Finanzgericht München Urteil, 11. Mai 2016 - 3 K 385/13

bei uns veröffentlicht am11.05.2016

Gericht

Finanzgericht München

Gründe

1. Finanzgericht München

Az.: 3 K 385/13

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

Stichworte:

1. Das in der Abgabenordnung geregelte Verfahrensrecht im Besteuerungsverfahren enthält keine Regelung, die dem Steuerpflichtigen ein Recht auf die Einsicht in die von den Finanzbehörden geführten Akten einräumt. Dem während eines Verwaltungsverfahrens um Akteneinsicht nachsuchenden Steuerpflichtigen oder seinem Vertreter steht aber ein Anspruch auf eine pflichtgemäße Ermessensentscheidung der Behörde zu.

2. Daraus, dass die gesetzlichen Vorschriften der AO eine Akteneinsicht im steuerlichen Verwaltungsverfahren überhaupt nicht vorsehen, ist abzuleiten, dass die Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren nur in Ausnahmefällen in Frage kommt. Das ist bei einer Beurteilung des ausgeübten Ermessens zu berücksichtigen, weil die jeweilige Ermächtigungsvorschrift die gesetzlichen Grenzen des Ermessens normiert.

3. In einem umfassenden steuerlichen Prüfungsverfahren liegt es auf der Hand, dass davon auch die steuerlichen Verhältnisse Dritter - und damit das nach § 30 AO zu beachtende Steuergeheimnis - betroffen sind.

In der Streitsache

A GmbH vertreten durch den Geschäftsführer ...

Klägerin

prozessbevollmächtigt: Rechtsanwälte ... Az.: ...

gegen

Finanzamt ... vertreten durch den Amtsleiter StNr.: ...

Beklagter

Wegen Akteneinsicht (Umsatzsteuer-Sonderprüfung)

hat der 3. Senat des Finanzgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht ..., den Richter am Finanzgericht ... und den Richter am Finanzgericht ... sowie die ehrenamtlichen Richter ... und ... ohne mündliche Verhandlung

am 11. Mai 2016 für Recht erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Rechtsmittelbelehrung

Die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil kann durch Beschwerde angefochten werden.

Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Abschrift oder Ausfertigung des angefochtenen Urteils beigefügt werden. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Auch die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen.

Rechtsmittel können auch über den elektronischen Gerichtsbriefkasten des Bundesfinanzhofs eingelegt und begründet werden, der über die vom Bundesfinanzhof zur Verfügung gestellte Zugangs- und Übertragungssoftware erreichbar ist. Die Software kann über die Internetseite „www.bundesfinanzhof.de“ lizenzkostenfrei heruntergeladen werden. Hier befinden sich auch weitere Informationen über die Einzelheiten des Verfahrens, das nach der Verordnung der Bundesregierung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesverwaltungsgericht und beim Bundesfinanzhof vom 26. November 2004 (BGBl. I S. 3091) einzuhalten ist.

Vor dem Bundesfinanzhof müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesfinanzhof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur Rechtsanwälte, niedergelassene europäische Rechtsanwälte, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer zugelassen; zur Vertretung berechtigt sind auch Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften sowie Partnerschaftsgesellschaften, deren Partner ausschließlich Rechtsanwälte, niedergelassene europäische Rechtsanwälte, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer sind. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe des vorhergehenden Satzes zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Der Bundesfinanzhof hat die Postanschrift: Postfach 86 02 40, 81629 München, und die Hausanschrift: Ismaninger Str. 109, 81675 München, sowie den Telefax-Anschluss: 089/92 31-201.

Lässt der Bundesfinanzhof aufgrund der Beschwerde die Revision zu, so wird das Verfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. Der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses des Bundesfinanzhofs über die Zulassung der Revision ist jedoch bei dem Bundesfinanzhof eine Begründung der Revision einzureichen. Die Beteiligten müssen sich auch im Revisionsverfahren nach Maßgabe des vierten Absatzes dieser Belehrung vertreten lassen.

Gründe:

I.

Streitig ist, ob der Beklagte (das Finanzamt; im Folgenden: FA) zu Recht einen Antrag auf Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren abgelehnt hat.

Die Klägerin ist eine mit Gesellschaftsvertrag vom 27. August 2008 gegründete Kapitalgesellschaft mit Sitz in B. Der Gegenstand ihrer Geschäftstätigkeit ist der An- und Verkauf, Verwaltung und Vermittlung von Abonnementaufträgen, An- und Verkauf von Telekommunikationsverträgen sowie An- und Verkauf sowie Vermittlung von Verträgen auf dem Energiesektor (Strom). Geschäftsführer der Gesellschaft war bis zum 28. April 2014 C.

Konkret ist die Klägerin in der Verlagswerbung tätig. Dabei bedient sie sich verschiedener Vermittlungsunternehmen, die wiederum vorwiegend mit Callcentern zusammenarbeiten. Die daraus entstehenden Abonnements werden zu Verwaltungszwecken an eine Firma D KG weitergereicht, welche die anfallenden Verwaltungsaufgaben erledigt. Die umsatzsteuerliche Sachbehandlung der Abrechnung zwischen dieser Firma und der Klägerin basierte auf einer verbindlichen Zusage des Finanzamts K aus dem Jahr 1995, die aber vom FA als steuerlich zweifelhaft erachtet und insoweit einer Prüfung unterzogen wurde. Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 14. Januar 2013 verwiesen.

Da die Klägerin im Rahmen ihrer monatlichen Umsatzsteuer-Voranmeldungen Vorsteuererstattungsansprüche geltend machte, wurde am 9. November 2011 für die Voranmeldungszeiträume Mai bis August 2011 eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung veranlasst. Nachfolgend wurde der Prüfungszeitraum auf Januar 2010 bis März 2012 und Mai 2012 ausgedehnt.

Wegen der fehlenden Zustimmung des FA zu mehreren von der Klägerin im Rahmen von Umsatzsteuer-Voranmeldungen errechneten Vorsteuererstattungsansprüchen beantragte der steuerliche Vertreter der Klägerin mit Schriftsatz vom 3. Mai 2012 Akteneinsicht.

Wegen der fehlenden Entscheidung über die Zustimmung zu Umsatzsteuer-Voranmeldungen der Klägerin und der fehlenden Entscheidung des FA zu dem Akteneinsichtsgesuch legte die Klägerin mit Schriftsatz vom 18. Mai 2012 Untätigkeitseinsprüche ein.

Mit Bescheiden über die Festsetzungen der Umsatzsteuer-Vorauszahlungen für die Monate April bis Dezember 2011 jeweils vom 18. Juni 2012 setzte das FA die Umsatzsteuer fest. Über die dagegen eingelegten Einsprüche ist bisher nicht entschieden worden.

Mit Bescheid vom 20. Juli 2012 lehnte das FA den Antrag auf Akteneinsicht ab. Zur Begründung verwies das FA darauf, dass eine Akteneinsicht während einer laufenden Prüfung nicht vorgesehen sei und im Übrigen auch kein berechtigtes Interesse der Klägerin daran vorliege. Zudem stünde einer Akteneinsicht das schutzwürdige Interesse Dritter in Form des Steuergeheimnisses entgegen.

Dagegen war der mit Schriftsatz vom 26. Juli 2012 eingereichte Einspruch gerichtet.

Mit Bescheiden über die Festsetzungen der Umsatzsteuer-Vorauszahlungen für die Monate April bis Oktober 2012 jeweils vom 6. und 28. November 2012 sowie vom 10. Januar 2013 setzte das FA die Umsatzsteuern für diese Besteuerungszeiträume fest. Über die dagegen eingelegten Einsprüche ist bisher nicht entschieden worden.

Mit Einspruchsentscheidung vom 14. Januar 2013 wies das FA den Einspruch gegen die Versagung der Akteneinsicht als unbegründet zurück. Zur Begründung führte das FA im Wesentlichen aus, dass die Vorschriften der Abgabenordnung den Beteiligten kein Akteneinsichtsrecht einräumten. Dieses könne den Beteiligten nur unter dem Gesichtspunkt des rechtlichen Gehörs gestattet werden. Nach den Verwaltungsregelungen könne den Beteiligten Akteneinsicht nur auf Antrag in begründeten Einzelfällen unter Darlegung eines berechtigten Interesses und unter genauer Bezeichnung der Daten, in die Einsicht begehrt wird, gewährt werden. Die Entscheidung erfolge dann nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung sowohl etwaiger schutzwürdiger Belange der Beteiligten sowie Dritter, als auch der öffentlichen Interessen der Steuerverwaltung. Auch nach Auffassung des Bundesfinanzhofs habe der Gesetzgeber die Einsichtnahme in die Verfahrens- und Ermittlungsverfahren in einem laufenden Besteuerungsverfahren nur als Ausnahme angesehen. Vorliegend sei daher der Informationsanspruch der Klägerin (Einspruchsführerin) mit den Ermittlungsinteressen der Steuerverwaltung abzuwägen. Da die begehrte Akteneinsicht nach den Einlassungen der Klägerin (Einspruchsführerin) letztlich der Überprüfung von Amtshaftungsansprüchen gegen die involvierten Beamten dienen sollte und andererseits die Informationsinteressen der Klägerin (Einspruchsführerin) durch den dokumentierten umfangreichen Schriftverkehr und die telefonischen Unterredungen ausreichend erfüllt worden seien, sei hier die Akteneinsicht ermessensfehlerfrei versagt worden, auch weil ihr schutzwürdige Interessen Dritter in Form des Steuergeheimnisses entgegengestanden hätten.

Dagegen ist die Klage vom 6. Februar 2013 gerichtet.

Mit Schriftsatz (Stellungnahme) vom 11. März 2013 legte das FA dem Gericht einen Ordner „Rechtsbehelfsakte“, eine Umsatzsteuerakte und eine Akte „Dauerunterlagen“ vor.

In diese Unterlagen nahm der Vertreter der Klägerin am 23. April 2013 beim Amtsgericht H Akteneinsicht.

Auf Anfrage des Gerichts vom 15. Mai 2013, ob der Rechtsstreit durch diese Akteneinsicht erledigt sei, teilte der Vertreter der Klägerin mit Schriftsatz vom 14. Juni 2013 mit, dass der Rechtsstreit aus seiner Sicht deshalb nicht erledigt sei, weil erhebliche Zweifel an der Vollständigkeit der vorgelegten Akten bestünden.

Am 11. September 2013 wurde dem Geschäftsführer der Klägerin die Einleitung des Steuerstrafverfahrens bekanntgegeben.

Am 20. November 2013 nahm der Vertreter der Klägerin erneut beim Amtsgericht H Einsicht in die dem Gericht vorliegenden Akten.

Mit Schriftsatz vom 10. Dezember 2013 teilte das FA mit, dass bei der Klägerin durch die Steuerfahndungsstelle beim Finanzamt E strafprozessuale Maßnahmen durchgeführt würden. Mit Schriftsatz vom 23. Oktober 2014 übersandte das FA eine weitere Akte mit dem Bericht einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung (vom 14. Oktober 2014) und dem Bericht der Steuerfahndungsprüfung (vom 9. Juli 2014).

Mit Schreiben vom 2. September 2015 fragte das Gericht bei der Klägerin an, ob das Verfahren in Anbetracht der möglichen Akteneinsicht im Strafverfahren fortgeführt werden solle.

Mit Schriftsatz vom 14. September 2015 teilte der Vertreter der Klägerin mit, dass der Rechtsstreit nicht für erledigt erklärt werden könne, weil die Akten auch im Strafverfahren nicht vollständig vorgelegt worden seien.

Mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2015 beantragte der Vertreter der Klägerin bei Gericht erneut Akteneinsicht. Diese erfolgte am 11. November 2015 wieder beim Amtsgericht H.

Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin im Wesentlichen vor, dass sie mit Rücksicht auf die nicht nachvollziehende Dauer einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung und die ausbleibenden Entscheidungen des FA Akteneinsicht beantragt habe. Die ablehnende Entscheidung des FA vom 20. Juli 2012 sowie die Einspruchsentscheidung vom 14. Januar 2013

seien ermessensfehlerhaft, zudem wende das FA hier eine die Akteneinsicht betreffende Verwaltungsanweisung falsch an. Hier hätte insbesondere deshalb ein Informationsbedürfnis der Klägerin vorgelegen, weil sie auf Basis der Akte hätte ermitteln wollen, weshalb es dem FA seit mehr als einem Jahr nicht gelungen sei, den Sachverhalt so zu ermitteln, dass Entscheidungen hätten getroffen werden können. Die Ermittlung der Tatsachengrundlagen sei hier ein legitimes Interesse der Klägerin gewesen. Das FA habe sich auch zu Unrecht darauf berufen, dass der Akteneinsicht schutzwürdige Interessen Dritter entgegenstanden. Das FA habe hier vielmehr nur scheinbar eine Interessenabwägung durchgeführt, die einzelnen Argumente hätten sich ausnahmslos als nicht tragfähig erwiesen. Auch die dem Finanzgericht im vorliegenden Verfahren vorgelegten Akten seien unvollständig, was schon aus der fehlenden chronologischen Reihenfolge des Verlaufs des Prüfungsverfahrens ersichtlich sei und im Übrigen auch aus der nachträglich einheitlich erstellten Nummerierung des Ordners „Rechtsbehelfsakte“ erkennbar sei. Dies sei ein Hinweis darauf, dass diese Akte nachträglich erstellt worden sei, das FA habe hier eine von ihm erst zusammengestellte Akte an das Gericht übersendet. Dem Gericht seien im finanzgerichtlichen Verfahren aber alle Akten vollständig vorzulegen, dagegen habe das FA verstoßen. Das Gericht könne deshalb nicht überprüfen, ob das FA hier sein Ermessen bei der Ablehnung des Antrags auf Akteneinsicht fehlerhaft ausgeübt habe. Auch der Verweis des Gerichts in der mündlichen Verhandlung vom 16. März 2016 auf die im noch laufenden Einspruchsverfahren bestehende Möglichkeit zur Akteneinsicht gehe fehl, denn dadurch würde der Klägerin ihr Anspruch auf rechtliches Gehör verweigert. Im Übrigen würde wegen des Ruhens des Einspruchsverfahren keine Möglichkeit auf Akteneinsicht bestehen und das FA habe zu erkennen gegeben, dass es die Akteneinsicht generell verweigern würde.

Zu dem weiteren Vorbringen der Klägerin wird auf ihre Schriftsätze vom 5. Februar 2013, vom 4. April 2013, vom 14. Juni 2013, vom 29. Juli 2013, vom 6. September 2013, vom 14. September 2015, vom 20. November 2015, vom 3. März 2016, vom 6. April 2016 und vom 19. April 2016 nebst Anlagen verwiesen.

Die Klägerin beantragt,

das Finanzamt unter Aufhebung des Bescheides vom 20. Juli 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. Januar 2013 zu verpflichten, der Klägerin Akteneinsicht zu gewähren,

hilfsweise, das Finanzamt zu verpflichten, den Antrag auf Akteneinsicht unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist das FA im Wesentlichen auf die bereits in der Einspruchsentscheidung genannten Erwägungen zur Rechtmäßigkeit der Versagung der Akteneinsicht. Hinsichtlich der Vollständigkeit der an das Finanzgericht übersendeten Akten führt das FA aus, dass diese Akten die für die Entscheidung über die vorliegende Klage betreffenden Unterlagen enthielten. Zudem weist das FA darauf hin, dass die Gewährung von Akteneinsicht während eines laufenden Verfahrens eine Vorwegnahme der Hauptsache darstellen würde. Im vorliegenden Verfahren sei auch die Frage nach den im finanzgerichtlichen Verfahren vorzulegenden Akten von der Frage der ermessensfehlerfreien Ablehnung des Antrags auf Akteneinsicht der Klägerin im Verwaltungsverfahren zu trennen. Zwischenzeitlich sei aufgrund eines Berichtes der Steuerfahndung am 6. Oktober 2014 eine geänderte Umsatzsteuerfestsetzung für das Jahr 2010 ergangen. Die derzeit beim FA anhängigen Einspruchsverfahren würden von einem anderen Prozessvertreter betreut, auf dessen Antrag die Bearbeitung bis zur Beendigung des laufenden Strafverfahrens ruhe.

Zu den weiteren Einzelheiten des Vorbringens des FA wird auf die Einspruchsentscheidung vom 14. Januar 2013 und die Stellungnahmen vom 11. März 2013, vom 29. April 2013, vom 12. Juni 2013, vom 28. August 2013, vom 10. Dezember 2013, vom 13. Juli 2015, vom 12. Oktober 2015 und vom 30. Dezember 2015 verwiesen.

In der mündlichen Verhandlung vom 16. März 2016 erklärten die Beteiligten zu Protokoll -auf das hier verwiesen wird - die Hauptsache für erledigt, hinsichtlich der Klägerin mit der Maßgabe, dass diese bis zum 6. April 2016 die Erledigungserklärung widerrufen kann und im Fall des Widerrufs auf die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung verzichtet. Das FA hatte sich bereits mit Schriftsatz vom 11. März 2013 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Mit Telefax vom 6. April 2016 widerrief die Klägerin ihre Erledigungserklärung.

II.

Die Klage ist in ihrem Haupt- und Hilfsantrag unbegründet. Das FA hat der Klägerin die Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren ermessensfehlerfrei versagt.

1. Das in der Abgabenordnung (AO) geregelte Verfahrensrecht im Besteuerungsverfahren enthält weder für das reguläre Besteuerungsverfahren noch für die Fälle der Außenprüfung eine Regelung, die dem Steuerpflichtigen ein Recht auf die Einsicht in die von den Finanzbehörden geführten Akten einräumt.

a) Der Bundesfinanzhof (BFH) und verschiedene Finanzgerichte haben in einigen zur Frage der Gewährung von Akteneinsicht im steuerlichen Verwaltungsverfahren vor den Finanzbehörden ergangenen Entscheidungen ausdrücklich festgestellt, dass die AO - anders als andere Verfahrensordnungen wie z. B. § 29 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (Überschrift: Akteneinsicht durch Beteiligte) - für das Verwaltungsverfahren einen Anspruch auf Gewährung von Einsicht in die Verfahrens- und Ermittlungsakten nicht vorsieht (vgl. nur BFH-Urteil vom 7. Mai 1985 VII R 25/82, BStBl II 1985, 571; i. d. S. auch das Finanzgericht Köln, Urteil vom 3. Mai 2000 11 K 6922/98, EFG 2000, 903 und das Finanzgericht München, Urteil vom 8. Juli 2015 4 K 2738/14, EFG 2015, 1886).

Der BFH hat auch geklärt, dass ein solches Einsichtsrecht weder aus dem in § 91 Abs. 1 AO niedergelegten Grundsatz des rechtlichen Gehörs und dem hierzu ergangenen Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) der Verwaltung in der Nr. 4, noch aus § 364 AO und dem dazu ergangenen AEAO abzuleiten sei (BFH-Beschlüsse vom 6. Oktober 1993 VIII B 121/92, BFH/NV 1994, 311 und vom 8. Juni 1995 IX B 168/94, BFH/NV 1996, 64; vgl. auch Finanzgericht München, Urteil vom 8. Juli 2015 4 K 2738/14, EFG 2015, 1886).

Gleichwohl geht der BFH in ständiger Rechtsprechung - ebenso wie die Finanzverwaltung in Nr. 4 AEAO zu § 91 AO und dem darin in Bezug genommen BMFSchreiben vom 17. Dezember 2008 (BStBl I 2009, 6) - davon aus, dass dem während eines Verwaltungsverfahrens um Akteneinsicht nachsuchenden Steuerpflichtigen oder seinem Vertreter jedenfalls ein Anspruch auf eine pflichtgemäße Ermessensentscheidung der Behörde zusteht, weil die Behörde nicht gehindert sei, in Einzelfällen Akteneinsicht zu gewähren (BFH in ständiger Rechtsprechung, vgl. Urteile vom 6. August 1965 VI 349/63 U, BStBl III 1965, 675 und vom 7. Mai 1985 VII R 25/82, BStBl II 1985, 571 sowie BFH-Beschlüsse vom 6. Oktober 1993 VIII B 121/92, BFH/NV 1994, 311; vom 26. Mai 1995 VI B 91/94, BFH/NV 1995, 1004 und vom 8. Juni 1995 IX B 168/94, BFH/NV 1996, 64; i.d.S. auch das Finanzgericht München, Urteil vom 8. Juli 2015 4 K 2738/14, EFG 2015, 1886). Grundlage dieses Anspruchs ist das Rechtsstaatsprinzip gemäß Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) i. V. m. dem Prozessgrundrecht gemäß Art. 19 Abs. 4 GG (vgl. BFH-Urteile vom 19. März 2013 II R 17/11, BStBl II 2013, 639, Rz. 11 und vom 5. Oktober 2006 VII R 24/03, BStBl II 2007, 243, Rz. 9).

b) Das Gericht kann eine solche behördliche Ermessensentscheidung über die Gewährung von Akteneinsicht gemäß § 102 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nur daraufhin überprüfen, ob die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen Gebrauch gemacht hat, die Grenzen ihres Ermessens überschritten oder dieses Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise ausgeübt hat. Eigene Ermessenserwägungen darf das Gericht nicht anstellen (BFH-Urteil vom 6. November 2012 VII R 72/11, BStBl II 2013, 141).

Der Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung ist dabei die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (Stapperfend, in Gräber, Kommentar zur FGO, 8. Auflage 2015, § 102 Rz. 13 m. w. N.); vorliegend mithin der Erlass der Einspruchsentscheidung am 14. Januar 2013, als Abschluss des außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens.

Der BFH sieht den Anspruch des „Einsichtsuchenden“ auf fehlerfreie Ermessensentscheidung als gewahrt an, wenn das FA im Rahmen einer Interessenabwägung dessen Belange und die der Behörde gegeneinander abgewogen hat (vgl. BFH-Beschluss vom 8. Juni 1995 IV B 168/94, BFH/NV 1996, 64, 65 und Urteil vom 7. Mai 1985 VII R 25/82, BStBl II 1985, 571). Eine Überprüfung der Ermessensentscheidung durch das Gericht ist dabei nur möglich, wenn die Finanzbehörde den zu beurteilenden Sachverhalt umfassend ermittelt und die für die Ermessensausübung maßgeblichen Gesichtspunkte tatsächlicher und rechtlicher Art mitgeteilt hat (vgl. nur Stapperfend, in Gräber, Kommentar zur FGO, 8. Auflage 2015, § 102 Rz. 19 m. w. N.).

2. Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall hat die Klage weder in ihrem Haupt- noch in ihrem Hilfsantrag Erfolg.

a) Das FA hat den Antrag der Klägerin auf Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren ermessensfehlerfrei abgelehnt; auch eine Ermessensreduzierung auf null, bei der nur die Gewährung von Akteneinsicht rechtmäßig gewesen wäre, lag hier nicht vor. Der streitgegenständliche Ablehnungsbescheid vom 20. Juli 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. Januar 2013 ist deshalb rechtmäßig.

aa) Ist eine Finanzbehörde - wie im Streitfall - dazu ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie ihr Ermessen entsprechend des Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten (§ 5 AO). Bezogen auf den Inhalt des „Ermessens“ bei der Gewährung von Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren ist hierbei zunächst zu berücksichtigen, dass die gesetzlichen Vorschriften der AO eine solche im steuerlichen Verwaltungsverfahren überhaupt nicht vorsehen (s. o. in Tz. II.1.a). Das FA ist lediglich nicht daran gehindert, in Einzelfällen Akteneinsicht zu gewähren (BFH-Beschluss vom 4. Juni 2003 VII B 138/01, BStBl II 2003, 790, Rz. 6 m. w. N.). Daraus ist abzuleiten, dass eine Gewährung von Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren nur in Ausnahmefällen in Frage kommt. Das ist bei einer Beurteilung des ausgeübten Ermessens zu berücksichtigen, denn die jeweilige „Ermächtigungsvorschrift“ normiert die gesetzlichen Grenzen des Ermessens (Drüen, in Tipke/Kruse, Kommentar zur AO und FGO, § 5 AO Rz. 35).

bb) Vorliegend hat das FA bereits in seinem ablehnenden Bescheid vom 20. Juli 2012 zu dem Antrag auf Akteneinsicht konkrete Ermessenserwägungen genannt, warum der Klägerin zu diesem Zeitpunkt keine Akteneinsicht habe gewährt werden können. So verwies das FA darauf, dass die im Verwaltungsverfahren angekündigte Prüfung von Amtshaftungsansprüchen kein berechtigtes Interesse zur Einsicht begründe, dass die laufenden Prüfungshandlungen durch eine Akteneinsicht behindert würden und dass zudem - wegen der schutzwürdigen Interessen Dritter - das Steuergeheimnis einer Einsicht entgegenstehen würde.

In der Einspruchsentscheidung vom 14. Januar 2013 begründete das FA die Ablehnung der Akteneinsicht neben den vorgenannten Erwägungen weiter damit, dass die Klägerin wegen des umfangreichen Schriftverkehrs mit dem FA über die wesentlichen Schritte des FA und die entscheidungserheblichen Sachverhalte fortlaufend informiert worden sei. So sei es der Klägerin insbesondere bekannt gewesen, dass die Auszahlung der Vorsteuerbeträge aus den Rechnungen einzelner Subunternehmer deshalb nicht erfolgte sei, weil Zweifel daran bestünden, dass es sich bei diesen Rechtssubjekten um tatsächlich existierende Unternehmen handeln würde. Das FA brachte in der Einspruchsentscheidung weiter vor, dass der Steuerpflichtige in einem laufenden Prüfungsverfahren nicht über jeden einzelnen Ermittlungsschritt zu unterrichten sei, weil dies dem Interesse der Geheimhaltung gewisser Informationen widerspreche. Bei der gebotenen Abwägung der Interessen der beteiligten Parteien müssten vorliegend auch die schutzwürdigen Interessen Dritter Berücksichtigung finden, denn die Unterlagen des FA würden in nicht unerheblichem Umfang Daten enthalten, deren Offenlegung durch das Steuergeheimnis geschützt sei. Die Akteneinsicht sei zudem abzulehnen, weil die Klägerin auf diese Weise Einsicht in interne Vermerke und Aufzeichnungen erhalte und zudem die Motive des Verwaltungshandelns herausfinde.

cc) Im Streitfall kann hinsichtlich der Entscheidung des FA über die Gewährung von Akteneinsicht zunächst nicht von einer Ermessensreduzierung auf null ausgegangen werden. Eine derartige Ermessensreduzierung auf null setzt voraus, dass durch die Sachlage des Einzelfalls die Ermessensgrenzen so eingeengt sind, dass nur eine bestimmte Entscheidung möglich ist, während jede andere notwendig zu einem Ermessensfehler führen müsste (vgl. Drüen, in Tipke/Kruse, Kommentar zur AO und FGO, § 5 AO Rz. 76 m. w. N.). Eine solche Bindung des Ermessens des FA im Sinne einer zwingenden Verpflichtung zur Akteneinsicht liegt hier nicht vor; die Klage bleibt deshalb in ihrem Hauptantrag ohne Erfolg.

dd) Darüber hinaus liegt hier aufgrund der vorgenannten Ermessenserwägungen des FA (Tz. II.2.a.bb) auch kein Ermessensfehler wegen einer Überschreitung oder Unterschreitung der Grenzen des Ermessens oder der Ausübung des Ermessens in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise durch das FA vor. Damit ist die Klage auch in ihrem Hilfsantrag unbegründet.

So lässt bereits die Gründlichkeit und Ausführlichkeit, mit der sich das FA in der Einspruchsentscheidung vom 14. Januar 2013 mit dem Rechtsvortrag der Klägerseite auseinandergesetzt hat, deutlich erkennen, dass dabei sorgfältig und ermessensfehlerfrei das Pro und Kontra hinsichtlich der begehrten Akteneinsicht abgewogen wurde (Hessisches Finanzgericht, Urteil vom 19. März 2001 2 K 5327/99, juris, Rz. 42). Das FA hat auch den zu beurteilenden Sachverhalt ausreichend ermittelt und die für seine Ermessensausübung maßgeblichen Gesichtspunkte tatsächlicher und rechtlicher Art mitgeteilt.

Dabei kann es hier dahingestellt bleiben, ob das FA seine Ermessenserwägungen tatsächlich darauf stützen durfte, dass die Verfolgung zivilrechtlicher Haftungsansprüche gegen ein Bundesland oder einen Mitarbeiter keine Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren rechtfertige, weil es sich hierbei um außersteuerliche Gründe handele. Dieser in Tz. 3 des BMFSchreibens vom 17. Dezember 2008 (BStBl I 2009, 6, auf das Nr. 4 AEAO zu § 91 AO Bezug nimmt) genannte „Ausschlussgrund“ könnte allerdings deshalb gegen das Rechtsstaatsprinzip verstoßen, weil sich der Staat damit generell unter Berufung auf ein Ausforschungsverbot berechtigten zivilrechtlichen Ansprüchen entziehen könnte (vgl. dazu ausführlich Seer, in Tipke/Kruse, Kommentar zur AO und FGO, § 91 AO, Rz. 27 m. w. N.). Letztlich kommt es darauf im Streitfall aber deshalb nicht an, weil das FA weitere Ermessenserwägungen genannt hat, welche seine Entscheidung tragen.

So liegt es nach Überzeugung des Gerichts auf der Hand, dass in einem umfassenden Prüfungsverfahren - indem wie vorliegend wegen der Gewährung des Vorsteuerabzugs die „Lieferanten“ eines Steuerpflichtigen in eine Prüfung einzubeziehen sind - die steuerlichen Verhältnisse Dritter - und damit das nach § 30 AO zu beachtende Steuergeheimnis - betroffen sind. Allein schon aus diesem Grund durfte das FA vorliegend eine Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren ermessensfehlerfrei verweigern.

Darüber hinaus erachtet das Gericht auch das in dem ablehnenden Bescheid vom 20. Juli 2012 genannte Argument der Verzögerung und der Behinderung einer laufenden Prüfung als eine zutreffende Ermessenserwägung des FA zur Verweigerung der Akteneinsicht in diesem Verfahrensstadium. Schon zur Wahrung des Steuergeheimnisses Dritter hätte das FA hier sämtliche Akten im Vorfeld sichten und eventuell aussortieren oder schwärzen müssen, was zweifellos einen erheblichen Aufwand erfordert hätte. Insoweit ist ergänzend zu berücksichtigen, dass das Besteuerungsverfahren ein Massenverfahren darstellt, in dem die Akteneinsicht während des laufenden Verwaltungsverfahrens auch aus Gründen der Verfahrensökonomie (Verwaltungsaufwand) grundsätzlich nicht vorgesehen ist (vgl. dazu Seer, in Tipke/Kruse, Kommentar zur AO und FGO, § 91 AO, Rz. 25 mit Nachweisen auf die Gesetzesmaterialien). Der Steuerpflichtige wird dadurch aber nicht rechtlos gestellt, denn die Besteuerungsgrundlagen werden für ihn immer erst in einem nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens erstellten Steuerbescheid festgestellt, gegen den er mit dem Rechtsbehelf des Einspruchs nach § 347 AO vorgehen kann. Im Verfahren einer Außenprüfung - wie im Streitfall - ist zudem vor dem Erlass von Änderungsbescheiden gemäß § 201 Abs. 1 AO eine Schlussbesprechung über das Ergebnis der Außenprüfung abzuhalten.

b) Im Ergebnis erkennt das Gericht in der ablehnenden Entscheidung des FA keinen Ermessensfehler, so dass es hier auf die weiteren Einwendungen der Klägerin nicht ankommt, auch weil sich diese in weiten Bereichen auf die Vollständigkeit der Akten im finanzgerichtlichen Verfahren - und damit auf einen anderen Verfahrensabschnitt - beziehen. Im vorliegenden Verfahren geht es ausschließlich um die Rechtmäßigkeit einer Ermessensentscheidung über die Gewährung von Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren während einer laufenden Umsatzsteuer-Sonderprüfung.

Im Streitfall mussten die vom FA dem Gericht in dem vorliegenden Verfahren vorgelegten Akten auch nicht sämtliche Unterlagen der Umsatzsteuer-Sonderprüfung, der Steuerfahndungsprüfung und des Strafverfahrens umfassen, denn hier ist nur über die Rechtmäßigkeit einer Ermessensentscheidung über die Versagung einer Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren während einer laufenden Umsatzsteuer-Sonderprüfung zu befinden. Im Hinblick auf diese Entscheidung waren die dem Gericht vom FA vorgelegten Akten ausreichend, zudem ist dem Gericht insbesondere der Bericht der Steuerfahndung vom 9. Juli 2014 vorgelegt worden. Das FA ist nicht verpflichtet, dem Gericht Akten oder Aktenteile zu übermitteln, um deren Einsichtnahme im finanzgerichtlichen Verfahren gestritten wird (vgl. BFH-Beschluss vom 3. Juni 2015 VII S 11/15, BFH/NV 2015, 1100).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision wird nicht zugelassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 FGO vorliegt.

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 115


(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat. (2) Die Revision ist nu

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 19


(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Abgabenordnung - AO 1977 | § 30 Steuergeheimnis


(1) Amtsträger haben das Steuergeheimnis zu wahren. (2) Ein Amtsträger verletzt das Steuergeheimnis, wenn er1.personenbezogene Daten eines anderen, die ihma)in einem Verwaltungsverfahren, einem Rechnungsprüfungsverfahren oder einem gerichtlichen

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 102


Soweit die Finanzbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln oder zu entscheiden, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Er

Abgabenordnung - AO 1977 | § 5 Ermessen


Ist die Finanzbehörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 29 Akteneinsicht durch Beteiligte


(1) Die Behörde hat den Beteiligten Einsicht in die das Verfahren betreffenden Akten zu gestatten, soweit deren Kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer rechtlichen Interessen erforderlich ist. Satz 1 gilt bis zum Abschluss des Verwaltungs

Abgabenordnung - AO 1977 | § 347 Statthaftigkeit des Einspruchs


(1) Gegen Verwaltungsakte1.in Abgabenangelegenheiten, auf die dieses Gesetz Anwendung findet,2.in Verfahren zur Vollstreckung von Verwaltungsakten in anderen als den in Nummer 1 bezeichneten Angelegenheiten, soweit die Verwaltungsakte durch Bundesfin

Abgabenordnung - AO 1977 | § 91 Anhörung Beteiligter


(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, soll diesem Gelegenheit gegeben werden, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Dies gilt insbesondere, wenn von dem in der Steuererkläru

Abgabenordnung - AO 1977 | § 201 Schlussbesprechung


(1) Über das Ergebnis der Außenprüfung ist eine Besprechung abzuhalten (Schlussbesprechung), es sei denn, dass sich nach dem Ergebnis der Außenprüfung keine Änderung der Besteuerungsgrundlagen ergibt oder dass der Steuerpflichtige auf die Besprechung

Abgabenordnung - AO 1977 | § 364 Offenlegung der Besteuerungsunterlagen


Den Beteiligten sind, soweit es noch nicht geschehen ist, die Unterlagen der Besteuerung auf Antrag oder, wenn die Begründung des Einspruchs dazu Anlass gibt, von Amts wegen offenzulegen.

Referenzen - Urteile

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Finanzgericht München Urteil, 11. Mai 2016 - 3 K 385/13 zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).

Finanzgericht München Urteil, 11. Mai 2016 - 3 K 385/13 zitiert 5 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Finanzgericht München Urteil, 11. Mai 2016 - 3 K 385/13

bei uns veröffentlicht am 11.05.2016

Gründe 1. Finanzgericht München Az.: 3 K 385/13 IM NAMEN DES VOLKES Urteil Stichworte: 1. Das in der Abgabenordnung geregelte Verfahrensrecht im Besteuerungsverfahren enthält keine Regelun

Finanzgericht München Urteil, 08. Juli 2015 - 4 K 2738/14

bei uns veröffentlicht am 08.07.2015

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger. Tatbestand Die Beteiligten streiten über das Bestehen der Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung einer Auskunft über einen gr

Bundesfinanzhof Beschluss, 03. Juni 2015 - VII S 11/15

bei uns veröffentlicht am 03.06.2015

Tenor Der Antrag wird abgelehnt. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Bundesfinanzhof Urteil, 19. März 2013 - II R 17/11

bei uns veröffentlicht am 19.03.2013

Tatbestand 1 I. F war von 2001 bis zum Entzug seiner Zulassung im Dezember 2005 als Rechtsanwalt selbständig tätig. Im Mai 2005 beantragte der Beklagte und Revisionsbekl

Bundesfinanzhof Urteil, 06. Nov. 2012 - VII R 72/11

bei uns veröffentlicht am 06.11.2012

Tatbestand 1 I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Insolvenzverwalter in dem über das Vermögen der T-GmbH im September 2001 eröffneten Insolvenzverfahren.
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Finanzgericht München Urteil, 11. Mai 2016 - 3 K 385/13.

Finanzgericht München Urteil, 11. Mai 2016 - 3 K 385/13

bei uns veröffentlicht am 11.05.2016

Gründe 1. Finanzgericht München Az.: 3 K 385/13 IM NAMEN DES VOLKES Urteil Stichworte: 1. Das in der Abgabenordnung geregelte Verfahrensrecht im Besteuerungsverfahren enthält keine Regelun

Bundesfinanzhof Beschluss, 19. Dez. 2016 - XI B 57/16

bei uns veröffentlicht am 19.12.2016

Tenor Die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts München vom 11. Mai 2016  3 K 385/13 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Referenzen

(1) Amtsträger haben das Steuergeheimnis zu wahren.

(2) Ein Amtsträger verletzt das Steuergeheimnis, wenn er

1.
personenbezogene Daten eines anderen, die ihm
a)
in einem Verwaltungsverfahren, einem Rechnungsprüfungsverfahren oder einem gerichtlichen Verfahren in Steuersachen,
b)
in einem Strafverfahren wegen einer Steuerstraftat oder einem Bußgeldverfahren wegen einer Steuerordnungswidrigkeit,
c)
im Rahmen einer Weiterverarbeitung nach § 29c Absatz 1 Satz 1 Nummer 4, 5 oder 6 oder aus anderem dienstlichen Anlass, insbesondere durch Mitteilung einer Finanzbehörde oder durch die gesetzlich vorgeschriebene Vorlage eines Steuerbescheids oder einer Bescheinigung über die bei der Besteuerung getroffenen Feststellungen,
bekannt geworden sind, oder
2.
ein fremdes Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, das ihm in einem der in Nummer 1 genannten Verfahren bekannt geworden ist,
(geschützte Daten) unbefugt offenbart oder verwertet oder
3.
geschützte Daten im automatisierten Verfahren unbefugt abruft, wenn sie für eines der in Nummer 1 genannten Verfahren in einem automationsgestützten Dateisystem gespeichert sind.

(3) Den Amtsträgern stehen gleich

1.
die für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten (§ 11 Abs. 1 Nr. 4 des Strafgesetzbuchs),
1a.
die in § 193 Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes genannten Personen,
2.
amtlich zugezogene Sachverständige,
3.
die Träger von Ämtern der Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind.

(4) Die Offenbarung oder Verwertung geschützter Daten ist zulässig, soweit

1.
sie der Durchführung eines Verfahrens im Sinne des Absatzes 2 Nr. 1 Buchstaben a und b dient,
1a.
sie einer Verarbeitung durch Finanzbehörden nach Maßgabe des § 29c Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 oder 6 dient,
1b.
sie der Durchführung eines Bußgeldverfahrens nach Artikel 83 der Verordnung (EU) 2016/679 im Anwendungsbereich dieses Gesetzes dient,
2.
sie durch Bundesgesetz ausdrücklich zugelassen ist,
2a.
sie durch Recht der Europäischen Union vorgeschrieben oder zugelassen ist,
2b.
sie der Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben des Statistischen Bundesamtes oder für die Erfüllung von Bundesgesetzen durch die Statistischen Landesämter dient,
2c.
sie der Gesetzesfolgenabschätzung dient und die Voraussetzungen für eine Weiterverarbeitung nach § 29c Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 vorliegen,
2d.
sie der Sicherung, Nutzung und wissenschaftlichen Verwertung von Archivgut der Finanzbehörden durch das Bundesarchiv nach Maßgabe des Bundesarchivgesetzes oder durch das zuständige Landes- oder Kommunalarchiv nach Maßgabe des einschlägigen Landesgesetzes oder der einschlägigen kommunalen Satzung dient, sofern die Beachtung der Vorgaben der §§ 6 und 10 bis 14 des Bundesarchivgesetzes im Landesrecht oder in der kommunalen Satzung sichergestellt ist,
3.
die betroffene Person zustimmt,
4.
sie der Durchführung eines Strafverfahrens wegen einer Tat dient, die keine Steuerstraftat ist, und die Kenntnisse
a)
in einem Verfahren wegen einer Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit erlangt worden sind; dies gilt jedoch nicht für solche Tatsachen, die der Steuerpflichtige in Unkenntnis der Einleitung des Strafverfahrens oder des Bußgeldverfahrens offenbart hat oder die bereits vor Einleitung des Strafverfahrens oder des Bußgeldverfahrens im Besteuerungsverfahren bekannt geworden sind, oder
b)
ohne Bestehen einer steuerlichen Verpflichtung oder unter Verzicht auf ein Auskunftsverweigerungsrecht erlangt worden sind,
5.
für sie ein zwingendes öffentliches Interesse besteht; ein zwingendes öffentliches Interesse ist namentlich gegeben, wenn
a)
die Offenbarung erforderlich ist zur Abwehr erheblicher Nachteile für das Gemeinwohl oder einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit, die Verteidigung oder die nationale Sicherheit oder zur Verhütung oder Verfolgung von Verbrechen und vorsätzlichen schweren Vergehen gegen Leib und Leben oder gegen den Staat und seine Einrichtungen,
b)
Wirtschaftsstraftaten verfolgt werden oder verfolgt werden sollen, die nach ihrer Begehungsweise oder wegen des Umfangs des durch sie verursachten Schadens geeignet sind, die wirtschaftliche Ordnung erheblich zu stören oder das Vertrauen der Allgemeinheit auf die Redlichkeit des geschäftlichen Verkehrs oder auf die ordnungsgemäße Arbeit der Behörden und der öffentlichen Einrichtungen erheblich zu erschüttern, oder
c)
die Offenbarung erforderlich ist zur Richtigstellung in der Öffentlichkeit verbreiteter unwahrer Tatsachen, die geeignet sind, das Vertrauen in die Verwaltung erheblich zu erschüttern; die Entscheidung trifft die zuständige oberste Finanzbehörde im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen; vor der Richtigstellung soll der Steuerpflichtige gehört werden.

(5) Vorsätzlich falsche Angaben der betroffenen Person dürfen den Strafverfolgungsbehörden gegenüber offenbart werden.

(6) Der Abruf geschützter Daten, die für eines der in Absatz 2 Nummer 1 genannten Verfahren in einem automationsgestützten Dateisystem gespeichert sind, ist nur zulässig, soweit er der Durchführung eines Verfahrens im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1 Buchstabe a und b oder der zulässigen Übermittlung geschützter Daten durch eine Finanzbehörde an die betroffene Person oder Dritte dient. Zur Wahrung des Steuergeheimnisses kann das Bundesministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bestimmen, welche technischen und organisatorischen Maßnahmen gegen den unbefugten Abruf von Daten zu treffen sind. Insbesondere kann es nähere Regelungen treffen über die Art der Daten, deren Abruf zulässig ist, sowie über den Kreis der Amtsträger, die zum Abruf solcher Daten berechtigt sind. Die Rechtsverordnung bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates, soweit sie die Kraftfahrzeugsteuer, die Luftverkehrsteuer, die Versicherungsteuer sowie Einfuhr- und Ausfuhrabgaben und Verbrauchsteuern, mit Ausnahme der Biersteuer, betrifft.

(7) Werden dem Steuergeheimnis unterliegende Daten durch einen Amtsträger oder diesem nach Absatz 3 gleichgestellte Personen nach Maßgabe des § 87a Absatz 4 oder 7 über De-Mail-Dienste im Sinne des § 1 des De-Mail-Gesetzes versendet, liegt keine unbefugte Offenbarung, Verwertung und kein unbefugter Abruf von dem Steuergeheimnis unterliegenden Daten vor, wenn beim Versenden eine kurzzeitige automatisierte Entschlüsselung durch den akkreditierten Diensteanbieter zum Zweck der Überprüfung auf Schadsoftware und zum Zweck der Weiterleitung an den Adressaten der De-Mail-Nachricht stattfindet.

(8) Die Einrichtung eines automatisierten Verfahrens, das den Abgleich geschützter Daten innerhalb einer Finanzbehörde oder zwischen verschiedenen Finanzbehörden ermöglicht, ist zulässig, soweit die Weiterverarbeitung oder Offenbarung dieser Daten zulässig und dieses Verfahren unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen der betroffenen Person und der Aufgaben der beteiligten Finanzbehörden angemessen ist.

(9) Die Finanzbehörden dürfen sich bei der Verarbeitung geschützter Daten nur dann eines Auftragsverarbeiters im Sinne von Artikel 4 Nummer 8 der Verordnung (EU) 2016/679 bedienen, wenn diese Daten ausschließlich durch Personen verarbeitet werden, die zur Wahrung des Steuergeheimnisses verpflichtet sind.

(10) Die Offenbarung besonderer Kategorien personenbezogener Daten im Sinne des Artikels 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 durch Finanzbehörden an öffentliche oder nicht-öffentliche Stellen ist zulässig, wenn die Voraussetzungen der Absätze 4 oder 5 und ein Ausnahmetatbestand nach Artikel 9 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2016/679 oder nach § 31c vorliegen.

(11) Wurden geschützte Daten

1.
einer Person, die nicht zur Wahrung des Steuergeheimnisses verpflichtet ist,
2.
einer öffentlichen Stelle, die keine Finanzbehörde ist, oder
3.
einer nicht-öffentlichen Stelle
nach den Absätzen 4 oder 5 offenbart, darf der Empfänger diese Daten nur zu dem Zweck speichern, verändern, nutzen oder übermitteln, zu dem sie ihm offenbart worden sind. Die Pflicht eines Amtsträgers oder einer ihm nach Absatz 3 gleichgestellten Person, dem oder der die geschützten Daten durch die Offenbarung bekannt geworden sind, zur Wahrung des Steuergeheimnisses bleibt unberührt.

(1) Die Behörde hat den Beteiligten Einsicht in die das Verfahren betreffenden Akten zu gestatten, soweit deren Kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer rechtlichen Interessen erforderlich ist. Satz 1 gilt bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens nicht für Entwürfe zu Entscheidungen sowie die Arbeiten zu ihrer unmittelbaren Vorbereitung. Soweit nach den §§ 17 und 18 eine Vertretung stattfindet, haben nur die Vertreter Anspruch auf Akteneinsicht.

(2) Die Behörde ist zur Gestattung der Akteneinsicht nicht verpflichtet, soweit durch sie die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben der Behörde beeinträchtigt, das Bekanntwerden des Inhalts der Akten dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde oder soweit die Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach, namentlich wegen der berechtigten Interessen der Beteiligten oder dritter Personen, geheim gehalten werden müssen.

(3) Die Akteneinsicht erfolgt bei der Behörde, die die Akten führt. Im Einzelfall kann die Einsicht auch bei einer anderen Behörde oder bei einer diplomatischen oder berufskonsularischen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland im Ausland erfolgen; weitere Ausnahmen kann die Behörde, die die Akten führt, gestatten.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über das Bestehen der Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung einer Auskunft über einen grunderwerbsteuerrechtlichen Sachverhalt.

Mit Urkunde des Notars … vom 7. Oktober 2009 (URNr. …) verkaufte die zwischenzeitlich am xx. Juni 2010 verstorbene M, damals vertreten durch ihren Betreuer A das ihr gehörende Grünlandgrundstück in L mit der Flurnummer … an J aus L zu einem Kaufpreis von 6.000 €. Durch Grunderwerbsteuerbescheid vom 9. Februar 2010 setzte der Beklagte auf der Grundlage der notariell beurkundeten Gegenleistung die Grunderwerbsteuer  gegenüber dem Erwerber fest. Mit Schreiben vom 29. September 2011 wandte sich der Kläger erstmals mit dem Ersuchen an den Beklagten, ihm darüber Auskunft zu geben, ob außer dem vereinbarten Kaufpreis noch weitere Gegenleistungen beim Beklagten angegeben oder steuerrechtlich erfasst worden wären. Im Laufe der weiteren Korrespondenz zwischen den Beteiligten erklärte der Kläger, Gesamtrechtsnachfolger der M geworden zu sein und legte einen Erbschein des Amtsgerichts K vom 9. Februar 2011 beim Beklagten vor, der ihn als Miterben zu einem Erbteil von 1/6 neben weiteren insgesamt 11 Miterben auswies. Dabei wiederholte er sein Auskunftsersuchen unter Bezugnahme auf seine Erbenstellung nach M und verlangte vom Beklagten außerdem die Übersendung einer Abschrift des Grunderwerbsteuerbescheides. Dies lehnte der Beklagte mit dem mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bescheid vom 21. Februar 2014 ab. In seiner Begründung verwies der Beklagte darauf, dass die Grunderwerbsteuerschuld noch zu Lebzeiten der M vom Erwerber vollständig bezahlt worden war, deswegen kein Gesamtschuldverhältnis mehr bestünde und die Auskunft wegen des Steuergeheimnisses nicht erteilt werden könnte. Der Einspruch des Klägers mit Schreiben vom 19. März 2014, dessen Eingang beim Beklagten mit Frühleerungsstempel für den 21. März 2014 versehen wurde, blieb in der Sache erfolglos und wurde durch Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 18. September 2014 als unbegründet zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die mit Schriftsatz vom 13. Oktober 2014 erhobene, und zwei Tage später bei Gericht eingegangene Klage, die der Kläger wie folgt begründet:

Aus rechtsstaatlichen Erwägungen wäre es nicht tragbar, wenn der Beklagte eine etwaige Handlung zum Nachteil des dem Betreuer der M anvertrauten Vermögens und zum Vorteil des Betreuers decken würde. Im Übrigen ergebe sich sein Auskunftsanspruch als Steuerschuldner – unabhängig von den übrigen  Steuerschuldnern – allein schon aus der Vorschrift des § 155 der Abgabenordnung (AO), die eine Sondervorschrift zur Regelung des Steuergeheimnisses darstelle.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten dazu zu verpflichten,

1.    

 Auskunft zu erteilen über die gesamte erhobene Grunderwerbsteuer aus dem Erwerbsvorgang, der sich aus dem Kaufvertrag zu URNr. … des Notars … ergibt und

2.    

 ihm eine nachträgliche Abschrift des Grunderwerbsteuerbescheides zu übersenden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Nach seiner Ansicht stehe dem Auskunftsverlangen des Klägers das Steuergeheimnis entgegen. Eine Befugnis des Beklagten zur Offenbarung der steuerrechtlichen Verhältnisse bestehe jedenfalls nicht nach § 30 Abs. 4 Nr. 1 und 2 AO. Da die Grunderwerbsteuer bereits bezahlt ist, diene die Auskunft keinem Besteuerungsverfahren mehr und sei auch nicht kraft einer gesetzlichen Norm erlaubt. Die Offenbarung steuerrechtlicher Verhältnisse ist zwar bei Zustimmung des Betroffenen erlaubt (§ 30 Abs. 4 Nr. 3 AO) und im Fall einer gesamtschuldnerischen steuerlichen Verpflichtung sei grundsätzlich jeder einzelne Gesamtschuldner auch betroffen, weil er den gesamten Betrag schulde. Infolge der Bezahlung der Grunderwerbsteuerschuld sei das Gesamtschuldverhältnis jedoch erloschen und der Kläger allein nicht mehr auskunftsberechtigt. Ohne Durchbrechung des Steuergeheimnisses könne die Auskunft an den Kläger nur erteilt werden, wenn die Zustimmung aller Miterben der Verkäuferin vorlägen, was jedoch nicht der Fall ist. Die weiteren Alternativen der abschließenden Regelung der Durchbrechung des Steuergeheimnisses nach § 30 Abs. 4 Nr. 4 und 5 AO lägen ersichtlich nicht vor.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend schriftsätzlich mit einer Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird gemäß § 105 Abs. 3 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die den Kläger betreffende Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

1.) Die Klage ist auf Erteilung einer Auskunft sowie auf Übersendung der Abschrift eines Steuerbescheids gerichtet. Da dies eine dem Antrag des Klägers stattgebende Verwaltungsentscheidung des Beklagten voraussetzt, handelt es sich um eine Verpflichtungsklage (§ 40 Abs. 1, 2. Alt. FGO). Die Klage ist fristgerecht erhoben und auch im Übrigen zulässig.

2.) Die Klage ist jedoch unbegründet.

a) Die Erteilung einer Auskunft aus den Behördenakten in einem konkreten Besteuerungsverfahren sowie die Ausreichung einer Abschrift des Steuerbescheides ist eine besondere Form der Akteneinsicht. Im abgabenrechtlichen Verwaltungsverfahren besteht – im Gegensatz etwa zu anderen Verfahrensordnungen wie z.B. nach § 29 des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes bzw. der entsprechenden Vorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder – jedoch kein Anspruch der am Besteuerungsverfahren im Sinne des § 78 AO Beteiligten auf Einsicht in die Behördenakten. Ein solcher Anspruch ergibt sich auch nicht aus der Vorschrift über die Gewährung rechtlichen Gehörs nach § 91 Abs. 1 AO (vgl. für viele: Bundesfinanzhof -BFH- Beschluss vom 4. Juni 2003 VII B 138/01, BFHE 202, 231, BStBl II 2003, 790). Gleichwohl ist in ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung anerkannt, dass dem während eines Verwaltungsverfahrens um Akteneinsicht nachsuchenden Steuerpflichtigen oder seinem Vertreter ein Anspruch auf eine pflichtgemäße Ermessensentscheidung der Finanzbehörde zusteht, weil diese nicht gehindert ist, in Einzelfällen Akteneinsicht zu gewähren (vgl. BFH Beschluss vom 26. Mai 1995 VI B 91/94, BFH/NV 1995, 1004). Dies entspricht auch der Rechtsansicht der Finanzverwaltung (vgl. Nr. 4 des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung zu § 91 AO 1977). Maßgebend für die Art und Weise der Ermessensanwendung (vgl. § 5 AO) ist im Falle eines geltend gemachten Anspruches auf Gewährung von Akteneinsicht im steuerlichen Verwaltungsverfahren der vom Gesetzgeber gesteckte Ermessensrahmen. Danach kommt die Einsichtnahme in die Akten lediglich im Hinblick auf die Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 91 AO) gegenüber den am Besteuerungsverfahren Beteiligten im Sinne des § 78 AO in Bezug auf ein laufendes Verwaltungs- oder Steuerermittlungsverfahren in Betracht (vgl. BFH Beschluss vom 4. Juni 2003 a.a.O.). Die gerichtliche Kontrolle finanzbehördlicher Ermessensentscheidungen ist dabei eingeschränkt. Abgesehen von einem Gesetzesverstoß prüft das Gericht vor allem, ob die Finanzbehörde die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 102 Satz 1 FGO).

b) Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall hat die Klage keinen Erfolg. Der Beklagte hat den Antrag des Klägers auf Erteilung der Auskunft sowie Übersendung einer Abschrift des Grunderwerbsteuerbescheids ermessensfehlerfrei abgelehnt. Der streitgegenständliche Ablehnungsbescheid vom 21. Februar 2014 ist nicht rechtswidrig und der Beklagte hat dabei sein Verwaltungsermessen weder fehlerhaft gebraucht noch überschritten.

aa) Der Kläger hat in Bezug auf das grunderwerbsteuerrechtliche Besteuerungsverfahren im Zusammenhang mit dem Erwerbsvorgang aufgrund der notariellen Urkunde vom 7. Oktober 2009 schon keine hinreichende Rechtsstellung als Beteiligter im Sinne des § 78 AO. Zwar ist der Kläger als Antragsteller Beteiligter im finanzbehördlichen Verwaltungsverfahren über den hier streitgegenständlichen Antrag auf Erteilung der Auskunft und der Bescheidabschrift (§ 78 Nr. 1 AO). Der Kläger ist jedoch nicht Beteiligter in Bezug auf das grunderwerbsteuerrechtliche Besteuerungsverfahren, über das er Auskunft begehrt. An dem Verfahren über die Festsetzung der Grunderwerbsteuer für den hier in Rede stehenden Erwerbsvorgang ist in erster Linie der Erwerber des Grundstücks beteiligt gewesen, gegen den sich der Grunderwerbsteuerbescheid gerichtet hat (§ 78 Nr. 2 AO). M als die Verkäuferin des Grundstücks im Rechtssinne, deren Miterbe der Kläger unstreitig geworden ist, ist aufgrund des § 13 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) neben dem Erwerber materiell-rechtlich Steuerschuldnerin gewesen. Zwischen ihr und dem Erwerber hat somit (materiell-rechtlich) ein Gesamtschuldverhältnis im Sinne des § 44 Abs. 1 AO bestanden. Da der Erwerber die kraft Grunderwerbsteuerbescheides von ihm geforderte Steuerschuld unstreitig beglichen hat, ist jedoch eine Inanspruchnahme der Verkäuferin des Grundstückes aus ihrer Gesamtschuld durch Erlass eines entsprechenden Grunderwerbsteuerbescheides unterblieben. Allein die materiell-rechtliche Stellung der Verkäuferin des Grundstücks als Gesamtschuldnerin hat noch nicht zu ihrer verfahrensrechtlichen Beteiligten im Besteuerungsverfahren geführt. Derjenige Gesamtschuldner, der nur potentiell durch Steuerbescheid in Anspruch genommen werden kann, wird allein deswegen noch nicht zum verfahrensrechtlichen Beteiligten. Beteiligter im Sinne des § 78 AO kann jedoch nur derjenige sein, der auch in formeller Hinsicht, d.h. durch einen Rechtsakt, beteiligt worden ist. Gegen M hat sich zu keinem Zeitpunkt ein formelles Besteuerungsverfahren gerichtet. Demzufolge hat auch der Kläger trotz seiner Rechtsstellung als deren Miterbe ungeachtet aller weiteren Voraussetzungen keine formalrechtliche Stellung als Beteiligter erhalten können. In diesem Zusammenhang sei nur darauf hingewiesen, dass selbst ein formalrechtlich Beteiligter im Sinne des § 78 AO keinen Auskunftsanspruch gegen die Finanzbehörde hat, wenn dessen Erfüllung lediglich der Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche gegen andere Miterben oder dritte Personen dienen soll (vgl. etwa BFH Urteil vom 23. Februar 2010 VII R 19/09, BFHE 228, 139, BStBl II 2010, 729 und Beschluss vom 28. Dezember 2006 VII B 44/03, BFH/NV 2007, 853).

bb) Ein Anspruch des Klägers ergibt sich entgegen seiner Rechtsansicht auch nicht aus übergeordneten rechtsstaatlichen Erwägungen oder aus Treu und Glauben. Sollte der Kläger mit seiner Antragsbegründung zum Ausdruck bringen wollen, dass in Bezug auf den Grundstückserwerb nicht die tatsächlich erbrachte Gegenleistung notariell beurkundet worden sei und deswegen der Straftatbestand der Steuerhinterziehung (§ 370 AO) erfüllt sein könnte, begründet auch dies keinen Auskunftsanspruch. Die Durchführung des Besteuerungsverfahrens ebenso wie eines etwaigen steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens obliegt allein den Finanzbehörden bzw. den Strafverfolgungsbehörden. Soweit der Kläger auf die Möglichkeit des Straftatbestandes der Untreue (§ 266 des Strafgesetzbuches) in Bezug auf die Person des Betreuers der M hinweist, obliegt ein Ermittlungsverfahren allein den Strafverfolgungsbehörden. Es bleibt dem Kläger in diesem Zusammenhang unbenommen, Strafanzeige zu stellen, falls ihm dementsprechende Anhaltspunkte hierfür vorliegen. Da für den Kläger schon keine Grundlage für einen Auskunftsanspruch ersichtlich ist, kommt es darauf, unter welchen Voraussetzungen der Beklagte ausnahmsweise unter Durchbrechung des Steuergeheimnisses gemäß § 30 Abs. 4 AO befugt sein könnte, steuerrechtliche Verhältnisse zu offenbaren, nicht mehr an.

3.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

4.) Die Entscheidung ergeht gemäß § 90 Abs. 2 FGO ohne mündliche Verhandlung.

(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, soll diesem Gelegenheit gegeben werden, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Dies gilt insbesondere, wenn von dem in der Steuererklärung erklärten Sachverhalt zuungunsten des Steuerpflichtigen wesentlich abgewichen werden soll.

(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn

1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint,
2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde,
3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll,
4.
die Finanzbehörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will,
5.
Maßnahmen in der Vollstreckung getroffen werden sollen.

(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.

Den Beteiligten sind, soweit es noch nicht geschehen ist, die Unterlagen der Besteuerung auf Antrag oder, wenn die Begründung des Einspruchs dazu Anlass gibt, von Amts wegen offenzulegen.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über das Bestehen der Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung einer Auskunft über einen grunderwerbsteuerrechtlichen Sachverhalt.

Mit Urkunde des Notars … vom 7. Oktober 2009 (URNr. …) verkaufte die zwischenzeitlich am xx. Juni 2010 verstorbene M, damals vertreten durch ihren Betreuer A das ihr gehörende Grünlandgrundstück in L mit der Flurnummer … an J aus L zu einem Kaufpreis von 6.000 €. Durch Grunderwerbsteuerbescheid vom 9. Februar 2010 setzte der Beklagte auf der Grundlage der notariell beurkundeten Gegenleistung die Grunderwerbsteuer  gegenüber dem Erwerber fest. Mit Schreiben vom 29. September 2011 wandte sich der Kläger erstmals mit dem Ersuchen an den Beklagten, ihm darüber Auskunft zu geben, ob außer dem vereinbarten Kaufpreis noch weitere Gegenleistungen beim Beklagten angegeben oder steuerrechtlich erfasst worden wären. Im Laufe der weiteren Korrespondenz zwischen den Beteiligten erklärte der Kläger, Gesamtrechtsnachfolger der M geworden zu sein und legte einen Erbschein des Amtsgerichts K vom 9. Februar 2011 beim Beklagten vor, der ihn als Miterben zu einem Erbteil von 1/6 neben weiteren insgesamt 11 Miterben auswies. Dabei wiederholte er sein Auskunftsersuchen unter Bezugnahme auf seine Erbenstellung nach M und verlangte vom Beklagten außerdem die Übersendung einer Abschrift des Grunderwerbsteuerbescheides. Dies lehnte der Beklagte mit dem mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bescheid vom 21. Februar 2014 ab. In seiner Begründung verwies der Beklagte darauf, dass die Grunderwerbsteuerschuld noch zu Lebzeiten der M vom Erwerber vollständig bezahlt worden war, deswegen kein Gesamtschuldverhältnis mehr bestünde und die Auskunft wegen des Steuergeheimnisses nicht erteilt werden könnte. Der Einspruch des Klägers mit Schreiben vom 19. März 2014, dessen Eingang beim Beklagten mit Frühleerungsstempel für den 21. März 2014 versehen wurde, blieb in der Sache erfolglos und wurde durch Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 18. September 2014 als unbegründet zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die mit Schriftsatz vom 13. Oktober 2014 erhobene, und zwei Tage später bei Gericht eingegangene Klage, die der Kläger wie folgt begründet:

Aus rechtsstaatlichen Erwägungen wäre es nicht tragbar, wenn der Beklagte eine etwaige Handlung zum Nachteil des dem Betreuer der M anvertrauten Vermögens und zum Vorteil des Betreuers decken würde. Im Übrigen ergebe sich sein Auskunftsanspruch als Steuerschuldner – unabhängig von den übrigen  Steuerschuldnern – allein schon aus der Vorschrift des § 155 der Abgabenordnung (AO), die eine Sondervorschrift zur Regelung des Steuergeheimnisses darstelle.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten dazu zu verpflichten,

1.    

 Auskunft zu erteilen über die gesamte erhobene Grunderwerbsteuer aus dem Erwerbsvorgang, der sich aus dem Kaufvertrag zu URNr. … des Notars … ergibt und

2.    

 ihm eine nachträgliche Abschrift des Grunderwerbsteuerbescheides zu übersenden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Nach seiner Ansicht stehe dem Auskunftsverlangen des Klägers das Steuergeheimnis entgegen. Eine Befugnis des Beklagten zur Offenbarung der steuerrechtlichen Verhältnisse bestehe jedenfalls nicht nach § 30 Abs. 4 Nr. 1 und 2 AO. Da die Grunderwerbsteuer bereits bezahlt ist, diene die Auskunft keinem Besteuerungsverfahren mehr und sei auch nicht kraft einer gesetzlichen Norm erlaubt. Die Offenbarung steuerrechtlicher Verhältnisse ist zwar bei Zustimmung des Betroffenen erlaubt (§ 30 Abs. 4 Nr. 3 AO) und im Fall einer gesamtschuldnerischen steuerlichen Verpflichtung sei grundsätzlich jeder einzelne Gesamtschuldner auch betroffen, weil er den gesamten Betrag schulde. Infolge der Bezahlung der Grunderwerbsteuerschuld sei das Gesamtschuldverhältnis jedoch erloschen und der Kläger allein nicht mehr auskunftsberechtigt. Ohne Durchbrechung des Steuergeheimnisses könne die Auskunft an den Kläger nur erteilt werden, wenn die Zustimmung aller Miterben der Verkäuferin vorlägen, was jedoch nicht der Fall ist. Die weiteren Alternativen der abschließenden Regelung der Durchbrechung des Steuergeheimnisses nach § 30 Abs. 4 Nr. 4 und 5 AO lägen ersichtlich nicht vor.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend schriftsätzlich mit einer Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird gemäß § 105 Abs. 3 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die den Kläger betreffende Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

1.) Die Klage ist auf Erteilung einer Auskunft sowie auf Übersendung der Abschrift eines Steuerbescheids gerichtet. Da dies eine dem Antrag des Klägers stattgebende Verwaltungsentscheidung des Beklagten voraussetzt, handelt es sich um eine Verpflichtungsklage (§ 40 Abs. 1, 2. Alt. FGO). Die Klage ist fristgerecht erhoben und auch im Übrigen zulässig.

2.) Die Klage ist jedoch unbegründet.

a) Die Erteilung einer Auskunft aus den Behördenakten in einem konkreten Besteuerungsverfahren sowie die Ausreichung einer Abschrift des Steuerbescheides ist eine besondere Form der Akteneinsicht. Im abgabenrechtlichen Verwaltungsverfahren besteht – im Gegensatz etwa zu anderen Verfahrensordnungen wie z.B. nach § 29 des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes bzw. der entsprechenden Vorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder – jedoch kein Anspruch der am Besteuerungsverfahren im Sinne des § 78 AO Beteiligten auf Einsicht in die Behördenakten. Ein solcher Anspruch ergibt sich auch nicht aus der Vorschrift über die Gewährung rechtlichen Gehörs nach § 91 Abs. 1 AO (vgl. für viele: Bundesfinanzhof -BFH- Beschluss vom 4. Juni 2003 VII B 138/01, BFHE 202, 231, BStBl II 2003, 790). Gleichwohl ist in ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung anerkannt, dass dem während eines Verwaltungsverfahrens um Akteneinsicht nachsuchenden Steuerpflichtigen oder seinem Vertreter ein Anspruch auf eine pflichtgemäße Ermessensentscheidung der Finanzbehörde zusteht, weil diese nicht gehindert ist, in Einzelfällen Akteneinsicht zu gewähren (vgl. BFH Beschluss vom 26. Mai 1995 VI B 91/94, BFH/NV 1995, 1004). Dies entspricht auch der Rechtsansicht der Finanzverwaltung (vgl. Nr. 4 des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung zu § 91 AO 1977). Maßgebend für die Art und Weise der Ermessensanwendung (vgl. § 5 AO) ist im Falle eines geltend gemachten Anspruches auf Gewährung von Akteneinsicht im steuerlichen Verwaltungsverfahren der vom Gesetzgeber gesteckte Ermessensrahmen. Danach kommt die Einsichtnahme in die Akten lediglich im Hinblick auf die Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 91 AO) gegenüber den am Besteuerungsverfahren Beteiligten im Sinne des § 78 AO in Bezug auf ein laufendes Verwaltungs- oder Steuerermittlungsverfahren in Betracht (vgl. BFH Beschluss vom 4. Juni 2003 a.a.O.). Die gerichtliche Kontrolle finanzbehördlicher Ermessensentscheidungen ist dabei eingeschränkt. Abgesehen von einem Gesetzesverstoß prüft das Gericht vor allem, ob die Finanzbehörde die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 102 Satz 1 FGO).

b) Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall hat die Klage keinen Erfolg. Der Beklagte hat den Antrag des Klägers auf Erteilung der Auskunft sowie Übersendung einer Abschrift des Grunderwerbsteuerbescheids ermessensfehlerfrei abgelehnt. Der streitgegenständliche Ablehnungsbescheid vom 21. Februar 2014 ist nicht rechtswidrig und der Beklagte hat dabei sein Verwaltungsermessen weder fehlerhaft gebraucht noch überschritten.

aa) Der Kläger hat in Bezug auf das grunderwerbsteuerrechtliche Besteuerungsverfahren im Zusammenhang mit dem Erwerbsvorgang aufgrund der notariellen Urkunde vom 7. Oktober 2009 schon keine hinreichende Rechtsstellung als Beteiligter im Sinne des § 78 AO. Zwar ist der Kläger als Antragsteller Beteiligter im finanzbehördlichen Verwaltungsverfahren über den hier streitgegenständlichen Antrag auf Erteilung der Auskunft und der Bescheidabschrift (§ 78 Nr. 1 AO). Der Kläger ist jedoch nicht Beteiligter in Bezug auf das grunderwerbsteuerrechtliche Besteuerungsverfahren, über das er Auskunft begehrt. An dem Verfahren über die Festsetzung der Grunderwerbsteuer für den hier in Rede stehenden Erwerbsvorgang ist in erster Linie der Erwerber des Grundstücks beteiligt gewesen, gegen den sich der Grunderwerbsteuerbescheid gerichtet hat (§ 78 Nr. 2 AO). M als die Verkäuferin des Grundstücks im Rechtssinne, deren Miterbe der Kläger unstreitig geworden ist, ist aufgrund des § 13 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) neben dem Erwerber materiell-rechtlich Steuerschuldnerin gewesen. Zwischen ihr und dem Erwerber hat somit (materiell-rechtlich) ein Gesamtschuldverhältnis im Sinne des § 44 Abs. 1 AO bestanden. Da der Erwerber die kraft Grunderwerbsteuerbescheides von ihm geforderte Steuerschuld unstreitig beglichen hat, ist jedoch eine Inanspruchnahme der Verkäuferin des Grundstückes aus ihrer Gesamtschuld durch Erlass eines entsprechenden Grunderwerbsteuerbescheides unterblieben. Allein die materiell-rechtliche Stellung der Verkäuferin des Grundstücks als Gesamtschuldnerin hat noch nicht zu ihrer verfahrensrechtlichen Beteiligten im Besteuerungsverfahren geführt. Derjenige Gesamtschuldner, der nur potentiell durch Steuerbescheid in Anspruch genommen werden kann, wird allein deswegen noch nicht zum verfahrensrechtlichen Beteiligten. Beteiligter im Sinne des § 78 AO kann jedoch nur derjenige sein, der auch in formeller Hinsicht, d.h. durch einen Rechtsakt, beteiligt worden ist. Gegen M hat sich zu keinem Zeitpunkt ein formelles Besteuerungsverfahren gerichtet. Demzufolge hat auch der Kläger trotz seiner Rechtsstellung als deren Miterbe ungeachtet aller weiteren Voraussetzungen keine formalrechtliche Stellung als Beteiligter erhalten können. In diesem Zusammenhang sei nur darauf hingewiesen, dass selbst ein formalrechtlich Beteiligter im Sinne des § 78 AO keinen Auskunftsanspruch gegen die Finanzbehörde hat, wenn dessen Erfüllung lediglich der Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche gegen andere Miterben oder dritte Personen dienen soll (vgl. etwa BFH Urteil vom 23. Februar 2010 VII R 19/09, BFHE 228, 139, BStBl II 2010, 729 und Beschluss vom 28. Dezember 2006 VII B 44/03, BFH/NV 2007, 853).

bb) Ein Anspruch des Klägers ergibt sich entgegen seiner Rechtsansicht auch nicht aus übergeordneten rechtsstaatlichen Erwägungen oder aus Treu und Glauben. Sollte der Kläger mit seiner Antragsbegründung zum Ausdruck bringen wollen, dass in Bezug auf den Grundstückserwerb nicht die tatsächlich erbrachte Gegenleistung notariell beurkundet worden sei und deswegen der Straftatbestand der Steuerhinterziehung (§ 370 AO) erfüllt sein könnte, begründet auch dies keinen Auskunftsanspruch. Die Durchführung des Besteuerungsverfahrens ebenso wie eines etwaigen steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens obliegt allein den Finanzbehörden bzw. den Strafverfolgungsbehörden. Soweit der Kläger auf die Möglichkeit des Straftatbestandes der Untreue (§ 266 des Strafgesetzbuches) in Bezug auf die Person des Betreuers der M hinweist, obliegt ein Ermittlungsverfahren allein den Strafverfolgungsbehörden. Es bleibt dem Kläger in diesem Zusammenhang unbenommen, Strafanzeige zu stellen, falls ihm dementsprechende Anhaltspunkte hierfür vorliegen. Da für den Kläger schon keine Grundlage für einen Auskunftsanspruch ersichtlich ist, kommt es darauf, unter welchen Voraussetzungen der Beklagte ausnahmsweise unter Durchbrechung des Steuergeheimnisses gemäß § 30 Abs. 4 AO befugt sein könnte, steuerrechtliche Verhältnisse zu offenbaren, nicht mehr an.

3.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

4.) Die Entscheidung ergeht gemäß § 90 Abs. 2 FGO ohne mündliche Verhandlung.

(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, soll diesem Gelegenheit gegeben werden, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Dies gilt insbesondere, wenn von dem in der Steuererklärung erklärten Sachverhalt zuungunsten des Steuerpflichtigen wesentlich abgewichen werden soll.

(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn

1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint,
2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde,
3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll,
4.
die Finanzbehörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will,
5.
Maßnahmen in der Vollstreckung getroffen werden sollen.

(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über das Bestehen der Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung einer Auskunft über einen grunderwerbsteuerrechtlichen Sachverhalt.

Mit Urkunde des Notars … vom 7. Oktober 2009 (URNr. …) verkaufte die zwischenzeitlich am xx. Juni 2010 verstorbene M, damals vertreten durch ihren Betreuer A das ihr gehörende Grünlandgrundstück in L mit der Flurnummer … an J aus L zu einem Kaufpreis von 6.000 €. Durch Grunderwerbsteuerbescheid vom 9. Februar 2010 setzte der Beklagte auf der Grundlage der notariell beurkundeten Gegenleistung die Grunderwerbsteuer  gegenüber dem Erwerber fest. Mit Schreiben vom 29. September 2011 wandte sich der Kläger erstmals mit dem Ersuchen an den Beklagten, ihm darüber Auskunft zu geben, ob außer dem vereinbarten Kaufpreis noch weitere Gegenleistungen beim Beklagten angegeben oder steuerrechtlich erfasst worden wären. Im Laufe der weiteren Korrespondenz zwischen den Beteiligten erklärte der Kläger, Gesamtrechtsnachfolger der M geworden zu sein und legte einen Erbschein des Amtsgerichts K vom 9. Februar 2011 beim Beklagten vor, der ihn als Miterben zu einem Erbteil von 1/6 neben weiteren insgesamt 11 Miterben auswies. Dabei wiederholte er sein Auskunftsersuchen unter Bezugnahme auf seine Erbenstellung nach M und verlangte vom Beklagten außerdem die Übersendung einer Abschrift des Grunderwerbsteuerbescheides. Dies lehnte der Beklagte mit dem mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bescheid vom 21. Februar 2014 ab. In seiner Begründung verwies der Beklagte darauf, dass die Grunderwerbsteuerschuld noch zu Lebzeiten der M vom Erwerber vollständig bezahlt worden war, deswegen kein Gesamtschuldverhältnis mehr bestünde und die Auskunft wegen des Steuergeheimnisses nicht erteilt werden könnte. Der Einspruch des Klägers mit Schreiben vom 19. März 2014, dessen Eingang beim Beklagten mit Frühleerungsstempel für den 21. März 2014 versehen wurde, blieb in der Sache erfolglos und wurde durch Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 18. September 2014 als unbegründet zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die mit Schriftsatz vom 13. Oktober 2014 erhobene, und zwei Tage später bei Gericht eingegangene Klage, die der Kläger wie folgt begründet:

Aus rechtsstaatlichen Erwägungen wäre es nicht tragbar, wenn der Beklagte eine etwaige Handlung zum Nachteil des dem Betreuer der M anvertrauten Vermögens und zum Vorteil des Betreuers decken würde. Im Übrigen ergebe sich sein Auskunftsanspruch als Steuerschuldner – unabhängig von den übrigen  Steuerschuldnern – allein schon aus der Vorschrift des § 155 der Abgabenordnung (AO), die eine Sondervorschrift zur Regelung des Steuergeheimnisses darstelle.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten dazu zu verpflichten,

1.    

 Auskunft zu erteilen über die gesamte erhobene Grunderwerbsteuer aus dem Erwerbsvorgang, der sich aus dem Kaufvertrag zu URNr. … des Notars … ergibt und

2.    

 ihm eine nachträgliche Abschrift des Grunderwerbsteuerbescheides zu übersenden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Nach seiner Ansicht stehe dem Auskunftsverlangen des Klägers das Steuergeheimnis entgegen. Eine Befugnis des Beklagten zur Offenbarung der steuerrechtlichen Verhältnisse bestehe jedenfalls nicht nach § 30 Abs. 4 Nr. 1 und 2 AO. Da die Grunderwerbsteuer bereits bezahlt ist, diene die Auskunft keinem Besteuerungsverfahren mehr und sei auch nicht kraft einer gesetzlichen Norm erlaubt. Die Offenbarung steuerrechtlicher Verhältnisse ist zwar bei Zustimmung des Betroffenen erlaubt (§ 30 Abs. 4 Nr. 3 AO) und im Fall einer gesamtschuldnerischen steuerlichen Verpflichtung sei grundsätzlich jeder einzelne Gesamtschuldner auch betroffen, weil er den gesamten Betrag schulde. Infolge der Bezahlung der Grunderwerbsteuerschuld sei das Gesamtschuldverhältnis jedoch erloschen und der Kläger allein nicht mehr auskunftsberechtigt. Ohne Durchbrechung des Steuergeheimnisses könne die Auskunft an den Kläger nur erteilt werden, wenn die Zustimmung aller Miterben der Verkäuferin vorlägen, was jedoch nicht der Fall ist. Die weiteren Alternativen der abschließenden Regelung der Durchbrechung des Steuergeheimnisses nach § 30 Abs. 4 Nr. 4 und 5 AO lägen ersichtlich nicht vor.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend schriftsätzlich mit einer Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird gemäß § 105 Abs. 3 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die den Kläger betreffende Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

1.) Die Klage ist auf Erteilung einer Auskunft sowie auf Übersendung der Abschrift eines Steuerbescheids gerichtet. Da dies eine dem Antrag des Klägers stattgebende Verwaltungsentscheidung des Beklagten voraussetzt, handelt es sich um eine Verpflichtungsklage (§ 40 Abs. 1, 2. Alt. FGO). Die Klage ist fristgerecht erhoben und auch im Übrigen zulässig.

2.) Die Klage ist jedoch unbegründet.

a) Die Erteilung einer Auskunft aus den Behördenakten in einem konkreten Besteuerungsverfahren sowie die Ausreichung einer Abschrift des Steuerbescheides ist eine besondere Form der Akteneinsicht. Im abgabenrechtlichen Verwaltungsverfahren besteht – im Gegensatz etwa zu anderen Verfahrensordnungen wie z.B. nach § 29 des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes bzw. der entsprechenden Vorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder – jedoch kein Anspruch der am Besteuerungsverfahren im Sinne des § 78 AO Beteiligten auf Einsicht in die Behördenakten. Ein solcher Anspruch ergibt sich auch nicht aus der Vorschrift über die Gewährung rechtlichen Gehörs nach § 91 Abs. 1 AO (vgl. für viele: Bundesfinanzhof -BFH- Beschluss vom 4. Juni 2003 VII B 138/01, BFHE 202, 231, BStBl II 2003, 790). Gleichwohl ist in ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung anerkannt, dass dem während eines Verwaltungsverfahrens um Akteneinsicht nachsuchenden Steuerpflichtigen oder seinem Vertreter ein Anspruch auf eine pflichtgemäße Ermessensentscheidung der Finanzbehörde zusteht, weil diese nicht gehindert ist, in Einzelfällen Akteneinsicht zu gewähren (vgl. BFH Beschluss vom 26. Mai 1995 VI B 91/94, BFH/NV 1995, 1004). Dies entspricht auch der Rechtsansicht der Finanzverwaltung (vgl. Nr. 4 des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung zu § 91 AO 1977). Maßgebend für die Art und Weise der Ermessensanwendung (vgl. § 5 AO) ist im Falle eines geltend gemachten Anspruches auf Gewährung von Akteneinsicht im steuerlichen Verwaltungsverfahren der vom Gesetzgeber gesteckte Ermessensrahmen. Danach kommt die Einsichtnahme in die Akten lediglich im Hinblick auf die Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 91 AO) gegenüber den am Besteuerungsverfahren Beteiligten im Sinne des § 78 AO in Bezug auf ein laufendes Verwaltungs- oder Steuerermittlungsverfahren in Betracht (vgl. BFH Beschluss vom 4. Juni 2003 a.a.O.). Die gerichtliche Kontrolle finanzbehördlicher Ermessensentscheidungen ist dabei eingeschränkt. Abgesehen von einem Gesetzesverstoß prüft das Gericht vor allem, ob die Finanzbehörde die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 102 Satz 1 FGO).

b) Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall hat die Klage keinen Erfolg. Der Beklagte hat den Antrag des Klägers auf Erteilung der Auskunft sowie Übersendung einer Abschrift des Grunderwerbsteuerbescheids ermessensfehlerfrei abgelehnt. Der streitgegenständliche Ablehnungsbescheid vom 21. Februar 2014 ist nicht rechtswidrig und der Beklagte hat dabei sein Verwaltungsermessen weder fehlerhaft gebraucht noch überschritten.

aa) Der Kläger hat in Bezug auf das grunderwerbsteuerrechtliche Besteuerungsverfahren im Zusammenhang mit dem Erwerbsvorgang aufgrund der notariellen Urkunde vom 7. Oktober 2009 schon keine hinreichende Rechtsstellung als Beteiligter im Sinne des § 78 AO. Zwar ist der Kläger als Antragsteller Beteiligter im finanzbehördlichen Verwaltungsverfahren über den hier streitgegenständlichen Antrag auf Erteilung der Auskunft und der Bescheidabschrift (§ 78 Nr. 1 AO). Der Kläger ist jedoch nicht Beteiligter in Bezug auf das grunderwerbsteuerrechtliche Besteuerungsverfahren, über das er Auskunft begehrt. An dem Verfahren über die Festsetzung der Grunderwerbsteuer für den hier in Rede stehenden Erwerbsvorgang ist in erster Linie der Erwerber des Grundstücks beteiligt gewesen, gegen den sich der Grunderwerbsteuerbescheid gerichtet hat (§ 78 Nr. 2 AO). M als die Verkäuferin des Grundstücks im Rechtssinne, deren Miterbe der Kläger unstreitig geworden ist, ist aufgrund des § 13 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) neben dem Erwerber materiell-rechtlich Steuerschuldnerin gewesen. Zwischen ihr und dem Erwerber hat somit (materiell-rechtlich) ein Gesamtschuldverhältnis im Sinne des § 44 Abs. 1 AO bestanden. Da der Erwerber die kraft Grunderwerbsteuerbescheides von ihm geforderte Steuerschuld unstreitig beglichen hat, ist jedoch eine Inanspruchnahme der Verkäuferin des Grundstückes aus ihrer Gesamtschuld durch Erlass eines entsprechenden Grunderwerbsteuerbescheides unterblieben. Allein die materiell-rechtliche Stellung der Verkäuferin des Grundstücks als Gesamtschuldnerin hat noch nicht zu ihrer verfahrensrechtlichen Beteiligten im Besteuerungsverfahren geführt. Derjenige Gesamtschuldner, der nur potentiell durch Steuerbescheid in Anspruch genommen werden kann, wird allein deswegen noch nicht zum verfahrensrechtlichen Beteiligten. Beteiligter im Sinne des § 78 AO kann jedoch nur derjenige sein, der auch in formeller Hinsicht, d.h. durch einen Rechtsakt, beteiligt worden ist. Gegen M hat sich zu keinem Zeitpunkt ein formelles Besteuerungsverfahren gerichtet. Demzufolge hat auch der Kläger trotz seiner Rechtsstellung als deren Miterbe ungeachtet aller weiteren Voraussetzungen keine formalrechtliche Stellung als Beteiligter erhalten können. In diesem Zusammenhang sei nur darauf hingewiesen, dass selbst ein formalrechtlich Beteiligter im Sinne des § 78 AO keinen Auskunftsanspruch gegen die Finanzbehörde hat, wenn dessen Erfüllung lediglich der Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche gegen andere Miterben oder dritte Personen dienen soll (vgl. etwa BFH Urteil vom 23. Februar 2010 VII R 19/09, BFHE 228, 139, BStBl II 2010, 729 und Beschluss vom 28. Dezember 2006 VII B 44/03, BFH/NV 2007, 853).

bb) Ein Anspruch des Klägers ergibt sich entgegen seiner Rechtsansicht auch nicht aus übergeordneten rechtsstaatlichen Erwägungen oder aus Treu und Glauben. Sollte der Kläger mit seiner Antragsbegründung zum Ausdruck bringen wollen, dass in Bezug auf den Grundstückserwerb nicht die tatsächlich erbrachte Gegenleistung notariell beurkundet worden sei und deswegen der Straftatbestand der Steuerhinterziehung (§ 370 AO) erfüllt sein könnte, begründet auch dies keinen Auskunftsanspruch. Die Durchführung des Besteuerungsverfahrens ebenso wie eines etwaigen steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens obliegt allein den Finanzbehörden bzw. den Strafverfolgungsbehörden. Soweit der Kläger auf die Möglichkeit des Straftatbestandes der Untreue (§ 266 des Strafgesetzbuches) in Bezug auf die Person des Betreuers der M hinweist, obliegt ein Ermittlungsverfahren allein den Strafverfolgungsbehörden. Es bleibt dem Kläger in diesem Zusammenhang unbenommen, Strafanzeige zu stellen, falls ihm dementsprechende Anhaltspunkte hierfür vorliegen. Da für den Kläger schon keine Grundlage für einen Auskunftsanspruch ersichtlich ist, kommt es darauf, unter welchen Voraussetzungen der Beklagte ausnahmsweise unter Durchbrechung des Steuergeheimnisses gemäß § 30 Abs. 4 AO befugt sein könnte, steuerrechtliche Verhältnisse zu offenbaren, nicht mehr an.

3.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

4.) Die Entscheidung ergeht gemäß § 90 Abs. 2 FGO ohne mündliche Verhandlung.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Tatbestand

1

I. F war von 2001 bis zum Entzug seiner Zulassung im Dezember 2005 als Rechtsanwalt selbständig tätig. Im Mai 2005 beantragte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) wegen Abgabenrückständen von 152.865 € (Einkommensteuer, Solidaritätszuschläge zur Einkommensteuer, Kirchensteuer und Nebenleistungen) die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des F. Das Amtsgericht eröffnete das Insolvenzverfahren mit Beschluss vom 31. Januar 2006 und bestimmte den Kläger und Revisionskläger (Kläger) zum Insolvenzverwalter.

2

Im April 2006 meldete das FA Forderungen gegen F in Höhe von 180.210 € unter Beifügung einer Aufstellung aller offenen Steuerverbindlichkeiten und steuerlichen Nebenleistungen beim Kläger zur Insolvenztabelle an.

3

Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 26. April 2006 beim FA die Erteilung eines Kontoauszugs für F, um die ordnungsgemäße Bearbeitung des Insolvenzverfahrens sicherstellen zu können. Diesen Antrag lehnte das FA mit Bescheid vom 11. Mai 2006 ab. Zur Begründung wies es u.a. darauf hin, dass sich der Auskunftsanspruch des Insolvenzverwalters auf Informationen beschränke, auf deren Mitteilung der Schuldner ohne Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen Rechtsanspruch gehabt hätte. Der Insolvenzverwalter müsse mögliche der Anfechtung unterliegende Rechtshandlungen anhand der zur Verfügung stehenden Unterlagen selbst ermitteln. Er habe grundsätzlich keinen Anspruch auf Erteilung von Übersichten oder Aktenauszügen, aus denen der Zufluss von Zahlungen an das FA ersichtlich sei.

4

Die dagegen mit Zustimmung des FA erhobene Sprungklage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) ging davon aus, das FA habe die Erteilung eines Kontoauszugs für die Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens ermessensfehlerfrei abgelehnt.

5

Mit der Revision rügt der Kläger eine Verletzung des sich aus dem Rechtsstaatsprinzip i.V.m. Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) ergebenden Anspruchs auf Auskunft sowie des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Das FG habe seinen Vortrag übergangen, der von ihm begehrte Kontoauszug sei als solcher nicht zur erfolgreichen Durchsetzung von Insolvenzanfechtungsansprüchen geeignet.

6

Der Kläger beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung sowie den Bescheid vom 11. Mai 2006 aufzuheben und das FA zu verpflichten, ihm einen Kontoauszug für den Steuerpflichtigen F zu erteilen,
hilfsweise,
die Vorentscheidung sowie den Bescheid vom 11. Mai 2006 aufzuheben und das FA zu verpflichten, seinen Antrag auf Erteilung eines Kontoauszugs für den Steuerpflichtigen F unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

7

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Ablehnung der Erteilung eines Kontoauszugs für den Steuerpflichtigen F rechtmäßig ist. Das FA hat das ihm eingeräumte Ermessen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgeübt.

9

1. Nach § 102 Satz 1 FGO können Ermessensentscheidungen durch das FG nur darauf überprüft werden, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens eingehalten wurden und ob das Finanzamt das ihm eingeräumte Ermessen unter Beachtung des Gesetzeszwecks fehlerfrei ausgeübt hat (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 28. September 2011 VIII R 8/09, BFHE 235, 298, BStBl II 2012, 395). Dabei muss das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung abstellen (BFH-Urteil vom 6. März 1996 II R 102/93, BFHE 180, 178, BStBl II 1996, 396).

10

2. Bei der Entscheidung des Finanzamts über eine vom Insolvenzverwalter begehrte Auskunft zu den Verhältnissen und den gespeicherten Daten des Insolvenzschuldners handelt es sich um eine Ermessensentscheidung.

11

a) Die Abgabenordnung (AO) enthält keine Regelung, nach der im steuerlichen Verwaltungsverfahren ein Anspruch auf Akteneinsicht oder auf Auskunft in Form eines Kontoauszugs, aus dem sich Fälligkeit und Tilgung von Abgabenforderungen ergeben, besteht. Gleichwohl geht der BFH in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass dem während eines Verwaltungsverfahrens um Akteneinsicht nachsuchenden Steuerpflichtigen oder seinem Vertreter ein Anspruch auf eine pflichtgemäße Ermessensentscheidung des Finanzamts zusteht, weil das Finanzamt nicht gehindert ist, in Einzelfällen Akteneinsicht zu gewähren (vgl. BFH-Beschluss vom 4. Juni 2003 VII B 138/01, BFHE 202, 231, BStBl II 2003, 790, m.w.N.). Entsprechendes gilt, wenn ein Steuerpflichtiger in einem steuerrechtlichen Verfahren vom Finanzamt Auskunft begehrt. Grundlage dieses Anspruchs ist das Rechtsstaatsprinzip gemäß Art. 20 Abs. 3 GG i.V.m. dem Prozessgrundrecht gemäß Art. 19 Abs. 4 GG (vgl. BFH-Urteil vom 5. Oktober 2006 VII R 24/03, BFHE 215, 32, BStBl II 2007, 243).

12

b) Auch die Finanzverwaltung sieht die Möglichkeit vor, Auskünfte über Daten zu geben, die zu einer Person im Besteuerungsverfahren gespeichert sind (vgl. Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 17. Dezember 2008, BStBl I 2009, 6, und vom 31. Januar 2013, BStBl I 2013, 118, Nr. 31, Tz. 4.5). Danach ist Beteiligten (§§ 78, 359 AO) auf Antrag Auskunft über die zu ihrer Person gespeicherten Daten zu erteilen, wenn sie ein berechtigtes Interesse darlegen und keine Gründe für eine Auskunftsverweigerung vorliegen. Ein berechtigtes Interesse ist bei einem Beraterwechsel oder in einem Erbfall zu bejahen, wenn der Antragsteller durch die Auskunft in die Lage versetzt werden will, zutreffende und vollständige Steuererklärungen abzugeben. Ein berechtigtes Interesse wird jedoch verneint, wenn die Auskunft dazu dienen kann, zivilrechtliche Ansprüche gegen den Bund oder ein Land durchzusetzen und Bund oder Land zivilrechtlich nicht verpflichtet sind, Auskunft zu erteilen (z.B. Insolvenzanfechtung). Das Finanzamt bestimmt das Verfahren, insbesondere die Form der Auskunftserteilung nach pflichtgemäßem Ermessen.

13

c) Die Ermessensentscheidung über das Auskunftsverlangen erfordert eine Abwägung der beiderseitigen Interessen des Antragstellers an der Auskunft bzw. des Finanzamts an der Nichterteilung der Auskunft. Im Rahmen dieser Ermessensentscheidung hat das Finanzamt insbesondere zu berücksichtigen, ob der um Auskunft Nachsuchende ein berechtigtes Interesse an der Auskunft dargelegt hat oder ein solches Interesse aus den Umständen des Einzelfalls erkennbar ist. Weiter ist für die Ermessensabwägung maßgebend, ob die Auskunft der Wahrnehmung von Rechten in einem bestehenden Steuerrechtsverhältnis dienen kann (vgl. BFH-Beschluss vom 14. April 2011 VII B 201/10, BFH/NV 2011, 1296).

14

d) Wird über das Vermögen eines Steuerpflichtigen das Insolvenzverfahren eröffnet, steht dem Insolvenzverwalter, der nach § 80 Abs. 1 der Insolvenzordnung (InsO) i.V.m. § 34 Abs. 3 und 1 AO die steuerlichen Pflichten des Insolvenzschuldners (Steuerpflichtigen) zu erfüllen hat, das Recht zu, dass das Finanzamt über seinen im Besteuerungsverfahren gestellten Antrag auf Akteneinsicht nach pflichtgemäßem Ermessen entscheidet (vgl. BFH-Beschluss vom 15. September 2010 II B 4/10, BFH/NV 2011, 2). Entsprechendes gilt, wenn der Insolvenzverwalter einen Kontoauszug für den Insolvenzschuldner begehrt. Der Insolvenzverwalter tritt als Vermögensverwalter im Rahmen seiner Verwaltungsbefugnis (§ 34 Abs. 3 AO) in ein unmittelbares Pflichtenverhältnis zum Finanzamt ein, mit der Folge, dass er alle Pflichten (z.B. Erklärungs-, Mitwirkungs-, Auskunfts- und Buchführungspflichten) zu erfüllen hat, die dem von ihm Vertretenen auferlegt sind. In gleicher Weise geht auch das dem Insolvenzschuldner (Steuerpflichtigen) zustehende Recht auf Akteneinsicht bzw. auf Erteilung eines Kontoauszugs auf den Insolvenzverwalter über. Das Akteneinsichts- und Auskunftsrecht des Insolvenzverwalters reicht aber grundsätzlich nicht weiter als das zunächst dem Insolvenzschuldner (Steuerpflichtigen) zustehende Akteneinsichts- und Auskunftsrecht (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2011, 2; zustimmend BMF-Schreiben in BStBl I 2013, 118, Nr. 31, Tz. 4.5).

15

e) Ein Anspruch des Insolvenzverwalters auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Gewährung von Auskunft kann auch insoweit auf dem Steuerrechtsverhältnis beruhen, als der Insolvenzverwalter die vom Finanzamt als Insolvenzgläubiger angemeldeten Abgabenforderungen zu prüfen hat.

16

aa) Bei einer Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Steuerschuldners muss das Finanzamt im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung bereits begründete Abgabenforderungen gemäß § 251 Abs. 2 Satz 1 AO i.V.m. § 87 InsO als Insolvenzgläubiger (§ 38 InsO) nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgen. Der Insolvenzgläubiger hat seine Insolvenzforderung gemäß § 174 InsO beim Insolvenzverwalter zur Eintragung in die Tabelle (§ 175 InsO) und zur Prüfung (§ 176 InsO) mit dem Ziel der Feststellung (§ 178 InsO) anzumelden. Der Anmeldung sollen die Urkunden, aus denen sich die Forderung ergibt, in Abdruck beigefügt werden (§ 174 Abs. 1 Satz 2 InsO); Grund und Betrag der Forderung sind anzugeben (§ 174 Abs. 2 InsO). Nach § 178 Abs. 1 InsO gelten Forderungen als festgestellt, wenn weder der Insolvenzverwalter noch ein Insolvenzgläubiger Widerspruch erhebt. Für die festgestellten Forderungen wirkt die Eintragung in die Tabelle nach § 178 Abs. 3 InsO wie ein rechtskräftiges Urteil.

17

Wird die vom Finanzamt angemeldete Abgabenforderung gemäß § 178 Abs. 1 Satz 1 InsO vom Insolvenzverwalter oder von einem anderen Gläubiger bestritten, stellt das Finanzamt erforderlichenfalls das Bestehen der angemeldeten Insolvenzforderung durch Bescheid fest (§ 185 Satz 1 InsO i.V.m. § 251 Abs. 3 AO). Die Feststellung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis erfolgt nicht nach § 180 Abs. 1 InsO im ordentlichen Verfahren, sondern ist gemäß § 185 Satz 1 InsO vom Finanzamt als zuständiger Verwaltungsbehörde vorzunehmen (vgl. BFH-Urteil vom 23. Februar 2010 VII R 48/07, BFHE 228, 134, BStBl II 2010, 562). Eine Feststellung kommt insbesondere in Betracht, wenn der Insolvenzverwalter eine angemeldete Steuer- oder Abgabenforderung bestreitet (vgl. BFH-Beschluss vom 18. November 1999 V B 73/99, BFH/NV 2000, 548, m.w.N.). Dem Finanzamt als Vollstreckungsgläubiger muss die Möglichkeit verbleiben, die durch das Bestreiten verursachte Ungewissheit über sein Recht zu beenden (vgl. BFH-Urteil in BFHE 228, 134, BStBl II 2010, 562). Gegen den Feststellungsbescheid ist gemäß § 347 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO der Einspruch gegeben.

18

Werden dagegen zur Insolvenztabelle angemeldete Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ohne Widerspruch in die Tabelle eingetragen, kommt der Eintragung dieselbe Wirkung wie der beim Bestreiten vorzunehmenden Feststellung gemäß § 185 InsO i.V.m. § 251 Abs. 3 AO zu. Die ohne Widerspruch erfolgte Eintragung in die Forderungstabelle kann jedoch wie eine bestandskräftige Feststellung i.S. des § 251 Abs. 3 AO unter den Voraussetzungen des § 130 AO geändert werden (vgl. BFH-Urteil vom 24. November 2011 V R 13/11, BFHE 235, 137, BStBl II 2012, 298).

19

bb) Eine Auskunft, die der Insolvenzverwalter vom Finanzamt begehrt, um die vom Finanzamt angemeldeten Insolvenzforderungen überprüfen zu können, hat einen hinreichenden Bezug zum Steuerrechtsverhältnis. Denn das Verfahren nach der Anmeldung bestimmt sich im Falle des Bestreitens der angemeldeten Forderungen nach § 251 Abs. 3 AO. Die Auskunft kann also im Vorfeld dazu dienen, eine Feststellung von Insolvenzforderungen nach § 251 Abs. 3 AO entbehrlich zu machen. Auch bei angemeldeten Forderungen, die nicht bestritten wurden, besteht eine Änderungsmöglichkeit nach § 130 AO.

20

f) Begehrt ein Insolvenzverwalter Auskunft über steuerliche Verhältnisse des Insolvenzschuldners, hat das Finanzamt im Rahmen der ihm obliegenden Ermessensabwägung das Interesse des Insolvenzverwalters an der Auskunft und den steuerrechtlichen Charakter dieser Auskunft, also den unmittelbaren Zusammenhang mit der Erfüllung steuerlicher Pflichten oder mit der Prüfung der vom Finanzamt angemeldeten Insolvenzforderungen zu berücksichtigen. Dazu hat der Insolvenzverwalter substantiiert darzulegen, aus welchen Gründen er die Auskunft begehrt und dass die Auskunft auf dem Steuerrechtsverhältnis beruht. Es reicht insoweit nicht aus, dass ein Insolvenzverwalter eine Auskunft im Hinblick auf die ordnungsgemäße Bearbeitung des Insolvenzverfahrens beantragt. Denn für das Finanzamt muss erkennbar sein, dass ein berechtigtes Interesse an der Auskunft vorliegt und die begehrte Auskunft im Steuerrechtsverhältnis und nicht in einem sonstigen Verhältnis (schuldrechtlicher oder verwaltungsrechtlicher Art) wurzelt.

21

Hat der Insolvenzverwalter in ausreichender Weise dargelegt, dass er Auskunft in Form eines Kontoauszugs für den Insolvenzschuldner zur Erfüllung steuerlicher Pflichten oder zur Prüfung der vom Finanzamt angemeldeten Forderungen benötigt, kann das Finanzamt den Kontoauszug erteilen. Fehlt jedoch eine solche Darlegung, kann das Finanzamt schon aus diesem Grunde die Erteilung eines Kontoauszugs ablehnen.

22

Bei der Ermessensabwägung kann das Finanzamt auch berücksichtigen, ob sich durch die begehrte Auskunft Anhaltspunkte für mögliche Anfechtungsgründe nach den §§ 129 ff. InsO ergeben können. Denn der Insolvenzverwalter hat allein wegen des Verdachts anfechtbarer Zahlungen auf Steuerschulden keinen Auskunftsanspruch gegenüber dem Finanzamt (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 13. August 2009 IX ZR 58/06, Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht --ZInsO-- 2009, 1810).

23

g) Das Ermessen des Finanzamts ist bei einem Antrag des Insolvenzverwalters auf Gewährung von Auskunft nicht grundsätzlich auf Null reduziert (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2011, 2). Dies gilt auch, wenn ein Insolvenzverwalter vom Finanzamt die Überlassung eines Kontoauszugs begehrt, aus dem sich Fälligkeit und Höhe der Abgabenforderungen gegenüber dem Insolvenzschuldner vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens sowie Datum, Höhe und Art der jeweiligen Tilgung ergeben.

24

h) Im Streitfall hat das FA zu Recht die vom Kläger beantragte Erteilung eines Kontoauszugs für F abgelehnt. Der Bescheid des FA vom 11. Mai 2006 ist nicht ermessensfehlerhaft.

25

Die vom FA angegebenen Gründe für die Nichterteilung des Kontoauszugs reichen im Hinblick auf den nicht substantiierten Antrag des Klägers für eine rechtmäßige Ermessensentscheidung aus. Das FA hat die Überlassung eines Kontoauszugs u.a. deshalb abgelehnt, weil sich der Auskunftsanspruch des Insolvenzverwalters auf Informationen beschränke, auf deren Mitteilung der Schuldner ohne Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen Anspruch gehabt hätte. Dies ist zutreffend. Der Anspruch des Klägers als Insolvenzverwalter auf Auskunft reicht nicht weiter als der dem F als Insolvenzschuldner zustehende Auskunftsanspruch. Die Ermessensentscheidung des FA ist auch insoweit nicht zu beanstanden, als das FA ausgeführt hat, ein Insolvenzverwalter müsse mögliche der Anfechtung unterliegende Rechtshandlungen selbst ermitteln, so dass er grundsätzlich keine Übersichten oder Aktenauszüge über die Geldzuflüsse an das FA beanspruchen könne. Damit hat das FA zutreffend darauf abgestellt, dass der durch das Steuerrechtsverhältnis begründete Auskunftsanspruch das FA nicht verpflichtet, durch Herausgabe von Unterlagen zur Ermittlung von Insolvenzanfechtungstatbeständen beizutragen.

26

Mit dieser Begründung geht das FA zwar nicht auf ein mögliches Interesse des Klägers an der Erteilung eines Kontoauszugs für F ein. Ein Ermessensfehlgebrauch liegt insoweit aber nicht vor, weil der Kläger bis zum Ergehen des Bescheids vom 11. Mai 2006 nicht dargelegt hat und auch sonst aus den Umständen nicht erkennbar ist, dass er ein berechtigtes Interesse an der Erteilung eines Kontoauszugs hat und er den Kontoauszug zur Erfüllung steuerlicher Pflichten oder zur Prüfung der vom FA angemeldeten Forderungen benötigt. Denn der Kläger hat bei der Antragstellung lediglich vorgetragen, er brauche den Kontoauszug, um die ordnungsgemäße Bearbeitung des Insolvenzverfahrens sicher zu stellen. Der spätere Vortrag des Klägers im finanzgerichtlichen Verfahren kann bei der Beurteilung der Frage, ob die Ablehnung des FA im Bescheid vom 11. Mai 2006 rechtmäßig ist, nicht mehr berücksichtigt werden; entscheidend ist vielmehr die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, im Streitfall also bei Ergehen des Bescheids vom 11. Mai 2006. Auf den vom Kläger geltend gemachten Verfahrensfehler des FG kommt es deshalb nicht mehr an.

27

3. Da nach § 155 FGO i.V.m. § 17a Abs. 5 des Gerichtsverfassungsgesetzes das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, nicht prüft, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist, wird die Entscheidung im anhängigen Revisionsverfahren nicht durch den Vorlagebeschluss des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 15. Oktober 2012  7 B 2/12 (ZInsO 2012, 2140) berührt. Danach ist für einen auf § 4 des Hamburgischen Informationsfreiheitsgesetzes vom 17. Februar 2009 (HmbGVBl 2009, 29) gestützten Anspruch des Insolvenzverwalters gegen das Finanzamt auf Einsicht in die den Schuldner betreffenden Vollstreckungsakten der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten und nicht zu den Finanzgerichten eröffnet, weil die Sonderzuweisung nach § 33 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 FGO diesen Anspruch nicht erfasse. Wegen der Abweichung zur Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH-Beschluss vom 10. Februar 2011 VII B 183/10, BFH/NV 2011, 992) hat das BVerwG das Beschwerdeverfahren ausgesetzt und die Rechtsfrage dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes zur Entscheidung vorgelegt (vgl. dazu Eisolt, Deutsches Steuerrecht 2013, 439). Im Übrigen fehlt auch eine vergleichbare Landesnorm des Landes Hessen, die einen Auskunftsanspruch gegenüber einer Landesbehörde wie dem Finanzamt begründen könnte.

Soweit die Finanzbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln oder zu entscheiden, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Finanzbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens ergänzen.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Insolvenzverwalter in dem über das Vermögen der T-GmbH im September 2001 eröffneten Insolvenzverfahren.

2

Nachdem der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) den Kläger mehrfach vergeblich aufgefordert hatte, noch ausstehende Steuererklärungen, Bilanzen sowie Gewinn- und Verlustrechnungen für die Insolvenzschuldnerin abzugeben, drohte er mit jeweils gesonderten Bescheiden dem Kläger die Festsetzung von Zwangsgeld an, soweit er nicht für die Zeiträume 3. September 2001 bis 31. Dezember 2001 sowie die Kalenderjahre 2005 bis 2008 Steuererklärungen nebst Bilanzen sowie Gewinn- und Verlustrechnungen vorlege.

3

Die dagegen eingelegten Einsprüche blieben erfolglos.

4

Im Dezember 2009 setzte das FA gegenüber dem Kläger die angedrohten Zwangsgelder fest. In seinen Einsprüchen gegen die Festsetzungsbescheide wies der Kläger erneut darauf hin, das Insolvenzverfahren sei abschlussreif, die Zwangsgeldfestsetzungen deshalb unbillig und unangemessen. Die Schlussunterlagen (mit dem Ergebnis der Masseunzulänglichkeit) seien bereits übermittelt, die entsprechenden Kontenjournale lege er nochmals vor.

5

Das FA wies die Einsprüche unter dem 18. März 2010 als unbegründet zurück. Der Insolvenzverwalter bleibe auch nach einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen verpflichtet, die Steuererklärungen für eine Insolvenzschuldnerin zu erstellen.

6

Zum Schlusstermin im Juli 2011 zeigte der Kläger dem Amtsgericht die Masseunzulänglichkeit der Insolvenzschuldnerin gemäß § 208 der Insolvenzordnung an. Die Einstellung des Verfahrens steht noch aus.

7

Das Finanzgericht (FG) gab der gegen die Zwangsgeldfestsetzungen gerichteten Klage statt. Das FA habe von seinem Ermessen, die Abgabe von Steuererklärungen mit Zwangsmitteln durchzusetzen, in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht. Zwar sei es zu Recht davon ausgegangen, dass der Insolvenzverwalter die steuerlichen Pflichten für den Insolvenzschuldner zu erfüllen habe, und zwar auch dann, wenn die Kosten für die Erstellung dieser Erklärungen durch die Insolvenzmasse nicht gedeckt sein sollten bzw. die Insolvenzmasse mit Kosten belastet werde, denen keine finanziellen Vorteile gegenüberstünden. Die Festsetzung von Zwangsgeldern gegenüber dem Kläger sei jedoch in Anbetracht der Situation der Insolvenzschuldnerin ein ungeeignetes Zwangsmittel. Mit dem Zwangsgeld (§ 328 Abs. 1 der Abgabenordnung --AO--) habe das FA Steuererklärungen (sowie Bilanzen ohne maßgebliche Änderungen) eingefordert, obwohl ihm bekannt gewesen sei, dass diese keine steuerlichen Auswirkungen hätten. Es erscheine bei dieser Sachlage als verfehlt (und unzweckmäßig), mit Zwangsgeld Steuererklärungen einzufordern, die mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu keinem Erfolg (Steuern) führten und lediglich Kosten verursachten. Das Zwangsmittel werde hier von dem eigentlichen Ziel der Steuererhebung entkoppelt. Das gelte auch dann, wenn der Insolvenzverwalter lediglich sog. Nullmeldungen und aufbereitete Bilanzen hätte vorlegen können. In Anbetracht der konkreten Umstände wäre eine Schätzung das "probate" und weniger belastende Mittel gewesen.

8

Die Entscheidung ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 388 veröffentlicht.

9

Mit der Revision macht das FA die Verletzung des § 328 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 5 AO geltend. Entgegen der Auffassung des FG habe das FA mit der Verhängung der Zwangsgelder von der Vorschrift in einer dem Zweck der Ermächtigung dienenden Weise Gebrauch gemacht. Insbesondere sei nicht offensichtlich gewesen, dass bei der insolventen T-GmbH im Verlauf des (langjährigen) Insolvenzverfahrens keine steuerrelevanten Vorgänge hätten entstehen können. Nur durch die Abgabe der Jahresabschlüsse und Steuererklärungen könne zweifelsfrei festgestellt werden, ob die geschätzte Festsetzung auf 0 € zutreffend gewesen sei. Auch treffe nicht zu, dass eine Schätzung hier das weniger belastende Mittel gewesen sei. Wenn das FG meine, mangels Geschäftstätigkeit der T-GmbH sei eine Schätzung der Steuern ohne Aufwand möglich gewesen, so müsse das auch für den mit der Erstellung einer Steuererklärung verbundenen Aufwand des Klägers gelten.

10

Der Kläger hält die Zwangsgeldfestsetzung "infolge der Massesituation" mit dem FG für unverhältnismäßig.

Entscheidungsgründe

11

II. Die Revision des FA ist begründet. Das Urteil des FG verstößt gegen Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die angefochtene Zwangsgeldfestsetzung gegen den Kläger ist rechtmäßig; das FA hat das ihm eingeräumte Ermessen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgeübt.

12

Gemäß § 328 Abs. 1 AO kann ein Verwaltungsakt, der auf Vornahme einer Handlung gerichtet ist, mit Zwangsmitteln (Zwangsgeld, Ersatzvornahme, unmittelbarer Zwang) durchgesetzt werden. Damit ist der Finanzbehörde in einem ersten Schritt eine Ermessensentscheidung abverlangt, ob sie ein Zwangsmittel anwenden soll (Entschließungsermessen), und in einem zweiten Schritt, welches der drei abschließend aufgeführten Mittel sachgerecht ist (Auswahlermessen).

13

1. Mit der Aufhebung der Zwangsgeldfestsetzung wegen mangelhafter Ermessensausübung des FA hat das FG die Grenzen der ihm durch § 102 FGO eingeräumten Überprüfungsbefugnis überschritten.

14

Eine Korrektur der Ermessensentscheidung ist dem FG nur unter den Voraussetzungen des § 102 FGO erlaubt. Danach prüft es, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten wurden oder die Behörde von ihrem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 28. September 2011 VIII R 8/09, BFHE 235, 298, BStBl II 2012, 395). Hinsichtlich dieser letztgenannten Alternative ist die gerichtliche Prüfung darauf beschränkt, ob ein sog. Ermessensfehlgebrauch vorliegt, die Ausübung des Ermessens also rechtlich zu beanstanden ist. Hingegen ist das Gericht nicht befugt, eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen und diese an die Stelle der behördlichen Ermessensentscheidung zu setzen (Senatsurteil vom 28. September 2010 VII R 45/09, BFHE 231, 409, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern --ZfZ-- 2011, 12; vgl. Gräber/ von Groll, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 102 Rz 14).

15

Den Feststellungen des FG sind keine Anhaltspunkte für einen Ermessensfehlgebrauch des FA zu entnehmen. Da der Kläger die Zwangsgeldandrohungen hat bestandskräftig werden lassen, könnten ohnehin nur solche Umstände einen Ermessensfehler bei der Zwangsgeldfestsetzung begründen, die nicht schon bei der Androhung des Zwangsgeldes hätten berücksichtigt werden können und müssen. Derartige Umstände, die ein Absehen von der Festsetzung der Zwangsgelder geböten, sind nicht ersichtlich. Auch das FG meint nicht, das FA habe seine Entscheidung aufgrund eines unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalts getroffen. Es hält die Entscheidung vielmehr gerade wegen der auch dem FA bekannten Sachlage, dass die Abgabe der geforderten Erklärungen durch den Kläger mit hoher Wahrscheinlichkeit keine steuerlichen Auswirkungen haben dürfte, für verfehlt und unzweckmäßig. Damit beanstandet es die Wertung der bei der Ermessensentscheidung zu berücksichtigenden und vom FA auch berücksichtigten Umstände und setzt im Ergebnis seine für richtiger gehaltene Ermessensentscheidung, von der Festsetzung der Zwangsgelder abzusehen, anstelle derjenigen des FA. Soweit aber reicht die gerichtliche Kontrollkompetenz des § 102 FGO nicht.

16

2. Das Urteil ist auch nicht im Ergebnis richtig, so dass die Revision auch nicht deswegen zurückzuweisen ist (vgl. § 126 Abs. 4 FGO).

17

Die Ausführungen des FG, insbesondere die Formulierung, die Festsetzung von Zwangsgeldern stelle in Anbetracht der Situation der Insolvenzschuldnerin ein ungeeignetes Zwangsmittel dar, deuten darauf hin, dass es die Zwangsgeldfestsetzungen im Streitfall für unverhältnismäßig hält. Die Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit jeglicher belastenden behördlichen Maßnahme ist eine Rechtspflicht, deren Einhaltung der uneingeschränkten gerichtlichen Überprüfung unterliegt (vgl. Senatsbeschluss vom 1. August 2005 VII B 97/04, BFH/NV 2005, 2255; s. auch Senatsurteil vom 17. Mai 2011 VII R 40/10, BFHE 233, 567, ZfZ 2011, 247).

18

Der Streitfall weist allerdings keine Besonderheiten auf, die die Annahme rechtfertigen könnten, die --regelmäßig zulässige und gebotene-- Durchsetzung der auch vom Insolvenzverwalter zu erfüllenden Erklärungspflichten durch Festsetzung der bestandskräftig angedrohten Zwangsgelder sei ausnahmsweise unverhältnismäßig. Wie das FG zutreffend ausgeführt hat, steht der Durchsetzung der steuerlichen Pflichten des Insolvenzverwalters weder entgegen, dass möglicherweise entstehende Kosten die Insolvenzmasse belasten, obwohl keine steuerlichen Auswirkungen zu erwarten sind (vgl. Senatsurteil vom 23. August 1994 VII R 143/92, BFHE 175, 309, BStBl II 1995, 194), noch dass das FA die Möglichkeit der Schätzung hätte wahrnehmen können (Senatsurteil vom 13. Februar 1996 VII R 43/95, BFH/NV 1996, 530).

19

Im vorliegenden Fall hat das FA zudem zutreffend darauf hingewiesen, dass die Erfüllung seiner Erklärungspflichten für den Kläger schon deshalb keinen unverhältnismäßigen Aufwand bedeutete, weil er die dafür erforderlichen Vorarbeiten mit seinem Schlussbericht gegenüber dem Insolvenzgericht bereits geleistet habe und die Erstellung der sich daraus nach seinen eigenen Angaben ergebenden "Null-Erklärungen" ihm als Rechtsanwalt keine Schwierigkeit bereiten sollte.

Ist die Finanzbehörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.

(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, soll diesem Gelegenheit gegeben werden, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Dies gilt insbesondere, wenn von dem in der Steuererklärung erklärten Sachverhalt zuungunsten des Steuerpflichtigen wesentlich abgewichen werden soll.

(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn

1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint,
2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde,
3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll,
4.
die Finanzbehörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will,
5.
Maßnahmen in der Vollstreckung getroffen werden sollen.

(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.

(1) Amtsträger haben das Steuergeheimnis zu wahren.

(2) Ein Amtsträger verletzt das Steuergeheimnis, wenn er

1.
personenbezogene Daten eines anderen, die ihm
a)
in einem Verwaltungsverfahren, einem Rechnungsprüfungsverfahren oder einem gerichtlichen Verfahren in Steuersachen,
b)
in einem Strafverfahren wegen einer Steuerstraftat oder einem Bußgeldverfahren wegen einer Steuerordnungswidrigkeit,
c)
im Rahmen einer Weiterverarbeitung nach § 29c Absatz 1 Satz 1 Nummer 4, 5 oder 6 oder aus anderem dienstlichen Anlass, insbesondere durch Mitteilung einer Finanzbehörde oder durch die gesetzlich vorgeschriebene Vorlage eines Steuerbescheids oder einer Bescheinigung über die bei der Besteuerung getroffenen Feststellungen,
bekannt geworden sind, oder
2.
ein fremdes Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, das ihm in einem der in Nummer 1 genannten Verfahren bekannt geworden ist,
(geschützte Daten) unbefugt offenbart oder verwertet oder
3.
geschützte Daten im automatisierten Verfahren unbefugt abruft, wenn sie für eines der in Nummer 1 genannten Verfahren in einem automationsgestützten Dateisystem gespeichert sind.

(3) Den Amtsträgern stehen gleich

1.
die für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten (§ 11 Abs. 1 Nr. 4 des Strafgesetzbuchs),
1a.
die in § 193 Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes genannten Personen,
2.
amtlich zugezogene Sachverständige,
3.
die Träger von Ämtern der Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind.

(4) Die Offenbarung oder Verwertung geschützter Daten ist zulässig, soweit

1.
sie der Durchführung eines Verfahrens im Sinne des Absatzes 2 Nr. 1 Buchstaben a und b dient,
1a.
sie einer Verarbeitung durch Finanzbehörden nach Maßgabe des § 29c Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 oder 6 dient,
1b.
sie der Durchführung eines Bußgeldverfahrens nach Artikel 83 der Verordnung (EU) 2016/679 im Anwendungsbereich dieses Gesetzes dient,
2.
sie durch Bundesgesetz ausdrücklich zugelassen ist,
2a.
sie durch Recht der Europäischen Union vorgeschrieben oder zugelassen ist,
2b.
sie der Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben des Statistischen Bundesamtes oder für die Erfüllung von Bundesgesetzen durch die Statistischen Landesämter dient,
2c.
sie der Gesetzesfolgenabschätzung dient und die Voraussetzungen für eine Weiterverarbeitung nach § 29c Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 vorliegen,
2d.
sie der Sicherung, Nutzung und wissenschaftlichen Verwertung von Archivgut der Finanzbehörden durch das Bundesarchiv nach Maßgabe des Bundesarchivgesetzes oder durch das zuständige Landes- oder Kommunalarchiv nach Maßgabe des einschlägigen Landesgesetzes oder der einschlägigen kommunalen Satzung dient, sofern die Beachtung der Vorgaben der §§ 6 und 10 bis 14 des Bundesarchivgesetzes im Landesrecht oder in der kommunalen Satzung sichergestellt ist,
3.
die betroffene Person zustimmt,
4.
sie der Durchführung eines Strafverfahrens wegen einer Tat dient, die keine Steuerstraftat ist, und die Kenntnisse
a)
in einem Verfahren wegen einer Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit erlangt worden sind; dies gilt jedoch nicht für solche Tatsachen, die der Steuerpflichtige in Unkenntnis der Einleitung des Strafverfahrens oder des Bußgeldverfahrens offenbart hat oder die bereits vor Einleitung des Strafverfahrens oder des Bußgeldverfahrens im Besteuerungsverfahren bekannt geworden sind, oder
b)
ohne Bestehen einer steuerlichen Verpflichtung oder unter Verzicht auf ein Auskunftsverweigerungsrecht erlangt worden sind,
5.
für sie ein zwingendes öffentliches Interesse besteht; ein zwingendes öffentliches Interesse ist namentlich gegeben, wenn
a)
die Offenbarung erforderlich ist zur Abwehr erheblicher Nachteile für das Gemeinwohl oder einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit, die Verteidigung oder die nationale Sicherheit oder zur Verhütung oder Verfolgung von Verbrechen und vorsätzlichen schweren Vergehen gegen Leib und Leben oder gegen den Staat und seine Einrichtungen,
b)
Wirtschaftsstraftaten verfolgt werden oder verfolgt werden sollen, die nach ihrer Begehungsweise oder wegen des Umfangs des durch sie verursachten Schadens geeignet sind, die wirtschaftliche Ordnung erheblich zu stören oder das Vertrauen der Allgemeinheit auf die Redlichkeit des geschäftlichen Verkehrs oder auf die ordnungsgemäße Arbeit der Behörden und der öffentlichen Einrichtungen erheblich zu erschüttern, oder
c)
die Offenbarung erforderlich ist zur Richtigstellung in der Öffentlichkeit verbreiteter unwahrer Tatsachen, die geeignet sind, das Vertrauen in die Verwaltung erheblich zu erschüttern; die Entscheidung trifft die zuständige oberste Finanzbehörde im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen; vor der Richtigstellung soll der Steuerpflichtige gehört werden.

(5) Vorsätzlich falsche Angaben der betroffenen Person dürfen den Strafverfolgungsbehörden gegenüber offenbart werden.

(6) Der Abruf geschützter Daten, die für eines der in Absatz 2 Nummer 1 genannten Verfahren in einem automationsgestützten Dateisystem gespeichert sind, ist nur zulässig, soweit er der Durchführung eines Verfahrens im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1 Buchstabe a und b oder der zulässigen Übermittlung geschützter Daten durch eine Finanzbehörde an die betroffene Person oder Dritte dient. Zur Wahrung des Steuergeheimnisses kann das Bundesministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bestimmen, welche technischen und organisatorischen Maßnahmen gegen den unbefugten Abruf von Daten zu treffen sind. Insbesondere kann es nähere Regelungen treffen über die Art der Daten, deren Abruf zulässig ist, sowie über den Kreis der Amtsträger, die zum Abruf solcher Daten berechtigt sind. Die Rechtsverordnung bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates, soweit sie die Kraftfahrzeugsteuer, die Luftverkehrsteuer, die Versicherungsteuer sowie Einfuhr- und Ausfuhrabgaben und Verbrauchsteuern, mit Ausnahme der Biersteuer, betrifft.

(7) Werden dem Steuergeheimnis unterliegende Daten durch einen Amtsträger oder diesem nach Absatz 3 gleichgestellte Personen nach Maßgabe des § 87a Absatz 4 oder 7 über De-Mail-Dienste im Sinne des § 1 des De-Mail-Gesetzes versendet, liegt keine unbefugte Offenbarung, Verwertung und kein unbefugter Abruf von dem Steuergeheimnis unterliegenden Daten vor, wenn beim Versenden eine kurzzeitige automatisierte Entschlüsselung durch den akkreditierten Diensteanbieter zum Zweck der Überprüfung auf Schadsoftware und zum Zweck der Weiterleitung an den Adressaten der De-Mail-Nachricht stattfindet.

(8) Die Einrichtung eines automatisierten Verfahrens, das den Abgleich geschützter Daten innerhalb einer Finanzbehörde oder zwischen verschiedenen Finanzbehörden ermöglicht, ist zulässig, soweit die Weiterverarbeitung oder Offenbarung dieser Daten zulässig und dieses Verfahren unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen der betroffenen Person und der Aufgaben der beteiligten Finanzbehörden angemessen ist.

(9) Die Finanzbehörden dürfen sich bei der Verarbeitung geschützter Daten nur dann eines Auftragsverarbeiters im Sinne von Artikel 4 Nummer 8 der Verordnung (EU) 2016/679 bedienen, wenn diese Daten ausschließlich durch Personen verarbeitet werden, die zur Wahrung des Steuergeheimnisses verpflichtet sind.

(10) Die Offenbarung besonderer Kategorien personenbezogener Daten im Sinne des Artikels 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 durch Finanzbehörden an öffentliche oder nicht-öffentliche Stellen ist zulässig, wenn die Voraussetzungen der Absätze 4 oder 5 und ein Ausnahmetatbestand nach Artikel 9 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2016/679 oder nach § 31c vorliegen.

(11) Wurden geschützte Daten

1.
einer Person, die nicht zur Wahrung des Steuergeheimnisses verpflichtet ist,
2.
einer öffentlichen Stelle, die keine Finanzbehörde ist, oder
3.
einer nicht-öffentlichen Stelle
nach den Absätzen 4 oder 5 offenbart, darf der Empfänger diese Daten nur zu dem Zweck speichern, verändern, nutzen oder übermitteln, zu dem sie ihm offenbart worden sind. Die Pflicht eines Amtsträgers oder einer ihm nach Absatz 3 gleichgestellten Person, dem oder der die geschützten Daten durch die Offenbarung bekannt geworden sind, zur Wahrung des Steuergeheimnisses bleibt unberührt.

(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, soll diesem Gelegenheit gegeben werden, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Dies gilt insbesondere, wenn von dem in der Steuererklärung erklärten Sachverhalt zuungunsten des Steuerpflichtigen wesentlich abgewichen werden soll.

(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn

1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint,
2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde,
3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll,
4.
die Finanzbehörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will,
5.
Maßnahmen in der Vollstreckung getroffen werden sollen.

(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.

(1) Gegen Verwaltungsakte

1.
in Abgabenangelegenheiten, auf die dieses Gesetz Anwendung findet,
2.
in Verfahren zur Vollstreckung von Verwaltungsakten in anderen als den in Nummer 1 bezeichneten Angelegenheiten, soweit die Verwaltungsakte durch Bundesfinanzbehörden oder Landesfinanzbehörden nach den Vorschriften dieses Gesetzes zu vollstrecken sind,
3.
in öffentlich-rechtlichen und berufsrechtlichen Angelegenheiten, auf die dieses Gesetz nach § 164a des Steuerberatungsgesetzes Anwendung findet,
4.
in anderen durch die Finanzbehörden verwalteten Angelegenheiten, soweit die Vorschriften über die außergerichtlichen Rechtsbehelfe durch Gesetz für anwendbar erklärt worden sind oder erklärt werden,
ist als Rechtsbehelf der Einspruch statthaft. Der Einspruch ist außerdem statthaft, wenn geltend gemacht wird, dass in den in Satz 1 bezeichneten Angelegenheiten über einen vom Einspruchsführer gestellten Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes binnen angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist.

(2) Abgabenangelegenheiten sind alle mit der Verwaltung der Abgaben einschließlich der Abgabenvergütungen oder sonst mit der Anwendung der abgabenrechtlichen Vorschriften durch die Finanzbehörden zusammenhängenden Angelegenheiten einschließlich der Maßnahmen der Bundesfinanzbehörden zur Beachtung der Verbote und Beschränkungen für den Warenverkehr über die Grenze; den Abgabenangelegenheiten stehen die Angelegenheiten der Verwaltung der Finanzmonopole gleich.

(3) Die Vorschriften des Siebenten Teils finden auf das Straf- und Bußgeldverfahren keine Anwendung.

(1) Über das Ergebnis der Außenprüfung ist eine Besprechung abzuhalten (Schlussbesprechung), es sei denn, dass sich nach dem Ergebnis der Außenprüfung keine Änderung der Besteuerungsgrundlagen ergibt oder dass der Steuerpflichtige auf die Besprechung verzichtet. Bei der Schlussbesprechung sind insbesondere strittige Sachverhalte sowie die rechtliche Beurteilung der Prüfungsfeststellungen und ihre steuerlichen Auswirkungen zu erörtern. Eine Schlussbesprechung kann mit Zustimmung des Steuerpflichtigen auch fernmündlich oder nach § 87a Absatz 1a elektronisch durchgeführt werden.

(2) Besteht die Möglichkeit, dass auf Grund der Prüfungsfeststellungen ein Straf- oder Bußgeldverfahren durchgeführt werden muss, soll der Steuerpflichtige darauf hingewiesen werden, dass die straf- oder bußgeldrechtliche Würdigung einem besonderen Verfahren vorbehalten bleibt.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

I. Aufgrund einer dem Beklagten und Antragsgegner (Finanzamt --FA--) gegebenen Information über eine dem Kläger und Antragsteller (Kläger) im Zusammenhang mit seiner Handelsvertretertätigkeit geleisteten Zahlung in Höhe von … € erließ das FA einen an den Kläger gerichteten geänderten Umsatzsteuerbescheid 2008.

2

Der Kläger vermutet, diese dem FA gegebene Information stamme von einer bestimmten Person, und begehrte Einsicht in die Akten des FA, um zu klären, ob seine Vermutung zutrifft. Das FA lehnte den Antrag auf Akteneinsicht ab. Der Einspruch des Klägers blieb ohne Erfolg.

3

Der Kläger hat daraufhin beim Finanzgericht (FG) Klage mit dem Antrag erhoben, das FA zu verpflichten, ihm vollständige Akteneinsicht zu gewähren, hilfsweise, ihm auszugsweise Akteneinsicht zu gewähren, soweit es sich um die dem FA gegebene Information über die geleistete Zahlung handelt.

4

Zu diesem Klageverfahren hat das FA dem FG verschiedene Akten übersandt, die der Kläger eingesehen hat. Der Aufforderung des FG, weitere Akten zu übersenden, ist das FA nachgekommen, hat jedoch eingeräumt, dass diese Akten nicht diejenigen Unterlagen enthalten, welche zur Kenntnis des FA über die dem Kläger geleistete Zahlung geführt haben.

5

Auf einen entsprechenden Hinweis des FG hat der Kläger "den Antrag auf Entscheidung durch den Bundesfinanzhof gem. § 86 Absatz 3 FGO" gestellt. Das FG hat daraufhin mit Beschluss vom 11. Mai 2015 dem Bundesfinanzhof (BFH) die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob die Weigerung des FA, die vollständigen Akten bezüglich der Umsatzsteuer 2008 zur Einsicht vorzulegen, rechtmäßig ist.

Entscheidungsgründe

6

II. Der (sinngemäß) gestellte Antrag des Klägers, gemäß § 86 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) festzustellen, dass die Verweigerung der Vorlage der vollständigen Umsatzsteuerakten 2008 rechtswidrig ist, hat keinen Erfolg.

7

Nach § 71 Abs. 2 FGO hat das FA dem FG "die den Streitfall betreffenden Akten" zu übermitteln. Bei diesen handelt es sich im vorliegenden Fall allein um den beim FA angelegten Vorgang "Ablehnung Akteneinsicht", der dem FG übermittelt worden ist und der im Wesentlichen den an das FA gerichteten Antrag des Klägers auf Akteneinsicht, die ablehnende Entscheidung des FA, den hiergegen erhobenen Einspruch des Klägers sowie die Einspruchsentscheidung enthält.

8

Das FG ist zwar im Rahmen der ihm obliegenden Sachverhaltsermittlung (§ 76 Abs. 1 FGO) berechtigt, weitere Behördenakten beizuziehen, und die jeweiligen Behörden sind unter den in § 86 Abs. 1 und 2 FGO genannten Voraussetzungen zu deren Vorlage verpflichtet, allerdings nur, soweit eine Sachaufklärung durch diese Akten erwartet werden kann, was das FG erforderlichenfalls darzulegen hat (Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 86 Rz 4). Im Streitfall ist indes weder seitens des FG begründet worden noch sonst erkennbar, weshalb das FG die vom FA zurückgehaltenen Unterlagen für seine Entscheidung benötigt.

9

Nach den Angaben des FA ist der geänderte Umsatzsteuerbescheid 2008 rechtsbeständig, da die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom Kläger nicht angefochten worden ist. Diese (der Aktenlage entsprechenden) Angaben hat der Kläger lediglich pauschal, nicht jedoch substantiiert bestritten. Darüber hinaus ist auch dem Vorbringen des Klägers selbst zu entnehmen, dass er die Einsicht in die vom FA bisher nicht übersandten Unterlagen nicht für seine steuerlichen Belange begehrt. Ob das FA dem Kläger unter diesen Umständen die beantragte Akteneinsicht zu Recht (ermessensfehlerfrei) versagt hat, wird das FG zu entscheiden haben. Die Vorlage der umstrittenen Aktenbestandteile, aus denen sich offenbar der Name des Informanten ergibt, ist für diese Entscheidung nicht erforderlich.

10

Unabhängig von den vorstehenden Erwägungen ist aber das FA jedenfalls nicht zur Übersendung der streitigen Aktenbestandteile verpflichtet, weil damit die dem FG zur Entscheidung vorliegende Hauptsache vorweggenommen würde. Wäre das FA zur Übersendung auch der streitigen Unterlagen an das FG verpflichtet, könnte der Kläger nach § 78 Abs. 1 FGO "die dem Gericht vorgelegten Akten", also auch diese Unterlagen einsehen. Damit hätte sich der Rechtsstreit bereits durch das Zwischenverfahren des § 86 Abs. 3 FGO erledigt. Das entspräche nicht dem Sinn und Zweck der Vorschrift.

11

Die unter den Voraussetzungen des § 86 FGO dem FG vorzulegenden bzw. zu übermittelnden Urkunden, Akten, elektronischen Dokumente und Auskünfte dienen der dem FG nach § 76 Abs. 1 FGO obliegenden Sachverhaltsermittlung, auf deren Grundlage es über die erhobene Klage rechtlich entscheidet. Im Streitfall ist die streitige Offenlegung von Aktenbestandteilen jedoch keine der Klärung des Sachverhalts dienende Voraussetzung, sondern das eigentliche Ziel der Klage.

12

Das Zwischenverfahren des § 86 Abs. 3 FGO ist ein selbständiges Nebenverfahren, so dass eine Kostenentscheidung zu treffen ist (BFH-Beschluss vom 15. Oktober 2009 X S 9/09, BFH/NV 2010, 54). Nach § 135 Abs. 1 FGO hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.