Landesarbeitsgericht Düsseldorf Urteil, 14. Okt. 2015 - 1 Sa 733/15

ECLI:ECLI:DE:LAGD:2015:1014.1SA733.15.00
bei uns veröffentlicht am14.10.2015

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts

Essen vom 24.06.2015 - 6 Ca 1223/15 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 29 % und die Beklagte zu 71 %.

Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.


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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 72 Grundsatz


(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist.

Arbeitsgerichtsgesetz - ArbGG | § 64 Grundsatz


(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt. (2) Die Berufung kann nur eingelegt werden, a) wenn sie in dem Urtei

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 613a Rechte und Pflichten bei Betriebsübergang


(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rec

Kündigungsschutzgesetz - KSchG | § 4 Anrufung des Arbeitsgerichts


Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung er

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 164 Wirkung der Erklärung des Vertreters


(1) Eine Willenserklärung, die jemand innerhalb der ihm zustehenden Vertretungsmacht im Namen des Vertretenen abgibt, wirkt unmittelbar für und gegen den Vertretenen. Es macht keinen Unterschied, ob die Erklärung ausdrücklich im Namen des Vertretenen

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 177 Vertragsschluss durch Vertreter ohne Vertretungsmacht


(1) Schließt jemand ohne Vertretungsmacht im Namen eines anderen einen Vertrag, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags für und gegen den Vertretenen von dessen Genehmigung ab. (2) Fordert der andere Teil den Vertretenen zur Erklärung über die Gene

Handelsgesetzbuch - HGB | § 105


(1) Eine Gesellschaft, deren Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma gerichtet ist, ist eine offene Handelsgesellschaft, wenn bei keinem der Gesellschafter die Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern beschränk

Handelsgesetzbuch - HGB | § 1


(1) Kaufmann im Sinne dieses Gesetzbuchs ist, wer ein Handelsgewerbe betreibt. (2) Handelsgewerbe ist jeder Gewerbebetrieb, es sei denn, daß das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erf

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 180 Einseitiges Rechtsgeschäft


Bei einem einseitigen Rechtsgeschäft ist Vertretung ohne Vertretungsmacht unzulässig. Hat jedoch derjenige, welchem gegenüber ein solches Rechtsgeschäft vorzunehmen war, die von dem Vertreter behauptete Vertretungsmacht bei der Vornahme des Rechtsges

Handelsgesetzbuch - HGB | § 2


Ein gewerbliches Unternehmen, dessen Gewerbebetrieb nicht schon nach § 1 Abs. 2 Handelsgewerbe ist, gilt als Handelsgewerbe im Sinne dieses Gesetzbuchs, wenn die Firma des Unternehmens in das Handelsregister eingetragen ist. Der Unternehmer ist berec

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 112a Erzwingbarer Sozialplan bei Personalabbau, Neugründungen


(1) Besteht eine geplante Betriebsänderung im Sinne des § 111 Satz 3 Nr. 1 allein in der Entlassung von Arbeitnehmern, so findet § 112 Abs. 4 und 5 nur Anwendung, wenn 1. in Betrieben mit in der Regel weniger als 60 Arbeitnehmern 20 vom Hundert der r

Handelsgesetzbuch - HGB | § 123


(1) Die Wirksamkeit der offenen Handelsgesellschaft tritt im Verhältnisse zu Dritten mit dem Zeitpunkt ein, in welchem die Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen wird. (2) Beginnt die Gesellschaft ihre Geschäfte schon vor der Eintragung,

Handelsgesetzbuch - HGB | § 3


(1) Auf den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft finden die Vorschriften des § 1 keine Anwendung. (2) Für ein land- oder forstwirtschaftliches Unternehmen, das nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erford

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Tenor 1.Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 28.04.2015 nicht zum 30.06.2015 beendet wird. 2.Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 3.Die Kosten des Rechts tragen die Klägerin zu 5/6 und die Beklagte zu 1/6

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Tenor

1.Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 28.04.2015 nicht zum 30.06.2015 beendet wird.

2.Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3.Die Kosten des Rechts tragen die Klägerin zu 5/6 und die Beklagte zu 1/6.

4.Der Streitwert beträgt 11.412,00 €.


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(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

Tenor

1.Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 28.04.2015 nicht zum 30.06.2015 beendet wird.

2.Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3.Die Kosten des Rechts tragen die Klägerin zu 5/6 und die Beklagte zu 1/6.

4.Der Streitwert beträgt 11.412,00 €.


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Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 1. August 2013 - 8 Sa 215/13 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen betriebsbedingten Kündigung.

2

Der Kläger war seit dem Jahr 1995 als Zivilangestellter bei den britischen Streitkräften in Deutschland (künftig BFG) beschäftigt und zuletzt als Lagerverwalter in der Dienststelle M tätig. Im Arbeitsvertrag ist Bezug genommen auf die Bestimmungen des Tarifvertrags für die Arbeitnehmer der Stationierungsstreitkräfte im Gebiet der BRD (TV AL II) in der jeweils gültigen Fassung.

3

Mit Wirkung zum 8. August 2011 übertrugen die BFG ihr an einzelnen Standorten bearbeitetes Facilities Management auf die neu gegründete Firma B S S GmbH (künftig BSSG). BFG und BSSG unterrichteten mit einem gemeinsamen Informationsschreiben vom 17. Mai 2011 die in dem Bereich tätigen Zivilangestellten - darunter den Kläger - über den bevorstehenden Betriebsteilübergang und Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse auf die BSSG. In dem Schreiben heißt es ua.:

        

„...   

        

wie wir Ihnen bereits mitgeteilt haben, beabsichtigt [das Vereinigte Königreich], …, nachfolgend auch ‚British Forces Germany‛ bzw. ‚BFG‛ genannt, seine gesamten Facilities Management (FM) Tätigkeiten in Deutschland ab dem 08.08. 2011, 0:00 Uhr (nachfolgend ‚Übergangsstichtag‛ genannt) von der [BSSG] ausführen zu lassen und die für die Erfüllung dieser Aufgaben wesentlichen Betriebsmittel mit Wirkung zum Übergangsstichtag auf die BSSG zu übertragen.

        

...     

        

I.    

Erwerber

        

Bei der BSSG handelt es sich um eine am 05.01.2011 neu gegründete GmbH mit Sitz in … BSSG ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der B I G PLC. …

        

…       

        
        

III.   

Rechtliche, wirtschaftliche und soziale Folgen des Übergangs für die betroffenen Arbeitnehmer

        

…       

        
        

6.    

Konsequenzen des Betriebsteilübergangs für tarifvertragliche Rechte und Pflichten

        

Die BSSG ist nicht tarifgebunden.

        

Die Bundesrepublik Deutschland hat demgegenüber im Einvernehmen mit den obersten Behörden der Stationierungsstreitkräfte eine Reihe von Tarifverträgen abgeschlossen, die auf alle in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmer der BFG Anwendung finden, die entweder Mitglied der tarifschließenden Gewerkschaft sind oder deren Arbeitsvertrag auf diese Tarifverträge Bezug nimmt. Dies sind insbesondere die folgenden Tarifverträge, die in jeder der Beschäftigungsdienststellen ... zur Einsicht ausliegen:

        

-       

Tarifvertrag für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TV AL II),

        

-       

Tarifvertrag über Rationalisierungs-, Kündigungs- und Einkommensschutz (SchutzTV) und

        

-       

Tarifvertrag zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TV Soziale Sicherung).

        

Da die BSSG nicht tarifgebunden ist, werden die durch diese Tarifverträge geregelten Rechte und Pflichten, soweit Sie am Übergangsstichtag Mitglied der tarifabschließenden Gewerkschaft sind, am Übergangsstichtag zum Inhalt Ihres Arbeitsverhältnisses und dürfen für die Dauer eines Jahres nicht zu Ihrem Nachteil auf einzelvertraglicher Ebene geändert werden. ...

                 

Soweit arbeitsvertraglich die Anwendung tarifvertraglicher Regelungen vereinbart wurde, werden diese Vereinbarungen durch den Betriebsteilübergang nicht berührt; die Bezugnahme bleibt mit dem zum Übergangsstichtag maßgeblichen Inhalt unverändert gültig.

        

…       

        
        

11.     

§ 112a Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG)

        

Bitte beachten Sie, dass die BSSG als neu gegründete Gesellschaft dem Anwendungsbereich von § 112a Abs. 2 BetrVG unterfällt. Dies hat zur Folge, dass innerhalb der ersten vier Jahre nach der Gründung der BSSG im Fall einer Betriebsänderung gemäß § 111 BetrVG ein Sozialplan nicht erzwungen werden kann. Soweit auf Ihr Arbeitsverhältnis auch nach dem Übergangsstichtag der SchutzTV Anwendung findet, haben Sie, soweit Sie von der BSSG aus einem der in dem SchutzTV genannten Gründen gekündigt werden, gleichwohl Anspruch auf Leistungen nach dem SchutzTV.“

4

Der Kläger war ab dem 8. August 2011 zunächst für die BSSG tätig. Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 12. Juni 2012 widersprach er dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die BSSG und bot seine Arbeitsleistung wieder den BFG an. Er berief sich auf Mängel des Unterrichtungsschreibens. Ab dem 28. Juni 2012 wurde er faktisch erneut für die BSSG tätig.

5

Mit Schreiben vom 30. Oktober 2012 kündigten die BFG das Arbeitsverhältnis - nach Beteiligung der Betriebsvertretung - außerordentlich mit sozialer Auslauffrist zum 31. Mai 2013.

6

Dagegen hat der Kläger rechtzeitig die vorliegende Klage erhoben. Zudem hat er für den Zeitraum vom 12. Juni 2012 bis zur Weiterbeschäftigung bei der BSSG Zahlung seiner Vergütung aufgrund Annahmeverzugs verlangt. Er hat gemeint, sein Arbeitsverhältnis habe über den Zeitpunkt des Betriebsteilübergangs hinaus zum Vereinigten Königreich fortbestanden. Sein Widerspruch gegen den Übergang sei rechtzeitig erfolgt. Das Unterrichtungsschreiben vom 17. Mai 2011 habe nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprochen. Es fehle ein Hinweis darauf, dass bereits zum damaligen Zeitpunkt geplant gewesen sei, den Standort M zum Ende des Jahres 2013 zu schließen. Außerdem sei durch das Schreiben der Eindruck erweckt worden, der Tarifvertrag zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der BRD (TV SozSich) komme auch nach dem Übergang voll zur Geltung. Richtigerweise hätten die Beschäftigten darauf hingewiesen werden müssen, dass die BSSG davon ausgehe, die tariflichen Regelungen seien nach dem Übergang nicht mehr anwendbar, und sie bei Schließung des Standorts keine Überbrückungsbeihilfen zahlen werde. Die Arbeitnehmer eines anderen Standorts seien dahingehend unterrichtet worden. Auch seien die Informationen über die Fortführung der Gruppenversicherungsverträge unrichtig gewesen. Die Kündigung vom 30. Oktober 2012 sei unwirksam. Er habe auf einer freien Stelle als Lagerverwalter in B oder am Standort M weiterbeschäftigt werden können. Für den Fall der Wirksamkeit der Kündigung sei festzustellen, dass zwischen ihm und dem Vereinigten Königreich bis zum 31. Mai 2013 ein Arbeitsverhältnis bestanden und der Kündigung eine Personaleinschränkung im Sinne des TV SozSich zugrunde gelegen habe.

7

Der Kläger hat - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - zweitinstanzlich beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das zwischen ihm und der Beklagten bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 30. Oktober 2012 nicht beendet wurde,

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.521,45 Euro brutto nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2012 zu zahlen,

        

3.    

für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1. festzustellen, dass zwischen ihm und der Beklagten bis zum 31. Mai 2013 ein Arbeitsverhältnis bestanden hat und die Kündigung wegen einer Personaleinschränkung iSd. § 2 Nr. 1 des Tarifvertrags vom 31. August 1971 zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der BRD erfolgt ist.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, in Folge der Ausgliederung des Facilities Managements und seiner Übertragung auf die BSSG sei das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Vereinigten Königreich auf die BSSG übergegangen. Der Widerspruch des Klägers sei verspätet. Falls es darauf ankomme, sei die vorsorglich erklärte Kündigung wirksam. Der Arbeitsplatz des Klägers sei infolge des Betriebsübergangs weggefallen. Alternative Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten am Standort M oder innerhalb des Einzugsbereichs habe es nicht gegeben. Soweit der Kläger sich auf freie Arbeitsplätze an anderen Standorten berufe, hätten diese nicht zur Verfügung gestanden. Für die freie Stelle eines Lagerverwalters in B seien vorrangig andere Mitarbeiter der Dienststellen M, G und B zu berücksichtigen gewesen. Bei diesen habe es sich zum Teil um Mitglieder der dortigen Betriebsvertretungen gehandelt. Der betreffende Arbeitsplatz sei bis zu einer endgültigen Auswahlentscheidung mit einem anderen Mitarbeiter besetzt und schließlich aufgrund weiterer Umstrukturierungsmaßnahmen mit Wirkung zum 16. März 2013 abgebaut worden. Einer Sozialauswahl habe es nicht bedurft. Der Kläger sei aufgrund seiner Personalverantwortung als einziger Mitarbeiter am Standort M der Vergütungsgruppe C4a zugeordnet gewesen. Im Übrigen sei er nicht sozial schutzwürdiger als andere Mitarbeiter.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Die für den Fall des Unterliegens mit dem Kündigungsschutzantrag gestellten Hilfsanträge fallen nicht zur Entscheidung an.

11

I. Die Klage ist zulässig.

12

1. Die auch noch in der Revisionsinstanz zu überprüfende Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit ist gemäß Art. 56 Abs. 8 Satz 1 ZA-NTS(BGBl. II 1961, S. 1218, 1278) gegeben. Der Kläger war ziviler Bediensteter bei den BFG. Die Klage richtet sich gemäß Art. 56 Abs. 8 Satz 2 ZA-NTS gegen die beklagte Bundesrepublik, die in Prozessstandschaft für den Entsendestaat - hier das Vereinigte Königreich - auftritt(vgl. BAG 20. Februar 2014 - 2 AZR 248/13 - Rn. 11; 25. Oktober 2012 - 2 AZR 552/11 - Rn. 17).

13

2. Der Kündigungsschutzantrag ist dahin zu verstehen, dass der Kläger das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zwischen ihm und dem Vereinigten Königreich - und nicht zwischen ihm und der Bundesrepublik Deutschland - festgestellt wissen will.

14

a) Klageanträge sind der Auslegung durch das Revisionsgericht zugänglich. Dabei sind die für Willenserklärungen geltenden Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB) heranzuziehen. Für das Verständnis eines Klageantrags ist deshalb nicht am buchstäblichen Wortlaut des Antrags zu haften. Das Gericht hat den erklärten Willen zu erforschen, wie er sich aus der Klagebegründung, dem Prozessziel und der Interessenlage ergibt. Im Zweifel ist das gewollt, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der richtig verstandenen Interessenlage des Antragstellers entspricht (BAG 26. März 2013 - 3 AZR 77/11 - Rn. 17).

15

b) Danach hat der Kündigungsschutzantrag das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Vereinigten Königreich zum Gegenstand. Dem Wortlaut des Antrags nach geht es zwar um ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten dieses Rechtsstreits, der Bundesrepublik Deutschland. Darin liegt jedoch eine offensichtliche Falschbezeichnung. Die Bundesrepublik Deutschland ist im vorliegenden Rechtsstreit lediglich Prozessstandschafterin für das Vereinigte Königreich. Arbeitgeber der bei den Stationierungsstreitkräften beschäftigten Arbeitskräfte bleibt dagegen der Entsendestaat (BAG 20. Februar 2014 - 2 AZR 248/13 - Rn. 22; 9. Februar 1993 - 1 ABR 43/92 - zu B II 2 c der Gründe mwN).

16

II. Die Kündigungsschutzklage ist begründet. Das Arbeitsverhältnis des Klägers bestand trotz des Betriebsteilübergangs auf die BSSG zum Vereinigten Königreich fort. Die Kündigung vom 30. Oktober 2012 hat es nicht aufgelöst.

17

1. Zwischen dem Kläger und dem Vereinigten Königreich bestand über den Zeitpunkt des Betriebsteilübergangs hinaus ein Arbeitsverhältnis.

18

a) Streitgegenstand einer Kündigungsschutzklage mit einem Antrag nach § 4 Satz 1 KSchG ist, ob das Arbeitsverhältnis der Parteien aus Anlass einer bestimmten Kündigung zu dem in ihr vorgesehenen Termin aufgelöst worden ist. Die begehrte Feststellung erfordert nach dem Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung eine Entscheidung über das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zum Zeitpunkt der Kündigung (BAG 26. September 2013 - 2 AZR 682/12 - Rn. 18, BAGE 146, 161; 22. November 2012 - 2 AZR 732/11 - Rn. 19).

19

b) Das Arbeitsverhältnis des Klägers bestand trotz des Betriebsteilübergangs zum Vereinigten Königreich fort. Der Kläger hat dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die BSSG mit rechtlichem Erfolg widersprochen.

20

aa) Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Betriebsteil Facilities Management mit Wirkung zum 8. August 2011 auf die BSSG übergegangen ist. Dem Übergang eines gesamten Betriebs steht, soweit es um die Voraussetzungen und die Rechtsfolgen des § 613a BGB geht, der Übergang eines Betriebsteils gleich(vgl. BAG 22. Mai 2014 - 8 AZR 1069/12 - Rn. 26).

21

bb) Die Vorschrift des § 613a BGB ist anwendbar, obwohl die BFG kein privates Unternehmen sind.

22

(1) Öffentlich-rechtlich organisierte Einheiten zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben - und damit auch militärische Einrichtungen (vgl. BAG 25. September 2003 - 8 AZR 421/02 - zu II 1 c der Gründe) - können Betriebe iSv. § 613a Abs. 1 BGB sein. Allerdings kommt § 613a Abs. 1 BGB iVm. der Richtlinie 2001/23/EG (ABl. L 82 vom 22. März 2001, S. 16) im öffentlichen Dienst grundsätzlich nur bei der Übertragung wirtschaftlicher Tätigkeiten, nicht aber von Tätigkeiten in Ausübung hoheitlicher Befugnisse zur Anwendung (EuGH 6. September 2011 - C-108/10 - [Scattolon] Rn. 53 f., Slg. 2011, I-7491; BAG 22. Mai 2014 - 8 AZR 1069/12 - Rn. 24). Als wirtschaftlich gelten auch solche Tätigkeiten, die im allgemeinen Interesse und ohne eigenen Erwerbszweck erbracht werden, wenn sie im Wettbewerb mit den Diensten von Wirtschaftsteilnehmern stehen, die ihrerseits einen Erwerbszweck verfolgen (EuGH 6. September 2011 - C-108/10 - [Scattolon] Rn. 44, aaO; BAG 22. Mai 2014 - 8 AZR 1069/12 - Rn. 35). Dagegen liegt eine Ausübung hoheitlicher Befugnisse vor, wenn in einer hinreichend qualifizierten Weise von Sonderrechten, Hoheitsprivilegien oder Zwangsbefugnissen Gebrauch gemacht wird (vgl. EuGH 29. April 2010 - C-160/08 - [Kommission/Deutschland] Rn. 79, Slg. 2010, I-3713; BAG 22. Mai 2014 - 8 AZR 1069/12 - Rn. 34; 10. Mai 2012 - 8 AZR 434/11 - Rn. 35).

23

(2) Danach unterlag die Organisationseinheit des Facilities Managements der BFG dem Anwendungsbereich von § 613a BGB. Die in diesem Bereich ausgeübten Service-Tätigkeiten waren nicht mit der Ausübung von Sonderrechten, Hoheitsprivilegien oder Zwangsbefugnissen verbunden. Es handelte sich um wirtschaftliche Tätigkeiten ohne Erwerbszweck bei einer öffentlich-rechtlichen Stelle.

24

cc) Der Kläger hat dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die BSSG rechtzeitig widersprochen. Das Unterrichtungsschreiben vom 17. Mai 2011 entsprach nicht den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB, so dass es die Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB nicht in Gang gesetzt hat. Das Schreiben informierte nicht ausreichend über die wirtschaftlichen Folgen des Betriebsteilübergangs iSv. § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB. Dazu hätte es einer Stellungnahme nicht nur zur möglichen Fortgeltung, sondern auch zur Anwendbarkeit des TV SozSich bei der BSSG bedurft. Ob die Unterrichtung - wie vom Kläger geltend gemacht - mit weiteren Mängeln behaftet war, bedarf keiner Entscheidung.

25

(1) Die einmonatige Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB wird nur durch eine ordnungsgemäße Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB in Lauf gesetzt(st. Rspr., vgl. BAG 14. November 2013 - 8 AZR 824/12 - Rn. 18 mwN). Der Arbeitnehmer soll durch die Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB eine ausreichende Tatsachengrundlage für eine sachorientierte Entscheidung darüber erhalten, ob er sein Widerspruchsrecht ausüben soll oder nicht(vgl. BT-Drs. 14/7760 S. 19). § 613a Abs. 5 BGB gebietet daher eine Information des Arbeitnehmers auch über die mittelbaren Folgen eines Betriebsübergangs - etwa darüber, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen beim Erwerber zu einer Gefährdung der wirtschaftlichen Absicherung der Arbeitnehmer führen -, wenn darin ein relevantes Kriterium für einen möglichen Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses gesehen werden muss( BAG 14. November 2013 - 8 AZR 824/12 - Rn. 30; 31. Januar 2008 - 8 AZR 1116/06  - Rn. 32 ). Zu den wirtschaftlichen Folgen iSv. § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB gehören auch solche Veränderungen, die sich den Bestimmungen des § 613a Abs. 1 bis Abs. 4 BGB nicht als unmittelbare rechtliche Folge entnehmen lassen( BAG 14. November 2013 - 8 AZR 824/12 - aaO für eine Sozialplanprivilegierung der Erwerberin nach § 112a Abs. 2 BetrVG; 10. November 2011 - 8 AZR 430/10  - Rn. 28 ). Eine Unterrichtung über komplexe Rechtsfragen ist allerdings dann nicht fehlerhaft, wenn der Arbeitgeber dabei nach angemessener Prüfung der Rechtslage, die ggf. die Einholung von Rechtsrat über die höchstrichterliche Rechtsprechung verlangt, eine rechtlich vertretbare Position einnimmt (BAG 13. Juli 2006 - 8 AZR 303/05 - Rn. 23, BAGE 119, 81). Eine umfassende Rechtsberatung jedes einzelnen Arbeitnehmers kann nicht verlangt werden. Die Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB dient nicht dazu, den Arbeitnehmer über alle ihn möglicherweise treffenden individuellen Folgen des Betriebsübergangs zu informieren. Sie soll ihn lediglich in die Lage versetzen, sich auf ihrer Grundlage ggf. weitergehend zu informieren oder beraten zu lassen. Es obliegt dem Arbeitnehmer, die Angaben des Arbeitgebers - und sei es nach weiteren Erkundigungen - in sein persönliches Arbeitsverhältnis umzusetzen (BAG 10. November 2011 - 8 AZR 430/10 - Rn. 36).

26

(2) Danach hat der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses mit Schreiben vom 12. Juni 2012 rechtzeitig widersprochen. Die Unterrichtung vom 17. Mai 2011 genügte nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB. Bei den Angaben zur künftigen Anwendung der Regeln des TV SozSich fehlte ein Hinweis darauf, dass Ansprüche aus dem Tarifvertrag nach dem Betriebsübergang womöglich nicht mehr entstehen konnten.

27

(a) Im Unterrichtungsschreiben vom 17. Mai 2011 ist in Ziff. III 6 ausgeführt, dass die in den dort genannten Tarifverträgen - ua. dem TV SozSich - getroffenen Vereinbarungen durch den Betriebsteilübergang nicht berührt würden, soweit die Geltung der Tarifverträge arbeitsvertraglich vereinbart worden sei. Das Schreiben enthält jedoch keine Aussage zu der Frage, ob Ansprüche auf Überbrückungsbeihilfen nach dem TV SozSich gegenüber der privatrechtlich organisierten Erwerberin in Anbetracht der Voraussetzungen gemäß § 2 Ziff. 1 TV SozSich überhaupt noch in Betracht kamen. Nach § 2 Ziff. 1 TV SozSich haben Anspruch auf Leistungen nach diesem Tarifvertrag Arbeitnehmer, die wegen Personaleinschränkung infolge einer Verringerung der Truppenstärke oder einer aus militärischen Gründen angeordneten Auflösung bzw. Verlegung von Dienststellen oder Einheiten entlassen werden.

28

(b) Diese Frage hätten die Unterrichtenden zumindest aufwerfen und zu ihr einen vertretbaren Rechtsstandpunkt einnehmen müssen. Es handelt sich für die Arbeitnehmer um eine wesentliche rechtliche und wirtschaftliche Rahmenbedingung des Betriebsübergangs. Die Beklagte vermag sich nicht mit Erfolg darauf zu berufen, sie habe durch die Ausführungen zur Fortgeltung ua. des TV SozSich die Frage nach der Möglichkeit, die Anspruchsvoraussetzungen des § 2 TV SozSich auch im Verhältnis zur Erwerberin zu erfüllen, implizit bejaht. Mit der Geltung eines Tarifvertrags steht nicht zugleich fest, dass die in ihm vorgesehenen Voraussetzungen für einen Anspruch auf bestimmte Leistungen prinzipiell erfüllbar sind.

29

(aa) Bei den Leistungen nach dem TV SozSich handelt es sich um eine für die Arbeitnehmer wirtschaftlich bedeutsame Absicherung. Sie sind vergleichbar mit Leistungen aus einem Sozialplan. Nach § 4 Ziff. 5 Buchst. b TV SozSich besteht bei Entlassungen wegen einer Verringerung der Truppenstärke oder einer aus militärischen Gründen angeordneten Auflösung bzw. Verlegung von Dienststellen oder Einheiten Anspruch auf Zahlung von Überbrückungsbeihilfen bis zur Dauer von fünf Jahren. Den Arbeitnehmern wird durch die Überbrückungsbeihilfe im ersten Jahr ein Einkommen in Höhe von 100 vH des zuletzt bezogenen Grundentgelts und ab dem zweiten Jahr in Höhe von 90 vH garantiert. Darin liegt ein weitreichender wirtschaftlicher Ausgleich für die Folgen eines Arbeitsplatzverlustes aus den genannten Gründen. Es geht um Maßnahmen, die nach §§ 111 ff. BetrVG regelmäßig sozialplanpflichtig wären.

30

(bb) Das Fehlen einer Sozialplanpflichtigkeit des Erwerbers nach § 112a Abs. 2 BetrVG ist eine mit dem Betriebsübergang entstehende veränderte rechtliche Situation, die wegen der wirtschaftlichen Folgen für die betroffenen Arbeitnehmer im Unterrichtungsschreiben mitgeteilt werden muss(BAG 14. November 2013 - 8 AZR 824/12 - Rn. 31). Im vorliegenden Fall wurden die Arbeitnehmer zwar zutreffend über die Privilegierung der Erwerberin nach § 112a BetrVG informiert. Gerade weil die BSSG aber noch für längere Zeit von der Sozialplanpflicht befreit war, waren die Ansprüche auf Überbrückungsbeihilfen nach dem TV SozSich für die Arbeitnehmer von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung.

31

(cc) Ob solche Ansprüche nach dem TV SozSich auch gegenüber der BSSG würden entstehen können, betraf eine zumindest mittelbare rechtliche und wirtschaftliche Folge des Betriebsteilübergangs. Es wurde wegen des Übergangs auf eine privatrechtlich organisierte Erwerberin fraglich, ob die Voraussetzungen nach § 2 Ziff. 1 TV SozSich von den Arbeitnehmern überhaupt noch würden erfüllt werden können. Das war nicht unzweifelhaft. Die BSSG hatte sich nach dem unwidersprochenen Vorbringen des Klägers bereits in einem „Newsletter“ von Juni 2011 - und damit noch vor dem Übergangsstichtag - auf den Standpunkt gestellt, die Anspruchsvoraussetzungen für die im TV SozSich vorgesehenen Leistungen träfen auf sie nicht zu. Dennoch wurde der Kläger weder durch die Beklagte noch durch die Erwerberin darüber unterrichtet, welchen Rechtsstandpunkt sie insoweit für zutreffend hielten. Der Hinweis in Ziff. III 6 des Unterrichtungsschreibens auf die Fortgeltung - auch - des TV SozSich bei der Erwerberin genügte hierfür nicht. In Ziff. III 11 wiederum wurde lediglich über die Möglichkeit des Bezugs von Leistungen nach dem SchutzTV informiert.

32

(dd) Die unzureichende Information wirkt sich auch auf das Arbeitsverhältnis des Klägers aus. Zwar ist in seinem Arbeitsvertrag ausdrücklich nur auf den TV AL II, dh. den Mantel- und Entgelttarifvertrag für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Bezug genommen. Das Landesarbeitsgericht ist aber davon ausgegangen, auf das Arbeitsverhältnis des Klägers habe ua. der TV SozSich Anwendung gefunden. Die Parteien haben dagegen keine Einwände erhoben. Sie haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vielmehr bestätigt, dass die Bezugnahme, wie sie der Arbeitsvertrag des Klägers enthalte, durchgängig dahin verstanden worden sei, durch sie werde nicht nur der TV AL II, sondern das gesamte für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften abgeschlossene Tarifwerk vertraglich einbezogen. Damit liegt zumindest eine konkludente Bezugnahme auf den TV SozSich vor. Eine solche ist möglich. Der vertragliche Einbezug von Tarifregelungen setzt keine Schriftform voraus (BAG 19. Januar 1999 - 1 AZR 606/98 - zu III 1 der Gründe).

33

(ee) Ein ausdrücklicher Hinweis darauf, welchen Rechtsstandpunkt die Unterrichtenden bezüglich der Anwendbarkeit des TV SozSich nach dem Betriebsübergang einnähmen, war nicht deshalb entbehrlich, weil der Beklagten eine an jedem einzelnen Arbeitsverhältnis orientierte Fassung des Unterrichtungsschreibens nicht zumutbar gewesen wäre. Einer solchen spezifischen, je individuell ausgerichteten Information der einzelnen Arbeitnehmer bedurfte es nicht. Die Frage, ob die in § 2 TV SozSich geregelten Anspruchsvoraussetzungen bei der Erwerberin überhaupt erfüllbar waren, war vielmehr ebenso von genereller Bedeutung für alle Arbeitnehmer wie der Umstand, dass der Tarifvertrag als solcher fortgalt. Die Beantwortung dieser Frage war nicht abhängig von den Besonderheiten des einzelnen Arbeitsverhältnisses, sondern davon, wie die Tarifnorm insoweit generell zu verstehen wäre. Es ging nicht um Einzelfragen der individuellen Erfüllung von Anspruchsvoraussetzungen, sondern um eine für alle vom Betriebsübergang erfassten Arbeitnehmer entscheidende Vorfrage für die Möglichkeit, die BSSG ggf. nach dem TV SozSich in Anspruch nehmen zu können.

34

(ff) Eine Unterrichtung über den eigenen Standpunkt war den Beteiligten nicht deshalb unzumutbar, weil es sich um eine schwierig zu beantwortende Rechtsfrage handelte. § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB verpflichtet die Arbeitgeberseite in einem solchen Fall nicht zu der rechtlich objektiv zutreffenden Darstellung, sondern verlangt nur eine rechtlich vertretbare Auskunft(BAG 10. November 2011 - 8 AZR 430/10 - Rn. 29; 13. Juli 2006 - 8 AZR 303/05 - zu II 2 b aa der Gründe, BAGE 119, 81).

35

(3) Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, der Kläger habe sein Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB nicht verwirkt. Das dafür erforderliche Umstandsmoment liegt nicht vor (vgl. dazu BAG 17. Juni 2014 - 3 AZR 412/13 - Rn. 61).

36

2. Die außerordentliche Kündigung vom 30. Oktober 2012 hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst. Es fehlt an einem wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB. Ob das Arbeitsverhältnis des Klägers aufgrund der Vorschriften des SchutzTV ordentlich unkündbar war, bedarf keiner Entscheidung.

37

a) Sollte eine ordentliche Kündigung möglich sein, wäre das Vorliegen eines wichtigen Grundes schon deshalb zu verneinen. Eine außerordentliche Kündigung aus betrieblichen Gründen gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis ordentlich gekündigt werden kann, ist grundsätzlich unzulässig. Dem Arbeitgeber ist es, wenn die Weiterbeschäftigungsmöglichkeit aus betrieblichen Gründen entfällt, selbst im Insolvenzfall zuzumuten, die Kündigungsfrist einzuhalten (BAG 23. Januar 2014 - 2 AZR 372/13 - Rn. 16; 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - Rn. 14, BAGE 145, 265).

38

b) Auch wenn eine ordentliche Kündigung gegenüber dem Kläger gemäß § 8 Ziff. 1 SchutzTV ausgeschlossen war - und nicht der Ausnahmetatbestand nach § 8 Ziff. 2 SchutzTV vorlag -, ist die außerordentliche Kündigung vom 30. Oktober 2012 nicht gerechtfertigt.

39

aa) Eine auf betriebliche Gründe gestützte außerordentliche Kündigung kommt - unter Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist entsprechenden Auslauffrist - dann in Betracht, wenn die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung nicht besteht und dies dazu führt, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer anderenfalls trotz Wegfalls der Beschäftigungsmöglichkeit noch für Jahre vergüten müsste, ohne dass dem eine entsprechende Arbeitsleistung gegenüberstünde (BAG 23. Januar 2014 - 2 AZR 372/13 - Rn. 17; 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - Rn. 15, BAGE 145, 265). Der Arbeitgeber ist in diesem Fall allerdings wegen des Ausschlusses der ordentlichen Kündigung in einem besonderen Maß verpflichtet zu versuchen, die Kündigung durch geeignete andere Maßnahmen zu vermeiden. Besteht irgendeine Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis sinnvoll fortzusetzen, wird er den Arbeitnehmer in der Regel entsprechend einzusetzen haben. Erst wenn alle denkbaren Alternativen ausscheiden, kann ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung vorliegen (BAG 23. Januar 2014 - 2 AZR 372/13 - aaO; 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - aaO).

40

Zur Darlegung eines wichtigen Grundes für eine außerordentliche Kündigung aus betrieblichen Gründen hat der Arbeitgeber deshalb nicht nur darzutun, dass eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers am bisherigen Arbeitsplatz - hier infolge seiner Organisationsentscheidung - nicht mehr möglich ist. Er hat vielmehr außerdem und von sich aus darzulegen, dass überhaupt keine Möglichkeit besteht, das Arbeitsverhältnis - und sei es zu geänderten Bedingungen und nach entsprechender Umschulung - sinnvoll fortzusetzen (BAG 23. Januar 2014 - 2 AZR 372/13 - Rn. 22; 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - Rn. 36, BAGE 145, 265). Anders als bei der ordentlichen Kündigung (vgl. dazu etwa BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 552/11 - und - 2 AZR 561/11 -) reicht es nicht aus, dass der Arbeitgeber zunächst vorträgt, eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers sei infolge des Wegfalls des Arbeitsplatzes nicht möglich, und sodann eine dem widersprechende Darlegung des Arbeitnehmers abwartet. Das Fehlen jeglicher Beschäftigungsmöglichkeit zählt bei der außerordentlichen betriebsbedingten Kündigung zum „wichtigen Grund“. Es ist deshalb schon primär vom Arbeitgeber darzulegen (BAG 23. Januar 2014 - 2 AZR 372/13 - aaO; 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - aaO).

41

bb) Danach hält die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Kündigung vom 30. Oktober 2012 sei nicht durch einen wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB gerechtfertigt, einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass die BFG den Kläger auf dem Arbeitsplatz eines Lagerverwalters am Standort B nicht hätten weiterbeschäftigen können. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts war im Kündigungszeitpunkt davon auszugehen, dass dieser Arbeitsplatz spätestens bei Ablauf der Auslauffrist „frei“ wäre.

42

(1) Die zu berücksichtigenden Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten sind nicht auf den Einzugsbereich der Dienststelle iSv. § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b KSchG bzw. § 4 Ziff. 4 Buchst. d SchutzTV beschränkt. Im Fall einer - wie hier - außerordentlichen Kündigung erstrecken sich die Prüf- und Sondierungspflichten eines öffentlichen Arbeitgebers auf sämtliche Geschäftsfelder in seinem territorialen Einflussbereich (BAG 26. November 2009 - 2 AZR 272/08 - Rn. 35, BAGE 132, 299; KR/Fischermeier 10. Aufl. § 626 BGB Rn. 158a). Dafür spricht im Streitfall zudem, dass der Arbeitsvertrag des Klägers die Notwendigkeit besonderer örtlicher Flexibilität betont. Aus den Bestimmungen zum Unterbringungsanspruch in § 4 Ziff. 2 Buchst. d SchutzTV ergibt sich nichts anderes. § 4 SchutzTV regelt, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Weise ein Arbeitnehmer einen besonderen Anspruch auf Unterbringung im Einzugsbereich hat. Er befasst sich nicht mit den Anforderungen an eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB, wenn ein solcher Arbeitsplatz nicht zur Verfügung steht. Regelungen zum Kündigungsschutz enthält lediglich § 8 SchutzTV(vgl. BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 552/11 - Rn. 32).

43

(2) Selbst wenn die Stelle eines Lagerverwalters am Standort B - wie die Beklagte geltend macht - geringer wertig gewesen sein sollte als die des Klägers und es deshalb einer Änderungskündigung bedurft hätte, um sie ihm zu übertragen, wäre die Beendigungskündigung wegen eben dieser Möglichkeit unverhältnismäßig gewesen (vgl. dazu BAG 8. Mai 2014 - 2 AZR 1001/12 - Rn. 12 f.; 26. März 2009 - 2 AZR 879/07 - Rn. 25 ff.).

44

(3) Vorrangige Beschäftigungsansprüche anderer Arbeitnehmer standen einem Angebot an den Kläger, ihn auf der fraglichen Stelle weiterzubeschäftigen, nicht entgegen. Die nur vage Absicht des Arbeitgebers, eine freie Stelle anderweitig zu besetzen, entbindet diesen im Rahmen von § 626 Abs. 1 BGB nicht davon, sie dem tariflich besonders geschützten Arbeitnehmer anzubieten. Die Beklagte hat nicht behauptet, es habe festgestanden, dass der Arbeitsplatz für einen sonst schutzwürdigeren Arbeitnehmer benötigt worden sei. Ihre Aufklärungsrüge ist unbegründet.

45

(a) Die Ausführungen der Beklagten im Schriftsatz vom 5. Juli 2013 zu III und IV betrafen Mitarbeiter, die zwar sozial schutzwürdiger als der Kläger sein dürften, von denen die Beklagte aber nicht behauptet hat, sie hätten - ausgenommen ein Mitarbeiter, der im Vergleich zum Kläger gerade nicht sozial schutzwürdiger war - zur Kündigung angestanden und deshalb mit dem Kläger um die Weiterbeschäftigungsmöglichkeit in B objektiv konkurriert (vgl. zu einer solchen Fallgestaltung BAG 12. August 2010 - 2 AZR 945/08 - Rn. 40). Es bedarf daher keiner näheren Prüfung, ob sich die Beklagte anderenfalls mit Erfolg darauf berufen könnte, dass der Kläger auch bei einer sozialen Auswahl des für die Besetzung der Stelle zu berücksichtigenden Arbeitnehmers nicht zum Zuge gekommen wäre (zu diesem im Rahmen von § 1 Abs. 3 KSchG möglichen Einwand vgl. BAG 9. November 2006 - 2 AZR 812/05  - BAGE 120, 137 ).

46

(b) Auch zu V ihrer Ausführungen im Schriftsatz vom 5. Juli 2013 hat die Beklagte eine solche Konkurrenzsituation nicht behauptet. Sie hat vielmehr vorgebracht, gegenüber den betreffenden, nach § 15 KSchG geschützten Arbeitnehmern seien schon zu einem früheren Zeitpunkt Kündigungen ausgesprochen worden. Diese seien, als die Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers erklärt worden sei, Gegenstand gerichtlicher Verfahren gewesen. Auf diese Weise hat die Beklagte nicht dargelegt, dass die Stelle in B im Rahmen einer Konkurrenzsituation als anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit sowohl für den Kläger als auch für diese Arbeitnehmer in Betracht gekommen sei. Das Landesarbeitsgericht hat das Vorbringen der Beklagten dementsprechend zu Recht allein unter dem Gesichtspunkt gewürdigt, ob die Stelle in B im Zeitpunkt der Kündigung des Klägers „frei“ war. Dabei ist es zu dem Ergebnis gelangt, es habe im Zeitpunkt der Kündigung lediglich Überlegungen zur Neubesetzung der Stelle gegeben. Für eine Prognose, dass sie bei Ablauf der Kündigungsfrist anderweitig besetzt wäre, habe keine Grundlage bestanden. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Anders als in den Fällen, die den Entscheidungen des Senats vom 25. Oktober 2012 (- 2 AZR 552/11 - und - 2 AZR 561/11 -) zugrunde lagen, hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt, die Streitkräfte hätten entschieden, die Stelle bis auf Weiteres gar nicht zu besetzen. Es hat den Vortrag der Beklagten in vertretbarer Weise dahin verstanden, dass die im Kündigungszeitpunkt als „frei“ anzusehende Stelle weiterhin habe freigehalten werden sollen, um ggf. schutzwürdigere Arbeitnehmer unterbringen zu können. Dies hat es zu Recht als unbeachtlich angesehen.

47

(4) Der spätere Wegfall der Stelle in B ist für die Wirksamkeit der Kündigung vom 30. Oktober 2012 unbeachtlich. Diese ist aus der Sicht des Kündigungszeitpunkts zu beurteilen (vgl. nur BAG 27. Februar 1997 - 2 AZR 160/96 - zu II 2 c der Gründe, BAGE 85, 194). Die Beklagte hat nicht vorgetragen, dass der Wegfall der Stelle zu dieser Zeit bereits absehbar gewesen sei.

48

3. Die unwirksame außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist kann nicht gemäß § 140 BGB in eine ordentliche Kündigung umgedeutet werden. Dem steht entweder schon § 8 SchutzTV oder doch der Umstand entgegen, dass die Betriebsvertretung hierzu nicht nach Art. 56 Abs. 9 ZA-NTS iVm. § 91 Abs. 1 SoldG und § 79 Abs. 1 BPersVG beteiligt worden ist und eine ordentliche Kündigung daher wegen § 79 Abs. 4 BPersVG ihrerseits unwirksam wäre.

49

a) Nach § 68 Abs. 2 BPersVG ist die Personalvertretung zur Durchführung ihrer Aufgaben rechtzeitig und umfassend zu unterrichten. Für eine ordnungsgemäße Unterrichtung über eine geplante Kündigung muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat insbesondere die Art der beabsichtigten Kündigung mitteilen. Will er sich im Fall einer außerordentlichen Kündigung die Möglichkeit einer Umdeutung in eine ordentliche Kündigung offenhalten, muss er die Mitarbeitervertretung deutlich darauf hinweisen, dass die beabsichtigte außerordentliche Kündigung hilfsweise als ordentliche gelten soll. Die Beteiligung allein zu einer außerordentlichen ersetzt nicht die Anhörung zu einer ordentlichen Kündigung. Etwas anderes gilt nur dann, wenn das zu einer außerordentlichen Kündigung angehörte Gremium dieser ausdrücklich und vorbehaltlos zugestimmt hat und nicht ersichtlich ist, dass es für den Fall der Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung einer ordentlichen Kündigung entgegengetreten wäre (vgl. BAG 20. September 1984 - 2 AZR 633/82 - zu II 1 der Gründe; APS/Koch 4. Aufl. § 102 BetrVG Rn. 99 mwN).

50

b) Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die BFG haben das Arbeitsverhältnis des Klägers für ordentlich unkündbar gehalten und die Betriebsvertretung daher ausdrücklich nur zu einer außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist angehört. Die Betriebsvertretung hat der Kündigung nicht zugestimmt.

51

III. Der Anspruch auf Zahlung von Lohn für die Zeit vom 12. bis 27. Juni 2012 folgt aus § 611 Abs. 1 iVm. § 615 Satz 1, §§ 293 ff. BGB. Das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Vereinigten Königreich bestand in diesem Zeitraum infolge des Widerspruchs gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die BSSG fort. Das Vereinigte Königreich war mit der Annahme der Arbeitsleistung des Klägers ab dem 12. Juni 2012 in Verzug. Das wörtliche Angebot der Arbeitsleistung in dem Widerspruchsschreiben des Klägers war nach § 295 Satz 1 Alt. 2 BGB ausreichend (vgl. BAG 20. Mai 2010 - 8 AZR 734/08 - Rn. 37). Die BFG sind ihrer Pflicht, dem Kläger einen neuen Arbeitsplatz zuzuweisen, nicht nachgekommen. Die Höhe der Vergütung ist zwischen den Parteien unstreitig. Der Zinsanspruch folgt aus § 286 Abs. 2 Nr. 1 iVm. § 288 Abs. 1 BGB.

52

IV. Die nur den Fall des Unterliegens mit dem Kündigungsschutzantrag gestellten Hilfsanträge fallen dem Senat nicht zur Entscheidung an.

53

V. Die Kosten ihrer erfolglosen Revision hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Beklagte zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Niemann    

        

    Rachor    

        

        

        

    Frey    

        

    Torsten Falke    

                 

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 30. November 2011 - 5 Sa 467/11 - im Kostenausspruch und insoweit aufgehoben, wie es die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Detmold vom 2. Februar 2011 - 2 Ca 1411/10 - hinsichtlich der außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung vom 6. Oktober 2010 zurückgewiesen hat.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung.

2

Die Beklagte bietet Dienstleistungen auf dem Gebiet der Versicherungswirtschaft an. Die 1965 geborene Klägerin war bei ihr seit März 2001 als Firmenkundenberaterin tätig. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme ein zwischen der Beklagten und der Gewerkschaft ver.di abgeschlossener Haustarifvertrag Anwendung.

3

Der Ehemann der Klägerin war seit Anfang 1999 bei der Beklagten in unterschiedlichen Führungspositionen beschäftigt. Seine Arbeitszeit richtete sich laut Arbeitsvertrag „nach den Erfordernissen, der Funktion und den übertragenen Aufgaben“. Im Jahr 2009 entband die Beklagte ihn von seinen Leitungsaufgaben. In einem Personalgespräch äußerte sie die Erwartung, dass er künftig „sein geringes Engagement durch Einsatz und Leistungsbereitschaft vergessen“ mache. Er habe seine neue Aufgabe als „Fulltime-Job“ zu begreifen; seine Arbeitszeit beginne fortan „grundsätzlich um 8.00 Uhr“ an ihrem Hauptsitz. Sie erwarte, dass er sich seinen Aufgaben mindestens acht Stunden am Tag widme. Einen hierüber gefertigten Vermerk zeichnete der Ehemann der Klägerin ab. Anfang Dezember führte die Beklagte ein Zeiterfassungssystem ein. Sie wies beide Eheleute an, ihre Arbeitszeit durch dessen Benutzung zu dokumentieren.

4

In der Woche vom 20. bis zum 24. September 2010 erschien die Klägerin jeweils kurz vor 8.00 Uhr im Betrieb am Hauptsitz der Beklagten. Sie bediente jedes Mal das Zeiterfassungsterminal für sich selbst und - mit dessen Stempelkarte - auch für ihren Ehemann. Daraufhin betrat sie das Büro ihres Mannes und schaltete Licht und Computer an. Anschließend begab sie sich an ihren eigenen Arbeitsplatz. Ihr Ehemann erschien jeweils zwischen 18 und 20 Minuten später im Betrieb. In das Dienstgebäude gelangte er an einzelnen Tagen durch einen Nebeneingang. Ein Zeiterfassungsgerät war dort nicht angebracht.

5

Mit Schreiben vom 27. September 2010 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien - nach Anhörung des Betriebsrats - fristlos, hilfsweise fristgerecht zum 31. März 2011. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin habe am 20., 21. und 22. September 2010 unter Verwendung der Stempelkarte ihres Ehemannes einen „Arbeitszeitbetrug“ zu dessen Gunsten begangen. Mit Schreiben vom 6. Oktober 2010 kündigte sie das Arbeitsverhältnis - nach Anhörung des Betriebsrats - erneut fristlos, hilfsweise fristgerecht zum 31. März 2011. Darin wiederholte sie den Vorwurf, die Klägerin habe sie gemeinschaftlich mit ihrem Ehemann - dem gegenüber sie gleichfalls gekündigt hatte - mehrfach über dessen Arbeitszeit getäuscht. Sie verwies darauf, die Klägerin habe die Stempelkarte ihres Ehemannes auch am 23. und 24. September 2010 benutzt.

6

Die Klägerin hat mit ihrer am 15. Oktober 2010 beim Arbeitsgericht eingereichten Klageschrift den Antrag (Nr. 1) angekündigt „festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis weder durch die außerordentliche noch hilfsweise ordentlich erklärte Kündigung der Beklagten vom 27.09.2010 seine Beendigung findet, sondern unverändert fortbesteht“. Daneben hat sie für den Fall des Obsiegens mit diesem Begehren einen Antrag (Nr. 2) auf vorläufige Weiterbeschäftigung angebracht. Zur Begründung hat sie ausgeführt, der letzte Halbsatz des Feststellungsbegehrens enthalte eine allgemeine Feststellungsklage. Sie könne nicht ausschließen, dass sich die Beklagte für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf weitere Beendigungstatbestände als die Kündigung vom 27. September 2010 berufe.

7

In der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht am 2. Februar 2011 hat die Beklagte das Kündigungsschreiben vom 6. Oktober 2010 zur Gerichtsakte gereicht. Die Klägerin hat sodann einen Antrag nach § 4 Satz 1 KSchG gegen die darin erklärte außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung gestellt. Anschließend haben die Parteien den Rechtsstreit wegen des Weiterbeschäftigungsantrags übereinstimmend für erledigt erklärt. Grund hierfür war, dass die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 20. Dezember 2010 erneut gekündigt hatte. Dagegen hat die Klägerin in einem getrennten Verfahren Kündigungsschutzklage erhoben.

8

Die Klägerin hat geltend gemacht, die Kündigungen vom 27. September 2010 und 6. Oktober 2010, die sie mit ihrer vorliegenden Klage rechtzeitig angegriffen habe, seien unwirksam. Kündigungsgründe lägen nicht vor. Der Vorwurf, sie habe sich an einem „Arbeitszeitbetrug“ ihres Ehemannes beteiligt, treffe schon deshalb nicht zu, weil dieser gegenüber der Beklagten an feste Arbeitszeiten nicht gebunden gewesen sei. Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei nicht eingehalten. Auch habe die Beklagte den Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört.

9

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten vom 27. September 2010, noch durch die außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten vom 6. Oktober 2010 aufgelöst worden ist.

10

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Kündigungen seien wirksam. Die Klägerin habe an verschiedenen Tagen in kollusivem Zusammenwirken mit ihrem Ehemann bewusst Arbeitszeiten vorgespiegelt, die dieser tatsächlich nicht geleistet habe. Unabhängig davon werde die Wirksamkeit der Kündigung vom 6. Oktober 2010 nach § 7 KSchG fingiert. Das betreffende Schreiben sei noch an diesem Tag in den Hausbriefkasten der Klägerin eingeworfen worden. Der in der Klageschrift angekündigte allgemeine Feststellungsantrag habe die dreiwöchige Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG nicht gewahrt.

11

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Bundesarbeitsgericht lediglich hinsichtlich des Streits über die Wirksamkeit der Kündigung vom 6. Oktober 2010 zugelassenen Revision beantragt die Beklagte, die Klage insoweit abzuweisen.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision der Beklagten ist zulässig (A.) und begründet (B.). Sie führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

13

A. Die Revision ist zulässig. Sie ist nicht über den Umfang ihrer Zulassung hinaus eingelegt worden. Die Beklagte hat sie ordnungsgemäß begründet.

14

I. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist die Wirksamkeit der fristlosen, hilfsweise ordentlichen Kündigung vom 6. Oktober 2010. Die Revision ist nur insoweit zugelassen und eingelegt worden. Soweit das Landesarbeitsgericht die Kündigung vom 27. September 2010 für unwirksam erachtet hat, ist sein Urteil rechtskräftig.

15

1. Das Bundesarbeitsgericht hat auf die Beschwerde der Beklagten die Revision gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts „hinsichtlich der Kündigungsschutzklage gegen die außerordentliche und hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten vom 6. Oktober 2010“ zugelassen. „Im Übrigen“ hat es die Beschwerde zurückgewiesen. Die Zulassung erfasst folglich - nach Tenor und Begründung des Beschlusses - nicht die Entscheidung über die Kündigung(en) vom 27. September 2010.

16

2. Die Revision wendet sich dementsprechend nur gegen die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über die Wirksamkeit der Kündigung(en) vom 6. Oktober 2010. Zwar hatte die Beklagte ursprünglich einen unbeschränkten Revisionsantrag angekündigt. Schon die Revisionsbegründung setzt sich aber nur mit der Entscheidung zu diesen Kündigung(en) auseinander. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Beklagte überdies erklärt, die Revision werde „nicht über den Umfang ihrer Zulassung hinaus“ erhoben.

17

3. Die damit einhergehende Rechtskraft des Berufungsurteils hinsichtlich der ordentlichen Kündigung vom 27. September 2010 steht dieser Würdigung nicht entgegen. Mit ihr ist nicht bindend festgestellt, dass im Zeitpunkt des Ablaufs der für diese Kündigung maßgebenden Frist - am 31. März 2011 - ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestanden hat und deshalb die Revision der Beklagten, mit der diese eine frühere Beendigung erreichen möchte, von vorneherein ohne Erfolg bleiben müsste. Dabei kommt es nicht darauf an, wie weit die Rechtskraft einer stattgebenden Entscheidung über einen Antrag nach § 4 Satz 1 KSchG generell reicht. Die Frage, ob und ggf. wann das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der Kündigung vom 6. Oktober 2010 aufgelöst worden ist, war nicht Streitgegenstand der gegen die Kündigung vom 27. September 2010 erhobenen Klage.

18

a) Der Umfang der Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung im Kündigungsschutzprozess bestimmt sich nach dem Streitgegenstand. Gegenstand einer Kündigungsschutzklage mit einem Antrag nach § 4 Satz 1 KSchG ist die Frage, ob das Arbeitsverhältnis der Parteien aus Anlass einer bestimmten Kündigung zu dem in ihr vorgesehenen Termin aufgelöst worden ist. Die begehrte Feststellung erfordert nach dem Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung eine Entscheidung über das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zum Zeitpunkt der Kündigung. Mit der Rechtskraft des der Klage stattgebenden Urteils steht deshalb regelmäßig fest, dass jedenfalls bei Zugang der Kündigung ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestanden hat, das nicht schon zuvor durch andere Ereignisse aufgelöst worden ist (BAG 23. Mai 2013 - 2 AZR 102/12 - Rn. 13 mwN; 5. Oktober 1995 - 2 AZR 909/94 - zu II 1 der Gründe, BAGE 81, 111).

19

b) Ob die einem Antrag nach § 4 Satz 1 KSchG stattgebende Entscheidung zugleich die Feststellung enthält, dass das Arbeitsverhältnis auch zum vorgesehenen Auflösungstermin noch bestanden hat und nicht durch ein zeitlich früher wirkendes Ereignis aufgelöst worden ist(in diesem Sinne BAG 5. Oktober 1995 - 2 AZR 909/94 - zu II 1 der Gründe, BAGE 81, 111; die Frage für mehrere zum gleichen Termin wirkende Kündigungen offenlassend: BAG 23. Juni 2009 - 2 AZR 474/07 - Rn. 46, BAGE 131, 155), bedarf im Streitfall keiner Entscheidung. Zwar schließt im Verhältnis der Parteien zueinander die Rechtskraft einer Entscheidung gemäß § 322 ZPO eine von ihr abweichende gerichtliche Feststellung in einem späteren Verfahren grundsätzlich aus(BAG 23. Mai 2013 - 2 AZR 102/12 - Rn. 13; 22. November 2012 - 2 AZR 732/11 - Rn. 19). Eine solche Kollision tritt aber nicht ein, wenn der Gegenstand der Kündigungsschutzklage auf die Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch die konkret angegriffene Kündigung beschränkt worden ist und damit die Frage, ob auch noch im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kündigung ein Arbeitsverhältnis bestanden hat, gerade nicht Streitgegenstand der betreffenden Klage war (vgl. BAG 23. Mai 2013 - 2 AZR 102/12 - Rn. 14 mwN; 26. März 2009 - 2 AZR 633/07 - Rn. 16, BAGE 130, 166). Von einer solchen Beschränkung des Gegenstands der Klage gegen die ordentliche Kündigung vom 27. September 2010 ist auszugehen.

20

aa) Die Klägerin hat gegen sämtliche Kündigungen in den Schreiben der Beklagten vom 27. September 2010 und 6. Oktober 2010 Klage erhoben. Im Termin der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht hat sie ihre Anträge nebeneinander zur Entscheidung gestellt. Die Beklagte hat jeweils Klageabweisung beantragt. Das spricht dafür, dass schon die Klägerin die Kündigungen unabhängig voneinander auf ihre Wirksamkeit überprüft wissen wollte. Das Landesarbeitsgericht hat dieses Antragsverständnis seiner Entscheidung erkennbar zugrunde gelegt, weil es trotz der Möglichkeit der Erhebung einer Nichtzulassungsbeschwerde und deren nach Anträgen unterschiedlichen Erfolgs über sämtliche Kündigungen gleichzeitig entschieden hat.

21

bb) Jedenfalls ist das Bundesarbeitsgericht im Rahmen seines Zulassungsbeschlusses ersichtlich von diesem Antragsverständnis und der entsprechenden Eingrenzung des Gegenstands der Klage gegen „die Kündigung vom 27. September 2010“ ausgegangen. Die Zulassung der Revision nur für den Streit der Parteien über die Wirksamkeit der Kündigung(en) vom 6. Oktober 2010 wäre unverständlich, wenn aus seiner Sicht dieser Streit nicht aus dem Gegenstand der Klage gegen die ordentliche Kündigung vom 27. September 2010 „ausgeklammert“ worden wäre. Dieses Antragsverständnis ist deshalb auch dem vorliegenden Revisionsverfahren zugrunde zu legen.

22

II. Die im eingelegten Umfang statthafte Revision ist auch ansonsten zulässig. Die Beklagte hat ihr Rechtsmittel ordnungsgemäß begründet. Unschädlich ist, dass sich die Revisionsbegründung nicht mit den Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zum Fehlen eines wichtigen Grundes iSv. § 626 Abs. 1 BGB für die fristlose Kündigung vom 6. Oktober 2010 und dem Fehlen der sozialen Rechtfertigung der hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung auseinandersetzt. Die Beklagte rügt, das Landesarbeitsgericht habe die gegen „die Kündigung vom 6. Oktober 2010“ gerichtete Klage nicht iSv. § 13 Abs. 1 Satz 2, § 4 Satz 1 KSchG als rechtzeitig erhoben ansehen dürfen. Es habe deshalb bereits die fristlose Kündigung wegen § 7 KSchG als von Anfang an wirksam erachten müssen. Die Rüge ist - ihre Berechtigung unterstellt - geeignet, die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts im Umfang der Anfechtung insgesamt zu Fall zu bringen. Das ist ausreichend.

23

B. Die Revision ist begründet.

24

I. Das Landesarbeitsgericht durfte der Klage gegen die fristlose Kündigung vom 6. Oktober 2010 mit der von ihm gegebenen Begründung nicht stattgeben. Zwar gilt die Kündigung nicht gemäß § 7 KSchG als wirksam. Die Klägerin hat die dreiwöchige Frist zur Klageerhebung (§ 13 Abs. 1 Satz 2 iVm. § 4 Satz 1 KSchG) nicht versäumt (1.). Die bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts tragen aber nicht das von ihm gefundene Ergebnis, ein wichtiger Grund iSv. § 626 BGB liege nicht vor(2.).

25

1. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat nicht aufgrund der Fiktion des § 7 KSchG mit Zugang der fristlosen Kündigung vom 6. Oktober 2010 geendet. Die Klägerin hat die Frist des § 4 Satz 1 KSchG durch den mit der Klageschrift angekündigten allgemeinen Feststellungsantrag und ihre im Termin vom 2. Februar 2011 abgegebenen Prozesserklärungen gewahrt.

26

a) Will ein Arbeitnehmer geltend machen, eine Kündigung sei sozial ungerechtfertigt oder aus „anderen Gründen“ rechtsunwirksam, muss er gemäß § 4 Satz 1 KSchG innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigungserklärung beim Arbeitsgericht Klage auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die betreffende Kündigung nicht aufgelöst worden ist. Aufgrund der Verweisung in § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG gilt diese Frist auch für die Klage gegen eine außerordentliche Kündigung(BAG 26. März 2009 - 2 AZR 403/07 - Rn. 17). Wird die Unwirksamkeit der Kündigung nicht rechtzeitig geltend gemacht, gilt diese gemäß § 7 KSchG als von Anfang an rechtswirksam. Eine verspätet erhobene Kündigungsschutzklage muss deshalb als unbegründet abgewiesen werden (BAG 26. März 2009 - 2 AZR 403/07 - aaO mwN).

27

b) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Klägerin habe die Kündigung vom 6. Oktober 2010 - hinsichtlich beider darin enthaltener Kündigungserklärungen - mit einer Klage nach § 13 Abs. 1 Satz 2, § 4 Satz 1 KSchG gesondert angreifen müssen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat mit dem Schreiben vom 6. Oktober 2010 das Arbeitsverhältnis der Parteien erneut und eigenständig gekündigt und nicht etwa die vorangegangene Kündigung vom 27. September 2010 lediglich ein weiteres Mal verlautbart (zur Abgrenzung vgl. BAG 22. März 2012 - 2 AZR 224/11 - Rn. 38; 6. September 2007 - 2 AZR 264/06 - Rn. 38). Gegen ein Verständnis der Erklärungen als eine einzige fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung spricht schon, dass sich die Beklagte in den betreffenden Kündigungsschreiben auf zwar gleichartige, aber an unterschiedlichen Tagen begangene Pflichtverletzungen der Klägerin und damit auf unterschiedliche Kündigungssachverhalte beruft.

28

c) Einen dem Wortlaut von § 4 Satz 1 KSchG entsprechenden Antrag hat die Klägerin bezogen auf die fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung vom 6. Oktober 2010 erstmals im Termin der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht am 2. Februar 2011 gestellt. Zuvor war die Kündigung überdies von keiner der Parteien konkret angesprochen worden. Das Landesarbeitsgericht hat ferner angenommen, am 2. Februar 2011 seien bereits mehr als drei Wochen seit Zugang der Kündigung verstrichen gewesen - ohne allerdings den Zeitpunkt des Zugangs exakt festzustellen. Auch unter diesen Umständen ist die Frist des § 4 Satz 1 KSchG gewahrt.

29

aa) Nach der Rechtsprechung des Senats zum erweiterten Streitgegenstand der Kündigungsschutzklage (etwa BAG 12. Mai 2005 - 2 AZR 426/04 - zu B I 2 der Gründe; 10. November 2005 - 2 AZR 623/04 - Rn. 30 mwN) enthält - wie erwähnt - die der Kündigungsschutzklage stattgebende Entscheidung in der Regel zugleich die Feststellung, dass im maßgebenden Auflösungstermin zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Der Arbeitgeber kann sich dann in einem späteren Prozess nicht darauf berufen, das Arbeitsverhältnis sei bereits zuvor aufgrund anderer Beendigungstatbestände aufgelöst worden. Er ist, wenn er diese Rechtsfolge vermeiden will, gehalten, den anderen - etwa in den Lauf der Kündigungsfrist fallenden - Beendigungstatbestand von sich aus in den Kündigungsrechtsstreit einzuführen. Dem würde es entsprechen, umgekehrt in der Klage gegen eine erste Kündigung zugleich den - fristwahrenden - Angriff gegen solche späteren Kündigungen zu erblicken, die dem Arbeitnehmer noch während des Laufs der von der ersten Kündigung ausgelösten Frist zugehen und innerhalb dieser Frist Wirkung entfalten sollen.

30

bb) Im Streitfall kommt es hierauf nicht an. Die Klägerin hat mit ihrer am 15. Oktober 2010 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage neben dem gegen die Kündigung vom 27. September 2010 gerichteten - punktuellen - Antrag zugleich einen allgemeinen Feststellungsantrag iSv. § 256 Abs. 1 ZPO gestellt. Zumindest dieser Antrag reichte - in Verbindung mit dem im Termin vom 2. Februar 2011 gestellten Antrag - aus, um hinsichtlich der Kündigung(en) vom 6. Oktober 2010 den Eintritt der Fiktionswirkung des § 7 KSchG zu verhindern.

31

(1) Ein Arbeitnehmer kann neben der gegen eine bestimmte Kündigung gerichteten Klage nach § 4 Satz 1 KSchG eine Klage nach § 256 ZPO gerichtet auf die Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis zu unveränderten Bedingungen über den Kündigungsendtermin hinaus fortbestehe. Er macht auf diese Weise zwei selbständige prozessuale Ansprüche geltend. Diese kann er gemäß § 260 ZPO in einer Klage verbinden(BAG 12. Mai 2005 - 2 AZR 426/04 - zu B I 2 der Gründe; 10. Oktober 2002 - 2 AZR 622/01 - zu B I 2 a der Gründe, BAGE 103, 84). Gegenstand der Kündigungsschutzklage mit einem Antrag nach § 4 Satz 1 KSchG ist die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die konkrete, mit dieser Klage angegriffene Kündigung zu dem in ihr vorgesehenen Termin(sog. punktueller Streitgegenstand, vgl. BAG 12. Mai 2005 - 2 AZR 426/04 - aaO; 27. Januar 1994 - 2 AZR 484/93 - zu B II 2 b (1) der Gründe). Gegenstand der allgemeinen Feststellungsklage nach § 256 ZPO ist der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über diesen Termin hinaus bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz. Erfasst von ihr sind deshalb alle nach dem Vortrag der Parteien in Betracht kommenden Beendigungsgründe. Die Rechtskraft eines positiven Feststellungsurteils schließt eine auf ihnen beruhende Beendigung aus (BAG 12. Mai 2005 - 2 AZR 426/04 - aaO mwN).

32

(2) Die Feststellungsklage nach § 256 ZPO setzt ein besonderes Feststellungsinteresse voraus. Es besteht nicht schon deshalb, weil eine bestimmte Kündigung ausgesprochen worden und ihretwegen ein Rechtsstreit anhängig ist. Der klagende Arbeitnehmer muss vielmehr weitere streitige Beendigungstatbestände oder wenigstens deren Möglichkeit in den Prozess einführen und damit dartun, dass er an dem die Klage nach § 4 KSchG erweiternden Antrag ein rechtliches Interesse hat(BAG 13. März 1997 - 2 AZR 512/96 - zu II 1 b der Gründe, BAGE 85, 262).

33

(3) Hat der Arbeitnehmer neben der Klage gegen eine konkret bezeichnete Kündigung iSv. § 4 Satz 1 KSchG binnen Dreiwochenfrist eine Feststellungsklage nach § 256 ZPO erhoben, die sich bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gegen jeglichen Auflösungstatbestand richtet, dessen sich der Arbeitgeber berühmen sollte, ersieht dieser daraus - entsprechend dem Sinn und Zweck des § 4 KSchG - dass der Arbeitnehmer sich auch gegen weitere(evtl. vorsorgliche) Kündigungen wenden will. Der Arbeitnehmer kann deshalb im Rahmen eines solchen allgemeinen Feststellungsantrags sonstige Kündigungen noch nach Ablauf der Dreiwochenfrist in den Prozess einführen und sich auf deren Unwirksamkeit berufen (vgl. BAG 12. Mai 2005 - 2 AZR 426/04 - zu B II 1 b der Gründe; 13. März 1997 - 2 AZR 512/96 - zu II 1 der Gründe, BAGE 85, 262; 21. Januar 1988 - 2 AZR 581/86 - zu B II 2 ff. der Gründe, BAGE 57, 231). Das folgt aus dem Rechtsgedanken des § 6 KSchG. Nach der Rechtsprechung des Senats ist der Arbeitnehmer dabei nach Kenntnis von einer weiteren Kündigung gehalten, diese nunmehr eigens in den Prozess einzuführen und unter entsprechender Einschränkung des allgemeinen Feststellungsantrags iSv. § 264 Nr. 2 ZPO einen dem Wortlaut des § 4 KSchG angepassten Antrag zu stellen. Diese Modifikation kann er aufgrund der durch den allgemeinen Feststellungsantrag offengehaltenen Möglichkeit eines Angriffs noch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz vornehmen (BAG 13. März 1997 - 2 AZR 512/96 - zu II 1 b und c der Gründe aaO). Voraussetzung ist, dass der allgemeine Feststellungsantrag in die Berufungsinstanz gelangt.

34

(4) Im Streitfall braucht nicht entschieden zu werden, ob an dieser Rechtsprechung nach der Novellierung des Kündigungsschutzgesetzes durch das Arbeitsmarktreformgesetz vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3002) insoweit festgehalten werden kann, als sie die Möglichkeit eröffnet, auch Kündigungen, die schon bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz ausgesprochen worden sind, erstmals im zweiten Rechtszug in den Prozess einzuführen (befürwortend HaKo-Gallner KSchR 4. Aufl. § 4 Rn. 52; Spinner in Löwisch/Spinner/Wertheimer KSchG 10. Aufl. § 4 Rn. 105 ff., § 6 Rn. 14; Lingemann/Groneberg NJW 2013, 2809 f.; ablehnend v. Hoyningen-Huene/Linck KSchG 15. Aufl. § 4 Rn. 127 ff.; Bayreuther ZfA 2005, 391; zur Wahrung der Klagefrist des § 17 Satz 1 TzBfG durch einen allgemeinen Feststellungsantrag vgl. BAG 15. Mai 2012 - 7 AZR 6/11 - Rn. 26). Ein innerhalb von drei Wochen nach Zugang der (weiteren) Kündigung erhobener Antrag iSv. § 256 Abs. 1 ZPO, mit dem der Arbeitnehmer die Wirksamkeit jeglichen Auflösungstatbestands negiert, wahrt auch nach neuer Rechtslage in entsprechender Anwendung von § 6 KSchG jedenfalls dann die Frist des § 4 Satz 1 KSchG für eine erst nach deren Ablauf in den Prozess eingeführte Kündigung, wenn sich der Arbeitnehmer - wie hier - auf die Unwirksamkeit der weiteren Kündigung noch vor Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz berufen und einen auf sie bezogenen, dem Wortlaut des § 4 Satz 1 KSchG angepassten Antrag gestellt hat. Auch die weitere Frage, ob es der Anpassung zwingend bedurfte, kann damit im Streitfall dahinstehen.

35

(a) § 6 KSchG zielt auch in seiner neuen Fassung darauf ab, den Arbeitnehmer davor zu bewahren, seinen Kündigungsschutz aus formalen Gründen zu verlieren. Die Frist des § 4 Satz 1 KSchG soll nicht nur durch eine punktuelle Feststellungsklage innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigungserklärung, sondern auch dadurch eingehalten werden können, dass der Arbeitnehmer innerhalb der Frist auf anderem Wege geltend macht, eine wirksame Kündigung liege nicht vor. Trotz seiner (zu) engen Formulierung ist § 6 KSchG weiterhin nicht nur auf bestimmte Unwirksamkeitsgründe anzuwenden. Die Neufassung des § 6 KSchG sollte der bisherigen Regelung entsprechen und lediglich auf die Änderung des § 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG Bedacht nehmen(BT-Drucks. 15/1509, 15/1204 S. 13; BAG 23. April 2008 - 2 AZR 699/06 - Rn. 24 mwN). Eine entsprechende Anwendung von § 6 KSchG kommt deshalb - wie schon vor der Gesetzesnovelle - in Betracht, wenn etwa der Arbeitnehmer mit einer Leistungsklage Lohnansprüche oder Weiterbeschäftigung für die Zeit nach Zugang der Kündigung bzw. Ablauf der Kündigungsfrist innerhalb von drei Wochen gerichtlich geltend gemacht hat (BAG 15. Mai 2012 - 7 AZR 6/11 - Rn. 23; 23. April 2008 - 2 AZR 699/06 - Rn. 23).

36

(b) Ist damit der Regelungszweck des § 6 Satz 1 KSchG unverändert geblieben, ist die Bestimmung auf eine allgemeine Feststellungsklage, mit der sich der Arbeitnehmer innerhalb der Frist des § 4 Satz 1 KSchG gegen solche Beendigungstatbestände wendet, die von einem bereits gestellten punktuellen Antrag nicht erfasst sind, weiterhin entsprechend anzuwenden. Das durch § 4 Satz 1, § 7 KSchG geschützte Interesse des Arbeitgebers an einer schnellen Klärung der Rechtslage und sein Vertrauen in den Bestand der ausgesprochenen Kündigung wird in diesen Fällen durch die „Verlängerung“ der Anrufungsfrist nicht stärker berührt als im unmittelbaren Anwendungsbereich des § 6 Satz 1 KSchG.

37

(5) Diese Erwägungen gelten - entgegen der Auffassung der Revision - gleichermaßen für Kündigungen, die dem Arbeitnehmer schon vor Klageerhebung zugegangen sind. Ein sachlicher Grund, bezüglich ihrer an die Klageanträge des Arbeitnehmers andere Anforderungen zu stellen als bezüglich solcher Kündigungen, die erst während des Rechtsstreits erklärt wurden, ist nicht erkennbar. Die Frage, ob über den Antrag nach § 256 Abs. 1 ZPO die Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG gewahrt wird, ist auch in diesem Fall danach zu beantworten, ob er innerhalb der Frist gestellt worden ist.

38

(6) Nach diesen Grundsätzen hat die Klägerin die Frist des § 4 Satz 1 KSchG gewahrt.

39

(a) Das Landesarbeitsgericht hat den in der Klageschrift vom 14. Oktober 2010 enthaltenen Antrag zu 1. hinsichtlich seines letzten Halbsatzes zutreffend als einen selbständigen Antrag iSv. § 256 Abs. 1 ZPO verstanden, mit dem die Klägerin sich gegen jegliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses gewehrt hat. Zwar hat diese ihr betreffendes Begehren weder vollständig ausformuliert noch als gesonderten Antrag vom Kündigungsschutzantrag abgesetzt. Gleichwohl stellte - für die Beklagte erkennbar - der fragliche Halbsatz „… sondern unverändert fortbesteht“ nicht nur einen floskelhaften, unselbständigen Annex zum Kündigungsschutzantrag dar (zur Abgrenzung BAG 15. März 2001 - 2 AZR 141/00 - zu B II 2 der Gründe; 13. März 1997 - 2 AZR 512/96 - zu II 4 der Gründe, BAGE 85, 262). Das ergibt sich unzweifelhaft aus der Klagebegründung, die zur Auslegung der Anträge ergänzend heranzuziehen ist. Dort hat die Klägerin ausgeführt, mit dem letzten Halbsatz ihres Antrags zu 1. eine „allgemeine Feststellungsklage“ erheben zu wollen. Sie könne nicht ausschließen, dass die Beklagte sich auf weitere Beendigungstatbestände berufen werde. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass sich ihr Begehren nur auf Beendigungstatbestände beziehen sollte, die nach Anhängigkeit der Kündigungsschutzklage entstanden wären.

40

(b) Unerheblich ist, ob die Ausführungen in der Klageschrift zur Darlegung eines besonderen Feststellungsinteresses iSv. § 256 Abs. 1 ZPO ausreichten. Selbst wenn der Antrag anfänglich unzulässig gewesen sein sollte, hat er der Beklagten vor Augen geführt, dass die Klägerin sich gegen jeglichen Grund für eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses wenden will. Insbesondere musste die Beklagte erkennen, dass die Klägerin die fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung vom 6. Oktober 2010 nicht hinnehmen wollte, zumal andernfalls ihr gegen die hilfsweise ordentliche Kündigung zum 31. März 2011 gerichteter Antrag keinen Sinn ergäbe.

41

(c) Ob die Klagefrist gemäß § 4 Satz 1 iVm. § 6 KSchG nicht auch durch den anfänglich erhobenen Weiterbeschäftigungsantrag gewahrt ist, kann offenbleiben.

42

2. Das Landesarbeitsgericht durfte auf der Grundlage seiner bisherigen Feststellungen nicht annehmen, die fristlose Kündigung vom 6. Oktober 2010 sei mangels wichtigen Grundes iSv. § 626 Abs. 1 BGB rechtsunwirksam.

43

a) Der Senat ist nicht gehindert, das Berufungsurteil auf mögliche Rechtsfehler im Rahmen der Ausführungen zu § 626 BGB zu überprüfen, obwohl die Beklagte diesbezüglich keine Rüge erhoben hat. Das Revisionsgericht ist an die geltend gemachten Revisionsgründe nicht gebunden (§ 557 Abs. 3 Satz 1 ZPO).

44

b) Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dafür ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“, dh. typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses angesichts der konkreten Umstände des Falls und bei der Abwägung der Interessen beider Vertragsteile - jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist - zumutbar ist oder nicht (BAG 20. Dezember 2012 - 2 AZR 32/11 - Rn. 13; 19. April 2012 - 2 AZR 258/11 - Rn. 13).

45

c) Die Prüfung der Voraussetzungen des wichtigen Grundes ist in erster Linie Sache der Tatsacheninstanzen. Dennoch geht es um Rechtsanwendung, nicht um Tatsachenfeststellung. Die Würdigung des Berufungsgerichts wird in der Revisionsinstanz darauf hin überprüft, ob es anzuwendende Rechtsbegriffe in ihrer allgemeinen Bedeutung verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnormen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und ob es alle vernünftigerweise in Betracht zu ziehenden Umstände widerspruchsfrei berücksichtigt hat (st. Rspr., BAG 24. März 2011 - 2 AZR 282/10 - Rn. 16; 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - Rn. 17, BAGE 134, 349).

46

d) Die angegriffene Entscheidung hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

47

aa) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, ein wichtiger Grund zur Kündigung liege deshalb nicht vor, weil sich die Beklagte zu deren Rechtfertigung auf eine strafrechtlich relevante Pflichtverletzung der Klägerin berufen habe, die tatbestandlichen Voraussetzungen des einschlägigen § 263 StGB aber nicht erfüllt seien. Dies hat es damit begründet, dass der Ehemann der Klägerin an keine festen Arbeitszeiten gebunden gewesen sei und er deshalb durch das Vortäuschen von Anwesenheitszeiten keinen Vermögensvorteil auf Kosten der Beklagten habe erlangen können.

48

bb) Damit hat das Landesarbeitsgericht übersehen, dass es für die materiell-rechtliche Bewertung, ob ein wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB vorliegt, nicht auf den subjektiven Standpunkt des Kündigenden und dessen Ansicht über eine mögliche Strafbarkeit des missbilligten Verhaltens ankommt(vgl. BAG 17. Februar 2000 - 2 AZR 927/98 - zu II 2 b der Gründe; 2. Juni 1960 - 2 AZR 91/58 - BAGE 9, 263; KR/Fischermeier 10. Aufl. § 626 BGB Rn. 109; Stahlhacke/Preis 10. Aufl. 2010 Rn. 550). Entscheidend ist der objektive Verstoß gegen vertragliche Haupt- oder Nebenpflichten und das Gewicht eines mit ihm verbundenen Vertrauensbruchs (st. Rspr., BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 700/11 - Rn. 15; 24. Mai 2012 - 2 AZR 206/11 - Rn. 18). Das gilt auch, wenn der Arbeitgeber im Rahmen der Anhörung nach § 102 BetrVG dem Betriebsrat gegenüber eine bestimmte strafrechtliche Bewertung des Verhaltens vorgenommen hat. Entscheidend ist auch dann der der Kündigung zugrunde liegende Lebenssachverhalt. Hat der Arbeitgeber den Betriebsrat über die für die Kündigung maßgebenden Tatsachen hinreichend unterrichtet, kommt es auf seine rechtliche Einordnung des Verhaltens nicht an (BAG 24. Februar 2011 - 2 AZR 636/09 - Rn. 44, BAGE 137, 164; BAG 27. November 2008 - 2 AZR 98/07 - Rn. 36).

49

(1) Zwar kann es Fälle geben, in denen der Arbeitgeber seinen Kündigungsentschluss untrennbar mit einem Werturteil verknüpft, das etwa mit einer strafgerichtlichen Verurteilung des Arbeitnehmers verbunden ist (vgl. BAG 26. September 2013 - 2 AZR 741/12 - Rn. 25; 29. Juli 1993 - 2 AZR 90/93 - zu II 1 c cc der Gründe). Macht er seinen Kündigungsentschluss auf diese Weise unmittelbar vom Nachweis einer Straftat abhängig, sind die Gerichte hieran gebunden. Für eine solche Abhängigkeit bedarf es aber besonderer Anhaltspunkte.

50

(2) Daran fehlt es hier. Die Beklagte mag der Auffassung gewesen sein, die Klägerin habe sich an einem (versuchten) „Arbeitszeitbetrug“ ihres Ehemanns beteiligt und insoweit strafbar gemacht. Sie hat darauf durchgängig - im Kündigungsschreiben, bei der Anhörung des Betriebsrats und im Prozess - abgestellt. Das rechtfertigt dennoch nicht den Schluss, sie habe die mit der Kündigung angestrebte Auflösung des Arbeitsverhältnisses davon abhängig machen wollen, dass sich ein Betrugsvorwurf im strafrechtlichen Sinne bestätige. Näher liegt die Annahme, sie habe mit der Betonung der Strafbarkeit das Gewicht der Pflichtverletzung verdeutlichen wollen. Dem entspräche es, dass das Berufungsurteil Feststellungen dazu, ob die Beklagte vor Ausspruch der Kündigung eine Entscheidung der Strafverfolgungsbehörden oder Strafgerichte abgewartet hat, nicht enthält. Auch Feststellungen dazu, ob die Beklagte gegen die Klägerin und ihren Ehemann zumindest Strafanzeige erstattete, hat das Landesarbeitsgericht nicht getroffen.

51

cc) Das Landesarbeitsgericht hat auch weitere relevante Aspekte nicht widerspruchsfrei berücksichtigt. Es hat seine Auffassung, der Ehemann der Klägerin habe sich durch sein Verhalten keinen Vermögensvorteil verschaffen können, damit begründet, dass er an feste Arbeitszeiten nicht gebunden gewesen sei. Daraus kann nicht gefolgert werden, der Ehemann der Klägerin habe Arbeitszeiten vorspiegeln dürfen, die er in Wirklichkeit nicht geleistet hat. Im Übrigen ist weder festgestellt, dass er tatsächlich jeglicher Bindung an Arbeitszeiten enthoben gewesen wäre und seine Vergütung unabhängig vom Umfang seiner tatsächlichen Arbeitsleistungen erhalten hätte, noch steht fest, welche Arbeitsleistungen er im fraglichen Zeitraum erbracht hat. Ohne solche Feststellungen wiederum fehlt es für die Annahme des Landesarbeitsgerichts an einer tragfähigen Grundlage. Im Übrigen kann ein wirtschaftlicher Vorteil auch in der Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses als solcher liegen. Die Klägerin selbst geht davon aus, dass die Beklagte durch die falsche Dokumentation der Anwesenheitszeiten davon abgehalten werden sollte, arbeitsrechtliche Konsequenzen zum Nachteil ihres Ehemanns zu ziehen.

52

II. Das anzufechtende Urteil war aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Dass die Kündigung wegen Versäumung der Frist des § 626 Abs. 2 BGB oder mangels ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats unwirksam wäre, kann derzeit nicht angenommen werden. Das Landesarbeitsgericht hat nicht festgestellt, wann das Kündigungsschreiben vom 6. Oktober 2010 der Klägerin zugegangen ist. Das gleiche gilt mit Blick auf die Anforderungen des § 102 Abs. 1 BetrVG.

53

III. Die Sache war zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Dieses wird Feststellungen zur Wahrung der Frist des § 626 Abs. 2 BGB und zur Korrektheit der Betriebsratsanhörung nachzuholen haben. Falls es darauf ankommt, wird es die materielle Rechtfertigung der fristlosen Kündigung nach Maßgabe von § 626 Abs. 1 BGB erneut prüfen müssen. Dafür gibt der Senat folgende Hinweise:

54

1. Der vorsätzliche Verstoß eines Arbeitnehmers gegen seine Verpflichtung, die abgeleistete, vom Arbeitgeber nur schwer zu kontrollierende Arbeitszeit korrekt zu dokumentieren, kommt als wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung iSv. § 626 Abs. 1 BGB in Frage. Dies gilt für den vorsätzlichen Missbrauch einer „Stempeluhr“ ebenso wie für das vorsätzlich falsche Ausstellen entsprechender Formulare. Der Arbeitgeber muss auf eine korrekte Dokumentation der Arbeitszeit seiner Mitarbeiter vertrauen können. Dies gilt erst recht, wenn diese nicht an feste Arbeitszeiten gebunden sind. Überträgt er den Nachweis der geleisteten Arbeitszeit den Arbeitnehmern selbst und füllt ein Arbeitnehmer entsprechende Formulare vorsätzlich falsch aus, liegt darin in aller Regel ein schwerer Vertrauensmissbrauch. Gleiches gilt, wenn der Arbeitnehmer verpflichtet ist, die geleistete Arbeitszeit mit Hilfe des Arbeitsplatzrechners in einer elektronischen Zeiterfassung zu dokumentieren, und er hierbei vorsätzlich falsche Angaben macht (BAG 9. Juni 2011 - 2 AZR 381/10 - Rn. 14). Darauf, ob dem Arbeitgeber durch das Verhalten ein wirtschaftlicher Schaden entstanden ist oder das Verhalten des Arbeitnehmers auf andere - nicht wirtschaftliche - Vorteile ausgerichtet war, kommt es grundsätzlich nicht an.

55

2. Ein die fristlose Kündigung „an sich“ rechtfertigender Grund kann auch darin liegen, dass der Arbeitnehmer für einen Kollegen Kontrolleinrichtungen betätigt und dadurch den Arbeitgeber über dessen Anwesenheit am Arbeitsplatz täuscht (23. Januar 1963 - 2 AZR 278/62 - BAGE 14, 42).

56

3. Nach diesen Maßstäben hat die Klägerin ihre Arbeitspflichten erheblich verletzt. Sie hat bewusst und willentlich über die tatsächliche Arbeitszeit ihres Ehemanns getäuscht und zu diesem Zweck falsche Anwesenheitszeiten dokumentiert.

57

4. Das Landesarbeitsgericht, dem insoweit ein Beurteilungsspielraum zukommt, wird auf dieser Grundlage zu prüfen und zu bewerten haben, ob in dem Verhalten der Klägerin auch unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und der Abwägung der beiderseitigen Interessen ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung gesehen werden kann. Die dafür relevanten Umstände sind noch nicht festgestellt. Insbesondere ist nicht erkennbar, was es mit der vom Landesarbeitsgericht angenommenen besonderen Belastungssituation des - seinerzeit gesundheitlich möglicherweise angeschlagenen - Ehemanns der Klägerin im Einzelnen auf sich hat und inwieweit diese Situation zu deren Fehlverhalten beigetragen hat.

58

IV. Der Aufhebung und Zurückverweisung unterliegt das Berufungsurteil auch insoweit, wie das Landesarbeitsgericht die Berufung der Beklagten hinsichtlich der hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung vom 6. Oktober 2010 zurückgewiesen hat. Die Entscheidung über den betreffenden Kündigungsschutzantrag der Klägerin hängt davon ab, ob sich die fristlose Kündigung im Rahmen der erneuten Sachprüfung als unwirksam erweist. Sollte das Landesarbeitsgericht zu diesem Ergebnis gelangen, wird es berücksichtigen müssen, dass seine Begründung das bisherige Ergebnis nicht trägt. Es durfte seine Annahme, die ordentliche Kündigung vom 6. Oktober 2010 sei sozial ungerechtfertigt, nicht darauf stützen, das Verhalten des Ehemanns der Klägerin sei nicht gemäß § 263 StGB strafbar gewesen.

        

    Kreft    

        

    Rachor    

        

    Berger    

        

        

        

    A. Claes    

        

    Sieg    

                 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 12. April 2011 - 19 Sa 1951/10 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung. Sie streiten ferner - in Abhängigkeit vom Ausgang des Kündigungsrechtsstreits - über Abrechnung und Zahlung von Vergütung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs.

2

Die Beklagte stellt Transportgeräte her. Sie beschäftigt regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer. Der 1950 geborene Kläger war seit April 1977, zuletzt als Leiter Buchhaltung/Finanzen/Personal bei ihr tätig.

3

Anfang 2003 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger über einen längeren Zeitraum hinweg unberechtigt Firmengelder iHv. rund 280.500,00 Euro vereinnahmt hatte. Der Kläger gestand dies zu. Im Rahmen eines notariellen Schuldanerkenntnisses trat er im März 2003 den pfändbaren Teil seines Arbeitseinkommens an die Beklagte ab und gewährte ihr weitere Sicherheiten. Die Beklagte beschäftigte den Kläger weiter. Sie beließ es bei einer ihm erteilten Kontovollmacht, verschärfte allerdings ihre Kontrollen. Unter anderem verpflichtete sie den Kläger, der Geschäftsführung für Überweisungen, die von Firmenkonten getätigt wurden, Belege vorzulegen.

4

Im April 2007 ging der Beklagten ein zugunsten einer anderen Gläubigerin des Klägers ausgestellter Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zu, mit dem seine Gehaltsansprüche wegen einer Forderung iHv. 48.900,00 Euro gepfändet wurden. Ende April 2007 stellte sie den Kläger von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung frei. Im selben Zeitraum traten neue Unregelmäßigkeiten im Verhalten des Klägers zutage. Nachforschungen bei Kreditinstituten ergaben, dass dieser - zumindest in zwei Fällen - ohne rechtlichen Grund Firmengelder auf sein Konto überwiesen hatte. Die Vorgänge hatte er durch Erstellung fingierter Belege verschleiert.

5

Nach Anhörung des Betriebsrats kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 10. Mai 2007 außerordentlich fristlos, hilfsweise fristgerecht. Der hiergegen gerichteten Kündigungsschutzklage wurde - rechtskräftig - stattgegeben, da der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört worden sei.

6

Im Rahmen von Ermittlungen stieß die Beklagte auf weitere unrechtmäßige Überweisungen. Nach neuerlicher Anhörung des Betriebsrats kündigte sie das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 15. August 2007 abermals fristlos. Das Landesarbeitsgericht gab der Kündigungsschutzklage statt, erneut wegen fehlerhafter Betriebsratsanhörung. Das Urteil ist rechtskräftig.

7

Am 29. Juni 2007 erstattete die Beklagte Strafanzeige. Am 21. Mai 2008 erhob die Staatsanwaltschaft gegen den Kläger Anklage. Sie legte ihm zur Last, sich in 74 Fällen der Untreue zum Nachteil der Beklagten schuldig gemacht zu haben. Mit Blick darauf hörte die Beklagte den Betriebsrat am 19. November 2008 zu einer beabsichtigten ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses an. Mit Beschluss vom 18. November 2008 hatte das Amtsgericht die öffentliche Klage zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet. Nachdem sie davon erfahren hatte, führte die Beklagte eine weitere Betriebsratsanhörung zu einer auch auf diesen Gesichtspunkt gestützten fristlosen Kündigung durch. Mit Zustimmung des Betriebsrats kündigte sie das Arbeitsverhältnis am 25. November 2008 außerordentlich fristlos, hilfsweise fristgerecht zum 30. Juni 2009. Sie erklärte die fristlose Kündigung sowohl als Tat- als auch als Verdachtskündigung. Das Landesarbeitsgericht gab der dagegen gerichteten Klage - rechtskräftig - statt; die fristlose Kündigung sei nicht binnen der Frist des § 626 Abs. 2 BGB erklärt worden, die ordentliche Kündigung sei aufgrund der einzelvertraglich in Bezug genommenen Bestimmung des § 20 Nr. 4 MTV Metall- und Elektroindustrie NRW ausgeschlossen.

8

Am 24. August 2009 fand vor dem Amtsgericht die Hauptverhandlung gegen den Kläger statt. Die Staatsanwaltschaft beantragte, nachdem das Verfahren in vier Punkten eingestellt worden war, wegen 67 angeklagter - die Jahre 2005 bis 2007 betreffender - Taten, den Kläger zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten ohne Bewährung zu verurteilen; in drei Anklagepunkten beantragte sie Freispruch. Die Verteidigung des Klägers schloss sich dem mit der Maßgabe an, den Kläger zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten zu verurteilen und die Strafe zur Bewährung auszusetzen. Das Amtsgericht verurteilte den Kläger zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und fünf Monaten ohne Bewährung. Es sah es aufgrund einer durchgeführten Beweisaufnahme als erwiesen an, dass der Kläger in der fraglichen Zeit in 67 Fällen Firmengelder iHv. ingesamt 44.061,54 Euro veruntreut habe. Bei der Verhandlung und Urteilsverkündigung waren ein Geschäftsführer der Beklagten und ihr Prozessbevollmächtigter anwesend.

9

Auf ihren noch am selben Tag gestellten Antrag wurden der Beklagten am 11. September 2009 Abschriften des Verhandlungsprotokolls und des Strafurteils zur Verfügung gestellt. Nach Unterrichtung des Betriebsrats kündigte sie das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 22. September 2009 erneut fristlos.

10

Dagegen hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben. Außerdem hat er Zahlungs- und Abrechnungsansprüche für die Monate Oktober bis Dezember 2009 geltend gemacht.

11

Noch im Verlauf des ersten Rechtszuges kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 4. Dezember 2009 ein weiteres Mal, nunmehr mit der Begründung, der Kläger habe sich herabsetzend über ihr steuerliches Verhalten geäußert. In einem hierüber getrennt geführten Kündigungsschutzprozess stellte das Arbeitsgericht mit Urteil vom 23. Juni 2010 fest, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch diese Kündigung nicht aufgelöst worden ist. Das Urteil ist - insoweit - rechtskräftig.

12

Im vorliegenden Rechtsstreit hat der Kläger die Auffassung vertreten, seiner Kündigungsschutzklage sei angesichts des Urteils vom 23. Juni 2010 ohne Weiteres stattzugeben. Aufgrund dieser Entscheidung stehe zwischen den Parteien bindend fest, dass zwischen ihnen noch am 4. Dezember 2009 ein Arbeitsverhältnis bestanden habe. Damit stehe zugleich fest, dass es nicht durch die fristlose Kündigung vom 22. September 2009 aufgelöst worden sei. Im Übrigen sei auch diese Kündigung unwirksam, weil die Erklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB nicht gewahrt und die Betriebsratsanhörung fehlerhaft sei.

13

Der Kläger hat - zusammengefasst und unter Berücksichtigung einer in der Revisionsinstanz erfolgten Klarstellung - zuletzt beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche fristlose Kündigung der Beklagten vom 22. September 2009 nicht aufgelöst worden ist;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, für die Monate Oktober 2009 und Dezember 2009 jeweils einen Gehaltsbruttobetrag iHv. 5.749,75 Euro und für den Monat November 2009 einen Gehaltsbruttobetrag iHv. 8.979,98 Euro abzurechnen und die betreffenden Beträge, vermindert um auf die Bundesagentur für Arbeit übergegangene Ansprüche iHv. 528,01 Euro und vermindert um auf die Beklagte übergegangene Ansprüche iHv. je 1.437,05 Euro für die Monate Oktober und Dezember 2009 sowie 3.078,85 Euro für den Monat November 2009, jeweils zuzüglich Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf das volle Bruttogehalt seit dem ersten Kalendertag eines jeden Folgemonats an ihn bzw. eine evtl. Drittgläubigerin auszuzahlen;

                 

hilfsweise

                 

festzustellen, dass er für die Monate Oktober und Dezember 2009 jeweils Inhaber einer von der Beklagten nicht abgerechneten Bruttolohnforderung iHv. 5.749,75 Euro und für den Monat November 2009 Inhaber einer von der Beklagten nicht abgerechneten Bruttolohnforderung iHv. 8.979,98 Euro ist;

                 

hilfsweise dazu

                 

festzustellen, dass er für die Monate Oktober, November und Dezember 2009 jeweils Inhaber einer nicht abgerechneten Bruttoforderung in der im vorstehenden Hilfsantrag bezeichneten Höhe ist, die - bezogen auf die Monate Oktober und Dezember 2009 - iHv. je 1.437,05 Euro netto auf die Beklagte und iHv. je 528,01 Euro netto auf die Arbeitsgemeinschaft für Arbeit im Kreis Herford übergegangen ist und die - bezogen auf den Monat November 2009 - iHv. 3.078,85 Euro netto auf die Beklagte und iHv. 528,01 Euro auf die Arbeitsgemeinschaft für Arbeit im Kreis Herford übergangen ist;

                 

hilfsweise zu allem Vorstehenden

                 

die Beklagte zu verurteilen, an ihn für die Monate Oktober, November und Dezember 2009 je 1.067,65 Euro netto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Kalendertag eines jeden Folgemonats zu zahlen

                 

sowie 

                 

die Beklagte zu verurteilen, für die Monate Oktober und Dezember 2009 jeweils 1.604,08 Euro Lohnsteuer, 144,36 Euro Kirchensteuer und 88,22 Euro Solidaritätszuschlag und für den Monat November 2009 2.932,08 Euro Lohnsteuer, 263,88 Euro Kirchensteuer und 161,26 Euro Solidaritätszuschlag an das zuständige Betriebsstättenfinanzamt, namentlich das Finanzamt Bielefeld-Außenstadt, sowie für die Monate Oktober bis Dezember 2009 jeweils insgesamt 1.074,60 Euro an Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträgen zur Rentenversicherung an die Deutsche Rentenversicherung und jeweils insgesamt 151,20 Euro an Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträgen zur Arbeitslosenversicherung an die Bundesagentur für Arbeit abzuführen.

14

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, die fristlose Kündigung sei gerechtfertigt. Der Kläger habe nach Abgabe des Schuldanerkenntnisses weitere Firmengelder veruntreut, zumindest in den im Strafverfahren nachgewiesenen 67 Fällen. Die Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB habe sie gewahrt. Der Kläger habe im Strafverfahren die fraglichen Taten mittelbar dadurch eingeräumt, dass er in der Verhandlung vom 24. August 2009 keinen umfassenden Freispruch, sondern die Verhängung einer Bewährungsstrafe beantragt habe. Dies sei als neue Tatsache zu werten. Um dem Betriebsrat insoweit etwas „Greifbares“ bieten zu können, habe sie die Übersendung des Protokolls und der schriftlichen Urteilsgründe abwarten dürfen. Die anschließende Anhörung des Betriebsrats sei ordnungsgemäß erfolgt. Etwaige Fehler bei der Beschlussfassung des Gremiums seien ihr nicht zuzurechnen. Die auf Zahlung und Abrechnung gerichteten Anträge seien schon deshalb unbegründet, weil zwischen den Parteien seit Zugang der Kündigung vom 22. September 2009 kein Arbeitsverhältnis mehr bestanden habe. Unabhängig davon sei sie nicht in Annahmeverzug geraten. Eine tatsächliche Beschäftigung des Klägers sei für sie unzumutbar gewesen.

15

Das Arbeitsgericht hat dem Feststellungsantrag zu 1. stattgegeben, im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat es das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

16

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die außerordentliche Kündigung vom 22. September 2009 zu Recht als wirksam angesehen (I.). Die auf Abrechnung und Zahlung von Annahmeverzugslohn gerichteten Anträge einschließlich der darauf bezogenen Hilfsanträge sind dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen (II.).

17

I. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die fristlose Kündigung vom 22. September 2009 mit sofortiger Wirkung aufgelöst worden. Dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.

18

1. Einem klageabweisenden Urteil im vorliegenden Rechtsstreit steht nicht das rechtskräftige Urteil vom 23. Juni 2010 entgegen, soweit das Arbeitsgericht festgestellt hat, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 4. Dezember 2009 nicht aufgelöst worden ist. Der Beklagten ist es trotz dieser Feststellungen nicht verwehrt, sich auf die Wirksamkeit der fristlosen Kündigung vom 22. September 2009 zu berufen.

19

a) Der Umfang der Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung im Kündigungsschutzprozess bestimmt sich nach dem Streitgegenstand. Streitgegenstand einer Kündigungsschutzklage mit einem Antrag nach § 4 Satz 1 KSchG ist, ob das Arbeitsverhältnis der Parteien aus Anlass einer bestimmten Kündigung zu dem in ihr vorgesehenen Termin aufgelöst worden ist. Die begehrte Feststellung erfordert nach dem Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung eine Entscheidung über das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zum Zeitpunkt der Kündigung. Mit der Rechtskraft des der Klage stattgebenden Urteils steht deshalb fest, dass jedenfalls im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung zwischen den streitenden Parteien ein Arbeitsverhältnis bestanden hat (BAG 27. Januar 2011 - 2 AZR 826/09 - Rn. 13, AP KSchG 1969 § 4 Nr. 73; 26. März 2009 - 2 AZR 633/07 - Rn. 16, BAGE 130, 166). Auch enthält ein rechtskräftiges Urteil, wonach das Arbeitsverhältnis der Parteien durch eine bestimmte Kündigung zu dem vorgesehenen Termin nicht aufgelöst worden ist, grundsätzlich die konkludente Feststellung, dass dieses Arbeitsverhältnis nicht zuvor durch andere Ereignisse aufgelöst worden ist (BAG 25. März 2004 - 2 AZR 399/03 - zu B II 1 der Gründe, AP BMT-G II § 54 Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 4; 5. Oktober 1995 - 2 AZR 909/94 - zu II 1 der Gründe, BAGE 81, 111). Die Rechtskraft schließt gemäß § 322 ZPO im Verhältnis der Parteien zueinander eine hiervon abweichende gerichtliche Feststellung in einem späteren Verfahren aus(BAG 27. Januar 2011 - 2 AZR 826/09 - Rn. 13, aaO; 10. November 2005 - 2 AZR 623/04 - zu B I 1 b aa der Gründe, AP BGB § 626 Nr. 196 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 11).

20

b) Zu berücksichtigen ist aber, dass der Streitgegenstand der (späteren) Kündigungsschutzklage und damit der Umfang der Rechtskraft eines ihr stattgebenden Urteils auf die (streitige) Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch die konkret angegriffene Kündigung beschränkt werden kann (BAG 26. März 2009 - 2 AZR 633/07 - Rn. 16, BAGE 130, 166; 25. März 2004 - 2 AZR 399/03 - zu B II 2 der Gründe, AP BMT-G II § 54 Nr. 5 = EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 4; 20. Mai 1999 - 2 AZR 278/98 - zu I der Gründe, ZinsO 2000, 351; 17. Mai 1984 - 2 AZR 109/83 - zu A II der Gründe, BAGE 46, 191). Eine solche Einschränkung des Umfangs der Rechtskraft bedarf deutlicher Anhaltspunkte, die sich aus der Entscheidung selbst ergeben müssen (für die Einschränkung der Rechtskraft eines die Leistungsklage abweisenden Urteils vgl. BAG 11. Oktober 2011 - 3 AZR 795/09 - Rn. 18 mwN, EzA ZPO 2002 § 322 Nr. 2). Das schließt es nicht aus, für die Bestimmung des Umfangs der Rechtskraft im Einzelfall Umstände heranzuziehen, die schon mit der Entscheidungsfindung zusammenhängen. So kann für die „Ausklammerung“ der Rechtsfolgen einer eigenständigen, zeitlich früher wirkenden Kündigung aus dem Streitgegenstand der Klage, die sich gegen eine später zugegangene Kündigung richtet, der Umstand sprechen, dass dieselbe Kammer des Arbeitsgerichts am selben Tag über beide Kündigungen entschieden hat. In einem solchen Fall ist regelmäßig sowohl für die Parteien als auch für das Gericht klar, dass die Wirkungen der früheren Kündigung nicht zugleich Gegenstand des Rechtsstreits über die später wirkende Kündigung sein sollten (vgl. BAG 20. Mai 1999 - 2 AZR 278/98 - zu I der Gründe, aaO).

21

c) Danach führt die Rechtskraft des der Klage gegen die Kündigung vom 4. Dezember 2009 stattgebenden Urteils vom 23. Juni 2010 nicht dazu, dass im vorliegenden Rechtsstreit die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der fristlosen Kündigung vom 22. September 2009 nicht mehr geprüft werden könnte. Die Auslegung des Landesarbeitsgerichts, das Arbeitsgericht habe mit seinem Urteil vom 23. Juni 2010 nicht über die Wirksamkeit der ihm bekannten, zeitlich vorhergehenden Kündigung entscheiden wollen und entschieden, ist rechtsfehlerfrei. Die Parteien haben ihren Streit über die Wirksamkeit der betreffenden Kündigungen in getrennten Prozessen ausgetragen. Im Tatbestand des Urteils vom 23. Juni 2010 wird ausdrücklich auf die fristlose Kündigung vom 22. September 2009 hingewiesen. Es ist das erstinstanzliche Aktenzeichen des vorliegenden Rechtsstreits aufgeführt und dargestellt worden, dass das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben hat. Das Urteil vom 23. Juni 2010 stammt von derselben Kammer, die am 9. April 2010 das erstinstanzliche Urteil in der vorliegenden Sache verkündet hat. Hinzu kommt, dass bei Verkündung des Urteils vom 23. Juni 2010 die Frist für die Einlegung einer Berufung gegen das am 9. April 2010 ergangene Urteil noch nicht abgelaufen war. Dafür, dass sich das Arbeitsgericht dieser Tatsache bei Verkündung des Urteils vom 23. Juni 2010 bewusst war, spricht der in den dortigen Tatbestand aufgenommene Hinweis, es handele sich bei der vorausgegangenen Entscheidung über die Wirksamkeit der Kündigung vom 22. September 2009 um ein erstinstanzliches Urteil. Schon diese Umstände zeigen, dass aus Sicht des Arbeitsgerichts die Kündigung vom 22. September 2009 nicht zugleich Gegenstand des Rechtsstreits betreffend die Kündigung vom 4. Dezember 2009 sein sollte. Überdies befassen sich die Entscheidungsgründe des Urteils vom 23. Juni 2010 an keiner Stelle mit der Frage, ob das Arbeitsverhältnis im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung vom 4. Dezember 2009 noch bestanden hat. Dies kann in Anbetracht des bekanntermaßen noch nicht rechtskräftig beendeten Streits über die Wirksamkeit der vorangegangenen Kündigung, zu deren Rechtfertigung sich die Beklagte überdies auf völlig andere Gründe berufen hatte, nur so verstanden werden, dass das Arbeitsgericht bei seiner Entscheidung vom 23. Juni 2010 die rechtliche Bewertung der Kündigung vom 22. September 2009 dem Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits überlassen wollte.

22

2. Die Kündigung vom 22. September 2009 beruht auf einem wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB.

23

a) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, dass sich der Kläger in 67 Fällen der Untreue zum Nachteil der Beklagten schuldig gemacht hat und der Beklagten damit die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar war. Diese Würdigung lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Ungeachtet der knappen Ausführungen liegt kein Verfahrensmangel iSd. § 547 Nr. 6 ZPO vor. Aus der Begründung des Gerichts wird hinreichend deutlich, dass es - auch ohne vorausgehende Abmahnung - von der Unzumutbarkeit einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst für die Dauer einer (fiktiven) Kündigungsfrist ausgegangen ist. Das ist angesichts der Schwere der dem Kläger anzulastenden Pflichtverletzungen nicht zu beanstanden. Dessen Lebensalter und die Dauer seiner Betriebszugehörigkeit vermögen kein anderes Ergebnis zu rechtfertigen. Das sieht die Revision ersichtlich nicht anders.

24

b) Mit dem zur Rechtfertigung der Kündigung vorgebrachten Grund ist die Beklagte nicht präkludiert. Dies gilt selbst dann, wenn die in Rede stehenden 67 Untreuehandlungen - entweder im Sinne eines Verdachts oder im Sinne eines Tatvorwurfs - bereits Gegenstand der rechtskräftig für unwirksam erklärten Kündigungen vom 10. Mai 2007, 15. August 2007 und 25. November 2008 gewesen sein sollten. Das angefochtene Urteil enthält dazu keine eindeutigen Feststellungen.

25

aa) Eine Kündigung kann nicht erfolgreich auf Gründe gestützt werden, die der Arbeitgeber schon zur Begründung einer vorhergehenden Kündigung vorgebracht hat und die in einem rechtskräftig abgeschlossenen Kündigungsschutzprozess mit dem Ergebnis materiell geprüft worden sind, dass sie die Kündigung nicht tragen. Mit einer Wiederholung dieser Gründe zur Stützung einer späteren Kündigung ist der Arbeitgeber ausgeschlossen (BAG 6. September 2012 - 2 AZR 372/11 - Rn. 13, BB 2012, 2367; 8. November 2007 - 2 AZR 528/06 - Rn. 20 ff. mwN, EzA BGB 2002 § 626 Nr. 19). Eine solche Präklusionswirkung entfaltet die Entscheidung über die frühere Kündigung allerdings nur bei identischem Kündigungssachverhalt. Hat sich dieser wesentlich geändert, darf der Arbeitgeber erneut kündigen (BAG 6. September 2012 - 2 AZR 372/11 - Rn. 13, aaO; 26. November 2009 - 2 AZR 272/08 - Rn. 19, BAGE 132, 299).

26

bb) Die außerordentliche Kündigung vom 22. September 2009 stellt sich danach nicht als bloße Wiederholung einer der früheren Kündigungen dar.

27

(1) Die Klagen gegen die Kündigungen vom 10. Mai und 15. August 2007 waren deshalb erfolgreich, weil das Landesarbeitsgericht für beide zu dem Ergebnis gelangt war, sie seien wegen fehlerhafter Betriebsratsanhörung und damit aus einem formellen Grund unwirksam. Eine materielle gerichtliche Überprüfung der Kündigungsgründe erfolgte nicht.

28

(2) Die fristlose - sowohl auf einen bloßen Tatverdacht als auch den Tatvorwurf - gestützte Kündigung vom 25. November 2008 hatte deshalb keinen Bestand, weil das Landesarbeitsgericht angenommen hat, die Beklagte habe die Frist des § 626 Abs. 2 BGB versäumt. Das Gericht war der Auffassung, die Eröffnung des Hauptverfahrens, auf deren Grundlage die Beklagte gekündigt habe, stelle gegenüber der - bereits länger als zwei Wochen zurückliegenden - Anklageerhebung durch die Staatsanwaltschaft und den in diesem Zusammenhang bekannt gewordenen Tatsachen keinen Umstand dar, der die Ausschlussfrist erneut in Gang setze. Auch insoweit hat deshalb eine materielle Prüfung der Kündigungsgründe als solche nicht stattgefunden. Unabhängig davon stützt die Beklagte die Kündigung vom 22. September 2009 nicht auf einen vollständig identischen Sachverhalt. Sie beruft sich zusätzlich auf die strafgerichtliche Verurteilung des Klägers und die in der Hauptverhandlung von seiner Seite abgegebenen Erklärungen. Ob dies ausreicht, die Frist des § 626 Abs. 2 BGB erneut in Gang zu setzen, erfordert eine neue rechtliche Bewertung; die Entscheidung über die Kündigung vom 25. November 2008 erfasst diesen Aspekt nicht und vermag insoweit keine Präklusionswirkung zu entfalten (vgl. BAG 27. Januar 2011 - 2 AZR 825/09 - Rn. 19, BAGE 137, 54).

29

3. Die Beklagte hat die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt.

30

a) Nach § 626 Abs. 2 BGB kann die außerordentliche Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt in dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Dies ist der Fall, sobald der Kündigungsberechtigte eine zuverlässige und möglichst vollständige positive Kenntnis der einschlägigen Tatsachen hat, die ihm die Entscheidung darüber ermöglicht, ob er das Arbeitsverhältnis fortsetzen soll oder nicht. Auch grob fahrlässige Unkenntnis setzt die Frist nicht in Gang. Zu den maßgebenden Tatsachen gehören sowohl die für als auch die gegen die Kündigung sprechenden Umstände (BAG 27. Januar 2011 - 2 AZR 825/09 - Rn. 15, BAGE 137, 54; 5. Juni 2008 - 2 AZR 234/07 - Rn. 18, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 44 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 7).

31

b) Geht es um ein strafbares Verhalten des Arbeitnehmers, darf der Arbeitgeber den Fort- und Ausgang des Ermittlungs- und Strafverfahrens abwarten und abhängig davon in dessen Verlauf zu einem nicht willkürlich gewählten Zeitpunkt kündigen. Für die Wahl des Zeitpunkts bedarf es eines sachlichen Grundes. Wenn der Kündigungsberechtigte neue Tatsachen erfahren oder neue Beweismittel erlangt hat und nunmehr ausreichend Erkenntnisse für eine Kündigung zu haben glaubt, kann er dies zum Anlass für den Ausspruch einer neuerlichen Kündigung nehmen (BAG 27. Januar 2011 - 2 AZR 825/09 - Rn. 16 mwN, BAGE 137, 54; 5. Juni 2008 - 2 AZR 234/07 - Rn. 20 mwN, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 44 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 7).

32

c) Der Fortgang des Ermittlungs- und Strafverfahrens - beispielsweise die Erhebung der öffentlichen Klage und die spätere Verurteilung - kann einen gegen den Arbeitnehmer bestehenden Verdacht, er habe seine Vertragspflichten verletzt, verstärken (BAG 27. Januar 2011 - 2 AZR 825/09 - Rn. 17, 18 mwN, BAGE 137, 54). Auch wenn derartige Umstände für sich genommen - dh. ohne konkreten, den Kündigungsgrund stützenden Tatsachenvortrag - nicht ausreichen, eine Verdachts- oder Tatkündigung zu begründen (vgl. BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 700/11 - Rn. 16, DB 2013, 641; 24. Mai 2012 - 2 AZR 206/11 - Rn. 26, EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 11), stellen sie doch einen Einschnitt dar, der in der Lage ist, den Verdacht oder die Überzeugung des Arbeitgebers zu verstärken, und der für den Beginn der Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB von Bedeutung sein kann(BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 700/11 - Rn. 16, aaO; 27. Januar 2011 - 2 AZR 825/09 - Rn. 17 ff., aaO). Das gilt auch, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis am Anfang der Ermittlungen schon einmal gekündigt hat (BAG 27. Januar 2011 - 2 AZR 825/09 - Rn. 19, aaO).

33

d) Für eine Kündigung, die wegen des Verdachts einer strafbaren Handlung ausgesprochen wird, gelten mit Blick auf § 626 Abs. 2 BGB grundsätzlich dieselben Erwägungen wie für eine Kündigung wegen einer als erwiesen angesehenen Straftat(BAG 29. Juli 1993 - 2 AZR 90/93 - zu II 1 c der Gründe, AP BGB § 626 Ausschlussfrist Nr. 31 = EzA BGB § 626 Ausschlussfrist Nr. 4). Die Möglichkeit, die Kündigung an neue Erkenntnisse im Strafverfahren zu knüpfen, trägt den mit der Aufklärung strafbarer Handlungen des Arbeitnehmers für den Arbeitgeber verbundenen Schwierigkeiten und dessen eingeschränkten Ermittlungsmöglichkeiten Rechnung. Hat der Arbeitgeber eine Kündigung bereits ausgesprochen, weil er der Auffassung war, die bisher angestellten Ermittlungen böten ihm eine hinreichende Grundlage für einen dringenden Tatverdacht oder den Nachweis einer schwerwiegenden Pflichtverletzung, schließt dies eine neuerliche Kündigung bei Hinzutreten veränderter, die Überzeugung verstärkender Umstände nicht aus. Zwar stellen in der Regel weder der Verdacht strafbarer Handlungen noch eine begangene Straftat einen Dauertatbestand dar (BAG 29. Juli 1993 - 2 AZR 90/93 - zu II 1 c dd der Gründe, aaO). Das hindert den Arbeitgeber aber nicht daran, eine erneute Kündigung auf eine veränderte, weil erweiterte Tatsachengrundlage zu stützen. Durch eine einmal erklärte Kündigung verzichtet er auf dieses Recht nicht, mögen auch die Kündigungsart und die in Rede stehende Pflichtverletzung die nämliche sein (vgl. BAG 27. Januar 2011 - 2 AZR 825/09 - Rn. 19, BAGE 137, 54; aA Walker Anm. zu AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 49, unter 2).

34

e) In Anwendung dieser Grundsätze ist das Landesarbeitsgericht zu Recht davon ausgegangen, die Frist des § 626 Abs. 2 Satz 2 BGB habe am 11. September 2009 als dem Tag - neu - begonnen, an welchem die Beklagte eine Abschrift des Protokolls der Hauptverhandlung und des Strafurteils vom 24. August 2009 erhalten hat.

35

aa) Die strafrechtliche Verurteilung des Klägers konnte die Beklagte in der Gewissheit bestätigen, dass dieser die ihm zur Last gelegten Taten tatsächlich begangen hat (vgl. BAG 18. November 1999 - 2 AZR 852/98 - zu II 2 a der Gründe, BAGE 93, 12). Das Landesarbeitsgericht hat für den Senat bindend angenommen, vor Erstattung der Strafanzeige seien nicht alle Vorfälle hinreichend aufgeklärt gewesen. Den Gründen des Strafurteils, auf die das Landesarbeitsgericht Bezug genommen hat, ist zu entnehmen, dass sich der Kläger weder zur Sache eingelassen, noch Angaben zu seinen persönlichen Verhältnissen und den Taten gemacht hatte. Zumindest in einem solchen Fall bedeutet es einen relevanten Erkenntnisfortschritt, dass das mit den Möglichkeiten der Amtsermittlung ausgestattete Strafgericht nach Beweisaufnahme den Tatnachweis als geführt ansieht und zu einer Verurteilung des Arbeitnehmers gelangt (vgl. BAG 14. Februar 1996 - 2 AZR 274/95 - zu II 3 der Gründe, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 26 = EzA BGB § 626 nF Nr. 160). Im Streitfall kommt hinzu, dass der Verteidiger des Klägers keinen Freispruch, sondern die Verhängung einer Bewährungsstrafe beantragt und der Kläger von der ihm eingeräumten Möglichkeit, etwas zu seiner Verteidigung vorzubringen, keinen Gebrauch gemacht hat. Auch dadurch hat sich die Tatsachengrundlage erweitert, belegt das Verhalten des Klägers doch zumindest, dass er den Vorwürfen nicht mehr aktiv entgegen treten will.

36

bb) Es hält sich im tatrichterlichen Beurteilungsspielraum, wenn das Landesarbeitsgericht für den Beginn der Frist nicht auf den 24. August 2009 als das Datum der Urteilsverkündung abgestellt hat, sondern auf die Zuleitung des Protokolls und der schriftlichen Urteilsgründe am 11. September 2009. Erst durch die Möglichkeit der Kenntnisnahme von den schriftlichen Gründen hat die Beklagte - angesichts der Komplexität des Verfahrens und der Vielzahl der in Rede stehenden Tathandlungen - hinreichende Gewissheit über den konkreten Gegenstand und den Umfang der Verurteilung gewonnen. Für diese Sichtweise spricht zudem das in § 406e der Strafprozessordnung verbürgte Recht des Verletzten auf Akteneinsicht durch einen Rechtsanwalt, das die Prüfung ermöglichen soll, ob und in welchem Umfang zivilrechtliche Ansprüche mit Erfolgsaussicht geltend gemacht werden können(vgl. Hanseatisches OLG Hamburg 21. März 2012 - 2 Ws 11/12 ua. - Rn. 22, wistra 2012, 397; zur Einsicht in strafrechtliche Ermittlungsakten vgl. BVerfG 5. Dezember 2006 - 2 BvR 2388/06 - NJW 2007, 1052). Die Teilnahme an der öffentlichen Verhandlung ist hierfür kein ausreichendes Äquivalent. Ob die Beklagte - wie das Landesarbeitsgericht angenommen hat - die Übermittlung der Schriftstücke auch wegen ihrer Unterrichtungspflichten aus § 102 Abs. 1 BetrVG abwarten durfte, bedarf keiner Entscheidung.

37

f) Die Kündigungserklärung erfolgte binnen zweier Wochen nach dem 11. September 2009. Die Beklagte hat unwidersprochen vorgetragen, die fristlose Kündigung vom 22. September 2009 sei dem Kläger am 24. September 2009 zugegangen.

38

4. Die Kündigung ist nicht nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam. Der Betriebsrat ist ordnungsgemäß zur Kündigung vom 22. September 2009 angehört worden.

39

a) Die Beklagte ist gemäß dem Grundsatz der „subjektiven Determinierung“ (vgl. dazu BAG 19. Juli 2012 - 2 AZR 352/11 - Rn. 41 mwN, NZA 2013, 86; 9. Juni 2011 - 2 AZR 323/10 - Rn. 45 mwN, AP BGB § 626 Nr. 236 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 36) ihrer Mitteilungspflicht aus § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG inhaltlich ausreichend nachgekommen.

40

b) Entgegen der Auffassung des Klägers kann dahinstehen, ob die Beklagte das Anhörungsverfahren durch Übergabe des Unterrichtungsschreibens an ein anderes Mitglied des Betriebsrats als dessen Vorsitzenden am 18. September 2009 wirksam eingeleitet hatte und deshalb die Frist des § 102 Abs. 2 Satz 3 BetrVG bei Zugang des Kündigungsschreibens am 24. September 2009 tatsächlich abgelaufen war. Auf die Empfangszuständigkeit des betreffenden Mitglieds kommt es nicht an. Das Anhörungsverfahren war aufgrund der Stellungnahme des Betriebsrats in jedem Fall am 21. September 2009 abgeschlossen (vgl. BAG 24. Juni 2004 - 2 AZR 461/03 - zu B II 2 b der Gründe, AP BGB § 620 Kündigungserklärung Nr. 22 = EzA BetrVG 2001 § 102 Nr. 9).

41

aa) Der Kläger wendet sich nicht gegen die Feststellung des Landesarbeitsgerichts, der Anhörungsbogen mit der seitens des Betriebsrats abgegebenen Erklärung, gegen die fristlose Kündigung bestünden keine Bedenken, habe der Beklagten am 21. September 2009 und damit zu einem Zeitpunkt vorgelegen, zu dem das Kündigungsschreiben ihren Machtbereich noch nicht verlassen hatte. Es handelte sich dabei erkennbar um eine das Anhörungsverfahren abschließende Äußerung.

42

bb) Die Rüge des Klägers, das Landesarbeitsgericht habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass der Stellungnahme keine ordnungsgemäße Beschlussfassung des Betriebsrats zugrunde gelegen habe, greift nicht durch.

43

(1) Mängel bei der Beschlussfassung des Betriebsrats haben grundsätzlich selbst dann keine Auswirkungen auf die Ordnungsgemäßheit seiner Anhörung, wenn der Arbeitgeber im Kündigungszeitpunkt weiß oder erkennen kann, dass der Betriebsrat die Angelegenheit nicht fehlerfrei behandelt hat. Solche Fehler - etwa die Abgabe der Stellungnahme durch ein dafür unzuständiges Mitglied des Betriebsrats - gehen schon deshalb nicht zu Lasten des Arbeitgebers, weil dieser keine rechtliche Möglichkeit eines Einflusses auf die Beschlussfassung des Betriebsrats hat (BAG 6. Oktober 2005 - 2 AZR 316/04 - Rn. 21 mwN, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 150 = EzA BetrVG 2001 § 102 Nr. 16; 24. Juni 2004 - 2 AZR 461/03 - zu B II 2 b aa der Gründe mwN, AP BGB § 620 Kündigungserklärung Nr. 22 = EzA BetrVG 2001 § 102 Nr. 9).

44

(2) Etwas anderes kann ausnahmsweise dann gelten, wenn erkennbar keine Stellungnahme des Gremiums „Betriebsrat”, sondern etwa nur eine persönliche Äußerung des Betriebsratsvorsitzenden vorliegt oder der Arbeitgeber den Fehler des Betriebsrats durch unsachgemäßes Verhalten selbst veranlasst hat (BAG 6. Oktober 2005 - 2 AZR 316/04 - Rn. 22, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 150 = EzA BetrVG 2001 § 102 Nr. 16; 16. Januar 2003 - 2 AZR 707/01 - zu B I 2 c der Gründe, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 129 = EzA BetrVG 2001 § 102 Nr. 2).

45

(3) Für das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalls fehlt es auf der Grundlage des festgestellten Sachverhalts an hinreichenden Anhaltspunkten. Einen beachtlichen Verfahrensfehler des Landesarbeitsgerichts zeigt der Kläger nicht auf. Er bezieht sich auf sein Vorbringen, entweder habe das betreffende Betriebsratsmitglied am 21. September 2009 nur eine persönliche Äußerung abgegeben oder die Beklagte habe den Betriebsrat zu einer eiligen Beschlussfassung im Umlaufverfahren gedrängt. Er verbindet damit den Einwand, das Landesarbeitsgericht habe zu Unrecht gemeint, dies laufe auf eine unzulässige Ausforschung hinaus. Soweit er damit geltend machen will, das Landesarbeitsgericht habe eine gebotene Beweisaufnahme unterlassen, ist die Rüge unzulässig. Er legt nicht dar, welches Ergebnis die Erhebung des angebotenen Beweises voraussichtlich erbracht hätte (zu dieser Anforderung BAG 6. Januar 2004 - 9 AZR 680/02 - zu II 3 d aa der Gründe, BAGE 109, 145). Unabhängig davon ist die Würdigung des Landesarbeitsgerichts mit den Vorgaben des Prozessrechts vereinbar. Zwar kann es einer Prozesspartei, die keinen Einblick in bestimmte Geschehensabläufe hat und der deshalb die Beweisführung erschwert ist, gestattet sein, auch solche Tatsachen unter Beweis zu stellen, die sie nicht sicher kennt, die sie aber aufgrund ihr bekannter Umstände vermuten kann. Zulässig ist ein solcher Beweisantritt aber nur, wenn zumindest greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen der fraglichen Tatsache aufgezeigt werden (vgl. BAG 18. September 2008 - 2 AZR 1039/06 - Rn. 33, DB 2009, 964; BGH 15. Mai 2003 - III ZR 7/02 - zu II 2 a der Gründe, BGHReport 2003, 891). Dieser Anforderung genügt das Vorbringen des Klägers nicht. Allein die verhältnismäßig kurze Zeit, die zwischen Übergabe des Anhörungsbogens und der Stellungnahme vom 21. September 2009 liegt und der zusätzliche Umstand, dass zwei Tage dieser Zeitspanne arbeitsfrei gewesen sein mögen, sind keine greifbare Indizien dafür, dass das handelnde Betriebsratsmitglied der Beklagten lediglich eine persönliche Stellungnahme übermittelt hat. Zum einen ist es nicht ausgeschlossen, dass der Betriebsrat außerhalb der regulären Arbeitszeit zu Sitzungen zusammentritt. Zum anderen deutet der Inhalt der Stellungnahme („… haben wir keine Bedenken“) explizit auf eine Einbeziehung weiterer Betriebsratsmitglieder hin. Ebenso wenig bietet der zeitliche Ablauf einen Anhaltspunkt für die Annahme, der Betriebsrat habe, falls er einen Beschluss im Umlaufverfahren gefasst haben sollte, dies auf Drängen der Beklagten getan.

46

II. Die Klageanträge zu 2. fallen dem Senat nicht zur Entscheidung an. Der Kläger hat in der Revisionsbegründung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass deren Erfolg vom Ausgang des Kündigungsrechtsstreits abhängt. Dies kann bei sachgerechter Würdigung, insbesondere vor dem Hintergrund des angebrachten Prozesskostenhilfegesuchs, nur so verstanden werden, dass er sie insgesamt als uneigentliche Hilfsanträge zum Kündigungsschutzantrag stellen will. Selbst wenn über sie zu befinden wäre, bliebe seiner Revision im Übrigen der Erfolg versagt. Infolge der Wirksamkeit der Kündigung vom 22. September 2009 hat in den Monaten Oktober, November und Dezember 2009 zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis mehr bestanden.

47

III. Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Rinck    

        

    Berger    

        

        

        

    Krichel    

        

    Nielebock    

                 

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 1. August 2013 - 8 Sa 215/13 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen betriebsbedingten Kündigung.

2

Der Kläger war seit dem Jahr 1995 als Zivilangestellter bei den britischen Streitkräften in Deutschland (künftig BFG) beschäftigt und zuletzt als Lagerverwalter in der Dienststelle M tätig. Im Arbeitsvertrag ist Bezug genommen auf die Bestimmungen des Tarifvertrags für die Arbeitnehmer der Stationierungsstreitkräfte im Gebiet der BRD (TV AL II) in der jeweils gültigen Fassung.

3

Mit Wirkung zum 8. August 2011 übertrugen die BFG ihr an einzelnen Standorten bearbeitetes Facilities Management auf die neu gegründete Firma B S S GmbH (künftig BSSG). BFG und BSSG unterrichteten mit einem gemeinsamen Informationsschreiben vom 17. Mai 2011 die in dem Bereich tätigen Zivilangestellten - darunter den Kläger - über den bevorstehenden Betriebsteilübergang und Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse auf die BSSG. In dem Schreiben heißt es ua.:

        

„...   

        

wie wir Ihnen bereits mitgeteilt haben, beabsichtigt [das Vereinigte Königreich], …, nachfolgend auch ‚British Forces Germany‛ bzw. ‚BFG‛ genannt, seine gesamten Facilities Management (FM) Tätigkeiten in Deutschland ab dem 08.08. 2011, 0:00 Uhr (nachfolgend ‚Übergangsstichtag‛ genannt) von der [BSSG] ausführen zu lassen und die für die Erfüllung dieser Aufgaben wesentlichen Betriebsmittel mit Wirkung zum Übergangsstichtag auf die BSSG zu übertragen.

        

...     

        

I.    

Erwerber

        

Bei der BSSG handelt es sich um eine am 05.01.2011 neu gegründete GmbH mit Sitz in … BSSG ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der B I G PLC. …

        

…       

        
        

III.   

Rechtliche, wirtschaftliche und soziale Folgen des Übergangs für die betroffenen Arbeitnehmer

        

…       

        
        

6.    

Konsequenzen des Betriebsteilübergangs für tarifvertragliche Rechte und Pflichten

        

Die BSSG ist nicht tarifgebunden.

        

Die Bundesrepublik Deutschland hat demgegenüber im Einvernehmen mit den obersten Behörden der Stationierungsstreitkräfte eine Reihe von Tarifverträgen abgeschlossen, die auf alle in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmer der BFG Anwendung finden, die entweder Mitglied der tarifschließenden Gewerkschaft sind oder deren Arbeitsvertrag auf diese Tarifverträge Bezug nimmt. Dies sind insbesondere die folgenden Tarifverträge, die in jeder der Beschäftigungsdienststellen ... zur Einsicht ausliegen:

        

-       

Tarifvertrag für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TV AL II),

        

-       

Tarifvertrag über Rationalisierungs-, Kündigungs- und Einkommensschutz (SchutzTV) und

        

-       

Tarifvertrag zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TV Soziale Sicherung).

        

Da die BSSG nicht tarifgebunden ist, werden die durch diese Tarifverträge geregelten Rechte und Pflichten, soweit Sie am Übergangsstichtag Mitglied der tarifabschließenden Gewerkschaft sind, am Übergangsstichtag zum Inhalt Ihres Arbeitsverhältnisses und dürfen für die Dauer eines Jahres nicht zu Ihrem Nachteil auf einzelvertraglicher Ebene geändert werden. ...

                 

Soweit arbeitsvertraglich die Anwendung tarifvertraglicher Regelungen vereinbart wurde, werden diese Vereinbarungen durch den Betriebsteilübergang nicht berührt; die Bezugnahme bleibt mit dem zum Übergangsstichtag maßgeblichen Inhalt unverändert gültig.

        

…       

        
        

11.     

§ 112a Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG)

        

Bitte beachten Sie, dass die BSSG als neu gegründete Gesellschaft dem Anwendungsbereich von § 112a Abs. 2 BetrVG unterfällt. Dies hat zur Folge, dass innerhalb der ersten vier Jahre nach der Gründung der BSSG im Fall einer Betriebsänderung gemäß § 111 BetrVG ein Sozialplan nicht erzwungen werden kann. Soweit auf Ihr Arbeitsverhältnis auch nach dem Übergangsstichtag der SchutzTV Anwendung findet, haben Sie, soweit Sie von der BSSG aus einem der in dem SchutzTV genannten Gründen gekündigt werden, gleichwohl Anspruch auf Leistungen nach dem SchutzTV.“

4

Der Kläger war ab dem 8. August 2011 zunächst für die BSSG tätig. Mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 12. Juni 2012 widersprach er dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die BSSG und bot seine Arbeitsleistung wieder den BFG an. Er berief sich auf Mängel des Unterrichtungsschreibens. Ab dem 28. Juni 2012 wurde er faktisch erneut für die BSSG tätig.

5

Mit Schreiben vom 30. Oktober 2012 kündigten die BFG das Arbeitsverhältnis - nach Beteiligung der Betriebsvertretung - außerordentlich mit sozialer Auslauffrist zum 31. Mai 2013.

6

Dagegen hat der Kläger rechtzeitig die vorliegende Klage erhoben. Zudem hat er für den Zeitraum vom 12. Juni 2012 bis zur Weiterbeschäftigung bei der BSSG Zahlung seiner Vergütung aufgrund Annahmeverzugs verlangt. Er hat gemeint, sein Arbeitsverhältnis habe über den Zeitpunkt des Betriebsteilübergangs hinaus zum Vereinigten Königreich fortbestanden. Sein Widerspruch gegen den Übergang sei rechtzeitig erfolgt. Das Unterrichtungsschreiben vom 17. Mai 2011 habe nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprochen. Es fehle ein Hinweis darauf, dass bereits zum damaligen Zeitpunkt geplant gewesen sei, den Standort M zum Ende des Jahres 2013 zu schließen. Außerdem sei durch das Schreiben der Eindruck erweckt worden, der Tarifvertrag zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der BRD (TV SozSich) komme auch nach dem Übergang voll zur Geltung. Richtigerweise hätten die Beschäftigten darauf hingewiesen werden müssen, dass die BSSG davon ausgehe, die tariflichen Regelungen seien nach dem Übergang nicht mehr anwendbar, und sie bei Schließung des Standorts keine Überbrückungsbeihilfen zahlen werde. Die Arbeitnehmer eines anderen Standorts seien dahingehend unterrichtet worden. Auch seien die Informationen über die Fortführung der Gruppenversicherungsverträge unrichtig gewesen. Die Kündigung vom 30. Oktober 2012 sei unwirksam. Er habe auf einer freien Stelle als Lagerverwalter in B oder am Standort M weiterbeschäftigt werden können. Für den Fall der Wirksamkeit der Kündigung sei festzustellen, dass zwischen ihm und dem Vereinigten Königreich bis zum 31. Mai 2013 ein Arbeitsverhältnis bestanden und der Kündigung eine Personaleinschränkung im Sinne des TV SozSich zugrunde gelegen habe.

7

Der Kläger hat - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - zweitinstanzlich beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das zwischen ihm und der Beklagten bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 30. Oktober 2012 nicht beendet wurde,

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.521,45 Euro brutto nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 1. Juli 2012 zu zahlen,

        

3.    

für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1. festzustellen, dass zwischen ihm und der Beklagten bis zum 31. Mai 2013 ein Arbeitsverhältnis bestanden hat und die Kündigung wegen einer Personaleinschränkung iSd. § 2 Nr. 1 des Tarifvertrags vom 31. August 1971 zur sozialen Sicherung der Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der BRD erfolgt ist.

8

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, in Folge der Ausgliederung des Facilities Managements und seiner Übertragung auf die BSSG sei das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Vereinigten Königreich auf die BSSG übergegangen. Der Widerspruch des Klägers sei verspätet. Falls es darauf ankomme, sei die vorsorglich erklärte Kündigung wirksam. Der Arbeitsplatz des Klägers sei infolge des Betriebsübergangs weggefallen. Alternative Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten am Standort M oder innerhalb des Einzugsbereichs habe es nicht gegeben. Soweit der Kläger sich auf freie Arbeitsplätze an anderen Standorten berufe, hätten diese nicht zur Verfügung gestanden. Für die freie Stelle eines Lagerverwalters in B seien vorrangig andere Mitarbeiter der Dienststellen M, G und B zu berücksichtigen gewesen. Bei diesen habe es sich zum Teil um Mitglieder der dortigen Betriebsvertretungen gehandelt. Der betreffende Arbeitsplatz sei bis zu einer endgültigen Auswahlentscheidung mit einem anderen Mitarbeiter besetzt und schließlich aufgrund weiterer Umstrukturierungsmaßnahmen mit Wirkung zum 16. März 2013 abgebaut worden. Einer Sozialauswahl habe es nicht bedurft. Der Kläger sei aufgrund seiner Personalverantwortung als einziger Mitarbeiter am Standort M der Vergütungsgruppe C4a zugeordnet gewesen. Im Übrigen sei er nicht sozial schutzwürdiger als andere Mitarbeiter.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Die für den Fall des Unterliegens mit dem Kündigungsschutzantrag gestellten Hilfsanträge fallen nicht zur Entscheidung an.

11

I. Die Klage ist zulässig.

12

1. Die auch noch in der Revisionsinstanz zu überprüfende Zuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit ist gemäß Art. 56 Abs. 8 Satz 1 ZA-NTS(BGBl. II 1961, S. 1218, 1278) gegeben. Der Kläger war ziviler Bediensteter bei den BFG. Die Klage richtet sich gemäß Art. 56 Abs. 8 Satz 2 ZA-NTS gegen die beklagte Bundesrepublik, die in Prozessstandschaft für den Entsendestaat - hier das Vereinigte Königreich - auftritt(vgl. BAG 20. Februar 2014 - 2 AZR 248/13 - Rn. 11; 25. Oktober 2012 - 2 AZR 552/11 - Rn. 17).

13

2. Der Kündigungsschutzantrag ist dahin zu verstehen, dass der Kläger das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zwischen ihm und dem Vereinigten Königreich - und nicht zwischen ihm und der Bundesrepublik Deutschland - festgestellt wissen will.

14

a) Klageanträge sind der Auslegung durch das Revisionsgericht zugänglich. Dabei sind die für Willenserklärungen geltenden Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB) heranzuziehen. Für das Verständnis eines Klageantrags ist deshalb nicht am buchstäblichen Wortlaut des Antrags zu haften. Das Gericht hat den erklärten Willen zu erforschen, wie er sich aus der Klagebegründung, dem Prozessziel und der Interessenlage ergibt. Im Zweifel ist das gewollt, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der richtig verstandenen Interessenlage des Antragstellers entspricht (BAG 26. März 2013 - 3 AZR 77/11 - Rn. 17).

15

b) Danach hat der Kündigungsschutzantrag das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Vereinigten Königreich zum Gegenstand. Dem Wortlaut des Antrags nach geht es zwar um ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten dieses Rechtsstreits, der Bundesrepublik Deutschland. Darin liegt jedoch eine offensichtliche Falschbezeichnung. Die Bundesrepublik Deutschland ist im vorliegenden Rechtsstreit lediglich Prozessstandschafterin für das Vereinigte Königreich. Arbeitgeber der bei den Stationierungsstreitkräften beschäftigten Arbeitskräfte bleibt dagegen der Entsendestaat (BAG 20. Februar 2014 - 2 AZR 248/13 - Rn. 22; 9. Februar 1993 - 1 ABR 43/92 - zu B II 2 c der Gründe mwN).

16

II. Die Kündigungsschutzklage ist begründet. Das Arbeitsverhältnis des Klägers bestand trotz des Betriebsteilübergangs auf die BSSG zum Vereinigten Königreich fort. Die Kündigung vom 30. Oktober 2012 hat es nicht aufgelöst.

17

1. Zwischen dem Kläger und dem Vereinigten Königreich bestand über den Zeitpunkt des Betriebsteilübergangs hinaus ein Arbeitsverhältnis.

18

a) Streitgegenstand einer Kündigungsschutzklage mit einem Antrag nach § 4 Satz 1 KSchG ist, ob das Arbeitsverhältnis der Parteien aus Anlass einer bestimmten Kündigung zu dem in ihr vorgesehenen Termin aufgelöst worden ist. Die begehrte Feststellung erfordert nach dem Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung eine Entscheidung über das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zum Zeitpunkt der Kündigung (BAG 26. September 2013 - 2 AZR 682/12 - Rn. 18, BAGE 146, 161; 22. November 2012 - 2 AZR 732/11 - Rn. 19).

19

b) Das Arbeitsverhältnis des Klägers bestand trotz des Betriebsteilübergangs zum Vereinigten Königreich fort. Der Kläger hat dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die BSSG mit rechtlichem Erfolg widersprochen.

20

aa) Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Betriebsteil Facilities Management mit Wirkung zum 8. August 2011 auf die BSSG übergegangen ist. Dem Übergang eines gesamten Betriebs steht, soweit es um die Voraussetzungen und die Rechtsfolgen des § 613a BGB geht, der Übergang eines Betriebsteils gleich(vgl. BAG 22. Mai 2014 - 8 AZR 1069/12 - Rn. 26).

21

bb) Die Vorschrift des § 613a BGB ist anwendbar, obwohl die BFG kein privates Unternehmen sind.

22

(1) Öffentlich-rechtlich organisierte Einheiten zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben - und damit auch militärische Einrichtungen (vgl. BAG 25. September 2003 - 8 AZR 421/02 - zu II 1 c der Gründe) - können Betriebe iSv. § 613a Abs. 1 BGB sein. Allerdings kommt § 613a Abs. 1 BGB iVm. der Richtlinie 2001/23/EG (ABl. L 82 vom 22. März 2001, S. 16) im öffentlichen Dienst grundsätzlich nur bei der Übertragung wirtschaftlicher Tätigkeiten, nicht aber von Tätigkeiten in Ausübung hoheitlicher Befugnisse zur Anwendung (EuGH 6. September 2011 - C-108/10 - [Scattolon] Rn. 53 f., Slg. 2011, I-7491; BAG 22. Mai 2014 - 8 AZR 1069/12 - Rn. 24). Als wirtschaftlich gelten auch solche Tätigkeiten, die im allgemeinen Interesse und ohne eigenen Erwerbszweck erbracht werden, wenn sie im Wettbewerb mit den Diensten von Wirtschaftsteilnehmern stehen, die ihrerseits einen Erwerbszweck verfolgen (EuGH 6. September 2011 - C-108/10 - [Scattolon] Rn. 44, aaO; BAG 22. Mai 2014 - 8 AZR 1069/12 - Rn. 35). Dagegen liegt eine Ausübung hoheitlicher Befugnisse vor, wenn in einer hinreichend qualifizierten Weise von Sonderrechten, Hoheitsprivilegien oder Zwangsbefugnissen Gebrauch gemacht wird (vgl. EuGH 29. April 2010 - C-160/08 - [Kommission/Deutschland] Rn. 79, Slg. 2010, I-3713; BAG 22. Mai 2014 - 8 AZR 1069/12 - Rn. 34; 10. Mai 2012 - 8 AZR 434/11 - Rn. 35).

23

(2) Danach unterlag die Organisationseinheit des Facilities Managements der BFG dem Anwendungsbereich von § 613a BGB. Die in diesem Bereich ausgeübten Service-Tätigkeiten waren nicht mit der Ausübung von Sonderrechten, Hoheitsprivilegien oder Zwangsbefugnissen verbunden. Es handelte sich um wirtschaftliche Tätigkeiten ohne Erwerbszweck bei einer öffentlich-rechtlichen Stelle.

24

cc) Der Kläger hat dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die BSSG rechtzeitig widersprochen. Das Unterrichtungsschreiben vom 17. Mai 2011 entsprach nicht den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB, so dass es die Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB nicht in Gang gesetzt hat. Das Schreiben informierte nicht ausreichend über die wirtschaftlichen Folgen des Betriebsteilübergangs iSv. § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB. Dazu hätte es einer Stellungnahme nicht nur zur möglichen Fortgeltung, sondern auch zur Anwendbarkeit des TV SozSich bei der BSSG bedurft. Ob die Unterrichtung - wie vom Kläger geltend gemacht - mit weiteren Mängeln behaftet war, bedarf keiner Entscheidung.

25

(1) Die einmonatige Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB wird nur durch eine ordnungsgemäße Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB in Lauf gesetzt(st. Rspr., vgl. BAG 14. November 2013 - 8 AZR 824/12 - Rn. 18 mwN). Der Arbeitnehmer soll durch die Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB eine ausreichende Tatsachengrundlage für eine sachorientierte Entscheidung darüber erhalten, ob er sein Widerspruchsrecht ausüben soll oder nicht(vgl. BT-Drs. 14/7760 S. 19). § 613a Abs. 5 BGB gebietet daher eine Information des Arbeitnehmers auch über die mittelbaren Folgen eines Betriebsübergangs - etwa darüber, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen beim Erwerber zu einer Gefährdung der wirtschaftlichen Absicherung der Arbeitnehmer führen -, wenn darin ein relevantes Kriterium für einen möglichen Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses gesehen werden muss( BAG 14. November 2013 - 8 AZR 824/12 - Rn. 30; 31. Januar 2008 - 8 AZR 1116/06  - Rn. 32 ). Zu den wirtschaftlichen Folgen iSv. § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB gehören auch solche Veränderungen, die sich den Bestimmungen des § 613a Abs. 1 bis Abs. 4 BGB nicht als unmittelbare rechtliche Folge entnehmen lassen( BAG 14. November 2013 - 8 AZR 824/12 - aaO für eine Sozialplanprivilegierung der Erwerberin nach § 112a Abs. 2 BetrVG; 10. November 2011 - 8 AZR 430/10  - Rn. 28 ). Eine Unterrichtung über komplexe Rechtsfragen ist allerdings dann nicht fehlerhaft, wenn der Arbeitgeber dabei nach angemessener Prüfung der Rechtslage, die ggf. die Einholung von Rechtsrat über die höchstrichterliche Rechtsprechung verlangt, eine rechtlich vertretbare Position einnimmt (BAG 13. Juli 2006 - 8 AZR 303/05 - Rn. 23, BAGE 119, 81). Eine umfassende Rechtsberatung jedes einzelnen Arbeitnehmers kann nicht verlangt werden. Die Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB dient nicht dazu, den Arbeitnehmer über alle ihn möglicherweise treffenden individuellen Folgen des Betriebsübergangs zu informieren. Sie soll ihn lediglich in die Lage versetzen, sich auf ihrer Grundlage ggf. weitergehend zu informieren oder beraten zu lassen. Es obliegt dem Arbeitnehmer, die Angaben des Arbeitgebers - und sei es nach weiteren Erkundigungen - in sein persönliches Arbeitsverhältnis umzusetzen (BAG 10. November 2011 - 8 AZR 430/10 - Rn. 36).

26

(2) Danach hat der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses mit Schreiben vom 12. Juni 2012 rechtzeitig widersprochen. Die Unterrichtung vom 17. Mai 2011 genügte nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB. Bei den Angaben zur künftigen Anwendung der Regeln des TV SozSich fehlte ein Hinweis darauf, dass Ansprüche aus dem Tarifvertrag nach dem Betriebsübergang womöglich nicht mehr entstehen konnten.

27

(a) Im Unterrichtungsschreiben vom 17. Mai 2011 ist in Ziff. III 6 ausgeführt, dass die in den dort genannten Tarifverträgen - ua. dem TV SozSich - getroffenen Vereinbarungen durch den Betriebsteilübergang nicht berührt würden, soweit die Geltung der Tarifverträge arbeitsvertraglich vereinbart worden sei. Das Schreiben enthält jedoch keine Aussage zu der Frage, ob Ansprüche auf Überbrückungsbeihilfen nach dem TV SozSich gegenüber der privatrechtlich organisierten Erwerberin in Anbetracht der Voraussetzungen gemäß § 2 Ziff. 1 TV SozSich überhaupt noch in Betracht kamen. Nach § 2 Ziff. 1 TV SozSich haben Anspruch auf Leistungen nach diesem Tarifvertrag Arbeitnehmer, die wegen Personaleinschränkung infolge einer Verringerung der Truppenstärke oder einer aus militärischen Gründen angeordneten Auflösung bzw. Verlegung von Dienststellen oder Einheiten entlassen werden.

28

(b) Diese Frage hätten die Unterrichtenden zumindest aufwerfen und zu ihr einen vertretbaren Rechtsstandpunkt einnehmen müssen. Es handelt sich für die Arbeitnehmer um eine wesentliche rechtliche und wirtschaftliche Rahmenbedingung des Betriebsübergangs. Die Beklagte vermag sich nicht mit Erfolg darauf zu berufen, sie habe durch die Ausführungen zur Fortgeltung ua. des TV SozSich die Frage nach der Möglichkeit, die Anspruchsvoraussetzungen des § 2 TV SozSich auch im Verhältnis zur Erwerberin zu erfüllen, implizit bejaht. Mit der Geltung eines Tarifvertrags steht nicht zugleich fest, dass die in ihm vorgesehenen Voraussetzungen für einen Anspruch auf bestimmte Leistungen prinzipiell erfüllbar sind.

29

(aa) Bei den Leistungen nach dem TV SozSich handelt es sich um eine für die Arbeitnehmer wirtschaftlich bedeutsame Absicherung. Sie sind vergleichbar mit Leistungen aus einem Sozialplan. Nach § 4 Ziff. 5 Buchst. b TV SozSich besteht bei Entlassungen wegen einer Verringerung der Truppenstärke oder einer aus militärischen Gründen angeordneten Auflösung bzw. Verlegung von Dienststellen oder Einheiten Anspruch auf Zahlung von Überbrückungsbeihilfen bis zur Dauer von fünf Jahren. Den Arbeitnehmern wird durch die Überbrückungsbeihilfe im ersten Jahr ein Einkommen in Höhe von 100 vH des zuletzt bezogenen Grundentgelts und ab dem zweiten Jahr in Höhe von 90 vH garantiert. Darin liegt ein weitreichender wirtschaftlicher Ausgleich für die Folgen eines Arbeitsplatzverlustes aus den genannten Gründen. Es geht um Maßnahmen, die nach §§ 111 ff. BetrVG regelmäßig sozialplanpflichtig wären.

30

(bb) Das Fehlen einer Sozialplanpflichtigkeit des Erwerbers nach § 112a Abs. 2 BetrVG ist eine mit dem Betriebsübergang entstehende veränderte rechtliche Situation, die wegen der wirtschaftlichen Folgen für die betroffenen Arbeitnehmer im Unterrichtungsschreiben mitgeteilt werden muss(BAG 14. November 2013 - 8 AZR 824/12 - Rn. 31). Im vorliegenden Fall wurden die Arbeitnehmer zwar zutreffend über die Privilegierung der Erwerberin nach § 112a BetrVG informiert. Gerade weil die BSSG aber noch für längere Zeit von der Sozialplanpflicht befreit war, waren die Ansprüche auf Überbrückungsbeihilfen nach dem TV SozSich für die Arbeitnehmer von besonderer wirtschaftlicher Bedeutung.

31

(cc) Ob solche Ansprüche nach dem TV SozSich auch gegenüber der BSSG würden entstehen können, betraf eine zumindest mittelbare rechtliche und wirtschaftliche Folge des Betriebsteilübergangs. Es wurde wegen des Übergangs auf eine privatrechtlich organisierte Erwerberin fraglich, ob die Voraussetzungen nach § 2 Ziff. 1 TV SozSich von den Arbeitnehmern überhaupt noch würden erfüllt werden können. Das war nicht unzweifelhaft. Die BSSG hatte sich nach dem unwidersprochenen Vorbringen des Klägers bereits in einem „Newsletter“ von Juni 2011 - und damit noch vor dem Übergangsstichtag - auf den Standpunkt gestellt, die Anspruchsvoraussetzungen für die im TV SozSich vorgesehenen Leistungen träfen auf sie nicht zu. Dennoch wurde der Kläger weder durch die Beklagte noch durch die Erwerberin darüber unterrichtet, welchen Rechtsstandpunkt sie insoweit für zutreffend hielten. Der Hinweis in Ziff. III 6 des Unterrichtungsschreibens auf die Fortgeltung - auch - des TV SozSich bei der Erwerberin genügte hierfür nicht. In Ziff. III 11 wiederum wurde lediglich über die Möglichkeit des Bezugs von Leistungen nach dem SchutzTV informiert.

32

(dd) Die unzureichende Information wirkt sich auch auf das Arbeitsverhältnis des Klägers aus. Zwar ist in seinem Arbeitsvertrag ausdrücklich nur auf den TV AL II, dh. den Mantel- und Entgelttarifvertrag für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Bezug genommen. Das Landesarbeitsgericht ist aber davon ausgegangen, auf das Arbeitsverhältnis des Klägers habe ua. der TV SozSich Anwendung gefunden. Die Parteien haben dagegen keine Einwände erhoben. Sie haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vielmehr bestätigt, dass die Bezugnahme, wie sie der Arbeitsvertrag des Klägers enthalte, durchgängig dahin verstanden worden sei, durch sie werde nicht nur der TV AL II, sondern das gesamte für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften abgeschlossene Tarifwerk vertraglich einbezogen. Damit liegt zumindest eine konkludente Bezugnahme auf den TV SozSich vor. Eine solche ist möglich. Der vertragliche Einbezug von Tarifregelungen setzt keine Schriftform voraus (BAG 19. Januar 1999 - 1 AZR 606/98 - zu III 1 der Gründe).

33

(ee) Ein ausdrücklicher Hinweis darauf, welchen Rechtsstandpunkt die Unterrichtenden bezüglich der Anwendbarkeit des TV SozSich nach dem Betriebsübergang einnähmen, war nicht deshalb entbehrlich, weil der Beklagten eine an jedem einzelnen Arbeitsverhältnis orientierte Fassung des Unterrichtungsschreibens nicht zumutbar gewesen wäre. Einer solchen spezifischen, je individuell ausgerichteten Information der einzelnen Arbeitnehmer bedurfte es nicht. Die Frage, ob die in § 2 TV SozSich geregelten Anspruchsvoraussetzungen bei der Erwerberin überhaupt erfüllbar waren, war vielmehr ebenso von genereller Bedeutung für alle Arbeitnehmer wie der Umstand, dass der Tarifvertrag als solcher fortgalt. Die Beantwortung dieser Frage war nicht abhängig von den Besonderheiten des einzelnen Arbeitsverhältnisses, sondern davon, wie die Tarifnorm insoweit generell zu verstehen wäre. Es ging nicht um Einzelfragen der individuellen Erfüllung von Anspruchsvoraussetzungen, sondern um eine für alle vom Betriebsübergang erfassten Arbeitnehmer entscheidende Vorfrage für die Möglichkeit, die BSSG ggf. nach dem TV SozSich in Anspruch nehmen zu können.

34

(ff) Eine Unterrichtung über den eigenen Standpunkt war den Beteiligten nicht deshalb unzumutbar, weil es sich um eine schwierig zu beantwortende Rechtsfrage handelte. § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB verpflichtet die Arbeitgeberseite in einem solchen Fall nicht zu der rechtlich objektiv zutreffenden Darstellung, sondern verlangt nur eine rechtlich vertretbare Auskunft(BAG 10. November 2011 - 8 AZR 430/10 - Rn. 29; 13. Juli 2006 - 8 AZR 303/05 - zu II 2 b aa der Gründe, BAGE 119, 81).

35

(3) Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, der Kläger habe sein Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB nicht verwirkt. Das dafür erforderliche Umstandsmoment liegt nicht vor (vgl. dazu BAG 17. Juni 2014 - 3 AZR 412/13 - Rn. 61).

36

2. Die außerordentliche Kündigung vom 30. Oktober 2012 hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst. Es fehlt an einem wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB. Ob das Arbeitsverhältnis des Klägers aufgrund der Vorschriften des SchutzTV ordentlich unkündbar war, bedarf keiner Entscheidung.

37

a) Sollte eine ordentliche Kündigung möglich sein, wäre das Vorliegen eines wichtigen Grundes schon deshalb zu verneinen. Eine außerordentliche Kündigung aus betrieblichen Gründen gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis ordentlich gekündigt werden kann, ist grundsätzlich unzulässig. Dem Arbeitgeber ist es, wenn die Weiterbeschäftigungsmöglichkeit aus betrieblichen Gründen entfällt, selbst im Insolvenzfall zuzumuten, die Kündigungsfrist einzuhalten (BAG 23. Januar 2014 - 2 AZR 372/13 - Rn. 16; 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - Rn. 14, BAGE 145, 265).

38

b) Auch wenn eine ordentliche Kündigung gegenüber dem Kläger gemäß § 8 Ziff. 1 SchutzTV ausgeschlossen war - und nicht der Ausnahmetatbestand nach § 8 Ziff. 2 SchutzTV vorlag -, ist die außerordentliche Kündigung vom 30. Oktober 2012 nicht gerechtfertigt.

39

aa) Eine auf betriebliche Gründe gestützte außerordentliche Kündigung kommt - unter Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist entsprechenden Auslauffrist - dann in Betracht, wenn die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung nicht besteht und dies dazu führt, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer anderenfalls trotz Wegfalls der Beschäftigungsmöglichkeit noch für Jahre vergüten müsste, ohne dass dem eine entsprechende Arbeitsleistung gegenüberstünde (BAG 23. Januar 2014 - 2 AZR 372/13 - Rn. 17; 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - Rn. 15, BAGE 145, 265). Der Arbeitgeber ist in diesem Fall allerdings wegen des Ausschlusses der ordentlichen Kündigung in einem besonderen Maß verpflichtet zu versuchen, die Kündigung durch geeignete andere Maßnahmen zu vermeiden. Besteht irgendeine Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis sinnvoll fortzusetzen, wird er den Arbeitnehmer in der Regel entsprechend einzusetzen haben. Erst wenn alle denkbaren Alternativen ausscheiden, kann ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung vorliegen (BAG 23. Januar 2014 - 2 AZR 372/13 - aaO; 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - aaO).

40

Zur Darlegung eines wichtigen Grundes für eine außerordentliche Kündigung aus betrieblichen Gründen hat der Arbeitgeber deshalb nicht nur darzutun, dass eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers am bisherigen Arbeitsplatz - hier infolge seiner Organisationsentscheidung - nicht mehr möglich ist. Er hat vielmehr außerdem und von sich aus darzulegen, dass überhaupt keine Möglichkeit besteht, das Arbeitsverhältnis - und sei es zu geänderten Bedingungen und nach entsprechender Umschulung - sinnvoll fortzusetzen (BAG 23. Januar 2014 - 2 AZR 372/13 - Rn. 22; 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - Rn. 36, BAGE 145, 265). Anders als bei der ordentlichen Kündigung (vgl. dazu etwa BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 552/11 - und - 2 AZR 561/11 -) reicht es nicht aus, dass der Arbeitgeber zunächst vorträgt, eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers sei infolge des Wegfalls des Arbeitsplatzes nicht möglich, und sodann eine dem widersprechende Darlegung des Arbeitnehmers abwartet. Das Fehlen jeglicher Beschäftigungsmöglichkeit zählt bei der außerordentlichen betriebsbedingten Kündigung zum „wichtigen Grund“. Es ist deshalb schon primär vom Arbeitgeber darzulegen (BAG 23. Januar 2014 - 2 AZR 372/13 - aaO; 20. Juni 2013 - 2 AZR 379/12 - aaO).

41

bb) Danach hält die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Kündigung vom 30. Oktober 2012 sei nicht durch einen wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB gerechtfertigt, einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass die BFG den Kläger auf dem Arbeitsplatz eines Lagerverwalters am Standort B nicht hätten weiterbeschäftigen können. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts war im Kündigungszeitpunkt davon auszugehen, dass dieser Arbeitsplatz spätestens bei Ablauf der Auslauffrist „frei“ wäre.

42

(1) Die zu berücksichtigenden Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten sind nicht auf den Einzugsbereich der Dienststelle iSv. § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b KSchG bzw. § 4 Ziff. 4 Buchst. d SchutzTV beschränkt. Im Fall einer - wie hier - außerordentlichen Kündigung erstrecken sich die Prüf- und Sondierungspflichten eines öffentlichen Arbeitgebers auf sämtliche Geschäftsfelder in seinem territorialen Einflussbereich (BAG 26. November 2009 - 2 AZR 272/08 - Rn. 35, BAGE 132, 299; KR/Fischermeier 10. Aufl. § 626 BGB Rn. 158a). Dafür spricht im Streitfall zudem, dass der Arbeitsvertrag des Klägers die Notwendigkeit besonderer örtlicher Flexibilität betont. Aus den Bestimmungen zum Unterbringungsanspruch in § 4 Ziff. 2 Buchst. d SchutzTV ergibt sich nichts anderes. § 4 SchutzTV regelt, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Weise ein Arbeitnehmer einen besonderen Anspruch auf Unterbringung im Einzugsbereich hat. Er befasst sich nicht mit den Anforderungen an eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB, wenn ein solcher Arbeitsplatz nicht zur Verfügung steht. Regelungen zum Kündigungsschutz enthält lediglich § 8 SchutzTV(vgl. BAG 25. Oktober 2012 - 2 AZR 552/11 - Rn. 32).

43

(2) Selbst wenn die Stelle eines Lagerverwalters am Standort B - wie die Beklagte geltend macht - geringer wertig gewesen sein sollte als die des Klägers und es deshalb einer Änderungskündigung bedurft hätte, um sie ihm zu übertragen, wäre die Beendigungskündigung wegen eben dieser Möglichkeit unverhältnismäßig gewesen (vgl. dazu BAG 8. Mai 2014 - 2 AZR 1001/12 - Rn. 12 f.; 26. März 2009 - 2 AZR 879/07 - Rn. 25 ff.).

44

(3) Vorrangige Beschäftigungsansprüche anderer Arbeitnehmer standen einem Angebot an den Kläger, ihn auf der fraglichen Stelle weiterzubeschäftigen, nicht entgegen. Die nur vage Absicht des Arbeitgebers, eine freie Stelle anderweitig zu besetzen, entbindet diesen im Rahmen von § 626 Abs. 1 BGB nicht davon, sie dem tariflich besonders geschützten Arbeitnehmer anzubieten. Die Beklagte hat nicht behauptet, es habe festgestanden, dass der Arbeitsplatz für einen sonst schutzwürdigeren Arbeitnehmer benötigt worden sei. Ihre Aufklärungsrüge ist unbegründet.

45

(a) Die Ausführungen der Beklagten im Schriftsatz vom 5. Juli 2013 zu III und IV betrafen Mitarbeiter, die zwar sozial schutzwürdiger als der Kläger sein dürften, von denen die Beklagte aber nicht behauptet hat, sie hätten - ausgenommen ein Mitarbeiter, der im Vergleich zum Kläger gerade nicht sozial schutzwürdiger war - zur Kündigung angestanden und deshalb mit dem Kläger um die Weiterbeschäftigungsmöglichkeit in B objektiv konkurriert (vgl. zu einer solchen Fallgestaltung BAG 12. August 2010 - 2 AZR 945/08 - Rn. 40). Es bedarf daher keiner näheren Prüfung, ob sich die Beklagte anderenfalls mit Erfolg darauf berufen könnte, dass der Kläger auch bei einer sozialen Auswahl des für die Besetzung der Stelle zu berücksichtigenden Arbeitnehmers nicht zum Zuge gekommen wäre (zu diesem im Rahmen von § 1 Abs. 3 KSchG möglichen Einwand vgl. BAG 9. November 2006 - 2 AZR 812/05  - BAGE 120, 137 ).

46

(b) Auch zu V ihrer Ausführungen im Schriftsatz vom 5. Juli 2013 hat die Beklagte eine solche Konkurrenzsituation nicht behauptet. Sie hat vielmehr vorgebracht, gegenüber den betreffenden, nach § 15 KSchG geschützten Arbeitnehmern seien schon zu einem früheren Zeitpunkt Kündigungen ausgesprochen worden. Diese seien, als die Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers erklärt worden sei, Gegenstand gerichtlicher Verfahren gewesen. Auf diese Weise hat die Beklagte nicht dargelegt, dass die Stelle in B im Rahmen einer Konkurrenzsituation als anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit sowohl für den Kläger als auch für diese Arbeitnehmer in Betracht gekommen sei. Das Landesarbeitsgericht hat das Vorbringen der Beklagten dementsprechend zu Recht allein unter dem Gesichtspunkt gewürdigt, ob die Stelle in B im Zeitpunkt der Kündigung des Klägers „frei“ war. Dabei ist es zu dem Ergebnis gelangt, es habe im Zeitpunkt der Kündigung lediglich Überlegungen zur Neubesetzung der Stelle gegeben. Für eine Prognose, dass sie bei Ablauf der Kündigungsfrist anderweitig besetzt wäre, habe keine Grundlage bestanden. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Anders als in den Fällen, die den Entscheidungen des Senats vom 25. Oktober 2012 (- 2 AZR 552/11 - und - 2 AZR 561/11 -) zugrunde lagen, hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt, die Streitkräfte hätten entschieden, die Stelle bis auf Weiteres gar nicht zu besetzen. Es hat den Vortrag der Beklagten in vertretbarer Weise dahin verstanden, dass die im Kündigungszeitpunkt als „frei“ anzusehende Stelle weiterhin habe freigehalten werden sollen, um ggf. schutzwürdigere Arbeitnehmer unterbringen zu können. Dies hat es zu Recht als unbeachtlich angesehen.

47

(4) Der spätere Wegfall der Stelle in B ist für die Wirksamkeit der Kündigung vom 30. Oktober 2012 unbeachtlich. Diese ist aus der Sicht des Kündigungszeitpunkts zu beurteilen (vgl. nur BAG 27. Februar 1997 - 2 AZR 160/96 - zu II 2 c der Gründe, BAGE 85, 194). Die Beklagte hat nicht vorgetragen, dass der Wegfall der Stelle zu dieser Zeit bereits absehbar gewesen sei.

48

3. Die unwirksame außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist kann nicht gemäß § 140 BGB in eine ordentliche Kündigung umgedeutet werden. Dem steht entweder schon § 8 SchutzTV oder doch der Umstand entgegen, dass die Betriebsvertretung hierzu nicht nach Art. 56 Abs. 9 ZA-NTS iVm. § 91 Abs. 1 SoldG und § 79 Abs. 1 BPersVG beteiligt worden ist und eine ordentliche Kündigung daher wegen § 79 Abs. 4 BPersVG ihrerseits unwirksam wäre.

49

a) Nach § 68 Abs. 2 BPersVG ist die Personalvertretung zur Durchführung ihrer Aufgaben rechtzeitig und umfassend zu unterrichten. Für eine ordnungsgemäße Unterrichtung über eine geplante Kündigung muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat insbesondere die Art der beabsichtigten Kündigung mitteilen. Will er sich im Fall einer außerordentlichen Kündigung die Möglichkeit einer Umdeutung in eine ordentliche Kündigung offenhalten, muss er die Mitarbeitervertretung deutlich darauf hinweisen, dass die beabsichtigte außerordentliche Kündigung hilfsweise als ordentliche gelten soll. Die Beteiligung allein zu einer außerordentlichen ersetzt nicht die Anhörung zu einer ordentlichen Kündigung. Etwas anderes gilt nur dann, wenn das zu einer außerordentlichen Kündigung angehörte Gremium dieser ausdrücklich und vorbehaltlos zugestimmt hat und nicht ersichtlich ist, dass es für den Fall der Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung einer ordentlichen Kündigung entgegengetreten wäre (vgl. BAG 20. September 1984 - 2 AZR 633/82 - zu II 1 der Gründe; APS/Koch 4. Aufl. § 102 BetrVG Rn. 99 mwN).

50

b) Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die BFG haben das Arbeitsverhältnis des Klägers für ordentlich unkündbar gehalten und die Betriebsvertretung daher ausdrücklich nur zu einer außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist angehört. Die Betriebsvertretung hat der Kündigung nicht zugestimmt.

51

III. Der Anspruch auf Zahlung von Lohn für die Zeit vom 12. bis 27. Juni 2012 folgt aus § 611 Abs. 1 iVm. § 615 Satz 1, §§ 293 ff. BGB. Das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Vereinigten Königreich bestand in diesem Zeitraum infolge des Widerspruchs gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die BSSG fort. Das Vereinigte Königreich war mit der Annahme der Arbeitsleistung des Klägers ab dem 12. Juni 2012 in Verzug. Das wörtliche Angebot der Arbeitsleistung in dem Widerspruchsschreiben des Klägers war nach § 295 Satz 1 Alt. 2 BGB ausreichend (vgl. BAG 20. Mai 2010 - 8 AZR 734/08 - Rn. 37). Die BFG sind ihrer Pflicht, dem Kläger einen neuen Arbeitsplatz zuzuweisen, nicht nachgekommen. Die Höhe der Vergütung ist zwischen den Parteien unstreitig. Der Zinsanspruch folgt aus § 286 Abs. 2 Nr. 1 iVm. § 288 Abs. 1 BGB.

52

IV. Die nur den Fall des Unterliegens mit dem Kündigungsschutzantrag gestellten Hilfsanträge fallen dem Senat nicht zur Entscheidung an.

53

V. Die Kosten ihrer erfolglosen Revision hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Beklagte zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Niemann    

        

    Rachor    

        

        

        

    Frey    

        

    Torsten Falke    

                 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 21. März 2012 - 2 Sa 265/11 - aufgehoben.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund vom 26. Juli 2011 - 1 Ca 237/10 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten der Revision und der Berufung zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darum, ob zwischen ihnen nach dem Widerspruch des Klägers gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses infolge eines Betriebsübergangs ein Arbeitsverhältnis besteht.

2

Der 1971 geborene Kläger war seit 1987 im Betrieb S beschäftigt. Bei der Beklagten, die eine 100-prozentige Tochter der D AG ist, war er zuletzt „Callcenteragent“.

3

Am 6. November 2007 wurde ein Gesellschaftsvertrag für die „a zweite GmbH“ mit Sitz in G geschlossen. Zweck der Gesellschaft sollte die Verwaltung von Beteiligungen an Gesellschaften jeder Art sein. Die Eintragung in das Handelsregister des Amtsgerichts G (HRB 7765) erfolgte am 15. November 2007, einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer waren F und Dr. K.

4

Mit Datum vom 16. Januar 2008 wandte sich die Beklagte an die Arbeitnehmer an den Standorten S sowie Gö, Fr, Sch und C. Das Schreiben lautete ua.:

„die D veräußert zum 1. März 2008 fünf weitere Standorte der V GmbH an die a AG. Konkret gehen die Standorte Gö, Fr, Sch, S und C inklusive der Außenstelle Dr an a services über. Die D übergibt damit zum zweiten Mal Standorte an a. Bereits zum 1. Mai 2007 haben die Standorte R, N, P, E und St den Eigentümer gewechselt und sind von a übernommen worden.

Mit a erwartet Sie ein erfolgreicher Arbeitgeber, mit dem die D seit langem Geschäftsbeziehungen unterhält. a zählt mit ihren mehr als 270 Tochterunternehmen zu den größten international vernetzten Medien- und Kommunikationsdienstleistern. Die Tochterfirmen der a beschäftigen weltweit aktuell mehr als 50 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. In den vergangenen Jahren hat die a AG zahlreiche neue Service-Center-Standorte in Deutschland auf- und ausgebaut und dabei eine Vielzahl neuer Arbeitsplätze geschaffen.“

5

An den Kläger persönlich gerichtet wurde sodann ein weiteres, auf den 17. Januar 2008 datiertes Schreiben. Als Absender wies der Briefkopf zum einen die Beklagte, zum anderen eine „a services S GmbH (z.Z. noch a Zweite GmbH)“ auf, für die als Adresse die C-Straße in G angegeben war. Dieses Informationsschreiben lautete auszugsweise:

„17. Januar 2008

Unterrichtung über den Übergang des Betriebs der V GmbH am Standort S auf die a services S GmbH

Sehr geehrte Mitarbeiterin, sehr geehrter Mitarbeiter,

wie Ihnen bereits bekannt ist, ist entschieden worden, den Standort S von der V GmbH (im Folgenden: V) an die a services S GmbH (derzeit noch firmierend als a Zweite GmbH), vertreten durch den Geschäftsführer F, zu verkaufen und zu übertragen; die a services S GmbH ist eine Konzerngesellschaft des B-Konzerns.

Durch die Veräußerung kommt es zu einem so genannten Betriebsübergang gemäß § 613a BGB, über den wir Sie nachfolgend unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorschriften (§ 613a Abs. 5 BGB) unterrichten.

1. Durch den Betriebsübergang tritt für Sie ein Arbeitgeberwechsel von der V zur a services S GmbH ein. Mit dem Betriebsübergang, somit mit Wirkung zum 1. März 2008, geht Ihr Arbeitsverhältnis kraft Gesetzes von der V auf die a services S GmbH über. Das heißt, die a services S GmbH wird Ihr neuer Arbeitgeber. Ihr bisheriges Arbeitsverhältnis zur V erlischt. Der Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages wegen des Betriebsübergangs ist nicht notwendig.

2. Soweit sich aus dem Folgenden nichts anderes ergibt, geht Ihr Arbeitsverhältnis mit allen zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestehenden Rechten und Pflichten auf die a services S GmbH über.

(3) Die a services S GmbH behält sich vor, die bisherigen Entgeltbedingungen und damit die Gesamtvergütung ab dem 01. Januar 2009 abzusenken. Die Einzelheiten werden zu gegebener Zeit mit den Arbeitnehmern und ihren Interessenvertretern erörtert. …

3. Der Betrieb am Standort S bleibt erhalten. Aus Anlass des Betriebsübergangs kommt es zu keiner Betriebsänderung. Das zurzeit bestehende Übergangsmandat des für den Standort S vor dem Betriebsübergang von der DAG in die V zuständigen Betriebsrats bleibt vom Betriebsübergang zur a services S GmbH unberührt. Die gesetzliche sechsmonatige Laufzeit des Übergangsmandats endet jedoch mit Ablauf des 29. Februar 2008. Das von diesem Betriebsrat in den Gesamtbetriebsrat V entsandte Mitglied scheidet aus dem Gesamtbetriebsrat aus.

Es ist beabsichtigt, den Betrieb S mit dem Betrieb der a direct S GmbH, Z, S zu einem gemeinsamen Betrieb zusammenzuführen und ggf. dorthin zu verlegen. Ihr neuer Arbeitgeber, die a services S GmbH wird dazu umgehend nach dem Betriebsübergang Gespräche aufnehmen.

Wahlweise können Sie Ihren Widerspruch auch an die a services S GmbH richten. Die Adresse lautet: C-Straße, G.

Der Verkauf Ihres Standortes an die a services S GmbH ist daher aus heutiger Sicht die einzige Möglichkeit, an Ihrem Standort Beschäftigung über den 31. Dezember 2008 hinaus zuverlässig zu sichern. Im Übrigen ist es erklärte Absicht, weitere Standorte der V an Investoren zu veräußern.

Die Geschäftsführung der a services S GmbH begrüßt Sie als neue Mitarbeiter. Die Unternehmen der a, dem internationalen Medien- und Kommunikations-Dienstleister des B-Konzerns, sind seit langem erfolgreich in der Servicecenter-Branche tätig. a hat allein in den vergangenen zwei Jahren zahlreiche neue Servicecenter-Standorte insbesondere in Ostdeutschland auf- und ausgebaut und dabei eine Vielzahl neuer Arbeitsplätze geschaffen. Mit der Übernahme des V-Standorts S legen wir die Basis für weiteres Wachstum in diesem aussichtsreichen Geschäftssegment. Wir würden uns daher freuen, wenn Sie zukünftig gemeinsam mit uns an einem neuen Kapitel unserer Erfolgsgeschichte schreiben würden.“

6

Nachdem am 14. November 2007 von der a zweite GmbH ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit der „a direct S GmbH“ (AG S HRB 7197) geschlossen worden war, wurde diese Gesellschaft durch Beschluss vom 14. Februar 2008 in „a services S GmbH“ umbenannt. Der Sitz wurde von G nach S verlegt und als Gesellschaftszweck der Betrieb von Callcentergeschäften bestimmt. Diese Gesellschaft wurde beim Amtsgericht S am 8. Mai 2008 in das Handelsregister (HRB 7399) eingetragen.

7

Bei dem Betriebsübergang am 1. März 2008 trat die „a services S GmbH“ als Betriebsübernehmerin auf. Der Kläger arbeitete für sie weiter.

8

Unter dem 12. März 2010 machte die „a direct S GmbH“ den Mitarbeitern der a services S GmbH ein Übertrittsangebot zum 1. April 2010. Das Jahreseinkommen sollte 25.000,00 Euro brutto betragen. Der Kläger nahm dieses Angebot nicht an. Am 15. Juni 2010 wurde die zum 31. März 2011 geplante Schließung ihres Standortes S den Mitarbeitern der a services S GmbH bekannt gegeben. Der Betrieb könne trotz Subventionszahlungen nicht wirtschaftlich betrieben werden. Nach dem 14. Juli 2010 kündigte die a services S GmbH die Arbeitsverhältnisse sämtlicher Mitarbeiter aus betriebsbedingten Gründen. Der Kläger erhob dagegen Kündigungsschutzklage. Mit Schreiben vom 20. Juli 2010 erklärte er gegenüber der Beklagten den Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die a services S GmbH am 1. März 2008. Der Beschäftigungsbetrieb wurde schließlich zum 31. Mai 2011 geschlossen.

9

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Unterrichtung über den Betriebsübergang sei unvollständig, falsch und irreführend gewesen. Statt über die tatsächlich bestehenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu informieren, sei der Eindruck erweckt worden, bei dem neuen Betriebsinhaber gebe es eine Sicherheit der Arbeitsplätze bis zu fünf Jahren. Dagegen habe man verschwiegen, dass die Betriebsübernehmerin eine Neugründung ohne Sozialplanpflicht sei. Auch die Zahlung erheblicher Subventionen und eines „negativen Kaufpreises“ habe die Beklagte verschwiegen.

10

Der Kläger hat beantragt

1. festzustellen, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis über den 29. Februar 2008 hinaus besteht;

2. die Beklagte zu verurteilen, ihn zu unveränderten Bedingungen als Agent Kundenservice-Center zu beschäftigen.

11

Die Beklagte hat ihre Unterrichtung über den Betriebsübergang vom 1. März 2008 für vollständig und korrekt gehalten. Auch sei der Widerspruch des Klägers verspätet. Jedenfalls habe er das Recht zum Widerspruch verwirkt.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hatte vor dem Landesarbeitsgericht Erfolg. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision des Klägers ist begründet. Sein Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die a services S GmbH vom 20. Juli 2010 nach § 613a Abs. 6 BGB war weder verspätet noch verwirkt.

14

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

15

Der Widerspruch sei nicht binnen der Frist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB erklärt worden, da die Unterrichtung über den Betriebsübergang ausreichend gewesen sei. Die Übernehmerin sei im Unterrichtungsschreiben mit vollständiger Firmenbezeichnung, Firmensitz und vollständiger Anschrift benannt worden. Der Name des Geschäftsführers sei zumindest der Unterschrift zu entnehmen gewesen. Damit konnten die Unterrichteten Erkundigungen über die Betriebserwerberin, insbesondere auch durch Einsichtnahme in das Handelsregister, einholen. Daraus sei auch ersichtlich, dass es sich bei der Betriebserwerberin um eine Neugründung handele, weswegen nicht im Unterrichtungsschreiben darauf hinzuweisen gewesen sei. Zudem verwirkliche sich das Risiko der Sozialplanprivilegierung lediglich im Falle einer Betriebsschließung in den ersten vier Jahren. Eine solche sei im Zeitpunkt des Unterrichtungsschreibens nicht geplant gewesen. Entgegenstehende Ansichten anderer Landesarbeitsgerichte seien durch die Senatsentscheidung vom 10. November 2011 (- 8 AZR 430/10 -) „überholt“ und nicht mehr divergenzfähig.

16

B. Diese Begründung des Berufungsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

17

I. Der Kläger wurde mit Schreiben vom 17. Januar 2008 nicht ordnungsgemäß iSd. § 613a Abs. 5 BGB über die Person der Betriebserwerberin unterrichtet.

18

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats wird die einmonatige Widerspruchsfrist nach § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB nur durch eine ordnungsgemäße Unterrichtung in Lauf gesetzt(vgl. BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 808/07 - Rn. 23, AP BGB § 613a Unterrichtung Nr. 4 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 105).

19

Dies folgt bereits aus dem Wortlaut des § 613a Abs. 6 BGB, wonach der Arbeitnehmer dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats „nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5“ widersprechen kann. Damit setzt § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB eine den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB entsprechende Unterrichtung voraus. Im Übrigen ergibt sich dies auch zwingend aus Sinn und Zweck der in § 613a Abs. 5 BGB geregelten Unterrichtungspflicht. Danach haben Veräußerer und/oder Erwerber den Arbeitnehmer so zu informieren, dass dieser sich über die Person des Übernehmers und über die in § 613a Abs. 5 BGB genannten Umstände „ein Bild machen“ kann. Er soll durch die Unterrichtung eine ausreichende Wissensgrundlage für die Ausübung oder Nichtausübung seines Widerspruchsrechts erhalten (vgl. BT-Drucks. 14/7760 S. 19). Dem Arbeitnehmer soll auch die Möglichkeit eröffnet werden, sich weitergehend zu erkundigen und gegebenenfalls beraten zu lassen, um dann auf dieser Grundlage über einen Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses zu entscheiden (vgl. BAG 10. November 2011 - 8 AZR 430/10 - Rn. 23, AP BGB § 613a Unterrichtung Nr. 15; 31. Januar 2008 - 8 AZR 1116/06 - Rn. 28 mwN, AP BGB § 613a Unterrichtung Nr. 2 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 85).

20

2. Die Unterrichtung über die juristische Person der Betriebserwerberin im Informationsschreiben vom 17. Januar 2008 ist unvollständig und unzutreffend.

21

a) Die maßgebliche Unterrichtung des Klägers erfolgte durch das an ihn gerichtete Schreiben der Beklagten und der „a services S GmbH“ vom 17. Januar 2008. Soweit im Informationsschreiben der Beklagten vom Vortag zusätzliche, und insoweit ebenfalls unzutreffende Informationen gegeben wurden, sind diese grundsätzlich nicht maßgeblich.

22

b) Die Bezeichnung der Betriebserwerberin im Unterrichtungsschreiben vom 17. Januar 2008 ist unklar.

23

aa) Im Zeitpunkt des Unterrichtungsschreibens am 17. Januar 2008 gab es die „a services S GmbH“ nicht. Infolgedessen ist auch die Angabe eines Geschäftsführers „F“ unzutreffend und diese Gesellschaft hatte auch keinen Sitz in der C-Straße in G. Eine Gesellschaft mit dieser Firma war am 17. Januar 2008 weder im Handelsregister G noch in S eingetragen. Der fehlende Hinweis auf das zuständige Handelsregister und eine Handelsregisternummer im Unterrichtungsschreiben erklärt sich hieraus, steht aber der Annahme des Landesarbeitsgerichts entgegen, die Unterrichteten hätten sich erforderliche Klarheit über einen Einblick in das Handelsregister verschaffen können.

24

bb) Der Unternehmenskaufvertrag vom 15. Januar 2008, auf den im Unterrichtungsschreiben hingewiesen wird, wurde nicht zwischen der Beklagten und der a services S GmbH abgeschlossen, sondern diesen schloss die Beklagte mit der „a zweite GmbH“ ab. Diese war unter HRB 7765 beim Amtsgericht G eingetragen und hatte am 14. November 2007 mit der „a direct S GmbH“ einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag abgeschlossen. Geschäftsführer waren Dr. K und F. Diese Betriebserwerberin wird im Unterrichtungsschreiben nicht als solche aufgeführt, sondern - falsch geschrieben - als „Noch-Firma“ der Betriebserwerberin und -übernehmerin. Das entsprach nicht der Rechtslage und stellt auch keinen korrekten Hinweis auf ein Handelsregister dar (vgl. BAG 10. November 2011 - 8 AZR 430/10 - Rn. 32). Aus dem Unterrichtungsschreiben geht weder das zuständige Handelsregister hervor, noch wird - verständlicherweise - eine Handelsregisternummer genannt noch können aus den Angaben des Informationsschreibens Kenntnisse über die eintragungspflichtigen Tatsachen gewonnen werden (vgl. BAG 23. Juli 2009 - 8 AZR 538/08 - Rn. 20, BAGE 131, 258).

25

c) Für die a zweite GmbH wurde erst durch Beschluss der Gesellschafter zur Änderung des Gesellschaftsvertrags am 14. Februar 2008 bestimmt, dass die Gesellschaft umfirmiert, dass sie einen neuen Gesellschaftszweck erhält und dass der Firmensitz nach S verlegt wird. Zum Zeitpunkt dieses Gesellschafterbeschlusses war nahezu ein Monat seit dem Zugang des Unterrichtungsschreibens an die Beschäftigten vergangen. Die Eintragung ins Handelsregister S erfolgte erst am 8. Mai 2008. Mit dem Hinweis im Unterrichtungsschreiben auf eine nicht so firmierende GmbH, der fehlenden Angabe zum Firmensitz, dem Schweigen zum zuständigen Handelsregister, der fehlenden Angabe einer Handelsregisternummer, konnten die unterrichteten Arbeitnehmer binnen der Frist zum Widerspruch die ihnen angegebene Erwerberin weder im Handelsregister von G noch in dem von S finden. Die Identität der Betriebserwerberin blieb unklar.

26

II. Das Unterrichtungsschreiben ist auch deswegen fehlerhaft, weil die Beklagte nicht darauf hingewiesen hatte, dass es sich bei der Betriebserwerberin um eine Neugründung handelte, die nach § 112a Abs. 2 Satz 1 BetrVG nicht sozialplanpflichtig war.

27

1. Die Betriebserwerberin wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 6. November 2007, zunächst als Vorratsgesellschaft, gegründet. Die Aufnahme der Erwerbstätigkeit iSd. § 138 AO, § 112a Abs. 2 Satz 3 BetrVG, kann jedenfalls mit der Übernahme des Betriebes am 1. März 2008 angenommen werden. Daher dauerte die Sozialplanprivilegierung der Erwerberin längstens bis zum 1. März 2012. Anhaltspunkte dafür, dass die Neugründung der Erwerberin im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen oder Konzernen erfolgte, sind weder vorgetragen noch nach dem Akteninhalt ersichtlich. Damit wechselten die Arbeitsverhältnisse der vom Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer am 1. März 2008 zu einem Unternehmen, für das (längstens) bis 1. März 2012 im Fall einer Betriebsschließung oder einer anderen sozialplanpflichtigen Maßnahme ein Sozialplan nicht erzwingbar war. Unerheblich im Rahmen des § 112a Abs. 2 BetrVG ist es, wie lange der Beschäftigungsbetrieb in S schon existierte. Es kommt allein auf den Bestand des Unternehmens an, das den - auch schon länger bestehenden - Betrieb übernimmt (vgl. BAG 27. Juni 2006 - 1 ABR 18/05 - Rn. 18 ff., BAGE 118, 304 = AP BetrVG 1972 § 112a Nr. 14).

28

2. Auf die Tatsache, dass es sich bei der Betriebserwerberin um eine Neugründung handelt, wurde im Unterrichtungsschreiben nicht hingewiesen. Aus dem Klammerzusatz, die Erwerberin firmiere „derzeit“ oder „z.Z.“ noch als „a Zweite GmbH“, geht dies nicht hervor. Selbst wenn im Unterrichtungsschreiben die Firma der Betriebserwerberin korrekt angegeben worden wäre, hätte daraus allein noch nicht auf eine neu gegründete Gesellschaft geschlossen werden können, für die eine Sozialplanpflicht nicht bestand.

29

3. Auf die Freiheit von der Pflicht zum Sozialplan nach § 112a Abs. 2 BetrVG muss in einem Unterrichtungsschreiben hingewiesen werden.

30

a) Der Arbeitgeber hat die Arbeitnehmer so zu informieren, dass sie sich über die Person des Übernehmers und über die in § 613a Abs. 5 BGB genannten Umstände ein Bild machen können(st. Rspr., BAG 14. Dezember 2006 - 8 AZR 763/05 - Rn. 22, AP BGB § 613a Nr. 318 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 63). Durch die Unterrichtung soll eine ausreichende Wissensgrundlage für die Ausübung oder Nichtausübung des Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 BGB geschaffen werden. Der Inhalt der Unterrichtung richtet sich nach dem Kenntnisstand des Veräußerers und des Erwerbers zum Zeitpunkt der Unterrichtung (BAG 14. Dezember 2006 - 8 AZR 763/05 - Rn. 23, aaO). § 613a Abs. 5 BGB gebietet eine Information des Arbeitnehmers auch über die mittelbaren Folgen eines Betriebsübergangs, wenn zwar bei diesen nicht direkt Positionen der Arbeitnehmer betroffen werden, die ökonomischen Rahmenbedingungen des Betriebsübergangs jedoch zu einer so gravierenden Gefährdung der wirtschaftlichen Absicherung der Arbeitnehmer bei dem neuen Betriebsinhaber führen, dass dies als ein wesentliches Kriterium für einen möglichen Widerspruch der Arbeitnehmer gegen den Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse anzusehen ist(BAG 31. Januar 2008 - 8 AZR 1116/06 - Rn. 32, AP BGB § 613a Unterrichtung Nr. 2 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 85). Zu den wirtschaftlichen Folgen iSv. § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB gehören auch solche Veränderungen, die sich nicht als rechtliche Folge unmittelbar den Bestimmungen des § 613a Abs. 1 bis Abs. 4 BGB entnehmen lassen(BAG 10. November 2011 - 8 AZR 430/10 - Rn. 28, AP BGB § 613a Unterrichtung Nr. 15). „Maßnahmen“ iSv. § 613a Abs. 5 Nr. 4 BGB sind alle durch den bisherigen oder neuen Betriebsinhaber geplanten erheblichen Änderungen der rechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Situation der vom Übergang betroffenen Arbeitnehmer. Solche Maßnahmen sind frühestens dann in Aussicht genommen, wenn ein Stadium konkreter Planungen erreicht ist (BAG 10. November 2011 - 8 AZR 430/10 - Rn. 30, aaO).

31

b) Soweit in der Literatur darauf hingewiesen wird, dass die Unterrichtungsdichte über die Folgen eines möglichen Widerspruchs schon nach dem Gesetzeswortlaut, jedenfalls aber auch nach der Ausgestaltung der europäischen Richtlinie geringer sein müsse als über die Folgen des Betriebsübergangs selbst (vgl. Hohenstatt/Grau NZA 2007, 13; Sagan ZIP 2011, 1641) oder dass bei Schmälerung des Betriebsvermögens die gesetzliche Insolvenzsicherung nach den § 183 ff. SGB III aF (seit 1. April 2012 § 165 ff. SGB III) beachtet werden müsse (Reinhard NZA 2009, 63; Dzida NZA 2009, 641), sprechen diese Bedenken nicht dagegen, eine Sozialplanprivilegierung nach § 112a Abs. 2 BetrVG der Betriebserwerberin zum Gegenstand der Informationspflicht nach § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB zu machen. Die fehlende Sozialplanpflichtigkeit des Betriebserwerbers gewinnt sofort mit dem Betriebsübergang aufgrund des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB rechtliche Relevanz, nicht erst im Fall eines Widerspruchs des Arbeitnehmers. Zum anderen ist insoweit nicht über „Ansprüche“ zu informieren, deren Entstehung noch nicht absehbar ist, sondern über eine mit dem Betriebsübergang entstehende, veränderte rechtliche Situation: Im Falle einer Betriebsschließung kann der Betriebserwerber nicht in einen Sozialplan gezwungen werden, und dies für einen bis zu vier Jahre dauernden Zeitraum. Diese rechtliche Veränderung tritt als unmittelbare wirtschaftliche Folge des Betriebsübergangs wegen der Rechtssituation der Betriebserwerberin ein und berührt unmittelbar die Rechtspositionen der übergehenden Arbeitsverhältnisse. Der Privilegierung des neuen Arbeitgebers entspricht reflexartig eine geminderte Rechtsposition der Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse übergegangen sind. Diese Information ist wichtig für die Entscheidung der Arbeitnehmer, ob sie ihr Widerspruchsrecht ausüben wollen oder nicht. Dies ist unabhängig davon, ob bereits eine sozialplanpflichtige Maßnahme geplant oder zumindest absehbar ist. Nach Einführung des § 112a Abs. 2 BetrVG hat eine Rechtsentwicklung eingesetzt, die teilweise schon als „Flucht aus der Sozialplanpflichtigkeit“ durch das Instrument der Überführung des Betriebes auf eine neu gegründete Erwerberin bewertet wird(ua. Fitting BetrVG 26. Aufl. § 112a Rn. 106 bis 116). Da zudem von der Erwerberin unschwer über die Tatsache einer Sozialplanprivilegierung und ihre zeitliche Dauer informiert werden kann, ist es auch nicht unverhältnismäßig, diese, für die unterrichteten Arbeitnehmer wichtige Information von den Unterrichtenden zu erwarten. Zudem wurde vorliegend unter Ziffer II. 3. des Informationsschreibens auf eine beabsichtigte Betriebszusammenlegung oder Betriebsverlagerung mit/auf den Betrieb der „a direct S GmbH“ hingewiesen, was eine Betriebsänderung iSd. § 111 BetrVG hätte darstellen können.

32

III. Das infolge der fehlerhaften Unterrichtung nicht verfristete Recht zum Widerspruch nach § 613a Abs. 6 BGB hatte der Kläger am 20. Juli 2010 auch nicht verwirkt. Zwar ist bei einem Zeitablauf von über zwei Jahren das für eine Verwirkung erforderliche Zeitmoment zu bejahen. Die Beklagte hat jedoch in den Tatsacheninstanzen kein Umstandsmoment vorgetragen, welches der Kläger verwirklicht hätte. Soweit er die Kündigung der Betriebserwerberin mit einer Kündigungsschutzklage beantwortet hat, ist dies nach der Rechtsprechung des Senats gerade kein Umstandsmoment, da er dadurch den Bestand des Arbeitsverhältnisses sichern, nicht aber über ihn disponieren wollte (st. Rspr., vgl. BAG 2. April 2009 - 8 AZR 178/07- Rn. 27, AP BGB § 613a Widerspruch Nr. 9).

33

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

        

    Hauck    

        

    Hauck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Lüken    

        

    Soost    

                 

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

(1) Kaufmann im Sinne dieses Gesetzbuchs ist, wer ein Handelsgewerbe betreibt.

(2) Handelsgewerbe ist jeder Gewerbebetrieb, es sei denn, daß das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert.

Ein gewerbliches Unternehmen, dessen Gewerbebetrieb nicht schon nach § 1 Abs. 2 Handelsgewerbe ist, gilt als Handelsgewerbe im Sinne dieses Gesetzbuchs, wenn die Firma des Unternehmens in das Handelsregister eingetragen ist. Der Unternehmer ist berechtigt, aber nicht verpflichtet, die Eintragung nach den für die Eintragung kaufmännischer Firmen geltenden Vorschriften herbeizuführen. Ist die Eintragung erfolgt, so findet eine Löschung der Firma auch auf Antrag des Unternehmers statt, sofern nicht die Voraussetzung des § 1 Abs. 2 eingetreten ist.

(1) Auf den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft finden die Vorschriften des § 1 keine Anwendung.

(2) Für ein land- oder forstwirtschaftliches Unternehmen, das nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, gilt § 2 mit der Maßgabe, daß nach Eintragung in das Handelsregister eine Löschung der Firma nur nach den allgemeinen Vorschriften stattfindet, welche für die Löschung kaufmännischer Firmen gelten.

(3) Ist mit dem Betrieb der Land- oder Forstwirtschaft ein Unternehmen verbunden, das nur ein Nebengewerbe des land- oder forstwirtschaftlichen Unternehmens darstellt, so finden auf das im Nebengewerbe betriebene Unternehmen die Vorschriften der Absätze 1 und 2 entsprechende Anwendung.

(1) Eine Gesellschaft, deren Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma gerichtet ist, ist eine offene Handelsgesellschaft, wenn bei keinem der Gesellschafter die Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern beschränkt ist.

(2) Eine Gesellschaft, deren Gewerbebetrieb nicht schon nach § 1 Abs. 2 Handelsgewerbe ist oder die nur eigenes Vermögen verwaltet, ist offene Handelsgesellschaft, wenn die Firma des Unternehmens in das Handelsregister eingetragen ist. § 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(3) Auf die offene Handelsgesellschaft finden, soweit nicht in diesem Abschnitt ein anderes vorgeschrieben ist, die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Gesellschaft Anwendung.

(1) Kaufmann im Sinne dieses Gesetzbuchs ist, wer ein Handelsgewerbe betreibt.

(2) Handelsgewerbe ist jeder Gewerbebetrieb, es sei denn, daß das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert.

(1) Die Wirksamkeit der offenen Handelsgesellschaft tritt im Verhältnisse zu Dritten mit dem Zeitpunkt ein, in welchem die Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen wird.

(2) Beginnt die Gesellschaft ihre Geschäfte schon vor der Eintragung, so tritt die Wirksamkeit mit dem Zeitpunkte des Geschäftsbeginns ein, soweit nicht aus § 2 oder § 105 Abs. 2 sich ein anderes ergibt.

(3) Eine Vereinbarung, daß die Gesellschaft erst mit einem späteren Zeitpunkt ihren Anfang nehmen soll, ist Dritten gegenüber unwirksam.

(1) Kaufmann im Sinne dieses Gesetzbuchs ist, wer ein Handelsgewerbe betreibt.

(2) Handelsgewerbe ist jeder Gewerbebetrieb, es sei denn, daß das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert.

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 21. März 2012 - 2 Sa 265/11 - aufgehoben.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund vom 26. Juli 2011 - 1 Ca 237/10 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten der Revision und der Berufung zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darum, ob zwischen ihnen nach dem Widerspruch des Klägers gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses infolge eines Betriebsübergangs ein Arbeitsverhältnis besteht.

2

Der 1971 geborene Kläger war seit 1987 im Betrieb S beschäftigt. Bei der Beklagten, die eine 100-prozentige Tochter der D AG ist, war er zuletzt „Callcenteragent“.

3

Am 6. November 2007 wurde ein Gesellschaftsvertrag für die „a zweite GmbH“ mit Sitz in G geschlossen. Zweck der Gesellschaft sollte die Verwaltung von Beteiligungen an Gesellschaften jeder Art sein. Die Eintragung in das Handelsregister des Amtsgerichts G (HRB 7765) erfolgte am 15. November 2007, einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer waren F und Dr. K.

4

Mit Datum vom 16. Januar 2008 wandte sich die Beklagte an die Arbeitnehmer an den Standorten S sowie Gö, Fr, Sch und C. Das Schreiben lautete ua.:

„die D veräußert zum 1. März 2008 fünf weitere Standorte der V GmbH an die a AG. Konkret gehen die Standorte Gö, Fr, Sch, S und C inklusive der Außenstelle Dr an a services über. Die D übergibt damit zum zweiten Mal Standorte an a. Bereits zum 1. Mai 2007 haben die Standorte R, N, P, E und St den Eigentümer gewechselt und sind von a übernommen worden.

Mit a erwartet Sie ein erfolgreicher Arbeitgeber, mit dem die D seit langem Geschäftsbeziehungen unterhält. a zählt mit ihren mehr als 270 Tochterunternehmen zu den größten international vernetzten Medien- und Kommunikationsdienstleistern. Die Tochterfirmen der a beschäftigen weltweit aktuell mehr als 50 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. In den vergangenen Jahren hat die a AG zahlreiche neue Service-Center-Standorte in Deutschland auf- und ausgebaut und dabei eine Vielzahl neuer Arbeitsplätze geschaffen.“

5

An den Kläger persönlich gerichtet wurde sodann ein weiteres, auf den 17. Januar 2008 datiertes Schreiben. Als Absender wies der Briefkopf zum einen die Beklagte, zum anderen eine „a services S GmbH (z.Z. noch a Zweite GmbH)“ auf, für die als Adresse die C-Straße in G angegeben war. Dieses Informationsschreiben lautete auszugsweise:

„17. Januar 2008

Unterrichtung über den Übergang des Betriebs der V GmbH am Standort S auf die a services S GmbH

Sehr geehrte Mitarbeiterin, sehr geehrter Mitarbeiter,

wie Ihnen bereits bekannt ist, ist entschieden worden, den Standort S von der V GmbH (im Folgenden: V) an die a services S GmbH (derzeit noch firmierend als a Zweite GmbH), vertreten durch den Geschäftsführer F, zu verkaufen und zu übertragen; die a services S GmbH ist eine Konzerngesellschaft des B-Konzerns.

Durch die Veräußerung kommt es zu einem so genannten Betriebsübergang gemäß § 613a BGB, über den wir Sie nachfolgend unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorschriften (§ 613a Abs. 5 BGB) unterrichten.

1. Durch den Betriebsübergang tritt für Sie ein Arbeitgeberwechsel von der V zur a services S GmbH ein. Mit dem Betriebsübergang, somit mit Wirkung zum 1. März 2008, geht Ihr Arbeitsverhältnis kraft Gesetzes von der V auf die a services S GmbH über. Das heißt, die a services S GmbH wird Ihr neuer Arbeitgeber. Ihr bisheriges Arbeitsverhältnis zur V erlischt. Der Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages wegen des Betriebsübergangs ist nicht notwendig.

2. Soweit sich aus dem Folgenden nichts anderes ergibt, geht Ihr Arbeitsverhältnis mit allen zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestehenden Rechten und Pflichten auf die a services S GmbH über.

(3) Die a services S GmbH behält sich vor, die bisherigen Entgeltbedingungen und damit die Gesamtvergütung ab dem 01. Januar 2009 abzusenken. Die Einzelheiten werden zu gegebener Zeit mit den Arbeitnehmern und ihren Interessenvertretern erörtert. …

3. Der Betrieb am Standort S bleibt erhalten. Aus Anlass des Betriebsübergangs kommt es zu keiner Betriebsänderung. Das zurzeit bestehende Übergangsmandat des für den Standort S vor dem Betriebsübergang von der DAG in die V zuständigen Betriebsrats bleibt vom Betriebsübergang zur a services S GmbH unberührt. Die gesetzliche sechsmonatige Laufzeit des Übergangsmandats endet jedoch mit Ablauf des 29. Februar 2008. Das von diesem Betriebsrat in den Gesamtbetriebsrat V entsandte Mitglied scheidet aus dem Gesamtbetriebsrat aus.

Es ist beabsichtigt, den Betrieb S mit dem Betrieb der a direct S GmbH, Z, S zu einem gemeinsamen Betrieb zusammenzuführen und ggf. dorthin zu verlegen. Ihr neuer Arbeitgeber, die a services S GmbH wird dazu umgehend nach dem Betriebsübergang Gespräche aufnehmen.

Wahlweise können Sie Ihren Widerspruch auch an die a services S GmbH richten. Die Adresse lautet: C-Straße, G.

Der Verkauf Ihres Standortes an die a services S GmbH ist daher aus heutiger Sicht die einzige Möglichkeit, an Ihrem Standort Beschäftigung über den 31. Dezember 2008 hinaus zuverlässig zu sichern. Im Übrigen ist es erklärte Absicht, weitere Standorte der V an Investoren zu veräußern.

Die Geschäftsführung der a services S GmbH begrüßt Sie als neue Mitarbeiter. Die Unternehmen der a, dem internationalen Medien- und Kommunikations-Dienstleister des B-Konzerns, sind seit langem erfolgreich in der Servicecenter-Branche tätig. a hat allein in den vergangenen zwei Jahren zahlreiche neue Servicecenter-Standorte insbesondere in Ostdeutschland auf- und ausgebaut und dabei eine Vielzahl neuer Arbeitsplätze geschaffen. Mit der Übernahme des V-Standorts S legen wir die Basis für weiteres Wachstum in diesem aussichtsreichen Geschäftssegment. Wir würden uns daher freuen, wenn Sie zukünftig gemeinsam mit uns an einem neuen Kapitel unserer Erfolgsgeschichte schreiben würden.“

6

Nachdem am 14. November 2007 von der a zweite GmbH ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit der „a direct S GmbH“ (AG S HRB 7197) geschlossen worden war, wurde diese Gesellschaft durch Beschluss vom 14. Februar 2008 in „a services S GmbH“ umbenannt. Der Sitz wurde von G nach S verlegt und als Gesellschaftszweck der Betrieb von Callcentergeschäften bestimmt. Diese Gesellschaft wurde beim Amtsgericht S am 8. Mai 2008 in das Handelsregister (HRB 7399) eingetragen.

7

Bei dem Betriebsübergang am 1. März 2008 trat die „a services S GmbH“ als Betriebsübernehmerin auf. Der Kläger arbeitete für sie weiter.

8

Unter dem 12. März 2010 machte die „a direct S GmbH“ den Mitarbeitern der a services S GmbH ein Übertrittsangebot zum 1. April 2010. Das Jahreseinkommen sollte 25.000,00 Euro brutto betragen. Der Kläger nahm dieses Angebot nicht an. Am 15. Juni 2010 wurde die zum 31. März 2011 geplante Schließung ihres Standortes S den Mitarbeitern der a services S GmbH bekannt gegeben. Der Betrieb könne trotz Subventionszahlungen nicht wirtschaftlich betrieben werden. Nach dem 14. Juli 2010 kündigte die a services S GmbH die Arbeitsverhältnisse sämtlicher Mitarbeiter aus betriebsbedingten Gründen. Der Kläger erhob dagegen Kündigungsschutzklage. Mit Schreiben vom 20. Juli 2010 erklärte er gegenüber der Beklagten den Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die a services S GmbH am 1. März 2008. Der Beschäftigungsbetrieb wurde schließlich zum 31. Mai 2011 geschlossen.

9

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Unterrichtung über den Betriebsübergang sei unvollständig, falsch und irreführend gewesen. Statt über die tatsächlich bestehenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu informieren, sei der Eindruck erweckt worden, bei dem neuen Betriebsinhaber gebe es eine Sicherheit der Arbeitsplätze bis zu fünf Jahren. Dagegen habe man verschwiegen, dass die Betriebsübernehmerin eine Neugründung ohne Sozialplanpflicht sei. Auch die Zahlung erheblicher Subventionen und eines „negativen Kaufpreises“ habe die Beklagte verschwiegen.

10

Der Kläger hat beantragt

1. festzustellen, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis über den 29. Februar 2008 hinaus besteht;

2. die Beklagte zu verurteilen, ihn zu unveränderten Bedingungen als Agent Kundenservice-Center zu beschäftigen.

11

Die Beklagte hat ihre Unterrichtung über den Betriebsübergang vom 1. März 2008 für vollständig und korrekt gehalten. Auch sei der Widerspruch des Klägers verspätet. Jedenfalls habe er das Recht zum Widerspruch verwirkt.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hatte vor dem Landesarbeitsgericht Erfolg. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision des Klägers ist begründet. Sein Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die a services S GmbH vom 20. Juli 2010 nach § 613a Abs. 6 BGB war weder verspätet noch verwirkt.

14

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

15

Der Widerspruch sei nicht binnen der Frist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB erklärt worden, da die Unterrichtung über den Betriebsübergang ausreichend gewesen sei. Die Übernehmerin sei im Unterrichtungsschreiben mit vollständiger Firmenbezeichnung, Firmensitz und vollständiger Anschrift benannt worden. Der Name des Geschäftsführers sei zumindest der Unterschrift zu entnehmen gewesen. Damit konnten die Unterrichteten Erkundigungen über die Betriebserwerberin, insbesondere auch durch Einsichtnahme in das Handelsregister, einholen. Daraus sei auch ersichtlich, dass es sich bei der Betriebserwerberin um eine Neugründung handele, weswegen nicht im Unterrichtungsschreiben darauf hinzuweisen gewesen sei. Zudem verwirkliche sich das Risiko der Sozialplanprivilegierung lediglich im Falle einer Betriebsschließung in den ersten vier Jahren. Eine solche sei im Zeitpunkt des Unterrichtungsschreibens nicht geplant gewesen. Entgegenstehende Ansichten anderer Landesarbeitsgerichte seien durch die Senatsentscheidung vom 10. November 2011 (- 8 AZR 430/10 -) „überholt“ und nicht mehr divergenzfähig.

16

B. Diese Begründung des Berufungsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

17

I. Der Kläger wurde mit Schreiben vom 17. Januar 2008 nicht ordnungsgemäß iSd. § 613a Abs. 5 BGB über die Person der Betriebserwerberin unterrichtet.

18

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats wird die einmonatige Widerspruchsfrist nach § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB nur durch eine ordnungsgemäße Unterrichtung in Lauf gesetzt(vgl. BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 808/07 - Rn. 23, AP BGB § 613a Unterrichtung Nr. 4 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 105).

19

Dies folgt bereits aus dem Wortlaut des § 613a Abs. 6 BGB, wonach der Arbeitnehmer dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats „nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5“ widersprechen kann. Damit setzt § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB eine den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB entsprechende Unterrichtung voraus. Im Übrigen ergibt sich dies auch zwingend aus Sinn und Zweck der in § 613a Abs. 5 BGB geregelten Unterrichtungspflicht. Danach haben Veräußerer und/oder Erwerber den Arbeitnehmer so zu informieren, dass dieser sich über die Person des Übernehmers und über die in § 613a Abs. 5 BGB genannten Umstände „ein Bild machen“ kann. Er soll durch die Unterrichtung eine ausreichende Wissensgrundlage für die Ausübung oder Nichtausübung seines Widerspruchsrechts erhalten (vgl. BT-Drucks. 14/7760 S. 19). Dem Arbeitnehmer soll auch die Möglichkeit eröffnet werden, sich weitergehend zu erkundigen und gegebenenfalls beraten zu lassen, um dann auf dieser Grundlage über einen Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses zu entscheiden (vgl. BAG 10. November 2011 - 8 AZR 430/10 - Rn. 23, AP BGB § 613a Unterrichtung Nr. 15; 31. Januar 2008 - 8 AZR 1116/06 - Rn. 28 mwN, AP BGB § 613a Unterrichtung Nr. 2 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 85).

20

2. Die Unterrichtung über die juristische Person der Betriebserwerberin im Informationsschreiben vom 17. Januar 2008 ist unvollständig und unzutreffend.

21

a) Die maßgebliche Unterrichtung des Klägers erfolgte durch das an ihn gerichtete Schreiben der Beklagten und der „a services S GmbH“ vom 17. Januar 2008. Soweit im Informationsschreiben der Beklagten vom Vortag zusätzliche, und insoweit ebenfalls unzutreffende Informationen gegeben wurden, sind diese grundsätzlich nicht maßgeblich.

22

b) Die Bezeichnung der Betriebserwerberin im Unterrichtungsschreiben vom 17. Januar 2008 ist unklar.

23

aa) Im Zeitpunkt des Unterrichtungsschreibens am 17. Januar 2008 gab es die „a services S GmbH“ nicht. Infolgedessen ist auch die Angabe eines Geschäftsführers „F“ unzutreffend und diese Gesellschaft hatte auch keinen Sitz in der C-Straße in G. Eine Gesellschaft mit dieser Firma war am 17. Januar 2008 weder im Handelsregister G noch in S eingetragen. Der fehlende Hinweis auf das zuständige Handelsregister und eine Handelsregisternummer im Unterrichtungsschreiben erklärt sich hieraus, steht aber der Annahme des Landesarbeitsgerichts entgegen, die Unterrichteten hätten sich erforderliche Klarheit über einen Einblick in das Handelsregister verschaffen können.

24

bb) Der Unternehmenskaufvertrag vom 15. Januar 2008, auf den im Unterrichtungsschreiben hingewiesen wird, wurde nicht zwischen der Beklagten und der a services S GmbH abgeschlossen, sondern diesen schloss die Beklagte mit der „a zweite GmbH“ ab. Diese war unter HRB 7765 beim Amtsgericht G eingetragen und hatte am 14. November 2007 mit der „a direct S GmbH“ einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag abgeschlossen. Geschäftsführer waren Dr. K und F. Diese Betriebserwerberin wird im Unterrichtungsschreiben nicht als solche aufgeführt, sondern - falsch geschrieben - als „Noch-Firma“ der Betriebserwerberin und -übernehmerin. Das entsprach nicht der Rechtslage und stellt auch keinen korrekten Hinweis auf ein Handelsregister dar (vgl. BAG 10. November 2011 - 8 AZR 430/10 - Rn. 32). Aus dem Unterrichtungsschreiben geht weder das zuständige Handelsregister hervor, noch wird - verständlicherweise - eine Handelsregisternummer genannt noch können aus den Angaben des Informationsschreibens Kenntnisse über die eintragungspflichtigen Tatsachen gewonnen werden (vgl. BAG 23. Juli 2009 - 8 AZR 538/08 - Rn. 20, BAGE 131, 258).

25

c) Für die a zweite GmbH wurde erst durch Beschluss der Gesellschafter zur Änderung des Gesellschaftsvertrags am 14. Februar 2008 bestimmt, dass die Gesellschaft umfirmiert, dass sie einen neuen Gesellschaftszweck erhält und dass der Firmensitz nach S verlegt wird. Zum Zeitpunkt dieses Gesellschafterbeschlusses war nahezu ein Monat seit dem Zugang des Unterrichtungsschreibens an die Beschäftigten vergangen. Die Eintragung ins Handelsregister S erfolgte erst am 8. Mai 2008. Mit dem Hinweis im Unterrichtungsschreiben auf eine nicht so firmierende GmbH, der fehlenden Angabe zum Firmensitz, dem Schweigen zum zuständigen Handelsregister, der fehlenden Angabe einer Handelsregisternummer, konnten die unterrichteten Arbeitnehmer binnen der Frist zum Widerspruch die ihnen angegebene Erwerberin weder im Handelsregister von G noch in dem von S finden. Die Identität der Betriebserwerberin blieb unklar.

26

II. Das Unterrichtungsschreiben ist auch deswegen fehlerhaft, weil die Beklagte nicht darauf hingewiesen hatte, dass es sich bei der Betriebserwerberin um eine Neugründung handelte, die nach § 112a Abs. 2 Satz 1 BetrVG nicht sozialplanpflichtig war.

27

1. Die Betriebserwerberin wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 6. November 2007, zunächst als Vorratsgesellschaft, gegründet. Die Aufnahme der Erwerbstätigkeit iSd. § 138 AO, § 112a Abs. 2 Satz 3 BetrVG, kann jedenfalls mit der Übernahme des Betriebes am 1. März 2008 angenommen werden. Daher dauerte die Sozialplanprivilegierung der Erwerberin längstens bis zum 1. März 2012. Anhaltspunkte dafür, dass die Neugründung der Erwerberin im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen oder Konzernen erfolgte, sind weder vorgetragen noch nach dem Akteninhalt ersichtlich. Damit wechselten die Arbeitsverhältnisse der vom Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer am 1. März 2008 zu einem Unternehmen, für das (längstens) bis 1. März 2012 im Fall einer Betriebsschließung oder einer anderen sozialplanpflichtigen Maßnahme ein Sozialplan nicht erzwingbar war. Unerheblich im Rahmen des § 112a Abs. 2 BetrVG ist es, wie lange der Beschäftigungsbetrieb in S schon existierte. Es kommt allein auf den Bestand des Unternehmens an, das den - auch schon länger bestehenden - Betrieb übernimmt (vgl. BAG 27. Juni 2006 - 1 ABR 18/05 - Rn. 18 ff., BAGE 118, 304 = AP BetrVG 1972 § 112a Nr. 14).

28

2. Auf die Tatsache, dass es sich bei der Betriebserwerberin um eine Neugründung handelt, wurde im Unterrichtungsschreiben nicht hingewiesen. Aus dem Klammerzusatz, die Erwerberin firmiere „derzeit“ oder „z.Z.“ noch als „a Zweite GmbH“, geht dies nicht hervor. Selbst wenn im Unterrichtungsschreiben die Firma der Betriebserwerberin korrekt angegeben worden wäre, hätte daraus allein noch nicht auf eine neu gegründete Gesellschaft geschlossen werden können, für die eine Sozialplanpflicht nicht bestand.

29

3. Auf die Freiheit von der Pflicht zum Sozialplan nach § 112a Abs. 2 BetrVG muss in einem Unterrichtungsschreiben hingewiesen werden.

30

a) Der Arbeitgeber hat die Arbeitnehmer so zu informieren, dass sie sich über die Person des Übernehmers und über die in § 613a Abs. 5 BGB genannten Umstände ein Bild machen können(st. Rspr., BAG 14. Dezember 2006 - 8 AZR 763/05 - Rn. 22, AP BGB § 613a Nr. 318 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 63). Durch die Unterrichtung soll eine ausreichende Wissensgrundlage für die Ausübung oder Nichtausübung des Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 BGB geschaffen werden. Der Inhalt der Unterrichtung richtet sich nach dem Kenntnisstand des Veräußerers und des Erwerbers zum Zeitpunkt der Unterrichtung (BAG 14. Dezember 2006 - 8 AZR 763/05 - Rn. 23, aaO). § 613a Abs. 5 BGB gebietet eine Information des Arbeitnehmers auch über die mittelbaren Folgen eines Betriebsübergangs, wenn zwar bei diesen nicht direkt Positionen der Arbeitnehmer betroffen werden, die ökonomischen Rahmenbedingungen des Betriebsübergangs jedoch zu einer so gravierenden Gefährdung der wirtschaftlichen Absicherung der Arbeitnehmer bei dem neuen Betriebsinhaber führen, dass dies als ein wesentliches Kriterium für einen möglichen Widerspruch der Arbeitnehmer gegen den Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse anzusehen ist(BAG 31. Januar 2008 - 8 AZR 1116/06 - Rn. 32, AP BGB § 613a Unterrichtung Nr. 2 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 85). Zu den wirtschaftlichen Folgen iSv. § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB gehören auch solche Veränderungen, die sich nicht als rechtliche Folge unmittelbar den Bestimmungen des § 613a Abs. 1 bis Abs. 4 BGB entnehmen lassen(BAG 10. November 2011 - 8 AZR 430/10 - Rn. 28, AP BGB § 613a Unterrichtung Nr. 15). „Maßnahmen“ iSv. § 613a Abs. 5 Nr. 4 BGB sind alle durch den bisherigen oder neuen Betriebsinhaber geplanten erheblichen Änderungen der rechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Situation der vom Übergang betroffenen Arbeitnehmer. Solche Maßnahmen sind frühestens dann in Aussicht genommen, wenn ein Stadium konkreter Planungen erreicht ist (BAG 10. November 2011 - 8 AZR 430/10 - Rn. 30, aaO).

31

b) Soweit in der Literatur darauf hingewiesen wird, dass die Unterrichtungsdichte über die Folgen eines möglichen Widerspruchs schon nach dem Gesetzeswortlaut, jedenfalls aber auch nach der Ausgestaltung der europäischen Richtlinie geringer sein müsse als über die Folgen des Betriebsübergangs selbst (vgl. Hohenstatt/Grau NZA 2007, 13; Sagan ZIP 2011, 1641) oder dass bei Schmälerung des Betriebsvermögens die gesetzliche Insolvenzsicherung nach den § 183 ff. SGB III aF (seit 1. April 2012 § 165 ff. SGB III) beachtet werden müsse (Reinhard NZA 2009, 63; Dzida NZA 2009, 641), sprechen diese Bedenken nicht dagegen, eine Sozialplanprivilegierung nach § 112a Abs. 2 BetrVG der Betriebserwerberin zum Gegenstand der Informationspflicht nach § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB zu machen. Die fehlende Sozialplanpflichtigkeit des Betriebserwerbers gewinnt sofort mit dem Betriebsübergang aufgrund des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB rechtliche Relevanz, nicht erst im Fall eines Widerspruchs des Arbeitnehmers. Zum anderen ist insoweit nicht über „Ansprüche“ zu informieren, deren Entstehung noch nicht absehbar ist, sondern über eine mit dem Betriebsübergang entstehende, veränderte rechtliche Situation: Im Falle einer Betriebsschließung kann der Betriebserwerber nicht in einen Sozialplan gezwungen werden, und dies für einen bis zu vier Jahre dauernden Zeitraum. Diese rechtliche Veränderung tritt als unmittelbare wirtschaftliche Folge des Betriebsübergangs wegen der Rechtssituation der Betriebserwerberin ein und berührt unmittelbar die Rechtspositionen der übergehenden Arbeitsverhältnisse. Der Privilegierung des neuen Arbeitgebers entspricht reflexartig eine geminderte Rechtsposition der Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse übergegangen sind. Diese Information ist wichtig für die Entscheidung der Arbeitnehmer, ob sie ihr Widerspruchsrecht ausüben wollen oder nicht. Dies ist unabhängig davon, ob bereits eine sozialplanpflichtige Maßnahme geplant oder zumindest absehbar ist. Nach Einführung des § 112a Abs. 2 BetrVG hat eine Rechtsentwicklung eingesetzt, die teilweise schon als „Flucht aus der Sozialplanpflichtigkeit“ durch das Instrument der Überführung des Betriebes auf eine neu gegründete Erwerberin bewertet wird(ua. Fitting BetrVG 26. Aufl. § 112a Rn. 106 bis 116). Da zudem von der Erwerberin unschwer über die Tatsache einer Sozialplanprivilegierung und ihre zeitliche Dauer informiert werden kann, ist es auch nicht unverhältnismäßig, diese, für die unterrichteten Arbeitnehmer wichtige Information von den Unterrichtenden zu erwarten. Zudem wurde vorliegend unter Ziffer II. 3. des Informationsschreibens auf eine beabsichtigte Betriebszusammenlegung oder Betriebsverlagerung mit/auf den Betrieb der „a direct S GmbH“ hingewiesen, was eine Betriebsänderung iSd. § 111 BetrVG hätte darstellen können.

32

III. Das infolge der fehlerhaften Unterrichtung nicht verfristete Recht zum Widerspruch nach § 613a Abs. 6 BGB hatte der Kläger am 20. Juli 2010 auch nicht verwirkt. Zwar ist bei einem Zeitablauf von über zwei Jahren das für eine Verwirkung erforderliche Zeitmoment zu bejahen. Die Beklagte hat jedoch in den Tatsacheninstanzen kein Umstandsmoment vorgetragen, welches der Kläger verwirklicht hätte. Soweit er die Kündigung der Betriebserwerberin mit einer Kündigungsschutzklage beantwortet hat, ist dies nach der Rechtsprechung des Senats gerade kein Umstandsmoment, da er dadurch den Bestand des Arbeitsverhältnisses sichern, nicht aber über ihn disponieren wollte (st. Rspr., vgl. BAG 2. April 2009 - 8 AZR 178/07- Rn. 27, AP BGB § 613a Widerspruch Nr. 9).

33

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

        

    Hauck    

        

    Hauck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Lüken    

        

    Soost    

                 

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 21. März 2012 - 2 Sa 265/11 - aufgehoben.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund vom 26. Juli 2011 - 1 Ca 237/10 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten der Revision und der Berufung zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darum, ob zwischen ihnen nach dem Widerspruch des Klägers gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses infolge eines Betriebsübergangs ein Arbeitsverhältnis besteht.

2

Der 1971 geborene Kläger war seit 1987 im Betrieb S beschäftigt. Bei der Beklagten, die eine 100-prozentige Tochter der D AG ist, war er zuletzt „Callcenteragent“.

3

Am 6. November 2007 wurde ein Gesellschaftsvertrag für die „a zweite GmbH“ mit Sitz in G geschlossen. Zweck der Gesellschaft sollte die Verwaltung von Beteiligungen an Gesellschaften jeder Art sein. Die Eintragung in das Handelsregister des Amtsgerichts G (HRB 7765) erfolgte am 15. November 2007, einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer waren F und Dr. K.

4

Mit Datum vom 16. Januar 2008 wandte sich die Beklagte an die Arbeitnehmer an den Standorten S sowie Gö, Fr, Sch und C. Das Schreiben lautete ua.:

„die D veräußert zum 1. März 2008 fünf weitere Standorte der V GmbH an die a AG. Konkret gehen die Standorte Gö, Fr, Sch, S und C inklusive der Außenstelle Dr an a services über. Die D übergibt damit zum zweiten Mal Standorte an a. Bereits zum 1. Mai 2007 haben die Standorte R, N, P, E und St den Eigentümer gewechselt und sind von a übernommen worden.

Mit a erwartet Sie ein erfolgreicher Arbeitgeber, mit dem die D seit langem Geschäftsbeziehungen unterhält. a zählt mit ihren mehr als 270 Tochterunternehmen zu den größten international vernetzten Medien- und Kommunikationsdienstleistern. Die Tochterfirmen der a beschäftigen weltweit aktuell mehr als 50 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. In den vergangenen Jahren hat die a AG zahlreiche neue Service-Center-Standorte in Deutschland auf- und ausgebaut und dabei eine Vielzahl neuer Arbeitsplätze geschaffen.“

5

An den Kläger persönlich gerichtet wurde sodann ein weiteres, auf den 17. Januar 2008 datiertes Schreiben. Als Absender wies der Briefkopf zum einen die Beklagte, zum anderen eine „a services S GmbH (z.Z. noch a Zweite GmbH)“ auf, für die als Adresse die C-Straße in G angegeben war. Dieses Informationsschreiben lautete auszugsweise:

„17. Januar 2008

Unterrichtung über den Übergang des Betriebs der V GmbH am Standort S auf die a services S GmbH

Sehr geehrte Mitarbeiterin, sehr geehrter Mitarbeiter,

wie Ihnen bereits bekannt ist, ist entschieden worden, den Standort S von der V GmbH (im Folgenden: V) an die a services S GmbH (derzeit noch firmierend als a Zweite GmbH), vertreten durch den Geschäftsführer F, zu verkaufen und zu übertragen; die a services S GmbH ist eine Konzerngesellschaft des B-Konzerns.

Durch die Veräußerung kommt es zu einem so genannten Betriebsübergang gemäß § 613a BGB, über den wir Sie nachfolgend unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorschriften (§ 613a Abs. 5 BGB) unterrichten.

1. Durch den Betriebsübergang tritt für Sie ein Arbeitgeberwechsel von der V zur a services S GmbH ein. Mit dem Betriebsübergang, somit mit Wirkung zum 1. März 2008, geht Ihr Arbeitsverhältnis kraft Gesetzes von der V auf die a services S GmbH über. Das heißt, die a services S GmbH wird Ihr neuer Arbeitgeber. Ihr bisheriges Arbeitsverhältnis zur V erlischt. Der Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages wegen des Betriebsübergangs ist nicht notwendig.

2. Soweit sich aus dem Folgenden nichts anderes ergibt, geht Ihr Arbeitsverhältnis mit allen zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestehenden Rechten und Pflichten auf die a services S GmbH über.

(3) Die a services S GmbH behält sich vor, die bisherigen Entgeltbedingungen und damit die Gesamtvergütung ab dem 01. Januar 2009 abzusenken. Die Einzelheiten werden zu gegebener Zeit mit den Arbeitnehmern und ihren Interessenvertretern erörtert. …

3. Der Betrieb am Standort S bleibt erhalten. Aus Anlass des Betriebsübergangs kommt es zu keiner Betriebsänderung. Das zurzeit bestehende Übergangsmandat des für den Standort S vor dem Betriebsübergang von der DAG in die V zuständigen Betriebsrats bleibt vom Betriebsübergang zur a services S GmbH unberührt. Die gesetzliche sechsmonatige Laufzeit des Übergangsmandats endet jedoch mit Ablauf des 29. Februar 2008. Das von diesem Betriebsrat in den Gesamtbetriebsrat V entsandte Mitglied scheidet aus dem Gesamtbetriebsrat aus.

Es ist beabsichtigt, den Betrieb S mit dem Betrieb der a direct S GmbH, Z, S zu einem gemeinsamen Betrieb zusammenzuführen und ggf. dorthin zu verlegen. Ihr neuer Arbeitgeber, die a services S GmbH wird dazu umgehend nach dem Betriebsübergang Gespräche aufnehmen.

Wahlweise können Sie Ihren Widerspruch auch an die a services S GmbH richten. Die Adresse lautet: C-Straße, G.

Der Verkauf Ihres Standortes an die a services S GmbH ist daher aus heutiger Sicht die einzige Möglichkeit, an Ihrem Standort Beschäftigung über den 31. Dezember 2008 hinaus zuverlässig zu sichern. Im Übrigen ist es erklärte Absicht, weitere Standorte der V an Investoren zu veräußern.

Die Geschäftsführung der a services S GmbH begrüßt Sie als neue Mitarbeiter. Die Unternehmen der a, dem internationalen Medien- und Kommunikations-Dienstleister des B-Konzerns, sind seit langem erfolgreich in der Servicecenter-Branche tätig. a hat allein in den vergangenen zwei Jahren zahlreiche neue Servicecenter-Standorte insbesondere in Ostdeutschland auf- und ausgebaut und dabei eine Vielzahl neuer Arbeitsplätze geschaffen. Mit der Übernahme des V-Standorts S legen wir die Basis für weiteres Wachstum in diesem aussichtsreichen Geschäftssegment. Wir würden uns daher freuen, wenn Sie zukünftig gemeinsam mit uns an einem neuen Kapitel unserer Erfolgsgeschichte schreiben würden.“

6

Nachdem am 14. November 2007 von der a zweite GmbH ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit der „a direct S GmbH“ (AG S HRB 7197) geschlossen worden war, wurde diese Gesellschaft durch Beschluss vom 14. Februar 2008 in „a services S GmbH“ umbenannt. Der Sitz wurde von G nach S verlegt und als Gesellschaftszweck der Betrieb von Callcentergeschäften bestimmt. Diese Gesellschaft wurde beim Amtsgericht S am 8. Mai 2008 in das Handelsregister (HRB 7399) eingetragen.

7

Bei dem Betriebsübergang am 1. März 2008 trat die „a services S GmbH“ als Betriebsübernehmerin auf. Der Kläger arbeitete für sie weiter.

8

Unter dem 12. März 2010 machte die „a direct S GmbH“ den Mitarbeitern der a services S GmbH ein Übertrittsangebot zum 1. April 2010. Das Jahreseinkommen sollte 25.000,00 Euro brutto betragen. Der Kläger nahm dieses Angebot nicht an. Am 15. Juni 2010 wurde die zum 31. März 2011 geplante Schließung ihres Standortes S den Mitarbeitern der a services S GmbH bekannt gegeben. Der Betrieb könne trotz Subventionszahlungen nicht wirtschaftlich betrieben werden. Nach dem 14. Juli 2010 kündigte die a services S GmbH die Arbeitsverhältnisse sämtlicher Mitarbeiter aus betriebsbedingten Gründen. Der Kläger erhob dagegen Kündigungsschutzklage. Mit Schreiben vom 20. Juli 2010 erklärte er gegenüber der Beklagten den Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die a services S GmbH am 1. März 2008. Der Beschäftigungsbetrieb wurde schließlich zum 31. Mai 2011 geschlossen.

9

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Unterrichtung über den Betriebsübergang sei unvollständig, falsch und irreführend gewesen. Statt über die tatsächlich bestehenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu informieren, sei der Eindruck erweckt worden, bei dem neuen Betriebsinhaber gebe es eine Sicherheit der Arbeitsplätze bis zu fünf Jahren. Dagegen habe man verschwiegen, dass die Betriebsübernehmerin eine Neugründung ohne Sozialplanpflicht sei. Auch die Zahlung erheblicher Subventionen und eines „negativen Kaufpreises“ habe die Beklagte verschwiegen.

10

Der Kläger hat beantragt

1. festzustellen, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis über den 29. Februar 2008 hinaus besteht;

2. die Beklagte zu verurteilen, ihn zu unveränderten Bedingungen als Agent Kundenservice-Center zu beschäftigen.

11

Die Beklagte hat ihre Unterrichtung über den Betriebsübergang vom 1. März 2008 für vollständig und korrekt gehalten. Auch sei der Widerspruch des Klägers verspätet. Jedenfalls habe er das Recht zum Widerspruch verwirkt.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hatte vor dem Landesarbeitsgericht Erfolg. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision des Klägers ist begründet. Sein Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die a services S GmbH vom 20. Juli 2010 nach § 613a Abs. 6 BGB war weder verspätet noch verwirkt.

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A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

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Der Widerspruch sei nicht binnen der Frist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB erklärt worden, da die Unterrichtung über den Betriebsübergang ausreichend gewesen sei. Die Übernehmerin sei im Unterrichtungsschreiben mit vollständiger Firmenbezeichnung, Firmensitz und vollständiger Anschrift benannt worden. Der Name des Geschäftsführers sei zumindest der Unterschrift zu entnehmen gewesen. Damit konnten die Unterrichteten Erkundigungen über die Betriebserwerberin, insbesondere auch durch Einsichtnahme in das Handelsregister, einholen. Daraus sei auch ersichtlich, dass es sich bei der Betriebserwerberin um eine Neugründung handele, weswegen nicht im Unterrichtungsschreiben darauf hinzuweisen gewesen sei. Zudem verwirkliche sich das Risiko der Sozialplanprivilegierung lediglich im Falle einer Betriebsschließung in den ersten vier Jahren. Eine solche sei im Zeitpunkt des Unterrichtungsschreibens nicht geplant gewesen. Entgegenstehende Ansichten anderer Landesarbeitsgerichte seien durch die Senatsentscheidung vom 10. November 2011 (- 8 AZR 430/10 -) „überholt“ und nicht mehr divergenzfähig.

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B. Diese Begründung des Berufungsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

17

I. Der Kläger wurde mit Schreiben vom 17. Januar 2008 nicht ordnungsgemäß iSd. § 613a Abs. 5 BGB über die Person der Betriebserwerberin unterrichtet.

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1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats wird die einmonatige Widerspruchsfrist nach § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB nur durch eine ordnungsgemäße Unterrichtung in Lauf gesetzt(vgl. BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 808/07 - Rn. 23, AP BGB § 613a Unterrichtung Nr. 4 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 105).

19

Dies folgt bereits aus dem Wortlaut des § 613a Abs. 6 BGB, wonach der Arbeitnehmer dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats „nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5“ widersprechen kann. Damit setzt § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB eine den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB entsprechende Unterrichtung voraus. Im Übrigen ergibt sich dies auch zwingend aus Sinn und Zweck der in § 613a Abs. 5 BGB geregelten Unterrichtungspflicht. Danach haben Veräußerer und/oder Erwerber den Arbeitnehmer so zu informieren, dass dieser sich über die Person des Übernehmers und über die in § 613a Abs. 5 BGB genannten Umstände „ein Bild machen“ kann. Er soll durch die Unterrichtung eine ausreichende Wissensgrundlage für die Ausübung oder Nichtausübung seines Widerspruchsrechts erhalten (vgl. BT-Drucks. 14/7760 S. 19). Dem Arbeitnehmer soll auch die Möglichkeit eröffnet werden, sich weitergehend zu erkundigen und gegebenenfalls beraten zu lassen, um dann auf dieser Grundlage über einen Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses zu entscheiden (vgl. BAG 10. November 2011 - 8 AZR 430/10 - Rn. 23, AP BGB § 613a Unterrichtung Nr. 15; 31. Januar 2008 - 8 AZR 1116/06 - Rn. 28 mwN, AP BGB § 613a Unterrichtung Nr. 2 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 85).

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2. Die Unterrichtung über die juristische Person der Betriebserwerberin im Informationsschreiben vom 17. Januar 2008 ist unvollständig und unzutreffend.

21

a) Die maßgebliche Unterrichtung des Klägers erfolgte durch das an ihn gerichtete Schreiben der Beklagten und der „a services S GmbH“ vom 17. Januar 2008. Soweit im Informationsschreiben der Beklagten vom Vortag zusätzliche, und insoweit ebenfalls unzutreffende Informationen gegeben wurden, sind diese grundsätzlich nicht maßgeblich.

22

b) Die Bezeichnung der Betriebserwerberin im Unterrichtungsschreiben vom 17. Januar 2008 ist unklar.

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aa) Im Zeitpunkt des Unterrichtungsschreibens am 17. Januar 2008 gab es die „a services S GmbH“ nicht. Infolgedessen ist auch die Angabe eines Geschäftsführers „F“ unzutreffend und diese Gesellschaft hatte auch keinen Sitz in der C-Straße in G. Eine Gesellschaft mit dieser Firma war am 17. Januar 2008 weder im Handelsregister G noch in S eingetragen. Der fehlende Hinweis auf das zuständige Handelsregister und eine Handelsregisternummer im Unterrichtungsschreiben erklärt sich hieraus, steht aber der Annahme des Landesarbeitsgerichts entgegen, die Unterrichteten hätten sich erforderliche Klarheit über einen Einblick in das Handelsregister verschaffen können.

24

bb) Der Unternehmenskaufvertrag vom 15. Januar 2008, auf den im Unterrichtungsschreiben hingewiesen wird, wurde nicht zwischen der Beklagten und der a services S GmbH abgeschlossen, sondern diesen schloss die Beklagte mit der „a zweite GmbH“ ab. Diese war unter HRB 7765 beim Amtsgericht G eingetragen und hatte am 14. November 2007 mit der „a direct S GmbH“ einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag abgeschlossen. Geschäftsführer waren Dr. K und F. Diese Betriebserwerberin wird im Unterrichtungsschreiben nicht als solche aufgeführt, sondern - falsch geschrieben - als „Noch-Firma“ der Betriebserwerberin und -übernehmerin. Das entsprach nicht der Rechtslage und stellt auch keinen korrekten Hinweis auf ein Handelsregister dar (vgl. BAG 10. November 2011 - 8 AZR 430/10 - Rn. 32). Aus dem Unterrichtungsschreiben geht weder das zuständige Handelsregister hervor, noch wird - verständlicherweise - eine Handelsregisternummer genannt noch können aus den Angaben des Informationsschreibens Kenntnisse über die eintragungspflichtigen Tatsachen gewonnen werden (vgl. BAG 23. Juli 2009 - 8 AZR 538/08 - Rn. 20, BAGE 131, 258).

25

c) Für die a zweite GmbH wurde erst durch Beschluss der Gesellschafter zur Änderung des Gesellschaftsvertrags am 14. Februar 2008 bestimmt, dass die Gesellschaft umfirmiert, dass sie einen neuen Gesellschaftszweck erhält und dass der Firmensitz nach S verlegt wird. Zum Zeitpunkt dieses Gesellschafterbeschlusses war nahezu ein Monat seit dem Zugang des Unterrichtungsschreibens an die Beschäftigten vergangen. Die Eintragung ins Handelsregister S erfolgte erst am 8. Mai 2008. Mit dem Hinweis im Unterrichtungsschreiben auf eine nicht so firmierende GmbH, der fehlenden Angabe zum Firmensitz, dem Schweigen zum zuständigen Handelsregister, der fehlenden Angabe einer Handelsregisternummer, konnten die unterrichteten Arbeitnehmer binnen der Frist zum Widerspruch die ihnen angegebene Erwerberin weder im Handelsregister von G noch in dem von S finden. Die Identität der Betriebserwerberin blieb unklar.

26

II. Das Unterrichtungsschreiben ist auch deswegen fehlerhaft, weil die Beklagte nicht darauf hingewiesen hatte, dass es sich bei der Betriebserwerberin um eine Neugründung handelte, die nach § 112a Abs. 2 Satz 1 BetrVG nicht sozialplanpflichtig war.

27

1. Die Betriebserwerberin wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 6. November 2007, zunächst als Vorratsgesellschaft, gegründet. Die Aufnahme der Erwerbstätigkeit iSd. § 138 AO, § 112a Abs. 2 Satz 3 BetrVG, kann jedenfalls mit der Übernahme des Betriebes am 1. März 2008 angenommen werden. Daher dauerte die Sozialplanprivilegierung der Erwerberin längstens bis zum 1. März 2012. Anhaltspunkte dafür, dass die Neugründung der Erwerberin im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen oder Konzernen erfolgte, sind weder vorgetragen noch nach dem Akteninhalt ersichtlich. Damit wechselten die Arbeitsverhältnisse der vom Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer am 1. März 2008 zu einem Unternehmen, für das (längstens) bis 1. März 2012 im Fall einer Betriebsschließung oder einer anderen sozialplanpflichtigen Maßnahme ein Sozialplan nicht erzwingbar war. Unerheblich im Rahmen des § 112a Abs. 2 BetrVG ist es, wie lange der Beschäftigungsbetrieb in S schon existierte. Es kommt allein auf den Bestand des Unternehmens an, das den - auch schon länger bestehenden - Betrieb übernimmt (vgl. BAG 27. Juni 2006 - 1 ABR 18/05 - Rn. 18 ff., BAGE 118, 304 = AP BetrVG 1972 § 112a Nr. 14).

28

2. Auf die Tatsache, dass es sich bei der Betriebserwerberin um eine Neugründung handelt, wurde im Unterrichtungsschreiben nicht hingewiesen. Aus dem Klammerzusatz, die Erwerberin firmiere „derzeit“ oder „z.Z.“ noch als „a Zweite GmbH“, geht dies nicht hervor. Selbst wenn im Unterrichtungsschreiben die Firma der Betriebserwerberin korrekt angegeben worden wäre, hätte daraus allein noch nicht auf eine neu gegründete Gesellschaft geschlossen werden können, für die eine Sozialplanpflicht nicht bestand.

29

3. Auf die Freiheit von der Pflicht zum Sozialplan nach § 112a Abs. 2 BetrVG muss in einem Unterrichtungsschreiben hingewiesen werden.

30

a) Der Arbeitgeber hat die Arbeitnehmer so zu informieren, dass sie sich über die Person des Übernehmers und über die in § 613a Abs. 5 BGB genannten Umstände ein Bild machen können(st. Rspr., BAG 14. Dezember 2006 - 8 AZR 763/05 - Rn. 22, AP BGB § 613a Nr. 318 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 63). Durch die Unterrichtung soll eine ausreichende Wissensgrundlage für die Ausübung oder Nichtausübung des Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 BGB geschaffen werden. Der Inhalt der Unterrichtung richtet sich nach dem Kenntnisstand des Veräußerers und des Erwerbers zum Zeitpunkt der Unterrichtung (BAG 14. Dezember 2006 - 8 AZR 763/05 - Rn. 23, aaO). § 613a Abs. 5 BGB gebietet eine Information des Arbeitnehmers auch über die mittelbaren Folgen eines Betriebsübergangs, wenn zwar bei diesen nicht direkt Positionen der Arbeitnehmer betroffen werden, die ökonomischen Rahmenbedingungen des Betriebsübergangs jedoch zu einer so gravierenden Gefährdung der wirtschaftlichen Absicherung der Arbeitnehmer bei dem neuen Betriebsinhaber führen, dass dies als ein wesentliches Kriterium für einen möglichen Widerspruch der Arbeitnehmer gegen den Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse anzusehen ist(BAG 31. Januar 2008 - 8 AZR 1116/06 - Rn. 32, AP BGB § 613a Unterrichtung Nr. 2 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 85). Zu den wirtschaftlichen Folgen iSv. § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB gehören auch solche Veränderungen, die sich nicht als rechtliche Folge unmittelbar den Bestimmungen des § 613a Abs. 1 bis Abs. 4 BGB entnehmen lassen(BAG 10. November 2011 - 8 AZR 430/10 - Rn. 28, AP BGB § 613a Unterrichtung Nr. 15). „Maßnahmen“ iSv. § 613a Abs. 5 Nr. 4 BGB sind alle durch den bisherigen oder neuen Betriebsinhaber geplanten erheblichen Änderungen der rechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Situation der vom Übergang betroffenen Arbeitnehmer. Solche Maßnahmen sind frühestens dann in Aussicht genommen, wenn ein Stadium konkreter Planungen erreicht ist (BAG 10. November 2011 - 8 AZR 430/10 - Rn. 30, aaO).

31

b) Soweit in der Literatur darauf hingewiesen wird, dass die Unterrichtungsdichte über die Folgen eines möglichen Widerspruchs schon nach dem Gesetzeswortlaut, jedenfalls aber auch nach der Ausgestaltung der europäischen Richtlinie geringer sein müsse als über die Folgen des Betriebsübergangs selbst (vgl. Hohenstatt/Grau NZA 2007, 13; Sagan ZIP 2011, 1641) oder dass bei Schmälerung des Betriebsvermögens die gesetzliche Insolvenzsicherung nach den § 183 ff. SGB III aF (seit 1. April 2012 § 165 ff. SGB III) beachtet werden müsse (Reinhard NZA 2009, 63; Dzida NZA 2009, 641), sprechen diese Bedenken nicht dagegen, eine Sozialplanprivilegierung nach § 112a Abs. 2 BetrVG der Betriebserwerberin zum Gegenstand der Informationspflicht nach § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB zu machen. Die fehlende Sozialplanpflichtigkeit des Betriebserwerbers gewinnt sofort mit dem Betriebsübergang aufgrund des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB rechtliche Relevanz, nicht erst im Fall eines Widerspruchs des Arbeitnehmers. Zum anderen ist insoweit nicht über „Ansprüche“ zu informieren, deren Entstehung noch nicht absehbar ist, sondern über eine mit dem Betriebsübergang entstehende, veränderte rechtliche Situation: Im Falle einer Betriebsschließung kann der Betriebserwerber nicht in einen Sozialplan gezwungen werden, und dies für einen bis zu vier Jahre dauernden Zeitraum. Diese rechtliche Veränderung tritt als unmittelbare wirtschaftliche Folge des Betriebsübergangs wegen der Rechtssituation der Betriebserwerberin ein und berührt unmittelbar die Rechtspositionen der übergehenden Arbeitsverhältnisse. Der Privilegierung des neuen Arbeitgebers entspricht reflexartig eine geminderte Rechtsposition der Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse übergegangen sind. Diese Information ist wichtig für die Entscheidung der Arbeitnehmer, ob sie ihr Widerspruchsrecht ausüben wollen oder nicht. Dies ist unabhängig davon, ob bereits eine sozialplanpflichtige Maßnahme geplant oder zumindest absehbar ist. Nach Einführung des § 112a Abs. 2 BetrVG hat eine Rechtsentwicklung eingesetzt, die teilweise schon als „Flucht aus der Sozialplanpflichtigkeit“ durch das Instrument der Überführung des Betriebes auf eine neu gegründete Erwerberin bewertet wird(ua. Fitting BetrVG 26. Aufl. § 112a Rn. 106 bis 116). Da zudem von der Erwerberin unschwer über die Tatsache einer Sozialplanprivilegierung und ihre zeitliche Dauer informiert werden kann, ist es auch nicht unverhältnismäßig, diese, für die unterrichteten Arbeitnehmer wichtige Information von den Unterrichtenden zu erwarten. Zudem wurde vorliegend unter Ziffer II. 3. des Informationsschreibens auf eine beabsichtigte Betriebszusammenlegung oder Betriebsverlagerung mit/auf den Betrieb der „a direct S GmbH“ hingewiesen, was eine Betriebsänderung iSd. § 111 BetrVG hätte darstellen können.

32

III. Das infolge der fehlerhaften Unterrichtung nicht verfristete Recht zum Widerspruch nach § 613a Abs. 6 BGB hatte der Kläger am 20. Juli 2010 auch nicht verwirkt. Zwar ist bei einem Zeitablauf von über zwei Jahren das für eine Verwirkung erforderliche Zeitmoment zu bejahen. Die Beklagte hat jedoch in den Tatsacheninstanzen kein Umstandsmoment vorgetragen, welches der Kläger verwirklicht hätte. Soweit er die Kündigung der Betriebserwerberin mit einer Kündigungsschutzklage beantwortet hat, ist dies nach der Rechtsprechung des Senats gerade kein Umstandsmoment, da er dadurch den Bestand des Arbeitsverhältnisses sichern, nicht aber über ihn disponieren wollte (st. Rspr., vgl. BAG 2. April 2009 - 8 AZR 178/07- Rn. 27, AP BGB § 613a Widerspruch Nr. 9).

33

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

        

    Hauck    

        

    Hauck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Lüken    

        

    Soost    

                 

(1) Besteht eine geplante Betriebsänderung im Sinne des § 111 Satz 3 Nr. 1 allein in der Entlassung von Arbeitnehmern, so findet § 112 Abs. 4 und 5 nur Anwendung, wenn

1.
in Betrieben mit in der Regel weniger als 60 Arbeitnehmern 20 vom Hundert der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer, aber mindestens 6 Arbeitnehmer,
2.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 60 und weniger als 250 Arbeitnehmern 20 vom Hundert der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer oder mindestens 37 Arbeitnehmer,
3.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 250 und weniger als 500 Arbeitnehmern 15 vom Hundert der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer oder mindestens 60 Arbeitnehmer,
4.
in Betrieben mit in der Regel mindestens 500 Arbeitnehmern 10 vom Hundert der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer, aber mindestens 60 Arbeitnehmer
aus betriebsbedingten Gründen entlassen werden sollen. Als Entlassung gilt auch das vom Arbeitgeber aus Gründen der Betriebsänderung veranlasste Ausscheiden von Arbeitnehmern auf Grund von Aufhebungsverträgen.

(2) § 112 Abs. 4 und 5 findet keine Anwendung auf Betriebe eines Unternehmens in den ersten vier Jahren nach seiner Gründung. Dies gilt nicht für Neugründungen im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen. Maßgebend für den Zeitpunkt der Gründung ist die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, die nach § 138 der Abgabenordnung dem Finanzamt mitzuteilen ist.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 30. April 2010 - 9 Sa 480/10 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit der Beklagten infolge eines Betriebsübergangs auf einen Betriebserwerber übergegangen ist sowie über die Verpflichtung der Beklagten, die Klägerin weiterzubeschäftigen.

2

Die 1961 geborene Klägerin war seit dem 1. September 1977 bei der Deutschen Telekom AG (DTAG) bzw. bei deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Zum 1. Juni 2005 wechselte sie unter Anrechnung ihrer Beschäftigungszeiten zur Beklagten. Diese bietet als Tochterunternehmen der DTAG Serviceleistungen für ihre Muttergesellschaft sowie für öffentliche Betriebe und Verwaltungen und private Unternehmen an. Die Klägerin war als Callcenter-Agentin bei der Beklagten in deren B Betrieb tätig.

3

Im zwischen der Beklagten und der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) geschlossenen Umsetzungstarifvertrag (UTV) wird auf den zwischen der DTAG und ver.di geschlossenen und am 1. Juli 2001 in Kraft getretenen Manteltarifvertrag (MTV) Bezug genommen, der Regelungen zum besonderen Kündigungsschutz für ältere und langjährig beschäftige Arbeitnehmer enthält. Insbesondere regelt § 26 MTV, dass einem Arbeitnehmer, der das 50. Lebensjahr und eine Zeit der Betriebszugehörigkeit von 15 Jahren vollendet hat (Abs. 1), nur noch aus wichtigem Grund (Abs. 2 Buchst. a) gekündigt werden kann.

4

In § 3 des schriftlichen Arbeitsvertrages der Parteien ist ua. geregelt, dass auf das Arbeitsverhältnis die für den Betrieb oder Betriebsteil, in dem der Arbeitnehmer beschäftigt ist, betrieblich/fachlich jeweils einschlägigen Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung finden, soweit sich nicht aus den Regelungen des Arbeitsvertrages etwas anderes ergibt. In der Fußnote heißt es dazu: „Zurzeit sind dies die mit ver.di abgeschlossenen Tarifverträge“.

5

Mit Schreiben vom 25. Oktober 2008 unterrichtete die Beklagte ihre Mitarbeiter, darunter auch die Klägerin, über einen ab 1. Dezember 2008 geplanten Betriebsübergang. In diesem Schreiben heißt es ua.:

        

„wie Ihnen möglicherweise bereits bekannt ist, ist entschieden worden, den Standort B von der V GmbH (im Folgenden: V) an die T GmbH, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts H unter der Nummer, mit Sitz in H und der Anschrift K (im Folgenden: T), derzeit vertreten durch die Geschäftsführer Ha, F und W (letzterer bisher nur per Gesellschafterbeschluss bestellt, Handelsregister-Eintragung ist beantragt), zu verkaufen und zu übertragen.

        

…       

        

Durch die Veräußerung kommt es zu einem so genannten Betriebsübergang gemäß § 613a BGB, über den wir Sie nachfolgend unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorschriften (613a Abs. 5 BGB) unterrichten.

                 
        

I.    

Grund für den Betriebsübergang und Zeitpunkt

                 

Der Betriebsübergang erfolgt voraussichtlich zum 1. Dezember 2008 (‚geplanter Übergangsstichtag’).

                 

Dem Betriebsübergang liegt ein zwischen der V und der T am 25. Oktober 2008 abgeschlossener Unternehmenskaufvertrag zugrunde, aufgrund dessen die T den Geschäftsbetrieb am Standort B erwerben und ab dem geplanten Übergangsstichtag fortführen wird.

                 

Der unternehmerische Grund für die Übertragung des Betriebes liegt darin, dass die V CallCenter-Aufgaben betreibt, die nicht mehr zu dem Kerngeschäft der Deutschen Telekom AG (DTAG) gehören. Bereits in der Vergangenheit ist immer betont worden, dass die DTAG an dem Ziel, sich von erkannten ‚Nichtkernkompetenzen‘ zu trennen, festhalten und daher eine möglichst kurzfristige Veräußerung der Geschäftsmodelle anstreben würde. Vor diesem Hintergrund sind bereits in der Vergangenheit mehrere Geschäftsbetriebe von der V veräußert worden. Mit der Veräußerung des Geschäftsbetriebs am Standort B wird die Trennung weiter vollzogen.

        

II.     

Folgen und Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Betriebsübergang

                 

Die Folgen eines Betriebsübergangs sind in § 613a BGB geregelt. Der Wortlaut der Regelung ist in der Anlage 1 abgedruckt. Im Einzelnen gelten folgende Grundsätze:

        

1.    

Durch den Betriebsübergang tritt für Sie ein Arbeitgeberwechsel von der V zur T ein. Mit dem Betriebsübergang, somit mit Wirkung zum 1. Dezember 2008, geht Ihr Arbeitsverhältnis kraft Gesetzes von der V auf die T über. Das heißt, die T wird Ihr neuer Arbeitgeber. Ihr bisheriges Arbeitsverhältnis zur V erlischt. Der Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages wegen des Betriebsübergangs ist nicht notwendig.

                 

…       

        

2.    

Soweit sich aus dem Folgenden nichts anderes ergibt, geht Ihr Arbeitsverhältnis mit allen zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestehenden Rechten und Pflichten auf die T über.

                 

(1)     

Die in Ihrem Arbeitsvertrag unmittelbar getroffenen Regelungen gehen inhaltlich unverändert über.

                 

(2)     

Bei der T sind momentan keine Tarifverträge anwendbar. Die T hat bisher weder Firmentarifverträge abgeschlossen noch sind auf die T kraft Mitgliedschaft in einem Arbeitgeberverband Tarifverträge anwendbar. Es ist auch nicht beabsichtigt, Firmentarifverträge abzuschließen oder einem Arbeitgeberverband beizutreten.

                          

Soweit auf Ihr Arbeitsverhältnis daher vor dem Übergang unmittelbar Tarifverträge anwendbar waren und Sie tarifgebundener Arbeitnehmer sind, werden die in diesen Tarifverträgen geregelten Arbeitsbedingungen nach dem Betriebsübergang grundsätzlich nach § 613a Abs. 1 S. 2 BGB Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen Ihnen und der T und wirken wie arbeitsvertragliche Regelungen fort; sie können innerhalb eines Jahres nach dem Übergang nicht zu Ihrem Nachteil geändert werden. Diese Sperre gilt allerdings dann nicht, soweit bei der T zum selben Regelungskomplex Tarifverträge mit der Gewerkschaft ver.di abgeschlossen werden. In diesem Fall lösen die Regelungen bei der T die bisher geltenden Regelungen der V ab. Dies gilt für tarifgebundene Arbeitnehmer aufgrund der gesetzlichen Regelung des § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB. Die tariflichen Regelungen gelten mit dem Inhalt, den sie zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs haben.

                          

Sofern tarifliche Regelungen für Ihr Arbeitsverhältnis bislang aufgrund einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel gegolten haben, entscheidet die arbeitsvertragliche Bezugnahme auf die Tarifverträge darüber, ob zukünftige etwaige Tarifverträge der T Anwendung finden oder es bei einer Geltung der bisherigen tarifvertraglichen Regelung bleibt. Wir möchten Sie darauf hinweisen, dass nach der derzeitigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sog. dynamische Verweisungen auf die einschlägigen Tarifverträge in Arbeitsverträgen, die vor dem 01. Januar 2002 abgeschlossen wurden, als sog. Gleichstellungsabrede zu bewerten sind, mit der Folge, dass diese Regelungen im Zeitpunkt des Betriebsüberganges ihre Dynamik verlieren und statisch fortgelten. In später abgeschlossenen Arbeitsverträgen (also seit dem 01. Januar 2002) behalten solche Regelungen nach der o. g. Rechtsprechung ihre Dynamik.

                 

(3)     

Die T behält sich vor, die bisherigen Entgeltbedingungen und damit die Gesamtvergütung ab dem 1. Dezember 2009 abzusenken. Die Einzelheiten werden zu gegebener Zeit mit den Arbeitnehmern und ihren Interessenvertretern erörtert. Es ist vereinbart, dass jeder Arbeitnehmer bis zum 1. Dezember 2009 - berechnet auf der Grundlage der gleichen Dauer der Arbeitszeit und unveränderter Stellenbeschreibung - monatlich mindestens ein Brutto-Entgelt erhält, das seinem individuellen monatlichen Entgeltanspruch gegenüber der V zum 30. November 2008 (einschließlich sämtlicher - z.B. tariflicher oder individualvertraglicher - Entgeltbestandteile, Zuschläge und durchschnittlicher leistungsabhängiger Vergütung in den zwölf Monaten vor dem 1. Dezember 2008) entspricht. Es ist darüber hinaus vereinbart worden, dass bis zum Ablauf des 30. November 2013 das Brutto-Mindestentgelt für übergehende Agenten nicht unter 25.000 Euro brutto jährlich, für übergehende Teamleiter nicht unter 29.000 Euro brutto jährlich abgesenkt wird. Das Entgelt von anderen Arbeitnehmergruppen (Ausnahme Standort- und Abteilungsleiter) soll sich höchstens bis auf 70% des zum 30. November 2008 jeweils gültigen jährlichen Brutto-Entgelts reduzieren. Das Brutto-Mindestentgelt schließt jeweils sämtliche - z.B. tarifliche oder individualvertragliche - Entgeltbestandteile, Zuschläge und durchschnittliche leistungsabhängige Vergütung in den zwölf Monaten ab dem 1. Dezember 2008 ein. In welcher Höhe das Entgelt von Abteilungsleitern und Standortleitern angepasst werden soll, steht noch nicht fest.

        

3.    

Die T beschäftigt derzeit noch keine Arbeitnehmer und verfügt derzeit noch über keinen Betrieb; es besteht somit auch kein Betriebsrat oder Gesamtbetriebsrat. Demzufolge sind derzeit bei der T auch keine Betriebs- oder Gesamtbetriebsvereinbarungen in Kraft. Im D Konzern gelten Konzernbetriebsvereinbarungen, die auf Ihr Arbeitsverhältnis Anwendung finden werden, sofern die T in den Anwendungsbereich der Konzernbetriebsvereinbarungen fällt.

                 

…       

        

4.    

Die in Ihrem Betrieb geltenden Betriebsvereinbarungen gelten auch nach dem Betriebsübergang als Betriebsvereinbarungen (kollektivrechtlich) für Sie weiter, soweit sie nicht durch Konzernbetriebsvereinbarungen des D Konzerns geändert oder ersetzt werden. Soweit Gesamt- oder Konzernbetriebsvereinbarungen gelten, gelten diese als Betriebsvereinbarungen mit der nunmehrigen Zuständigkeit eines Betriebsrates fort, soweit sie nicht durch Konzernbetriebsvereinbarungen des D Konzerns geändert oder ersetzt werden.

        

5.    

T tritt in die Versorgungsverpflichtungen aus den bestehenden Zusagen der betrieblichen Altersversorgung (BAV) ein. Die für die Beurteilung der Unverfallbarkeit maßgebliche Betriebszugehörigkeitsdauer erfasst auch die bisherigen Beschäftigungszeiten bei der V. Die zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs geltenden Regelungen zur BAV gelten individualrechtlich fort.

                 

Soweit die Rechte und Pflichten aus der Ihnen erteilten Versorgungszusage auf einer Parallelverpflichtung der Deutschen Telekom AG im Rahmen der Satzung der Versorgungsanstalt der Deutschen Bundespost (VAP) beruhen, verbleiben diese bei der Deutschen Telekom AG. In jedem Fall hat sich die Deutsche Telekom AG verpflichtet, alle Pensionsverpflichtungen, die sich aus der Parallelverpflichtung ergeben, zu tragen und zu erfüllen.

        

6.    

Die Dauer Ihrer Betriebszugehörigkeit bei der V bleibt Ihnen auch bei T erhalten.

        

7.    

T haftet auch für Ansprüche aus Ihrem Arbeitsverhältnis, die Ihnen vor dem Betriebsübergang gegen die V zustanden. Für Ansprüche, die vor dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs entstanden sind und die vor Ablauf eines Jahres nach diesem Zeitpunkt fällig werden, haften die V und die T als Gesamtschuldner. Dabei ist die Haftung der V für erst nach dem Übergang fällig werdende Ansprüche auf den anteiligen Betrag bis zum Betriebsübergang beschränkt.

        

8.    

Eine Kündigung Ihres Arbeitsverhältnisses durch die V oder die T wegen des Betriebsübergangs ist gesetzlich ausgeschlossen (§ 613a Absatz 4 Satz 1 BGB). Die Kündigung Ihres Arbeitsverhältnisses aus einem anderen Grund ist dadurch, wie unten ausgeführt wird, nicht ausgeschlossen (§ 613a Absatz 4 Satz 2 BGB).

        

9.    

...     

                 

Trotz vorrangiger Ausschöpfung der Möglichkeiten zur Prozessoptimierung zeichnet sich daher ab, dass Maßnahmen zur Anpassung des Entgeltniveaus an ein marktgerechtes Entgeltniveau innerhalb der in Ziffer 2 (3) dargestellten Grenzen erforderlich werden. Hierbei setzt T vorrangig auf freiwillige Maßnahmen. In diesem Zusammenhang wird T Ihnen den Abschluss neuer Arbeitsverträge anbieten. Eine Pflicht zum Abschluss neuer Arbeitsverträge besteht nicht. Sollte es aber zum Neuabschluss von Arbeitsverträgen kommen, so hat der Neuabschluss rechtlich zur Folge, dass der bisherige Arbeitsvertrag durch den neuen Arbeitsvertrag ersetzt wird. Wirtschaftlich und sozial hat der Neuabschluss von Arbeitsverträgen jeweils zur Folge, dass der bisherige einzelvertraglich und kollektivrechtlich gewährte Leistungsumfang verringert wird.

                 

Eine weitere Maßnahme freiwilliger Art wird das Angebot der T an interessierte Mitarbeiter sein, gegen Zahlung einer einmaligen Abfindungssumme einen Aufhebungsvertrag abzuschließen. Kommt es zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages, so hat dieser Abschluss rechtlich zur Folge, dass der bisherige Arbeitsvertrag aufgehoben und das Arbeitsverhältnis endgültig beendet wird. Wirtschaftlich und sozial hat der Abschluss eines Aufhebungsvertrages zur Folge, dass mit der Zahlung der Abfindungssumme alle gegenseitigen Ansprüche aus dem bisherigen Arbeitsverhältnis abgegolten sind.

                 

Diese in Aussicht genommenen Maßnahmen werden von T unter Berücksichtigung der in 2. (3) beschriebenen Entgeltbindung in Einzelfällen und nur im Rahmen des rechtlich Zulässigen auch vor dem Ablauf von einem Jahr und nach dem Vollzugstag ergriffen werden.

                 

Darüber hinaus liegen T zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Erkenntnisse dazu vor, ob die in Aussicht genommenen Maßnahmen ausreichen werden, um die notwendige Wirtschaftlichkeit am Standort zu erreichen. Daher sind außer den von T in Aussicht genommenen Maßnahmen gegenwärtig für den Zeitraum nach Ablauf von einem Jahr nach dem Vollzugstag auch keine weiteren Maßnahmen konkret geplant. Sollte sich nach dem Übergang jedoch herausstellen, dass Maßnahmen zur Prozessoptimierung und die weiteren, oben beschriebenen in Aussicht genommenen Maßnahmen nicht ausreichen, um die Konkurrenzfähigkeit des Standortes herzustellen, behält sich T ausdrücklich vor, nach dem Ablauf von einem Jahr nach dem Vollzugstag weitere Maßnahmen zu ergreifen, um eine optimierte Wirtschaftlichkeit des Standortes zu erreichen. Als weitere Maßnahmen kommen insoweit Maßnahmen arbeitsrechtlicher, betrieblicher und gesellschaftsrechtlicher Art in Betracht. Auch insoweit gilt aber die in 2. (3) beschriebene Entgeltbindung.

        

III.   

Widerspruchsrecht

        

Sie haben das Recht, dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die T innerhalb eines Monats ab Zugang dieses Schreibens zu widersprechen. Ein Widerspruch hat zur Folge, dass das Arbeitsverhältnis beim bisherigen Arbeitgeber verbleibt.

        

Wir weisen allerdings darauf hin, dass die Arbeitsplätze an Ihrem Standort unabhängig von Ihrem Widerspruch von der V auf die T übergehen und demnach die entsprechenden Arbeitsplätze bei der V nicht mehr vorhanden sind. Im Falle eines Widerspruchs können Sie daher bei der V auf Ihrem bisherigen Arbeitsplatz nicht mehr beschäftigt werden.

        

Sollten Sie dem Übergang widersprechen, wird die V Ihnen gegenüber - nach Prüfung der individuellen Voraussetzungen - voraussichtlich eine betriebsbedingte Beendigungskündigung aussprechen müssen. Dem steht nicht die oben unter Ziffer 8 angesprochene Gesetzesregelung des § 613a Absatz 4 S. 1 BGB entgegen, da eine solche Kündigung nicht wegen des Betriebsübergangs, sondern wegen der gegebenenfalls fehlenden Weiterbeschäftigungsmöglichkeit erfolgen würde. Die Vorschrift des § 613a Absatz 4 Satz 2 BGB lässt die Kündigung aus einem anderen Grund als dem Betriebsübergang ausdrücklich zu.

        

In diesem Zusammenhang weisen wir ausdrücklich darauf hin, dass der arbeitgeberseitige Verzicht auf betriebsbedingte Beendigungskündigungen nach § 9 UTV V im Falle eines solchen Widerspruchs nicht eingreift, da keine Rationalisierungsmaßnahme im Sinne des UTV vorliegt. Eine solche würde den ‚Wegfall eines Arbeitsplatzes‘ voraussetzen, was hier nicht der Fall ist. Ihr Arbeitsplatz fällt nicht weg, sondern geht in der jetzigen Form auf die T über.

        

Eine betriebsbedingte Beendigungskündigung kommt vorbehaltlich einer individuellen Prüfung sowohl für ordentlich kündbare Mitarbeiter als auch für ältere Mitarbeiter mit einem besonderen Kündigungsschutz (für diese jedoch ebenfalls nur unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist) in Betracht. Wir weisen unabhängig davon darauf hin, dass wie Ihnen bekannt ist - demnächst beabsichtigt ist, weitere Standorte der V zu veräußern.

        

Sollten Sie trotz dieser Sach- und Rechtslage dem Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses auf die T widersprechen wollen, ist hierbei eine Frist von einem Monat einzuhalten, die mit Zugang dieses Schreibens in Lauf gesetzt wird. Den Widerspruch erklären Sie bitte schriftlich an die V. Wir bitten Sie, dabei folgende Anschrift zu verwenden: …

        

Wahlweise können Sie Ihren Widerspruch auch an die T GmbH richten. Die Adresse lautet: …“

6

Dem Unterrichtungsschreiben war als Anlage der Wortlaut des § 613a BGB beigefügt.

7

Die Klägerin widersprach dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses zunächst nicht und erbrachte ab dem 1. Dezember 2008 ihre Arbeitsleistung für die T GmbH (im Folgenden: T). Die T gehört dem D Konzern an, in dem zum Zeitpunkt des Übergangs des B Betriebs der Beklagten zwei Konzernbetriebsvereinbarungen galten. Eine Konzernbetriebsvereinbarung regelt die Größe des Gesamtbetriebsrats (richtig wohl: Konzernbetriebsrats), die andere regelt die Organisation einer IT-Anwendung.

8

Am 2. April 2009 kündigte die T auf einer Betriebsversammlung an, dass sie den B Standort schließen und den Betrieb nach Fr verlagern wolle. Mit Anwaltsschreiben vom 5. Mai 2009 widersprach die Klägerin gegenüber der Beklagten dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses. Sie bezeichnete die von der Beklagten bezüglich des Betriebsübergangs erteilten Informationen als „unvollständig und irreführend“. Die nicht ordnungsgemäße Unterrichtung habe die Widerspruchsfrist nicht in Gang gesetzt. Weiter heißt es in dem Widerspruchsschreiben:

        

„Die betroffenen Arbeitnehmer sind am 02.04.2009 durch den Geschäftsführer der T B GmbH, Herrn F, davon informiert worden, dass der Standort B zum 31.12.2009 geschlossen wird. In diesem Zusammenhang soll den Arbeitnehmern ein neuer Arbeitsvertrag bei D angeboten werden.

        

Die Mandantin beabsichtigt, ein entsprechendes Vertragsangebot anzunehmen, um zu vermeiden, zwischenzeitlich in Arbeitslosigkeit zu fallen und auf öffentliche Unterstützung angewiesen zu sein. Hiermit kommt sie ihrer Verpflichtung analog § 615 Satz 2 BGB nach. Vorrangig bleibt die Verfolgung der begründeten Ansprüche gegen die V GmbH.“

9

Mit Schreiben vom 6. Mai 2009 teilte die Beklagte den Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit, dass sie den Widerspruch der Klägerin als verspätet betrachte, weil die Widerspruchsfrist aufgrund der ordnungsgemäßen Unterrichtung vom 25. Oktober 2008 in Gang gesetzt worden sei.

10

Unter dem 12./13. Mai 2009 schlossen die Klägerin und die T einen Aufhebungsvertrag, nach dem das Arbeitsverhältnis zum 30. Juni 2009 enden sollte. Für die Zeit ab 1. Juli 2009 vereinbarte die Klägerin ein neues Arbeitsverhältnis mit einem anderen Konzernunternehmen der D am Standort Fr.

11

Die Klägerin meint, ihr Widerspruch gegen den Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die T sei am 5. Mai 2009 noch rechtzeitig erfolgt, weil die Beklagte sie mit ihrem Schreiben vom 25. Oktober 2008 über den beabsichtigten Betriebsübergang nicht ordnungsgemäß iSd. § 613a Abs. 5 BGB unterrichtet und deshalb die einmonatige Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB nicht zu laufen begonnen habe. Insbesondere sei die Unterrichtung unverständlich und letztlich fehlerhaft gewesen. So sei die Information zur Geltung von Tarifverträgen irreführend und falsch. Die im Arbeitsvertrag geregelte Bezugnahmeklausel sei eine sog. „große dynamische Klausel“, die ergebe, dass bei einem Betriebsübergang selbst bei fehlender Tarifbindung des Erwerbers nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB stets das Tarifwerk gelte, welches bei dessen Tarifbindung gelten würde. Das Unterrichtungsschreiben suggeriere, dass bei einer Gleichstellungsklausel das bisher beim Veräußerer geltende Tarifwerk statisch und wegen der Formulierung „behalten solche Regelungen“ bei den ab dem 1. Januar 2002 abgeschlossenen Arbeitsverträgen dynamisch weiter gelte. Die Unterrichtung zur Geltung von Konzernbetriebsvereinbarungen sei insbesondere deshalb unzureichend, weil offen gelassen werde, ob T in den Anwendungsbereich der Konzernbetriebsvereinbarungen falle. Auch bleibe mit der Formulierung in Ziff. II Abs. 2 Unterabsatz (3) „es ist vereinbart …“ im Zusammenhang mit der Entgeltsicherung offen, ob der Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch erworben habe. Schließlich seien die Ausführungen zu den Folgen des Widerspruchs, dh. zu den Voraussetzungen einer Kündigung nach einem Widerspruch in Bezug auf den tariflichen Kündigungsschutz, unzureichend. Ihr Recht zum Widerspruch habe sie auch nicht verwirkt. Insbesondere begründe der Abschluss eines Aufhebungsvertrages vom 12./13. Mai 2009 mit der T nicht das für die Annahme einer Verwirkung erforderliche Umstandsmoment. Sie sei nämlich unter Androhung einer fristlosen Kündigung und ohne Einräumung einer Überlegungsfrist zur Unterzeichnung des Vertrages genötigt worden.

12

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund Betriebsübergangs vom 1. Dezember 2008 beendet ist, sondern unbefristet über den 1. Dezember 2008 hinaus zu den bisherigen Vertragsbedingungen als Callcenter-Agentin fortbesteht

        

und     

        

die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens als Callcenter-Agentin am Standort He weiterzubeschäftigen.

13

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

14

Sie hält den Widerspruch der Klägerin für verspätet, weil sie diese mit ihrem Schreiben vom 25. Oktober 2008 ordnungsgemäß über den geplanten Betriebsübergang unterrichtet habe. Außerdem habe die Klägerin ihr Widerspruchsrecht durch Abschluss des Aufhebungsvertrages mit der T verwirkt.

15

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit dieser verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter, während die Beklagte die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe

16

Die Revision der Klägerin ist nicht begründet. Ihr Arbeitsverhältnis mit der Beklagten ist aufgrund eines Betriebsübergangs gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die T übergegangen. Der Widerspruch der Klägerin vom 5. Mai 2009 gegen diesen Übergang war verspätet.

17

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine klageabweisende Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Zwar sei keine Verwirkung des Widerspruchrechts eingetreten, die Unterrichtung über den Betriebsübergang sei aber ordnungsgemäß erfolgt, so dass der Widerspruch vom 5. Mai 2009 verspätet erklärt worden sei. Die nach § 613a Abs. 6 BGB einzuhaltende einmonatige Widerspruchsfrist werde durch eine ordnungsgemäße Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB in Gang gesetzt. Die Klägerin sei hinsichtlich der Folgen und Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Betriebsübergang durch das Schreiben vom 25. Oktober 2008 ordnungsgemäß informiert worden. Was die Anwendbarkeit von Tarifverträgen für nicht tarifgebundene Arbeitnehmer angehe, seien die Ausführungen zur Auslegung einer Bezugnahmeklausel als Gleichstellungsabrede für den Fall, dass alle Arbeitsverträge der vom Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer nach dem 31. Dezember 2001 abgeschlossen worden seien, zwar überflüssig, aber nicht falsch. Die Situation der Klägerin sei in jedem Fall durch den letzten Satz des zweiten Absatzes Unterabsatz (2) erfasst. Dass die Formulierung für juristische Laien verwirrend sei, sei nicht den Verfassern des Unterrichtungsschreibens anzulasten, sondern der Kompliziertheit der Materie. Im Übrigen sei ausgeführt, dass der Abschluss von Firmentarifverträgen durch die Betriebserwerberin nicht beabsichtigt sei, so dass die Ausführungen zu den tarifgebundenen Arbeitnehmern nur relevant seien, wenn es wider Erwarten zu einem Abschluss von Firmentarifverträgen komme. Auch über Betriebsvereinbarungen sei in nicht zu beanstandender Weise unterrichtet worden. So genüge der Hinweis auf die mögliche Geltung von Konzernbetriebsvereinbarungen, weil der Arbeitnehmer mittels des Unterrichtungsschreibens weitere Erkundigungen habe einholen können. Auch die Passagen zur beabsichtigten Absenkung der Gesamtvergütung seien nicht widersprüchlich oder unklar, denn ihnen sei zu entnehmen, dass jedenfalls bis zum 30. November 2009 alles beim Alten bleibe. Im Anschluss vorzunehmende Maßnahmen sollten in jedem Fall erst mit den Arbeitnehmern und ihren Interessenvertretern erörtert werden und ggf. in neu abzuschließende Arbeitsverträge münden. Weiter rüge die Klägerin eine fehlerhafte Information über die Folgen des Widerspruchs auch angesichts eines besonderen Kündigungsschutzes zu Unrecht. Die Aufgabe des Unterrichtungsschreibens sei es nicht, die Voraussetzungen einer wirksamen Kündigung im Einzelnen darzulegen. Dies bleibe einem ggf. zu führenden Kündigungsschutzprozess vorbehalten. Die Voraussetzungen des Sonderkündigungsschutzes ergäben sich aus den schon bisher geltenden tarifvertraglichen Bestimmungen bei der Beklagten, auf welche die Beklagte die Klägerin schon mit Schreiben vom 8. Oktober 2001 hingewiesen habe.

18

B. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält im Ergebnis einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

19

I. Der von der Klägerin gestellte Feststellungsantrag ist nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Das in jeder Lage des Verfahrens als Sachurteilsvoraussetzung zu prüfende besondere Feststellungsinteresse (vgl. BAG 5. Juni 2003 - 6 AZR 277/02 - AP ZPO 1977 § 256 Nr. 81 = EzA ZPO 2002 § 256 Nr. 2) liegt insoweit vor, als der Antrag auf die Feststellung des Bestehens des Arbeitsverhältnisses zur Beklagten gerichtet ist. Hierbei handelt es sich um ein Rechtsverhältnis im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO, an dessen Feststellung die Klägerin ein gegenwärtiges Interesse hat, da die Beklagte rechtliche Beziehungen zur Klägerin bestreitet.

20

Der Antrag ist dahin gehend auszulegen, dass die Klägerin allein die Feststellung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses zur Beklagten erstrebt, da nicht erkennbar ist, dass es ihr um die Feststellung des genauen Zeitpunktes des Betriebsübergangs oder die Art der arbeitsvertraglichen Beziehungen mit der Beklagten geht.

21

II. Die Klage ist nicht begründet. Zwischen den Parteien hat über den 30. November 2008 hinaus kein Arbeitsverhältnis mehr bestanden, weil mit Wirkung zum 1. Dezember 2008 das Arbeitsverhältnis der Klägerin im Wege des Betriebsübergangs nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die T übergegangen ist. Diesem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses hat die Klägerin nicht wirksam widersprochen.

22

1. Ihr mit Schreiben vom 5. Mai 2009 erklärter Widerspruch erfolgte nicht innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist von einem Monat, § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB.

23

2. Die einmonatige Widerspruchsfrist nach § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB wird nur durch eine ordnungsgemäße Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB in Lauf gesetzt(st. Rspr., vgl. BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 808/07 - AP BGB § 613a Unterrichtung Nr. 4 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 105). Dies folgt bereits aus dem Wortlaut des § 613a Abs. 6 BGB, wonach der Arbeitnehmer dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats „nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5“ widersprechen kann. Damit setzt § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB eine den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB entsprechende Unterrichtung voraus. Im Übrigen ergibt sich dies auch zwingend aus Sinn und Zweck der in § 613a Abs. 5 BGB geregelten Unterrichtungspflicht. Danach haben Veräußerer und/oder Erwerber den Arbeitnehmer so zu informieren, dass dieser sich über die Person des Übernehmers und über die in § 613a Abs. 5 BGB genannten Umstände ein Bild machen kann. Er soll durch die Unterrichtung eine ausreichende Wissensgrundlage für die Ausübung oder Nichtausübung seines Widerspruchsrechts erhalten (vgl. BT-Drucks. 14/7760 S. 19). Dem Arbeitnehmer soll auch die Möglichkeit eröffnet werden, sich weitergehend zu erkundigen und gegebenenfalls beraten zu lassen und dann auf dieser Grundlage über einen Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses zu entscheiden (vgl. BAG 31. Januar 2008 - 8 AZR 1116/06 - mwN, AP BGB § 613a Unterrichtung Nr. 2 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 85).

24

Der Inhalt der Unterrichtung richtet sich nach dem Kenntnisstand des Veräußerers und des Erwerbers zum Zeitpunkt der Unterrichtung. Ob eine erfolgte Unterrichtung den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB entsprochen hat, unterliegt der gerichtlichen Überprüfung(vgl. BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 808/07 - AP BGB § 613a Unterrichtung Nr. 4 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 105). Genügt die Unterrichtung zunächst formal den gesetzlichen Anforderungen, insbesondere denen des § 613a Abs. 5 BGB, und ist sie nicht offensichtlich fehlerhaft, so ist es Sache des Arbeitnehmers, der sich auf die Unzulänglichkeit der Unterrichtung beruft, einen behaupteten Mangel näher darzulegen. Hierzu ist er im Rahmen einer abgestuften Darlegungslast nach § 138 Abs. 3 ZPO verpflichtet. Dem bisherigen Arbeitgeber und/oder dem neuen Inhaber - je nachdem, wer die Unterrichtung vorgenommen hat - obliegt dann die Darlegungs- und Beweislast für die ordnungsgemäße Erfüllung der Unterrichtungspflicht, indem mit entsprechenden Darlegungen und Beweisangeboten die Einwände des Arbeitnehmers entkräftet werden (vgl. BAG 31. Januar 2008 - 8 AZR 1116/06 - AP BGB § 613a Unterrichtung Nr. 2 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 85).

25

3. Eine offensichtlich unzureichende Unterrichtung liegt im Streitfalle nicht vor. Eine solche ist nur dann gegeben, wenn die Unterrichtung über die Person des Betriebserwerbers und/oder in Bezug auf einen in § 613a Abs. 5 BGB genannten Umstand fehlt bzw. unverständlich oder auf den ersten Blick mangelhaft ist. Das ist bei den Unterrichtungsschreiben vom 25. Oktober 2008 nicht der Fall.

26

Im Übrigen ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landesarbeitsgericht die Rüge der Klägerin, die Unterrichtung entspreche nicht den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB als nicht durchgreifend erachtet hat. Die Klägerin war durch das Unterrichtungsschreiben vom 25. Oktober 2008 insbesondere ordnungsgemäß über die Person des Betriebserwerbers sowie über die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Betriebsübergangs (§ 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB) und die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen (§ 613a Abs. 5 Nr. 4 BGB) informiert.

27

a) Zu den rechtlichen Folgen gehören zunächst die sich unmittelbar aus dem Betriebsübergang als solchem ergebenden Rechtsfolgen. Dies erfordert einen Hinweis auf den Eintritt des Übernehmers in die Rechte und Pflichten aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis (§ 613a Abs. 1 Satz 1 BGB), auf die gesamtschuldnerische Haftung des Übernehmers und des Veräußerers und deren Verteilung nach § 613a Abs. 2 BGB und grundsätzlich auch, wenn sich Kündigungen abzeichnen, auf die kündigungsrechtliche Situation. Zu den beim Übernehmer geltenden Rechten und Pflichten gehört grundsätzlich weiter die Anwendbarkeit tariflicher Normen und die Frage, inwieweit beim Veräußerer geltende Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durch beim Erwerber geltende Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen abgelöst werden (vgl. BAG 27. November 2008 - 8 AZR 174/07 - BAGE 128, 328 = AP BGB § 613a Nr. 363 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 106). Dabei ist aber keine detaillierte Bezeichnung einzelner Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen nötig, da sich der Arbeitnehmer - nach Erhalt der in Textform zu erteilenden Informationen - selbst näher erkundigen kann. Notwendig ist aber ein Hinweis darauf, ob die Normen kollektivrechtlich oder individualrechtlich fortwirken (vgl. BAG 13. Juli 2006 - 8 AZR 305/05 - BAGE 119, 91 = AP BGB § 613a Nr. 312 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 56).

28

Zu den wirtschaftlichen Folgen iSd. § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB gehören solche Veränderungen, die sich nicht als rechtliche Folge unmittelbar den Bestimmungen von § 613a Abs. 1 bis Abs. 4 BGB entnehmen lassen.

29

Die Hinweise auf die Rechtsfolgen müssen präzise sein und dürfen keinen juristischen Fehler enthalten (BAG 13. Juli 2006 - 8 AZR 305/05 - BAGE 119, 91 = AP BGB § 613a Nr. 312 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 56), wobei nicht bereits dann ein solcher vorliegt, wenn es zu der Rechtsfrage auch andere Rechtsprechung oder Meinungen als die dargestellte herrschende Rechtsprechung, insbesondere die des Bundesarbeitsgerichts, gibt.

30

b) Zu den hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen gehören nach der Gesetzesbegründung Weiterbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit geplanten Produktionsumstellungen oder Umstrukturierungen und andere Maßnahmen, welche die berufliche Entwicklung der Arbeitnehmer betreffen (vgl. BT-Drucks. 14/7760 S. 19). Unter Berücksichtigung der Zielsetzung von Art. 7 Abs. 1, Abs. 6 von RL 2001/23/EG sind „Maßnahmen“ im Sinne von § 613a Abs. 5 Nr. 4 BGB weitergehend alle durch den bisherigen oder neuen Betriebsinhaber geplanten erheblichen Änderungen der rechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Situation der von dem Übergang betroffenen Arbeitnehmer(vgl. Hohenstatt/Grau NZA 2007, 13, 17; Franzen RdA 2002, 258, 265). In Aussicht genommen sind Maßnahmen frühestens dann, wenn ein Stadium konkreter Planungen erreicht ist (vgl. BAG 13. Juli 2006 - 8 AZR 303/05 - BAGE 119, 81 = AP BGB § 613a Nr. 311 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 55).

31

c) Im Unterrichtungsschreiben der Beklagten vom 25. Oktober 2008 wurde hinreichend dargestellt, dass nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB der neue Betriebsinhaber in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen kraft Gesetzes eintritt. Auch hat das Unterrichtungsschreiben darüber, ob Tarifverträge bzw. Betriebsvereinbarungen, die bisher anwendbar waren, bei dem neuen Inhaber weiterhin anwendbar sind, also kollektivrechtlich fortgelten, ob sie gemäß § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB zum Inhalt des Arbeitsverhältnisses werden oder ob sie durch beim Erwerber geltende Tarifverträge bzw. Betriebsvereinbarungen abgelöst werden, hinreichend informiert. Gleiches gilt bezüglich der Unterrichtung über das Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers gemäß § 613a Abs. 6 BGB und die rechtlichen Folgen seiner Ausübung sowie die wirtschaftlichen Folgen bzw. die in Aussicht genommenen Maßnahmen.

32

aa) Im Unterrichtungsschreiben ist die T mit vollständiger Firmenbezeichnung, Firmensitz und vollständiger Anschrift und Angabe des zuständigen Handelsregisters und der Handelsregisternummer benannt. Die zum damaligen Zeitpunkt vertretungsberechtigten, verantwortlichen Geschäftsführer sind ebenso aufgenommen. Damit war die Klägerin in die Lage versetzt worden, Erkundigungen über den künftigen Betriebserwerber, insbesondere auch durch Einsichtnahme in das zuständige Handelsregister, einzuholen und unter der angegebenen Adresse einen Widerspruch gegenüber dem neuen Inhaber erklären zu können (vgl. BAG 23. Juli 2009 - 8 AZR 538/08 - BAGE 131, 258 = AP BGB § 613a Unterrichtung Nr. 10 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 114). Das Unterrichtungsschreiben hat ferner den Grund für den Betriebsübergang iSv. § 613a Abs. 5 Nr. 2 BGB genannt, denn in diesem ist neben dem zugrunde liegenden Rechtsgeschäft (Kauf) die Trennung der DTAG von „Nichtkernkompetenzen“ als unternehmerischer Grund angegeben. Diese schlagwortartige Schilderung der dem Betriebsübergang zugrunde liegenden Umstände ist ausreichend (vgl. BAG 13. Juli 2006 - 8 AZR 303/05 - BAGE 119, 81 = AP BGB § 613a Nr. 311 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 55 ).

33

bb) Auch wird im Unterrichtungsschreiben auf den gesetzlichen Eintritt der T in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB hingewiesen. Es ist ausgeführt, dass durch den Betriebsübergang für die Klägerin ein Arbeitgeberwechsel von der Beklagten zur T eintritt und dass das Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum 1. Dezember 2008 kraft Gesetzes von der Beklagten auf die T übergeht. Unter Ziff. II Abs. 2 ist weiter ausgeführt, dass soweit sich aus dem im Unterrichtungsschreiben Folgenden nichts anderes ergibt, das Arbeitsverhältnis mit allen zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestehenden Rechten und Pflichten auf die T übergeht.

34

cc) Über die in § 613a Abs. 2 BGB geregelte Haftungsverteilung wurde die Klägerin ebenfalls in einer nicht offensichtlich fehlerhaften Weise informiert. Die erteilte Information ermöglichte es der Klägerin, im Bedarfsfalle näheren Rechtsrat darüber einzuholen, wer (ggf. in welchem Umfang) für welche ihrer Ansprüche haftet. Die Unterrichtung enthält den Hinweis, dass die T auch für Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis haftet, welche der Klägerin vor dem Betriebsübergang gegen die Beklagte zustanden und dass für Ansprüche, die vor dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs entstanden sind und die vor Ablauf eines Jahres nach diesem Zeitpunkt fällig werden, eine gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten und der T besteht. Des Weiteren wird auf die begrenzte Haftung der Beklagten für nach dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs fällig werdende Ansprüche hingewiesen.

35

dd) Auch der Verpflichtung darüber zu informieren, ob Tarifverträge nach dem Betriebsübergang kollektiv oder einzelvertraglich nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB weiter gelten bzw. durch beim Erwerber geltende Tarifverträge abgelöst werden (vgl. BAG 13. Juli 2006 - 8 AZR 305/05 - BAGE 119, 91 = AP BGB § 613a Nr. 312 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 56), kommt das Unterrichtungsschreiben vom 25. Oktober 2008 nach.

36

Dabei begegnet es keinen Bedenken, dass für die einzelnen Arbeitnehmergruppen (tarifgebundene Arbeitnehmer/nicht tarifgebundene Arbeitnehmer) nicht verschiedene Unterrichtungsschreiben gefertigt wurden, sondern mit einem einzigen Unterrichtungsschreiben alle Gruppen unterrichtet wurden. Die Unterrichtung kann in einem Standardschreiben erfolgen; sie muss jedoch etwaige Besonderheiten des Arbeitsverhältnisses erfassen (vgl. BAG 13. Juli 2006 - 8 AZR 305/05 - BAGE 119, 91 = AP BGB § 613a Nr. 312 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 56; DFL/Bayreuther 4. Aufl. § 613a BGB Rn. 126). Im Übrigen kann vom Arbeitgeber keine umfassende Rechtsberatung im Einzelfalle verlangt werden. Auch der Gesetzgeber geht nicht davon aus, dass die Unterrichtung dazu dient, jeden einzelnen Arbeitnehmer über alle ihn möglicherweise treffenden Folgen des Betriebsübergangs in Kenntnis zu setzen, sondern stellt nur darauf ab, dass der Arbeitnehmer sich nach der Unterrichtung eingehender informieren bzw. beraten lassen kann (vgl. BT-Drucks. 14/7760 S. 19). Es obliegt dem jeweiligen Mitteilungsadressaten, die Angaben mittels Subsumtion und gegebenenfalls auch durch weitere Erkundigungen für sein persönliches Arbeitsverhältnis umzusetzen. Die Grenze für die Möglichkeit einer einheitlichen und generalisierenden Information ergibt sich vor allem aus dem Zweck der Unterrichtung, die dem Adressaten eine informierte Entscheidung über die Ausübung des Widerspruchsrechts ermöglichen soll (vgl. Schnitker/Grau BB 2005, 2238, 2239). Es genügt daher, wenn die schriftliche Information es dem Arbeitnehmer - wie im Streifalle - ermöglicht, sein Arbeitsverhältnis einer der im Unterrichtungsschreiben genannten Gruppen von Arbeitnehmern zuzuordnen (vgl. Grau Unterrichtung und Widerspruchsrecht der Arbeitnehmer bei Betriebsübergang gem. § 613a Abs. 5 und 6 BGB S. 100) und er so die beim konkreten Betriebsübergang auftretenden Rechtsfolgen erkennen kann. Das Unterrichtungsschreiben differenziert in Ziff. II Abs. 2 Unterabsatz (2) ausreichend deutlich zwischen tarifgebundenen und nicht tarifgebundenen Arbeitnehmern, so dass der betroffene Arbeitnehmer erkennen kann, welche Informationen jeweils für ihn maßgeblich sind.

37

Klar und verständlich ist ausgeführt, dass „bei der T momentan keine Tarifverträge anwendbar“ sind und nicht beabsichtigt ist, Firmentarifverträge abzuschließen oder einem Arbeitgeberverband beizutreten. Auch wird darüber unterrichtet, dass, soweit auf das Arbeitsverhältnis vor dem Übergang kraft Tarifbindung Tarifverträge anwendbar waren, die in diesen geregelten Arbeitsbedingungen nach dem Betriebsübergang gemäß § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem Arbeitnehmer und der T werden und wie arbeitsvertragliche Regelungen fortwirken. Auch die Änderungssperre nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB ist Teil der Unterrichtung. Für den Fall eines möglicherweise doch erfolgenden Tarifvertragsabschlusses wird darauf hingewiesen, dass die Änderungssperre dann nicht gilt (§ 613a Abs. 1 Satz 3 BGB), und bei tarifgebundenen Arbeitnehmern in diesem Fall die Regelungen bei der T die bisher bei der Beklagten geltenden Regelungen ablösen. Damit ist bei vor dem Betriebsübergang bestehender beiderseitiger Tarifbindung für die Arbeitnehmer ausreichend klar, dass tarifvertragliche Normen nach dem Betriebsübergang nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB individualrechtlich weitergelten. Ein Firmentarifvertrag, wie der für die Beklagte geltende UTV, wirkt kollektivrechtlich nur bei einer Gesamtrechtsnachfolge in einem Unternehmen fort, nicht aber allein aufgrund eines Betriebsübergangs (vgl. BAG 20. Juni 2001 - 4 AZR 295/00 - AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 18 = EzA BGB § 613a Nr. 203). Da zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs bei der T keine Tarifverträge anwendbar waren, ist zutreffend darauf hingewiesen, dass die Sperre des § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB nicht gilt, wenn zum selben Regelungskomplex Tarifverträge mit der Gewerkschaft ver.di abgeschlossen werden sollten.

38

Nicht organisierte Arbeitnehmer mit einer arbeitsvertraglichen Inbezugnahme von Tarifverträgen, wie die Klägerin, erfasst das Unterrichtungsschreiben in Ziff. II Abs. 1 und Abs. 2 Unterabsatz (2) am Ende.

39

Wird bei nicht tarifgebundenen Arbeitnehmern die Geltung eines Tarifvertrages einzelvertraglich vereinbart, so ist § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB einschlägig, dh., der Betriebserwerber tritt in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein, also auch in die Verweisung auf einen Tarifvertrag. Daher ist die allgemeine Unterrichtung der Klägerin darüber, dass ihr Arbeitsverhältnis mit allen zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestehenden Rechten und Pflichten auf die T übergeht, zutreffend. Im ersten Satz von Ziff. II Abs. 2 Unterabsatz (2) Abschnitt 3 weist das Unterrichtungsschreiben darauf hin, dass bei einer Inbezugnahme von tarifvertraglichen Regelungen im Arbeitsvertrag die Formulierung der arbeitsvertraglichen Bezugnahme darüber entscheidet, ob zukünftige etwaige Tarifverträge der T Anwendung finden oder es bei der Geltung der bisherigen tarifvertraglichen Regelungen bleibt. Bei dieser Information handelt es sich um einen vorsorglichen Hinweis nur für den Fall, dass wider Erwarten die Betriebserwerberin doch Tarifverträge abschließen sollte und es dann unter Berücksichtigung des Inhalts des Arbeitsvertrages zu einem Tarifwechsel kommen kann. Da es für den Inhalt der Information auf den Kenntnisstand des Veräußerers und des Erwerbers zum Zeitpunkt der Unterrichtung ankommt (vgl. BAG 13. Juli 2006 - 8 AZR 305/05 - BAGE 119, 91 = AP BGB § 613a Nr. 312 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 56), genügt die Unterrichtung den gesetzlichen Anforderungen dadurch, dass das Unterrichtungsschreiben den Hinweis enthält, dass die T nicht beabsichtigt, Tarifverträge abzuschließen. Eine weitergehende Information zu einem möglichen Tarifwechsel ist nicht zu verlangen, wenn ein solcher überhaupt nicht absehbar ist. Zu spekulativen Mitteilungen sind Erwerber und Veräußerer ohnehin nicht verpflichtet (vgl. Schnitker/Grau BB 2005, 2238, 2239).

40

Mit den beiden letzten Sätzen von Ziff. II Abs. 2 Unterabsatz (2) informiert das Unterrichtungsschreiben vom 25. Oktober 2008 zutreffend über die Rechtsprechung zu sog. dynamischen Verweisungen und die von der Rechtsprechung dazu entwickelte Stichtagsregelung. Der Revision ist zwar zuzugeben, dass die Ausführungen zur Auslegung von Vertragsklauseln in Arbeitsverträgen, die vor dem 1. Januar 2002 geschlossen wurden, für alle Arbeitnehmer, die Arbeitsverträge nach diesem Datum geschlossen haben, überflüssig sind. Daraus folgt aber nicht, dass die Ausführungen unverständlich wären, denn aus ihnen ist zu entnehmen, für welche Arbeitsverträge was gelten soll. Es begegnet keinen Bedenken, wenn im Unterrichtungsschreiben Passagen aufgenommen sind, die nicht das jeweilige Arbeitsverhältnis betreffen, solange es dem Arbeitnehmer unschwer möglich ist, anhand der Ausführungen zu ermitteln, ob er von diesen betroffen ist.

41

Soweit die Klägerin rügt, die Ausführungen im letzten Satz der Ziff. II Abs. 2 Unterabsatz (2) seien deshalb zu beanstanden, weil sie eine dynamische Geltung der von der Beklagten abgeschlossenen Tarifverträge suggerierten, obwohl es aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel zu einem Tarifwechsel kommen könne, greift dieser Einwand nicht durch. Auch wenn es abstrakt denkbar wäre, dass es zu einem Wechsel des in Bezug genommenen Tarifvertrages kommen könnte, so hätte das Unterrichtungsschreiben diesem Umstand zum einen schon mit dem ersten Satz des letzten Abschnitts von Ziff. II Abs. 2 Unterabsatz (2) Rechnung getragen. Dort heißt es nämlich: „Sofern tarifliche Regelungen für Ihr Arbeitsverhältnis bislang aufgrund einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel gegolten haben, entscheidet die arbeitsvertragliche Bezugnahme auf die Tarifverträge darüber, ob zukünftige etwaige Tarifverträge der T Anwendung finden oder es bei einer Geltung der bisherigen tarifvertraglichen Regelung bleibt“. Zum anderen kommt es auf den Kenntnisstand von Veräußerer und Erwerber zum Zeitpunkt der Unterrichtung an. Zu diesem war aber ein Tarifwechsel nicht abzusehen. Eine Unterrichtung über komplexe Rechtsfragen ist dann nicht fehlerhaft, wenn der Arbeitgeber bei angemessener Prüfung der Rechtslage, rechtlich vertretbare Positionen gegenüber dem Arbeitnehmer kundtut (vgl. BAG 13. Juli 2006 - 8 AZR 303/05 - BAGE 119, 81 = AP BGB § 613a Nr. 311 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 55). Dies war hier der Fall, weil es für die am Betriebsübergang Beteiligten nicht erkennbar war, dass und ggf. welche Flächen- oder Branchentarifverträge für Callcenter, unter deren räumlichen, fachlichen und zeitlichen Anwendungsbereich der Betrieb zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs fallen könnte, bestanden. Veräußerer bzw. Erwerber sind nicht zu einer Entwicklung spekulativer Szenarien gehalten, falls konkrete Angaben angesichts der objektiv bestehenden Situation nicht möglich sind (vgl. Schnitker/Grau BB 2005, 2238, 2239). Mit dem Unterrichtungsschreiben ist die Klägerin über die sich für sie in „tariflicher“ Hinsicht ergebenden Rechtsfolgen des zum 1. Dezember 2008 erfolgten Betriebsübergangs nicht fehlerhaft informiert worden. Als rechtliche Folge des Betriebsübergangs finden auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin ab dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs aufgrund von § 3 des Arbeitsvertrages keine anderen tarifvertraglichen Regelungen Anwendung als zuvor.

42

ee) Das Unterrichtungsschreiben vom 25. Oktober 2008 informierte die Klägerin auch hinreichend über die Weitergeltung von Betriebsvereinbarungen.

43

Betriebsvereinbarungen gelten nicht in ihrer kollektiven Form fort, sondern sie ändern ihre Rechtsnatur und werden Inhalt des Arbeitsverhältnisses nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB, wenn im Zusammenhang mit dem Inhaberwechsel die betriebsverfassungsrechtliche Identität des Betriebs verloren geht. Bleibt die betriebsverfassungsrechtliche Identität durch eine Übertragung des Betriebs als Ganzes demgegenüber erhalten, so gelten die Betriebsvereinbarungen unverändert als Kollektivrecht fort. Der Betriebserwerber tritt dann in die betriebsverfassungsrechtliche Stellung des früheren Betriebsinhabers ein und ist an die im Betrieb geltenden Betriebsvereinbarungen jedenfalls so lange gebunden, bis sie ihr Ende finden, etwa dadurch, dass der Betrieb seine Identität verliert und deshalb aufhört zu bestehen (vgl. BAG 27. Juli 1994 - 7 ABR 37/93 - AP BGB § 613a Nr. 118 = EzA BGB § 613a Nr. 123).

44

Nachdem im Unterrichtungsschreiben ausgeführt ist, dass aufgrund des Betriebsübergangs der Betrieb seine Betriebsidentität nicht verliert, ist die weitergehende Information, dass die im Betrieb geltenden Betriebsvereinbarungen auch nach dem Betriebsübergang kollektivrechtlich weitergelten, soweit sie nicht durch Konzernbetriebsvereinbarungen des D Konzerns geändert oder ersetzt werden, zutreffend. Nicht notwendig war es alle Betriebsvereinbarungen der Beklagten zu bezeichnen (vgl. BAG 23. Juli 2009 - 8 AZR 538/08 - BAGE 131, 258 = AP BGB § 613a Unterrichtung Nr. 10 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 114), da sich der Arbeitnehmer nach Erhalt der in Textform erteilten Information selbst näher erkundigen kann (vgl. BAG 13. Juli 2006 - 8 AZR 305/05 - BAGE 119, 91 = AP BGB § 613a Nr. 312 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 56). Auch der Hinweis auf die Weitergeltung von Gesamt- oder Konzernbetriebsvereinbarungen - sofern diese bestehen sollten - als Betriebsvereinbarungen ist nicht zu beanstanden. Im Falle eines Betriebsübergangs behalten Gesamtbetriebsvereinbarungen, die in den Betrieben des abgebenden Unternehmens gelten, in den übertragenen Teilen des Unternehmens ihren Status als Rechtsnormen auch dann, wenn nur einer oder mehrere Betriebe übergehen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn - wie hier - das andere Unternehmen bis dahin keinen Betrieb führte und die übertragenen Betriebe ihre Identität bewahren. Wird nur ein Betrieb übernommen, bleiben die Gesamtbetriebsvereinbarungen als Einzelbetriebsvereinbarungen bestehen (vgl. BAG 18. September 2002 - 1 ABR 54/01 - BAGE 102, 356 = AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 7 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 5). Für Konzernbetriebsvereinbarungen ist zwar noch nicht höchstrichterlich geklärt, ob diese bei einem Betriebsübergang als „einfache“ Betriebsvereinbarung in Kraft bleiben (vgl. Reinhard NZA 2009, 63, 65). Eine Unterrichtung über komplexe Rechtsfragen ist im Rahmen des § 613a Abs. 5 BGB aber dann nicht fehlerhaft, wenn der Arbeitgeber bei angemessener Prüfung der Rechtslage, die ggf. die Einholung von Rechtsrat über die höchstrichterliche Rechtsprechung beinhaltet, rechtlich vertretbare Positionen gegenüber dem Arbeitnehmer kundtut (vgl. BAG 13. Juli 2006 - 8 AZR 303/05 - BAGE 119, 81 = AP BGB § 613a Nr. 311 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 55). Die Weitergeltung einer Konzernbetriebsvereinbarung als „einfache“ Betriebsvereinbarung ist jedenfalls eine rechtlich vertretbare Position (vgl. C. Meyer Die Unterrichtung der Arbeitnehmer vor Betriebsübergang Rn. 147; Mohnke/Betz BB 2008, 498, 501).

45

Es genügte auch, im Unterrichtungsschreiben darauf hinzuweisen, dass im Konzern der T, dem D Konzern, Konzernbetriebsvereinbarungen gelten, die auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden werden, sofern die T in den Anwendungsbereich der Konzernbetriebsvereinbarungen fällt. Damit blieb zwar für die Klägerin offen, ob die T in den Anwendungsbereich der Konzernbetriebsvereinbarungen fällt, jedoch betreffen die zwei zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs geltenden Konzernbetriebsvereinbarungen zum einen die Größe des Konzernbetriebsrats und zum anderen die Organisation einer IT-Anwendung, und damit nicht die wesentlichen Arbeitsbedingungen der Klägerin. Für eine Entscheidung über das Widerspruchsrecht - dies ist der Zweck der Unterrichtung - hat die Frage der Anwendbarkeit dieser Konzernbetriebsvereinbarungen bei der T damit keine Bedeutung. Auch das Nachweisgesetz, welches zur Konkretisierung der notwendigen Informationen herangezogen werden kann (vgl. BAG 13. Juli 2006 - 8 AZR 305/05 - BAGE 119, 91 = AP BGB § 613a Nr. 312 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 56), verlangt die schriftliche Niederlegung und Aushändigung der vereinbarten wesentlichen Arbeitsvertragsbedingungen (§§ 2, 3 NachwG). Wesentlich in diesem Sinne ist alles, was üblicherweise in Arbeitsverträgen bestimmter Arbeitnehmer vereinbart wird (vgl. ErfK/Preis 12. Aufl. § 2 NachwG Rn. 8), oder nach anderer Auffassung, alle Vertragsbedingungen, deren Kenntnis für den Arbeitnehmer zur Geltendmachung seiner Rechte notwendig ist und deren Unkenntnis zu erheblichen Nachteilen führen kann (vgl. HWK/Kliemt 4. Aufl. § 2 NachwG Rn. 3; Linde/Lindemann NZA 2003, 649, 651). Diese Kriterien treffen für die in Rede stehenden Konzernbetriebsvereinbarungen nicht zu. Mit dem Inhalt dieser beiden Konzernbetriebsvereinbarungen tritt keine wesentliche Änderung der Vertragsbedingungen im Arbeitsverhältnis ein. Auch die Klägerin behauptet eine wesentliche Änderung durch die Konzernbetriebsvereinbarungen nicht. In den Konzernbetriebsvereinbarungen sind kollektivrechtlich keine wesentlichen Arbeitsbedingungen geregelt, so dass eine Information über diese nicht zwingend erfolgen musste und deren Anwendbarkeit daher offen bleiben konnte. Jedenfalls genügte angesichts des Inhalts der Konzernbetriebsvereinbarungen der allgemeine Hinweis darauf, dass im Konzern der T Konzernbetriebsvereinbarungen existieren.

46

Waren die Beklagte und die T nicht verpflichtet, die einzelnen Betriebsvereinbarungen, die bei der Beklagten galten, zu bezeichnen (vgl. BAG 23. Juli 2009 - 8 AZR 538/08 - BAGE 131, 258 = AP BGB § 613a Unterrichtung Nr. 10 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 114)und konnte eine Anwendbarkeit von Konzernbetriebsvereinbarungen hier offen bleiben, so bedurfte es auch keiner Bezeichnung der - möglicherweise - anwendbaren Konzernbetriebsvereinbarungen. Auch insoweit genügte der Hinweis darauf, dass Konzernbetriebsvereinbarungen existieren, denn die Klägerin war so in die Lage versetzt, sich nach Erhalt der Unterrichtung eingehender zu informieren (vgl. BAG 13. Juli 2006 - 8 AZR 305/05 - Rn. 32, BAGE 119, 91 = AP BGB § 613a Nr. 312 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 56). Dies gilt jedenfalls für die Fälle, in denen durch den Inhalt der beim Erwerber bestehenden Betriebsvereinbarungen eine wesentliche Änderung der Arbeitsbedingungen nicht eingetreten ist. Es oblag der Klägerin, weitere Erkundigungen einzuholen. Sie konnte sich innerhalb der Widerspruchsfrist weiter über die Konzernbetriebsvereinbarungen vor allem beim neuen Arbeitgeber erkundigen und sich infolgedessen über die persönlichen Folgen aufklären lassen. Durch die Angabe des Firmensitzes der T und der handelnden natürlichen Personen war es der Klägerin auch möglich, Informationen zu den geltenden Konzernbetriebsvereinbarungen im D Konzern anzufordern. Es war nicht notwendig, im Unterrichtungsschreiben eine Auskunftsperson zu benennen oder gesondert darauf hinzuweisen, dass Nachfragen über Geltung und Inhalt von Konzernbetriebsvereinbarungen möglich sind. Nicht ersichtlich ist auch, dass die T als Betriebserwerberin nicht in der Lage oder Willens gewesen wäre, eine entsprechende Anfrage der Klägerin zu beantworten. Auch die Klägerin behauptet nicht, sie habe Aufklärung zu den Konzernbetriebsvereinbarungen durch die T gefordert und diese sei ihr verweigert worden.

47

ff) Auch ist die Klägerin über ihr Recht zum Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses ordnungsgemäß unterrichtet worden.

48

So wird erläutert, wie der Widerspruch auszuüben ist. Das Unterrichtungsschreiben weist auf das Schriftformerfordernis und die Widerspruchsfrist sowie darauf hin, dass neuer wie alter Arbeitgeber (unter nochmaliger Angabe der vollständigen Anschriften) als Adressaten in Betracht kommen. Über die kündigungsrechtliche Situation wurde die Klägerin zunächst in der Weise informiert (Ziff. II Abs. 8), dass eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die Beklagte (V) oder die T wegen des Betriebsübergangs gesetzlich ausgeschlossen ist (§ 613a Abs. 4 Satz 1 BGB), nicht aber die Kündigung aus einem anderen Grund (§ 613a Abs. 4 Satz 2 BGB).

49

Weiter wurde die Klägerin über die Folgen eines Widerspruchs ausreichend informiert. Im Unterrichtungsschreiben ist für den Fall des Widerspruchs ausgeführt, dass „…die V (Beklagte) Ihnen gegenüber - nach Prüfung der individuellen Voraussetzungen - voraussichtlich eine betriebsbedingte Beendigungskündigung aussprechen [muss]“. Weiter heißt es: „Eine betriebsbedingte Beendigungskündigung kommt vorbehaltlich einer individuellen Prüfung sowohl für ordentlich kündbare Mitarbeiter als auch für ältere Mitarbeiter mit einem besonderen Kündigungsschutz (für diese jedoch ebenfalls nur unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist) in Betracht“. Eine nicht ordnungsgemäße Unterrichtung liegt zwar dann vor, wenn in das Unterrichtungsschreiben falsche Rechtsinformationen aufgenommen wurden, die den Arbeitnehmer in der Wahrnehmung seiner Rechte beeinflussen können, eine solche falsche bzw. irreführende Information hat die Klägerin aber selbst dann nicht erhalten, wenn ihr Arbeitsverhältnis bereits zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs am 1. Dezember 2008 einem besonderen Kündigungsschutz unterlegen haben sollte.

50

Das Unterrichtungsschreiben erzeugt nicht den Eindruck, nach Ausübung des Widerspruchs werde ihr (wirksam) gekündigt werden bzw. die Voraussetzungen für eine wirksame Kündigung von Arbeitnehmern mit bzw. ohne Sonderkündigungsschutz seien dieselben. Es ist im Unterrichtungsschreiben nur ausgeführt, dass die Beklagte den Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung in jedem einzelnen Fall eines widersprechenden Arbeitnehmers prüfen wird. Dies ist mit den Formulierungen „individuelle Voraussetzungen“ bzw. „individuelle Prüfung“ klar zum Ausdruck gebracht. Nicht falsch ist die Information, dass auch für ältere Mitarbeiter mit einem besonderen Kündigungsschutz eine betriebsbedingte Beendigungskündigung - vorbehaltlich einer individuellen Prüfung - in Betracht kommt. Damit wird lediglich - insoweit subjektiv determiniert - zum Ausdruck gebracht, dass die Beklagte den Ausspruch solcher Kündigungen gegenüber widersprechenden Arbeitnehmern - jeweils im Einzelfalle - prüfen und in jedem Fall die ordentliche Kündigungsfrist beachten wird. Die Möglichkeit einer außerordentlichen betriebsbedingten Kündigung von ordentlich „unkündbaren“ Arbeitnehmern ist durch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts unter Beachtung der Kündigungsfrist als notwendiger Auslauffrist grundsätzlich anerkannt (vgl. BAG 18. März 2010 - 2 AZR 337/08 - AP BGB § 626 Nr. 228 = EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 17). Die betriebsbedingte Kündigung im Falle des Widerspruchs ist im Unterrichtungsschreiben ohnehin nur als Möglichkeit - vorbehaltlich einer Prüfung im Einzelfalle - dargestellt. Dies ist nicht zu beanstanden (vgl. Willemsen in Willemsen/Hohenstatt/Schweibert/Seibt Umstrukturierung und Übertragung von Unternehmen 4. Aufl. Teil G Rn. 222). Mit der gegebenen Information wird nicht der Eindruck erweckt, die Voraussetzungen einer solchen Kündigung seien die gleichen wie bei nicht besonders geschützten Arbeitnehmern. Zu den Voraussetzungen einer betriebsbedingten Kündigung von Arbeitnehmern mit bzw. ohne Sonderkündigungsschutz äußert sich das Unterrichtungsschreiben nicht. Eine Verpflichtung, nach § 613a Abs. 5 BGB auch über die Kündigungsvoraussetzungen für eine betriebsbedingte Kündigung durch den Veräußerer nach einem Widerspruch zu unterrichten, besteht nicht. Eine Informationsverpflichtung, die sämtliche Konsequenzen eines Verbleibs beim Betriebsveräußerer erörtert und darstellt (bspw. Kündbarkeit trotz [Sonder-]Kündigungsschutz), lässt sich weder dem Gesetzeswortlaut des § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB(„… Folgen des Übergangs …“) bzw. des § 613a Abs. 5 Nr. 4 BGB(„… in Aussicht genommenen Maßnahmen“) noch den Gesetzesmaterialien entnehmen (vgl. Hohenstatt/Grau NZA 2007, 13, 17). Insbesondere kann der Arbeitnehmer keine individuelle Rechtsberatung verlangen (vgl. Schnitker/Grau BB 2005, 2238, 2239; Dreher in Bernsau/Dreher/Hauck Betriebsübergang 3. Aufl. § 613a BGB Rn. 158). Für eine rechtliche Bewertung der Kündigungsmöglichkeiten im Einzelfalle muss der Arbeitnehmer sich selbst erkundigen bzw. Rechtsrat einholen. Daher musste das Unterrichtungsschreiben keine Ausführungen dazu enthalten, ob bzw. inwieweit anwendbare tarifvertragliche Regelungen oder Regelungen im Arbeitsvertrag dem Ausspruch einer nur als möglich beschriebenen betriebsbedingten Kündigung Grenzen setzen bzw. entgegenstehen. Macht das Unterrichtungsschreiben gleichwohl Ausführungen zu den rechtlichen Voraussetzungen einer Kündigung, müssen diese zutreffend sein. Dass die im Unterrichtungsschreiben weiter gemachten Ausführungen zu etwaigen Kündigungen nach einem Widerspruch, bspw. zu § 9 UTV, unzutreffend wären, ist nicht ersichtlich und wird auch von der Klägerin nicht behauptet.

51

gg) Durch Ziff. II Abs. 2 Unterabsatz (3) und Ziff. II Abs. 9 des Unterrichtungsschreibens ist die Klägerin auch ausreichend und nicht irreführend über die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen und die wirtschaftlichen Folgen des Betriebsübergangs informiert worden.

52

Die Passagen in Ziff. II Abs. 2 Unterabsatz (3) und in Ziff. II Abs. 9, der auf Ziff. II Abs. 2 Unterabsatz (3) Bezug nimmt, befassen sich mit möglichen Maßnahmen, insbesondere dem beabsichtigten Neuabschluss von Arbeitsverträgen bei der T ab dem 1. Dezember 2009 zum Zwecke der Entgeltreduzierung. In Ziff. II Abs. 9 des Unterrichtungsschreibens ist dazu beschrieben, dass die T den Abschluss neuer Verträge als Maßnahme zur Entgeltanpassung auf freiwilliger Basis anstrebt, während in Ziff. II Abs. 2 Unterabsatz (3) vor allem die Grenzen der Anpassung nach unten aufgrund einer Vereinbarung der Beklagten mit der T dargelegt sind. So ist dort beispielsweise ausgeführt, dass „vereinbart worden [ist], dass bis zum Ablauf des 30. November 2013 das Brutto-Mindestentgelt für übergehende Agenten nicht unter 25.000 Euro brutto jährlich, für übergehende Teamleiter nicht unter 29.000 Euro brutto jährlich abgesenkt wird“. Zur Entgeltsicherung bis zum 1. Dezember 2009 heißt es zuvor: „Es ist vereinbart, dass jeder Arbeitnehmer bis zum 1. Dezember 2009 - berechnet auf der Grundlage der gleichen Dauer der Arbeitszeit und unveränderter Stellenbeschreibung - monatlich mindestens ein Brutto-Entgelt erhält, das seinem individuellen monatlichen Entgeltanspruch gegenüber der V zum 30. November 2008 … entspricht“. Das Informationsschreiben erweckt in Ziff. II Abs. 2 Unterabsatz (3) nicht den (ggf. unzutreffenden) Eindruck, der Arbeitnehmer habe einen Rechtsanspruch auf die Entgeltsicherung erworben. Es lässt diese Frage auch nicht in rechtlich zu beanstandender Weise offen. Bei der Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB handelt es sich um eine Wissens-, nicht aber um eine Willenserklärung(vgl. Staudinger/Annuß [2011] § 613a BGB Rn. 263), so dass grundsätzlich der Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB keine rechtsgeschäftliche Bindungswirkung im Sinne eines verbindlichen Angebots an die Arbeitnehmer zukommt(vgl. Grau Unterrichtung und Widerspruchsrecht der Arbeitnehmer bei Betriebsübergang gem. § 613a Abs. 5 und 6 BGB S. 244; Hohenstatt/Schramm NZA 2006, 251, 252). Dementsprechend sind die Arbeitnehmer lediglich über die in Aussicht genommenen Maßnahmen und die vertraglichen Absprachen zwischen der Beklagten und der T informiert worden. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann die Auslegung eines Unternehmenskaufvertrages zwar ergeben, dass dieser als Vertrag zugunsten Dritter, dh. der Arbeitnehmer, zu bewerten ist (vgl. BAG 20. April 2005 - 4 AZR 292/04 - AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 35 = EzA TVG § 1 Auslegung Nr. 40). Ob dies der Fall ist, muss im Wege der Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB ermittelt werden. Ob die Vereinbarung zwischen Beklagter und T eine solche Auslegung ermöglicht, gehörte nicht zu den Unterrichtungspflichten nach § 613a Abs. 5 BGB. Eine individuelle Rechtsberatung war nicht geschuldet, zumal die Beklagte und die Betriebserwerberin auch unterschiedlicher Auffassung über die rechtlichen Auswirkungen der Vereinbarung sein könnten. Die Klägerin war gehalten, sich ggf. weiter zu erkundigen und Rechtsrat einzuholen und selbst zu klären, ob eine Auslegung als Vertrag zugunsten Dritter in Betracht kommt oder nicht. Mit der Offenlegung der bestehenden Vereinbarungen im Zusammenhang mit den in Aussicht genommenen Maßnahmen genügt das Unterrichtungsschreiben den Anforderungen des § 613a Abs. 5 Nr. 4 BGB bzw. des § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB.

53

III. Da zwischen den Parteien über den 30. November 2008 hinaus kein Arbeitsverhältnis mehr besteht, fiel der hilfsweise gestellte Weiterbeschäftigungsantrag nicht mehr zur Entscheidung an.

54

Bereits im Schriftsatz vom 4. November 2009 hatte die Klägerin ausgeführt, dass ihr Weiterbeschäftigungsantrag „für den Fall [gestellt wird], dass der Klage erstinstanzlich stattgegeben wird“. Aus der so gegebenen Begründung ergibt sich der Parteiwillen, dass der Weiterbeschäftigungsantrag allein für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag gestellt werden sollte.

55

C. Die Klägerin hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Eimer    

        

    Wroblewski    

                 

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen - das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 29. Januar 2013 - 2 Sa 61/12 - teilweise aufgehoben, soweit es die Klage mit dem Hilfsantrag in Höhe eines Betrages von 10.684,42 Euro brutto nebst Zinsen abgewiesen hat.

Im Umfang der Aufhebung wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 19. Juni 2012 - 17 Ca 506/11 - abgeändert und zum Zwecke der Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger rückständige Betriebsrente für die Zeit von März 2008 bis Dezember 2011 iHv. insgesamt 10.684,42 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 232,27 Euro seit dem 16. Mai 2008 und aus jeweils weiteren 696,81 Euro seit dem 16. Mai 2008, 16. August 2008, 16. November 2008, 16. Februar 2009, 16. Mai 2009, 16. August 2009, 16. November 2009, 16. Februar 2010, 16. Mai 2010, 16. August 2010, 16. November 2010, 16. Februar 2011, 16. Mai 2011, 16. August 2011 und 16. November 2011 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 63 % und die Beklagte 37 % zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger ab März 2008 eine Betriebsrente zu zahlen.

2

Der am 17. März 1943 geborene Kläger war seit dem 1. Juni 1968 bei der F H GmbH beschäftigt. Mit Schreiben vom 29. Dezember 1975 erklärte die F H GmbH dem Kläger Folgendes:

        

„…    

        

Hiermit teilen wir Ihnen mit, daß Sie im Rahmen unserer Alters- und Hinterbliebenenversorgung für Führungskräfte im Falle Ihres Übertritts in den Altersruhestand nach Vollendung Ihres 65. Lebensjahres ein

        

Ruhegehalt in Höhe von 500,-- DM/Monat

        

erhalten werden.

        

Die näheren Einzelheiten der für Sie maßgeblichen Versorgungsregelung, insbesondere Ihre persönlichen Versorgungsdaten, werden wir in einer besonderen schriftlichen Versorgungszusage festlegen, die Sie erhalten werden, sobald die wegen des inzwischen in Kraft getretenen Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19.12.1974 erforderliche Überarbeitung unserer diesbezüglichen Richtlinien abgeschlossen ist.

        

…“    

3

Nach mehrfachen Änderungen des zugesagten Versorgungsbetrages teilte die F H GmbH dem Kläger unter dem 21. Dezember 1981 mit, dass die Versorgungsleistungen nach der Versorgungszusage nunmehr 985,00 DM/Monat betragen. Dem Schreiben beigefügt waren die für die betriebliche Altersversorgung des Klägers maßgeblichen ergänzten Richtlinien des GHH-Verbandes (im Folgenden: RL GHH-Verband) in der Fassung von 1981. Diese lauten auszugsweise:

        

„§ 1   

        

Grundsatz

        

(1)     

Versorgungsleistungen nach diesen Richtlinien erfordern eine einzelvertraglich schriftlich erteilte Versorgungszusage des Unternehmens. Einzelheiten ergeben sich aus dem Inhalt der Versorgungszusage und aus diesen Richtlinien.

        

…       

        
        

§ 2     

        

Leistungsarten

        

Das Unternehmen gewährt

        

a)    

Altersversorgung (§ 3),

        

b)    

Invaliditätsversorgung (§ 4) und

        

c)    

Hinterbliebenenversorgung (§§ 5 und 6),

        

wenn die in diesen Richtlinien hierfür vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt sind.

        

§ 3     

        

Altersversorgung

        

(1)     

Der Mitarbeiter erhält Altersversorgung in Höhe des zugesagten Versorgungsbetrags, wenn er nach Vollendung des 65. Lebensjahres in den Ruhestand tritt.

        

…       

        
        

§ 8     

        

Zahlungsweise

        

Die zugesagten Versorgungsleistungen sind kalendermonatliche Renten. Sie werden vierteljährlich gezahlt, und zwar

        

am 15. Februar für Januar, Februar und März;

        

am 15. Mai für April, Mai und Juni;

        

am 15. August für Juli, August und September;

        

am 15. November für Oktober, November und Dezember.

        

§ 9     

        

Beginn, Ende und Ruhen der Versorgungsleistungen

        

(1)     

Versorgungsleistungen werden ab dem Monat gezahlt, in dem der Versorgungsfall eingetreten ist. Der Versorgungsfall gilt im Zweifel als eingetreten, sobald entsprechende Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezogen werden.

        

…       

        
        

§ 12   

        

Unverfallbarkeit

        

(1)     

Die Versorgungszusage geht im Grundsatz davon aus, daß der Mitarbeiter bei Eintritt des Versorgungsfalls noch in den Diensten des Unternehmens steht.

        

(2)     

Ob und in welchem Ausmaß für vorher ausgeschiedene Mitarbeiter eine Unverfallbarkeit der Versorgungsanwartschaft besteht, richtet sich ausschließlich nach den gesetzlichen Bestimmungen. Das sind zur Zeit die §§ 1 bis 4 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19. Dezember 1974.

        

…       

        
        

§ 13   

        

Leistungsvorbehalt

        

(1)     

Das Unternehmen behält sich vor, die zugesagten Versorgungsleistungen zu ändern, zu kürzen oder einzustellen, wenn

                 

…       

        
                 

d)    

der Mitarbeiter oder Leistungsempfänger Handlungen begeht, die in grober Weise gegen Treu und Glauben verstoßen oder zu einer fristlosen Entlassung berechtigen würden.

        

…“    

                 
4

Das Arbeitsverhältnis des Klägers ging mit Wirkung zum 1. Januar 1982 auf die H H GmbH über. Diese kündigte das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 5. September 1986 außerordentlich fristlos. In diesem Schreiben heißt es weiter:

        

„…      

        

Sie haben sich eines massiven Vertrauensbruchs und einer erheblichen Verletzung der Pflichten aus Ihrem Arbeitsverhältnis schuldig gemacht und dies auch gegenüber Herrn T und Herrn Rechtsanwalt Dr. E zugegeben.

        

Die strafrechtliche Würdigung Ihres Verhaltens behalten wir uns nach weiteren Recherchen über Ihre Transaktionen ausdrücklich vor. Das gleiche gilt für zivilrechtliche Schritte gegen Sie auf Wiedergutmachung des Schadens.

        

Wir kündigen gleichzeitig das Ihnen gewährte Arbeitnehmerdarlehen, das jetzt noch in Höhe von DM 6.000,-- valutiert, mit sofortiger Wirkung. Bitte überweisen Sie die DM 6.000,-- zuzüglich der aufgelaufenen Zinsen unverzüglich an uns.

        

Ihre Personalunterlagen erhalten Sie umgehend. Gleichzeitig sprechen wir ein unbefristetes Hausverbot gegen Sie aus.

        

…“    

5

Nachdem der Kläger Kündigungsschutzklage erhoben hatte, verständigten sich der Kläger und die H H GmbH mit Aufhebungsvertrag vom 16. Dezember 1986 auf eine Aufhebung des Arbeitsverhältnisses mit Wirkung zum 10. September 1986. In dem Aufhebungsvertrag ist ferner Folgendes vereinbart:

        

„…    

        

§ 3 Betriebliche Altersversorgung

        

Der Mitarbeiter verzichtet unwiderruflich auf die Geltendmachung von Ansprüchen aus der betrieblichen Altersversorgung.

        

…       

        

§ 5 Ausgleich aller Ansprüche

        

Mit den oben bezeichneten Regelungen sind alle gegenseitigen Ansprüche der Firma und des Mitarbeiters aus dem Arbeitsverhältnis, gleichgültig auf welchem Rechtsgrund sie im einzelnen beruhen mögen, vollständig abgegolten.“

6

Der Kläger nahm nach Abschluss des Aufhebungsvertrages die Kündigungsschutzklage zurück.

7

Unter dem 10. Dezember 1986 hatte die Zentralleitung Personal der H H GmbH die Mitarbeiterin S der F H GmbH wie folgt angeschrieben:

        

„…    

        

wir möchten Sie bitten, im Dezember noch folgende Abrechnungen vorzunehmen:

        

1. …   

        

2. Herrn R sind noch 20 Tage Resturlaub abzugelten.

        

Außerdem ist die für Herrn R gebildete Rückstellung für die Altersversorgung aufzulösen. (Der arbeitsrechtliche Vergleich mit Herrn R beinhaltet, daß sein Anspruch auf betriebliche Altersversorgung verwirkt ist.)

        

…“    

8

Die H H GmbH wurde in der Folgezeit auf die M H GmbH verschmolzen, die ihrerseits auf die E D GmbH verschmolzen wurde. Die E D GmbH übertrug im Wege der Umwandlung durch Ausgliederung gemäß Vertrag vom 16. November 2007 sämtliche Pensionsverpflichtungen auf die Beklagte.

9

Mit Schreiben vom 12. Februar 2008 beantragte der Kläger bei der F H GmbH die Zahlung einer Betriebsrente ab der Vollendung des 65. Lebensjahres am 17. März 2008. Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 22. April 2008 mit, die F H GmbH habe sein Schreiben an sie weitergeleitet, da sie deren Rechtsnachfolgerin sei; nach den an sie übergegangenen Unterlagen sei der Anspruch des Klägers auf betriebliche Altersversorgung im Rahmen des nach der Kündigung geschlossenen arbeitsrechtlichen Vergleichs untergegangen.

10

Mit der am 7. September 2011 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger mit einem unbezifferten Feststellungsantrag die Zahlung einer Betriebsrente ab März 2008 von der Beklagten verlangt. Mit der beim Arbeitsgericht am 5. Dezember 2011 eingegangenen und der Beklagten am 12. Dezember 2011 zugestellten Klageerweiterung hat er hilfsweise die Zahlung rückständiger Betriebsrente für die Zeit von März 2008 bis Dezember 2011 iHv. insgesamt 28.569,22 Euro brutto geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei nach den RL GHH-Verband verpflichtet, an ihn ab März 2008 eine Altersrente zu zahlen. Die Versorgungszusage sei ihm gegenüber nicht widerrufen worden. Aus § 13 der RL GHH-Verband könne die Beklagte schon deshalb nichts zu ihren Gunsten herleiten, da diese Bestimmung die Möglichkeit des vollständigen Widerrufs des Versorgungsversprechens nicht vorsehe. Im Übrigen lägen die Voraussetzungen für einen Widerruf nicht vor. Die Beklagte habe nicht dargelegt, dass sein Versorgungsverlangen rechtsmissbräuchlich sei. Der in § 3 des Aufhebungsvertrages vereinbarte Verzicht auf Versorgungsansprüche sei unwirksam. Er habe seine Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung auch nicht verwirkt. Weder seine frühere Arbeitgeberin noch die Beklagte hätten darauf vertrauen können, dass er sich an die unwirksame Absprache in § 3 der Aufhebungsvereinbarung halten werde. Auf der Grundlage des „Merkblatts zur Herleitung des Versorgungsbetrages“ errechne sich eine monatliche Betriebsrente iHv. 621,07 Euro.

11

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, an ihn ab März 2008 eine monatliche betriebliche Altersversorgung nach den jeweils gültigen Richtlinien des GHH-Verbandes zu zahlen,

        

2.    

hilfsweise,

                 

die Beklagte zu verurteilen, an ihn rückständige Betriebsrente für die Zeit von März 2008 bis Dezember 2011 iHv. insgesamt 28.569,22 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 621,07 Euro seit dem 16. Februar 2008 und aus jeweils weiteren 1.863,21 Euro seit dem 16. Mai 2008, 16. August 2008, 16. November 2008, 16. Februar 2009, 16. Mai 2009, 16. August 2009, 16. November 2009, 16. Februar 2010, 16. Mai 2010, 16. August 2010, 16. November 2010, 16. Februar 2011, 16. Mai 2011, 16. August 2011 und 16. November 2011 zu zahlen.

12

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, die Feststellungsklage sei mangels Feststellungsinteresses unzulässig, zudem sei sie nicht hinreichend bestimmt. Jedenfalls sei die Klage insgesamt unbegründet. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach den RL GHH-Verband. Sie sei nach § 13 der RL GHH-Verband berechtigt, die Zahlung zu verweigern. Der Kläger habe im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses Handlungen begangen, die in grober Weise gegen Treu und Glauben verstoßen und eine fristlose Kündigung gerechtfertigt hätten. Hierdurch sei der H H GmbH ein erheblicher materieller Schaden entstanden. Aus diesem Grund sei das Arbeitsverhältnis außerordentlich gekündigt worden. Infolge der Rücknahme der Kündigungsschutzklage durch den Kläger sei die Fiktion des § 7 KSchG eingetreten, weshalb auch das schuldhaft vertragswidrige Verhalten fingiert werde. Der Kläger habe zudem in § 3 des Aufhebungsvertrages auf die Geltendmachung der Ansprüche auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung verzichtet. Die Vereinbarung in § 3 des Aufhebungsvertrages enthalte einen Tatsachenvergleich, mit dem das Nichtbestehen des Anspruchs schriftlich fixiert worden sei. Mit diesem Inhalt verstoße § 3 des Aufhebungsvertrages nicht gegen § 3 BetrAVG. Im Übrigen habe der Kläger seinen Anspruch auf eine Betriebsrente verwirkt. Sie habe aufgrund der in § 3 des Aufhebungsvertrages getroffenen Vereinbarung darauf vertraut, dass der Kläger keine Leistungen der betrieblichen Altersversorgung mehr beanspruchen werde. Der Kläger verhalte sich treuwidrig und widersprüchlich, wenn er mehr als 20 Jahre nach Abschluss des Aufhebungsvertrages entgegen den dort getroffenen Vereinbarungen eine Altersrente fordere. Die mit dem Hilfsantrag geltend gemachte Forderung sei außerdem der Höhe nach übersetzt. Dem Kläger sei ein Versorgungsbetrag iHv. 985,00 DM monatlich zugesagt worden. Dieser Betrag sei unter Zugrundelegung einer Versorgungsbemessungszeit von 35 Jahren in dem Verhältnis von 21,5 zu 35 zu kürzen. Hieraus errechne sich eine monatliche Betriebsrente iHv. 379,93 DM, dh. iHv. 194,26 Euro. Im Übrigen seien die Forderungen des Klägers verjährt.

13

Das Arbeitsgericht hat dem Hauptantrag stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat das arbeitsgerichtliche Urteil auf die Berufung der Beklagten abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Anträge weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision des Klägers ist zum Teil begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Unrecht in vollem Umfang abgewiesen. Zwar hat es den Hauptantrag im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der auf Feststellung gerichtete Antrag ist jedoch wegen fehlenden Feststellungsinteresses bereits unzulässig. Die hilfsweise erhobene Zahlungsklage ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts zum Teil begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, an den Kläger ab März 2008 eine monatliche Betriebsrente iHv. 232,27 Euro brutto zu zahlen, weshalb sie ihm für die Zeit von März 2008 bis Dezember 2011 rückständige Betriebsrente iHv. insgesamt 10.684,42 Euro brutto zuzüglich Zinsen schuldet. Zinsen auf die rückständige Betriebsrente iHv. 232,27 Euro für den Monat März 2008 stehen dem Kläger allerdings erst seit dem 16. Mai 2008 und nicht, wie vom Kläger geltend gemacht, seit dem 16. Februar 2008 zu.

15

A. Das Landesarbeitsgericht hat den Hauptantrag zu Unrecht für zulässig gehalten. Der auf Feststellung gerichtete Hauptantrag ist mangels des erforderlichen Feststellungsinteresses unzulässig.

16

I. Der Klageantrag ist zwar auf die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses iSv. § 256 Abs. 1 ZPO gerichtet. Die Feststellungsklage muss sich nicht auf ein Rechtsverhältnis im Ganzen beziehen, sondern kann sich auch auf einzelne Beziehungen oder Folgen aus dem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken (vgl. etwa BAG 17. Januar 2012 - 3 AZR 135/10  - Rn. 19 ; 24. August 2011 -  4 AZR 566/09  - Rn. 33 ; 21. April 2009 - 3  AZR 640/07  - Rn. 19 , BAGE 130, 202 ). Der Kläger kann daher auch die Feststellung beantragen, dass die Beklagte dem Grunde nach verpflichtet ist, an ihn ab März 2008 eine monatliche Altersversorgung nach den RL GHH-Verband zu zahlen.

17

II. Für den Antrag ist jedoch das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse nicht gegeben. Nach § 256 Abs. 1 ZPO kann auf die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses Klage nur erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Hieran fehlt es.

18

1. Ein Feststellungsinteresse (§ 256 Abs. 1 ZPO) liegt nur dann vor, wenn die begehrte Feststellung den Streit der Parteien abschließend klärt. Es ist deshalb regelmäßig nicht gegeben, wenn nur einzelne Elemente eines Rechtsverhältnisses, abstrakte Rechtsfragen oder rechtliche Vorfragen zur Entscheidung des Gerichts gestellt werden sollen, weil dann durch die Entscheidung kein Rechtsfrieden eintritt. Rechtsfrieden kann durch ein Feststellungsurteil nur geschaffen werden, wenn die Rechtskraft der Entscheidung über die zwischen den Parteien strittigen Fragen weitere gerichtliche Auseinandersetzungen um denselben Fragenkomplex ausschließt (vgl. BAG 29. November 2001 - 4 AZR 757/00 - zu I 2 b der Gründe, BAGE 100, 43).

19

2. Danach besteht für den Hauptantrag kein Feststellungsinteresse. Die Parteien streiten nicht nur darüber, ob dem Kläger dem Grunde nach ein Anspruch auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach den RL GHH-Verband zusteht. Sie streiten ebenso über die Höhe der ggf. von der Beklagten geschuldeten Leistungen. Während der Kläger auf der Grundlage des „Merkblatts zur Herleitung des Versorgungsbetrages“ eine monatliche Betriebsrente iHv. 621,07 Euro errechnet hat, steht die Beklagte auf dem Standpunkt, dass von dem dem Kläger zugesagten Versorgungsbetrag iHv. 985,00 DM auszugehen sei und dass dieser Betrag in dem Verhältnis von 21,5 zu 35 zu kürzen sei. Hieraus hat sie eine monatliche Betriebsrente iHv. 379,93 DM (= 194,26 Euro) errechnet. Damit wäre eine positive Entscheidung über den Feststellungsantrag des Klägers nicht geeignet, den Streit unter den Parteien abschließend zu klären. Vielmehr stünde zu erwarten, dass es zwischen den Parteien zu weiteren gerichtlichen Auseinandersetzungen über die Höhe der geschuldeten Betriebsrente käme.

20

B. Das Landesarbeitsgericht hat den auf Zahlung rückständiger Betriebsrente für die Zeit von März 2008 bis Dezember 2011 gerichteten Hilfsantrag zu Unrecht vollständig abgewiesen. Der Hilfsantrag ist zum Teil begründet.

21

I. Der Kläger kann von der Beklagten verlangen, dass diese an ihn ab März 2008 eine monatliche Betriebsrente iHv. 232,27 Euro brutto zahlt. Sie schuldet ihm deshalb für die Zeit von März 2008 bis Dezember 2011 rückständige Betriebsrente iHv. insgesamt 10.684,42 Euro brutto. Der Anspruch folgt aus § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG idF vom 19. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3610; aF), § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG aF iVm. den RL GHH-Verband.

22

Der Kläger ist mit Ablauf des 9. September 1986 nach § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG aF mit unverfallbarer Anwartschaft auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach den RL GHH-Verband aus dem Arbeitsverhältnis mit der H H GmbH ausgeschieden. Der in § 3 Abs. 1 der RL GHH-Verband bestimmte Versorgungsfall ist am 17. März 2008 eingetreten. Nach § 9 Abs. 1 der RL GHH-Verband steht dem Kläger deshalb ab März 2008 eine monatliche Betriebsrente zu. Diese beläuft sich nach § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG aF auf 232,27 Euro monatlich. Die Beklagte ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht berechtigt, die Zahlung der monatlichen Betriebsrente mit der Begründung zu verweigern, der Kläger habe der H H GmbH im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses aufgrund von Handlungen, die in grober Weise gegen Treu und Glauben verstoßen und eine fristlose Kündigung gerechtfertigt hätten, einen erheblichen materiellen Schaden zugefügt. Der Kläger hat mit der in § 3 des Aufhebungsvertrages getroffenen Vereinbarung auf seine Ansprüche auf Altersversorgung nach den RL GHH-Verband auch nicht wirksam verzichtet; er hat seine Ansprüche zudem weder verwirkt noch ist deren Geltendmachung wegen widersprüchlichen Verhaltens ausgeschlossen. Die von der Beklagten erhobene Verjährungseinrede greift nicht durch.

23

1. Der Kläger ist mit Ablauf des 9. September 1986 vorzeitig mit unverfallbarer Anwartschaft auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach den RL GHH-Verband aus dem Arbeitsverhältnis mit der H H GmbH ausgeschieden. Dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.

24

a) Nach den vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen, die von den Parteien nicht angegriffen wurden, hatte die F H GmbH dem Kläger mit Schreiben vom 29. Dezember 1975 eine Versorgung nach den jeweils gültigen RL GHH-Verband zugesagt.

25

b) Der Kläger ist vor Eintritt des in § 3 Abs. 1 der RL GHH-Verband bestimmten Versorgungsfalls des Erreichens der Altersgrenze von 65 Jahren und damit vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis mit der H H GmbH ausgeschieden. Er kann ab Vollendung seines 65. Lebensjahres am 17. März 2008 die in § 3 Abs. 1 der RL GHH-Verband vorgesehene Altersversorgung beanspruchen, da seine Anwartschaft zum Zeitpunkt seines Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis am 9. September 1986 unverfallbar war. Der Kläger erfüllte bereits seit dem 1. Juni 1980 die gesetzlichen Unverfallbarkeitsvoraussetzungen nach § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG aF.

26

Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG aF bleibt einem Arbeitnehmer, dem Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zugesagt worden sind, die Anwartschaft erhalten, wenn das Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalls, jedoch nach Vollendung des 35. Lebensjahres endet und die Versorgungszusage zu diesem Zeitpunkt mindestens zehn Jahre bestanden hat oder der Beginn der Betriebszugehörigkeit mindestens zwölf Jahre zurückliegt und die Versorgungszusage für ihn mindestens drei Jahre bestanden hat.

27

Danach war die Anwartschaft des Klägers bereits am 1. Juni 1980 unverfallbar geworden. Zu diesem Zeitpunkt hatte der am 17. März 1943 geborene Kläger das 35. Lebensjahr vollendet, der Beginn der Betriebszugehörigkeit am 1. Juni 1968 lag zwölf Jahre zurück und die am 29. Dezember 1975 erteilte Versorgungszusage hatte mehr als drei Jahre bestanden.

28

2. Die unverfallbare Anwartschaft des Klägers belief sich zum Zeitpunkt seines Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis auf monatlich 232,27 Euro.

29

a) Die Höhe der nach § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG aF aufrechterhaltenen Anwartschaft des Klägers auf die in § 3 Abs. 1 der RL GHH-Verband vorgesehene Altersversorgung berechnet sich nach § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG aF. Nach dieser Bestimmung, die von § 12 Abs. 2 der RL GHH-Verband deklaratorisch in Bezug genommen wird, haben bei Eintritt des Versorgungsfalls wegen Erreichens der Altersgrenze, wegen Invalidität oder Tod ein vorher ausgeschiedener Arbeitnehmer, dessen Anwartschaft nach § 1 fortbesteht, und seine Hinterbliebenen einen Anspruch mindestens in Höhe des Teiles der ohne das vorherige Ausscheiden zustehenden Leistung, der dem Verhältnis der Dauer der Betriebszugehörigkeit zu der Zeit vom Beginn der Betriebszugehörigkeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres entspricht; an die Stelle des 65. Lebensjahres tritt ein früherer Zeitpunkt, wenn dieser in der Versorgungsregelung als feste Altersgrenze vorgesehen ist. Da § 3 Abs. 1 der RL GHH-Verband für den Eintritt des Versorgungsfalls „Alter“ an die Vollendung des 65. Lebensjahres anknüpft, die RL GHH-Verband mithin keinen früheren Zeitpunkt als feste Altersgrenze vorsehen, ist in einem ersten Schritt - unter Beachtung von Festschreibeeffekt und Veränderungssperre nach § 2 Abs. 5 BetrAVG - die bei einer Betriebszugehörigkeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres erreichbare - fiktive - Vollrente zu ermitteln. Diese fiktive Vollrente ist sodann in einem zweiten Schritt zeitratierlich entsprechend dem Verhältnis der tatsächlichen zur möglichen Betriebszugehörigkeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres zu kürzen.

30

b) Danach errechnet sich eine Anwartschaft des Klägers iHv. 232,27 Euro monatlich.

31

aa) Die fiktive - bei einer Betriebszugehörigkeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres erreichbare - Altersrente des Klägers beläuft sich auf 503,62 Euro (= 985,00 DM).

32

(1) Nach § 3 Abs. 1 der RL GHH-Verband erhält der Mitarbeiter Altersversorgung in Höhe des zugesagten Versorgungsbetrages, wenn er nach Vollendung des 65. Lebensjahres in den Ruhestand tritt. Die F H GmbH hatte dem Kläger zuletzt mit Schreiben vom 21. Dezember 1981 einen Versorgungsbetrag iHv. 985,00 DM monatlich zugesagt.

33

(2) Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers war dieser Betrag nicht um weitere Zuwächse für die Zeit von 1981 bis zu seinem Ausscheiden im Jahr 1986 zu erhöhen. § 3 Abs. 1 der RL GHH-Verband knüpft für die Höhe der Altersversorgung ausschließlich an den zugesagten Versorgungsbetrag an und nicht an andere - ggf. außerhalb der RL GHH-Verband niedergelegte - Berechnungsfaktoren. Aus dem „Merkblatt zur Herleitung des Versorgungsbetrages“ folgt nichts anderes. Dieses diente lediglich dazu, den Kläger in die Lage zu versetzen, den von der F H GmbH in der Versorgungszusage ausgewiesenen Versorgungsbetrag nachvollziehen zu können. Dies ergibt sich aus dem Merkblatt selbst, in dem es heißt:

        

„Nachfolgend zeigen wir Ihnen auf, wie Sie den in unserer Versorgungszusage ausgewiesenen VERSORGUNGSBETRAG selbst herleiten können aus den im Zusageschreiben gleichfalls angegebenen Daten.

        

…“    

34

bb) Die fiktive monatliche Vollrente des Klägers iHv. 503,62 Euro ist nach § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG aF entsprechend der tatsächlichen Betriebszugehörigkeit des Klägers zur möglichen Betriebszugehörigkeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres des Klägers am 17. März 2008 zu kürzen. Hieraus errechnet sich ein monatlicher Betriebsrentenanspruch iHv. 232,27 Euro.

35

(1) Die tatsächliche Betriebszugehörigkeit des Klägers vom 1. Juni 1968 bis zum 9. September 1986 beträgt 220 Monate. Die mögliche Betriebszugehörigkeit des Klägers bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres am 17. März 2008 beläuft sich auf 477 Monate. Hieraus errechnet sich ein Unverfallbarkeitsfaktor von 0,4612. In Anwendung dieses Faktors auf den zugesagten Versorgungsbetrag iHv. 503,62 Euro monatlich ergibt sich eine monatliche Betriebsrente iHv. 232,27 Euro (= 503,62 Euro x 0,4612).

36

(2) Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten ist die fiktive Vollrente des Klägers iHv. monatlich 503,62 Euro nicht auf 194,26 Euro zu kürzen. Unabhängig davon, dass diese Berechnung nicht den gesetzlichen Vorgaben und damit auch nicht den Vorgaben in § 12 Abs. 2 der RL GHH-Verband entspricht, kommt eine Kürzung auf 194,26 Euro schon deshalb nicht in Betracht, da dieser Betrag den Betrag unterschreitet, hinsichtlich dessen die Anwartschaft des Klägers nach § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG aF zwingend(vgl. § 17 Abs. 3 Satz 3 BetrAVG)aufrechterhalten blieb.

37

3. Die Beklagte ist nicht berechtigt, die Zahlung der dem Kläger zustehenden Versorgungsleistungen mit der Begründung zu verweigern, der Kläger habe im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses Handlungen begangen, die in grober Weise gegen Treu und Glauben verstoßen und eine fristlose Kündigung gerechtfertigt hätten; hierdurch sei der H H GmbH ein erheblicher materieller Schaden entstanden. Eine solche Befugnis ergibt sich entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht aus § 13 Abs. 1 Buchst. d der RL GHH-Verband, in dem sich das Unternehmen vorbehalten hat, die zugesagten Versorgungsleistungen zu ändern, zu kürzen oder einzustellen, wenn der Mitarbeiter oder Leistungsempfänger Handlungen begeht, die in grober Weise gegen Treu und Glauben verstoßen oder zu einer fristlosen Kündigung berechtigen würden. § 13 Abs. 1 Buchst. d der RL GHH-Verband enthält lediglich einen deklaratorischen Hinweis auf den Rechtsmissbrauchseinwand nach § 242 BGB. Die Berufung des Klägers auf das Versorgungsversprechen ist jedoch nicht rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB). Dies hat das Landesarbeitsgericht verkannt.

38

a) Es kann dahinstehen, ob von dem Vorbehalt in § 13 Abs. 1 Buchst. d der RL GHH-Verband, der nach seinem Wortlaut nur die Änderung, die Kürzung und die Einstellung der zugesagten Versorgungsleistungen erlaubt, auch die vollständige Verweigerung der Leistungen erfasst ist. Aufgrund des Entgeltcharakters der betrieblichen Altersversorgung und des besonderen Schutzbedürfnisses der Versprechensempfänger, das eine starke Verfestigung bereits der Anwartschaften auf Pensionsleistungen zur Folge hat, kommt eine Versagung von Versorgungsleistungen wegen Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers nach ständiger Rechtsprechung des Senats nur in Betracht, wenn die Berufung des Versorgungsberechtigten auf die Versorgungszusage dem durchgreifenden Rechtsmissbrauchseinwand (§ 242 BGB) ausgesetzt ist (vgl. zuletzt BAG 12. November 2013 - 3 AZR 274/12 - Rn. 26; 13. November 2012 - 3 AZR 444/10 - Rn. 30, BAGE 143, 273). Deshalb kann sich der Arbeitgeber trotz eines Widerrufsvorbehalts von der dem Arbeitnehmer erteilten Versorgungszusage wegen Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers nur dann „lösen“ und die Leistung verweigern, wenn das Versorgungsverlangen des Arbeitnehmers rechtsmissbräuchlich ist. Da sich der Arbeitgeber mittels eines Widerrufsvorbehalts demnach nicht unter erleichterten Voraussetzungen von der erteilten Versorgungszusage befreien kann, als dies nach den allgemeinen Grundsätzen des Rechtsmissbrauchs gemäß § 242 BGB möglich ist(vgl. etwa BAG 8. Mai 1990 - 3 AZR 152/88 - zu III 1 der Gründe; 3. April 1990 - 3 AZR 211/89 - zu II 1 der Gründe, BAGE 64, 298; 8. Februar 1983 - 3 AZR 463/80 - zu 1 der Gründe, BAGE 41, 333; 11. Mai 1982 - 3 AZR 1239/79 - zu 1 der Gründe), ist ein vertraglicher Widerrufsvorbehalt regelmäßig als nur deklaratorischer Hinweis auf den Rechtsmissbrauchseinwand zu verstehen (vgl. etwa BAG 3. April 1990 - 3 AZR 211/89 - zu II 1 der Gründe, aaO).

39

b) Das Versorgungsverlangen des Klägers ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht rechtsmissbräuchlich.

40

Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Rechtsmissbrauchseinwand sei gerechtfertigt, da der Inhalt des Aufhebungsvertrages es wahrscheinlich erscheinen lasse, dass ein wichtiger Grund für die außerordentliche Kündigung vorgelegen habe; jedenfalls sei ein wichtiger Grund für die außerordentliche Kündigung wegen der Vermutungswirkung des § 7 KSchG anzunehmen. Dabei hat das Landesarbeitsgericht nicht berücksichtigt, dass allein das Vorliegen eines wichtigen Grundes für eine außerordentliche Kündigung den Rechtsmissbrauchseinwand gegenüber dem Versorgungsverlangen nicht begründen kann.

41

aa) Der Rechtsmissbrauchseinwand kann gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitnehmer die Unverfallbarkeit seiner Versorgungsanwartschaft nur durch Vertuschung schwerer Verfehlungen erschlichen hat. Das ist anzunehmen, wenn eine rechtzeitige Entdeckung derartiger Verfehlungen zur fristlosen Kündigung geführt hätte, bevor die Versorgungsanwartschaft unverfallbar wurde und der Arbeitnehmer den Arbeitgeber durch die Vertuschung des Fehlverhaltens daran gehindert hat, noch vor Eintritt der Unverfallbarkeit zu kündigen (BAG 13. November 2012 - 3 AZR 444/10 - Rn. 47, BAGE 143, 273).

42

Der Rechtsmissbrauchseinwand kann auch dann gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber durch grobes Fehlverhalten einen nicht behebbaren, insbesondere durch Ersatzleistungen nicht wiedergutzumachenden schweren Schaden zugefügt hat (BAG 12. November 2013 - 3 AZR 274/12 - Rn. 27; 13. November 2012 - 3 AZR 444/10 - Rn. 35, BAGE 143, 273). Stützt sich der Arbeitgeber auf die Verursachung eines Vermögensschadens durch den Arbeitnehmer, ist das Versorgungsverlangen des Arbeitnehmers allerdings nur dann rechtsmissbräuchlich, wenn dieser seine Pflichten in grober Weise verletzt und dem Arbeitgeber hierdurch einen existenzgefährdenden Schaden zugefügt hat. Führen die vom Arbeitnehmer verursachten Vermögensschäden hingegen nicht zu einer Gefährdung der wirtschaftlichen Grundlage des Arbeitgebers, sind dessen Interessen mit der Möglichkeit, den Arbeitnehmer auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen, hinreichend gewahrt (vgl. BAG 12. November 2013 - 3 AZR 274/12 - Rn. 27; 13. November 2012 - 3 AZR 444/10 - Rn. 30 ff., aaO).

43

bb) Danach ist das Versorgungsverlangen des Klägers nicht rechtsmissbräuchlich.

44

Die Beklagte hat nicht vorgetragen, dass der Kläger die Unverfallbarkeit seiner Versorgungsanwartschaft nur durch Vertuschung schwerer Verfehlungen erschlichen hat. Sie hat weder dargelegt, ob und ggf. welche konkreten Pflichtverletzungen der Kläger vor Eintritt der Unverfallbarkeit seiner Anwartschaft am 1. Juni 1980 begangen haben soll, noch hat sie dargetan, dass der Kläger die H H GmbH durch Vertuschung seines Fehlverhaltens daran gehindert hat, das Arbeitsverhältnis noch vor Eintritt der Unverfallbarkeit zu kündigen.

45

Die Beklagte hat sich lediglich auf schwere Pflichtverletzungen des Klägers berufen und geltend gemacht, der H H GmbH sei infolge eines Fehlverhaltens des Klägers ein erheblicher materieller Schaden entstanden. Sie hat aber weder das angebliche Fehlverhalten des Klägers näher dargelegt noch behauptet, der H H GmbH sei ein existenzgefährdender Schaden zugefügt worden.

46

Dass die Beklagte über die behaupteten Pflichtverletzungen des Klägers, den Zeitpunkt ihrer Begehung und das Ausmaß des der H H GmbH zugefügten Schadens keine näheren Kenntnisse hat und deshalb zu einem substantiierten Vortrag nicht in der Lage ist, entlastet sie nicht. Nach den allgemeinen Regeln der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast trägt derjenige, der den Einwand des Rechtsmissbrauchs geltend macht, die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen dieser rechtsvernichtenden Einwendung.

47

Da allein ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung zur Begründung des Rechtsmissbrauchseinwands nicht genügt, kommt es auf die Frage, ob sich die Fiktionswirkung des § 7 KSchG auch auf das Vorliegen eines Kündigungsgrundes erstreckt(dagegen BAG 9. Februar 2011 - 7 AZR 91/10 - Rn. 59 mwN), nicht an.

48

4. Dem Anspruch des Klägers steht nicht entgegen, dass dieser in § 3 des Aufhebungsvertrages vom 16. Dezember 1986 unwiderruflich auf die Geltendmachung von Ansprüchen aus der betrieblichen Altersversorgung verzichtet hat. Die in § 3 des Aufhebungsvertrages vom 16. Dezember 1986 getroffene Vereinbarung ist wegen Verstoßes gegen § 3 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG in der bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung (aF) unwirksam.

49

a) § 3 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG aF regelt die Möglichkeit der Abfindung einer fortbestehenden Versorgungsanwartschaft. Danach soll eine Abfindung nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Unternehmen nur unter eng begrenzten Voraussetzungen möglich sein. Um den Versorgungszweck nicht zu gefährden, sollen nur kleinere Anwartschaften abgefunden werden können (vgl. BT-Drs. 7/1281 vom 26. November 1973 S. 27 f.). Deshalb erlaubt § 3 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG aF die Abfindung einer unverfallbaren Versorgungsanwartschaft durch eine einmalige Zahlung nur dann, wenn der Arbeitnehmer zustimmt und die Anwartschaft auf einer Versorgungszusage beruht, die weniger als zehn Jahre vor dem Ausscheiden gegeben wurde.

50

Über seinen Wortlaut hinaus verbietet § 3 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG aF nicht nur die Abfindung einer unverfallbaren Versorgungsanwartschaft durch eine einmalige Zahlung, sondern auch einen entschädigungslosen Erlass der Versorgungsanwartschaft in Vereinbarungen, die im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses getroffen wurden(vgl. BAG 14. Juni 2005 - 3 AZR 185/04 - zu II 4 der Gründe; 21. Januar 2003 - 3 AZR 30/02 - zu II 2 der Gründe; 20. Oktober 1987 - 3 AZR 200/86 - zu III 3 der Gründe, BAGE 56, 251; 22. September 1987 - 3 AZR 194/86 - zu I 3 c der Gründe, BAGE 56, 148).

51

b) Danach ist die in § 3 des Aufhebungsvertrages vom 16. Dezember 1986 getroffene Vereinbarung wegen Verstoßes gegen § 3 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG aF unwirksam.

52

aa) Die F H GmbH hatte dem Kläger mit Schreiben vom 29. Dezember 1975 und damit mehr als zehn Jahre vor seinem Ausscheiden mit Ablauf des 9. September 1986 eine Versorgungszusage erteilt. Darauf, ob die H H GmbH im Gegenzug für den vom Kläger in § 3 des Aufhebungsvertrages erklärten „Verzicht“ auf die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen ihrerseits verzichtet haben und der Kläger deshalb für seinen Verzicht eine Kompensation erhalten haben sollte, kommt es nicht an.

53

bb) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist § 3 des Aufhebungsvertrages nicht als Tatsachenvergleich zu verstehen, der vom Verbot des § 3 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG aF nicht erfasst würde.

54

Zwar hat der Senat in dem Urteil vom 23. August 1994 (- 3 AZR 825/93 -) erkannt, dass ein (gerichtlicher) Vergleich über die tatsächlichen Voraussetzungen eines Anspruchs auf betriebliche Altersversorgung nicht gegen § 3 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG verstößt, wenn die Parteien hierüber zuvor ohne abschließende Klärung gestritten haben. Es kann dahinstehen, ob zu einem Streit über die tatsächlichen Voraussetzungen auf betriebliche Altersversorgung auch ein Streit über die tatsächlichen Voraussetzungen des den Anspruch vernichtenden Rechtsmissbrauchseinwands zählt. Auch wenn dies der Fall sein sollte, handelte es sich bei der Regelung in § 3 des Aufhebungsvertrages nicht um einen Tatsachenvergleich. Nach dem Wortlaut des Aufhebungsvertrages vom 16. Dezember 1986 haben sich die Vertragsparteien nicht darüber verständigt, dass bestimmte Voraussetzungen für Ansprüche des Klägers auf Versorgungsleistungen nicht vorliegen oder das Versorgungsverlangen des Klägers rechtsmissbräuchlich ist. Vielmehr haben sie ausdrücklich einen Verzicht vereinbart. Aus der Aufhebungsvereinbarung selbst lässt sich auch nicht entnehmen, dass der Kläger und die H H GmbH darüber gestritten hätten, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Entstehung eines Anspruchs auf eine Altersrente nach den RL GHH-Verband erfüllt waren oder ein etwaiger Anspruch untergegangen ist. Aus dem Schreiben der Zentralleitung Personal der H H GmbH an die Mitarbeiterin S vom 10. Dezember 1986 ergibt sich entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten nichts anderes. In diesem Schreiben wurde die Mitarbeiterin S zwar unter Hinweis darauf, der arbeitsrechtliche Vergleich mit dem Kläger beinhalte, dass dessen Anspruch auf betriebliche Altersversorgung verwirkt sei, gebeten, die für den Kläger gebildete Rückstellung für die Altersversorgung aufzulösen. Bei diesem Schreiben handelt es sich jedoch um eine unternehmensinterne Anweisung, die ausschließlich die Bewertung des Inhalts des vom Kläger in der Aufhebungsvereinbarung erklärten Verzichts durch die H H GmbH wiedergibt. Sie ist weder an den Kläger gerichtet noch hat die Beklagte vorgetragen, dass der Kläger von diesem Schriftstück Kenntnis hatte. Dieses Schreiben gibt daher allenfalls wieder, wie die H H GmbH § 3 des Aufhebungsvertrages verstanden hat; daraus ergibt sich jedoch nicht, dass dies auch für den Kläger erkennbar war und dass die mögliche Rechtsmissbräuchlichkeit seines Versorgungsverlangens überhaupt Gegenstand der Verhandlungen über den Abschluss des Aufhebungsvertrages war. § 3 des Aufhebungsvertrages kann daher nicht dahin ausgelegt werden, dass sich die Vertragsparteien darauf geeinigt haben, dass das Versorgungsverlangen des Klägers rechtsmissbräuchlich ist.

55

Diese Auslegung des Aufhebungsvertrages, die das Landesarbeitsgericht unterlassen hat, kann der Senat selbst vornehmen. Zwar obliegt die Auslegung nichttypischer Willenserklärungen in erster Linie dem Gericht der Tatsacheninstanz. Das Revisionsgericht kann eine unterbliebene Auslegung jedoch selbst vornehmen, wenn der für die Auslegung maßgebliche Sachverhalt feststeht und kein weiteres tatsächliches Vorbringen zu erwarten ist (vgl. etwa BAG 4. Mai 2010 - 9 AZR 184/09 - Rn. 52, BAGE 134, 202; 11. Juli 2007 - 7 AZR 501/06 - Rn. 39). So verhält es sich hier.

56

5. Das Versorgungsverlangen des Klägers stellt sich nicht unter dem Gesichtspunkt widersprüchlichen Verhaltens als unzulässige Rechtsausübung nach § 242 BGB dar.

57

a) Die Rechtsordnung lässt widersprüchliches Verhalten grundsätzlich zu. Widersprüchliches Verhalten ist nur dann rechtsmissbräuchlich, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen wurde oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen (vgl. BAG 12. November 2013 - 3 AZR 274/12 - Rn. 36 mwN).

58

b) Die H H GmbH und die Beklagte konnten aus der in § 3 des Aufhebungsvertrages getroffenen Vereinbarung nach Treu und Glauben nicht den Schluss ziehen, der Kläger werde bei Eintritt des Versorgungsfalls seine Betriebsrentenansprüche nicht geltend machen. Der in § 3 des Aufhebungsvertrages erklärte Verzicht auf die Geltendmachung von Ansprüchen auf betriebliche Altersversorgung ist wegen Verstoßes gegen § 3 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG aF unwirksam. Deshalb konnte bei der H H GmbH und der Beklagten von vornherein kein schutzwürdiges Vertrauen darauf entstehen, die dem Kläger zugesagten Leistungen bei Eintritt des Versorgungsfalls nicht erbringen zu müssen.

59

6. Andere besondere Umstände, die die Rechtsausübung des Klägers als treuwidrig erscheinen lassen könnten, sind nicht ersichtlich. Insbesondere verstößt das Versorgungsverlangen des Klägers auch dann nicht gegen Treu und Glauben, wenn die in § 5 des Aufhebungsvertrages vereinbarte Ausgleichsklausel, die auch Schadensersatzansprüche der H H GmbH gegenüber dem Kläger erfasst, nur vor dem Hintergrund des in § 3 des Aufhebungsvertrages erklärten Verzichts vereinbart worden sein sollte. In diesem Fall könnte die Beklagte zwar gegebenenfalls wegen Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) eine Anpassung des Aufhebungsvertrages verlangen. Eine Anpassung des Aufhebungsvertrages an die geänderten Verhältnisse könnte sich jedoch nur auf die in § 5 des Aufhebungsvertrages vereinbarte Ausgleichsklausel auswirken und der Beklagten die Möglichkeit eröffnen, den Kläger auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen; an ihrer Verpflichtung, an den Kläger die nach den RL GHH-Verband geschuldete Betriebsrente zu zahlen, würde eine Störung der Geschäftsgrundlage hingegen nichts ändern.

60

7. Der Kläger hat seinen Anspruch auf Versorgungsleistungen entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht nach § 242 BGB verwirkt.

61

a) Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung. Durch die Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie dient dem Vertrauensschutz. Deshalb kann allein der Zeitablauf nicht zur Verwirkung eines Rechts führen. Zu dem Zeitmoment müssen vielmehr besondere Umstände sowohl im Verhalten des Berechtigten als auch des Verpflichteten hinzutreten (Umstandsmoment), die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen. Dabei muss der Berechtigte unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erwecken konnten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (BAG 10. Dezember 2013 - 3 AZR 832/11 - Rn. 73 mwN).

62

b) Vorliegend fehlt es jedenfalls am Umstandsmoment. Der Kläger musste entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht zu einem früheren Zeitpunkt klarstellen, dass er trotz des in § 3 des Aufhebungsvertrages erklärten Verzichts die ihm zugesagten Leistungen beanspruchen würde. Aufgrund der Unwirksamkeit des Verzichts nach § 3 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG aF durften die H H GmbH und die Beklagte von vornherein nicht darauf vertrauen, nicht auf Zahlung der vereinbarten Versorgungsleistungen in Anspruch genommen zu werden.

63

8. Die Ansprüche des Klägers sind nicht - auch nicht teilweise - verjährt.

64

a) Gemäß § 18a Satz 1 BetrAVG verjährt der Anspruch auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung in 30 Jahren. Mit dieser Bestimmung ist allerdings nur der Versorgungsanspruch als solcher, dh. das Rentenstammrecht, gemeint (vgl. BAG 26. Mai 2009 - 3 AZR 797/07 - Rn. 42). Der Beginn der Verjährung des Rentenstammrechts, auf dem der Anspruch auf die laufenden Leistungen beruht, richtet sich gemäß § 200 BGB nach dem Zeitpunkt der Entstehung. Dies ist der Tag, an dem erstmals auf dem Rentenstammrecht beruhende Ansprüche geltend gemacht werden können, mithin der Eintritt des Versorgungsfalls (Rolfs in Blomeyer/Rolfs/Otto BetrAVG 5. Aufl. § 18a Rn. 4). Der Versorgungsfall ist beim Kläger am 17. März 2008 eingetreten. Die 30-jährige Verjährungsfrist war daher bei Zustellung der Klage noch nicht abgelaufen.

65

b) Ansprüche auf laufende Versorgungsleistungen unterliegen der regelmäßigen Verjährungsfrist nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs, § 18a Satz 2 BetrAVG, und damit der Verjährungsfrist von drei Jahren nach § 195 BGB. Diese Frist war im Zeitpunkt der Zustellung der Klageerweiterung am 12. Dezember 2011, mit der der Kläger die bezifferte Zahlung rückständiger Betriebsrente für die Zeit von März 2008 bis Dezember 2011 geltend gemacht hatte, noch nicht abgelaufen. Der Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist richtet sich nach § 199 Abs. 1 BGB. Nach dieser Bestimmung beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste. Danach hatte die Verjährungsfrist für die Ansprüche auf rückständige Betriebsrente für das Jahr 2008 zum Ende des Jahres 2008, für die Ansprüche auf rückständige Betriebsrente für das Jahr 2009 mit Ende des Jahres 2009, für die Ansprüche auf rückständige Betriebsrente für das Jahr 2010 mit Ende des Jahres 2010 und für die Ansprüche auf rückständige Betriebsrente für das Jahr 2011 mit Ende des Jahres 2011 zu laufen begonnen. Die dreijährige Verjährungsfrist war daher hinsichtlich sämtlicher Ansprüche am 12. Dezember 2011 nicht abgelaufen.

66

II. Der Zinsanspruch folgt aus § 286 Abs. 1 und Abs. 2, § 288 Abs. 1 BGB.

67

Gemäß § 8 der RL GHH-Verband wurden die Ansprüche des Klägers auf rückständige Betriebsrente für die Monate Januar bis März eines Kalenderjahres am 15. Februar des Jahres, die Ansprüche für April bis Juni eines Kalenderjahres am 15. Mai des Jahres, die Ansprüche für Juli bis September eines Kalenderjahres am 15. August des Jahres und die Ansprüche für die Monate Oktober bis Dezember eines Kalenderjahres am 15. November des Jahres fällig. Für den Anspruch des Klägers auf rückständige Betriebsrente für den Monat März 2008 gilt hiervon abweichend der 15. Mai 2008 als Fälligkeitstermin. Gemäß § 9 Abs. 1 der RL GHH-Verband werden Versorgungsleistungen erst ab dem Monat gezahlt, in dem der Versorgungsfall eingetreten ist.

68

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, § 91 Abs. 1 ZPO.

        

    Gräfl    

        

    Schlewing    

        

    Spinner    

        

        

        

    Heuser    

        

    Busch    

                 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 15. Juni 2011 - 3 Sa 1558/10 - wird zurückgewiesen.

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 15. Juni 2011 - 3 Sa 1558/10 - insoweit aufgehoben, als es die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 1. Dezember 2010 - 9 Ca 8561/07 - zurückgewiesen und der Berufung des Klägers teilweise stattgegeben hat.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 1. Dezember 2010 - 9 Ca 8561/07 - unter vollständiger Zurückweisung der Berufung des Klägers - teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe der dem Kläger zustehenden Betriebsrente.

2

Der am 10. März 1944 geborene Kläger war vom 1. Januar 1969 bis zum 30. September 1994 bei der Beklagten beschäftigt. Seit dem 1. April 1983 war er als Vorsitzender des bei der Beklagten gebildeten Betriebsrats nach § 38 BetrVG von der Arbeitsleistung freigestellt. Sein Grundgehalt betrug zuletzt monatlich 6.599,00 DM. Hinzu kamen zwei außertarifliche Zulagen iHv. monatlich 300,00 DM und 171,00 DM. Außerdem bezog er monatlich 78,00 DM vermögenswirksame Leistungen. In den Jahren 1992 und 1993 erhielt der Kläger jeweils im November eine Zahlung iHv. 7.070,00 DM.

3

Seit dem 1. April 2007 bezieht der Kläger eine gesetzliche Altersrente als Vollrente für langjährig Versicherte und von der Beklagten eine zusätzliche Altersrente nach den Richtlinien für die Betriebliche Altersversorgung (Fassung vom 6. Mai 1968) für Arbeiter und Angestellte (im Folgenden: Richtlinien 68). Die Richtlinien 68 bestimmen ua.:

        

„I.     

Art der Versorgungsleistungen

                 

Wir gewähren nach Erfüllung der Wartezeit

                 

…       

                 

2.    

Altersrente

                 

…       

        
        

II.     

Wartezeit

                 

Die Wartezeit ist erfüllt, wenn der Arbeiter oder Angestellte eine anrechnungsfähige Dienstzeit von 10 Jahren in unserem Unternehmen abgeleistet hat. …

        

III.   

Anrechnungsfähige Dienstzeit

                 

Anrechnungsfähig sind solche Dienstjahre, die der Arbeiter oder Angestellte nach Vollendung seines 20. Lebensjahres und vor Vollendung seines 65. Lebensjahres ununterbrochen in unserem Unternehmen abgeleistet hat. Angefangene Dienstjahre mit einer anrechnungsfähigen Beschäftigungszeit von weniger als 6 Monaten bleiben unberücksichtigt, es sei denn, daß der Arbeiter oder Angestellte dieses Dienstjahr noch voll ableistet. Angefangene Dienstjahre mit einer anrechnungsfähigen Beschäftigungszeit von mehr als 6 Monaten gelten als volle Jahre.

                          
        

IV.     

Voraussetzungen für die einzelnen Leistungsarten

                 

Es werden gewährt

                 

…       

                 

2.    

Altersrente,

                          

wenn der Arbeiter oder Angestellte nach Vollendung seines 65. Lebensjahres aus unserem Unternehmen ausscheidet.

                 

…       

        
        

VI.     

Zahlungsweise

                 

Die Renten werden monatlich nachträglich gezahlt.

        

…       

        
        

VIII. 

Höhe der Leistungen

        

…       

        
        

B)    

Bei Angestellten:

                 

1. a) 

Die Erwerbsunfähigkeits- und Altersrente beträgt bei Ablauf der Wartezeit monatlich 15 % des letzten Grundgehaltes und steigt für jedes nach Erfüllung der Wartezeit im Unternehmen abgeleistete anrechnungsfähige Dienstjahr um monatlich 1 % des letzten Grundgehaltes. Zum Grundgehalt rechnen auch die darüberhinausgehenden, regelmäßigen monatlichen Bezüge; jedoch nicht fallweise bezahlte Überstunden, Sondervergütungen, Abschlußvergütungen, Weihnachtsvergütungen und ähnliche nicht regelmäßige Bezüge.

                 

…       

        
                 

2. a) 

Die Bezüge des Angestellten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und der betrieblichen Versorgung werden durch Kürzung der Betriebsrente wie folgt begrenzt: Bei einer Dienstzeit bis zu 25 Jahren auf 65 % des letzten Grundgehaltes. Für jedes weitere Dienstjahr erhöht sich dieser Prozentsatz um 0,75 % bis zu höchstens 80 % bei 45 Dienstjahren. Bezüge des Angestellten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die auf freiwilliger Höherversicherung oder freiwilliger Weiterversicherung beruhen, bleiben unberücksichtigt.

                 

b)    

Unabhängig von der Bestimmung in 2 a) wird die betriebliche Rente in jedem Falle mit einem Mindestrentenbetrag in Höhe von 40 % der gemäß 1) ermittelten Erwerbsunfähigkeits- oder Altersrente gewährt.

                 

…       

        
        

X.    

Wegfall von Ansprüchen

                 

Scheidet ein Begünstigter aus unserem Unternehmen aus, ohne daß ein Leistungsfall gegeben ist, so erlischt jeder Anspruch aus dieser Zusage.“

4

In einem von der Beklagten und dem Betriebsrat unterschriebenen Aushang vom 10. Dezember 1986 wurde Folgendes bekannt gegeben:

        

„Gewährung von Betriebsrenten

        

Die C GmbH gewährt abweichend vom Wortlaut der Altersversorgungszusagen die Firmenrente auch schon vor dem Erreichen des 65. Lebensjahres, ohne versicherungsmathematische Abschläge vorzunehmen. Im Rahmen der steuerlichen Betriebsprüfung ist verlangt worden, die Altersversorgungszusagen entsprechend zu ändern. Aus diesem Grunde werden die Richtlinien für die betriebliche Altersversorgung in den Fassungen vom 6. Mai 1968 und 1. Januar 1974 wie folgt ergänzt:

                 

IV. 2.

‚Die Altersrente wird gezahlt, wenn der Mitarbeiter nach Vollendung des 65. Lebensjahres aus dem Dienstverhältnis mit der C ausscheidet.

                          

Sie wird auch gezahlt, wenn der Mitarbeiter vorher ausscheidet und Altersruhegeld oder vorgezogenes Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht. In diesen Fällen werden keine versicherungsmathematischen Abschläge vorgenommen.‘

        

…“    

                 
5

Anfang des Jahres 1990 erhielten sämtliche Mitarbeiter der Beklagten einschließlich des Klägers ein vom Betriebsrat mitunterzeichnetes Schreiben vom 30. Januar 1990, in dem darauf hingewiesen wurde, dass die zwischenzeitliche Entwicklung der Steuern und Sozialabgaben dazu geführt habe, dass bei der betrieblichen Altersversorgung eine Überversorgung eingetreten sei. Die Mitarbeiter wurden deshalb gebeten, zuzustimmen, dass die ab dem 1. Januar 1990 neu gewährten übertariflichen Zulagen nicht zum pensionsfähigen Einkommen gehören und bei der Berechnung der Betriebsrente nicht berücksichtigt werden. Auch der Kläger erklärte die erbetene Zustimmung.

6

Im Jahr 1992 fanden zwischen dem Kläger und dem damaligen Geschäftsführer der Beklagten im Hinblick auf § 37 Abs. 4 BetrVG Gespräche über seine berufliche Entwicklung und Vergütung statt. In einem Schreiben vom 20. Januar 1993 teilte der Kläger dem damaligen Geschäftsführer ua. mit:

        

„Betreff: Meine Bezüge

        

…       

        

Sehr geehrter Herr Dr. B,

        

bezugnehmend auf unsere mündliche Unterredung vom Oktober 1992, in der Sie mich aufforderten Überlegungen zu formulieren, wie meine berufliche Entwicklung unter der Annahme einer nicht erfolgten Freistellung als Betriebsratsmitglied verlaufen sein könnte, nehme ich wie folgt Stellung.

        

…       

        

Mit der von Ihnen vorgeschlagenen und im November 1992 durchgeführten Regelung

        

-       

Zahlung eines zusätzlichen Gehaltes wäre ich für die Zukunft einverstanden. Dies entspricht bei Abwägung aller Überlegungen meinen Vorstellungen.

        

Hierbei bitte ich Sie um Beachtung folgender Punkte:

        

a)    

Das im November zusätzlich gezahlte Gehalt gilt rückwirkend für das laufende Jahr.

        

b)    

Die Zahlungen im Monat November

                 

-       

Aufwandsentschädigung (DM 3.000,-)

                 

-       

zusätzliches Gehalt (z.Zt. 7.070,-)

        

werden bei allen gehaltsabhängigen Leistungen zu 1/12 dem normalen Monatseinkommen zugerechnet. Dies gilt nicht für die betriebl. Altersversorgung.“

7

Am 4. Dezember 1993 fasste eine betriebliche Einigungsstelle zur Änderung der betrieblichen Altersversorgung bei der Beklagten folgenden Spruch:

        

SPRUCH

        

Die Berechnungsvorschrift in Abschnitt VIII B Ziff. 2a der ‚Richtlinien für die Betriebliche Altersversorgung (Fassung vom 6. Mai 1968) für Arbeiter und Angestellte (TA)‘ wird wie folgt geändert:

        

2.a)   

Die Bezüge der Angestellten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und der betrieblichen Versorgung werden durch Kürzung der Betriebsrente wie folgt begrenzt:

                 

Bei einer Dienstzeit bis zu 25 Jahren auf 59% des letzten Grundgehaltes. Für jedes weitere Dienstjahr erhöht sich dieser Prozentsatz um 0,6% bis zu höchstens 71% bei 45 Dienstjahren. Bezüge der Angestellten aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die auf freiwilliger Höherversicherung oder freiwilliger Weiterversicherung beruhen, bleiben unberücksichtigt.

        

b)    

Unabhängig von der Bestimmung in 2.a) wird die betriebliche Rente in jedem Falle mit einem Mindestrentenbetrag in Höhe von 40% der gemäß 1. ermittelten Erwerbsunfähigkeits- oder Altersrente gewährt; sie darf jedoch zusammen mit der Sozialversicherungsrente 100% des pensionsfähigen Nettoentgelts nicht überschreiten.

        

…“    

        
8

Begründet wurde der Spruch der Einigungsstelle ua. mit der eingetretenen planwidrigen Überversorgung, wodurch die Geschäftsgrundlage der Richtlinien 68 weggefallen sei.

9

Mit Schreiben vom 3. März 1999 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die für den Versorgungsfall Vollendung des 65. Lebensjahrs berechnete unverfallbare Anwartschaft 840,00 DM brutto monatlich betrage und eine erneute Berechnung erfolgen müsse, wenn sich der unterstellte Zeitpunkt des Eintritts des Versorgungsfalls ändern sollte. Aus den beigefügten Unterlagen ergibt sich, dass die Beklagte von einem pensionsfähigen Entgelt von 6.899,00 DM ausgegangen ist, sie bei der Ermittlung der Altersrente eine anrechenbare Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bei Vollendung des 65. Lebensjahrs zugrunde gelegt hat und sie die fiktive, bei einer Betriebszugehörigkeit bis zum 65. Lebensjahr erreichbare Betriebsrente im Verhältnis der tatsächlich zurückgelegten 25,75 Dienstjahre zu den bis zur Vollendung des 65. Lebensjahrs möglichen 40,194 Dienstjahren gekürzt hat.

10

Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 9. November 1999 (- 3 AZR 502/98 -) in einem zwischen der Beklagten und einem ihrer ehemaligen Mitarbeiter geführten Rechtsstreit entschieden, dass die Beklagte aufgrund des Spruchs der Einigungsstelle vom 4. Dezember 1993 trotz der anderslautenden ausdrücklichen Vereinbarung aus dem Jahr 1990 verpflichtet sei, die seit dem 1. Januar 1990 neu gezahlte monatliche tarifliche Zulage beim ruhegeldfähigen Grundgehalt zu berücksichtigen.

11

Mit Schreiben vom 7. November 2000 teilte die Beklagte dem Kläger Folgendes mit:

        

„Neuberechnung Anwartschaft

        

Sehr geehrter Herr J,

        

nachdem uns aus einem Rechtsstreit ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts vorliegt, nach dem die nichtpensionsfähigen Zulagen bei der Berechnung der Werksrente zu berücksichtigen sind, haben wir uns in Ihrem Fall entschlossen, die BAG-Rechtsgrundsätze anzuwenden und übersenden Ihnen eine Neuberechnung Ihrer Anwartschaft.

        

Die Anwartschaft beträgt bei Vollendung des 65. Lebensjahres 914,00 DM monatlich brutto. Sollte der Versorgungsfall zu einem früheren Zeitpunkt eintreten, muß die Anwartschaft neu gerechnet werden.

        

…“    

12

Am 4. August 2004 teilte die Beklagte dem Kläger mit, seine Anwartschaft bei Vollendung des 63. Lebensjahrs betrage 483,17 Euro brutto monatlich; sollte der Versorgungsfall zu einem anderen Termin eintreten, müsse eine neue Berechnung der Anwartschaft erfolgen. Aus den beigefügten Berechnungsunterlagen ergibt sich, dass die Beklagte von einem ruhegeldfähigen Grundgehalt von 7.070,00 DM ausgegangen ist und bei der Ermittlung der Altersrente eine anrechenbare Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bei Eintritt des Versorgungsfalls am 1. April 2007 zugrunde gelegt hat. Die Beklagte hat bei den Berechnungen außerdem die zum 1. April 2007 ermittelte Altersrente im Verhältnis der tatsächlich geleisteten 25,75 Dienstjahre zu den bis zum Erreichen des 65. Lebensjahrs möglichen 40,1944 Dienstjahre gekürzt.

13

Mit Schreiben vom 6. Februar 2007 teilte die Beklagte dem Kläger Folgendes mit:

        

„Sehr geehrter Herr J,

        

gemäß Rentenbescheid erhalten Sie ab 01.04.2007 Altersrente für langjährige Versicherte. Ab diesem Zeitpunkt haben Sie Anspruch auf Zahlung Ihrer Firmenrente. Diese war gemäß § 2 Abs. 5 BetrAVG auf das 65. Lebensjahr berechnet worden. Nachdem der Versorgungsfall am 01.04.2007 eingetreten ist, wurde Ihre Firmenrente neu berechnet (s. Anlage).

        

Die Firmenrente in Höhe von 483,17 € brutto monatlich wird ab April 2007 zum Monatsende auf Ihr Konto überwiesen.

        

…“    

14

Die beigefügten Berechnungsunterlagen entsprechen inhaltlich den bereits dem Schreiben vom 4. August 2004 beigefügten Unterlagen.

15

Mit Schreiben vom 31. März 2007 verlangte der Kläger eine Altersrente iHv. 742,50 Euro monatlich.

16

Die Beklagte gewährte dem Kläger vom 1. April 2007 bis zum 31. August 2009 eine monatliche Altersrente iHv. 483,17 Euro. Seit dem 1. September 2009 zahlt sie nur noch eine monatliche Betriebsrente von 417,00 Euro. Die Reduzierung des Auszahlungsbetrags beruht darauf, dass die Beklagte nunmehr die anrechenbare Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung fiktiv auf die bei einer Inanspruchnahme ab der Vollendung des 65. Lebensjahrs erreichbare Rente hochrechnete und bei dieser Hochrechnung nicht mehr den vom Kläger vom Beginn seiner sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung bis zu seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten erzielten monatlichen Durchschnitt von Entgeltpunkten, sondern die Entgeltpunkte zugrunde legte, die sich ausgehend von seinem letzten Grundgehalt vor seinem vorzeitigen Ausscheiden zum 30. September 1994 ergeben.

17

Mit seiner am 16. Oktober 2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger eine monatliche Altersrente iHv. 742,50 Euro verlangt. Er hat geltend gemacht, bei der Berechnung seiner Altersrente sei von einem monatlichen Grundgehalt iHv. 7.737,13 DM auszugehen. Zusätzlich zu dem von der Beklagten zugrunde gelegten monatlichen Grundgehalt von 7.070,00 DM seien die vermögenswirksamen Leistungen iHv. monatlich 78,00 DM sowie 1/12 der in den Jahren 1992 und 1993 gewährten jährlichen Einmalzahlungen von 7.070,00 DM, mithin monatlich weitere 589,13 DM, zu berücksichtigen. Bei der Berechnung seiner Altersrente sei keine zeitanteilige Kürzung unter Zugrundelegung der möglichen Betriebszugehörigkeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahrs, sondern nur unter Zugrundelegung der möglichen Betriebszugehörigkeit bis zum Eintritt des Versorgungsfalls bei Vollendung des 63. Lebensjahrs vorzunehmen. Durch den Aushang vom 10. Dezember 1986 sei die feste Altersgrenze von 65 Jahren auf 63 Jahre herabgesetzt und zudem auf Abschläge verzichtet worden. Dementsprechend habe die Beklagte ihm mit den Schreiben vom 3. März 1999 und vom 4. August 2004 mitgeteilt, dass die zu zahlende Betriebsrente unter Berücksichtigung des Zeitpunkts des tatsächlichen Rentenbeginns berechnet werde. Die Beklagte habe weder beim Kläger noch bei anderen Mitarbeitern das 65. Lebensjahr unabhängig vom Renteneintrittsalter als feste Altersgrenze zugrunde gelegt; vielmehr sei stets das tatsächliche Alter beim individuellen Renteneintritt berücksichtigt worden. Bei der Berechnung der Altersrente sei auch nicht die fiktive, auf das 65. Lebensjahr hochgerechnete Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung anzurechnen, sondern nur die tatsächlich bezogene Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Danach errechne sich eine Anwartschaft iHv. 1.452,20 DM. Dies entspreche 742,50 Euro. Für den Zeitraum vom 1. April 2007 bis zum 31. August 2009 habe ihm die Beklagte daher monatlich 259,33 Euro und ab dem 1. September 2009 monatlich 325,50 Euro nachzuzahlen.

18

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.555,98 Euro nebst fünf Prozentpunkten an Zinsen über dem Basiszinssatz von 259,33 Euro monatlich, beginnend ab dem 1. Mai 2007 zu zahlen,

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.927,27 Euro nebst fünf Prozentpunkten an Zinsen über dem Basiszinssatz von jeweils 259,33 Euro beginnend ab dem 1. November 2007 zu zahlen,

        

3.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.037,32 Euro nebst fünf Prozentpunkten an Zinsen über dem Basiszinssatz von monatlich 259,33 Euro beginnend ab dem 1. Juni 2009 zu zahlen,

        

4.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.278,50 Euro nebst fünf Prozentpunkten an Zinsen über dem Basiszinssatz von monatlich 325,50 Euro beginnend ab dem 1. Oktober 2009 zu zahlen.

19

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

20

Das Arbeitsgericht hat der Klage in Höhe von 1.876,91 Euro stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Es ist dabei von einem Anspruch des Klägers auf eine Altersrente iHv. 522,44 Euro monatlich ausgegangen. Gegen das Urteil des Arbeitsgerichts haben beide Parteien im Umfang ihres jeweiligen Unterliegens Berufung eingelegt; der Kläger hat zudem klageerweiternd für die Zeit vom 1. März 2010 bis zum 31. März 2011 weitere 3.903,00 Euro zuzüglich Zinsen geltend gemacht. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat es das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und die Beklagte zur Zahlung von insgesamt 8.511,47 Euro zuzüglich Zinsen verurteilt. Dabei ist das Landesarbeitsgericht von einem Anspruch des Klägers auf eine Altersrente iHv. 634,30 Euro monatlich ausgegangen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine zuletzt gestellten Anträge im Umfang der Abweisung durch das Landesarbeitsgericht weiter; außerdem hat er seine Klage um die Zahlung von Differenzbeträgen für die Monate April 2011 bis Dezember 2011 iHv. insgesamt 2.929,50 Euro sowie um einen auf die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung einer über 417,00 Euro monatlich hinausgehenden weiteren Altersrente ab Januar 2012 iHv. 325,50 Euro monatlich gerichteten Antrag erweitert. Die Beklagte erstrebt mit ihrer Revision die vollständige Klageabweisung.

Entscheidungsgründe

21

Die Revision der Beklagten ist begründet. Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Die Klage ist insgesamt unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung einer 417,00 Euro übersteigenden monatlichen Altersrente.

22

I. Die Revisionen sind zulässig. Dies gilt auch für die vom Kläger in der Revision angebrachte Klageerweiterung, mit der er Zahlungsansprüche für die Zeit vom 1. April 2011 bis zum 31. Dezember 2011 iHv. 2.929,50 Euro zuzüglich Zinsen geltend gemacht hat und die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten begehrt, ihm ab Januar 2012 eine über 417,00 Euro monatlich hinausgehende Altersrente von 325,50 Euro zu zahlen.

23

Klageerweiterungen sind in der Revisionsinstanz zwar grundsätzlich unzulässig, weil die Entscheidung über einen geänderten Antrag in der Regel weitere tatsächliche Feststellungen erfordert und solche von einem Revisionsgericht aus prozessualen Gründen nicht getroffen werden können. Sie sind allerdings aus prozessökonomischen Gründen ausnahmsweise zulässig, wenn der neue Sachantrag sich auf den vom Landesarbeitsgericht festgestellten Lebenssachverhalt und den unstreitigen Parteivortrag stützt (vgl. BAG 11. Dezember 2012 - 3 AZR 611/10 - Rn. 14 mwN). Das ist vorliegend der Fall. Die Zahlungsansprüche für die Zeit vom 1. April 2011 bis zum 31. Dezember 2011 betreffen bei unveränderter Sachlage lediglich weitere inzwischen fällig gewordene monatliche Differenzbeträge. Über den Feststellungsantrag kann auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ebenfalls entschieden werden.

24

II. Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Revision der Beklagten ist begründet und führt zur teilweisen Aufhebung des angefochtenen Urteils, zur teilweisen Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung, soweit die Vorinstanzen der Klage stattgegeben haben, und zur vollständigen Abweisung der Klage. Die Klage ist insgesamt unbegründet. Der Kläger hat nach den Richtlinien 68 idF des Einigungsstellenspruchs vom 4. Dezember 1993 (im Folgenden: Richtlinien 93) keinen Anspruch auf eine höhere als die von der Beklagten gezahlte Altersrente von 417,00 Euro monatlich. Die Berechnung der Altersrente des vor dem Eintritt des Versorgungsfalls aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen, die Altersrente nach § 6 BetrAVG vorgezogen in Anspruch nehmenden Klägers richtet sich nach den allgemeinen Grundsätzen des Betriebsrentenrechts, da die Richtlinien 93 für die Ermittlung der vorgezogen in Anspruch genommenen Altersrente nach vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis keine Regelungen enthalten. Danach steht dem Kläger eine Altersrente iHv. 416,84 Euro monatlich zu. Da die Beklagte dem Kläger vom 1. April 2007 bis zum 31. August 2009 monatlich 483,17 Euro gezahlt hat und seit dem 1. September 2009 monatlich 417,00 Euro zahlt, hat er keine weitergehenden Ansprüche.

25

1. Der Kläger ist am 30. September 1994 vor dem Eintritt eines Versorgungsfalls aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten ausgeschieden. Zu diesem Zeitpunkt hatte er nach § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG idF vom 19. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3610) eine unverfallbare Anwartschaft auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung erworben. Dem steht die Regelung X Richtlinien 93 nicht entgegen. Dort ist zwar vorgesehen, dass vorzeitig ausscheidende Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Leistungen nach den Richtlinien 93 haben. Diese Bestimmung ist jedoch nach § 134 BGB nichtig, da von den Vorschriften des Betriebsrentengesetzes nach § 17 Abs. 3 Satz 3 BetrAVG nicht zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden darf.

26

2. Die Richtlinien 93 enthalten keine Regelungen für die Berechnung der vorgezogen in Anspruch genommenen Altersrente eines vorzeitig - vor dem Eintritt des Versorgungsfalls - aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen Arbeitnehmers. Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts erfasst die Regelung in VIII B Nr. 1 Buchst. a Richtlinien 93 diesen Fall nicht. Zwar hängt die Höhe der Altersrente nach VIII B Nr. 1 Buchst. a Richtlinien 93 von der Anzahl der anrechnungsfähigen Dienstjahre ab. Sie beträgt nach Ablauf der Wartezeit 15 % des letzten Grundgehalts und steigt für jedes weitere anrechnungsfähige Dienstjahr um 1 %. Allein einer solchen „aufsteigenden Berechnung“ kann jedoch nicht entnommen werden, dass auch die vorgezogen in Anspruch genommene Altersrente nach vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis auf diese Weise berechnet werden soll. Vielmehr müsste sich aus den Richtlinien 93 ergeben, dass diese Berechnung auch für die vorgezogene Inanspruchnahme der Altersrente nach vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis gelten soll. Daran fehlt es. Die Bestimmung in X Richtlinien 93 zeigt vielmehr, dass die Richtlinien 93 nur die Ansprüche der Arbeitnehmer regeln wollen, die bis zum Eintritt des Versorgungsfalls betriebstreu geblieben sind.

27

3. Da die Richtlinien 93 die Berechnung der Altersrente bei deren vorgezogener Inanspruchnahme nach vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis nicht selbst regeln, richtet sich die Berechnung nach den allgemeinen Grundsätzen des Betriebsrentenrechts (st. Rspr., vgl. ausführlich BAG 23. Januar 2001 - 3 AZR 164/00 - zu II 2 b der Gründe). Danach ergibt sich in der Regel eine Berechtigung zur Kürzung der Betriebsrente unter zwei Gesichtspunkten:

28

Zum einen wird in das Gegenseitigkeitsverhältnis, das der Berechnung der Vollrente zugrunde liegt, dadurch eingegriffen, dass der Arbeitnehmer die Betriebszugehörigkeit bis zur festen Altersgrenze nicht erbracht hat. Zum anderen erfolgt eine Verschiebung des in der Versorgungszusage festgelegten Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung dadurch, dass er die Betriebsrente mit höherer Wahrscheinlichkeit, früher und länger als mit der Versorgungszusage versprochen in Anspruch nimmt (vgl. etwa BAG 25. Juni 2013 - 3 AZR 219/11 - Rn. 25; 19. Juni 2012 - 3 AZR 289/10 - Rn. 24; 15. November 2011 - 3 AZR 778/09 - Rn. 34).

29

Der ersten Störung des Äquivalenzverhältnisses wird dadurch Rechnung getragen, dass nach § 2 Abs. 1 und Abs. 5 BetrAVG eine Quotierung vorgenommen wird, indem die fiktive, bei voller Betriebszugehörigkeit bis zur festen Altersgrenze erreichbare Vollrente zeitratierlich entsprechend dem Verhältnis der tatsächlichen zu der bis zum Erreichen der festen Altersgrenze möglichen Betriebszugehörigkeit gekürzt wird. Der zweite Gesichtspunkt kann entsprechend den Wertungen in der Versorgungsordnung berücksichtigt werden. Wenn und soweit diesem Gesichtspunkt in der Versorgungsordnung Rechnung getragen wird, zB indem ein versicherungsmathematischer Abschlag vorgesehen ist, verbleibt es dabei. Enthält die Versorgungsordnung hingegen keine Wertung, hat der Senat als Auffangregelung einen sog. untechnischen versicherungsmathematischen Abschlag entwickelt. Dieser erfolgt durch eine weitere zeitratierliche Kürzung, indem die nach § 2 Abs. 1 und Abs. 5 BetrAVG errechnete Betriebsrente im Verhältnis der möglichen Betriebszugehörigkeit bis zur vorgezogenen Inanspruchnahme und der möglichen Betriebszugehörigkeit bis zur festen Altersgrenze gekürzt wird(BAG 25. Juni 2013 - 3 AZR 219/11 - Rn. 26; 19. Juni 2012 - 3 AZR 289/10 - Rn. 25; 15. November 2011 - 3 AZR 778/09 - Rn. 35).

30

Für die Berechnung der vorgezogen in Anspruch genommenen Betriebsrente eines vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen Arbeitnehmers ist daher zunächst nach § 2 Abs. 1 und Abs. 5 BetrAVG unter Berücksichtigung der dort vorgesehenen Veränderungssperre und des Festschreibeeffektes die fiktive Vollrente zu ermitteln. Dies ist nicht die im Zeitpunkt der vorgezogenen Inanspruchnahme tatsächlich erreichte oder erreichbare Altersversorgung, sondern die fiktive, auf die feste Altersgrenze hochgerechnete Versorgungsleistung. Der Berechnung sind nach § 2 Abs. 5 Satz 1 BetrAVG die bei Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis geltende Versorgungsordnung und die zu diesem Zeitpunkt bestehenden Bemessungsgrundlagen zugrunde zu legen und auf den Zeitpunkt der festen Altersgrenze hochzurechnen. Die so ermittelte fiktive Vollrente ist zeitratierlich nach § 2 Abs. 1 BetrAVG im Verhältnis der tatsächlichen Betriebszugehörigkeit zu der möglichen Betriebszugehörigkeit bis zur festen Altersgrenze zu kürzen. Der so errechnete Betrag ist die Versorgungsleistung, die dem vor Eintritt des Versorgungsfalls ausgeschiedenen Arbeitnehmer bei Inanspruchnahme der Leistung ab der festen Altersgrenze zustünde. Wegen der vorgezogenen Inanspruchnahme der Versorgungsleistung ist von diesem Betrag ein versicherungsmathematischer Abschlag vorzunehmen, sofern die Versorgungsordnung dies für bis zur vorgezogenen Inanspruchnahme der Versorgungsleistung betriebstreue Arbeitnehmer vorsieht. Ggf. ist ein sog. untechnischer versicherungsmathematische Abschlag vorzunehmen, wenn die Versorgungsordnung einen Abschlag bei der vorgezogenen Inanspruchnahme nicht ausschließt; dabei ist die Zeit vom Beginn der Betriebszugehörigkeit bis zur vorgezogenen Inanspruchnahme der Betriebsrente ins Verhältnis zu setzen zur möglichen Betriebszugehörigkeit bis zu der in der Versorgungsordnung bestimmten festen Altersgrenze (vgl. etwa BAG 25. Juni 2013 - 3 AZR 219/11 - Rn. 27; 19. Juni 2012 - 3 AZR 289/10 - Rn. 26; 15. November 2011 - 3 AZR 778/09 - Rn. 33 ff.).

31

4. Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die monatliche Altersrente des Klägers bei Rentenbeginn am 1. April 2007 wie folgt zu berechnen:

32

a) In einem ersten Schritt ist die fiktive Vollrente des Klägers bei Vollendung des 65. Lebensjahrs unter Zugrundelegung der Richtlinien 93 zu ermitteln.

33

aa) Maßgeblich ist die fiktive Vollrente bei Vollendung des 65. Lebensjahrs. Dies folgt aus § 2 Abs. 1 BetrAVG in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung. Danach ist für den Eintritt des Versorgungsfalls wegen Erreichens der Altersgrenze auf das 65. Lebensjahr abzustellen, wenn nicht die Versorgungsregelung einen früheren Zeitpunkt als feste Altersgrenze vorsieht. Eine frühere feste Altersgrenze sehen die Richtlinien 93 nicht vor. Die feste Altersgrenze bezeichnet den Zeitpunkt, zu dem nach der Versorgungszusage im Regelfall - und zwar unabhängig von den Voraussetzungen des § 6 BetrAVG - mit einer Inanspruchnahme der Betriebsrente und einem altersbedingten Ausscheiden aus dem Berufs- und Erwerbsleben zu rechnen ist(BAG 17. September 2008 - 3 AZR 865/06 - Rn. 27, BAGE 128, 1). Eine solche Festlegung nehmen die Richtlinien 93 jedoch nicht vor. Vielmehr bestimmt IV Nr. 2 Satz 1 Richtlinien 93 die Vollendung des 65. Lebensjahrs als feste Altersgrenze. Durch die im Jahr 1986 erfolgte Ergänzung in IV Nr. 2 Satz 2 Richtlinien 93 wurde keine frühere feste Altersgrenze eingeführt. Dadurch wurde lediglich die vorgezogene Inanspruchnahme der Betriebsrente nach § 6 BetrAVG als weiterer Versorgungsfall in die Versorgungsordnung aufgenommen. Die feste Altersgrenze ist von der flexiblen Altersgrenze nach IV Nr. 2 Satz 2 Richtlinien 93 iVm. § 6 Satz 1 BetrAVG zu unterscheiden.

34

bb) Die fiktive Vollrente, die der Kläger bei einem Verbleib im Arbeitsverhältnis mit der Beklagten bis zur Vollendung des 65. Lebensjahrs am 10. März 2009 erreicht hätte, beläuft sich auf 1.272,60 DM.

35

(1) Der Berechnung der fiktiven Vollrente ist nach VIII B Nr. 1 Buchst. a Satz 1 Richtlinien 93 das Grundgehalt zugrunde zu legen. Dazu zählen nach VIII B Nr. 1 Buchst. a Satz 2 Richtlinien 93 auch die über das Grundgehalt hinausgehenden, regelmäßigen monatlichen Bezüge, jedoch nicht fallweise bezahlte Überstunden, Sondervergütungen, Abschlussvergütungen, Weihnachtsvergütungen und ähnliche nicht regelmäßige Bezüge. Das so definierte monatliche Grundgehalt beträgt - wie das Landesarbeitsgericht zu Recht erkannt hat - 7.070,00 DM. Weder die vermögenswirksamen Leistungen iHv. 78,00 DM monatlich noch die im November 1992 und November 1993 gewährten Sonderzahlungen iHv. 7.070,00 DM jährlich (umgerechnet 589,17 DM monatlich) sind dabei zu berücksichtigen.

36

(a) Die vermögenswirksamen Leistungen iHv. 78,00 DM monatlich zählen nicht zum Grundgehalt iSv. VIII B Nr. 1 Buchst. a Richtlinien 93. Zwar werden solche Leistungen typischerweise monatlich ausgezahlt. Vermögenswirksame Leistungen werden jedoch nicht als Bestandteil des Monatsgehalts verstanden, sondern stellen einen weiteren Vergütungsbestandteil dar, dessen Verwendung durch das Fünfte Vermögensbildungsgesetz Einschränkungen in seiner konkreten Verwendung unterliegt, insbesondere muss die Anlage der Beträge durch den Arbeitgeber erfolgen (vgl. § 2 Fünftes Vermögensbildungsgesetz; vgl. auch BAG 13. November 2012 - 3 AZR 557/10 - Rn. 28).

37

Gegenteiliges folgt entgegen der Auffassung des Klägers nicht aus der Entscheidung des Senats vom 24. Januar 2006 (- 3 AZR 479/04 -). Dort ist zwar im Rahmen eines obiter dictum ausgeführt, vermögenswirksame Leistungen stellten grundsätzlich eine besondere Form der Vergütung dar, die als Entgelt für geleistete Arbeit anzusehen sei. Diese Entscheidung bezog sich jedoch auf eine Versorgungsregelung, die als ruhegeldfähiges Einkommen den monatlichen Durchschnitt des Bruttoarbeitseinkommens der letzten drei anrechnungsfähigen Dienstjahre bestimmt hatte. Die dortige Bemessungsgrundlage war daher weiter gefasst als diejenige in den Richtlinien 93.

38

(b) Zum Grundgehalt iSv. VIII B Nr. 1 Buchst. a Richtlinien 93 zählt auch nicht die im November 1992 und November 1993 gewährte jährliche Sonderzahlung iHv. 7.070,00 DM. Sie ist nicht anteilig zu 1/12 bei der Ermittlung des monatlichen Grundgehalts zu berücksichtigen.

39

(aa) Nach VIII B Nr. 1 Buchst. a Satz 2 Richtlinien 93 zählen nur regelmäßige monatliche Bezüge zum ruhegeldfähigen Grundgehalt. Die Sonderzahlungen sind keine regelmäßigen monatlichen Bezüge. Der Kläger hat die Sonderzahlungen in den Jahren 1992 und 1993 - entsprechend der Vereinbarung der Parteien - nicht regelmäßig monatlich, sondern als jährliche Einmalzahlung erhalten. Der Kläger hat im Schreiben vom 20. Januar 1993 bestätigt, dass diese jährliche Sonderzahlung nicht nach VIII B Nr. 1 Buchst. a Satz 2 Richtlinien 93 ruhegeldfähig ist.

40

(bb) Dieser Vereinbarung der Parteien ist nicht aufgrund des Spruchs der Einigungsstelle vom 4. Dezember 1993 die Geschäftsgrundlage iSd. § 313 BGB entfallen mit der Folge, dass die in den Jahren 1992 und 1993 gewährte jährliche Sonderzahlung iHv. jeweils 7.070,00 DM bei der Ermittlung des ruhegeldfähigen Grundgehalts wie ein regelmäßiger monatlicher Bezug iHv. 589,17 DM zu behandeln ist.

41

Der Senat hat zwar im Hinblick auf die Richtlinien 93 entschieden, dass die Beklagte ihrem infolge der eingetretenen Überversorgung entstandenen Anpassungsrecht nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage bereits durch die im Spruch der Einigungsstelle vom 4. Dezember 1993 erfolgte Absenkung der Gesamtversorgungsobergrenze Genüge getan hat und sie deshalb - trotz einer anderslautenden Einigung mit den Arbeitnehmern im Jahr 1990 - verpflichtet ist, die ab dem 1. Januar 1990 neu gewährte übertarifliche monatliche Zulage abweichend von VIII B Nr. 1 Buchst. a Richtlinien 93 beim ruhegeldfähigen Grundgehalt zu berücksichtigen. Dem Übermaßverbot war dadurch Rechnung zu tragen, dass bei der Berechnung der Gesamtversorgungsobergrenzen wieder die ursprüngliche Definition des ruhegeldfähigen Grundgehalts in VIII B Nr. 1 Buchst. a Richtlinien 93 angewandt wird (BAG 9. November 1999 - 3 AZR 502/98 - zu 2 der Gründe).

42

Diese Erwägungen können jedoch nicht auf die dem Kläger 1992 und 1993 gewährten Sonderzahlungen übertragen werden. Der Kläger verkennt, dass nicht seine Einverständniserklärung vom 20. Januar 1993 dazu geführt hat, dass die Sonderzahlung abweichend von VIII B Nr. 1 Buchst. a Richtlinien 93 nicht als Bestandteil des ruhegeldfähigen Grundgehalts zu berücksichtigen ist, sondern der Umstand, dass es sich nicht um eine monatliche, sondern um eine jährliche Zahlung handelt. Der Inhalt seiner Erklärung vom 20. Januar 1993 stimmt daher mit der Regelung in den Richtlinien 93 überein, wonach nur regelmäßige monatliche Zahlungen zum Grundgehalt zählen.

43

Es kann dahinstehen, ob die Behauptungen des Klägers zutreffen, er habe sich im Oktober 1992 mit dem Geschäftsführer der Beklagten eigentlich auf eine monatliche Gehaltserhöhung verständigt, die - auf dessen Bitte hin - aber als jährliche Einmalzahlung behandelt werden sollte, um beim ruhegeldfähigen Grundgehalt nicht berücksichtigt werden zu müssen; er habe allein deshalb nicht auf einer monatlichen Auszahlung bestanden, weil diese damals aufgrund der Vereinbarung vom 30. Januar 1990 auch bei monatlicher Gewährung nicht als ruhegeldfähig behandelt worden wäre. Wenn es sich so verhalten haben sollte, wären die Parteien davon ausgegangen, dass die Sonderzahlung auch bei einer regelmäßigen monatlichen Auszahlung nicht ruhegeldfähig gewesen wäre. Für die Vereinbarung einer jährlichen Zahlung hätte daher zur Vermeidung der Ruhegeldfähigkeit keine Veranlassung bestanden. Da die Parteien gleichwohl eine nach VIII B Nr. 1 Buchst. a Richtlinien 93 ohnehin nicht ruhegeldfähige jährliche Einmalzahlung vereinbart haben, ist Inhalt der Vereinbarung, dass diese in keinem Fall ruhegeldfähig sein sollte, selbst wenn eine monatliche Zahlung ruhegeldfähig wäre. Auf die vom Kläger erhobene Verfahrensrüge wegen der vom Landesarbeitsgericht unterlassenen Parteivernehmung kommt es deshalb nicht an.

44

(2) Das Landesarbeitsgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass die nach VIII B Nr. 2 Buchst. a Richtlinien 93 im Rahmen der Gesamtversorgung anzurechnende Rente des Klägers aus der gesetzlichen Rentenversicherung nicht in ihrer tatsächlichen Höhe, sondern in Höhe der fiktiv auf die feste Altersgrenze von 65 Jahren hochgerechneten Rente anzurechnen ist. Diese beträgt 3.567,01 DM.

45

(a) Bei der vorgezogenen Inanspruchnahme der Betriebsrente nach vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis ist im Rahmen der Gesamtversorgung die fiktiv auf die feste Altersgrenze hochgerechnete Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung anzurechnen (vgl. ausführlich BAG 21. März 2006 - 3 AZR 374/05 - Rn. 28, BAGE 117, 268; 19. Juni 2012 - 3 AZR 289/10 - Rn. 30). Dies folgt aus § 2 Abs. 1 BetrAVG, der die Errechnung einer fiktiven, im Fall der Betriebszugehörigkeit bis zur festen Altersgrenze erreichbaren Vollrente vorsieht. Bei Gesamtversorgungsregelungen kann dies sachgerecht nur dadurch geschehen, dass auch die anzurechnende Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf den Zeitpunkt der festen Altersgrenze hochgerechnet wird (BAG 21. März 2006 - 3 AZR 374/05 - aaO).

46

(b) Die Hochrechnung der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf den Zeitpunkt der festen Altersgrenze ist auf der Grundlage des letzten Einkommens vor dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis vorzunehmen und nicht - wie der Kläger meint - nach den Durchschnittswerten aus der Zeit vor dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis. Nach § 2 Abs. 5 BetrAVG sollen bei der Berechnung der fiktiven Vollrente für die Zukunft die Verhältnisse fortgeschrieben werden, die beim Ausscheiden des Arbeitnehmers gelten. Soweit ein sozialversicherungspflichtiges Einkommen Teil der Berechnungsgrundlage ist, muss daher auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Ausscheidens des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis abgestellt werden. Zugrunde zu legen ist deshalb das letzte Bruttomonatsgehalt vor dem vorzeitigen Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis (BAG 21. März 2006 - 3 AZR 374/05 - Rn. 36 f., BAGE 117, 268).

47

(c) Für die Berechnung der auf den Zeitpunkt der festen Altersgrenze von 65 Jahren hochgerechneten Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung sind zunächst die bis zum 30. September 1994 erreichten Entgeltpunkte anzusetzen. Dies sind nach der Berechnung der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) vom 13. Januar 1999 52,6011 Entgeltpunkte. Für die Zeit vom 1. Oktober 1994 bis zum 10. März 2009, dem Zeitpunkt der festen Altersgrenze von 65 Jahren (173,3333 Monate), kommen 24,9427 Entgeltpunkte hinzu. Das in dem Kalenderjahr versicherte Arbeitsentgelt ist nach § 63 Abs. 2 SGB VI in Entgeltpunkte umzurechnen. Dafür ist das monatliche Grundgehalt des Klägers iHv. 7.070,00 DM durch das in § 1 Abs. 1 der Verordnung über maßgebende Rechengrößen der Sozialversicherung für 1996(Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 1996) vom 4. Dezember 1995 (BGBl. I S. 1577) für das Jahr 1994 festgesetzte Durchschnittsentgelt in der Rentenversicherung iHv. 49.142,00 DM zu teilen, weil versichertes Arbeitsentgelt in Höhe des Durchschnittsentgelts einen vollen Entgeltpunkt ergibt. Daraus errechnet sich ein monatlicher Wert von 0,1439 Entgeltpunkten. Dieser Wert ist mit den bis zum Erreichen der festen Altersgrenze fehlenden 173,3333 Monaten zu multiplizieren. Dies ergibt 24,9427 erreichbare Entgeltpunkte. Insgesamt sind daher 77,5438 Entgeltpunkte zu veranschlagen. Diese Entgeltpunkte sind mit dem im Jahr 1994 festgelegten Wert eines Entgeltpunkts iHv. 46,00 DM zu multiplizieren. Daraus errechnet sich eine fiktive Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung iHv. 3.567,01 DM.

48

Von diesem Betrag ist - entgegen der Auffassung des Klägers - kein Abzug von 7,2 vH vorzunehmen. Für die Ermittlung der auf die feste Altersgrenze hochgerechneten Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung ist es unerheblich, dass der Kläger die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung mit der Vollendung des 63. Lebensjahrs und damit zwei Jahre vor der festen Altersgrenze in Anspruch genommen hat mit der Folge, dass er Abschläge von 7,2 vH hinzunehmen hat.

49

(3) Danach errechnet sich eine fiktive Vollrente iHv. 1.272,60 DM.

50

(a) Die mögliche anrechnungsfähige Beschäftigungszeit des Klägers beträgt 40 Jahre.

51

Der zum 1. Januar 1969 bei der Beklagten eingestellte Kläger konnte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahrs am 10. März 2009 eine Beschäftigungszeit von insgesamt 40 Jahren, zwei Monaten und zehn Tagen erreichen. Nach III Satz 2 und 3 Richtlinien 93 sind angefangene Dienstjahre nur dann zu berücksichtigen, wenn sie sechs Monate übersteigen. Die über 40 Jahre hinausgehende Zeit bleibt deshalb bei der Berechnung der anrechnungsfähigen Dienstzeit unberücksichtigt.

52

(b) Die nach einer anrechnungsfähigen Beschäftigungszeit von 40 Jahren erreichbare Altersrente beträgt nach VIII B Nr. 1 Buchst. a Richtlinien 93 45 % (15 % für die ersten zehn Jahre, je 1 % für jedes weitere Jahr) des letzten Grundgehalts iHv. 7.070,00 DM und damit 3.181,50 DM.

53

(c) Die Gesamtversorgungsobergrenze nach VIII B Nr. 2 Buchst. a Richtlinien 93 beträgt 68 % (59 % nach 25 Jahren, 0,6 % für jedes weitere Jahr) des letzten Grundgehalts und damit 4.807,60 DM.

54

(d) Auf die maximale Gesamtversorgung von 4.807,60 DM ist die fiktiv auf die Vollendung des 65. Lebensjahrs hochgerechnete Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung iHv. 3.567,01 DM anzurechnen. Dies ergibt einen Betrag von 1.240,59 DM.

55

(e) Da die Rente den Mindestrentenbetrag nach VIII B Nr. 2 Buchst. b Richtlinien 93 von 40 % der nach VIII B Nr. 1 Buchst. a Richtlinien 93 ermittelten Altersrente von 3.181,50 DM nicht unterschreiten darf, beträgt die fiktive Vollrente bei Erreichen der festen Altersgrenze 1.272,60 DM (40 vH von 3.181,50 DM).

56

b) Die fiktive Vollrente des Klägers iHv. 1.272,60 DM ist in einem weiteren Schritt anteilig im Verhältnis der tatsächlichen Betriebszugehörigkeit des Klägers zu der bis zum Erreichen der festen Altersgrenze mit Vollendung des 65. Lebensjahrs möglichen Betriebszugehörigkeit zu kürzen. Der Kläger hat vom 1. Januar 1969 bis zum 30. September 1994 eine tatsächliche Betriebszugehörigkeit von 25,75 Dienstjahren erreicht. Seine mögliche Dienstzeit bis zum Erreichen der festen Altersgrenze am 10. März 2009 beläuft sich auf 40,1944 Dienstjahre. Danach errechnet sich ein Anspruch des Klägers auf eine monatliche Altersrente iHv. 815,27 DM. Dieser Betrag entspricht 416,84 Euro. Ein versicherungsmathematischer Abschlag wegen der vorgezogenen Inanspruchnahme der Altersrente ab der Vollendung des 63. Lebensjahrs ist nach IV Nr. 2 Satz 3 Richtlinien 93 ausdrücklich nicht vorzunehmen. Deshalb scheidet auch ein untechnischer versicherungsmathematischer Abschlag aus.

57

5. Ein höherer Betriebsrentenanspruch des Klägers ergibt sich nicht aus den Mitteilungen der Beklagten über die Höhe der Rentenanwartschaft vom 3. März 1999, vom 7. November 2000, vom 4. August 2004 und vom 6. Februar 2007 sowie den diesen Mitteilungen beigefügten Unterlagen. Hierbei handelt es sich nicht um Willenserklärungen, sondern lediglich um informatorische, rein deklaratorische Mitteilungen über die Rentenhöhe und die jeweils zugrunde liegende Berechnung. Der Kläger konnte aufgrund dieser Schreiben nicht davon ausgehen, dass sich die Beklagte unabhängig von der materiellen Rechtslage entsprechend dem Inhalt der Schreiben binden wollte (vgl. auch BAG 17. Juni 2003 - 3 AZR 462/02 - zu III 3 der Gründe; 23. April 2002 - 3 AZR 224/01 - zu B II der Gründe, BAGE 101, 122).

58

6. Der Kläger hat auch nicht aufgrund betrieblicher Übung Anspruch auf eine höhere Altersrente. Die Beklagte hat sich nicht im Wege betrieblicher Übung dazu verpflichtet, die Berechnung der nach vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis vorgezogen in Anspruch genommenen Altersrente abweichend von den allgemeinen Grundsätzen des Betriebsrentenrechts und den Richtlinien 93 vorzunehmen.

59

a) Im Bereich der betrieblichen Altersversorgung hat der Gesetzgeber die betriebliche Übung als Rechtsquelle anerkannt (§ 1b Abs. 1 Satz 4 BetrAVG). Danach steht der Verpflichtung aus einer ausdrücklichen Versorgungszusage eine auf betrieblicher Übung beruhende Versorgungsverpflichtung gleich.

60

Die betriebliche Übung ist ein gleichförmiges und wiederholtes Verhalten des Arbeitgebers, das geeignet ist, vertragliche Ansprüche auf eine Leistung oder sonstige Vergünstigung zu begründen, wenn die Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers schließen dürfen, ihnen werde die Leistung oder Vergünstigung auch künftig gewährt (BAG 15. Mai 2012 - 3 AZR 610/11 - Rn. 56, BAGE 141, 222; 16. Februar 2010 - 3 AZR 118/08 - Rn. 11). Dem Verhalten des Arbeitgebers wird eine konkludente Willenserklärung entnommen, die vom Arbeitnehmer gemäß § 151 BGB angenommen werden kann(BAG 15. Mai 2012 - 3 AZR 610/11 - aaO; 15. Februar 2011 - 3 AZR 35/09 - Rn. 88). Dadurch wird ein vertragliches Schuldverhältnis geschaffen, aus dem bei Eintritt der vereinbarten Anspruchsvoraussetzungen ein einklagbarer Anspruch auf die üblich gewordene Vergünstigung erwächst.

61

Ob eine für den Arbeitgeber bindende betriebliche Übung aufgrund der Gewährung von Vergünstigungen an seine Arbeitnehmer entstanden ist, muss danach beurteilt werden, inwieweit die Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers unter Berücksichtigung von Treu und Glauben sowie der Verkehrssitte gemäß § 242 BGB und der Begleitumstände auf einen Bindungswillen des Arbeitgebers schließen durften(BAG 15. Mai 2012 - 3 AZR 610/11 - Rn. 57 mwN, BAGE 141, 222).

62

Ein Anspruch aus betrieblicher Übung kann nur entstehen, wenn keine andere kollektiv- oder individualrechtliche Anspruchsgrundlage für die Gewährung der Vergünstigung besteht (BAG 15. Mai 2012 - 3 AZR 610/11 - Rn. 62, BAGE 141, 222; 24. November 2004 - 10 AZR 202/04 - zu II 3 c bb (3) der Gründe, BAGE 113, 29 ). Eine betriebliche Übung entsteht demnach nicht, wenn der Arbeitgeber zu den zu ihrer Begründung angeführten Verhaltensweisen durch andere Rechtsgrundlagen verpflichtet war (BAG 18. April 2007 - 4 AZR 653/05 - Rn. 43 mwN). Sie entsteht auch nicht, wenn sich der Arbeitgeber irrtümlich zur Leistungserbringung verpflichtet glaubte. Wenn der Arbeitgeber die Leistungen für den Arbeitnehmer erkennbar aufgrund einer anderen und sei es auch tatsächlich nicht bestehenden Rechtspflicht hat erbringen wollen, kann der Arbeitnehmer nicht davon ausgehen, ihm solle eine Leistung auf Dauer unabhängig von dieser Rechtspflicht gewährt werden (BAG 18. April 2007 - 4 AZR 653/05 - Rn. 43 mwN; 30. Mai 2006 -  1 AZR 111/05  - Rn. 37, BAGE 118, 211). Die Darlegungslast dafür, dass der Arbeitgeber aus Sicht des Empfängers Leistungen oder Vergünstigungen gewähren wollte, zu denen er nicht aus einem anderem Rechtsgrund verpflichtet war oder sich verpflichtet glaubte, trägt der Kläger als Anspruchssteller (vgl. BAG 29. August 2012 - 10 AZR 571/11 - Rn. 20; 23. August 2011 - 3 AZR 650/09 - Rn. 46 ff., BAGE 139, 69).

63

b) Danach ist vorliegend keine betriebliche Übung entstanden, die Berechnung der vorgezogen in Anspruch genommenen Altersrente nach vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis abweichend von den allgemeinen Grundsätzen des Betriebsrentenrechts und den Richtlinien 93 vorzunehmen. Die Arbeitnehmer konnten aus dem Verhalten der Beklagten nicht schließen, dass die Beklagte bewusst von den Bestimmungen der Richtlinien 93 und den allgemeinen Grundsätzen des Betriebsrentenrechts abgewichen ist und sie deshalb bei der Berechnung der vorgezogen in Anspruch genommenen Altersrente vorzeitig mit unverfallbarer Anwartschaft ausgeschiedener Arbeitnehmer die zeitanteilige Kürzung lediglich auf der Basis einer möglichen Betriebszugehörigkeit bis zur vorgezogenen Inanspruchnahme der Rente vorgenommen hat und die anzurechnende Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf der Basis von Durchschnittswerten der in der gesetzlichen Rentenversicherung erworbenen Entgeltpunkte aus der Zeit vor dem vorzeitigen Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis auf das 63. Lebensjahr hochgerechnet hat.

64

Die Beklagte hat zwar die Berechnung der Altersrenten derjenigen Arbeitnehmer, die die Altersrente vorgezogen in Anspruch genommen haben und nicht bis zum Eintritt des Versorgungsfalls betriebstreu waren, dergestalt vorgenommen, dass sie eine zeitanteilige Kürzung lediglich im Verhältnis der tatsächlichen Betriebszugehörigkeit zur möglichen Betriebszugehörigkeit bis zur vorgezogenen Inanspruchnahme der Rente durchgeführt und nur die auf der Grundlage von Durchschnittswerten aus der Vergangenheit auf den Zeitpunkt der vorgezogenen Inanspruchnahme hochgerechnete Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung angerechnet hat. Diese Berechnungsweise konnte aus Sicht der Betroffenen jedoch nicht als bewusste Abweichung der Beklagten von den Bestimmungen der Richtlinien 93 und den allgemeinen Grundsätzen des Betriebsrentenrechts verstanden werden. Vielmehr mussten die Arbeitnehmer und die Versorgungsempfänger davon ausgehen, dass die Beklagte lediglich die aus den Versorgungszusagen resultierenden Verpflichtungen erfüllen wollte. Gegenüber Begünstigten, die - wie der Kläger - mit unverfallbarer Anwartschaft aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden waren und die Altersrente vorzeitig in Anspruch genommen haben, wollte sie erkennbar den sich aus I Nr. 2, IV Nr. 2 Satz 2 und 3 Richtlinien 93 ergebenden Verpflichtungen nachkommen. Allein die Zahlung einer höheren als der nach der Versorgungszusage geschuldeten Betriebsrente vermag eine betriebliche Übung nicht zu begründen. Dazu ist vielmehr erforderlich, dass der Arbeitgeber aus Sicht der Arbeitnehmer und Versorgungsempfänger bewusst überobligatorische Leistungen erbringen will. Daran fehlt es vorliegend.

65

aa) Aus dem Aushang vom 10. Dezember 1986 konnten die später mit unverfallbarer Anwartschaft ausgeschiedenen Arbeitnehmer nicht schließen, dass die Beklagte im Fall der vorgezogenen Inanspruchnahme der Altersrente bei deren Berechnung bewusst zu ihren Gunsten von den Bestimmungen der Richtlinien 93 und den allgemeinen Grundsätzen des Betriebsrentenrechts abweichen und von einer zeitanteiligen Kürzung im Verhältnis der tatsächlichen zu der bis zur festen Altersgrenze möglichen Betriebszugehörigkeit unter Anrechnung der auf diesen Zeitpunkt fiktiv hochgerechneten Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung absehen wollte. Der Aushang betrifft ausdrücklich nur den Verzicht auf versicherungsmathematische Abschläge bei der vorgezogenen Inanspruchnahme der Rente. Aus der Begünstigung der Betriebsrentner insoweit konnte nicht darauf geschlossen werden, dass die Beklagte die Betriebsrentner auch in anderen Punkten begünstigen wollte.

66

bb) Unerheblich ist auch, dass sich die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit darauf berufen hat, ihre Berechnungsweise habe im Einklang mit der früheren Rechtsprechung des Senats gestanden, die dieser durch die Urteile vom 23. Januar 2001 (- 3 AZR 164/00 -) und vom 21. März 2006 (- 3 AZR 374/05 - BAGE 117, 268) geändert habe. Eine Änderung der Rechtsprechung mit dem von der Beklagten dargestellten Inhalt hat nicht stattgefunden. Die Praxis der Beklagten bei der Berechnung der vorgezogen in Anspruch genommenen Altersrente eines vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen Arbeitnehmers entsprach nicht der früheren Rechtsprechung des Senats vor den Urteilen vom 23. Januar 2001 (- 3 AZR 164/00 -) und vom 21. März 2006 (- 3 AZR 374/05 - aaO).

67

Danach war vielmehr der Betriebsrentenanspruch eines vorzeitig mit einer unverfallbaren Versorgungsanwartschaft ausgeschiedenen Arbeitnehmers, der seine Betriebsrente nach § 6 BetrAVG vorgezogen in Anspruch nahm, bei Fehlen einer eigenen Regelung in der Versorgungszusage wie folgt zu berechnen: Zunächst war die Betriebsrente zu ermitteln, die dem Arbeitnehmer zugestanden hätte, wenn er bis zur vorgezogenen Inanspruchnahme der Rente betriebstreu geblieben wäre. Dazu wurde grundsätzlich die bei Vollendung des 65. Lebensjahrs (und nicht bis zur vorgezogenen Inanspruchnahme der Rente) erreichbare Vollrente in entsprechender Anwendung des § 2 Abs. 1 BetrAVG im Verhältnis der unterstellten Betriebszugehörigkeit bis zur vorgezogenen Inanspruchnahme und der möglichen Betriebszugehörigkeit bis zur festen Altersgrenze von 65 Jahren gekürzt. Die so für den Zeitpunkt des Versorgungsfalls nach § 6 BetrAVG ermittelte Betriebsrente war anschließend im Verhältnis der tatsächlich erreichten zu der bis zur festen Altersgrenze von 65 Jahren(und wiederum nicht bis zum Erreichen der vorgezogenen Altersgrenze) möglichen Betriebszugehörigkeit zu kürzen (vgl. dazu ausführlich BAG 23. Januar 2001 - 3 AZR 164/00 - zu II 1 der Gründe mwN). Der Senat hatte in seiner früheren Rechtsprechung daher eine sog. doppelte zeitratierliche Kürzung vorgenommen und damit die fehlende Betriebszugehörigkeit zwischen der vorgezogenen Inanspruchnahme der Rente und der festen Altersgrenze zweimal anspruchsmindernd berücksichtigt. Diese Rechtsprechung hat der Senat durch das Urteil vom 23. Januar 2001 (- 3 AZR 164/00 -) geändert. Der Senat hat aber seit jeher zwischen der festen Altersgrenze iSd. § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG und dem Alter, in dem der Arbeitnehmer die Rente vorgezogen iSd. § 6 BetrAVG in Anspruch nehmen kann, unterschieden(vgl. etwa BAG 28. März 1995 - 3 AZR 900/94 - zu II 1 der Gründe; 12. März 1991 - 3 AZR 102/90 - zu II 2 a der Gründe, BAGE 67, 301).

68

Ebenso unzutreffend ist die Auffassung der Beklagten, der Senat habe im Urteil vom 21. März 2006 (- 3 AZR 374/05 - BAGE 117, 268) bei vorzeitig ausgeschiedenen Arbeitnehmern erstmals angenommen, die im Rahmen einer Gesamtversorgung anzurechnende Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung sei auf die feste Altersgrenze von 65 Jahren hochzurechnen. Der Kläger hat zu Recht darauf hingewiesen, dass der Senat dies bereits im Urteil vom 12. November 1991 (- 3 AZR 520/90 - zu II 4 der Gründe, BAGE 69, 19) entschieden hatte.

69

Die Beklagte hatte daher bei der Berechnung der Altersrenten Vergünstigungen gewährt, zu denen sie rechtlich - auch nach der früheren Rechtsprechung des Senats - nicht verpflichtet war. Daraus allein ist jedoch keine betriebliche Übung entstanden. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Arbeitnehmer aufgrund des Verhaltens der Beklagten hätten annehmen dürfen, dass die Beklagte bewusst nicht nur die nach den Versorgungszusagen geschuldete, sondern eine davon abweichende, für die Arbeitnehmer günstigere Berechnung der Altersrenten vornehmen wollte. Anhaltspunkte dafür sind weder festgestellt noch vom Kläger vorgetragen. Die von der Beklagten erstellten Berechnungen der Anwartschaft des Klägers vom 3. März 1999 und vom 4. August 2004 tragen jeweils die Überschrift „Altersversorgungsrichtlinie in der Fassung von 1968 (modifiziert durch den Spruch der Einigungsstelle vom 04.12.1993)“. Daraus kann nur geschlossen werden, dass die Beklagte die nach der Versorgungszusage geschuldete Altersrente berechnen wollte.

70

7. Die Änderung der Berechnungsweise stellt keinen unzulässigen Eingriff in die Betriebsrentenansprüche des Klägers dar. Die Beklagte hat nicht die dem Kläger nach der Versorgungszusage zustehende Betriebsrente reduziert, sondern lediglich die erfolgte fehlerhafte Berechnung, die sich zugunsten des Klägers ausgewirkt hatte, korrigiert.

71

8. Die Beklagte hat weder ihr Recht verwirkt, die Altersrente des Klägers nach den Richtlinien 93 und den allgemeinen Grundsätzen des Betriebsrentenrechts zutreffend zu berechnen, noch verhält sie sich insoweit widersprüchlich.

72

a) Die Beklagte hat ihr Recht zur Korrektur der fehlerhaften Berechnung der Altersrente des Klägers nicht nach § 242 BGB verwirkt.

73

aa) Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung. Durch die Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie dient dem Vertrauensschutz (BAG 23. Juli 2009 - 8 AZR 357/08 - Rn. 32; 13. August 2008 - 7 AZR 269/07 - Rn. 37). Deshalb kann allein der Zeitablauf nicht zur Verwirkung eines Rechts führen. Zu dem Zeitmoment müssen vielmehr besondere Umstände sowohl im Verhalten des Berechtigten als auch des Verpflichteten hinzutreten (Umstandsmoment), die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen. Dabei muss der Berechtigte unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erwecken konnten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (BAG 17. Januar 2012 - 3 AZR 555/09 - Rn. 34).

74

bb) Das Landesarbeitsgericht hat jedenfalls das für die Verwirkung erforderliche Umstandsmoment zu Recht verneint. Es sind keine Umstände ersichtlich, aufgrund derer der Kläger darauf vertrauen konnte, die Beklagte werde weder eine zeitanteilige Kürzung seiner Altersrente entsprechend dem Verhältnis der tatsächlichen zu der möglichen Betriebszugehörigkeit bis zur festen Altersgrenze von 65 Jahren vornehmen, noch werde sie keine Hochrechnung der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung auf die feste Altersgrenze von 65 Jahren vornehmen.

75

b) Die Korrektur der Betriebsrentenberechnung stellt auch keinen Verstoß gegen den aus § 242 BGB folgenden Grundsatz des Verbots widersprüchlichen Verhaltens (sog. „venirecontrafactum proprium“) dar. Die Rechtsordnung lässt widersprüchliches Verhalten grundsätzlich zu. Eine Partei darf ihre Rechtsansicht ändern. Widersprüchliches Verhalten ist dann missbräuchlich, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand entstanden ist oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen (vgl. etwa Palandt/Grüneberg BGB 73. Aufl. § 242 Rn. 55 mwN). Beides ist nicht der Fall.

76

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Gräfl    

        

    Schlewing    

        

    Spinner    

        

        

        

    Kaiser    

        

    G. Kanzleiter     

                 

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 21. März 2012 - 2 Sa 265/11 - aufgehoben.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stralsund vom 26. Juli 2011 - 1 Ca 237/10 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten der Revision und der Berufung zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darum, ob zwischen ihnen nach dem Widerspruch des Klägers gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses infolge eines Betriebsübergangs ein Arbeitsverhältnis besteht.

2

Der 1971 geborene Kläger war seit 1987 im Betrieb S beschäftigt. Bei der Beklagten, die eine 100-prozentige Tochter der D AG ist, war er zuletzt „Callcenteragent“.

3

Am 6. November 2007 wurde ein Gesellschaftsvertrag für die „a zweite GmbH“ mit Sitz in G geschlossen. Zweck der Gesellschaft sollte die Verwaltung von Beteiligungen an Gesellschaften jeder Art sein. Die Eintragung in das Handelsregister des Amtsgerichts G (HRB 7765) erfolgte am 15. November 2007, einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer waren F und Dr. K.

4

Mit Datum vom 16. Januar 2008 wandte sich die Beklagte an die Arbeitnehmer an den Standorten S sowie Gö, Fr, Sch und C. Das Schreiben lautete ua.:

„die D veräußert zum 1. März 2008 fünf weitere Standorte der V GmbH an die a AG. Konkret gehen die Standorte Gö, Fr, Sch, S und C inklusive der Außenstelle Dr an a services über. Die D übergibt damit zum zweiten Mal Standorte an a. Bereits zum 1. Mai 2007 haben die Standorte R, N, P, E und St den Eigentümer gewechselt und sind von a übernommen worden.

Mit a erwartet Sie ein erfolgreicher Arbeitgeber, mit dem die D seit langem Geschäftsbeziehungen unterhält. a zählt mit ihren mehr als 270 Tochterunternehmen zu den größten international vernetzten Medien- und Kommunikationsdienstleistern. Die Tochterfirmen der a beschäftigen weltweit aktuell mehr als 50 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. In den vergangenen Jahren hat die a AG zahlreiche neue Service-Center-Standorte in Deutschland auf- und ausgebaut und dabei eine Vielzahl neuer Arbeitsplätze geschaffen.“

5

An den Kläger persönlich gerichtet wurde sodann ein weiteres, auf den 17. Januar 2008 datiertes Schreiben. Als Absender wies der Briefkopf zum einen die Beklagte, zum anderen eine „a services S GmbH (z.Z. noch a Zweite GmbH)“ auf, für die als Adresse die C-Straße in G angegeben war. Dieses Informationsschreiben lautete auszugsweise:

„17. Januar 2008

Unterrichtung über den Übergang des Betriebs der V GmbH am Standort S auf die a services S GmbH

Sehr geehrte Mitarbeiterin, sehr geehrter Mitarbeiter,

wie Ihnen bereits bekannt ist, ist entschieden worden, den Standort S von der V GmbH (im Folgenden: V) an die a services S GmbH (derzeit noch firmierend als a Zweite GmbH), vertreten durch den Geschäftsführer F, zu verkaufen und zu übertragen; die a services S GmbH ist eine Konzerngesellschaft des B-Konzerns.

Durch die Veräußerung kommt es zu einem so genannten Betriebsübergang gemäß § 613a BGB, über den wir Sie nachfolgend unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorschriften (§ 613a Abs. 5 BGB) unterrichten.

1. Durch den Betriebsübergang tritt für Sie ein Arbeitgeberwechsel von der V zur a services S GmbH ein. Mit dem Betriebsübergang, somit mit Wirkung zum 1. März 2008, geht Ihr Arbeitsverhältnis kraft Gesetzes von der V auf die a services S GmbH über. Das heißt, die a services S GmbH wird Ihr neuer Arbeitgeber. Ihr bisheriges Arbeitsverhältnis zur V erlischt. Der Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages wegen des Betriebsübergangs ist nicht notwendig.

2. Soweit sich aus dem Folgenden nichts anderes ergibt, geht Ihr Arbeitsverhältnis mit allen zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestehenden Rechten und Pflichten auf die a services S GmbH über.

(3) Die a services S GmbH behält sich vor, die bisherigen Entgeltbedingungen und damit die Gesamtvergütung ab dem 01. Januar 2009 abzusenken. Die Einzelheiten werden zu gegebener Zeit mit den Arbeitnehmern und ihren Interessenvertretern erörtert. …

3. Der Betrieb am Standort S bleibt erhalten. Aus Anlass des Betriebsübergangs kommt es zu keiner Betriebsänderung. Das zurzeit bestehende Übergangsmandat des für den Standort S vor dem Betriebsübergang von der DAG in die V zuständigen Betriebsrats bleibt vom Betriebsübergang zur a services S GmbH unberührt. Die gesetzliche sechsmonatige Laufzeit des Übergangsmandats endet jedoch mit Ablauf des 29. Februar 2008. Das von diesem Betriebsrat in den Gesamtbetriebsrat V entsandte Mitglied scheidet aus dem Gesamtbetriebsrat aus.

Es ist beabsichtigt, den Betrieb S mit dem Betrieb der a direct S GmbH, Z, S zu einem gemeinsamen Betrieb zusammenzuführen und ggf. dorthin zu verlegen. Ihr neuer Arbeitgeber, die a services S GmbH wird dazu umgehend nach dem Betriebsübergang Gespräche aufnehmen.

Wahlweise können Sie Ihren Widerspruch auch an die a services S GmbH richten. Die Adresse lautet: C-Straße, G.

Der Verkauf Ihres Standortes an die a services S GmbH ist daher aus heutiger Sicht die einzige Möglichkeit, an Ihrem Standort Beschäftigung über den 31. Dezember 2008 hinaus zuverlässig zu sichern. Im Übrigen ist es erklärte Absicht, weitere Standorte der V an Investoren zu veräußern.

Die Geschäftsführung der a services S GmbH begrüßt Sie als neue Mitarbeiter. Die Unternehmen der a, dem internationalen Medien- und Kommunikations-Dienstleister des B-Konzerns, sind seit langem erfolgreich in der Servicecenter-Branche tätig. a hat allein in den vergangenen zwei Jahren zahlreiche neue Servicecenter-Standorte insbesondere in Ostdeutschland auf- und ausgebaut und dabei eine Vielzahl neuer Arbeitsplätze geschaffen. Mit der Übernahme des V-Standorts S legen wir die Basis für weiteres Wachstum in diesem aussichtsreichen Geschäftssegment. Wir würden uns daher freuen, wenn Sie zukünftig gemeinsam mit uns an einem neuen Kapitel unserer Erfolgsgeschichte schreiben würden.“

6

Nachdem am 14. November 2007 von der a zweite GmbH ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag mit der „a direct S GmbH“ (AG S HRB 7197) geschlossen worden war, wurde diese Gesellschaft durch Beschluss vom 14. Februar 2008 in „a services S GmbH“ umbenannt. Der Sitz wurde von G nach S verlegt und als Gesellschaftszweck der Betrieb von Callcentergeschäften bestimmt. Diese Gesellschaft wurde beim Amtsgericht S am 8. Mai 2008 in das Handelsregister (HRB 7399) eingetragen.

7

Bei dem Betriebsübergang am 1. März 2008 trat die „a services S GmbH“ als Betriebsübernehmerin auf. Der Kläger arbeitete für sie weiter.

8

Unter dem 12. März 2010 machte die „a direct S GmbH“ den Mitarbeitern der a services S GmbH ein Übertrittsangebot zum 1. April 2010. Das Jahreseinkommen sollte 25.000,00 Euro brutto betragen. Der Kläger nahm dieses Angebot nicht an. Am 15. Juni 2010 wurde die zum 31. März 2011 geplante Schließung ihres Standortes S den Mitarbeitern der a services S GmbH bekannt gegeben. Der Betrieb könne trotz Subventionszahlungen nicht wirtschaftlich betrieben werden. Nach dem 14. Juli 2010 kündigte die a services S GmbH die Arbeitsverhältnisse sämtlicher Mitarbeiter aus betriebsbedingten Gründen. Der Kläger erhob dagegen Kündigungsschutzklage. Mit Schreiben vom 20. Juli 2010 erklärte er gegenüber der Beklagten den Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die a services S GmbH am 1. März 2008. Der Beschäftigungsbetrieb wurde schließlich zum 31. Mai 2011 geschlossen.

9

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Unterrichtung über den Betriebsübergang sei unvollständig, falsch und irreführend gewesen. Statt über die tatsächlich bestehenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu informieren, sei der Eindruck erweckt worden, bei dem neuen Betriebsinhaber gebe es eine Sicherheit der Arbeitsplätze bis zu fünf Jahren. Dagegen habe man verschwiegen, dass die Betriebsübernehmerin eine Neugründung ohne Sozialplanpflicht sei. Auch die Zahlung erheblicher Subventionen und eines „negativen Kaufpreises“ habe die Beklagte verschwiegen.

10

Der Kläger hat beantragt

1. festzustellen, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis über den 29. Februar 2008 hinaus besteht;

2. die Beklagte zu verurteilen, ihn zu unveränderten Bedingungen als Agent Kundenservice-Center zu beschäftigen.

11

Die Beklagte hat ihre Unterrichtung über den Betriebsübergang vom 1. März 2008 für vollständig und korrekt gehalten. Auch sei der Widerspruch des Klägers verspätet. Jedenfalls habe er das Recht zum Widerspruch verwirkt.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hatte vor dem Landesarbeitsgericht Erfolg. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision des Klägers ist begründet. Sein Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die a services S GmbH vom 20. Juli 2010 nach § 613a Abs. 6 BGB war weder verspätet noch verwirkt.

14

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

15

Der Widerspruch sei nicht binnen der Frist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB erklärt worden, da die Unterrichtung über den Betriebsübergang ausreichend gewesen sei. Die Übernehmerin sei im Unterrichtungsschreiben mit vollständiger Firmenbezeichnung, Firmensitz und vollständiger Anschrift benannt worden. Der Name des Geschäftsführers sei zumindest der Unterschrift zu entnehmen gewesen. Damit konnten die Unterrichteten Erkundigungen über die Betriebserwerberin, insbesondere auch durch Einsichtnahme in das Handelsregister, einholen. Daraus sei auch ersichtlich, dass es sich bei der Betriebserwerberin um eine Neugründung handele, weswegen nicht im Unterrichtungsschreiben darauf hinzuweisen gewesen sei. Zudem verwirkliche sich das Risiko der Sozialplanprivilegierung lediglich im Falle einer Betriebsschließung in den ersten vier Jahren. Eine solche sei im Zeitpunkt des Unterrichtungsschreibens nicht geplant gewesen. Entgegenstehende Ansichten anderer Landesarbeitsgerichte seien durch die Senatsentscheidung vom 10. November 2011 (- 8 AZR 430/10 -) „überholt“ und nicht mehr divergenzfähig.

16

B. Diese Begründung des Berufungsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

17

I. Der Kläger wurde mit Schreiben vom 17. Januar 2008 nicht ordnungsgemäß iSd. § 613a Abs. 5 BGB über die Person der Betriebserwerberin unterrichtet.

18

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats wird die einmonatige Widerspruchsfrist nach § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB nur durch eine ordnungsgemäße Unterrichtung in Lauf gesetzt(vgl. BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 808/07 - Rn. 23, AP BGB § 613a Unterrichtung Nr. 4 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 105).

19

Dies folgt bereits aus dem Wortlaut des § 613a Abs. 6 BGB, wonach der Arbeitnehmer dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats „nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5“ widersprechen kann. Damit setzt § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB eine den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB entsprechende Unterrichtung voraus. Im Übrigen ergibt sich dies auch zwingend aus Sinn und Zweck der in § 613a Abs. 5 BGB geregelten Unterrichtungspflicht. Danach haben Veräußerer und/oder Erwerber den Arbeitnehmer so zu informieren, dass dieser sich über die Person des Übernehmers und über die in § 613a Abs. 5 BGB genannten Umstände „ein Bild machen“ kann. Er soll durch die Unterrichtung eine ausreichende Wissensgrundlage für die Ausübung oder Nichtausübung seines Widerspruchsrechts erhalten (vgl. BT-Drucks. 14/7760 S. 19). Dem Arbeitnehmer soll auch die Möglichkeit eröffnet werden, sich weitergehend zu erkundigen und gegebenenfalls beraten zu lassen, um dann auf dieser Grundlage über einen Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses zu entscheiden (vgl. BAG 10. November 2011 - 8 AZR 430/10 - Rn. 23, AP BGB § 613a Unterrichtung Nr. 15; 31. Januar 2008 - 8 AZR 1116/06 - Rn. 28 mwN, AP BGB § 613a Unterrichtung Nr. 2 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 85).

20

2. Die Unterrichtung über die juristische Person der Betriebserwerberin im Informationsschreiben vom 17. Januar 2008 ist unvollständig und unzutreffend.

21

a) Die maßgebliche Unterrichtung des Klägers erfolgte durch das an ihn gerichtete Schreiben der Beklagten und der „a services S GmbH“ vom 17. Januar 2008. Soweit im Informationsschreiben der Beklagten vom Vortag zusätzliche, und insoweit ebenfalls unzutreffende Informationen gegeben wurden, sind diese grundsätzlich nicht maßgeblich.

22

b) Die Bezeichnung der Betriebserwerberin im Unterrichtungsschreiben vom 17. Januar 2008 ist unklar.

23

aa) Im Zeitpunkt des Unterrichtungsschreibens am 17. Januar 2008 gab es die „a services S GmbH“ nicht. Infolgedessen ist auch die Angabe eines Geschäftsführers „F“ unzutreffend und diese Gesellschaft hatte auch keinen Sitz in der C-Straße in G. Eine Gesellschaft mit dieser Firma war am 17. Januar 2008 weder im Handelsregister G noch in S eingetragen. Der fehlende Hinweis auf das zuständige Handelsregister und eine Handelsregisternummer im Unterrichtungsschreiben erklärt sich hieraus, steht aber der Annahme des Landesarbeitsgerichts entgegen, die Unterrichteten hätten sich erforderliche Klarheit über einen Einblick in das Handelsregister verschaffen können.

24

bb) Der Unternehmenskaufvertrag vom 15. Januar 2008, auf den im Unterrichtungsschreiben hingewiesen wird, wurde nicht zwischen der Beklagten und der a services S GmbH abgeschlossen, sondern diesen schloss die Beklagte mit der „a zweite GmbH“ ab. Diese war unter HRB 7765 beim Amtsgericht G eingetragen und hatte am 14. November 2007 mit der „a direct S GmbH“ einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag abgeschlossen. Geschäftsführer waren Dr. K und F. Diese Betriebserwerberin wird im Unterrichtungsschreiben nicht als solche aufgeführt, sondern - falsch geschrieben - als „Noch-Firma“ der Betriebserwerberin und -übernehmerin. Das entsprach nicht der Rechtslage und stellt auch keinen korrekten Hinweis auf ein Handelsregister dar (vgl. BAG 10. November 2011 - 8 AZR 430/10 - Rn. 32). Aus dem Unterrichtungsschreiben geht weder das zuständige Handelsregister hervor, noch wird - verständlicherweise - eine Handelsregisternummer genannt noch können aus den Angaben des Informationsschreibens Kenntnisse über die eintragungspflichtigen Tatsachen gewonnen werden (vgl. BAG 23. Juli 2009 - 8 AZR 538/08 - Rn. 20, BAGE 131, 258).

25

c) Für die a zweite GmbH wurde erst durch Beschluss der Gesellschafter zur Änderung des Gesellschaftsvertrags am 14. Februar 2008 bestimmt, dass die Gesellschaft umfirmiert, dass sie einen neuen Gesellschaftszweck erhält und dass der Firmensitz nach S verlegt wird. Zum Zeitpunkt dieses Gesellschafterbeschlusses war nahezu ein Monat seit dem Zugang des Unterrichtungsschreibens an die Beschäftigten vergangen. Die Eintragung ins Handelsregister S erfolgte erst am 8. Mai 2008. Mit dem Hinweis im Unterrichtungsschreiben auf eine nicht so firmierende GmbH, der fehlenden Angabe zum Firmensitz, dem Schweigen zum zuständigen Handelsregister, der fehlenden Angabe einer Handelsregisternummer, konnten die unterrichteten Arbeitnehmer binnen der Frist zum Widerspruch die ihnen angegebene Erwerberin weder im Handelsregister von G noch in dem von S finden. Die Identität der Betriebserwerberin blieb unklar.

26

II. Das Unterrichtungsschreiben ist auch deswegen fehlerhaft, weil die Beklagte nicht darauf hingewiesen hatte, dass es sich bei der Betriebserwerberin um eine Neugründung handelte, die nach § 112a Abs. 2 Satz 1 BetrVG nicht sozialplanpflichtig war.

27

1. Die Betriebserwerberin wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 6. November 2007, zunächst als Vorratsgesellschaft, gegründet. Die Aufnahme der Erwerbstätigkeit iSd. § 138 AO, § 112a Abs. 2 Satz 3 BetrVG, kann jedenfalls mit der Übernahme des Betriebes am 1. März 2008 angenommen werden. Daher dauerte die Sozialplanprivilegierung der Erwerberin längstens bis zum 1. März 2012. Anhaltspunkte dafür, dass die Neugründung der Erwerberin im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen oder Konzernen erfolgte, sind weder vorgetragen noch nach dem Akteninhalt ersichtlich. Damit wechselten die Arbeitsverhältnisse der vom Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer am 1. März 2008 zu einem Unternehmen, für das (längstens) bis 1. März 2012 im Fall einer Betriebsschließung oder einer anderen sozialplanpflichtigen Maßnahme ein Sozialplan nicht erzwingbar war. Unerheblich im Rahmen des § 112a Abs. 2 BetrVG ist es, wie lange der Beschäftigungsbetrieb in S schon existierte. Es kommt allein auf den Bestand des Unternehmens an, das den - auch schon länger bestehenden - Betrieb übernimmt (vgl. BAG 27. Juni 2006 - 1 ABR 18/05 - Rn. 18 ff., BAGE 118, 304 = AP BetrVG 1972 § 112a Nr. 14).

28

2. Auf die Tatsache, dass es sich bei der Betriebserwerberin um eine Neugründung handelt, wurde im Unterrichtungsschreiben nicht hingewiesen. Aus dem Klammerzusatz, die Erwerberin firmiere „derzeit“ oder „z.Z.“ noch als „a Zweite GmbH“, geht dies nicht hervor. Selbst wenn im Unterrichtungsschreiben die Firma der Betriebserwerberin korrekt angegeben worden wäre, hätte daraus allein noch nicht auf eine neu gegründete Gesellschaft geschlossen werden können, für die eine Sozialplanpflicht nicht bestand.

29

3. Auf die Freiheit von der Pflicht zum Sozialplan nach § 112a Abs. 2 BetrVG muss in einem Unterrichtungsschreiben hingewiesen werden.

30

a) Der Arbeitgeber hat die Arbeitnehmer so zu informieren, dass sie sich über die Person des Übernehmers und über die in § 613a Abs. 5 BGB genannten Umstände ein Bild machen können(st. Rspr., BAG 14. Dezember 2006 - 8 AZR 763/05 - Rn. 22, AP BGB § 613a Nr. 318 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 63). Durch die Unterrichtung soll eine ausreichende Wissensgrundlage für die Ausübung oder Nichtausübung des Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 BGB geschaffen werden. Der Inhalt der Unterrichtung richtet sich nach dem Kenntnisstand des Veräußerers und des Erwerbers zum Zeitpunkt der Unterrichtung (BAG 14. Dezember 2006 - 8 AZR 763/05 - Rn. 23, aaO). § 613a Abs. 5 BGB gebietet eine Information des Arbeitnehmers auch über die mittelbaren Folgen eines Betriebsübergangs, wenn zwar bei diesen nicht direkt Positionen der Arbeitnehmer betroffen werden, die ökonomischen Rahmenbedingungen des Betriebsübergangs jedoch zu einer so gravierenden Gefährdung der wirtschaftlichen Absicherung der Arbeitnehmer bei dem neuen Betriebsinhaber führen, dass dies als ein wesentliches Kriterium für einen möglichen Widerspruch der Arbeitnehmer gegen den Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse anzusehen ist(BAG 31. Januar 2008 - 8 AZR 1116/06 - Rn. 32, AP BGB § 613a Unterrichtung Nr. 2 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 85). Zu den wirtschaftlichen Folgen iSv. § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB gehören auch solche Veränderungen, die sich nicht als rechtliche Folge unmittelbar den Bestimmungen des § 613a Abs. 1 bis Abs. 4 BGB entnehmen lassen(BAG 10. November 2011 - 8 AZR 430/10 - Rn. 28, AP BGB § 613a Unterrichtung Nr. 15). „Maßnahmen“ iSv. § 613a Abs. 5 Nr. 4 BGB sind alle durch den bisherigen oder neuen Betriebsinhaber geplanten erheblichen Änderungen der rechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Situation der vom Übergang betroffenen Arbeitnehmer. Solche Maßnahmen sind frühestens dann in Aussicht genommen, wenn ein Stadium konkreter Planungen erreicht ist (BAG 10. November 2011 - 8 AZR 430/10 - Rn. 30, aaO).

31

b) Soweit in der Literatur darauf hingewiesen wird, dass die Unterrichtungsdichte über die Folgen eines möglichen Widerspruchs schon nach dem Gesetzeswortlaut, jedenfalls aber auch nach der Ausgestaltung der europäischen Richtlinie geringer sein müsse als über die Folgen des Betriebsübergangs selbst (vgl. Hohenstatt/Grau NZA 2007, 13; Sagan ZIP 2011, 1641) oder dass bei Schmälerung des Betriebsvermögens die gesetzliche Insolvenzsicherung nach den § 183 ff. SGB III aF (seit 1. April 2012 § 165 ff. SGB III) beachtet werden müsse (Reinhard NZA 2009, 63; Dzida NZA 2009, 641), sprechen diese Bedenken nicht dagegen, eine Sozialplanprivilegierung nach § 112a Abs. 2 BetrVG der Betriebserwerberin zum Gegenstand der Informationspflicht nach § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB zu machen. Die fehlende Sozialplanpflichtigkeit des Betriebserwerbers gewinnt sofort mit dem Betriebsübergang aufgrund des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB rechtliche Relevanz, nicht erst im Fall eines Widerspruchs des Arbeitnehmers. Zum anderen ist insoweit nicht über „Ansprüche“ zu informieren, deren Entstehung noch nicht absehbar ist, sondern über eine mit dem Betriebsübergang entstehende, veränderte rechtliche Situation: Im Falle einer Betriebsschließung kann der Betriebserwerber nicht in einen Sozialplan gezwungen werden, und dies für einen bis zu vier Jahre dauernden Zeitraum. Diese rechtliche Veränderung tritt als unmittelbare wirtschaftliche Folge des Betriebsübergangs wegen der Rechtssituation der Betriebserwerberin ein und berührt unmittelbar die Rechtspositionen der übergehenden Arbeitsverhältnisse. Der Privilegierung des neuen Arbeitgebers entspricht reflexartig eine geminderte Rechtsposition der Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse übergegangen sind. Diese Information ist wichtig für die Entscheidung der Arbeitnehmer, ob sie ihr Widerspruchsrecht ausüben wollen oder nicht. Dies ist unabhängig davon, ob bereits eine sozialplanpflichtige Maßnahme geplant oder zumindest absehbar ist. Nach Einführung des § 112a Abs. 2 BetrVG hat eine Rechtsentwicklung eingesetzt, die teilweise schon als „Flucht aus der Sozialplanpflichtigkeit“ durch das Instrument der Überführung des Betriebes auf eine neu gegründete Erwerberin bewertet wird(ua. Fitting BetrVG 26. Aufl. § 112a Rn. 106 bis 116). Da zudem von der Erwerberin unschwer über die Tatsache einer Sozialplanprivilegierung und ihre zeitliche Dauer informiert werden kann, ist es auch nicht unverhältnismäßig, diese, für die unterrichteten Arbeitnehmer wichtige Information von den Unterrichtenden zu erwarten. Zudem wurde vorliegend unter Ziffer II. 3. des Informationsschreibens auf eine beabsichtigte Betriebszusammenlegung oder Betriebsverlagerung mit/auf den Betrieb der „a direct S GmbH“ hingewiesen, was eine Betriebsänderung iSd. § 111 BetrVG hätte darstellen können.

32

III. Das infolge der fehlerhaften Unterrichtung nicht verfristete Recht zum Widerspruch nach § 613a Abs. 6 BGB hatte der Kläger am 20. Juli 2010 auch nicht verwirkt. Zwar ist bei einem Zeitablauf von über zwei Jahren das für eine Verwirkung erforderliche Zeitmoment zu bejahen. Die Beklagte hat jedoch in den Tatsacheninstanzen kein Umstandsmoment vorgetragen, welches der Kläger verwirklicht hätte. Soweit er die Kündigung der Betriebserwerberin mit einer Kündigungsschutzklage beantwortet hat, ist dies nach der Rechtsprechung des Senats gerade kein Umstandsmoment, da er dadurch den Bestand des Arbeitsverhältnisses sichern, nicht aber über ihn disponieren wollte (st. Rspr., vgl. BAG 2. April 2009 - 8 AZR 178/07- Rn. 27, AP BGB § 613a Widerspruch Nr. 9).

33

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

        

    Hauck    

        

    Hauck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Lüken    

        

    Soost    

                 

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 4. Juli 2012 - 6 Sa 83/12 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit eines Widerspruchs des Klägers gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses infolge Betriebsübergangs, um die Wirksamkeit einer vorsorglichen Kündigung der Beklagten und um Annahmeverzugslohnansprüche.

2

Der Kläger hatte im November 1985 ein Arbeitsverhältnis mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der R GmbH, begonnen. Bei dieser wurde er mit Arbeitsvertrag vom 27. April 1992 zum Leiter ihres Teilbetriebs in der Werkskantine der Firma A (A) in M befördert. Der Teilbetrieb ging am 1. April 1996 auf die Beklagte über. Diese setzte dort zuletzt acht Arbeitnehmer ein, der Kläger war auch Betriebsobmann und verdiente monatlich 3.438,40 Euro brutto.

3

Mit Schreiben vom 12. November 2010 informierte die Beklagte den Kläger und die übrigen Arbeitnehmer des Teilbetriebs A, dass dieser Betrieb zum 1. Januar 2011 auf die Ap KG (Ap) übergehen werde. Die Beklagte hatte den Cateringvertrag mit der Auftraggeberin zum 31. Dezember 2010 verloren. Die Ap übernahm am 1. Januar 2011 die Kantine und führte diese mit dem gleichen Konzept fort, wie es zuvor die Beklagte ihren Caterer-Dienstleistungen zugrunde gelegt hatte. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass es am 1. Januar 2011 zu einem Betriebsübergang auf die Ap gekommen ist.

4

Der Kläger bot am 3. Januar 2011 seine Arbeitsleistung bei Ap an. Diese lehnte ab, weil sie sich nicht als Betriebserwerberin sah. Daraufhin bot der Kläger seine Arbeitskraft am 4. Januar 2011 der Beklagten an, diese lehnte ab, weil es aus ihrer Sicht zu einem Betriebsübergang gekommen war. Der Kläger ließ durch Anwaltsschreiben vom selben Tage sein Angebot gegenüber der Beklagten wiederholen, forderte eine Bestätigung über den Bestand des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien und behielt sich etwaige Rechte bezüglich eines Widerspruchs „gegen den Betriebsübergang“ ausdrücklich vor.

5

Am 26. Januar 2011 erhob der Kläger Klage gegen die Ap mit dem Antrag, den Bestand eines Arbeitsverhältnisses zwischen ihm und Ap festzustellen. Der Beklagten verkündete er den Streit. Nach einer Kündigung der Ap erweiterte der Kläger seine Klage um einen Kündigungsschutzantrag.

6

Unter dem 15. März 2011 machte der Kläger gegenüber der Beklagten Annahmeverzugslohnansprüche durch Anwaltsschreiben geltend, ausdrücklich behielt er sich unter IV. dabei die Ausübung des Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 BGB vor. Die Ziff. III. dieses Schreibens lautete:

„Im übrigen wird anheim gestellt, innerhalb oben genannter Frist - ggfs. in Abstimmung mit der Firma Ap - ein einvernehmliches Vergleichsangebot vorzulegen.

Aufgrund der Betriebsratstätigkeit meines Mandanten erachten wir das bisherige Angebot (Faktor 0,5) als völlig unzureichend.“

7

Den Rechtsstreit des Klägers mit Ap vor dem Arbeitsgericht Offenbach - 3 Ca 22/11 - beendeten die dortigen Parteien auf Vorschlag des Gerichts durch Vergleich, der am 26. April 2011 nach § 278 Abs. 6 ZPO mit folgendem Inhalt festgestellt wurde:

„1. Zwischen den Parteien besteht Einigkeit, dass kein Betriebsübergang gemäß § 613a BGB vorliegt, dass das Arbeitsverhältnis demzufolge nicht auf die Beklagte übergegangen ist und auch sonst kein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien begründet wurde und somit nicht besteht.

2. Die Beklagte zahlt an den Kläger einen Betrag in Höhe von EUR 45.000,00 (in Worten: Euro Fünfundvierzigtausend 00/100). Etwaige hierauf anfallende Steuern und Sozialversicherungsbeiträge sind von dem Kläger zu tragen.

3. Mit Erfüllung dieser Vereinbarung sind alle etwaigen wechselseitigen finanziellen Ansprüche zwischen den Parteien, gleich welcher Art und gleich, ob bei Abschluss dieses Vergleiches bekannt oder unbekannt, erledigt und ausgeglichen. Dem Kläger bleibt die Geltendmachung des Widerspruchsrechts gemäß § 613a Abs. 5 und 6 BGB gegenüber der Firma E GmbH vorbehalten.

…“

8

Der Kläger erklärte gegenüber der Beklagten am 5. Mai 2011 den Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses infolge Betriebsübergangs, wobei er darauf hinweisen ließ, die Unterrichtung über einen etwaigen Betriebsübergang sei nicht ordnungsgemäß erfolgt. Sodann erhob er gegen die Beklagte am 30. Mai 2011 Klage mit dem Ziel der Feststellung eines Arbeitsverhältnisses, der Weiterbeschäftigung und der Zahlung von Annahmeverzugslohn. Eine vorsorgliche Kündigung der Beklagten griff er durch Klageerweiterung an.

9

Dazu hat der Kläger die Auffassung vertreten, sein Widerspruch vom 5. Mai 2011 sei wirksam, da die Frist infolge eines fehlerhaften Unterrichtungsschreibens nach § 613a Abs. 6 BGB noch nicht zu laufen begonnen habe. Das Recht zum Widerspruch habe er nicht verwirkt. Zum einen seien zwischen der fehlerhaften Unterrichtung und seinem Widerspruch weniger als sechs Monate vergangen, zum anderen fehle es jedenfalls am Umstandsmoment. Er habe sich stets sowohl gegenüber der Beklagten als auch gegenüber Ap sein Widerspruchsrecht vorbehalten. Eine Disposition über sein Arbeitsverhältnis habe er nicht getroffen, auch nicht durch den Vergleich vom 26. April 2011 mit Ap. Denn die dortigen Parteien seien gerade davon ausgegangen, dass es einen Betriebsübergang nicht gegeben habe. Die Beklagte habe zu keinem Zeitpunkt darauf vertrauen dürfen, dass er von der Option des Widerspruchs keinen Gebrauch mehr machen werde; nach Abschluss des Vergleiches habe er ihn alsbald erklärt.

10

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht;

2. die Beklagte zu verurteilen, ihn auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 27. April 1992 als Betriebsleiter zu beschäftigen;

3. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 31. Mai 2011 nicht beendet worden ist

sowie die Beklagte zu verurteilen, ihm Annahmeverzugslohn für die Zeit von Januar bis Oktober 2011 zu zahlen.

11

Ihren Antrag auf Klageabweisung hat die Beklagte mit der Auffassung begründet, der Kläger habe seinen Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses verwirkt. Er verhalte sich zudem widersprüchlich, wenn er sich mit Ap darauf verständigt habe, dass ein Betriebsübergang nicht stattgefunden habe, unmittelbar im Anschluss daran jedoch dies gegenüber der Beklagten wieder geltend mache.

12

Das Arbeitsgericht hat den Feststellungsanträgen sowie dem Weiterbeschäftigungsantrag des Klägers ganz, den Zahlungsanträgen teilweise stattgegeben. Während die Berufung des Klägers, soweit das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen hatte, erfolglos blieb, hatte die Berufung der Beklagten vor dem Landesarbeitsgericht vollumfänglich Erfolg. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerfrei erkannt, dass der Kläger sein Recht zum Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Ap verwirkt hat.

14

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

15

Es sei festzustellen, dass nach den vom Kläger im Prozess gegen Ap vorgetragenen Umständen und nach dem nicht bestrittenen Vortrag der Beklagten die Ap mit Wirkung zum 1. Januar 2011 die Bewirtschaftung der Betriebskantine der A übernommen habe und dabei ein Übergang des Teilbetriebs A von der Beklagten auf Ap stattgefunden habe. Damit sei das Arbeitsverhältnis des Klägers am 1. Januar 2011 auf die Ap übergegangen.

16

Da der Kläger sein Recht zum Widerspruch verwirkt habe, stehe dem sein am 5. Mai 2011 erklärter Widerspruch nicht entgegen. Das Unterrichtungsschreiben der Beklagten zum Übergang des Teilbetriebs sei zwar fehlerhaft gewesen, die Voraussetzungen für eine Verwirkung des Widerspruchsrechts durch den Kläger lägen aber vor. Neben dem Zeitmoment habe der Kläger unbeschadet seiner Widerrufsvorbehalte auch das Umstandsmoment verwirklicht. Der Vergleich mit Ap, bestätigt durch das Arbeitsgericht am 26. April 2011, stelle eine Disposition über das Arbeitsverhältnis des Klägers dar. Gegenstand des durch diesen Vergleich beendeten Prozesses seien die Feststellungsklage und die Kündigungsschutzklage des Klägers gegen Ap gewesen. Der materiellen Rechtslage entsprechend habe der Kläger Ap als Betriebsübernehmerin in Anspruch genommen. Mit dem Vergleich habe er - unbeschadet des Vergleichswortlautes - über sein Arbeitsverhältnis disponiert, da er bei tatsächlich und rechtlich stattgefundenem Betriebsübergang eine Einigung mit Ap erzielt habe, dass ein Arbeitsverhältnis nicht zustande gekommen und der Streit um die Kündigung erledigt sei. Dies genüge als Disposition, auch wenn die vereinbarte Zahlung nicht als Abfindungszahlung für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses deklariert worden sei.

17

B. Diese Begründung hält im Ergebnis einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

18

I. Der Teilbetrieb A ist zum 1. Januar 2011 von der Beklagten auf die Ap nach § 613a BGB übergegangen.

19

1. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass die Ap mit Wirkung zum 1. Januar 2011 die Bewirtschaftung der Betriebskantine von A in M übernommen hat. Dabei führte Ap das Betriebsrestaurant bei dem Kunden A unverändert in denselben Räumen unter Nutzung der bisherigen Betriebsmittel fort. Das Betriebskonzept wurde nicht geändert. Es wurde weiterhin eine Frischeküche von Ap genutzt und dort wurden wie zuvor Speisen zubereitet. Die Verköstigung erfolgte unverändert im möblierten Speisesaal. Ap hat sämtliches Küchenequipment wie Geschirr, Theken, Küchengeräte und Kassensystem übernommen und ab dem 1. Januar 2011 identisch weitergenutzt. Die Organisation des Betriebsrestaurants wurde unverändert fortgeführt, wobei auch die Mitarbeiterstruktur im Hinblick auf den Grad der Beschäftigung von Voll- und Teilzeitmitarbeitern erhalten blieb. Speisenangebote, Dienstpläne und Öffnungszeiten sind ebenfalls nahezu unverändert geblieben.

20

2. Diese Feststellungen tragen die rechtliche Würdigung des Berufungsgerichts, ein Betriebsübergang auf Ap habe stattgefunden. Diese Feststellung ist vom Kläger nicht mit Verfahrensrügen angegriffen worden und für den Senat bindend (§ 559 Abs. 2 ZPO). Das Arbeitsverhältnis des Klägers ist daher am 1. Januar 2011 nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Ap übergegangen.

21

II. Das Informationsschreiben der Beklagten vom 12. November 2010 stellt keine ordnungsgemäße Unterrichtung über den Betriebsübergang nach § 613a Abs. 5 BGB dar, da es Fehler enthält.

22

So wurde unter Ziff. 4 der Kläger darüber informiert, sein Arbeitsverhältnis gehe in dem zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs bestehenden Zustand auf „Ar“ über. Auch nach Ziff. 7 Satz 5 wurde der Kläger darüber informiert, dass er seinen Widerspruch gegenüber der Beklagten oder „Ar“ erklären könne. Ein Informationsschreiben mit derartigen sinnentstellenden Fehlern, mögen sie auch auf einer fehlerhaften redaktionellen Bearbeitung beruhen, ist untauglich iSd. § 613a Abs. 5 BGB.

23

III. Infolge der nicht den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB entsprechenden Unterrichtung des Klägers zum Betriebsübergang wurde die einmonatige Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 BGB nicht in Lauf gesetzt(st. Rspr., vgl. BAG 18. März 2010 - 8 AZR 840/08 - AP BGB § 613a Unterrichtung Nr. 14; zuletzt 15. März 2012 - 8 AZR 700/10 - Rn. 27, AP BGB § 613a Widerspruch Nr. 29 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 133). Zum Zeitpunkt seiner Ausübung am 5. Mai 2011 war das Widerspruchsrecht daher nicht nach § 613a Abs. 6 BGB verfristet.

24

IV. Ohne Rechtsfehler hat das Landesarbeitsgericht angenommen, der Kläger habe sein Recht zum Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf Ap verwirkt, weil er bei Erklärung des Widerspruchs sowohl das Zeit- als auch das Umstandsmoment verwirklicht hatte.

25

1.a) Das Widerspruchsrecht kann wegen Verwirkung ausgeschlossen sein. Die Tatsache, dass der Gesetzgeber eine Widerspruchsfrist eingeführt hat, schließt eine Anwendung der allgemeinen Verwirkungsgrundsätze nicht aus, weil jedes Recht nur unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben ausgeübt werden kann (st. Rspr., vgl. BAG 22. Juni 2011 - 8 AZR 752/09 - Rn. 28; 12. November 2009 - 8 AZR 751/07 - Rn. 22 f., AP BGB § 613a Widerspruch Nr. 12). Die Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 steht dem nicht entgegen. Das Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers ist in der Richtlinie nicht vorgesehen, jedoch vom EuGH als sich nach nationalem Recht bestimmend anerkannt (vgl. EuGH 24. Januar 2002 - C-51/00 - [Temco] Rn. 36 mwN, Slg. 2002, I-969). Zur Sanktionierung des Verstoßes gegen die Unterrichtungspflichten der Richtlinie 2001/23/EG ist ein Widerspruchsrecht ad infinitum aber nicht erforderlich (vgl. Sagan ZIP 2011, 1641, 1647). So erkennt der EuGH bspw. bei Ausschlussfristen das Interesse an Rechtssicherheit an, da mit solchen Fristen die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich oder übermäßig erschwert wird (vgl. EuGH 8. Juli 2010 - C-246/09 - [Bulicke] Rn. 36, Slg. 2010, I-7003). Das Widerspruchsrecht muss den Arbeitnehmern nicht unbegrenzt, sondern nur so lange erhalten bleiben, wie es für eine effektive und verhältnismäßige Sanktionierung des Unterrichtungsfehlers geboten ist (vgl. Sagan aaO, 1648).

26

b) Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB). Mit ihr wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie beruht auf dem Gedanken des Vertrauensschutzes (§ 242 BGB) und dient dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Mit der Verwirkung soll das Auseinanderfallen zwischen rechtlicher und sozialer Wirklichkeit beseitigt werden; die Rechtslage wird der sozialen Wirklichkeit angeglichen (vgl. BAG 12. Dezember 2006 - 9 AZR 747/06 - Rn. 17 mwN, EzA BGB 2002 § 242 Verwirkung Nr. 1). Die Verwirkung verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger längere Zeit seine Rechte nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment). Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, sodass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandsmoment). Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes auf Seiten des Verpflichteten das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist.

27

c) Angesichts der gesetzlichen Regelung ist hinsichtlich des Zeitmoments nicht auf eine bestimmte Frist abzustellen. Entscheidend sind vielmehr die konkreten Umstände des Einzelfalles. Auch ist die Länge des Zeitablaufes in Wechselwirkung zu dem ebenfalls erforderlichen Umstandsmoment zu setzen. Zeitmoment und Umstandsmoment beeinflussen sich wechselseitig, dh. beide Elemente sind bildhaft im Sinne „kommunizierender Röhren“ miteinander verbunden (vgl. BAG 22. Juni 2011 - 8 AZR 752/09 - Rn. 30). Je stärker das gesetzte Vertrauen oder die Umstände, die eine Geltendmachung für den Anspruchsgegner unzumutbar machen, sind, desto schneller kann ein Anspruch verwirken (BAG 24. Juli 2008 - 8 AZR 175/07 - Rn. 27, AP BGB § 613a Nr. 347). Umgekehrt gilt, je mehr Zeit seit dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs verstrichen ist und je länger der Arbeitnehmer bereits für den Erwerber gearbeitet hat, desto geringer sind die Anforderungen an das Umstandsmoment (BAG 22. Juni 2011 - 8 AZR 752/09 - aaO). Es müssen letztlich besondere Verhaltensweisen sowohl des Berechtigten als auch des Verpflichteten vorliegen, die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen (vgl. BAG 22. April 2010 - 8 AZR 871/07 - Rn. 29; 24. Juli 2008 - 8 AZR 175/07 - aaO).

28

d) Die Beurteilung der Frage, ob ein Recht verwirkt ist, obliegt grundsätzlich den Tatsachengerichten, die den ihnen zur Begründung des Verwirkungseinwandes vorgetragenen Sachverhalt eigenverantwortlich zu würdigen haben. Allerdings unterliegt der revisionsrechtlichen Überprüfung, ob das Tatsachengericht die von der Rechtsprechung entwickelten rechtlichen Voraussetzungen der Verwirkung beachtet sowie alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt hat und ob die Bewertung dieser Gesichtspunkte von den getroffenen tatsächlichen Feststellungen getragen wird (vgl. BAG 11. November 2010 - 8 AZR 185/09 - Rn. 25; 20. Mai 2010 - 8 AZR 734/08 - Rn. 24, AP BGB § 613a Widerspruch Nr. 19 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 119; abweichend zur Prozessverwirkung: 20. Mai 1988 - 2 AZR 711/87 - AP BGB § 242 Prozessverwirkung Nr. 5 = EzA BGB § 242 Prozessverwirkung Nr. 1).

29

2. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, vorliegend sei das Zeitmoment der Verwirkung erfüllt. Die nach der Rechtsprechung des Senats erforderliche Gesamtbetrachtung (BAG 24. Februar 2011 - 8 AZR 413/09 - Rn. 29) hat das Landearbeitsgericht angestellt. Eine Frist von knapp sechs Monaten zwischen der Belehrung vom 12. November 2010 und der Erklärung des Widerspruchs oder von knapp fünf Monaten seit dem Ende der hypothetischen Widerspruchsfrist kann für die Erfüllung des Zeitmoments ausreichend sein, zumal das Landesarbeitsgericht zu Recht in die Gesamtbetrachtung einbezogen hat, dass am 26. Januar 2011 der Kläger in der Lage war, die Ap wegen des Übergangs seines Arbeitsverhältnisses aufgrund eines Betriebsübergangs zu verklagen. Er hat der Beklagten dabei den Streit verkündet, sie folglich davon ausdrücklich in Kenntnis gesetzt, dass er gegen die Ap wegen eines Betriebsübergangs vorgehe. Dass er sich sowohl davor als auch bei der Geltendmachung von Annahmeverzugslohnansprüchen Mitte März 2011 die Erklärung eines Widerspruchs „vorbehalten hat“, ist für die Verwirklichung des Zeit- wie des Umstandsmoments ohne Bedeutung. Der Senat hat entschieden, dass derartige „Vorbehalte“ weder für sich genommen verwirkungshemmend sind noch dass sie einen Umstand im Sinne der Verwirkung darstellen (vgl. BAG 2. April 2009 - 8 AZR 178/07 - Rn. 26, AP BGB § 613a Widerspruch Nr. 9). Vorliegend hat der Kläger den Vorbehalt nicht so oft - folgenlos - erklärt, dass insoweit an die Verwirklichung auch des Umstandsmoments gedacht werden müsste.

30

3. Rechtsfehlerfrei ist das Landesarbeitsgericht weiter davon ausgegangen, der Kläger habe auch das Umstandsmoment verwirklicht.

31

a) Als ein Umstand, der das Vertrauen des bisherigen Arbeitgebers in die Nichtausübung des Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 BGB rechtfertigen kann, muss gelten, wenn der Arbeitnehmer über die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses dadurch disponiert hat, dass er einen Aufhebungsvertrag mit dem Betriebserwerber geschlossen oder eine von diesem nach dem Betriebsübergang erklärte Kündigung hingenommen hat(vgl. BAG 22. April 2010 - 8 AZR 805/07 - Rn. 37; 21. Januar 2010 - 8 AZR 870/07 - Rn. 33 f.; 20. März 2008 - 8 AZR 1016/06 - Rn. 41; 27. November 2008 - 8 AZR 225/07 - Rn. 37).

32

b) Vorliegend hat der Kläger zwar gemäß dem Wortlaut des Vergleiches mit Ap nicht über den Bestand seines Arbeitsverhältnisses „disponiert“ und keine Abfindung für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vereinbart, sondern nur eine nicht näher deklarierte Zahlung. Das Landesarbeitsgericht hat jedoch zu Recht im Vergleichsabschluss eine Disposition des Klägers über sein Arbeitsverhältnis gesehen. Denn der Kläger hatte Ap auf der Grundlage des Übergangs seines Arbeitsverhältnisses infolge eines Betriebsübergangs als neue Arbeitgeberin verklagt. Ebenso hatte er eine von Ap als Arbeitgeberin ausgesprochene Kündigung mit einem Kündigungsschutzantrag beantwortet. Beides war ebenso rechtlich zutreffend wie geboten, um den Bestand seines tatsächlich auf Ap übergegangenen Arbeitsverhältnisses zu sichern. Mit diesem Prozess erklärte der Kläger daher nichts weniger, als dass er - tatsächlich und rechtlich zutreffend - Ap als seinen neuen, durch Gesetz nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB in sein Arbeitsverhältnis eingeführten Arbeitgeber verstand. Zu Recht hat daher das Landesarbeitsgericht aus dem Prozessverhalten des Klägers geschlossen, er habe mit Ap um sein Arbeitsverhältnis gestritten. Diesen Streit hat der Kläger durch den Vergleich, wie am 26. April 2011 gerichtlich festgestellt, beendet und damit über sein allein mit Ap bestehendes Arbeitsverhältnis disponiert. Zutreffend hat daher das Landesarbeitsgericht auch die vereinbarte Zahlung von 45.000,00 Euro im Zusammenhang mit gerade diesem Streitgegenstand gesehen, auch wenn sie nicht als „Abfindung“ bezeichnet wurde. Die Verpflichtung, eine erhebliche Geldsumme zu zahlen, kann plausibel und ohne Verstoß gegen Denkgesetze nur damit erklärt werden, dass das vom Kläger angestrengte Prozessrisiko, also der Bestand eines Arbeitsverhältnisses zwischen ihm und Ap, abgewendet werden sollte.

33

Dem kann der Kläger nicht Ziff. 1 des Vergleiches, wie am 26. April 2011 festgestellt, entgegenhalten. Diese Klausel steht schon im Widerspruch zu Ziff. 3 Satz 1 des Vergleiches, wonach mit Erfüllung dieser Vereinbarung alle etwaigen wechselseitigen finanziellen Ansprüche zwischen den Parteien, gleich welcher Art und gleich ob bei Abschluss des Vergleiches bekannt oder unbekannt, erledigt und ausgeglichen sein sollten. Eine solche Klausel macht zwischen Prozessgegnern, die keinerlei Rechtsverhältnis zwischen sich sehen, keinen Sinn. Insbesondere aber steht Ziff. 1 des Vergleiches in Widerspruch zu Ziff. 3 Satz 2 der Vereinbarung mit Ap, durch die sich der Kläger die Geltendmachung des Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 5 und Abs. 6 BGB gegenüber der Beklagten vorbehalten hat. Der Vorbehalt eines Widerspruchsrechts nach § 613a BGB erklärt sich allein aus der Annahme eines Betriebsübergangs. Damit stellt sich Ziff. 1 des Vergleiches als unernsthafte Vereinbarung dar, die zum Schein getroffen wurde. Die Klausel sollte nur dem Zweck dienen, ein Umstandsmoment der Verwirkung zu vereiteln und den Kläger in die Lage zu versetzen, den Bestand seines Arbeitsverhältnisses ein weiteres Mal - diesmal gegen die Beklagte - geltend zu machen, wobei der Kläger entsprechende Vorstellungen schon mit Ziff. III. seines Geltendmachungsschreibens vom 15. März 2011 angedeutet hatte. Das Landesarbeitsgericht hat diese Klausel ohne Rechtsfehler als unerheblich unbeachtet gelassen.

34

C. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    v. Schuckmann    

        

    F. Avenarius    

                 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Teilurteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 1. August 2007 - 7 Sa 553/07 - aufgehoben.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Solingen vom 17. Januar 2007 - 3 Ca 2002/05 lev - wird - außer soweit sie sich gegen die teilweise Klageabweisung auf Bonuszahlung für das Jahr 2004 richtet - zurückgewiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz darüber, ob zwischen ihnen über den 1. November 2004 hinaus ein Arbeitsverhältnis fortbesteht.

2

Der Kläger war seit 1974 bei der Beklagten beschäftigt, zuletzt als Personalreferent. Er war dem Geschäftsbereich C I(CI) zugeordnet.

3

Dieser Geschäftsbereich verzeichnete seit mehreren Jahren Umsatzrückgänge, welche die Beklagte zu Personalabbaumaßnahmen veranlassten. Am 14. Oktober 2004 vereinbarte die Beklagte mit ihrem Betriebsrat einen Interessenausgleich. Dieser regelte ua., dass Mitarbeiter, die von dem geplanten Personalabbau betroffen sein würden, Abfindungszahlungen erhalten sollten. Diesem Interessenausgleich sollte eine Namensliste der betroffenen Mitarbeiter beigefügt werden. Der Kläger war zur Aufnahme in diese Liste vorgesehen.

4

Mit Schreiben vom 22. Oktober 2004 informierte die Beklagte den Kläger über die beabsichtigte Übertragung des Geschäftsbereichs CI auf die A GmbH. In diesem Schreiben heißt es ua.:

        

„...

        

die A-G AG plant, den Geschäftsbereich C I (CI) mit Wirkung zum 1. November 2004 auf die A GmbH zu übertragen.

        

Für die Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter, die dem Geschäftsbereich CI zugeordnet sind, führt diese Übertragung zu einem automatischen Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse. Dies ist in § 613 a BGB geregelt, dessen Bestimmungen auf den Übergang zwingend anwendbar sind. § 613 a Absatz 5 BGB sieht eine schriftliche Information des von einem solchen Übergang betroffenen Arbeitnehmers vor, der nach § 613 a Absatz 6 BGB dem Übergang auch widersprechen kann.

        

Diese Bestimmungen lauten:

                 

‚Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

                 

1.   

den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,

                 

2.   

den Grund für den Übergang,

                 

3.   

die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und

                 

4.   

die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

        

Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.’

        

Ihr Arbeitsverhältnis ist dem Geschäftsbereich CI zugeordnet und würde deshalb mit dem 1. November 2004 auf A GmbH übergehen.

        

...

        

1.       

Zum geplanten Zeitpunkt des Übergangs:

                 

Das Datum des geplanten Übergangs ist der 1. November 2004.

        

2.       

Zum Grund für den Übergang:

                 

Grund des Übergangs ist die rechtliche Verselbständigung des Geschäftsbereichs CI in der A GmbH und deren anschließende Veräußerung an N GmbH.

                 

A GmbH mit Sitz in L umfasst das gesamte bisherige CI-Geschäft der A-G AG, also die Geschäftsfelder Film, Finishing und Laborgeräte. A GmbH übernimmt das Vermögen von CI. Hierzu gehören insbesondere Produktionsanlagen, Markenzeichen, Patente und technologisches Know-how, Vorräte und Forderungen.

                 

...

                 

Das Unternehmen wird mit einem guten Eigenkapital ausgestattet und verfügt über hohe Liquidität, um unerwartet auftretende Risiken bewältigen, in neue Geschäfte investieren und Marktchancen besser nutzen zu können.

        

3.       

Zu den rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer:

                 

Mit dem Übergang des Geschäftsbereichs CI tritt A GmbH in die bestehenden, unveränderten Arbeitsverhältnisse ein. Zur Klärung und Regelung der Einzelheiten haben A-G AG, A GmbH, Gesamtbetriebsrat der A-G AG sowie die örtlichen Betriebsräte am 24. September 2004 eine Überleitungsvereinbarung ‚zur Klärung der rechtlichen Auswirkungen auf die Arbeitsverhältnisse betroffener Arbeitnehmer, auf die kollektiv-rechtlichen Regelungen sowie auf die betriebsverfassungsrechtlichen Strukturen’ abgeschlossen, die davon geprägt ist, so weit wie möglich Kontinuität zu wahren:

                 

-       

Die bei der A-G AG verbrachten und/ oder von ihr anerkannten Dienstjahre werden als Dienstzeit bei A GmbH anerkannt.

                 

-       

Die Zugehörigkeit zu den Arbeitgeberverbänden der Chemischen Industrie wird auch bei A GmbH bestehen, d.h. es bleibt bei den Chemie-Tarifen.

                 

...

        

5.       

Zu Ihrer persönlichen Situation:

                 

Ihr Arbeitsverhältnis wird nach unserer Planung von dem geplanten Personalabbau gemäß Ziffer 4 betroffen sein. Die Zustimmung des Betriebsrats zu Ihrer Aufnahme in die Namensliste liegt derzeit noch nicht vor. Insofern sind Verhandlungen mit dem Betriebsrat noch nicht abgeschlossen. Sie müssen jedoch damit rechnen, nach Abschluss dieser Verhandlungen mit oder ohne Ihre Aufnahme in die Namensliste der zur Kündigung vorgesehenen Mitarbeiter eine Kündigung zu erhalten.

                 

Zur Milderung wirtschaftlicher Nachteile stehen Ihnen dann die in unserem Sozialplan vorgesehenen Leistungen zu.

                 

Die geplante Kündigung wirkt sich auf den Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses nicht aus.

                 

Ihr Arbeitsverhältnis geht trotzdem über und Sie sind verpflichtet, Ihre Tätigkeit bei A GmbH fortzuführen. Die nachfolgend dargestellten Konsequenzen eines eventuellen Widerspruchs treffen auch in Ihrem Falle zu.

        

6.       

Zum Widerspruchsrecht:

                 

Sie haben das Recht, dem Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses auf die A GmbH binnen einer Frist von einem Monat ab Zugang dieses Schreibens schriftlich zu widersprechen. Die Erklärung kann nicht einseitig zurückgenommen oder widerrufen werden. Sie kann auch nicht an eventuelle Bedingungen geknüpft werden.

                 

Sollten Sie dem Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses widersprechen wollen, müsste das schriftlich mit einer von Ihnen unterschriebenen Erklärung innerhalb dieser Frist erfolgen. Eventuelle Widerspruchsschreiben richten Sie bitte ausschließlich an:

                 

...

        

7.       

Zu den Folgen eines Widerspruchs:

                 

Im Falle eines fristgerechten Widerspruchs bleibt Ihr Arbeitsverhältnis bei der A-G AG und geht nicht auf die A GmbH über.

                 

Da nach dem Übergang des vollständigen Geschäftsbereichs CI auf A GmbH Ihr bisheriger Arbeitsplatz bei A-G AG nicht mehr vorhanden sein wird und eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit nicht besteht, müssen Sie daher im Falle der Ausübung Ihres Widerspruchsrechts mit der Kündigung Ihres Arbeitsverhältnisses durch A-G AG rechnen.

                 

Wir weisen Sie ausdrücklich darauf hin, dass nach der eindeutigen Regelung in der mit dem Gesamtbetriebsrat der A-G AG und den örtlichen Betriebsräten vereinbarten Überleitungsvereinbarung in diesem Fall kein Anspruch auf eine Abfindung besteht, weder gegenüber der A-G AG, noch gegenüber A GmbH. Im Falle eines Widerspruchs müssen Sie deshalb damit rechnen, Ihren Arbeitsplatz ohne jede finanzielle Leistung zu verlieren. Außerdem sind bei einer eventuellen Arbeitslosigkeit nach einem Widerspruch Ihre Ansprüche auf Leistungen der Agentur für Arbeit in Frage gestellt.

                 

Wir empfehlen Ihnen daher dringend, von einem Widerspruch abzusehen.

                 

...“

5

Mit Wirkung zum 1. November 2004 wurde der Geschäftsbereich CI ausgegliedert und auf die neu gegründete A GmbH übertragen. Der Kläger widersprach dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses zunächst nicht und erbrachte seine Arbeitsleistung bei der A GmbH.

6

Die A GmbH kündigte dem Kläger mit Schreiben vom 17. November 2004 „aus dringend betrieblichen Erfordernissen“ zum 30. Juni 2005. Gegen diese Kündigung erhob der Kläger keine Kündigungsschutzklage.

7

Mit Schreiben vom 29. November 2004 teilte die A GmbH dem Kläger ua. mit:

        

„…   

        

gemäß Kündigung endet Ihr Arbeitsverhältnis mit der A GmbH aus dringenden betrieblichen Gründen am 30.06.2005. In diesem Zusammenhang halten wir folgendes fest:

        

…       

        
        

2.   

Zum Ausgleich der durch die von uns ausgesprochenen Kündigung des Arbeitsverhältnisses entstehenden Nachteile erhalten Sie eine Abfindung.

                 

…       

                 

von brutto insgesamt 194.550,74 €.

        

…       

        
        

7.   

Mit Erfüllung dieses Vertrages sind sämtliche Ansprüche des Mitarbeiters aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung abgegolten (Ausnahmen: LEK/VUEK/Bonus, evtl. gewährtes Arbeitgeberdarlehn, evtl. Entgeltüberzahlung aus der Entgeltabrechnung).

        

…       

        
        

Bitte bestätigen Sie auf beigefügter Zweitschrift, dass Sie den Inhalt des Schreibens zur Kenntnis genommen haben.

        

…“   

8

Im Mai 2005 stellte die A GmbH Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, welches am 1. August 2005 eröffnet wurde.

9

Mit Schreiben vom 14. Juni 2005 widersprach der Kläger gegenüber der Beklagten dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die A GmbH wegen der Unvollständigkeit und Fehlerhaftigkeit der Unterrichtung über den Betriebsübergang.

10

Nachdem die A GmbH dem Kläger mit Schreiben vom 24. Juni 2005 mitgeteilt hatte, dass sie aufgrund des erklärten Widerspruchs das Arbeitsverhältnis mit ihr zum 15. Juni 2005 als beendet ansehe, bot der Kläger mit Schreiben vom 25. Juni 2005 der Beklagten seine Arbeitskraft an. Mit Anwaltsschreiben vom 29. Juli 2005 ließ der Kläger dann gegenüber der Beklagten Zahlungsansprüche aus dem Arbeitsverhältnis geltend machen.

11

Der Kläger meint, er habe dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die A GmbH noch im Juni 2005 wirksam widersprechen können, weil er bis dahin nicht ordnungsgemäß iSd. § 613a Abs. 5 BGB über den Betriebsübergang unterrichtet worden sei. So rügt er insbesondere eine falsche Information über die wirtschaftliche Situation der Betriebserwerberin und über die Haftungsverteilung zwischen der Beklagten und der A GmbH.

12

Der Kläger hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass zwischen den Parteien ein Anstellungsverhältnis besteht.

13

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

14

Sie beruft sich darauf, ihr Informationsschreiben vom 22. Oktober 2004 habe den Erfordernissen des § 613a Abs. 5 BGB genügt. Der Widerspruch des Klägers sei verspätet, da er nicht innerhalb der einmonatigen Widerspruchsfrist nach Zugang des Unterrichtungsschreibens(§ 613a Abs. 6 Satz 1 BGB) erhoben worden sei. Zumindest sei das Widerspruchsrecht des Klägers jedoch verwirkt.

15

Das Arbeitsgericht hat die Feststellungsklage und die auf Zahlung von Vergütung gerichtete Leistungsklage bis auf einen Teilbetrag in Höhe von 1.867,33 Euro brutto nebst Zinsen abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht der Klage auf Feststellung des Bestehens des Anstellungsverhältnisses zwischen den Parteien und auf Zahlung von Arbeitsentgelt für den Zeitraum 1. Juli 2005 bis 30. November 2006 sowie auf Zahlung der Sondervergütung für 2005 durch Teilurteil stattgegeben und die Revision zugelassen. Mit dieser verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter, während der Kläger nach Rücknahme seiner Zahlungsklage die Zurückweisung der Revision beantragt.

Entscheidungsgründe

16

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Feststellungsklage zu Unrecht stattgegeben.

17

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

18

Das Schreiben der Beklagten vom 22. Oktober 2004, mit dem sie den Kläger über den Betriebsteilübergang unterrichtet habe, genüge nicht den Anforderungen des § 613a BGB. So gebe der Hinweis auf den „Übergang des Arbeitsverhältnisses“ lediglich die in § 613a BGB getroffene Regelung wieder und erschöpfe sich letztlich in der Wiederholung des gesetzlich vorgegebenen Begriffs „Übergang“. Außerdem fehle es an der Darstellung der haftungsrechtlichen Folgen des Betriebsteilübergangs. Letztlich enthalte das Unterrichtungsschreiben auch keine Informationen zu den kündigungsrechtlichen Folgen des Betriebsübergangs nach § 613a Abs. 4 BGB. Wegen der fehlerhaften Unterrichtung des Klägers habe für diesen die einmonatige Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB nicht zu laufen begonnen. Dessen Widerspruchsrecht sei auch nicht verwirkt. Es fehle bereits am Vorliegen des für die Annahme einer Verwirkung erforderlichen Zeitmoments. Dieses habe frühestens ab Kenntnis des Klägers von der Unvollständigkeit der Unterrichtung zu laufen begonnen, dh. mit dessen Kenntnis vom Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der A GmbH. Da der Kläger bereits mit Schreiben vom 14. Juni 2005 den Widerspruch erklärt habe, sei der Zeitraum zwischen der - möglichen - Kenntnisnahme vom Bestehen eines Widerspruchsrechts und dessen Ausübung durch den Kläger nicht ausreichend, um von einer Erfüllung des Zeitmoments auszugehen. Selbst wenn man ein solches annähme, fehlte es für eine Verwirkung am Vorliegen des Umstandsmoments. Allein die tatsächliche Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit der A GmbH reiche dafür nicht aus. Durch die Nichterhebung einer Klage gegen die von der A GmbH am 17. November 2004 ausgesprochene ordentliche Kündigung habe der Kläger ebenfalls kein im Rahmen der Verwirkung zu berücksichtigendes Umstandsmoment gesetzt, weil der Beklagten die Nichterhebung einer Kündigungsschutzklage zunächst nicht bekannt gewesen sei. Selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, hätte sie sich wegen der falschen Unterrichtung nicht darauf verlassen dürfen, der Kläger werde sein Widerspruchsrecht nicht mehr ausüben. Ein solches Vertrauen der Beklagten sei wegen ihres pflichtwidrigen Verhaltens im Zusammenhang mit der Unterrichtung des Klägers über den Betriebsübergang nicht schutzwürdig.

19

B. Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

20

I. Die Klage auf Feststellung, dass zwischen dem Kläger und der Beklagten über den 1. November 2004 hinaus ein Arbeitsverhältnis besteht, ist zulässig.

21

Der Bestand eines Arbeitsverhältnisses ist ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis iSd. § 256 Abs. 1 ZPO. Das nach dieser Norm erforderliche Interesse an alsbaldiger Feststellung ist gegeben. Das Feststellungsinteresse ist eine Sachurteilsvoraussetzung und als solche in jeder Lage des Verfahrens, auch noch in der Revisionsinstanz, von Amts wegen zu prüfen. Maßgebender Zeitpunkt für das Bestehen des Feststellungsinteresses ist der Schluss der Revisionsverhandlung.

22

Da die Beklagte bestreitet, über den 1. November 2004 hinaus Arbeitgeberin des Klägers gewesen zu sein, ist ein Feststellungsurteil über den Bestand des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien geeignet klarzustellen, wer die Verpflichtungen aus diesem Arbeitsverhältnis künftig zu erfüllen hat.

23

II. Die Feststellungsklage ist nicht begründet.

24

Zwischen den Parteien hat über den 1. November 2004, den Zeitpunkt des Übergangs des Geschäftsbereichs CI auf die A GmbH im Wege eines Betriebsteilübergangs(§ 613a BGB), kein Arbeitsverhältnis mehr bestanden. Der Kläger hat dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die A GmbH nicht wirksam widersprochen.

25

1. Die Unterrichtung des Klägers durch die Beklagte mit Schreiben vom 22. Oktober 2004 über den am 1. November 2004 erfolgenden Betriebsteilübergang entsprach nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB(vgl. Senat 27. November 2008 - 8 AZR 174/07 - AP BGB § 613a Nr. 363 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 106 und 12. November 2009 - 8 AZR 530/07 - NJW 2010, 1302 zu im Wesentlichen gleich gelagerten Unterrichtungen). Daher war dessen Widerspruch nicht verspätet, weil die einmonatige Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB nicht mit Zugang der Unterrichtung zu laufen begonnen hatte(st. Rspr., vgl. Senat 27. November 2008 - 8 AZR 174/07 - aaO und 12. November 2009 - 8 AZR 530/07 - aaO).

26

2. Der Kläger hatte sein Widerspruchsrecht jedoch verwirkt.

27

Der Begründung des Landesarbeitsgerichts, mit welcher dieses eine Verwirkung des Widerspruchsrechts verneint hat, folgt der Senat nicht.

28

a) Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung(§ 242 BGB). Mit der Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie dient dem Vertrauensschutz und verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger längere Zeit seine Rechte nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment). Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandsmoment). Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes auf Seiten des Verpflichteten das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist.

29

b) Schon nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vor dem Inkrafttreten des § 613a Abs. 5 und 6 BGB konnte das Widerspruchsrecht wegen Verwirkung ausgeschlossen sein. An dieser Rechtsprechung hat der Senat im Einklang mit der herrschenden Auffassung im Schrifttum auch nach der neuen Rechtslage festgehalten. Die Tatsache, dass der Gesetzgeber eine Widerspruchsfrist eingeführt hat, schließt eine Anwendung der allgemeinen Verwirkungsgrundsätze nicht aus, weil jedes Recht nur unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben ausgeübt werden kann(Senat 15. Februar 2007 - 8 AZR 431/06 - mwN, BAGE 121, 289 = AP BGB § 613a Nr. 320 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 64).

30

c) Angesichts der gesetzlichen Regelung kann hinsichtlich des Zeitmoments jedoch nicht auf eine feststehende Monatsfrist, beispielsweise von sechs Monaten abgestellt werden. Im Gesetzgebungsverfahren sind nämlich Vorschläge auf Aufnahme einer generellen Höchstfrist von drei(BR-Drucks. 831/1/01 S. 2) bzw. sechs Monaten (BT-Drucks. 14/8128 S. 4) nicht aufgegriffen worden. Abzustellen ist vielmehr auf die konkreten Umstände des Einzelfalles. Dabei ist, wie der Senat bereits zur Verwirkung der Geltendmachung eines Betriebsübergangs (27. Januar 2000 - 8 AZR 106/99 -) ausgeführt hat, davon auszugehen, dass bei schwierigen Sachverhalten die Rechte des Arbeitnehmers erst nach längerer Untätigkeit verwirken können. Zutreffend ist es weiterhin auch, die Länge des Zeitablaufes in Wechselwirkung zu dem ebenfalls erforderlichen Umstandsmoment zu setzen. Je stärker das gesetzte Vertrauen oder die Umstände, die eine Geltendmachung für den Anspruchsgegner unzumutbar machen, sind, desto schneller kann ein Anspruch verwirken. Es müssen besondere Verhaltensweisen sowohl des Berechtigten als auch des Verpflichteten vorliegen, die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen (Senat 24. Juli 2008 - 8 AZR 175/07 - AP BGB § 613a Nr. 347).

31

d) Dass der Kläger sich gegen die ihm von der A GmbH am 17. November 2004 ausgesprochene Kündigung nicht zur Wehr gesetzt hat, hat im Streitfalle zur Verwirkung seines Widerspruchsrechts geführt.

32

aa) Zwischen der Unterrichtung des Klägers mit Schreiben vom 22. Oktober 2004 über den bevorstehenden Betriebsteilübergang und seinem Widerspruch mit Schreiben vom 14. Juni 2005 liegt ein Zeitraum von über 7 Monaten. Damit ist das Zeitmoment insbesondere auch deshalb erfüllt, weil der Kläger ein besonders gewichtiges Umstandsmoment gesetzt hat. So durfte die A GmbH nämlich annehmen, der Kläger habe keine Einwände gegen die von ihr im Schreiben vom 29. November 2004 genannten Bedingungen zur Beendigung seines Arbeitsverhältnisses(vgl. unten B II 1 d cc).

33

bb) Die Voraussetzungen für das Umstandsmoment liegen vor.

34

Die Beurteilung der Frage, ob ein Recht verwirkt ist, unterliegt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts grundsätzlich den Tatsachengerichten, die den ihnen zur Begründung des Verwirkungseinwandes vorgetragenen Sachverhalt eigenverantwortlich zu würdigen haben. Allerdings unterliegt der revisionsrechtlichen Überprüfung, ob das Gericht der Tatsacheninstanz alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt hat und die Bewertung dieser Gesichtspunkte von den getroffenen tatsächlichen Feststellungen getragen wird(17. Januar 2007 - 7 AZR 23/06 -). Der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts ist in seiner Entscheidung vom 20. Mai 1988 (- 2 AZR 711/87 - AP BGB § 242 Prozessverwirkung Nr. 5 = EzA BGB § 242 Prozessverwirkung Nr. 1) darüber hinausgegangen und hat festgestellt, dass die Rechtsfrage, ob die verspätete gerichtliche Geltendmachung der Unwirksamkeit einer Kündigung das für eine Verwirkung erforderliche Zeitmoment erfüllt, freier revisionsgerichtlicher Überprüfung unterliegt. In dieser Entscheidung hat der Zweite Senat auch bei der Prüfung, ob das Umstandsmoment vorliegt, die Entscheidung des Berufungsgerichts einer uneingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung unterzogen.

35

Letztlich braucht der Umfang der revisionsrechtlichen Überprüfbarkeit der Tatsachenwürdigung des Landesarbeitsgerichts im Streitfalle jedoch nicht abschließend entschieden zu werden, weil diesem ein Rechtsfehler unterlaufen ist. Es hat das Vorliegen des Umstandsmoments ua. auch mit der Begründung verneint, die Nichterhebung der Kündigungsschutzklage durch den Kläger sei der Beklagten „zunächst“ nicht bekannt gewesen und außerdem sei ihr Vertrauen wegen der nicht ordnungsgemäßen Unterrichtung des Klägers iSd. § 613a Abs. 5 BGB nicht schutzwürdig.

36

cc) Zutreffend nimmt das Landesarbeitsgericht zunächst an, dass allein die widerspruchslose Weiterarbeit des Klägers bei der Betriebserwerberin noch keinen Umstand für die Annahme einer Verwirkung des Widerspruchsrechts des nicht ordnungsgemäß nach § 613a Abs. 5 BGB unterrichteten Klägers begründet hat(vgl. Senat 2. April 2009 - 8 AZR 318/07 - AP BGB § 613a Widerspruch Nr. 8).

37

Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts stellt es aber einen ausschlaggebenden Umstand für die Annahme der Verwirkung des Widerspruchsrechts dar, dass der Kläger die von der A GmbH am 17. November 2004 ausgesprochene Kündigung widerspruchslos hingenommen hatte. Als ein Umstand, der das Vertrauen des bisherigen Arbeitgebers in die Nichtausübung des Widerspruchsrechts nach § 613a Abs. 6 BGB rechtfertigen kann, ist es anzusehen, wenn der Arbeitnehmer über die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses dadurch disponiert hat, dass er einen Aufhebungsvertrag mit dem Betriebserwerber geschlossen oder - so wie der Kläger - eine von diesem nach dem Betriebsübergang erklärte Kündigung hingenommen hat(vgl. Senat 20. März 2008 - 8 AZR 1016/06 - NZA 2008, 1354; 24. Juli 2008 - 8 AZR 175/07 - AP BGB § 613a Nr. 347 und 27. November 2008 - 8 AZR 225/07 -). Hinzu kommt im Streitfalle, dass die A GmbH im Zusammenhang mit der Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit Schreiben vom 29. November 2004 dem Kläger einen konkreten Vorschlag unterbreitet hatte, welche Gegenleistungen sie ihm als Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes gewähren wolle und was sie dafür vom Kläger erwarte. Sie hat dieses Schreiben selbst als „Vertrag“ betrachtet, wie sich aus dessen Ziff. 7 ergibt. Dort heißt es: „Mit Erfüllung dieses Vertrages sind sämtliche Ansprüche des Mitarbeiters aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung abgegolten …“ Aus Sicht der A GmbH musste bis zum Zeitpunkt der Erklärung des Widerspruchs aus dem Gesamtverhalten des Klägers - Nichterhebung einer Kündigungsschutzklage, verbunden mit der widerspruchslosen Entgegennahme der als „Vertrag“ bezeichneten Angebote im Schreiben der A GmbH - der Eindruck entstehen, dieser sei mit den von ihr vorgeschlagenen „Modalitäten“ der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses zum 30. Juni 2005 einverstanden.

38

dd) Die Annahme der Verwirkung des Widerspruchsrechts ist nicht ausgeschlossen, wenn nur der A GmbH, nicht aber der Beklagten alle vom Kläger verwirklichten Umstandsmomente bekannt geworden sind. Bei der Verwirkung des Widerspruchsrechts im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang genügt es, dass einer der Verpflichteten von den vertrauensbildenden Umständen Kenntnis hat. Jedenfalls im unmittelbaren Verhältnis zwischen Betriebsveräußerer und Betriebserwerber sieht das Gesetz grundsätzlich eine gemeinsame Verpflichtung und Berechtigung beider aus dem Arbeitsverhältnis vor. Daraus folgt, dass immer dann, wenn sich der Betriebserwerber als neuer Arbeitgeber auf Verwirkungsumstände berufen könnte, diese auch der Betriebsveräußerer als früherer Arbeitgeber für sich in Anspruch nehmen kann.

39

Die Unterrichtungspflicht nach § 613a Abs. 5 BGB trifft als Gesamtschuldner sowohl den bisherigen Arbeitgeber als auch den neuen Inhaber. Der von einem Betriebsübergang betroffene Arbeitnehmer erlangt die Fortdauer seines Widerspruchsrechts sowohl durch Informationsfehler des einen wie des anderen. Wenn das Gesetz in der Frage der Informationspflicht zum Betriebsübergang den alten und neuen Arbeitgeber als Einheit sieht, legt dies nahe, Betriebsveräußerer und Betriebserwerber auch hinsichtlich des Informationsstands zum Arbeitnehmerverhalten einheitlich zu begreifen. Auch Art. 3 Abs. 2 der RL 2001/23/EG fingiert einen gleichen Informationsstand von Veräußerer und Erwerber über die Rechte und Pflichten der übergegangenen Arbeitsverhältnisse. Entscheidend kommt hinzu, dass nach § 613a Abs. 6 Satz 2 BGB der Arbeitnehmer den Widerspruch sowohl gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber(Betriebsveräußerer) als auch gegenüber dem neuen Inhaber (Betriebserwerber) erklären darf. Der Widerspruch kann aber nicht gegenüber dem neuen Arbeitgeber verwirkt sein, weil dieser die eingetretenen „Umstände“ subjektiv kennt, gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber wegen dessen Unkenntnis jedoch nicht. Für das Schuldverhältnis von Betriebsveräußerer und Betriebserwerber als Gesamtschuldner gegenüber dem Arbeitnehmer als Berechtigtem ist in § 613a BGB, insbesondere in dessen Abs. 6 „ein anderes“ normiert(§ 425 Abs. 1 BGB). Neuer und alter Arbeitgeber können sich wechselseitig auf die Kenntnis des anderen vom Arbeitnehmerverhalten berufen, eine nachgewiesene subjektive Kenntnis des in Anspruch genommenen Verpflichteten von einem bestimmten Arbeitnehmerverhalten ist nicht erforderlich, wenn feststeht, dass dieses Verhalten wenigstens dem anderen Verpflichteten bekannt geworden ist (Senat 27. November 2008 - 8 AZR 174/07 - AP BGB § 613a Nr. 363 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 106 und 12. November 2009 - 8 AZR 530/07 - NJW 2010, 1302).

40

ee) Unzutreffend ist auch die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Beklagte habe sich wegen der nicht ordnungsgemäßen Unterrichtung des Klägers über den Betriebsteilübergang nicht darauf verlassen dürfen, er werde sein Widerspruchsrecht nicht mehr ausüben. Würde man dieser Überlegung des Landesarbeitsgerichts folgen, führte das zu einem widersinnigen Ergebnis. Einerseits behielte der Arbeitnehmer sein Widerspruchsrecht deshalb länger als in § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB normiert(einen Monat ab Zugang der Unterrichtung), weil die Unterrichtung nicht ordnungsgemäß war. Andererseits könnte das Widerspruchsrecht nicht verwirken, weil der Arbeitnehmer nicht entsprechend den Vorgaben des § 613a Abs. 5 BGB unterrichtet worden war. Dies hätte zur Folge, dass - entgegen der Rechtsprechung - die Verwirkung des Rechts zum Widerspruch im Falle einer fehlerhaften Unterrichtung durch den alten Arbeitgeber idR nicht eintreten könnte. Dies widerspräche dem Grundsatz, dass jedes Recht verwirken kann.

41

ff) Im Streitfalle liegen auch keine besonderen Umstände vor, welche dazu führen, dass das Widerspruchsrecht des Klägers nicht verwirkt ist.

42

Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass sich die A GmbH mit Schreiben vom 24. Juni 2005 gegenüber dem Kläger auf den Standpunkt gestellt hatte, aufgrund dessen Widerspruchs vom 14. Juni 2005 gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses von der Beklagten auf die A GmbH, sei das mit ihr bestehende Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum 15. Juni 2005 beendet.

43

Gegen diese vom Landesarbeitsgericht getroffene Feststellung hat die Beklagte keine Verfahrensrüge erhoben, so dass die Feststellung für den Senat bindend ist.

44

Durch diese Erklärung hat die A GmbH zu erkennen gegeben, dass sie den Widerspruch des Klägers vom 14. Juni 2005 als wirksam betrachte und deshalb aufgrund des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten von einer Beendigung des mit ihr bestehenden Arbeitsverhältnisses ausgehe. Diese Erklärung wirkt allerdings nicht zu Lasten der Beklagten. Wegen der Verwirkung des Widerspruchsrechts des Klägers blieb es beim Übergang seines Arbeitsverhältnisses von der Beklagten auf die A GmbH ab dem 1. November 2004. Etwaige Erklärungen, welche die Betriebserwerberin gegenüber dem Kläger nach Ausübung des Widerspruchs abgegeben hat, entfalten gegenüber der Beklagten keine Wirkungen mehr. Sie würden ansonsten zu Lasten eines Dritten, nämlich der Beklagten, abgegeben. Solche Erklärungen zu Lasten Dritter sind jedoch ebenso wie Verträge zu Lasten Dritter unwirksam.

45

Aus diesem Grunde kann die Beklagte mit Erfolg geltend machen, zum Zeitpunkt der Ausübung des Widerspruchsrechts des Klägers mit Schreiben vom 14. Juni 2005 sei dieses verwirkt gewesen.

46

C. Wegen des Erfordernisses der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung war diese der Schlussentscheidung vorzubehalten.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    F. Avenarius    

        

    Pauli    

                 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Teil-Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 19. September 2007 - 7 (9) Sa 1096/06 - aufgehoben.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Solingen vom 9. August 2006 - 3 Ca 181/06 lev - wird insoweit zurückgewiesen, als das Arbeitsgericht die Klage im Antrag zu 1. abgewiesen hat.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Frage, ob zwischen ihnen ab dem 1. November 2004 weiterhin ein Arbeitsverhältnis besteht.

2

Der Kläger war seit dem 1. April 1974 bei der Beklagten im Geschäftsbereich C I(CI) beschäftigt, sein letztes Bruttomonatsgehalt betrug 2.900,00 Euro.

3

Die früher als A-G AG firmierende Beklagte befasste sich schon seit Jahren mit Effektivierung, Rationalisierung, Personalabbau und Betriebsänderungen. Für den Geschäftsbereich CI wurden dabei zwei Umstrukturierungsmaßnahmen in Angriff genommen: zum einen ein Personalabbau, der die Schwellenwerte für eine Betriebsänderung nach den §§ 111 ff. BetrVG überschreiten sollte, zum anderen die Übertragung des Geschäftsbereichs CI auf die Tochterfirma A GmbH. Das Arbeitsverhältnis des Klägers war von beiden Maßnahmen betroffen.

4

Über den bevorstehenden Betriebsteilübergang informierte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 22. Oktober 2004, in dem es ua. heißt:

        

„...

        

die A-G AG plant, den Geschäftsbereich C I (CI) mit Wirkung zum 1. November 2004 auf die A GmbH zu übertragen.

        

Für die Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter, die dem Geschäftsbereich CI zugeordnet sind, führt diese Übertragung zu einem automatischen Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse. Dies ist in § 613 a BGB geregelt, dessen Bestimmungen auf den Übergang zwingend anwendbar sind. § 613 a Absatz 5 BGB sieht eine schriftliche Information des von einem solchen Übergang betroffenen Arbeitnehmers vor, der nach § 613 a Absatz 6 BGB dem Übergang auch widersprechen kann.

        

…       

        

Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.’

        
        

Ihr Arbeitsverhältnis ist dem Geschäftsbereich CI zugeordnet und würde deshalb mit dem 1. November 2004 auf A GmbH übergehen.

        

...

        

1.   

Zum geplanten Zeitpunkt des Übergangs:

                 

Das Datum des geplanten Übergangs ist der 1. November 2004.

        

2.   

Zum Grund für den Übergang:

                 

Grund des Übergangs ist die rechtliche Verselbständigung des Geschäftsbereichs CI in der A GmbH und deren anschließende Veräußerung an N GmbH.

                 

A GmbH mit Sitz in L umfasst das gesamte bisherige CI-Geschäft der A-G AG, also die Geschäftsfelder Film, Finishing und Laborgeräte. A GmbH übernimmt das Vermögen von CI. Hierzu gehören insbesondere Produktionsanlagen, Markenzeichen, Patente und technologisches Know-how, Vorräte und Forderungen.

                 

...

                 

Das Unternehmen wird mit einem guten Eigenkapital ausgestattet und verfügt über hohe Liquidität, um unerwartet auftretende Risiken bewältigen, in neue Geschäfte investieren und Marktchancen besser nutzen zu können.

        

3.   

Zu den rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer:

                 

Mit dem Übergang des Geschäftsbereichs CI tritt A GmbH in die bestehenden, unveränderten Arbeitsverhältnisse ein. Zur Klärung und Regelung der Einzelheiten haben A-G AG, A GmbH, Gesamtbetriebsrat der A-G AG sowie die örtlichen Betriebsräte am 24. September 2004 eine Überleitungsvereinbarung ‚zur Klärung der rechtlichen Auswirkungen auf die Arbeitsverhältnisse betroffener Arbeitnehmer, auf die kollektiv-rechtlichen Regelungen sowie auf die betriebsverfassungsrechtlichen Strukturen’ abgeschlossen, die davon geprägt ist, so weit wie möglich Kontinuität zu wahren:

                 

-       

Die bei der A-G AG verbrachten und/ oder von ihr anerkannten Dienstjahre werden als Dienstzeit bei A GmbH anerkannt.

                 

-       

Die Zugehörigkeit zu den Arbeitgeberverbänden der Chemischen Industrie wird auch bei A GmbH bestehen, d.h. es bleibt bei den Chemie-Tarifen.

                 

...

        

4.   

Zu den hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen:

                 

Der Geschäftsbereich CI muss unabhängig von dem Übergang seine Strukturen den Entwicklungen des Marktes anpassen und damit Kosten signifikant reduzieren. Daneben müssen möglichst viele unabhängig von Verkauf und Produktion anfallende fixe Kosten zu solchen Kosten variabilisiert werden, die immer nur dann anfallen, wenn die entsprechende Leistung gebraucht wird. Dazu gehört auch Outsourcing von Aktivitäten, die nicht zwingend selbst und mit eigenem Personal durchgeführt werden müssen.

                 

Mit dem im vergangenem Jahr eingeführten ‚C I Programm für Profitabilität’ (CIPP) ist es gelungen, das Ergebnis trotz des massiven Umsatzrückgangs nicht weiter zu verschlechtern. Aber es ist weiterhin stark negativ und die Umsatzentwicklung ist deutlich schwächer als geplant.

                 

Die Unternehmensleitung hat daher dem Wirtschaftsausschuss eine ‚CIPP2’-Planung vorgestellt, die einen weiteren Personalabbau beinhaltet. Mit Nachdruck hat sie darauf hingewiesen, dass dieser vollkommen unabhängig davon ist, dass CI zum geplanten Datum des Übergangs am 1. November 2004 zur eigenständigen Firma A GmbH werden wird. Denn diese Maßnahmen müssten ohne den Übergang auch von A-G AG durchgeführt werden.

                 

Diese Planungen sind Gegenstand der Verhandlungen mit den örtlichen Betriebsräten und gehen davon aus, dass ca. 125 Arbeitsplätze in Deutschland im Wege des Outsourcing ausgegliedert werden können. Dies betrifft: Logistik (L, M), GICS (L), Rechnungswesen (L), Personalwesen (L).

                 

Der Personalabbau mit den Schwerpunkten PPH und sonstige Bereiche L/K umfasst weitere ca. 210 Stellen in Deutschland:

                 

-       

PPH (vor allem L, daneben auch V, W, M) ca. 120 Stellen,

                 

-       

Laborgeräte (M/P) und Optikzentrum (P) ca. 25 Stellen,

                 

-       

Einkauf (L/M), Logistik (L), SCM (L), Marketing/Sales (L/K) sowie weitere Bereiche der Verwaltung, insgesamt ca. 65 Stellen.

                 

Die auf örtlicher Ebene geführten Verhandlungen über Interessenausgleich und Sozialplan sollen eine Identifizierung der von Kündigung Betroffenen durch entsprechende Namenslisten beinhalten.

        

5.   

Zu Ihrer persönlichen Situation:

                 

Ihr Arbeitsverhältnis wird nach unserer Planung von dem geplanten Personalabbau gemäß Ziffer 4 betroffen sein. Die Zustimmung des Betriebsrats zu Ihrer Aufnahme in die Namensliste liegt derzeit noch nicht vor. Insofern sind Verhandlungen mit dem Betriebsrat noch nicht abgeschlossen. Sie müssen jedoch damit rechnen, nach Abschluss dieser Verhandlungen mit oder ohne Ihre Aufnahme in die Namensliste der zur Kündigung vorgesehenen Mitarbeiter eine Kündigung zu erhalten.

                 

Zur Milderung wirtschaftlicher Nachteile stehen Ihnen dann die in unserem Sozialplan vorgesehenen Leistungen zu.

                 

Die geplante Kündigung wirkt sich auf den Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses nicht aus. Ihr Arbeitsverhältnis geht trotzdem über und Sie sind verpflichtet, Ihre Tätigkeit bei A GmbH fortzuführen. Die nachfolgend dargestellten Konsequenzen eines eventuellen Widerspruchs treffen auch in Ihrem Falle zu.

        

6.   

Zum Widerspruchsrecht:

                 

Sie haben das Recht, dem Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses auf die A GmbH binnen einer Frist von einem Monat ab Zugang dieses Schreibens schriftlich zu widersprechen. Die Erklärung kann nicht einseitig zurückgenommen oder widerrufen werden. Sie kann auch nicht an eventuelle Bedingungen geknüpft werden.

                 

Sollten Sie dem Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses widersprechen wollen, müsste das schriftlich mit einer von Ihnen unterschriebenen Erklärung innerhalb dieser Frist erfolgen. Eventuelle Widerspruchsschreiben richten Sie bitte ausschließlich an:

                 

...

        

7.   

Zu den Folgen eines Widerspruchs:

                 

Im Falle eines fristgerechten Widerspruchs bleibt Ihr Arbeitsverhältnis bei der A-G AG und geht nicht auf die A GmbH über.

                 

Da nach dem Übergang des vollständigen Geschäftsbereichs CI auf A GmbH Ihr bisheriger Arbeitsplatz bei A-G AG nicht mehr vorhanden sein wird und eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit nicht besteht, müssen Sie daher im Falle der Ausübung Ihres Widerspruchsrechts mit der Kündigung Ihres Arbeitsverhältnisses durch A-G AG rechnen.

                 

Wir weisen Sie jedoch ausdrücklich darauf hin, dass nach der eindeutigen Regelung in der mit dem Gesamtbetriebsrat der A-G AG und den örtlichen Betriebsräten vereinbarten Überleitungsvereinbarung in diesem Fall kein Anspruch auf eine Abfindung besteht, weder gegenüber der A-G AG, noch gegenüber A GmbH. Im Falle eines Widerspruchs müssen Sie deshalb damit rechnen, Ihren Arbeitsplatz ohne jede finanzielle Leistung zu verlieren. Außerdem sind bei einer eventuellen Arbeitslosigkeit nach einem Widerspruch Ihre Ansprüche auf Leistungen der Agentur für Arbeit in Frage gestellt.

                 

Wir empfehlen Ihnen daher dringend, von einem Widerspruch abzusehen.

                 

…“   

5

Mit Wirkung zum 1. November 2004 wurde der Geschäftsbereich CI ausgegliedert und auf die neu gegründete A GmbH übertragen. Der Kläger widersprach dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die A GmbH zunächst nicht.

6

Mit Schreiben vom 1. Dezember 2004 sagte die A GmbH dem Kläger zum Ausgleich der durch die bevorstehende Kündigung entstehenden Nachteile eine Abfindung in der Gesamthöhe von 118.636,68 Euro brutto zu. Diese auch als „Vorruhestandszusage“ bezeichnete Leistung sollte sich aus monatlichen Leistungen in der Zeit vom 1. Juli 2005 bis 30. Juni 2010 iHv. jeweils 1.606,93 Euro brutto und in der Zeit vom 1. Juli 2010 bis 30. Juni 2012 iHv. monatlich 925,87 Euro brutto zusammensetzen. Sodann sprach die A GmbH unter dem 3. Dezember 2004 dem Kläger aus dringenden betrieblichen Erfordernissen eine ordentliche Kündigung zum 30. Juni 2005 aus. Dagegen erhob der Kläger keine Kündigungsschutzklage.

7

Am 20. Mai 2005 wurde für die A GmbH der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt, welches am 1. August 2005 eröffnet wurde. Der Kläger, der ab dem 10. Juni 2005 Arbeitslosengeld bezogen hatte, widersprach unter dem 16. August 2005 gegenüber der Beklagten mit Formschreiben dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die A GmbH. Zugleich machte er gegenüber der Beklagten seine Ansprüche aus der „Vorruhestandszusage“ geltend.

8

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, infolge der fehlerhaften Unterrichtung durch die Beklagte habe die Frist für den Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses nicht zu laufen begonnen. Für eine Verwirkung des Widerspruchsrechts habe er weder das Zeit- noch das Umstandsmoment verwirklicht. Von der Erhebung einer Kündigungsschutzklage habe er wegen der bereits mit der Beklagten getroffenen Abfindungsvereinbarung abgesehen. Ihm sei ausdrücklich mitgeteilt worden, dass er die Leistungen der Abwicklungsvereinbarung nur bekomme, wenn er gegen eine betriebsbedingte Kündigung nicht vorgehe.

9

Soweit für die Revision von Bedeutung hat der Kläger beantragt

        

festzustellen, dass zwischen den Parteien ein Anstellungsverhältnis besteht.

10

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrages ausgeführt, dass sie ihre mit Schreiben vom 22. Oktober 2004 erteilten Informationen als dem Gesetz genügend hält. Jedenfalls sei im August 2005 das Widerspruchsrecht des Klägers verwirkt gewesen. Der Kläger habe den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die A GmbH akzeptiert und die von dieser ausgesprochene Kündigung nicht angegriffen.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht durch Teilurteil erkannt, dass zwischen den Parteien ein Anstellungsverhältnis besteht. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte insoweit die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision der Beklagten ist begründet. Im August 2005 konnte der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die A GmbH nicht mehr wirksam widersprechen, da er das Widerspruchsrecht verwirkt hatte.

13

A. Das Landesarbeitsgericht hat sein Urteil im Wesentlichen wie folgt begründet:

14

Der Widerspruch des Klägers gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses sei nicht nach Ablauf der Monatsfrist des § 613a Abs. 6 BGB erfolgt. Vielmehr sei infolge fehlerhafter Unterrichtung durch die Beklagte zum Betriebsteilübergang diese Frist noch nicht angelaufen. Der Kläger habe sein Widerspruchsrecht auch nicht verwirkt. Das für die Verwirkung erforderliche Zeitmoment setze erst dann ein, wenn der Arbeitnehmer Kenntnis davon erlange, dass die Unterrichtung fehlerhaft gewesen sei. Das sei frühestens mit der Beantragung eines Insolvenzverfahrens für die A GmbH anzunehmen. Keine drei Monate später habe der Kläger jedoch den Widerspruch erklärt, sodass bereits das Zeitmoment der Verwirkung nicht erfüllt sei. Jedenfalls sei das weiter erforderliche Umstandsmoment ebenfalls nicht gegeben. Dass der Kläger gegen die seitens der A GmbH ausgesprochene Kündigung keine Kündigungsschutzklage erhoben habe, sei für die Ausübung des Widerspruchsrechts ohne Erklärungswert. Zudem sei die unterbliebene Kündigungsschutzklage der Beklagten gar nicht bekannt geworden. Da der Kläger sein Widerspruchsrecht auch ansonsten nicht rechtsmissbräuchlich ausgeübt habe, bestehe ein Anstellungsverhältnis zwischen ihm und der Beklagten. Dem stehe die durch die A GmbH ausgesprochene Kündigung nicht entgegen, da sie aufgrund der ex-tunc-Wirkung des Widerspruchs ins Leere gegangen sei.

15

B. Dem folgt der Senat nicht. Das Landesarbeitsgericht hat rechtsfehlerhaft verkannt, dass bei Erklärung des Widerspruchs gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses am 16. August 2005 der Kläger sein Widerspruchsrecht verwirkt hatte.

16

I. Die Unterrichtung des Klägers durch die Beklagte mit Schreiben vom 22. Oktober 2004 über den am 1. November 2004 erfolgenden Betriebsteilübergang entsprach nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB. Dies hat der Senat bereits mehrfach zu gleichen oder im Wesentlichen gleich gelagerten Unterrichtungen entschieden(20. März 2008 - 8 AZR 1016/06 - NZA 2008, 1354; 27. November 2008 - 8 AZR 188/07 -). Sie setzt die einmonatige Widerspruchsfrist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB für die betroffenen Arbeitnehmer nicht in Lauf. Der Widerspruch des Klägers gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses war daher nicht verspätet (BAG 27. November 2008 - 8 AZR 174/07 - AP BGB § 613a Nr. 363 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 106).

17

II. Der Ausübung des Widerspruchsrechts steht nicht entgegen, dass im Zeitpunkt der Erklärung des Widerspruchs am 16. August 2005 das Arbeitsverhältnis des Klägers zur A GmbH bereits beendet war(BAG 20. März 2008 - 8 AZR 1016/06 - NZA 2008, 1354). Diese hatte unter dem 3. Dezember 2004 das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger nach dem Betriebsübergang aus dringenden betrieblichen Gründen zum 30. Juni 2005 gekündigt, der Kläger hatte dagegen keine Kündigungsschutzklage erhoben.

18

Dem kann der Wortlaut des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB nicht entgegen gehalten werden, nach dem nur ein „Arbeitnehmer“ dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses widersprechen kann. Die Frist für die Ausübung des Widerspruchsrechts ist an den Zugang der Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB gebunden, nach dem alle „von dem Übergang betroffenen Arbeitnehmer“ zu unterrichten sind, also alle zum Zeitpunkt des geplanten Betriebsübergangs noch in einem Arbeitsverhältnis mit dem bisherigen Betriebsinhaber stehenden Arbeitnehmer, die dem übergehenden Betrieb oder Betriebsteil zuzuordnen sind. Mit anderen Worten: alle mit ihrem Arbeitsverhältnis vom Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer haben das Recht, der Rechtsfolge des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB zu widersprechen. Dieses Recht entfällt grundsätzlich nicht, wenn das Arbeitsverhältnis nach dem Betriebsübergang beendet wird. Insoweit besteht die Gestaltungs- und Verfügungsbefugnis zur Ausübung des Widerspruchsrechts nachvertraglich fort(aA Rieble NZA 2004, 1, 6 f.; Willemsen FS Küttner S. 417, 432).

19

Die Arbeitgeberwahlfreiheit hat Bedeutung nicht nur für die tatsächliche Beschäftigung, die nicht mehr rückgängig zu machen ist, sondern auch dafür, wer in dem vertraglichen Austauschverhältnis die Gegenleistung zu erbringen hat, wer für noch offene Zahlungsansprüche haftet und wem gegenüber ggf. nachvertragliche Pflichten bestehen. Daher wirkt der Widerspruch gerade nicht nur für die Zukunft, sondern zurück auf den Zeitpunkt des Betriebsübergangs(BAG 20. März 2008 - 8 AZR 1016/06 - Rn. 37, 38, NZA 2008, 1354; 13. Juli 2006 - 8 AZR 305/05 - Rn. 41 mwN, BAGE 119, 91 = AP BGB § 613a Nr. 312 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 56).

20

III. Der Kläger hat sein Widerspruchsrecht jedoch verwirkt.

21

1. Der Senat hat mehrmals entschieden, dass das Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers grundsätzlich verwirken kann(vgl. zB 24. Juli 2008 - 8 AZR 175/07 - AP BGB § 613a Nr. 347).

22

2. Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung(§ 242 BGB). Mit der Verwirkung wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie dient dem Vertrauensschutz und verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger längere Zeit seine Rechte nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment). Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckt haben, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandsmoment). Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes auf Seiten des Verpflichteten das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist.

23

Schon nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vor dem Inkrafttreten des § 613a Abs. 5 und 6 BGB konnte das Widerspruchsrecht wegen Verwirkung ausgeschlossen sein. An dieser Rechtsprechung hat der Senat im Einklang mit der herrschenden Auffassung im Schrifttum auch nach der neuen Rechtslage festgehalten. Die Tatsache, dass der Gesetzgeber eine Widerspruchsfrist eingeführt hat, schließt eine Anwendung der allgemeinen Grundsätze nicht aus, weil jedes Recht nur unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben ausgeübt werden kann(Senat 15. Februar 2007 - 8 AZR 431/06 - mwN, BAGE 121, 289 = AP BGB § 613a Nr. 320 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 64).

24

Angesichts der gesetzlichen Regelung kann hinsichtlich des Zeitmoments nicht auf eine feststehende Monatsfrist, beispielsweise von sechs Monaten abgestellt werden. Im Gesetzgebungsverfahren sind nämlich Vorschläge auf Aufnahme einer generellen Höchstfrist von drei(BR-Drucks. 831/1/01 S. 2) bzw. sechs Monaten (BT-Drucks. 14/8128 S. 4) nicht aufgegriffen worden. Abzustellen ist vielmehr auf die konkreten Umstände des Einzelfalles (Senat 15. Februar 2007 - 8 AZR 431/06 - BAGE 121, 289 = AP BGB § 613a Nr. 320 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 64). Dabei ist, wie der Senat bereits zur Verwirkung der Geltendmachung eines Betriebsübergangs (27. Januar 2000 - 8 AZR 106/99 -) ausgeführt hat, davon auszugehen, dass bei schwierigen Sachverhalten die Rechte des Arbeitnehmers erst nach längerer Untätigkeit verwirken können. Zutreffend ist es weiterhin auch, die Länge des Zeitablaufes in Wechselwirkung zu dem ebenfalls erforderlichen Umstandsmoment zu setzen. Je stärker das gesetzte Vertrauen oder die Umstände, die eine Geltendmachung für den Anspruchsgegner unzumutbar machen, sind, desto schneller kann ein Anspruch verwirken. Es müssen letztlich besondere Verhaltensweisen sowohl des Berechtigten als auch des Verpflichteten vorliegen, die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen (Senat 15. Februar 2007 - 8 AZR 431/06 - mwN, aaO).

25

3. Die Voraussetzungen für eine Verwirkung liegen vor.

26

a) Die Beurteilung der Frage, ob ein Recht verwirkt ist, obliegt zwar grundsätzlich den Tatsachengerichten, die den ihnen zur Begründung des Verwirkungseinwandes vorgetragenen Sachverhalt eigenverantwortlich zu würdigen haben(so zB BAG 17. Januar 2007 - 7 AZR 23/06 -). Vom Revisionsgericht ist das Berufungsurteil aber darauf zu überprüfen, ob das Tatsachengericht die von der Rechtsprechung entwickelten rechtlichen Voraussetzungen der Verwirkung beachtet, alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt hat und die Bewertung dieser Gesichtspunkte von den getroffenen tatsächlichen Feststellungen getragen wird (vgl. BAG 12. Dezember 2006 - 9 AZR 747/06 - mwN, EzA BGB 2002 § 242 Verwirkung Nr. 1). Vorliegend hat das Landesarbeitsgericht die rechtlichen Voraussetzungen sowohl hinsichtlich des Zeitmoments als auch hinsichtlich des Umstandsmoments, welche zusammen zur Verwirkung des Widerspruchsrechts führen, rechtsfehlerhaft verkannt.

27

b) Das für die Verwirkung notwendige Zeitmoment ist vorliegend verwirklicht.

28

Die Frist für das für die Verwirkung maßgebliche Zeitmoment beginnt nicht erst mit der umfassenden Unterrichtung des Arbeitnehmers über den Betriebsübergang und seine Folgen zu laufen(vgl. Senat 27. November 2008 - 8 AZR 174/07 - AP BGB § 613a Nr. 363 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 106). Daher setzt auch nicht erst die Kenntnis des Arbeitnehmers von der Fehlerhaftigkeit der Unterrichtung die Frist für die Beurteilung des Vorliegens des Zeitmoments in Lauf. Bei dem Zeitmoment handelt es sich nicht um eine gesetzliche, gerichtliche oder vertraglich vorgeschriebene Frist, für welche bestimmte Anfangs- und Endzeitpunkte gelten, die in den §§ 186 ff. BGB geregelt sind. Vielmehr hat bei der Prüfung, ob ein Recht verwirkt ist, eine Gesamtbetrachtung stattzufinden, bei der das Zeit- und das Umstandsmoment zu berücksichtigen und in Relation zu setzen sind.

29

Erfolgt die Prüfung entsprechend diesen Grundsätzen, so ist es nicht geboten, ähnlich wie bei gesetzlichen, gerichtlichen oder vertraglichen Fristen für das so genannte Zeitmoment einen bestimmten Fristbeginn, wie etwa die Kenntnis des Berechtigten von bestimmten Tatsachen festzulegen. Vielmehr ist darauf abzustellen, ob der Verpflichtete aufgrund des Zeitablaufs, in dem der Berechtigte sein Recht nicht ausgeübt hat, und den Umständen des Einzelfalles, zu denen auch der jeweilige Informationsstand des Berechtigten gehört, darauf vertrauen durfte, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen. Grundsätzlich ist der gesamte Zeitablauf seit der Rechtsentstehung von Bedeutung, im Falle der Beklagten jedenfalls der Zeitraum ab Ende November 2004, weil zu diesem Zeitpunkt die aus ihrer Sicht durch ihr Unterrichtungsschreiben vom 22. Oktober 2004 in Gang gesetzte gesetzliche einmonatige Widerspruchsfrist(§ 613a Abs. 6 Satz 1 BGB)für den Kläger ablief (vgl. dazu grundsätzlich BAG 23. Juli 2009 - 8 AZR 357/08 - AP BGB § 613a Widerspruch Nr. 10 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 113).

30

Der Kläger hat sein Widerspruchsrecht erst knapp zehn Monate nach dem vollzogenen Betriebsteilübergang vom 1. November 2004 ausgeübt, nämlich mit Schreiben vom 16. August 2005. Vor Ablauf eines Monats nach der Unterrichtung in Schriftform muss der Arbeitgeber wegen der in § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB normierten Monatsfrist mit einem Widerspruch des Arbeitnehmers rechnen. Durch die Unterrichtung über den Betriebsübergang gibt er grundsätzlich zu erkennen, dass er mit dieser die Widerspruchsfrist von einem Monat in Gang setzen will und nach Fristablauf die Erklärung von Widersprüchen nicht mehr erwartet(Senat 24. Juli 2008 - 8 AZR 166/07 -; 24. Juli 2008 - 8 AZR 1020/06 -).

31

Dies gilt auch, wenn die Unterrichtung unvollständig oder fehlerhaft war. Ein Zeitraum von knapp neun Monaten nach der Unterrichtung über den Betriebsübergang und dem Ablauf der - fiktiven - gesetzlichen Widerspruchsfrist ist nach der Rechtsprechung des Senats nicht grundsätzlich ungeeignet, das Vorliegen des Zeitmoments zu bejahen(Senat 24. Juli 2008 - 8 AZR 175/07 - AP BGB § 613a Nr. 347). Jedenfalls im Streitfall muss das Zeitmoment auch deshalb als erfüllt gelten, weil der Kläger innerhalb dieses Zeitraums eine von der Betriebserwerberin ausgesprochene ordentliche Kündigung hingenommen und nicht mit einer Kündigungsschutzklage angegriffen hat.

32

c) Mit der Entgegennahme der Vorruhestandszusage der A GmbH vom 1. Dezember 2004 und nachfolgend insbesondere mit der Hinnahme der von der Betriebserwerberin ausgesprochenen Kündigung vom 3. Dezember 2004 hat der Kläger das Umstandsmoment verwirklicht.

33

Das Umstandsmoment ist erfüllt, wenn der Arbeitgeber davon ausgehen durfte, der Widerspruch werde nicht mehr ausgeübt. Dies ist dann der Fall, wenn er aufgrund des Verhaltens des Arbeitnehmers annehmen durfte, dieser habe den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den Betriebserwerber und diesen damit als seinen neuen Arbeitgeber akzeptiert(vgl. Senat 27. November 2008 - 8 AZR 188/07 -; 21. August 2008 - 8 AZR 407/07 - AP BGB § 613a Nr. 348). Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer über den Bestand seines Arbeitsverhältnisses gegenüber dem Betriebserwerber disponiert hat (vgl. Senat 27. November 2008 - 8 AZR 174/07 - AP BGB § 613a Nr. 363 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 106; 20. März 2008 - 8 AZR 1016/06 - NZA 2008, 1354).

34

Allein der Umstand, dass der Arbeitnehmer(zunächst) widerspruchslos beim Betriebserwerber weiterarbeitet und von diesem die Arbeitsvergütung entgegennimmt, stellt ebenso wenig eine Disposition über den Bestand des Arbeitsverhältnisses dar (vgl. Senat 27. November 2008 - 8 AZR 225/07 -; 24. Juli 2008 - 8 AZR 175/07 - AP BGB § 613a Nr. 347) wie Vereinbarungen mit dem Betriebserwerber, durch welche einzelne Arbeitsbedingungen, zB Art und Umfang der zu erbringenden Arbeitsleistung, Höhe der Arbeitsvergütung, geändert werden. Als Disposition über den Bestand des Arbeitsverhältnisses stellen sich nur solche Vereinbarungen oder Verhaltensweisen des Arbeitnehmers dar, durch welche es zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses kommt, zB Abschluss eines Aufhebungsvertrages (Senat 27. November 2008 - 8 AZR 174/07 - AP BGB § 613a Nr. 363 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 106) bzw. die Hinnahme einer vom Betriebserwerber ausgesprochenen Kündigung (Senat 24. Juli 2008 - 8 AZR 175/07 - aaO), oder durch welche das Arbeitsverhältnis auf eine völlig neue rechtliche Grundlage gestellt wird (zB die Begründung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses).

35

Vorliegend hat der Kläger nicht nur die Kündigung der A GmbH vom 3. Dezember 2004 zum 30. Juni 2005 hingenommen, dh. keine Kündigungsschutzklage erhoben, was bereits für sich genommen die Verwirklichung des Umstandsmoments darstellt(Senat 24. Juli 2008 - 8 AZR 175/07 - AP BGB § 613a Nr. 347). Er hat auch zuvor die Abfindungszusage der A GmbH zur Kenntnis genommen, die zwar selbst nicht ausdrücklich als Vertrag formuliert wurde (obgleich die Bezeichnung „Vertrag“ oder „Vereinbarung“ verschiedentlich verwendet wird), die aber jedenfalls die Grundlage dafür bildete, dass er die drei Tage später ausgesprochene Kündigung unangegriffen ließ. Damit ist der Kläger ersichtlich auf ein von der Betriebserwerberin vorgeschlagenes Auflösungsmodell eingegangen, die dabei - das ist wegen des Zeitablaufs zu unterstellen, klingt in dem Unterrichtungsschreiben vom 22. Oktober 2004 schon an und ist dem Senat aus verschiedenen, teilweise ähnlich gelagerten Fällen bekannt - ihrerseits wieder auf Vorbereitungen der Beklagten selbst zurückgriff. Damit hat der Kläger gegenüber der Betriebserwerberin über den Bestand seines Arbeitsverhältnisses eine Disposition getroffen. Er hat mit der Betriebserwerberin abgesprochen, dass das Arbeitsverhältnis ab dem 1. Juli 2005 bis zum 30. Juni 2012 in ein von den Beteiligten so bezeichnetes „Vorruhestandsverhältnis“ überführt wird.

36

d) Soweit sich der Kläger darauf berufen hat, er sei von der Erhebung einer Kündigungsschutzklage abgehalten worden, sei ihm doch bedeutet worden, in diesem Falle werde eine Abfindung nicht gezahlt, steht dies der Annahme eines verwirklichten Umstandsmoments nicht entgegen. Es unterstützt vielmehr die Annahme, der Kläger habe bewusst über den Bestand seines Arbeitsverhältnisses disponieren wollen und dieses gegen ein „Vorruhestandsverhältnis“ mit einer auf nicht weniger als sieben Jahre gestreckten Abfindungszahlung austauschen wollen. Allerdings musste dem Kläger dabei auch deutlich sein, dass die Realisierung eines solchen Abfindungsanspruchs wirtschaftlichen Risiken ausgesetzt sein würde, dies insbesondere in Anbetracht der technologischen Umwälzung des Marktsektors, in dem CI tätig bleiben sollte.

37

4. Auf die Verwirkung darf sich die Beklagte berufen, unabhängig davon, ob ihr alle vom Kläger verwirklichten Umstandsmomente bekannt geworden sind. Bei der Verwirkung des Widerspruchsrechts im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang genügt es, dass einer der Verpflichteten von den vertrauensbildenden Umständen Kenntnis hat. Jedenfalls im unmittelbaren Verhältnis zwischen Betriebsveräußerer und Betriebserwerber sieht das Gesetz grundsätzlich eine gemeinsame Verpflichtung und Berechtigung beider aus dem Arbeitsverhältnis vor. Daraus folgt, dass immer dann, wenn sich der Betriebserwerber als neuer Arbeitgeber auf Verwirkungsumstände berufen könnte, diese auch der Betriebsveräußerer als früherer Arbeitgeber für sich in Anspruch nehmen kann.

38

Die Unterrichtungspflicht nach § 613a Abs. 5 BGB trifft als Gesamtschuldner sowohl den bisherigen Arbeitgeber als auch den neuen Betriebsinhaber. Der von einem Betriebsübergang betroffene Arbeitnehmer erlangt die Fortdauer seines Widerspruchsrechts sowohl durch Informationsfehler des einen wie des anderen. Wenn das Gesetz in der Frage der Informationspflicht zum Betriebsübergang den alten und neuen Arbeitgeber als Einheit sieht, liegt es nahe, Betriebsveräußerer und Betriebserwerber auch hinsichtlich des Informationsstands zum Arbeitnehmerverhalten einheitlich aufzufassen. Auch Art. 3 Abs. 2 der RL 2001/23/EG fingiert einen gleichen Informationsstand von Veräußerer und Erwerber über die Rechte und Pflichten der übergegangenen Arbeitsverhältnisse. Entscheidend kommt hinzu, dass nach § 613a Abs. 6 Satz 2 BGB der Arbeitnehmer den Widerspruch sowohl gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber(Betriebsveräußerer) als auch gegenüber dem neuen Inhaber (Betriebserwerber) erklären kann. Der Widerspruch kann aber nicht gegenüber dem neuen Arbeitgeber verwirkt sein, weil dieser die eingetretenen „Umstände“ subjektiv kennt, gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber wegen dessen Unkenntnis jedoch nicht. Für das Schuldverhältnis von Betriebsveräußerer und Betriebserwerber als Gesamtschuldner gegenüber dem Arbeitnehmer als Berechtigtem ist in § 613a BGB, insbesondere in dessen Abs. 6 „ein anderes“ normiert(§ 425 Abs. 1 BGB). Neuer und alter Arbeitgeber können sich wechselseitig auf die Kenntnis des anderen vom Arbeitnehmerverhalten berufen. Eine nachgewiesene subjektive Kenntnis des in Anspruch genommenen Verpflichteten von einem bestimmten Arbeitnehmerverhalten ist nicht erforderlich, wenn feststeht, dass dieses Verhalten wenigstens dem anderen Verpflichteten bekannt geworden ist (Senat 27. November 2008 - 8 AZR 174/07 - AP BGB § 613a Nr. 363 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 106; 2. April 2009 - 8 AZR 220/07 - AP BGB § 613a Widerspruch Nr. 6; so auch Gaul/Niklas DB 2009, 452).

        

    Hauck    

        

    Böck    

    Breinlinger    

        

        

        

        

    Burr    

        

    Schulz    

        

        

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 7. Juni 2011 - 12 Sa 1530/10 - teilweise aufgehoben.

2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 27. Oktober 2010 - 2 Ca 1492/10 - teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.807,60 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. Januar 2010 zu zahlen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu 47 % zu tragen, die Beklagte zu 53 %.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs.

2

Die Beklagte stellte den Kläger zum 1. April 2005 als Reinigungskraft ein und beschäftigte ihn im Krankenhaus H. Im Arbeitsvertrag der Parteien vom 18. April 2005 heißt es ua.:

        

„§ 7   

Urlaub/Nebentätigkeit

        

Der Arbeitnehmer erhält 28 Arbeitstage Urlaub gemäß des Tarifvertrages für [das] Gebäudereinigerhandwerk in dem Bundesland, in dem er tätig ist. Urlaubsjahr ist das Kalenderjahr. Der Zeitpunkt des jeweiligen Urlaubsantritts ist mit den betrieblichen Notwendigkeiten abzustimmen.

        

…“    

3

Der allgemeinverbindliche Rahmentarifvertrag für die gewerblichen Beschäftigten in der Gebäudereinigung vom 4. Oktober 2003 (RTV) lautet auszugsweise:

        

„§ 22 

        

Ausschlussfristen

        

Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von 2 Monaten nach der Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.

        

Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von 2 Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von 2 Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.“

4

Zum 1. Oktober 2009 verlor die Beklagte den Reinigungsauftrag für das Krankenhaus H an einen Wettbewerber. Nach Zustimmung des Integrationsamts kündigte sie am 6. Oktober 2009 das Arbeitsverhältnis mit dem seit dem Jahr 2006 durchgehend arbeitsunfähigen Kläger. Das Arbeitsverhältnis endete mit Ablauf des 23. Oktober 2009.

5

In einem der Beklagten am 2. Dezember 2009 zugegangenen Schreiben der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 30. November 2009 heißt es ua.:

        

„Sie haben das Arbeitsverhältnis mit unserem Mandanten fristgerecht gekündigt. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs steht unserem Mandanten der gesamte Urlaub aus den Vorjahren seit Beginn seiner Erkrankung zu. Wir dürfen Sie bitten, diesbezüglich eine Abrechnung zu erteilen und die Auszahlung des Nettobetrages vorzunehmen.

        

Wir haben mit gleicher Post unseren Mandanten gebeten, Ihnen seine Lohnsteuerkarte unverzüglich zuzusenden.“

6

Die Beklagte antwortete mit einem dem Kläger am 23. Dezember 2009 zugegangenen Schreiben vom 15. Dezember 2009. Dieses lautet auszugsweise:

        

„…    

        

nach Überprüfung der Sachlage möchten wir Ihnen mitteilen, dass davon auszugehen ist, dass ein Betriebsübergang nach § 613a BGB vorliegt, sodass das Arbeitsverhältnis Ihres Mandanten automatisch auf die Firma K … übergegangen ist.

        

Bitte setzen Sie sich bzgl. der Urlaubsabgeltung Ihres Mandanten mit der Firma K in Verbindung.“

7

Im Antwortschreiben der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 23. Dezember 2009 heißt es ua.:

        

„…    

        

wir nehmen Bezug auf Ihr Schreiben vom 15.12.2009, mit dem Sie die Forderung unseres Mandanten zurückweisen und an die Firma K verweisen.

        

Dieser Hinweis ist rechtlich nicht haltbar. Wir weisen auf § 613a Abs. 2 BGB [hin].

        

Darüber hinaus widersprechen wir hiermit unter Hinweis auf die beigefügte Vollmacht dem Betriebsübergang. Da zu keinem Zeitpunkt eine Belehrung stattgefunden hat, ist der Widerspruch rechtzeitig.

        

Namens und im Auftrag unseres Mandanten fordern wir Sie daher auf, an unseren Mandanten für die Jahre 2006 bis 2009 Urlaubsabgeltung für 24 Werktage pro Jahr, insgesamt also 96 Urlaubstage in Höhe von werktäglich 58,46 €, insgesamt also

        

5.612,16 €

        

abzurechnen und den Nettobetrag an unseren Mandanten auszuzahlen.

        

Wir haben uns zur Erledigung eine Frist bis zum 05.01.2010 gesetzt. Nach Ablauf dieser Frist werden wir den Betrag beim Arbeitsgericht einklagen.“

8

Mit seiner am 22. Februar 2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger zuletzt noch die Abgeltung von 73 Urlaubstagen (13 Tage für das Jahr 2006 und jeweils 20 Tage für die Jahre 2007 bis 2009) verlangt und die Auffassung vertreten, er habe die tariflichen Ausschlussfristen gewahrt. Bei seiner Bitte um Abrechnung und Auszahlung im Schreiben vom 30. November 2009 habe es sich noch nicht um die Geltendmachung eines Anspruchs im Tarifsinne gehandelt, sodass die zweite Stufe der Ausschlussfrist dadurch nicht ausgelöst worden sei. Im Übrigen habe die Beklagte im Antwortschreiben vom 15. Dezember 2009 seinen Anspruch nicht ausdrücklich abgelehnt. Schließlich hätten die tariflichen Ausschlussfristen erst mit der Fälligkeit seines Abgeltungsanspruchs zu laufen begonnen. Diese sei erst mit seinem Widerspruch gegen den Betriebsübergang vom 23. Dezember 2009 eingetreten.

9

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.318,05 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. Januar 2010 zu zahlen.

10

Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, etwaige Urlaubsabgeltungsansprüche des Klägers seien nach § 22 RTV verfallen, weil er die Frist zur gerichtlichen Geltendmachung nicht gewahrt habe.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner Revision hat der Kläger zuletzt sein Klageziel nur noch bezüglich der Abgeltung des Urlaubs aus den Jahren 2008 und 2009 iHv. 2.807,60 Euro weiterverfolgt, wobei er sich hinsichtlich der Höhe der Urlaubsabgeltung die Berechnung der Beklagten zu eigen gemacht und pro Urlaubstag 70,19 Euro brutto zugrunde gelegt hat. Die Beklagte bittet um die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht zurückgewiesen, soweit der Kläger die Abgeltung seiner Urlaubsansprüche aus den Jahren 2008 und 2009 verlangt hat.

13

I. Die Beklagte hat gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG jeweils 20 Urlaubstage aus den Jahren 2008 und 2009 mit 70,19 Euro brutto pro Urlaubstag abzugelten und damit Urlaubsabgeltung in Höhe von insgesamt 2.807,60 Euro brutto an den Kläger zu zahlen.

14

1. Der Anspruch des Klägers auf bezahlten Erholungsurlaub gemäß § 1 BUrlG aus dem Jahr 2008 ist trotz seiner Arbeitsunfähigkeit entstanden (vgl. BAG 7. August 2012 - 9 AZR 353/10 - Rn. 8 mwN) und war zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 23. Oktober 2009 nicht verfallen. Der Kläger war aufgrund seiner Arbeitsunfähigkeit nicht in der Lage, den Urlaub in Anspruch zu nehmen. Der Urlaubsanspruch ging daher nach unionsrechtskonformer Auslegung des § 7 Abs. 3 BUrlG nicht am 31. März 2009 unter (vgl. BAG 7. August 2012 - 9 AZR 353/10 - Rn. 32). Für den Abgeltungsanspruch des Klägers ist es unerheblich, ob dieser über den 23. Oktober 2009 hinaus weiterhin arbeitsunfähig krank war (vgl. BAG 4. Mai 2010 - 9 AZR 183/09 - Rn. 21, BAGE 134, 196; 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 59 mwN, BAGE 130, 119).

15

2. Der Urlaub aus dem Jahr 2009 war entgegen der Rechtsansicht der Beklagten nicht aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 23. Oktober 2009 anteilig zu kürzen. § 14 Ziff. 1.5 RTV regelt zwar, dass bei einer Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses im Laufe des Urlaubsjahres der Urlaubsanspruch 1/12 für jeden vollen Kalendermonat beträgt, in dem das Beschäftigungsverhältnis während des betreffenden Urlaubsjahres bestanden hat. Jedoch ist ferner ausdrücklich tariflich angeordnet, dass der gesetzliche Mindesturlaub nicht unterschritten werden darf. Da das Arbeitsverhältnis des Klägers länger als sechs Monate bestanden hatte und in der zweiten Jahreshälfte endete, stand dem in einer Fünftagewoche beschäftigten Kläger der volle Jahresurlaub von 20 Arbeitstagen zu (arg. e contrario § 5 Abs. 1 Buchst. c BUrlG).

16

II. Der Abgeltungsanspruch des Klägers ist nicht gemäß § 22 RTV verfallen. Der Kläger wahrte mit seinem Schreiben vom 30. November 2009 und mit seiner am 22. Februar 2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage vom 17. Februar 2010 beide Stufen der Ausschlussfrist des § 22 RTV.

17

1. Nach § 22 Abs. 1 RTV müssen alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, innerhalb von zwei Monaten nach der Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden. Diese Frist hielt der Kläger mit seinem der Beklagten am 2. Dezember 2009 zugegangenen Schreiben vom 30. November 2009 ein, in dem er die Beklagte auf den ihm zustehenden Urlaub hinwies und um Abrechnung und Zahlung bat. Bei dieser Abrechnungs- und Zahlungsbitte handelte es sich um eine sogenannte nichttypische Erklärung.

18

a) Die Auslegung nichttypischer Erklärungen ist regelmäßig den Tatsachengerichten vorbehalten. Revisionsrechtlich nachprüfbar ist lediglich, ob gesetzliche Auslegungsregeln iSd. §§ 133, 157 BGB, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt sind oder wesentlicher Tatsachenstoff, der für die Auslegung von Bedeutung sein kann, außer Betracht gelassen worden ist. Bei der Geltendmachung einer Forderung handelt es sich zwar um keine Willenserklärung, sondern um eine einseitige rechtsgeschäftsähnliche Handlung. Auf solche Handlungen sind aber die Vorschriften über die Auslegung von Willenserklärungen entsprechend anzuwenden. Das gilt auch für den revisionsrechtlichen Prüfmaßstab (BAG 20. Februar 2001 - 9 AZR 46/00 - zu II 2 a der Gründe mwN).

19

b) Danach ist die Auslegung des Landesarbeitsgerichts revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, der Kläger habe mit dem Schreiben vom 30. November 2009 die inhaltlichen Anforderungen der ersten Stufe der Ausschlussfrist des § 22 RTV erfüllt.

20

aa) Unerheblich ist, dass der Kläger nicht ausdrücklich die Abgeltung seiner Urlaubsansprüche verlangte. Auf die Wortwahl kommt es nicht an. Für die Geltendmachung eines Anspruchs genügt die Erklärung einer Partei, mit der klargestellt wird, sie stelle an die Gegenseite einen näher bestimmten Anspruch (BAG 20. Februar 2001 - 9 AZR 46/00 - zu II 3 a der Gründe; Steffan in Henssler/Moll/Bepler Der Tarifvertrag Teil 5 (22) Rn. 9). Für die Beklagte war ohne Weiteres erkennbar, dass der Kläger Urlaubsabgeltung iSd. § 7 Abs. 4 BUrlG verlangte. Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses kam eine bezahlte Freistellung des Klägers von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung nicht mehr in Betracht. Der Kläger verlangt auch nicht nur Abrechnung (vgl. dazu BAG 20. Februar 2001 - 9 AZR 46/00 - zu II 3 b der Gründe; enger Löwisch/Rieble TVG 3. Aufl. § 1 Rn. 1776), sondern forderte die Beklagte ausdrücklich auch zur Auszahlung des Nettobetrags auf. Das Antwortschreiben der Beklagten vom 15. Dezember 2009, in dem die Beklagte den Kläger aufforderte, sich bezüglich der Urlaubsabgeltung „mit der Firma K in Verbindung zu setzen“, zeigt, dass die Beklagte das Schreiben des Klägers vom 30. November 2009 auch als Aufforderung zur Abrechnung und Zahlung der Urlaubsabgeltung verstanden hatte.

21

bb) Rechtsfehlerfrei ist auch die Annahme des Landesarbeitsgerichts, der Kläger habe seinen Anspruch hinreichend konkretisiert. Zur Wahrung tariflicher Ausschlussfristen muss grundsätzlich jede Forderung nach Grund und Höhe angemeldet werden. Dabei meint die Anmeldung dem Grunde nach den tatsächlichen Lebenssachverhalt, auf den sich der Anspruch stützt, nicht die rechtliche Begründung. Wird eine schriftliche Geltendmachung gefordert, ist in dem Geltendmachungsschreiben eine Bezifferung der Forderung nicht erforderlich, wenn dem Schuldner die Höhe bekannt oder diese ohne Weiteres errechenbar ist und die schriftliche Geltendmachung erkennbar davon ausgeht (vgl. zur Lohn- und Lohnfortzahlung: BAG 26. Februar 2003 - 5 AZR 223/02 - zu II 3 a der Gründe, BAGE 105, 181; 5. Dezember 2001 - 10 AZR 197/01 - zu II 3 b bb der Gründe mwN). Hat ein Arbeitgeber nach langer krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit eines Arbeitnehmers Urlaub abzugelten, ist er in aller Regel eher in der Lage als der Arbeitnehmer, die zutreffende Höhe der Urlaubsabgeltung zu ermitteln. Die Bitte des Klägers um Abrechnung zeigt, dass dieser davon ausging, die Beklagte könne die Höhe seines Anspruchs unschwer berechnen und sei dazu auch verpflichtet.

22

Allerdings gab der Kläger nicht ausdrücklich an, dass er den Urlaub aus den Jahren 2006 bis 2009 abgegolten haben wollte. Dies hindert jedoch nicht die Annahme, dass er im Schreiben vom 30. November 2009 den Lebenssachverhalt, auf den er seinen Anspruch stützt, hinreichend konkret dargetan hat. Das Landesarbeitsgericht hat die Formulierung „steht unserem Mandanten der gesamte Urlaub aus den Vorjahren seit Beginn seiner Erkrankung“ in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise so ausgelegt, dass der Kläger die Abgeltung des Urlaubs aus den Jahren 2006 bis 2009 beanspruchte.

23

2. Die Frist zur gerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs nach § 22 Abs. 2 RTV begann entgegen der Rechtsansicht des Landesarbeitsgerichts und der Auffassung der Beklagten erst mit dem Zugang des Widerspruchs nach § 613a Abs. 6 BGB bei der Beklagten zu laufen und damit nicht vor dem 23. Dezember 2009. Zur Wahrung der Frist genügte der rechtzeitige Eingang der Klageschrift bei Gericht (§ 46 Abs. 2 ArbGG iVm. § 167 ZPO; vgl. Steffan in Henssler/Moll/Bepler Teil 5 (22) Rn. 7). Da die Klage am 22. Februar 2010 beim Arbeitsgericht einging, wurde die Frist von zwei Monaten zur Wahrung der zweiten Stufe der tariflichen Ausschlussfrist eingehalten.

24

3. Dahingestellt bleiben kann, ob im Rahmen der Neuvergabe des Reinigungsauftrags für das Krankenhaus H tatsächlich ein Betriebsübergang iSd. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB stattfand, wovon die Beklagte in ihrem an den Kläger gerichteten Schreiben vom 15. Dezember 2009 „nach Überprüfung der Sachlage“ ausging.

25

a) Trat die „Firma K“ als neue Auftragnehmerin zum 1. Oktober 2009 gemäß § 613a Abs. 1 BGB tatsächlich in die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis ein, hinderte dies gegenüber der Beklagten den Beginn des Laufs der Frist zur gerichtlichen Geltendmachung nach § 22 Abs. 2 RTV.

26

aa) Wird das Widerspruchsrecht nach dem Betriebsübergang vom Arbeitnehmer ausgeübt, wirkt es auf den Zeitpunkt des Betriebsübergangs zurück (sog. ex-tunc-Wirkung; st. Rspr., vgl. nur BAG 13. Juli 2006 - 8 AZR 305/05 - Rn. 41 mwN, BAGE 119, 91; vgl. auch MüKoBGB/Müller-Glöge 6. Aufl. § 613a Rn. 122; KR/Treber 10. Aufl. § 613a BGB Rn. 116; ErfK/Preis 13. Aufl. § 613a BGB Rn. 105). Der Widerspruch führt dazu, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien ununterbrochen fortbestand (BAG 13. Juli 2006 - 8 AZR 305/05 - Rn. 39, aaO). Daraus wird teilweise die Schlussfolgerung gezogen, auch Ausschlussfristen fänden bei einem später erklärten Widerspruch so Anwendung, als habe das Arbeitsverhältnis ununterbrochen fortbestanden (LAG München 19. August 2010 - 4 Sa 311/10 - zu II 1 c aa (2) der Gründe, LAGE BGB 2002 § 613a Nr. 31; zustimmend Däubler/Zwanziger TVG 3. Aufl. § 4 Rn. 1148; Grobys/Panzer/Schönhöft SWK ArbR 2012 Ausschlussfristen Rn. 23). Dies soll dazu führen können, dass Ansprüche im Zeitpunkt der Ausübung des Widerspruchsrechts bereits verfallen seien.

27

bb) Ein solches Verständnis widerspricht jedoch dem Zweck tariflicher Ausschlussfristen. Tarifvertragsparteien wollen durch die Normierung der Verpflichtung zur gerichtlichen Geltendmachung alsbaldige Klarheit über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Anspruchs schaffen. Ein Zwang zur Anrufung des Arbeitsgerichts ist allerdings nur sinnvoll, wenn der mit der Klage geltend gemachte Anspruch auch durchsetzbar ist (vgl. BAG 27. März 1996 - 10 AZR 668/95 - zu II 3 a der Gründe). So läuft die Frist für die gerichtliche Geltendmachung grundsätzlich nicht vor der Fälligkeit des Anspruchs (BAG 18. November 2004 - 6 AZR 651/03 - zu 2 a dd der Gründe, BAGE 112, 351; 13. Februar 2003 - 8 AZR 236/02 - zu II 2 a der Gründe mwN; 27. März 1996 - 10 AZR 668/95 - aaO; Weyand Ausschlussfristen im Tarifrecht Kap. 5 Rn. 66 und Kap. 7 Rn. 17).

28

cc) Bei einem Betriebsübergang gemäß § 613a BGB zum 1. Oktober 2009 hätte die von der Beklagten am 6. Oktober 2009 erklärte Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht beendet, weil die Beklagte zum Kündigungszeitpunkt nicht mehr Arbeitgeberin des Klägers, sondern Dritte gewesen wäre (vgl. BAG 27. Oktober 2005 - 8 AZR 568/04 - Rn. 26; MüKoBGB/Müller-Glöge § 613a Rn. 209). Mangels Beendigung des Arbeitsverhältnisses wäre ein Anspruch des Klägers auf Urlaubsabgeltung nicht entstanden, geschweige denn fällig gewesen (vgl. BAG 7. August 2012 - 9 AZR 353/10 - Rn. 45 mwN), sodass die tarifliche Ausschlussfrist nicht zu laufen begonnen hätte.

29

dd) Obschon ein vom Arbeitnehmer nach einem Betriebsübergang ausgeübtes Widerspruchsrecht auf den Zeitpunkt des Betriebsübergangs zurückwirkt, darf dieses ebenso wie andere Gestaltungsrechte nicht mechanisch gehandhabt werden, wenn sich Einschränkungen der Rückwirkung aus dem Gesetzeszweck ergeben (vgl. Staudinger/Gursky (2009) § 184 Rn. 38; Palandt/Ellenberger BGB 72. Aufl. § 184 Rn. 2). So ordnet das Gesetz in § 184 BGB an, dass die nachträgliche Zustimmung(Genehmigung) auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts zurückwirkt. Dennoch entspricht es allgemeiner Auffassung, dass die Verjährung durch die Genehmigung nicht rückwirkend, sondern ex nunc in Gang gesetzt wird (vgl. Staudinger/Gursky aaO; Palandt/Ellenberger aaO, jew. mwN; Trautwein in jurisPK-BGB 5. Aufl. § 184 Rn. 26; BeckOK BGB/Bub Stand 1. Februar 2013 § 184 Rn. 9; vgl. auch zum Beginn der Klagefrist nach §§ 4, 7 KSchG bei rückwirkender Genehmigung der Kündigung: BAG 6. September 2012 - 2 AZR 858/11 - Rn. 14). Bereits das Reichsgericht hat in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hingewiesen, dass eine rechtliche Fiktion nicht die Kraft habe, tatsächliche Unmöglichkeiten zu überwinden und die Zeitrechnung umzustoßen (RG 28. Februar 1907 - V 282/06 - RGZ 65, 245). Die Verjährung eines Anspruchs erfordere, dass der Anspruch entstanden sei, also geltend gemacht werden konnte, und nur während der bestimmten Frist nicht geltend gemacht worden sei.

30

ee) Nach ihrem Sinn und Zweck ist eine einschränkende Auslegung tariflicher Ausschlussfristen geboten, wenn der Widerspruch vom Arbeitnehmer nach dem Betriebsübergang wirksam erklärt wird. Dafür, dass Tarifvertragsparteien mit der Normierung von Ausschlussfristen Ansprüche auch dann untergehen lassen wollten, wenn der Anspruchsberechtigte vor Ablauf der Ausschlussfristen nicht in der Lage war, seinen Anspruch mit Aussicht auf Erfolg gerichtlich geltend zu machen, fehlt jeder Anhaltspunkt. Tarifliche Ausschlussfristen bezwecken nur, über das Bestehen oder Nichtbestehen von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis alsbald Klarheit zu schaffen.

31

ff) Der Einwand, der Kläger habe es damit in der Hand gehabt, durch die Ausübung seines Widerspruchsrechts die zweite Stufe der Verfallfrist in Gang zu setzen, überzeugt nicht. Ein Arbeitnehmer kann den Widerspruch nur innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB wirksam erklären. Der bisherige Arbeitgeber hat es mithin selbst in der Hand, den Arbeitnehmer durch eine ordnungsgemäße Unterrichtung zu einer zeitnahen Erklärung zu veranlassen (zu den Folgen einer fehlerhaften Unterrichtung: vgl. BAG 10. November 2011 - 8 AZR 430/10 - Rn. 23 mwN).

32

b) Auch wenn zum 1. Oktober 2009 kein Betriebsübergang gemäß § 613a BGB stattgefunden haben sollte, könnte die Beklagte sich auf diesen Umstand nicht berufen, sodass auch in diesem Fall die Frist zur gerichtlichen Geltendmachung des Urlaubsabgeltungsanspruchs nach § 22 Abs. 2 RTV frühestens mit dem Zugang des Widerspruchs des Klägers bei der Beklagten zu laufen begann. Die Beklagte war aufgrund ihrer Ausführungen im Schreiben vom 15. Dezember 2009 gehindert, sich auf die Versäumung der Frist zur gerichtlichen Geltendmachung der Urlaubsabgeltung zu berufen. Es bedarf daher keiner weiteren Prüfung, ob sich die Beklagte in den Tatsacheninstanzen ausreichend gemäß § 138 Abs. 2 ZPO zu der Behauptung des Klägers, es habe ein Betriebsübergang vorgelegen(zum Betriebsübergang als Tatsachen einkleidenden Rechtsbegriff: vgl. BAG 14. November 2007 - 4 AZR 861/06 - Rn. 28 f. mwN), erklärt hat, oder ob der Umstand als zugestanden zu gelten hat (§ 138 Abs. 3 ZPO). Mit dem erstmals in der Revisionsverhandlung erhobenen Einwand, objektiv habe kein Betriebsübergang vorgelegen, setzt sich die Beklagte in Widerspruch zu ihrer eigenen Erklärung vom 15. Dezember 2009. Dieses Verhalten verstößt gegen die Grundsätze von Treu und Glauben. Eine gegen Treu und Glauben verstoßende und damit gemäß §§ 242, 134 BGB unzulässige Rechtsausübung stellt die Berufung auf eine Ausschlussfrist dann dar, wenn die zum Verfall des Anspruchs führende Untätigkeit des Gläubigers hinsichtlich der erforderlichen Geltendmachung des Anspruchs durch ein Verhalten des Schuldners veranlasst worden ist(BAG 13. Dezember 2007 - 6 AZR 222/07 - Rn. 32 mwN, BAGE 125, 216; 10. Oktober 2002 - 8 AZR 8/02 - zu II 2 e aa der Gründe, BAGE 103, 71; Thüsing/Braun/Mengel/Burg Tarifrecht Kap. 5 Ausschlussklauseln Rn. 16). Das Verbot widersprüchlichen Verhaltens als Ausprägung der Grundsätze von Treu und Glauben bildet eine allen Rechten, Rechtslagen und Rechtsnormen immanente Inhaltsbegrenzung. Das Vertrauen des anderen am Rechtsverhältnis beteiligten Teils, dass eine bestimmte Rechtslage gegeben sei, ist vor allem dann schutzwürdig, wenn er von dem anderen Teil in diesem Glauben bestärkt worden ist und im Hinblick darauf Dispositionen getroffen hat (BAG 22. August 2012 - 5 AZR 526/11 - Rn. 19 mwN).

33

Der Kläger hatte bereits im Rahmen des Verfahrens vor dem Integrationsamt geltend gemacht, dass von einem Betriebsübergang auszugehen sei. Dieser Auffassung hat sich die Beklagte mit Schreiben vom 15. Dezember 2009 „nach Überprüfung der Sachlage“ angeschlossen. Etwaige noch bestehende Zweifel am Vorliegen eines Betriebsübergangs hat die Beklagte dem Kläger gegenüber nicht geäußert, sondern den Kläger aufgefordert, sich bezüglich der Urlaubsabgeltung mit dem Betriebserwerber in Verbindung zu setzen. Der Kläger durfte sein Verhalten fortan darauf einstellen, dass sein Arbeitsverhältnis (zunächst) auf den Betriebserwerber übergegangen war. Dies hat der Kläger ausweislich seines Schreibens vom 23. Dezember 2009, in dem er dem Übergang widersprach, auch getan.

34

III. Der Ausspruch über die Zinsen folgt aus § 286 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 288 Abs. 1 BGB.

35

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1, § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO.

        

    Brühler    

        

    Krasshöfer    

        

    Klose    

        

        

        

    W. Schmid    

        

    Mehnert    

                 

(1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

(2) Der bisherige Arbeitgeber haftet neben dem neuen Inhaber für Verpflichtungen nach Absatz 1, soweit sie vor dem Zeitpunkt des Übergangs entstanden sind und vor Ablauf von einem Jahr nach diesem Zeitpunkt fällig werden, als Gesamtschuldner. Werden solche Verpflichtungen nach dem Zeitpunkt des Übergangs fällig, so haftet der bisherige Arbeitgeber für sie jedoch nur in dem Umfang, der dem im Zeitpunkt des Übergangs abgelaufenen Teil ihres Bemessungszeitraums entspricht.

(3) Absatz 2 gilt nicht, wenn eine juristische Person oder eine Personenhandelsgesellschaft durch Umwandlung erlischt.

(4) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebs oder eines Betriebsteils ist unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt unberührt.

(5) Der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber hat die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform zu unterrichten über:

1.
den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
2.
den Grund für den Übergang,
3.
die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und
4.
die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

(6) Der Arbeitnehmer kann dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Absatz 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden.

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 7. Juni 2011 - 12 Sa 1530/10 - teilweise aufgehoben.

2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 27. Oktober 2010 - 2 Ca 1492/10 - teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.807,60 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. Januar 2010 zu zahlen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu 47 % zu tragen, die Beklagte zu 53 %.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs.

2

Die Beklagte stellte den Kläger zum 1. April 2005 als Reinigungskraft ein und beschäftigte ihn im Krankenhaus H. Im Arbeitsvertrag der Parteien vom 18. April 2005 heißt es ua.:

        

„§ 7   

Urlaub/Nebentätigkeit

        

Der Arbeitnehmer erhält 28 Arbeitstage Urlaub gemäß des Tarifvertrages für [das] Gebäudereinigerhandwerk in dem Bundesland, in dem er tätig ist. Urlaubsjahr ist das Kalenderjahr. Der Zeitpunkt des jeweiligen Urlaubsantritts ist mit den betrieblichen Notwendigkeiten abzustimmen.

        

…“    

3

Der allgemeinverbindliche Rahmentarifvertrag für die gewerblichen Beschäftigten in der Gebäudereinigung vom 4. Oktober 2003 (RTV) lautet auszugsweise:

        

„§ 22 

        

Ausschlussfristen

        

Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von 2 Monaten nach der Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.

        

Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von 2 Wochen nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von 2 Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.“

4

Zum 1. Oktober 2009 verlor die Beklagte den Reinigungsauftrag für das Krankenhaus H an einen Wettbewerber. Nach Zustimmung des Integrationsamts kündigte sie am 6. Oktober 2009 das Arbeitsverhältnis mit dem seit dem Jahr 2006 durchgehend arbeitsunfähigen Kläger. Das Arbeitsverhältnis endete mit Ablauf des 23. Oktober 2009.

5

In einem der Beklagten am 2. Dezember 2009 zugegangenen Schreiben der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 30. November 2009 heißt es ua.:

        

„Sie haben das Arbeitsverhältnis mit unserem Mandanten fristgerecht gekündigt. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs steht unserem Mandanten der gesamte Urlaub aus den Vorjahren seit Beginn seiner Erkrankung zu. Wir dürfen Sie bitten, diesbezüglich eine Abrechnung zu erteilen und die Auszahlung des Nettobetrages vorzunehmen.

        

Wir haben mit gleicher Post unseren Mandanten gebeten, Ihnen seine Lohnsteuerkarte unverzüglich zuzusenden.“

6

Die Beklagte antwortete mit einem dem Kläger am 23. Dezember 2009 zugegangenen Schreiben vom 15. Dezember 2009. Dieses lautet auszugsweise:

        

„…    

        

nach Überprüfung der Sachlage möchten wir Ihnen mitteilen, dass davon auszugehen ist, dass ein Betriebsübergang nach § 613a BGB vorliegt, sodass das Arbeitsverhältnis Ihres Mandanten automatisch auf die Firma K … übergegangen ist.

        

Bitte setzen Sie sich bzgl. der Urlaubsabgeltung Ihres Mandanten mit der Firma K in Verbindung.“

7

Im Antwortschreiben der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 23. Dezember 2009 heißt es ua.:

        

„…    

        

wir nehmen Bezug auf Ihr Schreiben vom 15.12.2009, mit dem Sie die Forderung unseres Mandanten zurückweisen und an die Firma K verweisen.

        

Dieser Hinweis ist rechtlich nicht haltbar. Wir weisen auf § 613a Abs. 2 BGB [hin].

        

Darüber hinaus widersprechen wir hiermit unter Hinweis auf die beigefügte Vollmacht dem Betriebsübergang. Da zu keinem Zeitpunkt eine Belehrung stattgefunden hat, ist der Widerspruch rechtzeitig.

        

Namens und im Auftrag unseres Mandanten fordern wir Sie daher auf, an unseren Mandanten für die Jahre 2006 bis 2009 Urlaubsabgeltung für 24 Werktage pro Jahr, insgesamt also 96 Urlaubstage in Höhe von werktäglich 58,46 €, insgesamt also

        

5.612,16 €

        

abzurechnen und den Nettobetrag an unseren Mandanten auszuzahlen.

        

Wir haben uns zur Erledigung eine Frist bis zum 05.01.2010 gesetzt. Nach Ablauf dieser Frist werden wir den Betrag beim Arbeitsgericht einklagen.“

8

Mit seiner am 22. Februar 2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger zuletzt noch die Abgeltung von 73 Urlaubstagen (13 Tage für das Jahr 2006 und jeweils 20 Tage für die Jahre 2007 bis 2009) verlangt und die Auffassung vertreten, er habe die tariflichen Ausschlussfristen gewahrt. Bei seiner Bitte um Abrechnung und Auszahlung im Schreiben vom 30. November 2009 habe es sich noch nicht um die Geltendmachung eines Anspruchs im Tarifsinne gehandelt, sodass die zweite Stufe der Ausschlussfrist dadurch nicht ausgelöst worden sei. Im Übrigen habe die Beklagte im Antwortschreiben vom 15. Dezember 2009 seinen Anspruch nicht ausdrücklich abgelehnt. Schließlich hätten die tariflichen Ausschlussfristen erst mit der Fälligkeit seines Abgeltungsanspruchs zu laufen begonnen. Diese sei erst mit seinem Widerspruch gegen den Betriebsübergang vom 23. Dezember 2009 eingetreten.

9

Der Kläger hat beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.318,05 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. Januar 2010 zu zahlen.

10

Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, etwaige Urlaubsabgeltungsansprüche des Klägers seien nach § 22 RTV verfallen, weil er die Frist zur gerichtlichen Geltendmachung nicht gewahrt habe.

11

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner Revision hat der Kläger zuletzt sein Klageziel nur noch bezüglich der Abgeltung des Urlaubs aus den Jahren 2008 und 2009 iHv. 2.807,60 Euro weiterverfolgt, wobei er sich hinsichtlich der Höhe der Urlaubsabgeltung die Berechnung der Beklagten zu eigen gemacht und pro Urlaubstag 70,19 Euro brutto zugrunde gelegt hat. Die Beklagte bittet um die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht zurückgewiesen, soweit der Kläger die Abgeltung seiner Urlaubsansprüche aus den Jahren 2008 und 2009 verlangt hat.

13

I. Die Beklagte hat gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG jeweils 20 Urlaubstage aus den Jahren 2008 und 2009 mit 70,19 Euro brutto pro Urlaubstag abzugelten und damit Urlaubsabgeltung in Höhe von insgesamt 2.807,60 Euro brutto an den Kläger zu zahlen.

14

1. Der Anspruch des Klägers auf bezahlten Erholungsurlaub gemäß § 1 BUrlG aus dem Jahr 2008 ist trotz seiner Arbeitsunfähigkeit entstanden (vgl. BAG 7. August 2012 - 9 AZR 353/10 - Rn. 8 mwN) und war zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 23. Oktober 2009 nicht verfallen. Der Kläger war aufgrund seiner Arbeitsunfähigkeit nicht in der Lage, den Urlaub in Anspruch zu nehmen. Der Urlaubsanspruch ging daher nach unionsrechtskonformer Auslegung des § 7 Abs. 3 BUrlG nicht am 31. März 2009 unter (vgl. BAG 7. August 2012 - 9 AZR 353/10 - Rn. 32). Für den Abgeltungsanspruch des Klägers ist es unerheblich, ob dieser über den 23. Oktober 2009 hinaus weiterhin arbeitsunfähig krank war (vgl. BAG 4. Mai 2010 - 9 AZR 183/09 - Rn. 21, BAGE 134, 196; 24. März 2009 - 9 AZR 983/07 - Rn. 59 mwN, BAGE 130, 119).

15

2. Der Urlaub aus dem Jahr 2009 war entgegen der Rechtsansicht der Beklagten nicht aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 23. Oktober 2009 anteilig zu kürzen. § 14 Ziff. 1.5 RTV regelt zwar, dass bei einer Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses im Laufe des Urlaubsjahres der Urlaubsanspruch 1/12 für jeden vollen Kalendermonat beträgt, in dem das Beschäftigungsverhältnis während des betreffenden Urlaubsjahres bestanden hat. Jedoch ist ferner ausdrücklich tariflich angeordnet, dass der gesetzliche Mindesturlaub nicht unterschritten werden darf. Da das Arbeitsverhältnis des Klägers länger als sechs Monate bestanden hatte und in der zweiten Jahreshälfte endete, stand dem in einer Fünftagewoche beschäftigten Kläger der volle Jahresurlaub von 20 Arbeitstagen zu (arg. e contrario § 5 Abs. 1 Buchst. c BUrlG).

16

II. Der Abgeltungsanspruch des Klägers ist nicht gemäß § 22 RTV verfallen. Der Kläger wahrte mit seinem Schreiben vom 30. November 2009 und mit seiner am 22. Februar 2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage vom 17. Februar 2010 beide Stufen der Ausschlussfrist des § 22 RTV.

17

1. Nach § 22 Abs. 1 RTV müssen alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, innerhalb von zwei Monaten nach der Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden. Diese Frist hielt der Kläger mit seinem der Beklagten am 2. Dezember 2009 zugegangenen Schreiben vom 30. November 2009 ein, in dem er die Beklagte auf den ihm zustehenden Urlaub hinwies und um Abrechnung und Zahlung bat. Bei dieser Abrechnungs- und Zahlungsbitte handelte es sich um eine sogenannte nichttypische Erklärung.

18

a) Die Auslegung nichttypischer Erklärungen ist regelmäßig den Tatsachengerichten vorbehalten. Revisionsrechtlich nachprüfbar ist lediglich, ob gesetzliche Auslegungsregeln iSd. §§ 133, 157 BGB, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt sind oder wesentlicher Tatsachenstoff, der für die Auslegung von Bedeutung sein kann, außer Betracht gelassen worden ist. Bei der Geltendmachung einer Forderung handelt es sich zwar um keine Willenserklärung, sondern um eine einseitige rechtsgeschäftsähnliche Handlung. Auf solche Handlungen sind aber die Vorschriften über die Auslegung von Willenserklärungen entsprechend anzuwenden. Das gilt auch für den revisionsrechtlichen Prüfmaßstab (BAG 20. Februar 2001 - 9 AZR 46/00 - zu II 2 a der Gründe mwN).

19

b) Danach ist die Auslegung des Landesarbeitsgerichts revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, der Kläger habe mit dem Schreiben vom 30. November 2009 die inhaltlichen Anforderungen der ersten Stufe der Ausschlussfrist des § 22 RTV erfüllt.

20

aa) Unerheblich ist, dass der Kläger nicht ausdrücklich die Abgeltung seiner Urlaubsansprüche verlangte. Auf die Wortwahl kommt es nicht an. Für die Geltendmachung eines Anspruchs genügt die Erklärung einer Partei, mit der klargestellt wird, sie stelle an die Gegenseite einen näher bestimmten Anspruch (BAG 20. Februar 2001 - 9 AZR 46/00 - zu II 3 a der Gründe; Steffan in Henssler/Moll/Bepler Der Tarifvertrag Teil 5 (22) Rn. 9). Für die Beklagte war ohne Weiteres erkennbar, dass der Kläger Urlaubsabgeltung iSd. § 7 Abs. 4 BUrlG verlangte. Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses kam eine bezahlte Freistellung des Klägers von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung nicht mehr in Betracht. Der Kläger verlangt auch nicht nur Abrechnung (vgl. dazu BAG 20. Februar 2001 - 9 AZR 46/00 - zu II 3 b der Gründe; enger Löwisch/Rieble TVG 3. Aufl. § 1 Rn. 1776), sondern forderte die Beklagte ausdrücklich auch zur Auszahlung des Nettobetrags auf. Das Antwortschreiben der Beklagten vom 15. Dezember 2009, in dem die Beklagte den Kläger aufforderte, sich bezüglich der Urlaubsabgeltung „mit der Firma K in Verbindung zu setzen“, zeigt, dass die Beklagte das Schreiben des Klägers vom 30. November 2009 auch als Aufforderung zur Abrechnung und Zahlung der Urlaubsabgeltung verstanden hatte.

21

bb) Rechtsfehlerfrei ist auch die Annahme des Landesarbeitsgerichts, der Kläger habe seinen Anspruch hinreichend konkretisiert. Zur Wahrung tariflicher Ausschlussfristen muss grundsätzlich jede Forderung nach Grund und Höhe angemeldet werden. Dabei meint die Anmeldung dem Grunde nach den tatsächlichen Lebenssachverhalt, auf den sich der Anspruch stützt, nicht die rechtliche Begründung. Wird eine schriftliche Geltendmachung gefordert, ist in dem Geltendmachungsschreiben eine Bezifferung der Forderung nicht erforderlich, wenn dem Schuldner die Höhe bekannt oder diese ohne Weiteres errechenbar ist und die schriftliche Geltendmachung erkennbar davon ausgeht (vgl. zur Lohn- und Lohnfortzahlung: BAG 26. Februar 2003 - 5 AZR 223/02 - zu II 3 a der Gründe, BAGE 105, 181; 5. Dezember 2001 - 10 AZR 197/01 - zu II 3 b bb der Gründe mwN). Hat ein Arbeitgeber nach langer krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit eines Arbeitnehmers Urlaub abzugelten, ist er in aller Regel eher in der Lage als der Arbeitnehmer, die zutreffende Höhe der Urlaubsabgeltung zu ermitteln. Die Bitte des Klägers um Abrechnung zeigt, dass dieser davon ausging, die Beklagte könne die Höhe seines Anspruchs unschwer berechnen und sei dazu auch verpflichtet.

22

Allerdings gab der Kläger nicht ausdrücklich an, dass er den Urlaub aus den Jahren 2006 bis 2009 abgegolten haben wollte. Dies hindert jedoch nicht die Annahme, dass er im Schreiben vom 30. November 2009 den Lebenssachverhalt, auf den er seinen Anspruch stützt, hinreichend konkret dargetan hat. Das Landesarbeitsgericht hat die Formulierung „steht unserem Mandanten der gesamte Urlaub aus den Vorjahren seit Beginn seiner Erkrankung“ in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise so ausgelegt, dass der Kläger die Abgeltung des Urlaubs aus den Jahren 2006 bis 2009 beanspruchte.

23

2. Die Frist zur gerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs nach § 22 Abs. 2 RTV begann entgegen der Rechtsansicht des Landesarbeitsgerichts und der Auffassung der Beklagten erst mit dem Zugang des Widerspruchs nach § 613a Abs. 6 BGB bei der Beklagten zu laufen und damit nicht vor dem 23. Dezember 2009. Zur Wahrung der Frist genügte der rechtzeitige Eingang der Klageschrift bei Gericht (§ 46 Abs. 2 ArbGG iVm. § 167 ZPO; vgl. Steffan in Henssler/Moll/Bepler Teil 5 (22) Rn. 7). Da die Klage am 22. Februar 2010 beim Arbeitsgericht einging, wurde die Frist von zwei Monaten zur Wahrung der zweiten Stufe der tariflichen Ausschlussfrist eingehalten.

24

3. Dahingestellt bleiben kann, ob im Rahmen der Neuvergabe des Reinigungsauftrags für das Krankenhaus H tatsächlich ein Betriebsübergang iSd. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB stattfand, wovon die Beklagte in ihrem an den Kläger gerichteten Schreiben vom 15. Dezember 2009 „nach Überprüfung der Sachlage“ ausging.

25

a) Trat die „Firma K“ als neue Auftragnehmerin zum 1. Oktober 2009 gemäß § 613a Abs. 1 BGB tatsächlich in die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis ein, hinderte dies gegenüber der Beklagten den Beginn des Laufs der Frist zur gerichtlichen Geltendmachung nach § 22 Abs. 2 RTV.

26

aa) Wird das Widerspruchsrecht nach dem Betriebsübergang vom Arbeitnehmer ausgeübt, wirkt es auf den Zeitpunkt des Betriebsübergangs zurück (sog. ex-tunc-Wirkung; st. Rspr., vgl. nur BAG 13. Juli 2006 - 8 AZR 305/05 - Rn. 41 mwN, BAGE 119, 91; vgl. auch MüKoBGB/Müller-Glöge 6. Aufl. § 613a Rn. 122; KR/Treber 10. Aufl. § 613a BGB Rn. 116; ErfK/Preis 13. Aufl. § 613a BGB Rn. 105). Der Widerspruch führt dazu, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien ununterbrochen fortbestand (BAG 13. Juli 2006 - 8 AZR 305/05 - Rn. 39, aaO). Daraus wird teilweise die Schlussfolgerung gezogen, auch Ausschlussfristen fänden bei einem später erklärten Widerspruch so Anwendung, als habe das Arbeitsverhältnis ununterbrochen fortbestanden (LAG München 19. August 2010 - 4 Sa 311/10 - zu II 1 c aa (2) der Gründe, LAGE BGB 2002 § 613a Nr. 31; zustimmend Däubler/Zwanziger TVG 3. Aufl. § 4 Rn. 1148; Grobys/Panzer/Schönhöft SWK ArbR 2012 Ausschlussfristen Rn. 23). Dies soll dazu führen können, dass Ansprüche im Zeitpunkt der Ausübung des Widerspruchsrechts bereits verfallen seien.

27

bb) Ein solches Verständnis widerspricht jedoch dem Zweck tariflicher Ausschlussfristen. Tarifvertragsparteien wollen durch die Normierung der Verpflichtung zur gerichtlichen Geltendmachung alsbaldige Klarheit über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Anspruchs schaffen. Ein Zwang zur Anrufung des Arbeitsgerichts ist allerdings nur sinnvoll, wenn der mit der Klage geltend gemachte Anspruch auch durchsetzbar ist (vgl. BAG 27. März 1996 - 10 AZR 668/95 - zu II 3 a der Gründe). So läuft die Frist für die gerichtliche Geltendmachung grundsätzlich nicht vor der Fälligkeit des Anspruchs (BAG 18. November 2004 - 6 AZR 651/03 - zu 2 a dd der Gründe, BAGE 112, 351; 13. Februar 2003 - 8 AZR 236/02 - zu II 2 a der Gründe mwN; 27. März 1996 - 10 AZR 668/95 - aaO; Weyand Ausschlussfristen im Tarifrecht Kap. 5 Rn. 66 und Kap. 7 Rn. 17).

28

cc) Bei einem Betriebsübergang gemäß § 613a BGB zum 1. Oktober 2009 hätte die von der Beklagten am 6. Oktober 2009 erklärte Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht beendet, weil die Beklagte zum Kündigungszeitpunkt nicht mehr Arbeitgeberin des Klägers, sondern Dritte gewesen wäre (vgl. BAG 27. Oktober 2005 - 8 AZR 568/04 - Rn. 26; MüKoBGB/Müller-Glöge § 613a Rn. 209). Mangels Beendigung des Arbeitsverhältnisses wäre ein Anspruch des Klägers auf Urlaubsabgeltung nicht entstanden, geschweige denn fällig gewesen (vgl. BAG 7. August 2012 - 9 AZR 353/10 - Rn. 45 mwN), sodass die tarifliche Ausschlussfrist nicht zu laufen begonnen hätte.

29

dd) Obschon ein vom Arbeitnehmer nach einem Betriebsübergang ausgeübtes Widerspruchsrecht auf den Zeitpunkt des Betriebsübergangs zurückwirkt, darf dieses ebenso wie andere Gestaltungsrechte nicht mechanisch gehandhabt werden, wenn sich Einschränkungen der Rückwirkung aus dem Gesetzeszweck ergeben (vgl. Staudinger/Gursky (2009) § 184 Rn. 38; Palandt/Ellenberger BGB 72. Aufl. § 184 Rn. 2). So ordnet das Gesetz in § 184 BGB an, dass die nachträgliche Zustimmung(Genehmigung) auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts zurückwirkt. Dennoch entspricht es allgemeiner Auffassung, dass die Verjährung durch die Genehmigung nicht rückwirkend, sondern ex nunc in Gang gesetzt wird (vgl. Staudinger/Gursky aaO; Palandt/Ellenberger aaO, jew. mwN; Trautwein in jurisPK-BGB 5. Aufl. § 184 Rn. 26; BeckOK BGB/Bub Stand 1. Februar 2013 § 184 Rn. 9; vgl. auch zum Beginn der Klagefrist nach §§ 4, 7 KSchG bei rückwirkender Genehmigung der Kündigung: BAG 6. September 2012 - 2 AZR 858/11 - Rn. 14). Bereits das Reichsgericht hat in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hingewiesen, dass eine rechtliche Fiktion nicht die Kraft habe, tatsächliche Unmöglichkeiten zu überwinden und die Zeitrechnung umzustoßen (RG 28. Februar 1907 - V 282/06 - RGZ 65, 245). Die Verjährung eines Anspruchs erfordere, dass der Anspruch entstanden sei, also geltend gemacht werden konnte, und nur während der bestimmten Frist nicht geltend gemacht worden sei.

30

ee) Nach ihrem Sinn und Zweck ist eine einschränkende Auslegung tariflicher Ausschlussfristen geboten, wenn der Widerspruch vom Arbeitnehmer nach dem Betriebsübergang wirksam erklärt wird. Dafür, dass Tarifvertragsparteien mit der Normierung von Ausschlussfristen Ansprüche auch dann untergehen lassen wollten, wenn der Anspruchsberechtigte vor Ablauf der Ausschlussfristen nicht in der Lage war, seinen Anspruch mit Aussicht auf Erfolg gerichtlich geltend zu machen, fehlt jeder Anhaltspunkt. Tarifliche Ausschlussfristen bezwecken nur, über das Bestehen oder Nichtbestehen von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis alsbald Klarheit zu schaffen.

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ff) Der Einwand, der Kläger habe es damit in der Hand gehabt, durch die Ausübung seines Widerspruchsrechts die zweite Stufe der Verfallfrist in Gang zu setzen, überzeugt nicht. Ein Arbeitnehmer kann den Widerspruch nur innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB wirksam erklären. Der bisherige Arbeitgeber hat es mithin selbst in der Hand, den Arbeitnehmer durch eine ordnungsgemäße Unterrichtung zu einer zeitnahen Erklärung zu veranlassen (zu den Folgen einer fehlerhaften Unterrichtung: vgl. BAG 10. November 2011 - 8 AZR 430/10 - Rn. 23 mwN).

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b) Auch wenn zum 1. Oktober 2009 kein Betriebsübergang gemäß § 613a BGB stattgefunden haben sollte, könnte die Beklagte sich auf diesen Umstand nicht berufen, sodass auch in diesem Fall die Frist zur gerichtlichen Geltendmachung des Urlaubsabgeltungsanspruchs nach § 22 Abs. 2 RTV frühestens mit dem Zugang des Widerspruchs des Klägers bei der Beklagten zu laufen begann. Die Beklagte war aufgrund ihrer Ausführungen im Schreiben vom 15. Dezember 2009 gehindert, sich auf die Versäumung der Frist zur gerichtlichen Geltendmachung der Urlaubsabgeltung zu berufen. Es bedarf daher keiner weiteren Prüfung, ob sich die Beklagte in den Tatsacheninstanzen ausreichend gemäß § 138 Abs. 2 ZPO zu der Behauptung des Klägers, es habe ein Betriebsübergang vorgelegen(zum Betriebsübergang als Tatsachen einkleidenden Rechtsbegriff: vgl. BAG 14. November 2007 - 4 AZR 861/06 - Rn. 28 f. mwN), erklärt hat, oder ob der Umstand als zugestanden zu gelten hat (§ 138 Abs. 3 ZPO). Mit dem erstmals in der Revisionsverhandlung erhobenen Einwand, objektiv habe kein Betriebsübergang vorgelegen, setzt sich die Beklagte in Widerspruch zu ihrer eigenen Erklärung vom 15. Dezember 2009. Dieses Verhalten verstößt gegen die Grundsätze von Treu und Glauben. Eine gegen Treu und Glauben verstoßende und damit gemäß §§ 242, 134 BGB unzulässige Rechtsausübung stellt die Berufung auf eine Ausschlussfrist dann dar, wenn die zum Verfall des Anspruchs führende Untätigkeit des Gläubigers hinsichtlich der erforderlichen Geltendmachung des Anspruchs durch ein Verhalten des Schuldners veranlasst worden ist(BAG 13. Dezember 2007 - 6 AZR 222/07 - Rn. 32 mwN, BAGE 125, 216; 10. Oktober 2002 - 8 AZR 8/02 - zu II 2 e aa der Gründe, BAGE 103, 71; Thüsing/Braun/Mengel/Burg Tarifrecht Kap. 5 Ausschlussklauseln Rn. 16). Das Verbot widersprüchlichen Verhaltens als Ausprägung der Grundsätze von Treu und Glauben bildet eine allen Rechten, Rechtslagen und Rechtsnormen immanente Inhaltsbegrenzung. Das Vertrauen des anderen am Rechtsverhältnis beteiligten Teils, dass eine bestimmte Rechtslage gegeben sei, ist vor allem dann schutzwürdig, wenn er von dem anderen Teil in diesem Glauben bestärkt worden ist und im Hinblick darauf Dispositionen getroffen hat (BAG 22. August 2012 - 5 AZR 526/11 - Rn. 19 mwN).

33

Der Kläger hatte bereits im Rahmen des Verfahrens vor dem Integrationsamt geltend gemacht, dass von einem Betriebsübergang auszugehen sei. Dieser Auffassung hat sich die Beklagte mit Schreiben vom 15. Dezember 2009 „nach Überprüfung der Sachlage“ angeschlossen. Etwaige noch bestehende Zweifel am Vorliegen eines Betriebsübergangs hat die Beklagte dem Kläger gegenüber nicht geäußert, sondern den Kläger aufgefordert, sich bezüglich der Urlaubsabgeltung mit dem Betriebserwerber in Verbindung zu setzen. Der Kläger durfte sein Verhalten fortan darauf einstellen, dass sein Arbeitsverhältnis (zunächst) auf den Betriebserwerber übergegangen war. Dies hat der Kläger ausweislich seines Schreibens vom 23. Dezember 2009, in dem er dem Übergang widersprach, auch getan.

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III. Der Ausspruch über die Zinsen folgt aus § 286 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 288 Abs. 1 BGB.

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IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1, § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO.

        

    Brühler    

        

    Krasshöfer    

        

    Klose    

        

        

        

    W. Schmid    

        

    Mehnert    

                 

(1) Schließt jemand ohne Vertretungsmacht im Namen eines anderen einen Vertrag, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags für und gegen den Vertretenen von dessen Genehmigung ab.

(2) Fordert der andere Teil den Vertretenen zur Erklärung über die Genehmigung auf, so kann die Erklärung nur ihm gegenüber erfolgen; eine vor der Aufforderung dem Vertreter gegenüber erklärte Genehmigung oder Verweigerung der Genehmigung wird unwirksam. Die Genehmigung kann nur bis zum Ablauf von zwei Wochen nach dem Empfang der Aufforderung erklärt werden; wird sie nicht erklärt, so gilt sie als verweigert.

(1) Eine Willenserklärung, die jemand innerhalb der ihm zustehenden Vertretungsmacht im Namen des Vertretenen abgibt, wirkt unmittelbar für und gegen den Vertretenen. Es macht keinen Unterschied, ob die Erklärung ausdrücklich im Namen des Vertretenen erfolgt oder ob die Umstände ergeben, dass sie in dessen Namen erfolgen soll.

(2) Tritt der Wille, in fremdem Namen zu handeln, nicht erkennbar hervor, so kommt der Mangel des Willens, im eigenen Namen zu handeln, nicht in Betracht.

(3) Die Vorschriften des Absatzes 1 finden entsprechende Anwendung, wenn eine gegenüber einem anderen abzugebende Willenserklärung dessen Vertreter gegenüber erfolgt.

Bei einem einseitigen Rechtsgeschäft ist Vertretung ohne Vertretungsmacht unzulässig. Hat jedoch derjenige, welchem gegenüber ein solches Rechtsgeschäft vorzunehmen war, die von dem Vertreter behauptete Vertretungsmacht bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts nicht beanstandet oder ist er damit einverstanden gewesen, dass der Vertreter ohne Vertretungsmacht handele, so finden die Vorschriften über Verträge entsprechende Anwendung. Das Gleiche gilt, wenn ein einseitiges Rechtsgeschäft gegenüber einem Vertreter ohne Vertretungsmacht mit dessen Einverständnis vorgenommen wird.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.

(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.

(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.

(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.

(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.