Bundesfinanzhof Beschluss, 19. Dez. 2016 - XI B 57/16

ECLI:ECLI:DE:BFH:2016:B.191216.XIB57.16.0
bei uns veröffentlicht am19.12.2016

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts München vom 11. Mai 2016  3 K 385/13 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine GmbH und Unternehmerin, beantragte im Rahmen einer laufenden Außenprüfung mit Schriftsatz vom 3. Mai 2012 Akteneinsicht. Diesen Antrag lehnte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) mit Bescheid vom 20. Juli 2012 ab, weil eine Akteneinsicht während einer laufenden Prüfung nicht vorgesehen sei und im Übrigen auch kein berechtigtes Interesse der Klägerin daran bestehe. Zudem stünde einer Akteneinsicht das schutzwürdige Interesse Dritter in Form des Steuergeheimnisses entgegen.

2

Den Einspruch der Klägerin wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 14. Januar 2013 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte das FA im Wesentlichen aus, es habe sein Ermessen fehlerfrei ausgeübt.

3

Im Laufe des Klageverfahrens forderte das Finanzgericht (FG) mit Schreiben vom 7. Februar 2013 das FA u.a. zur Übersendung aller den Streitfall betreffenden Akten auf. Das FA legte daraufhin mit Schreiben vom 11. März 2013 dem FG folgende Akten vor: "1 Ordner Rechtsbehelfsstelle, 1 Umsatzsteuerakte, 1 Akte Dauerunterlagen". In diese nahm der Prozessbevollmächtigte der Klägerin Einsicht und teilte unter dem 14. Juni 2013 u.a. mit, dass erhebliche Zweifel an der Vollständigkeit der vorgelegten Akten bestünden.

4

Mit Schriftsatz vom 23. Oktober 2014 übersandte das FA den Bericht über eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung bei der Klägerin vom 14. Oktober 2014 und den Bericht über eine Steuerfahndungsprüfung in der Steuerstrafsache gegen den Geschäftsführer der Klägerin vom 9. Juli 2014.

5

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin nahm im Laufe des Klageverfahrens und des Steuerstrafverfahrens mehrfach erneut Akteneinsicht, ging aber weiterhin davon aus, dass die Akten (auch im Strafverfahren) nicht vollständig vorgelegt worden seien. Das FA erwiderte hierauf, dass die übersandten Akten die für die Entscheidung über die Klage wegen Akteneinsicht betreffenden Unterlagen enthielten.

6

In der mündlichen Verhandlung vom 16. März 2016 hat die Klägerin ausweislich der Sitzungsniederschrift weder Beweisanträge gestellt noch Rügen erhoben.

7

Das FG wies die Klage, mit der die Klägerin geltend machte, der Ablehnungsbescheid des FA vom 20. Juli 2012 sowie die Einspruchsentscheidung vom 14. Januar 2013 seien ermessensfehlerhaft, das FA wende eine die Akteneinsicht betreffende Verwaltungsanweisung falsch an und die vorgelegten Akten seien unvollständig, ab und ließ die Revision nicht zu.

8

Es führte zur Begründung aus, das FA habe der Klägerin die Akteneinsicht ermessensfehlerfrei versagt. Eine Gewährung von Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren komme nur in Ausnahmefällen in Frage. Vorliegend habe das FA bereits in seinem Ablehnungsbescheid vom 20. Juli 2012 zu dem Antrag auf Akteneinsicht konkrete Ermessenserwägungen genannt, warum der Klägerin zu diesem Zeitpunkt keine Akteneinsicht habe gewährt werden können. In der Einspruchsentscheidung vom 14. Januar 2013 habe das FA die Ablehnung der Akteneinsicht neben den vorgenannten Erwägungen weiter begründet.

9

Im Streitfall könne nicht von einer Ermessensreduzierung auf Null ausgegangen werden. Darüber hinaus liege auf Grund der vom FA genannten Ermessenserwägungen auch kein Ermessensfehler wegen einer Überschreitung oder Unterschreitung der Grenzen des Ermessens oder der Ausübung des Ermessens in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise durch das FA vor. Bereits die Gründlichkeit und Ausführlichkeit, mit der sich das FA in der Einspruchsentscheidung vom 14. Januar 2013 mit dem Rechtsvortrag der Klägerseite auseinandergesetzt hat, lasse deutlich erkennen, dass sorgfältig und ermessensfehlerfrei das Pro und Kontra hinsichtlich der begehrten Akteneinsicht abgewogen worden sei. Das FA habe den zu beurteilenden Sachverhalt ausreichend ermittelt und die für seine Ermessensausübung maßgeblichen Gesichtspunkte tatsächlicher und rechtlicher Art mitgeteilt.

10

Es liege nach Überzeugung des Gerichts auf der Hand, dass in einem umfassenden Prüfungsverfahren, in dem wegen der Gewährung des Vorsteuerabzugs die "Lieferanten" eines Steuerpflichtigen in eine Prüfung einzubeziehen sind, die steuerlichen Verhältnisse Dritter --und damit das nach § 30 der Abgabenordnung zu beachtende Steuergeheimnis-- betroffen seien. Allein schon aus diesem Grund habe das FA vorliegend eine Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren ermessensfehlerfrei verweigern dürfen. Auch das Argument der Verzögerung und der Behinderung einer laufenden Prüfung sei eine zutreffende Ermessenserwägung des FA zur Verweigerung der Akteneinsicht in diesem Verfahrensstadium.

11

Im Ergebnis erkenne das Gericht keinen Ermessensfehler, so dass es auf die weiteren Einwendungen der Klägerin nicht ankomme, auch weil sich diese in weiten Bereichen auf die Vollständigkeit der Akten im finanzgerichtlichen Verfahren --und damit auf einen anderen Verfahrensabschnitt-- bezögen.

12

Im Streitfall hätten die vom FA dem Gericht in dem vorliegenden Verfahren vorgelegten Akten auch nicht sämtliche Unterlagen der Außenprüfung, der Steuerfahndungsprüfung und des Strafverfahrens umfassen müssen, denn es sei "nur über die Rechtmäßigkeit einer Ermessensentscheidung über die Versagung einer Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren" während einer laufenden Außenprüfung zu befinden. Im Hinblick auf diese Entscheidung seien die dem Gericht vom FA vorgelegten Akten ausreichend, zudem sei dem Gericht insbesondere der Bericht der Steuerfahndung vom 9. Juli 2014 vorgelegt worden. Das FA sei nicht verpflichtet, dem Gericht Akten oder Aktenteile zu übermitteln, um deren Einsichtnahme im finanzgerichtlichen Verfahren gestritten werde.

13

Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2016, 1045 veröffentlicht.

14

Mit ihrer Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision macht die Klägerin geltend, die Revision sei wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache, zur Fortbildung des Rechts und wegen Verfahrensfehlern zuzulassen.

Entscheidungsgründe

15

II. Die Beschwerde ist unbegründet. Die geltend gemachten Zulassungsgründe sind teilweise nicht hinreichend dargelegt und liegen im Übrigen nicht vor.

16

1. Die Revision ist nicht wegen Verfahrensfehlern des FG zuzulassen.

17

a) Die gerügte Verletzung der Sachaufklärungspflicht durch Nichtanforderung bzw. Nichtbeiziehung weiterer, vom FA nicht vorgelegter Akten ist nicht hinreichend dargelegt.

18

aa) Um einen Sachaufklärungsmangel hinreichend darzulegen, muss vom Beschwerdeführer vorgetragen werden, welche konkreten Tatsachen das FG hätte aufklären und welche genau bezeichneten Beweise es von Amts wegen hätte erheben müssen, warum ein Beschwerdeführer nicht von sich aus entsprechende Beweisanträge gestellt hat, warum sich die Beweiserhebung dem FG auch ohne besonderen Antrag als erforderlich hätte aufdrängen müssen und inwieweit die als unterlassen gerügte Beweisaufnahme --auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des FG-- zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (ständige Rechtsprechung, z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 29. Januar 2010 III B 50/09, BFH/NV 2010, 919; vom 12. Dezember 2012 XI B 70/11, BFH/NV 2013, 705).

19

bb) Da es sich bei der Verletzung der Sachaufklärungspflicht um einen verzichtbaren Verfahrensmangel handelt (§ 155 der Finanzgerichtsordnung --FGO-- i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung --ZPO--), bei dem das Rügerecht nicht nur durch eine ausdrückliche oder konkludente Verzichtserklärung gegenüber dem FG verloren geht, sondern auch durch das bloße Unterlassen einer rechtzeitigen Rüge (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 5. Dezember 2013 XI B 1/13, BFH/NV 2014, 547, Rz 9; vom 12. Mai 2016 III B 5/16, BFH/NV 2016, 1292, Rz 4), muss ein Beschwerdeführer außerdem vortragen, dass er den Verstoß in der Vorinstanz gerügt hat oder aus welchen entschuldbaren Gründen er an einer solchen Rüge gehindert gewesen sei (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 2. Oktober 2007 IX B 24/07, BFH/NV 2008, 92; vom 29. April 2009 VI B 126/08, BFH/NV 2009, 1267; jeweils m.w.N.).

20

cc) An entsprechenden Darlegungen fehlt es im Streitfall. Weder ist dargelegt, warum die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem FG keine entsprechenden Beweisanträge gestellt hat, noch ist dargelegt, warum sie die von ihr gesehene Verletzung der Sachaufklärungspflicht nicht gerügt hat. Aus der Sitzungsniederschrift (vgl. zu deren Bedeutung BFH-Beschlüsse vom 16. März 2012 IX B 170/11, BFH/NV 2012, 1158, Rz 3; vom 18. August 2015 III B 112/14, BFH/NV 2015, 1595, Rz 10) ergibt sich, dass weder das eine noch das andere geschehen ist.

21

b) Ohne Erfolg rügt die Klägerin, das Urteil des FG sei nicht mit Gründen versehen.

22

aa) Nach § 119 Nr. 6 FGO ist ein Urteil stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist. Es reicht hierfür aus, wenn die Gründe nur zum Teil fehlen und das Gericht ein selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel, das für sich allein den vollständigen Tatbestand einer mit selbständiger Wirkung ausgestatteten Rechtsnorm bildet, übergangen hat (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 1. April 2003 X B 105/02, BFH/NV 2003, 1193, unter II.2., m.w.N.; vom 23. September 2009 IX B 52/09, BFH/NV 2010, 220, unter 1.a; Lange in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, § 119 FGO Rz 359 ff.). Ein Verstoß gegen das Begründungsgebot liegt auch dann vor, wenn das Gericht einen wesentlichen Streitpunkt entweder überhaupt nicht erörtert oder mit formelhaften und inhaltlich nicht nachvollziehbaren Formulierungen abgehandelt hat (vgl. BFH-Beschlüsse vom 21. April 2004 IX B 155/03, juris; vom 1. Februar 2012 VI B 71/11, BFH/NV 2012, 767, Rz 14; vom 5. Dezember 2013 XI B 17/13, BFH/NV 2014, 548). Nicht ausreichend ist hingegen, dass die Urteilsbegründung nicht den Erwartungen eines Beteiligten entspricht, lückenhaft, rechtsfehlerhaft oder nicht überzeugend ist (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 11. Juli 2012 X B 41/11, BFH/NV 2012, 1634; vom 11. Mai 2015 XI B 29/15, BFH/NV 2015, 1257, Rz 11). Die Abgrenzung zwischen erheblichen und nicht wesentlichen Begründungsmängeln hat sich am Zweck der Urteilsbegründung zu orientieren, der darin besteht, für den Ausspruch der Urteilsformel den Nachweis der Rechtmäßigkeit zu liefern (BFH-Urteil vom 17. April 2002 X R 8/00, BFHE 199, 124, BStBl II 2002, 527, und BFH-Beschluss vom 10. November 2011 X B 211/10, BFH/NV 2012, 426). Vom Vorliegen eines Verfahrensmangels i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO ist danach dann auszugehen, wenn den Beteiligten --zumindest in Bezug auf einen der wesentlichen Streitpunkte-- die Möglichkeit entzogen ist, die getroffene Entscheidung auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen (vgl. BFH-Beschluss vom 11. Dezember 2013 XI B 33/13, BFH/NV 2014, 714, m.w.N.).

23

bb) Gemessen daran ist das Urteil des FG mit Gründen versehen.

24

Das FG hat auf Seite 11 ff. des Urteils nachvollziehbar begründet, warum es die Ermessensentscheidung des FA nicht beanstandet hat. Es hat angenommen, das FA habe Ermessenserwägungen angestellt und die Ablehnung im Ablehnungsbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung begründet. Nach den vom FA genannten Gründen liege weder eine Ermessensreduzierung auf Null vor noch seien Ermessensfehler erkennbar. Auf Seite 13 des Urteils hat das FG angenommen, sowohl das Argument der Wahrung des Steuergeheimnisses als auch das Argument der Verzögerung und Behinderung der laufenden Prüfung trügen die Ermessensentscheidung des FA.

25

Bei ihren Einwendungen gegen diese beiden (aus Sicht des FG tragenden) Argumente der Ablehnung berücksichtigt die Klägerin nicht, dass maßgeblicher Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung der Ermessensentscheidung des FA durch das FG nach der insoweit maßgeblichen (und zugleich zutreffenden) Auffassung des FG der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (vgl. BFH-Urteil vom 12. Mai 2016 II R 17/14, BFHE 253, 505, BStBl II 2016, 822, Rz 19; BFH-Beschluss vom 15. Juli 2015 IX B 38/15, BFH/NV 2015, 1431, Rz 4), d.h. der Erlass der Einspruchsentscheidung vom 14. Januar 2013 war. Mit dem Angebot der Klägerin, Verzichtserklärungen von Dritten beizubringen, die auf die Wahrung des Steuergeheimnisses verzichten, musste sich das FG schon deshalb nicht auseinandersetzen, weil solche Erklärungen zum genannten Zeitpunkt nicht vorlagen. Dass die Klägerin angibt, angeboten zu haben, die Akteneinsicht vor Ort in Anwesenheit eines Sachbearbeiters des FA zu nehmen, ändert nichts an dem vom FG für maßgeblich erachteten Argument, dass das FA die Akten hätte vorher durchsehen, Aktenteile aussondern oder schwärzen müssen.

26

cc) Es reicht nicht aus, dass die Klägerin daneben die Argumentation des FG zu den Ermessenserwägungen des FA für lückenhaft, unzulänglich und nicht überzeugend hält. Die Klägerin rügt damit, dass das FG sich nicht ausreichend mit ihren rechtlichen Argumenten auseinandergesetzt habe. Das reicht für die Annahme, das Urteil des FG sei nicht mit Gründen versehen, nicht aus (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 2. Januar 2006 XI B 53/04, BFH/NV 2006, 792, unter 1., Rz 6; vom 19. November 2013 IX B 79/13, BFH/NV 2014, 371, Rz 3, m.w.N.).

27

2. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung.

28

a) Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nach ständiger Rechtsprechung des BFH zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Außerdem muss die Rechtsfrage klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärbar sein (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 3. Februar 2014 VI B 111/13, BFH/NV 2014, 696; vom 18. Juli 2014 XI B 37/14, BFH/NV 2014, 1779).

29

b) Wird die Beschwerde mit der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache begründet, hat der Beschwerdeführer zur Erfüllung der Darlegungsanforderungen eine hinreichend bestimmte, für die Entscheidung des Streitfalls erhebliche abstrakte Rechtsfrage herauszustellen, der grundsätzliche Bedeutung zukommen soll, sowie schlüssig und substantiiert unter Auseinandersetzung mit den zur aufgeworfenen Rechtsfrage in Rechtsprechung und Schrifttum vertretenen Auffassungen darzulegen, weshalb die für bedeutsam gehaltene Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 16. Mai 2008 VII B 118/07, BFH/NV 2008, 1440; vom 9. Januar 2014 XI B 11/13, BFH/NV 2014, 915). Liegt zu der vom Beschwerdeführer herausgestellten Rechtsfrage bereits höchstrichterliche Rechtsprechung vor, gehört zu der Darlegung der Klärungsbedürftigkeit eine fundierte Stellungnahme dazu, weshalb diese Rechtsprechung noch nicht zu einer hinreichenden Klärung geführt habe oder auf Grund welcher neuen Entwicklungen sie nunmehr erneut in Frage gestellt werden müsse (vgl. BFH-Beschlüsse vom 22. Juli 2014 XI B 29/14, BFH/NV 2014, 1780, Rz 16; vom 14. Dezember 2015 XI B 113/14, BFH/NV 2016, 599, Rz 8).

30

c) Soweit die Klägerin die Rechtsfrage für grundsätzlich bedeutsam hält, ob im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung der Ablehnung der Akteneinsicht die Akten, in die Einsicht genommen werden soll, zu den nach § 71 Abs. 2 FGO "den Streitfall betreffenden Akten" gehören, ist diese Rechtsfrage durch die Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH-Beschluss vom 3. Juni 2015 VII S 11/15, BFH/NV 2015, 1100, Rz 7) geklärt. Die Ausführungen der Klägerin legen nicht hinreichend dar, weshalb diese Rechtsprechung noch nicht zu einer hinreichenden Klärung geführt habe oder auf Grund welcher neuen Entwicklungen sie nunmehr erneut in Frage gestellt werden müsse.

31

d) Soweit die Klägerin der Auffassung ist, es sei zu klären, ob das FA erst nach Eingang der Klage einen Vorgang "Ablehnung Akteneinsicht" anlegen dürfe, ist erstens nicht dargelegt, warum es sich dabei um eine abstrakte Rechtsfrage handeln soll. Zweitens geht die Klägerin dabei von einem Sachverhalt aus, den das FG nicht festgestellt hat, so dass die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage im Streitfall nicht klärbar wäre (vgl. BFH-Beschlüsse vom 19. Dezember 2014 XI B 12/14, BFH/NV 2015, 534, Rz 27; vom 17. November 2015 XI B 52/15, BFH/NV 2016, 431, Rz 47). Das FG hat nämlich nicht tatsächlich festgestellt, dass das FA nach Eingang der Klage einen Vorgang "Ablehnung Akteneinsicht" angelegt hat.

32

Im Rahmen seines Urteils ist das FG auf Seite 14 außerdem davon ausgegangen, dass die vom FA vorgelegten Akten ausreichend seien. Danach hat das FA aus Sicht des FG alle für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage erheblichen und für die Entscheidung des Rechtsstreits bedeutsamen, d.h. die "den Streitfall betreffenden" (vgl. BFH-Beschluss vom 16. Januar 2013 III S 38/11, BFH/NV 2013, 701, Rz 13) Akten übersandt.

33

e) Die Behauptung der Klägerin, das FG habe möglicherweise gemeint, "interne Vermerke und Aufzeichnungen des FA seien dem Steuerbürger generell vorzuenthalten", trifft nicht zu. Das FG hat keinen derartigen abstrakten Rechtssatz aufgestellt.

34

f) Bezüglich der für grundsätzlich bedeutsam gehaltenen Frage, ob sich "die Steuerbehörde auch dann noch auf das Argument der zeitlichen Verzögerung bzw. Behinderung in einem laufenden Prüfungsverfahren beziehen kann, wenn die Akte vor Ort und in Anwesenheit eines Sachbearbeiters geprüft wird", ist ebenfalls nicht dargelegt, inwieweit diese Frage im Streitfall klärbar sein soll (vgl. dazu bereits die Ausführungen unter II.1.b bb). Zu entsprechenden Darlegungen hätte schon deshalb Anlass bestanden, weil das FG die Verzögerung und Behinderung der Prüfung auf Seite 13 seines Urteils daraus abgeleitet hat, dass das FA vor der Akteneinsicht sämtliche Akten hätte sichten, teilweise aussortieren oder schwärzen müssen.

35

3. Soweit mit der Beschwerde vorgetragen wird, die Revision sei zur Fortbildung des Rechts zuzulassen, fehlt es an den für die Geltendmachung dieses Zulassungsgrunds erforderlichen Darlegungen zur Klärbarkeit.

36

a) Das Erfordernis einer Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts ist ein Unterfall des Zulassungsgrunds der grundsätzlichen Bedeutung (vgl. BFH-Beschluss vom 24. Juni 2014 XI B 45/13, BFH/NV 2014, 1584, Rz 34, m.w.N.). Für diesen Zulassungsgrund gilt ebenso wie für den der grundsätzlichen Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), dass die Rechtsfortbildung über den Einzelfall hinaus im allgemeinen Interesse liegen und eine klärungsbedürftige und klärbare Rechtsfrage betreffen muss (vgl. z.B. BFH-Beschluss in BFH/NV 2014, 915, Rz 23, m.w.N.). Es gelten die zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung entwickelten Darlegungsanforderungen entsprechend (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 3. Februar 2016 XI B 53/15, BFH/NV 2016, 954, Rz 13, m.w.N.).

37

b) Die Klägerin meint, der BFH müsse "klare Grundsätze bezüglich der Frage formulieren", welche "Anstrengungen von Amts wegen, etwa durch Aktenbeiziehung, von den Finanzgerichten unternommen werden müssen, um die Tatsachengrundlagen zu ermitteln, die einer Ermessensentscheidung zugrunde liegen".

38

c) Es ist aber nicht dargelegt, warum dies im Streitfall klärbar sein soll, nachdem die Klägerin jedenfalls auf die Rüge, das FG habe den Sachverhalt nicht von Amts wegen ausreichend erforscht, durch rügelose Einlassung verzichtet hat (vgl. dazu die Ausführungen unter II.1.a bb und cc).

39

4. Die Klägerin wendet sich mit ihrem Beschwerdevorbringen in weiten Teilen im Stile einer Revisionsbegründung gegen die materielle Richtigkeit der Vorentscheidung, mit der das FG die Ermessensentscheidung des FA unbeanstandet gelassen hat; damit wird keiner der in § 115 Abs. 2 FGO abschließend aufgeführten Zulassungsgründe dargetan (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2014, 714, Rz 15), zumal die Frage, ob Ermessensfehler des FA vorliegen, von den Umständen des Einzelfalls abhängt und deshalb allgemeinen Aussagen von grundsätzlicher Bedeutung regelmäßig nicht zugänglich ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom 26. November 2008 VII B 183/08, juris, Rz 4; vom 26. Februar 2015 III B 124/14, BFH/NV 2015, 837, Rz 32).

40

5. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO).

41

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

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Finanzgericht München Urteil, 11. Mai 2016 - 3 K 385/13

bei uns veröffentlicht am 11.05.2016

Gründe 1. Finanzgericht München Az.: 3 K 385/13 IM NAMEN DES VOLKES Urteil Stichworte: 1. Das in der Abgabenordnung geregelte Verfahrensrecht im Besteuerungsverfahren enthält keine Regelun

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Gründe

1. Finanzgericht München

Az.: 3 K 385/13

IM NAMEN DES VOLKES

Urteil

Stichworte:

1. Das in der Abgabenordnung geregelte Verfahrensrecht im Besteuerungsverfahren enthält keine Regelung, die dem Steuerpflichtigen ein Recht auf die Einsicht in die von den Finanzbehörden geführten Akten einräumt. Dem während eines Verwaltungsverfahrens um Akteneinsicht nachsuchenden Steuerpflichtigen oder seinem Vertreter steht aber ein Anspruch auf eine pflichtgemäße Ermessensentscheidung der Behörde zu.

2. Daraus, dass die gesetzlichen Vorschriften der AO eine Akteneinsicht im steuerlichen Verwaltungsverfahren überhaupt nicht vorsehen, ist abzuleiten, dass die Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren nur in Ausnahmefällen in Frage kommt. Das ist bei einer Beurteilung des ausgeübten Ermessens zu berücksichtigen, weil die jeweilige Ermächtigungsvorschrift die gesetzlichen Grenzen des Ermessens normiert.

3. In einem umfassenden steuerlichen Prüfungsverfahren liegt es auf der Hand, dass davon auch die steuerlichen Verhältnisse Dritter - und damit das nach § 30 AO zu beachtende Steuergeheimnis - betroffen sind.

In der Streitsache

A GmbH vertreten durch den Geschäftsführer ...

Klägerin

prozessbevollmächtigt: Rechtsanwälte ... Az.: ...

gegen

Finanzamt ... vertreten durch den Amtsleiter StNr.: ...

Beklagter

Wegen Akteneinsicht (Umsatzsteuer-Sonderprüfung)

hat der 3. Senat des Finanzgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Finanzgericht ..., den Richter am Finanzgericht ... und den Richter am Finanzgericht ... sowie die ehrenamtlichen Richter ... und ... ohne mündliche Verhandlung

am 11. Mai 2016 für Recht erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Rechtsmittelbelehrung

Die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil kann durch Beschwerde angefochten werden.

Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Bundesfinanzhof einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Beschwerdeschrift soll eine Abschrift oder Ausfertigung des angefochtenen Urteils beigefügt werden. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Auch die Begründung ist bei dem Bundesfinanzhof einzureichen.

Rechtsmittel können auch über den elektronischen Gerichtsbriefkasten des Bundesfinanzhofs eingelegt und begründet werden, der über die vom Bundesfinanzhof zur Verfügung gestellte Zugangs- und Übertragungssoftware erreichbar ist. Die Software kann über die Internetseite „www.bundesfinanzhof.de“ lizenzkostenfrei heruntergeladen werden. Hier befinden sich auch weitere Informationen über die Einzelheiten des Verfahrens, das nach der Verordnung der Bundesregierung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesverwaltungsgericht und beim Bundesfinanzhof vom 26. November 2004 (BGBl. I S. 3091) einzuhalten ist.

Vor dem Bundesfinanzhof müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesfinanzhof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur Rechtsanwälte, niedergelassene europäische Rechtsanwälte, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer zugelassen; zur Vertretung berechtigt sind auch Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften sowie Partnerschaftsgesellschaften, deren Partner ausschließlich Rechtsanwälte, niedergelassene europäische Rechtsanwälte, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer sind. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe des vorhergehenden Satzes zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Der Bundesfinanzhof hat die Postanschrift: Postfach 86 02 40, 81629 München, und die Hausanschrift: Ismaninger Str. 109, 81675 München, sowie den Telefax-Anschluss: 089/92 31-201.

Lässt der Bundesfinanzhof aufgrund der Beschwerde die Revision zu, so wird das Verfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt. Der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses des Bundesfinanzhofs über die Zulassung der Revision ist jedoch bei dem Bundesfinanzhof eine Begründung der Revision einzureichen. Die Beteiligten müssen sich auch im Revisionsverfahren nach Maßgabe des vierten Absatzes dieser Belehrung vertreten lassen.

Gründe:

I.

Streitig ist, ob der Beklagte (das Finanzamt; im Folgenden: FA) zu Recht einen Antrag auf Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren abgelehnt hat.

Die Klägerin ist eine mit Gesellschaftsvertrag vom 27. August 2008 gegründete Kapitalgesellschaft mit Sitz in B. Der Gegenstand ihrer Geschäftstätigkeit ist der An- und Verkauf, Verwaltung und Vermittlung von Abonnementaufträgen, An- und Verkauf von Telekommunikationsverträgen sowie An- und Verkauf sowie Vermittlung von Verträgen auf dem Energiesektor (Strom). Geschäftsführer der Gesellschaft war bis zum 28. April 2014 C.

Konkret ist die Klägerin in der Verlagswerbung tätig. Dabei bedient sie sich verschiedener Vermittlungsunternehmen, die wiederum vorwiegend mit Callcentern zusammenarbeiten. Die daraus entstehenden Abonnements werden zu Verwaltungszwecken an eine Firma D KG weitergereicht, welche die anfallenden Verwaltungsaufgaben erledigt. Die umsatzsteuerliche Sachbehandlung der Abrechnung zwischen dieser Firma und der Klägerin basierte auf einer verbindlichen Zusage des Finanzamts K aus dem Jahr 1995, die aber vom FA als steuerlich zweifelhaft erachtet und insoweit einer Prüfung unterzogen wurde. Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 14. Januar 2013 verwiesen.

Da die Klägerin im Rahmen ihrer monatlichen Umsatzsteuer-Voranmeldungen Vorsteuererstattungsansprüche geltend machte, wurde am 9. November 2011 für die Voranmeldungszeiträume Mai bis August 2011 eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung veranlasst. Nachfolgend wurde der Prüfungszeitraum auf Januar 2010 bis März 2012 und Mai 2012 ausgedehnt.

Wegen der fehlenden Zustimmung des FA zu mehreren von der Klägerin im Rahmen von Umsatzsteuer-Voranmeldungen errechneten Vorsteuererstattungsansprüchen beantragte der steuerliche Vertreter der Klägerin mit Schriftsatz vom 3. Mai 2012 Akteneinsicht.

Wegen der fehlenden Entscheidung über die Zustimmung zu Umsatzsteuer-Voranmeldungen der Klägerin und der fehlenden Entscheidung des FA zu dem Akteneinsichtsgesuch legte die Klägerin mit Schriftsatz vom 18. Mai 2012 Untätigkeitseinsprüche ein.

Mit Bescheiden über die Festsetzungen der Umsatzsteuer-Vorauszahlungen für die Monate April bis Dezember 2011 jeweils vom 18. Juni 2012 setzte das FA die Umsatzsteuer fest. Über die dagegen eingelegten Einsprüche ist bisher nicht entschieden worden.

Mit Bescheid vom 20. Juli 2012 lehnte das FA den Antrag auf Akteneinsicht ab. Zur Begründung verwies das FA darauf, dass eine Akteneinsicht während einer laufenden Prüfung nicht vorgesehen sei und im Übrigen auch kein berechtigtes Interesse der Klägerin daran vorliege. Zudem stünde einer Akteneinsicht das schutzwürdige Interesse Dritter in Form des Steuergeheimnisses entgegen.

Dagegen war der mit Schriftsatz vom 26. Juli 2012 eingereichte Einspruch gerichtet.

Mit Bescheiden über die Festsetzungen der Umsatzsteuer-Vorauszahlungen für die Monate April bis Oktober 2012 jeweils vom 6. und 28. November 2012 sowie vom 10. Januar 2013 setzte das FA die Umsatzsteuern für diese Besteuerungszeiträume fest. Über die dagegen eingelegten Einsprüche ist bisher nicht entschieden worden.

Mit Einspruchsentscheidung vom 14. Januar 2013 wies das FA den Einspruch gegen die Versagung der Akteneinsicht als unbegründet zurück. Zur Begründung führte das FA im Wesentlichen aus, dass die Vorschriften der Abgabenordnung den Beteiligten kein Akteneinsichtsrecht einräumten. Dieses könne den Beteiligten nur unter dem Gesichtspunkt des rechtlichen Gehörs gestattet werden. Nach den Verwaltungsregelungen könne den Beteiligten Akteneinsicht nur auf Antrag in begründeten Einzelfällen unter Darlegung eines berechtigten Interesses und unter genauer Bezeichnung der Daten, in die Einsicht begehrt wird, gewährt werden. Die Entscheidung erfolge dann nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung sowohl etwaiger schutzwürdiger Belange der Beteiligten sowie Dritter, als auch der öffentlichen Interessen der Steuerverwaltung. Auch nach Auffassung des Bundesfinanzhofs habe der Gesetzgeber die Einsichtnahme in die Verfahrens- und Ermittlungsverfahren in einem laufenden Besteuerungsverfahren nur als Ausnahme angesehen. Vorliegend sei daher der Informationsanspruch der Klägerin (Einspruchsführerin) mit den Ermittlungsinteressen der Steuerverwaltung abzuwägen. Da die begehrte Akteneinsicht nach den Einlassungen der Klägerin (Einspruchsführerin) letztlich der Überprüfung von Amtshaftungsansprüchen gegen die involvierten Beamten dienen sollte und andererseits die Informationsinteressen der Klägerin (Einspruchsführerin) durch den dokumentierten umfangreichen Schriftverkehr und die telefonischen Unterredungen ausreichend erfüllt worden seien, sei hier die Akteneinsicht ermessensfehlerfrei versagt worden, auch weil ihr schutzwürdige Interessen Dritter in Form des Steuergeheimnisses entgegengestanden hätten.

Dagegen ist die Klage vom 6. Februar 2013 gerichtet.

Mit Schriftsatz (Stellungnahme) vom 11. März 2013 legte das FA dem Gericht einen Ordner „Rechtsbehelfsakte“, eine Umsatzsteuerakte und eine Akte „Dauerunterlagen“ vor.

In diese Unterlagen nahm der Vertreter der Klägerin am 23. April 2013 beim Amtsgericht H Akteneinsicht.

Auf Anfrage des Gerichts vom 15. Mai 2013, ob der Rechtsstreit durch diese Akteneinsicht erledigt sei, teilte der Vertreter der Klägerin mit Schriftsatz vom 14. Juni 2013 mit, dass der Rechtsstreit aus seiner Sicht deshalb nicht erledigt sei, weil erhebliche Zweifel an der Vollständigkeit der vorgelegten Akten bestünden.

Am 11. September 2013 wurde dem Geschäftsführer der Klägerin die Einleitung des Steuerstrafverfahrens bekanntgegeben.

Am 20. November 2013 nahm der Vertreter der Klägerin erneut beim Amtsgericht H Einsicht in die dem Gericht vorliegenden Akten.

Mit Schriftsatz vom 10. Dezember 2013 teilte das FA mit, dass bei der Klägerin durch die Steuerfahndungsstelle beim Finanzamt E strafprozessuale Maßnahmen durchgeführt würden. Mit Schriftsatz vom 23. Oktober 2014 übersandte das FA eine weitere Akte mit dem Bericht einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung (vom 14. Oktober 2014) und dem Bericht der Steuerfahndungsprüfung (vom 9. Juli 2014).

Mit Schreiben vom 2. September 2015 fragte das Gericht bei der Klägerin an, ob das Verfahren in Anbetracht der möglichen Akteneinsicht im Strafverfahren fortgeführt werden solle.

Mit Schriftsatz vom 14. September 2015 teilte der Vertreter der Klägerin mit, dass der Rechtsstreit nicht für erledigt erklärt werden könne, weil die Akten auch im Strafverfahren nicht vollständig vorgelegt worden seien.

Mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2015 beantragte der Vertreter der Klägerin bei Gericht erneut Akteneinsicht. Diese erfolgte am 11. November 2015 wieder beim Amtsgericht H.

Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin im Wesentlichen vor, dass sie mit Rücksicht auf die nicht nachvollziehende Dauer einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung und die ausbleibenden Entscheidungen des FA Akteneinsicht beantragt habe. Die ablehnende Entscheidung des FA vom 20. Juli 2012 sowie die Einspruchsentscheidung vom 14. Januar 2013

seien ermessensfehlerhaft, zudem wende das FA hier eine die Akteneinsicht betreffende Verwaltungsanweisung falsch an. Hier hätte insbesondere deshalb ein Informationsbedürfnis der Klägerin vorgelegen, weil sie auf Basis der Akte hätte ermitteln wollen, weshalb es dem FA seit mehr als einem Jahr nicht gelungen sei, den Sachverhalt so zu ermitteln, dass Entscheidungen hätten getroffen werden können. Die Ermittlung der Tatsachengrundlagen sei hier ein legitimes Interesse der Klägerin gewesen. Das FA habe sich auch zu Unrecht darauf berufen, dass der Akteneinsicht schutzwürdige Interessen Dritter entgegenstanden. Das FA habe hier vielmehr nur scheinbar eine Interessenabwägung durchgeführt, die einzelnen Argumente hätten sich ausnahmslos als nicht tragfähig erwiesen. Auch die dem Finanzgericht im vorliegenden Verfahren vorgelegten Akten seien unvollständig, was schon aus der fehlenden chronologischen Reihenfolge des Verlaufs des Prüfungsverfahrens ersichtlich sei und im Übrigen auch aus der nachträglich einheitlich erstellten Nummerierung des Ordners „Rechtsbehelfsakte“ erkennbar sei. Dies sei ein Hinweis darauf, dass diese Akte nachträglich erstellt worden sei, das FA habe hier eine von ihm erst zusammengestellte Akte an das Gericht übersendet. Dem Gericht seien im finanzgerichtlichen Verfahren aber alle Akten vollständig vorzulegen, dagegen habe das FA verstoßen. Das Gericht könne deshalb nicht überprüfen, ob das FA hier sein Ermessen bei der Ablehnung des Antrags auf Akteneinsicht fehlerhaft ausgeübt habe. Auch der Verweis des Gerichts in der mündlichen Verhandlung vom 16. März 2016 auf die im noch laufenden Einspruchsverfahren bestehende Möglichkeit zur Akteneinsicht gehe fehl, denn dadurch würde der Klägerin ihr Anspruch auf rechtliches Gehör verweigert. Im Übrigen würde wegen des Ruhens des Einspruchsverfahren keine Möglichkeit auf Akteneinsicht bestehen und das FA habe zu erkennen gegeben, dass es die Akteneinsicht generell verweigern würde.

Zu dem weiteren Vorbringen der Klägerin wird auf ihre Schriftsätze vom 5. Februar 2013, vom 4. April 2013, vom 14. Juni 2013, vom 29. Juli 2013, vom 6. September 2013, vom 14. September 2015, vom 20. November 2015, vom 3. März 2016, vom 6. April 2016 und vom 19. April 2016 nebst Anlagen verwiesen.

Die Klägerin beantragt,

das Finanzamt unter Aufhebung des Bescheides vom 20. Juli 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. Januar 2013 zu verpflichten, der Klägerin Akteneinsicht zu gewähren,

hilfsweise, das Finanzamt zu verpflichten, den Antrag auf Akteneinsicht unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist das FA im Wesentlichen auf die bereits in der Einspruchsentscheidung genannten Erwägungen zur Rechtmäßigkeit der Versagung der Akteneinsicht. Hinsichtlich der Vollständigkeit der an das Finanzgericht übersendeten Akten führt das FA aus, dass diese Akten die für die Entscheidung über die vorliegende Klage betreffenden Unterlagen enthielten. Zudem weist das FA darauf hin, dass die Gewährung von Akteneinsicht während eines laufenden Verfahrens eine Vorwegnahme der Hauptsache darstellen würde. Im vorliegenden Verfahren sei auch die Frage nach den im finanzgerichtlichen Verfahren vorzulegenden Akten von der Frage der ermessensfehlerfreien Ablehnung des Antrags auf Akteneinsicht der Klägerin im Verwaltungsverfahren zu trennen. Zwischenzeitlich sei aufgrund eines Berichtes der Steuerfahndung am 6. Oktober 2014 eine geänderte Umsatzsteuerfestsetzung für das Jahr 2010 ergangen. Die derzeit beim FA anhängigen Einspruchsverfahren würden von einem anderen Prozessvertreter betreut, auf dessen Antrag die Bearbeitung bis zur Beendigung des laufenden Strafverfahrens ruhe.

Zu den weiteren Einzelheiten des Vorbringens des FA wird auf die Einspruchsentscheidung vom 14. Januar 2013 und die Stellungnahmen vom 11. März 2013, vom 29. April 2013, vom 12. Juni 2013, vom 28. August 2013, vom 10. Dezember 2013, vom 13. Juli 2015, vom 12. Oktober 2015 und vom 30. Dezember 2015 verwiesen.

In der mündlichen Verhandlung vom 16. März 2016 erklärten die Beteiligten zu Protokoll -auf das hier verwiesen wird - die Hauptsache für erledigt, hinsichtlich der Klägerin mit der Maßgabe, dass diese bis zum 6. April 2016 die Erledigungserklärung widerrufen kann und im Fall des Widerrufs auf die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung verzichtet. Das FA hatte sich bereits mit Schriftsatz vom 11. März 2013 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Mit Telefax vom 6. April 2016 widerrief die Klägerin ihre Erledigungserklärung.

II.

Die Klage ist in ihrem Haupt- und Hilfsantrag unbegründet. Das FA hat der Klägerin die Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren ermessensfehlerfrei versagt.

1. Das in der Abgabenordnung (AO) geregelte Verfahrensrecht im Besteuerungsverfahren enthält weder für das reguläre Besteuerungsverfahren noch für die Fälle der Außenprüfung eine Regelung, die dem Steuerpflichtigen ein Recht auf die Einsicht in die von den Finanzbehörden geführten Akten einräumt.

a) Der Bundesfinanzhof (BFH) und verschiedene Finanzgerichte haben in einigen zur Frage der Gewährung von Akteneinsicht im steuerlichen Verwaltungsverfahren vor den Finanzbehörden ergangenen Entscheidungen ausdrücklich festgestellt, dass die AO - anders als andere Verfahrensordnungen wie z. B. § 29 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (Überschrift: Akteneinsicht durch Beteiligte) - für das Verwaltungsverfahren einen Anspruch auf Gewährung von Einsicht in die Verfahrens- und Ermittlungsakten nicht vorsieht (vgl. nur BFH-Urteil vom 7. Mai 1985 VII R 25/82, BStBl II 1985, 571; i. d. S. auch das Finanzgericht Köln, Urteil vom 3. Mai 2000 11 K 6922/98, EFG 2000, 903 und das Finanzgericht München, Urteil vom 8. Juli 2015 4 K 2738/14, EFG 2015, 1886).

Der BFH hat auch geklärt, dass ein solches Einsichtsrecht weder aus dem in § 91 Abs. 1 AO niedergelegten Grundsatz des rechtlichen Gehörs und dem hierzu ergangenen Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) der Verwaltung in der Nr. 4, noch aus § 364 AO und dem dazu ergangenen AEAO abzuleiten sei (BFH-Beschlüsse vom 6. Oktober 1993 VIII B 121/92, BFH/NV 1994, 311 und vom 8. Juni 1995 IX B 168/94, BFH/NV 1996, 64; vgl. auch Finanzgericht München, Urteil vom 8. Juli 2015 4 K 2738/14, EFG 2015, 1886).

Gleichwohl geht der BFH in ständiger Rechtsprechung - ebenso wie die Finanzverwaltung in Nr. 4 AEAO zu § 91 AO und dem darin in Bezug genommen BMFSchreiben vom 17. Dezember 2008 (BStBl I 2009, 6) - davon aus, dass dem während eines Verwaltungsverfahrens um Akteneinsicht nachsuchenden Steuerpflichtigen oder seinem Vertreter jedenfalls ein Anspruch auf eine pflichtgemäße Ermessensentscheidung der Behörde zusteht, weil die Behörde nicht gehindert sei, in Einzelfällen Akteneinsicht zu gewähren (BFH in ständiger Rechtsprechung, vgl. Urteile vom 6. August 1965 VI 349/63 U, BStBl III 1965, 675 und vom 7. Mai 1985 VII R 25/82, BStBl II 1985, 571 sowie BFH-Beschlüsse vom 6. Oktober 1993 VIII B 121/92, BFH/NV 1994, 311; vom 26. Mai 1995 VI B 91/94, BFH/NV 1995, 1004 und vom 8. Juni 1995 IX B 168/94, BFH/NV 1996, 64; i.d.S. auch das Finanzgericht München, Urteil vom 8. Juli 2015 4 K 2738/14, EFG 2015, 1886). Grundlage dieses Anspruchs ist das Rechtsstaatsprinzip gemäß Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) i. V. m. dem Prozessgrundrecht gemäß Art. 19 Abs. 4 GG (vgl. BFH-Urteile vom 19. März 2013 II R 17/11, BStBl II 2013, 639, Rz. 11 und vom 5. Oktober 2006 VII R 24/03, BStBl II 2007, 243, Rz. 9).

b) Das Gericht kann eine solche behördliche Ermessensentscheidung über die Gewährung von Akteneinsicht gemäß § 102 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nur daraufhin überprüfen, ob die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen Gebrauch gemacht hat, die Grenzen ihres Ermessens überschritten oder dieses Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise ausgeübt hat. Eigene Ermessenserwägungen darf das Gericht nicht anstellen (BFH-Urteil vom 6. November 2012 VII R 72/11, BStBl II 2013, 141).

Der Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung ist dabei die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (Stapperfend, in Gräber, Kommentar zur FGO, 8. Auflage 2015, § 102 Rz. 13 m. w. N.); vorliegend mithin der Erlass der Einspruchsentscheidung am 14. Januar 2013, als Abschluss des außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens.

Der BFH sieht den Anspruch des „Einsichtsuchenden“ auf fehlerfreie Ermessensentscheidung als gewahrt an, wenn das FA im Rahmen einer Interessenabwägung dessen Belange und die der Behörde gegeneinander abgewogen hat (vgl. BFH-Beschluss vom 8. Juni 1995 IV B 168/94, BFH/NV 1996, 64, 65 und Urteil vom 7. Mai 1985 VII R 25/82, BStBl II 1985, 571). Eine Überprüfung der Ermessensentscheidung durch das Gericht ist dabei nur möglich, wenn die Finanzbehörde den zu beurteilenden Sachverhalt umfassend ermittelt und die für die Ermessensausübung maßgeblichen Gesichtspunkte tatsächlicher und rechtlicher Art mitgeteilt hat (vgl. nur Stapperfend, in Gräber, Kommentar zur FGO, 8. Auflage 2015, § 102 Rz. 19 m. w. N.).

2. Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall hat die Klage weder in ihrem Haupt- noch in ihrem Hilfsantrag Erfolg.

a) Das FA hat den Antrag der Klägerin auf Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren ermessensfehlerfrei abgelehnt; auch eine Ermessensreduzierung auf null, bei der nur die Gewährung von Akteneinsicht rechtmäßig gewesen wäre, lag hier nicht vor. Der streitgegenständliche Ablehnungsbescheid vom 20. Juli 2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. Januar 2013 ist deshalb rechtmäßig.

aa) Ist eine Finanzbehörde - wie im Streitfall - dazu ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie ihr Ermessen entsprechend des Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten (§ 5 AO). Bezogen auf den Inhalt des „Ermessens“ bei der Gewährung von Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren ist hierbei zunächst zu berücksichtigen, dass die gesetzlichen Vorschriften der AO eine solche im steuerlichen Verwaltungsverfahren überhaupt nicht vorsehen (s. o. in Tz. II.1.a). Das FA ist lediglich nicht daran gehindert, in Einzelfällen Akteneinsicht zu gewähren (BFH-Beschluss vom 4. Juni 2003 VII B 138/01, BStBl II 2003, 790, Rz. 6 m. w. N.). Daraus ist abzuleiten, dass eine Gewährung von Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren nur in Ausnahmefällen in Frage kommt. Das ist bei einer Beurteilung des ausgeübten Ermessens zu berücksichtigen, denn die jeweilige „Ermächtigungsvorschrift“ normiert die gesetzlichen Grenzen des Ermessens (Drüen, in Tipke/Kruse, Kommentar zur AO und FGO, § 5 AO Rz. 35).

bb) Vorliegend hat das FA bereits in seinem ablehnenden Bescheid vom 20. Juli 2012 zu dem Antrag auf Akteneinsicht konkrete Ermessenserwägungen genannt, warum der Klägerin zu diesem Zeitpunkt keine Akteneinsicht habe gewährt werden können. So verwies das FA darauf, dass die im Verwaltungsverfahren angekündigte Prüfung von Amtshaftungsansprüchen kein berechtigtes Interesse zur Einsicht begründe, dass die laufenden Prüfungshandlungen durch eine Akteneinsicht behindert würden und dass zudem - wegen der schutzwürdigen Interessen Dritter - das Steuergeheimnis einer Einsicht entgegenstehen würde.

In der Einspruchsentscheidung vom 14. Januar 2013 begründete das FA die Ablehnung der Akteneinsicht neben den vorgenannten Erwägungen weiter damit, dass die Klägerin wegen des umfangreichen Schriftverkehrs mit dem FA über die wesentlichen Schritte des FA und die entscheidungserheblichen Sachverhalte fortlaufend informiert worden sei. So sei es der Klägerin insbesondere bekannt gewesen, dass die Auszahlung der Vorsteuerbeträge aus den Rechnungen einzelner Subunternehmer deshalb nicht erfolgte sei, weil Zweifel daran bestünden, dass es sich bei diesen Rechtssubjekten um tatsächlich existierende Unternehmen handeln würde. Das FA brachte in der Einspruchsentscheidung weiter vor, dass der Steuerpflichtige in einem laufenden Prüfungsverfahren nicht über jeden einzelnen Ermittlungsschritt zu unterrichten sei, weil dies dem Interesse der Geheimhaltung gewisser Informationen widerspreche. Bei der gebotenen Abwägung der Interessen der beteiligten Parteien müssten vorliegend auch die schutzwürdigen Interessen Dritter Berücksichtigung finden, denn die Unterlagen des FA würden in nicht unerheblichem Umfang Daten enthalten, deren Offenlegung durch das Steuergeheimnis geschützt sei. Die Akteneinsicht sei zudem abzulehnen, weil die Klägerin auf diese Weise Einsicht in interne Vermerke und Aufzeichnungen erhalte und zudem die Motive des Verwaltungshandelns herausfinde.

cc) Im Streitfall kann hinsichtlich der Entscheidung des FA über die Gewährung von Akteneinsicht zunächst nicht von einer Ermessensreduzierung auf null ausgegangen werden. Eine derartige Ermessensreduzierung auf null setzt voraus, dass durch die Sachlage des Einzelfalls die Ermessensgrenzen so eingeengt sind, dass nur eine bestimmte Entscheidung möglich ist, während jede andere notwendig zu einem Ermessensfehler führen müsste (vgl. Drüen, in Tipke/Kruse, Kommentar zur AO und FGO, § 5 AO Rz. 76 m. w. N.). Eine solche Bindung des Ermessens des FA im Sinne einer zwingenden Verpflichtung zur Akteneinsicht liegt hier nicht vor; die Klage bleibt deshalb in ihrem Hauptantrag ohne Erfolg.

dd) Darüber hinaus liegt hier aufgrund der vorgenannten Ermessenserwägungen des FA (Tz. II.2.a.bb) auch kein Ermessensfehler wegen einer Überschreitung oder Unterschreitung der Grenzen des Ermessens oder der Ausübung des Ermessens in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise durch das FA vor. Damit ist die Klage auch in ihrem Hilfsantrag unbegründet.

So lässt bereits die Gründlichkeit und Ausführlichkeit, mit der sich das FA in der Einspruchsentscheidung vom 14. Januar 2013 mit dem Rechtsvortrag der Klägerseite auseinandergesetzt hat, deutlich erkennen, dass dabei sorgfältig und ermessensfehlerfrei das Pro und Kontra hinsichtlich der begehrten Akteneinsicht abgewogen wurde (Hessisches Finanzgericht, Urteil vom 19. März 2001 2 K 5327/99, juris, Rz. 42). Das FA hat auch den zu beurteilenden Sachverhalt ausreichend ermittelt und die für seine Ermessensausübung maßgeblichen Gesichtspunkte tatsächlicher und rechtlicher Art mitgeteilt.

Dabei kann es hier dahingestellt bleiben, ob das FA seine Ermessenserwägungen tatsächlich darauf stützen durfte, dass die Verfolgung zivilrechtlicher Haftungsansprüche gegen ein Bundesland oder einen Mitarbeiter keine Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren rechtfertige, weil es sich hierbei um außersteuerliche Gründe handele. Dieser in Tz. 3 des BMFSchreibens vom 17. Dezember 2008 (BStBl I 2009, 6, auf das Nr. 4 AEAO zu § 91 AO Bezug nimmt) genannte „Ausschlussgrund“ könnte allerdings deshalb gegen das Rechtsstaatsprinzip verstoßen, weil sich der Staat damit generell unter Berufung auf ein Ausforschungsverbot berechtigten zivilrechtlichen Ansprüchen entziehen könnte (vgl. dazu ausführlich Seer, in Tipke/Kruse, Kommentar zur AO und FGO, § 91 AO, Rz. 27 m. w. N.). Letztlich kommt es darauf im Streitfall aber deshalb nicht an, weil das FA weitere Ermessenserwägungen genannt hat, welche seine Entscheidung tragen.

So liegt es nach Überzeugung des Gerichts auf der Hand, dass in einem umfassenden Prüfungsverfahren - indem wie vorliegend wegen der Gewährung des Vorsteuerabzugs die „Lieferanten“ eines Steuerpflichtigen in eine Prüfung einzubeziehen sind - die steuerlichen Verhältnisse Dritter - und damit das nach § 30 AO zu beachtende Steuergeheimnis - betroffen sind. Allein schon aus diesem Grund durfte das FA vorliegend eine Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren ermessensfehlerfrei verweigern.

Darüber hinaus erachtet das Gericht auch das in dem ablehnenden Bescheid vom 20. Juli 2012 genannte Argument der Verzögerung und der Behinderung einer laufenden Prüfung als eine zutreffende Ermessenserwägung des FA zur Verweigerung der Akteneinsicht in diesem Verfahrensstadium. Schon zur Wahrung des Steuergeheimnisses Dritter hätte das FA hier sämtliche Akten im Vorfeld sichten und eventuell aussortieren oder schwärzen müssen, was zweifellos einen erheblichen Aufwand erfordert hätte. Insoweit ist ergänzend zu berücksichtigen, dass das Besteuerungsverfahren ein Massenverfahren darstellt, in dem die Akteneinsicht während des laufenden Verwaltungsverfahrens auch aus Gründen der Verfahrensökonomie (Verwaltungsaufwand) grundsätzlich nicht vorgesehen ist (vgl. dazu Seer, in Tipke/Kruse, Kommentar zur AO und FGO, § 91 AO, Rz. 25 mit Nachweisen auf die Gesetzesmaterialien). Der Steuerpflichtige wird dadurch aber nicht rechtlos gestellt, denn die Besteuerungsgrundlagen werden für ihn immer erst in einem nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens erstellten Steuerbescheid festgestellt, gegen den er mit dem Rechtsbehelf des Einspruchs nach § 347 AO vorgehen kann. Im Verfahren einer Außenprüfung - wie im Streitfall - ist zudem vor dem Erlass von Änderungsbescheiden gemäß § 201 Abs. 1 AO eine Schlussbesprechung über das Ergebnis der Außenprüfung abzuhalten.

b) Im Ergebnis erkennt das Gericht in der ablehnenden Entscheidung des FA keinen Ermessensfehler, so dass es hier auf die weiteren Einwendungen der Klägerin nicht ankommt, auch weil sich diese in weiten Bereichen auf die Vollständigkeit der Akten im finanzgerichtlichen Verfahren - und damit auf einen anderen Verfahrensabschnitt - beziehen. Im vorliegenden Verfahren geht es ausschließlich um die Rechtmäßigkeit einer Ermessensentscheidung über die Gewährung von Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren während einer laufenden Umsatzsteuer-Sonderprüfung.

Im Streitfall mussten die vom FA dem Gericht in dem vorliegenden Verfahren vorgelegten Akten auch nicht sämtliche Unterlagen der Umsatzsteuer-Sonderprüfung, der Steuerfahndungsprüfung und des Strafverfahrens umfassen, denn hier ist nur über die Rechtmäßigkeit einer Ermessensentscheidung über die Versagung einer Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren während einer laufenden Umsatzsteuer-Sonderprüfung zu befinden. Im Hinblick auf diese Entscheidung waren die dem Gericht vom FA vorgelegten Akten ausreichend, zudem ist dem Gericht insbesondere der Bericht der Steuerfahndung vom 9. Juli 2014 vorgelegt worden. Das FA ist nicht verpflichtet, dem Gericht Akten oder Aktenteile zu übermitteln, um deren Einsichtnahme im finanzgerichtlichen Verfahren gestritten wird (vgl. BFH-Beschluss vom 3. Juni 2015 VII S 11/15, BFH/NV 2015, 1100).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision wird nicht zugelassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 FGO vorliegt.

(1) Amtsträger haben das Steuergeheimnis zu wahren.

(2) Ein Amtsträger verletzt das Steuergeheimnis, wenn er

1.
personenbezogene Daten eines anderen, die ihm
a)
in einem Verwaltungsverfahren, einem Rechnungsprüfungsverfahren oder einem gerichtlichen Verfahren in Steuersachen,
b)
in einem Strafverfahren wegen einer Steuerstraftat oder einem Bußgeldverfahren wegen einer Steuerordnungswidrigkeit,
c)
im Rahmen einer Weiterverarbeitung nach § 29c Absatz 1 Satz 1 Nummer 4, 5 oder 6 oder aus anderem dienstlichen Anlass, insbesondere durch Mitteilung einer Finanzbehörde oder durch die gesetzlich vorgeschriebene Vorlage eines Steuerbescheids oder einer Bescheinigung über die bei der Besteuerung getroffenen Feststellungen,
bekannt geworden sind, oder
2.
ein fremdes Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, das ihm in einem der in Nummer 1 genannten Verfahren bekannt geworden ist,
(geschützte Daten) unbefugt offenbart oder verwertet oder
3.
geschützte Daten im automatisierten Verfahren unbefugt abruft, wenn sie für eines der in Nummer 1 genannten Verfahren in einem automationsgestützten Dateisystem gespeichert sind.

(3) Den Amtsträgern stehen gleich

1.
die für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten (§ 11 Abs. 1 Nr. 4 des Strafgesetzbuchs),
1a.
die in § 193 Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes genannten Personen,
2.
amtlich zugezogene Sachverständige,
3.
die Träger von Ämtern der Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind.

(4) Die Offenbarung oder Verwertung geschützter Daten ist zulässig, soweit

1.
sie der Durchführung eines Verfahrens im Sinne des Absatzes 2 Nr. 1 Buchstaben a und b dient,
1a.
sie einer Verarbeitung durch Finanzbehörden nach Maßgabe des § 29c Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 oder 6 dient,
1b.
sie der Durchführung eines Bußgeldverfahrens nach Artikel 83 der Verordnung (EU) 2016/679 im Anwendungsbereich dieses Gesetzes dient,
2.
sie durch Bundesgesetz ausdrücklich zugelassen ist,
2a.
sie durch Recht der Europäischen Union vorgeschrieben oder zugelassen ist,
2b.
sie der Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben des Statistischen Bundesamtes oder für die Erfüllung von Bundesgesetzen durch die Statistischen Landesämter dient,
2c.
sie der Gesetzesfolgenabschätzung dient und die Voraussetzungen für eine Weiterverarbeitung nach § 29c Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 vorliegen,
2d.
sie der Sicherung, Nutzung und wissenschaftlichen Verwertung von Archivgut der Finanzbehörden durch das Bundesarchiv nach Maßgabe des Bundesarchivgesetzes oder durch das zuständige Landes- oder Kommunalarchiv nach Maßgabe des einschlägigen Landesgesetzes oder der einschlägigen kommunalen Satzung dient, sofern die Beachtung der Vorgaben der §§ 6 und 10 bis 14 des Bundesarchivgesetzes im Landesrecht oder in der kommunalen Satzung sichergestellt ist,
3.
die betroffene Person zustimmt,
4.
sie der Durchführung eines Strafverfahrens wegen einer Tat dient, die keine Steuerstraftat ist, und die Kenntnisse
a)
in einem Verfahren wegen einer Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit erlangt worden sind; dies gilt jedoch nicht für solche Tatsachen, die der Steuerpflichtige in Unkenntnis der Einleitung des Strafverfahrens oder des Bußgeldverfahrens offenbart hat oder die bereits vor Einleitung des Strafverfahrens oder des Bußgeldverfahrens im Besteuerungsverfahren bekannt geworden sind, oder
b)
ohne Bestehen einer steuerlichen Verpflichtung oder unter Verzicht auf ein Auskunftsverweigerungsrecht erlangt worden sind,
5.
für sie ein zwingendes öffentliches Interesse besteht; ein zwingendes öffentliches Interesse ist namentlich gegeben, wenn
a)
die Offenbarung erforderlich ist zur Abwehr erheblicher Nachteile für das Gemeinwohl oder einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit, die Verteidigung oder die nationale Sicherheit oder zur Verhütung oder Verfolgung von Verbrechen und vorsätzlichen schweren Vergehen gegen Leib und Leben oder gegen den Staat und seine Einrichtungen,
b)
Wirtschaftsstraftaten verfolgt werden oder verfolgt werden sollen, die nach ihrer Begehungsweise oder wegen des Umfangs des durch sie verursachten Schadens geeignet sind, die wirtschaftliche Ordnung erheblich zu stören oder das Vertrauen der Allgemeinheit auf die Redlichkeit des geschäftlichen Verkehrs oder auf die ordnungsgemäße Arbeit der Behörden und der öffentlichen Einrichtungen erheblich zu erschüttern, oder
c)
die Offenbarung erforderlich ist zur Richtigstellung in der Öffentlichkeit verbreiteter unwahrer Tatsachen, die geeignet sind, das Vertrauen in die Verwaltung erheblich zu erschüttern; die Entscheidung trifft die zuständige oberste Finanzbehörde im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen; vor der Richtigstellung soll der Steuerpflichtige gehört werden.

(5) Vorsätzlich falsche Angaben der betroffenen Person dürfen den Strafverfolgungsbehörden gegenüber offenbart werden.

(6) Der Abruf geschützter Daten, die für eines der in Absatz 2 Nummer 1 genannten Verfahren in einem automationsgestützten Dateisystem gespeichert sind, ist nur zulässig, soweit er der Durchführung eines Verfahrens im Sinne des Absatzes 2 Nummer 1 Buchstabe a und b oder der zulässigen Übermittlung geschützter Daten durch eine Finanzbehörde an die betroffene Person oder Dritte dient. Zur Wahrung des Steuergeheimnisses kann das Bundesministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bestimmen, welche technischen und organisatorischen Maßnahmen gegen den unbefugten Abruf von Daten zu treffen sind. Insbesondere kann es nähere Regelungen treffen über die Art der Daten, deren Abruf zulässig ist, sowie über den Kreis der Amtsträger, die zum Abruf solcher Daten berechtigt sind. Die Rechtsverordnung bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates, soweit sie die Kraftfahrzeugsteuer, die Luftverkehrsteuer, die Versicherungsteuer sowie Einfuhr- und Ausfuhrabgaben und Verbrauchsteuern, mit Ausnahme der Biersteuer, betrifft.

(7) Werden dem Steuergeheimnis unterliegende Daten durch einen Amtsträger oder diesem nach Absatz 3 gleichgestellte Personen nach Maßgabe des § 87a Absatz 4 oder 7 über De-Mail-Dienste im Sinne des § 1 des De-Mail-Gesetzes versendet, liegt keine unbefugte Offenbarung, Verwertung und kein unbefugter Abruf von dem Steuergeheimnis unterliegenden Daten vor, wenn beim Versenden eine kurzzeitige automatisierte Entschlüsselung durch den akkreditierten Diensteanbieter zum Zweck der Überprüfung auf Schadsoftware und zum Zweck der Weiterleitung an den Adressaten der De-Mail-Nachricht stattfindet.

(8) Die Einrichtung eines automatisierten Verfahrens, das den Abgleich geschützter Daten innerhalb einer Finanzbehörde oder zwischen verschiedenen Finanzbehörden ermöglicht, ist zulässig, soweit die Weiterverarbeitung oder Offenbarung dieser Daten zulässig und dieses Verfahren unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen der betroffenen Person und der Aufgaben der beteiligten Finanzbehörden angemessen ist.

(9) Die Finanzbehörden dürfen sich bei der Verarbeitung geschützter Daten nur dann eines Auftragsverarbeiters im Sinne von Artikel 4 Nummer 8 der Verordnung (EU) 2016/679 bedienen, wenn diese Daten ausschließlich durch Personen verarbeitet werden, die zur Wahrung des Steuergeheimnisses verpflichtet sind.

(10) Die Offenbarung besonderer Kategorien personenbezogener Daten im Sinne des Artikels 9 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2016/679 durch Finanzbehörden an öffentliche oder nicht-öffentliche Stellen ist zulässig, wenn die Voraussetzungen der Absätze 4 oder 5 und ein Ausnahmetatbestand nach Artikel 9 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2016/679 oder nach § 31c vorliegen.

(11) Wurden geschützte Daten

1.
einer Person, die nicht zur Wahrung des Steuergeheimnisses verpflichtet ist,
2.
einer öffentlichen Stelle, die keine Finanzbehörde ist, oder
3.
einer nicht-öffentlichen Stelle
nach den Absätzen 4 oder 5 offenbart, darf der Empfänger diese Daten nur zu dem Zweck speichern, verändern, nutzen oder übermitteln, zu dem sie ihm offenbart worden sind. Die Pflicht eines Amtsträgers oder einer ihm nach Absatz 3 gleichgestellten Person, dem oder der die geschützten Daten durch die Offenbarung bekannt geworden sind, zur Wahrung des Steuergeheimnisses bleibt unberührt.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und, soweit die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten es nicht ausschließen, die Zivilprozessordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a sinngemäß anzuwenden; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts und des Bundesgerichtshofs der Bundesfinanzhof und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Finanzgerichtsordnung tritt; die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug sind entsprechend anzuwenden.

(1) Die Verletzung einer das Verfahren und insbesondere die Form einer Prozesshandlung betreffenden Vorschrift kann nicht mehr gerügt werden, wenn die Partei auf die Befolgung der Vorschrift verzichtet, oder wenn sie bei der nächsten mündlichen Verhandlung, die auf Grund des betreffenden Verfahrens stattgefunden hat oder in der darauf Bezug genommen ist, den Mangel nicht gerügt hat, obgleich sie erschienen und ihr der Mangel bekannt war oder bekannt sein musste.

(2) Die vorstehende Bestimmung ist nicht anzuwenden, wenn Vorschriften verletzt sind, auf deren Befolgung eine Partei wirksam nicht verzichten kann.

Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn

1.
das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, außer wenn er der Prozeßführung ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
das Urteil auf eine mündliche Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Klageschrift ist dem Beklagten von Amts wegen zuzustellen. Zugleich mit der Zustellung der Klage ist der Beklagte aufzufordern, sich schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu äußern. Hierfür kann eine Frist gesetzt werden.

(2) Die beteiligte Finanzbehörde hat die den Streitfall betreffenden Akten nach Empfang der Klageschrift an das Gericht zu übermitteln.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.