Finanzgericht Hamburg Urteil, 18. Feb. 2014 - 4 K 6/13

bei uns veröffentlicht am18.02.2014

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Erhebung von Antidumpingzoll für die Einfuhr von Schuhen.

2

Im Zeitraum vom 06.01.1998 bis zum 19.02.2003 überführte die Klägerin aus Asien importierte Schuhe aus Textil bzw. Kunststoff der Warenlistennummer 6404 1990 90 0 in den freien Verkehr. In den streitgegenständlichen 6 Fällen, die Einfuhren im Zeitraum vom 17.01.2002 bis zum 27.02.2002 betreffen (Fälle Nr. XX-3 und XX5-XX9), gab die Klägerin in den Zollanmeldungen als Ursprungsland jeweils Nordkorea an. Als Ausführer war jeweils die Firma S Import and Export mit Sitz in B angegeben. Verschifft wurden die Schuhe vom Hafen C, China, direkt nach Hamburg. In den Sachakten finden sich Akkreditiveröffnungen, in denen die Firma S begünstigt wird. Die vorliegenden Handelsrechnungen, Packlisten und Proforma-Rechnungen, wurden von der Firma S ge- bzw. erstellt. Weiter finden sich in den Sachakten für die Einfuhren von einer Behörde in Pjöngjang, Nordkorea, ausgestellte Ursprungszeugnisse Form A, in denen der nordkoreanische Ursprung bescheinigt wird. Darin ist als Transportweg die Verschiffung von "F Port via China Port to Hamburg, Germany by sea" angegeben. In Feld 10 der Ursprungsnachweise wird auf die von der Firma S gestellte Handelsrechnung Bezug genommen. Die Bill of Lading, die sich in den Sachakten befinden, sind über die Verschiffung von C nach Hamburg ausgestellt. Aus einem Vermerk des Zollfahndungsamts Hamburg vom 16.09.2002 (Sachakte Heft I Bl. 32) ergibt sich, dass Nordkorea laut Auskunft der Zentralstelle Ursprungsnachprüfungen nicht dem GSP (Generalized System of Preferences) angeschlossen sei. In allen 6 Fällen seien die Container am 11.12.2001 bzw. 31.01.2002 leer im Depot dem Verlader in C, China, zur Verfügung gestellt und jeweils einen Tag später bereits voll in C auf die beiden Seefrachtschiffe verladen worden. Die Container hätten sich demzufolge nie in Nordkorea befunden.

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Anlässlich von im Rahmen einer Außenprüfung im Sommer 2000 gemachten Feststellungen nahm das Zollfahndungsamt E Ermittlungen auf. In den vorläufigen Ermittlungsberichten heißt es unter anderem, die Klägerin habe Schuhe aus China eingeführt und falsche Ursprungszeugnisse mit den Ursprungsangaben Vietnam, Bangladesch, Malaysia, Kambodscha oder Nordkorea vorgelegt. Damit habe der bei der Einfuhr von Schuhen chinesischen Ursprungs zu erhebende Antidumpingzoll vermieden werden sollen. Teilweise seien unzutreffende Warenlistennummern und unterfakturierte Rechnungen vorgelegt worden. Nordkorea sei dem Allgemeinen Präferenzsystem für Entwicklungsländer (APS) nicht angeschlossen, könne also kein Formblatt A ausstellen. Die angeblich aus Nordkorea stammenden Schuhe seien ausweislich der Frachtpapiere in C, China, verladen worden. Eine unbekannte Firma aus Hongkong habe die Klägerin beschuldigt, chinesische Schuhe mit gefälschten nordkoreanischen Ursprungszeugnissen nach Deutschland einzuführen (anonyme Anzeige, Ermittlungsakte Bl. 362).

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Mit Einfuhrabgabenbescheid vom 19.09.2006 erhob der Beklagte Einfuhrabgaben in Höhe von insgesamt 606.793,55 € (83.695,66 € Einfuhrumsatzsteuer und 523.097,89 € Antidumpingzoll) nach. Ermittlungen hätten ergeben, dass die Klägerin Schuhe aus China eingeführt und unter Vorlage falscher Ursprungszeugnisse Form A in den zollrechtlich freien Verkehr überführt habe. Der Bescheid bezieht sich auf 52 Einfuhrfälle, darunter befinden sich die 6 streitgegenständlichen Einfuhren, für die Antidumpingzoll in Höhe von 94.913,62 € erhoben wurde. Wegen der Berechnung wird auf den Bescheid nebst Anlage verwiesen.

5

Am 25.09.2006 legte die Klägerin Einspruch ein. In Bezug auf die streitigen Einfuhrfälle trug sie vor, sie habe die Schuhe bei der Firma S, einem großen staatlichen chinesischen Handelsunternehmen, mit dem ihr Geschäftsführer 2001 auf einer Messe in China in Kontakt gekommen sei, bestellt. Ihm seien dort in Nordkorea produzierte Schuhe zum Verkauf angeboten worden. Die Schuhe seien nur deshalb von China aus verschifft worden, weil es in Nordkorea keinen für eine Überseeverschiffung geeigneten Hafen gegeben habe. Die Ware sei mit Zubringerschiffen vom Hafen F in Nordkorea nach C in China, dem nächstgelegenen Überseehafen, verbracht worden. Die Container seien dann in C beladen worden. Wären die Schuhe in China produziert worden, wären die Container bereits am Produktionsstandort beladen und dann voll per Lkw zum Überseehafen verbracht worden. Ein nordkoreanisches Ursprungszeugnis habe sie vorgelegt. Die Firma S verfüge über Produktionsstätten in B und G. Hätte sie die Schuhe selbst produziert, wären sie über den Hafen B ausgeführt worden. Die anonyme Anzeige sei nicht zu verwerten. Niemand könne alle Schuhproduktionsstätten im Fernen Osten kennen. Der anonymen Anzeige sei ein Ursprungszeugnis vom 05.03.2003 beigefügt gewesen. Da der Antidumpingzoll für Einfuhren aus China jedoch bereits im November 2002 aufgehoben worden sei, hätte sie überhaupt keinen Anlass gehabt, noch im März 2003 für chinesische Waren einen unzutreffenden Ursprung anzugeben. Zudem seien die Schuhe entgegen der Anmeldung in die Warennummer 6404 1100 einzureihen. Schließlich berief sie sich auf Verjährung.

6

Mit seit dem ... 2007 rechtskräftigen Urteil (..., Sachakte Bl. 159) verurteilte das Landgericht E die Geschäftsführer der Klägerin, Herrn H und Herrn J, wegen gewerbsmäßigen Schmuggels (§§ 373 Abs. 1, 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) in 59 Fällen jeweils zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten. Die Vollstreckung wurde zur Bewährung ausgesetzt. Das Urteil bezieht sich nicht auf die streitgegenständlichen, sondern auf andere Einfuhren im Zeitraum von Januar 1999 bis Februar 2003. Aus den Feststellungen des Landgerichts E ergibt sich, dass die Geschäftsführer der Klägerin in den abgeurteilten Fällen Schuhe chinesischen Ursprungs einführten und, um u. a. den für derartige Schuhe zu erhebenden Antidumpingzoll zu umgehen, in den Zollanmeldungen angaben, das Ursprungsland sei Kambodscha, Bangladesch bzw. Malaysia. Das Urteil beruht auf umfangreichen Geständnissen der Geschäftsführer.

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Mit Einspruchsentscheidung vom 11.12.2012 wurden die Einsprüche - sofern sie nicht zwischenzeitlich zurückgenommen worden waren - zurückgewiesen. Zunächst führte der Beklagte aus, die Abgabenerhebung sei nicht verjährt. Gem. Art. 221 Abs. 4 ZK verlängere sich die Verjährungsfrist, da die Zollschuld aufgrund einer strafbaren Handlung - einer Steuerhinterziehung gem. § 370 AO - entstanden sei. Die Festsetzungsfrist betrage daher gem. § 169 Abs. 2 AO 10 Jahre. In Bezug auf die streitgegenständlichen Fälle begründete er die Einspruchsentscheidung damit, dass Nordkorea dem Allgemeinen Präferenzsystem im Jahr 2002 noch nicht angeschlossen gewesen sei und es sich daher bei den Präferenzpapieren nicht um ordnungsgemäß erstellte Ursprungszeugnisse gehandelt habe. Ihnen komme daher keine Nachweiskraft zu. Ausweislich der Aktenlage habe die Klägerin die in den falschen Ursprungszeugnissen benannte nordkoreanische Firma nie kontaktiert. In einer E-Mail vom 11.10.2002 sei der Geschäftsführer der Klägerin, Herr J, von der Firma S darauf hingewiesen worden, dass sich der Kaufpreis um 0,10 US-Dollar je Schuhpaar erhöhe, sofern nordkoreanische Ursprungszeugnisse Form A benötigt würden. Im regulären Geschäftsverkehr wirke sich die Einholung eines Präferenznachweises nicht dergestalt auf den Einkaufspreis aus. Zweifel an der angemeldeten Warennummer bestünden nicht.

8

Mit ihrer am 11.01.2013 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie wiederholt im Wesentlichen die Einspruchsbegründung und betont, die Firma S handele mit Schuhen aus chinesischer Produktion, aber auch aus anderen Produktionsländern. Im Oktober 2001 sei ihr im Rahmen einer Messe angeboten worden, in Nordkorea produzierte Schuhe zu verkaufen. Die Schuhe seien nur deshalb in China verladen und verschifft worden, weil es in Nordkorea keinen für eine Überseeverschiffung geeigneten Hafen gegeben habe. Daher hätten die Schuhe mit einem Zubringerschiff überwiegend vom nordkoreanischen Hafen F zum nächsten Überseehafen verbracht werden müssen. Der nächstgelegene Überseehafen sei C in China gewesen. Da sich die Produktionsstandorte der Firma S in B und G befänden, wären die Schuhe - wären sie dort produziert worden - über B verschifft worden. Der betreffende Container habe am 11.12.2001 leer im Hafen von C gestanden und sei am 12.12.2001 beladen und auf das Schiff verbracht worden. Er müsse also im Hafen C beladen worden sein. Wären die Schuhe in China produziert worden, wäre der Container nicht erst im Hafen von C, sondern bereits am Produktionsort beladen und dann zum Überseehafen verbracht worden. Dies belege, dass die Schuhe aus Nordkorea stammten. Vertragliche Beziehungen der Klägerin hätten ausschließlich zur Firma S bestanden, daher sei auch nur mit dieser und nicht mit nordkoreanischen Firmen korrespondiert worden. Die anonyme Anzeige beweise nichts. Ob in Nordkorea Schuhe hergestellt würden, könne der Verfasser nicht beurteilen. 2003 habe es keinen Antidumpingzoll für Schuhe aus China mehr gegeben. Das der anonymen Anzeige beigelegte Ursprungszeugnis vom 05.03.2003 mache für die Umgehung von Antidumpingzoll daher keinen Sinn.

9

Die Klägerin beantragt,

10

den Einfuhrabgabenbescheid vom 19.09.2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11.12.2012 aufzuheben, soweit mit diesen Bescheiden in Bezug auf die Zollanmeldungen A-1 vom 17.01.2002 (Nr. XX3), A-2 vom 25.02.2002 (Nr. XX5), A-3 vom 25.02.2002 (Nr. XX6), A-4 vom 26.02.2002 (Nr. XX7), A-5 vom 26.02.2013 (Nr. XX8) und A-6 vom 27.02.2002 (Nr. XX9) Antidumpingzoll nacherhoben worden ist.

11

Die Beklagte beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Er bezieht sich auf die Einspruchsentscheidung und betont, dass anhand der Frachtbriefe (Bill of Lading) dokumentiert sei, dass die Waren in C, China, auf ein Seeschiff verladen und von dort nach Europa befördert worden seien. Ein Vortransport aus Nordkorea sei in den Bill of Lading nicht beurkundet. Sonstige Frachtunterlagen über die Beförderung von Nordkorea nach C seien nicht vorgelegt worden. Allein die Nähe dieses Hafens zu Nordkorea und die Tatsache, dass sich die Produktionsstandorte der Firma S im Süden Chinas befänden, lasse einen Rückschluss auf eine Produktion in Nordkorea nicht zu. Es sei gängige Praxis, dass antidumpingzollpflichtige Waren über Häfen anderer Länder nach Europa verschifft würden, um einen Warenursprung in diesen Ländern vorzutäuschen. Das Vorbringen der Klägerin sei auch nicht glaubhaft. Die Messe, auf der sie Kontakt zur Firma S aufgenommen haben wolle, habe vom 15. bis zum 30.10.2001 stattgefunden. Die Waren seien am 31.10.2001 bzw. 24.10.2001 bestellt worden. Beide Bestellungen bezögen sich auf vorliegende Warenmuster. In den Bestellungen seien als Lieferdaten der 08.12.2001 bzw. der 10.01.2002 festgelegt. Nach den Angaben in den Akkreditiven seien die Schuhe spätestens am 16.12.2001 bzw. am 31.01.2002 zu versenden gewesen. Es sei daher auszuschließen, dass sie in einer der erst 2002 errichteten Sonderwirtschaftszonen hergestellt worden seien. Es habe sich um Schuhe in unterschiedlichen Ausführungen gehandelt und Musterschuhe hätten nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin drei Wochen vor dem festgelegten Verschiffungstermin - also etwa Mitte November 2001 - übersandt werden müssen. Dies sei angesichts der planwirtschaftlichen Strukturen in Nordkorea nicht möglich. Es sei nicht zutreffend, dass es in Nordkorea keine für die Überseeverschiffung geeigneten Häfen gebe. Den Nachweis des nordkoreanischen Ursprungs könnten die Ursprungszeugnisse nicht erbringen, weil Nordkorea dem Allgemeinen Präferenzsystem nicht angeschlossen gewesen sei. Gegen ein in Nordkorea ausgestelltes Präferenzpapier spreche auch, dass die Ursprungszeugnisse in Feld 10 auf die chinesischen Rechnungen Bezug nähmen.

14

Die Beteiligten haben schriftsätzlich ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

15

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die Sachakten und Ermittlungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

16

Mit Einverständnis der Beteiligten ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, § 90 Abs. 2 FGO.

17

Die zulässige Anfechtungsklage hat keinen Erfolg.

18

Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 100 Abs. 1 S. 1 FGO.

I.

19

Der Beklagte hat zu Recht für die streitgegenständlichen Einfuhren von Schuhen Antidumpingzoll nacherhoben. Ermächtigungsgrundlage für die Nacherhebung ist Art. 220 Abs. 1 ZK. Danach hat eine buchmäßige Erfassung des nachzuerhebenden Betrages zu erfolgen, wenn der einer Zollschuld entsprechende Abgabenbetrag nicht nach den Artikeln 218 und 219 ZK buchmäßig erfasst worden ist. Die Voraussetzungen für die Nacherhebung eines Antidumpingzolls liegen vor.

20

Die vom Beklagten vorgenommene Nacherhebung von Antidumpingzoll stützt sich auf die Verordnung (EG) Nr. 2155/97 des Rates vom 29.10.1997 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren bestimmter Schuhe mit Oberteil aus Spinnstoffen mit Ursprung in der Volksrepublik China und Indonesien und zur endgültigen Vereinnahmung der Sicherheitsleistungen für den vorläufigen Zoll (VO Nr. 2155/97). In Art 1 VO Nr. 2155/97 wurde für Schuhe des KN-Codes 6404 1990 mit Ursprung in der Volksrepublik China und Indonesien ein endgültiger Antidumpingzoll in Höhe von 49,2 % festgesetzt.

21

Zunächst geht der Senat davon aus, dass es sich bei den streitgegenständlichen Schuhen um solche der Warennummer 6404 1990 90 gehandelt hat. Anlass, an der Richtigkeit der in den Zollanmeldungen angegeben und im Abgabenbescheid vom 19.06.2006 zugrunde gelegten Warennummer 6404 1990 90 zu zweifeln, hat der Senat nicht. Die Klägerin hat diese Einreihung zwar im Einspruchsverfahren beanstandet, dies jedoch im Klageverfahren nicht erkennbar aufrechterhalten. In ihrer Klagebegründung nimmt sie auf die Einspruchsbegründung nicht Bezug und der in der Klageerwiderung vom Beklagten geäußerten Feststellung, die Klägerin mache keine abweichende Einreihungsauffassung mehr geltend, hat sie nicht widersprochen.

22

Hinsichtlich der Nacherhebungsvoraussetzungen, hier also des Ursprungs der Schuhe, ist der Beklagte beweispflichtig, wobei es ausreicht, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit angenommen werden kann, dass die Waren einen Ursprung haben, der zur Erhebung von Antidumpingzoll führt (vgl. FG Hamburg, Urteile vom 07.10.2008, 4 K 137/05 und vom 02.03.2011, 4 K 25/10). Im Lichte dieser Beweislastverteilung und nach Gesamtwürdigung des Sachverhalts geht der Senat weiter davon aus, dass die Schuhe nicht nordkoreanischen, sondern chinesischen Ursprungs waren.

23

Zunächst ist auszuschließen, dass die Schuhe tatsächlich ihren Ursprung in Nordkorea hatten, da es dafür keine hinreichenden Anhaltspunkte gibt. Die Klägerin stützt sich ausschließlich auf angebliche, nicht weiter belegte Angaben der chinesischen Firma S anlässlich einer Messe in China und - insbesondere - auf die vorgelegten nordkoreanischen Ursprungszeugnisse Form A. Diesen Ursprungszeugnissen kommt kein Beweiswert zu. Der Beklagte hat zutreffend dargelegt, dass Nordkorea dem allgemeinen Präferenzsystem 2001/2002 nicht angeschlossen war und daher keine Ursprungszeugnisse Form A ausstellen konnte. Die Gewährung von Zollpräferenzen gemäß Art. 20 Abs. 3 ZK setzt ein Abkommen mit den betreffenden Ländern bzw. einen Erlass der Union über die Gewährung der Präferenz voraus. Fehlt es an der Gewährung von Zollpräferenzen i. S. v. Art. 67 ZK-DVO, handelt es sich mithin nicht um ein begünstigtes Land, kommt auch die Ausstellung von Ursprungszeugnissen Form A nicht in Betracht, Art. 81 Abs. 2 ZK-DVO. Die Europäische Union gewährt bestimmten Entwicklungsländern allgemeine Zollpräferenzen. Mit der Verordnung (EG) Nr. 2501/2001 des Rates vom 10.12.2001 über ein Schema allgemeiner Zollpräferenzen für den Zeitraum vom 01.01.2002 bis 31.12.2004 (VO Nr. 2501/2001) wird, wie sich aus deren Art. 1 ergibt, das gemeinschaftliche System allgemeiner Zollpräferenzen fortgeschrieben. Das Präferenzsystem gilt für die Einfuhr im Einzelnen genannter Waren, Art. 5 Abs. 1 VO Nr. 2501/2001. In der Anlage I zur VO Nr. 2005/2001 sind die Entwicklungsländer aufgelistet, für die das allgemeine Präferenzschema der Union gilt. Zu diesen Ländern gehörte im Jahre 2002 Nordkorea nicht. Abgesehen davon spricht gegen die Richtigkeit der Ursprungszeugnisse auch der Umstand, dass sie zwar einen nordkoreanischen Ausführer erwähnen, aber nicht auf dessen Rechnung, sondern auf die der Klägerin seitens der chinesischen Firma S gestellte Handelsrechnung verweisen. Dieser Umstand, auf den der Beklagte hingewiesen hat, ist jedenfalls erklärungsbedürftig. Die Klägerin hat sich dazu nicht eingelassen. Weder aus der Aktenlage noch aus dem Vorbringen der Beteiligten lassen sich ansonsten Anhaltspunkte für einen nordkoreanischen Warenursprung entnehmen. Es gibt keinerlei Hinweis auf eine Beförderung der Waren von Nordkorea nach China, es gibt keinerlei Korrespondenz mit einer nordkoreanischen Firma und es findet sich keine Bestätigung der Firma S über die Bestellung der Schuhe in Nordkorea. Die Ausführungen der Klägerin zu Seehäfen in Nordkorea, zur Nutzung chinesischer Häfen für Ausfuhren von in Südchina hergestellten Waren und zu der Frage, wo die Transportcontainer typischerweise befüllt werden, sind letztlich spekulativ und nicht belegt. Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass - wie bereits dargelegt - nicht die Klägerin, sondern der Beklagte für die Nacherhebungsvoraussetzungen beweispflichtig ist, sieht der Senat den nordkoreanischen Warenursprung aufgrund der Gesamtumstände als widerlegt an.

24

Nach den Gesamtumständen ist vielmehr mit dem Beklagten davon auszugehen, dass die Schuhe tatsächlich chinesischen Ursprungs sind. Abgesehen von den nicht beweiskräftigen Ursprungszeugnissen sprechen alle Anhaltspunkte, die sich im Streitfall zum möglichen Warenursprung finden, dafür. In sämtlichen Fällen liegen Handelsrechnungen der chinesischen Firma S vor. Die Packlisten wurden ebenfalls von der chinesischen Firma S erstellt. Die Verschiffung nach Hamburg erfolgte vom chinesischen Hafen C und die Bill of Lading sind über den Transportweg von C nach Hamburg ausgestellt worden. In keinem der genannten Dokumente findet sich ein Anhaltspunkt, der daran zweifeln lassen könnte, dass die Schuhe in China produziert wurden. Dass die Klägerin im fraglichen Zeitraum tatsächlich Schuhe mit chinesischem Ursprung eingeführt, durch unrichtige Ursprungsangaben in den Zollanmeldungen jedoch versucht hat, den Antidumpingzoll zu umgehen, zeigt das Strafurteil des Landgerichts E (...), in dem dieser Sachverhalt auch nach Geständnissen der Geschäftsführer der Klägerin festgestellt worden ist. Auch wenn dieses Urteil nicht die streitgegenständlichen Einfuhren betrifft, belegt es doch die grundsätzlichen Geschäftspraktiken der Klägerin und weckt erhebliche Zweifel an der Glaubhaftigkeit ihres Vorbringens. Auch wenn der chinesische Warenursprung durch die vorliegenden Unterlagen und sonstigen Anhaltspunkte nicht bewiesen ist, kann - zumal nichts erkennbar für einen Warenursprung in einem anderen Land spricht - doch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass die Schuhe tatsächlich ihren Ursprung in China haben. Möglichkeiten, den Sachverhalt von Amts wegen weiter aufzuklären, sieht der Senat nicht.

25

Es ist auch keine Verjährung eingetreten. Art. 221 Abs. 3 ZK sieht für die Nacherhebung eine Frist von drei Jahren nach dem Zeitpunkt des Entstehens der Zollschuld vor. In den streitigen Einfuhrfällen ist die Zollschuld mit der Einfuhr im Januar bzw. Februar 2002 entstanden, im Zeitpunkt der Nacherhebung mit Bescheid vom 19.09.2006 wäre die Frist mithin abgelaufen. Allerdings kann die Mitteilung gem. Art. 221 Abs. 4 ZK, wenn die Zollschuld aufgrund einer Handlung entstanden ist, die zu dem Zeitpunkt, als sie begangen wurde, strafbar war, unter den Voraussetzungen, die im geltenden Recht festgelegt sind, noch nach Ablauf der Dreijahresfrist erfolgen. Diese Norm verweist auf die Verjährungsvorschriften des nationalen Rechts, also auf die §§ 169 ff. AO. Gemäß § 169 Abs. 2 S. 1 AO beträgt die Festsetzungsfrist 10 Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen worden ist. Indem bei den Zollanmeldungen der nordkoreanische Warenursprung angegeben und so die Erhebung des Antidumpingzolls umgangen wurde, wurden dem Beklagten i. S. v. § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige Angaben gemacht und dadurch Steuern verkürzt. Insofern wurde der objektive Tatbestand der Steuerhinterziehung verwirklicht. Davon, dass die Vertreter der Klägerin vorsätzlich handelten, ist auszugehen. Die Vortäuschung eines anderen Warenursprungs lässt sich nur mit dem Bemühen erklären, den Antidumpingzoll zu umgehen. Dass die Voraussetzungen der Steuerhinterziehung vorliegen, bestreitet die Klägerin selbst nicht substantiiert. Sie hat sich zwar auf Verjährung berufen, sie hat dies jedoch in keiner Weise begründet, insbesondere hat sie nichts zu den Voraussetzungen des § 169 Abs. 2 S. 1 AO vorgetragen.

26

Schließlich greift kein Nacherhebungsverbot gem. Art. 220 Abs. 2 lit. b) ZK. Danach erfolgt keine nachträgliche buchmäßige Erfassung, wenn der gesetzlich geschuldete Abgabenbetrag aufgrund eines Irrtums der Zollbehörden nicht buchmäßig erfasst worden ist, sofern dieser Irrtum vernünftigerweise vom Zollschuldner nicht erkannt werden konnte und dieser gutgläubig gehandelt und alle geltenden Vorschriften über die Zollanmeldungen eingehalten hat. Im Streitfall fehlt es - neben der erheblich zweifelhaften Gutgläubigkeit der Klägerin - an einem Irrtum des Beklagten. Einen Anspruch auf Absehen von der Nacherhebung der Einfuhrabgaben begründet nur ein Irrtum, der auf ein Handeln der zuständigen Behörde zurückzuführen ist (sog. aktiver Irrtum), nicht jedoch ein Irrtum, dem die Zollbehörde im Zeitpunkt der Abgabenerhebung wegen unzutreffender oder unvollständig Angaben des Abgabenschuldners unterlag (BFH, Urteil vom 07.06.2011, VII R 36/10). In den streitigen Einfuhrfällen ist die Abgabenfestsetzung auf die unzutreffende Ursprungsangabe zurückzuführen, so dass ein aktiver Irrtum ausscheidet.

27

Zweifel an der Höhe des festgesetzten Antidumpingzolls bestehen nicht, auch die Klägerin äußert insoweit keine Bedenken. Weiterer Ausführungen des Senats bedarf es daher nicht.

II.

28

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1 FGO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht gegeben sind.

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(2) Ebenso wird bestraft, wer

1.
eine Hinterziehung von Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben oder einen Bannbruch begeht, bei denen er oder ein anderer Beteiligter eine Schusswaffe bei sich führt,
2.
eine Hinterziehung von Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben oder einen Bannbruch begeht, bei denen er oder ein anderer Beteiligter eine Waffe oder sonst ein Werkzeug oder Mittel bei sich führt, um den Widerstand eines anderen durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden, oder
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(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) § 370 Abs. 6 Satz 1 und Abs. 7 gilt entsprechend.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
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2.
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3.
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(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
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3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist

1.
der Steuerbescheid oder im Fall des § 122a die elektronische Benachrichtigung den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat oder
2.
bei öffentlicher Zustellung nach § 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes die Benachrichtigung bekannt gemacht oder veröffentlicht wird.

(2) Die Festsetzungsfrist beträgt:

1.
ein Jahrfür Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen,
2.
vier Jahrefür Steuern und Steuervergütungen, die keine Steuern oder Steuervergütungen im Sinne der Nummer 1 oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind.
Die Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung nicht durch den Steuerschuldner oder eine Person begangen worden ist, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, es sei denn, der Steuerschuldner weist nach, dass er durch die Tat keinen Vermögensvorteil erlangt hat und dass sie auch nicht darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen hat.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist

1.
der Steuerbescheid oder im Fall des § 122a die elektronische Benachrichtigung den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat oder
2.
bei öffentlicher Zustellung nach § 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes die Benachrichtigung bekannt gemacht oder veröffentlicht wird.

(2) Die Festsetzungsfrist beträgt:

1.
ein Jahrfür Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen,
2.
vier Jahrefür Steuern und Steuervergütungen, die keine Steuern oder Steuervergütungen im Sinne der Nummer 1 oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind.
Die Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung nicht durch den Steuerschuldner oder eine Person begangen worden ist, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, es sei denn, der Steuerschuldner weist nach, dass er durch die Tat keinen Vermögensvorteil erlangt hat und dass sie auch nicht darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen hat.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht,
2.
die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt oder
3.
pflichtwidrig die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern unterlässt
und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in großem Ausmaß Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) missbraucht,
3.
die Mithilfe eines Amtsträgers oder Europäischen Amtsträgers (§ 11 Absatz 1 Nummer 2a des Strafgesetzbuchs) ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht,
4.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt,
5.
als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach Absatz 1 verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchssteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchssteuervorteile erlangt oder
6.
eine Drittstaat-Gesellschaft im Sinne des § 138 Absatz 3, auf die er alleine oder zusammen mit nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Absatz 2 des Außensteuergesetzes unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und auf diese Weise fortgesetzt Steuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt.

(4) Steuern sind namentlich dann verkürzt, wenn sie nicht, nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden; dies gilt auch dann, wenn die Steuer vorläufig oder unter Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt wird oder eine Steueranmeldung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichsteht. Steuervorteile sind auch Steuervergütungen; nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden. Die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 sind auch dann erfüllt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen hätte ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können.

(5) Die Tat kann auch hinsichtlich solcher Waren begangen werden, deren Einfuhr, Ausfuhr oder Durchfuhr verboten ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch dann, wenn sich die Tat auf Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern oder auf die in Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. L 9 vom 14.1.2009, S. 12) genannten harmonisierten Verbrauchsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verwaltet werden.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten unabhängig von dem Recht des Tatortes auch für Taten, die außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes begangen werden.

(1) Eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung sind nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist. Dies gilt auch für die Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129. Die Frist ist gewahrt, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist

1.
der Steuerbescheid oder im Fall des § 122a die elektronische Benachrichtigung den Bereich der für die Steuerfestsetzung zuständigen Finanzbehörde verlassen hat oder
2.
bei öffentlicher Zustellung nach § 10 des Verwaltungszustellungsgesetzes die Benachrichtigung bekannt gemacht oder veröffentlicht wird.

(2) Die Festsetzungsfrist beträgt:

1.
ein Jahrfür Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen,
2.
vier Jahrefür Steuern und Steuervergütungen, die keine Steuern oder Steuervergütungen im Sinne der Nummer 1 oder Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Artikel 5 Nummer 20 und 21 des Zollkodex der Union sind.
Die Festsetzungsfrist beträgt zehn Jahre, soweit eine Steuer hinterzogen, und fünf Jahre, soweit sie leichtfertig verkürzt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung nicht durch den Steuerschuldner oder eine Person begangen worden ist, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient, es sei denn, der Steuerschuldner weist nach, dass er durch die Tat keinen Vermögensvorteil erlangt hat und dass sie auch nicht darauf beruht, dass er die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen hat.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) meldete im Juli und August 2003 mit ergänzender Zollanmeldung Gemüsekonserven aus China zur Überführung in den freien Verkehr an. Dabei legte sie als Zollwert den vom chinesischen Hersteller in Rechnung gestellten Kaufpreis zugrunde, ohne die Kosten für die Behältnisse (Gläser und Metalldrehverschlüsse) hinzuzurechnen, die sie zuvor aus dem freien Verkehr der Gemeinschaft erworben und dem chinesischen Hersteller der Konserven unentgeltlich zur Verfügung gestellt hatte. Diese Art der Zollwertermittlung war in der Vergangenheit auch anlässlich bei der Klägerin durchgeführter Betriebsprüfungen unbeanstandet geblieben, weil es der früheren Dienstanweisung (DA) für die deutsche Zollverwaltung entsprach, Kosten für vom Käufer zur Verfügung gestellte Umschließungen aus dem freien Verkehr des Zollgebiets der Union dem tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis nicht hinzuzurechnen (Abs. 7 Buchst. b Unterabs. 1 DA, Vorschriftensammlung der Bundesfinanzverwaltung --VSF-- Z 53 14), um zum Zweck der abgabenfreien Wiedereinfuhr der Umschließungen zu bewilligende passive Veredelungsverkehre zu vermeiden. Diese Regelung enthält die im Dezember 2002 in den VSF-Nachrichten bekannt gegebene Neufassung der Dienstvorschrift Zollwertrecht (DV) jedoch nicht mehr (vgl. jetzt: Abs. 42 DV, VSF Z 51 01). Dementsprechend wurde in den VSF-Nachrichten vom 27. Februar 2003 darauf hingewiesen, dass wegen der geänderten zollwertrechtlichen Behandlung von Umschließungen auch eine entsprechende Änderung der Dienstvorschrift zur passiven Veredelung erforderlich sei.

2

Wegen der geänderten Zollpraxis erließ die Zollverwaltung aufgrund eines Erlasses des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 13. Januar 2005 Steueränderungsbescheide für nach dem 27. Februar 2002, aber vor dem Wirksamwerden rückwirkend bewilligter passiver Veredelungen ausgeführte und nach dem 27. Februar 2003 wieder eingeführte Umschließungen. Hiervon betroffen war auch die o.g. im August 2003 in den freien Verkehr übergeführte Einfuhrsendung der Klägerin, da ihr für die bereits nach China ausgeführten Behältnisse eine passive Veredelung erst mit Rückwirkung ab dem 1. September 2002 bewilligt worden war, weshalb der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Hauptzollamt --HZA--) die im Zeitraum 28. Februar bis 31. August 2002 ausgeführten Behältnisse als abgabenpflichtig ansah. Das HZA erhob die Einfuhrabgaben unter Zugrundelegung des erhöhten Zollwerts nach.

3

Die hiergegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) ab. Das dem FG-Urteil entsprechende in einem Parallelverfahren ergangene Urteil ist in der Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern (ZfZ) 2010, Beilage 1, 4 veröffentlicht.

4

Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend, dass von der Nacherhebung der Einfuhrabgaben gemäß Art. 220 Abs. 2 Buchst. b des Zollkodex (ZK) abzusehen sei. Wegen der langjährigen und anlässlich von Betriebsprüfungen immer wieder bestätigten damaligen Verwaltungspraxis sei von einem Irrtum des HZA im Sinne vorgenannter Vorschrift auszugehen. Von der Änderung dieser Praxis aufgrund geänderter Dienstvorschriften der Zollverwaltung habe sie (die Klägerin) keine Kenntnis gehabt. Sie habe den Irrtum des HZA auch nicht erkennen können; vielmehr habe für sie die Zulässigkeit der bisherigen Verwaltungspraxis außer Frage gestanden, zumal das BMF noch mit Schreiben an den Waren-Verein der Hamburger Börse vom 16. August 2000 diese Praxis bestätigt habe.

5

Das HZA ist der Ansicht, dass die unterbliebene Abgabenerhebung nicht auf einen Irrtum der Zollbehörden zurückzuführen sei. Dies ergebe sich insbesondere aus dem BMF-Schreiben vom 16. August 2000, in welchem die damalige DA als eine rein nationale Vorgehensweise, die auf einer Duldungsabsprache mit der Europäischen Kommission beruhe, beschrieben werde. Wäre das BMF von einem rechtmäßigen Handeln ausgegangen, ergäbe das Wort "Duldung" keinen Sinn. Im Übrigen hätte die Klägerin als erfahrener Importeur jederzeit damit rechnen müssen, dass die vereinfachte Verfahrensweise nach der alten DA aufgehoben würde. Es sei nicht nachvollziehbar, dass ein erfahrener Importeur von Konserven bei Abfassung seiner Zollanmeldungen den in den VSF-Nachrichten vom 27. Februar 2003 bekannt gegebenen Erlass des BMF außer Acht lasse. Bei Lektüre der VSF-Nachrichten hätte die Klägerin von der Möglichkeit Kenntnis erhalten, für bereits ausgeführte Umschließungen eine rückwirkende Bewilligung der passiven Veredelung beantragen zu können. Die streitigen Abgaben wären dann nicht entstanden.

Entscheidungsgründe

6

II. Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung sowie des angefochtenen Einfuhrabgabenbescheids vom 17. Mai 2006 (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Dieser Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).

7

Ob die Kosten der dem chinesischen Hersteller zur Verfügung gestellten Behältnisse gemäß Art. 32 Abs. 1 Buchst. a Ziff. ii ZK in den Zollwert der Einfuhrwaren einzubeziehen sind --was zwischen den Beteiligten nicht im Streit ist-- oder ob diese Behältnisse nicht eher als Beistellungen anzusehen sind, deren Wert gemäß Art. 32 Abs. 1 Buchst. b Ziff. i ZK dem Transaktionswert hinzuzurechnen ist, kann offenbleiben. Der Nacherhebung der daraus resultierenden höheren Einfuhrabgaben steht jedenfalls Art. 220 Abs. 2 Buchst. b Unterabs. 1 ZK entgegen.

8

Nach der vom Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in ständiger Rechtsprechung verwendeten Zusammenfassung der Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschrift hat die Zollbehörde von der nachträglichen buchmäßigen Erfassung von Einfuhrabgaben abzusehen, wenn drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind: Die Nichterhebung muss auf einem Irrtum der zuständigen Behörden beruhen; es muss sich um einen Irrtum handeln, der für einen gutgläubigen Abgabenschuldner nicht erkennbar war, und dieser muss alle geltenden Vorschriften über seine Zollerklärung eingehalten haben (vgl. EuGH-Urteil vom 3. März 2005 C-499/03 P --Biegi Nahrungsmittel, Commonfood--, Slg. 2005, I-1751, ZfZ 2005, 228, m.w.N.). Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor.

9

1. Anders als das FG meint, ist die zutreffende buchmäßige Erfassung der Einfuhrabgaben aufgrund eines Irrtums des HZA unterblieben. Zwar begründet nur ein solcher Irrtum, der auf ein Handeln der zuständigen Behörde zurückzuführen ist (sog. aktiver Irrtum), einen Anspruch auf Absehen von der Nacherhebung der Einfuhrabgaben, nicht jedoch ein Irrtum, dem die Zollbehörde im Zeitpunkt der Abgabenerhebung wegen unzutreffender oder unvollständiger Angaben des Abgabenschuldners unterlag (EuGH-Urteile vom 27. Juni 1991 C-348/89 --Mecanarte--, Slg. 1991, I-3277, ZfZ 1992, 388; vom 14. November 2002 C-251/00 --Ilumitrónica--, Slg. 2002, I-10433, ZfZ 2003, 46). Gleichwohl lässt sich im Streitfall das Vorliegen eines aktiven Irrtums des HZA bei der Einfuhrabfertigung nicht mit der Begründung verneinen, dass die im Juli und August 2003 abgegebenen Zollanmeldungen der Klägerin insoweit unvollständig waren, als sie keinen Hinweis auf die dem chinesischen Hersteller unentgeltlich zur Verfügung gestellten Behältnisse enthielten.

10

Art. 220 Abs. 2 Buchst. b Unterabs. 1 ZK verlangt lediglich eine Kausalität zwischen dem behördlichen Irrtum und der unterbliebenen buchmäßigen Erfassung der Einfuhrabgaben, nicht aber, dass der Irrtum im direkten zeitlichen Zusammenhang mit der betreffenden Zollanmeldung unterlaufen sein muss. Dementsprechend hat der EuGH mit Urteil vom 19. Oktober 2000 C-15/99 --Sommer-- (Slg. 2000, I-8989, ZfZ 2001, 13) einen Irrtum i.S. des Art. 220 Abs. 2 Buchst. b ZK auch in einem Fall angenommen, in dem anlässlich einer früheren Außenprüfung die Nichteinbeziehung bestimmter Kosten in den Zollwert von der Zollbehörde nicht beanstandet worden war und diese Kosten dementsprechend bei späteren, gleichartige Kaufgeschäfte betreffenden Einfuhren mit der Zollwertanmeldung des Einführers nicht angegeben wurden (vgl. zum Sachverhalt den vorangegangenen Vorlagebeschluss des FG Bremen vom 4. August 1998  296052K 2, ZfZ 1999, 93). Des Weiteren hat der EuGH mit Urteil in Slg. 1991, I-3277, Rz 25, ZfZ 1992, 388 ausgeführt, dass Vertrauensschutz gewährt werden kann, wenn die Unrichtigkeit der Erklärungen des Abgabenschuldners nur die Folge falscher Auskünfte ist, die von den zuständigen Behörden erteilt wurden und diese Behörden binden, und hat in ähnlicher Weise das Vorliegen eines Irrtums der zuständigen Behörde bejaht, wenn diese irrige Auskünfte erteilt hat, auf die der Zollbeteiligte vertrauen durfte (EuGH-Urteil vom 26. November 1998 C-370/96 --Covita AVE--, Slg. 1998, I-7711, ZfZ 1999, 86).

11

Danach beruht die im Streitfall unterbliebene Abgabenerhebung auf einem Irrtum des HZA, da nach den Feststellungen des FG die der früheren DA entsprechenden Zollwertanmeldungen bzw. -berechnungen der Klägerin anlässlich früherer Betriebsprüfungen nicht beanstandet wurden und diese damalige Praxis somit als ursächlich dafür angesehen werden kann, dass die Klägerin mit ihren Zollanmeldungen für die hier streitigen Einfuhrsendungen keine Angaben zu dem chinesischen Hersteller unentgeltlich zur Verfügung gestellten Behältnissen machte und die Kosten für diese Behältnisse somit nicht in den Zollwert einbezogen wurden.

12

Anders als das HZA offenbar meint, kann das Vorliegen eines behördlichen Irrtums auch nicht mit der Begründung verneint werden, die deutsche Zollverwaltung habe nicht etwa irrtümlich angenommen, dass die Umschließungskosten nicht zum Zollwert gehörten, sondern sei vielmehr bewusst --allerdings mit Duldung der Kommission-- von den rechtlichen Vorgaben abgewichen. Zweifelhaft ist insoweit bereits, ob die deutsche Zollverwaltung seinerzeit das Unionsrecht tatsächlich vorsätzlich verletzen wollte oder sie nicht vielmehr geglaubt hat, aus einem als übergeordnet angesehenen Gesichtspunkt der Verwaltungsvereinfachung die Hinzurechnungsvorschriften des Art. 32 Abs. 1 Buchst. a Ziff. ii bzw. Buchst. b Ziff. i ZK einschränkend im Wege der in die DA aufgenommenen Ausnahme auslegen zu dürfen, um nicht allein wegen der bezüglich des Zollwerts der Gemüsekonserven relativ unbedeutenden Kosten der Umschließungen passive Veredelungsverkehre in großer Anzahl abwickeln zu müssen. Jedenfalls erfasst aber der Begriff des Irrtums i.S. des Art. 220 Abs. 2 Buchst. b ZK jedwede unrichtige Auslegung oder Anwendung der anwendbaren Rechtsvorschriften (EuGH-Urteil in Slg. 1991, I-3277, Rz 20, ZfZ 1992, 388). Der Irrtums-Begriff dient in der Rechtsprechung des EuGH der Unterscheidung zwischen einer die Abgabenerhebung betreffenden unzutreffenden Rechtsanwendung oder -auslegung, die auf ein Handeln der zuständigen Behörde zurückzuführen ist, und einer solchen, deren Ursache in der Sphäre des Zollbeteiligten liegt und deshalb nicht vor einer Nacherhebung schützt. Im Streitfall liegt es aber auf der Hand, dass die jahrelange den Hinzurechnungsvorschriften des Art. 32 Abs. 1 Buchst. a Ziff. ii bzw. Buchst. b Ziff. i ZK nicht entsprechende Praxis der deutschen Zollverwaltung keinesfalls der Sphäre der Klägerin zuzuordnen ist, unabhängig davon, ob die Zollverwaltung ihre Praxis für rechtlich vertretbar hielt oder nicht.

13

2. Ausgehend von seiner Ansicht, dass ein behördlicher Irrtum i.S. des Art. 220 Abs. 2 Buchst. b ZK nicht vorliege, hat das FG nicht geprüft, ob die Klägerin gutgläubig gehandelt hat. Seinen Feststellungen lassen sich allerdings keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass die Klägerin bei Abgabe der Zollanmeldungen von der Neufassung der DV und der darin nicht mehr enthaltenen Ausnahmeregelung Kenntnis hatte und somit wusste, dass sie Angaben zu den dem chinesischen Verkäufer unentgeltlich überlassenen Behältnissen hätte machen müssen. Auch das HZA behauptet dies nicht. Der Senat sieht deshalb keinen Anlass, die Sache zur Klärung dieser zwischen den Beteiligten nicht streitigen Frage an das FG zurückzuverweisen, und geht von der Gutgläubigkeit der Klägerin aus.

14

3. Der Irrtum konnte von der gutgläubigen Klägerin vernünftigerweise auch nicht erkannt werden. Ausgehend von seiner Rechtsauffassung, dass ein behördlicher Irrtum nicht vorliege, hat zwar das FG auch diese Voraussetzung ungeprüft gelassen; die vom FG getroffenen Feststellungen erlauben jedoch eine entsprechende Prüfung durch den erkennenden Senat.

15

Die Erkennbarkeit des Irrtums ist nach ständiger Rechtsprechung des EuGH (und des erkennenden Senats) unter Berücksichtigung seiner Art, d.h. unter Berücksichtigung der Komplexität der betreffenden Regelung, sowie der Berufserfahrung des betroffenen Wirtschaftsteilnehmers und der von ihm aufgewandten Sorgfalt zu beurteilen. Von Bedeutung ist insoweit allerdings auch die Länge des Zeitraums, in dem die Behörden in ihrem Irrtum verharrten (EuGH-Urteil in Slg. 2002, I-10433, Rz 54-56, ZfZ 2003, 46). Hinsichtlich der zollwertrechtlichen Behandlung vom Käufer zur Verfügung gestellter Umschließungen darf daher nicht außer Betracht bleiben, dass die deutsche Praxis, Umschließungen aus dem freien Verkehr der Union von der eigentlich gebotenen Einbeziehung in den Zollwert auszunehmen, auf die bereits in der VSF Z 53 14 vom 15. März 1993 enthaltene DA zur damaligen Zollwertverordnung (Verordnung (EWG) Nr. 1224/80 des Rates vom 28. Mai 1980 über den Zollwert der Waren, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 134/1) zurückgeht, diese zollwertrechtliche Ausnahme mithin bis zu ihrer Streichung fast zehn Jahre lang Grundlage für die deutsche Verwaltungspraxis war, wobei es sich überdies nicht allein um die Praxis des beklagten HZA handelte, sondern aufgrund der vom BMF erlassenen DA die Praxis aller deutschen Zollstellen war. Sie wurde nicht nur bei Betriebsprüfungen stets bestätigt, sondern zudem vom BMF mit Schreiben an den Waren-Verein der Hamburger Börse vom 16. August 2000 bekräftigt, wobei darauf hingewiesen wurde, dass die deutsche Rechtspraxis auf einer Duldungsabsprache mit der Europäischen Kommission beruhe.

16

Auch wenn die Klägerin --wie das HZA meint-- als ein erfahrener Importeur anzusehen sein mag, durfte sie doch in Anbetracht der seitens der Zollverwaltung --sogar von deren oberster Bundesbehörde-- immer wieder bestätigten Auffassung vernünftigerweise annehmen, dass es sich bei der der DA zu entnehmenden einschränkenden Auslegung des Art. 32 Abs. 1 Buchst. a Ziff. ii bzw. Buchst. b Ziff. i ZK um eine allseits als vertretbar gebilligte Auslegung handelte, und ihr weiteres Handeln danach ausrichten. Es hieße zu viel von der Klägerin zu verlangen, wenn man ihr vorhielte, sie hätte sich seinerzeit gegen die gängige Praxis der Zollwertermittlung wenden und die Einbeziehung der Umschließungskosten in den Zollwert durch die Eröffnung passiver Veredelungsverkehre vermeiden müssen. Ob das HZA unter der Geltung der alten DA, der zufolge die Anmeldung von Umschließungen zum passiven Veredelungsverkehr nicht erforderlich war, die Bewilligungsvoraussetzungen des Art. 86 Anstrich 2 ZK als erfüllt angesehen hätte, darf bezweifelt werden.

17

Der Ansicht des HZA, die Klägerin hätte bei Lektüre der VSF-Nachrichten vom 27. Februar 2003 die Möglichkeit der rückwirkenden Bewilligung passiver Veredelungsverkehre für die Umschließungen erkennen und nutzen müssen, ist nicht zu folgen. Zwar kann sich ein Wirtschaftsbeteiligter nach ständiger Rechtsprechung des EuGH und des erkennenden Senats nicht auf die Unkenntnis der im Amtsblatt veröffentlichten Rechtsvorschriften berufen; eine Pflicht zur Kenntnis von Verwaltungsvorschriften, deren Adressat allein die Verwaltung ist, besteht indes grundsätzlich nicht. Es bestand für die Zollbeteiligten auch kein Grund, der es nahe gelegt hätte, den VSF-Nachrichten dieser Zeit eine besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Im Übrigen ist in den VSF-Nachrichten vom 27. Februar 2003 von der Möglichkeit einer rückwirkenden Bewilligung der passiven Veredelung für bereits ausgeführte Umschließungen nicht die Rede.

18

4. Nach alledem scheitert der der Klägerin zu gewährende Vertrauensschutz auch nicht daran, dass sie in ihren Zollanmeldungen für die streitigen Einfuhrwaren die unentgeltliche Lieferung der Behältnisse an den chinesischen Hersteller nicht erwähnte. Soweit Art. 220 Abs. 2 Buchst. b Unterabs. 1 ZK für ein Absehen von der Nacherhebung der Einfuhrabgaben auch fordert, dass der Zollschuldner alle geltenden Vorschriften über die Zollanmeldung eingehalten hat, genügt er dieser Forderung auch bei gegenüber den zuständigen Behörden angegebenen unrichtigen oder unvollständigen Daten, sofern er diese in gutem Glauben abgegeben hat und vernünftigerweise nur diese Daten kennen oder sich beschaffen konnte (EuGH-Urteile in Slg. 1991, I-3277, Rz 29, ZfZ 1992, 388; und vom 14. Mai 1996 C-153/94 und C-204/94 --Faroe Seafood--, Slg. 1996, I-2465, Rz 109, ZfZ 1997, 12). Wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, war die Klägerin gutgläubig und durfte in Anbetracht der bisherigen Verwaltungspraxis vernünftigerweise annehmen, dass Angaben in den Zollanmeldungen zu den dem chinesischen Hersteller unentgeltlich zur Verfügung gestellten Behältnissen entbehrlich waren.

(1) Der unterliegende Beteiligte trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, soweit er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften diese nach Kopfteilen. Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(1) Gegen das Urteil des Finanzgerichts (§ 36 Nr. 1) steht den Beteiligten die Revision an den Bundesfinanzhof zu, wenn das Finanzgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs erfordert oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Der Bundesfinanzhof ist an die Zulassung gebunden.