Finanzgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 24. Feb. 2015 - 4 K 180/13

ECLI:ECLI:DE:FGST:2015:0224.4K180.13.0A
24.02.2015

Tenor

Es wird festgestellt, dass der Bescheid vom 05. Juli 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30. Januar 2013 rechtswidrig ist, soweit er einen Teilbetrag aus dem monatlichen Kindergeldanspruch der Klägerin zu 1) an die Klägerin zu 2) abzweigt.

Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte ist befugt, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des auf Grund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, sofern nicht die Klägerin ihrerseits zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob eine Abzweigung für bereits an den Abzweigungsempfänger ausgezahltes Kindergeld zurückgenommen werden kann.

2

Gegenüber der Klägerin zu 1) war Kindergeld für ihren Sohn X, geb. 1984, festgesetzt worden. Dieser ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 100, des Weiteren sind die Merkzeichen B, H, RF und G anerkannt worden. Er lebt im Haushalt der Klägerin.

3

Im April 2011 stellte die Klägerin zu 2) bei der Beklagten einen Antrag auf Abzweigung des Kindergeldes nach § 74 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG)/§ 104 Sozialgesetzbuch (SGB) X, weil sie dem Sohn der Klägerin ab 01. März 2011 Sozialhilfeleistungen im Rahmen der Hilfe zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach Kapitel 4 SGB XII gewährte. Daraufhin stoppte die Beklagte die Auszahlung des Kindergeldes an die Klägerin zu 1) ab Mai 2011 und gab ihr Gelegenheit zur Stellungnahme.

4

Mit an die Klägerin zu 1) gerichtetem Bescheid vom 05. Juli 2011 zweigte die Beklagte ab Mai 2011 monatlich einen Betrag von 92 € gemäß § 74 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. 76 EStG an die Klägerin zu 2) ab. Zur Begründung führte sie aus, dass sich unter Berücksichtigung der eingereichten Unterlagen ein monatlicher Mehrbedarf von 50 € ergebe, so dass nach pflichtgemäßem Ermessen die Hälfte des Kindergeldes abzuzweigen sei. Entsprechend zahlte die Beklagte das Kindergeld ab Mai 2011 je zur Hälfte an die Klägerin zu  1) und die Klägerin zu 2) aus.

5

Ein gleichlautender Bescheid erging an die Klägerin zu 2).

6

Die Klägerin zu 1) wandte sich mit einem Einspruch gegen die Abzweigung und trug vor, ihr seien für ihr Kind monatlich Aufwendungen mindestens in Höhe des Kindergeldes entstanden.

7

Die Beklagte zog die Klägerin zu 2) zu dem Einspruchsverfahren hinzu und stellte die Zahlung des Kindergeldes ab November 2011 bis zur Klärung des Einspruchsverfahrens ein.

8

Mit Einspruchsentscheidung vom 30. Januar 2013 half die Beklagte dem Einspruch der Klägerin zu 1) derart ab, dass für den Zeitraum Mai 2011 bis Juli 2012 der Abzweigungsbetrag auf monatlich 78 € reduziert wurde und ab August 2012 die Abzweigung gänzlich aufgehoben wurde. Im Übrigen wies sie den Einspruch zurück. Eine Änderung der ausgezahlten Kindergeldbeträge nahm die Beklagte jedoch nicht vor.

9

Sowohl die Klägerin zu 1) (Az.: 4 K 180/13) als auch die Klägerin zu 2) (Az.: 4 K 198/13) haben dagegen Klage erhoben, so dass das Gericht mit Beschluss vom 03. Juli 2013 beide Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Aktenzeichen 4 K 180/13 verbunden hat.

10

Im Klageverfahren hat die Beklagte der Klage der Klägerin zu 1) derart abgeholfen, dass ab November 2011 keine Abzweigung mehr erfolgt. Daraufhin haben alle Beteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich der Zeit ab einschließlich November 2011 übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.

11

Ferner haben die Klägerin zu 2) und die Beklagte den Rechtsstreit hinsichtlich des Klagebegehrens der Klägerin zu 2) übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.

12

Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin zu 1) vor, dass die vorgenommene Abzweigung ermessenswidrig sei, weil sie aus ihrer Hinterbliebenenrente Aufwendungen für ihren Sohn getragen habe, die den monatlichen Kindergeldbetrag überstiegen hätten.

13

Die Klägerin zu 1) beantragt,
festzustellen, dass der Bescheid vom 05. Juli 2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30. Januar 2013 rechtswidrig ist, soweit er einen Teilbetrag aus dem monatlichen Kindergeldanspruch der Klägerin zu 1) an die Klägerin zu 2) abzweigt.

14

Die Beklagte beantragt,
die Klage der Klägerin zu 1) abzuweisen.

15

Nach Ansicht der Beklagten sei entsprechend der höchstrichterlichen Rechtsprechung eine Rückabwicklung der bereits vollzogenen Abzweigung nicht möglich.

16

Die für die Klägerin zu 1) von der Beklagten angelegte Kindergeldakte und die von der Klägerin zu 2) angelegte Verwaltungsakte in Bezug auf die Gewährung von Sozialleistungen für den Sohn der Klägerin haben dem Gericht vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 24. Februar 2015 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

17

1. Der während des Klageverfahrens durch einen Organisationsakt (Beschluss des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit Nr. 21/2013 vom 18. April 2013 gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 11 des Finanzverwaltungsgesetzes, Amtliche Nachrichten der Bundesagentur für Arbeit, Ausgabe Mai 2013, S. 6 ff, Nr. 1 der Anlage 2) eingetretene Zuständigkeitswechsel führt zu einem gesetzlichen Beteiligtenwechsel (z.B. BFH Beschluss vom 19. Juni 2013 – III B 79/12, BFH/NV 2013, 1422).

18

2. Der Senat konnte entscheiden, auch wenn bereits im Einverständnis der Beteiligten ein Beschluss im Prozesskostenhilfeverfahren durch den Berichterstatter ergangen ist.

19

Gemäß höchstrichterlicher Rechtsprechung, der sich das erkennende Gericht angeschlossen hat, hat sich der Berichterstatter, der im Einverständnis der Beteiligten im Verfahren vor einer erstmaligen mündlichen Verhandlung tätig wird, auch dann noch nicht zum sog. konsentierten Einzelrichter hinsichtlich der abschließenden Entscheidung des Rechtsstreits bestellt, wenn er bei einzelnen Verfahrenshandlungen bereits als solcher aufgetreten ist (BFH Beschluss vom 09. Juli 2003 IX B 34/03, BStBl II 2003, 858). Erst wenn der Berichterstatter die ihm eingeräumte Möglichkeit einer Entscheidung ausübt, ist er als konsentierter Einzelrichter der gesetzliche Richter i.S.v. Art 101 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz (GG) (Schwarz, Kommentar zur Finanzgerichtsordnung [FGO], § 79 a Rn 24 m.w.N.). Im Streitfall hatte der Berichterstatter von der ihm eingeräumten Möglichkeit, eine mündliche Verhandlung als konsentierter Einzelrichter durchzuführen, noch keinen Gebrauch gemacht.

20

3. Die Verbindung der Verfahren 4 K 180/13 und 4 K 198/13 zu gemeinsamer Verhandlung und einheitlicher Entscheidung ersetzt die notwendige Beiladung, § 73 Abs. 2 FGO.

21

4. Der Antrag der Klägerin zu 1) auf Feststellung, dass die Abzweigung rechtswidrig gewesen ist, ist zulässig und begründet.

22

Die Klägerin zu 1) hat im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO beantragt, festzustellen, dass die Abzweigung an die Klägerin zu 2) rechtswidrig gewesen ist.

23

a) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO. Hat sich der Verwaltungsakt vorher (auch schon -wie hier- vor Klageerhebung [Tipke/Kruse, Kommentar zur FGO § 100 Rn 47]) durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat, § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO. Die in § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO vorgesehene Entscheidung findet auf Verpflichtungsbegehren entsprechend Anwendung, da diese regelmäßig ein Anfechtungsbegehren mit umfassen (vgl. BFH-Urteil vom 11.04.2006 – VI R 64/02, BStBl II 2006, 642).

24

Eine Fortsetzungsfeststellungsklage kommt im Streitfall auch bei einer angestrebten Ermessensentscheidung in Betracht (vgl. Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, FGO, § 101 FGO Rdnr. 60).

25

Im Streitfall hat sich das ursprüngliche Klagebegehren der Klägerin zu 1) auf Erhalt des gesamten Kindergeldbetrages infolge der tatsächlichen Auszahlung an die Klägerin zu 2) als Abzweigungsempfängerin erledigt, da ihr Kindergeldanspruch dadurch erloschen ist und insoweit eine Auszahlung an sie nicht mehr in Betracht kommen kann.

26

Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis –um einen solchen handelt es sich gemäß    § 31 EStG bei dem Kindergeldanspruch- erlöschen nach § 47 1. Alt. Abgabenordnung (AO) insbesondere durch Zahlung. Der Anspruch erlischt auch bei Zahlung an einen Abzweigungsberechtigten (FG Köln Urteil vom 13. März 2008 10 K 3232/06, EFG 2008, 1298).

27

Im Streitfall muss die Klägerin zu 1) die Zahlung an die Klägerin zu 2) gegen sich gelten lassen.

28

Die Auszahlung des Kindergeldes an einen Dritten gehört nicht zum Festsetzungs-, sondern zum Auszahlungsverfahren, das dem Erhebungsverfahren entspricht (Blümich/Treiber, § 74 EStG Rz 41). Sie betrifft nicht die Anspruchs-, sondern die Empfangsberechtigung (BFH Beschluss vom 30. Januar 2001 VI B 272/99, BFH/NV 2001, 898; Greite in Korn § 74 EStG Rz 5).

29

Hier wechselte die Empfangsberechtigung infolge der Abzweigungsentscheidung -für einen Teil des monatlich gezahlten Kindergeldes- von der Klägerin zu 1) auf die Klägerin zu 2).

30

Diese Abzweigungsentscheidung kann nicht mehr mit Wirkung für die Vergangenheit geändert werden.

31

In Fällen, in denen eine Erfüllung des Anspruchs durch Zahlung an den Kindergeldberechtigten bereits eingetreten ist, geht die herrschende Meinung in Rechtsprechung, Literatur und Verwaltung davon aus, dass aus den oben geschilderten Gründen keine Abzweigungsentscheidung mehr getroffen werden kann, bzw. eine abweisende Abzweigungsentscheidung nicht mehr geändert werden kann, unabhängig davon, ob die Nicht-Abzweigung rechtmäßig oder rechtswidrig gewesen ist (BFH Urteil vom 29. September 2012 – III R 2/11, BStBl II 2013, 584; vom 27. Oktober 2011 – III R 16/09, BFH/NV 2012, 720; vom 26. August 2010 – III R 21/08, BStBl II 2013, 583 hier Auszahlung an Kindergeldberechtigte trotz Einspruchs des Abzweigungsberechtigten gegen fehlerhafte Ablehnung seines Antrags). Dies gilt auch, falls an den Kindergeldberechtigten infolge einer Abzweigungsentscheidung zu Gunsten eines Dritten nur ein Teilbetrag ausgezahlt wurde; die Erfüllungswirkung tritt dann in Höhe des Teilbetrages ein (BFH Beschluss vom 19. Juni 2013 – III B 79/12, BFH/NV 2013, 1422).

32

Nichts anderes kann für Fälle wie diesen gelten, in denen auf Grund einer Abzweigungsentscheidung bereits an den Abzweigungsempfänger ausgezahlt wurde, denn die Erfüllungswirkungen sind identisch (FG Köln Urteil vom 13. März 2008 10 K 3232/06, EFG 2008, 1298ff; zur Erfüllungswirkung bei Zahlung an den Erstattungsberechtigten: FG Berlin-Brandenburg Urteil vom 09. August 2012 -10 K 10095/12, HI 35 70 481).

33

Dieser Auffassung folgend gebietet die Dienstanweisung zum Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz (DA-KG Bundeszentralamt für Steuern St II 2- S 2280-DA/14/00004 vom 01. Juli 2014, BStBl I, 918 ff) in V 32.4, dass in Fällen des § 74 Abs. 1 Satz 1 EStG die Kindergeldzahlung bis zur endgültigen und verbindlichen Klärung des Sachverhalts einzustellen ist. Identische Anweisungen wurden auch schon in früheren Fassungen erteilt (hier: DA 74.1.4, BZSt vom 16. Juli 2012 St II 2 S 2280-DA/12/00002, HI 32 873 78; BZSt vom 30. September 2009 St II 2 S 2280-170/09, BStBl I, 1030).

34

Auch ist die Versagung der Erfüllungswirkung bei Zahlung an den letztlich nicht Zahlungsempfangsberechtigten nicht durch das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG), das Gebot des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) oder das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) geboten (BFH Urteil vom 27. Oktober 2011 – III R 16/09, BFH/NV 2012, 720). Zum einen ist die Verwaltung angewiesen, das an den Dritten auszuzahlende Kindergeld in Zweifelsfällen vorläufig einzubehalten (vgl. Abschn. 74.1.4 Satz 5 DA-FamEStG 2009, BStBl I 2009, 1030, 1121; ebenso bereits Abschn. 74.1.3 Sätze 5 und 7 DA-FamEStG 2004, BStBl I 2004, 742, 826). Zum anderen kann der Abzweigungsberechtigte durch Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes der Gefahr begegnen, dass die Familienkasse gleichwohl durch Auszahlung an den Kindergeldberechtigten vollendete Tatsachen schafft. Diskutiert wird auch, den Zahlungsberechtigten unter einer auflösenden Bedingung i.S.d. § 120 Abs. 2 Nr. 2 AO zu bestimmen, um eine endgültige Erfüllungswirkung zu verhindern (Thüringer FG Urteil vom 23. November 2011 -3 K 481/10, EFG 2012, 423).

35

b) Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist zulässig. Die Klägerin zu 1) hat ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung.

36

"Berechtigtes Interesse" i.S. des § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO ist jedes konkrete, vernünftigerweise anzuerkennende Interesse rechtlicher, tatsächlicher oder wirtschaftlicher Art (vgl. BFH-Urteil vom 9. November 1994 XI R 33/93, BFH/NV 1995, 621). Dieses kann sich daraus ergeben, dass die Feststellung der Rechtswidrigkeit die Voraussetzung für den Eintritt einer vom Kläger erstrebten weiteren Rechtsfolge ist (vgl. BFH-Urteile vom 12. Januar 1995 IV R 83/92, BFHE 177, 4, BStBl II 1995, 488), oder dass ein konkreter Anlass für die Annahme besteht, die Behörde werde die vom Kläger für rechtswidrig erachtete Maßnahme in absehbarer Zukunft wiederholen (vgl. BFH-Urteil vom 20. April 2004 VIII R 88/00, BFH/NV 2004, 1103). Es kann auch unter dem Gesichtspunkt der Rehabilitierung (vgl. BFH-Urteil vom 27. Januar 2004 VII R 54/02, BFH/NV 2004, 797) sowie deshalb bestehen, weil die begehrte Feststellung voraussichtlich in einem beabsichtigten und nicht völlig aussichtslosen Schadensersatzprozess erheblich sein wird (vgl. BFH-Beschluss vom 15. Mai 2002 I B 8/02, I S 13/01, BFH/NV 2002, 1317). Die Voraussetzungen hierfür sind substantiiert darzulegen (BFH Beschluss vom 07. April 2009 –XI B 115/08, BFH/NV 2009, 1085).

37

In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin zu 1) angekündigt, sie werde ihr Begehren im Wege des Schadensersatzes weiterverfolgen. Dies dürfte nicht völlig aussichtslos sein, denn die Beklagte zahlte das Kindergeld entgegen der anders lautenden Dienstanweisung weiter aus und nahm so der Klägerin zu 1) die Möglichkeit, ihren Auszahlungsanspruch durchzusetzen.

38

c) Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist begründet. Die Abzweigung des monatlichen Kindergeldes zugunsten der Klägerin zu 2)  auf Grund des Bescheides vom 05. Juli 2011 für die Monate Mai 2011 bis Oktober 2011 war rechtswidrig.

39

Die Beklagte hat ermessenswidrig eine Abzweigung vorgenommen, weil sie außer Acht ließ, dass die Klägerin zu 1) ihren Sohn in ihren Haushalt aufgenommen hatte.

40

Gemäß § 74 Abs. 1 Satz 4 EStG kann das Kindergeld an die Person oder Stelle ausgezahlt werden, die dem Kind Unterhalt gewährt (sog. Abzweigung). Nach § 74 Abs. 1 Satz 3 EStG ist diese Abzweigung auch dann möglich, wenn der Kindergeldberechtigte mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist oder nur Unterhalt in Höhe eines Betrages zu leisten braucht, der geringer ist als das für die Auszahlung in Betracht kommende Kindergeld.

41

Eine Ermessensentscheidung kann nur dann als rechtmäßig angesehen werden, wenn die Behörde den entscheidungserheblichen Sachverhalt einwandfrei und erschöpfend ermittelt hat. Daraus folgt umgekehrt, dass die Ermessensentscheidung fehlerhaft ist, wenn die Behörde bei ihrer Entscheidung Gesichtspunkte tatsächlicher oder rechtlicher Art, die nach Sinn und Zweck der Ermessensvorschrift zu berücksichtigen wären, außer Acht lässt (BFH Urteile vom 23. Mai 1985 – V R 124/79, BStBl II 1985, 489; vom 04. Oktober 1988 – VII R 53/85, BFH/NV 1989, 274).

42

Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (BFH Urteil vom 18. April 2013 V R 48/11, m.w.N.),  der sich das erkennende Gericht angeschlossen hat, sind bei der Ausübung des Ermessens, ob und in welcher Höhe das Kindergeld an Sozialleistungsträger abzuzweigen ist, auch geringe Unterhaltsleistungen der Eltern zu berücksichtigen. Insbesondere scheidet eine Abzweigung aus, wenn der kindergeldberechtigte Elternteil durch Übernahme eines Kostenbeitrags und durch Gewährung von Unterkunft Unterhaltsleistungen mindestens in der Höhe des gesetzlichen Kindergeldbetrags für ein volljähriges behindertes Kind erbringt, das nicht vollstationär untergebracht ist, sondern sich über Nacht und an freien Tagen im Haushalt des Kindergeldberechtigten befindet. In Übereinstimmung mit dieser Rechtsprechung bestimmt die ermessenslenkende Verwaltungsanweisung in DA 74.1.2 Abs. 2 Satz 2 und 3 der DA-FamEStG 2012 dass eine Abzweigung nicht in Betracht kommt, wenn der Berechtigte regelmäßig Unterhaltsleistungen erbringt, die den Betrag des anteiligen Kindergeldes übersteigen, wovon grundsätzlich auszugehen ist, wenn das Kind in den Haushalt des Berechtigten aufgenommen worden ist.

43

Im Streitfall lebt der schwerbehinderte Sohn der Klägerin zu 1)  in ihrem Haushalt. Sie bezieht selbst keine Grundsicherungsleistungen, sondern verfügt über ein eigenes Einkommen. Unter Berücksichtigung der oben erwähnten ermessenslenkenden Verwaltungsvorschrift zu § 74 Abs. 1 EStG erweist sich die Entscheidung der Beklagten, ab Mai 2011 monatlich 92 € aus dem Kindergeldanspruch der Klägerin zu 1) an die Klägerin zu 2) abzuzweigen, als ermessenswidrig.

44

Die Beteiligten sind sich einig, dass nach den geschilderten Grundsätzen zu verfahren ist, und haben dies für die Zeiträume, für die das Kindergeld noch nicht ausgezahlt worden war, auch getan.

45

5. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus §§ 135 ff FGO; das Gericht berücksichtigte die Prozesserklärungen der Beteiligten. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis beruhen auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

46

6. Die Revision wird zur Fortbildung des Rechts gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alt. FGO zugelassen. Klärungsbedürftig ist, ob auch die bereits erfolgte Auszahlung an den Abzweigungsempfänger eine Änderung der Abzweigungsentscheidung für die Vergangenheit verhindert. Diese Rechtsfrage war noch nicht Gegenstand höchstrichterlicher Rechtsprechung und hat eine gewisse Breitenwirkung.


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1Die steuerliche Freistellung eines Einkommensbetrags in Höhe des Existenzminimums eines Kindes einschließlich der Bedarfe für Betreuung und Erziehung oder Ausbildung wird im gesamten Veranlagungszeitraum entweder durch die Freibeträge nach § 32 Absa

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(1) Das Bundeszentralamt für Steuern hat unbeschadet des § 4 Abs. 2 und 3 folgende Aufgaben:

1.
die Mitwirkung an Außenprüfungen (§ 19);
2.
die Erstattung von Kapitalertragsteuer und von im Wege des Steuerabzugs nach § 50a des Einkommensteuergesetzes erhobener Steuer an beschränkt Steuerpflichtige, soweit die Einkommensteuer oder die Körperschaftsteuer mit dem Steuerabzug abgegolten ist und die beschränkte Steuerpflicht nicht auf § 2 Nummer 2 des Körperschaftsteuergesetzes beruht;
2a.
die Entgegennahme der Anträge nach § 1a Absatz 1 Satz 4 des Körperschaftsteuergesetzes und Berücksichtigung des Status der optierenden Gesellschaft in den Verfahren zur Entlastung von deutschen Abzugsteuern (Erstattungen und Freistellungen) auf Grund von Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung;
3.
die Entlastung bei deutschen Besitz- oder Verkehrsteuern gegenüber internationalen Organisationen, amtlichen zwischenstaatlichen Einrichtungen, ausländischen Missionen, berufskonsularischen Vertretungen und deren Mitgliedern auf Grund völkerrechtlicher Vereinbarung oder besonderer gesetzlicher Regelung nach näherer Weisung des Bundesministeriums der Finanzen sowie die Durchführung des Besteuerungsverfahrens nach § 18 Absatz 5a des Umsatzsteuergesetzes einschließlich der damit im Zusammenhang stehenden Tätigkeiten für ausländische Missionen, berufskonsularische Vertretungen und deren Mitglieder;
4.
die Besteuerung von Investmentfonds und Spezial-Investmentfonds sowie die Feststellung der Besteuerungsgrundlagen von Spezial-Investmentfonds, soweit es nach § 4 Absatz 2 Nummer 2 des Investmentsteuergesetzes zuständig ist. Daneben stellt das Bundeszentralamt für Steuern auf Anforderung den für die Besteuerung von Investmentfonds, Spezial-Investmentfonds oder deren Anlegern zuständigen Landesfinanzbehörden seine Erkenntnisse über ausländische Rechtsformen und ausländisches Recht zur Verfügung;
5.
die Ausübung der Funktion der zuständigen Behörde auf dem Gebiet der steuerlichen Rechts- und Amtshilfe und bei der Durchführung von Verständigungs- und Schiedsverfahren im Einvernehmen mit der zuständigen obersten Landesfinanzbehörde oder mit der von dieser beauftragten Behörde nach den Doppelbesteuerungsabkommen, dem Übereinkommen Nr. 90/436/EWG über die Beseitigung der Doppelbesteuerung im Falle von Gewinnberichtigungen zwischen verbundenen Unternehmen (ABl. L 225 vom 20.8.1990, S. 10) in der jeweils geltenden Fassung und dem EU-Doppelbesteuerungsabkommen-Streitbeilegungsgesetz vom 10. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2103) in der jeweils geltenden Fassung und bei der Durchführung von Vorabverständigungsverfahren nach § 89a der Abgabenordnung, soweit das zuständige Bundesministerium seine Befugnisse in diesem Bereich delegiert;
5a.
die Entgegennahme und Weiterleitung von Meldungen nach auf der Grundlage von § 117c der Abgabenordnung ergangenen Rechtsverordnungen und die Durchführung von Bußgeldverfahren in den Fällen des § 379 Absatz 2 Nummer 1b der Abgabenordnung sowie die Auswertung dieser Meldungen im Rahmen der dem Bundeszentralamt für Steuern gesetzlich übertragenen Aufgaben;
5b.
die Entgegennahme und Weiterleitung von Meldungen und Auswertungen im Rahmen der nach § 2 des Gesetzes zum automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen auszutauschenden Informationen und die Durchführung von Bußgeldverfahren nach § 28 des vorgenannten Gesetzes;
5c.
die Einstellung von Informationen zu grenzüberschreitenden Vorbescheiden oder Vorabverständigungen über die Verrechnungspreisgestaltung gemäß § 7 Absatz 3 bis 5 des EU-Amtshilfegesetzes in das Zentralverzeichnis der Mitgliedstaaten der Europäischen Union gemäß Artikel 21 Absatz 5 der Richtlinie 2011/16/EU des Rates vom 15. Februar 2011 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Aufhebung der Richtlinie 77/799/EWG (ABl. L 64 vom 11.3.2011, S. 1) in der jeweils geltenden Fassung sowie die Entgegennahme der von den anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union in das Zentralverzeichnis eingestellten Informationen im Sinne des Artikels 8a der Richtlinie 2011/16/EU und ihre Weiterleitung an die jeweils zuständige Landesfinanzbehörde nach Maßgabe des § 7 Absatz 9 des EU-Amtshilfegesetzes;
5d.
die automatische Übermittlung der länderbezogenen Berichte, die dem Bundeszentralamt für Steuern hierzu von den Unternehmen nach § 138a Absatz 6 der Abgabenordnung übermittelt worden sind, an
a)
die jeweils zuständige Landesfinanzbehörde,
b)
die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten der am 27. Januar 2016 unterzeichneten „Mehrseitigen Vereinbarung zwischen den zuständigen Behörden über den Austausch länderbezogener Berichte“ (BGBl. 2016 II S. 1178, 1179),
c)
die zuständigen Behörden der anderen Mitgliedstaaten gemäß Artikel 8aa der Richtlinie 2011/16/EU sowie
d)
die zuständigen Behörden der Drittstaaten, mit denen die Bundesrepublik Deutschland ein Abkommen über den steuerlichen Informationsaustausch geschlossen hat, nach dem ein automatischer Austausch von Informationen vereinbart werden kann;
5e.
die Entgegennahme und Weiterleitung
a)
der länderbezogenen Berichte, die dem zentralen Verbindungsbüro von den zuständigen Behörden der anderen Mitgliedstaaten gemäß Artikel 8aa der Richtlinie 2011/16/EU übersandt wurden, an die zuständigen Landesfinanzbehörden,
b)
der länderbezogenen Berichte im Sinne des § 138a Absatz 2 der Abgabenordnung, die dem zentralen Verbindungsbüro von den zuständigen Behörden der Vertragsstaaten der am 27. Januar 2016 unterzeichneten „Mehrseitigen Vereinbarung zwischen den zuständigen Behörden über den Austausch länderbezogener Berichte“ (BGBl. 2016 II S. 1178, 1179) übermittelt wurden, an die jeweils zuständige Landesfinanzbehörde sowie
c)
der länderbezogenen Berichte im Sinne des § 138a Absatz 2 der Abgabenordnung, die dem zentralen Verbindungsbüro von den zuständigen Behörden der Drittstaaten, mit denen die Bundesrepublik Deutschland ein Abkommen über den steuerlichen Informationsaustausch geschlossen hat, nach dem ein automatischer Austausch von Informationen vereinbart werden kann, übermittelt wurden, an die jeweils zuständige Landesfinanzbehörde;
5f.
die automatische Übermittlung von Informationen zu grenzüberschreitenden Steuergestaltungen gemäß § 7 Absatz 13 des EU-Amtshilfegesetzes sowie die Entgegennahme von Informationen im Sinne des Artikels 8ab der Richtlinie 2011/16/EU gemäß § 7 Absatz 14 des EU-Amtshilfegesetzes;
5g.
die Entgegennahme, die Weiterleitung und die Übermittlung von Informationen nach § 9 Absatz 1 bis 3 und die Durchführung der Verfahren gemäß den §§ 10 bis 12 und 25 bis 27 des Plattformen-Steuertransparenzgesetzes;
5h.
die Auswertung der Informationen nach den Nummern 5c, 5d, 5e, 5f und 5g im Rahmen der dem Bundeszentralamt für Steuern gesetzlich übertragenen Aufgaben; Auswertungen der Informationen nach den Nummern 5c, 5d, 5e, 5f und 5g durch die jeweils zuständige Landesfinanzbehörde bleiben hiervon unberührt;
6.
die zentrale Sammlung und Auswertung von Unterlagen über steuerliche Auslandsbeziehungen nach näherer Weisung des Bundesministeriums der Finanzen;
7.
bei Personen, die nicht im Geltungsbereich dieses Gesetzes ansässig sind, die Bestimmung des für die Besteuerung örtlich zuständigen Finanzamts, wenn sich mehrere Finanzämter für örtlich zuständig oder für örtlich unzuständig halten oder wenn sonst Zweifel über die örtliche Zuständigkeit bestehen;
8.
die Vergütung der Vorsteuerbeträge in dem besonderen Verfahren nach § 18 Abs. 9 des Umsatzsteuergesetzes;
9.
auf Grund der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 des Rates vom 7. Oktober 2010 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden und die Betrugsbekämpfung auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer (ABl. L 268 vom 12.10.2010, S. 1)
a)
die Vergabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (§ 27a des Umsatzsteuergesetzes),
b)
die Entgegennahme der Zusammenfassenden Meldungen (§ 18a des Umsatzsteuergesetzes) und Speicherung der Daten,
c)
den Austausch von gespeicherten Informationen mit anderen Mitgliedstaaten;
10.
die Erteilung von Bescheinigungen in Anwendung des Artikels 151 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347 vom 11.12.2006, S. 1, L 335 vom 20.12.2007, S. 60), die zuletzt durch die Richtlinie 2013/61/EU (ABl. L 353 vom 28.12.2013, S. 5) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung zum Nachweis der Umsatzsteuerbefreiung der Umsätze, die in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union an im Geltungsbereich dieses Gesetzes ansässige zwischenstaatliche Einrichtungen, ständige diplomatische Missionen und berufskonsularische Vertretungen sowie deren Mitglieder ausgeführt werden;
11.
die Durchführung des Familienleistungsausgleichs nach Maßgabe der §§ 31, 62 bis 78 des Einkommensteuergesetzes. Die Bundesagentur für Arbeit stellt dem Bundeszentralamt für Steuern zur Durchführung dieser Aufgaben ihre Dienststellen als Familienkassen zur Verfügung. Das Nähere, insbesondere die Höhe der Verwaltungskostenerstattung, wird durch Verwaltungsvereinbarung geregelt. Der Vorstand der Bundesagentur für Arbeit kann innerhalb seines Zuständigkeitsbereichs abweichend von den Vorschriften der Abgabenordnung über die örtliche Zuständigkeit von Finanzbehörden die Entscheidung über den Anspruch auf Kindergeld für bestimmte Bezirke oder Gruppen von Berechtigten einer anderen Familienkasse übertragen. Für die besonderen Belange der Personen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst-, Amts- oder Ausbildungsverhältnis zum Bund stehen oder Versorgungsbezüge nach bundesbeamten- oder soldatenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen erhalten oder Arbeitnehmer des Bundes oder einer sonstigen Körperschaft, einer Anstalt oder einer Stiftung des öffentlichen Rechts im Bereich des Bundes sind, benennt die Bundesagentur für Arbeit als Familienkasse zentrale Ansprechpartner. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung Landesfamilienkassen zur Wahrnehmung der Aufgaben nach § 72 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes einzurichten. Diese können auch Aufgaben der mittelbaren Verwaltung wahrnehmen. Die Ermächtigung kann durch Rechtsverordnung auf die zuständigen obersten Landesbehörden übertragen werden. Die Familienkassen gelten als Bundesfinanzbehörden, soweit sie den Familienleistungsausgleich durchführen, und unterliegen insoweit der Fachaufsicht des Bundeszentralamtes für Steuern. Das Bundeszentralamt für Steuern erteilt diesen Familienkassen ein Merkmal zur Identifizierung (Familienkassenschlüssel) und veröffentlicht die Namen und die Anschriften dieser Familienkassen jeweils zu Beginn eines Kalenderjahres im Bundessteuerblatt;
12.
die Durchführung der Veranlagung nach § 50 Absatz 2 Satz 2 Nummer 5 des Einkommensteuergesetzes und § 32 Absatz 2 Nummer 2 des Körperschaftsteuergesetzes sowie die Durchführung des Steuerabzugsverfahrens nach § 50a Absatz 1 des Einkommensteuergesetzes und nach § 10 des Steueroasen-Abwehrgesetzes; einschließlich des Erlasses von Haftungs- und Nachforderungsbescheiden und deren Vollstreckung;
13.
die zentrale Sammlung und Auswertung der von den Finanzbehörden der Länder übermittelten Informationen über Betrugsfälle im Bereich der Umsatzsteuer;
14.
die Sammlung, Auswertung und Weitergabe der Daten, die nach § 45d des Einkommensteuergesetzes in den dort genannten Fällen zu übermitteln sind sowie die Übermittlung der Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) in dem Anfrageverfahren nach § 44a Absatz 2a Satz 3 bis 7 des Einkommensteuergesetzes;
14a.
die Sammlung, Auswertung und Bereitstellung der Daten, die nach den §§ 45b und 45c des Einkommensteuergesetzes in den dort genannten Fällen zu übermitteln sind; das Bundeszentralamt für Steuern unterrichtet die Finanzbehörden der Länder über die Ergebnisse der Datenauswertung und stellt den Finanzbehörden der Länder Daten für die Verwendung in Besteuerungsverfahren zur Verfügung;
15.
die Koordinierung von Umsatzsteuerprüfungen der Landesfinanzbehörden in grenz- und länderübergreifenden Fällen;
16.
das Zusammenführen und Auswerten von umsatzsteuerlich erheblichen Informationen zur Identifizierung prüfungswürdiger Sachverhalte;
17.
die Beobachtung von elektronisch angebotenen Dienstleistungen zur Unterstützung der Landesfinanzverwaltungen bei der Umsatzbesteuerung des elektronischen Handels;
18.
a)
die Weiterleitung der Daten, die nach § 10 Absatz 2a, 2b und 4b des Einkommensteuergesetzes in den dort genannten Fällen zu übermitteln sind,
b)
die Sammlung, Auswertung und Weitergabe der Daten, die nach § 10a Absatz 5 des Einkommensteuergesetzes in den dort genannten Fällen zu übermitteln sind,
c)
die Sammlung, Auswertung und Weitergabe der Daten, die nach § 22a des Einkommensteuergesetzes in den dort genannten Fällen zu übermitteln sind,
d)
bei einer Datenübermittlung nach § 22a Absatz 1 des Einkommensteuergesetzes die Prüfung nach § 93c Absatz 4 Satz 1 der Abgabenordnung und die Erhebung des Verspätungsgeldes nach § 22a Absatz 5 des Einkommensteuergesetzes,
e)
die Übermittlung der Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) im Anfrageverfahren nach § 22a Absatz 2 in Verbindung mit § 10 Absatz 2a, 2b und 4b, § 10a Absatz 5 und § 32b Absatz 3 Satz 1 sowie nach § 52 Absatz 30b des Einkommensteuergesetzes,
f)
die Gewährung der Altersvorsorgezulage nach Abschnitt XI des Einkommensteuergesetzes sowie
g)
die Durchführung von Bußgeldverfahren nach § 50f des Einkommensteuergesetzes.
Das Bundeszentralamt für Steuern bedient sich zur Durchführung dieser Aufgaben der Deutschen Rentenversicherung Bund, soweit diese zentrale Stelle im Sinne des § 81 des Einkommensteuergesetzes ist, im Wege der Organleihe. Die Deutsche Rentenversicherung Bund unterliegt insoweit der Fachaufsicht des Bundeszentralamtes für Steuern. Das Nähere, insbesondere die Höhe der Verwaltungskostenerstattung, wird durch Verwaltungsvereinbarung geregelt;
19.
die zentrale Sammlung der von den Finanzbehörden übermittelten Angaben über erteilte Freistellungsbescheinigungen nach § 48b des Einkommensteuergesetzes und die Erteilung von Auskünften im Wege einer elektronischen Abfrage an den Leistungsempfänger im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes über die übermittelten Freistellungsbescheinigungen;
20.
den Einzug der einheitlichen Pauschsteuer nach § 40a Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes. Das Bundeszentralamt für Steuern bedient sich zur Durchführung dieser Aufgabe der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See als Träger der knappschaftlichen Rentenversicherung im Wege der Organleihe. Das Nähere, insbesondere die Höhe der Verwaltungskostenerstattung, wird durch Verwaltungsvereinbarung geregelt. Die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See als Träger der knappschaftlichen Rentenversicherung gilt für die Durchführung dieser Aufgabe als Bundesfinanzbehörde und unterliegt insoweit der Fachaufsicht des Bundeszentralamtes für Steuern.
21.
für vor dem 1. Juli 2021 ausgeführte Umsätze die Durchführung des Besteuerungsverfahrens nach § 18 Absatz 4c des Umsatzsteuergesetzes in der bis zum 30. Juni 2021 geltenden Fassung einschließlich der damit im Zusammenhang stehenden Tätigkeiten auf Grund von Kapitel XI Abschnitt 1 und 2 der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 des Rates vom 7. Oktober 2010 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden und die Betrugsbekämpfung auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer (ABl. L 268 vom 12.10.2010, S. 1) sowie für nach dem 30. Juni 2021 ausgeführte Umsätze die Entgegennahme und Weiterleitung von Anzeigen, Umsatzsteuererklärungen und Zahlungen von nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmern in Anwendung der Artikel 360 bis 367 und 369 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates in der Fassung von Artikel 2 Nummer 17 bis 19 der Richtlinie (EU) 2017/2455 des Rates vom 5. Dezember 2017 zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG und der Richtlinie 2009/132/EG in Bezug auf bestimmte mehrwertsteuerliche Pflichten für die Erbringung von Dienstleistungen und für Fernverkäufe von Gegenständen (ABl. L 348 vom 29.12.2017, S. 7) einschließlich der mit der Durchführung des Besteuerungsverfahrens nach § 18i des Umsatzsteuergesetzes zusammenhängenden Tätigkeiten auf Grund der Kapitel V und XI der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 des Rates in der Fassung von Artikel 1 der Verordnung (EU) 2017/2454 des Rates vom 5. Dezember 2017 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 des Rates über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden und die Betrugsbekämpfung auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer (ABl. L 348 vom 29.12.2017, S. 1);
22.
die Vergabe und die Verwaltung des Identifikationsmerkmals nach den §§ 139a bis 139d der Abgabenordnung;
23.
die Bestätigungen nach § 18e des Umsatzsteuergesetzes 1999;
24.
den Abruf von Daten aus den nach § 93b der Abgabenordnung in Verbindung mit § 24c Abs. 1 Satz 1 des Kreditwesengesetzes von den Kreditinstituten geführten Dateien und die Weiterleitung der abgerufenen Daten an die zuständigen Finanzbehörden;
25.
die Verwaltung der Versicherung- und Feuerschutzsteuer und die zentrale Sammlung und Auswertung der Informationen für die Verwaltung der Versicherung- und Feuerschutzsteuer;
26.
Entgegennahme von Meldungen und Zahlungen von Zinsabschlag nach der Zinsinformationsverordnung und deren Weiterleitung;
27.
die Erteilung von verbindlichen Auskünften nach § 89 Abs. 2 Satz 3 der Abgabenordnung;
28.
die Unterstützung der Finanzbehörden der Länder bei der Verhütung und Verfolgung von Steuerstraftaten mit länderübergreifender, internationaler oder erheblicher Bedeutung sowie bei Anzeigen nach § 116 Abs. 1 der Abgabenordnung. Das Bundeszentralamt für Steuern hat zur Wahrnehmung dieser Aufgabe alle hierfür erforderlichen Informationen zu sammeln und auszuwerten und die Behörden der Länder über die sie betreffenden Informationen und die in Erfahrung gebrachten Zusammenhänge von Straftaten zu unterrichten;
28a.
die Weiterleitung von Mitteilungen nach § 116 Abs. 1 der Abgabenordnung an die zuständigen Finanzbehörden der Zollverwaltung;
28b.
die Unterstützung der Finanzbehörden der Länder bei der Ermittlung von Steuergestaltungen, die die Erlangung eines Steuervorteils aus der Erhebung oder Entlastung von Kapitalertragsteuer mit länderübergreifender, internationaler oder erheblicher Bedeutung zum Gegenstand haben; das Bundeszentralamt für Steuern hat zur Wahrnehmung dieser Aufgabe alle hierfür erforderlichen Informationen zu sammeln und auszuwerten und die Behörden der Länder über die sie betreffenden Informationen zu unterrichten;
29.
die Durchführung der gesonderten Feststellung der Einlagenrückgewähr nach § 27 Absatz 8 des Körperschaftsteuergesetzes;
29a.
Entgegennahme, Verarbeitung und Weiterleitung der Versicherungsdaten bei privaten Krankenversicherungen und privaten Pflege-Pflichtversicherungen nach § 39 Absatz 4a des Einkommensteuergesetzes;
30.
die Bildung, Speicherung und Bereitstellung elektronischer Lohnsteuerabzugsmerkmale;
31.
die zentrale Sammlung der von den Finanzbehörden der Länder übermittelten Daten zu Konzernübersichten (Konzernverzeichnis) sowie die Erteilung von Auskünften daraus im Wege einer elektronischen Abfrage durch die Finanzbehörden der Länder;
32.
die zentrale Sammlung der von den Finanzbehörden der Länder übermittelten branchenbezogenen Kennzahlen sowie die Erteilung von Auskünften daraus im Wege einer elektronischen Abfrage durch die Finanzbehörden der Länder;
33.
die Registrierung eines Vor-REIT nach § 2 des REIT-Gesetzes;
34.
die Zertifizierung von Altersvorsorge- und Basisrentenverträgen nach dem Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz und die Durchführung von Bußgeldverfahren nach § 13 des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes;
35.
die Prüfung der Vollständigkeit und Zulässigkeit von Anträgen auf Vorsteuer-Vergütung für im Inland ansässige Unternehmer in Anwendung von Artikel 18 der Richtlinie 2008/9/EG des Rates vom 12. Februar 2008 zur Regelung der Erstattung der Mehrwertsteuer gemäß der Richtlinie 2006/112/EG an nicht im Mitgliedstaat der Erstattung, sondern in einem anderen Mitgliedstaat ansässige Steuerpflichtige (ABl. EU Nr. L 44 S. 23);
36.
die Prüfung nach § 93c Absatz 4 Satz 1 der Abgabenordnung der nach § 10 Absatz 2b des Einkommensteuergesetzes zu übermittelnden Daten sowie bei dieser Datenübermittlung die Festsetzung und Erhebung des Haftungsbetrages nach § 72a Absatz 4 der Abgabenordnung;
37.
Ausstellung der Bescheinigung an Unternehmer über die Erfüllung der Voraussetzungen des § 4 Nummer 11b des Umsatzsteuergesetzes;
38.
ab 14. Dezember 2010 die Weiterleitung von Anzeigen nach § 9 der Erbschaftsteuer-Durchführungsverordnung an die zuständigen Finanzbehörden der Länder;
39.
(weggefallen)
40.
für vor dem 1. Juli 2021 ausgeführte Umsätze die mit der Durchführung des Besteuerungsverfahrens nach § 18 Absatz 4e des Umsatzsteuergesetzes in Zusammenhang stehenden Tätigkeiten auf Grund der Kapitel V und XI Abschnitt 2 der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 des Rates vom 7. Oktober 2010 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden und die Betrugsbekämpfung auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer (ABl. L 268 vom 12.10.2010, S. 1) und die Entgegennahme und Weiterleitung von Anzeigen und Umsatzsteuererklärungen für im Inland ansässige Unternehmer in Anwendung der Artikel 369c bis 369i der Richtlinie 2006/112/EG des Rates in der Fassung des Artikels 5 Nummer 15 der Richtlinie 2008/8/EG des Rates vom 12. Februar 2008 zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG bezüglich des Ortes der Dienstleistung (ABl. L 44 vom 20.2.2008, S. 11) einschließlich der damit zusammenhängenden Tätigkeiten auf Grund von Artikel 17 Absatz 1 Buchstabe d und Artikel 21 Absatz 1 sowie Kapitel XI Abschnitt 2 der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 des Rates vom 7. Oktober 2010 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden und die Betrugsbekämpfung auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer (ABl. L 268 vom 12.10.2010, S. 1) sowie für nach dem 30. Juni 2021 ausgeführte Umsätze die Entgegennahme und Weiterleitung von Anzeigen, Umsatzsteuererklärungen und Zahlungen von im Inland oder nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmern in Anwendung der Artikel 369c bis 369i und 369k der Richtlinie 2006/112/EG des Rates in der Fassung von Artikel 1 Nummer 11 bis 13 der Richtlinie (EU) 2019/1995 des Rates vom 21. November 2019 zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 in Bezug auf Vorschriften für Fernverkäufe von Gegenständen und bestimmte inländische Lieferungen von Gegenständen (ABl. L 310 vom 2.12.2019, S. 1) einschließlich der mit der Durchführung des Besteuerungsverfahrens nach § 18j des Umsatzsteuergesetzes zusammenhängenden Tätigkeiten auf Grund der Kapitel V und XI Abschnitt 2 und 3 der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 des Rates in der Fassung von Artikel 1 der Verordnung (EU) 2017/2454 des Rates vom 5. Dezember 2017 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 des Rates über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden und die Betrugsbekämpfung auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer (ABl. L 348 vom 29.12.2017, S. 1);
41.
die Entgegennahme und Weiterleitung von Anzeigen, Umsatzsteuererklärungen und Zahlungen von im Inland oder nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmern oder von im Auftrag handelnden im Inland ansässigen Vertretern in Anwendung der Artikel 369o bis 369v und 369x der Richtlinie 2006/112/EG des Rates in der Fassung von Artikel 2 Nummer 30 der Richtlinie (EU) 2017/2455 des Rates vom 5. Dezember 2017 zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG und der Richtlinie 2009/132/EG in Bezug auf bestimmte mehrwertsteuerliche Pflichten für die Erbringung von Dienstleistungen und für Fernverkäufe von Gegenständen (ABl. L 348 vom 29.12.2017, S. 7) einschließlich der mit der Durchführung des Besteuerungsverfahrens nach § 18k des Umsatzsteuergesetzes zusammenhängenden Tätigkeiten auf Grund der Kapitel V und XI Abschnitt 3 der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 des Rates in der Fassung von Artikel 1 der Verordnung (EU) 2017/2454 des Rates vom 5. Dezember 2017 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 des Rates über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden und die Betrugsbekämpfung auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer (ABl. L 348 vom 29.12.2017, S. 1);
42.
die Einrichtung und Pflege des Online-Zugriffs der Finanzämter auf ATLAS-Ein- und Ausfuhrdaten;
43.
die Unterstützung des Bundesministeriums der Finanzen bei der Gesetzesfolgenabschätzung im Steuerrecht;
44.
die Sammlung, Sortierung, Zuordnung und Auswertung der ihm nach den §§ 138d bis 138h der Abgabenordnung und § 7 Absatz 14 Satz 2 des EU-Amtshilfegesetzes zugegangenen Mitteilungen über grenzüberschreitende Steuergestaltungen, ihre Weiterleitung an die Generalzolldirektion nach § 138j Absatz 1 Satz 2 der Abgabenordnung, die Information der Landesfinanzbehörden nach § 138i und § 138j Absatz 3 der Abgabenordnung sowie die Unterrichtung des Bundesministeriums der Finanzen über die Ergebnisse der Auswertung nach § 138j Absatz 1 der Abgabenordnung;
45.
die Übermittlung von Daten im Rahmen des automatisierten Datenabrufverfahrens mit den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung in den in § 151b Absatz 2 Satz 2 und § 151c Absatz 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch genannten Fällen;
45a.
die Durchführung des Besteuerungsverfahrens nach dem Gesetz zur Einführung eines EU-Energiekrisenbeitrags nach der Verordnung (EU) 2022/1854;
46.
Mitwirkung bei der Festlegung der Einzelheiten der Risikomanagementsysteme zur Gewährleistung eines bundeseinheitlichen Vollzugs auf dem Gebiet der Steuern, die von den Landesfinanzbehörden im Auftrag des Bundes verwaltet werden;
46a.
die Prüfung nach § 7 Absatz 1 Satz 1 und 2 des Gesetzes über steuerrechtliche Maßnahmen bei Erhöhung des Nennkapitals aus Gesellschaftsmitteln, wenn im Zeitpunkt der Antragstellung keine Finanzbehörde nach § 20 der Abgabenordnung für die Besteuerung der ausländischen Gesellschaft nach dem Einkommen örtlich zuständig ist.
Das Bundeszentralamt für Steuern hat Daten, die von ihm oder der zentralen Stelle im Sinne des § 81 des Einkommensteuergesetzes nach § 88 Absatz 4 der Abgabenordnung nicht an die Landesfinanzbehörden weitergeleitet wurden, bis zum Ablauf des 15. Jahres nach dem Jahr des Zugangs der Daten zur Durchführung von Verfahren im Sinne des § 30 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a und b der Abgabenordnung sowie zur Datenschutzkontrolle zu speichern.

(1a) Soweit durch Absatz 1 Aufgaben der Steuerverwaltung übertragen wurden, ist hiervon auch die Durchführung von Vorfeldermittlungen nach § 208 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 der Abgabenordnung umfasst. Dies gilt nicht für Fälle des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 5, 5c bis 5f, 6, 7, 9, 10, 13 bis 17, 19, 22 bis 24, 26, 28, 28a, 28b, 29a bis 34, 36, 38 und 42 bis 46.

(2) Die vom Bundeszentralamt für Steuern auf Grund gesetzlicher Vorschriften gewährten Steuererstattungen und Steuervergütungen sowie die nach § 44b Absatz 6 Satz 1 bis 3 des Einkommensteuergesetzes erstattete Kapitalertragsteuer werden von den Ländern in dem Verhältnis getragen, in dem sie an dem Aufkommen der betreffenden Steuern beteiligt sind. Kapitalertragsteuer, die das Bundeszentralamt für Steuern anlässlich der Vergütung von Körperschaftsteuer vereinnahmt hat, steht den Ländern in demselben Verhältnis zu. Für die Aufteilung ist das Aufkommen an den betreffenden Steuern in den einzelnen Ländern maßgebend, das sich ohne Berücksichtigung der in den Sätzen 1 und 2 bezeichneten Steuerbeträge für das Vorjahr ergibt. Das Nähere bestimmt das Bundesministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung, die der Zustimmung des Bundesrates bedarf.

(3) Die von den Familienkassen bei der Durchführung des Familienleistungsausgleichs nach Absatz 1 Nr. 11 ausgezahlten Steuervergütungen im Sinne des § 31 des Einkommensteuergesetzes werden jeweils von den Ländern und Gemeinden, in denen der Gläubiger der Steuervergütung seinen Wohnsitz hat, nach den für die Verteilung des Aufkommens der Einkommensteuer maßgebenden Vorschriften mitgetragen. Das Bundeszentralamt für Steuern stellt nach Ablauf eines jeden Monats die Anteile der einzelnen Länder einschließlich ihrer Gemeinden an den gewährten Leistungen fest. Die nach Satz 2 festgestellten Anteile sind dem Bund von den Ländern bis zum 15. des dem Zahlungsmonat folgenden Monats zu erstatten. Für den Monat Dezember ist dem Bund von den Ländern ein Abschlag auf der Basis der Abrechnung des Vormonats zu leisten. Die Abrechnung für den Monat Dezember hat bis zum 15. Januar des Folgejahres zu erfolgen. Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere zu bestimmen.

(4) Die von der zentralen Stelle (§ 81 des Einkommensteuergesetzes) veranlassten Auszahlungen von Altersvorsorgezulagen (§ 83 des Einkommensteuergesetzes) werden nach den für die Verteilung des Aufkommens der Einkommensteuer maßgebenden Vorschriften von den Ländern und Gemeinden mitgetragen, in denen der Gläubiger der Steuervergütung seinen inländischen Wohnsitz hat; bei Gläubigern mit ausländischem Wohnsitz wird der letzte bekannte inländische Wohnsitz zugrunde gelegt. Die sich aus Satz 1 ergebenden Finanzierungsanteile gelten auch, wenn der Wohnsitz nicht nach Satz 1 zugeordnet werden kann. Die zentrale Stelle stellt nach Ablauf des dem Kalendervierteljahr folgenden Monats die Anteile der einzelnen Länder einschließlich ihrer Gemeinden an den zu gewährenden Leistungen fest. Die nach Satz 2 festgestellten Anteile sind dem Bund von den Ländern bis zum 15. des zweiten, dem Kalendervierteljahr folgenden Monats zu erstatten. Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere zu bestimmen.

(5) An dem Aufkommen der von der vereinnahmten pauschalen Lohnsteuer (§ 40a Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes) sind die Länder und Gemeinden, in denen die Steuerpflichtigen ihren Wohnsitz haben, nach den für die Verteilung des Aufkommens der Einkommensteuer maßgebenden Vorschriften zu beteiligen. Nach Ablauf eines jeden Monats werden die Anteile der einzelnen Länder einschließlich ihrer Gemeinden an der vereinnahmten pauschalen Lohnsteuer festgestellt. Die nach Satz 2 festgestellten Anteile sind an die Länder bis zum 15. des darauf folgenden Monats auszuzahlen. Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere zur Verwaltung und Auszahlung der einheitlichen Pauschsteuer zu bestimmen.

(6) An dem Aufkommen der nach der Richtlinie 2003/48/EG des Rates vom 3. Juni 2003 im Bereich der Besteuerung von Zinserträgen (ABl. EU Nr. L 157 S. 38, 2005 Nr. L 103 S. 41), zuletzt geändert durch die Richtlinie 2006/98/EG des Rates vom 20. November 2006 (ABl. EU Nr. L 363 S. 129), in der jeweils geltenden Fassung von den berechtigten Mitgliedstaaten sowie von den in Artikel 17 dieser Richtlinie genannten Staaten und abhängigen Gebieten erhobenen Quellensteuer sind die Länder und Gemeinden entsprechend ihrem Anteil an der Kapitalertragsteuer nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, 7 und 8 bis 12 sowie Satz 2 des Einkommensteuergesetzes zu beteiligen. Die Verteilung des Länder- und Gemeindeanteils auf die einzelnen Länder erfolgt nach den Anteilen an der Kapitalertragsteuer nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, 7 und 8 bis 12 sowie Satz 2 des Einkommensteuergesetzes vom Vorjahr, die den Ländern und Gemeinden nach Zerlegung (§ 8 des Zerlegungsgesetzes) zustehen; für 2009 sind die Anteile der Länder und Gemeinden am Zinsabschlagsaufkommen des Jahres 2008 nach Zerlegung maßgeblich. Das Bundeszentralamt für Steuern stellt jeweils nach Ablauf eines Monats die Anteile der Länder einschließlich ihrer Gemeinden fest und zahlt sie an die Länder bis zum 15. des dem Abrechnungsmonat folgenden Monats aus. Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere zur Verwaltung und Auszahlung dieser Quellensteuer zu bestimmen.

(7) Das Aufkommen der in Ausübung der Aufgaben nach Absatz 1 Nummer 12 zugeflossenen Einkommen- und Körperschaftsteuer steht den Ländern und Gemeinden nach den für die Verteilung des Aufkommens der Einkommen- und Körperschaftsteuer maßgebenden Vorschriften zu. Nach Ablauf eines jeden Monats werden die Anteile der einzelnen Länder einschließlich ihrer Gemeinden an den Einnahmen durch das Bundeszentralamt für Steuern festgestellt. Die nach Satz 2 festgestellten Anteile sind an die Länder bis zum 15. des darauf folgenden Monats auszuzahlen. Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere zur Verwaltung und Auszahlung der Einnahmen in Ausübung der Aufgaben nach Absatz 1 Nummer 12 zu bestimmen.

Tatbestand

1

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte und Beschwerdeführerin (Familienkasse) das Kindergeld für die Monate August und September 2010 (Streitzeitraum) in zutreffender Höhe an die Klägerin und Beschwerdegegnerin (Klägerin) abgezweigt hat.

2

Die Klägerin ist die Tochter des Beigeladenen (B). Sie beantragte, das zugunsten des B festgesetzte Kindergeld in voller Höhe an sie auszuzahlen (Abzweigung). Die Familienkasse lehnte dies ab. Der hiergegen eingelegte Einspruch war teilweise erfolgreich. Mit Änderungsbescheid vom 2. September 2010 in Verbindung mit der Einspruchsentscheidung vom 6. September 2010 wurde das Kindergeld in Höhe von 109 € ab August 2010 an die Klägerin abgezweigt (§ 74 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes). Im Übrigen wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. B sei bis einschließlich Juli 2010 seiner Unterhaltsverpflichtung mindestens in Höhe des Kindergelds nachgekommen. Ab August 2010 leiste er noch einen Unterhalt in Höhe von 75 € monatlich, so dass eine Abzweigung in Höhe von 109 € (184 € bis 75 €) ermessensgerecht sei.

3

Die hiergegen erhobene Klage, mit der sich die Klägerin gegen die nur teilweise Abzweigung des Kindergelds ab August 2010 wandte, war erfolgreich. Das Finanzgericht (FG) verpflichtete die Familienkasse unter Aufhebung des Änderungsbescheids vom 2. September 2010 und der Einspruchsentscheidung vom 6. September 2010, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu verbescheiden. Im Streitfall habe die Familienkasse nicht aufgeklärt, ob die Vereinbarung zwischen der Klägerin und B dahin gehe, Unterhalt von 75 € zuzüglich das Kindergeld zu zahlen. Um eine sachgerechte Ermessensentscheidung treffen zu können, hätte die Familienkasse aufklären und entsprechend würdigen müssen, welche Vereinbarungen zwischen der Klägerin und B im Einzelnen getroffen worden seien.

4

Mit der hiergegen eingelegten Beschwerde begehrt die Familienkasse die Zulassung der Revision, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordere (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Entscheidungsgründe

5

II. Die Beschwerde ist unbegründet und durch Beschluss zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 FGO).

6

1. Die Familienkasse Bayern Süd der Bundesagentur für Arbeit ist aufgrund eines Organisationsaktes (Beschluss des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit Nr. 21/2013 vom 18. April 2013 gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 11 des Finanzverwaltungsgesetzes, Amtliche Nachrichten der Bundesagentur für Arbeit, Ausgabe Mai 2013, S. 6 ff., Nr. 1 der Anlage 2) im Wege des gesetzlichen Parteiwechsels in die Beteiligtenstellung der Agentur für Arbeit Regensburg --Familienkasse-- eingetreten (s. dazu BFH-Beschluss vom 3. März 2011 V B 17/10, BFH/NV 2011, 1105, unter II.A.).

7

2. Der von der Familienkasse geltend gemachte Zulassungsgrund der Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 FGO) liegt nicht vor.

8

a) Eine Divergenz ist anzunehmen, wenn das FG mit einem das angefochtene Urteil tragenden und entscheidungserheblichen Rechtssatz von einem eben solchen Rechtssatz einer anderen Gerichtsentscheidung abgewichen ist. Das angefochtene Urteil und die vorgebliche Divergenzentscheidung müssen dabei dieselbe Rechtsfrage betreffen und zu gleichen oder vergleichbaren Sachverhalten ergangen sein (Senatsbeschluss vom 12. Oktober 2011 III B 56/11, BFH/NV 2012, 178, m.w.N.).

9

b) Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor.

10

aa) Zur Begründung der geltend gemachten Divergenz führt die Familienkasse im Wesentlichen aus, das FG habe, da im Streitfall der nicht an die Klägerin abgezweigte Kindergeldbetrag von 75 € bereits an B ausgezahlt worden sei, den abstrakten Rechtssatz aufgestellt, eine Abzweigung von Kindergeld sei auch noch dann möglich, wenn der Kindergeldberechtigte bereits das Kindergeld erhalten habe. Dieser Rechtssatz widerspreche dem in dem Senatsurteil vom 26. August 2010 III R 21/08 (BFHE 231, 520) aufgestellten Rechtssatz, wonach die Abzweigung von bereits ausgezahltem Kindergeld nicht möglich sei.

11

bb) Es ist zwar zutreffend, dass nach der Rechtsprechung des Senats --wie von der Familienkasse ausgeführt-- an den Kindergeldberechtigten bereits ausgezahltes Kindergeld nicht mehr abgezweigt werden kann. Die Abzweigung von bereits ausgezahltem Kindergeld scheidet aus, da der Kindergeldanspruch durch die Auszahlung erlischt (Senatsurteile in BFHE 231, 520, zur Abzweigung an Sozialleistungsträger; vom 27. Oktober 2011 III R 16/09, BFH/NV 2012, 720, zur Abzweigung an Kind). Auch wenn in den bisher vom Senat entschiedenen Fällen das Kindergeld in voller Höhe an den Kindergeldberechtigten ausgezahlt wurde, kann für den Fall, dass nach Erlass eines die anteilige Abzweigung vorsehenden Bescheids der Restbetrag an den Kindergeldberechtigten ausgezahlt wird, nichts anderes gelten. In einem solchen Fall erlischt der Kindergeldanspruch in der Höhe, in der das Kindergeld an den Berechtigten ausgezahlt wird (§ 47 der Abgabenordnung). Bei diesem Ergebnis bliebe es selbst dann, wenn eine Abzweigung des Kindergelds in voller Höhe hätte erfolgen müssen. Dies deshalb, weil das bloße Bestehen einer Abzweigungslage ohne Vorliegen eines Abzweigungsbescheids die Empfangsberechtigung des Kindergeldberechtigten im Auszahlungsverfahren (Erhebungsverfahren) unberührt lässt (Senatsurteil in BFH/NV 2012, 720, unter II.2.c).

12

cc) Das FG hat aber in dem angegriffenen Urteil --entgegen den Ausführungen der Familienkasse-- gerade keinen hiervon abweichenden Rechtssatz aufgestellt.

13

Ein abweichender abstrakter Rechtssatz kann sich zwar auch aus scheinbar nur fallbezogenen Ausführungen des FG ergeben. Das FG muss die Rechtsfrage aber entscheiden und darf sie nicht übersehen haben (Senatsbeschluss vom 1. Juni 2012 III B 3/11, BFH/NV 2012, 1473, m.w.N.). Im Streitfall hat sich das FG zu der Frage, ob ein anteilig an den Kindergeldberechtigten ausgezahltes Kindergeld noch abgezweigt werden kann, weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht geäußert. Dieser Gesichtspunkt wurde von der Familienkasse auch nicht im erstinstanzlichen Verfahren thematisiert. Dort führte sie aus, die Abzweigungsentscheidung sei rechtmäßig, weil B monatlich Unterhalt in Höhe von 75 € leiste. Vielmehr hat die Familienkasse erstmals in der Beschwerdebegründung vorgetragen, dass für den Streitzeitraum der Restbetrag in Höhe von 75 € bereits an B ausgezahlt worden sei. Dies lässt nur den Rückschluss zu, dass das FG die bezeichnete Rechtsfrage übersehen hat. Es mag zwar sein, dass für das FG Anlass zur Prüfung einer anteiligen Auszahlung des Kindergelds an B bestanden hätte. Es hat aber in den Urteilsgründen den von der Familienkasse bezeichneten abweichenden Rechtssatz weder ausdrücklich noch konkludent aufgestellt.

14

Der Vollständigkeit halber weist der Senat darauf hin, dass sich der Umfang der materiellen Rechtskraft der FG-Entscheidung (Bescheidungsurteil nach § 101 Satz 2 FGO) aus den Entscheidungsgründen ergibt. Die hierin verbindlich zum Ausdruck gebrachte Rechtsauffassung bestimmt die Rechtskraftwirkung i.S. des § 110 FGO (Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 101 Rz 47, § 110 FGO Rz 66). Danach dürften vom FG weder in tatsächlicher noch rechtlicher Hinsicht geprüfte Gesichtspunkte keine Bindungswirkung entfalten.

15

3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.

(1) Das Gericht kann durch Beschluss mehrere bei ihm anhängige Verfahren zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbinden und wieder trennen. Es kann anordnen, dass mehrere in einem Verfahren zusammengefasste Klagegegenstände in getrennten Verfahren verhandelt und entschieden werden.

(2) Ist die Klage von jemandem erhoben, der wegen dieses Klagegegenstands nach § 60 Abs. 3 zu einem anderen Verfahren beizuladen wäre, so wird die notwendige Beiladung des Klägers dadurch ersetzt, dass die beiden Verfahren zu gemeinsamer Verhandlung und einheitlicher Entscheidung verbunden werden.

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

Soweit die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Finanzbehörde aus, den begehrten Verwaltungsakt zu erlassen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

1Die steuerliche Freistellung eines Einkommensbetrags in Höhe des Existenzminimums eines Kindes einschließlich der Bedarfe für Betreuung und Erziehung oder Ausbildung wird im gesamten Veranlagungszeitraum entweder durch die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 oder durch Kindergeld nach Abschnitt X bewirkt.2Soweit das Kindergeld dafür nicht erforderlich ist, dient es der Förderung der Familie.3Im laufenden Kalenderjahr wird Kindergeld als Steuervergütung monatlich gezahlt.4Bewirkt der Anspruch auf Kindergeld für den gesamten Veranlagungszeitraum die nach Satz 1 gebotene steuerliche Freistellung nicht vollständig und werden deshalb bei der Veranlagung zur Einkommensteuer die Freibeträge nach § 32 Absatz 6 vom Einkommen abgezogen, erhöht sich die unter Abzug dieser Freibeträge ermittelte tarifliche Einkommensteuer um den Anspruch auf Kindergeld für den gesamten Veranlagungszeitraum; bei nicht zusammenveranlagten Eltern wird der Kindergeldanspruch im Umfang des Kinderfreibetrags angesetzt.5Bei der Prüfung der Steuerfreistellung und der Hinzurechnung nach Satz 4 bleibt der Anspruch auf Kindergeld für Kalendermonate unberücksichtigt, in denen durch Bescheid der Familienkasse ein Anspruch auf Kindergeld festgesetzt, aber wegen § 70 Absatz 1 Satz 2 nicht ausgezahlt wurde.6Satz 4 gilt entsprechend für mit dem Kindergeld vergleichbare Leistungen nach § 65.7Besteht nach ausländischem Recht Anspruch auf Leistungen für Kinder, wird dieser insoweit nicht berücksichtigt, als er das inländische Kindergeld übersteigt.

(1)1Das für ein Kind festgesetzte Kindergeld nach § 66 Absatz 1 kann an das Kind ausgezahlt werden, wenn der Kindergeldberechtigte ihm gegenüber seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht nachkommt.2Kindergeld kann an Kinder, die bei der Festsetzung des Kindergeldes berücksichtigt werden, bis zur Höhe des Betrags, der sich bei entsprechender Anwendung des § 76 ergibt, ausgezahlt werden.3Dies gilt auch, wenn der Kindergeldberechtigte mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist oder nur Unterhalt in Höhe eines Betrags zu leisten braucht, der geringer ist als das für die Auszahlung in Betracht kommende Kindergeld.4Die Auszahlung kann auch an die Person oder Stelle erfolgen, die dem Kind Unterhalt gewährt.

(2) Für Erstattungsansprüche der Träger von Sozialleistungen gegen die Familienkasse gelten die §§ 102 bis 109 und 111 bis 113 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch entsprechend.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist das am … September 1982 geborene Kind der Beigeladenen. Sie absolvierte seit dem Wintersemester 2003/2004 ein Hochschulstudium und wohnte in dieser Zeit in einer von der Beigeladenen angemieteten Wohnung. Seit Oktober 2004 bezog sie Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz. Am 10. Januar 2005 stellte die Klägerin einen Antrag auf Auszahlung des anteiligen Kindergeldes an sich selbst. Diesem stimmte die Beigeladene unter Hinweis darauf zu, dass sie für die Klägerin keinen Unterhalt leiste. Zur Erläuterung legte sie einen Bescheid des zuständigen Sozialleistungsträgers vor, wonach bei der für die Festsetzung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ab Januar 2005 durchgeführten Bedarfsberechnung einerseits ihre Kosten für Unterkunft und Heizung um einen Miet- und Heizkostenanteil der Klägerin gekürzt wurden und sich andererseits ihr Einkommen um das für die Klägerin festgesetzte Kindergeld erhöhte.

2

Mit Bescheid vom 18. Januar 2005 lehnte die Beklagte und Revisionsklägerin (Familienkasse) den Antrag auf Abzweigung mit der Begründung ab, dass der Klägerin durch die Haushaltsaufnahme bei der Beigeladenen Unterhalt in ausreichender Höhe gewährt werde. Das Kindergeld zahlte die Familienkasse weiter an die Beigeladene aus. Den gegen die Ablehnung der Abzweigung gerichteten Einspruch wies die Familienkasse mit Einspruchsentscheidung vom 7. Juni 2005 als unbegründet zurück.

3

Im anschließenden Klageverfahren beteiligte das Finanzgericht (FG) die Beigeladene am Verfahren. Es gab der Klage mit Urteil vom 21. Januar 2009  14 K 2708/05 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2010, 242) statt und verpflichtete die Familienkasse, das Kindergeld für den Zeitraum von Januar 2005 bis Oktober 2007 im Wege der Abzweigung an die Klägerin auszuzahlen.

4

Zur Begründung führte es im Wesentlichen Folgendes aus:

5

Es könne dahingestellt bleiben, ob die Beigeladene gegenüber der Klägerin mangels eigener Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig gewesen oder ihrer gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung nicht nachgekommen sei. Denn entweder seien die Tatbestandsvoraussetzungen des § 74 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) oder die des § 74 Abs. 1 Satz 3 EStG erfüllt. Die Klägerin habe sich selbst unterhalten, da sie ihren Mietanteil an die Beigeladene gezahlt und sich auch an den übrigen Kosten der Haushaltsführung beteiligt habe. Eine vorherige Zurverfügungstellung der hierfür notwendigen Mittel durch die Beigeladene sei nicht ersichtlich. Unter diesen Umständen könne aus der Haushaltsaufnahme der Klägerin bei der Beigeladenen nicht auf eine tatsächliche Unterhaltsgewährung geschlossen werden.

6

Die Entscheidung der Familienkasse über die Abzweigung sei ermessensfehlerhaft, weil die Familienkasse angenommen habe, dass schon die bindenden Voraussetzungen für die Abzweigung nicht erfüllt seien. Der Ermessensspielraum der Familienkasse sei auf Null reduziert, so dass das FG auch die Verpflichtung der Familienkasse zum Erlass der begehrten Abzweigungsentscheidung auszusprechen habe.

7

Zu Unrecht habe die Familienkasse eingewandt, dass der Anspruch der Klägerin durch Erfüllung erloschen sei. Zwar begründe der Anspruch auf Abzweigung keinen eigenständigen Anspruch des Kindes auf Kindergeld neben dem Kindergeldanspruch des Kindergeldberechtigten. Vielmehr handele es sich um einen einheitlichen Anspruch, der nur einmal zu erfüllen sei, und zwar entweder durch Zahlung an den Kindergeldberechtigten oder durch Zahlung an den Abzweigungsempfänger. In Fällen, in denen die Voraussetzungen der Abzweigung zum Zeitpunkt der Zahlung objektiv erfüllt seien und der maßgebliche Sachverhalt der Familienkasse bekannt gewesen sei, könne der Zahlung nur eingeschränkte Erfüllungswirkung zukommen. Erfüllungswirkung träte nur insoweit ein, als an denjenigen Kindergeldberechtigten oder Abzweigungsempfänger gezahlt worden sei, der letztlich bestands- bzw. rechtskräftig als der richtige Zahlungsempfänger festgestellt worden sei.

8

Mit der Revision rügt die Familienkasse, das FG habe § 74 Abs. 1 EStG insoweit unzutreffend ausgelegt, als es eine Abzweigung auch für solche Zeiträume für möglich gehalten habe, für die das Kindergeld bereits an den Kindergeldberechtigten ausgezahlt worden sei.

9

Die Familienkasse beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

10

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

11

Zur Begründung schließt sie sich den Ausführungen des FG an, wonach die Familienkasse bei Annahme einer Erfüllungswirkung dem Abzweigungsanspruch allein durch Auszahlung des Kindergeldes die Grundlage entziehen könne. Wie das FG zu Recht ausgeführt habe, wäre damit die Möglichkeit willkürlicher Versagung des Anspruchs eröffnet und jeglicher Rechtsschutz abgeschnitten.

12

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Entscheidungsgründe

13

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Zu Unrecht ist das FG davon ausgegangen, dass eine Abzweigung von Kindergeld an das Kind nach § 74 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 EStG auch für solche Anspruchszeiträume erfolgen kann, für die die Familienkasse das Kindergeld bereits an den Kindergeldberechtigten ausgezahlt hat.

14

1. Nach § 74 Abs. 1 Satz 1 EStG kann das für ein Kind festgesetzte Kindergeld an das Kind selbst ausgezahlt werden, wenn der Kindergeldberechtigte ihm gegenüber seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht nachkommt. Dies gilt auch, wenn der Kindergeldberechtigte mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist oder nur Unterhalt in Höhe eines Betrages zu leisten braucht, der geringer ist als das für die Auszahlung in Betracht kommende Kindergeld (§ 74 Abs. 1 Satz 3 EStG).

15

2. a) Der Senat hat nach Ergehen der Vorentscheidung mit Urteil vom 26. August 2010 III R 21/08 (BFHE 231, 520) entschieden, dass die Auszahlung des Kindergeldes an einen Dritten nicht zum Festsetzungs-, sondern zum Auszahlungsverfahren gehört, das dem Erhebungsverfahren entspricht (s. Blümich/ Treiber, § 74 EStG Rz 41). Sie betrifft nicht die Anspruchs-, sondern die Empfangsberechtigung (Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 30. Januar 2001 VI B 272/99, BFH/NV 2001, 898; Greite in Korn § 74 EStG Rz 5). Dementsprechend kann Kindergeld, das bereits an einen Elternteil ausgezahlt worden ist, nicht mehr an einen Sozialleistungsträger oder --wie im vorliegenden Fall-- an das Kind abgezweigt werden (s. Pust in Littmann/ Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 74 EStG Rz 72; Felix in Kirchhof, EStG, 10. Aufl., § 74 Rz 3; Bergkemper in Herrmann/Heuer/Raupach, § 74 EStG Rz 14; FG München, Urteil vom 24. Mai 2006  9 K 4733/02, EFG 2006, 1335; FG Köln, Urteil vom 13. März 2008  10 K 3232/06, EFG 2008, 1298; Abschn. 74.1.1 Abs. 2 Satz 4 der Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes --DA-FamEStG--, Stand Januar 2009, BStBl I 2009, 1030, 1120). Die Abzweigung von bereits ausgezahltem Kindergeld scheidet aus, da der Kindergeldanspruch durch die Auszahlung erfüllt ist. Die Erfüllung eines erloschenen Anspruchs ist nicht möglich (s. Lemaire, Anmerkung zum Urteil des FG München vom 31. Juli 2008  12 K 1664/06, EFG 2008, 1047, 1048).

16

b) Der vorliegende Sachverhalt ist dem der Senatsentscheidung in BFHE 231, 520 zugrundeliegenden Sachverhalt vergleichbar. Denn auch in jenem Urteilsfall waren die für die Abzweigung maßgeblichen Umstände der Familienkasse in dem Zeitpunkt der Auszahlung des Kindergeldes an die Kindergeldberechtigte bereits bekannt.

17

c) Der Senat sieht sich durch die vom FG zur Begründung seiner Entscheidung angeführten Gründe nicht veranlasst, von seiner bisherigen Rechtsprechung abzuweichen. Im Gegensatz zu den vom FG zum Vergleich herangezogenen Fällen der Zahlung an den bisherigen Erstattungsberechtigten trotz Kenntnis der Abtretung oder Pfändung lässt das bloße Bestehen einer Abzweigungslage ohne Vorliegen eines Abzweigungsbescheides die Empfangsberechtigung des Kindergeldberechtigten im Auszahlungsverfahren unberührt.

18

Auch ist die Versagung der Erfüllungswirkung bei Zahlung an den letztlich nicht Zahlungsempfangsberechtigten nicht durch das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes --GG--), das Gebot des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) oder das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) geboten. Zum einen ist die Verwaltung angewiesen, das an den Dritten auszuzahlende Kindergeld in Zweifelsfällen vorläufig einzubehalten (vgl. Abschn. 74.1.4 Satz 5 DA-FamEStG 2009, BStBl I 2009, 1030, 1121; ebenso bereits Abschn. 74.1.3 Sätze 5 und 7 DA-FamEStG 2004, BStBl I 2004, 742, 826). Zum anderen kann der Abzweigungsberechtigte durch Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes der Gefahr begegnen, dass die Familienkasse gleichwohl durch Auszahlung an den Kindergeldberechtigten vollendete Tatsachen schafft.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger), das Landratsamt L, zahlte seit Januar 2005 die Kosten für die Heimunterbringung der im März 1991 geborenen C. Deren Mutter, die Beigeladene, war zeitweise inhaftiert und leistete ihrer Tochter keinen Unterhalt.

2

Mit Schreiben vom 9. Mai 2005 bat der Kläger um die Auszahlung (Abzweigung) des Kindergeldes für C nach § 74 Abs. 1 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Unter dem Datum des 28. Juni 2005 erließ die Beklagte und Revisionsklägerin (Familienkasse) einen entsprechenden Bescheid über die Abzweigung eines Betrags von monatlich 154 € an den Kläger für die Zeit von Februar 2005 bis Juni 2005. Eine Abzweigung für die nachfolgenden Monate lehnte sie ab, weil die --inzwischen freigelassene-- Beigeladene ihre Tochter an den Wochenenden bei sich aufnehme, so dass keine Verletzung der Unterhaltspflicht mehr vorliege. Die Familienkasse zahlte das Kindergeld für Juli 2005 bis Februar 2006 an die Beigeladene. Der gegen die Ablehnung der Abzweigung ab Juli 2005 gerichtete Einspruch des Klägers hatte hinsichtlich des im Klageverfahren streitigen Zeitraums (Juli 2005 bis Februar 2006) keinen Erfolg.

3

Im anschließenden Klageverfahren beteiligte das Finanzgericht (FG) die Beigeladene am Verfahren. Es hob den Bescheid vom 28. Juni 2005 auf, soweit er den Zeitraum Juli 2005 bis Februar 2006 betraf, und verpflichtete die Familienkasse, insoweit über den Abzweigungsantrag unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden (Urteil vom 31. Juli 2007  12 K 1664/06, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2008, 1047). Es führte im Wesentlichen aus, die Beigeladene habe ihre Unterhaltspflicht verletzt, so dass die Voraussetzungen für eine Abzweigung vorgelegen hätten. Allerdings habe die Familienkasse bei der Abzweigungsentscheidung das ihr zustehende Ermessen weder dem Grunde noch der Höhe nach ausgeübt. Ihre Ansicht, eine Abzweigung komme nicht mehr in Betracht, wenn das Kindergeld bereits ausgezahlt sei, sei vom Gesetzeswortlaut nicht gedeckt und treffe nicht zu, da es andernfalls der Familienkasse möglich wäre, durch die Auszahlung von Kindergeld vollendete Tatsachen zu schaffen.

4

Mit der Revision rügt die Familienkasse die Verletzung von § 74 Abs. 1 EStG. Nach der Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes i.d.F. vom 5. August 2004 (DA-FamEStG 2004) 74.1.1 Abs. 4 Sätze 3 und 4 (BStBl I 2004, 742) könne das Kindergeld nur insoweit abgezweigt werden, als über den Anspruch auf Kindergeld noch verfügt werden könne. Dies sei nicht mehr der Fall, wenn das Kindergeld bereits ausgezahlt worden sei.

5

Die Familienkasse beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen,

hilfsweise, das Urteil aufzuheben und die Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

6

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

7

Er trägt vor, der Familienkasse wäre es möglich gewesen, bis zur Bestandskraft der Abzweigungsentscheidung das Kindergeld der Kindergeldberechtigten unter dem Vorbehalt der endgültigen Erfolglosigkeit des Abzweigungsbegehrens auszuzahlen oder es vorläufig einzubehalten. Stattdessen habe sie das Kindergeld an die Beigeladene ausgezahlt und dadurch vollendete Tatsachen geschaffen. Zum Zeitpunkt der Einspruchseinlegung hätte die Familienkasse noch über den Anspruch auf Kindergeld verfügen können, jedoch habe sie erst neun Monate später über den Rechtsbehelf entschieden.

8

Die Beigeladene hat sich im Revisionsverfahren nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Der den Zeitraum Juli 2005 bis Februar 2006 betreffende Ablehnungsbescheid vom 28. Juni 2005 sowie die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 29. März 2006 sind rechtmäßig.

10

1. Nach § 74 Abs. 1 Satz 1 EStG kann das für ein Kind festgesetzte Kindergeld an das Kind selbst ausgezahlt werden, wenn der Kindergeldberechtigte ihm gegenüber seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht nachkommt. Die Auszahlung kann auch an die Person oder Stelle erfolgen, die dem Kind Unterhalt gewährt (§ 74 Abs. 1 Satz 4 EStG).

11

2. Die Voraussetzungen für eine Auszahlung des Kindergeldes an den Kläger lagen nicht vor. Die Auszahlung des Kindergeldes an einen Dritten gehört nicht zum Festsetzungs-, sondern zum Auszahlungsverfahren, das dem Erhebungsverfahren entspricht (s. Blümich/Treiber, § 74 EStG Rz 41). Sie betrifft nicht die Anspruchs-, sondern die Empfangsberechtigung (Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 30. Januar 2001 VI B 272/99, BFH/NV 2001, 898; Greite in Korn § 74 EStG Rz 5). Dementsprechend kann Kindergeld, das bereits an einen Elternteil ausgezahlt worden ist, nicht mehr an den Sozialleistungsträger abgezweigt werden (s. Pust in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 74 EStG Rz 72; Felix in Kirchhof, EStG, 9. Aufl., § 74 Rz 3; Bergkemper in Herrmann/Heuer/Raupach, § 74 EStG Rz 14; FG München, Urteil vom 24. Mai 2006  9 K 4733/02, EFG 2006, 1335; FG Köln, Urteil vom 13. März 2008  10 K 3232/06, EFG 2008, 1298; DA-FamEStG 2004 74.1.1 Abs. 4 Satz 4). Die Abzweigung von bereits ausgezahltem Kindergeld scheidet aus, da der Kindergeldanspruch durch die Auszahlung erfüllt ist. Die Erfüllung eines erloschenen Anspruchs ist nicht möglich (s. Lemaire, Anmerkung zum Urteil der Vorinstanz in EFG 2008, 1048). Deshalb kommt auch nicht der vom Kläger und vom FG vorgebrachte Gesichtspunkt zum Tragen, dass die Familienkasse durch die Auszahlung des Kindergeldes an den Kindergeldberechtigten keine vollendeten Tatsachen schaffen und eine Abzweigung vereiteln dürfe (s. Reuß in Bordewin/Brandt, § 74 EStG Rz 34; a.A. bei Übergehen eines Abzweigungsantrags Schmidt/ Weber-Grellet, EStG, 29. Aufl., § 74 Rz 2, mit Hinweis auf das Urteil des FG des Landes Brandenburg vom 2. April 2009  10 K 10320/07, EFG 2009, 1305).

Tatbestand

1

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte und Beschwerdeführerin (Familienkasse) das Kindergeld für die Monate August und September 2010 (Streitzeitraum) in zutreffender Höhe an die Klägerin und Beschwerdegegnerin (Klägerin) abgezweigt hat.

2

Die Klägerin ist die Tochter des Beigeladenen (B). Sie beantragte, das zugunsten des B festgesetzte Kindergeld in voller Höhe an sie auszuzahlen (Abzweigung). Die Familienkasse lehnte dies ab. Der hiergegen eingelegte Einspruch war teilweise erfolgreich. Mit Änderungsbescheid vom 2. September 2010 in Verbindung mit der Einspruchsentscheidung vom 6. September 2010 wurde das Kindergeld in Höhe von 109 € ab August 2010 an die Klägerin abgezweigt (§ 74 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes). Im Übrigen wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. B sei bis einschließlich Juli 2010 seiner Unterhaltsverpflichtung mindestens in Höhe des Kindergelds nachgekommen. Ab August 2010 leiste er noch einen Unterhalt in Höhe von 75 € monatlich, so dass eine Abzweigung in Höhe von 109 € (184 € bis 75 €) ermessensgerecht sei.

3

Die hiergegen erhobene Klage, mit der sich die Klägerin gegen die nur teilweise Abzweigung des Kindergelds ab August 2010 wandte, war erfolgreich. Das Finanzgericht (FG) verpflichtete die Familienkasse unter Aufhebung des Änderungsbescheids vom 2. September 2010 und der Einspruchsentscheidung vom 6. September 2010, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu verbescheiden. Im Streitfall habe die Familienkasse nicht aufgeklärt, ob die Vereinbarung zwischen der Klägerin und B dahin gehe, Unterhalt von 75 € zuzüglich das Kindergeld zu zahlen. Um eine sachgerechte Ermessensentscheidung treffen zu können, hätte die Familienkasse aufklären und entsprechend würdigen müssen, welche Vereinbarungen zwischen der Klägerin und B im Einzelnen getroffen worden seien.

4

Mit der hiergegen eingelegten Beschwerde begehrt die Familienkasse die Zulassung der Revision, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordere (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Entscheidungsgründe

5

II. Die Beschwerde ist unbegründet und durch Beschluss zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 FGO).

6

1. Die Familienkasse Bayern Süd der Bundesagentur für Arbeit ist aufgrund eines Organisationsaktes (Beschluss des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit Nr. 21/2013 vom 18. April 2013 gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 11 des Finanzverwaltungsgesetzes, Amtliche Nachrichten der Bundesagentur für Arbeit, Ausgabe Mai 2013, S. 6 ff., Nr. 1 der Anlage 2) im Wege des gesetzlichen Parteiwechsels in die Beteiligtenstellung der Agentur für Arbeit Regensburg --Familienkasse-- eingetreten (s. dazu BFH-Beschluss vom 3. März 2011 V B 17/10, BFH/NV 2011, 1105, unter II.A.).

7

2. Der von der Familienkasse geltend gemachte Zulassungsgrund der Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 FGO) liegt nicht vor.

8

a) Eine Divergenz ist anzunehmen, wenn das FG mit einem das angefochtene Urteil tragenden und entscheidungserheblichen Rechtssatz von einem eben solchen Rechtssatz einer anderen Gerichtsentscheidung abgewichen ist. Das angefochtene Urteil und die vorgebliche Divergenzentscheidung müssen dabei dieselbe Rechtsfrage betreffen und zu gleichen oder vergleichbaren Sachverhalten ergangen sein (Senatsbeschluss vom 12. Oktober 2011 III B 56/11, BFH/NV 2012, 178, m.w.N.).

9

b) Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor.

10

aa) Zur Begründung der geltend gemachten Divergenz führt die Familienkasse im Wesentlichen aus, das FG habe, da im Streitfall der nicht an die Klägerin abgezweigte Kindergeldbetrag von 75 € bereits an B ausgezahlt worden sei, den abstrakten Rechtssatz aufgestellt, eine Abzweigung von Kindergeld sei auch noch dann möglich, wenn der Kindergeldberechtigte bereits das Kindergeld erhalten habe. Dieser Rechtssatz widerspreche dem in dem Senatsurteil vom 26. August 2010 III R 21/08 (BFHE 231, 520) aufgestellten Rechtssatz, wonach die Abzweigung von bereits ausgezahltem Kindergeld nicht möglich sei.

11

bb) Es ist zwar zutreffend, dass nach der Rechtsprechung des Senats --wie von der Familienkasse ausgeführt-- an den Kindergeldberechtigten bereits ausgezahltes Kindergeld nicht mehr abgezweigt werden kann. Die Abzweigung von bereits ausgezahltem Kindergeld scheidet aus, da der Kindergeldanspruch durch die Auszahlung erlischt (Senatsurteile in BFHE 231, 520, zur Abzweigung an Sozialleistungsträger; vom 27. Oktober 2011 III R 16/09, BFH/NV 2012, 720, zur Abzweigung an Kind). Auch wenn in den bisher vom Senat entschiedenen Fällen das Kindergeld in voller Höhe an den Kindergeldberechtigten ausgezahlt wurde, kann für den Fall, dass nach Erlass eines die anteilige Abzweigung vorsehenden Bescheids der Restbetrag an den Kindergeldberechtigten ausgezahlt wird, nichts anderes gelten. In einem solchen Fall erlischt der Kindergeldanspruch in der Höhe, in der das Kindergeld an den Berechtigten ausgezahlt wird (§ 47 der Abgabenordnung). Bei diesem Ergebnis bliebe es selbst dann, wenn eine Abzweigung des Kindergelds in voller Höhe hätte erfolgen müssen. Dies deshalb, weil das bloße Bestehen einer Abzweigungslage ohne Vorliegen eines Abzweigungsbescheids die Empfangsberechtigung des Kindergeldberechtigten im Auszahlungsverfahren (Erhebungsverfahren) unberührt lässt (Senatsurteil in BFH/NV 2012, 720, unter II.2.c).

12

cc) Das FG hat aber in dem angegriffenen Urteil --entgegen den Ausführungen der Familienkasse-- gerade keinen hiervon abweichenden Rechtssatz aufgestellt.

13

Ein abweichender abstrakter Rechtssatz kann sich zwar auch aus scheinbar nur fallbezogenen Ausführungen des FG ergeben. Das FG muss die Rechtsfrage aber entscheiden und darf sie nicht übersehen haben (Senatsbeschluss vom 1. Juni 2012 III B 3/11, BFH/NV 2012, 1473, m.w.N.). Im Streitfall hat sich das FG zu der Frage, ob ein anteilig an den Kindergeldberechtigten ausgezahltes Kindergeld noch abgezweigt werden kann, weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht geäußert. Dieser Gesichtspunkt wurde von der Familienkasse auch nicht im erstinstanzlichen Verfahren thematisiert. Dort führte sie aus, die Abzweigungsentscheidung sei rechtmäßig, weil B monatlich Unterhalt in Höhe von 75 € leiste. Vielmehr hat die Familienkasse erstmals in der Beschwerdebegründung vorgetragen, dass für den Streitzeitraum der Restbetrag in Höhe von 75 € bereits an B ausgezahlt worden sei. Dies lässt nur den Rückschluss zu, dass das FG die bezeichnete Rechtsfrage übersehen hat. Es mag zwar sein, dass für das FG Anlass zur Prüfung einer anteiligen Auszahlung des Kindergelds an B bestanden hätte. Es hat aber in den Urteilsgründen den von der Familienkasse bezeichneten abweichenden Rechtssatz weder ausdrücklich noch konkludent aufgestellt.

14

Der Vollständigkeit halber weist der Senat darauf hin, dass sich der Umfang der materiellen Rechtskraft der FG-Entscheidung (Bescheidungsurteil nach § 101 Satz 2 FGO) aus den Entscheidungsgründen ergibt. Die hierin verbindlich zum Ausdruck gebrachte Rechtsauffassung bestimmt die Rechtskraftwirkung i.S. des § 110 FGO (Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 101 Rz 47, § 110 FGO Rz 66). Danach dürften vom FG weder in tatsächlicher noch rechtlicher Hinsicht geprüfte Gesichtspunkte keine Bindungswirkung entfalten.

15

3. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.

(1)1Das für ein Kind festgesetzte Kindergeld nach § 66 Absatz 1 kann an das Kind ausgezahlt werden, wenn der Kindergeldberechtigte ihm gegenüber seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht nachkommt.2Kindergeld kann an Kinder, die bei der Festsetzung des Kindergeldes berücksichtigt werden, bis zur Höhe des Betrags, der sich bei entsprechender Anwendung des § 76 ergibt, ausgezahlt werden.3Dies gilt auch, wenn der Kindergeldberechtigte mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist oder nur Unterhalt in Höhe eines Betrags zu leisten braucht, der geringer ist als das für die Auszahlung in Betracht kommende Kindergeld.4Die Auszahlung kann auch an die Person oder Stelle erfolgen, die dem Kind Unterhalt gewährt.

(2) Für Erstattungsansprüche der Träger von Sozialleistungen gegen die Familienkasse gelten die §§ 102 bis 109 und 111 bis 113 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch entsprechend.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist das am … September 1982 geborene Kind der Beigeladenen. Sie absolvierte seit dem Wintersemester 2003/2004 ein Hochschulstudium und wohnte in dieser Zeit in einer von der Beigeladenen angemieteten Wohnung. Seit Oktober 2004 bezog sie Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz. Am 10. Januar 2005 stellte die Klägerin einen Antrag auf Auszahlung des anteiligen Kindergeldes an sich selbst. Diesem stimmte die Beigeladene unter Hinweis darauf zu, dass sie für die Klägerin keinen Unterhalt leiste. Zur Erläuterung legte sie einen Bescheid des zuständigen Sozialleistungsträgers vor, wonach bei der für die Festsetzung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ab Januar 2005 durchgeführten Bedarfsberechnung einerseits ihre Kosten für Unterkunft und Heizung um einen Miet- und Heizkostenanteil der Klägerin gekürzt wurden und sich andererseits ihr Einkommen um das für die Klägerin festgesetzte Kindergeld erhöhte.

2

Mit Bescheid vom 18. Januar 2005 lehnte die Beklagte und Revisionsklägerin (Familienkasse) den Antrag auf Abzweigung mit der Begründung ab, dass der Klägerin durch die Haushaltsaufnahme bei der Beigeladenen Unterhalt in ausreichender Höhe gewährt werde. Das Kindergeld zahlte die Familienkasse weiter an die Beigeladene aus. Den gegen die Ablehnung der Abzweigung gerichteten Einspruch wies die Familienkasse mit Einspruchsentscheidung vom 7. Juni 2005 als unbegründet zurück.

3

Im anschließenden Klageverfahren beteiligte das Finanzgericht (FG) die Beigeladene am Verfahren. Es gab der Klage mit Urteil vom 21. Januar 2009  14 K 2708/05 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2010, 242) statt und verpflichtete die Familienkasse, das Kindergeld für den Zeitraum von Januar 2005 bis Oktober 2007 im Wege der Abzweigung an die Klägerin auszuzahlen.

4

Zur Begründung führte es im Wesentlichen Folgendes aus:

5

Es könne dahingestellt bleiben, ob die Beigeladene gegenüber der Klägerin mangels eigener Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig gewesen oder ihrer gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung nicht nachgekommen sei. Denn entweder seien die Tatbestandsvoraussetzungen des § 74 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) oder die des § 74 Abs. 1 Satz 3 EStG erfüllt. Die Klägerin habe sich selbst unterhalten, da sie ihren Mietanteil an die Beigeladene gezahlt und sich auch an den übrigen Kosten der Haushaltsführung beteiligt habe. Eine vorherige Zurverfügungstellung der hierfür notwendigen Mittel durch die Beigeladene sei nicht ersichtlich. Unter diesen Umständen könne aus der Haushaltsaufnahme der Klägerin bei der Beigeladenen nicht auf eine tatsächliche Unterhaltsgewährung geschlossen werden.

6

Die Entscheidung der Familienkasse über die Abzweigung sei ermessensfehlerhaft, weil die Familienkasse angenommen habe, dass schon die bindenden Voraussetzungen für die Abzweigung nicht erfüllt seien. Der Ermessensspielraum der Familienkasse sei auf Null reduziert, so dass das FG auch die Verpflichtung der Familienkasse zum Erlass der begehrten Abzweigungsentscheidung auszusprechen habe.

7

Zu Unrecht habe die Familienkasse eingewandt, dass der Anspruch der Klägerin durch Erfüllung erloschen sei. Zwar begründe der Anspruch auf Abzweigung keinen eigenständigen Anspruch des Kindes auf Kindergeld neben dem Kindergeldanspruch des Kindergeldberechtigten. Vielmehr handele es sich um einen einheitlichen Anspruch, der nur einmal zu erfüllen sei, und zwar entweder durch Zahlung an den Kindergeldberechtigten oder durch Zahlung an den Abzweigungsempfänger. In Fällen, in denen die Voraussetzungen der Abzweigung zum Zeitpunkt der Zahlung objektiv erfüllt seien und der maßgebliche Sachverhalt der Familienkasse bekannt gewesen sei, könne der Zahlung nur eingeschränkte Erfüllungswirkung zukommen. Erfüllungswirkung träte nur insoweit ein, als an denjenigen Kindergeldberechtigten oder Abzweigungsempfänger gezahlt worden sei, der letztlich bestands- bzw. rechtskräftig als der richtige Zahlungsempfänger festgestellt worden sei.

8

Mit der Revision rügt die Familienkasse, das FG habe § 74 Abs. 1 EStG insoweit unzutreffend ausgelegt, als es eine Abzweigung auch für solche Zeiträume für möglich gehalten habe, für die das Kindergeld bereits an den Kindergeldberechtigten ausgezahlt worden sei.

9

Die Familienkasse beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

10

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

11

Zur Begründung schließt sie sich den Ausführungen des FG an, wonach die Familienkasse bei Annahme einer Erfüllungswirkung dem Abzweigungsanspruch allein durch Auszahlung des Kindergeldes die Grundlage entziehen könne. Wie das FG zu Recht ausgeführt habe, wäre damit die Möglichkeit willkürlicher Versagung des Anspruchs eröffnet und jeglicher Rechtsschutz abgeschnitten.

12

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Entscheidungsgründe

13

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Zu Unrecht ist das FG davon ausgegangen, dass eine Abzweigung von Kindergeld an das Kind nach § 74 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 EStG auch für solche Anspruchszeiträume erfolgen kann, für die die Familienkasse das Kindergeld bereits an den Kindergeldberechtigten ausgezahlt hat.

14

1. Nach § 74 Abs. 1 Satz 1 EStG kann das für ein Kind festgesetzte Kindergeld an das Kind selbst ausgezahlt werden, wenn der Kindergeldberechtigte ihm gegenüber seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht nachkommt. Dies gilt auch, wenn der Kindergeldberechtigte mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist oder nur Unterhalt in Höhe eines Betrages zu leisten braucht, der geringer ist als das für die Auszahlung in Betracht kommende Kindergeld (§ 74 Abs. 1 Satz 3 EStG).

15

2. a) Der Senat hat nach Ergehen der Vorentscheidung mit Urteil vom 26. August 2010 III R 21/08 (BFHE 231, 520) entschieden, dass die Auszahlung des Kindergeldes an einen Dritten nicht zum Festsetzungs-, sondern zum Auszahlungsverfahren gehört, das dem Erhebungsverfahren entspricht (s. Blümich/ Treiber, § 74 EStG Rz 41). Sie betrifft nicht die Anspruchs-, sondern die Empfangsberechtigung (Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 30. Januar 2001 VI B 272/99, BFH/NV 2001, 898; Greite in Korn § 74 EStG Rz 5). Dementsprechend kann Kindergeld, das bereits an einen Elternteil ausgezahlt worden ist, nicht mehr an einen Sozialleistungsträger oder --wie im vorliegenden Fall-- an das Kind abgezweigt werden (s. Pust in Littmann/ Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 74 EStG Rz 72; Felix in Kirchhof, EStG, 10. Aufl., § 74 Rz 3; Bergkemper in Herrmann/Heuer/Raupach, § 74 EStG Rz 14; FG München, Urteil vom 24. Mai 2006  9 K 4733/02, EFG 2006, 1335; FG Köln, Urteil vom 13. März 2008  10 K 3232/06, EFG 2008, 1298; Abschn. 74.1.1 Abs. 2 Satz 4 der Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes --DA-FamEStG--, Stand Januar 2009, BStBl I 2009, 1030, 1120). Die Abzweigung von bereits ausgezahltem Kindergeld scheidet aus, da der Kindergeldanspruch durch die Auszahlung erfüllt ist. Die Erfüllung eines erloschenen Anspruchs ist nicht möglich (s. Lemaire, Anmerkung zum Urteil des FG München vom 31. Juli 2008  12 K 1664/06, EFG 2008, 1047, 1048).

16

b) Der vorliegende Sachverhalt ist dem der Senatsentscheidung in BFHE 231, 520 zugrundeliegenden Sachverhalt vergleichbar. Denn auch in jenem Urteilsfall waren die für die Abzweigung maßgeblichen Umstände der Familienkasse in dem Zeitpunkt der Auszahlung des Kindergeldes an die Kindergeldberechtigte bereits bekannt.

17

c) Der Senat sieht sich durch die vom FG zur Begründung seiner Entscheidung angeführten Gründe nicht veranlasst, von seiner bisherigen Rechtsprechung abzuweichen. Im Gegensatz zu den vom FG zum Vergleich herangezogenen Fällen der Zahlung an den bisherigen Erstattungsberechtigten trotz Kenntnis der Abtretung oder Pfändung lässt das bloße Bestehen einer Abzweigungslage ohne Vorliegen eines Abzweigungsbescheides die Empfangsberechtigung des Kindergeldberechtigten im Auszahlungsverfahren unberührt.

18

Auch ist die Versagung der Erfüllungswirkung bei Zahlung an den letztlich nicht Zahlungsempfangsberechtigten nicht durch das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes --GG--), das Gebot des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) oder das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) geboten. Zum einen ist die Verwaltung angewiesen, das an den Dritten auszuzahlende Kindergeld in Zweifelsfällen vorläufig einzubehalten (vgl. Abschn. 74.1.4 Satz 5 DA-FamEStG 2009, BStBl I 2009, 1030, 1121; ebenso bereits Abschn. 74.1.3 Sätze 5 und 7 DA-FamEStG 2004, BStBl I 2004, 742, 826). Zum anderen kann der Abzweigungsberechtigte durch Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes der Gefahr begegnen, dass die Familienkasse gleichwohl durch Auszahlung an den Kindergeldberechtigten vollendete Tatsachen schafft.

(1) Ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht, darf mit einer Nebenbestimmung nur versehen werden, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist oder wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts erfüllt werden.

(2) Unbeschadet des Absatzes 1 darf ein Verwaltungsakt nach pflichtgemäßem Ermessen erlassen werden mit

1.
einer Bestimmung, nach der eine Vergünstigung oder Belastung zu einem bestimmten Zeitpunkt beginnt, endet oder für einen bestimmten Zeitraum gilt (Befristung),
2.
einer Bestimmung, nach der der Eintritt oder der Wegfall einer Vergünstigung oder einer Belastung von dem ungewissen Eintritt eines zukünftigen Ereignisses abhängt (Bedingung),
3.
einem Vorbehalt des Widerrufs
oder verbunden werden mit
4.
einer Bestimmung, durch die dem Begünstigten ein Tun, Dulden oder Unterlassen vorgeschrieben wird (Auflage),
5.
einem Vorbehalt der nachträglichen Aufnahme, Änderung oder Ergänzung einer Auflage.

(3) Eine Nebenbestimmung darf dem Zweck des Verwaltungsakts nicht zuwiderlaufen.

(1) Soweit ein angefochtener Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und die etwaige Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf auf; die Finanzbehörde ist an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der Aufhebung zugrunde liegt, an die tatsächliche so weit, als nicht neu bekannt werdende Tatsachen und Beweismittel eine andere Beurteilung rechtfertigen. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, dass und wie die Finanzbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, dass die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekannt zu geben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und die Entscheidung über den außergerichtlichen Rechtsbehelf aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt nicht, soweit der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachgekommen ist und deshalb die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden sind. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(1)1Das für ein Kind festgesetzte Kindergeld nach § 66 Absatz 1 kann an das Kind ausgezahlt werden, wenn der Kindergeldberechtigte ihm gegenüber seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht nachkommt.2Kindergeld kann an Kinder, die bei der Festsetzung des Kindergeldes berücksichtigt werden, bis zur Höhe des Betrags, der sich bei entsprechender Anwendung des § 76 ergibt, ausgezahlt werden.3Dies gilt auch, wenn der Kindergeldberechtigte mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist oder nur Unterhalt in Höhe eines Betrags zu leisten braucht, der geringer ist als das für die Auszahlung in Betracht kommende Kindergeld.4Die Auszahlung kann auch an die Person oder Stelle erfolgen, die dem Kind Unterhalt gewährt.

(2) Für Erstattungsansprüche der Träger von Sozialleistungen gegen die Familienkasse gelten die §§ 102 bis 109 und 111 bis 113 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch entsprechend.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob und ggf. in welcher Höhe dem Kläger und Revisionskläger (Kläger), einem Landkreis, ein Anspruch auf Abzweigung des Kindergelds für den Sohn der Beigeladenen aus deren Anspruch auf Kindergeld zusteht.

2

Die Beigeladene bezog Kindergeld für ihren Sohn, der schwerbehindert ist und im Haushalt der Beigeladenen lebt. Im Schwerbehindertenausweis ist für den Sohn ein Grad der Behinderung von 80 v.H. eingetragen. Außerdem sind dort die Merkzeichen B (Notwendigkeit ständiger Begleitung), G (erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr) und H (Hilflosigkeit) angebracht. Der Sohn der Beigeladenen besuchte eine Förderschule für Kinder mit Behinderung.

3

Mit Schreiben vom 13. September 2010 beantragte der Kläger bei der Beklagten und Revisionsbeklagten (Familienkasse) die Abzweigung des Kindergelds aus dem Anspruch der Beigeladenen unter Hinweis auf die von ihm gewährte Grundsicherung bei Erwerbsminderung in Höhe von damals 402,45 € monatlich. Hilfsweise meldete er einen Erstattungsanspruch nach § 74 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m. § 104 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch an. Zur Begründung führte er an, dass gemäß § 43 Abs. 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) Unterhaltsansprüche des Kindes gegen seine Eltern bei der Leistungsgewährung unberücksichtigt bleiben müssten, sofern die Eltern jährlich ein Gesamteinkommen von unter 100.000 € erzielten. Deshalb sei auch dann eine Abzweigung möglich, wenn der Kindergeldberechtigte nicht zum Unterhalt seines volljährigen Kindes verpflichtet sei, weil das Kind Grundsicherungsleistungen nach den §§ 41 ff. SGB XII erhalte.

4

Die Beigeladene teilte der Familienkasse hierzu mit, dass die Betreuung ihres Sohnes für sie mit einem erheblichen behinderungsbedingten zusätzlichen Aufwand verbunden sei. Sie wende für ihren Sohn monatlich 50 € Taschengeld, 400 € für Bekleidung und behinderungsbedingte Änderungen an der Kleidung, 759 € für Fahrtkosten (z.B. zu therapeutischen oder medizinischen Maßnahmen) und 120 € für ärztliche und therapeutische Behandlungen auf. Hinzu kämen jährlich 143,96 € für Medikamente, 456,60 € für Ferien- und Freizeitunternehmungen sowie 2.597,06 € für die Teilnahme an einer näher bezeichneten Therapie. Zur Begleichung dieser Kosten verwende sie das Pflegegeld von 430 €.

5

Die Familienkasse lehnte den Antrag des Klägers auf Abzweigung mit Bescheid vom 21. Dezember 2010 ab und führte zur Begründung an, dass der Beigeladenen für ihr Kind Aufwendungen in Höhe von 4.520 € entstünden, so dass sich im Durchschnitt eine monatliche Belastung von 376,66 € ergebe. Dieser Betrag übersteige das monatliche Kindergeld erheblich.

6

Die Familienkasse wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 22. März 2011 zurück. Auch die Klage zum Finanzgericht (FG) hatte keinen Erfolg. Mit seinem in "Entscheidungen der Finanzgerichte" 2012, 629 veröffentlichten Urteil entschied das FG, dass die Abzweigung von Kindergeld an den Träger der Sozialhilfe, der gegenüber einem volljährigen behinderten Menschen im Haushalt der Eltern lebenden Kind Grundsicherungsleistungen erbringe, grundsätzlich ausgeschlossen sei. Im Regelfall sei zu unterstellen, dass die --selbst keine Sozialhilfe beziehenden-- Kindergeldberechtigten mindestens den Kindergeldbetrag für den Unterhalt ihres Kindes aufwendeten. Da bei der Zahlung von Grundsicherungsleistungen gemäß § 43 Abs. 2 SGB XII keine Prüfung der Leistungsfähigkeit der unterhaltsverpflichteten Eltern erfolge, sei diese Einschränkung des Untersuchungsgrundsatzes auch im Verfahren der Abzweigung des Kindergelds an den Träger der Sozialhilfe zu beachten und führe dazu, dass die tatsächlich vom Kindergeldberechtigten erbrachten Unterhaltsleistungen nicht aufzuklären seien. Aus der Sicherstellung des notwendigen Unterhalts des Kindes durch die Erbringung der Grundsicherungsleistungen lasse sich nicht schließen, dass beim Kindergeldberechtigten keine Unterhaltsleistungen anfallen. § 74 Abs. 1 EStG differenziere nicht zwischen notwendigem und weiterem Lebensbedarf des Kindes. Der Kindergeldberechtigte könne im Verfahren wegen der Abzweigung von Kindergeld nach § 74 Abs. 1 EStG nicht zur Führung eines Haushaltsbuches verpflichtet werden.

7

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Revision. Das Urteil des FG sei nicht vereinbar mit § 74 Abs. 1 Satz 4 EStG. Das FG erwecke den Anschein, dass aufgrund des schweren Schicksals der betroffenen Familien nicht unter § 74 Abs. 1 Satz 4 EStG subsumiert werde. Auch ihm falle es nicht leicht, Recht durchsetzen zu müssen. Er unterliege aber dem verfassungsrechtlichen Gebot der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Das FG habe eine unzutreffende teleologische Reduktion vorgenommen. Es entstünden Ansprüche erster und zweiter Klasse. Er könne Abzweigung beanspruchen. Dass die Beigeladene keine Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch oder nach dem SGB XII bezogen habe, führe nicht dazu, dass eine Abzweigung bereits dem Grunde nach ausscheide. Die Grundsicherungsleistungen hätten auch nicht den Charakter einer aufgedrängten Bereicherung. Das FG habe sich zu Unrecht auf unterhaltsrechtliche Leitlinien bezogen. Fraglich sei, warum nur der Regelsatz mit den Grenzbeträgen verglichen werden solle. Die Auffassung des FG, dass eine lückenlose Aufklärung aller Ausgaben nur mit einem Haushaltsbuch möglich und deshalb unzumutbar wäre, sei unhaltbar. Im Rahmen der Kindergeldzahlung sei der Anspruchsberechtigte nachweispflichtig. Das FG sei vorschnell von einer Ermessensreduzierung auf Null ausgegangen.

8

Der Kläger beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und die Zurückverweisung an das FG.

9

Die Familienkasse beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

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Lebe das Kind im Haushalt des Kindergeldberechtigten wie im Streitfall, sei nach den für sie bindenden Dienstanweisungen regelmäßig davon auszugehen, dass der Berechtigte Unterhaltsleistungen erbringe, die den Betrag des Kindergelds überstiegen.

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Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Entscheidungsgründe

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II. Die Revision des Klägers ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Dem Kläger steht kein Anspruch auf Abzweigung gemäß § 74 Abs. 1 EStG zu.

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1. Nach § 74 Abs. 1 Satz 1 EStG kann das für ein Kind festgesetzte Kindergeld an das Kind ausgezahlt werden, wenn der Kindergeldberechtigte gegenüber dem Kind seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht nachkommt. Die Auszahlung kann gemäß § 74 Abs. 1 Satz 4 EStG auch an die Person oder Stelle erfolgen, die dem Kind Unterhalt gewährt.

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Im Streitfall hat das FG zu Recht entschieden, dass die Voraussetzungen für eine Abzweigung nicht vorliegen, da jede andere Entscheidung als die Ablehnung der Abzweigung ermessenswidrig wäre.

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a) Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sind bei der Ausübung des Ermessens, ob und in welcher Höhe das Kindergeld an Sozialleistungsträger abzuzweigen ist, auch geringe Unterhaltsleistungen der Eltern zu berücksichtigen. Sind die Leistungen mindestens so hoch wie das Kindergeld, ist eine Abzweigung nicht ermessensgerecht (BFH-Urteile vom 23. Februar 2006 III R 65/04, BFHE 212, 481, BStBl II 2008, 753, unter II.2.; vom 9. Februar 2009 III R 37/07, BFHE 224, 290, BStBl II 2009, 928, unter II.3.b, und BFH-Beschluss vom 17. August 2012 III B 26/12, BFH/NV 2012, 1963, unter II.3.c aa). Nach dem BFH-Beschluss in BFH/NV 2012, 1963, scheidet eine Abzweigung aus, wenn der kindergeldberechtigte Elternteil durch Übernahme eines Kostenbeitrags und durch Gewährung von Unterkunft Unterhaltsleistungen mindestens in der Höhe des gesetzlichen Kindergeldbetrags für ein volljähriges behindertes Kind erbringt, das nicht vollstationär untergebracht ist, sondern sich über Nacht und an freien Tagen im Haushalt des Kindergeldberechtigten befindet.

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b) In Übereinstimmung mit dieser Rechtsprechung steht die Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes (DA-FamEStG) zu § 74 Abs. 1 EStG, bei der es sich um eine Verwaltungsvorschrift handelt, die das der Verwaltung durch § 74 Abs. 1 EStG eingeräumte Ermessen lenken soll. Die im Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung zu berücksichtigende XII. DA-FamEStG 2009 zu § 74 EStG in der Fassung vom 21. Dezember 2010 ordnete an, dass grundsätzlich keine Abzweigung erfolgen kann, wenn ein Kind in den Haushalt des Berechtigten aufgenommen ist (§ 64 Abs. 2 EStG); ebenso kommt keine Abzweigung in Betracht, wenn der Berechtigte regelmäßig Unterhaltsleistungen erbringt, die den Betrag des anteiligen Kindergeldes übersteigen (DA 74.1.2 Abs. 2 Satz 2 und 3). Hieran hat die Verwaltung auch in der Folgezeit festgehalten (vgl. DA 74.1.2 Abs. 2 Satz 2 und 3 der DA-FamEStG 2012, wonach eine Abzweigung nicht in Betracht kommt, wenn der Berechtigte regelmäßig Unterhaltsleistungen erbringt, die den Betrag des anteiligen Kindergelds übersteigen, wovon grundsätzlich auszugehen ist, wenn das Kind in den Haushalt des Berechtigten aufgenommen worden ist).

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c) Ist eine Behörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten (§ 5 der Abgabenordnung). Ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften können nach der Rechtsprechung des BFH unter dem Gesichtspunkt der Selbstbindung der Verwaltung und damit der Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes --GG--) von Bedeutung sein; das gilt aber nur, wenn sich die in ihnen getroffenen Regelungen innerhalb der Grenzen halten, die das GG und die Gesetze der Ausübung des Ermessens setzen (BFH-Urteil vom 27. Juli 2011 I R 44/10, BFH/NV 2011, 2005). Ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften, die unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) zur Selbstbindung der Verwaltung führen, sind daher bei der gerichtlichen Prüfung, ob die Finanzverwaltung ihre Ermessensentscheidung fehlerfrei, insbesondere willkürfrei getroffen hat, von den Finanzgerichten zu beachten (BFH-Urteile vom 13. Januar 2011 V R 43/09, BFHE 233, 58, BStBl II 2011, 610, unter II.2.a; ebenso zuvor vom 19. März 2009 V R 48/07, BFHE 225, 215, BStBl II 2010, 92, unter II.4.b).

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d) Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) lebte der schwerbehinderte Sohn der Beigeladenen im Haushalt der Beigeladenen. Zudem hat die Beigeladene selbst keine Grundsicherungsleistungen nach §§ 41 ff. SGB XII erhalten, die nach dem BFH-Urteil vom 17. Dezember 2008 III R 6/07 (BFHE 224, 228, BStBl II 2009, 926, unter II.2.) dem Kindergeldanspruch entgegenstehen. Die im Streitfall nach § 102 FGO nur im Hinblick auf Ermessensfehler zu überprüfende Verwaltungsentscheidung erweist sich danach unter Berücksichtigung der ermessenslenkenden Verwaltungsvorschriften zu § 74 Abs. 1 EStG als rechtmäßig. Nicht entscheidungserheblich ist daher, ob die Familienkasse bei der Ablehnung der Abzweigung zu Recht und ohne Verstoß gegen die Verpflichtung zur einwandfreien und erschöpfenden Sachverhaltsermittlung (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 19. April 2012 III R 85/09, BFHE 237, 145, BFH/NV 2012, 1369, unter II.4.b) davon ausgegangen ist, dass der Beigeladenen für den Unterhalt ihres Sohnes --neben der Haushaltsaufnahme-- monatliche Aufwendungen von mehr als dem Kindergeldbetrag von monatlich 184 € entstanden sind.

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e) Die hiergegen gerichteten Einwendungen des Klägers greifen nicht durch.

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Für die Beantwortung der Frage, ob unterhaltsbezogene Aufwendungen der Beigeladenen durch die Unterbringung ihres Sohnes in ihrem Haushalt vorliegen, ist im Hinblick auf den maßgeblichen bürgerlich-rechtlichen Unterhaltsbegriff entscheidend, ob es sich hierbei um Aufwendungen handelt, die als Erfüllung der Unterhaltspflicht nach § 1610 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) anzusehen sind. Das "Maß" des bürgerlich-rechtlich zu gewährenden Unterhalts bestimmt sich "nach der Lebensstellung des Bedürftigen" als sog. "angemessener Unterhalt" (§ 1610 Abs. 1 BGB), wobei der Unterhalt gemäß § 1610 Abs. 2 BGB "den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf, bei einer der Erziehung bedürftigen Person auch die Kosten der Erziehung" umfasst. Dies ist im Streitfall im Hinblick auf die Kosten für die Unterbringung des Sohnes der Beigeladenen in ihrem Haushalt ohne weiteres zu bejahen.

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Entgegen der Auffassung des Klägers wird durch das Abstellen auf die unterhaltsbezogenen Aufwendungen des Kindergeldberechtigten nicht "pauschal unterstellt, dass sie [die Kindergeldberechtigten] zusätzlich zu den Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung Aufwendungen in Höhe des Kindergelds haben". Da die Unterhaltspflicht nach § 1610 BGB wegen der Anknüpfung an die Lebensstellung des Berechtigten weiter reicht als die Leistungen zur Grundsicherung, die sich nur auf den "notwendigen Lebensunterhalt" (§ 41 SGB XII) beziehen, steht der Berücksichtigung unterhaltsbezogener Aufwendungen der Beigeladenen nach § 1610 BGB nicht entgegen, dass der Kläger Mittel für den notwendigen Lebensunterhalt bereit gestellt hat. Unerheblich ist daher --entgegen der Auffassung des Klägers-- auch, dass "die Grundsicherungsleistungen [seiner Ansicht nach] ausreichend bemessen sind, um den notwendigen Lebensbedarf sicherzustellen". Soweit dies dahingehend zu verstehen sein sollte, dass der Kläger davon ausgeht, dass Leistungen der Grundsicherung nach §§ 41 ff. SGB XII dazu führen sollen, dass Unterhaltsleistungen des Kindergeldberechtigten nicht zu berücksichtigen sind, ist dies im Hinblick auf den zivilrechtlich zu bestimmenden Unterhaltsbegriff des § 74 Abs. 1 EStG nicht zutreffend.

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2. Der Kläger kann sich auch nicht auf § 74 Abs. 1 Satz 3 und 4 EStG berufen.

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a) Nach § 74 Abs. 1 Satz 3 EStG besteht eine Abzweigungsberechtigung zugunsten des Kindes auch, wenn der Kindergeldberechtigte mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist oder nur Unterhalt in Höhe eines Betrags zu leisten braucht, der geringer ist als das für die Auszahlung in Betracht kommende Kindergeld. Auch diese Auszahlung kann gemäß § 74 Abs. 1 Satz 4 EStG an die Person oder Stelle erfolgen, die dem Kind Unterhalt gewährt.

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b) Auch die Voraussetzungen des § 74 Abs. 1 Satz 3 EStG liegen nicht vor.

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Selbst wenn zugunsten des Klägers davon auszugehen wäre, dass sich aus der Gewährung von Grundsicherungsleistungen nach §§ 41 ff. SGB XII ergibt, dass die Beigeladene im Umfang dieser Grundsicherung "mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig" gewesen sein sollte, kommt nach der BFH-Rechtsprechung eine Abzweigung auch nicht in Betracht, soweit der Kindergeldberechtigte trotz dieser Grundsicherungsleistungen eigene Unterhaltsleistungen erbringt, die der Höhe nach mindestens dem Kindergeld entsprechen. So ist es im Streitfall.

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3. Über Erstattungsansprüche nach § 74 Abs. 2 EStG ist im Streitfall nicht zu entscheiden, da der Kläger im Verfahren vor dem FG keinen diesbezüglichen Antrag gestellt hat und einen derartigen Anspruch auch nicht mit seiner Revision verfolgt hat.

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4. Soweit der Kläger mangelhafte Sachverhaltsaufklärung (§ 76 FGO) geltend macht und dies als Verfahrensrüge zu verstehen sein sollte, hat diese Rüge schon deshalb keinen Erfolg, weil er nicht dargelegt hat, dass er in der mündlichen Verhandlung vor dem FG einen Beweisantrag gestellt hat.

(1)1Das für ein Kind festgesetzte Kindergeld nach § 66 Absatz 1 kann an das Kind ausgezahlt werden, wenn der Kindergeldberechtigte ihm gegenüber seiner gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht nachkommt.2Kindergeld kann an Kinder, die bei der Festsetzung des Kindergeldes berücksichtigt werden, bis zur Höhe des Betrags, der sich bei entsprechender Anwendung des § 76 ergibt, ausgezahlt werden.3Dies gilt auch, wenn der Kindergeldberechtigte mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist oder nur Unterhalt in Höhe eines Betrags zu leisten braucht, der geringer ist als das für die Auszahlung in Betracht kommende Kindergeld.4Die Auszahlung kann auch an die Person oder Stelle erfolgen, die dem Kind Unterhalt gewährt.

(2) Für Erstattungsansprüche der Träger von Sozialleistungen gegen die Familienkasse gelten die §§ 102 bis 109 und 111 bis 113 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch entsprechend.

(1) Soll gegen den Bund, ein Land, einen Gemeindeverband, eine Gemeinde, eine Körperschaft, eine Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vollstreckt werden, so gilt für die Zwangsvollstreckung das Achte Buch der Zivilprozessordnung sinngemäß; § 150 bleibt unberührt. Vollstreckungsgericht ist das Finanzgericht.

(2) Vollstreckt wird

1.
aus rechtskräftigen und aus vorläufig vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidungen,
2.
aus einstweiligen Anordnungen,
3.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen.

(3) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(4) Für die Vollstreckung können den Beteiligten auf ihren Antrag Ausfertigungen des Urteils ohne Tatbestand und ohne Entscheidungsgründe erteilt werden, deren Zustellung in den Wirkungen der Zustellung eines vollständigen Urteils gleichsteht.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.