Die in der VO 1997 genannten Vorschriften und Gesetze wendet der Kläger regelmäßig an. Er ist aufgrund seiner Funktion den Badewärterinnen gegenüber weisungsbefugt, die mit einer im Vergleich zum Kläger geringerwertigen Ausbildung in die Entgeltgruppe 4 TVöD-VKA eingruppiert sind. Eine Tätigkeit als Schichtführer mit Aufsicht über mindestens vier Arbeitnehmer ist dem Kläger durch ausdrückliche Anordnung nicht ständig übertragen worden.
109Mit anwaltlichem Schreiben vom 29.11.2013 beantragte der Kläger die Höhergruppierung in die Entgeltgruppe 6 für die Zeit ab dem 01.04.2013 und machte entsprechende Nachzahlungen geltend. Die beklagte Stadt lehnte die Höhergruppierung mit Schreiben vom 02.12.2013 unter Hinweis darauf, dass die Eingruppierung der Fachangestellten für Bäderbetriebe sich ausschließlich nach dem TV-Schwimmmeister richte, ab. Das weitere Schreiben des Klägers vom 03.12.2013 beantwortete die beklagte Stadt nicht.
110Für die kommunalen Arbeitgeber ist bisher eine neue Entgeltordnung nicht abgeschlossen worden. Seit Januar 2014 sind im Bereich des Bundes nach Anlage 1 TVEntgO Bund Teil III Ziffer 5 Fachangestellte für Bäderbetriebe mit entsprechender Tätigkeit in Entgeltgruppe 5 eingruppiert.
111Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die von ihm regelmäßig durchgeführten Aufgaben als Fachangestellter für Bäderbetriebe seien ein einziger Arbeitsvorgang, der 90 % seiner Arbeitszeit umfasse. Daneben bestünde ein abgrenzbarer Arbeitsvorgang für Pflege und Wartung sowie Reinigung und Desinfektion, der ca. 10 % seiner Arbeitszeit ausfülle. Für seine Hauptaufgaben benötige er gründliche und vielseitige Fachkenntnisse. Dies ergebe sich schon aus dem Umfang seiner Aufgaben und den dafür erforderlichen Kenntnissen und Fähigkeiten. Die Eingruppierung könne nicht mehr nach dem TV Schwimmmeister erfolgen. Die Aufgaben und die gesamten Anforderungen an den Ausbildungsberuf seien erheblich anspruchsvoller. Als Fachangestellter für Bäderbetriebe könne er nicht mehr als Schwimmmeistergehilfe mit entsprechender Tätigkeit eingruppiert und bewertet werden. Seiner Auffassung nach sei deshalb auf die allgemeinen Eingruppierungsvorschriften zurückzugreifen. Die Zuordnung zu Entgeltgruppe 3 nach seinem Arbeitsvertrag in Verbindung mit § 17 TVÜ-VKA habe ausdrücklich nur eine vorläufige Zuordnung sein sollen. Der Kläger hat behauptet, er habe die Eingruppierung zunächst nur akzeptiert, weil er von der baldigen Schaffung einer neuen Entgeltordnung ausgegangen sei.
112Der Kläger hat beantragt:
113festzustellen, dass die beklagte Stadt verpflichtet ist, ihm ab 1. April 2013 Vergütung nach der Entgeltgruppe 5 TVöD-VKA in der jeweils gültigen Fassung zu zahlen;
114Die beklagte Stadt hat beantragt,
115die Klage abzuweisen.
116Sie hat der Auffassung vertreten, aufgrund der Überleitungsvorschriften sei sie gezwungen, den Kläger nach Entgeltgruppe 3 zu vergüten. Die Eingruppierung der Fachangestellten für Bäderbetriebe müsse weiterhin nach dem TV Schwimmmeister erfolgen. Die Ausbildung zum Fachangestellten für Bäderbetriebe unterscheide sich nicht erheblich von dem Ausbildungsplan zum Schwimmmeistergehilfen. Für einen Rückgriff auf die Allgemeinen Vorschriften des BAT Anlage 1 a bleibe wegen der Anwendbarkeit des speziellen Tarifvertrages kein Raum. Der Kläger sei auch nicht wie ein Angestellter im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und Außendienst zu behandeln. Hierunter falle der allgemeine Verwaltungsbereich, also klassische Bürotätigkeiten ggf. mit Außendienstelementen. Die Tätigkeit des Klägers als Fachangestellter für Bäderbetriebe sei mit diesen Tätigkeiten nicht vergleichbar.
117Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass der TV Schwimmmeister aufgrund der Neuordnung der Ausbildung der Fachangestellten für Bäderbetriebe keine Anwendung mehr finde. Deshalb sei auf die allgemeinen Vergütungsmerkmale der Anlage 1a BAT zurückzugreifen, was zur Eingruppierung in die Entgeltgruppe 5 führe. Der Anspruch folge außerdem aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz.
118Gegen das ihr am 09.07.2015 zugestellte Urteil hat die beklagte Stadt mit einem am 23.07.2015 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 19.08.2015 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.
119Die beklagte Stadt vertritt unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens weiterhin die Auffassung, dass der TV Schwimmmeister zur Anwendung komme und dem Kläger entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts kein Anspruch auf Vergütung nach der Entgeltgruppe 5 zustehe. Zwar habe sich die VO 1997 gegenüber der VO 1971 geändert und die Ausbildungsdauer sei verlängert worden. Die wesentlichen Elemente der Ausbildung seien jedoch gleich geblieben und nur dem neuen Stand der Technik angepasst worden. Es bleibe deshalb bei der bewussten Entscheidung der Tarifvertragsparteien zur Eingruppierung auch des Klägers nach dem TV Schwimmmeister. Unabhängig davon fehle es für eine Einordnung in die allgemeine Vergütungsordnung an einer Tätigkeit des "Allgemeinen Verwaltungsdienstes". Es liege auch kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz vor. Das Arbeitsgericht habe bereits eine falsche Gruppenbildung vorgenommen. Die Arbeitnehmer, die nach dem 30.09.2005 bei einem Arbeitgeber eingestellt worden seien, eben nicht mit den Arbeitnehmern zu vergleichen, die schon vor dem 01.10.2005 beschäftigt gewesen seien und der TVöD/TVÜ-VKA auf Grund einer Überleitung aus einem anderen Tarifvertrag - BAT/BMT-G - zur Anwendung gekommen sei. Es sei nicht zu beanstanden, bereits vor Oktober 2005 Beschäftigten den Besitzstand zu erhalten und für danach eingestellte Beschäftigte keinen Bewährungsaufstieg mehr vorzusehen. Ein Vergleich mit den Badehelfern sei nicht vorzunehmen, weil diese unter einen anderen Tarifvertrag fielen.
120Die beklagte Stadt beantragt,
121das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 26.06.2015 - 5 Ca 15/15 - abzuändern und die Klage abzuweisen.
122Der Kläger beantragt,
123die Berufung zurückzuweisen.
124Er verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens und rügt erneut, dass die Vergütung nach der Entgeltgruppe 3 nicht richtig sein könne, weil die weniger qualifizierten Badewärter besser vergütet würden als die höher qualifizierten Fachangestellten für Bäderbetriebe. Zutreffend habe das Arbeitsgericht entschieden, dass der TV Schwimmmeister nicht mehr gültig sei, denn die neue Ausbildungsordnung sei wesentlich umfassender. Ein dauerhaftes Verbleiben der Fachangestellten für Bäderbetriebe in der Entgeltgruppe 3 sei extrem ungerecht und systemwidrig.
125Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf die in beiden Instanzen zu den Akten gereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen.
126E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E:
127I.
128Die statthafte (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässige (§ 64 Abs. 2 ArbGG), form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520 Abs. 3 ZPO) ist zulässig.
129II.
130Die Berufung der beklagten Stadt ist auch begründet. Der Kläger ist entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts nicht seit dem 01.04.2013 in die Entgeltgruppe 5 eingruppiert. Der streitgegenständliche Feststellungsantrag bezieht sich ausschließlich auf die Entgeltgruppe 5, so dass eine Überprüfung der Entgeltgruppe 4 entfällt. Der Feststellungsantrag ist zwar zulässig, aber unbegründet. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts war daher abzuändern.
1311.
132Der Feststellungsantrag ist - wie bereits das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat - als allgemein anerkannter Eingruppierungsfeststellungsantrag zulässig (vgl. z.B. BAG, Urteil vom 23.02.2011, 4 AZR 214/09, Rn. 12, zitiert nach juris). Er bezieht sich allerdings ausschließlich auf die Entgeltgruppe 5 und umfasst nicht als ein "Weniger" auch die Entgeltgruppe 4. Zwar wird dann, wenn bei einem Eingruppierungssystem Aufbaugruppen vorliegen, mit der Geltendmachung der höheren Gruppe zugleich die niedrigere Gruppe geltend gemacht, die durch das Gericht auch zuzusprechen ist, wenn zumindest deren Voraussetzungen vorliegen. Ein solches System von Aufbaugruppen liegt aufgrund der Zuordnung der Vergütungsgruppen und Lohngruppen in Anlage 3 zum TVÜ-VKA im Verhältnis der Entgeltgruppen 4 und 5 allerdings nicht vor. Sie bauen nicht aufeinander auf, sondern werden aus unterschiedlichen Vergütungssystemen abgeleitet. Der Entgeltgruppe 4 sind lediglich Lohngruppen zugeordnet, die nicht als "Weniger" im Sinne eines Aufbaus zur Entgeltgruppe 5 aufgrund der Erfüllung der allgemeinen Voraussetzungen der Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 1b angesehen werden können.
133Auch eine Auslegung des Antrags ergibt nicht, dass der Kläger als ein Minus hilfsweise auch die Entgeltgruppe 4 begehrt. Hiergegen spricht zunächst der Wortlaut des Antrags, demzufolge der Kläger ausdrücklich ein Vergütung nach der Entgeltgruppe 5 begehrt. Zwar ist allerdings nicht allein der Wortlaut des Antrags maßgeblich, sondern das für den Gegner erkennbare Begehren des Klägers unter Berücksichtigung der Klagebegründung. Auch die Klagebegründung spricht vorliegend allerdings gegen die Annahme einer - hilfsweisen - Geltendmachung der Entgeltgruppe 4, denn der Kläger verlangt nach seinem Vorbringen "mindestens" die Entgeltgruppe 5 (vgl. Seite 9 der Klageschrift und Seite 4 des Schriftsatzes vom 02.03.2015). Nach Erörterung dieser Auslegung im Termin zur mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer ist seitens des Klägers kein weiterer Sachvortrag erfolgt.
1342.
135Der Feststellungsantrag ist unbegründet. Der Kläger ist nicht seit dem 01.04.2013 in die Entgeltgruppe 5 eingruppiert. Maßgeblich sind entgegen der Ansicht des Klägers die Eingruppierungsregelungen der Anlage 1a zum BAT (VKA), wie sie durch den TV Schwimmmeister geschaffen worden sind, i.V.m. § 17 Abs. 7, 1 TVÜ-VKA i.V.m. Anlage 3 zum TVÜ-VKA. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, der zu einer Eingruppierung in die Entgeltgruppe 5 führen könnte, liegt nicht vor. In Übereinstimmung mit der Entscheidung der 12. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 28.10.2015, 12 Sa 631/15, und unter Übernahme der Entscheidungsgründe, der die erkennende Berufungskammer sich vollständig anschließt, ist dazu Folgendes auszuführen:
136Die Eingruppierung des Klägers bestimmt sich gemäß § 17 Abs. 7 TVÜ-VKA i.V.m. § 17 Abs. 1 TVÜ-VKA gemäß der Anlage 3 zum TVÜ-VKA, weil er nach dem 01.10.2005 eingestellt worden ist. Die Vorschriften kommen jedenfalls kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme zur Anwendung. Der Kläger ist gemäß der Anlage 1a zum BAT (VKA) aufgrund der dort vorhandenen besonderen Tätigkeitsmerkmale als Schwimmmeistergehilfe mit Abschlussprüfung einzuordnen und als solcher in die Vergütungsgruppe VIII eingeordnet, die gemäß der Anlage 3 zum TVÜ-VKA der Entgeltgruppe 3 zugeordnet ist. Entgegen der Ansicht des Klägers finden diese besonderen Tätigkeitsmerkmale auch noch Anwendung. Dies ergibt die Auslegung der maßgeblichen tarifvertraglichen Bestimmungen.
137a)Die Auslegung des normativen Teils des Tarifvertrages folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben der Tarifnorm zu haften. Bei nicht eindeutigem Wortsinn ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist dabei stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnormen zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, so können die Gerichte für Arbeitssachen - ohne Bindung an eine Reihenfolge - weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte eines Tarifvertrages oder auch die praktische Tarifübung ergänzend heranziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, gesetzeskonformen und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. BAG, Urteil vom 24.06.2004, 2 AZR 656/o2; BAG, Urteil vom 24.02.2011, 2 AZR 830/09, jeweils zitiert nach juris).
138b)Auszugehen ist zunächst von § 17 Abs. 7 TVÜ-VKA i.V.m. § 17 Abs. 1 TVÜ-VKA. Diese Vorschriften finden Anwendung ab dem 01.10.2005 bis zum In-Kraft-Treten einer neuen Entgeltordnung. Eine solche Entgeltordnung gibt es für den Bereich der Kommunen bislang nicht. Dies führt entgegen der Ansicht des Klägers aber nicht dazu, dass diese Regelungen nunmehr nicht mehr zur Anwendung kämen, weil sie nur für eine Übergangszeit bestimmt seien. Eine zeitliche Begrenzung der Anwendung der genannten Vorschriften haben die Tarifvertragsparteien nicht vorgenommen. Die Regelungen gelten vielmehr so lange, bis eine neue Entgeltordnung in Kraft tritt. Die Annahme eines Höchstzeitraums der Geltung des § 17 Abs. 7, 1 TVÜ-VKA findet im Tarifwerk keinen Anhalt. Die Bestimmung einer zeitlichen Grenze der Geltung der Tarifnormen durch die Gerichte ist mangels eines konkreten Anhaltspunkts im Tarifwerk für einen Zeitpunkt nicht möglich und auch nicht veranlasst. Vielmehr haben die Tarifvertragsparteien vereinbart, dass es so lange bei der Anwendung der genannten Vorschriften bleiben soll, bis die Entgeltordnung vereinbart ist. Es ist auch nicht ersichtlich, welche Eingruppierungsvorschriften gelten sollten, würde man nunmehr ohne tarifliche Regelung ein Ende von § 17 Abs. 7, 1 TVÜ-VKA annehmen. Dass dies nur die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale der Anlage 1a BAT (VKA) sein sollten, kann jedenfalls nicht angenommen werden.
139Es kommt gemäß § 17 Abs. 7 TVÜ-VKA für die Eingruppierung gemäß der Anlage 3 zum TVÜ-VKA die Vergütungsordnung des BAT, d.h. - so der ausdrückliche Klammerzusatz in § 17 Abs. 7 TVÜ-VKA - die Anlage 1a zur Anwendung. Es ist nicht ersichtlich, dass diese nur teilweise, d.h. mit den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen und ohne die vorangestellten Bemerkungen, zur Anwendung kommt. Nr. 3 der Bemerkungen zu allen Vergütungsgruppen in Anlage 1a BAT (VKA) legt ausdrücklich fest, dass besondere Tätigkeitsmerkmale Vorrang haben und dann auf die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale der jeweiligen Fallgruppe 1 nicht mehr zurückgegriffen werden kann. Insoweit ist der TV Schwimmmeister kein eigenständiger Tarifvertrag, sondern hat die Anlage 1a BAT (VKA) geändert und bei den Vergütungsgruppen besondere, vorrangige Tätigkeitsmerkmale eingeführt.
140Richtig ist allerdings, dass die hier streitigen besonderen Tätigkeitsmerkmale sich mit Schwimmmeistergehilfen mit Abschlussprüfung befassen, nicht aber mit Fachangestellten für Bäderbetriebe. Gleichwohl ist der Kläger als Schwimmmeistergehilfe mit Abschlussprüfung i.S.d. Anlage 1a BAT (VKA) anzusehen. Die Ausbildung der Schwimmmeistergehilfen war in der VO 1971 geregelt. An diese und ihre Begrifflichkeit knüpfte die tarifliche Regelung an. Die VO 1997 ist die Nachfolgeregelung und ersetzt die Schwimmmeistergehilfen durch die Fachangestellten für Bäderbetriebe. Dies kommt in § 10 VO 1997 zum Ausdruck, dessen Satz 2 (vollständig abgedruckt in BGBl. I 1997, 740, 742) ausdrücklich regelt, dass gleichzeitig mit dem Inkrafttreten der VO 1997 die VO 1971 außer Kraft tritt. § 9 VO 1997 enthält außerdem eine Übergangsregelung für bereits vor In-Kraft-Treten begründete Berufsausbildungsverhältnisse. Richtig ist, dass die Ausbildungsdauer von zweieinhalb Jahren auf drei Jahre verlängert worden ist. Das Berufsbild hat sich aber nicht grundlegend verändert, sondern ist strukturell gleich geblieben. Dies zeigt ein Vergleich der §§ 3 der VO 1971 und 1997. Das Arbeits- und Tarifrecht (Nr. 3 VO 1997) lässt sich Nr. 4 a VO 1971 zuordnen. Die Nrn. 4 und 5 VO 1997 können als von Nr. 3 VO 1971 erfasst angesehen werden und sind insbesondere mit der rationelleren Energieverwendung nur dem aktuellen Stand der Technik angepasst. Der Aufsichts- und Betreuungsdienst (Nr. 6 und 7 VO 1997) ist in Nr. 1 VO 1971 enthalten. Schwimmen (Nr. 8 VO 1997) entspricht Nr. 2 VO 1971. Rettungs- und Wiederbelebungsmaßnahmen sind in Nrn. 9 und 10 VO 1997 und in Nr. 1 b VO 1971 angesprochen. Die Nrn. 11, 12 und 13 VO 1997 lassen sich zumindest teilweise der Nr. 3 a VO 1971 zuordnen. Verwaltungsarbeiten (Nr. 14 VO 1997) waren in einfacher Weise auch in Nr. 4 a VO 1971 angesprochen. Richtig ist, dass die Neigungsfächer in den Bereichen Technik oder Verwaltung, in denen vertiefte Kenntnisse erworben werden konnten (Nr. 5 VO 1971), entfallen sind. Hinzugekommen ist weiterhin die Öffentlichkeitsarbeit (Nr. 15 VO 1997). Ein Ausbildungsrahmenplan war auch in § 4 VO 1971 enthalten, der sich in seinen Inhalten nicht strukturell und grundlegend von dem allerdings ausdifferenzierten neuen Ausbildungsrahmen-plan unterscheidet. Insgesamt hat sich das Berufsbild nicht grundlegend geändert mit der Folge, dass nunmehr eine Einordnung als allgemeiner Verwaltungsangestellter i.S.d. der Anlage 1a BAT (VKA) zu erfolgen hätte und besondere Tätigkeitsmerkmal der Schwimmmeistergehilfen nicht mehr zur Anwendung kommen. Die Tarifvertragsparteien haben auch keine Übergangsregelung aus Anlass der Aufhebung der VO 1971 getroffen. Dies hätte aber nahe gelegen, weil in Vergütungsgruppe IX Angestellte in der Tätigkeit von Schwimmmeistergehilfen mit Abschlussprüfung erfasst sind. Eine Abgrenzung danach, ob ein Angestellter ohne förmlichen Ausbildungsabschluss in der Tätigkeit eines Schwimmmeistergehilfen oder in der Tätigkeit eines Fachangestellten für Bäderbetriebe tätig ist, ist in der Abgrenzung zumindest schwierig. Es ist auch nicht ersichtlich, aus welchem Grund die Tarifvertragsparteien nunmehr für die Fachangestellten für die höhere Eingruppierung nicht mehr an die Funktion eines Schichtleiters anknüpfen wollten, dies aber bei den bisherigen Schwimmmeistergehilfen so belassen wollten. Insbesondere wäre zu regeln gewesen, ob Vergütungsgruppe VII nicht nur die Aufsicht über zwei Schwimmmeistergehilfen mit Abschlussprüfung, sondern auch über zwei oder vielleicht auch nur einen Fachangestellten für Bäderbetriebe genügen lässt. Anhaltspunkte dafür, dass die Tarifvertragsparteien in den Schwimmbädern zwischen der Eingruppierung der Schwimmmeistergehilfen mit Abschlussprüfung und den Fachangestellten für Bäderbetriebe, die strukturell sehr vergleichbare Aufgaben haben, unterscheiden wollten, sind nicht ersichtlich. Da die VO 1997 lediglich die VO 1971 ersetzt, spricht mehr dafür, dass die Tarifvertragsparteien keinen Regelungsbedarf sahen, weil es bei der entsprechenden Eingruppierung nach den besonderen Tätigkeitsmerkmalen blieb. Entgegen der Ansicht des Klägers sind die besonderen tariflichen Eingruppierungsmerkmale des Schwimmmeistergehilfen nach dem Gesagten nicht durch Zeitablauf aufgrund veränderter Umstände obsolet und unanwendbar geworden. Dagegen spricht bereits, dass die VO 1997 im Zeitpunkt des Abschlusses des TVÜ-VKA im Jahr 2005 lange bekannt war und die Tarifvertragsparteien die hier streitigen besonderen Tätigkeitsmerkmale in der Anlage 1a BAT (VKA) nicht gestrichen haben, sondern diese vollumfänglich in § 17 Abs. 7 TVÜ-VKA in Bezug genommen haben.
141c)Der Kläger ist bei Anwendung der tariflichen Eingruppierungsmerkmale in Entgeltgruppe 3 eingruppiert. Da er als Schwimmmeistergehilfe mit entsprechender Abschlussprüfung zu betrachten ist, ist er in Vergütungsgruppe VIII mit Aufstieg in Vergütungsgruppe VIII eingruppiert. Gemäß der Anlage 3 zum TVÜ-VKA entspricht dies der Entgeltgruppe 3. Ein Bewährungsaufstieg findet nicht mehr statt (§ 17 Abs. 5 TVÜ-VKA). Die Voraussetzungen des besonderen Tätigkeitsmerkmals Nr. 1 in Vergütungsgruppe VII erfüllt der Kläger nicht. Zwar mag der Kläger zeitweise auch vier Badehelfern gegenüber weisungsbefugt sein. Ihm ist aber nach seinem eigenen Vortrag nicht als Schichtführer ständig und auf ausdrückliche Anordnung die Aufsicht über mindestens vier Arbeitnehmer übertragen worden.
1423.
143Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, der zu einer Eingruppierung in die Entgeltgruppe 5 führen könnte, liegt nicht vor.
144a)Die Tarifvertragsparteien sind - jedenfalls mittelbar - an den Allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebunden. Eine Tarifnorm verletzt den Allgemeinen Gleichheitssatz, wenn die Tarifvertragsparteien es versäumt haben, tatsächliche Gleichheiten oder Ungleichheiten der zu ordnenden Lebensverhältnisse zu berücksichtigen, die so bedeutsam sind, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise beachtet werden müssen. Bei der richterlichen Kontrolle von Tarifverträgen sind die aus der verfassungsrechtlichen Gewährleistung der Tarifautonomie nach Art. 9 Abs. 3 GG sich ergebenden Einschränkungen zu beachten. Die Tarifvertragsparteien haben danach eine Einschätzungsprärogative, soweit es um die Beurteilung der tatsächlichen Gegebenheiten oder Rechtsfolgen geht, sowie einen Beurteilungs- und Ermessensspielraum hinsichtlich der inhaltlichen Gestaltung der Regelung. Es ist nicht Aufgabe der Gerichte, zu klären, ob die Tarifvertragsparteien die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Lösung für den zu regelnden Sachverhalt gefunden haben. Sie dürfen im Interesse der Praktikabilität, der Verständlichkeit und der Übersichtlichkeit auch typisierende Regelungen treffen. Bei der Überprüfung von Tarifverträgen anhand des Allgemeinen Gleichheitssatzes ist deshalb nicht auf die Einzelfallgerechtigkeit abzustellen, sondern auf die generellen Auswirkungen der Regelungen. Die aus dem Gleichheitssatz folgenden Grenzen sind dann überschritten, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine Ungleichbehandlung rechtfertigen können (vgl. BAG, Urteil vom 21.08.2012, 3 AZR 281/10, juris Rn. 21 m.w.N.; s.a. BGH, Urteil vom 14.11.2007, IV ZR 74/06, BGHZ 174, 127 Rn. 59). Einen solchen Verstoß vermochte die Kammer in Bezug auf die begehrte Eingruppierung in die Entgeltgruppe 5 nicht festzustellen. Dies gilt selbst dann, wenn man Art. 3 Abs. 1 GG unmittelbar anwenden wollte. Ob dies der Fall ist, kann dahinstehen, weil die dogmatische Herleitung der Anwendung des Art. 3 Abs. 1 GG für den Prüfungsmaßstab ohne Bedeutung ist (vgl. BAG, Urteil vom 19.02.2013, 9 AZR 452/11, zitiert nach juris, 494 Rn. 18).
145b)Soweit der Kläger den Gleichheitsverstoß daraus ableitet, dass vor dem 01.10.2005 eingestellte Arbeitnehmer eine höhere Vergütung in Folge eines Bewährungsaufstiegs erreichen konnten, ihm dies aber verwehrt ist, begründet dies den Anspruch auf Entgeltgruppe 5 nicht. Die Tarifvertragsparteien durften auch unter Beachtung von Art. 3 Abs. 1 GG die Bewährungsaufstiege abschaffen und diese im Übrigen sogar nur dann in die Besitzstandregelung aufnehmen, wenn die Bewährungszeit zum Überleitungszeitunkt bereits begonnen hatte (vgl. BAG, Urteil vom 17.04.2013, 4 AZR 770/11, zitiert nach juris, Rn. 27). Letzteres war beim Kläger nicht der Fall. Er ist erst nach dem 01.10.2005 eingestellt worden. Soweit er seine Ausbildung im Vertrauen auf eine Fortgeltung des BAT begonnen haben mag, ist dieses Vertrauen nicht schutzwürdig. Der Kläger hat auch nicht vorgetragen, dass die beklagte Stadt andere Arbeitnehmer, die nach dem 01.10.2005 als Fachangestellte für Bäderbetriebe eingestellt werden, gemäß der Entgeltgruppe 5 vergütet. Soweit dies bei anderen Städten anders sein mag, begründet dies im Verhältnis zur beklagten Stadt keinen Gleichheitsverstoß. Nichts anderes gilt für die Eingruppierung der Fachangestellten für Bäderbetriebe beim Bund oder aber bei den Ländern.
146c)Die Kammer hat allerdings - auch insoweit in Übereinstimmung mit der 12. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf - auf der Grundlage des bisherigen Sach- und Streitstands mehr als erhebliche Bedenken im Hinblick darauf, dass der Kläger derzeit dauerhaft schlechter vergütet wird als Badehelfer. Es spricht viel dafür, dass insoweit ein Verstoß der Tarifvertragsparteien gegen den Gleichheitssatz vorliegt. Dieser führt indes nicht zur Eingruppierung in die Entgeltgruppe 5, sondern allenfalls in die Entgeltgruppe 4, die nicht Streitgegenstand ist.
147aa)Die autonome vergütungsrechtliche Bewertung einzelner Tätigkeiten ist integraler Bestandteil der Tarifautonomie. Der Möglichkeit staatlicher Gewalt einschließlich der Judikative, den Tarifvertragsparteien in diesem Bereich Vorgaben zu machen, sind enge Grenzen gezogen. In Betracht kommen vor allem sozialstaatliche Erwägungen. Dagegen ist nach der Konzeption des Grundgesetzes die Festlegung der Höhe des Entgelts grundsätzlich den Tarifvertragsparteien übertragen, weil dies nach Überzeugung des Verfassungsgebers zu sachgerechteren Ergebnissen als eine staatlich beeinflusste Lohnfindung führt. Wenn Tarifvertragsparteien deshalb z.B. körperliche und beaufsichtigende Tätigkeiten vergütungsrechtlich unterschiedlich bewerten, liegt dies innerhalb ihrer Regelungsmacht. Dies schließt auch die Befugnis zu Entgeltregelungen ein, die Betroffenen ungerecht und Außenstehenden nicht zwingend sachgerecht erscheinen. Haben solche Regelungen zur Folge, dass bestimmte Arbeitsplätze nicht mehr mit geeignetem Personal besetzt werden können, weil sie den in Frage kommenden Arbeitnehmern finanziell unattraktiv erscheinen, liegt es in der Hand der Tarifvertragsparteien, darauf mit Änderungen der von ihnen gefundenen Entgeltregelungen zu reagieren (BAG 17.12.2009 - 6 AZR 665/08, ZTR 2010, 190 Rn. 19).
148Erst recht kommt den Tarifvertragsparteien im Zusammenhang mit der Überleitung von Arbeitnehmern in ein gänzlich neues Vergütungssystem die Befugnis zu, die vergütungsrechtliche Wertigkeit von Tätigkeiten autonom festzulegen. Mit dem TVöD wurden nicht nur die bisher unterschiedlich ausgestalteten Vergütungsstrukturen von Arbeitern und Angestellten aufgelöst, sondern auch eine Vielzahl von Tarifverträgen, die das Entgelt einzelner Beschäftigungsgruppen des öffentlichen Dienstes höchst differenziert und mit vielen Verästelungen bis ins Detail regelten, zusammengeführt. Bei diesem Einstieg in die neue Entgeltordnung mussten die Tarifvertragsparteien notwendigerweise generalisieren, pauschalieren und typisieren, ohne dabei jeder Besonderheit gerecht werden zu können. Bei der Regelung von derartigen Massenerscheinungen liegt es in der Natur der Sache, dass es zu Randunschärfen kommt. Bei solchen typisierenden Regelungen entstehende Ungerechtigkeiten und Härten sind hinzunehmen, wenn sie nicht besonders schwer wiegen und nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären (vgl. BAG, Urteil vom 17.12.2009 a.a.O. Rn. 20 f.).
149Allerdings ist es von der Tarifautonomie nicht mehr gedeckt, in einem einheitlichen Vergütungssystem oder in mehreren, von denselben Tarifvertragsparteien geschlossenen Tarifverträgen Arbeitnehmer, die identische Tätigkeiten verrichten, vergütungsrechtlich unterschiedlich zu behandeln (vgl. BAG, Urteil vom 17.12.2009 a.a.O. Rn. 24). Ggf. ist es auch erforderlich, einem Arbeitnehmer, dem andere Arbeitnehmer weisungsgebunden unterstellt sind, eine höhere Vergütung zu zahlen (vgl. insoweit BAG, Urteil vom 17.12.2009 a.a.O. Rn. 28).
150bb)Es liegt hier zunächst so, dass die nach dem 01.10.2005 eingestellten Badehelfer dauerhaft besser bezahlt werden als die Fachangestellten für Bäderbetriebe mit der Entgeltgruppe 3. Dies liegt daran, dass sie nach der Anlage 3 zum TVÜ-VKA der Entgeltgruppe 4 zugeordnet werden, weil sie gemäß Nr. 1 Abschnitt a) Nr. 6 als Badewärter, d.h. angelernte Arbeiter gemäß dem Lohngruppenverzeichnis zu § 4 Abs. 1 BZT-G/NRW der Lohngruppe 3 mit Aufstieg in die Lohngruppe 4 eingruppiert sind. Die Kammer lässt offen, ob die Badewärter oder Badehelfer eine geringwertigere Tätigkeit als die Fachangestellten für Bäderbetriebe ausüben. Letztlich kommt es darauf nicht an. Ist die Tätigkeit identisch, spricht viel dafür, dass dies zu einer Vergütung des Klägers gemäß der Entgeltgruppe 4 führt. Es ist kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, ihn in diesem Fall dauerhaft schlechter zu vergüten. Ist seine Tätigkeit höherwertig, führt auch dies allenfalls zur Einordnung in die Entgeltgruppe 4, denn ob und in welchem Umfang eine höherwertige Tätigkeit besser zu vergüten wäre, obliegt der Festlegung durch die Tarifvertragsparteien. Die Gerichte könnte insoweit nur Gleichheit auf dem Niveau im Verhältnis zur Vergleichsgruppe gewähren, nicht aber die Bewertung der höherwertigen Tätigkeit in Geld vornehmen. Wenn der Kläger eine dreijährige Ausbildung macht und entsprechend dieser Qualifikation nachfolgend eingesetzt wird, erscheint es kaum nachvollziehbar, dass er dann geringer vergütet wird. Auch dies führt aber nur zur Entgeltgruppe 4.
151Da die Berufung der beklagten Stadt mithin begründet ist, war die Entscheidung des Arbeitsgerichts abzuändern und die Klage abzuweisen.
152III.
153Als unterliegende Partei hat der Kläger die Kosten des Rechtsstreits zu tragen (§§ 64 Abs. 6 ArbGG, 525, 91 ZPO).
154IV.
155Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.
156RECHTSMITTELBELEHRUNG
157Gegen dieses Urteil kann von der beklagten Partei
158R E V I S I O N
159eingelegt werden.
160Für die klagende Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
161Die Revision muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
162Bundesarbeitsgericht
163Hugo-Preuß-Platz 1
16499084 Erfurt
165Fax: 0361-2636 2000
166eingelegt werden.
167Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
168Die Revisionsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
1691.Rechtsanwälte,
1702.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
1713.Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
172In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Revisionsschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.
173Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
174Bezüglich der Möglichkeit elektronischer Einlegung der Revision wird auf die Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesarbeitsgericht vom 09.03.2006 (BGBl. I Seite 519) verwiesen.
175* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
176PaßlickKochDahmen
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Urteil einreichenLandesarbeitsgericht Düsseldorf Urteil, 04. Nov. 2015 - 7 Sa 754/15 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).
(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.
(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,
- a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist, - b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt, - c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder - d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.
(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft - a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen, - b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder - c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
- 3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.
(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.
(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.
(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.
(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.
(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.
(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.
(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.
(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird; - 2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.
(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.
(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.
(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.
(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:
- 1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge); - 2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt; - 3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten; - 4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.
(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:
- 1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt; - 2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.
(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.
Tenor
-
1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 25. Februar 2009 - 5 Sa 47/08 - aufgehoben.
-
2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 15. April 2008 - 1 Ca 489/07 - abgeändert:
-
Die Klage wird abgewiesen.
-
3. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
- 1
-
Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung des Klägers nach dem zwischen dem Krankenhausarbeitgeberverband Hamburg e.V. (KAH) und dem Marburger Bund - Landesverband Hamburg - am 22. November 2006 geschlossenen Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte im KAH (TV-Ärzte/KAH).
-
Der Kläger, der den Abschluss eines Diplom-Psychologen erworben hat, ist bei der Beklagten und ihren Rechtsvorgängern seit dem 1. Juli 1973 beschäftigt. Er wurde ab dem 1. Januar 1981 als wissenschaftlicher Mitarbeiter, verbunden mit Lehrverpflichtungen im Universitätsklinikum H, beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 10. März 1981 heißt es ua.:
-
„1.
Der Arbeitnehmer wird ab 1.1.1981 auf unbestimmte Zeit als Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Vergütungsgruppe IIa Anlage 1a zum BAT weiterbeschäftigt.“
- 3
-
Der Kläger ist seit dieser Zeit mit weit mehr als 50 vH seiner Arbeitszeit in der Patientenversorgung tätig. Bereits seit dem 8. Mai 1980 verfügt er über eine Erlaubnis nach § 1 HeilprG, die es ihm gestattet, die Tätigkeit eines Psychotherapeuten berufsmäßig auszuüben. Im Jahre 1999 erhielt der Kläger die Approbation zur Ausübung des Berufs des Psychologischen Psychotherapeuten nach § 12 des Gesetzes über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychologen(vom 16. Juni 1998 - PsychThG).
-
Am 1. Januar 2007 trat der TV-Ärzte/KAH in Kraft. Die Überleitung regelt der am gleichen Tag geschlossene Tarifvertrag zur Überleitung der Ärztinnen und Ärzte im KAH (TVÜ-Ärzte/KAH). Zum Geltungsbereich bestimmt § 1 TV-Ärzte/KAH:
-
„Dieser Tarifvertrag gilt für alle Ärzte und Zahnärzte, die in einem Arbeitsverhältnis zu einem Mitgliedsunternehmen des KAH stehen. Er gilt weiterhin für alle wissenschaftlichen Mitarbeiter an Universitätskliniken und für akademische Mitarbeiter, die in einem Arbeitsverhältnis mit einem Mitgliedsunternehmen des KAH stehen und überwiegend Aufgaben in der Patientenversorgung wahrnehmen. Soweit im Folgenden von Ärzten gesprochen wird, sind sämtliche vom Geltungsbereich dieses Tarifvertrages erfassten Beschäftigten gemeint.
…
Protokollnotiz zu Absatz 1:
…
Akademische Mitarbeiter sind Beschäftigte mit einem staatlich anerkannten, universitären Hochschulabschluss, die eine einem Arzt vergleichbare Tätigkeit ausüben. Hierzu gehören Medizinphysiker und psychologische Psychotherapeuten mit Approbation.“
- 5
-
Die Beklagte vergütet den Kläger seit dem 1. Januar 2007 nach der Entgeltgruppe Ä 1 Stufe 5 TV-Ärzte/KAH. Zusätzlich zu seinem Grundentgelt erhält der Kläger noch eine Besitzstandszulage. Mit Schreiben vom 22. Februar 2007 und vom 29. August 2007 machte der Kläger erfolglos eine Vergütung nach der Entgeltgruppe Ä 2 Stufe 3 TV-Ärzte/KAH geltend.
- 6
-
Mit seiner Klage verfolgte der Kläger sein Begehren weiter. Er sei als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Beklagten tätig und nehme überwiegend Aufgaben in der Patientenversorgung wahr. Der 1981 geschlossene Arbeitsvertrag sei nie geändert worden. Er übe mit etwa 80 vH seiner Arbeitszeit eine einem Arzt vergleichbare Tätigkeit aus. Wissenschaftliche Mitarbeiter seien nach zehnjähriger Tätigkeit nach der Entgeltgruppe Ä 2 TV-Ärzte/KAH zu vergüten. Die Stufe 3 der Entgeltgruppe stehe ihm zu, da er mehr als sieben Jahre das Tätigkeitsmerkmal der Entgeltgruppe erfülle. Selbst wenn er unter die Gruppe der akademischen Mitarbeiter falle, seien die tariflichen Voraussetzungen erfüllt. Die Approbation nach der Überleitungsvorschrift des § 12 Abs. 3 PsychThG setze voraus, dass er zwischen dem 1. Januar 1989 und dem 31. Dezember 1998 mit einer Gesamtdauer von mindestens sieben Jahren an der Versorgung von Versicherten mitgewirkt habe.
-
Der Kläger hat beantragt
-
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger mit Wirkung ab 1. Januar 2007 Vergütung aus der Vergütungsgruppe Ä 2/3 des TV-Ärzte/KAH zu zahlen.
- 8
-
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Kläger sei aufgrund der von ihm ausgeübten Tätigkeiten akademischer Mitarbeiter. Trotz des Arbeitsvertrages liege der deutliche Schwerpunkt seiner tatsächlichen Beschäftigung in der Patientenversorgung. Diese tatsächliche einvernehmliche Durchführung des Arbeitsverhältnisses gehe den vertraglichen Abreden vor. Der Kläger verfüge noch nicht zehn Jahre über die nach der Protokollnotiz zu § 1 TV-Ärzte/KAH erforderliche Approbation.
-
Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Klageabweisung. Der Kläger beantragt die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
- 10
-
Die zulässige Revision ist begründet. Die Vorinstanzen haben der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die zulässige Klage ist unbegründet.
- 11
-
I. Die Feststellungsklage ist zulässig.
- 12
-
1. Der Antrag ist hinsichtlich der Entgeltgruppe als allgemein üblicher Eingruppierungsfeststellungsantrag zulässig.
- 13
-
2. Soweit der Kläger darüber hinaus eine bestimmte Stufe der Entgeltgruppe Ä 2 TV-Ärzte/KAH festgestellt wissen will, fehlt ihm nicht das erforderliche Feststellungsinteresse iSv. § 256 Abs. 1 ZPO.
- 14
-
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats liegt diese Zulässigkeitsvoraussetzung für einen derartigen Antrag dann vor, wenn neben der Entgeltgruppe auch die Zuordnung zu einer Entgeltstufe zwischen den Parteien umstritten ist und durch den Feststellungsantrag dieser Teil eines Vergütungsanspruchs zwischen den Parteien rechtskräftig geklärt und weitere gerichtliche Auseinandersetzungen vermieden werden können (9. Dezember 2009 - 4 AZR 495/08 - Rn. 22 mwN, AP TVG § 1 Tarifverträge: Arzt Nr. 8; 17. Oktober 2007 - 4 AZR 1005/06 - Rn. 15, BAGE 124, 240; 25. Januar 2006 - 4 AZR 613/04 - Rn. 13, AP BAT-O § 27 Nr. 4).
- 15
-
b) Danach ist das erforderliche Feststellungsinteresse vorliegend gegeben. Der Streit zwischen den Parteien betrifft nicht nur die Eingruppierung im Sinne der Erfüllung von Tätigkeitsmerkmalen der Entgeltgruppen. Da die Beklagte bestreitet, der Kläger sei vor dem Beginn des Jahres 1999 akademischer Mitarbeiter im Tarifsinne gewesen, ist es nicht ausgeschlossen, dass selbst bei der Annahme einer Vergütungspflicht nach der Entgeltgruppe Ä 2 TV-Ärzte/KAH ein Streit über die zutreffende Entgeltstufe entsteht.
- 16
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II. Die Klage hat jedoch keinen Erfolg. Dabei kann es dahinstehen, ob der Kläger wissenschaftlicher oder akademischer Mitarbeiter iSd. § 1 TV-Ärzte/KAH ist. Die Voraussetzungen für eine Vergütung nach der Entgeltgruppe Ä 2 TV-Ärzte/KAH sind in jedem Fall nicht erfüllt. Der Kläger verfügt nicht über die nach dem Tätigkeitsmerkmal geforderte „zehnjährige Tätigkeit in Ä 1“.
- 17
-
1. Nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien findet der TV-Ärzte/KAH auf das zwischen Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis seit dem 1. Januar 2007 Anwendung.
- 18
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2. Für die tarifliche Bewertung der Tätigkeit des Klägers sind die nachstehenden Regelungen des TV-Ärzte/KAH und des TVÜ-Ärzte/KAH maßgebend.
-
a) Der TV-Ärzte/KAH lautet auszugsweise:
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„§ 12
Eingruppierung
Ärzte sind entsprechend ihrer nicht nur vorübergehend und zeitlich mindestens zur Hälfte auszuübenden Tätigkeit wie folgt eingruppiert:
Entgeltgruppe
Bezeichnung
Ä 1
Arzt, Zahnarzt
Wissenschaftlicher Mitarbeiter
Akademischer Mitarbeiter
Ä 2
Facharzt, Fachzahnarzt
Wissenschaftlicher Mitarbeiter nach zehnjähriger Tätigkeit in Ä 1
Akademischer Mitarbeiter nach zehnjähriger Tätigkeit in Ä 1
…
§ 16
Stufen der Entgelttabelle
(1)
Die Entgeltgruppen Ä 1 und Ä 2 umfassen fünf Stufen; die Entgeltgruppe Ä 3 umfasst drei Stufen; die Entgeltgruppe Ä 4 umfasst eine Stufe. Die Ärzte erreichen die jeweils nächste Stufe nach den Zeiten ärztlicher (Ä 1), fachärztlicher (Ä 2), oberärztlicher (Ä 3) Tätigkeit bzw. der Tätigkeit als ständiger Vertreter des leitenden Arztes, die in der Tabelle (Anlage A1) angegeben sind.
(2)
Bei der Stufenzuordnung werden Zeiten mit einschlägiger Berufserfahrung als förderliche Zeiten berücksichtigt. Zeiten von Berufserfahrung aus nichtärztlicher Tätigkeit können berücksichtigt werden. Zeiten ärztlicher/ fachärztlicher Tätigkeit außerhalb des EU-Bereichs können nur berücksichtigt werden, soweit sie von der zuständigen Stelle als der inländischen ärztlichen Tätigkeit gleichwertig anerkannt sind/ werden.“
-
b) Im TVÜ-Ärzte/KAH ist ua. bestimmt:
-
„§ 3
Entgeltgruppenzuordnung und Einstufung
(1)
Für die Eingruppierung der Ärzte ab 01. Januar 2007 gilt die Entgeltordnung gem. § 12 TV-Ärzte KAH.
(2)
Die Ärzte werden in die Entgeltstufe eingestuft, die sie erreicht hätten, wenn die Entgeltordnung gemäß § 12 TV-Ärzte KAH für Ärzte bereits seit Beginn ihrer Zugehörigkeit zu der für sie maßgeblichen Entgeltgruppe gegolten hätte.
…“
- 21
-
3. Dem Begehren des Klägers steht entgegen, dass er seit Inkrafttreten des maßgebenden Tarifvertrages nicht bereits zehn Jahre in der Entgeltgruppe Ä 1 TV-Ärzte/KAH tätig gewesen ist. Ein Tätigkeitsaufstieg des Klägers wurde nach dem Tarifvertrag erst mit dessen Inkrafttreten ermöglicht, sodass die entsprechenden Zeiten erst seit diesem Zeitpunkt zu berücksichtigen sind. Die Anrechnung von Tätigkeitszeiten, die vor Inkrafttreten des TV-Ärzte/KAH liegen, die § 3 Abs. 2 TVÜ-Ärzte/KAH bei der Entgeltstufenbestimmung ermöglicht, ist für die Bestimmung der maßgebenden Entgeltgruppe nicht vorgesehen.
- 22
-
a) Die Auslegung eines Tarifvertrages (zu den Maßstäben etwa BAG 26. Januar 2005 - 4 AZR 6/04 - zu I 2 a bb (2) (c) (bb) der Gründe, BAGE 113, 291) durch das Berufungsgericht ist in der Revisionsinstanz in vollem Umfang nachzuprüfen (st. Rspr., etwa BAG 17. Oktober 2007 - 4 AZR 1005/06 - Rn. 40, BAGE 124, 240 ).
- 23
-
b) Die Auslegung ergibt, dass die tarifvertraglich vorgesehene Tätigkeit in einer bestimmten Entgeltgruppe des TV-Ärzte/KAH, die zu einer Höhergruppierung führt, nur durch Tätigkeiten erfüllt werden kann, während deren Ausübung der Arbeitnehmer in der genannten Entgeltgruppe des Tarifvertrages eingruppiert war. Das setzt grundsätzlich die Anwendbarkeit des TV-Ärzte/KAH auf das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers voraus, kann vorliegend also nur durch Tätigkeitszeiten erfüllt werden, die nach Inkrafttreten des TV-Ärzte/KAH am 1. Januar 2007 absolviert worden sind.
- 24
-
aa) Nach der Rechtsprechung des Senats kann die Berücksichtigung von Beschäftigungszeiten, Tätigkeitszeiten oder Bewährungszeiten in Tarifverträgen unterschiedlich geregelt werden. Sieht ein Tarifvertrag vor, dass eine Höhergruppierung nur durch Tätigkeiten erfüllt werden kann, während deren Ausübung der Arbeitnehmer in einer bestimmten Entgeltgruppe des betreffenden Tarifvertrages eingruppiert war, setzt das grundsätzlich die zeitgleiche Anwendbarkeit des Tarifvertrages auf das Arbeitsverhältnis voraus. Die tariflich geforderten Tätigkeitszeiten können dann nur nach Inkrafttreten des Tarifvertrages erfüllt werden (BAG 17. Oktober 2007 - 4 AZR 1005/06 - Rn. 41 ff., BAGE 124, 240; 22. September 2010 - 4 AZR 149/09 - Rn. 46).
- 25
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bb) Im vorliegenden Zusammenhang folgt bereits aus dem Wortlaut des TV-Ärzte/KAH, dass für den Tätigkeitsaufstieg aus der Entgeltgruppe Ä 1 in die nächsthöhere Entgeltgruppe eine „Tätigkeit in Ä 1“ vorgeschrieben ist und nicht lediglich eine Tätigkeit als wissenschaftlicher oder akademischer Mitarbeiter. „In Ä 1” kann ein Arbeitnehmer nur tätig sein, wenn er die Tätigkeitsmerkmale der Entgeltgruppe erfüllt. Das setzt die Geltung der betreffenden Entgeltordnung und damit des TV-Ärzte/KAH voraus. Zwar können unter bestimmten Umständen auch Tatbestände, die in der Vergangenheit liegen, tarifliche Bedeutung erlangen. Dies erfordert jedoch eine entsprechend deutliche tarifvertragliche Regelung, da Tarifnormen wie Gesetze grundsätzlich nur für die Zukunft Geltung beanspruchen (BAG 17. Oktober 2007 - 4 AZR 1005/06 - Rn. 43, BAGE 124, 240; 9. März 1994 - 4 AZR 228/93 - mwN, AP BAT § 23a Nr. 32).
- 26
-
cc) Dieses am Wortlaut orientierte Auslegungsergebnis wird gestützt durch den Gesamtzusammenhang der tariflichen Regelungen. Die Tarifvertragsparteien waren sich erkennbar bewusst, dass es auch andere, prinzipiell berücksichtigungsfähige Beschäftigungszeiten vor Inkrafttreten des TV-Ärzte/KAH gibt.
- 27
-
§ 16 Abs. 1 Satz 2 TV-Ärzte/KAH bestimmt für das Erreichen der nächsten Entgeltstufe, dass diese Stufe nach „den Zeiten ärztlicher (Ä 1), fachärztlicher (Ä 2), oberärztlicher (Ä 3) Tätigkeit“ erreicht wird. Damit wird auf Tätigkeitszeiten während der Eingruppierung in den jeweiligen Entgeltgruppen abgestellt (vgl. auch zu § 19 TV-Ärzte/VKA BAG 22. September 2010 - 4 AZR 166/09 - Rn. 45; 16. Dezember 2010 - 6 AZR 357/09 - Rn. 16 f.). Grundsätzlich wäre damit jeder Arbeitnehmer bei Inkrafttreten des Tarifvertrages der Stufe 1 der einschlägigen Entgeltgruppe zugeordnet. Für die Festlegung der Entgeltstufe haben die Tarifvertragsparteien in § 3 Abs. 2 TVÜ-Ärzte/KAH jedoch ausdrücklich bestimmt, dass auch Beschäftigungszeiten vor Inkrafttreten des Tarifvertrages für die Ermittlung der zutreffenden Entgeltstufe berücksichtigt werden, wenn die auszuübende Tätigkeit eines Arbeitnehmers schon vor dem 1. Januar 2007 das Tätigkeitsmerkmal der betreffenden Entgeltgruppe erfüllt hat. Auch § 16 Abs. 2 TV-Ärzte/KAH behandelt bei der Berücksichtigung von Vorbeschäftigungszeiten einschlägiger Berufserfahrungen - nur - die Stufenzuordnung.
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-
Angesichts der eindeutigen, von den Tarifvertragsparteien sogar wiederholt verwendeten Begrifflichkeit gilt die Tarifregelung des § 3 Abs. 2 TVÜ-Ärzte/KAH nur für die Einstufung in die Entgeltstufe, nicht für die Zuordnung zu einer Entgeltgruppe. Die von den Tarifvertragsparteien in ihren Vergütungsregelungen gewählte unterschiedliche Terminologie ist zu beachten. Nach den Kriterien für die Auslegung eines Tarifvertrages als Rechtsnormenwerk ist regelmäßig davon auszugehen, dass Tarifvertragsparteien durch eine differenzierende Wortwahl auch unterschiedliche Regelungen treffen wollen. Von einer Maßgeblichkeit von Tätigkeitszeiten, die Arbeitnehmer absolviert haben, ohne nach dem TV-Ärzte/KAH eingruppiert zu sein, sind die Tarifvertragsparteien für die von ihnen geregelte Eingruppierung in Entgeltgruppen nicht ausgegangen, auch wenn man hier an eine gleichartige Regelung hätte denken können. Ein dahin gehender Regelungswille hat aber im Wortlaut des TVÜ-Ärzte/KAH keinerlei Niederschlag (vgl. hierzu BAG 19. September 2007 - 4 AZR 670/06 - Rn. 35, BAGE 124, 110) gefunden.
- 29
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c) Ein anderes Ergebnis ergibt sich auch dann nicht, wenn man zugunsten des Klägers davon ausgeht, die Tarifvertragsparteien hätten bei Abschluss des Tarifvertrages nicht bedacht, dass Tätigkeitszeiten vor Inkrafttreten des TV-Ärzte/KAH nicht nur für die Entgeltstufe, sondern auch für die Bestimmung der zutreffenden Entgeltgruppe maßgebend sein können, weshalb der Tarifvertrag insoweit lückenhaft wäre.
- 30
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aa) Für die Annahme einer Regelungslücke könnte im vorliegenden Fall sprechen, dass die Berücksichtigung von Tätigkeitszeiten vor Inkrafttreten des Tarifvertrages am 1. Januar 2007 für die Eingruppierung in eine Entgeltgruppe mit Ausnahme der wissenschaftlichen und der akademischen Mitarbeiter nicht erforderlich gewesen ist. Denn für die übrigen in den Entgeltgruppen Ä 1 bis Ä 4 TV-Ärzte/KAH genannten Beschäftigten ist ein Tätigkeitsaufstieg in eine andere Entgeltgruppe nicht vorgesehen. Erfüllten sie bereits vor dem 1. Januar 2007 eines der in § 12 TV-Ärzte/KAH genannten Tätigkeitsmerkmale, konnte dies nur für die Einstufung in eine der Entgeltstufen des § 16 TV-Ärzte/KAH von Bedeutung sein, nicht aber zur Bestimmung der Entgeltgruppe.
- 31
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Weiterhin könnte für eine Tariflücke sprechen, wie sich die wörtlich verstandene Tarifregelung in einem Fall wie dem vorliegenden auswirkt. Sie führt dazu, dass der Kläger, obwohl bereits seit vielen Jahren als wissenschaftlicher oder akademischer Mitarbeiter tätig, zehn Jahre ab Inkrafttreten des Tarifvertrages in der Entgeltgruppe Ä 1 Stufe 5 TV-Ärzte/KAH verbleibt, bevor der Tätigkeitsaufstieg erfolgt. Dasselbe gilt auch für denjenigen wissenschaftlichen oder akademischen Mitarbeiter, der seine Tätigkeit mit dem Datum des Inkrafttretens des Tarifvertrages aufgenommen hat, wobei er allerdings den gesamten Stufenaufstieg der Entgeltgruppe Ä 1 TV-Ärzte/KAH zu durchlaufen hat.
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bb) Eine hiernach etwa feststellbare Tariflücke kann jedoch nur geschlossen werden, wenn es sich nicht um eine bewusste Auslassung der Tarifvertragsparteien handelt. Denn die Gerichte sind nicht befugt, gegen den Willen der Tarifvertragsparteien ergänzende tarifliche Regelungen zu „schaffen“ oder eine schlechte Verhandlungsführung einer Tarifvertragspartei dadurch zu prämieren, dass ihr Vertragshilfe geleistet wird. Dies wäre ein unzulässiger Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte Tarifautonomie (vgl. BAG 21. April 2010 - 4 AZR 750/08 - Rn. 34 mwN, ZTR 2010, 571; 25. Februar 2009 - 4 AZR 964/07 - Rn. 20 mwN, AP TVG § 1 Auslegung Nr. 215; 24. September 2008 - 4 AZR 642/07 - Rn. 23 f. mwN, AP TVG § 1 Nr. 57 = EzA TVG § 1 Auslegung Nr. 46). Zudem darf nicht jede unbewusste Tariflücke durch die Gerichte geschlossen werden. Dafür müssen sich aus dem Tarifvertrag selbst hinreichend deutliche Anhaltspunkte dafür ergeben, welche Regelung die Tarifvertragsparteien für die nachträglich festgestellte Regelungslücke getroffen hätten, wenn sie die Lücke bei Tarifabschluss bemerkt hätten (BAG 21. April 2010 - 4 AZR 750/08 - Rn. 34, aaO; 24. September 2008 - 4 AZR 642/07 - Rn. 25, aaO). Bestehen im Kontext des vorliegenden Tarifvertrages mehrere Möglichkeiten die Lücke zu schließen, muss die Auswahlentscheidung den Tarifvertragsparteien überlassen bleiben (s. nur BAG 25. August 2010 - 4 ABR 104/08 - Rn. 38 mwN; 24. September 2008 - 4 AZR 642/07 - Rn. 25 mwN, aaO; 5. Oktober 1999 - 3 AZR 230/98 - zu I 5 der Gründe mwN, BAGE 92, 310).
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cc) Auch in Anbetracht des neu geschaffenen Tarifwerks liegt es an sich nicht fern, zugunsten des Klägers davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien unbewusst die Frage, ob Tätigkeitszeiten vor Inkrafttreten des Tarifvertrages für den in § 12 TV-Ärzte/KAH geregelten Tätigkeitsaufstieg ungeregelt gelassen haben. Aber auch dann fehlt es an den erforderlichen eindeutigen Hinweisen darauf, dass die Tarifvertragsparteien, hätten sie den Regelungsbedarf erkannt, eine § 3 Abs. 2 TVÜ-Ärzte/KAH entsprechende Regelung auch für die Entgeltgruppenzuordnung getroffen hätten.
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Zwar lässt sich dem TV-Ärzte/KAH für die wissenschaftlichen und akademischen Mitarbeiter ein Entgeltsystem entnehmen, wonach diese Arbeitnehmer - aufgrund der nach Abs. 3 der Anlage A1 zum TV-Ärzte/KAH für diesen Beschäftigtenkreis gegenüber dem ärztlichen Personal veränderten Stufenlaufzeiten - alle zwei Jahre von der Entgeltstufe 1 bis zur Entgeltstufe 5 aufsteigen. Hieran schließt sich - bei zehnjähriger Tätigkeit in der Entgeltgruppe Ä 1 TV-Ärzte/KAH - der Tätigkeitsaufstieg in die Entgeltgruppe Ä 2 Stufe 1 TV-Ärzte/KAH an, dem nach jeweils zwei Jahren ein weiterer Stufenaufstieg, begrenzt auf die Entgeltstufe 3 der Entgeltgruppe Ä 2 TV-Ärzte/KAH, folgt.
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Allein diese tarifliche Systematik ergibt aber noch keinen sicheren Anhaltspunkt dafür, ob die Tarifvertragsparteien im Rahmen der grundlegend geänderten Entgeltstrukturen, die sich auch in der Besitzstandsregelung des § 4 TVÜ-Ärzte/KAH widerspiegeln, für die Entgeltgruppenzuordnung alle Tätigkeitszeiten vor Inkrafttreten des Tarifvertrages ohne weiteres anrechnen wollten. Bei den anderen Beschäftigtengruppen ermöglicht die Anrechnung der Tätigkeitszeiten vor dem 1. Januar 2007 in den Entgeltgruppen Ä 1 und Ä 2 TV-Ärzte/KAH bei zudem abweichenden Stufenlaufzeiten nur einen Aufstieg von der Stufe 1 in die Stufe 5 der jeweiligen Entgeltgruppe. Demgegenüber würde bei den wissenschaftlichen und akademischen Mitarbeitern die Berücksichtigung vorangegangener Tätigkeitszeiten sowohl einen Tätigkeitsaufstieg in die Entgeltgruppe Ä 2 als auch einen Stufenaufstieg in Stufe 3 TV-Ärzte/KAH bedeuten. Damit würde nicht nur wie bei den Ärzten in der Entgeltgruppe Ä 1 TV-Ärzte/KAH nach der Entgelttabelle 2010 ein um 935,00 Euro brutto höheres Entgelt ermöglicht als bei der Nichtberücksichtigung von Vortätigkeitszeiten - bei den Beschäftigten der Entgeltgruppe Ä 2 TV-Ärzte/KAH beläuft sich der entsprechend ermittelte Unterschiedsbetrag auf 1.180,00 Euro brutto -, sondern eine Entgeltsteigerung um 1.970,00 Euro brutto festgelegt. Dies weicht erheblich von den Steigerungsmöglichkeiten ab, welche die Tarifvertragsparteien durch die Regelung in § 3 Abs. 2 TVÜ-Ärzte/KAH für die Stufensteigerungen bereits länger Beschäftigter eröffnet haben. Dass sie für die wissenschaftlichen und akademischen Mitarbeiter diese Regelung auch für den Tätigkeitsaufstieg hinsichtlich der Entgeltgruppe einschließlich der sich gegenüber den anderen Mitarbeitern abweichenden Entgeltsteigerungen eröffnen wollten, liegt zwar nicht völlig außerhalb des Bereichs des Möglichen, weil bei ihnen eine Weiterqualifikation zum Facharzt grundsätzlich nicht vorgesehen ist. Aus dem Tarifvertrag selbst lassen sich indes keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass die Tarifvertragsparteien in jedem Falle eine § 3 Abs. 2 TVÜ-Ärzte/KAH genau entsprechende Regelung getroffen hätten. Nur dann wäre dem Senat aber eine entsprechende Lückenfüllung möglich gewesen.
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Gegen einen in die genannte Richtung gehenden hypothetischen Gleichstellungswillen der Tarifvertragsparteien, was die wissenschaftlichen und akademischen Mitarbeiter angeht, spricht im Übrigen auch, dass die Tarifvertragsparteien in der Anlage A1 zum TV-Ärzte/KAH bereits hinsichtlich des Stufenaufstiegs für diesen Personenkreis eine gegenüber den anderen Beschäftigtengruppen abweichende Regelung, was die Stufenlaufzeiten angeht, getroffen haben. Ein derartiger besonderer Regelungswille kann auch für die vorliegende tarifliche Regelungsfrage der Anrechnung von Vorbeschäftigungszeiten für die Eingruppierung nicht ausgeschlossen werden.
-
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
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Bepler
Winter
Treber
Drechsler
Redeker
Tenor
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Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 17. September 2009 - 11 Sa 20/09 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
- 1
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Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer auf betriebliche Gründe gestützten ordentlichen Kündigung.
- 2
-
Die Klägerin trat im Jahre 1996 in die Dienste der Beklagten, die ein Unternehmen der Druckindustrie betreibt.
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Am 30. Mai 2007 schloss die Beklagte mit der Gewerkschaft ver.di, deren Mitglied die Klägerin ist, eine erstmals zum 31. Dezember 2008 kündbare Sanierungsvereinbarung (fortan: Tarifvereinbarung 2007). Diese sieht einerseits Vergütungskürzungen, andererseits für einen Personenkreis, zu dem auch die Klägerin zählt, Beschäftigungssicherung vor. Weiter heißt es in § 4:
-
„Kann diese Vereinbarung in Einzelfällen nicht eingehalten werden, kann ... nur mit Zustimmung des Betriebsrates und der ver.di Landesbezirk NRW (Fachbereich Medien, Kunst und Industrie) gekündigt werden.“
- 4
-
Mit Schreiben vom 4. Juli 2008 hörte die Beklagte den Betriebsrat zur beabsichtigten ordentlichen Kündigung der Klägerin zum 31. Dezember 2008 an. Die Abteilung Druckvorstufe, in der die Klägerin tätig war, werde geschlossen. Der Betriebsrat stimmte der Kündigung zu. Mit Schreiben vom 11. Juli 2008 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31. Dezember 2008.
- 5
-
Die Klägerin hat mit der Klage ua. geltend gemacht, die Kündigung sei mangels vorheriger Zustimmung der Gewerkschaft ver.di unwirksam. Im Fall der Wirksamkeit der Kündigung stehe ihr jedenfalls ein Nachteilsausgleich nach § 113 BetrVG zu.
-
Die Klägerin hat beantragt,
-
1.
festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigungserklärung der Beklagten vom 11. Juli 2008 nicht zum 31. Dezember 2008 aufgelöst wird,
2.
hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, an sie einen der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestellten Nachteilsausgleich gemäß § 113 BetrVG zu zahlen, nicht jedoch unter 16.000,00 Euro.
- 7
-
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Kündigung für wirksam erachtet. Die Gewerkschaft sei schon im Vorfeld in die zahlreichen Verhandlungen über die Schließung der Abteilung der Klägerin eingebunden und einverstanden gewesen. Sie habe die Kündigung spätestens am 24. September 2008 genehmigt. Einer vorherigen Zustimmung zur Kündigung habe es nicht bedurft.
-
Das Arbeitsgericht hat nach dem Hauptantrag erkannt. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe
- 9
-
Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben dem Hauptantrag der Klägerin zu Recht entsprochen. Die Kündigung hat das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst (I.). Sie hätte nach der Tarifvereinbarung der vorherigen Zustimmung bedurft (I.1). Eine solche ist nach den nicht mit einer Verfahrensrüge angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht erteilt worden (I.2). Ob eine nachträgliche Zustimmung erteilt wurde, kann dahinstehen (I.3). Über den Hilfsantrag war nicht zu entscheiden (II.).
- 10
-
I. Die Kündigung der Beklagten hat das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst, weil sie nicht mit Zustimmung der Gewerkschaft ver.di ausgesprochen wurde.
- 11
-
1. Die Kündigung hätte der vorherigen Zustimmung der Gewerkschaft bedurft. Dieses Erfordernis ist in § 4 der Tarifvereinbarung 2007 aufgestellt. Das ergibt die Auslegung der tariflichen Vorschrift.
- 12
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a) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben der Tarifnorm zu haften. Bei nicht eindeutigem Wortsinn ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist dabei stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, so können die Gerichte für Arbeitssachen - ohne Bindung an eine Reihenfolge - weitere Kriterien, wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages oder auch die praktische Tarifübung, ergänzend heranziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, gesetzeskonformen und praktisch brauchbaren Regelung führt (Senat 24. Juni 2004 - 2 AZR 656/02 - AP BGB § 626 Nr. 180 = EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 7; BAG 15. Oktober 2003 - 4 AZR 594/02 - EzA TVG § 4 Stahlindustrie Nr. 2; 30. Mai 2001 - 4 AZR 269/00 - BAGE 98, 35).
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b) Bereits der Wortlaut der Tarifvereinbarung legt das hier zugrunde gelegte Verständnis der Tarifnorm nahe, auch wenn der Wortsinn nicht eindeutig ist.
- 14
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aa) Der entsprechende Passus verlangt, dass nur „mit“ Zustimmung des Betriebsrats und der Gewerkschaft gekündigt werden kann. Die Präposition „mit“ bezeichnet hier ein Verhältnis der Gleichzeitigkeit zwischen den Vorgängen, die als „Kündigung“ und „Zustimmung“ benannt sind. Bereits der Ausspruch der Kündigung soll vom Vorhandensein der Zustimmung begleitet sein. Die Zustimmung muss dem Ausspruch der Kündigung gleichsam schon anhaften. In diesem Sinne haben auch die Beklagte selbst und der Betriebsrat den Tarifvertrag verstanden. So hat die Beklagte in der Klageerwiderung vorgetragen, sie habe „natürlich die erforderliche Zustimmung …“ „vor Ausspruch der Kündigung“ eingeholt. Der Betriebsrat wiederum hätte bei anderem Verständnis der Tarifvereinbarung schwerlich Anlass gehabt, ausdrücklich seine Zustimmung zu erteilen, deren es nach § 102 BetrVG nicht bedurft hätte.
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bb) Richtig ist allerdings, dass nach den §§ 183, 184 BGB die vorherige Zustimmung Einwilligung, die nachträglich erteilte Zustimmung Genehmigung genannt wird und bei solchem Sprachgebrauch auch eine Genehmigung - also das nachträglich erklärte Einverständnis - als Zustimmung iSd. §§ 182 ff. BGB bezeichnet werden kann. Indes ist bereits die Ausdrucksweise des Bürgerlichen Gesetzbuches nicht einheitlich. Gerade im Kündigungsrecht und im Betriebsverfassungsrecht kann außerdem ein von den Definitionen in den §§ 183, 184 BGB abweichendes Verständnis geboten sein. So hat der Senat zB erkannt, dass die nach § 103 BetrVG notwendige Zustimmung des Betriebsrats zur Kündigung eines Betriebsratsmitglieds keine Zustimmung iSd. § 183 BGB ist(4. März 2004 - 2 AZR 147/03 - BAGE 110, 1). Das Betriebsratsmitglied kann daher die Kündigung nicht nach § 182 Abs. 3 BGB iVm. § 111 Satz 2 und Satz 3 BGB zurückweisen, weil ihm der Arbeitgeber die vom Betriebsrat erteilte Zustimmung nicht in schriftlicher Form vorlegt.
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c) Entscheidend für die Auslegung sind systematische Gründe sowie der Sinn und Zweck der Tarifvorschrift.
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aa) Schon der in der Tarifvereinbarung vorgesehene Gleichlauf zwischen der Mitwirkung des Betriebsrats und der Gewerkschaft spricht dafür, dass unter „Zustimmung“ die vorherige Zustimmung zu verstehen ist. Dass die Beteiligungsrechte des Betriebsrats stets vor Ausspruch der Kündigung auszuüben sind, ist im Gesetz (§§ 102, 103 BetrVG, § 15 Abs. 1 Satz 1 KSchG) ausdrücklich angeordnet. Wenn die Tarifvertragsparteien also, wie geschehen, diese Beteiligungsrechte gegenüber dem Gesetz um ein weiteres Recht ergänzen, liegt es nahe, dass sie eine Zustimmung des Betriebsrats vor der Kündigung zur Wirksamkeitsvoraussetzung erheben wollten, ähnlich wie es in § 102 Abs. 6 BetrVG vorgesehen ist. Erfordert aber „Zustimmung“ für die Beteiligung des Betriebsrats „vorherige Zustimmung“, dann wäre es mehr als überraschend, wenn dasselbe Wort im selben Zusammenhang für die Beteiligung der Gewerkschaft die „nachträgliche Zustimmung“ iSd. § 184 BGB einschlösse.
- 18
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bb) Auch die vom Landesarbeitsgericht in den Vordergrund gerückte Überlegung, dass einseitige empfangsbedürftige Gestaltungserklärungen grundsätzlich keinen Schwebezustand vertragen, weist in diese Richtung. Die Notwendigkeit der Vermeidung von rechtlichen Schwebezuständen ist gerade bei der Kündigung von Arbeitsverhältnissen von besonderem Belang. Der Arbeitnehmer muss eine Kündigung unter Angabe der von ihm als tragend angesehenen Unwirksamkeitsgründe innerhalb der gesetzlichen Frist des § 4 KSchG angreifen, wenn er ihr Wirksamwerden nach § 7 KSchG verhindern will. Das kann er nur dann, wenn die Unwirksamkeitsgründe bei Zugang der Kündigung feststehen. Der Arbeitnehmer muss also bei Zugang der Kündigung zumindest wissen können, ob alle Wirksamkeitsvoraussetzungen gegeben sind. Andernfalls kann er sein Klagerisiko nicht einschätzen (Senat 10. November 1994 - 2 AZR 207/94 - AP KSchG 1969 § 9 Nr. 24 = EzA KSchG § 9 nF Nr. 43). Dem entspricht es, dass für die Wirksamkeit von Kündigungen der Zeitpunkt des Kündigungszugangs maßgeblich ist.
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cc) Die Tarifvereinbarung 2007 ist eine Sanierungsvereinbarung. Die Zustimmungsbedürftigkeit von Kündigungen, die eine Veränderung des von den Tarifvertragsparteien als vertretbar angesehenen Verhältnisses von Lohnverzicht und Entlassungen einerseits und Beschäftigungssicherung andererseits mit sich bringen, diente ersichtlich auch dem Zweck, der Gewerkschaft einen ernstzunehmenden Einfluss auf die Kündigungsentscheidung einzuräumen und gegebenenfalls auf ihre Vermeidung hinzuwirken. Dem trägt das hier gefundene Auslegungsergebnis Rechnung.
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dd) Den vorstehenden Überlegungen steht die Entscheidung des Senats vom 26. März 2009 (- 2 AZR 403/07 - AP KSchG 1969 § 4 Nr. 70) nicht entgegen. Danach muss die Kündigung eines Nichtberechtigten nicht innerhalb der Frist des § 4 KSchG angegriffen werden, solange dem Gekündigten die Genehmigung nicht zugegangen ist. Eine Kündigung durch einen Nichtberechtigten liegt hier jedoch ebenso wenig vor wie im Fall einer Kündigung ohne die nach den §§ 15 KSchG, 103 BetrVG erforderliche Zustimmung des Betriebsrats(Senat 4. März 2004 - 2 AZR 147/03 - BAGE 110, 1).
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d) Die Tarifvertragsparteien waren nicht gehindert, die Kündigung von der vorherigen Zustimmung der Gewerkschaft abhängig zu machen. Dagegen kann nicht geltend gemacht werden, dass die Vertragsparteien ihre Dispositionen nicht von der Zustimmung Dritter abhängig machen können (vgl. dazu Senat 10. November 1994 - 2 AZR 207/94 - AP KSchG 1969 § 9 Nr. 24 = EzA KSchG § 9 nF Nr. 43). Dass das Recht des Arbeitgebers, aus betrieblichen Gründen ordentlich zu kündigen, durch normative Regelungen eines Tarifvertrages von der Zustimmung des Betriebsrats abhängig gemacht (BAG 14. März 2001 - 4 AZR 161/00 - AP BGB § 620 Schuldrechtliche Kündigungsbeschränkung Nr. 4 = EzA TVG § 4 Einzelhandel Nr. 47) und sogar ganz ausgeschlossen werden kann, steht außer Zweifel (vgl. Senat 18. März 2010 - 2 AZR 337/08 - EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 17; 8. November 2007 - 2 AZR 314/06 - BAGE 124, 367; 13. Juni 1996 - 2 AZR 547/95 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Lufthansa Nr. 21 = EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 2; vgl. auch MüArbR/Wank 3. Aufl. Bd. 1 § 100 Rn. 63 ff.; APS/Preis 3. Aufl. Grundlagen J. Rn. 10 - 15; trotz Bedenken letztlich ebenso: Löwisch/Rieble TVG 2. Aufl. § 1 Rn. 865 - 887). Dann aber muss es auch durch ein Zustimmungserfordernis eingeschränkt werden können. Ob diese Erwägungen auch für das Recht des Arbeitgebers, eine außerordentliche Kündigung auszusprechen, gelten, bedarf keiner Entscheidung, da eine solche hier nicht im Streit steht.
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e) Ihre ursprünglich geäußerte Auffassung, die Tarifvereinbarung 2007 erfasse nur Kündigungen, die zu Terminen bis zum 31. Dezember 2008 24.00 Uhr ausgesprochen würden, hat die Beklagte nicht wieder aufgegriffen. Sie trifft auch ersichtlich nicht zu.
- 23
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2. Das Landesarbeitsgericht hat, ohne dass die Beklagte Verfahrensrügen erhoben hätte, festgestellt, dass eine Zustimmung der Gewerkschaft vor Ausspruch der Kündigung nicht vorlag. Das Landesarbeitsgericht hat diese Feststellung darauf gestützt, die darlegungs- und beweisbelastete Beklagte habe insoweit ausreichenden Tatsachenvortrag nicht gehalten. Diese Würdigung ist gut nachvollziehbar und auch abgesehen davon, dass sie von der Beklagten mit der Revision nicht angegriffen wird, nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat an keiner Stelle konkret vorgetragen, dass und wann welche für die Gewerkschaft handelnde Person der hier streitigen Kündigung zugestimmt hätte. Die Beklagte hat lediglich allgemein ausgeführt, die Gewerkschaft sei in Gestalt des Herrn T. ständig über alle Umstände im Bilde gewesen und habe sie mitgetragen. Darin liegt keine Zustimmung.
- 24
-
3. Das nachträglich von der Beklagten eingeholte und in einer Protokollerklärung niedergelegte Einverständnis genügte schon deshalb nicht den tarifvertraglichen Anforderungen, weil es erst nach Ausspruch der Kündigung erfolgte.
- 25
-
II. Der Hilfsantrag ist dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen, da die Klägerin bereits mit dem Hauptantrag Erfolg hat.
-
III. Die Kosten der Revision fallen der Beklagten nach § 97 Abs. 1 ZPO zur Last.
-
Kreft
Berger
Schmitz-Scholemann
Nielebock
Hans-Paul Frey
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.
(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.
(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.
Tenor
-
Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 4. Februar 2010 - 1 Sa 12/09 - wird zurückgewiesen.
-
Die Kläger haben die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
- 1
-
Die Parteien streiten über die Höhe der Betriebsrente des vormaligen Klägers.
-
Der 1947 geborene und am 19. April 2009 verstorbene vormalige Kläger war vom 1. April 1970 bis zum 31. August 1997 beim Beklagten, einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt, beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis bestimmte sich nach dem Arbeitsvertrag vom 10./12. Dezember 1973, dessen § 7 lautet:
-
„Der NDR gewährt Versorgungsleistungen nach Maßgabe der jeweils gültigen tarifvertraglichen Versorgungsvereinbarung. Die Versorgungsvereinbarung gilt für alle Arbeitnehmer des NDR, die in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis stehen und bei ihrem letzten Eintreten in die Dienste des NDR das 55. Lebensjahr - bei weiblichen Arbeitnehmern das 50. Lebensjahr - noch nicht vollendet haben.“
-
Beim Beklagten gilt die tarifvertragliche Versorgungsvereinbarung des Norddeutschen Rundfunks vom 13. März 1997 (im Folgenden: VV 1997), die in ihrer damaligen Fassung ua. bestimmte:
-
„§ 5
Höhe der Rente
(1)
Die Alters- oder Berufsunfähigkeitsrente beträgt nach Ablauf der Wartezeit 35/100 des ruhegeldfähigen Einkommens. Sie erhöht sich nach dem vollendeten 10. Beschäftigungsjahr pro Jahr um 1/100, nach dem vollendeten 15. Beschäftigungsjahr pro Jahr um 1,5/100 und nach dem vollendeten 25. Beschäftigungsjahr pro Jahr um 1/100 bis zur Höchstgrenze von 60/100 des ruhegeldfähigen Einkommens.
…
§ 6
Altersrente
(1)
Die/der Berechtigte erhält Regelaltersrente nach Vollendung des 65. Lebensjahres. Die Altersrente wird erstmalig für den Monat gezahlt, der auf den Monat folgt, in dem die/der Berechtigte das 65. Lebensjahr vollendet und aus dem Dienst des NDR ausscheidet.
(2)
Die/der Berechtigte erhält auf Antrag vorgezogene Altersrente, wenn sie/er vor Erreichen der Regelaltersrente durch Vorlage eines Rentenbescheides eines Sozialversicherungsträgers nachweist, daß sie/er Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung als Vollrente bezieht und sie/er aus dem Dienst des NDR ausscheidet.
…
§ 7
Rente wegen Berufsunfähigkeit
(1)
Berufsunfähigkeitsrente erhält die/der Berechtigte, die/der berufsunfähig ist. Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die Arbeitsfähigkeit der/des Berechtigten infolge Krankheit oder anderer Gebrechen oder Schwächen der körperlichen und geistigen Kräfte auf weniger als die Hälfte der Arbeitsfähigkeit einer körperlich und geistig gesunden Arbeitnehmerin/eines körperlich und geistig gesunden Arbeitnehmers von ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist. Eine durch Krankheit oder Unfall bedingte Arbeitsunfähigkeit gilt ab Beginn des 7. Monats als Berufsunfähigkeit.
…
(5)
Der Anspruch auf Berufsunfähigkeitsrente erlischt
a)
sobald die Berufsunfähigkeit endet,
…
c)
sobald die/der Berechtigte Altersrente nach § 6 erhält,
d)
mit Ablauf des Monats, in dem die/der Berechtigte stirbt. …
§ 14
Anrechnung
(1)
Bei Eintritt des Rentenfalls werden auf die Renten angerechnet:
a)
Renten aus der Sozialversicherung …
§ 15
Obergrenze der Nettogesamtversorgung
(1)
Die Versorgungsleistungen nach dieser Versorgungsvereinbarung dürfen unter Berücksichtigung der Beschäftigungsjahre folgende Gesamtversorgungsobergrenze nicht überschreiten:
Die Obergrenze der Nettogesamtversorgung beträgt bis einschließlich 20 Beschäftigungsjahre 80/100, bei mehr als 20 bis einschließlich 25 Beschäftigungsjahren 85/100 und bei mehr als 25 Beschäftigungsjahren 90/100 des jeweiligen Nettovergleichseinkommens. Bei der Berechnung dieser Beschäftigungsjahre bleiben Zeiten, die nach § 4 Absatz 4 Buchstabe f) angerechnet wurden, unberücksichtigt.
…
(4)
Gesamtversorgungsbezüge sind folgende monatliche Versicherungs- bzw. Versorgungsleistungen:
-
Leistungen, die der NDR aufgrund seiner Versorgungsvereinbarung erbringt.
-
Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung (einschließlich der Berücksichtigung von Ausfall-, Ersatz, Zurechnungs- und Nachversicherungszeiten) unter Einschluß des Zuschusses zur Krankenversicherung der Rentnerinnen und Rentner.
…
§ 16
Besitzstandsregelung
Für Berechtigte, die bei Inkrafttreten dieses Tarifvertrages Versorgungsbezüge erhalten und für Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer, deren ruhegeldfähige Dienstzeit gemäß § 4 vor dem 1. Januar 1984 begonnen hat, gilt § 15 nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen. Zeiten, die nach § 4 Absatz 4 Buchstabe f) angerechnet wurden, bleiben bei der Anwendung dieser Vorschrift unberücksichtigt.
…
(2)
Für Berechtigte, die bei Inkrafttreten dieses Tarifvertrages Versorgungsbezüge erhalten und bei denen die Obergrenze von 100/100 des Nettovergleichseinkommens überschritten ist, wird die Steigerung der NDR-Altersrente so lange ausgesetzt, bis die Nettogesamtversorgung die Obergrenze von 100/100 des jeweiligen Nettovergleichseinkommens nicht mehr überschreitet.
…“
-
Durch den „Tarifvertrag zur Änderung der Versorgungsvereinbarung vom 13. März 1997 in der Fassung vom 12. September 2005“ wurde § 7 VV 1997(im Folgenden: § 7 VV 1997 nF) mit Wirkung zum 1. Dezember 2006 neu gefasst und lautet nunmehr auszugsweise:
-
„§ 7
Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung sowie Übergangshilfe
(1)
Teilweise Erwerbsminderungsrente bei Berufsunfähigkeit erhält, wer gemäß § 240 SGB VI eine teilweise Erwerbsminderungsrente bei Berufsunfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung erhält. Volle oder teilweise Erwerbsminderungsrente erhält, wer voll bzw. teilweise erwerbsgemindert ist, ehe sie/er Anspruch auf Altersrente hat.
Die/der Berechtigte hat den Nachweis durch Vorlage des Rentenbescheides des Rentenversicherungsträgers zu führen.
…
(4)
Der Anspruch auf teilweise Erwerbsminderungsrente bei Berufsunfähigkeit, teilweise und volle Erwerbsminderungsrente erlischt
a)
sobald die Berufsunfähigkeit bzw. die teilweise oder volle Erwerbsminderung endet oder eine befristet gewährte Rente der gesetzlichen Rentenversicherung endet,
b)
sobald die/der Berechtigte Altersrente nach § 6 erhält,
c)
mit Ablauf des Monats, in dem die/der Berechtigte stirbt. …
Die sich einer Rente nach § 7 anschließende Altersrente nach § 6 entspricht der zuvor gezahlten Rente nach § 7, wenn der Berechnung der NDR-Rente nach § 7 eine volle Erwerbsminderungsrente bzw. eine Erwerbsunfähigkeitsrente der gesetzlichen Rentenversicherung zugrunde lag.
Lag der Berechnung der NDR-Rente nach § 7 als anzurechnende Rente der gesetzlichen Rentenversicherung eine Berufsunfähigkeitsrente, eine teilweise Erwerbsminderungsrente bei Berufsunfähigkeit oder eine teilweise Erwerbsminderungsrente zugrunde, dann erfolgt eine Neuberechnung der Altersrente nach § 6 entsprechend den Regelungen der Versorgungsvereinbarung zum Stichtag des Beginns der Altersrente. …
(5)
Für die Berechnung der teilweisen Erwerbsminderungsrente bei Berufsunfähigkeit und der teilweisen oder vollen Erwerbsminderungsrente gelten die Vorschriften dieser Versorgungsvereinbarung zum Zeitpunkt der Berechnung bzw. einer Neuberechnung nach Absatz 4.
…“
- 5
-
Der vormalige Kläger bezog vom 1. September 1997 bis zum 30. Juni 2007 von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte eine Rente wegen Berufsunfähigkeit iHv. zuletzt 1.006,31 Euro brutto monatlich. Von dem Beklagten erhielt er in dieser Zeit monatliche Versorgungsleistungen iHv. zuletzt 1.944,57 Euro brutto.
- 6
-
Im März 2007 beantragte der vormalige Kläger bei der Deutschen Rentenversicherung die Gewährung einer vorgezogenen Altersrente für schwerbehinderte Menschen, die ihm durch Bescheid vom 14. Juni 2007 ab dem 1. Juli 2007 iHv. monatlich 1.531,49 Euro brutto gewährt wurde. Daraufhin berechnete der Beklagte die Versorgungsleistung ab dem 1. Juli 2007 neu und zahlte dem vormaligen Kläger seitdem eine monatliche Altersrente iHv. 1.106,50 Euro brutto.
- 7
-
Gegen die Neuberechnung hat sich der vormalige Kläger mit seiner Klage gewandt. Er hat die Auffassung vertreten, der Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, die Versorgungsleistung bei Beginn der vorgezogenen Altersrente neu zu berechnen. Die Bestimmung in § 7 Abs. 4 VV 1997 nF, die eine Neuberechnung der Versorgung nur dann vorsehe, wenn zuvor eine Berufsunfähigkeitsrente, eine teilweise Erwerbsminderungsrente bei Berufsunfähigkeit oder eine teilweise Erwerbsminderungsrente gezahlt wurde, nicht hingegen, wenn zuvor eine Rente wegen voller Erwerbsminderung oder Erwerbsunfähigkeit gezahlt wurde, verletze den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Außerdem verstoße die Neuregelung gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit, da die Neuberechnung dazu führe, dass die Regelung zur Besitzstandswahrung in § 16 Abs. 2 VV 1997 im Gegensatz zu denjenigen Versorgungsempfängern, bei denen keine Neuberechnung der Rente erfolge, keine Anwendung mehr finde. Er habe daher Anspruch auf Zahlung der Altersrente in Höhe der zuvor gezahlten Berufsunfähigkeitsrente.
-
Der vormalige Kläger hat beantragt
-
1.
festzustellen, dass der Beklagte nicht berechtigt war, die Rente des Klägers auf der Grundlage des § 7 Abs. 4 Versorgungsvereinbarung vom 13. März 1997 in der ab dem 1. Dezember 2006 maßgeblichen Fassung zum 1. Juli 2007 neu zu berechnen;
2.
festzustellen, dass der Beklagte dem Kläger eine Rente auf der Grundlage der Versorgungsvereinbarung vom 13. März 1997 in der ab dem 1. Dezember 2006 maßgeblichen Fassung unter Berücksichtigung der Versorgungsvereinbarung vom 29. Juli 1985 sowie des Urteils des BAG vom 20. Februar 2001 (- 3 AZR 25/00 -) ohne Neuberechnung nach § 7 Versorgungsvereinbarung vom 13. März 1997 über den 1. Juli 2007 hinaus gewähren muss.
- 9
-
Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
-
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Nach Einlegung der Berufung im März 2009 ist der vormalige Kläger am 19. April 2009 verstorben. Der Rechtsstreit wurde nach Eintritt der Erben des vormaligen Klägers (Klägerinnen zu 1. und 3. und Kläger zu 2., im Folgenden: Kläger) von diesen fortgesetzt. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Kläger, mit der sie die mit dem Klageantrag zu 2 begehrte Feststellung der Zahlungspflicht des Beklagten auf die Zeit bis zum Tod des vormaligen Klägers am 19. April 2009 beschränkt hatten, zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgen die Kläger die zuletzt gestellten Anträge weiter. Der Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
- 11
-
Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Kläger gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Die zulässige Klage ist unbegründet.
- 12
-
I. Die Klage ist zulässig.
- 13
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1. Die Kläger wollen festgestellt wissen, dass der Beklagte nicht berechtigt war, die Versorgungsbezüge des vormaligen Klägers zum 1. Juli 2007, dem Beginn des Bezugs einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen, neu zu berechnen, sondern dass die Versorgungsleistungen in der zuletzt für Juni 2007 gezahlten Höhe bis zum Tod des vormaligen Klägers am 19. April 2009 weiterzugewähren waren. Die weiteren im Klageantrag zu 2 genannten Angaben (Versorgungsvereinbarung vom 29. Juli 1985 und Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 20. Februar 2001 - 3 AZR 25/00 -) haben insoweit keine eigenständige Bedeutung. Das Ziel des Antrags zu 2 ist erkennbar, die Verpflichtung des Beklagten festzustellen, dass dieser die vor dem 1. Juli 2007 gewährten Versorgungsleistungen trotz des Eintritts des neuen Versorgungsfalles des Bezugs einer vorgezogenen Altersrente nach § 6 Abs. 2 VV 1997, in gleicher Höhe weitergewähren muss.
- 14
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2. Die so verstandenen Klageanträge betreffen ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis und sind von dem erforderlichen Feststellungsinteresse getragen.
- 15
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Zwar können nach § 256 Abs. 1 ZPO bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses nicht Gegenstand einer Feststellungsklage sein. Eine Feststellungsklage muss sich allerdings nicht notwendig auf ein Rechtsverhältnis insgesamt erstrecken. Sie kann sich vielmehr auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auch auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (vgl. etwa BAG 15. Februar 2011 - 3 AZR 35/09 - Rn. 29, AP BetrAVG § 1 Auslegung Nr. 13 = EzA BetrAVG § 1 Betriebsvereinbarung Nr. 9). So verhält es sich hier. Die Feststellungsanträge betreffen die Berechtigung zur Neuberechnung der Versorgungsleistung nach Eintritt des neuen Versorgungsfalles und damit den Umfang der Zahlungspflicht des Beklagten. Da hierüber zwischen den Parteien Streit besteht, haben die Kläger auch ein Interesse an alsbaldiger gerichtlicher Feststellung. Der Vorrang der Leistungsklage steht der Zulässigkeit der Feststellungsanträge nicht entgegen. Ein Feststellungsinteresse ist gegeben, wenn auf diesem Weg eine sachgemäße, einfache Erledigung der auftretenden Streitpunkte - hier die Frage der Berechtigung des Beklagten, die Versorgungsleistung des vormaligen Klägers zum 1. Juli 2007 neu zu berechnen - zu erreichen ist und prozesswirtschaftliche Erwägungen gegen einen Zwang zur Leistungsklage sprechen (BAG 28. Juni 2011 - 3 AZR 286/09 - Rn. 17; 23. August 2011 - 3 AZR 650/09 - Rn. 31, AP BetrAVG § 1 Betriebliche Übung Nr. 10 = EzA BetrAVG § 1 Betriebliche Übung Nr. 11).
- 16
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II. Die Klage ist unbegründet. Der Beklagte war nach § 7 Abs. 4 Unterabs. 3 VV 1997 nF berechtigt, die Rente des vormaligen Klägers zum 1. Juli 2007 neu zu berechnen. Er war nicht verpflichtet, über den 1. Juli 2007 hinaus bis zum Tod des vormaligen Klägers am 19. April 2009 die Versorgungsleistung in der bis zum 30. Juni 2007 geleisteten Höhe weiter zu gewähren. § 7 Abs. 4 Unterabs. 3 VV 1997 nF ist rechtswirksam, insbesondere verstößt die Regelung weder gegen den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG noch haben die Tarifvertragsparteien die Grundsätze des Vertrauensschutzes bei der Schaffung der Neuregelung des § 7 VV 1997 nF mit Wirkung ab 1. Dezember 2006 missachtet.
- 17
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1. Der Beklagte war berechtigt, die Versorgungsleistungen des vormaligen Klägers zum 1. Juli 2007 auf der Grundlage des auf das Versorgungsverhältnis aufgrund der Bezugnahme in § 7 des Arbeitsvertrags vom 10./12. Dezember 1973 anwendbaren § 7 Abs. 4 Unterabs. 3 Satz 1 VV 1997 nF iVm. § 6 VV 1997 neu zu berechnen.
- 18
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a) Nach § 7 Abs. 4 Unterabs. 1 Buchst. b VV 1997 nF erlischt der Anspruch auf teilweise Erwerbsminderungsrente wegen Berufsunfähigkeit, sobald der Berechtigte Altersrente nach § 6 VV 1997 erhält. Lag der Berechnung der NDR-Rente als anzurechnende Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung eine Berufsunfähigkeitsrente zugrunde, erfolgt nach § 7 Abs. 4 Unterabs. 3 VV 1997 nF eine Neuberechnung der Altersrente nach § 6 VV 1997 entsprechend den Regelungen der Versorgungsvereinbarung zum Stichtag des Beginns der Altersrente.
- 19
-
b) Danach hatte zum 1. Juli 2007 eine Neuberechnung der Versorgungsleistungen des vormaligen Klägers zu erfolgen. Er bezog bis zum 30. Juni 2007 vom Beklagten Versorgungsleistungen wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Der Anspruch hierauf ist zum 1. Juli 2007 nach § 7 Abs. 4 Unterabs. 1 Buchst. b VV 1997 nF erloschen. Ab diesem Tag hatte der vormalige Kläger Anspruch auf vorgezogene Altersrente nach § 6 Abs. 2 VV 1997, da er seitdem eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen und damit ein Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung als Vollrente iSv. § 6 Abs. 2 VV 1997 bezog. Da der Berechnung der bis zum 30. Juni 2007 gewährten NDR-Rente eine Berufsunfähigkeitsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zugrunde lag, hatte eine Neuberechnung der Altersrente zu erfolgen.
- 20
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2. Die Regelung in § 7 Abs. 4 Unterabs. 3 VV 1997 nF zur Neuberechnung der Altersrente beim vorherigen Bezug einer gesetzlichen Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit verstößt nicht gegen den Allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Die Ungleichbehandlung der von dieser Regelung betroffenen Versorgungsempfänger gegenüber Versorgungsempfängern, die vor der Altersrente eine gesetzliche Rente wegen voller Erwerbsminderung oder Erwerbsunfähigkeit bezogen haben und bei denen nach § 7 Abs. 4 Unterabs. 2 VV 1997 nF keine Neuberechnung der Versorgungsleistung erfolgt, ist sachlich gerechtfertigt.
- 21
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a) Die Tarifvertragsparteien sind - jedenfalls mittelbar - an den Allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebunden(dazu ausführlich BAG 27. Mai 2004 - 6 AZR 129/03 - zu B II der Gründe, BAGE 111, 8; vgl. auch 16. Dezember 2003 - 3 AZR 668/02 - zu B III 1 der Gründe, BAGE 109, 129). Eine Tarifnorm verletzt den Allgemeinen Gleichheitssatz, wenn die Tarifvertragsparteien es versäumt haben, tatsächliche Gleichheiten oder Ungleichheiten der zu ordnenden Lebensverhältnisse zu berücksichtigen, die so bedeutsam sind, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise beachtet werden müssen. Bei der richterlichen Kontrolle von Tarifverträgen sind die aus der verfassungsrechtlichen Gewährleistung der Tarifautonomie nach Art. 9 Abs. 3 GG sich ergebenden Einschränkungen zu beachten. Die Tarifvertragsparteien haben danach eine Einschätzungsprärogative, soweit es um die Beurteilung der tatsächlichen Gegebenheiten oder Rechtsfolgen geht, sowie einen Beurteilungs- und Ermessensspielraum hinsichtlich der inhaltlichen Gestaltung der Regelung. Es ist nicht Aufgabe der Gerichte zu klären, ob die Tarifvertragsparteien die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Lösung für den zu regelnden Sachverhalt gefunden haben. Sie dürfen im Interesse der Praktikabilität, der Verständlichkeit und der Übersichtlichkeit auch typisierende Regelungen treffen. Bei der Überprüfung von Tarifverträgen anhand des Allgemeinen Gleichheitssatzes ist deshalb nicht auf die Einzelfallgerechtigkeit abzustellen, sondern auf die generellen Auswirkungen der Regelungen (BAG 22. Dezember 2009 - 3 AZR 895/07 - Rn. 25, BAGE 133, 33). Die aus dem Gleichheitssatz folgenden Grenzen sind dann überschritten, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine Ungleichbehandlung rechtfertigen können (vgl. BAG 22. Dezember 2009 - 3 AZR 895/07 - Rn. 25 mwN, aaO; 19. Juli 2011 - 3 AZR 398/09 - Rn. 25, AP BetrAVG § 1 Hinterbliebenenversorgung Nr. 27 = EzA BetrAVG § 1 Hinterbliebenenversorgung Nr. 15).
- 22
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b) § 7 Abs. 4 Unterabs. 3 VV 1997 nF hält danach einer Prüfung am Maßstab des Allgemeinen Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG stand. Da die betriebliche Altersversorgung nach der VV 1997 als Gesamtversorgungssystem ausgestaltet ist, bei dem die Höhe der betrieblichen Versorgungsleistung ua. von der Höhe der gesetzlichen Rente abhängt, durften die Tarifvertragsparteien bestimmen, dass beim Übergang von einer gesetzlichen Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit zu einer Altersrente eine Neuberechnung der Versorgungsleistungen zu erfolgen hat, obwohl sie eine Neuberechnung der Versorgungsleistungen bei einer vorangegangenen gesetzlichen Rente wegen voller Erwerbsminderung oder Erwerbsunfähigkeit ausgeschlossen haben. Der sachliche Grund für die Differenzierung besteht darin, der unterschiedlichen Höhe der anzurechnenden gesetzlichen Rente wegen Berufsunfähigkeit, teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit und teilweiser Erwerbsminderung einerseits und der Rente wegen voller Erwerbsminderung und Erwerbsunfähigkeit andererseits Rechnung zu tragen.
- 23
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aa) Nach § 5 Abs. 1 VV 1997 hängt die Höhe der Betriebsrente von der Dauer der Beschäftigung beim Beklagten und dem ruhegeldfähigen Einkommen ab. Auf die Rente werden nach § 14 Abs. 1 Buchst. a VV 1997 Renten aus der gesetzlichen Sozialversicherung angerechnet. Die Höhe der gesetzlichen Rente beeinflusst daher die Höhe der vom Beklagten zu zahlenden Betriebsrente. Die Höhe der gesetzlichen Rente hängt ua. vom Rentenartfaktor gemäß § 67 SGB VI ab. Dieser bestimmt nach § 63 Abs. 4 SGB VI das Sicherungsziel der jeweiligen Rentenart im Verhältnis zu einer Altersrente. Das Sicherungsziel der Altersrente ist ein voller Einkommensersatz. Zugleich ist das volle Sicherungsziel der Altersrente der Maßstab, an dem die Sicherungsziele der anderen Rentenarten gemessen werden (vgl. etwa Ruland in GK-SGB VI Stand August 2012 § 67 Rn. 8). Mit dem Rentenartfaktor 1,0 wird das vollständige Sicherungsziel ausgedrückt, während darunter liegende Rentenartfaktoren keinen vollständigen Ausgleich des Erwerbseinkommens beabsichtigen.
- 24
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§ 67 SGB VI in der vom 1. Januar 1992 bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung sah ua. vor, dass der Rentenartfaktor für persönliche Entgeltpunkte bei Renten wegen Alters 1,0, bei Renten wegen Berufsunfähigkeit 0,6667 und bei Renten wegen Erwerbsunfähigkeit 1,0 beträgt. § 67 SGB VI in seiner ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung bestimmt, dass der Rentenartfaktor für persönliche Entgeltpunkte bei Renten wegen Alters 1,0, bei Renten wegen teilweiser Erwerbsminderung 0,5 und bei Renten wegen voller Erwerbsminderung 1,0 beträgt.
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Die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und die Rente wegen voller Erwerbsminderung haben, da sie jeweils mit dem Rentenartfaktor 1,0 versehen sind, das Ziel, den durch die Erwerbsunfähigkeit bzw. Erwerbsminderung eingetretenen Einkommensverlust vollständig auszugleichen. Demgegenüber tragen der Rentenartfaktor von 0,6667 bei der Rente wegen Berufsunfähigkeit und der Rentenartfaktor von 0,5 bei der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung dem Umstand Rechnung, dass diese Rentenbezieher mit ihrem Restleistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch einsatzfähig und in der Lage sind, Einkommen zu erzielen (§ 43 Abs. 1 SGB VI), weshalb keine vollständige Absicherung des Einkommensverlustes vorgesehen ist.
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bb) An dieser Unterscheidung haben sich die Tarifvertragsparteien bei der Schaffung des § 7 VV 1997 nF ausgerichtet. Sie haben in § 7 Abs. 4 VV 1997 nF eine Neuberechnung der Versorgungsleistung bei Eintritt des Versorgungsfalles Altersrente nach § 6 VV 1997 nur in den Fallgestaltungen vorgesehen, in denen zuvor eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezogen wurde, deren Sicherungsziel hinter dem vollen Sicherungsziel der Altersrente zurückbleibt, weil absehbar ist, dass die Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung wegen des Rentenartfaktors 1,0 höher ausfallen wird als die zuvor von der gesetzlichen Rentenversicherung bezogene Rente wegen Berufsunfähigkeit(Rentenartfaktor 0,6667) oder wegen teilweiser Erwerbsminderung (Rentenartfaktor 0,5). Durch den Bezug der Altersrente als Vollrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung verändert sich typischerweise die bei der Ermittlung der Rente nach § 6 VV 1997 iVm. § 14 VV 1997 anzurechnende Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung ihrer Höhe nach. Anders verhält es sich bei Versorgungsempfängern, die vor der Rente wegen Alters eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit oder voller Erwerbsminderung bezogen haben. Diese Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung sind bereits mit dem Rentenartfaktor von 1,0 errechnet, so dass keine wesentliche Veränderung der anzurechnenden Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bei Eintritt des Versorgungsfalles Alter zu erwarten steht. Dies rechtfertigt es, zu Beginn des Bezugs der Altersrente eine Neuberechnung der Versorgungsleistungen anzuordnen, wenn zuvor eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit bezogen wurde, jedoch von einer Neuberechnung abzusehen, wenn der Versorgungsempfänger zuvor eine Rente wegen voller Erwerbsminderung oder Erwerbsunfähigkeit erhalten hat.
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3. Für den vorliegenden Rechtsstreit kann dahinstehen, ob die Rechtsauffassung der Kläger zutrifft, dass die Neuberechnung der Altersrente nach § 7 Abs. 4 Unterabs. 3, § 6 VV 1997 nF zur Folge hat, dass der dem vormaligen Kläger im Wege der Besitzstandswahrung nach § 16 VV 1997 während der Dauer des Bezugs der Berufsunfähigkeitsrente gewährte Überschreitungsbetrag in Wegfall gerät, was bei Versorgungsempfängern, deren Altersrente nach dem Bezug einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit oder voller Erwerbsminderung nicht neu berechnet wird, nach Auffassung der Kläger nicht der Fall ist. Sollte dies zutreffen und hierin ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz iSv. Art. 3 Abs. 1 GG liegen, führte dies nicht dazu, dass die Regelung in § 7 Abs. 4 Unterabs. 3 VV 1997 nF über die Neuberechnung der Altersrente insgesamt nichtig wäre und dem vormaligen Kläger die Rente in der bis zum 30. Juni 2007 geleisteten Höhe weiterzuzahlen gewesen wäre. Es bestünde allenfalls ein Anspruch darauf, dass der Überschreitungsbetrag bei der Neuberechnung der Altersrente berücksichtigt wird. Dies ist jedoch nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits. Die Klage ist ausschließlich auf Weitergewährung der Rente in der bis zum 30. Juni 2007 geleisteten Höhe ohne Neuberechnung gerichtet.
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4. Auch Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes gebieten es - entgegen der Auffassung der Revision - nicht, die Neuberechnung der Versorgungsleistung des vormaligen Klägers zu Beginn des Bezugs der vorgezogenen Altersrente auszuschließen. Die Tarifvertragsparteien haben dem vormaligen Kläger durch die Neuregelung des § 7 VV 1997 nF mit Wirkung vom 1. Dezember 2006 keine Rechtsposition entzogen, die er zuvor innegehabt hatte. Auch nach der früheren Fassung des § 7 VV 1997 hätte zum 1. Juli 2007 eine Neuberechnung der Altersrente erfolgen müssen.
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a) Nach § 7 Abs. 5 Buchst. c VV 1997 aF erlosch der Anspruch auf Berufsunfähigkeitsrente ua., sobald der Berechtigte Altersrente nach § 6 VV 1997 erhielt. Weitere Regelungen für den Übergang vom Versorgungsfall „Berufsunfähigkeit“ zum Versorgungsfall „Alter“ waren in § 7 VV 1997 aF nicht enthalten, insbesondere gab es keine § 7 Abs. 4 Unterabs. 2 und Unterabs. 3 VV 1997 nF entsprechenden Regelungen. Folglich war bei Eintritt des neuen Versorgungsfalles Alter die Altersrente nach § 6 Abs. 2 VV 1997(neu) zu berechnen.
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b) An dieser Rechtslage hat die Regelung in § 7 Abs. 4 VV 1997 nF für den vormaligen Kläger nichts geändert. Nach § 7 Abs. 4 Unterabs. 1 Buchst. b VV 1997 nF erlischt der Anspruch auf teilweise Erwerbsminderungsrente wegen Berufsunfähigkeit, wenn der Berechtigte Altersrente nach § 6 VV 1997 erhält. § 7 Abs. 4 Unterabs. 3 VV 1997 nF bestimmt für die Versorgungsempfänger, die eine NDR-Rente nach § 7 VV 1997 beziehen und deren Berechnung als anzurechnende Rente der gesetzlichen Rentenversicherung eine Berufsunfähigkeitsrente, eine teilweise Erwerbsminderungsrente bei Berufsunfähigkeit oder eine teilweise Erwerbsminderungsrente zugrunde liegt, eine Neuberechnung der Altersrente nach § 6 VV 1997 entsprechend den Regelungen der Versorgungsvereinbarung zum Stichtag des Beginns der Altersrente.
-
III. Die Kläger haben die Kosten der Revision gemäß § 97 Abs. 1, § 100 Abs. 1 ZPO zu tragen.
-
Gräfl
Schlewing
Spinner
Schmidt
Schepers
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
Tenor
-
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 5. Mai 2011 - 2 Sa 2596/10 - wird zurückgewiesen.
-
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
- 1
-
Die Parteien streiten darüber, ob das Altersteilzeitentgelt anhand der Mindestnettobetragstabelle zu ermitteln ist.
- 2
-
Die Parteien vereinbarten unter dem 10. November 2008, ihr Arbeitsverhältnis ab dem 1. Januar 2009 ua. auf der Grundlage des Tarifvertrags zur Regelung der Altersteilzeitarbeit vom 5. Mai 1998 in der jeweils geltenden Fassung als Altersteilzeitarbeitsverhältnis im Teilzeitmodell fortzuführen.
- 3
-
Der Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeitarbeit vom 5. Mai 1998 in der Fassung des Änderungstarifvertrags Nr. 2 vom 30. Juni 2000 (TV ATZ) sieht auszugsweise folgende Bestimmungen vor:
-
„§ 4
Höhe der Bezüge
(1)
Der Arbeitnehmer erhält als Bezüge die sich für entsprechende Teilzeitkräfte bei Anwendung der tariflichen Vorschriften … ergebenden Beträge …
…
§ 5
Aufstockungsleistungen
(1)
Die dem Arbeitnehmer nach § 4 zustehenden Bezüge zuzüglich des darauf entfallenden sozialversicherungspflichtigen Teils der vom Arbeitgeber zu tragenden Umlage zur Zusatzversorgungseinrichtung werden um 20 v. H. dieser Bezüge aufgestockt (Aufstockungsbetrag). …
(2)
Der Aufstockungsbetrag muss so hoch sein, dass der Arbeitnehmer 83 v. H. des Nettobetrages des bisherigen Arbeitsentgelts erhält (Mindestnettobetrag). Als bisheriges Arbeitsentgelt ist anzusetzen das gesamte, dem Grunde nach beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das der Arbeitnehmer für eine Arbeitsleistung bei bisheriger wöchentlicher Arbeitszeit ... zu beanspruchen hätte; …
(3)
Für die Berechnung des Mindestnettobetrages nach Absatz 2 ist die Rechtsverordnung nach § 15 Satz 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes zugrunde zu legen. Sofern das bei bisheriger Arbeitszeit zustehende Arbeitsentgelt nach Absatz 2 Unterabs. 1 Satz 2 das höchste in dieser Rechtsverordnung ausgewiesene Arbeitsentgelt übersteigt, sind für die Berechnung des Mindestnettobetrages diejenigen gesetzlichen Abzüge anzusetzen, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a des Altersteilzeitgesetzes).
…“
- 4
-
Die in § 5 Abs. 3 TV ATZ in Bezug genommenen Vorschriften des Altersteilzeitgesetzes hatten bei Inkrafttreten des Änderungstarifvertrags Nr. 2 zum TV ATZ am 1. Juli 2000 folgenden Wortlaut (AltTZG aF):
-
„§ 3 Anspruchsvoraussetzungen
(1)
Der Anspruch auf die Leistungen nach § 4 setzt voraus, dass
1.
der Arbeitgeber auf Grund eines Tarifvertrages ... oder einer Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer
a)
das Arbeitsentgelt für die Altersteilzeit um mindestens 20 vom Hundert dieses Arbeitsentgelts, jedoch auf mindestens 70 vom Hundert des um die gesetzlichen Abzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderten bisherigen Arbeitsentgelts im Sinne des § 6 Abs. 1 (Mindestnettobetrag), aufgestockt hat...
…
§ 4 Leistungen
(1)
Die Bundesanstalt erstattet dem Arbeitgeber für längstens sechs Jahre
1.
den Aufstockungsbetrag nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a in Höhe von 20 vom Hundert des für die Altersteilzeitarbeit gezahlten Arbeitsentgelts, jedoch mindestens den Betrag zwischen dem für die Altersteilzeitarbeit gezahlten Arbeitsentgelt und dem Mindestnettobetrag …
…
§ 15 Verordnungsermächtigung
Das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung kann durch Rechtsverordnung jeweils für ein Kalenderjahr
1.
die Mindestnettobeträge nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a,
2.
Nettobeträge des Arbeitsentgelts für die Altersteilzeitarbeit
bestimmen. § 132 Abs. 3 und § 136 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch gelten entsprechend. Der Kalendermonat ist mit 30 Tagen anzusetzen.“
-
Das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2848) sah mit Wirkung zum 1. Juli 2004 Änderungen des AltTZG vor. Für Altersteilzeitarbeitsverhältnisse, die ab dem 1. Juli 2004 begannen, gelten nunmehr ua. folgende Regelungen:
-
„§ 3 Anspruchsvoraussetzungen
(1)
Der Anspruch auf die Leistungen nach § 4 setzt voraus, dass
1.
der Arbeitgeber auf Grund eines Tarifvertrages ... oder einer Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer
a)
das Regelarbeitsentgelt für die Altersteilzeitarbeit um mindestens 20 vom Hundert aufgestockt hat, wobei die Aufstockung auch weitere Entgeltbestandteile umfassen kann ...
…
§ 15 Verordnungsermächtigung
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales [Fassung bis zum 7. November 2006: Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit] kann durch Rechtsverordnung die Mindestnettobeträge nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a in der bis zum 30. Juni 2004 gültigen Fassung bestimmen. Die Vorschriften zum Leistungsentgelt des Dritten Buches Sozialgesetzbuch gelten entsprechend. …“
- 6
-
Das damals zuständige Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit erließ am 15. Dezember 2004 eine Verordnung über die Mindestnettobeträge nach dem Altersteilzeitgesetz (BGBl. I S. 3470, Mindestnettobetrags-Verordnung 2005), die am 1. Januar 2005 in Kraft trat. Diese legte mittels der sogenannten Mindestnettobetragstabelle die Mindestnettobeträge iHv. 70 vH für monatliche Arbeitsentgelte bis einschließlich 5.200,00 Euro brutto fest. Die Tabelle wurde in den Jahren 2006 und 2007 nicht geändert.
- 7
-
Letztmalig am 19. Dezember 2007 bestimmte das nunmehr zuständige Bundesministerium für Arbeit und Soziales mit Wirkung zum 1. Januar 2008 die Mindestnettobeträge für Bruttoarbeitsentgelte bis einschließlich 5.300,00 Euro (BGBl. I S. 3040, Mindestnettobetrags-Verordnung 2008). Unter dem 12. Dezember 2008 teilte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales mit, die auf der Rechtsverordnung vom 19. Dezember 2007 beruhenden und seit dem 1. Januar 2008 gültigen Mindestnettobeträge nach dem AltTZG seien auch im Jahr 2009 maßgebend. Wegen nur geringfügiger Veränderungen sei es nicht notwendig, die Mindestnettobeträge neu festzusetzen. Mit Pressemitteilung vom 9. Dezember 2009 erklärte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, die „derzeit gültigen gesetzlichen Mindestnettobeträge“ gölten für das Jahr 2010 fort. Für den Erlass einer neuen Verordnung bestehe keine Notwendigkeit, da die Förderdauer für die vor dem 1. Juli 2004 begonnenen Altersteilzeitarbeitsverhältnisse zum 30. Juni 2010 auslaufe und bundesweit lediglich etwa 1.000 Altfälle betroffen seien.
- 8
-
Die Beklagte zahlt an den Kläger seit Beginn der Altersteilzeit ein monatliches Altersteilzeitentgelt iHv. 1.439,22 Euro netto, das sie auf der Grundlage der Mindestnettobetrags-Verordnung 2008 ermittelt. Mit Schreiben vom 14. Februar 2010 verlangte der Kläger erfolglos von der Beklagten, an ihn mit Wirkung ab 1. Januar 2010 einen höheren Aufstockungsbetrag zu zahlen.
- 9
-
Der Kläger hat die Rechtsauffassung vertreten, die Beklagte sei verpflichtet, den Aufstockungsbetrag unter entsprechender Anwendung der Berechnungsvorschriften zum Leistungsentgelt nach § 133 SGB III in der bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung (aF) zu berechnen. Die tarifliche Verweisung auf die Rechtsverordnung iSd. § 15 AltTZG gelte nur insoweit, als diese auf den geltenden gesetzlichen Abzügen des Lohnzahlungszeitraums beruhe, in den der Entgeltanspruch falle. Seit der letztmaligen Änderung der Tabelle zum Jahr 2008 sei der monatliche Steuerabzug einschließlich des Solidaritätszuschlags auf der Grundlage der für ihn geltenden Steuerklasse I um 66,82 Euro gesunken. Dies habe zur Folge, dass sich das pauschaliert zu berechnende Nettoeinkommen iHv. 1.734,00 Euro im Jahr 2008 auf 1.800,82 Euro ab Januar 2010 erhöht habe. Hierauf bezogen betrage der ihm jetzt gewährte Nettobetrag nicht 83 vH, sondern lediglich 79,92 vH des Nettoentgelts, das er bei gleichbleibender Arbeitszeit erzielen würde. Die Tarifvertragsparteien hätten eine aktualisierte Berechnung des Mindestnettobetrags regeln und nicht auf eine veraltete Steuertabelle Bezug nehmen wollen. Der TV ATZ habe in § 5 die Höhe des auszuzahlenden Nettoentgelts unter Bezugnahme auf § 3 Abs. 1 AltTZG legaldefiniert.
- 10
-
Der Kläger hat beantragt
-
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ab Januar 2010 bei der Ermittlung der Altersteilzeitbezüge die Berechnung des ihm nach § 5 Abs. 2 TV ATZ zustehenden Mindestnettobetrags unter entsprechender Anwendung der Vorschriften zur Berechnung des Leistungsentgelts(§ 133 SGB III aF) durchzuführen.
- 11
-
Die Beklagte hat die Abweisung der Klage mit der Begründung beantragt, das dem Kläger zustehende Nettoentgelt sei weiterhin auf der Grundlage der Mindestnettobetrags-Verordnung 2008 zu ermitteln, die unverändert in Kraft sei. Mangels einer Regelungslücke scheide eine ergänzende Auslegung des § 5 Abs. 3 TV ATZ ebenso aus wie eine Rechtsanalogie zu § 133 SGB III aF. Den Tarifvertragsparteien sei bei Abschluss des TV ATZ bekannt gewesen, dass das zuständige Bundesministerium nicht verpflichtet sei, die Verordnung jährlich anzupassen. Die Verweisung habe nicht nur einen steuerrechtlichen Hintergrund, sondern sei auch zum Zwecke der Vereinfachung und Pauschalierung des zu zahlenden Entgelts erfolgt.
- 12
-
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
- 13
-
Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat das Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht abgeändert und die Klage abgewiesen. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, die Altersteilzeitbezüge des Klägers nach § 133 SGB III aF bzw. § 153 SGB III zu berechnen.
- 14
-
I. Aus § 5 Abs. 1 und Abs. 2 Unterabs. 1 Satz 1 iVm. § 5 Abs. 3 Satz 1 TV ATZ folgt nicht, dass der Mindestnettobetrag gemäß § 133 SGB III aF bzw. § 153 SGB III zu berechnen ist. Trotz des Umstands, dass § 5 Abs. 3 Satz 1 TV ATZ auf § 15 Satz 1 Nr. 1 AltTZG aF und damit auf eine Vorschrift verweist, die seit dem 1. Juli 2004 nicht mehr in Kraft ist, hat die Ermittlung des von der Beklagten geschuldeten Mindestnettobetrags weiterhin auf der Grundlage der Mindestnettobetrags-Verordnung 2008 zu erfolgen. Eine Tariflücke liegt nicht vor. Die Tarifvertragsparteien haben grundsätzlich in eigener Verantwortung darüber zu befinden, ob sie eine von ihnen geschaffene Ordnung beibehalten oder ändern (BAG 16. Dezember 2010 - 6 AZR 423/09 - Rn. 16).
- 15
-
1. § 5 Abs. 3 Satz 1 TV ATZ verweist für die Ermittlung des Mindestnettobetrags auf die Rechtsverordnung nach § 15 Satz 1 Nr. 1 AltTZG aF. Seit dem Inkrafttreten des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2003 existiert diese Vorschrift nicht mehr. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AltTZG in der bis zum 30. Juni 2004 geltenden Fassung (aF) war das vom Arbeitgeber während des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses zu zahlende Bruttoarbeitsentgelt um mindestens 20 vH des Arbeitsentgelts aufzustocken, mindestens jedoch auf 70 vH des um die gesetzlichen Abzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderten bisherigen Arbeitsentgelts iSd. § 6 Abs. 1 AltTZG aF(Mindestnettobetrag). Bisheriges Arbeitsentgelt iSd. § 6 Abs. 1 AltTZG aF war das Arbeitsentgelt, das der Arbeitnehmer in Altersteilzeit für eine Arbeitsleistung bei bisheriger wöchentlicher Arbeitszeit zu beanspruchen hätte, soweit es die Beitragsbemessungsgrenze des SGB III nicht überstieg. § 15 Satz 1 Nr. 1 AltTZG aF ermächtigte das zuständige Bundesministerium, jeweils für ein Kalenderjahr die Mindestnettobeträge nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a AltTZG aF durch Rechtsverordnung zu bestimmen.
- 16
-
2. Die Tarifvertragsparteien haben die Bemessungsregelung eigenständig und dynamisiert zum Inhalt des § 5 Abs. 3 TV ATZ gemacht(vgl. BAG 14. Oktober 2008 - 9 AZR 466/07 - Rn. 24 f.). Der Wortlaut des § 5 Abs. 3 Satz 1 TV ATZ zwingt zu der Annahme, dass für die Ermittlung des Mindestnettobetrags die Mindestnettobetragstabelle maßgebend ist, die der Mindestnettobetrags-Verordnung als Anlage beigefügt ist. Die Tarifvertragsparteien haben mit der Erhöhung des (früheren) gesetzlichen Mindestsatzes von 70 vH auf 83 vH des sog. Hätte-Entgelts (§ 5 Abs. 2 TV ATZ) eine eigenständige Regelung getroffen, die von der Gesetzesänderung unberührt geblieben ist. Entgegen der Ansicht der Revision hatte die Gesetzesänderung auf die damit in sachlichem Zusammenhang stehende Bemessungsmethode des Mindestsatzes (§ 5 Abs. 3 TV ATZ) keinen Einfluss. Die Anwendung aktuellen Steuerrechts ist tariflich nicht vorgeschrieben. Der Zweck der Tarifnorm, den Arbeitsvertragsparteien eine bewährte und einfache Ermittlung des zu zahlenden Mindestnettobetrags zu ermöglichen (vgl. hierzu bereits BAG 18. März 2003 - 9 AZR 61/02 - zu I 2 b bb der Gründe), wird durch die seit dem Jahr 2008 geltende Mindestnettobetragstabelle unabhängig davon erfüllt, dass diese in den Folgejahren nicht mehr aktualisiert wurde. Die zum 1. Januar 2008 in Kraft getretene Mindestnettobetrags-Verordnung 2008, durch die die Mindestnettobeträge bestimmt wurden, ist nicht außer Kraft getreten. Eine Verordnungsermächtigung besteht mit § 15 AltTZG fort. Die Mindestnettobetragstabelle war damit nicht nur befristet anzuwenden.
- 17
-
3. Die tarifliche Bemessung nach pauschalierenden Merkmalen und die Verweisung auf die durch Rechtsverordnung bestimmten Mindestnettobeträge verstoßen nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.
- 18
-
a) Es kann dahinstehen, ob Tarifvertragsparteien als Normgeber unmittelbar an Art. 3 Abs. 1 GG(vgl. BAG 16. Dezember 2003 - 3 AZR 668/02 - zu B III 1 der Gründe, BAGE 109, 129) oder nur mittelbar an dessen Grundsätze gebunden sind (so BAG 25. Oktober 2007 - 6 AZR 95/07 - Rn. 23, BAGE 124, 284). Für den Prüfungsmaßstab ist die dogmatische Herleitung ohne Bedeutung (BAG 16. August 2005 - 9 AZR 378/04 - zu B II 3 a der Gründe).
- 19
-
b) Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (BAG 21. Februar 2012 - 9 AZR 461/10 - Rn. 17). Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz setzt voraus, dass die Tarifvertragsparteien bei der Aufstellung tariflicher Vorschriften tatsächliche Gleichheiten oder Ungleichheiten außer Acht lassen, die so wesentlich sind, dass sie bei einer am allgemeinen Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtung hätten berücksichtigt werden müssen. Soweit es dabei um die Beurteilung tatsächlicher Umstände und möglicher Regelungsfolgen geht, steht den Tarifvertragsparteien eine Einschätzungsprärogative zu. Bei der inhaltlichen Gestaltung der Regelung haben sie einen Beurteilungs- und Ermessensspielraum. Es ist nicht Aufgabe der Gerichte zu prüfen, ob die Tarifvertragsparteien die gerechteste und zweckmäßigste Lösung für den zu regelnden Sachverhalt gefunden haben. Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob die Tarifvertragsparteien ihren Gestaltungsspielraum überschritten haben (BAG 21. September 2010 - 9 AZR 442/09 - Rn. 27).
- 20
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c) Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Regelung in § 5 Abs. 3 Satz 1 TV ATZ mit den Vorgaben des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.
- 21
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aa) Die Tarifregelung unterscheidet zwischen Arbeitnehmern, deren Bruttoeinkommen vor dem Eintritt in die Altersteilzeit geringer als 5.300,00 Euro war, und Arbeitnehmern, deren Einkommen zu diesem Zeitpunkt darüber lag. Während die Mindestnettoentgelte der ersten Gruppe anhand der Mindestnettobetragstabelle zu ermitteln sind (§ 5 Abs. 3 Satz 1 TV ATZ), richtet sich das Entgelt, das die zweite Gruppe beanspruchen kann, gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 TV ATZ nach den sozialrechtlichen Vorschriften über das Leistungsentgelt(§ 133 SGB III aF bzw. § 153 SGB III).
- 22
-
bb) Bei objektiver Betrachtung steht nicht fest, dass die Arbeitnehmer der ersten Gruppe gegenüber den Arbeitnehmern der zweiten Gruppe benachteiligt werden. Sinkt der Steuersatz oder der vom Arbeitnehmer zu tragende Beitrag zur Sozialversicherung und gilt die Mindestnettobetragstabelle unverändert fort, ist der Aufstockungsbetrag zwar niedriger als bei einer Berechnung nach sozialrechtlichen Vorschriften. Steigt der Steuersatz oder der Sozialversicherungsbeitrag jedoch, verhält es sich umgekehrt. Eine systematische Bevorzugung einer Arbeitnehmergruppe lässt sich daher nicht feststellen.
- 23
-
cc) Selbst wenn man zugunsten des Klägers davon ausgeht, eine Ermittlung des Aufstockungsbetrags unter Rückgriff auf die Mindestnettobetrags-Verordnung 2008 benachteilige ihn, rechtfertigt dies noch nicht die Annahme, die Tarifbestimmung verstoße gegen den Gleichheitssatz. Mit der Regelung des § 5 Abs. 3 TV ATZ haben die Tarifvertragsparteien den ihnen zustehenden Beurteilungs- und Ermessensspielraum nicht überschritten.
- 24
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(1) Der Benachteiligungseinwand des Klägers zielt auf das tarifliche Entgeltgefüge. Den staatlichen Gerichten ist jedoch aufgrund der durch Art. 9 Abs. 3 GG gewährleisteten Tarifautonomie ein Eingriff in dieses Entgeltgefüge grundsätzlich verwehrt. Nach der Konzeption des Grundgesetzes ist die Festlegung der Höhe des Entgelts grundsätzlich den Tarifvertragsparteien übertragen. Das schließt auch die Befugnis zu Entgeltregelungen ein, die Betroffenen ungerecht und Außenstehenden nicht zwingend sachgerecht erscheinen (BAG 8. Dezember 2011 - 6 AZR 319/09 - Rn. 41). Insbesondere ist es den Tarifvertragsparteien gestattet, im Interesse der Praktikabilität, der Verständlichkeit und der Übersichtlichkeit typisierende Regelungen zu treffen. Bei der Überprüfung von Tarifverträgen anhand des allgemeinen Gleichheitssatzes ist deshalb nicht auf die Einzelfallgerechtigkeit abzustellen, sondern auf die generellen Auswirkungen der Regelung (BAG 25. Januar 2012 - 4 AZR 147/10 - Rn. 32).
- 25
-
(2) Den Tarifvertragsparteien des TV ATZ war daran gelegen, den Parteien eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses eine praktikable Ermittlung des Mindestnettoentgelts zu ermöglichen. Zu diesem Zweck knüpften sie die Ermittlung an die Mindestnettobetragstabelle. Da weder ausgeschlossen werden konnte, dass das zuständige Ministerium von der Verordnungsermächtigung nicht Gebrauch machen würde, noch abzusehen war, bis zu welchem Höchstbetrag Tabellen erstellt würden, schufen die Tarifvertragsparteien die Auffangregelung des § 5 Abs. 3 Satz 2 TV ATZ, der zufolge der Mindestnettobetrag nach sozialrechtlichen Vorschriften zu berechnen ist. Die dabei auftretenden Abweichungen sind einer tariflichen Pauschalierung immanent. Bei der Regelung von Massenerscheinungen, wie der Ermittlung von Mindestnettoentgelten von Altersteilzeitarbeitnehmern, liegt es in der Natur der Sache, dass es zu Randunschärfen kommen und die Regelung nicht jedem Einzelfall gerecht werden kann (vgl. dazu BAG 8. Dezember 2011 - 6 AZR 319/09 - Rn. 32; vgl. zur Typisierungsbefugnis von Tarifvertragsparteien bei der Regelung von Massenerscheinungen: auch BVerfG 18. April 2008 - 1 BvR 759/05 - Rn. 72, BVerfGK 13, 455). Die Abweichungen, die die unterschiedlichen Bemessungsregelungen zur Folge haben, sind nicht so wesentlich, um die tarifautonome Entscheidung der Tarifvertragsparteien infrage zu stellen. Dass die Tarifvertragsparteien selbst eine Tabelle hätten erstellen oder diese für höhere Entgelte hätten fortschreiben können, begründet wegen der nur geringfügigen Abweichungen noch keinen Verstoß gegen den Gleichheitssatz.
- 26
-
II. Der von dem Kläger erhobene Anspruch ergibt sich auch nicht aus dem Altersteilzeitarbeitsvertrag vom 10. November 2008. Dieser regelt die Berechnung des Altersteilzeitentgelts nicht selbstständig, sondern verweist hierzu deklaratorisch auf die tariflichen Regelungen des TV ATZ.
-
III. Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.
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Brühler
Krasshöfer
Klose
Kranzusch
Martin Lücke
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
Tenor
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1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 26. Juli 2011 - 13 Sa 325/11 - wird zurückgewiesen.
-
2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
- 1
-
Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin und in diesem Zusammenhang über die Auslegung von tariflichen Übergangsregelungen.
- 2
-
Die Klägerin ist seit dem Jahre 1995 bei der Beklagten beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 17. Juli 1995 wurde ua. vereinbart:
-
„§ 2
Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Arbeitgeber geltenden Fassung. …“
- 3
-
Die Klägerin bewarb sich im Jahr 2003 erfolgreich auf einen Arbeitsplatz als Daktyloskopin. Mit Schreiben vom 19. November 2003 teilte ihr die Beklagte ua. mit:
-
„…
aus dienstlichen Gründen und aufgrund Ihrer Bewerbung werden sie mit Wirkung vom 24.11.03 dem Referat ZD 23 (Daktyloskopie [AFIS]) zugewiesen.
Sie nehmen vom 24.11.03 bis 19.12.03 an einem Einführungslehrgang „Daktyloskopie“ bei KI 32 teil. …
Mit erfolgreichem Abschluß des Lehrgangs werden Ihnen die nachfolgend aufgeführten insgesamt nach Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 1 a Teil I BAT bewerteten Tätigkeiten einer Angestellten im Bürodienst auf Dauer übertragen:
…
Gemäß der mit dem Bundesministerium des Innern vereinbarten Werdegangsregelung für die Eingruppierung von Daktyloskopen erfolgt nach erfolgreichem Abschluß des Einweisungslehrgangs zunächst eine Eingruppierung in die Vergütungsgruppe VII BAT, nach zweijähriger erfolgreicher Tätigkeit in der Vergütungsgruppe VII eine Höhergruppierung in die Vergütungsgruppe VI b BAT und nach weiterer einjähriger erfolgreicher Tätigkeit in der Vergütungsgruppe VI b BAT eine Höhergruppierung in die Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 1 a BAT. Hieraus eröffnet sich dann nach 3jähriger Bewährung die Möglichkeit eines Bewährungsaufstieges in Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 c BAT.
Da Sie bereits in der Vergütungsgruppe VI b BAT eingruppiert sind, wird Ihnen im Sinne einer Besitzstandswahrung während des Einführungslehrgangs bzw. den weiteren Phasen der Werdegangsregelung die bisherige günstigere Vergütungsgruppe belassen.
Sobald die tariflichen Voraussetzungen hinsichtlich der Umgruppierung / Höhergruppierung vorliegen, wird ZV 13 einen entsprechenden Änderungsvertrag zu Ihrem Arbeitsvertrag mit Ihnen abschließen.“
- 4
-
Die Klägerin absolvierte vom 24. November 2003 bis zum 24. März 2004 die „Einweisung für Sachbearbeiter - Fachgebiet Daktyloskopie -“ sowie die „fachspezifische Einweisung zur Erfassung und Recherche daktyloskopischer Abbilder im AFIS“. Am 12. Dezember 2005 schlossen die Parteien einen Änderungsvertrag zum Arbeitsvertrag, nach dem dessen § 2 wie folgt ersetzt wurde:
-
„Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) einschließlich der besonderen Regelungen für die Verwaltung (TVöD - Besonderer Teil Verwaltung) … sowie des Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten des Bundes in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Bund).“
- 5
-
Mit „Vertrag zur Änderung des Arbeitsvertrages vom 17.07.1995 in der Fassung vom 12.12.2005“ vom 7. März 2007 vereinbarten die Parteien ua.:
-
„§ 1
In § 4 des Vertrages wird das Wort,
Vergütungsgruppe VI durch das Wort Entgeltgruppe 8 ersetzt.“
- 6
-
Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 31. Mai 2010 machte die Klägerin eine Eingruppierung nach der Entgeltgruppe 9 TVöD ab dem 1. April 2010 bei der Beklagten erfolglos geltend. In dem Schreiben heißt es ua.:
-
„In der Anlage fügen wir den Anhang zum Arbeitsvertrag unserer Mandantschaft bei, deren Erhalt unsere Mandantschaft Ihnen gegenüber sogar quittieren musste. Hierbei handelt es sich um eine eindeutige vertragliche Abrede, welche wesentlicher Bestandteil des Arbeitsvertrages geworden ist. Nach dieser vertraglichen Zusage besteht ein Anspruch unserer Mandantschaft nach dreijähriger Bewährung in der Vergütungsgruppe V c BAT auf Eingruppierung in die Vergütungsgruppe V b BAT, die der heutigen Entgeltgruppe 9 entspricht.
…
Da es sich um eine individualrechtliche Zusicherung einer höheren Entgeltgruppe handelt, kommt es nicht darauf an, dass der neue Tarifvertrag eine Höhergruppierung in diesem Bereich nicht mehr vorsieht. Die Regeln der Besitzstandswahrung sind ohnehin vorliegend nicht einschlägig.“
- 7
-
Mit ihrer Klage hat die Klägerin, die im Referat „Daktyloskopie“ tätig ist, ihr Begehren weiterverfolgt. Sie hat - soweit für die Revision noch von Bedeutung - in der Berufungsinstanz die Auffassung vertreten, die beanspruchte Entgeltgruppe 9 TVöD folge aus einer Anwendung von § 8 Abs. 3 TVÜ-Bund. Es sei nicht erforderlich, dass eine etwaige Bewährungszeit in der VergGr. Vc, Fallgr. 1a BAT vor Inkrafttreten des TVöD am 1. Oktober 2005 begonnen habe. Anderenfalls würde die tarifliche Regelung in unzulässiger Weise zwischen zwei Gruppen von Beschäftigten unterscheiden, die zwar identische Tätigkeiten ausübten, aber unterschiedlich eingruppiert seien.
- 8
-
Die Klägerin hat zuletzt beantragt
-
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, sie seit dem 1. April 2010 nach der Entgeltgruppe 9 TVöD zu vergüten.
- 9
-
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. § 8 Abs. 3 TVÜ-Bund sei nicht anwendbar. Die Klägerin übe erst seit März 2007 eine Tätigkeit iSd. VergGr. Vc, Fallgr. 1a BAT aus. Eine Ungleichbehandlung mit anderen Beschäftigten, die mittlerweile nach der Entgeltgruppe 9 TVöD-Bund vergütet würden, liege nicht vor. Diese Beschäftigten hätten bei Inkrafttreten des TVöD bereits mindestens die Hälfte der erforderlichen Zeit der Bewährung und damit die Voraussetzungen der Besitzstandsregelung des § 8 Abs. 1 TVÜ-Bund erfüllt.
- 10
-
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
Entscheidungsgründe
- 11
-
Die zulässige Revision der Klägerin, die ihr Begehren in der Revisionsinstanz allein auf die Übergangsvorschrift des § 8 Abs. 3 Satz 1 TVÜ-Bund stützt, ist unbegründet. Die als sog. Eingruppierungsfeststellungsklage zulässige Klage ist unbegründet. Der Klägerin steht für die Zeit ab dem 1. April 2010 keine Vergütung nach der Entgeltgruppe 9 TVöD zu. Die Voraussetzungen des § 8 Abs. 3 Satz 1 TVÜ-Bund liegen nicht vor.
- 12
-
I. Für das Arbeitsverhältnis der Parteien sind nach den vertraglichen Vereinbarungen die nachstehenden tariflichen Bestimmungen maßgebend:
- 13
-
1. Für die Überleitung der Beschäftigen in das Entgeltsystem des TVöD bestimmt § 4 Abs. 1 iVm. der Anlage 2 TVÜ-Bund ua. Folgendes:
-
„Zuordnung der Vergütungs- und Lohngruppen zu den Entgeltgruppen für am 30. September / 1. Oktober 2005 vorhandene Beschäftigte für die Überleitung (Bund)
Entgeltgruppe
Vergütungsgruppe
…
9
…
Vb nach Aufstieg aus Vc (Stufe 3 nach 5 Jahren in Stufe 2, Stufe 4 nach 9 Jahren in Stufe 3, keine Stufen 5 und 6)
8
Vc mit ausstehendem Aufstieg nach Vb
Vc ohne Aufstieg nach Vb
Vc nach Aufstieg aus VIb“
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2. § 8 TVÜ-Bund(idF des Änderungstarifvertrages Nr. 3 vom 27. Februar 2010 zum Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten des Bundes in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Bund) vom 13. September 2005) lautet:
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„§ 8
Bewährungs- und Fallgruppenaufstiege
(1)
Aus dem Geltungsbereich des BAT/BAT-O in eine der Entgeltgruppen 3, 5, 6 oder 8 übergeleitete Beschäftigte, die am 1. Oktober 2005 bei Fortgeltung des bisherigen Tarifrechts die für eine Höhergruppierung erforderliche Zeit der Bewährung oder Tätigkeit zur Hälfte erfüllt haben, sind zu dem Zeitpunkt, zu dem sie nach bisherigem Recht höhergruppiert wären, in die nächsthöhere Entgeltgruppe des TVöD eingruppiert. …
(3)
Abweichend von Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 Satz 1 gelten die Absätze 1 bzw. 2 auf schriftlichen Antrag entsprechend für übergeleitete Beschäftigte, die bei Fortgeltung des BAT/BAT-O bis spätestens zum 29. Februar 2012 wegen Erfüllung der erforderlichen Zeit der Bewährung oder Tätigkeit höhergruppiert worden wären, unabhängig davon, ob die Hälfte der erforderlichen Bewährungs- oder Tätigkeitszeit am Stichtag erfüllt ist. …“
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3. Die vorliegend einschlägigen Tätigkeitsmerkmale des Teils I (Allgemeiner Teil) der Anlage 1a zum BAT haben folgenden Inhalt:
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„Vergütungsgruppe V b
…
1 c. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordert,
nach dreijähriger Bewährung in der Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 1 a.
…
Vergütungsgruppe V c
1a. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und selbständige Leistungen erfordert.
…
Vergütungsgruppe VI b
1a. Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit gründliche und vielseitige Fachkenntnisse und mindestens zu einem Fünftel selbständige Leistungen erfordert.“
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II. Die Voraussetzungen für eine Höhergruppierung der Klägerin nach § 8 Abs. 3 Satz 1 TVÜ-Bund in die Entgeltgruppe 9 TVöD sind nicht gegeben.
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1. Für eine Höhergruppierung in Anwendung der Besitzstandsregelung des TVÜ-Bund fehlt es bereits an dem nach § 8 Abs. 3 Satz 1 TVöD erforderlichen schriftlichen Antrag der Klägerin. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat kann ein solcher Antrag dem Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 31. Mai 2010 nicht entnommen werden.
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a) Nach § 8 Abs. 3 Satz 1 TVÜ-Bund ist für eine Höhergruppierung in Anwendung der Besitzstandsregelung ein schriftlicher Antrag der Beschäftigten erforderlich. Aus dem Antragserfordernis ergibt sich zugleich, dass die Besitzstandsregelung nach Abs. 3 keine Höhergruppierung im Wege der Tarifautomatik ermöglicht (Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Stand März 2013 TVÜ-Bund/TVÜ-VKA Rn. 96c), sondern es sich um einen individualrechtlichen Anspruch handelt, der zum individuellen Höhergruppierungszeitpunkt schriftlich geltend gemacht werden muss (Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVÜ-Bund/TVÜ-VKA Rn. 105d f.; Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand März 2013 TVÜ-Bund § 8 Rn. 35).
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b) Einen solchen Antrag enthält das Schreiben der Klägerin vom 31. Mai 2010 nicht. Sie stützt ihr Höhergruppierungsbegehren ausschließlich auf die nach ihrer Auffassung „eindeutige vertragliche Abrede“, die sie dem Schreiben der Beklagten vom 19. November 2003 entnimmt. Darüber hinaus führt sie selbst an, dass die „Regeln der Besitzstandswahrung … vorliegend nicht einschlägig“ sind.
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2. Der Anspruch nach § 8 Abs. 3 Satz 1 TVÜ-Bund scheidet darüber hinaus auch deshalb aus, weil die Klägerin zum Überleitungszeitpunkt am 1. Oktober 2005 nicht die Anforderungen des Tätigkeitsmerkmales der VergGr. Vc, Fallgr. 1a BAT erfüllt hatte, das einen Bewährungsaufstieg ermöglicht.
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a) Für eine Höhergruppierung nach § 8 Abs. 3 Satz 1 TVÜ-Bund ist erforderlich, dass die vom Beschäftigten auszuübende Tätigkeit zum Überleitungszeitpunkt am 1. Oktober 2005 die Anforderungen desjenigen Tätigkeitsmerkmales nach der Anlage 1a zum BAT erfüllt, das eine Höhergruppierung durch Bewährungsaufstieg ermöglicht.
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aa) Die Besitzstandsregelung des § 8 Abs. 3 Satz 1 TVÜ-Bund, die ua. die vorliegend einschlägige entsprechende Geltung von § 8 Abs. 1 TVÜ-Bund voraussetzt, enthält lediglich eine Ausnahme von der sog. Hälftigkeitsregelung des § 8 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Bund(Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVÜ-Bund/TVÜ-VKA Rn. 105c; Sponer/Steinherr TVöD Stand März 2013 § 8 TVÜ-Bund Nr. 2.1.1). Eine entsprechende Anwendung des § 8 Abs. 1 Satz 1 TVÜ-Bund erfordert weiterhin, dass die Beschäftigten, die in eine der genannten Entgeltgruppen des TVöD übergeleitet worden sind, „bei Fortgeltung des bisherigen Tarifrechts“ zu einem individuellen Aufstiegszeitpunkt „höhergruppiert wären“. Das setzt voraus, dass die Beschäftigten zum Überleitungszeitpunkt das Tätigkeitsmerkmal derjenigen Vergütungsgruppe erfüllt hatten, welches den Bewährungsaufstieg ermöglicht (so auch Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVÜ-Bund § 8 Rn. 35: „im früheren Recht begonnenen Aufstiegen“, Rn. 42). Von diesem Erfordernis sieht § 8 Abs. 3 TVÜ-Bund keine Ausnahme vor.
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bb) Diese Voraussetzung entspricht dem Sinn und Zweck des § 8 TVÜ-Bund, der im 3. Abschnitt „Besitzstandsregelungen“ des TVÜ-Bund steht. Die Tarifvertragsparteien wollten als Ausnahme zu § 17 Abs. 5 Satz 1 TVöD, nach dem auch die übergangsweise weitergeltenden Eingruppierungsregelungen keinen Aufstieg mehr ermöglichen, für die Beschäftigten, deren Höhergruppierungen nach dem 30. September 2005 anstanden, eine Besitzstandsregelung schaffen. Damit sollte allerdings nicht das System des Bewährungsaufstiegs für jene Beschäftigte „fortgeschrieben“ werden, denen erst nach dem Inkrafttreten des TVöD eine Tätigkeit übertragen wird, die nach den Tätigkeitsmerkmalen des BAT einen Bewährungsaufstieg ermöglicht hätte. Sinn und Zweck der Besitzstandsregelung würden verkannt, wenn man auch nach dem Überleitungszeitpunkt erfolgte Umgruppierungen unter Außerachtlassung des § 17 Abs. 5 Satz 1 TVöD noch von der Bestimmung des § 8 Abs. 3 TVÜ-Bund als erfasst ansähe.
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b) Danach kann sich die Klägerin für ihr Begehren nicht auf § 8 Abs. 3 Satz 1 TVÜ-Bund stützen. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts übte sie am 1. Oktober 2005 keine Tätigkeit aus, die einen Bewährungsaufstieg in die VergGr. Vb, Fallgr. 1c BAT ermöglicht hätte. Soweit die Tätigkeit der Klägerin nach dem Vorbringen der Parteien entsprechend dem Schreiben vom 19. November 2003 ab dem 25. März 2007 das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. Vc, Fallgr. 1a BAT erfülle, reicht dies nicht aus.
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c) Entgegen der Auffassung der Klägerin verstößt die tarifliche Regelung des § 8 Abs. 3 Satz 1 TVÜ-Bund nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG, weil sie zum Überleitungszeitpunkt eine Eingruppierung in eine Vergütungs- und Fallgruppe voraussetzt, die einen Bewährungsaufstieg ermöglicht.
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aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind Stichtagsregelungen „Typisierungen in der Zeit“. Sie sind Ausdruck einer pauschalisierenden Betrachtung, ohne die insbesondere eine Umstellung von Vergütungssystemen nicht durchführbar wäre. Solche Regelungen sind aus Gründen der Praktikabilität - ungeachtet damit eventuell verbundener Härten - zur Abgrenzung der begünstigten Personenkreise sachlich gerechtfertigt, wenn sich die Wahl des Stichtags am gegebenen Sachverhalt orientiert (vgl. nur BAG 15. September 2009 - 9 AZR 685/08 - Rn. 30; 13. August 2009 - 6 AZR 244/08 - Rn. 22; 18. Dezember 2008 - 6 AZR 287/07 - Rn. 22, BAGE 129, 93; 25. April 2007 - 6 AZR 746/06 - Rn. 31, BAGE 122, 215). Insbesondere bei der Einführung einer neuen Entgeltordnung wie der des TVöD müssen die Tarifvertragsparteien notwendigerweise generalisieren, pauschalieren und typisieren, ohne dabei jeder Besonderheit gerecht werden zu können. Bei der Regelung von derartigen Massenerscheinungen liegen Randunschärfen in der Natur der Sache (ausf. BAG 18. Dezember 2008 - 6 AZR 287/07 - Rn. 26, aaO). Angesichts der Komplexität und der Vielzahl der zu regelnden Fallgestaltungen war es nicht möglich, eine Entgeltstruktur zu schaffen, die keine Nachteile für einzelne Beschäftigte oder Beschäftigungsgruppen in der Vergütungsstruktur gegenüber dem bisherigen Recht mit sich brachte. Nur mit Kompromissen beider Tarifvertragsparteien war der Einstieg in eine neue Entgeltstruktur für den öffentlichen Dienst möglich ( BAG 17. Dezember 2009 - 6 AZR 665/08 - Rn. 21 f. ).
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bb) Den Tarifvertragsparteien des TVöD war deshalb nicht durch Art. 3 Abs. 1 GG verwehrt, eine Aussicht auf eine erst in der Zukunft anstehende Höhergruppierung(vgl. BAG 14. Juni 1995 - 4 AZR 225/94 - zu II 7 der Gründe) nur dann in die Besitzstandsregelungen des § 8 Abs. 3 TVÜ-Bund aufzunehmen, wenn die Bewährungszeit zum Überleitungszeitpunkt bereits begonnen hatte. Zugleich konnten sie, nachdem Bewährungsaufstiege im neuen Entgeltsystem des TVöD nicht mehr vorgesehen sind, ohne Verstoß gegen den Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG davon absehen, weitergehende Erwartungen zu schützen, die sich überhaupt erst aufgrund einer möglichen Änderung der auszuübenden Tätigkeit nach dem Überleitungszeitpunkt - vorliegend diejenige der Klägerin ab dem 25. März 2007 (s. oben II 2 b) - hätten ergeben können (s. auch BAG 17. Dezember 2009 - 6 AZR 665/08 - Rn. 27; 13. August 2009 - 6 AZR 177/08 - Rn. 32).
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Hinzu kommt für den Beschäftigtenkreis, der in Anwendung des § 8 TVÜ-Bund höhergruppiert wird, dass die Berechnungsregelungen des § 6 Abs. 2 TVÜ-Bund, die verlängerten Stufenlaufzeiten und der Ausschluss der Stufen 5 und 6 der Entgeltgruppe 9 TVöD eingreifen(vgl. Anlage 2 TVÜ-Bund). Demgegenüber wird bei Beschäftigten, denen - wie der Klägerin - erst nach dem 1. Oktober 2005 eine solche Tätigkeit übertragen wurde, das dann erworbene Erfahrungswissen jedenfalls bei der Stufenzuordnung berücksichtigt. Zudem haben die Tarifvertragsparteien unmittelbare vergütungsrechtliche Nachteile für die betroffenen Beschäftigten vermieden, indem sie durch §§ 5 bis 7 TVÜ-Bund sichergestellt haben, dass jeder Übergeleitete grundsätzlich zumindest sein bisheriges Entgelt weiter erhält.
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d) Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG kann bei der gebotenen typisierenden Betrachtung auch nicht deshalb angenommen werden, weil - wie die Revision meint - abhängig von den Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 oder Abs. 3 TVÜ-Bund eine „identische Tätigkeit von Mitarbeitern bei demselben Arbeitgeber“ unterschiedlich nach der Entgeltgruppe 8 oder 9 TVöD vergütet werde. Ein solches Ergebnis lässt sich auch nicht aus den von der Klägerin herangezogenen Ausführungen des Sechsten Senats ( BAG 17. Dezember 2009 - 6 AZR 665/08 - Rn. 24) entnehmen.
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Die Klägerin zeigt schon eine vergütungsrechtlich „identische Tätigkeit“ der verschiedenen Beschäftigten nicht auf. Die Tarifvertragsparteien des TVÜ-Bund konnten in Anbetracht ihres weiten Gestaltungsspielraums, der ihnen bei der vergütungsrechtlichen Bewertung zukommt (zu den Maßstäben ausf. BAG 25. Januar 2012 - 4 AZR 147/10 - Rn. 31 f. mwN), berücksichtigen, dass die Beschäftigten, die bereits am 1. Oktober 2005 eine Tätigkeit nach der VergGr. Vc, Fallgr. 1a BAT auszuüben hatten, im Verhältnis zu denjenigen, die - wie die Klägerin - erst später mit einer solchen betraut wurden, über eine längere Beschäftigungsdauer in dieser Vergütungs- und Fallgruppe verfügen und daher bei einer generalisierenden Betrachtung von einem höheren Erfahrungswissen in dieser auszuübenden Tätigkeit auszugehen ist. Dieses wird sie regelmäßig befähigen, ihre Arbeit besser zu verrichten (zu dessen Berücksichtigung bei der Entgeltfindung s. nur BAG 27. Januar 2011 - 6 AZR 578/09 - Rn. 26, 35 und - 6 AZR 526/09 - Rn. 35 ff., BAGE 137, 80).
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Darüber hinaus sind die Tarifvertragsparteien auch dann, wenn eine identische Tätigkeit vorliegen sollte, befugt, soziale Besitzstände und tatsächliche Aussichten, die zu einem bestimmten Zeitpunkt bestehen, durch tarifliche Besitzstandsregelungen zu schützen ( s. nur BAG 2. August 2006 - 10 AZR 572/05 - Rn. 30 ; zum Gestaltungsspielraum der Tarifvertragsparteien in diesem Zusammenhang 18. September 2012 - 3 AZR 382/10 - Rn. 44).
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III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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Eylert
Creutzfeldt
Treber
Kiefer
Fritz
(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.
(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,
- a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist, - b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt, - c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder - d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.
(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft - a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen, - b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder - c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
- 3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.
(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.
(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.
(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.
(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.
(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.
(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
- 1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.
(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.
(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.
(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.
(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.