Finanzgericht Hamburg Urteil, 23. Juni 2017 - 4 K 217/16

bei uns veröffentlicht am23.06.2017

Tatbestand

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Der Kläger wendet sich gegen einen Einfuhrabgabenbescheid über Zoll und Einfuhrumsatzsteuer.

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Der Kläger stand im Herbst 2014 unter dem Verdacht, Handel mit unverzollten und unversteuerten Zigaretten zu treiben. Aus diesem Grund überwachte das Zollfahndungsamt A zwei Container, die der Kläger angemietet hatte.

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Am 13.10.2014 wurde in den frühen Morgenstunden eine größere Lieferung von Zigaretten der Marke XXX mit englischem Gesundheitswarnhinweis auf den Schachteln und den Stangenverpackungen sowie dem Aufdruck "FOR DUTY FREE SALE ONLY" auf den Stangenverpackungen in den Container I verladen. Der Hersteller der Marke XXX "B" erklärte nach einer Untersuchung von zwei vom Zollkriminalamt übersandten Packungen Zigaretten, dass es sich dabei um Fälschungen handele. Die übersandten Zigaretten seien weder von noch mit Autorisation von B produziert worden. Die Beschaffenheit der Schachteln und des Filterumhüllungspapieres weiche von den von B hergestellten Zigaretten der Marke XXX ab. Mit gleichen Fälschungsmerkmalen gekennzeichnete Zigaretten seien B in drei weiteren Verfahren vom schwedischen und deutschen Zoll zur Begutachtung zugesandt worden. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 24.11.2014 Bezug genommen.

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Im Laufe des 13.10.2014 kam es zweimal zur Entnahme von Zigaretten aus dem Container I durch den später mitangeklagten Schwager des Klägers C, bevor abends der Zugriff durch das Zollfahndungsamt erfolgte und die noch vorhandenen Zigaretten sichergestellt wurden.

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Das Zollfahndungsamt fasste die Vorgänge im Schlussbericht vom 18.12.2014 wie folgt zusammen:
"Am 13.10.2014 erfolgte in der Zeit von 07:21 Uhr bis 07:35 Uhr eine Anlieferung von insgesamt 2.640.000 Stück unversteuerter Zigaretten, verpackt auf mit Folie umwickelte 11 Paletten à 24 Kartons à 50 Stangen à 200 Stück Zigaretten in den Container I. An der Ausladung und der Einlagerung der unversteuerten Zigaretten waren drei unbekannte männliche Personen sowie der Beschuldigte C beteiligt. (..) Um 07:39 Uhr wurde der Container I von C wieder verschlossen.
Um 08:30 Uhr erschien der Beschuldigte C mit einem weißen ... erneut. Er lud insgesamt 30 Kartons à 50 Stangen Zigaretten aus dem Container I in das vorgenannte Fahrzeug und fuhr anschließend davon. (...)
Um 12:15 Uhr erschien der Beschuldigte C als Beifahrer zusammen mit dem Beschuldigten D und einem blauen Transporter (...) wieder am Container I. Es wurden 8 braune Kartons à 50 Stangen unversteuerte Zigaretten in das vorgenannte Fahrzeug geladen. Anschließend fuhren sie davon. (...)
Um 16:44 Uhr erschien E mit dem ... (...) vor dem Container II. Er legte einen kleinen braunen Karton in diesen Container und fuhr um 16:51 Uhr wieder davon.
Um 17:21 Uhr erschien C, dieses Mal mit einem grünen Transporter (...) am Container I und er begann dieses Fahrzeug mit Zigarettenkartons aus dem Container I zu beladen.
Gegen 17:25 Uhr erfolgte der Zugriff auf den vorgenannten grünen Transporter und die von E angemieteten Container I und II (...).
Zum Zeitpunkt des Zugriffs hatte C bereits 17 Kartons aus dem Container I in den grünen Transporter verladen. Vor den geöffneten Hecktüren des grünen Fahrzeuges befanden sich auf einer Palette weitere 7 Kartons. (...)
Insgesamt wurden in dem grünen Transporter, auf einer Palette vor dem grünen Transporter und in dem Container I 226 Kartons à 50 Stangen à 200 Stück (insgesamt also 2.260.000 Stück) unversteuerte Zigaretten der Marke XXX vorgefunden und sichergestellt."

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Im Rahmen der steuerrechtlichen Würdigung vermerkte das Zollfahndungsamt, dass der zollrechtlichen Status der Zigaretten nicht zweifelsfrei habe festgestellt werden können, weshalb es steuerrechtlich zu Gunsten der Beschuldigten vom Vorliegen einer Gemeinschaftsware ausgehe.

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Gestützt auf die Erkenntnisse das Zollfahndungsamtes beantragte die Staatsanwaltschaft F mit Anklageschrift vom ... 2015 die Eröffnung des Hauptverfahrens vor dem Amtsgericht F und warf dem Kläger eine gewerbsmäßige Steuerhehlerei, dem Mitangeschuldigten C Hilfeleistung zur gewerbsmäßigen Steuerhehlerei vor. Wörtlich heißt es in der Anklageschrift:

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"Der Angeschuldigte E betrieb in G einen schwunghaften Handel mit unversteuerten Zigaretten. Hierzu hatte er von dem Zeugen H unter dem falschen Namen "J" zwei sich auf dem Grundstück X-Straße in G befindliche Container angemietet, die als Zigarettenlager dienten. Die Zigaretten wurden von dort aus an diverse inländische Abnehmer verkauft.

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1. Der Angeschuldigte E bestellte kurz vor dem 13.10.2014 bei einem unbekannten Lieferanten unverzollte und unversteuerte Zigaretten (Schmuggelware) der Marke XXX, um sie unversteuert an seine inländischen Abnehmer weiter zu veräußern und sich auf diese Weise eine nicht nur vorübergehende und unerhebliche Quelle zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes zu verschaffen. Gemäß der getätigten Bestellung wurden die Zigaretten am 13.10.2014 zwischen 7:21 Uhr und 7:40 Uhr zu den angemieteten Containern angeliefert. Es handelte sich um insgesamt 264 Kartons, in denen sich jeweils 50 Stangen mit je 200 Zigaretten befanden, mithin um 2.640.000 gefälschte sowie unverzollte und unversteuerte Zigaretten der Marke XXX. Insgesamt beträgt die Steuerverkürzung (nur nationale Tabaksteuer) ... €. Bei einer am gleichen Tag auf Grundlage des Beschlusses des Amtsgerichts F mit dem Aktenzeichen ... durchgeführten Durchsuchung des Containers I wurden 226 Kartons (pro Karton jeweils 50 Stangen mit je 200 Zigaretten, mithin insgesamt 2.260.000 Zigaretten) aufgefunden und sichergestellt. 38 Kartons, mithin 380.000 Zigaretten, waren zuvor von dem Angeschuldigten C bereits an unbekannte Kunden bzw. Abnehmer des Angeschuldigten E ausgeliefert worden. Im Container II konnten insgesamt 10 Schachteln unversteuerte Zigaretten in einem zugeklebten Karton mit der Aufschrift "K" aufgefunden und sichergestellt werden.

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2. Der Angeschuldigte C unterstütze den Angeschuldigten E bei der Anlieferung der Zigaretten, indem er das Lieferfahrzeug, in dem sich die angelieferten Paletten mit den Zigarettenkartons befanden, gemeinsam mit drei unbekannt gebliebenen Personen entlud und die Kartons in den Container I brachte. Der Angeschuldigte C, der sowohl von dem Inhalt der Kartons als auch von den Zigarettengeschäften des Angeschuldigten E Kenntnis hatte, lenkte dabei den Gabelstapler, der zur Entladung des anliefernden Fahrzeugs benötigt wurde."

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Der Kläger räumte die Anklage im Hauptverhandlungstermin am ... 2015 ausweislich des Sitzungsprotokolls ein; auch der Mitangeklagte C zeigte sich geständig.

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Das Amtsgericht F verurteilte den Kläger daraufhin wegen gewerbsmäßiger Steuerhehlerei zu einer Freiheitsstrafe von ... Jahren, den Angeklagten C wegen Beihilfe zur gewerbsmäßigen Steuerhehlerei zu einer Freistrafe von ... Jahr und ... Monaten. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafen wurde zur Bewährung ausgesetzt. In den Urteilsgründen stellte das Gericht den folgenden Sachverhalt fest:

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"Der Angeklagte E mietete unter dem falschen Namen "J" zwei sich auf dem Grundstück X-Straße in G befindliche Container an, die als Zigarettenlager dienten. Am 13.10.2014 zwischen 07:21 Uhr und 07:40 Uhr wurden zu den angemieteten Containern von unbekannt gebliebenen Personen insgesamt 264 Kartons unverzollte und unversteuerte Zigaretten der Marke XXX geliefert. In den Kartons befanden sich jeweils 50 Stangen mit je 200 Zigaretten. Der Angeklagte E beabsichtigte die Zigaretten gewinnbringend zur Mitfinanzierung seines Lebensunterhalts an inländische Abnehmer zu veräußern.

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Der Angeklagte C unterstützt den Angeklagten E bei der Anlieferung der Zigaretten, indem er das Lieferfahrzeug, in dem sich die angelieferten Paletten mit den Zigarettenkartons befanden, gemeinsam mit drei unbekannt gebliebenen Personen entlud und die Kartons in die Container brachte. Der Angeklagte C, der sowohl von dem Inhalt der Kartons als auch von den Zigarettengeschäften des Angeklagten E Kenntnis hatte, lenkte den Gabelstapler, der zur Entladung des anliefernden Fahrzeugs benötigt wurde.

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Da das Verfahren in der Hauptverhandlung auf die vor Ort gesicherten 226 Kartons unversteuerter und unverzollter Zigaretten beschränkt wurde, beträgt die Steuerverkürzung der nationalen Tabaksteuer ... € (226 Kartons zu je 50 Stangen mit je 200 Zigaretten, mithin 2.260.000 gefälschte sowie unverzollte und unversteuerte Zigaretten der Marke XXX)."

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Da allseits auf Rechtsmittel verzichtet wurde, erwuchs das Urteil in Rechtskraft. Nach dem Abschluss des Strafverfahrens vernichtete der Beklagte die sichergestellten 226 Kartons Zigaretten unter zollamtlicher Überwachung.

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Mit Abgaben- und Zinsbescheid über Zoll und Einfuhrumsatzsteuer vom 16.01.2015 (YYY-1), der Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist, setzte der Beklagte unter Bezugnahme auf die Feststellungen des Zollfahndungsamtes Zoll i. H. v. ... €, Einfuhrumsatzsteuer i. H. v. ... € und Zinsen i. H. v. ... €, mithin insgesamt ... €, wegen der am 13.10.2014 zwischen 08:31 Uhr und 08:42 Uhr von C aus dem Container I entnommenen 30 Kartons gegen den Kläger fest. Aufgrund der späteren Sicherstellung aus dem Container I bestünden keine Zweifel daran, dass es sich bei dem Inhalt dieser 30 Kartons um insgesamt 300.000 Stück unverzollte und unversteuerte Zigaretten gehandelt habe. Nach den Ergebnissen der Echtheitsprüfung seien die sichergestellten 2.260.000 Stück Zigaretten der Marke XXX ohne Steuerbanderolen Fälschungen aus nicht autorisierter Produktion. Da diese Zigaretten die Voraussetzungen des Art. 4 Nr. 7 ZK nicht erfüllten, seien sie Nichtgemeinschaftswaren. Es sei davon auszugehen, dass es sich bei den ermittelten 300.000 Stück Zigaretten auch um eben solche gehandelt habe. Diese Zigaretten seien zuvor in nicht rechtsverjährter Zeit aus einem Drittland vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht worden. Dadurch sei die Zollschuld in gesetzlicher Höhe in der Person des Einführers entstanden. Für die Einfuhrumsatzsteuer gälten die Zollvorschriften sinngemäß. Neben demjenigen, der die Waren verbracht habe, seien auch alle Personen Abgabenschuldner, die diese Waren erworben oder im Besitz gehabt hätten, obwohl sie zum Zeitpunkt des Erwerbs gewusst hätten oder vernünftigerweise hätten wissen müssen, dass die Waren vorschriftswidrig verbracht worden seien. Der Kläger habe diese Zigaretten gemeinsam mit C in Besitz gehalten, obwohl sie aufgrund der fehlenden Steuerbanderolen an den Zigaretten, deren Menge und der konspirativen Umstände deren Erhalts und Lagerung gewusst hätten, dass diese zuvor vorschriftswidrig verbracht worden seien. Damit sei der Kläger Abgabenschuldner der entstandenen Zoll- und Einfuhrumsatzsteuer geworden. Zu seinen Gunsten werde aufgrund der festgestellten Lieferungsmenge von mehr als einer Million Stück Zigaretten der geminderte Zollwert von lediglich nur noch ... € pro Stück zur Anwendung gebracht. Dies führe zu den niedrigsten gerechtfertigten Abgabenbeträgen. Da der Ort, an dem der Tatbestand eingetreten sei, der eine Zollschuld für die Zigaretten habe entstehen lassen, nicht habe bestimmt werden können, gelte die Zollschuld als im Mitgliedstaat Deutschland entstanden, weil erst hier festgestellt worden sei, dass die Zigaretten sich in einer Lage befunden hätten, die eine Zollschuld habe entstehen lassen. Gesamtschuldnerisch hafte der Kläger gemeinsam mit C. Wegen der Einzelheiten der Berechnung der Abgabenschuld wird auf den Bescheid verwiesen.

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Mit gleichlautender Begründung setzte der Beklagte Zoll und Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von insgesamt ... € wegen der am 13.10.2014 um 12:15 Uhr aus dem Container I entnommenen 8 Kartons (80.000 Stück Zigaretten) mit Bescheid vom 16.01.2015 (YYY-2) fest. Dieser Bescheid ist Gegenstand des parallelen Verfahrens 4 K 218/16.

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Mit weiterem Bescheid vom 16.01.2015 (YYY-3) setzte der Beklagte Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von ... € wegen der sichergestellten 226 Kartons (2.260.000 Stück Zigaretten) und der im kleinen Karton im Container II gefundenen 191 Stück Zigaretten verschiedener Marken fest. Dieser Bescheid ist Gegenstand des Verfahrens 4 K 219/16.

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Gegen den erstgenannten Bescheid legte der Kläger am 23.01.2015 Einspruch ein. In der Anklageschrift habe ihm die Staatsanwaltschaft F lediglich eine Verkürzung der nationalen Tabaksteuer i. H. v. ... € vorgeworfen. Aufgrund weiterer zwischenzeitlicher Ermittlungen sowie der Hauptverhandlung beim Amtsgericht F am ... 2015 habe das Gericht in seinem rechtskräftigen Urteil demgegenüber festgestellt, dass die Steuerverkürzung der nationalen Tabaksteuer lediglich ... € betragen habe. Aufgrund dieser veränderten tatsächlichen Grundlage seien die angefochtenen Bescheide auf ihre Rechtmäßigkeit zu prüfen.

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Mit Einspruchsentscheidung vom 17.08.2016, dem Kläger zugestellt am 19.08.2016, wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Aufgrund der späteren Sicherstellung am gleichen Tag aus dem Container I bestünden keine Zweifel daran, dass sich in den 30 Kartons jeweils 50 Stangen à 200 Stück Zigaretten (insgesamt 300.000 Stück) der Marke XXX ohne Steuerbanderolen befunden hätten. Das Hauptzollamt mache sich im Übrigen die gerichtlichen Feststellungen aus dem rechtskräftigen Urteil des Amtsgerichts F vom ... 2015 zu Eigen. Für die 300.000 Stück Zigaretten sei nach Art. 202 Abs. 1 Buchst. a) ZK eine Zollschuld entstanden. Diese Zigaretten seien offensichtlich vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht worden. Dabei sei es nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs unerheblich, dass nicht im Einzelnen bekannt sei, wie die Zigaretten in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht worden seien. Entsprechendes gelte gemäß § 21 Abs. 2 Hs. 1 UStG für die Entstehung der Einfuhrumsatzsteuer. Die Zollschuld gelte als in Deutschland entstanden, weil hier ihre Entstehung festgestellt worden sei. Die Tabakwaren ohne gültige Steuerbanderolen seien unter Nichtbeachtung der ordnungsgemäßen Beförderung gemäß Art. 38 ZK und Gestellung gemäß Art. 40 ZK von Unbekannten in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht worden. Der Kläger sei der richtige Zollschuldner, da er die streitgegenständlichen Zigaretten im Besitz gehabt habe. Dass das Strafverfahren auf die vor Ort festgestellten und sichergestellten Zigaretten beschränkt worden sei, sei für die Festsetzung und Anforderung der Einfuhrabgaben nicht bindend. Das Hauptzollamt mache sich die Feststellungen der Ermittlungen im Besteuerungsverfahren zu Eigen. Deshalb bestünden nach den Ermittlungsergebnissen im Strafverfahren keine Zweifel, dass der Kläger die 300.000 Stück unversteuerte Zigaretten tatsächlich in Besitz gehabt habe.

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Der Kläger hat am 19.09.2016 Klage erhoben.

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Die den angefochtenen Bescheiden zu Grunde gelegten Feststellungen ergäben sich nicht vollständig aus den Urteilsgründen des Amtsgerichts F. Das Strafgericht habe nicht festgestellt, dass die betreffenden Zigarettenschachteln keine gültigen Steuerzeichen gehabt hätten. Auch die Tatsache dass er, der Kläger, sich geständig eingelassen habe, bestätige die Feststellungen nicht. Nach § 17 Abs. 1 TabStG sei für Tabakwaren die Steuer durch Verwendung von Steuerzeichen zu entrichten. Inwieweit das bei den streitgegenständlichen Zigarettenpackung tatsächlich der Fall gewesen sei, ergebe sich weder aus den angefochtenen Bescheiden noch aus dem Strafurteil. Vielmehr handele es sich dabei um eine Schlussfolgerung, welche die festgesetzte Steuerschuld nicht begründen könne. Dass er, der Kläger, sich im Strafverfahren ohne Einschränkungen geständig eingelassen habe, lasse die Feststellungen des Beklagten ebenfalls nicht zu. Sein Aussageverhalten sei neben der Einsicht und Reue, strafbare Handlungen begangen zu haben, von der Zielsetzung getragen gewesen, unbedingt noch eine Freiheitsstrafe in einem bewährungsfähigen Strafrahmen zu erhalten.

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Zudem sei die Höhe der Abgabenschuld unklar. Es sei fraglich, wie der Beklagte die Anzahl der Zigaretten ermittelt habe. Ein konkreter Zählnachweis über 2.640.000 Stück Zigaretten liege nicht vor, eine inventurmäßige Aufnahme ebenfalls nicht. Die bloße Annahme, die Zigaretten seien vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht worden, genüge nicht für eine Zollschuldentstehung. Ein solches Verbringen sei auch nicht von den Strafverfolgungsbehörden geprüft worden. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass die Zigaretten über O eingeführt worden seien. Damit seien sie schon im EU-Gebiet gewesen, bevor sie in die Bundesrepublik eingeführt worden seien. Er, der Kläger, sei das letzte Glied in der Kette gewesen und habe über die Abwicklung des Schmuggels durch seine Vorgänger keine Kenntnis, abgesehen von der erfolgten Kontaktaufnahme. Daher könne er auch nichts zur Herkunft der Zigaretten sagen. Bei der Verbringung der Zigaretten zum Container sei er nicht anwesend gewesen. Der bei der Verladung der Zigaretten anwesende C habe erklärt, dass ein Lkw mit ... Kennzeichnen die Zigaretten nach G verbracht habe. Er, der Kläger, werde die Person, die ihn angeworben habe, nicht nennen. Eine konkrete Namensnennung könne eine Gefahr für ihn und seine Familie bedeuten.

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Der Beklagte habe auch die Feststellungen des steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens nicht übernehmen dürfen. Der Nachweis, dass die Zigaretten weder versteuert noch verzollt gewesen seien, habe der Beklagte ebenso wenig geführt wie den Nachweis, dass er, der Kläger, die Zigaretten persönlich bewegt habe. Zu beanstanden sei auch, dass der Beklagte keinen Versuch unternommen habe, mögliche Haftungsschuldner zu ermitteln. Es bestehe ein Abkommen zwischen den Tabakkonzernen und der Europäischen Kommission über die Bezahlung der Abgaben für nicht versteuerte Zigaretten. Deshalb hätte berücksichtigt werden müssen, inwieweit die streitgegenständlichen Abgaben aufgrund des Abkommens bereits pauschal abgegolten gewesen seien.

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Die Behauptung des Beklagten, die englische Beschriftung der Zigarettenschachteln sei ein Beleg für die Produktion in einem Drittland, überzeuge nicht. Internetrecherchen hätten ergeben, dass die englische Beschriftung auf Zigarettenschachteln im Gemeinschaftsraum O sehr oft vorkomme.

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Der Kläger beantragt,
den Einfuhrabgabenbescheid vom 16.01.2015 (YYY-1) und die Einspruchsentscheidung vom 17.08.2016 (YYY-4) aufzuheben.

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Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

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Zur Begründung verweist der Beklagte auf die Gründe der angegriffenen Bescheide. Er mache sich die Feststellungen der Ermittlungen im Steuerstrafverfahren und die des Urteils des Amtsgerichts F zu Eigen und dürfe diese Feststellungen im Besteuerungsverfahren zu Grunde legen. Entgegen der Auffassung des Zollfahndungsamtes handele es sich bei den in Rede stehenden Tabakwaren um verbrachte Nichtgemeinschaftswaren. Im Besteuerungsverfahren obliege der Nachweis über den Status der Ware, vorliegend also den Zigaretten, dem Schuldner (Art. 4 Nr. 6 bis 8 ZK). Beide Gesamtschuldner hätten sich zum Status, der Herkunft, den Bezugsquellen und den Lieferanten der sichergestellten Zigaretten nicht eingelassen. Dass sie dazu über Kenntnisse verfügen müssten, ergebe sich bereits aus der Tatsache, dass Herr C bei der Anlieferung am 13.10.2014 vor Ort gewesen sei und geholfen habe, die angelieferten Zigaretten einzulagern. Im Übrigen würden englischsprachige Gesundheitswarnhinweise hauptsächlich im grenzüberschreitenden, nicht EU-internen Schmuggel festgestellt werden.

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Der Berichterstatter hat das Verfahren mit dem Beteiligten am 24.04.2017 erörtert. In diesem Termin hat der Kläger erklärt, zum 13.10.2014 lediglich eine geringere Menge Zigaretten von 80 bis 90 Kartons bestellt zu haben und nicht nachvollziehen zu können, warum eine größere Menge geliefert worden sei. Lediglich die bestellte Menge könne im Rahmen einer Abgabenberechnung herangezogen werden. Seinen Lieferanten wolle er aus Angst um seine Familie nicht nennen. Er meine, dass diese Person einen ... Akzent gehabt habe. Hinsichtlich der Herkunft der Ware sei einmal die Stadt "L" (...) in O gefallen. Sowohl er als auch Herr C hätten sich Zugang zu den Containern verschaffen können. Da der Beklagte die Zigaretten zwischenzeitlich vernichtet habe, könne nicht mehr überprüft werden, ob es sich nicht doch um Originalware von B gehandelt habe. Das Gutachten des Zigarettenherstellers stelle lediglich ein Privatgutachten dar und könnte auch interessengeleitet sein.

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Der Beklagte hat im Erörterungstermin unterstrichen, dass nach seinen Erfahrungen der englische Warnhinweis auf den Zigarettenpackungen ein starkes Indiz dafür sei, dass die Zigaretten über Drittländer in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht worden seien. Der Kläger sei über Art. 14 ZK zur Mitwirkung verpflichtet. Dieser Mitwirkung komme er nicht nach, da er den Namen seines Lieferanten, woraus sich ein weiterer Ermittlungsansatz ergeben könne, nicht mitteile.

32

Vom Beklagten im Erörterungstermin zugesagte weitere Ermittlungen hinsichtlich der im Bundesgebiet mit gleichen Fälschungsmerkmalen sichergestellten Zigaretten haben ergeben, dass das Hauptzollamt M im September 2014 nahe der ... Grenze in N sichergestellte Zigaretten der Marke XXX ohne Steuerbanderolen als Nicht-Unionswaren bewertet hat. Das Hauptzollamt ging von einem vorschriftswidrigen Verbringen der Zigaretten in das Zollgebiet der Union aus. Demgegenüber hat das Hauptzollamt P ebenfalls im September 2014 sichergestellte Zigaretten mit den gleichen Fälschungsmerkmalen wie die streitgegenständlichen als Unionswaren bewertet und ist im vorgelegten Steuerbescheid zu Gunsten des Steuerpflichtigen davon ausgegangen, dass sämtliche Zigaretten aus dem freien Verkehr eines Mitgliedstaates (O) gekommen seien, so dass lediglich die Tabaksteuer entstanden sei.

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Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt. Das mit Beschluss vom 11.11.2016 auf den Einzelrichter übertragene Verfahren hat der Einzelrichter mit Beschluss vom 12.06.2017 aufgrund der vom Beklagten aufgeworfenen Problematik einer unzureichenden Mitwirkung des Klägers auf den Senat zurückübertragen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die Sachakten des beklagten Hauptzollamtes und den vom Gericht angelegten Sonderband mit Kopien aus den Akten der Staatsanwaltschaft F (...) verwiesen.

Entscheidungsgründe

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I. Die Klage ist zulässig und begründet.

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Der Einfuhrabgabenbescheid vom 16.01.2015 und die Einspruchsentscheidung vom 17.08.2016 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 FGO).

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Der Beklagte hätte gegenüber dem Kläger weder Zoll (1.) noch Einfuhrumsatzsteuer (2.) festsetzen dürfen.

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1. Eine Zollschuld ist im Hinblick auf die streitgegenständlichen Zigaretten nicht entstanden. Nach der vom Beklagten herangezogenen und einzig in Betracht kommenden Rechtsgrundlage des Art. 202 Abs. 1 S. 1 Buchst. a) der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12.10.1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ZK) entsteht eine Einfuhrzollschuld, wenn eine einfuhrabgabenpflichtige Ware vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Union verbracht wird. Ein Verbringen in diesem Sinne setzt jedenfalls das tatsächliche Gelangen einer einfuhrabgabenpflichtigen Ware in das Zollgebiet der Union, mithin in die Staatsgebiete der Mitgliedsstaaten, voraus (vgl. Kock in: Dorsch, Zollrecht, 141. EL Mai 2013, Art. 37 ZK, Rn. 21 ff.).

38

Der Senat ist nicht davon überzeugt, dass die Zigaretten als einfuhrabgabenpflichtige Nicht-Unionswaren von einem Drittland aus in das Zollgebiet der Union befördert wurden (a.). Die Unaufklärbarkeit dieses Sachverhalts geht zu Lasten des Beklagten (b.). Der Verstoß des Klägers gegen seine prozessuale Mitwirkungspflicht durch die Weigerung, die Identität seines Lieferanten preiszugeben, führt nicht zu einem Wechsel der Feststellungslast (c.).

39

a. Es steht nicht zur Überzeugung des Senats fest, dass die 300.000 Zigaretten als Nicht-Unionswaren von einem Drittland aus in das Zollgebiet der Union verbracht wurden.

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Nach § 96 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 FGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Es muss also grundsätzlich davon überzeugt sein, dass der entscheidungsrelevante Sachverhalt wahr ist. Überzeugt ist das Gericht, wenn kein vernünftiger, die Lebensverhältnisse klar überschauender Mensch noch zweifelt (vgl. Seer, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 127. EL Oktober 2011, § 96 FGO, Rn. 64 ff. m. w. N.).

41

Vorliegend ist ebenso gut möglich, dass die Zigaretten im Staatsgebiet eines Mitgliedstaates hergestellt wurden und es sich bei ihnen daher um Unionswaren handelte.

42

Die aus der Lieferung vom 13.10.2014 sichergestellten Zigaretten trugen keinen Hinweis auf den Ort ihrer Herstellung oder ihrer Herkunft, insbesondere keine Steuerbanderolen. Nach dem Gutachten von B, für dessen Unrichtigkeit keine Anhaltspunkte vorliegen, handelte es sich bei den Zigaretten um Fälschungen, so dass auch die Ermittlung der Produktionsstätten von Zigaretten der Marke XXX keinen Erkenntnisgewinn gebracht hätte. Sonstige Indizien sind nicht gegeben. Unter den wenigen im Container II sichergestellten Zigaretten befanden sich ausweislich der Fotografien in der Strafakte der Staatsanwaltschaft F auch Zigarettenschachteln der Marke XXX. Diese waren allerdings anders als die streitgegenständlichen Zigaretten nicht in einer duty-free-Aufmachung. Zudem trugen sie kyrillische Schriftzeichen, eine Packung darüber hinaus eine ukrainische Steuerbanderole. Insbesondere die letztgenannte Schachtel stellte damit ersichtlich eine Nicht-Unionsware dar. Die Unterschiede zwischen diesen Packungen und den streitgegenständlichen verdeutlichen hinreichend, dass aus den im Container II sichergestellten Zigaretten keine Rückschlüsse auf die Herkunft der im Container I sichergestellten Zigaretten gezogen werden können. Aufgrund dieser Ermittlungsergebnisse kam auch das Zollfahndungsamt zu der Einschätzung, dass der zollrechtliche Status der Zigaretten nicht zweifelsfrei bekannt sei, und ging deshalb steuerrechtlich von Unionswaren aus.

43

Die Ermittlungen des Gerichts waren in dieser Hinsicht ebenfalls ohne Erfolg. Der Zeuge C hat sich auf sein Aussageverweigerungsrecht berufen. Die vom Beklagten vorgelegten Unterlagen anderer Hauptzollämter, in deren Zuständigkeitsbereich nach dem Gutachten von "B"-Zigaretten mit gleichen Fälschungsmerkmalen sichergestellt wurden, haben keine Hinweise auf die Herkunft der Zigaretten gebracht. Vielmehr haben sie gezeigt, dass das Hauptzollamt P vom Vorliegen einer Unionsware, das Hauptzollamt M vom Vorliegen einer Nicht-Unionsware ausgeht. Die Gründe hierfür ergeben sich aus den vorgelegten Unterlagen nicht. Der Kläger hat erklärt, zur Herkunft der Zigaretten keine Angaben machen zu können. Aufgrund seiner Angaben, dass sein Lieferant mit ... Akzent gesprochen habe, dieser eine Stadt in O genannt habe, sein Schwager Herr C erklärt habe, die Zigaretten seien in einem ... Lkw ins Bundesgebiet gebracht worden und der Tatsache, dass nach dem Gutachten von B am 29.09.2014 unmittelbar an der deutsch-... Grenze in N Zigaretten mit den gleichen Fälschungsmerkmalen sichergestellt wurden, ist der Senat zwar davon überzeugt, dass die Zigaretten von O nach Deutschland verbracht wurden. Damit steht aber nicht fest, ob sie zuvor auch ins Zollgebiet der EU verbracht wurden.

44

Die Einschätzung des Beklagten, der englischsprachige Gesundheitswarnhinweis auf den Zigarettenpackungen sei ein deutliches Indiz für das Vorliegen einer Nicht-Unionsware, teilt der Senat nicht. Entsprechende Erfahrungswerte sind insoweit nicht vorhanden und auch der Beklagte hat nicht verdeutlicht, auf welche Tatsachen er sich bei seiner Einschätzung stützt.

45

Schließlich helfen auch die Feststellungen im Urteil des Amtsgerichts F nicht weiter. Zwar hat der Kläger die Anklage eingeräumt und damit auch den Vorwurf, "unverzollte und unversteuerte Zigaretten" bestellt und geliefert bekommen zu haben. Hieraus kann aber nicht gefolgert werden, dass es sich bei den Zigaretten um Nicht-Unionswaren gehandelt hat. Das Finanzgericht kann sich die Feststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils nur dann zu Eigen machen, wenn diese nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zutreffend sind (vgl. FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 06.12.2013, 6 K 2585/12, Juris Rn. 43). Es ist nicht ersichtlich, dass das Strafgericht, auch wenn es den zitierten Passus aus der Anklageschrift übernommen hat, die Feststellung treffen wollte, eine Nicht-Unionsware sei aus einem Drittland in das Zollgebiet der Union verbracht worden. Zur Herkunft der Zigaretten verhält sich das Urteil nicht. Wie in der Anklageschrift ist auch im Urteil lediglich von einer Steuerverkürzung der nationalen Tabaksteuer die Rede. Dies verdeutlicht, dass sich das Strafgericht gar nicht mit einer Zoll- oder Einfuhrumsatzsteuerschuld und deren Entstehen auseinandergesetzt hat. Dies ist wiederum stimmig mit den Feststellungen des Zollfahndungsamtes, auf die sich die Anklageschrift stützt.

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Insoweit verbleibt es dabei, dass die streitgegenständlichen Zigaretten sowohl außerhalb oder auch innerhalb des Zollgebiets der EU hergestellt worden sein können.

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Die Europäische Kommission hat bereits im Jahr 2013 festgestellt, dass wahrscheinlich auch erhebliche Mengen Zigaretten illegal in der EU hergestellt würden. Die Zahl der bekannten illegalen Fabriken sei sehr schnell gestiegen. Im Jahr 2011 hätten die Mitgliedstaaten neun illegale Fabriken mit einer geschätzten Gesamtproduktionskapazität von mehr als neun Millionen Zigaretten pro Tag entdeckt. 2010 seien nur fünf derartige Fabriken entdeckt worden (vgl. Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament vom 06.06.2013, COM (2013) 324 final). Zeitungsberichte unterstreichen diese Entwicklung. Danach hätten internationale Zoll- und Polizeibehörden nach einer Statistik von B in den Jahren 2010 bis 2014 in Europa 110 illegale Tabakfabriken oder Tabaklager ausgehoben, acht davon 2014 in Westeuropa (....).

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b. Die Unaufklärbarkeit des Verbringens der streitgegenständlichen Zigaretten in das Zollgebiet der Union geht zu Lasten des Beklagten. Die Verteilung der objektiven Beweislast (Feststellungslast) beruht auf materiell-rechtlichen Regelungen. Danach geht die Unerweislichkeit entscheidungserheblicher steuerbegründender Tatsachen zu Lasten der Finanzbehörde, diejenige steuerbefreiender oder steuermindernder Tatsachen zu Lasten des Steuerpflichtigen (BFH, Urteil vom 15.02.1989, X R 16/86, Juris Rn. 13; BFH, Urteil vom 23.02.1999, IX R 19/98, Juris Rn. 39). Das verbotswidrige Verbringen einer einfuhrabgabenpflichtigen Ware in das Zollgebiet der Union ist eine steuerbegründende Tatsache.

49

c. Umstände, die zu einem Wechsel dieser Feststellungslast auf den Kläger führen, sind nicht gegeben. Zwar hat der Kläger durch die Weigerung, die Identität seines Lieferanten preiszugeben, seine Mitwirkungspflichten verletzt (aa.). Dies führt aber nicht zu einer Umkehr der Feststellungslast, sondern zu einer Begrenzung der Sachaufklärungspflicht des Gerichts und zu einer Minderung des Beweismaßes (bb.). Daran gemessen bleibt es angesichts der Umstände des Einzelfalls bei der Feststellungslast des Beklagten (cc.).

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aa. Der Kläger hat seine Mitwirkungspflichten verletzt. Allerdings liegt nicht der vom Beklagten gerügte Verstoß gegen Art. 14 ZK vor, sondern eine Verletzung der Mitwirkungspflichten aus § 76 Abs. 1 S. 3 FGO.

51

Ein Verstoß gegen die Mitwirkungs- und Hilfspflichten aus Art. 14 ZK liegt nicht vor. Danach haben zur Anwendung des Zollrechts alle Personen, die unmittelbar oder mittelbar an Vorgängen im Rahmen des Warenverkehrs beteiligt sind, den Zollbehörden auf deren Verlangen innerhalb der von diesen gegebenenfalls festgesetzten Fristen alle Unterlagen und Angaben, unabhängig davon, auf welchem Träger sie sich befinden, zur Verfügung zu stellen und jede erforderliche Unterstützung zu gewähren. Die Voraussetzungen dieser Norm sind nicht erfüllt. Das Heranziehen Betroffener zu den Mitwirkungs- und Hilfspflichten nach Art. 14 ZK bedarf eines konkret formulierten, schriftlichen oder mündlichen Verlangens seitens der Zollbehörden. Sofern sich der Betroffene einer Mitwirkung verweigert, können die Zollbehörden eine Frist für die Vornahme der Mitwirkungshandlung setzen. Im Fall einer fortdauernden Weigerung richtet sich die Durchsetzung der Mitwirkungspflichten als Vollstreckungshandlung nach dem innerstaatlichen Recht. Auskünfte können deshalb mit den in §§ 328 ff. AO vorgesehenen Zwangsmitteln durchgesetzt werden. Die Entscheidung der Zollbehörden, einen Beteiligten zu Mitwirkungs- und Hilfspflichten nach Art. 14 ZK heranzuziehen, stellt eine Entscheidung im Sinne des Art. 4 Nr. 5 ZK da, die mit Einspruch und Anfechtungsklage angegriffen werden kann (Rathemacher in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, 188. EL März 2006, Art. 14 ZK, Rn. 7, 10, 19, 28).

52

Nach den vorliegenden Sachakten hat der Beklagte bis zum Erlass der Einspruchsentscheidung kein solches Mitwirkungsverlangen gegenüber dem Kläger geäußert, insbesondere nicht schriftlich bzw. in Bescheidform. Dass der Beklagte im Gerichtsverfahren zum Ausdruck gebracht hat, Interesse an der Identität des Ansprechpartners bzw. Lieferanten des Klägers zu haben, da sich daraus weitere Ermittlungsansätze ergeben könnten, stellt kein Mitwirkungsverlangen im Sinne des Art. 14 ZK mehr dar. Art. 14 ZK bezweckt die ordnungsgemäße Anwendung des Zollrechts durch die Zollbehörden, mithin die ordnungsgemäße Abgabenerhebung und die Durchsetzung aller zollrechtlicher Maßnahmen (Weymüller in: Dorsch, Zollrecht, 132. EL September 2011, Art. 14 ZK, Rn. 1). Die zollbehördliche Abgabenerhebung war im Zeitpunkt des Erlasses der Einspruchsentscheidung beendet und damit auch der zeitliche Anwendungsbereich des Art. 14 ZK für das streitgegenständliche Festsetzungsverfahren. Art. 14 ZK findet im gerichtlichen Verfahren keine Anwendung mehr. Die Vorschrift richtet sich bereits nach dem Wortlaut ausschließlich an die Zollbehörden. Aus diesem Grund überlagert sie die entsprechenden Normen der Abgabenordnung, insbesondere § 93 AO (vgl. Schulmeister in: Witte, Zollkodex, 6. Aufl. 2013, Art. 14 ZK, Rn. 1). Die Mitwirkungspflichten im finanzgerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren richten sich demgegenüber gemäß Art. 245 ZK nach innerstaatlichem Prozessrecht.

53

Der Kläger hat jedoch gegen § 76 Abs. 1 S. 3 FGO verstoßen. Nach § 76 Abs. 1 S. 1 FGO erforscht das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen. Nach S. 2 der Vorschrift sind die Beteiligten dabei heranzuziehen. Sie haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben und sich auf Anforderung des Gerichts zu den von den anderen Beteiligten vorgebrachten Tatsachen zu erklären (§ 76 Abs. 1 S. 3 FGO). Hiergegen verstößt der nicht mit der Feststellungslast belastete Beweisgegner, wenn er nur ihm bekannte Zeugen nicht namhaft macht (Seer in: Tipke/Kruse, 127. EL Oktober 2011, § 96 FGO, Rn. 70). Das Gericht hat mit Schreiben vom 16.02.2017 den Kläger auch um Stellungnahme gebeten, von wem er die Zigaretten bezogen hat, welche Nationalität diese Person hat und wo sie wohnt. Der Kläger hat sich daraufhin geweigert, die Identität seines Lieferanten preiszugeben.

54

Die vom Kläger in diesem Zusammenhang vorgebrachten Gründe, warum er die Identität des Lieferanten nicht aufdecken möchte, rechtfertigen seine Nichtmitwirkung nicht. Mitwirkungspflichten der Beteiligten bestehen nicht unbeschränkt. Jedes Verlangen zur Mitwirkung bei der Sachaufklärung im Einzelfall muss geeignet, erforderlich und zumutbar sein. Unzumutbar ist ein Mitwirkungsverlangen, wenn es für den Betroffenen Nachteile auslösen würde, die außer Verhältnis zu dem zu erwarteten Erfolg (Sachaufklärung) stehen (Seer in: Tipke/Kruse, 127 EL Oktober 2011, § 76 FGO, Rn. 69 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des BFH). Die Bitte des Gerichts, die Identität des Lieferanten preiszugeben, ist verhältnismäßig. Hierdurch würde sich ein konkreter Ermittlungsansatz hinsichtlich der Herkunft der streitgegenständlichen Zigaretten eröffnen, wobei die Erfolgsaussichten dieses Ermittlungsansatzes schwer einzuschätzen sind. Allerdings dürfte der ... Lieferant nach aller Lebenserfahrung wohl wissen, ob die Zigaretten auch in O hergestellt oder dorthin geschmuggelt wurden. Andere Mittel zur Sachaufklärung stehen nicht mehr zur Verfügung. Die vom Kläger angeführte Gefahr, dass eine konkrete Namensnennung eine Gefahr für sein Leib und Leben und das seiner Familie bedeuten könnte, zumal er über sein Haus und seine Arbeit an seinen Wohnort gebunden sei, führt nicht zu einer Unzumutbarkeit des Mitwirkungsverlangens. Der Kläger hat nicht substantiiert vorgetragen, auf welche Tatsachen er sich bei der von ihm behaupteten Gefahr stützt und warum diese Gefahr, die immer besteht, wenn jemand die Identität eines Kriminellen an die Behörden weitergibt, gerade in seinem Fall konkret gesteigert sein bzw. sich verwirklichen sollte.

55

bb. Folge dieser Mitwirkungsverletzung ist keine Umkehr der Feststellungslast, sondern eine Begrenzung der Sachaufklärungspflicht des Gerichts und eine Minderung des Beweismaßes. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes knüpfen die Regeln über die objektive Beweislast ausschließlich an die allgemeine verfahrensrechtliche Rollenverteilung unter den Beteiligten an und sind allein an deren normierten Interesse am Ausgang des Prozesses ausgerichtet. Ein solches starres Verteilungsschema passt - als "ultima ratio" - nur, wenn ein entscheidungserheblicher Sachverhalt trotz Ausschöpfung aller zugänglichen und zumutbaren Ermittlungsmöglichkeiten nicht oder nicht vollständig aufgeklärt werden kann, nicht aber dann, wenn die mangelhafte Sachaufklärung nur darauf beruht, dass der Rechtsuchende abgabenrechtliche Mitwirkungspflichten verletzt hat, die ihm gerade zu dem Zweck auferlegt sind, derartige Mängel zu vermeiden. In einem solchen Fall muss die Entscheidung die konkrete Verfahrenssituation berücksichtigen und dem Umstand Rechnung tragen, dass der Pflicht zur vollständigen und wahrheitsgemäßen Erklärung über tatsächliche Umstände (§ 76 Abs. 1 S. 3 FGO) eine Mitverantwortung für die Folgen entspricht, die eintreten, wenn das Ziel vollständiger Sachverhaltsermittlung nicht erreicht wird. Aus der gemeinsamen Verantwortung von Steuerpflichtigem einerseits und Finanzbehörde sowie Finanzgericht andererseits für die vollständige Sachaufklärung im Geltungsbereich des Abgabenrechts folgt unter anderem, dass sich dann, wenn ein Steuerpflichtiger ihm auferlegte allgemeine oder besondere Mitwirkungs-, Informations- oder Nachweispflichten verletzt, grundsätzlich die Ermittlungspflicht der Finanzbehörde oder des Finanzgerichts (§ 76 Abs. 1 S. 2 bis 4 FGO und § 96 Abs. 1 S. 1 FGO) entsprechend mindert. Kriterien und Ausmaß der Reduzierung von Sachaufklärungspflicht und Beweismaß lassen sich nicht generell festlegen, sondern nur von Fall zu Fall bestimmen. Dabei können folgende Gesichtspunkte - mit je nach den Umständen unterschiedlicher Gewichtung - bedeutsam werden: Der Grad der Pflichtverletzung, der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der Gedanke der Zumutbarkeit, die gesteigerte Mitverantwortung aus vorangegangenem Tun. Dabei kommt in diesem Zusammenhang besondere Bedeutung dem Gedanken der Beweisnähe zu. Die Verantwortung des Steuerpflichtigen für die Aufklärung des Sachverhalts ist umso größer (die von Finanzbehörden und Finanzgerichten umso geringer) je mehr Tatsachen oder Beweismittel der von ihm beherrschten Informations- und und/oder Tätigkeitssphäre angehören. Die Verantwortung für die Sachaufklärung im Abgabenrecht ist maßgeblich nach den Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Sachverhaltsgestaltung und Sachverhaltsermittlung bestimmt. Die Verletzung abgabenrechtlicher Mitwirkungspflichten kann dann, wenn sie Tatsachen oder Beweismittel aus dem alleinigen Verantwortungsbereich des Steuerpflichtigen betrifft, sogar dazu führen, dass aus seinem Verhalten für ihn nachteilige Schlüsse gezogen werden. Solche Schlussfolgerungen können auch nicht bezifferbare Besteuerungsgrundlagen betreffen. Die Befugnis hierzu ergibt sich aus § 162 Abs. 2 S. 1 AO i. V. m. § 96 Abs. 1 S. 1 FGO unmittelbar, wenn man unter "schätzen" im Sinne dieser Regelung jede Art des Schlussfolgerns mit vermindertem Überzeugungsgrad versteht. Auch für diejenigen, welche die in § 162 Abs. 2 S. 1 AO vorgesehene Rechtsfolge in ihrem Wortsinn enger verstehen, besteht kein Zweifel daran, dass der "Beweisverderber" oder "Beweisvereiteler" aus seinem Verhalten keinen Vorteil ziehen darf (Rechtsgedanke des § 444 ZPO i. V. m. § 155 FGO). Zur Vermeidung eines solchen Ergebnisses sind auch belastende Unterstellungen oder nachteilige Schlüsse im Rahmen der Beweiswürdigung gerechtfertigt (vgl. BFH, Urteil vom 15.02.1989, X R 16/86, Juris Rn. 13 ff.). In einem jüngeren Beschluss hat der Bundesfinanzhof bekräftigt, dass, wenn der Sachaufklärungsmangel auf der unzureichenden Mitwirkung des Steuerpflichtigen beruht, sich das Beweismaß entsprechend der Pflichtverletzung auf eine größtmögliche Wahrscheinlichkeit verringert und die Besteuerungsgrundlagen in der Höhe anzusetzen sind, die der Wirklichkeit am nächsten kommt (BFH, Beschluss vom 07.05.2004, IV B 221/02, Juris Rn. 7).

56

cc. Unter Berücksichtigung dieses Maßstabs bleibt es angesichts der Umstände des Einzelfalls bei der Feststellungslast des Beklagten. Es ist auch keine "größtmögliche Wahrscheinlichkeit" dafür gegeben, dass die streitgegenständlichen Zigaretten in einem Drittland hergestellt und anschließend ins Zollgebiet der Union geschmuggelt wurden. Eine Herstellung in einem Mitgliedstaat ist ebenso wahrscheinlich.

57

Eine weitere Minderung des Beweismaßes oder gar die Unterstellung, dass es sich bei den Zigaretten um Nicht-Unionswaren gehandelt hat, kommt unter Berücksichtigung des vom Bundesfinanzhof hervorgehobenen Gedankens der Beweisnähe nicht in Betracht. Der Beklagte hatte in der Vergangenheit durchaus die Möglichkeit, die Herkunft der Zigaretten zu ermitteln, ohne auf die Angaben des Klägers zurückgreifen zu müssen, hat diese Gelegenheit aber verstreichen lassen. Aus den Feststellungen des Zollfahndungsamtes, die sich der Beklagte zu Eigen gemacht hat, und die er deshalb auch gegen sich gelten lassen muss, folgt, dass es dem Zollfahndungsamt möglich gewesen wäre, das ... Fahrzeug, mit dem am 13.10.2014 die Zigaretten angeliefert wurden, zu verfolgen bzw. die neben Herrn C unbekannt gebliebenen drei Personen festzunehmen. Nach aller Lebenserfahrung ist anzunehmen, dass das Zollfahndungsamt dann Erkenntnisse über die Herkunft der Zigaretten gewonnen hätte, jedenfalls sich aber erfolgversprechende Ermittlungsansätze eröffnet hätten. Das Zollfahndungsamt hatte bereits Wochen vor der streitgegenständlichen Lieferung die Telekommunikation des Klägers abgehört und die als Zigarettenlager dienenden Container mittels Videotechnik überwacht. Im Schlussbericht des Zollfahndungsamtes ist vermerkt, dass bereits ab dem 01.10.2014 Nachfragen nach unversteuerten Zigaretten von unbekannten Abnehmern beim Kläger eingegangen seien, die dieser jedoch auf den 13./14.10.2014 vertröstet habe. So habe der Kläger z. B. am 10.10.2014 einem Abnehmer geschrieben, dass er sich bis Dienstag (14.10.2014) gedulden müsse. Am 08.10.2014 habe der Kläger auch einem anderen Kunden sinngemäß mitgeteilt, dass dieser sich wohl bis zum 13.10.2014 gedulden müsse. Die Videoauswertung hinsichtlich der beiden Container habe zudem ergeben, dass der Kläger am Abend des 11.10.2014 aus den Container I gemeinsam mit einer weiteren Person mehrere große Kunststoffbehälter entfernt und dadurch Platz für die erwartete Zigarettenlieferung am 13.10.2014 geschaffen habe. Damit war dem Zollfahndungsamt bereits fast zwei Wochen vor der Lieferung bekannt, dass es am 13. oder 14.10.2014 zu einer größeren Lieferung kommen würde bzw. dies hätte bei einer zeitnahen Auswertung der Telekommunikationsüberwachung bekannt sein können. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt von dem Fall, dass geschmuggelte Zigaretten (zufällig) sichergestellt werden und deren Besitzer, der als einziger in der Lage ist, Zeugen zu benennen, die voraussichtlich Angaben zum zollrechtlichen Status der Waren machen können, die Mitwirkung verweigert. Die aktuell gegebene mangelnde Sachaufklärung beruht damit nicht ausschließlich auf der Nichtmitwirkung des Klägers. Ebenfalls kausal war das Vorgehen des Zollfahndungsamtes während der Ermittlungen. Die Gründe für dieses Vorgehen ergeben sich nicht aus den vorliegenden Akten.

58

Angesichts dessen kann offenbleiben, ob überdies auch der Beklagte im Festsetzungsverfahren nicht mit allem ihm zur Verfügung stehenden Mittel versucht hat, die Herkunft der Zigaretten zu ermitteln. Der Beklagte hat ausweislich der Sachakten nicht in Erwägung gezogen, ein Mitwirkungsverlangen gemäß Art. 14 ZK verbunden mit einer Fristsetzung und ggf. der Androhung eines Zwangsgeldes (gem. § 329 AO bis zu einer Höhe von 25.000 €) an den Kläger zu richten, damit dieser seinen Lieferanten nennt. Vielmehr hat er erst im gerichtlichen Verfahren mehr als zwei Jahre nach der streitgegenständlichen Lieferung die Nichtmitwirkung des Klägers gerügt. Ob dem Kläger ein Mitwirkungsverweigerungsrecht zugestanden hätte, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Der EuGH hat für das Gemeinschaftsrecht anerkannt, dass der Betroffene außerhalb eines Strafverfahrens zumindest dann die Auskunft verweigern darf, wenn mit der Auskunftspflicht seine Verteidigungsrechte so beschränkt werden, dass die Behörde die ihr obliegende Beweislast auf den Betroffenen überwälzt und von ihm die Vorlage der an und für sich von ihr beizubringenden Beweismittel verlangt (EuGH, Urteil vom 18.10.1989, Rs. 347/87, Slg. 1989, 3283; vgl. auch Rathemacher in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, 188. EL März 2006, Art. 14 ZK, Rn. 25). Ob ein Überwälzen der Beweislast bereits dann anzunehmen ist, wenn lediglich die Preisgabe der Identität eines Zeugen verlangt wird, erscheint zweifelhaft, bedarf vorliegend indes keiner abschließenden Klärung.

59

2. Einfuhrumsatzsteuer hätte der Beklagte ebenfalls nicht festsetzen dürfen. Nach § 21 Abs. 2 Hs. 1 UStG gelten für die Einfuhrumsatzsteuer die Vorschriften für Zölle sinngemäß. Steuergegenstand ist gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG die Einfuhr von Gegenständen im Inland. Die Verwirklichung des umsatzsteuerrechtlichen Einfuhrtatbestandes setzt voraus, dass ein Drittlandsgegenstand in das Inland verbracht, in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr überführt wird und dieser Vorgang im Bundesgebiet steuerbar ist (vgl. Achatz/Summersberger/Tumpel, Umsatzsteuer und Zoll, 1. Aufl. 2013, S. 95; Schwarz in: Schwarz/Widmann/Radeisen, UStG, 188. EL September 2016, § 21 UStG, Rn. 45). Mit Verweis auf die obigen Ausführungen steht nicht mit der notwendigen Wahrscheinlichkeit zur Überzeugung des Senats fest, sondern ist offen, ob es sich bei den streitgegenständlichen Zigaretten um Drittlandswaren gehandelt hat.

60

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit und zur Abwendungsbefugnis auf § 151 Abs. 1, Abs. 3 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 S. 1 ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.

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(1) Für Tabakwaren ist die Steuer durch Verwendung von Steuerzeichen zu entrichten. Die Verwendung umfasst das Entwerten und das Anbringen der Steuerzeichen an den Kleinverkaufspackungen. Die Steuerzeichen müssen verwendet sein, wenn die Steuer entst

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Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 06. Dez. 2013 - 6 K 2585/12

bei uns veröffentlicht am 06.12.2013

Diese Entscheidung zitiert Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen. Tatbestand 1 Streitig ist, ob der Kläger in den Streitjahren 1995 bis 2001 als Unternehmer unter dem Deckmantel

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(1) Für Tabakwaren ist die Steuer durch Verwendung von Steuerzeichen zu entrichten. Die Verwendung umfasst das Entwerten und das Anbringen der Steuerzeichen an den Kleinverkaufspackungen. Die Steuerzeichen müssen verwendet sein, wenn die Steuer entsteht.

(2) Der Hersteller oder der Einführer hat die Steuerzeichen nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck zu bestellen und darin die Steuerzeichenschuld selbst zu berechnen (Steueranmeldung). Dem Hersteller ist die Person gleichgestellt, die nach § 3 Absatz 2 zur Bestimmung des Kleinverkaufspreises berechtigt ist. Bei Substituten für Tabakwaren ist dem Hersteller auch die Person gleichgestellt, welche Substitute für Tabakwaren aus einem anderen Mitgliedstaat zu gewerblichen Zwecken bezieht. Die Steuerzeichenschuld entsteht mit dem Bezug der Steuerzeichen in Höhe ihres Steuerwerts. Werden die Steuerzeichen übersandt, gilt als Tag des Bezugs der zweite Werktag nach der Absendung. Steuerzeichenschuldner ist der Bezieher. Auf die Steuerzeichenschuld sind die für Verbrauchsteuern geltenden Vorschriften der Abgabenordnung sinngemäß anzuwenden. Für noch nicht an Kleinverkaufspackungen angebrachte Steuerzeichen gilt § 76 der Abgabenordnung sinngemäß.

(3) Steuerschuldner nach § 15 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zweite Alternative, Nummer 2 und 4 sowie Satz 3 haben unverzüglich eine Steuererklärung abzugeben. Dies gilt auch, wenn im Fall des § 15 Absatz 6 Satz 1 Nummer 3 Tabakwaren ohne gültige Steuerzeichen empfangen werden und auch, wenn im Fall des Bezugs zu gewerblichen Zwecken aus anderen Mitgliedstaaten Substitute für Tabakwaren ohne gültige Steuerzeichen empfangen werden.

(4) Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates

1.
zur Sicherung des Steueraufkommens und zur Wahrung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung die Einzelheiten zur Steueranmeldung und Steuererklärung sowie über die Entrichtung der Steuerzeichenschuld zu bestimmen,
2.
Vorschriften über Berechnung des Steuerwerts, Bezug, Lieferung und Verwendung der Steuerzeichen sowie über das Besteuerungsverfahren zu erlassen,
3.
zur Vereinfachung der Verwaltung oder aus wirtschaftlichen Gründen Ausnahmen von der Entrichtung der Steuer durch Steuerzeichenverwendung zuzulassen, zu bestimmen, dass in einzelnen besonders gelagerten Fällen zur Vermeidung unbilliger Härten Ausnahmen im Verwaltungsweg gemacht werden dürfen, und die Besteuerung zu regeln.

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die §§ 158, 160, 162 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.


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Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob der Kläger in den Streitjahren 1995 bis 2001 als Unternehmer unter dem Deckmantel der Fa. Z tätig war.

2

Der Kläger war seit 1978 bei der Firma S beschäftigt. Dort arbeitete er zunächst als Maschinist bzw. Baggerfahrer bevor er zum Schachtmeister ausgebildet wurde. In 1991 wechselte er zu der Firma B, einer 100%-igen Tochter der Firma S. Wegen der Liquidation dieser Firma kam er 1998 zur Firma S zurück, wo er als Bauleiter seinen letzten Arbeitseinsatz am 30. November 1998 hatte. Danach war er auf Grund eines Asthmaleidens krankgeschrieben. Das Arbeitsverhältnis endete auf Grund des Vergleiches vor dem Arbeitsgericht am 30. Juni 2001 (Bl. 399 Strafaktenordner 2). Am 10. September 2002 meldete er die Firma M Erd- und Tiefbauarbeiten an.

3

Im Jahr 1994 gründete der türkische Staatsangehörige Herr C. A. die auf den Namen seiner Mutter lautende Firma "Garten- und Landschaftsbau Z" in H. Der Betrieb wurde auf Frau Z. A. in 1994 angemeldet, weil ihr Sohn C. A. noch keine Aufenthaltserlaubnis in Deutschland hatte. Frau Z. A. ist laut den Feststellungen des Beklagten mit ihrem Ehemann 1997 wieder in die Türkei zurückgekehrt. Auch Herr C. A. ist wieder in die Türkei zurückgekehrt; nach Auffassung des Beklagten im Januar 2001 und nach Auffassung des Klägers Mitte 2002.

4

Der Kläger lernte Herrn C. A., der als Subunternehmer für die Firma B arbeitete, im Rahmen seiner dortigen Tätigkeit als Bauleiter kennen. Der Kläger vermittelte in der Folge Aufträge für die Firma Z, ermittelte die Aufmaße für die Rechnungserstellung und teilte diese dem Buchführungsbüro der Firma Z, der Firma P, mit. Das Buchführungsbüro P fertigte auf Grund dieser Aufmaße auf einem Briefkopf der Firma Z die Rechnungen.

5

Nach Einleitung eines Steuerstrafverfahrens gegen Frau Z. A. wegen des Verdachts der vorsätzlichen Verkürzung von Einkommen-, Umsatz- und Gewerbesteuer  teilte der damalige Bevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 2. Juli 2002 den Finanzämtern S und L mit, dass er einen Sachverhalt mitteilen wolle, der ggfs. vor einem steuerstrafrechtlichen Hintergrund gewertet werden könne (Bl. 223 d. Akte 1 K 2427/05 Band I). Der Kläger habe auf Bitte des Herrn A diesen an Geschäftspartner weiterempfohlen. Wirtschaftliche Vorteile habe er dadurch nicht erzielt. Herr A erbringe weit über das normale zeitliche Maß Arbeiten selbst. Vor diesem Hintergrund habe er den Kläger gebeten, selbst oder über Dritte die Einlösung von Kundenschecks vorzunehmen. Da der Kläger in W wohnhaft sei, sei dies über das Konto-Nr. ...398 der damaligen H Bank eG in S, der heutigen Volksbank H eG erfolgt. Es handele sich um folgende Beträge:

6

13.10. bis 19.12.1995

127.372,02 DM

09.01. bis 04.12.1996

534.042,73 DM

Insgesamt

661,414,75 DM

7

Den Gegenwert der eingelösten Schecks habe der Kläger Herrn A zur Verfügung gestellt (Bl. 4 Strafaktenordner 1).

8

Auf Grund dieses Schreibens fand bei dem Kläger eine Steuerfahndungsprüfung statt (vgl. Steuerfahndungsbericht vom 23. Dezember 2004, Bl. 2 f. Steuerfahndungsakten/Steufa-Bericht II).

9

Nach den Feststellungen der Steuerfahndung konnte der Kläger im Jahr 1995 die Firma E als Auftraggeber für Pflasterarbeiten und den Einsatz von Arbeitskräften in den verschiedensten Bereichen der Produktion gewinnen (Tz. 1.02. des Steuerfahndungsberichts vom 23. Dezember 2004 /Bl. 2 ff. d. Steuerfahndungsakte, Lasche "Steuerfahndungsbericht"). Er habe beschlossen, diese Geschäftsbeziehungen auf eigene Rechnung abzuwickeln und sich hierfür des Namens der Firma Z. zu bedienen. Nach Auffassung des Beklagten ist zwischen dem normalen Geschäftsbetrieb der Firma Z und den Geschäftsbeziehungen zu der Firma E zu unterscheiden. Hinsichtlich der normalen Geschäftstätigkeit der Firma Garten- und Landschaftsbau Z sei der Kläger als Vermittler anzusehen. Hinsichtlich der Geschäftsbeziehungen zu der Firma E sei der Kläger als selbständiger oder faktischer Unternehmer zu behandeln, der zur Ausführung der Geschäfte den Firmenmantel Z in Anspruch genommen habe. So habe er mit den Verantwortlichen der Firma E die Vertragsverhandlungen über den Einsatz von Arbeitern in der Produktion und beim Erstellen von Pflasterflächen geführt. Teilweise habe er auch, gemeinsam mit Herrn C. A. und seinen Brüdern, selbst die Bauaufsicht geführt und die eingesetzten Arbeiter überwacht, über Einstellung neuer Arbeitskräfte entschieden und entsprechende Arbeitsmaschinen gestellt.

10

Der Kläger habe Rechnungen für die durchgeführten Arbeiten ausgestellt und diese mit den ihnen zu Grunde liegenden Stundenzetteln und Wochenberichten bei den Verantwortlichen der Firma E abgegeben. Die Rechnungen seien unter dem Briefkopf der Firma Z erstellt worden. Im Gegensatz zu der oben beschriebenen Rechnungserteilung durch das Buchführungsbüro P hätten die Rechnungen an die Firma E ein optisch anderes Aussehen. Sie seien nicht durch das Buchführungsbüro P geschrieben und nicht dorthin weitergeleitet oder verbucht worden, obwohl der Kläger wegen der tatsächlichen Tätigkeit der Firma Z in Zusammenhang mit anderen Auftraggebern immer in Kontakt mit dem Buchführungsbüro gestanden und hierfür die Anweisungen zur Rechnungserstellung gegeben habe. Auch die Zahlung der Rechnungen an die Firma E sei nicht, wie die anderen Rechnungen, auf das betriebliche Konto der Firma Z erfolgt. Auffallend sei in diesem Zusammenhang, dass alle Geschäfte bei der Firma E (und sonst keine) über den Kläger abgewickelt worden seien. Er habe die Abrechnungen der Firma E übergeben und die Rechnungsbeträge durch Scheck und später durch Überweisung an die H Bank in S erhalten. Die Scheckeinlösungen seien zunächst auf sein privates Girokonto und ab November 1996 auf Intervention eines Bankmitarbeiters über ein unter dem Namen Z. A. angelegtes Konto bei der H Bank erfolgt. Dieses Geld, von 1995 bis 2001 insgesamt 11.389.372,00 DM, hätten ausschließlich der Kläger und seine Mutter bei der H Bank (jetzt Volksbank H) in bar unter den jeweiligen Meldebeträgen nach dem Geldwäschegesetz abgehoben. An Herrn A, der kurze Zeit nach dem Kläger Vollmacht über das neue Konto erhalten habe, sei nie Geld ausgezahlt worden. Die Mutter des Klägers habe immer fertig ausgefüllte, gestempelte und unterschriebene Auszahlungsquittungen vorgelegt, weil sie keine Vollmacht über das Konto gehabt habe. Eine Vollmacht sei ihr nach Einwendung der Bank im September 2000 erteilt worden. Nach Angaben des Herrn A habe er bei Bedarf jeweils 30 bis 40 Auszahlungsbelege für den Kläger blanco unterschrieben (trotz Vollmacht des Klägers und später seiner Mutter).

11

Das Finanzamt bzw. der Steuerfahndungsprüfer ermittelten die Höhe der Betriebseinnahmen aus den Kreditorenunterlagen der Firmengruppe E sowie den Provisionen für die Vermittlung von Aufträgen durch den Kläger an die Firma Z.

12

Der Beklagte erließ zunächst aufgrund vorläufiger Zahlen der Steuerfahndungsprüfung am 28. Oktober 2003 Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre, gegen die der Kläger Einspruch einlegte.

13

Ab Oktober 2003 befand sich der Kläger in Folge des Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft in Untersuchungshaft. Er wurde mit Urteil des Landgerichts am 23. September 2004 wegen Steuerhinterziehung in 20 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Jahren verurteilt. Gegen das Urteil legte der Kläger am 30. September 2004 Revision ein (Bl. 1294 der Strafakte ...0 Js ...5/03, Band V). Diese nahm er mit Schreiben vom 15. Oktober 2004 zurück (Bl. 1295 der Strafakte ...0 Js ...5/03, Band V). Das Urteil ist seit dem 15. Oktober 2004 rechtskräftig. Ausweislich der abgekürzten Gründe des Strafurteils wurde der Kläger neben der Hinterziehung von Einkommen-, Gewerbe- und Lohnsteuern auch wegen hinterzogener Umsatzsteuer in Höhe von 20.378 DM (1995), 86.259 DM (1996), 181.861 DM (1997), 302.692 DM (1998), 421.324 DM (1999), 438.624 DM (2000) und 227.265 DM (2001) verurteilt. Nach den rechtskräftigen Feststellungen des Urteils des Landgerichts hat der Kläger insgesamt 1.678.403 DM Umsatzsteuer hinterzogen.

14

Nach Verbüßung der Freiheitsstrafe hat der Kläger die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt. Mit Beschluss des Landgerichts vom 5. November 2008 wurde das Wiederaufnahmegesuch als unzulässig verworfen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde wurde mit Beschluss des Oberlandesgerichts vom 18. August 2010 als unbegründet verworfen.

15

Mit Urteil des Sozialgerichts vom 6. Juni 2011 ist die Klage des Klägers gegen den Deutschen Rentenversicherungsbund wegen Beitragsforderungen zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung sowie zur sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung für den Zeitraum 1995 bis 2001 in Höhe von 2.153.488,34 Euro abgewiesen worden.  Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Berufung wird beim Landessozialgericht Rheinland-Pfalz unter dem Aktenzeichen L ... R ...5/11 geführt.

16

Nach Abschluss des Strafverfahrens und Erhalt des abschließenden Steuerfahndungsberichts vom 23. Dezember 2004 (Steufa-Akte, Fach Steufa-Bericht, Bl. 3 ff. ) erließ der Beklagte am 26. Januar 2005 unter Einbeziehung der Vermittlungsleistungen des Klägers und unter Berücksichtigung der anrechenbaren Vorsteuern gemäß § 164 Abs. 2 Abgabenordnung geänderte Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1995 bis 2001. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben.

17

Der Beklagte ging bei seinen geänderten Bescheiden von folgenden Werten aus:

18
                 

1995
DM

1996
DM

1997
DM

1998
DM

1999
DM

2000
DM

2001
DM

Laut Kreditorenliste der Fa. E

brutto

156.233

661.318

1.394.271

2.224.544

3.054.597

3.180.023

1.647.674

Provisionen Fa. Z

brutto

17.500

25.000

36.500

57.000

45.000

47.000

26.000

SUMME BRUTTO

        

173.733

686.317

1.430.771

2.281.544

3.099.597

3.227.023

1.673.674

./. USt 15%

        

22.661

89.520

186.622

74.398

                          

./. USt 16%

                                   

236.022

427.531

445.107

230.852

UMSATZ NETTO

        

151.072

596.797

1.244.149

1.971.124

2.672.066

2.781.916

1.442.822

Anrechenbare Vorsteuer

        

1.209 

4.774 

9.953 

15.769

21.377

22.255

11.543

Festgesetzte Umsatzsteuer

DM    

21.451,00

84.745,00

176.669,00

294.683,00

406.153,00

422.851,00

219.308,00

        

Euro   

10.967,72

43.329,43

90.329,43

150.669,03

207.662,73

216.200,28

112.130,40

19

In seiner Einspruchsbegründung trägt der Kläger u.a. vor, er habe für die Firma Z Aufträge akquiriert (Bl. 16 d. Umsatzsteuerakte, VZ 2001) . Für die Vermittlung habe er Zuwendungen von Herrn C. A. erhalten, die er nicht ordnungsgemäß versteuert habe. Es sei jedoch unzutreffend, dass er unter dem Decknamen der Firma Z auf eigene Rechnungen Geschäfte getätigt habe.

20

Mit Einspruchsentscheidung vom 14. September 2005 wies der Beklagte die Einsprüche gegen die Umsatzsteuerbescheide 1995 bis 2001 vom 26. Januar 2005 als unbegründet zurück (Bl. 21 d. Umsatzsteuerakte, VZ 2001).

21

Mit seiner am 4. Oktober 2005 beim Finanzgericht Rheinland-Pfalz eingegangenen Klage trägt der Kläger vor, er habe lediglich gewerbliche Einkünfte aus Beratungstätigkeit gegenüber der Firma Z erzielt (Bl. 82 d. PrA. Band I). Er sei jedoch nicht als Unternehmer im Zusammenhang mit dem garten- und landschaftsbaulichen Unternehmen des C. A. tätig gewesen.

22

Mit der gegen die Einspruchsentscheidung erhobenen Klage trägt der Kläger vor, dass sich der Sachverhalt entgegen den Ausführungen des Beklagten und des Urteiles des Landgerichtes wie folgt darstelle:

23

Er habe 1995 bis 2001 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit aus seiner Funktion als Bauleiter bei den Tiefbauunternehmen B bzw. S erzielt (Bl. 390 ff. d. PrA.). Zu seiner Tätigkeit als Bauleiter habe die Überwachung eingesetzter Subunternehmer hinsichtlich auftragsgemäßer Abwicklung der diesen übertragenen Gewerke gehört. Im Rahmen dieser Tätigkeit habe er Anfang 1994 Herrn C. A. kennengelernt, der für die Firma B als Subunternehmer Pflasterarbeiten ausgeführt habe. Dies sei im Rahmen des auf die Mutter des C. A. angemeldeten und betriebenen Gewerbes erfolgt. Im Rahmen seiner Funktion als angestellter Bauleiter der Firma B sei er nach Abschluss der beauftragten Arbeiten durch Herrn C. A. gefragt worden, ob er nicht - ggfs. zu einem späteren Zeitpunkt - weitere Aufträge vermitteln könne, da zu diesem Zeitpunkt kein Anschlussauftrag für Z vorgelegen habe. Da die Ausführung der im Rahmen der Tätigkeit des Klägers als angestellter Bauleiter zu beurteilenden Leistungen C. A.s nicht zu beanstanden gewesen sei, sei er im Rahmen seiner Möglichkeiten und den in der Branche üblichen Gepflogenheiten diesem Ansinnen gefolgt und habe Herrn A weitere Aufträge vermittelt.

24

Einer dieser Folgeaufträge sei in N bei der Firma Bv zu erledigen gewesen. Diese befinde sich in unmittelbarer Nachbarschaft der dort ebenfalls ansässigen Firma E. Anlässlich eines Besuches dort sei er von Herrn A darauf angesprochen worden, ob er nicht Kontakte zur Firma E habe, da hier offenbar ein großes Auftragsvolumen möglich sei. Bei einer sich bietenden Gelegenheit habe er den ihm persönlich aus langjähriger Geschäftsbeziehung gut bekannten Geschäftsführer der Firma E, Herrn L, angesprochen und ein Gespräch zwischen den Herren L und A vermittelt. Im Rahmen dieses Gespräches hätten die Herren A und L die Zusammenarbeit vereinbart und einen Stundenpreis ausgehandelt. Nicht er sei Verhandlungspartner gewesen, sondern A. Herr A habe ihn auf Grund seiner langjährigen fachlichen Erfahrung auch mit den Abrechnungsgepflogenheiten der Firma E gebeten, nach den ihm von A mitgeteilten Angaben die für die Abrechnung notwendigen Wochenberichte zu erstellen. Diese seien Abrechnungsgrundlage gewesen, da auf Stundenbasis abgerechnet worden sei. In der Regel habe er sonntags die hierzu notwendigen Unterlagen erhalten und habe diese in der Folge auch der Firma E übergeben. Ebenso sei teilweise mit Rechnungen des Herrn A verfahren worden. Weitere Unterlagen, insbesondere Aufmaße oder Rechnungen seien von ihm nicht erstellt worden. Die Firma E habe seinerzeit sämtlichen Zahlungsverkehr per Scheck abgewickelt. Da er regelmäßig bei der Firma E bzw. der benachbarten Bv zu tun gehabt habe, habe er die Wochenberichte des A überbracht und habe nach Freigabe die entsprechenden Schecks abgeholt. Wer die dazugehörigen Rechnungen geschrieben habe, sei ihm nicht bekannt. Er sei es entgegen der Auffassung des Beklagten jedenfalls nicht gewesen.

25

Da Herr A behauptet habe, dass er auf Grund starker zeitlicher Auslastung nicht die Gelegenheit habe, die Schecks selber einzulösen, habe er der Bitte As, die Schecks gleich von der Firma E abzuholen und einzulösen, Folge geleistet. Die Schecks seien von ihm oder seiner Mutter dann auf sein Konto bei der H Bank Nr. ...398 eingelöst und das Geld an A ausgezahlt worden. Zunächst sei dies ohne Abzüge für erbrachte Leistungen erfolgt; später habe er von A eine Vergütung für die geleisteten Tätigkeiten erhalten. Diese Praxis der Einzahlung auf das Konto sei ca. 10 Monate beibehalten worden. Auf Drängen der Bank habe dann Herr A auf Basis einer Vollmacht ein Geschäftskonto auf seine Mutter Z. A. bei der H Bank in S eingerichtet. Nach Umstellung des Abrechnungsverfahrens bei der Firma E auf Banküberweisung und der oben angegebenen Eröffnung eines Bankkontos auf die Firma Z habe er die Abwicklung von Bankgeschäften für A dahingehend erledigt, dass (wie zuvor) er oder seine Mutter Beträge in bar abgehoben, die sie in der Folge Herrn A in W übergeben hätten. Für die vorgenannten Tätigkeiten (Vermittlung von Aufträgen, gelegentliche Beratung auf Basis der langjährigen Berufserfahrung, Abwicklung des Barverkehrs) habe er Geldbeträge von Herrn A erhalten, die nicht versteuert worden seien. Es treffe nicht zu, dass es sich hierbei - wie im Urteil des Landgerichtes ausgeführt - um 850.000,00 bis 900.000,00 DM gehandelt habe. Diese Beträge habe er nur genannt und die Aufstellung habe er nur gemacht, um möglichst schnell in den offenen Vollzug zu gelangen.

26

Er habe von Beginn seiner Unterstützung von Herrn A an - auch auf Basis eines Gespräches mit der H Bank - diesen mehrfach gedrängt, Nachweise für die ordnungsgemäße Deklaration der vereinnahmten Gelder zu erhalten. Er habe jedoch von Herrn A keinerlei stichhaltige Auskünfte über die - tatsächlich wohl auch nicht erfolgte - ertrags-, lohnsteuer- und sozialversicherungsrechtliche Deklaration der seitens A mit der Firma E erzielten Umsätze bzw. Personalkosten erhalten. Ab Mai 2001 habe sich A öfter als zuvor in der Türkei aufgehalten, sei jedoch zunächst stets wieder nach Deutschland zurückgekehrt. Ab November 2001 sei er jedoch für längere Zeit in seinem Heimatland geblieben, so dass die Bautätigkeit zunächst geendet habe. Eigentlich sei beabsichtigt gewesen, dass Brüder oder weitere Verwandte des C. A. das Geschäft weiter betreiben sollten. Auf Grund von Streitigkeiten unter diesen hätte sich dies aber nicht ergeben. Zuletzt habe Herr M. A. das Unternehmen weiterführen wollen und in diesem Zusammenhang ihn, den Kläger, um Rat und Hilfe gebeten. Zunächst habe er Herrn M. A. bei Behördengängen usw. unterstützt. Aufgrund der Erfahrung mit Herrn C. A. sowie den anhaltenden Streitigkeiten innerhalb der Familie A habe er jedoch in der Folge damit aufgehört. Schließlich habe er nach dem Ausscheiden bei S im Oktober 2002 sein eigenes Pflaster- und Tiefbauunternehmen gegründet. Als er festgestellt habe, dass sich Herr C. A. endgültig in sein Heimatland abgesetzt habe, habe er Klarheit über die seitens des Herrn C. A. ordnungsgemäße Versteuerung haben wollen. In diesem Zusammenhang habe er Herrn C. A. aufgefordert, eine entsprechende Erklärung, beglaubigt durch einen deutschen Notar, vorzulegen. Herr C. A. habe ihn mangels eigener Kenntnis über inhaltliche Notwendigkeiten gebeten, eine Formulierung vorzuschlagen, was erfolgt sei. Auf Basis dieses gewünschten Vorschlages habe schließlich C. A. seine Erklärung von einem türkischen Notar beglaubigen lassen. Schließlich habe er, der Kläger, die Gefahr hinsichtlich der über sein Konto abgewickelten Zahlungen des Herrn C. A. steuerrechtlich belangt zu werden, gesehen und Selbstanzeige erstattet.

27

Der Kläger beantragt,

die Umsatzsteuerbescheide 1995 - 2001 vom 28. Oktober 2003 in der geänderten Fassung vom 26. Januar 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. September 2005 dahingehend zu ändern, dass für Zwecke der Umsatzsteuer keine Umsätze betreffend die Firma E angesetzt werden, sondern von Beratungshonoraren als Einkünfte aus Gewerbebetrieb in folgender Höhe ausgegangen wird:

1995 in Höhe von 10.000,00 DM

1996 in Höhe von 45.000,00 DM

1997 in Höhe von 70.000,00 DM

1998 in Höhe von 100.000,00 DM

1999 in Höhe von 252.500,00 DM

2000 in Höhe von 152.000,00 DM und in

2001 in Höhe von 125.000,00 DM.

28

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

29

Er weist zur Begründung im Wesentlichen auf die Ausführungen in seiner Einspruchsentscheidung (Bl. 103 ff. d. PrA.).

30

Einen mit der Klage eingereichten Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz nach § 69 Abs. 3 FGO wegen Umsatzsteuer hat der Senat am 6. Dezember 2007 unter dem Aktenzeichen 6 V 2374/07 abgelehnt.

31

Das hiesige Verfahren ist zunächst unter dem Aktenzeichen 6 K 2373/07 geführt worden. Mit Beschluss vom 18. Dezember 2007 ist im Einverständnis der Beteiligten das Ruhen des Verfahrens bis zum Abschluss des Verfahrens wegen Einkommensteuer und Gewerbesteuer 1995 bis 2001 angeordnet worden (Bl. 335 d. PrA. Band I). Der 1. Senat des FG Rheinland-Pfalz hat mit Urteilen vom 17. August 2011 die Klage wegen Einkommensteuer 1995 bis 2001 (1 K 2427/05), Gewerbesteuer 1995 bis 2001 (1 K 2430/05) und Lohnsteuer 1995 bis 2001 (1 K 1304/05) abgewiesen. Die gegen das Urteil 1 K 2427/05 eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat der Bundesfinanzhof mit Beschluss vom 25. Juli 2012 unter dem Aktenzeichen X B 144/11 als unbegründet zurückgewiesen. Mit Beschluss vom 26. November 2012 ist das hiesige Verfahren wegen Umsatzsteuer unter dem Aktenzeichen 6 K 2585/12 wieder aufgenommen worden.

32

Mit Schriftsatz vom 24. November 2013 (Bl. 582 ff. d. PrA.) trug der Kläger ergänzend vor, dass der 1. Senat des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz im Verfahren mit dem Aktenzeichen 1 K 2427/05 zum einen als Zeugen benannte Personen nicht vernommen habe und zum anderen, dass Aussagen von vernommenen Zeugen falsch gewürdigt worden seien. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Klägers 24. November 2013 (Bl. 582 ff. d. PrA. Band II) nebst Anlagen verwiesen.

33

Der Senat hat die Akten des Verfahrens wegen Einkommensteuer im Verfahren 1 K 2427/05 (4 Bände), wegen Gewerbesteuer im Verfahren 1 K 2430/05, wegen Lohnsteuer 1 K 1304/05, wegen vorläufigen Rechtsschutz im Verfahren 1 V 2122/09 (2 Bände) sowie die Akten des Strafverfahrens mit dem Aktenzeichen ...0 JS ...5/03 (5 Bände), die Akten des Wiederaufnahmeverfahrens mit dem Aktenzeichen ...4 Js ...0/08 (3 Bände) und die Beweismittelordner des Strafverfahrens (7 Leitz-Ordner) zum Verfahren beigezogen.

Entscheidungsgründe

34

Die Klage führt in der Sache nicht zum Erfolg. Die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide 1995 bis 2001 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 Finanzgerichtsordnung).

35

Zur Überzeugung des Senats ist der Beklagte nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger die Geschäfte mit der Firma E in eigener Verantwortung durchgeführt und hierdurch Umsätze im Sinne des Umsatzsteuergesetzes erzielt hat. Auch die Höhe der vom Beklagten zugrunde gelegten Umsätze ist nicht zu beanstanden.

I.

36

Unternehmer ist nach § 2 Abs. 1 S. 1 UStG, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen (§ 2 Abs. 1 S. 3 UStG).

37

Regelmäßig ergibt sich aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen, wer bei einem Umsatz als Leistender anzusehen ist. Leistender ist in der Regel derjenige, der die Lieferungen oder sonstigen Leistungen im eigenen Namen gegenüber einem Anderen selbst oder durch einen Beauftragten ausführt (BFH Urteil vom 4. September 2003, V R 10/02, BStBl. II 2994, 627). Ob eine Leistung dem Handelnden oder einem Anderen zuzurechnen ist, hängt grundsätzlich davon ab, ob der Handelnde gegenüber Dritten im eigenen Namen oder berechtigterweise im Namen eines Anderen bei Ausführungen entgeltlicher Leistungen aufgetreten ist.

38

Auch wer in fremden Namen auftritt, erbringt eine eigene Leistung, wenn nach den erkennbaren Umständen durch sein Handeln in fremdem Namen lediglich versteckt wird, dass er und nicht der Vertretene der Leistende ist (BFH Urteil vom 4. September 2003, V R 10/02, BStBl. II 2994, 627).

39

Die Feststellung, welcher Leistungsbeziehung die Verschaffung der Verfügungsmacht zuzurechnen ist und ob Rechnungsaussteller und Leistender identisch sind, obliegt dem Finanzgericht als Tatsacheninstanz und ist im Wesentlichen Ergebnis einer tatsächlichen Würdigung.

II.

40

Das Gericht macht sich hinsichtlich des Sachverhalts die Feststellungen des rechtskräftigen Urteils des Landgerichts vom 23. September 2004 im Verfahren mit dem Aktenzeichen ...0 Js ...5/03 zu eigen, die für das Gericht nachvollziehbar und in sich schlüssig sind. Das Strafurteil wurde in der mündlichen Verhandlung vom 6. Dezember 2013 durch Verlesen in das Verfahren eingeführt. Der Kläger hat weder substantiierte Einwendungen gegen die Feststellungen des Strafgerichts erhoben noch entsprechende Beweisanträge gestellt.

41

1. Das Finanzgericht entscheidet gemäß § 96 Abs. 1 S. 1 FGO nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Nach § 76 Abs. 1 S. 1 FGO hat es den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen. Es ist dabei nicht an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten gebunden (§ 76 Abs. 1 S. 5 FGO). Dies bedeutet, dass das Finanzgericht von sich aus auch Beweise erheben kann, die von den Beteiligten nicht angeboten sind. Auch Strafakten, die weitere Beweismittel wie Urkunden enthalten, können vom Finanzgericht im Rahmen der ihm obliegenden Erforschung des Sachverhalts zum Gegenstand des Verfahrens gemacht werden. Zieht das Finanzgericht Strafakten zum Zwecke der Sachaufklärung bei, ergeht diese Maßnahme als prozessleitende Verfügung oder Aufklärungsanordnung (BFH Beschluss vom 20. August 1999, VII B 6/99, BFH/NV 2000, 215). Eines förmlichen Beweisbeschlusses bedarf es hierzu nicht (BFH Beschluss vom 19. Dezember 2011, VII B 28/11, BFH/NV 2012, 752).

42

Nach § 81 Abs. 1 FGO hat das Gericht den Beweis in der mündlichen Verhandlung zu erheben. Der daraus folgende Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme besagt u.a., dass das Finanzgericht die Zeugen grundsätzlich selbst zu hören hat und sich nicht mit nur schriftlich übermittelten Bekundungen derselben begnügen kann. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass aufgrund des persönlichen Eindrucks der Zeugen und durch kritische Nachfrage durch das Gericht die Glaubhaftigkeit der Aussagen überprüft werden kann (BFH Beschluss vom 26. Juli 2010, VIII B 198/09, BFH/NV 2010, 2096).

43

Beweisergebnisse, tatsächliche Feststellungen und rechtliche Beurteilungen andere Gerichtsverfahren dürfen im Wege des Urkundenbeweises unter bestimmten, durch die Rechtsprechung konkretisierten Voraussetzungen, in den finanzgerichtlichen Prozess eingeführt werden. Insofern ist das Finanzgericht bei Vorgängen, die sowohl in strafrechtlicher als auch in abgabenrechtlicher Hinsicht zu ermitteln und zu würdigen sind, an die tatsächlichen Feststellungen einer vorangegangenen strafgerichtlichen Entscheidung weder gebunden (BFH Beschluss vom 24. Mai 2013, VII B 163/12, BFH/NV 2013, 1615; BFH Beschluss vom 13. Januar 2006, VIII B 7/04, BFH/NV 2006, 914) noch daran gehindert, sich diese Feststellungen zu eigen zu machen. Zur Übernahme der vom Finanzgericht für zutreffend erachteten Feststellungen und Beweiswürdigungen des Strafgerichts besteht insbesondere Anlass, wenn - wie vorliegend - die strafgerichtliche Entscheidung bereits rechtskräftig ist (BFH Urteil vom 13. Juni 1973, VII R 58/71, BStBl. II 1973, 666). Das Zueigenmachen der strafgerichtlichen Feststellungen und Beweiswürdigungen setzt jedoch voraus, dass diese zur Überzeugung des entscheidenden Senats zutreffend sind und der Kläger keine substantiierten Einwendungen erhoben und entsprechende Beweisanträge gestellt hat, denen das Finanzgericht nach den allgemeinen, für die Beweiserhebung geltenden Grundsätzen nachzugehen hat (BFH Urteil vom 26. April 1988, VII R 124/85, BFHE 153, 463). Die Kundgabe einer bloßen abweichenden rechtlichen Würdigung reicht für die Substantiierung ebenso wenig wie das schlichte Bestreiten (BFH Beschluss vom 24. September 2013, XI B 75/12, BFH/NV 2014, 164). In welchem Maße eine Substantiierung entsprechender Einwendungen und Beweisanträge zu fordern ist, hängt von der Art und Weise der Feststellungen im Strafurteil ab, gegen die sich der Beteiligte wendet (BFH Urteil vom 21. Juni 1998, VII R 135/85, BStBl. II 1988, 841). Dabei sind im Hinblick darauf, dass das unmittelbare Beweismittel, also die Zeugenvernehmung durch das Finanzgericht, dem mittelbaren Beweismittel (Strafurteil) grundsätzlich vorzuziehen ist, die Anforderungen an die Substantiierung nicht zu überspannen (BFH Urteil vom 21. Juni 1998, VII R 135/85, BStBl. II 1988, 841). Erforderlich ist aber zumindest ein substantiierter Vortrag, dass und warum zu erwarten ist, dass die Zeugen bei einer erneuten Vernehmung nunmehr etwas anderes bekunden sollen bzw. werden als im Strafverfahren (BFH Beschluss vom 7. Juni 2011, VIII B 183/10, BFH/NV 2011, 1529). Erst dann ist hinreichend dargetan, in welchem Maße eine erneute Vernehmung der Zeugen das Ergebnis des finanzgerichtlichen Verfahrens beeinflussen könnte.

44

2. Mit Urteil vom 23. September 2004 hat das Landgericht den Kläger wegen Steuerhinterziehung in 20 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Jahren rechtskräftig verurteilt. Sieben der zwanzig Fälle betrafen dabei die Besteuerungsgrundlagen für die hier streitgegenständlichen Umsatzsteuerbescheide 1995 bis 2001. Nach den im Strafverfahren getroffenen Feststellungen, die auf einer umfangreichen Beweisaufnahme beruhen, führte der Kläger die Geschäftsbeziehungen zur Firma E auf eigene Rechnung durch und bediente sich hierzu des Namens der Firma Z. Er stellte die Rechnungen aus und lieferte diese mit den ihn zugrunde liegenden Stundenzetteln und Wochenberichten bei den Verantwortlichen der Firma E ab. Nach den strafgerichtlichen Feststellungen erbrachte der Kläger dadurch Dienst- und Werkleistungen für die Firma E. Die Vergütung der durch den Kläger erbrachten Leistungen erfolgte danach durch von der Firma E erstellte Schecks, die der Kläger bis November 1996 auf sein Privatkonto bei der H Bank und ab 29. November 1996 auf dem ebenfalls bei der H Bank in S auf den Namen Z. A. eingerichteten Konto einlöste. Ab dem 11. November 1999 wurden die Beträge nach den strafgerichtlichen Feststellungen auf letzteres Konto überwiesen. Insgesamt wurden in der Zeitspanne 1995 bis 2001 vom Kläger selbst oder seiner Mutter von diesen Konten 11.389.372,00 DM in jeweils knapp unter den meldepflichtigen Geldwäschebeträgen liegenden Teilbeträgen in bar abgehoben. Teilbeträge hiervon wurden vom Kläger und seiner Mutter an Herrn C. A. in bar übergeben.

45

Obwohl der Kläger nach den Feststellungen des Landgerichts unter der Firma Z im Tatzeitraum 1995 bis 2001 an die Firma E Rechnungen mit gesondertem Umsatzsteuernachweis ausstellte, führte er die eingezogene Umsatzsteuer nicht an das Finanzamt ab. Im Einzelnen ging das Landgericht von eine Gesamtsumme hinterzogener Umsatzsteuer für die Jahre 1995 bis 2001 in Höhe von 1.678.403 DM aus.

46

a. Die Feststellungen des Landgerichts sind zur Überzeugung des Senats zutreffend. Es liegen auch keine nachträglichen Erkenntnisse oder Umstände vor, die nicht bereits im Rahmen des Strafverfahrens Berücksichtigung gefunden haben. Die Feststellungen des Landgerichts werden gestützt durch die sichergestellten Beweismittel während des Strafverfahrens, die dem Senat vorliegen. So unterscheiden sich etwa die Briefköpfe der Firma Z, je nachdem, ob sie die Firma E betrafen, oder andere Rechnungsadressaten. Zudem ist aus den sichergestellten Unterlagen ersichtlich, dass die Schecks der Firma E zunächst auf dem Privatkonto des Klägers eingezahlt und später auf Intervention eines Bankmitarbeiters auf einem neu errichteten Konto der Firma Z bei der H Bank eingelöst und die Gelder später vom Kläger bzw. seiner Mutter abgehoben wurden. Die Begründung des Klägers für diesen Zahlungsweg und seine damit verbundene Einlassung, die im Wesentlichen seiner Einlassung im Rahmen des Strafverfahrens, entspricht, vermag den Senat nicht zu überzeugen. Nicht glaubhaft ist der Vortrag, dass Herr A den Kläger gebeten habe, die Schecks bei der Firma E abzuholen, da er hierfür keine Zeit gehabt hätte. Herr A bzw. seine Brüder haben unbestritten nahezu täglich bei der Firma E gearbeitet, so dass sie die Schecks ohne "Zeitverlust" entgegennehmen hätten können. Auch die Einlassung des Klägers, Herr A habe nach eigenem Vortrag keine Zeit für das Einlösen der Schecks gehabt und den Kläger daher um Einreichung bei der Bank gebeten, ist nicht nachvollziehbar. Die Firma Z unterhielt ein betriebliches Konto bei der Sparkasse in H. Dieses Konto wurde auch für die Abwicklung des regulären Geschäftsbetriebes der Firma Z genutzt (vgl. Rechnung Bl. 127 d. Beweismittelordners II). Herr A bzw. ein von ihm Bevollmächtigter hätte die Schecks daher in seinem Heimatort ohne Zeitverlust auf dem Konto gutschreiben lassen können. Es erscheint schlichtweg nicht glaubhaft, dass ein Unternehmer mit laufenden Zahlungsverpflichtungen seinen Mitarbeitern gegenüber aus Zeitgründen nicht bereit ist, die Gutschrift für geleistete Arbeiten bei der Bank vorzunehmen.

47

Die Einlassung des Klägers ist darüber hinaus nicht glaubhaft, da sie in sich nicht konsistent ist. In seiner erstmaligen Darstellung der Geschehensabläufe gegenüber dem Finanzamt vom 2. Juli 2002 führte der Kläger aus, er habe Kundenschecks für Herrn A eingelöst, hierdurch aber selbst keine wirtschaftlichen Vorteile erzielt (Bl. 223 d. PrA. 1 K 2427/05, Band I). Ausweislich den Ausführungen des Landgerichts im Urteil vom 23. September 2004 (...0 Js ...5/03) hat der Kläger sich im Rahmen der Hauptverhandlung dahingehend eingelassen, dass er Zuwendungen von 850.000 DM bis 900.000 DM von Herrn C. A. erhalten habe. Im Rahmen des finanzgerichtlichen Verfahrens gab der Kläger einen Betrag von insgesamt 754.500,00 DM an, den er als Beratungshonorar von Herrn C. A. erhalten habe. Die Zuwendungsbeträge variieren daher im Zeitverlauf von 0,00 DM bis 900.000 DM, wobei zeitnah erstellte Unterlagen, die den Vortrag des Klägers insoweit stützen, nicht vorliegen.

48

b. Der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweiserhebung wird nicht dadurch verletzt, dass sich der Senat auf die im Strafverfahren gewonnenen Erkenntnisse stützt. Zu Unrecht rügt der Kläger in der mündlichen Verhandlung insoweit einen Verstoß gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme. Dem Kläger war es unbenommen, durch entsprechende substantiierte Beweisanträge die Verwendung unmittelbarer Beweismittel anstelle des mittelbaren Beweismittels des Strafurteils sicherzustellen. Er hat jedoch weder die Vernehmung von bereits im Strafverfahren vernommenen Zeugen beantragt noch substantiiert vorgetragen, dass die Zeugenaussagen im Rahmen des durchgeführten Strafverfahren falsch waren bzw. eine erneute Vernehmung der bereits vernommenen Zeugen andere Feststellungen erwarten lassen.

49

Die Strafkammer des Landgerichts hat im Rahmen von 19 Verhandlungstagen im Jahr 2004 über 40 Zeugen vernommen, namentlich:

50

- M. M.

- R. F.

- H. H.

- K. P.

- D. S.

- M. A.

- Ö. A.

- I. S.

- H. V.

- I. P.

- E. H.

- M. K.

- E. B.

- W. K.

- K. E.

- H. S.

- K. H.

- H. K.

- E. L.

- K. R.

- J. L.

- H. H.

- A. S.

- W. S.

- G. P.

- N. G.

- R. G.

- A. K.

- H. J.

- P. D.

- D. W.

- K. G.

- L. M.

- P. S.

- H. D.

- P. S.

- D. S.

- W. K.

- H. S.

- R. W.

- G. G.

- J. W.

51

Der Kläger hat schriftsätzlich eine Vielzahl von Zeugenaussagen in der Hauptverhandlung des Landgerichts zur Stützung seiner eigenen Einlassung herangezogen (vergleiche Bl. 381 ff. d. PrA.). Er hat dabei auf Unterschiede zu den Aussagen im Rahmen der Vernehmung durch den Steuerfahnder hingewiesen und den Wahrheitsgehalt der Aussagen im Rahmen des Ermittlungsverfahrens in Frage gestellt. Den Wahrheitsgehalt der Aussagen während der Vernehmung im Rahmen der Hauptverhandlung hat er nicht substantiiert in Zweifel gezogen, sondern im Wesentlichen die Beweiswürdigung durch das Finanzamt in seiner gerichtlichen Stellungnahme. Eine erneute Vernehmung der bereits im Rahmen des Strafverfahrens vernommenen Zeugen hat der Kläger nicht in der mündlichen Verhandlung beantragt. Eine solche war zur Überzeugung des Senats auch nicht angezeigt, zumal die streitgegenständlichen Geschäfte mit der Firma E die Jahre 1995 bis 2001 betreffen und damit zwischenzeitlich zwischen 12 und 18 Jahre zurückliegen.  Es ist davon auszugehen ist, dass die Zeugen sich in der Hauptverhandlung der Strafkammer im Jahr 2004 noch besser an den Sachverhalt erinnern konnten als nunmehr nahezu zehn Jahre später.

52

Soweit der Kläger schriftsätzlich vorträgt, dass die schriftlichen Urteilsgründe für das finanzgerichtliche Verfahren "völlig unbrauchbar" seien (Bl. 388 d. PrA.), kann hierauf eine erneute Zeugenvernehmung nicht gestützt werden. Vorliegend haben der Kläger und die Staatsanwaltschaft auf die Einlegung von Rechtsmitteln gegen das Urteil verzichtet, so dass das Landgericht das Urteil in Form eines abgekürzten Urteils nach § 267 Abs. 4 StPO verfasst hat. Insofern konnte die Strafkammer auf eine umfassende Beweiswürdigung und hierbei insbesondere eine Würdigung der Zeugenaussagen verzichten. Der Einwand, dass das Urteil einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht standhalte (vgl. Bl. 388 d. PrA., Band II), ist vor diesem Hintergrund sinnentleert. Der Verzicht auf die Einlegung von Rechtsmitteln hat mithin zur Folge, dass der Kläger sich mit der Beweiswürdigung des Landgerichts nicht substantiiert auseinandersetzen konnte bzw. kann.

53

Zu berücksichtigen ist hierbei, dass der Kläger freiwillig auf ein ihm zustehenden Recht verzichtet hat. Soweit dieser Verzicht ihn im finanzgerichtlichen Verfahren hindert, substantiierte Einwendungen gegen die Beweiswürdigung vorzutragen, geht das zu seinen Lasten.

54

Letztlich kommt der Rücknahme der Revision durch den Kläger aber auch eine Indizwirkung dahingehend zu, dass die Feststellungen des Landgerichts und die Beweiswürdigung zutreffend sind. Es liegen keine schlüssigen Gründe vor, warum der Kläger die Revision nicht weiter verfolgt hat, wenn er nach eigener Darstellung wegen der angeklagten Taten freizusprechen gewesen wäre. Soweit der Kläger insoweit vorträgt, die Rücknahme der Revision sei nur erfolgt, um in den offenen Vollzug zu gelangen, ist dies nicht glaubhaft. Wäre der Kläger von seiner Unschuld überzeugt gewesen, wäre er nicht bereit gewesen, die Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Jahren ohne Überprüfung in der Revisionsinstanz zu akzeptieren.

55

Der Kläger hat auch nicht insoweit substantiierte Einwendungen gegen das rechtskräftige Strafurteil erhoben, als er sich pauschal auf seine Ausführungen im Wiederaufnahmeverfahren beruft und insoweit die Verlesung des Schriftsatzes vom 3. März 2009 im Rahmen des Beschwerdeverfahrens gegen die Verwerfung der Wiederaufnahme beim Oberlandesgericht (AZ 1 WS 4/09) in Form des Urkundsbeweises beantragt. Zum einen setzt sich der Schriftsatz vom 3. März 2009 nicht substantiiert mit dem Urteil des Landgerichts, sondern mit dem Beschluss der Strafkammer des Landgerichts vom 5. November 2008 (...4 Js ...0/08) auseinander. Der Schriftsatz war eine Beschwerdebegründung gegen die Zurückweisung des Wiederaufnahmeantrags als unzulässig. Zum anderen sind die Akten des Wiederaufnahmeverfahrens vom erkennenden Senat beigezogen worden. Eine Verlesung der im Wiederaufnahmeverfahren ergangenen Schriftsätze war nicht angezeigt; sie sind Gegenstand des Verfahrens. Es handelt sich bei dem Schriftsatz zudem um bloßen Parteivortrag; der Kläger war in keinster Weise gehindert, seinen damaligen Vortrag in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zu wiederholen. Die vom Kläger erhobene Beschwerde gegen die Verwerfung des Wiederaufnahmeverfahrens ist mit Beschluss des Oberlandesgerichts als unbegründet verworfen worden. Eine substantiierte Auseinandersetzung mit den Gründen des Oberlandesgerichts ist durch den Kläger nicht vorgenommen worden. Im Übrigen kann das Wiederaufnahmeverfahren nicht als Ersatz für die vom Kläger nicht weiterbetriebene Revision verstanden werden.

56

3. Die in der mündlichen Verhandlung vom Kläger beantragte Vernehmung der Zeugen

57

- Ö. A.

- H. M.

- A. G.

- M. M.

- J. S.

- R. K.

- H. L.

58

war abzulehnen. Wie bereits im Strafverfahren und im Verfahren des 1. Senats des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz im Verfahren 1 K 2427/05 können die unter Beweis gestellten Tatsachen durch Vernehmung der Zeugen M., G., M., S. und K. als wahr unterstellt werden, ohne dass sich die rechtliche Beurteilung des Falls ändert. Der Senat ist der Überzeugung, dass die entsprechenden Aussagen des C. A. dazu gedient haben, die Betriebsinhaberschaft zu verschleiern. Zudem hat C. A. selbst aktiv an den Aufträgen des Klägers mit der Firma E mitgearbeitet, so dass er tatsächlich dort auch tätig war. Im Übrigen handelt es sich bei den benannten Zeugen um Personen, denen Herr C. A. etwas erzählt oder geschildert haben soll, die jedoch nicht die vom Kläger für die Firma Z durchgeführten Tätigkeiten aus eigener Wahrnehmung bekunden können.

59

Ebenfalls als wahr unterstellt werden kann der unter Beweis gestellte Umstand durch Vernehmung des Herrn H. L., dass die Firma Z im Jahr 1999 für die E-Aufträge Bürocontainer von der Firma T GmbH angemietet hat, in denen ein Teil der Mitarbeiter der Firma Z untergebracht waren. Herr A., seine Brüder und weitere Arbeiter waren unstreitig in die Abwicklung der Aufträge für die Firma E eingebunden. Die Unterbringung vor Ort ändert ebenso wenig an der Tatsache, dass der Kläger der eigentliche Auftragnehmer war und sich nur des Namens der Firma Z bediente, wie der Umstand, dass C. A. Ansprechpartner für Herrn L war. Es ist aktenkundig, dass Herr C. A. selbst aktiv in der Auftragsabwicklung der Firma E eingebunden war.

60

Weiterhin kann als wahr behandelt werden, dass der vom Kläger benannte Zeuge Ö. A. Bußgelder und Geldstrafen im Zusammenhang mit der Firma E beglichen hat. Entsprechende Bußgeldbescheide und das Urteil des Amtsgericht H vom 18. Juli 2002 befinden sich in den Akten. Die formale Bezahlung durch Herrn Ö. A. war zur Verschleierung der tatsächlichen Abläufe auch notwendig. Auch kann als wahr unterstellt werden, dass Herr Ö. A. Arbeitnehmer der Firma Z eingestellt und angewiesen hat. Dies steht nicht im Widerspruch zu den hiesigen Feststellung, da die Firma Z unstreitig auch unabhängig vom Kläger Aufträge durchführte und hierfür auf Personal zurückgreifen musste. Zudem waren die Brüder A selbst z.B. als Kolonnenführer mit der Erfüllung der Aufträge der Firma E befasst.

III.

61

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. Gründe für die Zulassung der Revision sind nach § 115 Abs. 2 FGO nicht ersichtlich.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen. Die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Sie haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben und sich auf Anforderung des Gerichts zu den von den anderen Beteiligten vorgebrachten Tatsachen zu erklären. § 90 Abs. 2, § 93 Abs. 3 Satz 2, § 97, §§ 99, 100 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, dass Formfehler beseitigt, sachdienliche Anträge gestellt, unklare Anträge erläutert, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(3) Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der von der Finanzbehörde nach § 364b Abs. 1 der Abgabenordnung gesetzten Frist im Einspruchsverfahren oder im finanzgerichtlichen Verfahren vorgebracht werden, kann das Gericht zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden. § 79b Abs. 3 gilt entsprechend.

(4) Die Verpflichtung der Finanzbehörde zur Ermittlung des Sachverhalts (§§ 88, 89 Abs. 1 der Abgabenordnung) wird durch das finanzgerichtliche Verfahren nicht berührt.

(1) Die Beteiligten und andere Personen haben der Finanzbehörde die zur Feststellung eines für die Besteuerung erheblichen Sachverhalts erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Dies gilt auch für nicht rechtsfähige Vereinigungen, Vermögensmassen, Behörden und Betriebe gewerblicher Art der Körperschaften des öffentlichen Rechts. Andere Personen als die Beteiligten sollen erst dann zur Auskunft angehalten werden, wenn die Sachverhaltsaufklärung durch die Beteiligten nicht zum Ziel führt oder keinen Erfolg verspricht.

(1a) Die Finanzbehörde darf an andere Personen als die Beteiligten Auskunftsersuchen über eine ihr noch unbekannte Anzahl von Sachverhalten mit dem Grunde nach bestimmbaren, ihr noch nicht bekannten Personen stellen (Sammelauskunftsersuchen). Voraussetzung für ein Sammelauskunftsersuchen ist, dass ein hinreichender Anlass für die Ermittlungen besteht und andere zumutbare Maßnahmen zur Sachverhaltsaufklärung keinen Erfolg versprechen. Absatz 1 Satz 3 ist nicht anzuwenden.

(2) In dem Auskunftsersuchen ist anzugeben, worüber Auskünfte erteilt werden sollen und ob die Auskunft für die Besteuerung des Auskunftspflichtigen oder für die Besteuerung anderer Personen angefordert wird. Auskunftsersuchen haben auf Verlangen des Auskunftspflichtigen schriftlich zu ergehen.

(3) Die Auskünfte sind wahrheitsgemäß nach bestem Wissen und Gewissen zu erteilen. Auskunftspflichtige, die nicht aus dem Gedächtnis Auskunft geben können, haben Bücher, Aufzeichnungen, Geschäftspapiere und andere Urkunden, die ihnen zur Verfügung stehen, einzusehen und, soweit nötig, Aufzeichnungen daraus zu entnehmen.

(4) Der Auskunftspflichtige kann die Auskunft schriftlich, elektronisch, mündlich oder fernmündlich erteilen. Die Finanzbehörde kann verlangen, dass der Auskunftspflichtige schriftlich Auskunft erteilt, wenn dies sachdienlich ist.

(5) Die Finanzbehörde kann anordnen, dass der Auskunftspflichtige eine mündliche Auskunft an Amtsstelle erteilt. Hierzu ist sie insbesondere dann befugt, wenn trotz Aufforderung eine schriftliche Auskunft nicht erteilt worden ist oder eine schriftliche Auskunft nicht zu einer Klärung des Sachverhalts geführt hat. Absatz 2 Satz 1 gilt entsprechend.

(6) Auf Antrag des Auskunftspflichtigen ist über die mündliche Auskunft an Amtsstelle eine Niederschrift aufzunehmen. Die Niederschrift soll den Namen der anwesenden Personen, den Ort, den Tag und den wesentlichen Inhalt der Auskunft enthalten. Sie soll von dem Amtsträger, dem die mündliche Auskunft erteilt wird, und dem Auskunftspflichtigen unterschrieben werden. Den Beteiligten ist eine Abschrift der Niederschrift zu überlassen.

(7) Ein automatisierter Abruf von Kontoinformationen nach § 93b ist nur zulässig, soweit

1.
der Steuerpflichtige eine Steuerfestsetzung nach § 32d Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes beantragt oder
2.
(weggefallen)
und der Abruf in diesen Fällen zur Festsetzung der Einkommensteuer erforderlich ist oder er erforderlich ist
3.
zur Feststellung von Einkünften nach den §§ 20 und 23 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes in Veranlagungszeiträumen bis einschließlich des Jahres 2008 oder
4.
zur Erhebung von bundesgesetzlich geregelten Steuern oder Rückforderungsansprüchen bundesgesetzlich geregelter Steuererstattungen und Steuervergütungen oder
4a.
zur Ermittlung, in welchen Fällen ein inländischer Steuerpflichtiger im Sinne des § 138 Absatz 2 Satz 1 Verfügungsberechtigter oder wirtschaftlich Berechtigter im Sinne des Geldwäschegesetzes eines Kontos oder Depots einer natürlichen Person, Personengesellschaft, Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse mit Wohnsitz, gewöhnlichem Aufenthalt, Sitz, Hauptniederlassung oder Geschäftsleitung außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes ist, oder
4b.
zur Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen in den Fällen des § 208 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3
4c.
zur Durchführung der Amtshilfe für andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union nach § 3a des EU-Amtshilfegesetzes oder
oder
5.
der Steuerpflichtige zustimmt oder die von ihm oder eine für ihn nach § 139b Absatz 10 Satz 1 an das Bundeszentralamt für Steuern übermittelte Kontoverbindung verifiziert werden soll.
In diesen Fällen darf die Finanzbehörde oder in den Fällen des § 1 Abs. 2 die Gemeinde das Bundeszentralamt für Steuern ersuchen, bei den Kreditinstituten einzelne Daten aus den nach § 93b Absatz 1 und 1a zu führenden Dateisystemen abzurufen; in den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 4b darf ein Abrufersuchen nur dann erfolgen, wenn ein Auskunftsersuchen an den Steuerpflichtigen nicht zum Ziel geführt hat oder keinen Erfolg verspricht.

(8) Das Bundeszentralamt für Steuern erteilt auf Ersuchen Auskunft über die in § 93b Absatz 1 und 1a bezeichneten Daten, ausgenommen die Identifikationsnummer nach § 139b,

1.
den für die Verwaltung
a)
der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch,
b)
der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch,
c)
der Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz,
d)
der Aufstiegsfortbildungsförderung nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz,
e)
des Wohngeldes nach dem Wohngeldgesetz,
f)
der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und
g)
des Zuschlags an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch
zuständigen Behörden, soweit dies zur Überprüfung des Vorliegens der Anspruchsvoraussetzungen erforderlich ist und ein vorheriges Auskunftsersuchen an die betroffene Person nicht zum Ziel geführt hat oder keinen Erfolg verspricht;
2.
den Polizeivollzugsbehörden des Bundes und der Länder, soweit dies zur Abwehr einer erheblichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit erforderlich ist, und
3.
den Verfassungsschutzbehörden der Länder, soweit dies für ihre Aufgabenerfüllung erforderlich ist und durch Landesgesetz ausdrücklich zugelassen ist.
Die für die Vollstreckung nach dem Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz und nach den Verwaltungsvollstreckungsgesetzen der Länder zuständigen Behörden dürfen zur Durchführung der Vollstreckung das Bundeszentralamt für Steuern ersuchen, bei den Kreditinstituten die in § 93b Absatz 1 und 1a bezeichneten Daten, ausgenommen die Identifikationsnummer nach § 139b, abzurufen, wenn
1.
die Ladung zu dem Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft an den Vollstreckungsschuldner nicht zustellbar ist und
a)
die Anschrift, unter der die Zustellung ausgeführt werden sollte, mit der Anschrift übereinstimmt, die von einer der in § 755 Absatz 1 und 2 der Zivilprozessordnung genannten Stellen innerhalb von drei Monaten vor oder nach dem Zustellungsversuch mitgeteilt wurde, oder
b)
die Meldebehörde nach dem Zustellungsversuch die Auskunft erteilt, dass ihr keine derzeitige Anschrift des Vollstreckungsschuldners bekannt ist, oder
c)
die Meldebehörde innerhalb von drei Monaten vor Erlass der Vollstreckungsanordnung die Auskunft erteilt hat, dass ihr keine derzeitige Anschrift des Vollstreckungsschuldners bekannt ist;
2.
der Vollstreckungsschuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft in dem dem Ersuchen zugrundeliegenden Vollstreckungsverfahren nicht nachkommt oder
3.
bei einer Vollstreckung in die in der Vermögensauskunft aufgeführten Vermögensgegenstände eine vollständige Befriedigung der Forderung nicht zu erwarten ist.
Für andere Zwecke ist ein Abrufersuchen an das Bundeszentralamt für Steuern hinsichtlich der in § 93b Absatz 1 und 1a bezeichneten Daten, ausgenommen die Identifikationsnummer nach § 139b, nur zulässig, soweit dies durch ein Bundesgesetz ausdrücklich zugelassen ist.

(8a) Kontenabrufersuchen an das Bundeszentralamt für Steuern sind nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz über die amtlich bestimmten Schnittstellen zu übermitteln; § 87a Absatz 6 und § 87b Absatz 1 und 2 gelten entsprechend. Das Bundeszentralamt für Steuern kann Ausnahmen von der elektronischen Übermittlung zulassen. Das Bundeszentralamt für Steuern soll der ersuchenden Stelle die Ergebnisse des Kontenabrufs elektronisch übermitteln; § 87a Absatz 7 und 8 gilt entsprechend.

(9) Vor einem Abrufersuchen nach Absatz 7 oder Absatz 8 ist die betroffene Person auf die Möglichkeit eines Kontenabrufs hinzuweisen; dies kann auch durch ausdrücklichen Hinweis in amtlichen Vordrucken und Merkblättern geschehen. Nach Durchführung eines Kontenabrufs ist die betroffene Person vom Ersuchenden über die Durchführung zu benachrichtigen. Ein Hinweis nach Satz 1 erster Halbsatz und eine Benachrichtigung nach Satz 2 unterbleiben, soweit die Voraussetzungen des § 32b Absatz 1 vorliegen oder die Information der betroffenen Person gesetzlich ausgeschlossen ist. § 32c Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden. In den Fällen des Absatzes 8 gilt Satz 4 entsprechend, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Die Sätze 1 und 2 sind nicht anzuwenden in den Fällen des Absatzes 8 Satz 1 Nummer 2 oder 3 oder soweit dies bundesgesetzlich ausdrücklich bestimmt ist.

(10) Ein Abrufersuchen nach Absatz 7 oder Absatz 8 und dessen Ergebnis sind vom Ersuchenden zu dokumentieren.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen. Die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Sie haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben und sich auf Anforderung des Gerichts zu den von den anderen Beteiligten vorgebrachten Tatsachen zu erklären. § 90 Abs. 2, § 93 Abs. 3 Satz 2, § 97, §§ 99, 100 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, dass Formfehler beseitigt, sachdienliche Anträge gestellt, unklare Anträge erläutert, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(3) Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der von der Finanzbehörde nach § 364b Abs. 1 der Abgabenordnung gesetzten Frist im Einspruchsverfahren oder im finanzgerichtlichen Verfahren vorgebracht werden, kann das Gericht zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden. § 79b Abs. 3 gilt entsprechend.

(4) Die Verpflichtung der Finanzbehörde zur Ermittlung des Sachverhalts (§§ 88, 89 Abs. 1 der Abgabenordnung) wird durch das finanzgerichtliche Verfahren nicht berührt.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die §§ 158, 160, 162 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen. Die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Sie haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben und sich auf Anforderung des Gerichts zu den von den anderen Beteiligten vorgebrachten Tatsachen zu erklären. § 90 Abs. 2, § 93 Abs. 3 Satz 2, § 97, §§ 99, 100 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, dass Formfehler beseitigt, sachdienliche Anträge gestellt, unklare Anträge erläutert, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(3) Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf der von der Finanzbehörde nach § 364b Abs. 1 der Abgabenordnung gesetzten Frist im Einspruchsverfahren oder im finanzgerichtlichen Verfahren vorgebracht werden, kann das Gericht zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden. § 79b Abs. 3 gilt entsprechend.

(4) Die Verpflichtung der Finanzbehörde zur Ermittlung des Sachverhalts (§§ 88, 89 Abs. 1 der Abgabenordnung) wird durch das finanzgerichtliche Verfahren nicht berührt.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die §§ 158, 160, 162 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 verletzt. Das Gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen nach § 158 Absatz 2 nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen und der Steuerpflichtige die Zustimmung nach § 93 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 nicht erteilt. Hat der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb verletzt, so wird widerlegbar vermutet, dass in Deutschland steuerpflichtige Einkünfte in Bezug zu Staaten oder Gebieten im Sinne des § 3 Absatz 1 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb

1.
bisher nicht erklärt wurden, tatsächlich aber vorhanden sind, oder
2.
bisher zwar erklärt wurden, tatsächlich aber höher sind als erklärt.

(3) Verletzt ein Steuerpflichtiger seine Mitwirkungspflichten nach § 90 Absatz 3 dadurch, dass er keine Aufzeichnungen über einen Geschäftsvorfall vorlegt, oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar oder wird festgestellt, dass der Steuerpflichtige Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 Satz 5 nicht zeitnah erstellt hat, so wird widerlegbar vermutet, dass seine im Inland steuerpflichtigen Einkünfte, zu deren Ermittlung die Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 dienen, höher als die von ihm erklärten Einkünfte sind. Hat in solchen Fällen die Finanzbehörde eine Schätzung vorzunehmen und können diese Einkünfte nur innerhalb eines bestimmten Rahmens, insbesondere nur auf Grund von Preisspannen bestimmt werden, kann dieser Rahmen zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgeschöpft werden. Bestehen trotz Vorlage verwertbarer Aufzeichnungen durch den Steuerpflichtigen Anhaltspunkte dafür, dass seine Einkünfte bei Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes höher wären als die auf Grund der Aufzeichnungen erklärten Einkünfte, und können entsprechende Zweifel deswegen nicht aufgeklärt werden, weil eine ausländische, nahe stehende Person ihre Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 oder ihre Auskunftspflichten nach § 93 Abs. 1 nicht erfüllt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden.

(4) Legt ein Steuerpflichtiger über einen Geschäftsvorfall keine Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 vor oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar, ist ein Zuschlag von 5 000 Euro festzusetzen. Der Zuschlag beträgt mindestens 5 Prozent und höchstens 10 Prozent des Mehrbetrags der Einkünfte, der sich nach einer Berichtigung auf Grund der Anwendung des Absatzes 3 ergibt, wenn sich danach ein Zuschlag von mehr als 5 000 Euro ergibt. Der Zuschlag ist regelmäßig nach Abschluss der Außenprüfung festzusetzen. Bei verspäteter Vorlage von verwertbaren Aufzeichnungen beträgt der Zuschlag bis zu 1 000 000 Euro, mindestens jedoch 100 Euro für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung; er kann für volle Wochen und Monate der verspäteten Vorlage in Teilbeträgen festgesetzt werden. Soweit den Finanzbehörden Ermessen hinsichtlich der Höhe des jeweiligen Zuschlags eingeräumt ist, sind neben dem Zweck dieses Zuschlags, den Steuerpflichtigen zur Erstellung und fristgerechten Vorlage der Aufzeichnungen nach § 90 Absatz 3 anzuhalten, insbesondere die von ihm gezogenen Vorteile und bei verspäteter Vorlage auch die Dauer der Fristüberschreitung zu berücksichtigen. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Pflichten nach § 90 Abs. 3 entschuldbar erscheint oder ein Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen steht dem eigenen Verschulden gleich.

(4a) Verletzt der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Steueroasen-Abwehrgesetzes, ist Absatz 4 entsprechend anzuwenden. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Mitwirkungspflichten entschuldbar erscheint oder das Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen ist dem Steuerpflichtigen zuzurechnen.

(5) In den Fällen des § 155 Abs. 2 können die in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; die §§ 158, 160, 162 der Abgabenordnung gelten sinngemäß. Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 verletzt. Das Gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen nach § 158 Absatz 2 nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen und der Steuerpflichtige die Zustimmung nach § 93 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 nicht erteilt. Hat der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb verletzt, so wird widerlegbar vermutet, dass in Deutschland steuerpflichtige Einkünfte in Bezug zu Staaten oder Gebieten im Sinne des § 3 Absatz 1 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb

1.
bisher nicht erklärt wurden, tatsächlich aber vorhanden sind, oder
2.
bisher zwar erklärt wurden, tatsächlich aber höher sind als erklärt.

(3) Verletzt ein Steuerpflichtiger seine Mitwirkungspflichten nach § 90 Absatz 3 dadurch, dass er keine Aufzeichnungen über einen Geschäftsvorfall vorlegt, oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar oder wird festgestellt, dass der Steuerpflichtige Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 Satz 5 nicht zeitnah erstellt hat, so wird widerlegbar vermutet, dass seine im Inland steuerpflichtigen Einkünfte, zu deren Ermittlung die Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 dienen, höher als die von ihm erklärten Einkünfte sind. Hat in solchen Fällen die Finanzbehörde eine Schätzung vorzunehmen und können diese Einkünfte nur innerhalb eines bestimmten Rahmens, insbesondere nur auf Grund von Preisspannen bestimmt werden, kann dieser Rahmen zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgeschöpft werden. Bestehen trotz Vorlage verwertbarer Aufzeichnungen durch den Steuerpflichtigen Anhaltspunkte dafür, dass seine Einkünfte bei Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes höher wären als die auf Grund der Aufzeichnungen erklärten Einkünfte, und können entsprechende Zweifel deswegen nicht aufgeklärt werden, weil eine ausländische, nahe stehende Person ihre Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 oder ihre Auskunftspflichten nach § 93 Abs. 1 nicht erfüllt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden.

(4) Legt ein Steuerpflichtiger über einen Geschäftsvorfall keine Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 vor oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar, ist ein Zuschlag von 5 000 Euro festzusetzen. Der Zuschlag beträgt mindestens 5 Prozent und höchstens 10 Prozent des Mehrbetrags der Einkünfte, der sich nach einer Berichtigung auf Grund der Anwendung des Absatzes 3 ergibt, wenn sich danach ein Zuschlag von mehr als 5 000 Euro ergibt. Der Zuschlag ist regelmäßig nach Abschluss der Außenprüfung festzusetzen. Bei verspäteter Vorlage von verwertbaren Aufzeichnungen beträgt der Zuschlag bis zu 1 000 000 Euro, mindestens jedoch 100 Euro für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung; er kann für volle Wochen und Monate der verspäteten Vorlage in Teilbeträgen festgesetzt werden. Soweit den Finanzbehörden Ermessen hinsichtlich der Höhe des jeweiligen Zuschlags eingeräumt ist, sind neben dem Zweck dieses Zuschlags, den Steuerpflichtigen zur Erstellung und fristgerechten Vorlage der Aufzeichnungen nach § 90 Absatz 3 anzuhalten, insbesondere die von ihm gezogenen Vorteile und bei verspäteter Vorlage auch die Dauer der Fristüberschreitung zu berücksichtigen. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Pflichten nach § 90 Abs. 3 entschuldbar erscheint oder ein Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen steht dem eigenen Verschulden gleich.

(4a) Verletzt der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Steueroasen-Abwehrgesetzes, ist Absatz 4 entsprechend anzuwenden. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Mitwirkungspflichten entschuldbar erscheint oder das Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen ist dem Steuerpflichtigen zuzurechnen.

(5) In den Fällen des § 155 Abs. 2 können die in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden.

Ist eine Urkunde von einer Partei in der Absicht, ihre Benutzung dem Gegner zu entziehen, beseitigt oder zur Benutzung untauglich gemacht, so können die Behauptungen des Gegners über die Beschaffenheit und den Inhalt der Urkunde als bewiesen angesehen werden.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und, soweit die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten es nicht ausschließen, die Zivilprozessordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a sinngemäß anzuwenden; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts und des Bundesgerichtshofs der Bundesfinanzhof und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Finanzgerichtsordnung tritt; die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug sind entsprechend anzuwenden.

Das einzelne Zwangsgeld darf 25.000 Euro nicht übersteigen.

(1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze:

1.
die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Die Steuerbarkeit entfällt nicht, wenn der Umsatz auf Grund gesetzlicher oder behördlicher Anordnung ausgeführt wird oder nach gesetzlicher Vorschrift als ausgeführt gilt;
2.
(weggefallen)
3.
(weggefallen)
4.
die Einfuhr von Gegenständen im Inland oder in den österreichischen Gebieten Jungholz und Mittelberg (Einfuhrumsatzsteuer);
5.
der innergemeinschaftliche Erwerb im Inland gegen Entgelt.

(1a) Die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen unterliegen nicht der Umsatzsteuer. Eine Geschäftsveräußerung liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. Der erwerbende Unternehmer tritt an die Stelle des Veräußerers.

(2) Inland im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme des Gebiets von Büsingen, der Insel Helgoland, der Freizonen im Sinne des Artikels 243 des Zollkodex der Union (Freihäfen), der Gewässer und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie sowie der deutschen Schiffe und der deutschen Luftfahrzeuge in Gebieten, die zu keinem Zollgebiet gehören. Ausland im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet, das danach nicht Inland ist. Wird ein Umsatz im Inland ausgeführt, so kommt es für die Besteuerung nicht darauf an, ob der Unternehmer deutscher Staatsangehöriger ist, seinen Wohnsitz oder Sitz im Inland hat, im Inland eine Betriebsstätte unterhält, die Rechnung erteilt oder die Zahlung empfängt. Zollkodex der Union bezeichnet die Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (ABl. L 269 vom 10.10.2013, S. 1; L 287 vom 20.10.2013, S. 90) in der jeweils geltenden Fassung.

(2a) Das Gemeinschaftsgebiet im Sinne dieses Gesetzes umfasst das Inland im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 und die Gebiete der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die nach dem Gemeinschaftsrecht als Inland dieser Mitgliedstaaten gelten (übriges Gemeinschaftsgebiet). Das Fürstentum Monaco gilt als Gebiet der Französischen Republik; die Insel Man gilt als Gebiet des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland. Drittlandsgebiet im Sinne dieses Gesetzes ist das Gebiet, das nicht Gemeinschaftsgebiet ist.

(3) Folgende Umsätze, die in den Freihäfen und in den Gewässern und Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie bewirkt werden, sind wie Umsätze im Inland zu behandeln:

1.
die Lieferungen und die innergemeinschaftlichen Erwerbe von Gegenständen, die zum Gebrauch oder Verbrauch in den bezeichneten Gebieten oder zur Ausrüstung oder Versorgung eines Beförderungsmittels bestimmt sind, wenn die Gegenstände
a)
nicht für das Unternehmen des Abnehmers erworben werden, oder
b)
vom Abnehmer ausschließlich oder zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden;
2.
die sonstigen Leistungen, die
a)
nicht für das Unternehmen des Leistungsempfängers ausgeführt werden, oder
b)
vom Leistungsempfänger ausschließlich oder zum Teil für eine nach § 4 Nummer 8 bis 27 und 29 steuerfreie Tätigkeit verwendet werden;
3.
die Lieferungen im Sinne des § 3 Abs. 1b und die sonstigen Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9a;
4.
die Lieferungen von Gegenständen, die sich im Zeitpunkt der Lieferung
a)
in einem zollamtlich bewilligten Freihafen-Veredelungsverkehr oder in einer zollamtlich besonders zugelassenen Freihafenlagerung oder
b)
einfuhrumsatzsteuerrechtlich im freien Verkehr befinden;
5.
die sonstigen Leistungen, die im Rahmen eines Veredelungsverkehrs oder einer Lagerung im Sinne der Nummer 4 Buchstabe a ausgeführt werden;
6.
(weggefallen)
7.
der innergemeinschaftliche Erwerb eines neuen Fahrzeugs durch die in § 1a Abs. 3 und § 1b Abs. 1 genannten Erwerber.
Lieferungen und sonstige Leistungen an juristische Personen des öffentlichen Rechts sowie deren innergemeinschaftlicher Erwerb in den bezeichneten Gebieten sind als Umsätze im Sinne der Nummern 1 und 2 anzusehen, soweit der Unternehmer nicht anhand von Aufzeichnungen und Belegen das Gegenteil glaubhaft macht.

(1) Die Einfuhrumsatzsteuer ist eine Verbrauchsteuer im Sinne der Abgabenordnung.

(2) Für die Einfuhrumsatzsteuer gelten die Vorschriften für Zölle sinngemäß; ausgenommen sind die Vorschriften über den passiven Veredelungsverkehr.

(2a) Abfertigungsplätze im Ausland, auf denen dazu befugte deutsche Zollbedienstete Amtshandlungen nach Absatz 2 vornehmen, gehören insoweit zum Inland. Das Gleiche gilt für ihre Verbindungswege mit dem Inland, soweit auf ihnen einzuführende Gegenstände befördert werden.

(3) Die Zahlung der Einfuhrumsatzsteuer kann ohne Sicherheitsleistung aufgeschoben werden, wenn die zu entrichtende Steuer nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 in voller Höhe als Vorsteuer abgezogen werden kann.

(3a) Einfuhrumsatzsteuer, für die ein Zahlungsaufschub gemäß Artikel 110 Buchstabe b oder c der Verordnung (EU) Nr. 952/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Oktober 2013 zur Festlegung des Zollkodex der Union (Unionszollkodex) bewilligt ist, ist abweichend von den zollrechtlichen Vorschriften am 26. des zweiten auf den betreffenden Monat folgenden Kalendermonats fällig.

(4) Entsteht für den eingeführten Gegenstand nach dem Zeitpunkt des Entstehens der Einfuhrumsatzsteuer eine Zollschuld oder eine Verbrauchsteuer oder wird für den eingeführten Gegenstand nach diesem Zeitpunkt eine Verbrauchsteuer unbedingt, so entsteht gleichzeitig eine weitere Einfuhrumsatzsteuer. Das gilt auch, wenn der Gegenstand nach dem in Satz 1 bezeichneten Zeitpunkt bearbeitet oder verarbeitet worden ist. Bemessungsgrundlage ist die entstandene Zollschuld oder die entstandene oder unbedingt gewordene Verbrauchsteuer. Steuerschuldner ist, wer den Zoll oder die Verbrauchsteuer zu entrichten hat. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht, wenn derjenige, der den Zoll oder die Verbrauchsteuer zu entrichten hat, hinsichtlich des eingeführten Gegenstands nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.

(5) Die Absätze 2 bis 4 gelten entsprechend für Gegenstände, die nicht Waren im Sinne des Zollrechts sind und für die keine Zollvorschriften bestehen.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so gilt für die Zwangsvollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung sinngemäß; § 150 bleibt unberührt. Vollstreckungsgericht ist das Finanzgericht.

(2) Vollstreckt wird

1.
aus rechtskräftigen und aus vorläufig vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidungen,
2.
aus einstweiligen Anordnungen,
3.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen.

(3) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(4) Für die Vollstreckung können den Beteiligten auf ihren Antrag Ausfertigungen des Urteils ohne Tatbestand und ohne Entscheidungsgründe erteilt werden, deren Zustellung in den Wirkungen der Zustellung eines vollständigen Urteils gleichsteht.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.