Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 06. Dez. 2013 - 6 K 2585/12

ECLI:ECLI:DE:FGRLP:2013:1206.6K2585.12.0A
bei uns veröffentlicht am06.12.2013

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Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob der Kläger in den Streitjahren 1995 bis 2001 als Unternehmer unter dem Deckmantel der Fa. Z tätig war.

2

Der Kläger war seit 1978 bei der Firma S beschäftigt. Dort arbeitete er zunächst als Maschinist bzw. Baggerfahrer bevor er zum Schachtmeister ausgebildet wurde. In 1991 wechselte er zu der Firma B, einer 100%-igen Tochter der Firma S. Wegen der Liquidation dieser Firma kam er 1998 zur Firma S zurück, wo er als Bauleiter seinen letzten Arbeitseinsatz am 30. November 1998 hatte. Danach war er auf Grund eines Asthmaleidens krankgeschrieben. Das Arbeitsverhältnis endete auf Grund des Vergleiches vor dem Arbeitsgericht am 30. Juni 2001 (Bl. 399 Strafaktenordner 2). Am 10. September 2002 meldete er die Firma M Erd- und Tiefbauarbeiten an.

3

Im Jahr 1994 gründete der türkische Staatsangehörige Herr C. A. die auf den Namen seiner Mutter lautende Firma "Garten- und Landschaftsbau Z" in H. Der Betrieb wurde auf Frau Z. A. in 1994 angemeldet, weil ihr Sohn C. A. noch keine Aufenthaltserlaubnis in Deutschland hatte. Frau Z. A. ist laut den Feststellungen des Beklagten mit ihrem Ehemann 1997 wieder in die Türkei zurückgekehrt. Auch Herr C. A. ist wieder in die Türkei zurückgekehrt; nach Auffassung des Beklagten im Januar 2001 und nach Auffassung des Klägers Mitte 2002.

4

Der Kläger lernte Herrn C. A., der als Subunternehmer für die Firma B arbeitete, im Rahmen seiner dortigen Tätigkeit als Bauleiter kennen. Der Kläger vermittelte in der Folge Aufträge für die Firma Z, ermittelte die Aufmaße für die Rechnungserstellung und teilte diese dem Buchführungsbüro der Firma Z, der Firma P, mit. Das Buchführungsbüro P fertigte auf Grund dieser Aufmaße auf einem Briefkopf der Firma Z die Rechnungen.

5

Nach Einleitung eines Steuerstrafverfahrens gegen Frau Z. A. wegen des Verdachts der vorsätzlichen Verkürzung von Einkommen-, Umsatz- und Gewerbesteuer  teilte der damalige Bevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 2. Juli 2002 den Finanzämtern S und L mit, dass er einen Sachverhalt mitteilen wolle, der ggfs. vor einem steuerstrafrechtlichen Hintergrund gewertet werden könne (Bl. 223 d. Akte 1 K 2427/05 Band I). Der Kläger habe auf Bitte des Herrn A diesen an Geschäftspartner weiterempfohlen. Wirtschaftliche Vorteile habe er dadurch nicht erzielt. Herr A erbringe weit über das normale zeitliche Maß Arbeiten selbst. Vor diesem Hintergrund habe er den Kläger gebeten, selbst oder über Dritte die Einlösung von Kundenschecks vorzunehmen. Da der Kläger in W wohnhaft sei, sei dies über das Konto-Nr. ...398 der damaligen H Bank eG in S, der heutigen Volksbank H eG erfolgt. Es handele sich um folgende Beträge:

6

13.10. bis 19.12.1995

127.372,02 DM

09.01. bis 04.12.1996

534.042,73 DM

Insgesamt

661,414,75 DM

7

Den Gegenwert der eingelösten Schecks habe der Kläger Herrn A zur Verfügung gestellt (Bl. 4 Strafaktenordner 1).

8

Auf Grund dieses Schreibens fand bei dem Kläger eine Steuerfahndungsprüfung statt (vgl. Steuerfahndungsbericht vom 23. Dezember 2004, Bl. 2 f. Steuerfahndungsakten/Steufa-Bericht II).

9

Nach den Feststellungen der Steuerfahndung konnte der Kläger im Jahr 1995 die Firma E als Auftraggeber für Pflasterarbeiten und den Einsatz von Arbeitskräften in den verschiedensten Bereichen der Produktion gewinnen (Tz. 1.02. des Steuerfahndungsberichts vom 23. Dezember 2004 /Bl. 2 ff. d. Steuerfahndungsakte, Lasche "Steuerfahndungsbericht"). Er habe beschlossen, diese Geschäftsbeziehungen auf eigene Rechnung abzuwickeln und sich hierfür des Namens der Firma Z. zu bedienen. Nach Auffassung des Beklagten ist zwischen dem normalen Geschäftsbetrieb der Firma Z und den Geschäftsbeziehungen zu der Firma E zu unterscheiden. Hinsichtlich der normalen Geschäftstätigkeit der Firma Garten- und Landschaftsbau Z sei der Kläger als Vermittler anzusehen. Hinsichtlich der Geschäftsbeziehungen zu der Firma E sei der Kläger als selbständiger oder faktischer Unternehmer zu behandeln, der zur Ausführung der Geschäfte den Firmenmantel Z in Anspruch genommen habe. So habe er mit den Verantwortlichen der Firma E die Vertragsverhandlungen über den Einsatz von Arbeitern in der Produktion und beim Erstellen von Pflasterflächen geführt. Teilweise habe er auch, gemeinsam mit Herrn C. A. und seinen Brüdern, selbst die Bauaufsicht geführt und die eingesetzten Arbeiter überwacht, über Einstellung neuer Arbeitskräfte entschieden und entsprechende Arbeitsmaschinen gestellt.

10

Der Kläger habe Rechnungen für die durchgeführten Arbeiten ausgestellt und diese mit den ihnen zu Grunde liegenden Stundenzetteln und Wochenberichten bei den Verantwortlichen der Firma E abgegeben. Die Rechnungen seien unter dem Briefkopf der Firma Z erstellt worden. Im Gegensatz zu der oben beschriebenen Rechnungserteilung durch das Buchführungsbüro P hätten die Rechnungen an die Firma E ein optisch anderes Aussehen. Sie seien nicht durch das Buchführungsbüro P geschrieben und nicht dorthin weitergeleitet oder verbucht worden, obwohl der Kläger wegen der tatsächlichen Tätigkeit der Firma Z in Zusammenhang mit anderen Auftraggebern immer in Kontakt mit dem Buchführungsbüro gestanden und hierfür die Anweisungen zur Rechnungserstellung gegeben habe. Auch die Zahlung der Rechnungen an die Firma E sei nicht, wie die anderen Rechnungen, auf das betriebliche Konto der Firma Z erfolgt. Auffallend sei in diesem Zusammenhang, dass alle Geschäfte bei der Firma E (und sonst keine) über den Kläger abgewickelt worden seien. Er habe die Abrechnungen der Firma E übergeben und die Rechnungsbeträge durch Scheck und später durch Überweisung an die H Bank in S erhalten. Die Scheckeinlösungen seien zunächst auf sein privates Girokonto und ab November 1996 auf Intervention eines Bankmitarbeiters über ein unter dem Namen Z. A. angelegtes Konto bei der H Bank erfolgt. Dieses Geld, von 1995 bis 2001 insgesamt 11.389.372,00 DM, hätten ausschließlich der Kläger und seine Mutter bei der H Bank (jetzt Volksbank H) in bar unter den jeweiligen Meldebeträgen nach dem Geldwäschegesetz abgehoben. An Herrn A, der kurze Zeit nach dem Kläger Vollmacht über das neue Konto erhalten habe, sei nie Geld ausgezahlt worden. Die Mutter des Klägers habe immer fertig ausgefüllte, gestempelte und unterschriebene Auszahlungsquittungen vorgelegt, weil sie keine Vollmacht über das Konto gehabt habe. Eine Vollmacht sei ihr nach Einwendung der Bank im September 2000 erteilt worden. Nach Angaben des Herrn A habe er bei Bedarf jeweils 30 bis 40 Auszahlungsbelege für den Kläger blanco unterschrieben (trotz Vollmacht des Klägers und später seiner Mutter).

11

Das Finanzamt bzw. der Steuerfahndungsprüfer ermittelten die Höhe der Betriebseinnahmen aus den Kreditorenunterlagen der Firmengruppe E sowie den Provisionen für die Vermittlung von Aufträgen durch den Kläger an die Firma Z.

12

Der Beklagte erließ zunächst aufgrund vorläufiger Zahlen der Steuerfahndungsprüfung am 28. Oktober 2003 Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre, gegen die der Kläger Einspruch einlegte.

13

Ab Oktober 2003 befand sich der Kläger in Folge des Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft in Untersuchungshaft. Er wurde mit Urteil des Landgerichts am 23. September 2004 wegen Steuerhinterziehung in 20 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Jahren verurteilt. Gegen das Urteil legte der Kläger am 30. September 2004 Revision ein (Bl. 1294 der Strafakte ...0 Js ...5/03, Band V). Diese nahm er mit Schreiben vom 15. Oktober 2004 zurück (Bl. 1295 der Strafakte ...0 Js ...5/03, Band V). Das Urteil ist seit dem 15. Oktober 2004 rechtskräftig. Ausweislich der abgekürzten Gründe des Strafurteils wurde der Kläger neben der Hinterziehung von Einkommen-, Gewerbe- und Lohnsteuern auch wegen hinterzogener Umsatzsteuer in Höhe von 20.378 DM (1995), 86.259 DM (1996), 181.861 DM (1997), 302.692 DM (1998), 421.324 DM (1999), 438.624 DM (2000) und 227.265 DM (2001) verurteilt. Nach den rechtskräftigen Feststellungen des Urteils des Landgerichts hat der Kläger insgesamt 1.678.403 DM Umsatzsteuer hinterzogen.

14

Nach Verbüßung der Freiheitsstrafe hat der Kläger die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt. Mit Beschluss des Landgerichts vom 5. November 2008 wurde das Wiederaufnahmegesuch als unzulässig verworfen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde wurde mit Beschluss des Oberlandesgerichts vom 18. August 2010 als unbegründet verworfen.

15

Mit Urteil des Sozialgerichts vom 6. Juni 2011 ist die Klage des Klägers gegen den Deutschen Rentenversicherungsbund wegen Beitragsforderungen zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung sowie zur sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung für den Zeitraum 1995 bis 2001 in Höhe von 2.153.488,34 Euro abgewiesen worden.  Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Berufung wird beim Landessozialgericht Rheinland-Pfalz unter dem Aktenzeichen L ... R ...5/11 geführt.

16

Nach Abschluss des Strafverfahrens und Erhalt des abschließenden Steuerfahndungsberichts vom 23. Dezember 2004 (Steufa-Akte, Fach Steufa-Bericht, Bl. 3 ff. ) erließ der Beklagte am 26. Januar 2005 unter Einbeziehung der Vermittlungsleistungen des Klägers und unter Berücksichtigung der anrechenbaren Vorsteuern gemäß § 164 Abs. 2 Abgabenordnung geänderte Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1995 bis 2001. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben.

17

Der Beklagte ging bei seinen geänderten Bescheiden von folgenden Werten aus:

18
                 

1995
DM

1996
DM

1997
DM

1998
DM

1999
DM

2000
DM

2001
DM

Laut Kreditorenliste der Fa. E

brutto

156.233

661.318

1.394.271

2.224.544

3.054.597

3.180.023

1.647.674

Provisionen Fa. Z

brutto

17.500

25.000

36.500

57.000

45.000

47.000

26.000

SUMME BRUTTO

        

173.733

686.317

1.430.771

2.281.544

3.099.597

3.227.023

1.673.674

./. USt 15%

        

22.661

89.520

186.622

74.398

                          

./. USt 16%

                                   

236.022

427.531

445.107

230.852

UMSATZ NETTO

        

151.072

596.797

1.244.149

1.971.124

2.672.066

2.781.916

1.442.822

Anrechenbare Vorsteuer

        

1.209 

4.774 

9.953 

15.769

21.377

22.255

11.543

Festgesetzte Umsatzsteuer

DM    

21.451,00

84.745,00

176.669,00

294.683,00

406.153,00

422.851,00

219.308,00

        

Euro   

10.967,72

43.329,43

90.329,43

150.669,03

207.662,73

216.200,28

112.130,40

19

In seiner Einspruchsbegründung trägt der Kläger u.a. vor, er habe für die Firma Z Aufträge akquiriert (Bl. 16 d. Umsatzsteuerakte, VZ 2001) . Für die Vermittlung habe er Zuwendungen von Herrn C. A. erhalten, die er nicht ordnungsgemäß versteuert habe. Es sei jedoch unzutreffend, dass er unter dem Decknamen der Firma Z auf eigene Rechnungen Geschäfte getätigt habe.

20

Mit Einspruchsentscheidung vom 14. September 2005 wies der Beklagte die Einsprüche gegen die Umsatzsteuerbescheide 1995 bis 2001 vom 26. Januar 2005 als unbegründet zurück (Bl. 21 d. Umsatzsteuerakte, VZ 2001).

21

Mit seiner am 4. Oktober 2005 beim Finanzgericht Rheinland-Pfalz eingegangenen Klage trägt der Kläger vor, er habe lediglich gewerbliche Einkünfte aus Beratungstätigkeit gegenüber der Firma Z erzielt (Bl. 82 d. PrA. Band I). Er sei jedoch nicht als Unternehmer im Zusammenhang mit dem garten- und landschaftsbaulichen Unternehmen des C. A. tätig gewesen.

22

Mit der gegen die Einspruchsentscheidung erhobenen Klage trägt der Kläger vor, dass sich der Sachverhalt entgegen den Ausführungen des Beklagten und des Urteiles des Landgerichtes wie folgt darstelle:

23

Er habe 1995 bis 2001 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit aus seiner Funktion als Bauleiter bei den Tiefbauunternehmen B bzw. S erzielt (Bl. 390 ff. d. PrA.). Zu seiner Tätigkeit als Bauleiter habe die Überwachung eingesetzter Subunternehmer hinsichtlich auftragsgemäßer Abwicklung der diesen übertragenen Gewerke gehört. Im Rahmen dieser Tätigkeit habe er Anfang 1994 Herrn C. A. kennengelernt, der für die Firma B als Subunternehmer Pflasterarbeiten ausgeführt habe. Dies sei im Rahmen des auf die Mutter des C. A. angemeldeten und betriebenen Gewerbes erfolgt. Im Rahmen seiner Funktion als angestellter Bauleiter der Firma B sei er nach Abschluss der beauftragten Arbeiten durch Herrn C. A. gefragt worden, ob er nicht - ggfs. zu einem späteren Zeitpunkt - weitere Aufträge vermitteln könne, da zu diesem Zeitpunkt kein Anschlussauftrag für Z vorgelegen habe. Da die Ausführung der im Rahmen der Tätigkeit des Klägers als angestellter Bauleiter zu beurteilenden Leistungen C. A.s nicht zu beanstanden gewesen sei, sei er im Rahmen seiner Möglichkeiten und den in der Branche üblichen Gepflogenheiten diesem Ansinnen gefolgt und habe Herrn A weitere Aufträge vermittelt.

24

Einer dieser Folgeaufträge sei in N bei der Firma Bv zu erledigen gewesen. Diese befinde sich in unmittelbarer Nachbarschaft der dort ebenfalls ansässigen Firma E. Anlässlich eines Besuches dort sei er von Herrn A darauf angesprochen worden, ob er nicht Kontakte zur Firma E habe, da hier offenbar ein großes Auftragsvolumen möglich sei. Bei einer sich bietenden Gelegenheit habe er den ihm persönlich aus langjähriger Geschäftsbeziehung gut bekannten Geschäftsführer der Firma E, Herrn L, angesprochen und ein Gespräch zwischen den Herren L und A vermittelt. Im Rahmen dieses Gespräches hätten die Herren A und L die Zusammenarbeit vereinbart und einen Stundenpreis ausgehandelt. Nicht er sei Verhandlungspartner gewesen, sondern A. Herr A habe ihn auf Grund seiner langjährigen fachlichen Erfahrung auch mit den Abrechnungsgepflogenheiten der Firma E gebeten, nach den ihm von A mitgeteilten Angaben die für die Abrechnung notwendigen Wochenberichte zu erstellen. Diese seien Abrechnungsgrundlage gewesen, da auf Stundenbasis abgerechnet worden sei. In der Regel habe er sonntags die hierzu notwendigen Unterlagen erhalten und habe diese in der Folge auch der Firma E übergeben. Ebenso sei teilweise mit Rechnungen des Herrn A verfahren worden. Weitere Unterlagen, insbesondere Aufmaße oder Rechnungen seien von ihm nicht erstellt worden. Die Firma E habe seinerzeit sämtlichen Zahlungsverkehr per Scheck abgewickelt. Da er regelmäßig bei der Firma E bzw. der benachbarten Bv zu tun gehabt habe, habe er die Wochenberichte des A überbracht und habe nach Freigabe die entsprechenden Schecks abgeholt. Wer die dazugehörigen Rechnungen geschrieben habe, sei ihm nicht bekannt. Er sei es entgegen der Auffassung des Beklagten jedenfalls nicht gewesen.

25

Da Herr A behauptet habe, dass er auf Grund starker zeitlicher Auslastung nicht die Gelegenheit habe, die Schecks selber einzulösen, habe er der Bitte As, die Schecks gleich von der Firma E abzuholen und einzulösen, Folge geleistet. Die Schecks seien von ihm oder seiner Mutter dann auf sein Konto bei der H Bank Nr. ...398 eingelöst und das Geld an A ausgezahlt worden. Zunächst sei dies ohne Abzüge für erbrachte Leistungen erfolgt; später habe er von A eine Vergütung für die geleisteten Tätigkeiten erhalten. Diese Praxis der Einzahlung auf das Konto sei ca. 10 Monate beibehalten worden. Auf Drängen der Bank habe dann Herr A auf Basis einer Vollmacht ein Geschäftskonto auf seine Mutter Z. A. bei der H Bank in S eingerichtet. Nach Umstellung des Abrechnungsverfahrens bei der Firma E auf Banküberweisung und der oben angegebenen Eröffnung eines Bankkontos auf die Firma Z habe er die Abwicklung von Bankgeschäften für A dahingehend erledigt, dass (wie zuvor) er oder seine Mutter Beträge in bar abgehoben, die sie in der Folge Herrn A in W übergeben hätten. Für die vorgenannten Tätigkeiten (Vermittlung von Aufträgen, gelegentliche Beratung auf Basis der langjährigen Berufserfahrung, Abwicklung des Barverkehrs) habe er Geldbeträge von Herrn A erhalten, die nicht versteuert worden seien. Es treffe nicht zu, dass es sich hierbei - wie im Urteil des Landgerichtes ausgeführt - um 850.000,00 bis 900.000,00 DM gehandelt habe. Diese Beträge habe er nur genannt und die Aufstellung habe er nur gemacht, um möglichst schnell in den offenen Vollzug zu gelangen.

26

Er habe von Beginn seiner Unterstützung von Herrn A an - auch auf Basis eines Gespräches mit der H Bank - diesen mehrfach gedrängt, Nachweise für die ordnungsgemäße Deklaration der vereinnahmten Gelder zu erhalten. Er habe jedoch von Herrn A keinerlei stichhaltige Auskünfte über die - tatsächlich wohl auch nicht erfolgte - ertrags-, lohnsteuer- und sozialversicherungsrechtliche Deklaration der seitens A mit der Firma E erzielten Umsätze bzw. Personalkosten erhalten. Ab Mai 2001 habe sich A öfter als zuvor in der Türkei aufgehalten, sei jedoch zunächst stets wieder nach Deutschland zurückgekehrt. Ab November 2001 sei er jedoch für längere Zeit in seinem Heimatland geblieben, so dass die Bautätigkeit zunächst geendet habe. Eigentlich sei beabsichtigt gewesen, dass Brüder oder weitere Verwandte des C. A. das Geschäft weiter betreiben sollten. Auf Grund von Streitigkeiten unter diesen hätte sich dies aber nicht ergeben. Zuletzt habe Herr M. A. das Unternehmen weiterführen wollen und in diesem Zusammenhang ihn, den Kläger, um Rat und Hilfe gebeten. Zunächst habe er Herrn M. A. bei Behördengängen usw. unterstützt. Aufgrund der Erfahrung mit Herrn C. A. sowie den anhaltenden Streitigkeiten innerhalb der Familie A habe er jedoch in der Folge damit aufgehört. Schließlich habe er nach dem Ausscheiden bei S im Oktober 2002 sein eigenes Pflaster- und Tiefbauunternehmen gegründet. Als er festgestellt habe, dass sich Herr C. A. endgültig in sein Heimatland abgesetzt habe, habe er Klarheit über die seitens des Herrn C. A. ordnungsgemäße Versteuerung haben wollen. In diesem Zusammenhang habe er Herrn C. A. aufgefordert, eine entsprechende Erklärung, beglaubigt durch einen deutschen Notar, vorzulegen. Herr C. A. habe ihn mangels eigener Kenntnis über inhaltliche Notwendigkeiten gebeten, eine Formulierung vorzuschlagen, was erfolgt sei. Auf Basis dieses gewünschten Vorschlages habe schließlich C. A. seine Erklärung von einem türkischen Notar beglaubigen lassen. Schließlich habe er, der Kläger, die Gefahr hinsichtlich der über sein Konto abgewickelten Zahlungen des Herrn C. A. steuerrechtlich belangt zu werden, gesehen und Selbstanzeige erstattet.

27

Der Kläger beantragt,

die Umsatzsteuerbescheide 1995 - 2001 vom 28. Oktober 2003 in der geänderten Fassung vom 26. Januar 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. September 2005 dahingehend zu ändern, dass für Zwecke der Umsatzsteuer keine Umsätze betreffend die Firma E angesetzt werden, sondern von Beratungshonoraren als Einkünfte aus Gewerbebetrieb in folgender Höhe ausgegangen wird:

1995 in Höhe von 10.000,00 DM

1996 in Höhe von 45.000,00 DM

1997 in Höhe von 70.000,00 DM

1998 in Höhe von 100.000,00 DM

1999 in Höhe von 252.500,00 DM

2000 in Höhe von 152.000,00 DM und in

2001 in Höhe von 125.000,00 DM.

28

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

29

Er weist zur Begründung im Wesentlichen auf die Ausführungen in seiner Einspruchsentscheidung (Bl. 103 ff. d. PrA.).

30

Einen mit der Klage eingereichten Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz nach § 69 Abs. 3 FGO wegen Umsatzsteuer hat der Senat am 6. Dezember 2007 unter dem Aktenzeichen 6 V 2374/07 abgelehnt.

31

Das hiesige Verfahren ist zunächst unter dem Aktenzeichen 6 K 2373/07 geführt worden. Mit Beschluss vom 18. Dezember 2007 ist im Einverständnis der Beteiligten das Ruhen des Verfahrens bis zum Abschluss des Verfahrens wegen Einkommensteuer und Gewerbesteuer 1995 bis 2001 angeordnet worden (Bl. 335 d. PrA. Band I). Der 1. Senat des FG Rheinland-Pfalz hat mit Urteilen vom 17. August 2011 die Klage wegen Einkommensteuer 1995 bis 2001 (1 K 2427/05), Gewerbesteuer 1995 bis 2001 (1 K 2430/05) und Lohnsteuer 1995 bis 2001 (1 K 1304/05) abgewiesen. Die gegen das Urteil 1 K 2427/05 eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat der Bundesfinanzhof mit Beschluss vom 25. Juli 2012 unter dem Aktenzeichen X B 144/11 als unbegründet zurückgewiesen. Mit Beschluss vom 26. November 2012 ist das hiesige Verfahren wegen Umsatzsteuer unter dem Aktenzeichen 6 K 2585/12 wieder aufgenommen worden.

32

Mit Schriftsatz vom 24. November 2013 (Bl. 582 ff. d. PrA.) trug der Kläger ergänzend vor, dass der 1. Senat des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz im Verfahren mit dem Aktenzeichen 1 K 2427/05 zum einen als Zeugen benannte Personen nicht vernommen habe und zum anderen, dass Aussagen von vernommenen Zeugen falsch gewürdigt worden seien. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Klägers 24. November 2013 (Bl. 582 ff. d. PrA. Band II) nebst Anlagen verwiesen.

33

Der Senat hat die Akten des Verfahrens wegen Einkommensteuer im Verfahren 1 K 2427/05 (4 Bände), wegen Gewerbesteuer im Verfahren 1 K 2430/05, wegen Lohnsteuer 1 K 1304/05, wegen vorläufigen Rechtsschutz im Verfahren 1 V 2122/09 (2 Bände) sowie die Akten des Strafverfahrens mit dem Aktenzeichen ...0 JS ...5/03 (5 Bände), die Akten des Wiederaufnahmeverfahrens mit dem Aktenzeichen ...4 Js ...0/08 (3 Bände) und die Beweismittelordner des Strafverfahrens (7 Leitz-Ordner) zum Verfahren beigezogen.

Entscheidungsgründe

34

Die Klage führt in der Sache nicht zum Erfolg. Die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide 1995 bis 2001 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 Finanzgerichtsordnung).

35

Zur Überzeugung des Senats ist der Beklagte nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger die Geschäfte mit der Firma E in eigener Verantwortung durchgeführt und hierdurch Umsätze im Sinne des Umsatzsteuergesetzes erzielt hat. Auch die Höhe der vom Beklagten zugrunde gelegten Umsätze ist nicht zu beanstanden.

I.

36

Unternehmer ist nach § 2 Abs. 1 S. 1 UStG, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen (§ 2 Abs. 1 S. 3 UStG).

37

Regelmäßig ergibt sich aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen, wer bei einem Umsatz als Leistender anzusehen ist. Leistender ist in der Regel derjenige, der die Lieferungen oder sonstigen Leistungen im eigenen Namen gegenüber einem Anderen selbst oder durch einen Beauftragten ausführt (BFH Urteil vom 4. September 2003, V R 10/02, BStBl. II 2994, 627). Ob eine Leistung dem Handelnden oder einem Anderen zuzurechnen ist, hängt grundsätzlich davon ab, ob der Handelnde gegenüber Dritten im eigenen Namen oder berechtigterweise im Namen eines Anderen bei Ausführungen entgeltlicher Leistungen aufgetreten ist.

38

Auch wer in fremden Namen auftritt, erbringt eine eigene Leistung, wenn nach den erkennbaren Umständen durch sein Handeln in fremdem Namen lediglich versteckt wird, dass er und nicht der Vertretene der Leistende ist (BFH Urteil vom 4. September 2003, V R 10/02, BStBl. II 2994, 627).

39

Die Feststellung, welcher Leistungsbeziehung die Verschaffung der Verfügungsmacht zuzurechnen ist und ob Rechnungsaussteller und Leistender identisch sind, obliegt dem Finanzgericht als Tatsacheninstanz und ist im Wesentlichen Ergebnis einer tatsächlichen Würdigung.

II.

40

Das Gericht macht sich hinsichtlich des Sachverhalts die Feststellungen des rechtskräftigen Urteils des Landgerichts vom 23. September 2004 im Verfahren mit dem Aktenzeichen ...0 Js ...5/03 zu eigen, die für das Gericht nachvollziehbar und in sich schlüssig sind. Das Strafurteil wurde in der mündlichen Verhandlung vom 6. Dezember 2013 durch Verlesen in das Verfahren eingeführt. Der Kläger hat weder substantiierte Einwendungen gegen die Feststellungen des Strafgerichts erhoben noch entsprechende Beweisanträge gestellt.

41

1. Das Finanzgericht entscheidet gemäß § 96 Abs. 1 S. 1 FGO nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Nach § 76 Abs. 1 S. 1 FGO hat es den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen. Es ist dabei nicht an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten gebunden (§ 76 Abs. 1 S. 5 FGO). Dies bedeutet, dass das Finanzgericht von sich aus auch Beweise erheben kann, die von den Beteiligten nicht angeboten sind. Auch Strafakten, die weitere Beweismittel wie Urkunden enthalten, können vom Finanzgericht im Rahmen der ihm obliegenden Erforschung des Sachverhalts zum Gegenstand des Verfahrens gemacht werden. Zieht das Finanzgericht Strafakten zum Zwecke der Sachaufklärung bei, ergeht diese Maßnahme als prozessleitende Verfügung oder Aufklärungsanordnung (BFH Beschluss vom 20. August 1999, VII B 6/99, BFH/NV 2000, 215). Eines förmlichen Beweisbeschlusses bedarf es hierzu nicht (BFH Beschluss vom 19. Dezember 2011, VII B 28/11, BFH/NV 2012, 752).

42

Nach § 81 Abs. 1 FGO hat das Gericht den Beweis in der mündlichen Verhandlung zu erheben. Der daraus folgende Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme besagt u.a., dass das Finanzgericht die Zeugen grundsätzlich selbst zu hören hat und sich nicht mit nur schriftlich übermittelten Bekundungen derselben begnügen kann. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass aufgrund des persönlichen Eindrucks der Zeugen und durch kritische Nachfrage durch das Gericht die Glaubhaftigkeit der Aussagen überprüft werden kann (BFH Beschluss vom 26. Juli 2010, VIII B 198/09, BFH/NV 2010, 2096).

43

Beweisergebnisse, tatsächliche Feststellungen und rechtliche Beurteilungen andere Gerichtsverfahren dürfen im Wege des Urkundenbeweises unter bestimmten, durch die Rechtsprechung konkretisierten Voraussetzungen, in den finanzgerichtlichen Prozess eingeführt werden. Insofern ist das Finanzgericht bei Vorgängen, die sowohl in strafrechtlicher als auch in abgabenrechtlicher Hinsicht zu ermitteln und zu würdigen sind, an die tatsächlichen Feststellungen einer vorangegangenen strafgerichtlichen Entscheidung weder gebunden (BFH Beschluss vom 24. Mai 2013, VII B 163/12, BFH/NV 2013, 1615; BFH Beschluss vom 13. Januar 2006, VIII B 7/04, BFH/NV 2006, 914) noch daran gehindert, sich diese Feststellungen zu eigen zu machen. Zur Übernahme der vom Finanzgericht für zutreffend erachteten Feststellungen und Beweiswürdigungen des Strafgerichts besteht insbesondere Anlass, wenn - wie vorliegend - die strafgerichtliche Entscheidung bereits rechtskräftig ist (BFH Urteil vom 13. Juni 1973, VII R 58/71, BStBl. II 1973, 666). Das Zueigenmachen der strafgerichtlichen Feststellungen und Beweiswürdigungen setzt jedoch voraus, dass diese zur Überzeugung des entscheidenden Senats zutreffend sind und der Kläger keine substantiierten Einwendungen erhoben und entsprechende Beweisanträge gestellt hat, denen das Finanzgericht nach den allgemeinen, für die Beweiserhebung geltenden Grundsätzen nachzugehen hat (BFH Urteil vom 26. April 1988, VII R 124/85, BFHE 153, 463). Die Kundgabe einer bloßen abweichenden rechtlichen Würdigung reicht für die Substantiierung ebenso wenig wie das schlichte Bestreiten (BFH Beschluss vom 24. September 2013, XI B 75/12, BFH/NV 2014, 164). In welchem Maße eine Substantiierung entsprechender Einwendungen und Beweisanträge zu fordern ist, hängt von der Art und Weise der Feststellungen im Strafurteil ab, gegen die sich der Beteiligte wendet (BFH Urteil vom 21. Juni 1998, VII R 135/85, BStBl. II 1988, 841). Dabei sind im Hinblick darauf, dass das unmittelbare Beweismittel, also die Zeugenvernehmung durch das Finanzgericht, dem mittelbaren Beweismittel (Strafurteil) grundsätzlich vorzuziehen ist, die Anforderungen an die Substantiierung nicht zu überspannen (BFH Urteil vom 21. Juni 1998, VII R 135/85, BStBl. II 1988, 841). Erforderlich ist aber zumindest ein substantiierter Vortrag, dass und warum zu erwarten ist, dass die Zeugen bei einer erneuten Vernehmung nunmehr etwas anderes bekunden sollen bzw. werden als im Strafverfahren (BFH Beschluss vom 7. Juni 2011, VIII B 183/10, BFH/NV 2011, 1529). Erst dann ist hinreichend dargetan, in welchem Maße eine erneute Vernehmung der Zeugen das Ergebnis des finanzgerichtlichen Verfahrens beeinflussen könnte.

44

2. Mit Urteil vom 23. September 2004 hat das Landgericht den Kläger wegen Steuerhinterziehung in 20 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Jahren rechtskräftig verurteilt. Sieben der zwanzig Fälle betrafen dabei die Besteuerungsgrundlagen für die hier streitgegenständlichen Umsatzsteuerbescheide 1995 bis 2001. Nach den im Strafverfahren getroffenen Feststellungen, die auf einer umfangreichen Beweisaufnahme beruhen, führte der Kläger die Geschäftsbeziehungen zur Firma E auf eigene Rechnung durch und bediente sich hierzu des Namens der Firma Z. Er stellte die Rechnungen aus und lieferte diese mit den ihn zugrunde liegenden Stundenzetteln und Wochenberichten bei den Verantwortlichen der Firma E ab. Nach den strafgerichtlichen Feststellungen erbrachte der Kläger dadurch Dienst- und Werkleistungen für die Firma E. Die Vergütung der durch den Kläger erbrachten Leistungen erfolgte danach durch von der Firma E erstellte Schecks, die der Kläger bis November 1996 auf sein Privatkonto bei der H Bank und ab 29. November 1996 auf dem ebenfalls bei der H Bank in S auf den Namen Z. A. eingerichteten Konto einlöste. Ab dem 11. November 1999 wurden die Beträge nach den strafgerichtlichen Feststellungen auf letzteres Konto überwiesen. Insgesamt wurden in der Zeitspanne 1995 bis 2001 vom Kläger selbst oder seiner Mutter von diesen Konten 11.389.372,00 DM in jeweils knapp unter den meldepflichtigen Geldwäschebeträgen liegenden Teilbeträgen in bar abgehoben. Teilbeträge hiervon wurden vom Kläger und seiner Mutter an Herrn C. A. in bar übergeben.

45

Obwohl der Kläger nach den Feststellungen des Landgerichts unter der Firma Z im Tatzeitraum 1995 bis 2001 an die Firma E Rechnungen mit gesondertem Umsatzsteuernachweis ausstellte, führte er die eingezogene Umsatzsteuer nicht an das Finanzamt ab. Im Einzelnen ging das Landgericht von eine Gesamtsumme hinterzogener Umsatzsteuer für die Jahre 1995 bis 2001 in Höhe von 1.678.403 DM aus.

46

a. Die Feststellungen des Landgerichts sind zur Überzeugung des Senats zutreffend. Es liegen auch keine nachträglichen Erkenntnisse oder Umstände vor, die nicht bereits im Rahmen des Strafverfahrens Berücksichtigung gefunden haben. Die Feststellungen des Landgerichts werden gestützt durch die sichergestellten Beweismittel während des Strafverfahrens, die dem Senat vorliegen. So unterscheiden sich etwa die Briefköpfe der Firma Z, je nachdem, ob sie die Firma E betrafen, oder andere Rechnungsadressaten. Zudem ist aus den sichergestellten Unterlagen ersichtlich, dass die Schecks der Firma E zunächst auf dem Privatkonto des Klägers eingezahlt und später auf Intervention eines Bankmitarbeiters auf einem neu errichteten Konto der Firma Z bei der H Bank eingelöst und die Gelder später vom Kläger bzw. seiner Mutter abgehoben wurden. Die Begründung des Klägers für diesen Zahlungsweg und seine damit verbundene Einlassung, die im Wesentlichen seiner Einlassung im Rahmen des Strafverfahrens, entspricht, vermag den Senat nicht zu überzeugen. Nicht glaubhaft ist der Vortrag, dass Herr A den Kläger gebeten habe, die Schecks bei der Firma E abzuholen, da er hierfür keine Zeit gehabt hätte. Herr A bzw. seine Brüder haben unbestritten nahezu täglich bei der Firma E gearbeitet, so dass sie die Schecks ohne "Zeitverlust" entgegennehmen hätten können. Auch die Einlassung des Klägers, Herr A habe nach eigenem Vortrag keine Zeit für das Einlösen der Schecks gehabt und den Kläger daher um Einreichung bei der Bank gebeten, ist nicht nachvollziehbar. Die Firma Z unterhielt ein betriebliches Konto bei der Sparkasse in H. Dieses Konto wurde auch für die Abwicklung des regulären Geschäftsbetriebes der Firma Z genutzt (vgl. Rechnung Bl. 127 d. Beweismittelordners II). Herr A bzw. ein von ihm Bevollmächtigter hätte die Schecks daher in seinem Heimatort ohne Zeitverlust auf dem Konto gutschreiben lassen können. Es erscheint schlichtweg nicht glaubhaft, dass ein Unternehmer mit laufenden Zahlungsverpflichtungen seinen Mitarbeitern gegenüber aus Zeitgründen nicht bereit ist, die Gutschrift für geleistete Arbeiten bei der Bank vorzunehmen.

47

Die Einlassung des Klägers ist darüber hinaus nicht glaubhaft, da sie in sich nicht konsistent ist. In seiner erstmaligen Darstellung der Geschehensabläufe gegenüber dem Finanzamt vom 2. Juli 2002 führte der Kläger aus, er habe Kundenschecks für Herrn A eingelöst, hierdurch aber selbst keine wirtschaftlichen Vorteile erzielt (Bl. 223 d. PrA. 1 K 2427/05, Band I). Ausweislich den Ausführungen des Landgerichts im Urteil vom 23. September 2004 (...0 Js ...5/03) hat der Kläger sich im Rahmen der Hauptverhandlung dahingehend eingelassen, dass er Zuwendungen von 850.000 DM bis 900.000 DM von Herrn C. A. erhalten habe. Im Rahmen des finanzgerichtlichen Verfahrens gab der Kläger einen Betrag von insgesamt 754.500,00 DM an, den er als Beratungshonorar von Herrn C. A. erhalten habe. Die Zuwendungsbeträge variieren daher im Zeitverlauf von 0,00 DM bis 900.000 DM, wobei zeitnah erstellte Unterlagen, die den Vortrag des Klägers insoweit stützen, nicht vorliegen.

48

b. Der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweiserhebung wird nicht dadurch verletzt, dass sich der Senat auf die im Strafverfahren gewonnenen Erkenntnisse stützt. Zu Unrecht rügt der Kläger in der mündlichen Verhandlung insoweit einen Verstoß gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme. Dem Kläger war es unbenommen, durch entsprechende substantiierte Beweisanträge die Verwendung unmittelbarer Beweismittel anstelle des mittelbaren Beweismittels des Strafurteils sicherzustellen. Er hat jedoch weder die Vernehmung von bereits im Strafverfahren vernommenen Zeugen beantragt noch substantiiert vorgetragen, dass die Zeugenaussagen im Rahmen des durchgeführten Strafverfahren falsch waren bzw. eine erneute Vernehmung der bereits vernommenen Zeugen andere Feststellungen erwarten lassen.

49

Die Strafkammer des Landgerichts hat im Rahmen von 19 Verhandlungstagen im Jahr 2004 über 40 Zeugen vernommen, namentlich:

50

- M. M.

- R. F.

- H. H.

- K. P.

- D. S.

- M. A.

- Ö. A.

- I. S.

- H. V.

- I. P.

- E. H.

- M. K.

- E. B.

- W. K.

- K. E.

- H. S.

- K. H.

- H. K.

- E. L.

- K. R.

- J. L.

- H. H.

- A. S.

- W. S.

- G. P.

- N. G.

- R. G.

- A. K.

- H. J.

- P. D.

- D. W.

- K. G.

- L. M.

- P. S.

- H. D.

- P. S.

- D. S.

- W. K.

- H. S.

- R. W.

- G. G.

- J. W.

51

Der Kläger hat schriftsätzlich eine Vielzahl von Zeugenaussagen in der Hauptverhandlung des Landgerichts zur Stützung seiner eigenen Einlassung herangezogen (vergleiche Bl. 381 ff. d. PrA.). Er hat dabei auf Unterschiede zu den Aussagen im Rahmen der Vernehmung durch den Steuerfahnder hingewiesen und den Wahrheitsgehalt der Aussagen im Rahmen des Ermittlungsverfahrens in Frage gestellt. Den Wahrheitsgehalt der Aussagen während der Vernehmung im Rahmen der Hauptverhandlung hat er nicht substantiiert in Zweifel gezogen, sondern im Wesentlichen die Beweiswürdigung durch das Finanzamt in seiner gerichtlichen Stellungnahme. Eine erneute Vernehmung der bereits im Rahmen des Strafverfahrens vernommenen Zeugen hat der Kläger nicht in der mündlichen Verhandlung beantragt. Eine solche war zur Überzeugung des Senats auch nicht angezeigt, zumal die streitgegenständlichen Geschäfte mit der Firma E die Jahre 1995 bis 2001 betreffen und damit zwischenzeitlich zwischen 12 und 18 Jahre zurückliegen.  Es ist davon auszugehen ist, dass die Zeugen sich in der Hauptverhandlung der Strafkammer im Jahr 2004 noch besser an den Sachverhalt erinnern konnten als nunmehr nahezu zehn Jahre später.

52

Soweit der Kläger schriftsätzlich vorträgt, dass die schriftlichen Urteilsgründe für das finanzgerichtliche Verfahren "völlig unbrauchbar" seien (Bl. 388 d. PrA.), kann hierauf eine erneute Zeugenvernehmung nicht gestützt werden. Vorliegend haben der Kläger und die Staatsanwaltschaft auf die Einlegung von Rechtsmitteln gegen das Urteil verzichtet, so dass das Landgericht das Urteil in Form eines abgekürzten Urteils nach § 267 Abs. 4 StPO verfasst hat. Insofern konnte die Strafkammer auf eine umfassende Beweiswürdigung und hierbei insbesondere eine Würdigung der Zeugenaussagen verzichten. Der Einwand, dass das Urteil einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht standhalte (vgl. Bl. 388 d. PrA., Band II), ist vor diesem Hintergrund sinnentleert. Der Verzicht auf die Einlegung von Rechtsmitteln hat mithin zur Folge, dass der Kläger sich mit der Beweiswürdigung des Landgerichts nicht substantiiert auseinandersetzen konnte bzw. kann.

53

Zu berücksichtigen ist hierbei, dass der Kläger freiwillig auf ein ihm zustehenden Recht verzichtet hat. Soweit dieser Verzicht ihn im finanzgerichtlichen Verfahren hindert, substantiierte Einwendungen gegen die Beweiswürdigung vorzutragen, geht das zu seinen Lasten.

54

Letztlich kommt der Rücknahme der Revision durch den Kläger aber auch eine Indizwirkung dahingehend zu, dass die Feststellungen des Landgerichts und die Beweiswürdigung zutreffend sind. Es liegen keine schlüssigen Gründe vor, warum der Kläger die Revision nicht weiter verfolgt hat, wenn er nach eigener Darstellung wegen der angeklagten Taten freizusprechen gewesen wäre. Soweit der Kläger insoweit vorträgt, die Rücknahme der Revision sei nur erfolgt, um in den offenen Vollzug zu gelangen, ist dies nicht glaubhaft. Wäre der Kläger von seiner Unschuld überzeugt gewesen, wäre er nicht bereit gewesen, die Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Jahren ohne Überprüfung in der Revisionsinstanz zu akzeptieren.

55

Der Kläger hat auch nicht insoweit substantiierte Einwendungen gegen das rechtskräftige Strafurteil erhoben, als er sich pauschal auf seine Ausführungen im Wiederaufnahmeverfahren beruft und insoweit die Verlesung des Schriftsatzes vom 3. März 2009 im Rahmen des Beschwerdeverfahrens gegen die Verwerfung der Wiederaufnahme beim Oberlandesgericht (AZ 1 WS 4/09) in Form des Urkundsbeweises beantragt. Zum einen setzt sich der Schriftsatz vom 3. März 2009 nicht substantiiert mit dem Urteil des Landgerichts, sondern mit dem Beschluss der Strafkammer des Landgerichts vom 5. November 2008 (...4 Js ...0/08) auseinander. Der Schriftsatz war eine Beschwerdebegründung gegen die Zurückweisung des Wiederaufnahmeantrags als unzulässig. Zum anderen sind die Akten des Wiederaufnahmeverfahrens vom erkennenden Senat beigezogen worden. Eine Verlesung der im Wiederaufnahmeverfahren ergangenen Schriftsätze war nicht angezeigt; sie sind Gegenstand des Verfahrens. Es handelt sich bei dem Schriftsatz zudem um bloßen Parteivortrag; der Kläger war in keinster Weise gehindert, seinen damaligen Vortrag in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zu wiederholen. Die vom Kläger erhobene Beschwerde gegen die Verwerfung des Wiederaufnahmeverfahrens ist mit Beschluss des Oberlandesgerichts als unbegründet verworfen worden. Eine substantiierte Auseinandersetzung mit den Gründen des Oberlandesgerichts ist durch den Kläger nicht vorgenommen worden. Im Übrigen kann das Wiederaufnahmeverfahren nicht als Ersatz für die vom Kläger nicht weiterbetriebene Revision verstanden werden.

56

3. Die in der mündlichen Verhandlung vom Kläger beantragte Vernehmung der Zeugen

57

- Ö. A.

- H. M.

- A. G.

- M. M.

- J. S.

- R. K.

- H. L.

58

war abzulehnen. Wie bereits im Strafverfahren und im Verfahren des 1. Senats des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz im Verfahren 1 K 2427/05 können die unter Beweis gestellten Tatsachen durch Vernehmung der Zeugen M., G., M., S. und K. als wahr unterstellt werden, ohne dass sich die rechtliche Beurteilung des Falls ändert. Der Senat ist der Überzeugung, dass die entsprechenden Aussagen des C. A. dazu gedient haben, die Betriebsinhaberschaft zu verschleiern. Zudem hat C. A. selbst aktiv an den Aufträgen des Klägers mit der Firma E mitgearbeitet, so dass er tatsächlich dort auch tätig war. Im Übrigen handelt es sich bei den benannten Zeugen um Personen, denen Herr C. A. etwas erzählt oder geschildert haben soll, die jedoch nicht die vom Kläger für die Firma Z durchgeführten Tätigkeiten aus eigener Wahrnehmung bekunden können.

59

Ebenfalls als wahr unterstellt werden kann der unter Beweis gestellte Umstand durch Vernehmung des Herrn H. L., dass die Firma Z im Jahr 1999 für die E-Aufträge Bürocontainer von der Firma T GmbH angemietet hat, in denen ein Teil der Mitarbeiter der Firma Z untergebracht waren. Herr A., seine Brüder und weitere Arbeiter waren unstreitig in die Abwicklung der Aufträge für die Firma E eingebunden. Die Unterbringung vor Ort ändert ebenso wenig an der Tatsache, dass der Kläger der eigentliche Auftragnehmer war und sich nur des Namens der Firma Z bediente, wie der Umstand, dass C. A. Ansprechpartner für Herrn L war. Es ist aktenkundig, dass Herr C. A. selbst aktiv in der Auftragsabwicklung der Firma E eingebunden war.

60

Weiterhin kann als wahr behandelt werden, dass der vom Kläger benannte Zeuge Ö. A. Bußgelder und Geldstrafen im Zusammenhang mit der Firma E beglichen hat. Entsprechende Bußgeldbescheide und das Urteil des Amtsgericht H vom 18. Juli 2002 befinden sich in den Akten. Die formale Bezahlung durch Herrn Ö. A. war zur Verschleierung der tatsächlichen Abläufe auch notwendig. Auch kann als wahr unterstellt werden, dass Herr Ö. A. Arbeitnehmer der Firma Z eingestellt und angewiesen hat. Dies steht nicht im Widerspruch zu den hiesigen Feststellung, da die Firma Z unstreitig auch unabhängig vom Kläger Aufträge durchführte und hierfür auf Personal zurückgreifen musste. Zudem waren die Brüder A selbst z.B. als Kolonnenführer mit der Erfüllung der Aufträge der Firma E befasst.

III.

61

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Gründe für die Zulassung der Revision sind nach § 115 Abs. 2 FGO nicht ersichtlich.

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(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

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(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

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(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die §§ 158, 160, 162 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung

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(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen. Die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Sie haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben und sich auf Anforderung des Gerichts zu den von de

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(1) Durch Erhebung der Klage wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 5 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für

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(1) Das Gericht erhebt Beweis in der mündlichen Verhandlung. Es kann insbesondere Augenschein einnehmen, Zeugen, Sachverständige und Beteiligte vernehmen und Urkunden heranziehen. (2) Das Gericht kann in geeigneten Fällen schon vor der mündlichen

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(1) Die Steuern können, solange der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist, allgemein oder im Einzelfall unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden, ohne dass dies einer Begründung bedarf. Die Festsetzung einer Vorauszahlung ist stets eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung.

(2) Solange der Vorbehalt wirksam ist, kann die Steuerfestsetzung aufgehoben oder geändert werden. Der Steuerpflichtige kann die Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung jederzeit beantragen. Die Entscheidung hierüber kann jedoch bis zur abschließenden Prüfung des Steuerfalls, die innerhalb angemessener Frist vorzunehmen ist, hinausgeschoben werden.

(3) Der Vorbehalt der Nachprüfung kann jederzeit aufgehoben werden. Die Aufhebung steht einer Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung gleich; § 157 Abs. 1 Satz 1 und 3 gilt sinngemäß. Nach einer Außenprüfung ist der Vorbehalt aufzuheben, wenn sich Änderungen gegenüber der Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nicht ergeben.

(4) Der Vorbehalt der Nachprüfung entfällt, wenn die Festsetzungsfrist abläuft. § 169 Absatz 2 Satz 2, § 170 Absatz 6 und § 171 Absatz 7, 8 und 10 sind nicht anzuwenden.

(1) Durch Erhebung der Klage wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts vorbehaltlich des Absatzes 5 nicht gehemmt, insbesondere die Erhebung einer Abgabe nicht aufgehalten. Entsprechendes gilt bei Anfechtung von Grundlagenbescheiden für die darauf beruhenden Folgebescheide.

(2) Die zuständige Finanzbehörde kann die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. Auf Antrag soll die Aussetzung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die Aussetzung kann von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Soweit die Vollziehung eines Grundlagenbescheides ausgesetzt wird, ist auch die Vollziehung eines Folgebescheides auszusetzen. Der Erlass eines Folgebescheides bleibt zulässig. Über eine Sicherheitsleistung ist bei der Aussetzung eines Folgebescheides zu entscheiden, es sei denn, dass bei der Aussetzung der Vollziehung des Grundlagenbescheides die Sicherheitsleistung ausdrücklich ausgeschlossen worden ist. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, tritt an die Stelle der Aussetzung der Vollziehung die Aufhebung der Vollziehung. Bei Steuerbescheiden sind die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer, vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge, um die anzurechnende Körperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen, beschränkt; dies gilt nicht, wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.

(3) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen; Absatz 2 Satz 2 bis 6 und § 100 Abs. 2 Satz 2 gelten sinngemäß. Der Antrag kann schon vor Erhebung der Klage gestellt werden. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, kann das Gericht ganz oder teilweise die Aufhebung der Vollziehung, auch gegen Sicherheit, anordnen. Absatz 2 Satz 8 gilt entsprechend. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(4) Der Antrag nach Absatz 3 ist nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Finanzbehörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(5) Durch Erhebung der Klage gegen die Untersagung des Gewerbebetriebes oder der Berufsausübung wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts gehemmt. Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, kann die hemmende Wirkung durch besondere Anordnung ganz oder zum Teil beseitigen, wenn sie es im öffentlichen Interesse für geboten hält; sie hat das öffentliche Interesse schriftlich zu begründen. Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die hemmende Wirkung wiederherstellen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(6) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(7) Lehnt die Behörde die Aussetzung der Vollziehung ab, kann das Gericht nur nach den Absätzen 3 und 5 Satz 3 angerufen werden.

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt, unabhängig davon, ob er nach anderen Vorschriften rechtsfähig ist. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.

(2) Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nicht selbständig ausgeübt,

1.
soweit natürliche Personen, einzeln oder zusammengeschlossen, einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind,
2.
wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft). Die Wirkungen der Organschaft sind auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen beschränkt. Diese Unternehmensteile sind als ein Unternehmen zu behandeln. Hat der Organträger seine Geschäftsleitung im Ausland, gilt der wirtschaftlich bedeutendste Unternehmensteil im Inland als der Unternehmer.

(3) (weggefallen)

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die §§ 158, 160, 162 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen. Die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Sie haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben und sich auf Anforderung des Gerichts zu den von den anderen Beteiligten vorgebrachten Tatsachen zu erklären. § 90 Abs. 2, § 93 Abs. 3 Satz 2, § 97, §§ 99, 100 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, dass Formfehler beseitigt, sachdienliche Anträge gestellt, unklare Anträge erläutert, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(3) Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der von der Finanzbehörde nach § 364b Abs. 1 der Abgabenordnung gesetzten Frist im Einspruchsverfahren oder im finanzgerichtlichen Verfahren vorgebracht werden, kann das Gericht zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden. § 79b Abs. 3 gilt entsprechend.

(4) Die Verpflichtung der Finanzbehörde zur Ermittlung des Sachverhalts (§§ 88, 89 Abs. 1 der Abgabenordnung) wird durch das finanzgerichtliche Verfahren nicht berührt.

Tatbestand

1

I. Nach den Feststellungen der Zollfahndung bezog der Lebensgefährte der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) im Zeitraum zwischen dem 11. Juni 2001 und dem 18. April 2006 von verschiedenen Mineralölhändlern 298.540 L Heizöl, die auf dem Betriebsgelände der Firma X, deren Inhaberin die Klägerin war, eingelagert, zum Teil für Heizzwecke verbraucht und im Übrigen als Kraftstoff abgegeben wurden. Aufgrund dieser Feststellungen setzte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Hauptzollamt) gegen die Klägerin und ihren Lebensgefährten Mineralölsteuer in Höhe von 97.254,24 € fest. Der von der Klägerin erhobene Einspruch führte lediglich zu einer Herabsetzung dieses Betrages. Der Lebensgefährte der Klägerin wurde mit Strafbefehl wegen Steuerhinterziehung in 24 Fällen verurteilt. Das gegen die Klägerin eingeleitete Strafverfahren wurde nach § 170 Abs. 2 der Strafprozessordnung eingestellt. Schließlich blieb die vor dem Finanzgericht (FG) erhobene Klage ohne Erfolg.

2

Die Mineralölsteuer sei gemäß § 26 Abs. 6 Satz 1 des Mineralölsteuergesetzes durch das bloße Bereithalten des Heizöls als Kraftstoff für die Fahrzeuge der Firma X entstanden. Dies ergebe sich aus den Feststellungen im rechtskräftigen Strafbefehl, die sich das FG zu eigen mache. Der Berücksichtigung dieser Feststellungen stehe der Umstand nicht entgegen, dass die Klägerin am Strafverfahren nicht beteiligt gewesen sei. Die in der mündlichen Verhandlung gestellten Anträge auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zu den von der Zolltechnischen Prüfungs- und Lehranstalt erstellten Gutachten und auf Vernehmung der in der Klageschrift benannten Zeugen stellten keine substantiierten Einwendungen gegen die im rechtskräftigen Strafbefehl getroffenen Feststellungen dar. In Bezug auf die Gutachten würde die behauptete Fehlerhaftigkeit in keiner Weise belegt. Es sei nicht Aufgabe des Gerichts, sich mit Behauptungen zu befassen, die "aus der Luft gegriffen" seien. Nach den Aussagen der an der Probenentnahme beteiligten Beamten vor dem Amtsgericht seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Entnahme der Proben nicht ordnungsgemäß erfolgt sei. Hinsichtlich der beantragten Vernehmung von insgesamt zwölf Zeugen, die die Bestellung und den Bezug von Heizöl hätten bestätigen sollen, handele es sich um unsubstantiierte Beweisermittlungs- und Ausforschungsanträge. Letztendlich sei es auch nicht entscheidungserheblich, ob der Lebensgefährte der Klägerin über die vom HZA bereits anerkannte Menge an geliefertem Heizöl hinaus weitere Mengen an die benannten Zeugen abgegeben habe. Denn ausreichend für die Entstehung der Mineralölsteuer sei bereits das Bereithalten des vom Lebensgefährten der Klägerin bestellten Mineralöls als Kraftstoff auf dem Betriebsgelände des Transportunternehmens. Anhaltspunkte dafür, dass die Heizöllieferanten das von diesem bestellte Heizöl direkt an die jeweiligen Abnehmer geliefert hätten, seien nicht ersichtlich.

3

Mit ihrer Beschwerde begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision wegen Verfahrensmängeln (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG habe seine Sachaufklärungspflicht aus § 76 Abs. 1 FGO verletzt, indem es sich die Feststellungen im Strafbefehl zu eigen gemacht und die Beweisanträge abgelehnt habe. Der Lebensgefährte der Klägerin habe den gegen den Strafbefehl eingelegten Einspruch nur unter dem Druck einer drohenden Untersuchungshaft zurückgenommen. Entgegen der Auffassung des FG habe die Klägerin ihre Mitwirkungspflicht nicht verletzt. Ein substantiierter Vortrag sei ihr aufgrund des inzwischen verstrichenen Zeitraums nicht möglich gewesen. Sofern das FG von einer Zwischenlagerung des Mineralöls auf dem Gelände des Transportunternehmens ausgegangen sei, sei diese Feststellung unzutreffend. Vielmehr sei eine Zwischenlagerung allenfalls auf dem landwirtschaftlichen Grundstück des Lebensgefährten der Klägerin erfolgt. Darüber hinaus habe das FG unter Verstoß gegen § 76 Abs. 2 FGO nicht darauf hingewiesen, dass es von einer Zwischenlagerung des Mineralöls auf dem Betriebsgelände des Transportunternehmens und von der Haltereigenschaft des Lebensgefährten der Klägerin ausgehe. Schließlich habe das FG unter Verstoß gegen § 96 FGO die Akten und den Inhalt des Strafverfahrens nicht ordnungsgemäß eingeführt. Der Klägerin sei nicht mitgeteilt worden, dass der gegen ihren Lebensgefährten gerichtete Strafbefehl im finanzgerichtlichen Verfahren auch gegen sie Verwendung finden würde.

Entscheidungsgründe

4

II. Die Beschwerde ist unbegründet. Die von der Klägerin gerügten Verfahrensmängel liegen nicht vor oder sind nicht hinreichend dargelegt, wie dies § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erfordert.

5

1. Soweit die Klägerin das Übergehen ihrer Beweisanträge vor dem FG beanstandet, wird die behauptete Verletzung der dem FG nach § 76 Abs. 1 FGO obliegenden Sachaufklärungspflicht nicht hinreichend dargelegt. Wie das FG ausgeführt hat, ist die Klägerin ihrer prozessualen Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen. Obwohl hierzu Anlass bestand, hat sie die beweisbedürftigen Tatsachen nicht hinreichend bezeichnet. Dabei ist zu berücksichtigen, dass zwei der benannten Zeugen bereits verstorben waren. Hinsichtlich weiterer Zeugen bestand Anlass zur Annahme einer Unerreichbarkeit, weil sie unter der von der Klägerin genannten Adresse nicht gemeldet waren. Die anderen als Zeugen benannten Personen sind mit einer Ausnahme bereits von Mitarbeitern des Zollfahndungsamtes als Zeugen vernommen worden. Dabei hat sich nach den Feststellungen des FG herausgestellt, dass die Unterschriften auf den von der Klägerin vorgelegten Bestätigungen zum Teil blanko abgegeben worden sind oder nicht von den Zeugen stammten. Eine der Bescheinigungen war gefälscht. Dagegen hat die Klägerin im finanzgerichtlichen Verfahren keine Einwendungen vorgebracht. Den Ausführungen des FG setzt sie lediglich entgegen, sie sei zu näheren Angaben im Hinblick auf den zwischenzeitlich verstrichenen Zeitraum nicht in der Lage gewesen. Mit der behaupteten Unzumutbarkeit eines substantiierten Vortrags in Bezug auf die beweisbedürftigen Tatsachen wird der geltend gemachte Verfahrensmangel jedoch nicht hinreichend belegt. Im Übrigen hat das FG seine Entscheidung auch darauf gestützt, dass die Klägerin Mineralöl als Kraftstoff bereitgehalten hat, so dass es aus seiner maßgeblichen Sicht auf dessen Weiterlieferung nicht ankam. Zu diesem, das Urteil tragenden Gesichtspunkt führt die Beschwerde lediglich aus, wie bereits vorgetragen, sei eine Zwischenlagerung allenfalls auf einem landwirtschaftlichen Grundstück des Lebensgefährten der Klägerin erfolgt. Auch aus diesem Vorbringen wird ein Verfahrensmangel nicht ersichtlich. Vielmehr stellt die Klägerin lediglich ihre eigene --nicht näher substantiierte-- Sachverhaltsdarstellung den hierzu vom FG getroffenen Feststellungen gegenüber.

6

2. Der von der Klägerin behauptete Verstoß gegen die sich aus § 76 Abs. 2 FGO ergebende Hinweispflicht liegt nicht vor. Ein Gericht ist nicht dazu verpflichtet, vor seiner Entscheidungsfindung seine Rechtsansicht mündlich oder schriftlich mitzuteilen bzw. die für die Entscheidung maßgeblichen Gesichtspunkte und Rechtsfragen im Voraus anzudeuten oder sogar umfassend zu erörtern (Entscheidungen des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 5. April 2006 I B 84/05, BFH/NV 2006, 1497, und vom 10. August 2005 VIII B 344/04, BFH/NV 2006, 78, m.w.N. sowie Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 8. Juli 1997  1 BvR 1934/93, BVerfGE 96, 189). Einen fachkundig vertretenen Prozessbeteiligten braucht es auf naheliegende rechtliche und tatsächliche Gesichtspunkte nicht hinzuweisen (BFH-Beschluss vom 27. Oktober 2008 XI B 202/07, BFH/NV 2009, 118). Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass es von einer Einlagerung des Heizöls auf dem Betriebsgelände des Transportunternehmens der Klägerin ausging, ergeben sich aus der Begründung der Einspruchsentscheidung vom 3. Dezember 2008, die dem Prozessvertreter der Klägerin zugestellt worden ist. Eines besonderen Hinweises darauf, dass das FG seiner Entscheidung den in der Einspruchsentscheidung geschilderten Sachverhalt zugrunde legen werde, bedurfte es daher nicht. Vielmehr musste die Klägerin davon ausgehen, das FG werde diesen Sachverhalt im Rahmen seiner Entscheidungsfindung berücksichtigen.

7

3. Schließlich hat das FG nicht gegen § 96 FGO verstoßen. Danach entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Die Zuziehung von Strafakten zum Zwecke der Sachaufklärung liegt in seinem Ermessen. Eines förmlichen Beweisbeschlusses bedarf es hierfür nicht. Die Feststellungen aus einem Strafurteil bzw. aus einem Strafbefehl kann sich das FG zu eigen machen, falls nicht die Verfahrensbeteiligten substantiierte Einwendungen erheben und entsprechende Beweisanträge stellen (Senatsbeschlüsse vom 25. November 1997 VII B 86/97, BFH/NV 1998, 738, und vom 20. August 1999 VII B 6/99, BFH/NV 2000, 215). An einer Berücksichtigung der in einem Strafbefehl getroffenen Feststellungen ist das FG nicht deswegen gehindert, weil der Betroffene im finanzgerichtlichen Verfahren am Strafverfahren nicht beteiligt war (Senatsurteil vom 26. April 1988 VII R 124/85, BFHE 153, 463).

8

Dabei ist zu berücksichtigen, dass das FG den Prozessvertreter des Lebensgefährten der Klägerin, der zugleich die Klägerin vertritt, mit Schreiben vom 26. Oktober 2010 ausdrücklich auf den rechtskräftigen Strafbefehl und das Protokoll über die Hauptverhandlung hingewiesen und um Mitteilung gebeten hat, ob er die Klage aufrechterhalte. Demnach hätte der Prozessvertreter der Klägerin auch in diesem Verfahren von einer Verwertung des Strafbefehls durch das FG ausgehen müssen, zumal das FG unmittelbar vor dem Sitzungstermin die mündliche Verhandlung in der ihren Lebensgefährten betreffenden Rechtssache durchführte. Es lag daher für alle Beteiligten nahe, dass das FG den ihm bekannten Strafbefehl auch im weiteren Verfahren nutzen würde. Die Kenntnis ihres Prozessvertreters muss sich die Klägerin zurechnen lassen. Unter Berücksichtigung dieses Gesichtspunkts hätte sie die Möglichkeit gehabt, zumindest vorsorglich einer Verwertung des Strafbefehls entgegenzutreten. Diesbezügliche Anträge hat sie jedoch nicht gestellt. Bei diesem Befund ist ein Verstoß des FG gegen § 96 FGO nicht ersichtlich.

(1) Das Gericht erhebt Beweis in der mündlichen Verhandlung. Es kann insbesondere Augenschein einnehmen, Zeugen, Sachverständige und Beteiligte vernehmen und Urkunden heranziehen.

(2) Das Gericht kann in geeigneten Fällen schon vor der mündlichen Verhandlung durch eines seiner Mitglieder als beauftragten Richter Beweis erheben lassen oder durch Bezeichnung der einzelnen Beweisfragen ein anderes Gericht um die Beweisaufnahme ersuchen.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist Garten- und Landschaftsbauarchitekt. In den Streitjahren betrieb er als Einzelunternehmer einen Gartenbaubetrieb und ermittelte seinen Gewinn durch Einnahme-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes. Der Kläger sowie seine 2005 verstorbene Ehefrau waren an verschiedenen Gesellschaften beteiligt. Im Zeitraum von Oktober 1999 bis Mai 2001 führte das Finanzamt für Fahndung und Strafsachen bei dem Kläger sowie der K GmbH und der G GmbH ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren durch. In der Folgezeit änderte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) die Einkommensteuerbescheide 1993 bis 1997 in Bezug auf die Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit sowie in Bezug auf die Kapitaleinkünfte, wobei das FA für das Jahr 1996 die Eheleute antragsgemäß getrennt veranlagte.

2

Die gegen die Einspruchsbescheide gerichteten Klagen hatten teilweise Erfolg. Der Kläger unterlag vor dem Finanzgericht (FG) nur noch hinsichtlich folgender Streitpunkte:

3

1. Zahlungen an das Unternehmen S in den Jahren 1993 und 1994 erkannte das FG nicht als Betriebsausgaben im Einzelunternehmen des Klägers an, weil es von fingierten Vertragsverhältnissen ausging. Zur Sachverhaltsaufklärung verwies das FG umfassend auf die Ergebnisse des Steuerstrafverfahrens sowie der Umsatzsteuerverfahren gegen den Kläger. Das FG würdigte die aktenkundigen Aussagen von Zeugen aus diesen Verfahren als "nachvollziehbar und glaubhaft", obwohl es keine eigene Zeugenvernehmung durchführte.

4

2. Zahlungen der K GmbH in den Streitjahren 1993 und 1994 erfasste das FG als verdeckte Gewinnausschüttungen beim Kläger. Streitig ist, ob den Zahlungen ein Darlehen des Klägers zugrunde liegt. Auch hier stützte sich das FG auf Zeugenaussagen im Strafverfahren, ohne selbst Zeugen vernommen zu haben.

5

3. In den Streitjahren 1994 bis 1997 rechnete das FG dem Kläger Einkünfte aus einer Kapitalanlage in Luxemburg zu. Diese Anlage erfolgte im Namen des Klägers. Aus Sicht des FG bestand kein Treuhandverhältnis zugunsten der G GmbH.

6

4. Eine Einzahlung in 1996 wertete das FG nicht als Bareinlage, da der Kläger nicht nachweisen konnte, woher das Geld stamme.

7

Mit der gegen das Urteil gerichteten Nichtzulassungsbeschwerde rügt der Kläger Verfahrensfehler i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) und beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen.

8

Das FA beantragt, die Nichtzulassungsbeschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Beschwerde ist teilweise begründet. Hinsichtlich der Streitjahre 1993 und 1994 beruht die Vorentscheidung auf einem Verfahrensfehler. Dieser führt insoweit zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG gemäß § 116 Abs. 6 FGO.

10

1. Die Vorentscheidung ist hinsichtlich der Einkommensteuer 1993 und 1994 aufzuheben, weil das FG den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme verletzt hat.

11

a) Nach § 81 Abs. 1 Satz 1 FGO hat das Gericht den Beweis in der mündlichen Verhandlung zu erheben. Der Sinn des Grundsatzes der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme und des aus ihm folgenden Gebots, Zeugen grundsätzlich selbst zu hören und sich nicht mit nur schriftlich übermittelten Bekundungen derselben zu begnügen, besteht darin, es dem Gericht zu ermöglichen, aufgrund des persönlichen Eindrucks von den Zeugen und durch kritische Nachfrage die Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen zu überprüfen (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 23. Januar 1985 I R 30/81, BFHE 143, 117, BStBl II 1985, 305; vom 17. Mai 2005 VII R 76/04, BFHE 210, 70).

12

b) Zeugenprotokolle aus anderen Verfahren können im Finanzprozess grundsätzlich als Urkundsbeweis im finanzgerichtlichen Verfahren verwertet werden, wenn die Beteiligten damit einverstanden sind (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 18. November 1971 VIII 21/65, BFHE 104, 409, BStBl II 1972, 399; vom 22. Februar 1972 VII R 80/69, BFHE 105, 220, BStBl II 1972, 544; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 81 FGO Rz 27, m.w.N.).

13

Die Rechtsprechung lässt es damit zu, dass sich das FG die tatsächlichen Feststellungen, Beweiswürdigungen und rechtlichen Beurteilungen eines Strafverfahrens zu eigen machen kann, wenn und soweit es zu der Überzeugung gelangt ist, dass diese zutreffend sind und keine substantiierten Einwendungen gegen die Feststellungen des Strafurteils erhoben werden (vgl. hierzu BFH-Urteile vom 13. Juli 1994 I R 112/93, BFHE 175, 489, BStBl II 1995, 198; vom 2. Dezember 2003 VII R 17/03, BFHE 204, 380; BFH-Beschlüsse vom 5. Februar 1993 VIII B 103/92, BFH/NV 1993, 351; vom 14. November 2003 VIII B 70/02, BFH/NV 2004, 513; vom 20. April 2006 VIII B 33/05, BFH/NV 2006, 1338; vom 17. März 2010 X B 120/09, BFH/NV 2010, 1240).

14

c) Das FG begeht aber einen Verfahrensfehler, wenn es Vernehmungsprotokolle aus anderen Verfahren als Zeugenbeweis bezeichnet und daher im Urteil nicht zum Ausdruck kommt, dass der unterschiedliche Beweiswert von Urkunden- und Zeugenbeweis vom FG gesehen und berücksichtigt wurde (vgl. zum Verwaltungsgerichtsprozess Böhm in Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 1996, S. 427, 429).

15

2. Im Streitfall verwies das FG zur Sachverhaltsaufklärung umfassend auf die Ergebnisse des Steuerstrafverfahrens sowie der Umsatzsteuerverfahren gegen den Kläger. Obwohl das FG in der mündlichen Verhandlung keine Zeugen vernommen hat, würdigte es in den Entscheidungsgründen auf S. 18 des Urteils die Aussage der Zeugin X, die diese im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren abgelegt hatte, als nachvollziehbar und glaubhaft. Ebenso werden --ohne tatsächliche Vernehmung in der mündlichen Verhandlung-- auf S. 22 die Aussagen weiterer Zeugen gewürdigt. Damit verstieß das FG gegen den Grundsatz der formellen Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme.

16

3. Da das FG den protokollierten Zeugenaussagen wesentliches Gewicht beigelegt hat, beruht das Urteil auf dem Verfahrensverstoß. Die Möglichkeit, dass es ohne den Fehler anders ausgefallen wäre, lässt sich nicht mit Sicherheit ausschließen. Die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO liegen damit vor. Der Senat hält es für angezeigt, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 116 Abs. 6 FGO).

III.

17

Hinsichtlich der Streitjahre 1996 und 1997 ist die Beschwerde unbegründet und daher zurückzuweisen.

18

1. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt nicht vor.

19

a) Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes i.V.m. § 96 Abs. 2 FGO gewährleisten den Verfahrensbeteiligten die Gelegenheit, sich zu den der Entscheidung zu Grunde liegenden Tatsachen und Beweisergebnissen zu äußern und ihre für wesentlich gehaltenen Rechtsansichten vorzutragen (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 119 Rz 10a, m.w.N.).

20

Eine unzulässige Überraschungsentscheidung liegt nach der Rechtsprechung nur vor, wenn das Gericht seine Entscheidung auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt stützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nicht rechnen musste. Der Anspruch auf rechtliches Gehör verlangt jedoch nicht, dass das Gericht die maßgebenden Rechtsfragen mit den Beteiligten umfassend erörtert oder sogar die einzelnen für die Entscheidung erheblichen (rechtlichen oder tatsächlichen) Gesichtspunkte im Voraus andeutet (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2010, 1240, m.w.N.).

21

b) Nach diesen Grundsätzen liegt kein Verfahrensverstoß vor. Der Kläger trägt vor, er habe die mündliche Verhandlung lediglich als Vorbesprechung angesehen. Aus der Gerichtsakte des FG ergibt sich aber, dass das Gericht den Kläger bereits einige Monate vor der mündlichen Verhandlung aufforderte, genau bezeichnete Unterlagen beizubringen. Ferner wurde er ordnungsgemäß zur mündlichen Verhandlung geladen. Es sind keine Gründe ersichtlich, wonach der Kläger lediglich von einer Vorbesprechung ausgehen konnte. Insbesondere konnte der Kläger aus der unterlassenen Ladung von Zeugen keine Schlüsse ziehen, da es im Hinblick auf die oben unter II.1.b zitierte Rechtsprechung denkbar ist, dass das FG die Ergebnisse des Strafverfahrens im Wege des Urkundsbeweises hätte übernehmen können. Ein Urteil ist schließlich nicht deshalb Überraschungsentscheidung, weil es nicht den Erwartungen und Hoffnungen eines Beteiligten entspricht.

22

c) Soweit der Kläger das Unterlassen von Hinweisen nach § 76 Abs. 2 FGO rügt, fehlt es an Ausführungen, welche (weiteren) Anträge der Kläger gestellt hätte.

23

2. In Wirklichkeit wendet sich der Kläger gegen die materielle Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde sind Einwände gegen die Richtigkeit des angefochtenen Urteils, die nur im Rahmen einer Revisionsbegründung relevant sein können, von vornherein unbeachtlich. Gleiches gilt hinsichtlich der vom Kläger behaupteten unzulänglichen Beweiswürdigung. Die Beweiswürdigung ist revisionsrechtlich ebenfalls dem materiellen Recht zuzuordnen (vgl. BFH-Beschluss vom 17. Januar 2006 VIII B 172/05, BFH/NV 2006, 799, m.w.N.) und kann daher im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde grundsätzlich nicht angegriffen werden.

IV.

24

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) wurde vom Finanzamt A (FA A), dessen Zuständigkeit 2009 durch Fusion mit dem Finanzamt B auf den Beklagten und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) überging, mit einem auf § 191 i.V.m. § 71 der Abgabenordnung (AO) gestützten Haftungsbescheid vom 22. November 2001 für Umsatzsteuer 2000 der X-GmbH (GmbH) in Höhe von … DM in Haftung genommen. Die 1998 gegründete GmbH wurde 2003 wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen im Handelsregister gelöscht.

2

Die Haftungsinanspruchnahme des Klägers begründete das FA A im Wesentlichen damit, dass es sich bei der GmbH um eine Scheinfirma handele, die in ein Umsatzsteuerkarussell eingebunden gewesen sei und deren einziger Zweck darin bestanden habe, aus dem Ausland bezogene hochpreisige Mikroprozessoren (sog. CPU) mit offen ausgewiesener Umsatzsteuer an deutsche Abnehmer weiter zu fakturieren, ohne die entsprechenden Umsätze dem Finanzamt zu erklären. Die Kunden der GmbH hätten ihre Rechnungen jeweils direkt an den Hauptlieferanten der GmbH, die Firma Y, gezahlt. Diese sei von dem Kläger betrieben worden. Er habe darüber hinaus auch die Geschäfte der GmbH tatsächlich betrieben. Die GmbH habe im Jahr 2000 an die Firma Z in C Rechnungen in Höhe von brutto … DM sowie an die Firma F in D in Höhe von brutto … DM ausgestellt. Die von der GmbH nach § 14 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) geschuldete Umsatzsteuer sei weder angemeldet noch erklärt worden. Dadurch sei der Tatbestand der Steuerhinterziehung gemäß § 370 AO erfüllt. Der Kläger hafte für die von der GmbH gemäß § 14 Abs. 3 UStG geschuldete Umsatzsteuer in Höhe von … DM. Da die GmbH vermögenslos sei, sei insoweit die Verwirklichung der Steueransprüche nicht zu erwarten. Es sei ermessensgerecht, den Kläger in Anspruch zu nehmen. Am selben  Tag verfasste das FA A einen Vermerk, dass von Haftungsinanspruchnahmen der Geschäftsführer G und H abgesehen werde, da diese auch nach Ermittlungen der Steuerfahndung S unauffindbar seien.

3

Das Amtsgericht S (AG) verurteilte G mit rechtskräftigem Urteil vom … Mai 2002 wegen Steuerhinterziehung in sieben Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, welche zur Bewährung ausgesetzt wurde. Es stellte fest, dass der Kläger Anfang des Jahres 2000 an G herangetreten war und ihn überredet hatte, eine Firma zu übernehmen, die sich später mit dem Handel von Elektroerzeugnissen befassen sollte. Am 1. Februar 2000 sei G Geschäftsführer der GmbH geworden. Mit dieser Firma seien mögliche Umsätze mit anderen Firmen, der Z, K und F, getätigt worden. G habe alsbald gemerkt, dass er lediglich eine Art Strohmann gewesen sei.

4

Das Landgericht L (LG) verurteilte mit rechtskräftigem Urteil vom … Mai 2003 die beiden Geschäftsführer der Z, M und N, wegen gemeinschaftlicher Steuerhinterziehung in neun Fällen zu mehrjährigen Haftstrafen. Nach den Feststellungen des LG waren M und N mit der Z wesentlicher Bestandteil des Umsatzsteuerkarussells, in dem mit CPU "gehandelt" worden sei. Einer der missing trader, der CPU an die Z geliefert habe, sei die GmbH gewesen.

5

Der Einspruch gegen den Haftungsbescheid vom 22. November 2001 war erfolglos. Die Klage hatte überwiegend Erfolg. Unter Hinzuziehung der Strafakten des AG und des LG entschied das Finanzgericht (FG), der Haftungsbescheid vom 22. November 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. November 2008 sei in Höhe des Betrags von … DM (= … €) aufrechtzuhalten. Das FA habe den Kläger zu Recht gemäß § 191 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 71 AO für verkürzte Steuern der GmbH, die aus der Geschäftsbeziehung mit der Z entstanden seien, in Haftung genommen, da er den objektiven und subjektiven Tatbestand der Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) erfülle. Die GmbH schulde die in den Rechnungen Januar bis Mai 2000 an die Z ausgewiesene Umsatzsteuer in Höhe von … DM (= … €). Der Kläger sei von Januar bis Juni 2000 als faktischer Geschäftsführer und Verfügungsberechtigter der GmbH gemäß § 35 AO verpflichtet gewesen, die Umsatzsteuer-Voranmeldungen abzugeben und die fälligen Steuern zu entrichten. Das FG sei insbesondere aufgrund der Feststellungen des LG davon überzeugt, dass er tatsächlich die Geschäfte der GmbH leitete und dem Geschäftsführer G entsprechende Anweisungen erteilt habe.

6

Im Hinblick auf die Geschäftsbeziehungen der GmbH mit der F und der K lasse sich unter Berücksichtigung der das FA treffenden Feststellungslast indes nicht mit der erforderlichen Gewissheit feststellen, dass der Kläger (auch) insoweit eine Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO begangen habe.

7

Das FG hat die Revision nicht zugelassen. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen.

9

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) --soweit er den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechend dargelegt worden ist-- liegen nicht vor. Der Kläger hat zudem nicht in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO gebotenen Form dargelegt, dass --wie von ihm geltend gemacht-- die Rechtssache gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO grundsätzliche Bedeutung hat oder die Revision wegen des Erfordernisses einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) zuzulassen ist.

10

1. Die von der Beschwerde gerügten Verfahrensmängel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO liegen --soweit sie den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechend dargelegt worden sind-- nicht vor.

11

a) Das FG hat nicht gegen die Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) verstoßen, indem es dem Beweisantritt des Klägers nicht gefolgt ist und die Zeugen M und N nicht vernommen hat.

12

Nach § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO erforscht das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen. Das Gericht ist dabei an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden (§ 76 Abs. 1 Satz 5 FGO).

13

aa) Beweisergebnisse anderer Gerichtsverfahren dürfen im Wege des Urkundenbeweises in den finanzgerichtlichen Prozess eingeführt werden (vgl. BFH-Urteile vom 23. Januar 1985 I R 30/81, BFHE 143, 117, BStBl II 1985, 305; vom 21. Juni 1988 VII R 135/85, BFHE 153, 393, BStBl II 1988, 841, unter II.3.). Das FG kann sich daher --wie hier-- Feststellungen aus in das finanzgerichtliche Verfahren eingeführten Strafurteilen zu eigen machen, es sei denn, dass die Beteiligten gegen die strafgerichtlichen Feststellungen substantiierte Einwendungen vortragen und entsprechende Beweisanträge stellen, die das FG nicht nach den allgemeinen für die Beweiserhebung geltenden Grundsätzen unbeachtet lassen kann (vgl. BFH-Urteile vom 10. Januar 1978 VII R 106/74, BFHE 124, 305, 308, BStBl II 1978, 311; vom 11. August 2011 V R 50/09, BFHE 235, 32, BStBl II 2012, 151, Rz 32).

14

Beweisermittlungs- oder -ausforschungsanträge, die so unbestimmt sind, dass im Grunde erst die Beweiserhebung selbst die entscheidungserheblichen Tatsachen und Behauptungen aufdecken kann, aus denen --auf den Streitfall bezogen-- geschlossen werden kann, dass eine faktische Geschäftsführung nicht vorgelegen habe, brauchen vom FG regelmäßig nicht befolgt zu werden (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 6. September 2005 IV B 14/04, BFH/NV 2005, 2166; vom 2. März 2006 XI B 79/05, BFH/NV 2006, 1132; vom 15. Mai 2007 I B 120/06, BFH/NV 2007, 1686).

15

bb) Bei Anlegung dieser Grundsätze begegnet die Vorentscheidung keinen rechtlichen Bedenken. Das FG hat den vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 30. März 2012 gestellten Antrag, M und N als Zeugen zu der Frage zu vernehmen, dass er nicht faktischer Geschäftsführer der GmbH gewesen sei, für nicht genügend substantiiert gehalten. Es hat damit die Anforderungen an die Substantiierung eines Beweisantrags nicht überspannt.

16

Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 30. März 2012 hat der Kläger beantragt, "die Herren [M] und [N] als Zeugen zu der Frage zu vernehmen, dass der Kläger nicht faktischer Geschäftsführer der [GmbH] war". Dem lässt sich nicht entnehmen, welche konkreten Wahrnehmungen M und N gemacht haben sollen. Auch dem schriftsätzlichen Vorbringen des Klägers im finanzgerichtlichen Verfahren ist eine hinreichende Substantiierung (vgl. hierzu BFH-Beschluss vom 27. April 2010 X B 163/08, BFH/NV 2010, 1639) nicht zu entnehmen. Denn er hat in diesem Zusammenhang lediglich vorgetragen, es sei unzutreffend, "dass [er] die Firma Y eigenverantwortlich geleitet" habe; vorliegend geht es ausschließlich um die Frage, wer als (faktischer) Geschäftsführer der GmbH fungiert hat.

17

Überdies beruhten die Feststellungen des Strafurteils des LG im Wesentlichen auf den übereinstimmenden Geständnissen von M und N. Die Feststellungen im Urteil des AG beruhten insbesondere auf dem Geständnis des G. Die Vernehmung von M und N durch das FG versprach nur dann Erfolg, wenn mit einer Änderung ihrer strafgerichtlichen Aussagen zu rechnen war (vgl. BFH-Urteil in BFHE 153, 393, BStBl II 1988, 841, unter II.3.). Unter diesen Umständen genügte der Kläger seiner Mitwirkungspflicht bei der Aufklärung des Sachverhalts nur, wenn er eine annehmbare Erklärung dafür gab, warum er erwartete, M und N werden ihre früheren Aussagen ändern. Daran fehlt es im Streitfall. Er hat nicht dargetan, ob und wenn ja, warum eine Änderung der Aussagen von M und N zu erwarten sei.

18

Darüber hinaus hat der Kläger in keiner Weise dargelegt, aus welchen Gründen die Feststellungen des LG und des AG nicht zutreffend sein sollen, insbesondere hat er nicht dargelegt, dass die Geständnisse von M und N unrichtig gewesen sein sollen. Mangels plausibler Darlegung von Gründen, aus denen sich die Unrichtigkeit der gegenüber dem LG und dem AG gemachten Angaben ergibt, ist die im Kern lediglich abweichende Würdigung der faktischen Geschäftsführerstellung des Klägers kein substantiierter Angriff gegen die Grundlagen der Strafurteile des LG und des AG. Das Beweisangebot des Klägers im Verfahren vor dem FG ist daher nur als schlichtes Bestreiten zu werten, das nicht geeignet ist, Zweifel an den Tatsachenfeststellungen des LG und des AG aufkommen zu lassen (vgl. BFH-Beschluss vom 22. März 1988 VII B 193/87, BFH/NV 1988, 722; BFH-Urteile in BFHE 153, 393, BStBl II 1988, 841, unter II.3.; in BFHE 235, 32, BStBl II 2012, 151, Rz 32 ff.).

19

cc) Entgegen der Auffassung des Klägers war das FG an einer Berücksichtigung der Feststellungen der Strafurteile nicht deswegen gehindert, weil der im finanzgerichtlichen Verfahren betroffene Kläger am Strafverfahren nicht beteiligt war. Das sind allenfalls Umstände, die der Tatrichter im Rahmen seiner Überzeugungsbildung nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO --wie im Streitfall (Urteil, Seite 22) geschehen-- zu erwägen hat (vgl. BFH-Urteil vom 26. April 1988 VII R 124/85, BFHE 153, 463, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1988, 558, unter II.2.b; BFH-Beschluss vom 19. Dezember 2011 VII B 28/11, BFH/NV 2012, 752).

20

dd) Ohne Verfahrensmangel hat das FG in den Entscheidungsgründen des Urteils (Seite 22 f.) den Beweisantritt unter Angabe von Gründen abgelehnt. Entgegen der Auffassung des Klägers erforderte die Ablehnung nicht eine Darlegung in einem gesonderten Gerichtsbeschluss.

21

b) In der Ablehnung des Beweisantrags liegt auch kein Verstoß gegen das Verbot der Beweisantizipation.

22

Eine gegen die Sachaufklärungspflicht verstoßende vorweggenommene Beweiswürdigung liegt vor, wenn eine Beweiserhebung mit der Begründung unterlassen oder abgelehnt wird, ihr zu erwartendes Ergebnis könne die Überzeugung des Gerichts nicht ändern (vgl. BFH-Beschluss vom 13. September 2005 X B 8/05, BFH/NV 2005, 2167, unter 4.a; Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 76 Rz 26). Ein derartiges Verhalten des FG liegt nicht vor, weil das FG das Beweisangebot des Klägers zu Recht mit der Begründung --und damit entgegen der Auffassung des Klägers nicht "willkürlich"-- abgelehnt hat, es seien keine substantiierten Einwendungen gegen die Feststellungen in den Strafurteilen erhoben worden. Diese Bewertung durch das FG wird nicht durch die beantragte Zeugenvernehmung von M und N zu der Frage, dass der Kläger nicht faktischer Geschäftsführer der GmbH war, widerlegt, da er --wie unter II.1.a dargestellt-- nicht dargelegt hat, aus welchen Gründen die Feststellungen der Strafurteile und die Geständnisse von M und N unrichtig sein sollen.

23

c) Auch hat das FG nicht gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweiserhebung (§ 81 FGO) verstoßen.

24

Nach der Rechtsprechung des BFH (Urteile in BFHE 124, 305, BStBl II 1978, 311; in BFHE 235, 32, BStBl II 2012, 151, Rz 32) ist es --wie unter II.1.a dargelegt-- grundsätzlich zulässig, strafgerichtliche Feststellungen im finanzgerichtlichen Verfahren zu verwerten; allerdings dürfen Feststellungen, gegen die --anders als hier-- unter Beweisangebot substantiierte Einwendungen vorgebracht werden, nicht ohne eigene Beweisaufnahme (§ 76 Abs. 1, § 81 FGO) übernommen werden.

25

2. Der vom Kläger angeführte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) ist nicht in der gebotenen Form dargelegt worden.

26

a) Wird die Nichtzulassungsbeschwerde auf diesen Zulassungsgrund gestützt, muss der Kläger eine bestimmte für die Entscheidung des Streitfalls erhebliche abstrakte Rechtsfrage herausstellen. Auch muss in der Beschwerdebegründung schlüssig und substantiiert unter Auseinandersetzung mit den zur aufgeworfenen Rechtsfrage in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Auffassungen dargetan werden, weshalb die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit oder der Rechtsentwicklung im Allgemeininteresse klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist. In Bezug auf die Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage muss dargelegt werden, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Frage zweifelhaft und streitig ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 27. Oktober 2008 XI B 202/07, BFH/NV 2009, 118, und vom 22. März 2011 X B 151/10, BFH/NV 2011, 1165; Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 32, m.w.N.).

27

Hat die höchstrichterliche Rechtsprechung bereits die Rechtsfrage entschieden, so muss die Beschwerde eingehend begründen, weshalb gleichwohl eine erneute Entscheidung des BFH für notwendig gehalten wird. Dazu ist insbesondere darzulegen, welche neuen gewichtigen, vom BFH nicht geprüften Einwendungen im Schrifttum und in der Rechtsprechung der Instanzgerichte gegen die höchstrichterliche Rechtsprechung erhoben werden (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschluss vom 28. September 2000 III B 126/98, BFH/NV 2001, 461; Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 33, m.w.N.).

28

b) Soweit der Kläger die Rechtsfrage der Zulässigkeit der Übernahme strafgerichtlicher Feststellungen, insbesondere aus Strafverfahren gegen Dritte, aufwirft, hat der BFH sowohl die Frage der Zulässigkeit der Übernahme von strafgerichtlichen Feststellungen geklärt (vgl. BFH-Urteile in BFHE 124, 305, BStBl II 1978, 311; in BFHE 235, 32, BStBl II 2012, 151, Rz 30 ff.) als auch entschieden, dass das FG an einer Berücksichtigung der in einem Strafurteil getroffenen Feststellungen nicht deswegen gehindert ist, weil der im finanzgerichtlichen Verfahren Betroffene am Strafverfahren nicht beteiligt war (vgl. BFH-Urteil in BFHE 153, 463, HFR 1988, 558, unter II.2.b; BFH-Beschluss in BFH/NV 2012, 752, Rz 7).

29

Der Kläger hat nicht dargetan, weshalb gleichwohl eine erneute Entscheidung des BFH für notwendig gehalten wird. Er hat insbesondere nicht dargelegt, ob neue gewichtige, vom BFH nicht geprüfte Einwendungen im Schrifttum und in der Rechtsprechung der Instanzgerichte gegen die höchstrichterliche Rechtsprechung ggf. erhoben werden.

30

3. Eine Entscheidung des BFH ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) erforderlich.

31

a) Zur Darlegung einer Divergenz muss der Beschwerdeführer tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen FG-Urteil einerseits und aus der behaupteten Divergenzentscheidung andererseits herausarbeiten und einander gegenüberstellen, um so eine Abweichung zu verdeutlichen (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 29. Mai 2006 V B 159/05, BFH/NV 2006, 1892, und vom 22. März 2007 V B 136/05, BFH/NV 2007, 1719). Dabei ist insbesondere auszuführen, dass es sich im Streitfall um einen vergleichbaren Sachverhalt und um eine identische Rechtsfrage handelt (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 17. Januar 2006 VIII B 172/05, BFH/NV 2006, 799; vom 1. Dezember 2006 VIII B 2/06, BFH/NV 2007, 450; vom 11. Mai 2012 V B 106/11, BFH/NV 2012, 1339).

32

Der Kläger hat eine Divergenz des Urteils des FG zu einer anderen Entscheidung nicht entsprechend diesen Anforderungen dargelegt.

33

b) Er hat auch keinen schwerwiegenden Rechtsfehler aufgezeigt, der eine Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO geboten erscheinen lässt.

34

Ein Fehler bei der Rechtsanwendung kann nur ausnahmsweise nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO zur Zulassung der Revision führen, wenn es sich um einen schwerwiegenden Rechtsanwendungsfehler handelt, der geeignet ist, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen. Ein derartiger Fehler liegt nur dann vor, wenn die angefochtene FG-Entscheidung objektiv willkürlich oder zumindest greifbar gesetzwidrig ist (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 25. März 2010 X B 176/08, BFH/NV 2010, 1455; vom 18. November 2010 XI B 28/10, BFH/NV 2011, 204, Rz 11; in BFH/NV 2011, 1165, Rz 14; vom 10. Januar 2012 XI B 80/11, BFH/NV 2012, 815, Rz 18 f.). Einen solchen qualifizierten Rechtsanwendungsfehler des FG hat der Kläger nicht dargelegt.

35

4. Soweit sich die Ausführungen des Klägers in seiner Beschwerdebegründung gegen die materielle Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung richten, wird damit keiner der in § 115 Abs. 2 FGO abschließend aufgeführten Zulassungsgründe dargetan, sondern nur, dass das FG nach Auffassung des Klägers falsch entschieden habe. Die Rüge fehlerhafter Rechtsanwendung vermag die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO grundsätzlich nicht zu begründen (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 6. November 2008 XI B 172/07, BFH/NV 2009, 617; vom 1. April 2011 XI B 75/10, BFH/NV 2011, 1372, m.w.N.).

Gründe

1

Die Beschwerde ist nicht begründet. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) liegen nicht vor.

2

1. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) rügt einen Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO), der in der Nichtvernehmung zweier Zeugen (Herr X und Oberstaatsanwältin Y) durch das Finanzgericht (FG) liegen soll. Diese Rüge greift nicht durch.

3

a) Was die Vernehmung der Zeugin Y angeht, fehlt es schon an substantiierten Angaben zu den ermittlungsbedürftigen Tatsachen, zum voraussichtlichen Ergebnis der Beweisaufnahme und dazu, inwiefern das Urteil des FG auf der unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann (s. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 120 Rz 69, m.w.N.). Die Zeugin Y hat im Revisionsverfahren gegen das Urteil des Landgerichts A vom 27. Dezember 2001 als Vertreterin der Staatsanwaltschaft zwei strafprozessrechtliche Verfahrensfehler bezeichnet. Dieses Vorbringen war indes nicht entscheidungserheblich, denn das Oberlandesgericht B hat die Revision im Urteil vom 20. Oktober 2003 verworfen.

4

b) Auch im Übrigen kann der Kläger nicht erfolgreich geltend machen, das FG sei seiner Amtspflicht zur Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) nicht nachgekommen, weil es den weiteren Beweisantrag zur Vernehmung des Zeugen X übergangen habe.

5

In einem circa eineinhalb Stunden vor Beginn der Verhandlung per Fax übermittelten Schriftsatz hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers erklärt, er werde in der Verhandlung --im Schriftsatz vorformulierte-- Beweisanträge stellen. Ausweislich des Sitzungsprotokolls hat der Prozessbevollmächtigte während der Verhandlung eine Kopie (u.a.) dieses Schriftsatzes an die Beklagtenvertreterin übergeben. Hingegen sind die vorformulierten Beweisanträge nicht ausdrücklich zu Protokoll erklärt worden. Laut Protokoll hat der Einzelrichter die mündliche Verhandlung geschlossen, ohne Beschlussverkündung, ob eine Entscheidung verkündet oder zugestellt werde.

6

Es kann dahingestellt bleiben, ob das FG bei diesen Besonderheiten des Verfahrensablaufs das schriftsätzlich bekundete Beweisbegehren des Klägers nur als Beweisanregung werten durfte oder nicht doch als Beweisantrag hätte ansehen müssen; es kann auch dahingestellt bleiben, ob dem Kläger trotz der Verfahrensbesonderheiten vorgehalten werden kann, dass er die unterbliebene Sachaufklärung in der mündlichen Verhandlung nicht gerügt hat (vgl. zum so genannten Rügeverzicht § 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung; Gräber/Stapperfend, a.a.O., § 76 Rz 33, m.w.N.).

7

Jedenfalls hat das FG ohne Verstoß gegen Verfahrensvorschriften davon abgesehen, den Zeugen X (erneut) zu vernehmen. Zu Recht hat das FG hinsichtlich der Aussage des Zeugen X auf das Ergebnis der Beweisaufnahme im Strafverfahren Bezug genommen, da der Kläger der Beiziehung und Verwertung der in der mündlichen Verhandlung vor dem FG in das Verfahren eingeführten Strafakten nicht entgegengetreten ist. Im Strafverfahren hatte der Zeuge X bereits umfangreich ausgesagt. Dort sind die Bekundungen des Zeugen X nicht zu Gunsten des Klägers gewertet worden. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass der Zeuge X vor dem FG etwas anderes bekunden sollte. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, weshalb das FG den Zeugen X noch einmal hätte vernehmen sollen und inwiefern die Vernehmung das Ergebnis des vorliegenden Verfahrens hätte beeinflussen können. Dies gilt umso mehr, als das FG bereits im Beschluss in der Aussetzungssache (vom 19. Dezember 2007  2 V 848/07) auf die Widersprüche zwischen den Einlassungen des Klägers und den Bekundungen des Zeugen X eingegangen ist.

8

2. Soweit der Kläger eine fehlerhafte Ermittlung der Schätzungsgrundlage geltend macht, ist nicht ersichtlich, welchen Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 FGO er damit geltend machen will. Einwendungen gegen die materielle Richtigkeit des angefochtenen Urteils führen grundsätzlich nicht zur Zulassung der Revision (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs vom 28. April 2003 VIII B 260/02, BFH/NV 2003, 1336; vom 23. Juni 2003 IX B 119/02, BFH/NV 2003, 1289; vom 27. März 2007 VIII B 152/05, BFH/NV 2007, 1335, m.w.N.).

(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.

(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.

(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.

(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.