Finanzgericht Köln Urteil, 11. März 2015 - 2 K 2143/13

ECLI:ECLI:DE:FGK:2015:0311.2K2143.13.00
11.03.2015

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 22.924,91 € festgesetzt.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32

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Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Finanzgerichtsordnung - FGO | § 135


(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werd

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Abgabenordnung - AO 1977 | § 122 Bekanntgabe des Verwaltungsakts


(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. § 34 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Verwaltungsakt kann auch gegenüber einem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden

Abgabenordnung - AO 1977 | § 110 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand


(1) War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen. (2) Der Antrag ist innerhal

Abgabenordnung - AO 1977 | § 355 Einspruchsfrist


(1) Der Einspruch nach § 347 Abs. 1 Satz 1 ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts einzulegen. Ein Einspruch gegen eine Steueranmeldung ist innerhalb eines Monats nach Eingang der Steueranmeldung bei der Finanzbehörde, in den

Abgabenordnung - AO 1977 | § 108 Fristen und Termine


(1) Für die Berechnung von Fristen und für die Bestimmung von Terminen gelten die §§ 187 bis 193 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend, soweit nicht durch die Absätze 2 bis 5 etwas anderes bestimmt ist. (2) Der Lauf einer Frist, die von einer

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Bundesfinanzhof Urteil, 03. Nov. 2010 - VII R 21/10

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Tatbestand 1 I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist im Jahr 1995 durch Verschmelzung Rechtsnachfolgerin der X GmbH geworden. Mit Beitreibungsersuchen vom 1

Bundesfinanzhof Beschluss, 17. März 2010 - X B 114/09

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Gründe 1 Die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat keinen Erfolg. Der von ihnen geltend gemachte Verfahrensmangel, der gemäß § 116 Abs.
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Finanzgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 14. Okt. 2015 - 2 K 1760/14

bei uns veröffentlicht am 14.10.2015

Diese Entscheidung zitiert Tenor I. Unter Aufhebung des ablehnenden Bescheides vom 11. Dezember 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30. April 2013 wird der Beklagte verpflichtet, wegen der sich aus den Einkommensteuerfestsetzung

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(1) War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheidet die Finanzbehörde, die über die versäumte Handlung zu befinden hat.

(1) Der Einspruch nach § 347 Abs. 1 Satz 1 ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts einzulegen. Ein Einspruch gegen eine Steueranmeldung ist innerhalb eines Monats nach Eingang der Steueranmeldung bei der Finanzbehörde, in den Fällen des § 168 Satz 2 innerhalb eines Monats nach Bekanntwerden der Zustimmung, einzulegen.

(2) Der Einspruch nach § 347 Abs. 1 Satz 2 ist unbefristet.

(1) Ein Verwaltungsakt ist demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. § 34 Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden. Der Verwaltungsakt kann auch gegenüber einem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden. Er soll dem Bevollmächtigten bekannt gegeben werden, wenn der Finanzbehörde eine schriftliche oder eine nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz elektronisch übermittelte Empfangsvollmacht vorliegt, solange dem Bevollmächtigten nicht eine Zurückweisung nach § 80 Absatz 7 bekannt gegeben worden ist.

(2) Ein schriftlicher Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, gilt als bekannt gegeben

1.
bei einer Übermittlung im Inland am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post,
2.
bei einer Übermittlung im Ausland einen Monat nach der Aufgabe zur Post,
außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(2a) Ein elektronisch übermittelter Verwaltungsakt gilt am dritten Tage nach der Absendung als bekannt gegeben, außer wenn er nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsakts und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

(3) Ein Verwaltungsakt darf öffentlich bekannt gegeben werden, wenn dies durch Rechtsvorschrift zugelassen ist. Eine Allgemeinverfügung darf auch dann öffentlich bekannt gegeben werden, wenn eine Bekanntgabe an die Beteiligten untunlich ist.

(4) Die öffentliche Bekanntgabe eines Verwaltungsakts wird dadurch bewirkt, dass sein verfügender Teil ortsüblich bekannt gemacht wird. In der ortsüblichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo der Verwaltungsakt und seine Begründung eingesehen werden können. Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach dem Tag der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. In einer Allgemeinverfügung kann ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden.

(5) Ein Verwaltungsakt wird zugestellt, wenn dies gesetzlich vorgeschrieben ist oder behördlich angeordnet wird. Die Zustellung richtet sich vorbehaltlich der Sätze 3 und 4 nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes. Für die Zustellung an einen Bevollmächtigten gilt abweichend von § 7 Absatz 1 Satz 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes Absatz 1 Satz 4 entsprechend. Erfolgt die öffentliche Zustellung durch Bekanntmachung einer Benachrichtigung auf der Internetseite oder in einem elektronischen Portal der Finanzbehörden, können die Anordnung und die Dokumentation nach § 10 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 5 des Verwaltungszustellungsgesetzes elektronisch erfolgen.

(6) Die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts an einen Beteiligten zugleich mit Wirkung für und gegen andere Beteiligte ist zulässig, soweit die Beteiligten einverstanden sind; diese Beteiligten können nachträglich eine Abschrift des Verwaltungsakts verlangen.

(7) Betreffen Verwaltungsakte

1.
Ehegatten oder Lebenspartner oder
2.
Ehegatten mit ihren Kindern, Lebenspartner mit ihren Kindern oder Alleinstehende mit ihren Kindern,
so reicht es für die Bekanntgabe an alle Beteiligten aus, wenn ihnen eine Ausfertigung unter ihrer gemeinsamen Anschrift übermittelt wird. Die Verwaltungsakte sind den Beteiligten einzeln bekannt zu geben, soweit sie dies beantragt haben oder soweit der Finanzbehörde bekannt ist, dass zwischen ihnen ernstliche Meinungsverschiedenheiten bestehen.

(1) Für die Berechnung von Fristen und für die Bestimmung von Terminen gelten die §§ 187 bis 193 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend, soweit nicht durch die Absätze 2 bis 5 etwas anderes bestimmt ist.

(2) Der Lauf einer Frist, die von einer Behörde gesetzt wird, beginnt mit dem Tag, der auf die Bekanntgabe der Frist folgt, außer wenn der betroffenen Person etwas anderes mitgeteilt wird.

(3) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit dem Ablauf des nächstfolgenden Werktags.

(4) Hat eine Behörde Leistungen nur für einen bestimmten Zeitraum zu erbringen, so endet dieser Zeitraum auch dann mit dem Ablauf seines letzten Tages, wenn dieser auf einen Sonntag, einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend fällt.

(5) Der von einer Behörde gesetzte Termin ist auch dann einzuhalten, wenn er auf einen Sonntag, gesetzlichen Feiertag oder Sonnabend fällt.

(6) Ist eine Frist nach Stunden bestimmt, so werden Sonntage, gesetzliche Feiertage oder Sonnabende mitgerechnet.

(1) War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheidet die Finanzbehörde, die über die versäumte Handlung zu befinden hat.

Gründe

1

Die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat keinen Erfolg. Der von ihnen geltend gemachte Verfahrensmangel, der gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) eine Zulassung der Revision ermöglichen würde, liegt nicht vor.

2

1. Nach der Rechtsprechung ist ein Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO auch dann gegeben, wenn das Finanzgericht (FG) fehlerhaft statt eines Sachurteils ein Prozessurteil erlässt (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10. Januar 2002 IV B 32/01, BFH/NV 2002, 927, sowie vom 6. Juli 1988 II B 183/87, BFHE 153, 509, BStBl II 1988, 897, und Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 78, m.w.N.). Ob dieses bei jedem Irrtum in der Auslegung verfahrensrechtlicher Vorschriften gilt oder nur, wenn der Irrtum das Verfahren des Gerichts bei der Urteilsfindung beeinflusst hat (so BFH-Beschlüsse vom 26. Februar 1970 IV B 93/69, BFHE 99, 6, BStBl II 1970, 545, und vom 24. Mai 1988 IV B 125/87, BFH/NV 1989, 175), insbesondere bei fehlerhafter Entscheidung über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (vgl. etwa Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Juli 2003  4 B 83/02, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Rechtsprechungsreport 2003, 901; Gräber/Stapperfend, a.a.O., § 56 Rz 65; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 78; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, § 115 FGO Rz 234; offen gelassen etwa in BFH-Beschlüssen vom 19. August 2004 II B 79/03, BFH/NV 2004, 1670, und vom 26. September 2005 VIII B 293/03, BFH/NV 2006, 109), kann im vorliegenden Fall dahinstehen. Das FG hat zu Recht die Wiedereinsetzung der Kläger in den vorigen Stand abgelehnt.

3

2. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden an der Einhaltung einer gesetzlichen Frist gehindert war (§ 56 Abs. 1 FGO). Eine Fristversäumnis ist nur dann als entschuldigt anzusehen, wenn sie durch die äußerste, den Umständen des Falles angemessene und vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht verhindert werden konnte (z.B. BFH-Urteil vom 13. Juli 1995 V R 51/94, BFH/NV 1996, 193, m.w.N.).

4

Die von den Klägern geltend gemachten Gründe --mangelnde Sprach- und Rechtskenntnisse-- vermögen die Versäumung der Einspruchsfrist nicht zu entschuldigen.

5

a) Die Amtssprache ist gemäß § 87 der Abgabenordnung (AO) deutsch. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) war daher verpflichtet, den Steuerbescheid in deutscher Sprache abzufassen. Das gilt auch für die Rechtsbehelfsbelehrung, die dem Steuerbescheid beigefügt war und die die Einspruchsfrist von einem Monat (§ 355 Abs. 1 Satz 1, § 356 Abs. 1 AO) in Gang gesetzt hat (vgl. BFH-Urteil vom 9. März 1976 VII R 102/75, BFHE 118, 294, BStBl II 1976, 440). Zwar darf eine unzureichende Kenntnis der deutschen Sprache nicht dazu führen, dass der Anspruch des Beteiligten auf rechtliches Gehör (Art. 103 des Grundgesetzes --GG--) verkürzt oder sein Anspruch auf Gleichbehandlung mit anderen, der deutschen Sprache mächtigen Beteiligten (Art. 3 GG) verletzt wird. Deshalb sind Sprachschwierigkeiten des Beteiligten bei der Prüfung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand angemessen zu berücksichtigen (vgl. auch BFH-Beschluss vom 21. Mai 1997 VII S 37/96, BFH/NV 1997, 634; Söhn in HHSp, § 110 AO Rz 179).

6

Aber auch der der Amtssprache nicht mächtige Beteiligte hat --wie jeder andere Beteiligte-- die ihm in eigener Sache obliegenden Sorgfaltspflichten zu erfüllen. Diese Sorgfaltspflicht besteht für den der Amtssprache Unkundigen darin, sich in angemessener Zeit eine Übersetzung der ihm zugehenden amtlichen Schriftstücke zu verschaffen und dann entsprechend zu reagieren. Denn auch ohne dass er dessen Inhalt kennt, muss der Adressat eines amtlichen Schriftstücks damit rechnen, dass die Behörde mit dem Schriftstück einen Anspruch gegen ihn geltend macht oder eine Sanktion gegen ihn verhängt und gleichzeitig mit der Bekanntgabe des Schriftstücks eine Frist in Lauf gesetzt wird, innerhalb derer der Betroffene sich gegen die Verfügung wenden kann und zur Vermeidung von Nachteilen wenden muss (vgl. BFH-Urteil in BFHE 118, 294, BStBl II 1976, 440).

7

Die Kläger haben dieser Sorgfaltspflicht nicht genügt. Selbst wenn sie der deutschen Sprache nicht ausreichend mächtig gewesen sein sollten, um den Inhalt der Einspruchsentscheidung und insbesondere die Rechtsbehelfsbelehrung zu verstehen --was aber im Hinblick auf die in ihrem Schreiben vom 24. Juli 2008 an das FG zu erkennende Qualität ihrer Sprachkenntnisse wenig wahrscheinlich ist--, konnten sie dem Einspruchsbescheid vom 11. Juni 2008 entnehmen, dass es sich um eine Entscheidung der Finanzbehörde handelte. Bei Zweifeln über den Inhalt der Entscheidung hätten sie sich unverzüglich um eine Übersetzung oder um eine Erläuterung bemühen müssen. Dies gilt umso mehr, als es in dem Verfahren um nicht unerhebliche Beträge ging. Dass sie sich um eine Übersetzung des Bescheides bemüht haben, wurde von den Klägern nicht dargelegt.

8

b) Bei einem rechtsunkundigen Steuerpflichtigen kann ebenfalls ein Rechtsirrtum über Verfahrensfragen zur Wiedereinsetzung führen. Voraussetzung ist auch hier, dass der Steuerpflichtige Zweifel, die bei ihm hätten aufkommen müssen, rechtzeitig klärt (z.B. BFH-Beschluss vom 23. Juli 1992 VIII R 73/91, BFH/NV 1993, 40).

9

Selbst wenn die Kläger ursprünglich --zu Unrecht-- der Auffassung gewesen sein sollten, das Aussetzungsverfahren sei noch nicht beendet gewesen, mussten sich wegen der eindeutigen Rechtsbehelfsbelehrung in der Einspruchsentscheidung sowie dem darin enthaltenen Hinweis, dass die Aussetzung der Vollziehung am 13. Juni 2008 ende, Zweifel an ihrer Rechtsauffassung aufdrängen. Um diese auszuräumen, hätten sie entweder ihre Steuerberaterin oder Herrn S, der ihnen in dem Aussetzungsverfahren vor dem FG, 7 V 4426/07, zur Seite gestanden hatte, über das Verhältnis vom Aussetzungsverfahren zum Einspruchsverfahren sowie die Möglichkeiten, gegen die Einspruchsentscheidung vorzugehen, befragen können. Auch dieses haben die Kläger unterlassen.

10

c) An dem Vorwurf der fehlenden Sorgfalt der Kläger ändert sich auch nichts dadurch, dass sie sich nach Erhalt der Einspruchsentscheidung in Schreiben vom 17. Juni 2008 und 29. Juni 2008 an das FA gewandt und um Klärung der Angelegenheit gebeten haben. Die Antwort des FA vom 23. Juni 2008, die damit noch innerhalb der Rechtmittelfrist erfolgt ist, zeigt insbesondere mit der Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung vom 11. Juni 2008, dass für das FA die inhaltliche Diskussion der steuerlichen Behandlung der Objekte L und B in T in den Streitjahren beendet gewesen ist. Die Kläger konnten aus diesem Verhalten des FA nicht ableiten, dass die Einspruchsentscheidung mit der Rechtsbehelfsbelehrung für sie nicht mehr gelten sollte.

11

Da die Kläger somit ihre Angelegenheiten in Bezug auf die Einspruchsentscheidung nicht mit der ihnen obliegenden Sorgfalt behandelt haben, müssen sie sich die Versäumung der Klagefrist als Verschulden zurechnen lassen, so dass das FG die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu Recht abgelehnt hat.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist im Jahr 1995 durch Verschmelzung Rechtsnachfolgerin der X GmbH geworden. Mit Beitreibungsersuchen vom 14. Dezember 2004 bat die italienische Zollverwaltung den Beklagten und Revisionsbeklagten (das Hauptzollamt --HZA--) um Vollstreckung einer Forderung aus einer im Oktober 1995 der X GmbH an ihrem Sitz in Deutschland zugestellten Zahlungsaufforderung eines Zollamts (ZA) in Italien vom 26. Mai 1995. In dem Beitreibungsersuchen war ein Urteil eines italienischen Oberlandesgerichts vom November 2000 als neuer vollstreckbarer Titel bezeichnet, das in beglaubigter Kopie mit einer Übersetzung ins Deutsche beigefügt war. Das italienische Oberlandesgericht bestätigte das Urteil eines italienischen Gerichts erster Instanz, mit dem die Klage der Klägerin gegen die Zahlungsaufforderung des italienischen ZA aufgrund verspäteter Einlegung eines Rechtsbehelfs abgewiesen worden ist. In dem Beitreibungsersuchen waren u.a. der geschuldete Betrag sowie Zinsen und Kosten, der Zeitpunkt der Vollstreckbarkeit und das Bekanntgabedatum des Vollstreckungstitels benannt. Zudem wurde bestätigt, dass die in Art. 7 Abs. 2 Buchst. a und b der Richtlinie 76/308/EWG (RL 76/308/EWG) des Rates vom 15. März 1976 über die gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung von Forderungen im Zusammenhang mit Maßnahmen, die Bestandteil des Finanzierungssystems des Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft sind, sowie von Abschöpfungen und Zöllen --Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften (ABlEG) Nr. L 73/18-- (inzwischen ersetzt durch die Richtlinie 2008/55/EG des Rates vom 26. Mai 2008 über die gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung von Forderungen in Bezug auf bestimmte Abgaben, Zölle, Steuern und sonstige Maßnahmen, Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 150/28) genannten Voraussetzungen erfüllt sind.

2

Das HZA forderte die Klägerin zur Zahlung des von den italienischen Behörden angeforderten Betrags auf und kündigte mit Schreiben vom 7. April 2005 die Vollstreckung an. Nachdem das HZA aufgrund der Hinterlegung einer Bürgschaftsurkunde die bereits eingeleiteten Vollstreckungsmaßnahmen mit Bescheid vom 25. Mai 2005 einstweilen ausgesetzt und Vollstreckungsaufschub gewährt hatte, und nachdem die italienische Zollverwaltung der Bundesfinanzdirektion Mitte mitgeteilt hatte, dass die von der Klägerin bei der obersten Dienststelle des ZA eingelegte Verwaltungsbeschwerde abgewiesen worden sei, erging mit Schreiben vom 26. März 2008 eine weitere Zahlungsaufforderung mit dem Hinweis an die Klägerin, dass die zur Sicherheit hinterlegte Bürgschaftsurkunde verwertet werde, wenn bis zum 15. April 2008 keine Zahlung erfolgt sei.

3

Einspruch und Klage gegen die Androhung der Bürgschaftsverwertung hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) urteilte, dass das HZA die Verwertung zu Recht angekündigt habe (vgl. Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern 2010, Beilage 3, 33). Sämtliche Voraussetzungen für eine Vollstreckung nach dem Gesetz zur Durchführung der EG-Beitreibungsrichtlinie seien im Streitfall erfüllt. Es liege ein vollstreckbarer Titel vor, der sich aus dem Urteil des italienischen Oberlandesgerichts ergebe, das die Rechtmäßigkeit der an die Klägerin gerichteten Zahlungsaufforderung bestätigt habe. Ferner habe die ersuchende Behörde bestätigt, dass die in Art. 7 Abs. 2 Buchst. a und b RL 76/308/EWG genannten Voraussetzungen erfüllt seien. Unstreitig sei zwischen den Beteiligten, dass der Rechtsweg in Italien erschöpft sei. Es könne dahinstehen, ob die Klägerin einen Steuerbescheid erhalten habe. Denn das Urteil des italienischen Oberlandesgerichts trete an die Stelle des erforderlichen vollziehbaren Verwaltungsakts i.S. des § 251 Abs. 1 der Abgabenordnung. Ebenso wenig sei entscheidungserheblich, ob die Zahlungsaufforderung rechtmäßig zustande gekommen oder von den italienischen Gerichten zu Recht bestätigt worden sei. Der Hilfsantrag der Klägerin, der auf die Feststellung der Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des italienischen Oberlandesgerichts gerichtet sei, sei zwar zulässig, jedoch könne er der Klage deshalb nicht zum Erfolg verhelfen, weil die Zwangsvollstreckung auf der Grundlage des Urteils dieses Gerichts zulässig sei.

4

Mit ihrer Revision begehrt die Klägerin die Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und der angefochtenen Verwaltungsentscheidungen sowie die Feststellung, dass die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des italienischen Oberlandesgerichts unzulässig ist. Zur Begründung trägt sie vor, dass die Entscheidung des italienischen Oberlandesgerichts ihren Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--) verletze. Die Zahlungsaufforderung sei ohne Begründung und ohne Rechtsmittelbelehrung in italienischer Sprache ergangen. Deshalb habe der an sich gebotene Rechtsbehelf innerhalb von 15 Tagen nicht fristgemäß eingelegt werden können. Nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 14. Januar 2010 C-233/08 (Europäische Zeitschrift für Wirtschaft --EuZW-- 2010, 146) sei dem Empfänger eines Vollstreckungstitels dieser Titel in einer Amtssprache des Mitgliedstaats zuzustellen, in dem die ersuchte Behörde ihren Sitz habe. Zu Unrecht sei die Klage von den italienischen Gerichten allein aufgrund der Verfristung als unzulässig abgewiesen worden. Das Urteil des italienischen Oberlandesgerichts trage den rechtswidrigen Verwaltungsakt in sich. Somit verstoße die Vollstreckung aus diesem Urteil gegen wesentliche Grundsätze der deutschen Rechtsordnung. Daraufhin sei das Urteil des italienischen Oberlandesgerichts auch von einem deutschen Gericht überprüfbar. Einen Steuerbescheid (sog. Iscrizione a Ruolo) habe die italienische Zollverwaltung nie erlassen. Gegenstand der gerichtlichen Verfahren in Italien sei lediglich eine Zahlungsaufforderung gewesen (sog. Ingiunzione di Pagamento). Selbst nach italienischem Recht setze die Vollstreckung einen nicht angefochtenen oder einen für vollstreckbar erklärten Steuerbescheid voraus.

5

Das HZA schließt sich der Auffassung des FG an. Bei der Prüfung, ob ein ausländisches Urteil oder ein ausländischer Vollstreckungstitel der öffentlichen Ordnung widerspreche, sei nicht auf den nationalen ordre public, sondern auf den großzügigeren ordre public international abzustellen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs --BGH-- (Urteil vom 21. April 1998 XI ZR 377/97, BGHZ 138, 331) sei maßgeblich, ob das Ergebnis ausländischen Rechts im konkreten Fall zu den Grundgedanken der deutschen Regelung und den in ihnen enthaltenen Gerechtigkeitsvorstellungen in so starkem Widerspruch stehe, dass es nach deutscher Vorstellung untragbar erscheine. Auch nach der Rechtsprechung des EuGH zur ordre public Klausel in Art. 27 Nr. 1 des Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Übereinkommen 72/454/EWG) vom 27. September 1968 (ABlEG 1972, Nr. L 299/32) komme die Anwendung dieser Klausel nur dann in Betracht, wenn die Anerkennung oder Vollstreckung der in einem anderen Staat erlassenen Entscheidung gegen einen wesentlichen Rechtsgrundsatz verstieße und deshalb in einem nicht hinnehmbaren Gegensatz zur Rechtsordnung des Vollstreckungsstaats stünde. Das Gericht des Vollstreckungsstaats habe grundsätzlich davon auszugehen, dass das in jedem Vertragsstaat eingerichtete Rechtsbehelfssystem den Rechtsbürgern eine ausreichende Garantie biete. Im Streitfall sei der Gehörsanspruch der Klägerin nicht verletzt worden, so dass ein Verstoß gegen den ordre public nicht vorliege. Es sei davon auszugehen, dass die Klägerin als Spedition Erfahrungen im internationalen Verkehr habe. Sie hätte das ihr von der deutschen Zollverwaltung zugestellte Schriftstück umgehend übersetzen und dessen Bedeutung rechtzeitig erkennen müssen. Die relativ kurze Rechtsbehelfsfrist von 14 Tagen sei für jemanden, der am geschäftlichen Verkehr teilnehme, nicht unzumutbar.

6

Ob die italienische Zahlungsaufforderung eine Rechtsbehelfsbelehrung hätte enthalten müssen, sei allein nach italienischem Recht zu beantworten. Die Zustellung sei im Rahmen der internationalen Amtshilfe erfolgt, nämlich nach dem Übereinkommen vom 7. September 1967 zwischen Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und den Niederlanden über gegenseitige Unterstützung ihrer Zollverwaltungen (BGBl II 1969, 66). Aus Art. 17 dieses Übereinkommens lasse sich nicht entnehmen, dass der italienischen Zahlungsaufforderung eine Übersetzung in die deutsche Sprache hätte beigefügt werden müssen. Schließlich habe die Klägerin in Italien den Rechtsweg beschritten. Für die Überprüfung des Vollstreckungstitels einschließlich seiner Zustellung seien weiterhin ausschließlich die italienischen Behörden zuständig. Es könne sein, dass durch die in Italien durchgeführten Gerichtsverfahren ein etwaiger Mangel aufgrund der fehlenden Übersetzung geheilt worden sei.

Entscheidungsgründe

7

II. Die Revision der Klägerin ist begründet und führt zur Aufhebung des Urteils des FG und zur Zurückverweisung der Sache an dieses zur erneuten Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das Urteil des FG verletzt Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO). Das FG hat verkannt, dass die Bestimmungen der RL 76/308/EWG einer im Streitfall gebotenen Prüfung auf einen Verstoß gegen den ordre public nicht entgegenstehen.

8

1. Gemäß der in Art. 12 RL 76/308/EWG festgelegten Kompetenzverteilung zwischen den Mitgliedstaaten ist ein Rechtsbehelf gegen die Forderung oder den Vollstreckungstitel in dem Mitgliedstaat einzulegen, in dem die ersuchende Behörde ihren Sitz hat; dagegen sind Rechtsbehelfe gegen Vollstreckungsmaßnahmen der ersuchten Behörde in dem Mitgliedstaat einzulegen, in dem sich die ersuchte Behörde befindet. Die Zuweisung der Zuständigkeiten trägt dem Umstand Rechnung, dass der Steuerbescheid und der Vollstreckungstitel nach den Rechtsvorschriften desjenigen Mitgliedstaats erlassen bzw. erwirkt worden sind, in dem die ersuchende Behörde ihren Sitz hat. Auf den nationalen Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats, der um die Vollstreckung ersucht wird, beruhen die von diesem durchzuführenden Vollstreckungsmaßnahmen. Wie der EuGH entschieden hat, erlaubt es diese Zuständigkeitsverteilung der ersuchten Behörde grundsätzlich nicht, die Wirksamkeit und die Vollstreckbarkeit der Handlung oder der Entscheidung, um deren Zustellung von der ersuchenden Behörde ersucht wird, in Frage zu stellen (EuGH-Urteil in EuZW 2010, 146).

9

Allerdings gilt dieser Grundsatz nicht ausnahmslos. Der EuGH hat anerkannt, dass in besonderen Fällen die Instanzen des Mitgliedstaats, in dem die ersuchte Behörde ihren Sitz hat, zur Prüfung befugt sind, ob die Vollstreckung dieses Titels insbesondere die öffentliche Ordnung dieses Mitgliedstaats beeinträchtigte, und dass sie auch die Befugnis haben, gegebenenfalls die Gewährung der Unterstützung ganz oder teilweise zu versagen oder sie von der Einhaltung bestimmter Voraussetzungen abhängig zu machen. Es sei kaum denkbar, dass ein Vollstreckungstitel von einem Mitgliedstaat vollstreckt werde, wenn diese Vollstreckung seine öffentliche Ordnung beeinträchtigen könnte. Im Übrigen sei die Einrede der öffentlichen Ordnung in Art. 4 Abs. 3 RL 76/308/EWG ausdrücklich vorgesehen (EuGH-Urteil in EuZW 2010, 146). Daraus folgt, dass allein die Übermittlung eines --evtl. gerichtlich bestätigten-- ausländischen Steuerbescheids oder Vollstreckungstitels eine Überprüfung auf einen Verstoß gegen den ordre public nicht ausschließt (zu einer entsprechenden Befugnis des Gerichts bei Anwendung des Vertrags zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über Rechts- und Amtshilfe in Zoll-, Verbrauchsteuer- und Monopolangelegenheiten vom 11. September 1970 --RHV-- vgl. Senatsentscheidung vom 21. Februar 1978 VII R 49/74, BFHE 124, 480).

10

Das FG hat diese Prüfung zu Unrecht unterlassen, obwohl der von der Klägerin vorgetragene Sachverhalt dazu Anlass gegeben hätte. Die vom FG getroffenen Feststellungen erlauben es dem erkennenden Senat auch nicht zu entscheiden, dass durch die Vollstreckung der ordre public nicht beeinträchtigt würde.

11

2. Der Begriff der öffentlichen Ordnung wird durch die RL 76/308/EWG nicht definiert. Anhaltspunkte für seine Deutung lassen sich den entsprechenden Regelungen in internationalen Abkommen und der hierzu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung entnehmen. Eine Art. 4 Abs. 3 RL 76/308/EWG vergleichbare ordre public Klausel findet sich in mehreren Vollstreckungs- und Rechtshilfeabkommen.

12

a) Art. 27 Nr. 1 des Übereinkommens 72/454/EWG bestimmt, dass eine Entscheidung nicht anzuerkennen ist, wenn die Anerkennung der öffentlichen Ordnung des Staates, in dem sie geltend gemacht wird, widerspräche. In Bezug auf diese Regelung hat der EuGH ausgeführt, dass die Mitgliedstaaten selbst festlegen könnten, welche Anforderungen sich nach ihren innerstaatlichen Anschauungen aus ihrer öffentlichen Ordnung ergeben. Allerdings komme eine Anwendung der Klausel nur dann in Betracht, wenn die Anerkennung oder Vollstreckung der in einem anderen Vertragsstaat erlassenen Entscheidung gegen einen wesentlichen Rechtsgrundsatz verstieße und deshalb in einem nicht hinnehmbaren Gegensatz zur Rechtsordnung des Vollstreckungsstaats stünde. Damit das Verbot der Nachprüfung der ausländischen Entscheidung auf ihre Gesetzmäßigkeit gewahrt bleibe, müsse es sich bei diesem Verstoß um eine offensichtliche Verletzung einer in der Rechtsordnung des Vollstreckungsstaats als wesentlich geltenden Rechtsnorm oder eines dort als grundlegend anerkannten Rechts handeln, so dass mögliche Rechtsfehler nicht ausreichten (EuGH-Urteil vom 11. Mai 2000 C-38/98, Slg. 2000, I-2973).

13

b) Auch deutsche Revisionsgerichte haben in mehreren Entscheidungen zur Auslegung und zum Anwendungsbereich von ordre public Klauseln Stellung genommen. Gemäß Art. 4 RHV kann Rechts- und Amtshilfe u.a. verweigert werden, wenn der ersuchte Staat der Ansicht ist, die Erledigung des Ersuchens sei geeignet, die öffentliche Ordnung (ordre public) zu beeinträchtigen. Wie der Senat entschieden hat, eröffnet diese Klausel für das FG die Möglichkeit zur Prüfung, ob für die deutsche Behörde ein Anlass bestanden hätte, der ersuchenden österreichischen Behörde die Rechts- und Amtshilfe zu verweigern, etwa wegen begründeter Bedenken gegen die Rechtsstaatlichkeit des österreichischen Verfahrens bei der Entscheidung über den Anspruch oder seine Vollstreckbarkeit und wegen der Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland gegenüber ihren Bürgern aus den Grundrechtsvorschriften der Art. 1 bis 19 sowie der Art. 101 und 103 GG (Senatsurteil in BFHE 124, 480, 484).

14

In Bezug auf Art. 2 Nr. 1 des Vertrags zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Vergleichen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen vom 6. Juni 1959 (BGBl II 1960, 1246) hat der BGH geurteilt, dass nicht auf den ordre public interne, sondern auf den großzügigeren anerkennungsrechtlichen ordre public international abzustellen sei. Mit diesem sei ein ausländisches Urteil nicht schon dann unvereinbar, wenn der deutsche Richter --hätte er den Prozess entschieden-- aufgrund zwingenden deutschen Rechts zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre. Maßgeblich sei vielmehr, ob das Ergebnis der Anwendung ausländischen Rechts im konkreten Fall zu den Grundgedanken der deutschen Regelungen und den in ihnen enthaltenen Gerechtigkeitsvorstellungen in so starkem Widerspruch stehe, dass es nach deutscher Vorstellung untragbar erscheine (BGH-Urteile in BGHZ 138, 331, und vom 4. Juni 1992 IX ZR 149/91, BGHZ 118, 312).

15

Hinsichtlich des verfahrensrechtlichen ordre public in Art. 34 Nr. 1 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen bzw. Art. 5 Nr. 1 des Haager Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen vom 2. Oktober 1973 hat der BGH bestätigt, dass der Vorbehalt des ordre public nur in Ausnahmefällen eingreife. Eine Vollstreckbarerklärung könne insbesondere nicht schon deshalb versagt werden, weil die ausländische Entscheidung in einem Verfahren erlassen worden sei, das von zwingenden Vorschriften des deutschen Prozessrechts abweiche. Ein Versagungsgrund sei vielmehr nur dann gegeben, wenn das Urteil des ausländischen Gerichts aufgrund eines Verfahrens ergangen sei, das von den Grundsätzen des deutschen Verfahrensrechts in einem solchen Maß abweiche, dass es nicht als in einem geordneten rechtsstaatlichen Verfahren ergangen angesehen werden könne (BGH-Urteil vom 26. August 2009 XII ZB 169/07, BGHZ 182, 188; hinsichtlich der Anerkennung ausländischer Schiedssprüche BGH-Urteil vom 15. Mai 1986 III ZR 192/84, BGHZ 98, 70).

16

3. Im Streitfall rügt die Revision zu Recht, dass das FG zu Unrecht einen Verstoß gegen den ordre public nicht in Betracht gezogen, sondern sich mit der Feststellung begnügt hat, dass es sich bei dem Urteil des italienischen Oberlandesgerichts um einen Vollstreckungstitel handele und die Klägerin den Rechtsweg in Italien ausgeschöpft habe.

17

Der Senat hält es daher für geboten, die Sache an das FG zurückzugeben, um diesem eine erneute Prüfung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu ermöglichen.

18

Unter Berücksichtigung der dargestellten Rechtsprechung zum Begriff der öffentlichen Ordnung (ordre public) wird das FG im zweiten Rechtsgang den Vollstreckungstitel daraufhin zu überprüfen haben, ob eine Vollstreckung in Deutschland die öffentliche Ordnung beeinträchtigte. Dies wäre dann anzunehmen, wenn der Vollstreckungstitel in einem nicht hinnehmbaren Gegensatz zu grundlegenden Prinzipien der deutschen Rechtsordnung stünde, so dass das Ergebnis der Anwendung ausländischen Rechts nach deutschen Gerechtigkeitsvorstellungen untragbar erschiene. Dabei wird es nach Auffassung des erkennenden Senats entscheidend darauf ankommen, ob die Rechtsvorgängerin der Klägerin eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hätte erwirken können und ob sie sich in zumutbarer Weise darum bemüht hat.

19

a) Im Streitfall ist einerseits zu berücksichtigen, dass es sich bei der Rechtsvorgängerin der Klägerin nicht um eine Privatperson, sondern um ein Speditionsunternehmen gehandelt hat, das in die Gemeinschaft eingeführte Waren durch mehrere Staaten --u.a. auch durch Italien-- beförderte. Von einem solchen Unternehmen kann erwartet werden, dass einem von den deutschen Zollbehörden zugestellten Schreiben, selbst wenn es in italienischer Sprache abgefasst ist, Beachtung geschenkt wird. Denn die Annahme ist nicht fernliegend, dass es in Verbindung mit einer geschäftlichen Transaktion, z.B. mit einem grenzüberschreitend durchgeführten Transport, steht. Die Rechtsvorgängerin der Klägerin hätte demnach nicht untätig bleiben, sondern sich in angemessener Zeit um eine Übersetzung bemühen müssen, um zeitnah Kenntnis vom Inhalt des Schriftstücks zu erlangen. Den Inhalt des Schreibens hätte sie schließlich zum Anlass nehmen müssen, weitere Erkundigungen einzuziehen. Andererseits ist im Streitfall jedoch dem Umstand besondere Beachtung zu schenken, dass ausweislich der deutschen Übersetzung des Urteils des italienischen Oberlandesgerichts die Frist für die Anfechtung eines "Zahlungsbefehls in Zollsachen" mit 15 Tagen relativ kurz bemessen war. Zudem geht es um die Anwendung ausländischen Rechts und um Zollrecht, einer speziellen und nicht leicht verständlichen Materie des Abgabenrechts. Die fehlende Übersetzung und die fehlende Rechtsmittelbelehrung lassen eine Fristüberschreitung entschuldbar erscheinen, so dass nach deutschem Rechtsverständnis eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht gekommen wäre.

20

Für das Strafbefehlsverfahren hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschieden, dass ein der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtiger Ausländer, dem ein Strafbefehl in deutscher Sprache ohne eine verständliche Belehrung über den Rechtsbehelf des Einspruchs zugestellt worden ist, im Falle des Fristversäumnisses nicht anders behandelt werden kann, als wenn die Rechtsmittelbelehrung unterblieben ist mit der Folge, dass Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden muss (BVerfG-Beschlüsse vom 10. Juni 1975  2 BvR 1074/74, BVerfGE 40, 95, und vom 7. April 1976  2 BvR 728/75, BVerfGE 42, 120). Auch nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) darf eine unzureichende Kenntnis der deutschen Sprache nicht dazu führen, dass der Anspruch des Beteiligten auf rechtliches Gehör verkürzt wird; deshalb sind Sprachschwierigkeiten des Beteiligten bei der Prüfung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand angemessen zu berücksichtigen (BFH-Beschluss vom 21. Mai 1997 VII S 37/96, BFH/NV 1997, 634).

21

Aus den Akten geht indes nicht hervor, innerhalb welchen Zeitraums sich die Klägerin um eine Übersetzung der Zahlungsaufforderung und um die für die Einlegung des Rechtsbehelfs erforderlichen Rechtsauskünfte bemüht hat. Feststellungen hierzu hat das FG nicht getroffen. Im zweiten Rechtsgang wird das FG deshalb den Fragen nachgehen müssen, ob nach italienischem Recht die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bestanden hat, ob und innerhalb welchen Zeitraums die Rechtsvorgängerin der Klägerin einen entsprechenden Antrag gestellt und Gründe für eine unverschuldete Fristversäumung geltend gemacht hat und ob diese Einwendungen von den italienischen Behörden bzw. Gerichten berücksichtigt worden sind.

22

Sollte eine Art Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach italienischem Recht überhaupt nicht möglich gewesen sein, ist der erkennende Senat der Auffassung, dass ein Verstoß gegen den ordre public vorliegt, der einer Vollstreckung der geltend gemachten Forderung entgegenstünde. Das Gleiche gilt, wenn sich herausstellen sollte, dass ein substantiiert und zeitnah gestellter Antrag, die Fristversäumnis zu entschuldigen, weil sie darauf beruhe, dass sich die Klägerin trotz aller entsprechenden zumutbaren Bemühungen Kenntnis vom Inhalt der ihr zugestellten italienischen Zahlungsaufforderung nicht habe verschaffen können, unbeachtet geblieben ist. In diese Richtung deutet der Senat das Vorbringen der Klägerin in der Tatsacheninstanz. Der Vortrag der Klägerin hätte das FG daher veranlassen müssen, dieser Frage nachzugehen.

23

b) Die fehlende Rechtsbehelfsbelehrung allein hält der erkennende Senat indes nicht für ausreichend, um einen Verstoß gegen den ordre public zu begründen (vgl. zum Erfordernis einer Rechtsmittelbelehrung nach deutscher höchstrichterlicher Rechtsprechung in Sachen, die kein Steuerrecht betreffen und deshalb auf den Streitfall nicht übertragen werden können, Entscheidungen des BVerfG vom 20. Juni 1995  1 BvR 166/93, BVerfGE 93, 99; vom 28. Juli 1998  1 BvR 781/94, Zeitschrift für offene Vermögensfragen 1998, 339, und vom 30. Januar 1991  2 BvR 712/90, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 1991, 766, sowie Urteile des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe vom 27. Februar 2003  1 AK 29/02, Zeitschrift für Wirtschaft, Steuer, Strafrecht 2004, 199, und des OLG Zweibrücken vom 7. August 2006  1 Ausl 16/05, Neue Zeitschrift für Strafrecht 2007, 109).

24

c) Auch die fehlende Übersetzung der Zahlungsaufforderung reicht für sich allein für die Annahme eines Verstoßes gegen den ordre public nicht aus, zumal das FG im Streitfall nicht festgestellt hat, nach welchen Vorschriften die Zustellung bewirkt worden ist und die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht in den Blick genommen wurde. Ergänzend bemerkt der Senat, dass dem Urteil des EuGH in EuZW 2010, 146 eine Pflicht des um Rechtshilfe ersuchenden Mitgliedstaats zur Übersetzung eines an in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Abgabenpflichtigen gerichteten Verwaltungsakts nicht zu entnehmen ist. Vielmehr hat der EuGH lediglich darauf hingewiesen, dass die Funktion der rechtzeitigen Zustellung nach Art. 5 RL 76/308/EWG darin bestehe, den Empfänger in die Lage zu versetzen, Gegenstand und Grund des zugestellten Rechtsakts zu verstehen und seine Rechte geltend zu machen. Da der Empfänger des Vollstreckungstitels in der Lage sein müsse, zumindest den Gegenstand und den Grund des Antrags mit Bestimmtheit zu identifizieren, müsse die Zustellung in einer Amtssprache des Mitgliedstaats erfolgen, in dem die ersuchte Behörde ihren Sitz hat. Begründet hat der EuGH diese Auffassung mit dem Ziel der Beitreibungsrichtlinie, insbesondere die wirksame Durchführung der Zustellung von Verfügungen und Entscheidungen zu gewährleisten. Im Streitfall war dem Vollstreckungstitel, dem Urteil des italienischen Oberlandesgerichts, eine deutsche Übersetzung beigefügt.

25

d) Hingeben kann dem Argument des HZA nicht gefolgt werden, dass die Vollstreckung bereits deshalb keinen rechtlichen Bedenken begegnet, weil das Urteil des italienischen Oberlandesgerichts in deutscher Sprache vorliege und es deshalb auf die Rechtmäßigkeit der Zahlungsaufforderung nicht mehr ankommen könne. Der Übersetzung des Urteils des italienischen Oberlandesgerichts ist zu entnehmen, dass sich das Gericht mit der Rechtmäßigkeit der Zahlungsaufforderung überhaupt nicht befasst, sondern seine Entscheidung ausschließlich auf die Verfristung des Rechtsbehelfs gestützt hat. Es hat hierzu ausgeführt, dass es in erster Linie notwendig sei, den letzten Anfechtungsgrund zu prüfen, "da dieser im Wesentlichen die Frage der Fristmäßigkeit des erhobenen Widerspruchs gegen den Zahlungsbefehl" betreffe, bei welcher der erstinstanzliche Richter zu einem negativen Ergebnis gekommen sei und diese Frage präjudiziellen Charakter zu den anderen in der Berufungsklage erwähnten Punkten habe. Zu einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat das Gericht offensichtlich keine Stellung bezogen. Damit ist das Urteil grundsätzlich geeignet, etwaige nach rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht hinnehmbare Mängel des vorangegangenen Verwaltungsverfahrens (evtl. Ausschluss der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand) zu perpetuieren. In diesem Fall stünde auch das die Verwaltungsentscheidung bestätigende Urteil in einem solch starken Widerspruch zu den Grundgedanken der deutschen Regelungen, dass die Vollstreckung auf Grundlage eines solchen Titels untragbar erschiene, so dass sie unter Berufung auf den ordre public zu verweigern wäre.

26

Dem Urteil des italienischen Oberlandesgerichts ist allerdings nicht zu entnehmen, ob die Vorinstanz das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen, sollten sie überhaupt geltend gemacht worden sein, geprüft hat, so dass das italienische Oberlandesgericht überhaupt Anlass hatte, auf diese Frage einzugehen. Auch dies wird im zweiten Rechtsgang zu klären sein.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.