Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 10. Sept. 2010 - 2 BvR 2242/09

ECLI:ECLI:DE:BVerfG:2010:rk20100910.2bvr224209
10.09.2010

Gründe

I.

1

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Ablehnung der Berichtigung eines Strafurteils; er macht geltend, trotz des auf seine Personalien lautenden Urteils nicht die Person zu sein, gegen die das Verfahren geführt wurde und die in der Hauptverhandlung anwesend war.

2

1. a) Das Amtsgericht Tiergarten hat mit Urteil vom 21. August 2003 gegen einen "Herrn T. K." wegen gefährlicher Körperverletzung eine Freiheitsstrafe von neun Monaten verhängt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die in dem Verfahren verwendeten und auch in dem schriftlichen Urteil angegebenen Personalien des Angeklagten sind die des Beschwerdeführers. Innerhalb der Wochenfrist nach § 314 Abs. 1 StPO wurden Rechtsmittel gegen das Urteil nicht eingelegt. Das schriftliche Urteil wurde dem Beschwerdeführer formlos ohne Rechtsmittelbelehrung übersandt; es ging ihm offenbar am 1. Oktober 2003 unter seiner Anschrift zu.

3

b) Mit einem als "Rechtsmittel" bezeichneten, mit einem Wiedereinsetzungsantrag verbundenen Schreiben vom 13. Oktober 2003 machte der Beschwerdeführer geltend, trotz übereinstimmender Personalien nicht die in der Hauptverhandlung erschienene und verurteilte Person zu sein und auch mit dem der Verurteilung zugrunde liegenden Sachverhalt nichts zu tun zu haben. Bei der Gerichtshilfe gab der Beschwerdeführer an, schon vor geraumer Zeit seine Legitimationspapiere verloren zu haben, die wohl ein anderer gefunden und missbraucht habe. Das Landgericht Berlin legte das Rechtsmittel als Berufung, verbunden mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in die Berufungsfrist aus und verwarf beides mit Beschluss vom 23. Januar 2004 als unzulässig; nachdem dem Beschwerdeführer das schriftliche Urteil spätestens am 1. Oktober 2003 zugegangen sei, sei der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erst nach Ablauf der Wochenfrist des § 45 Abs. 1 Satz 1 StPO und mithin verspätet eingegangen.

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Der hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerde, mit welcher der Beschwerdeführer gleichzeitig "die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 359 Abs. 5 StPO" beantragte, gab das Kammergericht mit Beschluss vom 23. März 2004 (5 Ws 100/04, NStZ-RR 2004, S. 240 ff.) statt. Das Kammergericht führte aus: Wäre in dem Schreiben des Beschwerdeführers tatsächlich, wie vom Landgericht angenommen, eine Berufung zu sehen gewesen, hätte ihm die Wiedereinsetzung nicht versagt werden dürfen, da auf der Grundlage des Vorbringens davon auszugehen sei, dass ihm das Urteil ohne Rechtsmittelbelehrung zugegangen sei, was nach § 44 Satz 2 StPO zur Wiedereinsetzung führe. Tatsächlich sei das Rechtsmittel jedoch anderweitig auszulegen. Betroffen von einer strafrechtlichen Erkenntnis sei nur diejenige Person, gegen die Anklage erhoben worden sei und die tatsächlich vor Gericht gestanden habe, auch dann, wenn die angegebenen Personalien unrichtig gewesen seien. Zur Beseitigung des Anscheins, wegen einer Straftat verurteilt zu sein, sei die Berufung nicht zulässig; der entgegenstehenden Auffassung des Oberlandesgerichts Köln folge der Senat nicht. Könne nachträglich festgestellt werden, dass der Verurteilte mit dem Träger des im Urteil bezeichneten Namens nicht identisch sei, sei die Rubrumsberichtigung zulässig, weil sie in diesem Falle mit einer sachlichen Änderung des Urteils nicht verbunden sei und vielmehr nur Formalcharakter habe. Falls sich nach Rechtskraft des Urteils allen Verfahrensbeteiligten und jedem Dritten, der den gesamten Vorgang kenne, die Falschbezeichnung deutlich offenbare, sei das Gericht daher aus Gründen der Rechtssicherheit verpflichtet, eine Klarstellung herbeizuführen. Bei sachdienlicher Auslegung habe der Beschwerdeführer daher keine Berufung eingelegt. Sein Begehren sei nunmehr in erster Linie vom Amtsgericht als Antrag auf Berichtigung zu behandeln, zudem - da die Staatsanwaltschaft das Urteil bereits vollstrecke - als Einwendung gegen die Zulässigkeit der Strafvollstreckung nach § 458 Abs. 1 StPO.

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c) In der Folge lehnte das Amtsgericht Tiergarten den Antrag des Beschwerdeführers vom 13. Oktober 2003 mit Beschluss vom 18. August 2004 ab, soweit darin nun ein Antrag auf Rubrumsberichtigung gesehen wurde. Der Antrag sei unbegründet, weil davon auszugehen sei, dass es sich bei dem Beschwerdeführer um den Verurteilten handle, der nur versuche, mit einem Trick seiner Verurteilung zu entgehen. Mit seiner hiergegen gerichteten Beschwerde vom 8. März 2005 machte der Beschwerdeführer nunmehr (erstmals) geltend, der wahre Täter und Verurteilte sei ein Herr T., dem der Beschwerdeführer seinen Ausweis zeitweise überlassen habe und der dem Beschwerdeführer, nachdem dieser die Ladung zur Hauptverhandlung erhalten hätte, versprochen habe, die Sache zu regeln. Das Landgericht Berlin verwarf die Beschwerde mit Beschluss vom 12. April 2005 als unbegründet, da eine Berichtigung der Urteilsgründe durch Änderung des Namens des Verurteilten nur dann in Betracht komme, wenn es sich um einen offensichtlichen Fehler handle. Jedenfalls das sei hier nicht der Fall.

6

Auch die Einstellung der Vollstreckung nach § 458 Abs. 1 StPO lehnte das Amtsgericht Tiergarten mit Beschluss vom 2. Februar 2006 "aus den weiterhin zutreffenden Gründen aus den Beschlüssen des Amtsgerichts Tiergarten vom 18.8.2004 und des Landgerichts Berlin […] vom 12.4.2005" als unbegründet ab. Die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers blieb erfolglos.

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d) Mit Schriftsatz vom 4. Oktober 2007 beantragte der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer erneut, das Rubrum des Urteils vom 21. August 2003 dahin zu berichtigen, dass der Verurteilte Herr T. sei; gleichzeitig beantragte er "gemäß § 458 Abs. 3 StPO, die Unterbrechung der Vollstreckung anzuordnen". Die Bevollmächtigte des Beschwerdeführers trug vor, Herr T. sei bei ihr gewesen und habe die Tat zugegeben. Dies versicherte eine Mitarbeiterin der Bevollmächtigten schriftlich an Eides Statt. Unter dem 9. Oktober 2007 teilte Herr T. dem Amtsgericht über einen Rechtsanwalt mit, er sei die im Hauptverhandlungstermin erschienene und verurteilte Person und habe - wie auch schon im Ermittlungsverfahren - die Personalien des Beschwerdeführers angegeben.

8

Nachdem der zuletzt genannte Schriftsatz dem zuständigen Richter zunächst offenbar nicht vorgelegt worden war, lehnte das Amtsgericht Tiergarten die Anträge des Beschwerdeführers mit dem angegriffenen Beschluss vom 10. Juni 2009 mit der Begründung ab, dass der Antrag auf Berichtigung des Urteilsrubrums unzulässig sei, nachdem ein gleichlautender Antrag bereits rechtskräftig abgelehnt worden sei und der erneute Antrag sich auch nicht auf neue Tatsachen stütze. Hilfsweise verwies das Amtsgericht auf die ablehnenden Gründe der bisherigen Beschlüsse. Weil eine Berichtigung des Urteilsrubrums auszuscheiden habe, sei zudem kein Raum für eine Unterbrechung der Strafvollstreckung nach Maßgabe von § 458 Abs. 3 StPO.

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Mit Schreiben vom 19. Juni 2009 legte der Beschwerdeführer sofortige Beschwerde gegen die Ablehnung der Urteilsberichtigung ein. Er machte insbesondere geltend, dass neue Tatsachen vorlägen, und beanstandete zudem, dass die Entscheidung auf der Grundlage lediglich des Vollstreckungshefts ergangen sei, nachdem die Verfahrensakte nicht aufgefunden werden konnte. Das Landgericht Berlin legte das Rechtsmittel als Beschwerde aus und verwarf diese mit dem angegriffenen Beschluss vom 20. August 2009. Zwar spreche die Tatsache, dass Herr T. nunmehr die Begehung der Tat eingeräumt habe, für das Vorliegen neuer Tatsachen. Dies müsse indes nicht entschieden werden. Der Antrag habe jedenfalls in der Sache keine Aussicht auf Erfolg, da eine für alle Verfahrensbeteiligten offensichtliche Unrichtigkeit des Urteils nicht vorliege; vielmehr sei es ohne weitere umfängliche Ermittlungen nicht aufklärbar, ob der Beschwerdeführer oder Herr T. an der Hauptverhandlung teilgenommen habe und verurteilt worden sei.

10

e) Die Staatsanwaltschaft Berlin betreibt nach wie vor die Vollstreckung des Urteils des Amtsgerichts Tiergarten vom 21. August 2003 gegen den Beschwerdeführer. Nachdem zwischenzeitlich die Aussetzung der Vollstreckung der in dem Urteil verhängten Strafe zur Bewährung widerrufen worden ist, ist der Beschwerdeführer aktuell zum Strafantritt in der Justizvollzugsanstalt Offenburg geladen worden.

11

2. Mit der fristgerecht eingegangenen Verfassungsbeschwerde beanstandet der Beschwerdeführer die jüngsten Beschlüsse des Amtsgerichts Tiergarten und des Landgerichts Berlin, soweit damit die Berichtigung des Urteils erneut abgelehnt wurde. Er rügt die Verletzung von Art. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4, Art. 101 Abs. 1 und Art. 103 Abs. 1 GG. Amtsgericht wie Landgericht hätten ihre Verpflichtung zur Sachaufklärung nicht erfüllt, indem sie ohne mündliche Verhandlung und ohne die Ermittlungsakte entschieden hätten. Die Gerichte hätten aufklären müssen, ob das Vorbringen des Beschwerdeführers und des Herrn T. zutreffend gewesen sei. Das Amtsgericht habe zudem Art. 103 Abs. 1 GG verletzt, indem es schon das Vorliegen neuer Tatsachen in Abrede gestellt und den erneuten Berichtigungsantrag für unzulässig gehalten habe.

12

3. Die Senatsverwaltung für Justiz Berlin hat von der ihr eingeräumten Gelegenheit zur Stellungnahme keinen Gebrauch gemacht. Die Staatsanwaltschaft Berlin hat ein Doppel der - unvollständigen - Ersatzakten und ein Doppel des Vollstreckungshefts übersandt und mitgeteilt, dass die Sachakten außer Kontrolle geraten seien und nicht aufgefunden werden könnten.

13

Der Generalbundesanwalt hat zu der Verfassungsbeschwerde Stellung genommen; er hält sie für weder zulässig noch begründet. Der Beschwerdeführer hat auf die Stellungnahme des Generalbundesanwalts mit Schreiben vom 5. Juli 2010 repliziert.

II.

14

Die Verfassungsbescherde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Der Verfassungsbeschwerde kommt weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu, noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt (vgl. BVerfGE 90, 22 <24 ff.>; 96, 245 <248 ff.>).

15

Soweit die Verfassungsbeschwerde sich gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 20. August 2009 wendet, ist sie jedenfalls unbegründet, da die Ablehnung der beantragten Urteilsberichtigung den Beschwerdeführer nicht in seinen verfassungsmäßigen Rechten verletzt, insbesondere nicht in dem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz und ein faires Verfahren aus Art. 2 Abs. 1, Abs. 2 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip.

16

1. a) Das Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes enthält die Gewährleistung eines wirkungsvollen Rechtsschutzes, der die grundsätzlich umfassende tatsächliche und rechtliche Prüfung des Verfahrensgegenstands ermöglichen muss (vgl. BVerfGE 54, 277 <291>). Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip verleiht dem Einzelnen einen Anspruch auf eine tatsächlich wirksame gerichtliche Kontrolle. Dieses Grundrecht ist verletzt, wenn die Gerichte die prozessrechtlichen Möglichkeiten zur Sachverhaltsfeststellung so eng auslegen, dass ihnen eine sachliche Prüfung derjenigen Fragen, die ihnen vorgelegt worden sind, nicht möglich ist und das vom Gesetzgeber verfolgte Verfahrensziel deshalb nicht erreicht werden kann (vgl. BVerfGE 101, 275 <294 f.> unter Hinweis auf BVerfGE 53, 115 <127 f.>; 78, 88 <98 f.>).

17

b) Aus dem Prozessgrundrecht auf ein faires, rechtsstaatliches Verfahren ergeben sich Mindesterfordernisse für die Ausgestaltung des Strafverfahrens; diese hat eine zuverlässige Wahrheitserforschung nicht nur im prozessualen Hauptverfahren, sondern auch für die im Vollstreckungsverfahren zu treffenden Entscheidungen zu gewährleisten (vgl. hierzu und zu dem Folgenden BVerfGE 86, 288 <317>). Dieser rechtsstaatliche Auftrag bezieht sich nicht nur auf die Aufklärung des äußeren Tatgeschehens, sondern erfasst wegen des Schuldprinzips alle Merkmale, die für die Beurteilung der strafrechtlichen Schuld und für die Strafzumessung von Bedeutung sind (vgl. BVerfGE 80, 367 <378>). Ein rechtsstaatliches Verfahren muss gewährleisten, dass Entscheidungen, die den Entzug der persönlichen Freiheit betreffen, auf zureichender richterlicher Sachaufklärung beruhen und eine in tatsächlicher Hinsicht genügende Grundlage haben, die der Bedeutung der Freiheitsgarantie entspricht (BVerfGE 70, 297 <308>). Allerdings bedarf das Recht auf ein rechtsstaatliches faires Verfahren der Konkretisierung je nach den sachlichen Gegebenheiten. Erst wenn sich unzweideutig ergibt, dass rechtsstaatlich unverzichtbare Erfordernisse nicht mehr gewahrt sind, können aus dem Prinzip selbst konkrete Folgerungen für die Verfahrensgestaltung gezogen werden; diese haben sich tunlichst im Rahmen der vom Gesetzgeber gewählten Grundstruktur des Verfahrens zu halten (vgl. BVerfGE 57, 250 <276>; 70, 297 <309>).

18

2. Nach diesen Maßstäben ist es nicht zu beanstanden, dass das Landgericht mit dem angefochtenen Beschluss eine Urteilsberichtigung ohne weitere Sachaufklärung abgelehnt hat.

19

Zwar hat der Beschwerdeführer mit der schriftlichen Erklärung des anwaltlich vertretenen Herrn T. substantiierte Anhaltspunkte für eine mögliche Unrichtigkeit der in dem Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 21. August 2003 genannten Personalien aufgezeigt. Die dargelegten verfassungsrechtlichen Grundsätze gebieten jedoch nicht, dass die vom Beschwerdeführer erstrebte Aufklärung gerade im - gesetzlich nicht geregelten - Verfahren über die Urteilsberichtigung stattzufinden hätte (dazu unter a); dem Beschwerdeführer stehen andere, hinreichend effektive prozessuale Mittel zur Verfügung (b).

20

a) Strafgerichtliche Urteile richten sich nach einhelliger Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum gegen diejenige Person, gegen die Anklage erhoben wurde und die tatsächlich in der Hauptverhandlung anwesend war, unabhängig davon, ob die Personalien in der Anklageschrift und im Urteil richtig angegeben sind. Nimmt daher der richtige Angeklagte unter einem falschem Namen an der Hauptverhandlung teil und wird er unter diesem falschen Namen verurteilt, so ist das Urteil gegen ihn wirksam (vgl. BGH, Beschluss vom 9. August 1995 - 2 StR 385/95 -, NStZ-RR 1996, S. 9; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 7. Februar 1994 - 1 Ws 87/94 -, NStZ 1994, S. 355; OLG Köln, Beschluss vom 16. März 1983 - 2 Ws 176/83 -, MDR 1983, S. 865; Schoreit, in: Karlsruher Kommentar zur StPO, 6. Aufl. 2008, § 155 Rn. 7). Lässt sich die wahre Identität des Verurteilten im Nachhinein feststellen, können Rubrum, Tenor und Urteilsgründe entsprechend berichtigt werden.

21

Allerdings kennt die Strafprozessordnung - anders als beispielsweise die Zivilprozessordnung (§ 319) - keine Bestimmungen über die Berichtigung des schriftlichen Urteils. Dennoch sind Urteilsberichtigungen nach herrschender Auffassung immer dann zulässig, wenn ein Versehen vorliegt, das für alle Verfahrensbeteiligten offenkundig ist. Danach dürfen nicht nur reine Schreibfehler oder sonstige äußere Unstimmigkeiten berichtigt werden, die sich aus der Urteilsurkunde selbst ohne Weiteres ergeben, sondern auch andere unzweifelhafte Irrtümer, wenn für die Prozessbeteiligten aus anderen Verfahrensvorgängen, beispielsweise der mündlichen Urteilsbegründung, die Divergenz zwischen erkennbar Gewolltem und mündlich oder schriftlich Formuliertem offenkundig war. Jedoch muss der Verdacht, dass sich hinter der Berichtigung in Wahrheit die sachliche Änderung eines inhaltlich anders beschlossenen Urteils verbirgt, in jedem Fall ausgeschlossen sein (vgl. eingehend BGH, Urteil vom 14. November 1990 - 3 StR 310/90 -, NJW 1991, S. 1900 <1901>; ferner Pfeiffer, StPO, 5. Aufl. 2005, § 267 Rn. 27; Engelhardt, in: Karlsruher Kommentar zur StPO, 6. Aufl. 2008, § 267 Rn. 46, jeweils m.w.N.).

22

Diese Voraussetzungen können zwar nach heute wohl einhelliger Ansicht (anders noch BayObLG, Beschluss vom 8. Mai 1929 - BeschwReg. I Nr. 118/29 -, JW 1929, S. 2750) auch dann erfüllt sein, wenn sich die wahre Identität des Verurteilten im Nachhinein zweifelsfrei ergibt (vgl. BGH, Beschluss vom 9. August 1995 - 2 StR 385/95 -, NStZ-RR 1996, S. 9), gegebenenfalls auch nach einer im Freibeweisverfahren vorgenommenen Aufklärung. Sind die Voraussetzungen erfüllt, dürfte eine Pflicht zur Berichtigung bestehen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 7. Februar 1994 - 1 Ws 87/94 -, NStZ 1994, S. 355). Dennoch sind der Berichtigung relativ enge Grenzen gezogen. Zu Recht betont die Rechtsprechung, dass der Verdacht, hinter der Berichtigung verberge sich in Wahrheit die sachliche Änderung eines inhaltlich anders beschlossenen Urteils, in jedem Fall ausgeschlossen sein muss. Diese Einschränkung trägt dem mit verfassungsrechtlichem Gewicht ausgestatteten Grundsatz der Rechtssicherheit (vgl. BVerfGE 2, 380 <403 ff.>; 22, 322 <329>; 47, 146 <161>) Rechnung und verhindert zugleich eine Umgehung der gerade auch den Interessen des Beschuldigten dienenden strengen strafprozessualen Vorschriften über die Beweiserhebung in der Hauptverhandlung oder im Wiederaufnahmeverfahren. Danach wird eine Urteilsberichtigung im Hinblick auf die Personalien des Verurteilten nur in sehr eindeutigen Fällen in Betracht kommen, zumal in Fällen wie dem vorliegenden auch den Interessen der weiteren Person Rechnung zu tragen ist, auf deren Personalien das Urteil nach Berichtigung lauten würde.

23

Nachvollziehbar ist das Landgericht im vorliegenden Fall zu dem Schluss gekommen, dass eine Urteilsberichtigung deshalb nicht mehr in Frage kam, weil sich unabhängig von dem Ergebnis einer möglichen weiteren Sachaufklärung jedenfalls der Verdacht, hinter der Berichtigung verberge sich die sachliche Änderung eines inhaltlich anders beschlossenen Urteils, bei unbefangener Betrachtung nicht mehr ausschließen ließe. Allein die Tatsache, dass - wie auch der Beschwerdeführer sieht - in nicht unerheblichem Maße weitere Aufklärung, etwa durch Vernehmung des Herrn T. oder eine Gegenüberstellung mit den seinerzeitigen Verfahrensbeteiligten, erforderlich gewesen wäre, zeigt schon, dass im Ergebnis von einer "offenkundigen", zweifellosen Unrichtigkeit kaum mehr hätte gesprochen werden können.

24

b) Die Strafprozessordnung stellt dem Beschwerdeführer andere, geeignete Instrumente zur Verfolgung seines prozessualen Ziels zur Verfügung. Der Beschwerdeführer kann sie nach wie vor nutzen.

25

aa) Der Beschwerdeführer kann - wie bereits das Kammergericht in seinem Beschluss vom 23. März 2004 ausgeführt hat - nach § 458 Abs. 1 StPO Einwendungen gegen die Vollstreckung des Urteils des Amtsgerichts Tiergarten vom 21. August 2003 erheben. Denn bei der Frage nach der Identität der verurteilten Person handelt es sich um eine Frage der "Auslegung eines Strafurteils" (vgl. auch Appl, in: Karlsruher Kommentar zur StPO, § 458 Rn. 12; Meyer-Goßner, StPO, 52. Aufl. 2009, § 458 Rn. 10; Wendisch, in: Löwe-Rosenberg, StPO, Bd. 6, 25. Aufl. 2001, § 458 Rn. 9). Für den Fall, dass substantiierte Einwände erhoben werden, ist diesen von dem nach §§ 462, 462a StPO zuständigen Gericht nachzugehen. Im Verfahren nach § 458 Abs. 1 StPO hätte der Beschwerdeführer nicht erst bei Vorliegen einer offensichtlichen Unrichtigkeit Erfolg; hier würde es genügen, wenn nach allgemeinen Grundsätzen zur Überzeugung des Gerichts festgestellt werden könnte, dass der Beschwerdeführer nicht der richtige Verurteilte ist. Auf den im Verfahren nach § 458 Abs. 1 StPO geltenden, für den Beschwerdeführer günstigeren Prüfungsmaßstab hat auch das Landgericht Berlin bereits mit seinem Beschluss vom 12. April 2005 hingewiesen. In einem solchen Verfahren könnte eine weitere Aufklärung des Sachverhalts mithin nicht aus den in den angefochtenen Entscheidungen genannten Gründen abgelehnt werden.

26

Der Beschwerdeführer kann einen solchen Antrag auch jetzt noch stellen. Insbesondere steht dem eine rechtskräftige Ablehnung nicht entgegen. Im Hinblick auf die ablehnenden Beschlüsse des Amts- und Landgerichts vom 2. Februar und 31. März 2006 kann der Beschwerdeführer sich auf neue Beweismittel, nämlich die Erklärung des Herrn T., stützen. Mit den angefochtenen Beschlüssen wiederum haben Amts- und Landgericht einen Antrag nach § 458 Abs. 1 StPO nicht abgelehnt, da sie das Begehren des Beschwerdeführers nicht in diesem Sinne verstanden haben - auch wenn ein solches Verständnis oder zumindest die Erteilung eines sachdienlichen Hinweises angesichts der bisherigen Verfahrensgeschichte nicht fern gelegen hätten, zumal nach §§ 462, 462a StPO Amtsgericht und Landgericht auch für die Bescheidung eines Antrags nach § 458 Abs. 1 StPO zuständig gewesen wären, nachdem der Beschwerdeführer sich nicht in Haft befand.

27

bb) Ferner könnte der Beschwerdeführer, wie der Generalbundesanwalt ausgeführt hat, das Wiederaufnahmeverfahren (§ 359 Nr. 5 StPO) betreiben. Einen auf die schriftliche Erklärung des Herrn T. als neues Beweismittel gestützten Wiederaufnahmeantrag hat der Beschwerdeführer bislang nicht gestellt. Im Schrifttum wird davon ausgegangen, dass die Falschbezeichnung des Verurteilten nach Rechtskraft des Urteils mit einem Wiederaufnahmeantrag nach § 359 Nr. 5 StPO geltend gemacht werden kann (vgl. Perels, NStZ 1985, S. 538 ff., sowie Gössel, in: Löwe-Rosenberg, StPO, Bd. 5, 25. Aufl. 2003, § 359 Rn. 62).

28

Der Zulässigkeit und den Erfolgsaussichten eines solchen Antrags stünde auch der Beschluss des Kammergerichts vom 23. März 2004 nicht von vornherein entgegen. Insofern kann dahinstehen, ob es sachgerecht war, entgegen der wohl überwiegenden Meinung (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 16. März 1983 - 2 Ws 176/83 -, MDR 1983, S. 865; Paul, in: Karlsruher Kommentar zur StPO, 6. Aufl. 2008, Vor § 296 Rn. 5a; Gössel, in: Löwe-Rosenberg, StPO, Bd. 5, 25. Aufl. 2003, § 312 Rn. 3; Hanack, in: Löwe-Rosenberg, StPO, Bd. 5, 25. Aufl. 2003, § 296 Rn. 2; offen BGH, Beschluss vom 9. August 1995 - 2 StR 385/95 -, NStZ-RR 1996, S. 9) eine Beschwer des nach eigenem Vortrag nur zum Schein verurteilten Beschwerdeführers zu verneinen, obwohl eine Urteilsberichtigung nicht stattgefunden hatte. Denn jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt dürfte sich nicht mehr bestreiten lassen, dass der Beschwerdeführer durch das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten vom 21. August 2003 beschwert ist. Dies gilt jedenfalls, solange die - derzeit sehr konkrete - Gefahr einer Vollstreckung der Freiheitsstrafe aus dem betreffenden Urteil gegen den Beschwerdeführer nicht auf andere Weise beseitigt ist.

29

cc) Ob unter den aufgezeigten prozessualen Wegen ein Rangverhältnis besteht - etwa dergestalt, dass zunächst der Weg nach § 458 Abs. 1 StPO zu beschreiten und ein Wiederaufnahmeverfahren zunächst zurückzustellen wäre - ist verfassungsrechtlich nicht vorgezeichnet und muss gegebenenfalls auf Antrag des Beschwerdeführers von den Fachgerichten entschieden werden.

30

3. Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

31

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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(1) Die Berufung muß bei dem Gericht des ersten Rechtszuges binnen einer Woche nach Verkündung des Urteils zu Protokoll der Geschäftsstelle oder schriftlich eingelegt werden. (2) Hat die Verkündung des Urteils nicht in Anwesenheit des Angeklagten

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(1) Die Berufung muß bei dem Gericht des ersten Rechtszuges binnen einer Woche nach Verkündung des Urteils zu Protokoll der Geschäftsstelle oder schriftlich eingelegt werden.

(2) Hat die Verkündung des Urteils nicht in Anwesenheit des Angeklagten stattgefunden, so beginnt für diesen die Frist mit der Zustellung, sofern nicht in den Fällen der §§ 234, 387 Abs. 1, § 411 Abs. 2 und § 428 Absatz 1 Satz 1 die Verkündung in Anwesenheit des Verteidigers mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht stattgefunden hat.

(1) Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist binnen einer Woche nach Wegfall des Hindernisses bei dem Gericht zu stellen, bei dem die Frist wahrzunehmen gewesen wäre. Zur Wahrung der Frist genügt es, wenn der Antrag rechtzeitig bei dem Gericht gestellt wird, das über den Antrag entscheidet.

(2) Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

Die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens zugunsten des Verurteilten ist zulässig,

1.
wenn eine in der Hauptverhandlung zu seinen Ungunsten als echt vorgebrachte Urkunde unecht oder verfälscht war;
2.
wenn der Zeuge oder Sachverständige sich bei einem zuungunsten des Verurteilten abgelegten Zeugnis oder abgegebenen Gutachten einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht oder einer vorsätzlichen falschen uneidlichen Aussage schuldig gemacht hat;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf die Sache einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten schuldig gemacht hat, sofern die Verletzung nicht vom Verurteilten selbst veranlaßt ist;
4.
wenn ein zivilgerichtliches Urteil, auf welches das Strafurteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftig gewordenes Urteil aufgehoben ist;
5.
wenn neue Tatsachen oder Beweismittel beigebracht sind, die allein oder in Verbindung mit den früher erhobenen Beweisen die Freisprechung des Angeklagten oder in Anwendung eines milderen Strafgesetzes eine geringere Bestrafung oder eine wesentlich andere Entscheidung über eine Maßregel der Besserung und Sicherung zu begründen geeignet sind,
6.
wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.

War jemand ohne Verschulden verhindert, eine Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Versäumung einer Rechtsmittelfrist ist als unverschuldet anzusehen, wenn die Belehrung nach den § 35a Satz 1 und 2, § 319 Abs. 2 Satz 3 oder nach § 346 Abs. 2 Satz 3 unterblieben ist.

(1) Wenn über die Auslegung eines Strafurteils oder über die Berechnung der erkannten Strafe Zweifel entstehen oder wenn Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Strafvollstreckung erhoben werden, so ist die Entscheidung des Gerichts herbeizuführen.

(2) Das Gericht entscheidet ferner, wenn in den Fällen des § 454b Absatz 1 bis 3 sowie der §§ 455, 456 und 456c Abs. 2 Einwendungen gegen die Entscheidung der Vollstreckungsbehörde erhoben werden oder wenn die Vollstreckungsbehörde anordnet, daß an einem Ausgelieferten, Abgeschobenen, Zurückgeschobenen oder Zurückgewiesenen die Vollstreckung einer Strafe oder einer Maßregel der Besserung und Sicherung nachgeholt werden soll, und Einwendungen gegen diese Anordnung erhoben werden.

(3) Der Fortgang der Vollstreckung wird hierdurch nicht gehemmt; das Gericht kann jedoch einen Aufschub oder eine Unterbrechung der Vollstreckung anordnen. In den Fällen des § 456c Abs. 2 kann das Gericht eine einstweilige Anordnung treffen.

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Ausnahmegerichte sind unzulässig. Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

(2) Gerichte für besondere Sachgebiete können nur durch Gesetz errichtet werden.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Die Verfassungsbeschwerde bedarf der Annahme zur Entscheidung.

(2) Sie ist zur Entscheidung anzunehmen,

a)
soweit ihr grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt,
b)
wenn es zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 genannten Rechte angezeigt ist; dies kann auch der Fall sein, wenn dem Beschwerdeführer durch die Versagung der Entscheidung zur Sache ein besonders schwerer Nachteil entsteht.

(1) Jedermann kann mit der Behauptung, durch die öffentliche Gewalt in einem seiner Grundrechte oder in einem seiner in Artikel 20 Abs. 4, Artikel 33, 38, 101, 103 und 104 des Grundgesetzes enthaltenen Rechte verletzt zu sein, die Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht erheben.

(2) Ist gegen die Verletzung der Rechtsweg zulässig, so kann die Verfassungsbeschwerde erst nach Erschöpfung des Rechtswegs erhoben werden. Das Bundesverfassungsgericht kann jedoch über eine vor Erschöpfung des Rechtswegs eingelegte Verfassungsbeschwerde sofort entscheiden, wenn sie von allgemeiner Bedeutung ist oder wenn dem Beschwerdeführer ein schwerer und unabwendbarer Nachteil entstünde, falls er zunächst auf den Rechtsweg verwiesen würde.

(3) Das Recht, eine Verfassungsbeschwerde an das Landesverfassungsgericht nach dem Recht der Landesverfassung zu erheben, bleibt unberührt.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Schreibfehler, Rechnungsfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die in dem Urteil vorkommen, sind jederzeit von dem Gericht auch von Amts wegen zu berichtigen.

(2) Der Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, wird auf dem Urteil und den Ausfertigungen vermerkt. Erfolgt der Berichtigungsbeschluss in der Form des § 130b, ist er in einem gesonderten elektronischen Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(3) Gegen den Beschluss, durch den der Antrag auf Berichtigung zurückgewiesen wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluss, der eine Berichtigung ausspricht, findet sofortige Beschwerde statt.

(1) Wenn über die Auslegung eines Strafurteils oder über die Berechnung der erkannten Strafe Zweifel entstehen oder wenn Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Strafvollstreckung erhoben werden, so ist die Entscheidung des Gerichts herbeizuführen.

(2) Das Gericht entscheidet ferner, wenn in den Fällen des § 454b Absatz 1 bis 3 sowie der §§ 455, 456 und 456c Abs. 2 Einwendungen gegen die Entscheidung der Vollstreckungsbehörde erhoben werden oder wenn die Vollstreckungsbehörde anordnet, daß an einem Ausgelieferten, Abgeschobenen, Zurückgeschobenen oder Zurückgewiesenen die Vollstreckung einer Strafe oder einer Maßregel der Besserung und Sicherung nachgeholt werden soll, und Einwendungen gegen diese Anordnung erhoben werden.

(3) Der Fortgang der Vollstreckung wird hierdurch nicht gehemmt; das Gericht kann jedoch einen Aufschub oder eine Unterbrechung der Vollstreckung anordnen. In den Fällen des § 456c Abs. 2 kann das Gericht eine einstweilige Anordnung treffen.

(1) Die nach § 450a Abs. 3 Satz 1 und den §§ 458 bis 461 notwendig werdenden gerichtlichen Entscheidungen trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Dies gilt auch für die Wiederverleihung verlorener Fähigkeiten und Rechte (§ 45b des Strafgesetzbuches), die Aufhebung des Vorbehalts der Einziehung und die nachträgliche Anordnung der Einziehung eines Gegenstandes (§ 74f Absatz 1 Satz 4 des Strafgesetzbuches), die nachträgliche Anordnung der Einziehung des Wertersatzes (§ 76 des Strafgesetzbuches) sowie für die Verlängerung der Verjährungsfrist (§ 79b des Strafgesetzbuches).

(2) Vor der Entscheidung sind die Staatsanwaltschaft und der Verurteilte zu hören. Das Gericht kann von der Anhörung des Verurteilten in den Fällen einer Entscheidung nach § 79b des Strafgesetzbuches absehen, wenn infolge bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, daß die Anhörung nicht ausführbar ist.

(3) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar. Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß, der die Unterbrechung der Vollstreckung anordnet, hat aufschiebende Wirkung.

(1) Wird gegen den Verurteilten eine Freiheitsstrafe vollstreckt, so ist für die nach den §§ 453, 454, 454a und 462 zu treffenden Entscheidungen die Strafvollstreckungskammer zuständig, in deren Bezirk die Strafanstalt liegt, in die der Verurteilte zu dem Zeitpunkt, in dem das Gericht mit der Sache befaßt wird, aufgenommen ist. Diese Strafvollstreckungskammer bleibt auch zuständig für Entscheidungen, die zu treffen sind, nachdem die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe unterbrochen oder die Vollstreckung des Restes der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Strafvollstreckungskammer kann einzelne Entscheidungen nach § 462 in Verbindung mit § 458 Abs. 1 an das Gericht des ersten Rechtszuges abgeben; die Abgabe ist bindend.

(2) In anderen als den in Absatz 1 bezeichneten Fällen ist das Gericht des ersten Rechtszuges zuständig. Das Gericht kann die nach § 453 zu treffenden Entscheidungen ganz oder zum Teil an das Amtsgericht abgeben, in dessen Bezirk der Verurteilte seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines Wohnsitzes seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat; die Abgabe ist bindend. Abweichend von Absatz 1 ist in den dort bezeichneten Fällen das Gericht des ersten Rechtszuges zuständig, wenn es die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten hat und eine Entscheidung darüber gemäß § 66a Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches noch möglich ist.

(3) In den Fällen des § 460 entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges. Waren die verschiedenen Urteile von verschiedenen Gerichten erlassen, so steht die Entscheidung dem Gericht zu, das auf die schwerste Strafart oder bei Strafen gleicher Art auf die höchste Strafe erkannt hat, und falls hiernach mehrere Gerichte zuständig sein würden, dem Gericht, dessen Urteil zuletzt ergangen ist. War das hiernach maßgebende Urteil von einem Gericht eines höheren Rechtszuges erlassen, so setzt das Gericht des ersten Rechtszuges die Gesamtstrafe fest; war eines der Urteile von einem Oberlandesgericht im ersten Rechtszuge erlassen, so setzt das Oberlandesgericht die Gesamtstrafe fest. Wäre ein Amtsgericht zur Bildung der Gesamtstrafe zuständig und reicht seine Strafgewalt nicht aus, so entscheidet die Strafkammer des ihm übergeordneten Landgerichts.

(4) Haben verschiedene Gerichte den Verurteilten in anderen als den in § 460 bezeichneten Fällen rechtskräftig zu Strafe verurteilt oder unter Strafvorbehalt verwarnt, so ist nur eines von ihnen für die nach den §§ 453, 454, 454a und 462 zu treffenden Entscheidungen zuständig. Absatz 3 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. In den Fällen des Absatzes 1 entscheidet die Strafvollstreckungskammer; Absatz 1 Satz 3 bleibt unberührt.

(5) An Stelle der Strafvollstreckungskammer entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges, wenn das Urteil von einem Oberlandesgericht im ersten Rechtszuge erlassen ist. Das Oberlandesgericht kann die nach den Absätzen 1 und 3 zu treffenden Entscheidungen ganz oder zum Teil an die Strafvollstreckungskammer abgeben. Die Abgabe ist bindend; sie kann jedoch vom Oberlandesgericht widerrufen werden.

(6) Gericht des ersten Rechtszuges ist in den Fällen des § 354 Abs. 2 und des § 355 das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen worden ist, und in den Fällen, in denen im Wiederaufnahmeverfahren eine Entscheidung nach § 373 ergangen ist, das Gericht, das diese Entscheidung getroffen hat.

(1) Wenn über die Auslegung eines Strafurteils oder über die Berechnung der erkannten Strafe Zweifel entstehen oder wenn Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Strafvollstreckung erhoben werden, so ist die Entscheidung des Gerichts herbeizuführen.

(2) Das Gericht entscheidet ferner, wenn in den Fällen des § 454b Absatz 1 bis 3 sowie der §§ 455, 456 und 456c Abs. 2 Einwendungen gegen die Entscheidung der Vollstreckungsbehörde erhoben werden oder wenn die Vollstreckungsbehörde anordnet, daß an einem Ausgelieferten, Abgeschobenen, Zurückgeschobenen oder Zurückgewiesenen die Vollstreckung einer Strafe oder einer Maßregel der Besserung und Sicherung nachgeholt werden soll, und Einwendungen gegen diese Anordnung erhoben werden.

(3) Der Fortgang der Vollstreckung wird hierdurch nicht gehemmt; das Gericht kann jedoch einen Aufschub oder eine Unterbrechung der Vollstreckung anordnen. In den Fällen des § 456c Abs. 2 kann das Gericht eine einstweilige Anordnung treffen.

(1) Die nach § 450a Abs. 3 Satz 1 und den §§ 458 bis 461 notwendig werdenden gerichtlichen Entscheidungen trifft das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß. Dies gilt auch für die Wiederverleihung verlorener Fähigkeiten und Rechte (§ 45b des Strafgesetzbuches), die Aufhebung des Vorbehalts der Einziehung und die nachträgliche Anordnung der Einziehung eines Gegenstandes (§ 74f Absatz 1 Satz 4 des Strafgesetzbuches), die nachträgliche Anordnung der Einziehung des Wertersatzes (§ 76 des Strafgesetzbuches) sowie für die Verlängerung der Verjährungsfrist (§ 79b des Strafgesetzbuches).

(2) Vor der Entscheidung sind die Staatsanwaltschaft und der Verurteilte zu hören. Das Gericht kann von der Anhörung des Verurteilten in den Fällen einer Entscheidung nach § 79b des Strafgesetzbuches absehen, wenn infolge bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, daß die Anhörung nicht ausführbar ist.

(3) Der Beschluß ist mit sofortiger Beschwerde anfechtbar. Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß, der die Unterbrechung der Vollstreckung anordnet, hat aufschiebende Wirkung.

(1) Wird gegen den Verurteilten eine Freiheitsstrafe vollstreckt, so ist für die nach den §§ 453, 454, 454a und 462 zu treffenden Entscheidungen die Strafvollstreckungskammer zuständig, in deren Bezirk die Strafanstalt liegt, in die der Verurteilte zu dem Zeitpunkt, in dem das Gericht mit der Sache befaßt wird, aufgenommen ist. Diese Strafvollstreckungskammer bleibt auch zuständig für Entscheidungen, die zu treffen sind, nachdem die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe unterbrochen oder die Vollstreckung des Restes der Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Strafvollstreckungskammer kann einzelne Entscheidungen nach § 462 in Verbindung mit § 458 Abs. 1 an das Gericht des ersten Rechtszuges abgeben; die Abgabe ist bindend.

(2) In anderen als den in Absatz 1 bezeichneten Fällen ist das Gericht des ersten Rechtszuges zuständig. Das Gericht kann die nach § 453 zu treffenden Entscheidungen ganz oder zum Teil an das Amtsgericht abgeben, in dessen Bezirk der Verurteilte seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines Wohnsitzes seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat; die Abgabe ist bindend. Abweichend von Absatz 1 ist in den dort bezeichneten Fällen das Gericht des ersten Rechtszuges zuständig, wenn es die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten hat und eine Entscheidung darüber gemäß § 66a Absatz 3 Satz 1 des Strafgesetzbuches noch möglich ist.

(3) In den Fällen des § 460 entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges. Waren die verschiedenen Urteile von verschiedenen Gerichten erlassen, so steht die Entscheidung dem Gericht zu, das auf die schwerste Strafart oder bei Strafen gleicher Art auf die höchste Strafe erkannt hat, und falls hiernach mehrere Gerichte zuständig sein würden, dem Gericht, dessen Urteil zuletzt ergangen ist. War das hiernach maßgebende Urteil von einem Gericht eines höheren Rechtszuges erlassen, so setzt das Gericht des ersten Rechtszuges die Gesamtstrafe fest; war eines der Urteile von einem Oberlandesgericht im ersten Rechtszuge erlassen, so setzt das Oberlandesgericht die Gesamtstrafe fest. Wäre ein Amtsgericht zur Bildung der Gesamtstrafe zuständig und reicht seine Strafgewalt nicht aus, so entscheidet die Strafkammer des ihm übergeordneten Landgerichts.

(4) Haben verschiedene Gerichte den Verurteilten in anderen als den in § 460 bezeichneten Fällen rechtskräftig zu Strafe verurteilt oder unter Strafvorbehalt verwarnt, so ist nur eines von ihnen für die nach den §§ 453, 454, 454a und 462 zu treffenden Entscheidungen zuständig. Absatz 3 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. In den Fällen des Absatzes 1 entscheidet die Strafvollstreckungskammer; Absatz 1 Satz 3 bleibt unberührt.

(5) An Stelle der Strafvollstreckungskammer entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges, wenn das Urteil von einem Oberlandesgericht im ersten Rechtszuge erlassen ist. Das Oberlandesgericht kann die nach den Absätzen 1 und 3 zu treffenden Entscheidungen ganz oder zum Teil an die Strafvollstreckungskammer abgeben. Die Abgabe ist bindend; sie kann jedoch vom Oberlandesgericht widerrufen werden.

(6) Gericht des ersten Rechtszuges ist in den Fällen des § 354 Abs. 2 und des § 355 das Gericht, an das die Sache zurückverwiesen worden ist, und in den Fällen, in denen im Wiederaufnahmeverfahren eine Entscheidung nach § 373 ergangen ist, das Gericht, das diese Entscheidung getroffen hat.

(1) Wenn über die Auslegung eines Strafurteils oder über die Berechnung der erkannten Strafe Zweifel entstehen oder wenn Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Strafvollstreckung erhoben werden, so ist die Entscheidung des Gerichts herbeizuführen.

(2) Das Gericht entscheidet ferner, wenn in den Fällen des § 454b Absatz 1 bis 3 sowie der §§ 455, 456 und 456c Abs. 2 Einwendungen gegen die Entscheidung der Vollstreckungsbehörde erhoben werden oder wenn die Vollstreckungsbehörde anordnet, daß an einem Ausgelieferten, Abgeschobenen, Zurückgeschobenen oder Zurückgewiesenen die Vollstreckung einer Strafe oder einer Maßregel der Besserung und Sicherung nachgeholt werden soll, und Einwendungen gegen diese Anordnung erhoben werden.

(3) Der Fortgang der Vollstreckung wird hierdurch nicht gehemmt; das Gericht kann jedoch einen Aufschub oder eine Unterbrechung der Vollstreckung anordnen. In den Fällen des § 456c Abs. 2 kann das Gericht eine einstweilige Anordnung treffen.

Die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens zugunsten des Verurteilten ist zulässig,

1.
wenn eine in der Hauptverhandlung zu seinen Ungunsten als echt vorgebrachte Urkunde unecht oder verfälscht war;
2.
wenn der Zeuge oder Sachverständige sich bei einem zuungunsten des Verurteilten abgelegten Zeugnis oder abgegebenen Gutachten einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht oder einer vorsätzlichen falschen uneidlichen Aussage schuldig gemacht hat;
3.
wenn bei dem Urteil ein Richter oder Schöffe mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf die Sache einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten schuldig gemacht hat, sofern die Verletzung nicht vom Verurteilten selbst veranlaßt ist;
4.
wenn ein zivilgerichtliches Urteil, auf welches das Strafurteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftig gewordenes Urteil aufgehoben ist;
5.
wenn neue Tatsachen oder Beweismittel beigebracht sind, die allein oder in Verbindung mit den früher erhobenen Beweisen die Freisprechung des Angeklagten oder in Anwendung eines milderen Strafgesetzes eine geringere Bestrafung oder eine wesentlich andere Entscheidung über eine Maßregel der Besserung und Sicherung zu begründen geeignet sind,
6.
wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.

(1) Wenn über die Auslegung eines Strafurteils oder über die Berechnung der erkannten Strafe Zweifel entstehen oder wenn Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Strafvollstreckung erhoben werden, so ist die Entscheidung des Gerichts herbeizuführen.

(2) Das Gericht entscheidet ferner, wenn in den Fällen des § 454b Absatz 1 bis 3 sowie der §§ 455, 456 und 456c Abs. 2 Einwendungen gegen die Entscheidung der Vollstreckungsbehörde erhoben werden oder wenn die Vollstreckungsbehörde anordnet, daß an einem Ausgelieferten, Abgeschobenen, Zurückgeschobenen oder Zurückgewiesenen die Vollstreckung einer Strafe oder einer Maßregel der Besserung und Sicherung nachgeholt werden soll, und Einwendungen gegen diese Anordnung erhoben werden.

(3) Der Fortgang der Vollstreckung wird hierdurch nicht gehemmt; das Gericht kann jedoch einen Aufschub oder eine Unterbrechung der Vollstreckung anordnen. In den Fällen des § 456c Abs. 2 kann das Gericht eine einstweilige Anordnung treffen.

(1) Die Entscheidung nach § 93b und § 93c ergeht ohne mündliche Verhandlung. Sie ist unanfechtbar. Die Ablehnung der Annahme der Verfassungsbeschwerde bedarf keiner Begründung.

(2) Solange und soweit der Senat nicht über die Annahme der Verfassungsbeschwerde entschieden hat, kann die Kammer alle das Verfassungsbeschwerdeverfahren betreffenden Entscheidungen erlassen. Eine einstweilige Anordnung, mit der die Anwendung eines Gesetzes ganz oder teilweise ausgesetzt wird, kann nur der Senat treffen; § 32 Abs. 7 bleibt unberührt. Der Senat entscheidet auch in den Fällen des § 32 Abs. 3.

(3) Die Entscheidungen der Kammer ergehen durch einstimmigen Beschluß. Die Annahme durch den Senat ist beschlossen, wenn mindestens drei Richter ihr zustimmen.