Finanzgericht Nürnberg Urteil, 11. März 2014 - 2 K 931/12

bei uns veröffentlicht am11.03.2014

Gericht

Finanzgericht Nürnberg

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

Streitig ist, ob das Finanzamt die Klägerin rechtmäßig mit Duldungsbescheiden gemäß § 191 Abgabenordnung (AO) in Verbindung mit dem Anfechtungsgesetz (AnfG) in Anspruch genommen hat.

Die Klägerin ist seit mindestens April 2006 mit Herrn N bekannt; damals wurde durch diesen eine gemeinsame Reise in die USA gebucht. Aus einer Verdienstabrechnung für 2007 der AAA, einer ehemaligen Firma des N (angemeldet zum 01.09.2001), ergibt sich, dass die Klägerin seit März 2007 bei dieser beschäftigt war und zu diesem Zeitpunkt auch schon unter der gleichen Anschrift wohnte, wie N. Aus den Lohndaten in den Akten des Finanzamts ergibt sich, dass die Klägerin seit Anfang 2006 diese Wohnung gegenüber ihrem damaligen Arbeitgeber angegeben hat. Aus diesen Daten ergibt sich auch, dass sie im Jahr 2005 15.700 €, im Jahr 2006 20.580 €, im Jahr 2007 20.690 €, im Jahr 2008 19.098 €, im Jahr 2009 nur Arbeitslosengeld (184,48 €) und im Jahr 2010 19.147,68 € verdient hat.

N hatte neben der AAA noch einen Gebrauchtwagenhandel US angemeldet zum 22.04.2003.

In der Zeit vom 08.06.2009 bis zum 18.05.2010 wurden die Gewerbe des N einer Außenprüfung durch das Finanzamt für die Jahre 2004 bis 2007 unterzogen, in deren Folge die Steuerfestsetzungen erhöht wurden. Diese Festsetzungen sind mittlerweile bestandskräftig.

Zwischen dem 01.07.2010 und dem 01.10.2010 übertrug N der Klägerin das Eigentum an folgenden Sachen:

- Pkw GMC Yukon (laut Kaufvertrag; laut Zulassungsbescheinigung Teil II ein Chevrolet Suburban), Fahrzeugidentnummer 0000000000, amtl. Kennzeichen Y-YY 1, Erstzulassung auf N 01.07.2000, Zulassung auf die Klägerin 01.10.2010, Verkauf an die "Fa. P." mit Vertrag vom 01.06.2010 zu einem Preis von 7.000 € ohne Ausweis von Mehrwertsteuer

- 5er BMW, Erstzulassung 06.06.1995

- Kfz-Anhänger, amtl. Kennzeichen Y-YY 2, Fahrzeugidentnummer 0000000001, Erstzulassung 01.02.2001.

Für den BMW und den Anhänger wurde kein schriftlicher Kaufvertrag vorgelegt; die Fahrzeuge wurden aber in diesem Zeitraum auf die Klägerin umgemeldet.

Die Klägerin legte dem Finanzamt im Einspruchsverfahren gegen einen anderen Bescheid elf auf den 30.05.2010 datierte Quittungen vor, in denen N bestätigt, für elf jeweils mit Fahrzeugidentifikationnummer individualisierte Pkw Geldbeträge von der Klägerin in Höhe von insgesamt 11.400 € erhalten zu haben.

Das Finanzamt hat im Jahr 2010 erfolglos versucht, Steuerschulden des N im Wege der Vollstreckung bei diesem einzutreiben.

Gegen die Klägerin hat das Finanzamt daraufhin zunächst folgende Duldungsbescheide erlassen:

Nr.     

Datum 

Verwaltungsakt

Steuerschulden N

Gegenstand Duldung

1       

24.08.2011

Duldungsbescheid § 3 II AnfG

Säumniszu. ESt, USt

Chevrolet, Anhänger

2       

09.12.2011

Duldungsbescheid § 3 II AnfG

ESt 04 – 08 (+ Nebenleistungen), USt-SZ

11 Fahrzeuge

3       

09.12.2011

Duldungsbescheid § 3 II AnfG

USt 04 – 10 (+ Nebenleistungen)

11 Fahrzeuge

4       

09.12.2011

Duldungsbescheid § 4 AnfG

ESt 04 – 08 (+ Nebenleistungen), USt-SZ

11 Fahrzeuge

5       

09.12.2011

Duldungsbescheid § 4 AnfG

Säumniszu. ESt, USt

Chevrolet, Anhänger

6       

09.12.2011

Duldungsbescheid § 4 AnfG

USt 04 – 10 (+ Nebenleistungen)

11 Fahrzeuge

Alle Bescheide legen fest, dass die Klägerin die Vollstreckung in die jeweils aufgeführten Gegenstände „wegen eines Gesamtbetrages von“, an dieser Stelle folgt die Summe der von N geschuldeten Steuern und Nebenleistungen, zu dulden habe, als gehörten die Gegenstände noch zum Vermögen des N.

Bis auf die Bescheide Nr. 3 und Nr. 6 enthalten alle ein Leistungsgebot, welches jeweils ausführt, die Klägerin könne die Zwangsvollstreckung in die genannten Gegenstände durch Zahlung des „oben genannten Gesamtbetrages“ abwenden. Mit „Gesamtbetrag“ ist in den Bescheiden Nr. 1 und 7 bis 9 jeweils die Gesamtsumme von geschuldeten Steuern plus Säumniszuschläge bezeichnet (in den Bescheiden Nr. 2 und 10 sind Säumniszuschläge nicht erwähnt, das Ergebnis der Summierung wird nur mit „Summe“ bezeichnet).

Mit Bescheid vom 17.02.2012 hob das Finanzamt die Bescheide Nr. 2 und Nr. 4 bis 6 wegen formeller Fehler auf und erließ am selben Tag folgende Ersatzbescheide:

Nr.     

Datum 

Verwaltungsakt

Steuerschulden N

Gegenstand Duldung

7       

17.02.2012

Duldungsbescheid § 3 II AnfG

ESt 04 – 08 (+ Nebenleistungen), USt-SZ

11 Fahrzeuge

8       

17.02.2012

Duldungsbescheid § 4 AnfG

ESt 04 – 08 (+ Nebenleistungen), USt-SZ

11 Fahrzeuge

9       

17.02.2012

Duldungsbescheid § 4 AnfG

Säumniszu. ESt, USt

Chevrolet, Anhänger

10    

17.02.2012

Duldungsbescheid § 4 AnfG

USt 04 – 10 (+ Nebenleistungen)

11 Fahrzeuge

Zudem erging am selben Tag ein Leistungsgebot hinsichtlich des Bescheides Nr. 3; alle übrigen Bescheide enthielten bereits Leistungsgebote.

Dementsprechend bestehen noch folgende Duldungsbescheide gegenüber der Klägerin:

Gegenstand

Schuldgrund

§ 3 II AnfG

§ 4 AnfG

        

        

Datum 

lfd. Nr.

Datum 

lfd. Nr.

Chevrolet, Anhänger

Säumniszu. ESt, USt

24.08.2011

1       

17.02.2012

9       

11 Fahrzeuge

USt 04 – 10 (+ Nbleist)

09.12.2011

3       

17.02.2012

10    

11 Fahrzeuge

ESt 04 – 08 (+ Nbleist), USt-SZ

17.02.2012

7       

17.02.2012

8       

In sämtlichen Bescheiden mit Ausnahme des Bescheides vom 24.08.2011, der keine explizite Angabe hierüber enthält, wird der Anspruch auf Wertersatz in der Höhe des Schuldgrundes (jeweilige Steuerschulden des N) beziffert ohne Rücksicht auf den Wert des Gegenstandes dessen Übertragung angefochten wurde:

lfd. Nr.

Wertersatz

1       

 keine Angabe

3       

 32.327,55 €

7       

 68.821,49 €

8       

 68.821,49 €

9       

 13.097,00 €

10    

 30.608,55 €

Die im Bescheid Nr. 10 genannte Summe ist gegenüber der im Bescheid Nr. 3 genannte geringer aufgrund einer Verminderung der Steuerschulden des N.

Zum Ermessen führen die Bescheide gleichlautend aus, dass die Vollstreckung gegen N erfolglos verlaufen sei und das Finanzamt aufgrund des gesetzlichen Auftrags, die rechtzeitige Zahlung der Abgaben sicherzustellen, es für ermessensgerecht erachte, die Klägerin zur Duldung der Vollstreckung heranzuziehen.

Die Klägerin hat fristgerecht Einspruch gegen die Duldungsbescheide vom 24.08.2011, vom 09.12.2011 und vom 17.02.2012 eingelegt. Dabei wandte sie sich gegen die Annahme, sie sei eine nahestehende Person in Bezug auf N, und gegen die Annahme, die Übertragungen seien unentgeltlich erfolgt. Die Höhe des in den Bescheiden festgesetzten Wertersatzes war nicht Gegenstand ihres Vortrags.

Das Finanzamt wies die Einsprüche gegen den Bescheid vom 24.08.2011 (Nr. 1), den Bescheid vom 09.12.2011 (Nr. 3), den auf § 4 AnfG gestützten Bescheid hinsichtlich Chevrolet und Anhänger (Nr. 9) und den auf § 4 AnfG gestützten Bescheid hinsichtlich der 11 Kfz und den USt-Rückständen des N (Nr. 10) als unbegründet zurück. Die Einsprüche gegen die Bescheide Nr. 7 und 8 hat das Finanzamt noch nicht verbeschieden; aus der Einlassung des Finanzamt in der mündlichen Verhandlung ergibt sich, dass dies angesichts der unübersichtlichen Fülle an Bescheiden übersehen wurde (allerdings befindet sich in der Klageakte eine Einspruchsentscheidung wohl auch vom 11.05.2012 zu Einsprüchen gegen die Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung von allen vier Bescheiden vom 17.02.2012).

In seiner Einspruchsentscheidung vom 11.05.2012 führt das Finanzamt aus, dass die Vollstreckung in das Vermögen des N nur zu sehr geringen Tilgungen geführt habe und dieser am 03.05.2011 die eidesstattliche Versicherung abgegeben habe. Aufgrund dieser sei nicht mehr damit zu rechnen, dass eine Zwangsvollstreckung in das Vermögen des N zu einer vollständigen Befriedigung führen werde.

Am 13.06.2012 hat die Klägerin Klage beim Finanzgericht erhoben. Sie beantragt,

die Duldungsbescheide vom 24.08.2011 (§ 3 Abs. 2 AnfG; Chevrolet und Anhänger; Nr. 1) und

vom 09.12.2011 (§ 3 Abs. 2 AnfG; 11 Pkw; Nr. 3) in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 11.05.2012, der Bescheid vom 09.12.2011 (11 Pkw), geändert durch den Bescheid vom 06.12.2012 sowie

den Duldungsbescheid vom 17.02.2012 (§ 4 AnfG; Chevrolet und Anhänger; Nr. 9) und weiter

vom 17.02.2012 (§ 4 AnfG; 11 Pkw; Nr. 10) in der Fassung der gemeinsamen Einspruchsentscheidung vom 11.05.2012, der Bescheid vom 17.02.2012 (11 Pkw) geändert durch den Bescheid vom 06.12.2012, aufzuheben.

Sie begründet dies im Wesentlichen wie folgt:

Sie wohne zwar in einer Wohngemeinschaft mit N, es handele sich hingegen nicht um eine Lebensgemeinschaft. Sie zahle zwar keine Miete, aber habe im Gegenzug die Pflege und Instandhaltung des Anwesens („Kleinreparaturen“) übernommen.

Die Steuerschulden des N könnten verjährt sein. Die Quittungen belegten, dass sie die Wagen bezahlt hätte. Zudem erschließe sich ihr „die Summe der Forderungen“ nicht, die gesamte Summe der Käufe der Sachwerte betrage nur 18.400 €.

Das Finanzamt beantragt, die Klage abzuweisen und begründet dies im Wesentlichen wie folgt:

Eine entgeltliche Übertragung der 12 Fahrzeuge und des Anhängers sei nicht bewiesen. Die Klägerin sei eine N nahestehende Person, da sie dasselbe Haus bewohne wie N. Der Vortrag einer bloßen Wohngemeinschaft sei unglaubhaft, insbesondere in Bezug auf die Kostentragung. Ein Vollziehungsbeamter des Finanzamt habe bei einer Wohnungsöffnung im Mai 2011 keine getrennten Schlafzimmer vorgefunden. Zudem spreche die Tatsache, dass die Klägerin eine Reise mit N in die USA unternommen habe, lange bevor sie bei seiner Fa. AAA angestellt wurde, dafür, dass es sich bei ihr um eine N nahestehende Person handele.

Zahlungsverjährung sei bzgl. der Steuerschulden des N nicht eingetreten, da die Änderungsbescheide auf denen die Steuerschulden beruhten, erst am 26.07.2010 erlassen worden seien.

Die Höhe des Wertersatzes ergebe sich aus dem Wert der übertragenen Wirtschaftsgüter.

Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung einen Schriftsatz übergeben, nach dem beantragt werde, dem hier zuständigen Gericht aufzugeben festzustellen, dass der Klägerin ein Schaden durch überhöhte Anwaltskosten entstanden sei, die darauf beruhten, dass das Finanzamt in den in diesem Verfahren angegriffenen Bescheiden ursprünglich zu hohe Werte als Wertersatzforderung angesetzt hätte. Dieser Schaden sei vom Finanzamt auszugleichen. Sie hat diesen Antrag bei den am Schluss der mündlichen Verhandlung formulierten Anträgen nicht aufrechterhalten.

Das Finanzamt hat im Klageverfahren die Duldungsbescheide vom 17.02.2012 „sowie das Leistungsgebot vom 17.02.2012 hinsichtlich des Duldungsbescheides vom 09.12.2001“, wegen Erwerb der elf Fahrzeuge (also Nr. 3, 7, 8, 10) gemäß § 130 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) mit Wirkung für die Vergangenheit dahingehend zurückgenommen, dass der „Zahlungsanspruch in Gestalt eines Wertersatzes“ auf 13.950 € begrenzt wurde. Hinsichtlich der Duldungsbescheide, die sich auf die Übertragung des Chevrolet und des Anhängers beziehen, wurde eine derartige Reduktion nicht ausgesprochen, da sich diese noch im Eigentum der Klägerin befänden.

Berechnet hat das Finanzamt den Wertersatz, indem es von Einkaufs – und Verkaufspreis jeweils den höheren Wert zugrunde gelegt hat. Die Verkaufspreise hatte die Klägerin dem Finanzamt genannt; sie summieren sich auf 12.400 €.

Der Berichterstatter hat – nachdem das Finanzamt bereits im Einspruchsverfahren derartige Nachweise erfolglos angefordert hatte – der Klägerin mit Schreiben vom 27.02.2014 eine Frist bis zum 06.03.2014 gesetzt, zugestellt mit Postzustellungsurkunde durch Einlegung in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten am 28.02.2014, Nachweise dafür vorzulegen, dass die in den Quittungen vom 30.05.2010 (11 Fahrzeuge) aufgeführten Beträge tatsächlich an N bezahlt wurden. Daraufhin hat die Klägerin mit Schreiben vom 06.03.2014 (Eingang bei Gericht am selben Tag) eine fehlerhafte Zustellung gerügt, da entgegen dem Zustellvermerk auf der Postzustellungsurkunde durch Niederlegung zugestellt worden sei. Zudem enthalte die Fristsetzung eine unzulässige Beweislastumkehr. In der mündlichen Verhandlung hat sie hierzu ausgeführt, im Keller des von ihr mit N bewohnten und den Eltern des N gehörenden Hauses befinde sich ein nur ihr gehörender Safe, in dem 40.000 € gewesen wären, mit denen sie die in den Quittungen genannten Beträge bezahlt habe. N habe keinen Zugang zu diesem Geld.

In der mündlichen Verhandlung hat sich das Finanzamt verpflichtet, die Duldungsbescheide vom 24.08.2011 und 17.02.2011 (Nr. 1 und 9) dahin zu ändern, dass der Wertersatzanspruch auf 5.200 € begrenzt wird. Es wird insoweit klargestellt, dass der im Protokoll verwendete Begriff „Schuldsumme“ (Seite 3 unten) den Wertersatz meint.

Gründe

I. Die Klage gegen die Duldungsbescheide ist unbegründet, da die angegriffenen Bescheide die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzten.

1. Nach § 191 Abs. 1 Satz 1 AO kann derjenige, der kraft Gesetzes verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden, durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden.

Nach § 1 AnfG können alle Rechtshandlungen eines Schuldners, die seine Gläubiger benachteiligen, außerhalb des Insolvenzverfahrens nach den Bestimmungen des AnfG angefochten werden. Nach § 191 Abs. 1 Satz 2 erfolgt dies durch das Finanzamt außerhalb des Insolvenzverfahrens durch Duldungsbescheid.

Zur Anfechtung ist jeder Gläubiger berechtigt, der einen vollstreckbaren Schuldtitel erlangt hat und dessen Forderung fällig ist, wenn die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners nicht zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers geführt hat oder wenn anzunehmen ist, dass sie nicht dazu führen würde (§ 2 AnfG). Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 AnfG ist anfechtbar ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§138 Insolvenzordnung - InsO -) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den seine Gläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist u.a. ausgeschlossen, wenn dem Erwerber zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war (§ 3 Abs. 2 Satz 2 AnfG). Nach § 4 AnfG ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners anfechtbar, es sei denn, sie ist früher als vier Jahre vor der Anfechtung vorgenommen worden.

Der Erlass eines Duldungsbescheides liegt im Ermessen des Finanzamts; sofern die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Inanspruchnahme durch Duldungsbescheid vorliegen, kann das Finanzamt entscheiden (Ermessen), ob und ggf. wen es als Duldungspflichtigen in Anspruch nimmt.

2. Die Klägerin hat sich zwar mit ihrer Klage gegen „die erlassenen Duldungsbescheide“ gewendet. Dies ist aber nicht dahingehend auszulegen, dass sie auch die Bescheide angefochten hätte, zu denen das Finanzamt bislang keine Einspruchsentscheidung gefertigt hat. Denn eine Klage dagegen wäre mangels durchgeführtem Vorverfahren kostenpflichtig abzuweisen gewesen. Nach Aufforderung des Berichterstatters, die angegriffenen Bescheide und Einspruchsentscheidungen zu nennen, hat die Klägerin eine Fülle von Bescheiden und Einspruchsentscheidungen bezeichnet, zumeist mit demselben Datum und ohne unterscheidende Kennzeichnung. Daraus zeigt sich für den Senat deutlich, dass die Klägerin ihre Rechtschutzmöglichkeiten gegen die mit Einspruchsentscheidung bereits verbeschiedenen Bescheide wahren wollte. Ein Anzeichen dafür, dass sie darüber hinaus auch im Wege einer Untätigkeitsklage gegen das Finanzamt vorgehen wollte, lässt sich den Schreiben der Klägerin nicht entnehmen.

3. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist die "Anfechtung" nach dem AnfG als solche kein Verwaltungsakt, da sie nicht rechtsgestaltend ist. Der Rückgewähranspruch ist vielmehr kraft Gesetzes gegeben, wenn einer der Anfechtungstatbestände erfüllt ist. Dem Umstand, dass sich das Finanzamt evtl. nur auf einen einzigen solchen Tatbestand berufen hat, kommt keine rechtliche Bedeutung zu (Urteil des BFH vom 14.07.1981 VII R 49/80, BStBl II 1981, 751). Das Gericht hat eigenständig zu prüfen, ob der ermittelte Sachverhalt den Rückgewähranspruch rechtfertigt. Für die Rechtmäßigkeit eines Duldungsbescheides ist die fehlerhafte Bezeichnung der Anspruchs- bzw Anfechtungsnorm nach dem AnfG unschädlich, wenn ein anderer Anfechtungsgrund greift. Das Finanzamt muss zwar im Duldungsbescheid den Anfechtungsgrund bezeichnen (vgl. BFH-Urteil vom 31.07.1979 VII B 11/79, BStBl II 1979, 756). Damit ist aber nicht die Bezeichnung der jeweils anwendbaren Rechtsnorm des Anfechtungsgesetzes gemeint, sondern die Schilderung der tatsächlichen Grundlage für die Anfechtung (so bereits Urteil des BFH vom 14.07.1981 VII R 49/80, BStBl II 1981, 751; ebenso BFH-Beschluss vom 24.04.2006 VII B 120/05, BFH/NV 2006,1609). Dieser überzeugenden Ansicht schließt sich der Senat an.

Aus dem Umstand, dass das Finanzamt für die beiden unterschiedlichen Anfechtungstatbestände (§ 3 Abs. 2, Duldungsbescheide vom 24.08.2011 – Nr. 1 – und vom 09.12.2011 – Nr. 3, und § 4 AnfG, Duldungsbescheide vom 17.02.2012 – Nr. 9 und 10) jeweils einen eigenständigen Bescheid erlassen hat, resultiert keine Rechtsverletzung der Klägerin, weil die jeweils zweiten Bescheide (Nr. 9 und Nr. 10) als bloß wiederholende Verfügungen keinen Regelungscharakter haben, mithin die Rechte der Klägerin nicht berühren können (vgl. BFH-Urteil vom 06.08.1996 VII R 77/95, BStBl II 1997, 79, und BFH-Beschluss vom 16.03.2001 IV B 17/00, BFH/NV 2001, 1103).

Die Bescheide vom 17.02.2012 (Nr. 9 und Nr. 10) sprechen unter Berücksichtigung derselben Tatsachengrundlage (Übertragung von Gegenständen aus dem Vermögen des N auf die Klägerin) dieselbe Rechtsfolge aus. Obwohl sie mit einer eigenen Rechtsbehelfsbelehrung versehen waren und auch dem Finanzamt der fehlende Regelungscharakter nicht bewusst war, kann ein objektiver Empfänger unter Berücksichtigung der rechtlichen Ausgangslage in den zweiten Bescheiden kein Abweichen oder Ändern gegenüber den ersten erkennen.

4. Die angegriffenen Duldungsbescheide (Nr. 1 und Nr. 3), mit denen das Finanzamt die Klägerin nach § 3 Abs. 2 AnfG wegen entgeltlicher Übertragung der Fahrzeuge in Anspruch genommen hat, sind rechtmäßig. Zwar geht das Gericht von einer unentgeltlichen Übertragung aus (§ 4 AnfG), jedoch ist die Benennung eines falsches Anfechtungsgrundes unschädlich.

a. Die Duldungspflicht der Klägerin ergibt sich schon aus § 4 AnfG, da die Klägerin nicht nachweisen konnte, die übertragenen Gegenstände entgeltlich erworben zu haben. Hinsichtlich dieses in der Sphäre der Klägerin liegenden Umstands trifft die Klägerin eine erhöhte Mitwirkungspflicht (§ 90 AO). Die Klägerin hat aber die Frist zur Vorlage von Nachweisen hierzu (bzgl. der Quittungen vom 30.05.2010) ergebnislos verstreichen lassen. Die Quittungen selbst belegen jedoch nur, dass der N die Aussage, es sei bezahlt worden, gemacht hat (vgl. § 416 Zivilprozessordnung); über eine tatsächliche Zahlung sagen die Quittungen nichts aus. Angesichts des Umstandes, dass die Klägerin in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, keine Miete für ihr „Mitbewohnen“ der Wohnung der Eltern von N zu bezahlen, ihrer geringen Einkünfte und der Tatsache, das die in den Akten befindliche Lohnabrechnung der AAA für den Monat 12/2007 keine Kontodaten enthält („Der Betrag in Höhe von […] wird überwiesen auf das Konto fehlt, Bank fehlt (BLZ fehlt“), sowie des Gesamteindrucks der mündlichen Verhandlung geht der Senat davon aus, dass für die Übertragung der Fahrzeuge keine Gegenleistung geflossen ist. Der Vortrag der Klägerin, einen eigenen Safe in einem ihr nicht gehörenden Keller zu haben, in dem sie 40.000 € gelagert habe, ist höchst unglaubhaft. Angesichts der überschaubaren Einkünfte der Klägerin erscheint ein Ansparen einer derartigen Summe neben der Lebenshaltungskosten (die Klägerin hat angegeben, sämtliche Unterhaltskosten der Wohnung zu tragen) nicht möglich. Die Angabe, sie habe mit diesem Geld Edelmetallspekulationen durchgeführt, ist ohne jeden Nachweis geblieben und offenkundig eine Schutzbehauptung. Aufgrund der auch in der mündlichen Sitzung offenkundig gewordenen engen Vertrautheit zwischen der Klägerin und N hält der Senat die Aussagen der Klägerin zu diesem Komplex von dem Wunsch beeinflusst, die dem N gehörenden Sachgüter dem Vollstreckungszugriff des Finanzamt zu entziehen.

b. Darüber hinaus wäre eine Duldungspflicht auch – eine Entgeltlichkeit unterstellt – über § 3 Abs. 2 AnfG gegeben. Die Klägerin hat zwar beständig bestritten, die Lebensgefährtin des N zu sein, der Geschehensablauf lässt aber keine andere Annahme zu. Angesicht der gemeinsamen Auslandsreise weit vor Beschäftigungsbeginn bei der AAA, der sehr ungewöhnlichen Wohnbeziehung (keine Abrechnung innerhalb der „Wohngemeinschaft“), der fürsorglichen Präsenz des N in der mündlichen Verhandlung und der plötzlichen Übertragung eines Gewerbes des N auf die Klägerin (vgl. 2 K 929/12) ist der Senat der Überzeugung, dass sie mit ihm eine häusliche Gemeinschaft im Sinne des § 138 Insolvenzordnung bildeten.

5. Die Übertragung der Fahrzeuge war unbestritten gläubigerbenachteiligend. Die Anfechtungsfristen wurden unbestritten eingehalten. Die Vollstreckung bei N war erfolglos geblieben.

II. Die Klage gegen die mit den Duldungsbescheiden verbundenen Wertersatzfestsetzungen ist gemäß § 44 Abs. 1 FGO unzulässig, da diesbezüglich kein Vorverfahren durchgeführt worden ist.

1. Die Festsetzungen des zu schuldenden Wertersatzes in den angegriffenen Bescheiden stellen – mit den Duldungsbescheiden äußerlich verbundene – separate Verwaltungsakte dar, da sie eine eigenständige Konkretisierung neben dem Ausspruch der Duldungspflicht gemäß § 191 Abs. 1 Satz 1 AO und mithin eine hoheitliche Regelung eines Einzelfalls mit Außenwirkung darstellen (§ 118 AO). Der Wert der aus dem Vermögen des N weggegebenen Gegenstände wird dadurch verbindlich festgestellt. Obwohl die mit dem angegriffenen Duldungsbescheiden verwirklichten Ansprüche aus dem Anfechtungsgesetz auch Privaten zustehen, stellt die einseitige Wertfestsetzung eine Maßnahme auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts (vgl. § 118 AO) dar, da sie in einem Duldungsbescheid und nicht in einem Klageantrag im zivilgerichtlichen Verfahren (vgl. § 13 AnfG) ausgesprochen wird.

2. Die Wertfestsetzung im Bescheid Nr. 1 ist implizit im Leistungsgebot enthalten. Die Aufforderung die Vollstreckung wegen der Steuerschulden des N durch die Zahlung des „Gesamtbetrages“ abzuwenden, kann vom Verpflichteten nur so verstanden werden, dass damit der Wert der Gegenstände, deren Vollstreckung er möglicherweise abwenden will, auf diesen Betrag festgesetzt wird. Das ergibt sich insb. auch daraus, dass die Klägerin bereits mit Schreiben vom 24.08.2011 vom Finanzamt darüber in Kenntnis gesetzt worden ist, dass beabsichtigt sei, ihr gegenüber einen Duldungsbescheid zu erlassen. In diesem Schreiben ist ausgeführt, dass, sofern dem Vollstreckungsgläubiger das Weggegebene nicht zur Befriedigung seiner Ansprüche zur Verfügung gestellt werden könnte, ein Anspruch auf Wertersatz bestehe.

3. Gegen diese Festsetzungen hat die Klägerin keinen Einspruch eingelegt.

Die Wertfestsetzungen wurden mit den Duldungsbescheiden äußerlich verbunden (Sammelbescheid). Dennoch sind die nur äußerlich verbundenen Verwaltungsakte einzeln anzufechten (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 08.05.2008 VI R 12/05, BStBl II 2009, 116).

Die Einsprüche der Klägerin sind eindeutig nur gegen die in den angegriffenen Sammelbescheiden enthaltenen Duldungsbescheide gerichtet. Bei der Frage der Auslegungsbedürftigkeit des Einspruchs gegen einen Sammelbescheid muss entscheidend darauf abgestellt werden, auf welche Beschwer die Begründung des Einspruchs gestützt wird. Die Auslegungsbedürftigkeit folgt nicht schon daraus, dass der Einspruch sich gegen einen Sammelbescheid richtet und theoretisch alle darin enthaltenen Festsetzungen angefochten sein könnten (vgl. BFH-Urteil vom 08.05.2008 VI R 12/05, BStBl II 2009, 116). Daraus folgt, dass die Einsprüche nicht auslegungsbedürftig sind, da die Einsprüche der zum damaligen Zeitpunkt steuerlich beratenen Klägerin weder ihrem Wortlaut nach, noch sonst im gesamten Einspruchsverfahren die Höhe der Wertfestsetzung thematisierten. Dementsprechend behandelt auch die Einspruchsentscheidung des Finanzamts diese Frage nicht.

Selbst wenn man eine Auslegungsfähig- und –bedürftigkeit der Einsprüche unterstellte, müsste diese zu dem Ergebnis kommen, dass nur die Duldungsbescheide angefochten wären. Denn bei der Auslegung ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige denjenigen Verwaltungsakt anfechten will, der angefochten werden muss, um zu dem erkennbar angestrebten Erfolg zu kommen (vgl. BFH-Urteil vom 08.05.2008 VI R 12/05, BStBl II 2009, 116).

III. Über den „Feststellungsantrag“ war nicht zu entscheiden, da die Klägerin nicht an ihm festgehalten hat. Zudem könnte dieser vom erkennenden Gericht nicht entschieden werden. Es handelt sich bei dem Begehren der Klägerin mangels Erledigung des angegriffenen Bescheides nicht um eine Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 100 Abs. 1 Satz 4 Finanzgerichtsordnung (FGO). Für eine Feststellungsklage gemäß § 41 Abs. 1 FGO fehlt der Klägerin das besondere Feststellungsinteresse, da der einzige von ihr genannte Grund (Ausgleich des materiellen Schadens) nur im Rahmen der Fortsetzungsfeststellungsklage ein berechtigtes Interesse an einer Feststellung vermitteln kann (vgl. BFH-Beschluss vom 22.07.2010 VII B 227/09, BFH/NV 2010, 2238). Dieser Teil des Rechtstreits wäre daher, sofern die Klägerin an ihrem Antrag auf Feststellung festgehalten hätte, an die Zivilgerichtsbarkeit zu verweisen gewesen (vgl. § 17a Abs. 2 Gerichtsverfassungsgesetz).

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

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(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungskla

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(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor der Anfechtung mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte.

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(1) Anfechtbar ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners, es sei denn, sie ist früher als vier Jahre vor der Anfechtung vorgenommen worden. (2) Richtet sich die Leistung auf ein gebräuchliches Gelegenheitsgeschenk geringen Werts, so ist sie ni

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(1) Ist der Schuldner eine natürliche Person, so sind nahestehende Personen: 1. der Ehegatte des Schuldners, auch wenn die Ehe erst nach der Rechtshandlung geschlossen oder im letzten Jahr vor der Handlung aufgelöst worden ist;1a. der Lebenspartner d

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(1) Rechtshandlungen eines Schuldners, die seine Gläubiger benachteiligen, können außerhalb des Insolvenzverfahrens nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen angefochten werden. (2) Eine Unterlassung steht einer Rechtshandlung gleich.

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Zur Anfechtung ist jeder Gläubiger berechtigt, der einen vollstreckbaren Schuldtitel erlangt hat und dessen Forderung fällig ist, wenn die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners nicht zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers gef

Anfechtungsgesetz - AnfG 1999 | § 13 Bestimmter Klageantrag


Wird der Anfechtungsanspruch im Wege der Klage geltend gemacht, so hat der Klageantrag bestimmt zu bezeichnen, in welchem Umfang und in welcher Weise der Anfechtungsgegner das Erlangte zur Verfügung stellen soll.

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(1) Wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet (Haftungsschuldner), kann durch Haftungsbescheid, wer kraft Gesetzes verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden, kann durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden. Die Anfechtung wegen Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis außerhalb des Insolvenzverfahrens erfolgt durch Duldungsbescheid, soweit sie nicht im Wege der Einrede nach § 9 des Anfechtungsgesetzes geltend zu machen ist; bei der Berechnung von Fristen nach den §§ 3 und 4 des Anfechtungsgesetzes steht der Erlass eines Duldungsbescheids der gerichtlichen Geltendmachung der Anfechtung nach § 7 Abs. 1 des Anfechtungsgesetzes gleich. Die Bescheide sind schriftlich oder elektronisch zu erteilen.

(2) Bevor gegen einen Rechtsanwalt, Patentanwalt, Notar, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer wegen einer Handlung im Sinne des § 69, die er in Ausübung seines Berufs vorgenommen hat, ein Haftungsbescheid erlassen wird, gibt die Finanzbehörde der zuständigen Berufskammer Gelegenheit, die Gesichtspunkte vorzubringen, die von ihrem Standpunkt für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Die Vorschriften über die Festsetzungsfrist sind auf den Erlass von Haftungsbescheiden entsprechend anzuwenden. Die Festsetzungsfrist beträgt vier Jahre, in den Fällen des § 70 bei Steuerhinterziehung zehn Jahre, bei leichtfertiger Steuerverkürzung fünf Jahre, in den Fällen des § 71 zehn Jahre. Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Tatbestand verwirklicht worden ist, an den das Gesetz die Haftungsfolge knüpft. Ist die Steuer, für die gehaftet wird, noch nicht festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist für den Haftungsbescheid nicht vor Ablauf der für die Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist; andernfalls gilt § 171 Abs. 10 sinngemäß. In den Fällen der §§ 73 und 74 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt (§ 228) ist.

(4) Ergibt sich die Haftung nicht aus den Steuergesetzen, so kann ein Haftungsbescheid ergehen, solange die Haftungsansprüche nach dem für sie maßgebenden Recht noch nicht verjährt sind.

(5) Ein Haftungsbescheid kann nicht mehr ergehen,

1.
soweit die Steuer gegen den Steuerschuldner nicht festgesetzt worden ist und wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist auch nicht mehr festgesetzt werden kann,
2.
soweit die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt ist oder die Steuer erlassen worden ist.
Dies gilt nicht, wenn die Haftung darauf beruht, dass der Haftungsschuldner Steuerhinterziehung oder Steuerhehlerei begangen hat.

(1) Anfechtbar ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners, es sei denn, sie ist früher als vier Jahre vor der Anfechtung vorgenommen worden.

(2) Richtet sich die Leistung auf ein gebräuchliches Gelegenheitsgeschenk geringen Werts, so ist sie nicht anfechtbar.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor der Anfechtung mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte.Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138 der Insolvenzordnung) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den seine Gläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor der Anfechtung geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

(1) Anfechtbar ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners, es sei denn, sie ist früher als vier Jahre vor der Anfechtung vorgenommen worden.

(2) Richtet sich die Leistung auf ein gebräuchliches Gelegenheitsgeschenk geringen Werts, so ist sie nicht anfechtbar.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur dann zurückgenommen werden, wenn

1.
er von einer sachlich unzuständigen Behörde erlassen worden ist,
2.
er durch unlautere Mittel, wie arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt worden ist,
3.
ihn der Begünstigte durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren,
4.
seine Rechtswidrigkeit dem Begünstigten bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt war.

(3) Erhält die Finanzbehörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakts rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Fall des Absatzes 2 Nr. 2.

(4) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts die nach den Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit zuständige Finanzbehörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Finanzbehörde erlassen worden ist; § 26 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet (Haftungsschuldner), kann durch Haftungsbescheid, wer kraft Gesetzes verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden, kann durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden. Die Anfechtung wegen Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis außerhalb des Insolvenzverfahrens erfolgt durch Duldungsbescheid, soweit sie nicht im Wege der Einrede nach § 9 des Anfechtungsgesetzes geltend zu machen ist; bei der Berechnung von Fristen nach den §§ 3 und 4 des Anfechtungsgesetzes steht der Erlass eines Duldungsbescheids der gerichtlichen Geltendmachung der Anfechtung nach § 7 Abs. 1 des Anfechtungsgesetzes gleich. Die Bescheide sind schriftlich oder elektronisch zu erteilen.

(2) Bevor gegen einen Rechtsanwalt, Patentanwalt, Notar, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer wegen einer Handlung im Sinne des § 69, die er in Ausübung seines Berufs vorgenommen hat, ein Haftungsbescheid erlassen wird, gibt die Finanzbehörde der zuständigen Berufskammer Gelegenheit, die Gesichtspunkte vorzubringen, die von ihrem Standpunkt für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Die Vorschriften über die Festsetzungsfrist sind auf den Erlass von Haftungsbescheiden entsprechend anzuwenden. Die Festsetzungsfrist beträgt vier Jahre, in den Fällen des § 70 bei Steuerhinterziehung zehn Jahre, bei leichtfertiger Steuerverkürzung fünf Jahre, in den Fällen des § 71 zehn Jahre. Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Tatbestand verwirklicht worden ist, an den das Gesetz die Haftungsfolge knüpft. Ist die Steuer, für die gehaftet wird, noch nicht festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist für den Haftungsbescheid nicht vor Ablauf der für die Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist; andernfalls gilt § 171 Abs. 10 sinngemäß. In den Fällen der §§ 73 und 74 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt (§ 228) ist.

(4) Ergibt sich die Haftung nicht aus den Steuergesetzen, so kann ein Haftungsbescheid ergehen, solange die Haftungsansprüche nach dem für sie maßgebenden Recht noch nicht verjährt sind.

(5) Ein Haftungsbescheid kann nicht mehr ergehen,

1.
soweit die Steuer gegen den Steuerschuldner nicht festgesetzt worden ist und wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist auch nicht mehr festgesetzt werden kann,
2.
soweit die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt ist oder die Steuer erlassen worden ist.
Dies gilt nicht, wenn die Haftung darauf beruht, dass der Haftungsschuldner Steuerhinterziehung oder Steuerhehlerei begangen hat.

(1) Rechtshandlungen eines Schuldners, die seine Gläubiger benachteiligen, können außerhalb des Insolvenzverfahrens nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen angefochten werden.

(2) Eine Unterlassung steht einer Rechtshandlung gleich.

Zur Anfechtung ist jeder Gläubiger berechtigt, der einen vollstreckbaren Schuldtitel erlangt hat und dessen Forderung fällig ist, wenn die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners nicht zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers geführt hat oder wenn anzunehmen ist, daß sie nicht dazu führen würde.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor der Anfechtung mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte.Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138 der Insolvenzordnung) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den seine Gläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor der Anfechtung geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

(1) Anfechtbar ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners, es sei denn, sie ist früher als vier Jahre vor der Anfechtung vorgenommen worden.

(2) Richtet sich die Leistung auf ein gebräuchliches Gelegenheitsgeschenk geringen Werts, so ist sie nicht anfechtbar.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor der Anfechtung mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte.Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138 der Insolvenzordnung) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den seine Gläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor der Anfechtung geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

(1) Anfechtbar ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners, es sei denn, sie ist früher als vier Jahre vor der Anfechtung vorgenommen worden.

(2) Richtet sich die Leistung auf ein gebräuchliches Gelegenheitsgeschenk geringen Werts, so ist sie nicht anfechtbar.

(1) Die Beteiligten sind zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts verpflichtet. Sie kommen der Mitwirkungspflicht insbesondere dadurch nach, dass sie die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offenlegen und die ihnen bekannten Beweismittel angeben. Der Umfang dieser Pflichten richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.

(2) Ist ein Sachverhalt zu ermitteln und steuerrechtlich zu beurteilen, der sich auf Vorgänge außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes bezieht, so haben die Beteiligten diesen Sachverhalt aufzuklären und die erforderlichen Beweismittel zu beschaffen. Sie haben dabei alle für sie bestehenden rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten auszuschöpfen. Ein Beteiligter kann sich nicht darauf berufen, dass er Sachverhalte nicht aufklären oder Beweismittel nicht beschaffen kann, wenn er sich nach Lage des Falls bei der Gestaltung seiner Verhältnisse die Möglichkeit dazu hätte beschaffen oder einräumen lassen können.

(3) Ein Steuerpflichtiger hat über die Art und den Inhalt seiner Geschäftsbeziehungen im Sinne des § 1 Absatz 4 des Außensteuergesetzes Aufzeichnungen zu erstellen. Die Aufzeichnungspflicht umfasst neben der Darstellung der Geschäftsvorfälle (Sachverhaltsdokumentation) auch die wirtschaftlichen und rechtlichen Grundlagen für eine den Fremdvergleichsgrundsatz beachtende Vereinbarung von Bedingungen, insbesondere Preisen (Verrechnungspreisen), sowie insbesondere Informationen zum Zeitpunkt der Verrechnungspreisbestimmung, zur verwendeten Verrechnungspreismethode und zu den verwendeten Fremdvergleichsdaten (Angemessenheitsdokumentation). Hat ein Steuerpflichtiger Aufzeichnungen im Sinne des Satzes 1 für ein Unternehmen zu erstellen, das Teil einer multinationalen Unternehmensgruppe ist, so gehört zu den Aufzeichnungen auch ein Überblick über die Art der weltweiten Geschäftstätigkeit der Unternehmensgruppe und über die von ihr angewandte Systematik der Verrechnungspreisbestimmung, es sei denn, der Umsatz des Unternehmens hat im vorangegangenen Wirtschaftsjahr weniger als 100 Millionen Euro betragen. Eine multinationale Unternehmensgruppe besteht aus mindestens zwei in verschiedenen Staaten ansässigen, im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes einander nahestehenden Unternehmen oder aus mindestens einem Unternehmen mit mindestens einer Betriebsstätte in einem anderen Staat. Zu außergewöhnlichen Geschäftsvorfällen sind zeitnah Aufzeichnungen zu erstellen. Die Aufzeichnungen im Sinne dieses Absatzes sind auf Anforderung der Finanzbehörde zu ergänzen.

(4) Die Finanzbehörde kann jederzeit die Vorlage der Aufzeichnungen nach Absatz 3 verlangen; die Vorlage richtet sich nach § 97. Im Falle einer Außenprüfung sind die Aufzeichnungen ohne gesondertes Verlangen vorzulegen. Die Aufzeichnungen sind jeweils innerhalb einer Frist von 30 Tagen nach Anforderung oder nach Bekanntgabe der Prüfungsanordnung vorzulegen. In begründeten Einzelfällen kann die Vorlagefrist verlängert werden.

(5) Um eine einheitliche Rechtsanwendung sicherzustellen, wird das Bundesministerium der Finanzen ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung Art, Inhalt und Umfang der nach den Absätzen 3 und 4 zu erstellenden Aufzeichnungen zu bestimmen.

Privaturkunden begründen, sofern sie von den Ausstellern unterschrieben oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet sind, vollen Beweis dafür, dass die in ihnen enthaltenen Erklärungen von den Ausstellern abgegeben sind.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor der Anfechtung mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte.Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138 der Insolvenzordnung) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den seine Gläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor der Anfechtung geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

Streitig ist, ob das Finanzamt die Klägerin mit Haftungsbescheid vom 09.12.2011 als Betriebsübernehmerin gemäß § 75 AbgabenordnungAO – für Steuerrückstände des X N in Anspruch nehmen durfte.

Die Klägerin ist seit mindestens April 2006 mit Herrn X N bekannt; damals wurde durch diesen eine gemeinsame Reise in die USA gebucht. Aus einer Verdienstabrechnung für 2007 der AAA, einer ehemaligen Firma des N (angemeldet zum 01.09.2001), ergibt sich, dass die Klägerin seit März 2007 bei dieser beschäftigt war und zu diesem Zeitpunkt auch schon unter der gleichen Anschrift wohnte wie N. Aus den Lohndaten in den Akten des Finanzamts ergibt sich, dass die Klägerin seit Anfang 2006 diese Wohnung gegenüber ihrem damaligen Arbeitgeber angegeben hat.

N hatte neben der AAA noch einen Gebrauchtwagenhandel US (angemeldet zum 22.04.2003). Gemeldeter Betriebssitz war für beide Gewerbe die Wohnanschrift des N. Stellplatz für die Fahrzeuge war die M in T.

In der Zeit vom 08.06.2009 bis zum 18.05.2010 wurden diese Gewerbe einer Außenprüfung durch das Finanzamt für die Jahre 2004 bis 2007 unterzogen, in deren Folge die Steuerfestsetzungen erhöht wurden. Diese Festsetzungen sind mittlerweile bestandskräftig.

Beide Gewerbe meldete N zum 31.05.2010 ab.

Den Akten des Finanzamts ist ein Ausdruck einer Internet-Seite (www.00000000.html; nicht mehr direkt erreichbar, aber abgespeichert unter http://web.archive.org/web/20110516212403/http://www. 00000000.html) zu entnehmen (Druckdatum 28.12.2010), die mit Impressum betitelt ist, in der als Firmenname US und als Inhaber N aufgeführt ist. Hier werden auch Telefonnummern und eine E-Mail-Adresse als Kontaktadressen genannt.

Die Klägerin meldete zum 09.11.2009 das Gewerbe "Handelsvertretung für Werkzeuge und Büroservice" neu an. Als Betriebssitz gab sie ihre Wohnanschrift (Anschrift auch des N) an. Zum 01.07.2010 meldete sie zudem das Gewerbe "Gebrauchtwagenhandel" an. Zum 31.05.2011 meldete sie die "vollständige" Aufgabe der Tätigkeiten "Handelsvertretung für Werkzeuge und Büroservice".

Den Akten des Finanzamts sind weitere Ausdrucke von Internet-Seiten zu entnehmen (www.autoscout24.de) in denen Pkw von der US angeboten werden (Druckdatum 28.10.2010, 25.03.2011 und 28.03.2011). Hier wird als Inhaberin die Klägerin aufgeführt und als Kontakttelefonnummern dieselben Nummern und als E-Mail-Adresse dieselbe Adresse genannt, die in dem zuvor genannten Ausdruck für N angegeben wurden. Im Ausdruck vom 28.03.2011 ist zudem N als Ansprechpartner für den Bereich "Mädchen für alles" genannt. Als Stellplatz wird in diesen Ausdrucken wie bei dem N betreffenden Ausdruck die M in T genannt.

Die Klägerin legte dem Finanzamt im Einspruchsverfahren gegen einen anderen Bescheid elf auf den 30.05.2010 datierte Quittungen vor, in denen N bestätigt, für elf jeweils mit Fahrzeugidentifikationnummer individualisierte Pkw Geldbeträge von der Klägerin in Höhe von insgesamt 11.400 € erhalten zu haben.

N schuldet dem Finanzamt u.a. fällige Umsatzsteuer für die Voranmeldungszeiträume April und Mai 2010. Die Rückstände betrugen zum 09.12.2011 insgesamt 3.900 € (USt-VA 4/10 1.662 €, USt-VA 5/10 2.238 €).

Mit Bescheid vom 09.12.2011 erließ das Finanzamt einen auf § 75 Abgabenordnung (AO) gestützten Haftungsbescheid wegen Steuerrückständen des N aus den Voranmeldungszeiträumen April und Mai 2010. Aus dem Haftungsbescheid und den Anlagen hierzu ergibt sich, dass das Finanzamt die Klägerin i.H.v. 780 € als Betriebsübernehmerin in Anspruch nahm, da N seinen Gebrauchtwagenhandel (US) der Klägerin im Ganzen übereignet hätte. Sie betreibe den Gebrauchtwagenhandel unter derselben Bezeichnung und in denselben Räumlichkeiten wie zuvor N. Zudem seien ihr am 30.05.2010 elf im Einzelnen bezeichnete Fahrzeuge von N verkauft worden, für deren Ankauf sie Quittungen vorgelegt hatte. Der Haftungsbetrag von 780 € ergebe sich im Wege einer Schätzung des Anteils für den Kfz-Handel mit 20%.

Mit Einspruchsentscheidung vom 11.05.2012 wies das Finanzamt den Einspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Diese habe ein lebendes Unternehmen erworben, da sie es ohne nennenswerte Aufwendungen habe fortführen können. Eine kurzfristige Stilllegung, wie sie für den Monat Juni 2010 in Betracht komme, ändere daran nichts. Die Klägerin habe den Betrieb in denselben Räumlichkeiten mit denselben Telefonnummern und derselben E-Mail-Adresse fortgeführt. Dass sie den Betrieb zum 31.05.2011 abgemeldet habe, ändere nichts an der einmal entstandenen Haftung. Das Finanzamt sei nach dem Legalitätsprinzip verpflichtet, entstandene Steueransprüche geltend zu machen. Danach sei es auch gehalten, ggf. Dritte in Haftung zu nehmen. Falls keine schutzwürdigen Gründe vorlägen, gingen die Interessen des Staates dem Einzelinteresse vor. Andere Haftungsschuldner seien dem Finanzamt nicht bekannt.

Am 13.06.2012 hat die Klägerin Klage beim Finanzgericht erhoben. Sie beantragt, den Haftungsbescheid vom 09.12.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11.05.2012 aufzuheben.

Sie begründet dies zuletzt im Wesentlichen wie folgt:

Sie habe von N nur Sachwerte bezogen, aber nicht dessen Unternehmen übernommen; zur Stützung dieses Vorbringens hat sie erstmals im Klageverfahren einen auf den 30.05.2010 datierten Vertrag mit N vorgelegt, nachdem vereinbart wurde, dass der „Verkauf von Sachgütern (elf Fahrzeuge – Anlage) frei von Verpflichtungen sind und die Übertragung nicht nach § 75 AO zu bewerten ist…“. Der Name des vormaligen Unternehmens des N sei nicht geschützt gewesen, sie habe ihn weiterverwendet, weil er bereits bekannt gewesen sei. Sie habe die frei gewordene Stellfläche in der M genutzt. Dazu habe sie mit dem bisherigen Mitmieter, nachdem N den Mietvertrag gekündigt habe, einen neuen Mietvertrag nur über die Stellfläche geschlossen. Die von N zuvor genutzte Werkstatt habe sie nicht angemietet oder genutzt. Sie habe von N keine weiteren Gegenstände, Büroeinrichtung, Werkzeuge oder sonstiges übernommen. Die Telefonnummern und die Anschrift seien dieselben geblieben, da sie in derselben Wohnung wie N wohne.

Die Steuerschulden des N könnten verjährt sein. Unklar sei, ob sich die angeführten Steuerschulden des N nur auf den Kfz-Handel bezögen oder auf seine gesamte Tätigkeit.

Das Finanzamt beantragt, die Klage abzuweisen und begründet dies im Wesentlichen wie folgt:

Die Klägerin habe von N nicht nur die Fahrzeuge übernommen, sondern ihr Gewerbe danach unter demselben Namen in denselben Räumlichkeiten ausgeübt und sogar Telefonnummern und die E-Mail-Adresse übernommen. Damit habe sie die wesentlichen Betriebsgrundlagen übernommen. Die daraus folgende Haftung nach § 75 AO könne nicht vertraglich abbedungen werden. Zahlungsverjährung sei bezüglich der Steuerschulden des N nicht eingetreten, da die Änderungsbescheide auf denen die Steuerschulden beruhten, erst am 26.07.2010 erlassen worden seien.

Gründe

Die Klage ist unbegründet, da der angegriffene Haftungsbescheid die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt.

1. Wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet (Haftungsschuldner) kann durch Haftungsbescheid, wer kraft Gesetzes verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden, kann durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden (§ 191 Abs. 1 Satz 1 AO). Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für den Erlass eines Haftungs- oder Duldungsbescheides ergeben sich aus den §§ 69-77 AO, den Einzelsteuergesetzen oder den zivilrechtlichen Vorschriften z.B. §§ 25, 128 HandelsgesetzbuchHGB – (Einführungserlass zur AO zu § 191).

Wird ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen übereignet, so haftet der Erwerber für Steuern, bei denen sich die Steuerpflicht auf den Betrieb des Unternehmens gründet, und für Steuerabzugsbeträge, vorausgesetzt, dass die Steuern seit dem Beginn des letzten, vor der Übereignung liegenden Kalenderjahres entstanden sind und bis zum Ablauf von einem Jahr nach Anmeldung des Betriebes durch den Erwerber festgesetzt oder angemeldet werden. Die Haftung beschränkt sich auf den Bestand des übernommenen Vermögens (§ 75 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AO). Die Übereignung eines Unternehmens bedeutet nach dieser Vorschrift Übergang des gesamten lebenden Unternehmens, d.h. der durch das Unternehmen repräsentierten organischen Zusammenfassung von Einrichtungen oder dauernden Maßnahmen, die dem Unternehmen dienen oder mindestens seine wesentlichen Grundlagen ausmachen, so dass der Erwerber das Unternehmen ohne nennenswerte finanzielle Aufwendungen fortführen kann (BFH-Urteil vom 10.12.1991 VII R 57/89, BFH/NV 1992, 712, 714). Gehören zu den wesentlichen Grundlagen des Unternehmens des Steuerschuldners in dessen Eigentum stehende bewegliche Sachen oder Grundstücke, so müssen diese zur Erfüllung der haftungsbegründenden Voraussetzungen nach den Vorschriften des Bürgerlichen Rechts an den Erwerber übereignet werden. Unbeachtlich ist lediglich die Zurückbehaltung einzelner unbedeutender Gegenstände. Für die Frage der Übereignung eines Unternehmens im Sinne des § 75 AO ist maßgebend, dass ein Zustand geschaffen worden ist, der sich bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise als Übergang des Unternehmens vom Veräußerer auf den Erwerber darstellt. Dabei kommt es auf das tatsächliche Ergebnis und nicht auf die Frage an, ob eine entsprechende ausdrückliche vertragliche Regelung getroffen worden ist (BFH-Urteil vom 23.10.1985 VII R 142/81, BFH/NV 1986, 381).

Sofern die für die Übertragung auf den Erwerber in Betracht kommenden grundlegenden Bestandteile des Unternehmens auch Wirtschaftsgüter umfassen, die nicht im bürgerlich-rechtlichen Sinne übereignet werden können (z.B. Erfahrungen und Geheimnisse, Beziehungen zu Kunden, Lieferern und Mitarbeitern), genügt es, dass die wesentlichen Grundlagen des Unternehmens nur im wirtschaftlichen Sinne übereignet werden, dass also ein eigentümerähnliches Herrschaftsverhältnis an den sachlichen Grundlagen des Unternehmens auf den Erwerber übergegangen ist (so zu der dem § 75 AO 1977 entsprechenden Vorschrift des § 116 der Reichsabgabenordnung die BFH-Urteile vom 27.11.1979 VII R 12/79, BFHE 129, 293, BStBl II 1980, 258, und vom 16.05.1982 VII R 105/79, BFHE 135, 239, BStBl II 1982, 483). Danach ist es, wenn z.B. die Betriebsräume des übereigneten Unternehmens angemietet oder angepachtet waren, für die Haftung des Erwerbers ausreichend, dass der Veräußerer aktiv am Zustandekommen des Mietvertrags zwischen dem Erwerber und Eigentümer mitgewirkt hat (vgl. Urteil des FG Nürnberg vom 24.09.1996 II 118/94, EFG 1997, 195).

Maßgebender Zeitpunkt für die Frage, ob die wesentlichen Grundlagen eines Unternehmens auf den Erwerber übergegangen sind, ist derjenige der Übereignung (BFH-Urteil vom 02.06.1987 VII R 107/84, BFH/NV 1988, 140; Tipke- Kruse, Kommentar, Abgabenordnung, 16. Aufl., § 75 AO Tz. 5, 11). D. h. das Unternehmen muss in diesem Zeitpunkt so beschaffen sein, dass der Erwerber es in der bisherigen Art ohne nennenswerte zusätzliche Aufwendungen fortführen könnte.

2. Danach ist die Klägerin zu Recht nach § 75 AO in Anspruch genommen worden, da ihr der Gebrauchtwagenhandel des N im Ganzen im Sinne der Vorschrift übereignet worden ist.

Es bestehen für den Senat keinerlei Zweifel, dass der Gebrauchtwagenhandel US beim N ein selbständiger geführter Teilbetrieb i.S.d. § 75 AO war. Ein Teilbetrieb ist jeder mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestattete, organisch geschlossene Teil des gesamten Unternehmens, der für sich allein lebensfähig ist (Loose in Tipke/Kruse, AO/FGO-Kommentar § 75 AO Tz. 7).

a) Die Klägerin hat nach der Überzeugung des Senats sämtliche wesentlichen Grundlagen des Teilbetriebs US von N übernommen. Die verkaufsfähigen Fahrzeuge hat sie übereignet bekommen. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung glaubhaft geschildert, dass sie sich die „guten“ Fahrzeuge aus dem Bestand des Betriebs ausgesucht hatte, der Rest sei nur „Schrott“ gewesen (vgl. Sitzungsprotokoll vom 11.03.2014).

Darüber hinaus hat sie den Namen übernommen, von dem sie selbst angegeben hat, er sei bereits „bekannt“ gewesen. Dies lässt sich nach Ansicht des Senats nur dahingehend verstehen, dass diese Geschäftsbezeichnung bereits eine bestimmte Bekanntheit erreicht hatte und der Klägerin gerade daran gelegen war, diesen Vorteil ebenfalls übertragen zu bekommen. Auch wenn sie darauf hingewiesen hat, dass der Name nicht geschützt gewesen sei, erscheint es doch lebensfremd, dass diese Übernahme nicht im Einverständnis mit N, der zumindest in einer engen häuslichen Gemeinschaft mit der Klägerin gelebt hat und dies noch immer tut, geschehen ist.

Die Klägerin hat auch dieselben Telefonnummern weiterverwendet und dieselbe E-Mail-Adresse. Zumindest hinsichtlich der E-Mail-Adresse ist kein vernünftiger Grund ersichtlich, wieso sie dies getan haben sollte, wenn nicht, um eine Kontinuität zum Betrieb des N herzustellen. Die Klägerin hat zudem, wie aus den Akten ersichtlich ist, den Internetauftritt des N übernommen, was ohne Zustimmung des N schwerlich vorstellbar ist; dasselbe gilt für die E-Mail-Adresse. Untermauert wird dies noch dadurch, dass N als Mitarbeiter auf der Webseite geführt wurde zu einer Zeit, in der die Klägerin sich in das Impressum hatte eintragen lassen. Dies belegt aus Sicht des Senats eindeutig, dass die Übernahme des Internetauftritts des Gebrauchtwagenhandels US in Zusammenarbeit mit N erfolgte. Bei einem Gebrauchtwagenhändler stellen bei den heutigen Marktbedingungen der Name und der Internetauftritt – zusammen mit der E-Mail-Adresse – mit die wesentlichsten Geschäftsgrundlagen eines Betriebes dar. Gebrauchtwagenkäufer informieren sich umfassend im Internet und nutzen intensiv das Angebot auf den auch von der Klägerin genutzten Verkaufsplattformen. Auf diesen – und im Internethandel allgemein – kommt den Käuferbewertungen eine überragende Bedeutung zu, so dass nach der Überzeugung des Senats ein eingeführter Name und ein bereits etablierter Internetauftritt mit das wichtigste Wirtschaftsgut bei einem diesen Vertriebskanal nutzenden Unternehmen ist. Mithin kommt der – auch nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung nur im Zusammenwirken mit dem N möglich gewesene – Übergang von Geschäftsnamen und Internetauftritt auch überragende Bedeutung für die Prüfung der Übereignung eines Betriebsteils im Sinne des § 75 AO zu.

Die Übernahme desselben Stellplatzes für die zu verkaufenden Wagen ergänzt diesen Befund, sie hat aber im Vergleich zur Übernahme von Namen, Waren und Internetauftritt nur untergeordnete Bedeutung. Der Senat schenkt aber unabhängig davon der Klägerin auch keinen Glauben, wenn sie behauptet, sie habe gewissermaßen zufällig genau dasselbe Areal als Stellfläche angemietet, weil sie gewusst habe, dass diese Fläche frei werde. Dies ist schon deshalb völlig unglaubwürdig, weil der Kontakt zum Vermieter ganz offensichtlich über N zustande gekommen ist. Zudem wäre eine Anmietung der Fläche ohne eine Beteiligung des N nur denkbar, wenn dieser die Fläche vorher geräumt hätte. Da die Klägerin keine andere Stellfläche für die angekauften elf Wagen hatte, scheint dies ausgeschlossen.

Dass die Klägerin nach ihren Angaben eine vom N gemietete Werkstatt nicht angemietet habe, hat sie nicht belegen können. Weder sind in den Akten Hinweise darauf zu finden, dass N tatsächlich eine solche angemietet hatte, noch scheint es glaubhaft, dass die Klägerin das Geschäftsmodell des Gebrauchtwagenhandels nach der Übernahme wesentlich verändert haben sollte, obwohl N doch nach wie vor ein wichtiger Beteiligter in diesem Betrieb blieb („Mädchen für alles“). Allerdings ist eine Werkstatt auch nicht notwendiger Bestandteil des Betriebs „Gebrauchtwagenhandel“. Bei einer Gesamtschau der Verhältnisse kommt der Senat zu der Überzeugung, dass der Betrieb – in seiner Gesamtheit – auf die Klägerin übertragen wurde, um dem Finanzamt Vollstreckungsmöglichkeiten zu nehmen.

Dass die Klägerin ihr Gewerbe erst kurze Zeit nach der Gewerbeabmeldung des N angemeldet hat, sagt nichts darüber aus, ob sie den Betrieb in dieser Zeit auch tatsächlich eingestellt hatte. Jedenfalls übernahm die Klägerin zumindest deswegen einen „lebenden“ Betrieb, weil sie ihn ohne größere Anstrengungen wieder in Gang setzen konnte (vgl. Urteile des BFH vom 23.10.1985 VII R 142/81, BFH/NV 1986, 381 und vom 10.12.1991 VII R 57/89, BFH/NV 1992, 712). Zudem ist darauf hinzuweisen, dass die etwaige Unterbrechung in die Zeit nach dem Erwerb der Fahrzeuge fällt und dass es unerheblich ist, ob der Erwerber den Betrieb tatsächlich fortführt (vgl. BFH-Urteil vom 04.02.1974 IV R 172/70, BStBl II 1974, 434).

b) Die Vereinbarung vom 30.05.2010 hinsichtlich dem „Verkauf von Sachgütern“ ist für die Haftung nach § 75 AO ohne Belang, da die Regelungen des öffentlichen Rechts nicht der Vertragsautonomie unterliegen und daher die Rechtfolgen, die das Gesetz an das tatsächliche Geschehen knüpft, für die Klägerin nicht im Vertragswege änderbar sind.

c) Die Begrenzung auf 20 % der Gesamtumsätze des N (vgl. § 75 Abs. 1 Satz 1 AO; „Steuern, bei denen sich die Steuerpflicht auf den Betrieb des Unternehmens gründet“) scheint angemessen und keinesfalls zu niedrig. Die Klägerin hat diese Quote auch nicht angegriffen.

d) Die Einwendung, die die Klägerin gegen die der Haftung zugrunde liegende Steuerschuld erhoben hat, greift nicht durch, da die Zahlungsverjährung hinsichtlich der mit Bescheiden vom 26.07.2010 festgesetzten Mehrsteuern noch nicht eingetreten ist (vgl. § 228 AO). Weitere Einwendungen hat die Klägerin nicht gegen die Steuerschuld des N erhoben, es ergeben sich auch aus den Akten keine Anzeichen auf eine Fehlerhaftigkeit der Festsetzungsbescheide.

3. Auch die Ermessensentscheidung, die Klägerin als Haftende in Anspruch zu nehmen, ist nicht zu beanstanden.

Bei der Inanspruchnahme eines Haftenden handelt es sich um eine Ermessensentscheidung (§§ 5, 191 Abs. 1 AO), die nach § 102 FGO darauf zu überprüfen ist, ob der Haftungsbescheid deshalb rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 24.11.2005 V R 37/04, BStBl. II 2006, 466; Gräber/von Groll, FGO-Kommentar, 6. Aufl., § 102 Rz. 2 m.w.N.). Wegen der Befugnis und Verpflichtung des Gerichts zur Überprüfung behördlicher Ermessensentscheidungen, die dem Gericht keinen Raum für eigene Ermessenserwägungen lässt, muss die Ermessenentscheidung der Verwaltung im Haftungsbescheid, spätestens aber in der Einspruchsentscheidung, begründet werden (vgl. §§ 121 Abs. 1, 126, Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 AO); andernfalls ist sie im Regelfall fehlerhaft.

Bei der Geltendmachung der Haftung gegenüber der Klägerin sind Ermessensfehler des Finanzamtes nicht feststellbar. Neben der Klägerin kommen keine weiteren möglichen Haftungsschuldner in Betracht. Das Finanzamt hat in den angefochtenen Bescheiden seine bei der Ermessensausübung angestellten Erwägungen ausreichend dargestellt. Es sind darin keine unsachgemäßen Erwägungen erkennbar.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 FGO.

(1) Ist der Schuldner eine natürliche Person, so sind nahestehende Personen:

1.
der Ehegatte des Schuldners, auch wenn die Ehe erst nach der Rechtshandlung geschlossen oder im letzten Jahr vor der Handlung aufgelöst worden ist;
1a.
der Lebenspartner des Schuldners, auch wenn die Lebenspartnerschaft erst nach der Rechtshandlung eingegangen oder im letzten Jahr vor der Handlung aufgelöst worden ist;
2.
Verwandte des Schuldners oder des in Nummer 1 bezeichneten Ehegatten oder des in Nummer 1a bezeichneten Lebenspartners in auf- und absteigender Linie und voll- und halbbürtige Geschwister des Schuldners oder des in Nummer 1 bezeichneten Ehegatten oder des in Nummer 1a bezeichneten Lebenspartners sowie die Ehegatten oder Lebenspartner dieser Personen;
3.
Personen, die in häuslicher Gemeinschaft mit dem Schuldner leben oder im letzten Jahr vor der Handlung in häuslicher Gemeinschaft mit dem Schuldner gelebt haben sowie Personen, die sich auf Grund einer dienstvertraglichen Verbindung zum Schuldner über dessen wirtschaftliche Verhältnisse unterrichten können;
4.
eine juristische Person oder eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, wenn der Schuldner oder eine der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen Mitglied des Vertretungs- oder Aufsichtsorgans, persönlich haftender Gesellschafter oder zu mehr als einem Viertel an deren Kapital beteiligt ist oder auf Grund einer vergleichbaren gesellschaftsrechtlichen oder dienstvertraglichen Verbindung die Möglichkeit hat, sich über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners zu unterrichten.

(2) Ist der Schuldner eine juristische Person oder eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, so sind nahestehende Personen:

1.
die Mitglieder des Vertretungs- oder Aufsichtsorgans und persönlich haftende Gesellschafter des Schuldners sowie Personen, die zu mehr als einem Viertel am Kapital des Schuldners beteiligt sind;
2.
eine Person oder eine Gesellschaft, die auf Grund einer vergleichbaren gesellschaftsrechtlichen oder dienstvertraglichen Verbindung zum Schuldner die Möglichkeit haben, sich über dessen wirtschaftliche Verhältnisse zu unterrichten;
3.
eine Person, die zu einer der in Nummer 1 oder 2 bezeichneten Personen in einer in Absatz 1 bezeichneten persönlichen Verbindung steht; dies gilt nicht, soweit die in Nummer 1 oder 2 bezeichneten Personen kraft Gesetzes in den Angelegenheiten des Schuldners zur Verschwiegenheit verpflichtet sind.

(1) In den Fällen, in denen ein außergerichtlicher Rechtsbehelf gegeben ist, ist die Klage vorbehaltlich der §§ 45 und 46 nur zulässig, wenn das Vorverfahren über den außergerichtlichen Rechtsbehelf ganz oder zum Teil erfolglos geblieben ist.

(2) Gegenstand der Anfechtungsklage nach einem Vorverfahren ist der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf gefunden hat.

(1) Wer kraft Gesetzes für eine Steuer haftet (Haftungsschuldner), kann durch Haftungsbescheid, wer kraft Gesetzes verpflichtet ist, die Vollstreckung zu dulden, kann durch Duldungsbescheid in Anspruch genommen werden. Die Anfechtung wegen Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis außerhalb des Insolvenzverfahrens erfolgt durch Duldungsbescheid, soweit sie nicht im Wege der Einrede nach § 9 des Anfechtungsgesetzes geltend zu machen ist; bei der Berechnung von Fristen nach den §§ 3 und 4 des Anfechtungsgesetzes steht der Erlass eines Duldungsbescheids der gerichtlichen Geltendmachung der Anfechtung nach § 7 Abs. 1 des Anfechtungsgesetzes gleich. Die Bescheide sind schriftlich oder elektronisch zu erteilen.

(2) Bevor gegen einen Rechtsanwalt, Patentanwalt, Notar, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer wegen einer Handlung im Sinne des § 69, die er in Ausübung seines Berufs vorgenommen hat, ein Haftungsbescheid erlassen wird, gibt die Finanzbehörde der zuständigen Berufskammer Gelegenheit, die Gesichtspunkte vorzubringen, die von ihrem Standpunkt für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Die Vorschriften über die Festsetzungsfrist sind auf den Erlass von Haftungsbescheiden entsprechend anzuwenden. Die Festsetzungsfrist beträgt vier Jahre, in den Fällen des § 70 bei Steuerhinterziehung zehn Jahre, bei leichtfertiger Steuerverkürzung fünf Jahre, in den Fällen des § 71 zehn Jahre. Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Tatbestand verwirklicht worden ist, an den das Gesetz die Haftungsfolge knüpft. Ist die Steuer, für die gehaftet wird, noch nicht festgesetzt worden, so endet die Festsetzungsfrist für den Haftungsbescheid nicht vor Ablauf der für die Steuerfestsetzung geltenden Festsetzungsfrist; andernfalls gilt § 171 Abs. 10 sinngemäß. In den Fällen der §§ 73 und 74 endet die Festsetzungsfrist nicht, bevor die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt (§ 228) ist.

(4) Ergibt sich die Haftung nicht aus den Steuergesetzen, so kann ein Haftungsbescheid ergehen, solange die Haftungsansprüche nach dem für sie maßgebenden Recht noch nicht verjährt sind.

(5) Ein Haftungsbescheid kann nicht mehr ergehen,

1.
soweit die Steuer gegen den Steuerschuldner nicht festgesetzt worden ist und wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist auch nicht mehr festgesetzt werden kann,
2.
soweit die gegen den Steuerschuldner festgesetzte Steuer verjährt ist oder die Steuer erlassen worden ist.
Dies gilt nicht, wenn die Haftung darauf beruht, dass der Haftungsschuldner Steuerhinterziehung oder Steuerhehlerei begangen hat.

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

Wird der Anfechtungsanspruch im Wege der Klage geltend gemacht, so hat der Klageantrag bestimmt zu bezeichnen, in welchem Umfang und in welcher Weise der Anfechtungsgegner das Erlangte zur Verfügung stellen soll.

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) erwarb Anfang 2007 ein Flugzeug von der Fa. B. Vereinbart war, dass die auf den Kaufpreis entfallende Umsatzsteuer nicht der Fa. B überwiesen, sondern der entsprechende aus dem Vorsteuerabzug resultierende Umsatzsteuervergütungsanspruch der Klägerin an die Fa. B abgetreten und gegenüber dem für diese zuständigen Finanzamt L (FA L) mit der Umsatzsteuerschuld der Fa. B verrechnet werden sollte.

2

Am 11. April 2007 reichte die Klägerin beim Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) die Umsatzsteuervoranmeldung für das 1. Quartal 2007, die Rechnung der Fa. B, eine Abtretungsanzeige zu Gunsten der Fa. B über das sich aus der Voranmeldung ergebende Guthaben sowie ein Anschreiben ein, mit dem sie beantragte, das Umsatzsteuerguthaben zur Verrechnung mit der Umsatzsteuerschuld der Fa. B freizugeben. Auf dem Vordruck der Abtretungserklärung war weder das Feld "Sicherungsabtretung" angekreuzt noch ein Abtretungsgrund angegeben; auch gab es keinen Hinweis auf das Anschreiben oder die Umsatzsteuervoranmeldung. Das FA wies die Klägerin am Folgetag darauf hin, dass die Abtretungsanzeige wegen des nicht angegebenen Abtretungsgrundes unwirksam sei. Demgegenüber blieb die Klägerin im folgenden Schriftverkehr bei ihrer Auffassung, eine wirksame Abtretungsanzeige abgegeben zu haben. Ende April 2007 überwies das FA der Klägerin das für das 1. Quartal 2007 bestehende Umsatzsteuerguthaben, diese leitete den Betrag an die Fa. B weiter, die daraufhin die Umsatzsteuer an das FA L abführte. Da diese Zahlung verspätet einging, erhob das FA L Säumniszuschläge von der Fa. B.

3

Nach weiterem Schriftverkehr, mit dem die Klägerin erneut die Wirksamkeit der Abtretungsanzeige und außerdem geltend machte, einem Schadenersatzanspruch der Fa. B ausgesetzt zu sein, erließ das FA einen Abrechnungsbescheid, mit dem es seine Auffassung, dass die Abtretungsanzeige nicht wirksam sei, erläuterte, und feststellte, dass der Vergütungsanspruch der Klägerin durch Zahlung erloschen sei.

4

Die hiergegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) ab. Es urteilte, die Klage sei unzulässig, weil die Klägerin nicht befugt sei, im Wege der Anfechtung des Abrechnungsbescheids zu klären, ob die Fa. B einen Vergütungsanspruch gegen das FA habe. Darüber hinaus sei die Klage aber auch unbegründet, weil das FA zu Recht angenommen habe, dass die Abtretungsanzeige unwirksam sei, da sie keine Angaben zum Abtretungsgrund enthalten habe.

5

Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin, welche sie auf die Zulassungsgründe der Fortbildung des Rechts, der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung sowie des Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 und 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) stützt.

Entscheidungsgründe

6

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe z.T. nicht schlüssig dargelegt sind, wie es § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erfordert, jedenfalls aber nicht vorliegen.

7

1. a) Soweit die Beschwerde einen Verfahrensmangel darin sieht, dass das FG die Klage als unzulässig angesehen hat, ist es weder dargelegt noch ersichtlich, dass das FG-Urteil auf diesem (angeblichen) Verfahrensmangel beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Die nach dieser Vorschrift für die Zulassung der Revision erforderliche Erheblichkeit des Verfahrensmangels ist nur gegeben, wenn die Möglichkeit besteht, dass das FG-Urteil ohne den Verfahrensfehler anders ausgefallen wäre, wobei auf den vom FG vertretenen Rechtsstandpunkt abzustellen ist (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 96). Hiervon kann im Streitfall jedoch nicht ausgegangen werden, weil das FG auch zur Sache entschieden und die Wirksamkeit der Abtretungsanzeige verneint hat.

8

b) Im Übrigen liegt der Verfahrensmangel aber auch nicht vor, weil das FG die Klage zu Recht als unzulässig angesehen hat.

9

aa) Mit einem Abrechnungsbescheid wird entschieden, inwieweit die in Steuerbescheiden festgestellten Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis noch bestehen oder inzwischen ganz oder teilweise durch Zahlung, Aufrechnung, Erlass oder Verjährung (§ 47 der Abgabenordnung --AO--) erloschen sind. Hierüber hat das FA mit dem angefochtenen Abrechnungsbescheid entschieden, indem es im letzten Absatz seiner Begründung festgestellt hat, dass der für das 1. Quartal 2007 bestehende Umsatzsteuervergütungsanspruch der Klägerin durch Zahlung erloschen sei, ein solcher Anspruch der Klägerin also nicht bestehe.

10

Als Adressat des Bescheids hätte die Klägerin zwar in zulässiger Weise Klage erheben und geltend machen können, dass ihr Vergütungsanspruch in Wahrheit nicht erloschen sei. In dieser Weise hat das FG das Klagebegehren aber zu Recht nicht ausgelegt. Abgesehen davon, dass eine so verstandene Klage offensichtlich unbegründet gewesen wäre, weil die Klägerin nicht bestreitet, dass das FA ihr die festgesetzte Vergütung gezahlt hat, ergibt sich aus dem klägerischen Vorbringen eindeutig, dass die Klägerin den für den Voranmeldungszeitraum 1. Quartal 2007 festgesetzten Umsatzsteuervergütungsanspruch als der Fa. B zustehend und die Zahlung des Vergütungsbetrags an sich deshalb nicht als Erfüllung dieses Anspruchs ansieht. Mit diesem Vorbringen macht die Klägerin aber ein fremdes Recht, nämlich das (angebliche) Recht der Fa. B auf Erfüllung des Vergütungsanspruchs, im eigenen Namen geltend. Denn wenn die Klägerin ihren Anspruch wirksam abgetreten hätte, wäre die angegriffene Feststellung des Abrechnungsbescheids, dass ihr ein Vergütungsanspruch nicht zustehe, erst recht richtig.

11

Anders als die Klägerin in Anbetracht ihres in der Vorinstanz gestellten Klageantrags offenbar meint, lässt sich durch einen Abrechnungsbescheid die Wirksamkeit der Abtretung eines Steueranspruchs nicht isoliert klären, sondern allein als Vorfrage zu der durch Abrechnungsbescheid zu entscheidenden Frage, ob ein Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis noch besteht oder durch einen der in § 47 AO genannten Erlöschenstatbestände erloschen ist. Befugt einen solchen Abrechnungsbescheid zu erstreiten ist aber nur derjenige, der geltend machen kann, durch die mit dem Abrechnungsbescheid beantwortete Frage des Bestehens beziehungsweise Nichtbestehens eines Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis in eigenen Rechten verletzt zu sein (§ 40 Abs. 2 FGO).

12

bb) Das FG hat die Klage auch zu Recht nicht als Feststellungsklage behandelt, da der Klägerin das für eine solche Klage nach § 41 Abs. 1 FGO erforderliche Feststellungsinteresse fehlt. Wenn die Beschwerde insoweit anführt, das FA habe im Wege der Amtshaftung die erhobenen Säumniszuschläge zu ersetzen, so verkennt sie, dass die Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses nur im Rahmen der Fortsetzungsfeststellungsklage als berechtigtes Interesse anerkannt ist, wenn sich nach Klageerhebung der angefochtene Verwaltungsakt erledigt hat (§ 100 Abs. 1 Satz 4 FGO), was vorliegend nicht der Fall ist, da sich der angefochtene Abrechnungsbescheid nicht nach (und im Übrigen auch nicht vor) Klageerhebung erledigt hat. Wenn die Klägerin einen Schadenersatzanspruch gegen das FA mit der Begründung geltend machen will, dieses habe mit der Überweisung des Vergütungsbetrags an sie und dem Bestreiten einer wirksamen Abtretung des Anspruchs an die Fa. B die verspätete Zahlung der Umsatzsteuer und damit das Entstehen der Säumniszuschläge verursacht, so bedarf die Frage, ob das FA insoweit --wie die Klägerin meint-- rechtswidrig gehandelt hat, keiner Entscheidung in einem dem Schadenersatzprozess vorangehenden finanzgerichtlichen Verfahren, sondern ist von dem zuständigen Zivilgericht zu entscheiden, das über sämtliche den geltend gemachten Anspruch betreffenden Rechtsfragen in eigener Zuständigkeit zu befinden hat (vgl. Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts --BVerwG-- vom 8. Mai 2001  1 WB 15/01, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 2001, 1410; BVerwG-Urteil vom 27. März 1998  4 C 14/96, BVerwGE 106, 295).

13

2. Da bereits einer der Gründe, auf den das FG seine Entscheidung kumulativ gestützt hat, die Zulassung der Revision nicht zu rechtfertigen vermag, bedarf es keiner Entscheidung über die Erwägungen des FG zur Begründetheit der Klage. Gleichwohl wird darauf hingewiesen, dass das FG in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des beschließenden Senats davon ausgegangen ist, dass die Abtretungsanzeige zwar ausgelegt werden kann, sie jedoch bei gänzlich fehlenden Angaben zum Abtretungsgrund unwirksam ist (Senatsurteil vom 5. Oktober 2004 VII R 37/03, BFHE 208, 1, BStBl II 2005, 238; Senatsbeschluss vom 29. Juli 2005 VII B 340/04, BFH/NV 2005, 1969). Wenn das FG im Streitfall geurteilt hat, dass die in der Abtretungsanzeige fehlenden Angaben zum Abtretungsgrund vom FA auch nicht im Wege der Auslegung hätten ermittelt werden können, so wird allein mit der von der Beschwerde vertretenen gegenteiligen Auffassung weder der Zulassungsgrund der Fortbildung des Rechts noch der Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dargelegt.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.