Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 21. Feb. 2011 - 5 K 2680/09

ECLI:ECLI:DE:FGRLP:2011:0221.5K2680.09.0A
bei uns veröffentlicht am21.02.2011


Tenor

I. Der Bescheid des Beklagten vom 30. Januar 2009 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 25. November 2009 werden aufgehoben und der Beklagte wird verpflichtet, über den Antrag auf Änderung des Einkommensteuerbescheides für 2007 vom 23. Juli 2008 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

II. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten zu Gunsten der Klägerin vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen den Einkommensteuerbescheid des Beklagten für 2007 vom 23. Juli 2008.

2

Die Klägerin und ihr Ehemann, Herr T. G., werden für das Streitjahr 2007 gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt.

3

Mit Beschluss des Amtsgerichts – Insolvenzgericht – vom 30. April 2007 wurde Herr D beauftragt, ein Gutachten zu erstellen, ob dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Ehemannes der Klägerin stattzugeben und das Insolvenzverfahren zu eröffnen sei. In seinem Gutachten vom 29. Mai 2007 (Bl. 10 – 18 der Einkommensteuerakte 2007) kam er zu dem Ergebnis, dass bei dem Ehemann der Klägerin der Insolvenztatbestand der Zahlungsunfähigkeit gegeben sei und dass dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stattzugeben und das Insolvenzverfahren zu eröffnen sei. Das Gutachten enthält u. a. auch Ausführungen zu Verträgen zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann aus dem Jahr 2003 (Wohnungseinrichtung, 3 Grundstücke in K) und über die Veräußerung einer Eigentumswohnung der Klägerin im Januar 2004 (an Herrn W) und die Veräußerung einer weiteren Eigentumswohnung der Klägerin im März 2007 (an Herrn P. N.).

4

Über das Vermögen des Ehemannes der Klägerin wurde sodann am 7. April 2008 das Insolvenzverfahren eröffnet. Als Insolvenzverwalter wurde Herr Rechtsanwalt K bestimmt.

5

Mit Schreiben vom 17. April 2008 (Bl. 2 f. der Einkommensteuerakte 2007) forderte der Beklagte den Insolvenzverwalter (u.a.) auf, bis spätestens 30. Mai 2008 die Einkommensteuererklärung für 2007 - unter der Steuernummer des Schuldners - abzugeben.

6

Die Klägerin und/oder ihr Ehemann erhielt(en) keine Aufforderung zur Abgabe der Einkommensteuererklärung.

7

Mit Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 23. Juli 2008, der an die Klägerin adressiert war und „für Herrn und Frau T. und U. G.“ erging, wurde die Einkommensteuer auf 11.432 € festgesetzt. Als Besteuerungsgrundlagen wurden Einkünfte des Ehemannes der Klägerin aus Gewerbebetrieb in Höhe von 10.000 €, Einkünfte der Klägerin aus nicht selbständiger Arbeit in Höhe von insgesamt 50.647 € und Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften der Klägerin (Grundstücksverkauf an Herrn P. N.) in Höhe von 100.000 € in Ansatz gebracht. In den Erläuterungen wurde Folgendes ausgeführt:

8

„Das Finanzamt hat die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 162 der Abgabenordnung geschätzt, weil Sie trotz Aufforderung bisher keine Steuererklärung/Steueranmeldung abgegeben haben. Reichen Sie bitte Ihre Steuererklärungen/Steueranmeldung unverzüglich nach, denn die Schätzung befreit Sie nicht von Ihrer Erklärungs-/Anmeldungspflicht. Trotz der Schätzung kann eine Steuerstraftat/Steuerordnungswidrigkeit vorliegen. In diesem Fall kann möglicherweise Straffreiheit/Bußgeldfreiheit erlangt werden, wenn eine Steuererklärung/Steueranmeldung nachgereicht wird und die sich hieraus ergebenden Mehrsteuern fristgerecht entrichtet werden. Eine Änderung dieses Bescheides zu Ihren Gunsten ist nur unter bestimmten verfahrensrechtlichen Voraussetzungen, insbesondere nach Einlegung eines Rechtsbehelfs möglich. (...)„

9

Handschriftlich enthält die Aktenausfertigung des Bescheids nach den Erläuterungen noch folgenden Zusatz:

10

„Sie schulden die nach diesem Bescheid zu entrichtenden Beträge gemeinsam mit ihrem  Ehegatten. Für ihren Ehegatten wurde eine Steuerberechnung erteilt.“

11

Die genannte „Steuerberechnung“ befindet sich auf Bl. 25 f. der Einkommensteuerakte für 2007, und zwar wurde der der Klägerin bekannt gegebene Einkommensteuerbescheid wie folgt abgeändert:

12

Das Wort „Bescheid“ wurde durchgestrichen und durch das Wort „Steuerberechnung“ ersetzt, die Worte „festgesetzt werden“ wurden ebenfalls durchgestrichen und durch das Wort „Betrag“ ersetzt, die Worte „bitte zahlen Sie spätestens am 28.08.08“ sind ebenfalls durchgestrichen und in den Erläuterungen wird handschriftlich ausgeführt:

13

„es handelt sich nicht um eine Steuerfestsetzung, sondern Steuerberechnung die Grundlage für die Anmeldung zur Tabelle ist“.

14

Adressiert ist die „Steuerberechnung“ an Herrn K „als Vertreter im Insolvenzverfahren G“.

15

Am 29. Juli 2008 ging bei dem Beklagten die – nicht mit einer elektronischen Signatur versehene – von Herrn Steuerberater T elektronisch übermittelte Einkommensteuererklärung der Klägerin und ihres Ehemannes für 2007 ein (das Eingangsdatum hat der Beklagte im Klageverfahren bestätigt, Blatt 66 GA).

16

Mit Schreiben vom 15. September 2008, beim Beklagten eingegangen am 22. September 2008, teilte der Insolvenzverwalter Herr K mit, er übersende in der Anlage die von Herrn Steuerberater T erstellte Einkommensteuererklärung für die Eheleute G für 2007. Wie dem – als Anlage beigefügten – komprimierten Ausdruck der Einkommensteuererklärung für 2007 zu entnehmen ist, wurde sie bereits am 4. August 2008 von der Klägerin, ihrem Ehemann und dem Insolvenzverwalter unterzeichnet.

17

Mit Schreiben vom 30. Januar 2009, gerichtet an Herrn Steuerberater T und mit der Überschrift „Ablehnungsbescheid für die Einkommensteuererklärung 2007“ teilte der Beklagte mit, dass „die von Ihnen am 22.09.2008 eingereichte Einkommensteuererklärung 2007 der o. a. Steuerpflichtigen (...) hiermit abgelehnt“ werde. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Steuerfestsetzung sei ohne Nebenbestimmung nach § 120 AO am 23. Juli 2008 ergangen. Eine Änderung könne somit nur im Rahmen der Korrekturvorschriften nach den §§ 172 ff. der Abgabenordnung erfolgen. Eine Korrektur nach § 172 AO komme hier nicht in Betracht, da der Antrag zu Gunsten (Abgabe der Steuererklärung) außerhalb der Rechtsbehelfsfrist gestellt worden sei. Der Bescheid vom 23. Juli 2008 sei am 23. Juli 2008 zur Post aufgegeben worden. Nach den §§ 108 Abs. 3, 122 Abs. 1 Nr. 2 AO gelte er - da der dritte Tag nach Aufgabe zur Post ein Samstag gewesen sei - als am Montag, den 28. Juli 2008 als bekannt gegeben. Die einmonatige Einspruchsfrist habe somit am Donnerstag, den 28. August 2008 geendet. Da die Steuererklärung erst am 22. September 2008 beim Beklagten eingegangen sei, sei die Rechtsbehelfsfrist abgelaufen gewesen. Im Rahmen der summarischen Prüfung nach § 173 AO sei eine Änderung zu Gunsten der Klägerin festgestellt worden. Es sei noch zu prüfen, ob sie oder ihren Vertreter ein Verschulden an dem nachträglichen Bekanntwerden der neuen Tatsachen treffe. Dies könne nicht ausgeschlossen werden, da trotz Aufforderung eine Abgabe der Steuererklärung erst nach einer durchgeführten Schätzung erfolgt sei. Eine Rechtsbehelfsbelehrung enthält dieses Schreiben nicht.

18

Mit Schreiben vom selben Tag (30. Januar 2009) wandte sich der Beklagte auch an den Insolvenzverwalter und teilte ihm mit, dass es keine Rechtsgrundlage für eine Änderung des Einkommensteuerbescheides 2007 gebe. In den nächsten Tagen werde dem Insolvenzverwalter eine berichtigte Anmeldung zur Tabelle zugehen. In dieser korrigierten Anmeldung werde die Einkommensteuerschuld 2007 nicht mehr enthalten sein, da sie ausschließlich auf die Einkünfte der Klägerin entfalle.

19

Am 11. Februar 2009 legte Herr Steuerberater T gegen die Ablehnung des Beklagten vom 30. Januar 2009, den Einkommensteuerbescheid für 2007 zu ändern, Einspruch ein.

20

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin, Herr Rechtsanwalt C, erklärte mit Schreiben vom 6. April 2009, dass er die rechtlichen Interessen der Klägerin und ihres Ehemannes vertrete und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Einspruchsfrist gegen den Steuerbescheid vom 23. Juli 2008 beantrage. Für die Eheleute G, die gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt würden, könne nur eine einheitliche Entscheidung mit einheitlicher Bestandskraft ergehen. Dem Steuerbescheid liege - über einen Betrag in Höhe von 100.000 € - eine Schätzung zugrunde und er sei trotz Kenntnis der Insolvenz des Herrn G nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen. Dies sei nicht nur überraschend, sondern auch sachfremd. Der mit den steuerlichen Angelegenheiten beauftragte Steuerberater, Herr T, betreue die Klägerin und ihren Ehemann seit Jahren. Dies sei den Finanzbehörden auch bekannt. Der Beklagte könne sich daher nicht auf fehlende Anträge berufen und dies sei auch treuwidrig, denn dem Beklagten sei bewusst und klar gewesen, dass die Angelegenheiten ausschließlich über das Steuerberaterbüro T erledigt worden seien und dass die Vorlagefrist für Steuerberater unproblematisch bis zum 31. Dezember 2008 hätte ausgedehnt werden können. Ende Juli 2008 sei dem Beklagten die elektronische Steuererklärung des Beraters T zugegangen. Zwar sei bekannt, dass die elektronische Übermittlung nicht zu vergleichen sei mit der Vorlage der Steuererklärung in Papierform. Allerdings sei die Übermittlung der steuerrelevanten Daten noch während der Einspruchsfrist erfolgt, so dass bereits darin ein Einspruch gesehen werden könne.

21

Der Beklagte erwiderte (Schreiben vom 5. Mai 2009), die „uneinheitliche Bekanntgabe“ an die Eheleute G sei aus insolvenzrechtlicher Sicht richtig gewesen. Nach der AEAO zu § 122 seien ab dem Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung die Insolvenzforderungen nicht mehr durch einen Verwaltungsakt festzusetzen. Die Geltendmachung derartiger Ansprüche erfolge durch eine Steuerberechnung an den Insolvenzverwalter. Die Frist zur Vorlage von Steuererklärungen verlängere sich bei steuerlich beratenen Steuerpflichtigen auf den 30.09. des Folgejahres. Bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens seien allerdings ausstehende Steuererklärungen vom Insolvenzverwalter anzufordern und zu veranlagen. Die Nachzahlungen seien als Steuerberechnungen zu kennzeichnen und als Insolvenzforderungen zur Tabelle anzumelden. Die Verfahrenseröffnung sei am 7. April 2008 erfolgt. Da es üblich sei, dass ab dem Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Steuererklärungen nicht mehr durch das Steuerbüro erstellt würden, sondern durch den gesetzlichen Vertreter, den Insolvenzverwalter, habe der Beklagte nicht davon ausgehen können, dass die noch ausstehenden Erklärungen durch Herrn Steuerberater T erstellt würden. Die elektronische Übermittlung der Steuererklärung könne nach dem BMF-Schreiben vom 15. Januar 2007 Randziffer 5 nicht als Einspruch angesehen werden. Nach dem genannten BMF-Schreiben ersetze die elektronische Übermittlung nicht den Eingang der Steuererklärung. Ein mittels elektronischer Übermittlung eingelegter Einspruch würde zwar grundsätzlich die Formvorschriften des § 357 Abs. 1 Satz 4 AO erfüllen, allerdings liege ein solcher schlichtweg nicht vor und die elektronische Übermittlung der Steuererklärung könne insbesondere bei einem steuerlich beratenen Steuerpflichtigen nicht als solcher ausgelegt werden.

22

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin erwiderte, die elektronische Steuererklärung sei während der Rechtsbehelfsfrist übermittelt worden. Zudem sei bei unterlassener Anhörung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Anhörung bzw. die Androhung der Schätzung sei lediglich gegenüber dem Insolvenzverwalter ergangen, die Klägerin sei nicht angehört worden.

23

Der Beklagte erwiderte (Schreiben vom 13. Oktober 2009), die unterlassene Anhörung der Klägerin sei nicht ursächlich für die Fristversäumnis gewesen. Ein Verschulden des steuerlichen Beraters sei dem Steuerpflichtigen zuzurechnen. Im Übrigen sei Wiedereinsetzung erst mit Schriftsatz vom 6. April 2009 beantragt worden und nicht innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses. Das Hindernis sei spätestens mit Einlegung des Rechtsbehelfs durch den Steuerberater gegen den Ablehnungsbescheid entfallen.

24

Mit Einspruchsentscheidung vom 25. November 2009 wurde der Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 23. Juli 2008 als unzulässig verworfen.

25

Mit weiterer Einspruchsentscheidung vom 25. November 2009 wurde der Einspruch gegen den Bescheid über die Ablehnung der Änderung des Einkommensteuerbescheids für 2007 vom 30. Januar 2009 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, es sei ermessensgerecht gewesen, die Einkommensteuererklärung 2007 vor Ablauf der verlängerten gesetzlichen Abgabefrist anzufordern, um die Steuern bis zum Prüfungstermin vor dem Insolvenzgericht am 4. Juni 2008 anmelden zu können. Auch die Schätzung sei nicht zu beanstanden. Aus den Akten ergäben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Schätzung willkürlich wäre. Eine weitere Sachverhaltsaufklärung sei angesichts der mangelnden Mitwirkung der Klägerin für das Finanzamt nicht zumutbar gewesen. Der Steuerpflichtige habe auch keinen Anspruch auf Vorbehaltsfestsetzung. Insbesondere bei gesicherten Schätzungsgrundlagen kämen endgültige Schätzungsveranlagungen in Betracht. Das Finanzamt habe die Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit der Klägerin den vom Arbeitgeber übermittelten Daten entnehmen können. Die sonstigen Einkünfte der Klägerin aus privaten Veräußerungsgeschäften seien dem Sachverständigengutachten im Insolvenzverfahren des Ehemannes zu entnehmen gewesen. Auch Wiedereinsetzung sei nicht zu gewähren. Die am 30. Juli 2008 elektronisch übermittelte komprimierte Steuererklärung für 2007 ersetze nicht die Abgabe einer Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck im Sinne des § 150 Abs. 1 AO. Durch die Übermittlung der Steuererklärungsdaten würden auch die Fristen zur Abgabe einer Steuererklärung nicht gewahrt. Ein mittels elektronischer Übermittlung eingelegter Einspruch würde zwar grundsätzlich die Formvorschriften des § 357 Abs. 1 Satz 4 AO erfüllen, allerdings liege ein solcher hier nicht vor und die elektronische Übermittlung der Steuererklärungsdaten könne bei einem steuerlich beratenen Steuerpflichtigen nicht als solcher ausgelegt werden.

26

Am 18. Dezember 2009 hat die Klägerin Klage erhoben.

        

Sie legte u. a. eine Kopie bzw. ein Telefax des an sie adressierten Einkommensteuerbescheides für 2007 vor, auf dem ein Stempel ihres Steuerberaters, Herrn T, angebracht ist, mit folgenden Eintragungen:

        

„Fristablauf 28.08.08 Wiedervorlage 18.08.08

Geprüft 30.07.08

Steuerbescheid geprüft: Schätzung „

        

In dem Stempel ist angekreuzt

        

„Stimmt mit Erklärung nicht überein, daher Einspruch erforderlich“.

        

Des Weiteren enthält der Stempel folgende Eintragung:

        

„Einspruch eingelegt am 30.07.08

Bad Kreuznach, den 30.07.08“.

        

Der Stempel ist von Herrn T unterschrieben.

27

Die Klägerin trägt ergänzend vor, ihr Steuerberater, Herr T, habe die Steuererklärung für das Kalenderjahr 2007 gefertigt, habe die steuerrelevanten Daten für das Kalenderjahr 2007 online an das Finanzamt übermittelt und habe ihren Ehemann beauftragt, die in Druckform erstellte Steuererklärung für das Kalenderjahr 2007 zum Insolvenzverwalter zu bringen. Aus nicht näher bekannten Gründen habe die Steuererklärung längere Zeit im Büro des Insolvenzverwalters gelegen, weshalb der Steuerbescheid bestandskräftig geworden sei. All dies könne Herr T bezeugen. Sie und ihr Ehemann seien seit Jahren durch Herrn Traut gegenüber dem Finanzamt vertreten. Deshalb habe es überhaupt keine Veranlassung gegeben, einen Steuerbescheid im Wege der Schätzung zu erlassen. Unter diesen Umständen sei das Finanzamt verpflichtet gewesen, den Steuerbescheid unter den Vorbehalt der Nachprüfung zu stellen. Darauf hätten sie einen Rechtsanspruch.

28

Im Übrigen habe sich in dem gegen ihren Ehemann eingeleiteten Strafverfahren ergeben, dass nicht bekannt sei, welchen Wert die ihr übertragenen Grundstücke und das Inventar zum Zeitpunkt der Übertragung gehabt hätten.

29

Die Klägerin beantragt, den Bescheid des Beklagten vom 30. Januar 2009 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 25. November 2009 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, über den Antrag auf Änderung des Einkommensteuerbescheides für 2007 vom 23. Juli 2008 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

30

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

31

Er nimmt Bezug auf die angefochtenen Einspruchsentscheidungen vom 25. November 2009.

32

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben des Gerichts an Herrn Steuerberater D. T. vom 7. Dezember 2010 (Blatt 57 f. der Gerichtsakte) und auf dessen Antwortschreiben vom 4. Januar 2011 (Blatt 72 f. der Gerichtsakte) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

33

Die Klage ist begründet.

34

Der Bescheid des Beklagten vom 30. Januar 2009 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 25. November 2009 sind rechtswidrig, verletzen die Klägerin in ihren Rechten und sind daher aufzuheben (§ 100 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung - FGO), denn der Beklagte hat den Antrag der Klägerin auf Änderung des Einkommensteuerbescheides für 2007 vom 23. Juli 2008 fehlerhaft abgelehnt, so dass der Beklagte zu verpflichten ist, über den Antrag der Klägerin auf Änderung des Einkommensteuerbescheides für 2007 vom 23. Juli 2008 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden (§ 101 Satz 1 und 2 FGO). (Der gegen den Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 23. Juli 2008 eingelegte Einspruch und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 25. November 2009, die den Einspruch zu Recht als unzulässig verworfen hat, sind nicht (mehr) im Streit.)

35

Soweit die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Finanzbehörde aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden, wenn die Sache – wie hier (dazu unten) – nicht spruchreif ist (§ 101 Satz 1 und 2 FGO ). Im vorliegenden Fall hat der Beklagte den Antrag der Klägerin auf Änderung des Einkommensteuerbescheides für 2007 vom 23. Juli 2008 fehlerhaft abgelehnt, denn er hat in seinem Bescheid vom 30. Januar 2009 und in der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 25. November 2009 fehlerhafte Ausführungen dazu gemacht, weshalb (auch) der Antrag der Klägerin nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Abgabenordnung - AO - auf schlichte Änderung des Einkommensteuerbescheides für 2007 vom 23. Juli 2008 abgelehnt werde. Insoweit ist die Ablehnung des Änderungsantrags der Klägerin rechtswidrig, wodurch die Klägerin in ihren Rechten verletzt ist (BFH-Urteil vom 27. Oktober 1993 XI R 17/93, BFHE 172, 493; BStBl II 1994, 439).

36

Nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO darf ein Steuerbescheid zugunsten des Steuerpflichtigen im Wege der sog. schlichten Änderung geändert werden, soweit der Steuerpflichtige den Antrag vor Ablauf der Einspruchsfrist gestellt hat. Ein Antrag auf schlichte Änderung ist eine Willensbekundung des Steuerpflichtigen, deren Auslegung sich nach den allgemeinen Regeln aus objektivierter Empfängersicht bestimmt (BFH-Urteil vom 1. April 2009 IX R 5/08, BFH/NV 2009, 1081 m.w.N.). Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen. Auszugehen ist von dem Wortlaut der Erklärung; daneben sind auch der Zusammenhang, in dem die Erklärung abgegeben worden ist, sowie sämtliche Begleitumstände der Erklärung in die Auslegung einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen (ebenda). Erklärungen sind im Zweifel so auszulegen, dass dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage des Erklärenden entspricht (ebenda).

37

Vor diesem Hintergrund ist die innerhalb der Frist zur Einlegung des Einspruchs gegen den Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 23. Juli 2008 beim Beklagten am 29. Juli 2008 eingegangene (nicht mit einer elektronischen Signatur versehene) elektronisch   übermittelte Einkommensteuererklärung der Klägerin und ihres Ehemannes für 2007 als Antrag auf schlichte Änderung zu würdigen. Der Vertreter des beklagten Finanzamtes hat in der mündlichen Verhandlung zwar erklärt, dass die elektronisch übermittelte Einkommensteuererklärung nicht mit einer elektronischen Signatur versehen gewesen und daher erst mit Eingang der unterschriebenen Einkommensteuererklärung verbindlich geworden sei. Der Antrag auf schlichte Änderung ist jedoch – anders als eine Einkommensteuererklärung – nicht an eine bestimmte Form gebunden und kann auch formlos, z.B. telefonisch oder sogar konkludent bzw. stillschweigend gestellt werden; er muss nur hinreichend konkretisieren, inwieweit und aus welchen Gründen geändert werden soll (Loose in Tipke/Kruse Kommentar zur AO und FGO § 172 AO Rz. 33 f. m.w.N.). Dies ist hier der Fall:

38

Die von Herrn Steuerberater Tt vorgenommene Übermittlung der Steuererklärungsdaten hatte zweifelsohne und für den Beklagten erkennbar zum Ziel, eine Änderung des Einkommensteuerbescheides für 2007 vom 23. Juli 2008 nach Maßgabe der elektronisch mitgeteilten Steuerdaten zu erreichen. Diese Daten sind nicht etwa unbeachtlich, weil sie ohne elektronische Signatur übermittelt worden sind und weil der unterschriebene komprimierte Ausdruck der Einkommensteuererklärung erst nach Ablauf der Einspruchsfrist bei dem Beklagten eingegangen ist. Denn die für eine wirksame Einkommensteuererklärung einzuhaltenden Formvorschriften gelten nicht – wie bereits ausgeführt – für einen Antrag auf schlichte Änderung. Im Übrigen haben die Finanzämter nach Ziffer 6 Satz 4 der Verwaltungsvorschrift des BMF vom 15. Januar 2007 zur „Automation in der Steuerverwaltung“ (BStBl I 2007, 95) „nach den Grundsätzen des Beweises des ersten Anscheins (...) davon auszugehen, dass eine von einer Person oder Gesellschaft im Sinne der §§ 3 und 4 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) übermittelte Steuererklärung tatsächlich von dem betreffenden Steuerpflichtigen genehmigt worden ist.“ In der Übermittlung der Steuererklärungsdaten hätte der Beklagte daher einen Antrag nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO sehen müssen, und zwar spätestens mit Ablauf der regulären Einspruchsfrist, da dem Beklagten spätestens zu diesem Zeitpunkt klar sein musste, dass die begehrte Änderung nicht im Wege des Einspruchs verfolgt wird bzw. werden kann. Denn wenn schon die Abgabe einer (formwirksamen) Steuererklärung auf einen Schätzungsbescheid im Zweifel einen Antrag auf schlichte Änderung nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 a) AO (und keinen Einspruch) darstellt (Loose in Tipke/Kruse a.a.O. § 172 Rz. 34), muss erst Recht eine nicht wirksame - weil nicht mit einer elektronischen Signatur versehene - elektronisch übermittelte Einkommensteuererklärung als Antrag auf schlichte Änderung nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 a) AO verstanden werden. Unerheblich ist, wie der/die betreffende Mitarbeiter/-in des Beklagten das Begehren tatsächlich aufgefasst hat und ob er/sie daraus die richtigen Schlüsse gezogen hat - insbesondere, ob er/sie den (mit der Übermittlung der Steuererklärungsdaten gestellten) schlichten Änderungsantrag überhaupt als solchen erkannt und dessen Rechtswirkungen richtig eingeschätzt hat (BFH-Urteil vom 1. April 2009 IX R 5/08 a.a.O.).

39

Die Sache ist nicht spruchreif. Zwar steht fest, dass die Klägerin und/oder ihren Steuerberater keinerlei Verschulden daran trifft, dass die mitgeteilten Steuerdaten dem Beklagten erst nach Erlass des Einkommensteuerbescheides für 2007 vom 23. Juli 2008 bekannt geworden sind, denn weder die Klägerin noch ihr Steuerberater wurden vorher gehört. Offen ist allerdings, in welcher Art und Weise bzw. in welchem Umfang der Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 23. Juli ggf. geändert werden kann/soll. Insbesondere zu den Einkünften der Klägerin aus privaten Veräußerungsgeschäften (Grundstücksverkauf an Herrn P. N.) sind weitere Ermittlungen erforderlich (Wert der übertragenen Grundstücke und des Inventars zum Zeitpunkt der Übertragung auf die Klägerin).

40

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

41

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der vom Beklagten zu tragenden Kosten beruht auf §§ 151 Abs. 2 und 3, 155 FGO i.V.m. § 708 Nr.10 ZPO. Schuldnerschutzanordnungen zur Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der vom Beklagten zu tragenden Kosten unterbleiben, da die Voraussetzungen, unter denen ein Rechtsmittel gegen das Urteil statthaft wäre, unzweifelhaft nicht vorliegen (§ 155 FGO i.V.m. § 713 ZPO).

42

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.

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(1) Für die Berechnung von Fristen und für die Bestimmung von Terminen gelten die §§ 187 bis 193 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend, soweit nicht durch die Absätze 2 bis 5 etwas anderes bestimmt ist. (2) Der Lauf einer Frist, die von einer

Abgabenordnung - AO 1977 | § 357 Einlegung des Einspruchs


(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht. (2) Der Einspruch ist b

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(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 verletzt. Das Gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen nach § 158 Absatz 2 nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen und der Steuerpflichtige die Zustimmung nach § 93 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 nicht erteilt. Hat der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb verletzt, so wird widerlegbar vermutet, dass in Deutschland steuerpflichtige Einkünfte in Bezug zu Staaten oder Gebieten im Sinne des § 3 Absatz 1 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb

1.
bisher nicht erklärt wurden, tatsächlich aber vorhanden sind, oder
2.
bisher zwar erklärt wurden, tatsächlich aber höher sind als erklärt.

(3) Verletzt ein Steuerpflichtiger seine Mitwirkungspflichten nach § 90 Absatz 3 dadurch, dass er keine Aufzeichnungen über einen Geschäftsvorfall vorlegt, oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar oder wird festgestellt, dass der Steuerpflichtige Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 Satz 5 nicht zeitnah erstellt hat, so wird widerlegbar vermutet, dass seine im Inland steuerpflichtigen Einkünfte, zu deren Ermittlung die Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 dienen, höher als die von ihm erklärten Einkünfte sind. Hat in solchen Fällen die Finanzbehörde eine Schätzung vorzunehmen und können diese Einkünfte nur innerhalb eines bestimmten Rahmens, insbesondere nur auf Grund von Preisspannen bestimmt werden, kann dieser Rahmen zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgeschöpft werden. Bestehen trotz Vorlage verwertbarer Aufzeichnungen durch den Steuerpflichtigen Anhaltspunkte dafür, dass seine Einkünfte bei Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes höher wären als die auf Grund der Aufzeichnungen erklärten Einkünfte, und können entsprechende Zweifel deswegen nicht aufgeklärt werden, weil eine ausländische, nahe stehende Person ihre Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 oder ihre Auskunftspflichten nach § 93 Abs. 1 nicht erfüllt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden.

(4) Legt ein Steuerpflichtiger über einen Geschäftsvorfall keine Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 vor oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar, ist ein Zuschlag von 5 000 Euro festzusetzen. Der Zuschlag beträgt mindestens 5 Prozent und höchstens 10 Prozent des Mehrbetrags der Einkünfte, der sich nach einer Berichtigung auf Grund der Anwendung des Absatzes 3 ergibt, wenn sich danach ein Zuschlag von mehr als 5 000 Euro ergibt. Der Zuschlag ist regelmäßig nach Abschluss der Außenprüfung festzusetzen. Bei verspäteter Vorlage von verwertbaren Aufzeichnungen beträgt der Zuschlag bis zu 1 000 000 Euro, mindestens jedoch 100 Euro für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung; er kann für volle Wochen und Monate der verspäteten Vorlage in Teilbeträgen festgesetzt werden. Soweit den Finanzbehörden Ermessen hinsichtlich der Höhe des jeweiligen Zuschlags eingeräumt ist, sind neben dem Zweck dieses Zuschlags, den Steuerpflichtigen zur Erstellung und fristgerechten Vorlage der Aufzeichnungen nach § 90 Absatz 3 anzuhalten, insbesondere die von ihm gezogenen Vorteile und bei verspäteter Vorlage auch die Dauer der Fristüberschreitung zu berücksichtigen. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Pflichten nach § 90 Abs. 3 entschuldbar erscheint oder ein Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen steht dem eigenen Verschulden gleich.

(4a) Verletzt der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Steueroasen-Abwehrgesetzes, ist Absatz 4 entsprechend anzuwenden. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Mitwirkungspflichten entschuldbar erscheint oder das Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen ist dem Steuerpflichtigen zuzurechnen.

(5) In den Fällen des § 155 Abs. 2 können die in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden.

(1) Ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht, darf mit einer Nebenbestimmung nur versehen werden, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist oder wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts erfüllt werden.

(2) Unbeschadet des Absatzes 1 darf ein Verwaltungsakt nach pflichtgemäßem Ermessen erlassen werden mit

1.
einer Bestimmung, nach der eine Vergünstigung oder Belastung zu einem bestimmten Zeitpunkt beginnt, endet oder für einen bestimmten Zeitraum gilt (Befristung),
2.
einer Bestimmung, nach der der Eintritt oder der Wegfall einer Vergünstigung oder einer Belastung von dem ungewissen Eintritt eines zukünftigen Ereignisses abhängt (Bedingung),
3.
einem Vorbehalt des Widerrufs
oder verbunden werden mit
4.
einer Bestimmung, durch die dem Begünstigten ein Tun, Dulden oder Unterlassen vorgeschrieben wird (Auflage),
5.
einem Vorbehalt der nachträglichen Aufnahme, Änderung oder Ergänzung einer Auflage.

(3) Eine Nebenbestimmung darf dem Zweck des Verwaltungsakts nicht zuwiderlaufen.

(1) Ein Steuerbescheid darf, soweit er nicht vorläufig oder unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen ist, nur aufgehoben oder geändert werden,

1.
wenn er Verbrauchsteuern betrifft,
2.
wenn er andere Steuern als Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union oder Verbrauchsteuern betrifft,
a)
soweit der Steuerpflichtige zustimmt oder seinem Antrag der Sache nach entsprochen wird; dies gilt jedoch zugunsten des Steuerpflichtigen nur, soweit er vor Ablauf der Einspruchsfrist zugestimmt oder den Antrag gestellt hat oder soweit die Finanzbehörde einem Einspruch oder einer Klage abhilft,
b)
soweit er von einer sachlich unzuständigen Behörde erlassen worden ist,
c)
soweit er durch unlautere Mittel, wie arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt worden ist,
d)
soweit dies sonst gesetzlich zugelassen ist; die §§ 130 und 131 gelten nicht.
Dies gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid durch Einspruchsentscheidung bestätigt oder geändert worden ist. In den Fällen des Satzes 2 ist Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a ebenfalls anzuwenden, wenn der Steuerpflichtige vor Ablauf der Klagefrist zugestimmt oder den Antrag gestellt hat; Erklärungen und Beweismittel, die nach § 364b Abs. 2 in der Einspruchsentscheidung nicht berücksichtigt wurden, dürfen hierbei nicht berücksichtigt werden.

(2) Absatz 1 gilt auch für einen Verwaltungsakt, durch den ein Antrag auf Erlass, Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids ganz oder teilweise abgelehnt wird.

(3) Anhängige, außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens gestellte Anträge auf Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung, die eine vom Gerichtshof der Europäischen Union, vom Bundesverfassungsgericht oder vom Bundesfinanzhof entschiedene Rechtsfrage betreffen und denen nach dem Ausgang des Verfahrens vor diesen Gerichten nicht entsprochen werden kann, können durch Allgemeinverfügung insoweit zurückgewiesen werden. § 367 Abs. 2b Satz 2 bis 6 gilt entsprechend.

(1) Für die Berechnung von Fristen und für die Bestimmung von Terminen gelten die §§ 187 bis 193 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend, soweit nicht durch die Absätze 2 bis 5 etwas anderes bestimmt ist.

(2) Der Lauf einer Frist, die von einer Behörde gesetzt wird, beginnt mit dem Tag, der auf die Bekanntgabe der Frist folgt, außer wenn der betroffenen Person etwas anderes mitgeteilt wird.

(3) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit dem Ablauf des nächstfolgenden Werktags.

(4) Hat eine Behörde Leistungen nur für einen bestimmten Zeitraum zu erbringen, so endet dieser Zeitraum auch dann mit dem Ablauf seines letzten Tages, wenn dieser auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend fällt.

(5) Der von einer Behörde gesetzte Termin ist auch dann einzuhalten, wenn er auf einen Sonntag, gesetzlichen Feiertag oder Sonnabend fällt.

(6) Ist eine Frist nach Stunden bestimmt, so werden Sonntage, gesetzliche Feiertage oder Sonnabende mitgerechnet.

(1) Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern,

1.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen,
2.
soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Das Verschulden ist unbeachtlich, wenn die Tatsachen oder Beweismittel in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit Tatsachen oder Beweismitteln im Sinne der Nummer 1 stehen.

(2) Abweichend von Absatz 1 können Steuerbescheide, soweit sie auf Grund einer Außenprüfung ergangen sind, nur aufgehoben oder geändert werden, wenn eine Steuerhinterziehung oder eine leichtfertige Steuerverkürzung vorliegt. Dies gilt auch in den Fällen, in denen eine Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 ergangen ist.

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

(1) Eine Steuererklärung ist nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abzugeben, wenn

1.
keine elektronische Steuererklärung vorgeschrieben ist,
2.
nicht freiwillig eine gesetzlich oder amtlich zugelassene elektronische Steuererklärung abgegeben wird,
3.
keine mündliche oder konkludente Steuererklärung zugelassen ist und
4.
eine Aufnahme der Steuererklärung an Amtsstelle nach § 151 nicht in Betracht kommt.
§ 87a Absatz 1 Satz 1 ist nur anzuwenden, soweit eine elektronische Steuererklärung vorgeschrieben oder zugelassen ist. Der Steuerpflichtige hat in der Steuererklärung die Steuer selbst zu berechnen, soweit dies gesetzlich vorgeschrieben ist (Steueranmeldung).

(2) Die Angaben in den Steuererklärungen sind wahrheitsgemäß nach bestem Wissen und Gewissen zu machen.

(3) Ordnen die Steuergesetze an, dass der Steuerpflichtige die Steuererklärung eigenhändig zu unterschreiben hat, so ist die Unterzeichnung durch einen Bevollmächtigten nur dann zulässig, wenn der Steuerpflichtige infolge seines körperlichen oder geistigen Zustands oder durch längere Abwesenheit an der Unterschrift gehindert ist. Die eigenhändige Unterschrift kann nachträglich verlangt werden, wenn der Hinderungsgrund weggefallen ist.

(4) Den Steuererklärungen müssen die Unterlagen beigefügt werden, die nach den Steuergesetzen vorzulegen sind. Dritte Personen sind verpflichtet, hierfür erforderliche Bescheinigungen auszustellen.

(5) In die Steuererklärungsformulare können auch Fragen aufgenommen werden, die zur Ergänzung der Besteuerungsunterlagen für Zwecke einer Statistik nach dem Gesetz über Steuerstatistiken erforderlich sind. Die Finanzbehörden können ferner von Steuerpflichtigen Auskünfte verlangen, die für die Durchführung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes erforderlich sind. Die Finanzbehörden haben bei der Überprüfung der Angaben dieselben Befugnisse wie bei der Aufklärung der für die Besteuerung erheblichen Verhältnisse.

(6) Zur Erleichterung und Vereinfachung des automatisierten Besteuerungsverfahrens kann das Bundesministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bestimmen, dass und unter welchen Voraussetzungen Steuererklärungen oder sonstige für das Besteuerungsverfahren erforderliche Daten ganz oder teilweise durch Datenfernübertragung oder auf maschinell verwertbaren Datenträgern übermittelt werden können. In der Rechtsverordnung können von den §§ 72a und 87b bis 87d abweichende Regelungen getroffen werden. Die Rechtsverordnung bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates, soweit die Kraftfahrzeugsteuer, die Luftverkehrsteuer, die Versicherungsteuer und Verbrauchsteuern, mit Ausnahme der Biersteuer, betroffen sind.

(7) Können Steuererklärungen, die nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck abgegeben oder nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung übermittelt werden, nach § 155 Absatz 4 Satz 1 zu einer ausschließlich automationsgestützten Steuerfestsetzung führen, ist es dem Steuerpflichtigen zu ermöglichen, Angaben, die nach seiner Auffassung Anlass für eine Bearbeitung durch Amtsträger sind, in einem dafür vorgesehenen Abschnitt oder Datenfeld der Steuererklärung zu machen. Daten, die von mitteilungspflichtigen Stellen nach Maßgabe des § 93c an die Finanzverwaltung übermittelt wurden, gelten als Angaben des Steuerpflichtigen, soweit sie in den Steuererklärungsformularen als eDaten gekennzeichnet sind oder bei nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung übermittelten Steuererklärungen für den Belegabruf bereitgestellt werden und er nicht in einem dafür vorzusehenden Abschnitt oder Datenfeld der Steuererklärung abweichende Angaben macht.

(8) Ordnen die Steuergesetze an, dass die Finanzbehörde auf Antrag zur Vermeidung unbilliger Härten auf eine Übermittlung der Steuererklärung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung verzichten kann, ist einem solchen Antrag zu entsprechen, wenn eine Erklärungsabgabe nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung für den Steuerpflichtigen wirtschaftlich oder persönlich unzumutbar ist. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Schaffung der technischen Möglichkeiten für eine Datenfernübertragung des amtlich vorgeschriebenen Datensatzes nur mit einem nicht unerheblichen finanziellen Aufwand möglich wäre oder wenn der Steuerpflichtige nach seinen individuellen Kenntnissen und Fähigkeiten nicht oder nur eingeschränkt in der Lage ist, die Möglichkeiten der Datenfernübertragung zu nutzen.

(1) Der Einspruch ist schriftlich oder elektronisch einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Es genügt, wenn aus dem Einspruch hervorgeht, wer ihn eingelegt hat. Unrichtige Bezeichnung des Einspruchs schadet nicht.

(2) Der Einspruch ist bei der Behörde anzubringen, deren Verwaltungsakt angefochten wird oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts gestellt worden ist. Ein Einspruch, der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrags richtet, kann auch bei der zur Erteilung des Steuerbescheids zuständigen Behörde angebracht werden. Ein Einspruch, der sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, den eine Behörde auf Grund gesetzlicher Vorschrift für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat, kann auch bei der zuständigen Finanzbehörde angebracht werden. Die schriftliche oder elektronische Anbringung bei einer anderen Behörde ist unschädlich, wenn der Einspruch vor Ablauf der Einspruchsfrist einer der Behörden übermittelt wird, bei der er nach den Sätzen 1 bis 3 angebracht werden kann.

(3) Bei der Einlegung soll der Verwaltungsakt bezeichnet werden, gegen den der Einspruch gerichtet ist. Es soll angegeben werden, inwieweit der Verwaltungsakt angefochten und seine Aufhebung beantragt wird. Ferner sollen die Tatsachen, die zur Begründung dienen, und die Beweismittel angeführt werden.

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

Soweit die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Finanzbehörde aus, den begehrten Verwaltungsakt zu erlassen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Ein Steuerbescheid darf, soweit er nicht vorläufig oder unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen ist, nur aufgehoben oder geändert werden,

1.
wenn er Verbrauchsteuern betrifft,
2.
wenn er andere Steuern als Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union oder Verbrauchsteuern betrifft,
a)
soweit der Steuerpflichtige zustimmt oder seinem Antrag der Sache nach entsprochen wird; dies gilt jedoch zugunsten des Steuerpflichtigen nur, soweit er vor Ablauf der Einspruchsfrist zugestimmt oder den Antrag gestellt hat oder soweit die Finanzbehörde einem Einspruch oder einer Klage abhilft,
b)
soweit er von einer sachlich unzuständigen Behörde erlassen worden ist,
c)
soweit er durch unlautere Mittel, wie arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt worden ist,
d)
soweit dies sonst gesetzlich zugelassen ist; die §§ 130 und 131 gelten nicht.
Dies gilt auch dann, wenn der Steuerbescheid durch Einspruchsentscheidung bestätigt oder geändert worden ist. In den Fällen des Satzes 2 ist Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a ebenfalls anzuwenden, wenn der Steuerpflichtige vor Ablauf der Klagefrist zugestimmt oder den Antrag gestellt hat; Erklärungen und Beweismittel, die nach § 364b Abs. 2 in der Einspruchsentscheidung nicht berücksichtigt wurden, dürfen hierbei nicht berücksichtigt werden.

(2) Absatz 1 gilt auch für einen Verwaltungsakt, durch den ein Antrag auf Erlass, Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids ganz oder teilweise abgelehnt wird.

(3) Anhängige, außerhalb eines Einspruchs- oder Klageverfahrens gestellte Anträge auf Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung, die eine vom Gerichtshof der Europäischen Union, vom Bundesverfassungsgericht oder vom Bundesfinanzhof entschiedene Rechtsfrage betreffen und denen nach dem Ausgang des Verfahrens vor diesen Gerichten nicht entsprochen werden kann, können durch Allgemeinverfügung insoweit zurückgewiesen werden. § 367 Abs. 2b Satz 2 bis 6 gilt entsprechend.

Zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen sind befugt:

1.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Rechtsanwälte, niedergelassene europäische Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer,
2.
Berufsausübungsgesellschaften nach den §§ 49 und 50 und im Sinne der Bundesrechtsanwaltsordnung,
3.
Gesellschaften nach § 44b Absatz 1 der Wirtschaftsprüferordnung, deren Gesellschafter oder Partner ausschließlich Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer sind, sowie Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften.
4.
(weggefallen)
Gesellschaften nach Satz 1 Nummer 2 und 3 handeln durch ihre Gesellschafter und Vertreter, in deren Person die für die Erbringung der geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen gesetzlich vorgeschriebenen Voraussetzungen im Einzelfall vorliegen müssen.

Zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen sind ferner befugt:

1.
Notare im Rahmen ihrer Befugnisse nach der Bundesnotarordnung,
2.
Patentanwälte und Patentanwaltsgesellschaften im Rahmen ihrer Befugnisse nach der Patentanwaltsordnung,
3.
Behörden und Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie die überörtlichen Prüfungseinrichtungen für Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts im Rahmen ihrer Zuständigkeit,
4.
Verwahrer und Verwalter fremden oder zu treuen Händen oder zu Sicherungszwecken übereigneten Vermögens, soweit sie hinsichtlich dieses Vermögens Hilfe in Steuersachen leisten,
5.
Unternehmer, die ein Handelsgewerbe betreiben, soweit sie in unmittelbarem Zusammenhang mit einem Geschäft, das zu ihrem Handelsgewerbe gehört, ihren Kunden Hilfe in Steuersachen leisten,
6.
genossenschaftliche Prüfungs- und Spitzenverbände und genossenschaftliche Treuhandstellen, soweit sie im Rahmen ihres Aufgabenbereichs den Mitgliedern der Prüfungs- und Spitzenverbände Hilfe in Steuersachen leisten,
7.
als Berufsvertretung oder auf ähnlicher Grundlage gebildete Vereinigungen, soweit sie im Rahmen ihres Aufgabenbereichs ihren Mitgliedern Hilfe in Steuersachen leisten; § 95 des Bundesvertriebenengesetzes bleibt unberührt,
8.
als Berufsvertretung oder auf ähnlicher Grundlage gebildete Vereine von Land- und Forstwirten, zu deren satzungsmäßiger Aufgabe die Hilfeleistung für land- und forstwirtschaftliche Betriebe im Sinne des Bewertungsgesetzes gehört, soweit sie diese Hilfe durch Personen leisten, die berechtigt sind, die Bezeichnung "Landwirtschaftliche Buchstelle" zu führen, und die Hilfe nicht die Ermittlung der Einkünfte aus selbständiger Arbeit oder aus Gewerbebetrieb betrifft, es sei denn, daß es sich hierbei um Nebeneinkünfte handelt, die üblicherweise bei Landwirten vorkommen,
9.
a)
Speditionsunternehmen, soweit sie Hilfe in Eingangsabgabensachen oder bei der verbrauchsteuerlichen Behandlung von Waren im Warenverkehr mit anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union leisten,
b)
sonstige gewerbliche Unternehmen, soweit sie im Zusammenhang mit der Zollbehandlung Hilfe in Eingangsabgabensachen leisten,
c)
die in den Buchstaben a und b genannten Unternehmen, soweit sie für Unternehmer im Sinne des § 22a des Umsatzsteuergesetzes Hilfe in Steuersachen nach § 22b des Umsatzsteuergesetzes leisten und im Geltungsbereich dieses Gesetzes ansässig sind, nicht Kleinunternehmer im Sinne des § 19 des Umsatzsteuergesetzes und nicht von der Fiskalvertretung nach § 22e des Umsatzsteuergesetzes ausgeschlossen sind,
10.
Arbeitgeber, soweit sie für ihre Arbeitnehmer Hilfe bei lohnsteuerlichen Sachverhalten oder bei Sachverhalten des Familienleistungsausgleichs im Sinne des Einkommensteuergesetzes leisten,
11.
Lohnsteuerhilfevereine, soweit sie für ihre Mitglieder Hilfe in Steuersachen leisten, wenn diese
a)
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, sonstige Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen (§ 22 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes), Einkünfte aus Unterhaltsleistungen (§ 22 Nr. 1a des Einkommensteuergesetzes) oder Einkünfte aus Leistungen nach § 22 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes erzielen,
b)
keine Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb oder aus selbständiger Arbeit erzielen oder umsatzsteuerpflichtige Umsätze ausführen, es sei denn, die den Einkünften zugrunde liegenden Einnahmen sind nach § 3 Nummer 12, 26, 26a, 26b oder 72 des Einkommensteuergesetzes in voller Höhe steuerfrei, und
c)
Einnahmen aus anderen Einkunftsarten haben, die insgesamt die Höhe von achtzehntausend Euro, im Falle der Zusammenveranlagung von sechsunddreißigtausend Euro, nicht übersteigen und im Veranlagungsverfahren zu erklären sind oder auf Grund eines Antrags des Steuerpflichtigen erklärt werden. An die Stelle der Einnahmen tritt in Fällen des § 20 Absatz 2 des Einkommensteuergesetzes der Gewinn im Sinne des § 20 Absatz 4 des Einkommensteuergesetzes und in den Fällen des § 23 Absatz 1 des Einkommensteuergesetzes der Gewinn im Sinne des § 23 Absatz 3 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes; Verluste bleiben unberücksichtigt.
Die Befugnis erstreckt sich nur auf die Hilfeleistung bei der Einkommensteuer und ihren Zuschlagsteuern. Soweit zulässig, berechtigt sie auch zur Hilfeleistung bei der Eigenheimzulage und der Investitionszulage nach den §§ 3 bis 4 des Investitionszulagengesetzes 1999, bei mit Kinderbetreuungskosten im Sinne von § 10 Absatz 1 Nummer 5 des Einkommensteuergesetzes sowie bei mit haushaltsnahen Beschäftigungsverhältnissen im Sinne des § 35a des Einkommensteuergesetzes zusammenhängenden Arbeitgeberaufgaben sowie zur Hilfe bei Sachverhalten des Familienleistungsausgleichs im Sinne des Einkommensteuergesetzes und der sonstigen Zulagen und Prämien, auf die die Vorschriften der Abgabenordnung anzuwenden sind. Mitglieder, die arbeitslos geworden sind, dürfen weiterhin beraten werden.
12.
Kreditinstitute, soweit sie in Vertretung der Gläubiger von Kapitalerträgen Anträge auf Erstattung von Kapitalertragsteuer nach § 44a Absatz 9 oder § 50c des Einkommensteuergesetzes oder nach § 11 Absatz 1 des Investmentsteuergesetzes stellen,
13.
öffentlich bestellte versicherungsmathematische Sachverständige, soweit sie in unmittelbarem Zusammenhang mit der Berechnung von Pensionsrückstellungen, versicherungstechnischen Rückstellungen und Zuführungen zu Pensions- und Unterstützungskassen ihren Auftraggebern Hilfe in Steuersachen leisten,
14.
diejenigen, die Verträge im Sinne des § 2 Abs. 1 Wohnungsbau-Prämiengesetz schließen oder vermitteln, soweit sie bei der Ausfüllung von Anträgen auf Wohnungsbauprämie Hilfe leisten,
15.
Stellen, die durch Landesrecht als geeignet im Sinne des § 305 Abs. 1 Nr. 1 der Insolvenzordnung anerkannt sind, im Rahmen ihres Aufgabenbereichs,
16.
a)
diejenigen, die Verträge im Sinne des § 1 Abs. 1 und 1a des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes schließen oder vermitteln,
b)
die in § 82 Abs. 2 Satz 1 Buchstabe a des Einkommensteuergesetzes genannten Versorgungseinrichtungen,
soweit sie im Rahmen des Vertragsabschlusses, der Durchführung des Vertrages oder der Antragstellung nach § 89 des Einkommensteuergesetzes Hilfe leisten.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so gilt für die Zwangsvollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung sinngemäß; § 150 bleibt unberührt. Vollstreckungsgericht ist das Finanzgericht.

(2) Vollstreckt wird

1.
aus rechtskräftigen und aus vorläufig vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidungen,
2.
aus einstweiligen Anordnungen,
3.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen.

(3) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(4) Für die Vollstreckung können den Beteiligten auf ihren Antrag Ausfertigungen des Urteils ohne Tatbestand und ohne Entscheidungsgründe erteilt werden, deren Zustellung in den Wirkungen der Zustellung eines vollständigen Urteils gleichsteht.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und, soweit die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten es nicht ausschließen, die Zivilprozessordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a sinngemäß anzuwenden; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts und des Bundesgerichtshofs der Bundesfinanzhof und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Finanzgerichtsordnung tritt; die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug sind entsprechend anzuwenden.

Die in den §§ 711, 712 zugunsten des Schuldners zugelassenen Anordnungen sollen nicht ergehen, wenn die Voraussetzungen, unter denen ein Rechtsmittel gegen das Urteil stattfindet, unzweifelhaft nicht vorliegen.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.