Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 13. Nov. 2017 - 2 BvR 1381/17

ECLI:ECLI:DE:BVerfG:2017:rk20171113.2bvr138117
bei uns veröffentlicht am13.11.2017

Tenor

Der Beschluss des Oberlandesgerichts Dresden vom 4. April 2017 - OLGAusl 294/16 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes, soweit er die Auslieferung des Beschwerdeführers für zulässig erklärt; er wird in diesem Umfang aufgehoben. Die Sache wird an das Oberlandesgericht Dresden zurückverwiesen. Der Beschluss des Oberlandesgerichts Dresden vom 11. Mai 2017 - OLGAusl 294/16 - wird damit gegenstandslos.

Das Land Sachsen hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gründe

1

Der Beschwerdeführer, ein russischer Staatsangehöriger tschetschenischer Herkunft, wendet sich mit seiner Verfassungsbeschwerde gegen Beschlüsse des Oberlandesgerichts Dresden, mit denen seine Auslieferung zur Strafverfolgung nach Russland für zulässig erklärt beziehungsweise die erneute Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung nach § 33 Abs. 1 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG) abgelehnt wurde.

I.

2

1. Der Beschwerdeführer wird verdächtigt, in seiner Heimat versucht zu haben, die Geschädigte einer Sexualstraftat, für die der Beschwerdeführer eine mehrjährige Freiheitsstrafe verbüßt hat, nach seiner Haftentlassung mit einer Schusswaffe zu töten. Er macht geltend, sowohl der Vorwurf der Sexualstraftat als auch nunmehr derjenige des versuchten Tötungsdelikts seien falsche Anschuldigungen, mit denen die tschetschenischen Sicherheitskräfte versucht hätten und weiterhin versuchten, ihn unter Druck zu setzen, damit er Namen und Aufenthaltsorte von ihm bekannten Aufständischen preisgibt.

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2. Im Jahr 2015 reisten der Beschwerdeführer und seine Familie nach Polen und beantragten dort Asyl. Die Asylanträge wurden abgelehnt; das Widerspruchsverfahren blieb erfolglos. Gegen die im Widerspruchsverfahren ergangenen Bescheide klagte der Beschwerdeführer. Eine gerichtliche Entscheidung wartete er jedoch nicht ab, sondern reiste mit seiner Familie am 8. April 2016 nach Deutschland weiter.

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3. In Deutschland stellten der Beschwerdeführer und seine Familie am 31. Mai 2016 erneut Anträge auf Asyl. Diese wurden mit Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 6. September 2016 als unzulässig abgelehnt, weil Polen aufgrund der dort gestellten Asylanträge nach der Dublin-III-Verordnung für die Durchführung der Asylverfahren zuständig sei. Zudem wurde die Abschiebung nach Polen angeordnet. Gegen die Ablehnung der Asylanträge erhoben der Beschwerdeführer und seine Familie am 15. September 2016 Klagen vor dem Verwaltungsgericht Dresden, die mit Urteil vom 3. April 2017 abgewiesen wurden. Hiergegen beantragte der Beschwerdeführer die Zulassung der Berufung, über die bislang nicht entschieden wurde.

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4. Der Beschwerdeführer wurde zwischenzeitlich aufgrund des ihm vorgeworfenen versuchten Tötungsdelikts durch Behörden der Russischen Föderation auf Grundlage eines Haftbefehls des Leninsky Bezirksgerichts Grosny vom 7. September 2016 international zur Fahndung ausgeschrieben und am 29. Dezember 2016 in Leipzig festgenommen. Seither befindet er sich in Haft. Mit der Auslieferung im vereinfachten Verfahren hat er sich nicht einverstanden erklärt.

6

5. Am 26. Januar 2017 gingen die Auslieferungsunterlagen der Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation beim Bundesamt für Justiz ein. In diesen wird die Tat bezeichnet und unter anderem zugesichert, dass das Auslieferungsersuchen nicht der politischen Verfolgung diene, dem Beschwerdeführer alle Möglichkeiten der Verteidigung im gerichtlichen Verfahren, einschließlich anwaltlichen Beistands, offen stünden und er keiner Folter und keiner grausamen, unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung unterworfen werde. Überdies werde er nur wegen derjenigen Tat strafrechtlich verfolgt, deretwegen um Auslieferung ersucht werde. Nach Beendigung des Strafverfahrens und gegebenenfalls Verbüßung einer Freiheitsstrafe könne er die Russische Föderation wieder verlassen. Auch werde er in einer Haftanstalt untergebracht, die den Anforderungen der Europäischen Menschenrechtskonvention und den Europäischen Strafvollzugsvorschriften vom 11. Januar 2016 entspreche. Mitarbeiter des Konsulatsdienstes der deutschen Botschaft in Russland dürften ihn jederzeit zwecks Kontrolle der Einhaltung der oben aufgeführten Zusicherungen besuchen.

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6. Der Beschwerdeführer wurde am 6. Februar 2017 von dem Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Dresden zum Auslieferungsersuchen persönlich angehört. Er sagte unter anderem aus, der ihm im Auslieferungsersuchen vorgeworfene Sachverhalt sei unzutreffend. Er sei 2011 wegen einer Vergewaltigungstat verhaftet worden, ohne dass Beweise gegen ihn vorgelegen hätten. Angefangen hätten seine Probleme mit seinem Studium in Dagestan. Die Hälfte seiner Mitstudenten seien Kämpfer gewesen, die ihre Heimat verteidigt hätten. Von ihm sei später durch tschetschenische Sicherheitskräfte verlangt worden, Namen und Aufenthaltsorte von bestimmten Personen preiszugeben. Das habe er nicht gemacht, weil er die begehrten Informationen nicht gehabt habe. Viele der ihm bekannten Personen seien inzwischen verstorben oder hätten in Europa Asyl beantragt. Danach sei der Vorwurf der Vergewaltigung gegen ihn erhoben worden. Nach seiner Verhaftung sei er gefoltert worden. Außerdem habe man ihm in den Fuß geschossen. Ihm sei über drei oder vier Tage lang immer wieder ein Blankoformular vorgelegt worden, welches er habe unterschreiben sollen. Dabei sei er mit Klebeband an Händen und Füßen an einen Stuhl gefesselt gewesen. Während dieser Zeit habe man ihm auch Stromschläge versetzt. Für die Vergewaltigung sei er zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten verurteilt worden, die er voll verbüßt habe. Drei Monate nach seiner Haftentlassung sei er wiederum von der Miliz, die der tschetschenischen Regierung nahegestanden habe, nach bestimmten Personen gefragt worden.

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7. Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden beantragte am 13. Februar 2017 beim Oberlandesgericht Dresden, die Auslieferung für zulässig zu erklären. Gründe, die der Zulässigkeit entgegenstünden, seien nicht ersichtlich. Die Angaben des Beschwerdeführers im Asylverfahren seien angefordert worden und würden nachgereicht. Es bestünden keine Gründe, eine politische Verfolgung des Beschwerdeführers anzunehmen.

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8. In der Folge forderte das Oberlandesgericht Dresden die Generalstaatsanwaltschaft auf, die Umstände der Asylantragstellung in der Republik Polen und die von dem Beschwerdeführer vor polnischen Behörden gemachten Angaben aufzuklären und die bereits getroffenen Asylentscheidungen beizuziehen. Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden teilte dem Oberlandesgericht am 13. März 2017 mit, hinsichtlich der Umstände der Asylantragstellung in der Republik Polen, der von dem Beschwerdeführer dort gemachten Angaben und der Beiziehung bereits getroffener Asylentscheidungen sei von polnischen Verbindungsbeamten lediglich mitgeteilt worden, dass der Beschwerdeführer am 30. Juli 2015 in Polen einen Antrag auf Flüchtlingsschutz gestellt habe, welcher am 15. April 2016 vollständig abgelehnt worden sei. Dies spreche dagegen, dass die Republik Polen von einer Gefährdung des Beschwerdeführers in der Russischen Föderation ausgehe. Sollte dies nicht ausreichen, werde um richterlichen Hinweis gebeten. Auf eine weitere richterliche Verfügung hin übersandte die Generalstaatsanwaltschaft Dresden den Ausdruck desE-Mail-Verkehrs zwischen der Generalstaatsanwaltschaft, dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und dem Sächsischen Staatsministerium der Justiz, in dem die Mitteilung einer polnischen Verbindungsbeamtin wiedergegeben wurde. Dieser zufolge hat der Beschwerdeführer

"am 30.07.2015 einen Antrag auf Flüchtlingsschutz in Polen gestellt. Das Verfahren wurde am 15.04.2016 vollständig abgelehnt."

Die Generalstaatsanwaltschaft informierte das Oberlandesgericht zudem, dass dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge keine weiteren Unterlagen vorlägen.

10

9. Mit angegriffenem Beschluss vom 4. April 2017 erklärte das Oberlandesgericht Dresden unter Anordnung der Fortdauer der Auslieferungshaft die Auslieferung für zulässig. Die Tat sei auslieferungsfähig nach Art. 2 Abs. 1 und 3 des Europäischen Auslieferungsübereinkommens vom 13. Dezember 1957 (EuAlÜbk). Bedenken gegen die Auslieferung seien nicht ersichtlich. Das Gericht sei nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gehalten zu prüfen, ob der völkerrechtliche Mindeststandard oder die wesentlichen Grundsätze der deutschen Rechtsordnung verletzt seien. Das sei nicht der Fall. Eine solche Verletzung folge auch nicht aus dem Vortrag des Beschwerdeführers, er sei in einem vorherigen Strafverfahren gefoltert worden. Darin liege zwar ein Verstoß gegen die wesentlichen Grundsätze der deutschen Rechtsordnung und den völkerrechtlichen Mindeststandard. Die Behauptung des Beschwerdeführers, gefoltert worden zu sein, habe sich jedoch lediglich auf das frühere Strafverfahren mit dem Vorwurf der Vergewaltigung bezogen. Dies sei mit der Strafverbüßung abgeschlossen, erneute körperliche Übergriffe der Sicherheitskräfte oder Polizeigewalt, die nach der Strafverbüßung aufgetreten seien, schildere er nicht.

11

Die Unzulässigkeit der Auslieferung folge auch nicht aus asylrechtlichen Gesichtspunkten. Der Beschwerdeführer könne sich gemäß Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG nicht auf das Asylgrundrecht nach Art. 16a Abs. 1 GG berufen. Mit dem Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 6. September 2016 sei der Antrag auf Anerkennung als politischer Flüchtling ohne materiell-rechtliche Prüfung als unzulässig abgelehnt und seine Abschiebung nach Polen angeordnet worden, denn der Beschwerdeführer sei über Polen nach Deutschland eingereist. Allerdings sei das Oberlandesgericht nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu einer eigenständigen Prüfung verpflichtet, ob dem Verfolgten im Fall seiner Auslieferung die Erschwerung seiner Lage aufgrund rassischer, religiöser, nationaler oder politischer Anschauung drohe. Entsprechend habe der Senat die Generalstaatsanwaltschaft um Aufklärung der im polnischen Asylverfahren vorgetragenen Antragsgründe des Beschwerdeführers und um Beiziehung der dort ergangenen Asylentscheidungen ersucht. Die polnischen Behörden hätten daraufhin über einen polnischen Verbindungsbeamten mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer am 30. Juli 2015 in Polen einen Antrag auf Flüchtlingsschutz gestellt habe, der am 15. April 2016 vollumfänglich abgelehnt worden sei. Schließlich sei zu bedenken, dass die Russische Föderation Konventionsstaat des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte sei und sich damit zur Einhaltung dessen Standards verpflichtet habe. Zudem habe die Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation verbindliche Zusicherungen gegeben.

12

10. Der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer beantragte am 18. April 2017 die erneute Zulässigkeitsentscheidung gemäß § 33 Abs. 1 IRG, weil das Oberlandesgericht seiner Pflicht zur Sachaufklärung nicht nachgekommen sei. Er machte geltend, das Oberlandesgericht hätte nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts prüfen müssen, ob ihm in der Russischen Föderation politische Verfolgung drohe. Dafür hätte es die Akten aus dem polnischen Asylverfahren beiziehen und ins Deutsche übersetzen lassen müssen, um zu ermitteln, welche Angaben er in Polen gemacht habe. Er habe geltend gemacht, in der Russischen Föderation politische Verfolgung erlitten zu haben, und dahingehende Anhaltspunkte geschildert. Dass sein Asylantrag in Polen erfolglos gewesen sei, habe das Oberlandesgericht nicht von der Pflicht entbunden, die Gefahr politischer Verfolgung eigenständig zu prüfen. Aufgrund der in Aussicht stehenden Dauer der anzustellenden Ermittlungen sei ein Aufschub der Auslieferung anzuordnen.

13

11. Das Oberlandesgericht lehnte den Antrag gemäß § 33 Abs. 1 IRG mit angegriffenem Beschluss vom 11. Mai 2017 ab. Eine erneute Zulässigkeitsentscheidung sei nicht veranlasst.

14

Ungeachtet der Rechtsfrage, ob das nach Ansicht des Beschwerdeführers fehlerhafte Unterlassen der Aktenbeiziehung aus der Republik Polen als möglicher Verfahrensverstoß überhaupt einen neuen Umstand im Sinne des § 33 Abs. 1 IRG darstellen könne, sei der Vortrag ungeeignet, eine andere Zulässigkeitsentscheidung zu begründen. Der Senat habe seiner Verpflichtung zur eigenständigen Prüfung, ob dem Beschwerdeführer im Zielstaat politische Verfolgung drohe, genügt. Er habe die Generalstaatsanwaltschaft um Aufklärung der im polnischen Verfahren vorgetragenen Antragsgründe des Beschwerdeführers und um Beiziehung der Asylentscheidungen ersucht und daraufhin die Auskunft eines polnischen Verbindungsbeamten erhalten, dass der Antrag von den polnischen Behörden vollumfänglich, also nach materieller Prüfung, zurückgewiesen worden sei. Gründe für die Annahme, dass die polnischen Behörden den begehrten Flüchtlingsschutz des Beschwerdeführers aus sachfremden Erwägungen versagt hätten, seien nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich. Daher müssten die Angaben der polnischen Dienststelle nicht in Zweifel gezogen werden. Auch sei es nicht nötig, auf die Beiziehung der ausländischen Sachakten - was gegenüber ausländischen Stellen ohnehin nicht durchsetzbar sei - zu bestehen. Die amtliche Mitteilung des Verbindungsbeamten, dass die im polnischen Verfahren vorgetragenen Gründe des Beschwerdeführers sein Begehren auf Flüchtlingsschutz nicht zu tragen imstande gewesen seien, belege zugleich hinreichend, dass sich der Verfolgte nicht auf das Asylrecht nach Art. 16a Abs. 1 GG berufen könne.

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12. Nach Auskunft des Bundesamts für Justiz vom 12. September 2017 steht die Bewilligung der Auslieferung noch aus. Die Russische Föderation habe zwischenzeitlich zugesichert, den Beschwerdeführer im Falle der Auslieferung außerhalb des tschetschenischen Territoriums anzuklagen und eine eventuelle Strafe auch nicht in diesem Territorium zu vollstrecken.

II.

16

1. Mit seiner am 19. Juni 2017 eingegangenen Verfassungsbeschwerde wendet sich der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer gegen die Entscheidungen des Oberlandesgerichts Dresden und rügt eine Verletzung seines Grundrechts aus Art. 16a Abs. 1 GG sowie - der Sache nach - einen Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Der Verfassungsbeschwerde lässt sich bei wohlverstandener Auslegung entnehmen, dass der Beschwerdeführer den Beschluss vom 4. April 2017 nur insoweit angreift, als dieser seine Auslieferung an die Russische Föderation für zulässig erklärt; sie richtet sich nicht auch gegen die Anordnung der Fortdauer der Auslieferungshaft.

17

Der Beschwerdeführer trägt im Wesentlichen vor, dass das Oberlandesgericht nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die ihm möglichen Ermittlungen zur Aufklärung der behaupteten Gefahr politischer Verfolgung hätte veranlassen müssen (unter Verweis auf BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 9. April 2015 - 2 BvR 221/15 -, juris). In Kenntnis dieser Rechtsprechung habe es die Generalstaatsanwaltschaft Dresden um Aufklärung der Umstände der Asylantragstellung in der Republik Polen, der von dem Verfolgten dort gemachten Angaben und um Beiziehung der in Polen getroffenen Asylentscheidungen ersucht. Hierbei habe es jedoch seine Möglichkeiten nicht hinreichend ausgeschöpft. Zwar sei seitens der Generalstaatsanwaltschaft eine Anfrage veranlasst worden, diese sei jedoch nur an eine Verbindungsbeamtin gegangen, nicht hingegen an die aktenführende Stelle in der Republik Polen. Allein auf Grundlage der Mitteilung, dass der Antrag des Beschwerdeführers auf Flüchtlingsschutz von der Republik Polen vollständig abgelehnt worden sei, habe das Oberlandesgericht eine Zulässigkeitsentscheidung nicht treffen dürfen. Vielmehr hätte es veranlassen müssen, dass die aktenführende Stelle in Polen um Übersendung der Akten des polnischen Asylverfahrens gebeten werde. Selbst wenn dies verweigert worden wäre, hätte das Oberlandesgericht die Pflicht gehabt, den Sachverhalt selbst zu ermitteln, etwa durch die persönliche Anhörung des Beschwerdeführers.

18

2. Zur Verfahrenssicherung hat die 2. Kammer des Zweiten Senats mit Beschluss vom 4. Juli 2017 angeordnet, die Übergabe des Beschwerdeführers an die Behörden der Russischen Föderation bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde, längstens für die Dauer von drei Monaten, einstweilen zu untersagen (vgl. § 32 Abs. 1 BVerfGG). Diese einstweilige Anordnung hat die Kammer mit Beschluss vom 27. September 2017 für weitere sechs Monate wiederholt.

19

3. Dem Bundesverfassungsgericht haben die Akten des Ausgangsverfahrens vorgelegen. Das Sächsische Staatsministerium der Justiz hat mit Schreiben vom 10. Juli 2017 mitgeteilt, dass die Bewilligungsentscheidung weiter ausstehe und Ergänzungen zu der Darstellung des Sachverhalts im Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 4. Juli 2017 nicht veranlasst seien. Von einer weitergehenden Stellungnahme hat es abgesehen.

III.

20

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an. Dies ist zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG angezeigt (vgl. § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden. Demnach ist die Verfassungsbeschwerde zulässig und offensichtlich begründet (vgl. § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG).

21

1. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig. Der Beschwerdeführer hat zwar ausdrücklich nur eine Verletzung von Art. 16a Abs. 1 GG gerügt. Das hindert jedoch eine Prüfung des angegriffenen Beschlusses auch am Maßstab des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG nicht. Die aus § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG folgenden Begründungsanforderungen setzen voraus, dass der die Rechtsverletzung enthaltende Vorgang substantiiert und schlüssig vorgetragen werden muss. Es muss deutlich werden, inwieweit durch die angegriffene Maßnahme das bezeichnete Grundrecht verletzt sein soll (vgl. BVerfGE 99, 84 <87>; 130, 1 <21>; stRspr). Dabei ist nicht erforderlich, dass der Beschwerdeführer alle in Betracht kommenden Grundrechte (vgl. BVerfGE 47, 182 <187>; 59, 98 <101>; 115, 166 <180>) oder den als verletzt gerügten Grundrechtsartikel (vgl. BVerfGE 47, 182 <187>; 84, 366 <369>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 11. Oktober 2010 - 2 BvR 1710/10 -, juris, Rn. 16) ausdrücklich benennt; seinem Vortrag muss sich jedoch entnehmen lassen, inwiefern er sich durch den angegriffenen Hoheitsakt in seinen Rechten verletzt sieht (vgl. BVerfGE 23, 242 <250>; 79, 203 <209>; 99, 84 <87>; 108, 370 <386>; 115, 166 <180>).

22

Der Beschwerdeführer hat den maßgeblichen Sachverhalt und einen möglichen Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG - der Sache nach - dargelegt und somit dem Begründungserfordernis der § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG genügt. Er hat gerügt, dass das Oberlandesgericht seiner Aufklärungspflicht und seiner Pflicht zur eigenständigen Prüfung der Gefahr politischer Verfolgung im Zielstaat nicht nachgekommen sei, weil es ohne eigene Prüfung allein auf das mitgeteilte Ergebnis des polnischen Asylverfahrens abgestellt und keinen Versuch unternommen habe, die Akten aus diesem Verfahren beizuziehen, sowie den Beschwerdeführer nicht selbst zu der geltend gemachten politischen Verfolgung im Zielstaat angehört habe.

23

2. Die Verfassungsbeschwerde ist auch offensichtlich begründet. Die angegriffenen Entscheidungen verstoßen dadurch gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, dass das Oberlandesgericht Dresden die Gefahr des Beschwerdeführers, im Zielstaat politisch verfolgt zu werden, nicht hinreichend aufgeklärt und nicht eigenständig geprüft hat.

24

a) aa) Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG enthält ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 67, 43<58>; BVerfG, Beschlüsse der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1206/13 -, juris, Rn. 19, und vom 30. November 2016 - 2 BvR 1519/14 -, juris, Rn. 33). Dabei gewährleistet Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG nicht nur das formelle Recht und die theoretische Möglichkeit, die Gerichte anzurufen, sondern verleiht dem Einzelnen, der behauptet, durch einen Akt öffentlicher Gewalt verletzt zu sein, oder im Auslieferungsverfahren im Vorgriff einer belastenden hoheitlichen Maßnahme geltend macht, diese würde in unzulässiger Weise in seine Rechte eingreifen, einen substantiellen Anspruch auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 101, 106 <122 f.>; 103, 142 <156>; 113, 273 <310>; 129, 1 <20>). Aus der Garantie effektiven Rechtsschutzes folgt grundsätzlich die Pflicht der Gerichte, die angefochtenen Verwaltungsakte in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht vollständig nachzuprüfen. Das schließt eine Bindung der rechtsprechenden Gewalt an tatsächliche oder rechtliche Feststellungen und Wertungen seitens anderer Gewalten hinsichtlich dessen, was im Einzelfall rechtens ist, im Grundsatz aus (vgl. BVerfGE 15, 275 <282>; 61, 82 <110 f.>; 84, 34 <49>; 84, 59 <77>; 101, 106 <123>; 103, 142 <156>; 129, 1 <20>).

25

Die fachgerichtliche Überprüfung grundrechtseingreifender Maßnahmen kann die Beachtung des geltenden Rechts und den effektiven Schutz der berührten Interessen nur gewährleisten, wenn sie auf zureichender Aufklärung des jeweiligen Sachverhalts beruht (vgl. BVerfGE 101, 275 <294 f.>; BVerfGK 9, 390 <395>; 9, 460 <463>; 13, 472 <476>; 13, 487 <493>; 17, 429 <430 f.>; 19, 157 <164>; 20, 107 <112>). Um dem Gebot effektiven Rechtsschutzes zu genügen, darf das Fachgericht auf die Ausschöpfung aller Erkenntnismöglichkeiten daher nur verzichten, wenn Beweismittel unzulässig, schlechterdings untauglich, unerreichbar oder für die Entscheidung unerheblich sind. Dagegen darf es von einer Beweisaufnahme nicht schon dann absehen, wenn die Aufklärung besonders arbeits- oder zeitaufwendig erscheint (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 23. Januar 2017 - 2 BvR 2584/12 -, juris, Rn. 18; Schmidt-Aßmann, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 19 Abs. 4 Rn. 224 ).

26

bb) Auch im Rahmen des gerichtlichen Zulässigkeitsverfahrens im Vorgriff auf eine Auslieferung sind die zuständigen Gerichte verpflichtet, den entscheidungserheblichen Sachverhalt aufzuklären und etwaige Auslieferungshindernisse in hinreichender Weise, also in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht vollständig, zu prüfen. Dies gilt auch für die Frage, ob der Auszuliefernde Gefahr läuft, im Zielstaat Opfer politischer Verfolgung zu werden (vgl. zum Begriff der politischen Verfolgung BVerfGE 80, 315 <333>; 94, 49 <103>).

27

Soweit Anhaltspunkte für eine politische Verfolgung im Zielstaat bestehen, sind die zuständigen Stellen in Auslieferungssachen verpflichtet, im Rahmen von § 6 Abs. 2 IRG oder einer entsprechenden auslieferungsvertraglichen Regelung (z.B. Art. 3 Nr. 2 EuAlÜbK) eigenständig zu prüfen, ob dem Betroffenen im Fall seiner Auslieferung politische Verfolgung droht (vgl. BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 29. Mai 1996 - 2 BvR 66/96 -, juris, Rn. 17, vom 9. April 2015 - 2 BvR 221/15 -, juris, Rn. 12, und vom 9. März 2016 - 2 BvR 348/16 -, juris, Rn. 12).

28

Zweck der gerichtlichen Zulässigkeitsprüfung im förmlichen Auslieferungsverfahren ist der präventive Rechtsschutz des Verfolgten (vgl. BVerfGE 113, 273 <312>). Das gerichtliche Zulässigkeitsverfahren im Allgemeinen und die Prüfung der Gefahr politischer Verfolgung im Zielstaat im Besonderen dienen der Abwehr staatlicher Eingriffe in grundrechtlich geschützte Interessen des Auszuliefernden. Wird eine Auslieferung vollzogen, obwohl die Gefahr besteht, dass der Betroffene im Zielstaat politisch verfolgt wird, so verstößt sie jedenfalls gegen Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 GG. Auslegung und Anwendung des § 6 Abs. 2 IRG oder entsprechender auslieferungsvertraglicher Regelungen (z.B. Art. 3 Nr. 2 EuAlÜbK) durch die Oberlandesgerichte haben dem Rechnung zu tragen und eine wirksame gerichtliche Kontrolle sicherzustellen. Auch wenn im konkreten Fall aus Art. 16a Abs. 1 GG kein Asylanspruch folgt, muss der Grundgedanke dieser Norm, Schutz vor politischer Verfolgung im Zielstaat zu bieten, dabei berücksichtigt werden.

29

Soweit ernstliche Gründe für die Annahme einer politischen Verfolgung im Zielstaat sprechen, hat das Gericht die beantragte Auslieferung demnach für unzulässig zu erklären. Ob die Voraussetzungen dieses Auslieferungshindernisses vorliegen, muss es eigenständig und unabhängig von Entscheidungen im Asylverfahren prüfen. Dies folgt verfassungsrechtlich aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, den in Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 GG geschützten materiellen Rechtspositionen, die insoweit dem Grundgedanken des Art. 16a Abs. 1 GG entsprechen, sowie einfachrechtlich aus § 6 Abs. 2 IRG beziehungsweise den entsprechenden auslieferungsvertraglichen Vorschriften.

30

Um Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gerecht zu werden, müssen die für die Zulässigkeitsentscheidung zuständigen Gerichte bei entsprechenden Anhaltspunkten einer Gefahr politischer Verfolgung im Zielstaat die ihnen möglichen Ermittlungen zur Aufklärung der behaupteten Gefahr veranlassen und den Sachverhalt eigenständig würdigen. Sie müssen sich ernsthaft bemühen, gegebenenfalls die Akten eines ausländischen Asylverfahrens beizuziehen, es sei denn, es steht - zum Beispiel aufgrund des Vortrags des Betroffenen - fest, dass sich daraus keine neuen Erkenntnisse ergeben (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 9. April 2015 - 2 BvR 221/15 -, juris, Rn. 14). Dadurch kann sichergestellt werden, dass der Vortrag des Asylbewerbers und alle bereits erfolgten Sachverhaltsermittlungen zu einer Gefahr politischer Verfolgung durch den Zielstaat berücksichtigt sowie gegebenenfalls Widersprüche aufgeklärt und Vorhalte gemacht werden können (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 9. April 2015 - 2 BvR 221/15 -, juris, Rn. 17). Soweit die Verfahrensakten nicht erreichbar sind, muss das Gericht dies in der Zulässigkeitsentscheidung darlegen. Seiner Pflicht zur eigenständigen Prüfung der Gefahr politischer Verfolgung muss es in einem solchen Fall durch anderweitige Aufklärungsschritte, in der Regel durch die persönliche Anhörung des Betroffenen, genügen.

31

b) Diesen Anforderungen wird der Beschluss des Oberlandesgerichts Dresden vom 4. April 2017 nicht gerecht. Seiner Verpflichtung, die Gefahr des Beschwerdeführers, im Zielstaat politischer Verfolgung ausgesetzt zu sein, aufzuklären und eigenständig zu prüfen, ist das Oberlandesgericht nicht nachgekommen. Zwar hat es um Aufklärung des Vortrags des Beschwerdeführers im polnischen Asylverfahren und um Beiziehung der dortigen Entscheidungen ersucht, seine Entscheidung dann aber - ohne die entsprechenden Informationen erlangt oder den Beschwerdeführer persönlich angehört zu haben - allein auf die per E-Mail weitergegebene Auskunft einer polnischen Verbindungsbeamtin gestützt, das Asylverfahren sei in Polen "vollständig abgelehnt" worden.

32

Soweit das Oberlandesgericht im Beschluss vom 11. Mai 2017 zur Begründung seiner Vorgehensweise ausgeführt hat, dass ein Ersuchen an den polnischen Staat um Beiziehung der Sachakten ohnehin nicht durchsetzbar sei, genügt dies seinen Pflichten zur Sachaufklärung und eigenständigen Prüfung der Gefahr einer politischen Verfolgung des Beschwerdeführers im Zielstaat nicht. Es kann dahinstehen, ob die Beiziehung ernsthaft versucht worden ist; jedenfalls hat das Gericht nach dem Scheitern der Beiziehung der polnischen Verfahrensakten keine weiteren Schritte zur Aufklärung und Prüfung der Gefahr politischer Verfolgung ergriffen. Vielmehr hätte es den Beschwerdeführer persönlich anhören und dessen Angaben eigenständig würdigen müssen.

33

Entgegen den Ausführungen des Oberlandesgerichts im Beschluss vom 11. Mai 2017 ist es auch unerheblich, dass keine Gründe zur Annahme bestanden, die polnischen Behörden hätten den Flüchtlingsschutz des Beschwerdeführers aus sachfremden Erwägungen versagt. Denn die Verpflichtung zur Sachaufklärung und eigenständigen Prüfung der Gefahr politischer Verfolgung im Zielstaat besteht unabhängig von der im polnischen Asylverfahren möglicherweise erfolgten Prüfung.

34

c) Das Oberlandesgericht war des Erfordernisses, die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 IRG eigenständig zu prüfen, auch nicht deshalb enthoben, weil die Russische Föderation zugesichert hat, dass das Auslieferungsersuchen nicht dem Zweck der politischen Verfolgung oder der Verfolgung wegen Rasse, Religion, Volkszugehörigkeit oder politischer Überzeugung diene und der Beschwerdeführer nur wegen derjenigen Straftat strafrechtlich verfolgt werde, deretwegen um Auslieferung ersucht werde.

35

Zwar sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vom ersuchenden Staat im Auslieferungsverkehr gegebene völkerrechtlich verbindliche Zusicherungen geeignet, etwaige Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Auslieferung auszuräumen, sofern nicht im Einzelfall zu erwarten ist, dass die Zusicherung nicht eingehalten wird (vgl. BVerfGE 63, 215 <224>; 109, 38 <62>; BVerfGK 2, 165 <172 f.>; 3, 159 <165>; 6, 13 <19>; 6, 334 <343>; 13, 128 <136>; 13, 557 <561>; 14, 372 <377 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 17. Mai 2017 - 2 BvR 893/17 -, juris, Rn. 30). Eine Zusicherung entbindet das über die Zulässigkeit einer Auslieferung befindende Gericht jedoch nicht von der Pflicht, eine eigene Gefahrenprognose anzustellen, wenn Anhaltspunkte für die Gefahr politischer Verfolgung im Zielstaat bestehen. Dabei muss das Gericht den Vortrag des Beschwerdeführersnachvollziehbar und willkürfrei würdigen, auch wenn es ihm im Ergebnis keinen Glauben zu schenken vermag (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 9. März 2016 - 2 BvR 348/16 -, juris, Rn. 13).

36

3. Da die angegriffenen Entscheidungen bereits aufgrund der unzureichenden Sachaufklärung und der fehlenden eigenständigen Prüfung der Gefahr politischer Verfolgung im Zielstaat aufzuheben sind, kann dahinstehen, ob auch die Begründung, mit der das Oberlandesgericht die Gefahr der Folter abgelehnt hat, die Aufhebung der Beschlüsse rechtfertigen würde.

IV.

37

Im Umfang der festgestellten Grundrechtsverletzung wird der Beschluss des Oberlandesgerichts Dresden vom 4. April 2017 - OLGAusl 294/16 - aufgehoben; die Sache wird an das Oberlandesgericht zurückverwiesen (§ 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2, § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG). Der Beschluss vom 11. Mai 2017 - OLGAusl 294/16 -, mit dem das Oberlandesgericht die erneute Entscheidung über die Zulässigkeit abgelehnt hat, wird damit gegenstandslos.

V.

38

Die Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 13. Nov. 2017 - 2 BvR 1381/17

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Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 13. Nov. 2017 - 2 BvR 1381/17 zitiert 15 §§.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 19


(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 16a


(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht. (2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung

Gesetz über das Bundesverfassungsgericht


Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 34a


(1) Erweist sich der Antrag auf Verwirkung der Grundrechte (§ 13 Nr. 1), die Anklage gegen den Bundespräsidenten (§ 13 Nr. 4) oder einen Richter (§ 13 Nr. 9) als unbegründet, so sind dem Antragsgegner oder dem Angeklagten die notwendigen Auslagen ein

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 90


(1) Jedermann kann mit der Behauptung, durch die öffentliche Gewalt in einem seiner Grundrechte oder in einem seiner in Artikel 20 Abs. 4, Artikel 33, 38, 101, 103 und 104 des Grundgesetzes enthaltenen Rechte verletzt zu sein, die Verfassungsbeschwer

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 93c


(1) Liegen die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 Buchstabe b vor und ist die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgebliche verfassungsrechtliche Frage durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden, kann die Kammer der Verfassungsb

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 95


(1) Wird der Verfassungsbeschwerde stattgegeben, so ist in der Entscheidung festzustellen, welche Vorschrift des Grundgesetzes und durch welche Handlung oder Unterlassung sie verletzt wurde. Das Bundesverfassungsgericht kann zugleich aussprechen, daß

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 92


In der Begründung der Beschwerde sind das Recht, das verletzt sein soll, und die Handlung oder Unterlassung des Organs oder der Behörde, durch die der Beschwerdeführer sich verletzt fühlt, zu bezeichnen.

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 23


(1) Anträge, die das Verfahren einleiten, sind schriftlich beim Bundesverfassungsgericht einzureichen. Sie sind zu begründen; die erforderlichen Beweismittel sind anzugeben. (2) Der Vorsitzende oder, wenn eine Entscheidung nach § 93c in Betracht kom

Bundesverfassungsgerichtsgesetz - BVerfGG | § 32


(1) Das Bundesverfassungsgericht kann im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dring

Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen - IRG | § 33 Erneute Entscheidung über die Zulässigkeit


(1) Treten nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts über die Zulässigkeit der Auslieferung Umstände ein, die eine andere Entscheidung über die Zulässigkeit zu begründen geeignet sind, so entscheidet das Oberlandesgericht von Amts wegen, auf Antra

Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen - IRG | § 6 Politische Straftaten, politische Verfolgung


(1) Die Auslieferung ist nicht zulässig wegen einer politischen Tat oder wegen einer mit einer solchen zusammenhängenden Tat. Sie ist zulässig, wenn der Verfolgte wegen vollendeten oder versuchten Völkermordes, Mordes oder Totschlags oder wegen der B

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Tenor Der Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 20. Januar 2015 - 1 Ausl(A) 63/14 (73/14) - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 16a Absatz 1 des G

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(1) Treten nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts über die Zulässigkeit der Auslieferung Umstände ein, die eine andere Entscheidung über die Zulässigkeit zu begründen geeignet sind, so entscheidet das Oberlandesgericht von Amts wegen, auf Antrag der Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht oder auf Antrag des Verfolgten erneut über die Zulässigkeit der Auslieferung.

(2) Werden nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts Umstände bekannt, die eine andere Entscheidung über die Zulässigkeit zu begründen geeignet sind, so kann das Oberlandesgericht erneut über die Zulässigkeit der Auslieferung entscheiden.

(3) § 30 Abs. 2 und 3, §§ 31, 32 gelten entsprechend.

(4) Das Oberlandesgericht kann den Aufschub der Auslieferung anordnen.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) Treten nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts über die Zulässigkeit der Auslieferung Umstände ein, die eine andere Entscheidung über die Zulässigkeit zu begründen geeignet sind, so entscheidet das Oberlandesgericht von Amts wegen, auf Antrag der Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht oder auf Antrag des Verfolgten erneut über die Zulässigkeit der Auslieferung.

(2) Werden nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts Umstände bekannt, die eine andere Entscheidung über die Zulässigkeit zu begründen geeignet sind, so kann das Oberlandesgericht erneut über die Zulässigkeit der Auslieferung entscheiden.

(3) § 30 Abs. 2 und 3, §§ 31, 32 gelten entsprechend.

(4) Das Oberlandesgericht kann den Aufschub der Auslieferung anordnen.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Das Bundesverfassungsgericht kann im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist.

(2) Die einstweilige Anordnung kann ohne mündliche Verhandlung ergehen. Bei besonderer Dringlichkeit kann das Bundesverfassungsgericht davon absehen, den am Verfahren zur Hauptsache Beteiligten, zum Beitritt Berechtigten oder Äußerungsberechtigten Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(3) Wird die einstweilige Anordnung durch Beschluß erlassen oder abgelehnt, so kann Widerspruch erhoben werden. Das gilt nicht für den Beschwerdeführer im Verfahren der Verfassungsbeschwerde. Über den Widerspruch entscheidet das Bundesverfassungsgericht nach mündlicher Verhandlung. Diese muß binnen zwei Wochen nach dem Eingang der Begründung des Widerspruchs stattfinden.

(4) Der Widerspruch gegen die einstweilige Anordnung hat keine aufschiebende Wirkung. Das Bundesverfassungsgericht kann die Vollziehung der einstweiligen Anordnung aussetzen.

(5) Das Bundesverfassungsgericht kann die Entscheidung über die einstweilige Anordnung oder über den Widerspruch ohne Begründung bekanntgeben. In diesem Fall ist die Begründung den Beteiligten gesondert zu übermitteln.

(6) Die einstweilige Anordnung tritt nach sechs Monaten außer Kraft. Sie kann mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen wiederholt werden.

(7) Ist ein Senat nicht beschlußfähig, so kann die einstweilige Anordnung bei besonderer Dringlichkeit erlassen werden, wenn mindestens drei Richter anwesend sind und der Beschluß einstimmig gefaßt wird. Sie tritt nach einem Monat außer Kraft. Wird sie durch den Senat bestätigt, so tritt sie sechs Monate nach ihrem Erlaß außer Kraft.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Liegen die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 Buchstabe b vor und ist die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgebliche verfassungsrechtliche Frage durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden, kann die Kammer der Verfassungsbeschwerde stattgeben, wenn sie offensichtlich begründet ist. Der Beschluß steht einer Entscheidung des Senats gleich. Eine Entscheidung, die mit der Wirkung des § 31 Abs. 2 ausspricht, daß ein Gesetz mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht unvereinbar oder nichtig ist, bleibt dem Senat vorbehalten.

(2) Auf das Verfahren finden § 94 Abs. 2 und 3 und § 95 Abs. 1 und 2 Anwendung.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Anträge, die das Verfahren einleiten, sind schriftlich beim Bundesverfassungsgericht einzureichen. Sie sind zu begründen; die erforderlichen Beweismittel sind anzugeben.

(2) Der Vorsitzende oder, wenn eine Entscheidung nach § 93c in Betracht kommt, der Berichterstatter stellt den Antrag dem Antragsgegner, den übrigen Beteiligten sowie den Dritten, denen nach § 27a Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wird, unverzüglich mit der Aufforderung zu, sich binnen einer zu bestimmenden Frist dazu zu äußern.

(3) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter kann jedem Beteiligten aufgeben, binnen einer zu bestimmenden Frist die erforderliche Zahl von Abschriften seiner Schriftsätze und der angegriffenen Entscheidungen für das Gericht und für die übrigen Beteiligten nachzureichen.

In der Begründung der Beschwerde sind das Recht, das verletzt sein soll, und die Handlung oder Unterlassung des Organs oder der Behörde, durch die der Beschwerdeführer sich verletzt fühlt, zu bezeichnen.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Anträge, die das Verfahren einleiten, sind schriftlich beim Bundesverfassungsgericht einzureichen. Sie sind zu begründen; die erforderlichen Beweismittel sind anzugeben.

(2) Der Vorsitzende oder, wenn eine Entscheidung nach § 93c in Betracht kommt, der Berichterstatter stellt den Antrag dem Antragsgegner, den übrigen Beteiligten sowie den Dritten, denen nach § 27a Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wird, unverzüglich mit der Aufforderung zu, sich binnen einer zu bestimmenden Frist dazu zu äußern.

(3) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter kann jedem Beteiligten aufgeben, binnen einer zu bestimmenden Frist die erforderliche Zahl von Abschriften seiner Schriftsätze und der angegriffenen Entscheidungen für das Gericht und für die übrigen Beteiligten nachzureichen.

In der Begründung der Beschwerde sind das Recht, das verletzt sein soll, und die Handlung oder Unterlassung des Organs oder der Behörde, durch die der Beschwerdeführer sich verletzt fühlt, zu bezeichnen.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Gründe

I.

1

1. Der wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer siebenjährigen Gesamtfreiheitsstrafe verurteilte, mittlerweile entlassene Beschwerdeführer war von 2010 bis 2014 in der Justizvollzugsanstalt Lübeck inhaftiert. Aufgrund seiner HIV- und Hepatitis C-Infizierung bedurfte er regelmäßiger ärztlicher Behandlung und wurde in Abständen von drei bis sechs Monaten in das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein ausgeführt. Ende 2012 erfolgte eine solche Ausführung erstmals nicht allein, sondern in Begleitung eines anderen Strafgefangenen. Beide wurden gemeinsam in den Wartebereich der immunologischen Ambulanz gebracht, um sich dann einzeln derselben behandelnden Ärztin vorzustellen; im Anschluss wurde ihnen Blut abgenommen. Auf der Rückfahrt fragte der andere Strafgefangene den Beschwerdeführer, seit wann dieser HIV-positiv sei.

2

Auf eine im Anschluss an den Arztbesuch vom Beschwerdeführer begehrte Auskunft über die Verantwortlichkeit für Koordinierung und Durchführung des Arztbesuchs teilte die Justizvollzugsanstalt mit, dass es unabdingbar sei, mehrere Gefangene zusammen einem Facharzt vorzustellen. Es habe dem Beschwerdeführer freigestanden, auf die Arztvorführung zu verzichten.

3

2. Daraufhin beantragte der Beschwerdeführer beim Landgericht festzustellen, dass sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung und sein allgemeines Persönlichkeitsrecht durch die Handlungsweise der Justizvollzugsanstalt verletzt und er hierdurch diskriminiert und stigmatisiert worden sei. Er habe den in einem anderen Hafthaus untergebrachten Gefangenen noch nie zuvor gesehen und sich ihm gegenüber nicht offenbart. Eine Einzelverbringung in die Klinik sei der Justizvollzugsanstalt offensichtlich möglich, da sie bisher immer in dieser Weise erfolgt sei. Jedenfalls hätte er im Vorfeld über die gemeinsame Verbringung informiert werden müssen.

4

Die Justizvollzugsanstalt beantragte, den Antrag als unbegründet zurückzuweisen, da bereits kein nach § 115 Abs. 3 StVollzG erforderliches Feststellungsinteresse bestehe. Soweit in dem gemeinsamen Transport überhaupt ein Grundrechtseingriff gesehen werden könne, sei dieser jedenfalls verhältnismäßig. Die personelle Ausstattung lasse eine Einzelvorführung nur in besonderen Ausnahmefällen, insbesondere aus Gründen der Sicherheit und Ordnung zu, die beim Beschwerdeführer nicht vorlägen. Bei einer Facharztvorstellung sei immer davon auszugehen, dass entsprechend wartende Patienten ähnliche Leiden hätten, dies treffe auch auf nicht inhaftierte Patienten zu, die sich im Wartezimmer einer Facharztpraxis befänden. Zudem lasse die gemeinsame Vorstellung bei einem Facharzt keinerlei Rückschlüsse zu; in der Immunologie würden nicht nur an HIV Erkrankte, sondern auch an anderen Immunerkrankungen leidende Gefangene vorgestellt.Dem Beschwerdeführer sei es zuzumuten gewesen, auf die Nachfrage des Mitgefangenen nicht einzugehen; ebenso habe es ihm freigestanden, die Facharztausführung zu verweigern

5

Mit Beschluss vom 5. März 2013 verwarf das Landgericht den Antrag als unzulässig. Die Zulässigkeit des Feststellungsantrages erfordere die vorherige Beanstandung der durch Vollzug erledigten Maßnahme. § 115 Abs. 3 StVollzG betreffe nach seiner systematischen Stellung den Fall der Erledigung eines zuvor nach § 109 Abs. 1 StVollzG gestellten Antrags während des gerichtlichen Verfahrens. Selbst soweit sich der Anwendungsfall der Norm nicht hierauf beschränke, ergebe sich die Unzulässigkeit daraus, dass der Beschwerdeführer die Maßnahme vor gerichtlicher Antragstellung gegenüber der Justizvollzugsanstalt nicht beanstandet habe. Es sei ihm ohne weiteres möglich gewesen, bei Beginn des gemeinsamen Transports in die Klinik gegenüber der Justizvollzugsanstalt deutlich zu machen, dass er - wie in der Vergangenheit geschehen - auf eine alleinige Verbringung zum Arzt bestehe.

6

Die Anträge seien im Übrigen unbegründet. Ein Eingriff in das sich aus Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG ergebende allgemeine Persönlichkeitsrecht in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung liege nicht vor. Der Beschwerdeführer behaupte selbst nicht, dass die Justizvollzugsanstalt Informationen über seine Krankheit an Mitgefangene weitergegeben habe. Er rüge allein, dass aus seiner Vorstellung bei der Ärztin im Bereich der Immunologie der Rückschluss auf seine HIV-Erkrankung gezogen worden sei. Zwar könne der Mitgefangene diesen Rückschluss tatsächlich gezogen haben, da er selbst offenbar auch HIV-positiv sei, der Schluss sei jedoch nicht zwingend, da sich Immunologie auch mit verschiedenen anderen Krankheiten beschäftige. Dem Beschwerdeführer sei es unbenommen gewesen, seinem Mitgefangenen schlicht nicht zu antworten oder seine Frage zu verneinen. Dass dieser die Information über die Krankheit des Beschwerdeführers gewonnen habe, habe somit nicht die Justizvollzugsanstalt, sondern er selbst zu verantworten.

7

3. Gegen den Beschluss des Landgerichts legte der Beschwerdeführer zu Protokoll der Geschäftsstelle Rechtsbeschwerde ein und beantragte, den Beschluss aufzuheben und im Sinne seines Feststellungsantrags zu entscheiden. Das Landgericht habe einen unzutreffenden Maßstab angelegt; ein Verstoß gegen das Selbstbestimmungsrecht liege vor, da der Mithäftling aufgrund der gesamten Umstände (gemeinsame Vorstellung bei der Immunologie, Blutabnahme, Vorstellung bei derselben Ärztin) die entsprechenden Rückschlüsse habe ziehen können, was auf der Veranlassung des gemeinsamen Transports durch die Justizvollzugsanstalt beruhe. Man habe ihn über den gemeinsam vorgesehenen Transport nicht informiert und ihn so zum Objekt des Vollzuges degradiert. Auf die Mutmaßungen des Mithäftlings sei er nicht eingegangen. Durch dessen Rückschlüsse werde er im Vollzug vernachlässigt, Mitgefangene mieden und redeten schlecht über ihn. Sein Antrag auf gerichtliche Entscheidung sei zulässig gewesen. Es bestehe ein Feststellungsinteresse, da die erledigte Maßnahme ungünstige Auswirkungen auf seinen weiteren Vollzug habe.

8

Mit Beschluss vom 18. April 2013 verwarf das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde als unzulässig im Sinne des § 116 Abs. 1 StVollzG. Das Landgericht habe die Anträge mit einer sich im Rahmen der Rechtsprechung des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts haltenden Begründung als unzulässig verworfen. Die isolierten Feststellungsanträge des Beschwerdeführers seien nach dieser Rechtsprechung in Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz unzulässig. Im Rahmen des § 109 StVollzG könne immer nur eine konkrete Maßnahme entweder angefochten oder beantragt werden. Eine Feststellungsklage sei nur unter den Voraussetzungen des § 115 Abs. 3 StVollzG zulässig, also in Form der so genannten Fortsetzungsfeststellungklage nach vorangegangener Beantragung und Erledigung einer Maßnahme. Da die Strafvollstreckungskammer ihre Entscheidung bereits hierauf zu Recht gegründet habe, müsse auf die nicht tragenden Hilfsüberlegungen zur Unbegründetheit nicht eingegangen werden.

II.

9

1. Mit seiner Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Beschlüsse des Landgerichts und Oberlandesgerichts und rügt eine Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 1, 2, 3 und Art. 19 Abs. 4 GG.

10

Die in § 115 Abs. 3 StVollzG genannte Fallgestaltung sei nicht der einzige Anwendungsfall des Feststellungsantrags; die dort vorausgesetzte Erledigung könne bereits vor Antragstellung eintreten, auch habe er ein Feststellungsinteresse.

11

Die Justizvollzugsanstalt habe ihm absichtlich nicht mitgeteilt, dass die Vorführung zur Ärztin in Begleitung eines anderen Gefangenen geschehen werde. Auch aus dem Umstand, dass der andere Gefangene mit im Fahrzeug gesessen habe, habe er dies nicht schließen können; in der Vergangenheit seien andere Gefangene trotz gemeinsamer Fahrzeugnutzung zu anderen Ausführungsorten verbracht worden. Der Justizvollzugsanstalt sei bekannt, dass er aufgrund seiner offen gelebten Homosexualität "besonders haftempfindlich" und "erheblichen Diskriminierungen ausgesetzt" sei. Um die Diskriminierungen nicht zu verschärfen, sei es für ihn entscheidend, dass Mitgefangene keine Kenntnis über seine HIV- und Hepatitis C-Infektion erhielten. Sein Recht, allein über die Preisgabe seiner persönlichen Daten zu entscheiden, habe die Justizvollzugsanstalt verletzt, ob vorsätzlich oder fahrlässig, könne bei der jedenfalls offensichtlich bestehenden Kausalität dahinstehen.

12

Die Verwerfung seiner Rechtsbeschwerde als unzulässig sei rechtswidrig. Ausführungen zum Facharzt seien Maßnahmen nach § 109 StVollzG, die sich mit dem Ende der Ausführung erledigten; so verhalte es sich auch mit zahlreichen anderen Maßnahmen. In all diesen Fällen sei einzig der Feststellungsantrag zulässig. Nach der Auffassung des Oberlandesgerichts würde ihm Rechtsschutz gegen die Art der Ausführung grundsätzlich verwehrt.

13

2. Das Ministerium für Justiz, Kultur und Europa des Landes Schleswig-Holstein hat von einer Stellungnahme abgesehen.

14

3. Die Akten des fachgerichtlichen Verfahrens wurden beigezogen.

III.

15

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Eine grundsätzliche Bedeutung (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG) kommt ihr nicht zu. Ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der als verletzt gerügten Grundrechte angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Soweit sich der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Landgerichts wendet, ist die Verfassungsbeschwerde unbegründet. Soweit sich der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts wendet, ist die Annahme jedenfalls deshalb nicht angezeigt, weil abzusehen ist, dass er auch im Fall der Zurückverweisung im Ergebnis keinen Erfolg haben würde (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 3. August 2009 - 1 BvR 369/08 -, juris, Rn. 9).

16

1. Soweit der Beschluss des Landgerichts die Feststellungsanträge für unzulässig erklärt, begegnet dies zwar im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung ist insoweit jedoch nicht angezeigt, als der Beschluss auf diesem Verfassungsverstoß nicht beruht. Das Landgericht hat zusätzlich die Begründetheit der vom Beschwerdeführer gestellten Anträge geprüft. Diese den Beschluss selbstständig tragende Begründung wird verfassungsrechtlichen Anforderungen gerecht.

17

Die Feststellung und Würdigung des Tatbestandes, die Auslegung des einfachen Rechts und seine Anwendung auf den einzelnen Fall sind allein Sache der dafür allgemein zuständigen Gerichte und der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht entzogen, sofern nicht Auslegungsfehler sichtbar werden, die die Grenze zur Willkür überschreiten oder auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung eines Grundrechts beruhen (BVerfGE 18, 85 <92 f.>; 134, 242 <353>; stRspr). Diesen fachgerichtlichen Spielraum hat das Landgericht nicht überschritten. Der die gemeinsame Ausführung als rechtmäßig bestätigende Beschluss ist weder willkürlich noch lässt er eine grundsätzlich unrichtige Anschauung von der Bedeutung der Grundrechte erkennen; insbesondere ist nicht ersichtlich, dass das Landgericht die Bedeutung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Beschwerdeführers grundsätzlich verkannt hat. In der vorliegenden Konstellation war es auf der Grundlage des vom Beschwerdeführer vor dem Landgericht Vorgetragenen verfassungsrechtlich nicht geboten, dessen gemeinsame Ausführung mit einem anderen Gefangenen zur Immunologin als ungerechtfertigten Eingriff in sein Allgemeines Persönlichkeitsrecht zu werten. Das Landgericht durfte ohne Verstoß gegen Grundrechte des Beschwerdeführers davon ausgehen, dass die Justizvollzugsanstalt jedenfalls verfassungsrechtlich nicht dazu verpflichtet war, ihn ausschließlich per Einzeltransport zur Immunologie zu verbringen.

18

2. a) Der Beschluss des Oberlandesgerichts verletzt den Beschwerdeführer in seinem Anspruch aus Art. 19 Abs. 4 GG.

19

aa) Art. 19 Abs. 4 GG enthält ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. BVerfGE 67, 43 <58>; stRspr). Die in Art. 19 Abs. 4 GG verbürgte Effektivität des Rechtsschutzes wird in erster Linie von den Prozessordnungen gesichert. Sie treffen Vorkehrungen dafür, dass der Einzelne seine Rechte auch tatsächlich wirksam durchsetzen kann und die Folgen staatlicher Eingriffe im Regelfall nicht ohne fachgerichtliche Prüfung zu tragen hat (vgl. BVerfGE 94, 166 <213>). Dabei fordert Art. 19 Abs. 4 GG zwar keinen Instanzenzug (vgl. BVerfGE 87, 48 <61>; 92, 365 <410>; stRspr). Eröffnet das Prozessrecht aber eine weitere Instanz, so gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG dem Bürger in diesem Rahmen die Effektivität des Rechtsschutzes im Sinne eines Anspruchs auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfGE 40, 272 <274 f.>; 54, 94 <96 f.>). Das Rechtsmittelgericht darf ein von der jeweiligen Rechtsordnung eröffnetes Rechtsmittel daher nicht ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer "leerlaufen" lassen (vgl. BVerfGE 78, 88 <99>).

20

bb) Mit der Annahme, auf die Erwägungen des Landgerichts zur Unbegründetheit der Anträge nicht eingehen zu müssen, da bereits die Erwägungen zur Zulässigkeit die Entscheidung trügen und isolierte Feststellungsanträge im Strafvollzugsverfahren grundsätzlich unzulässig seien, verkennt das Oberlandesgericht diese verfassungsrechtlichen Anforderungen.

21

Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Fortbestehen des Rechtsschutzinteresses soll sicherstellen, dass der möglicherweise von einer Grundrechtsverletzung Betroffene nicht allein deshalb rechtsschutzlos bleibt, weil sich der Eingriff, gegen den er um Rechtsschutz nachsucht, bereits vor der Entscheidung über das Rechtsschutzgesuch oder sogar bereits vor Antragstellung erledigt hat (vgl. grundlegend BVerfGE 96, 27 <39 ff.>; 104, 220 <233>; vgl. für die Zulässigkeit isolierter Feststellungsanträge im Strafvollzug BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 14. November 2000 - 2 BvR 1931/00 -, juris, Rn. 4 und Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 12. September 2003 - 2 BvR 1220/03 -, NStZ-RR 2004, S. 59 <60>).

22

In Übereinstimmung mit dieser Rechtsprechung und im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG ist auch in der obergerichtlichen Rechtsprechung einhellig anerkannt, dass im Strafvollzugsverfahren ein allgemeiner Feststellungsantrag trotz vorprozessualer Erledigung zulässig ist, obwohl das Strafvollzugsgesetz - anders als die Verwaltungsgerichtsordnung - einen solchen nicht ausdrücklich regelt (vgl. nur Oberlandesgericht Dresden, Beschluss vom 28. Juli 2006 - 2 Ws 624/05 -, NStZ 2007, S. 707 <708>; Thüringer Oberlandesgericht, Beschlüsse vom 19. August 2003 - 1 Ws 205/03 -, NStZ 2004, S. 229 und vom 20. August 2003 - 1 Ws 220/03 -, OLG-NL 2003, S. 235 <236>; Oberlandesgericht Frankfurt a.M., Beschlüsse vom 18. Juli 2003 - 3 Ws 578/03 (StVollz) -, NJW 2003, S. 2843 <2844> und - 3 Ws 606/03 -, NStZ-RR 2004, S. 29 <29>; Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 25. Oktober 1982 - 7 Vollz (Ws) 111/82 -, NStZ 1983, S. 240; vgl. auch dazu, dass in diesen Fällen ein Vorschaltverfahren nicht erforderlich ist, Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 13. Juni 1989 - 1 Vollz (Ws) 376/88 -, juris, Rn. 12; vgl. zur Zulässigkeit eines isolierten Feststellungsantrages in entsprechender Anwendung des § 115 Abs. 3 StVollzG übereinstimmend auch die Kommentarliteratur, Bachmann, in: LNNV, StVollzG, 12. Aufl. 2015, Abschn. P Rn. 31 und 78; Euler, in: Graf, Beckscher Online Kommentar zum StVollzG (Juli 2014), § 115 Rn. 15; Laubenthal, in: Schwind/Böhm/Jehle/Laubenthal, StVollzG, 6. Aufl. 2013, § 115 Rn. 17; Kamann/ Spaniol, in: Feest/Lesting, StVollzG, 6. Aufl. 2012, § 109 Rn. 32 und § 115 Rn. 77; Arloth, StVollzG, 3. Aufl. 2011, § 109 Rn. 5 und § 115 Rn. 10; Calliess/Müller-Dietz, StVollzG, 11. Aufl. 2008, § 115 Rn. 16).

23

Der Beschluss des Oberlandesgerichts erklärt demgegenüber mit bloßem Hinweis auf die eigene Rechtsprechungspraxis isolierte Feststellungsanträge im Strafvollzugsverfahren allein aufgrund des Wortlauts des § 115 Abs. 3 StVollzG - unabhängig von der Frage eines fortbestehenden Rechtsschutzinteresses - für generell unzulässig. Damit versagt es dem Beschwerdeführer die zur Sicherung effektiven Rechtsschutzes notwendige Prüfung.

24

b) Insoweit ist die Verfassungsbeschwerde jedoch nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil nicht ersichtlich ist, dass der Beschwerdeführer im Fall der Aufhebung der angegriffenen oberlandesgerichtlichen Entscheidung im Ergebnis eine ihm günstigere Entscheidung erreichen könnte (vgl. hierzu BVerfGE 90, 22 <25 f.>; 119, 292 <301 f.>; BVerfGK 18, 360 <364>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 23. Oktober 2013 - 2 BvR 1541/13 -, juris, Rn. 1; 9). Der Beschluss des Landgerichts ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. oben unter 1.). Insoweit ist absehbar, dass das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde aus den zutreffenden Gründen der angegriffenen Entscheidung des Landgerichts als unbegründet verwerfen und der Beschwerdeführer auch im Fall einer stattgebenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts mit seinem Rechtsschutzanliegen letztlich keinen Erfolg haben würde.

25

3. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 93d Abs. 1Satz 3 BVerfGG).

26

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Tenor

1. Der Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 18. Juni 2014 - III - 1 Vollz (Ws) 283/14 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes, soweit er die Rechtsbeschwerde des Beschwerdeführers gegen seine Verlegung als unzulässig verwirft. Der Beschluss des Landgerichts Bochum vom 7. April 2014 - V StVK 99/13 - verletzt den Beschwerdeführer in seinen Grundrechten aus Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes sowie Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes, soweit er den Antrag auf gerichtliche Entscheidung des Beschwerdeführers gegen seine Verlegung als unbegründet zurückweist.

2. Die Beschlüsse werden in diesem Umfang und im Kostenausspruch aufgehoben. Die Sache wird an das Landgericht Bochum zurückverwiesen.

3. Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

4. Das Land Nordrhein-Westfalen hat dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Verlegung des Beschwerdeführers von der Justizvollzugsanstalt Bochum in die Justizvollzugsanstalt Werl sowie die Fertigstellung und Verwertung eines Gutachtens über die Gewährung von Vollzugslockerungen durch die Justizvollzugsanstalten.

2

1. Der Beschwerdeführer, ein Diabetiker, verbüßt eine lebenslange Freiheitsstrafe in Nordrhein-Westfalen. Seitdem der Beschwerdeführer im Jahr 2005 in die Justizvollzugsanstalt Bochum verlegt wurde, erhielt er auf Anordnung des dortigen Anstaltsarztes morgens und abends eine Gabe von Protaphane-Insulin sowie bei Bedarf Actrapid-Insulin am Mittag.

Die Behandlung durch den Anstaltsarzt war bereits Gegenstand eines Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht, in dem der Beschwerdeführer unter anderem begehrte, eine Neueinstellung seiner Insulinversorgung vorzunehmen sowie eine Untersuchung seines Augenhintergrundes im sechsmonatigen Abstand zu veranlassen. Nachdem das Landgericht Bochum und das Oberlandesgericht Hamm den Antrag des Beschwerdeführers als unzulässig verworfen hatten, hob die 3. Kammer des Zweiten Senats die beiden Entscheidungen mit Beschluss vom 10. Oktober 2012 auf, da diese den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG verletzten (vgl. BVerfGK 20, 84 ff.). Das Landgericht habe, so die Kammer, dem Beschwerdeführer jegliche sachliche Prüfung seiner medizinischen Behandlung mit der Begründung verweigert, dass es sich bei dieser Behandlung, soweit er sie im Hinblick auf ihre medizinische Richtigkeit überprüft wissen wolle, nicht um eine Maßnahme im Sinne des § 109 des Gesetzes über den Vollzug der Freiheitsstrafe und der freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung (Strafvollzugsgesetz vom 16. März 1976 , im Folgenden: StVollzG) handele. Dabei habe das Gericht nicht ausreichend berücksichtigt, dass eine nicht fachgerechte medizinische Behandlung oder Nichtbehandlung eines Strafgefangenen dessen Rechte - insbesondere das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG - verletzen könne und dass Art. 19 Abs. 4 GG daher eine Auslegung des Maßnahmebegriffs des § 109 Abs. 1 Satz 1 StVollzG verbiete, die die Angemessenheit der medizinischen Behandlung von Strafgefangenen der gerichtlichen Überprüfung entziehe (BVerfGK 20, 84<89>).

3

Nach der Zurückverweisung durch die Kammer holte das erneut mit dem Verfahren befasste Landgericht ein Sachverständigengutachten zu der Frage ein, ob der Beschwerdeführer fehlerhaft behandelt worden sei. Der Sachverständige stellte fest, dass die durchgeführte Behandlung in keiner Weise den Anforderungen an eine adäquate Insulintherapie entsprochen habe, und schlug in einem vom Landgericht ebenfalls angeforderten Ergänzungsgutachten eine andere medikamentöse Behandlung für den Beschwerdeführer vor. Mit Beschluss vom 30. Juli 2013 (III StVK 1162/10) verpflichtete das Landgericht die Justizvollzugsanstalt Bochum dazu, den Beschwerdeführer gemäß den Vorgaben des ergänzenden Sachverständigengutachtens zu behandeln. In dem Beschluss heißt es, dass eine Verpflichtung zur Behandlung in dem tenorierten Umfang anzuordnen und die bloße Verpflichtung zur Neubescheidung der Justizvollzugsanstalt nicht ausreichend gewesen sei, da der Anstalt spätestens seit Mai 2013 in Folge des erstellten Sachverständigengutachtens die Falschbehandlung des Beschwerdeführers bekannt gewesen, diese aber im Laufe dieser zwei Monate nicht umgestellt worden sei. Zur Neuausrichtung der medizinischen Behandlung an den Vorgaben des Beschlusses wurde der Beschwerdeführer am 9. August 2013 in das Justizvollzugskrankenhaus Fröndenberg verlegt; seine Behandlung war zuvor in der Justizvollzugsanstalt Bochum nicht umgestellt worden. Dort wurde ihm am 26. August 2013 mitgeteilt, dass er in die Justizvollzugsanstalt Werl verlegt werde.

4

2. Über den Beschwerdeführer sollte von der Justizvollzugsanstalt Bochum ein Gutachten über die Gewährung von Vollzugslockerungen erstellt werden. Dazu wurde er zunächst von einem anstaltsexternen Psychologen begutachtet. Dieser erstellte im November 2010 einen abschließenden Behandlungsbericht. Da der Psychologe selbstständige Lockerungen beziehungsweise die Verlegung in den offenen Vollzug empfohlen hatte, beantragte der Beschwerdeführer dies bei der Justizvollzugsanstalt. Die anstaltsinternen Gespräche zur Erstellung des Lockerungsgutachtens waren im Oktober 2012 abgeschlossen, und die Justizvollzugsanstalt Bochum stellte dem Beschwerdeführer ein positives Lockerungsgutachten bis zum Jahresende in Aussicht. Da die Fertigstellung entgegen dieser Ankündigung nicht erfolgte, richtete der Beschwerdeführer insgesamt sieben Anträge an die Anstalt (am 26. November 2012, 20. Januar, 28. Mai, 18. Juni, 26. Juni, 9. Juli und schließlich am 4. August 2013). Diese reagierte auf seine Anträge allerdings nicht.

5

3. Am 26. August 2013 wandte sich der Beschwerdeführer mit einem Antrag auf gerichtliche Entscheidung an das Landgericht Bochum. Er beantragte erstens Rechtsschutz gegen die geplante Verlegung und zweitens, die Justizvollzugsanstalt Bochum zur Fertigstellung des Lockerungsgutachtens zu verpflichten. Die Verlegung nach Werl sei ermessensfehlerhaft und überdies unvereinbar mit dem Resozialisierungsgebot. Er befinde sich seit acht Jahren in der Justizvollzugsanstalt Bochum und habe dort gute Kontakte zu anderen Gefangenen, dem Personal und dem Psychologischen Dienst. Überdies übe er eine Arbeit aus, die der höchsten Lohngruppe zugeordnet sei und mit der nahezu höchsten Leistungszulage vergütet werde. Auch sein ehrenamtlicher Betreuer werde im Falle einer Verlegung einen längeren Anfahrtsweg haben. Es verstoße zudem gegen sein Freiheitsrecht, dass die Justizvollzugsanstalt das Gutachten über die Gewährung von Vollzugslockerungen noch nicht gefertigt habe und es dafür keine nachvollziehbaren Gründe gebe.

6

4. Der Beschwerdeführer wurde am 13. September 2013 in die Justizvollzugsanstalt Werl verlegt.

7

5. Mit Schreiben vom 26. September 2013 nahm die Justizvollzugsanstalt Bochum zunächst allein zu der Verlegung Stellung. Zur Begründung führte sie aus, dass das Verhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und dem Anstaltsarzt als nachhaltig gestört anzusehen sei und durch die Verlegung eine Basis für eine störungsfreie Behandlung geschaffen werden solle. Ein weiterer Aufenthalt in der Justizvollzugsanstalt Bochum erscheine aus Gründen der Förderung der Behandlung, zur Erreichung des Vollzugszieles sowie im Rahmen der Pflicht zur Gesundheitsfürsorge nicht mehr zuträglich.

8

6. Dem trat der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 9. Oktober 2013 entgegen. Die strikte Weigerung des Anstaltsarztes, sich an gutachterlichen und gerichtlichen Feststellungen zu orientieren, dürfe nicht dazu führen, dass ein Gefangener gegen seinen Willen verlegt werde. Außerdem sei das Verhältnis bereits seit seiner Verlegung in die Justizvollzugsanstalt Bochum im Jahr 2005 gestört gewesen, da der Anstaltsarzt bereits zu diesem Zeitpunkt eine angemessene Behandlung verweigert habe.

9

7. Zu der Fertigstellung des Gutachtens hieß es in einem weiteren Schreiben der Justizvollzugsanstalt Bochum vom 14. Oktober 2013, dass sich diese auf Grund von unbesetzten Stellen sowie Langzeiterkrankungen im Fachbereich des Psychologischen Dienstes erheblich verzögert habe. Zudem habe man die Fertigstellung des Gutachtens Anfang 2013 ausgesetzt, da befürchtet worden sei, dass der Beschwerdeführer auf Grund seines "subkulturellen Verhaltens" den Anforderungen an einen offenen Vollzug nicht genüge, denn er habe sich bei anderen Diabetikern unerlaubt Insulin beschafft. Diese eigenmächtige Beschaffung sei auch der Grund für die nachhaltige Störung des Arzt-Patienten-Verhältnisses und rechtfertige daher die Verlegung in die Justizvollzugsanstalt Werl. Das Gutachten werde aber trotz der Verlegung des Beschwerdeführers und des damit verbundenen Zuständigkeitswechsels nunmehr bevorzugt bearbeitet.

10

8. Mit Schreiben vom 17. Januar 2014 teilte die Justizvollzugsanstalt Bochum mit, dass das Lockerungsgutachten gefertigt und mit Schreiben vom selben Tag an die Justizvollzugsanstalt Werl übersandt worden sei. Der Beschwerdeführer erklärte daraufhin seinen Antrag auf Fertigstellung des Gutachtens mit Schreiben vom 30. Januar 2014 für erledigt und beantragte in einem weiteren Schreiben vom 6. Februar 2014, die "Justizvollzugsanstalt Bochum zu verpflichten, das gefertigte Lockerungsgutachten gegenüber den hinzuziehenden Institutionen zu vertreten, damit eine Neuauflage des Lockerungsgutachtens verhindert" werde. Mit einem Schreiben vom 27. Januar 2014 wies er zudem darauf hin, dass der Vortrag der Anstalt zur Begründung der erheblichen Verzögerung des Lockerungsgutachtens von dem Landgericht dahingehend zu überprüfen sei, ob diese Umstände eine derartige Verzögerung rechtfertigen könnten.

11

9. Mit Schreiben vom 4. März 2014 erwiderte die Justizvollzugsanstalt Bochum auf den Antrag des Beschwerdeführers. Die Zuständigkeit für die Entscheidung über die Gewährung von Lockerungen liege nach der Verlegung des Beschwerdeführers bei der Justizvollzugsanstalt Werl. Ob das von der Justizvollzugsanstalt Bochum gefertigte Gutachten in die Entscheidung über die Lockerungen miteinbezogen werde, sei nicht bekannt. Es sei aber verständlich, wenn die Justizvollzugsanstalt Werl die Entscheidung über Lockerungen nicht allein auf der Grundlage eines Gutachtens der Justizvollzugsanstalt Bochum treffen wolle, zumal die Anamnese und Tests aus dem Jahr 2012 stammten.

12

10. Mit angegriffenem Beschluss vom 7. April 2014 wies das Landgericht Bochum beide Anträge des Beschwerdeführers zurück. Der Antrag sei, soweit er die Verlegungsentscheidung angreife, unbegründet. Rechtsgrundlage für eine solche sei § 8 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 StVollzG. Danach könne ein Gefangener abweichend vom Vollstreckungsplan in eine andere für den Vollzug der Freiheitsstrafe zuständige Anstalt verlegt werden, wenn die Behandlung des Gefangenen hierdurch gefördert werde. Der Anstalt stehe bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzung ein Ermessen zu, der Beschwerdeführer habe lediglich einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Durch die Verlegung werde die Behandlung des Beschwerdeführers gefördert. Das Vertrauensverhältnis zwischen dem Anstaltsarzt der Justizvollzugsanstalt Bochum und dem Beschwerdeführer sei zerrüttet und es erscheine möglich, dass die ärztliche Versorgung des Beschwerdeführers durch ein vertrauensvolleres, unbelastetes Verhältnis zu einem anderen Arzt gebessert werde. Die Entscheidung sei zudem ermessensfehlerfrei ergangen. Insbesondere habe die Anstalt die besondere Situation des Beschwerdeführers im Hinblick auf sein bisheriges, beanstandungsfreies Vollzugs- und Arbeitsverhalten und die bestehenden sozialen Kontakte in der Justizvollzugsanstalt Bochum berücksichtigt, seiner gesundheitlichen Versorgung jedoch eine höhere Bedeutung beigemessen. Es bestehe zu Gunsten des Beschwerdeführers kein Vertrauensschutz, da die Anstalt dem Beschwerdeführer gegenüber nicht den Eindruck erweckt habe, er könne in der Justizvollzugsanstalt Bochum verbleiben.

13

Der Antrag im Hinblick auf die Vertretung des Lockerungsgutachtens durch die Justizvollzugsanstalt Bochum gegenüber anderen Institutionen sei unzulässig. Die begehrte Handlung weise keinen Regelungscharakter und keine Außenwirkung auf. Der Antrag sei überdies unbegründet, da keine Anspruchsgrundlage zu Gunsten des Beschwerdeführers existiere.

14

Im Hinblick auf den für erledigt erklärten Antrag zur Fertigstellung des Gutachtens wurden der Landeskasse die Kosten auferlegt. Die Anstalt habe dem Beschwerdeführer jedenfalls die Fertigstellung des Gutachtens auch im Falle der Verlegung zugesichert.

15

11. Gegen diesen Beschluss legte der Beschwerdeführer am 30. April 2014 Rechtsbeschwerde ein. Der kurzen Niederschrift der Geschäftsstelle war ein Schriftsatz des Beschwerdeführers beigefügt. In diesem schilderte er zunächst den Sachverhalt und den Inhalt der vielen Schreiben im Vorfeld des angegriffenen Beschlusses des Landgerichts. Sodann beanstandete er insbesondere, dass seine Argumente gegen eine Verlegung vom Gericht nicht aufgegriffen worden seien.

16

12. Mit angegriffenem Beschluss vom 18. Juni 2014 verwarf das Oberlandesgericht Hamm die Rechtsbeschwerde als unzulässig, da es nicht geboten sei, die Nachprüfung des angefochtenen Beschlusses zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen. Der Senat merkte an, dass man daran zweifeln könne, ob eine Verlegung nach § 8 StVollzG mit einer Zerrüttung des Arzt-Patienten-Verhältnisses begründet werden könne, wenn eine Fehlbehandlung des Arztes im Raum stehe. Jedoch habe das Landgericht die tatbestandlichen Voraussetzungen zutreffend erkannt und lediglich im Einzelfall die Ermessenfehlerfreiheit gegebenenfalls falsch beurteilt. Soweit der Beschwerdeführer die Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs erhebe, sei auch dahingehend eine Zulassung nicht geboten. Die Entscheidung des Landgerichts mache an mehreren Stellen deutlich, dass sie den Vortrag des Beschwerdeführers zur Kenntnis genommen habe.

II.

17

Mit seiner rechtzeitig erhobenen Verfassungsbeschwerde vom 30. Juni 2014 macht der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Grundrechte und grundrechtsgleichen Rechte aus Art. 1, Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, Art. 2, Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3, Art. 103 und schließlich Art. 104 GG geltend.

18

1. Er trägt vor, aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ergebe sich, dass die Verlegung in eine andere Justizvollzugsanstalt in sein Grundrecht aus Art. 2 GG beziehungsweise in Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 GG eingreife. Die Verlegung sei für ihn wegen der verlorenen sozialen Kontakte, der Kontakte zu den Fachdiensten und des verlorenen, gut vergüteten Arbeitsplatzes besonders schwerwiegend. In der Justizvollzugsanstalt Werl sei ihm nie ein Arbeitsplatz angeboten worden, er verfüge nunmehr allein über das Taschengeld. Zudem habe er seinen Anspruch auf Arbeitslosengeld I durch den Wegfall des Arbeitsplatzes verloren. Jedenfalls dürfe die Weigerung des Anstaltsarztes, ihm eine ausreichende medizinische Versorgung zu gewährleisten, nicht dazu führen, dass er gegen seinen Willen verlegt werde. Durch die Anstalt sei niemals auf den Anstaltsarzt eingewirkt worden. Im Hinblick auf das Lockerungsgutachten wies er darauf hin, dass der Behandlungsbericht aus dem Jahr 2010 die Möglichkeit eröffnet habe, Lockerungen zu gewähren, durch die verzögerte Fertigstellung des Anstaltsgutachtens sei dies aber unterblieben.

19

2. Mit Schreiben vom 5. April 2015 teilt der Beschwerdeführer mit, dass er am 23. März 2015 wieder in die Justizvollzugsanstalt Bochum zurückverlegt worden sei und dort die Medikamente erhalte, die ihm auf Grund des Beschlusses des Landgerichts Bochum vom 30. Juli 2013 verabreicht werden sollten. Das Rechtsschutzbedürfnis sei aber nicht entfallen, da er für anderthalb Jahre seinen Arbeitsplatz verloren habe und seine Vollzugslockerungen sich erheblich verzögert hätten.

20

3. Das Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen hat von einer Stellungnahme abgesehen.

21

4. Die Akten des fachgerichtlichen Verfahrens haben der Kammer vorgelegen.

III.

22

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung (§ 93c Abs. 1 BVerfGG) liegen im Hinblick auf die Entscheidung über die Verlegung vor. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Grundsätze sind in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geklärt. Nach diesen Grundsätzen ist die Verfassungsbeschwerde in einem die Zuständigkeit der Kammer begründenden Sinn offensichtlich begründet.

23

1. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig. Der Zulässigkeit steht im Hinblick auf die Verlegung nicht entgegen, dass der Beschwerdeführer nach Erhebung der Verfassungsbeschwerde wieder in die Justizvollzugsanstalt Bochum zurückverlegt wurde. Das Bundesverfassungsgericht hat im Falle der Erledigung des mit der Verfassungsbeschwerde verfolgten Begehrens die entscheidenden Kriterien für das Fortbestehen eines Rechtsschutzbedürfnisses darin gesehen, dass entweder die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage von grundsätzlicher Bedeutung andernfalls unterbliebe und der gerügte Grundrechtseingriff besonders belastend erscheint, eine Wiederholung der angegriffenen Maßnahme zu besorgen ist oder die aufgehobene oder gegenstandslos gewordene Maßnahme den Beschwerdeführer noch weiterhin beeinträchtigt (vgl. BVerfGE 81, 138 <140> unter Verweis auf BVerfGE 33, 247 <257 f.>; 69, 161 <168>). Das Bundesverfassungsgericht ist in Fällen besonders tiefgreifender und folgenschwerer Grundrechtsverstöße vom Fortbestehendes Rechtsschutzbedürfnisses auch dann ausgegangen, wenn die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt sich auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der Betroffene nach dem regelmäßigen Geschäftsgang eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kaum erlangen konnte (BVerfGE 81, 138 <140 f.>). Der Grundrechtsschutz des Beschwerdeführers würde sonst in unzumutbarer Weise verkürzt (BVerfGE 81, 138 <141> unter Verweis auf BVerfGE 34, 165 <180>; 41, 29 <43>; 49, 24 <51 f.>). Der Umstand, dass die Fachgerichte und das Bundesverfassungsgericht oft außer Stande sind, schwierige Fragen in kurzer Zeit zu entscheiden, darf nicht dazu führen, dass eine Verfassungsbeschwerde allein wegen des vom Beschwerdeführer nicht zu vertretenden Zeitablaufs als unzulässig verworfen wird (BVerfGE 81, 138 <141> unter Verweis auf BVerfGE 74, 163 <172 f.>; 76, 1 <38 f.>). Hier besteht das Rechtsschutzbedürfnis jedenfalls auf Grund des in Rede stehenden tiefgreifenden und folgenschweren Grundrechtsverstoßes fort. Durch die Verlegung wurde das verfassungsrechtliche Resozialisierungsgebot in besonders erheblicher Weise berührt, da der Beschwerdeführer dadurch seine Kontakte in der Anstalt und seinen Arbeitsplatz für einen Zeitraum von anderthalb Jahren verlor. Zudem wurde die Entscheidung über Vollzugslockerungen offensichtlich wesentlich verzögert und erschwert.

24

2. Die Verfassungsbeschwerde ist im Hinblick auf die Verlegungsentscheidung teilweise begründet.

25

a) Zwar verletzen die angegriffenen Beschlüsse des Landgerichts und des Oberlandesgerichts, soweit sie die Vertretung des Lockerungsgutachtens gegenüber der Justizvollzugsanstalt Werl betreffen, den Beschwerdeführer nicht in seinem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG. Zu Recht hat das Landgericht das Vorliegen einer Maßnahme im Sinne des § 109 StVollzG verneint und das Oberlandesgericht die dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde als unzulässig verworfen. Die Verfassungsbeschwerde ist insoweit unbegründet und nicht zur Entscheidung anzunehmen.

26

b) Der angegriffene Beschluss des Landgerichts verletzt den Beschwerdeführer aber in seinen Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 GG sowie Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG, soweit er den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen die Verlegung des Beschwerdeführers als unbegründet zurückweist.

27

aa) Wird ein Strafgefangener gegen seinen Willen in eine andere Justizvollzugsanstalt verlegt, greift dies in sein Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG ein (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1857/14, 2 BvR 22 BvR 2810/14 -, juris, Rn. 28 unter Verweis auf BVerfGK 6, 260 <264>; 8, 307 <309>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 26. August 2008 - 2 BvR 679/07 -, juris, Rn. 20; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 23. Oktober 2013 - 2 BvQ 42/13 -, juris, Rn. 6). Die Verlegung kann für den Gefangenen mit schwerwiegenden Beeinträchtigungen verbunden sein (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1857/14, 2 BvR 22 BvR 2810/14 -, juris, Rn. 28). Insoweit ist insbesondere in den Blick zu nehmen, dass sämtliche in der Justizvollzugsanstalt entwickelten sozialen Beziehungen praktisch abgebrochen werden und der schwierige Aufbau eines persönlichen Lebensumfelds in einer anderen Anstalt von neuem begonnen werden muss (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1857/14, 2 BvR 22 BvR 2810/14 -, juris, Rn. 28 unter Verweis auf BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 28. Februar 1993 - 2 BvR 196/92 -, juris, Rn. 11). Darüber hinaus kann eine Verlegung - nicht nur aus den genannten Gründen - auch die Resozialisierung des Strafgefangenen beeinträchtigen und somit dessen durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG vermittelten Anspruch auf einen Strafvollzug, der auf das Ziel der Resozialisierung ausgerichtet ist, berühren (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1857/14, 2 BvR 22 BvR 2810/14 -, juris, Rn. 28 unter Verweis auf BVerfGK 6, 260 <264>; 8, 307 <309>). Verlegungen, die nicht ihrerseits durch Resozialisierungsgründe bestimmt sind, bedürfen daher einer Rechtfertigung (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1857/14, 2 BvR 22 BvR 2810/14 -, beck, Rn. 28). Eine zusätzliche erhebliche Beeinträchtigung ergibt sich, wenn der Wechsel der Anstalt mit dem Verlust einer Arbeitsmöglichkeit verbunden ist (BVerfGK 6, 260 <264>).

28

bb) Vor diesem Hintergrund bestehen gegen den Beschluss des Landgerichts durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken. Art. 2 Abs. 1 GG sowie Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verbieten eine Verlegung eines Strafgefangenen mit der Begründung, das Verhältnis zwischen diesem und dem Anstaltsarzt sei zerrüttet, wenn zuvor gerichtlich festgestellt wurde, dass der Anstaltsarzt den Strafgefangenen über Jahre hinweg in einer Weise medizinisch behandelte, die nicht den Regeln ärztlicher Kunst entsprach.

29

(1) Das Bundesverfassungsgericht hat bereits deutlich gemacht, dass die Verlegung eines Gefangenen nur im Falle des Vorliegens besonderer Umstände in Betracht kommt, wenn ein Fehlverhalten Dritter zur Begründung der Entscheidung herangezogen wird (BVerfGK 8, 307 <311>). Zudem muss in einer solchen Konstellation zunächst auf denjenigen, der die Regel bricht, eingewirkt werden, diesen Verstoß zu unterlassen, bevor derjenige, der von diesem regelwidrigen Verhalten betroffen ist, mit einer Verlegung belastet wird (vgl. BVerfGK 6, 260 <265 f.>).

30

(2) Das Landgericht erachtete § 8 Abs. 1 Nr. 1 StVollzG als taugliche Eingriffsgrundlage für die Entscheidung über die Verlegung des Beschwerdeführers. Diese Norm lässt eine Verlegung zu, wenn die Behandlung des Gefangenen dadurch gefördert wird. Ungeachtet der einfach-gesetzlichen Fragen, ob § 65 Abs. 1 Alt. 2 StVollzG, wonach ein kranker Gefangener in eine für die Behandlung seiner Krankheit besser geeignete Vollzugsanstalt verlegt werden kann, eine abschließende Spezialregelung zur Verlegung eines kranken Gefangenen enthält und die Auslegung des Begriffs "Behandlung" in § 8 Abs. 1 Nr. 1 StVollzG auch die medizinische Behandlung erfasst, muss bei der Ausübung des Ermessens, das der Justizvollzugsanstalt durch § 8 Abs. 1 Nr. 1 StVollzG eröffnet wird, jedenfalls der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet werden (vgl. zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Kontext von Entscheidungen über die Verlegung von Strafgefangenen BVerfGK 6, 260 <265 f.>; 8, 307 <311 f.>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 4. Februar 2009 - 2 BvR 1533/08 -, juris, Rn. 10). Die Auslegung und Anwendung von § 8 Abs. 1 Nr. 1 StVollzG durch das Landgericht stellt sich als unverhältnismäßig dar. Es wäre in dieser besonderen Sachverhaltskonstellation durch die Strafvollstreckungskammer insbesondere festzustellen gewesen, ob die unzureichende medizinische Behandlung des Beschwerdeführers nicht durch eine geeignete Einwirkung der Anstaltsleitung auf den Anstaltsarzt als milderes Mittel hätte unterbunden werden können (vgl. BVerfGK 6, 260 <265 f.>; 8, 307 <311>). Bei der Entscheidung über die Verlegung des Beschwerdeführers galt es insbesondere zu beachten, dass die schwerwiegende Falschbehandlung allein in die Verantwortungssphäre des Anstaltsarztes fiel. Es ist unvereinbar mit den Grundsätzen rechtsstaatlicher Zurechnung, wenn das rechtswidrige Verhalten des Anstaltsarztes, der den Beschwerdeführer entgegen den Vorgaben des landgerichtlichen Beschlusses nicht fachgerecht behandelt hat, nicht diesem zugerechnet und nach Möglichkeit durch ihm gegenüber zu ergreifende Maßnahmen abgewehrt wird, sondern ein Dritter - der Beschwerdeführer - zum Objekt eingreifender Maßnahmen gemacht wird (vgl. BVerfGK 8, 307 <311> m.w.N.). Rechtsstaatliche Zurechnung muss darauf ausgerichtet sein, nicht rechtswidriges, sondern rechtmäßiges Verhalten zu begünstigen (BVerfGK 8, 307 <311> unter Verweis auf BVerfGE 116, 24 <49 f.>). Dem läuft es grundsätzlich zuwider, wenn, wie im vorliegenden Fall, Maßnahmen zur Abwehr drohenden rechtswidrigen Verhaltens nicht vorrangig gegen den Störer, sondern ohne Weiteres - und schwerwiegend in Grundrechte eingreifend - gegen den von solchem rechtswidrigen Verhalten potentiell Betroffenen ergriffen werden (BVerfGK 8, 307 <311>).

31

(3) Ferner hat das Gericht bei der Überprüfung der Entscheidung über die Verlegung außer Acht gelassen, dass durch den so begründeten Zuständigkeitswechsel von der Justizvollzugsanstalt Bochum auf die Justizvollzugsanstalt Werl die bereits seit dem Jahr 2012 im Raum stehende Gewährung von Vollzugslockerungen zu Gunsten des Beschwerdeführers wesentlich erschwert wurde und es somit zu einer weiteren Beeinträchtigung der Grundrechte des Beschwerdeführers kam.

32

c) Der angegriffene Beschluss des Oberlandesgerichts verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG, soweit er die Rechtsbeschwerde gegen seine Verlegung als unzulässig verwirft.

33

aa) Art. 19 Abs. 4 GG enthält ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1206/13 -, juris, Rn. 19 unter Verweis auf BVerfGE 67, 43 <58>; stRspr). Die in Art. 19 Abs. 4 GG verbürgte Effektivität des Rechtsschutzes wird in erster Linie von den Prozessordnungen gesichert (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1206/13 -, juris, Rn. 19). Sie treffen Vorkehrungen dafür, dass der Einzelne seine Rechte auch tatsächlich wirksam durchsetzen kann und die Folgen staatlicher Eingriffe im Regelfall nicht ohne fachgerichtliche Prüfung zu tragen hat (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1206/13 -, juris, Rn. 19 unter Verweis auf BVerfGE 94, 166 <213>). Dabei fordert Art. 19 Abs. 4 GG zwar keinen Instanzenzug (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1206/13 -, juris, Rn. 19 unter Verweis auf BVerfGE 87, 48 <61>; 92, 365 <410>; stRspr). Eröffnet das Prozessrecht aber eine weitere Instanz, so gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG dem Bürger in diesem Rahmen die Effektivität des Rechtsschutzes im Sinne eines Anspruchs auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1206/13 -, juris, Rn. 19 unter Verweis auf BVerfGE 40, 272 <274 f.>; 54, 94 <96 f.>). Das Rechtsmittelgericht darf ein von der jeweiligen Rechtsordnung eröffnetes Rechtsmittel daher nicht ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer "leerlaufen" lassen (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1206/13 -, juris, Rn. 19 unter Verweis auf BVerfGE 78, 88 <99>).

34

bb) Gegen gerichtliche Entscheidungen der Strafvollstreckungskammern ist gemäß § 116 Abs. 1 StVollzG die Rechtsbeschwerde zulässig, wenn es geboten ist, die Nachprüfung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen. Zwar ist anerkannt, dass es auch in Fällen, in denen die Strafvollstreckungskammer ihre Entscheidung ausdrücklich oder implizit auf eine unzutreffende oder von der Rechtsprechung anderer Gerichte abweichende Rechtsauffassung gestützt hat, an der Erforderlichkeit der Nachprüfung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung fehlen kann, weil nicht zu erwarten ist, dass der Rechtsfehler in weiteren Fällen Bedeutung erlangen wird, weil also keine Wiederholungsgefahr besteht (BVerfGK 13, 438 <441> m.w.N.). Die Zulässigkeit einer Rechtsbeschwerde kann danach insbesondere dann verneint werden, wenn die Strafvollstreckungskammer ihren Rechtsfehler nachträglich erkannt und dies aktenkundig gemacht oder wenn das Oberlandesgericht in anderer Sache zu der Rechtsfrage Stellung genommen und sie anders beantwortet hat als die Strafvollstreckungskammer, diese das aber bei der Entscheidung noch nicht wissen konnte (BVerfGK 13, 438 <441> m.w.N.; vgl. ferner BVerfGK 17, 420 <428>; Bachmann, in: Laubenthal/Nestler/Neubacher/Verrel , StVollzG, 12. Auflage 2015, Abschnitt P, § 116 Rn. 93). Die Annahme, die Strafvollstreckungskammer werde einen bestimmten Fehler nicht wiederholen, setzt vor dem Hintergrund des Art. 19 Abs. 4 GG allerdings voraus, dass tatsächliche Umstände eine solche Prognose rechtfertigen. Könnte bei im Übrigen erfüllten Zulässigkeitsvoraussetzungen die Erforderlichkeit obergerichtlicher Nachprüfung allein mit dem Ausspruch der Erwartung verneint werden, das Ausgangsgericht werde einen festgestellten Rechtsfehler künftig vermeiden, so wäre für den Rechtsschutzsuchenden nicht mehr erkennbar, in welchen Fällen er überhaupt noch mit einer Behandlung seiner Rechtsbeschwerde als zulässig rechnen dürfte (BVerfGK 13, 438 <442>).

35

cc) Demnach durfte das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde jedenfalls nicht ohne Weiteres mit der Begründung verwerfen, die Strafvollstreckungskammer habe die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 8 StVollzG zutreffend erkannt und lediglich im Einzelfall die Ermessensfehlerfreiheit unter Umständen falsch beurteilt. Das Oberlandesgericht hat Anhaltspunkte dafür, dass es sich allenfalls um einen Fehler im Einzelfall gehandelt hat, gerade nicht benannt. Mit einer solchen bloßen Vermutung kann die Verwerfung der Rechtsbeschwerde aber nicht ohne Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG begründet werden, denn damit würden die gesetzlichen Zulassungsgründe in einer Weise ausgelegt und angewendet, die jede Vorhersehbarkeit zunichtemachen würde und die Möglichkeit der Rechtsbeschwerde im Ergebnis leerlaufen ließe (vgl. BVerfGK 13, 438 <441 f.>).

36

d) Ob durch die angegriffenen Entscheidungen weitere Grundrechte des Beschwerdeführers verletzt worden sind, kann angesichts der dargelegten Verstöße offenbleiben.

IV.

37

Im Umfang der festgestellten Grundrechtsverletzungen, auf denen die Beschlüsse beruhen, werden der Beschluss des Landgerichts Bochum vom 7. April 2014 und der Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 18. Juni 2014 aufgehoben; die Sache wird an das Landgericht Bochum zurückverwiesen (§ 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2, § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG).

V.

38

Dem Beschwerdeführer sind, da er sein Rechtsschutzziel im Wesentlichen erreicht hat, gemäß § 34a Abs. 2 und Abs. 3 BVerfGG die notwendigen Auslagen für das Verfahren der Verfassungsbeschwerde zu erstatten (vgl. BVerfGE 32, 1 <39>; 79, 372 <378>; 86, 90 <122>; 104, 220 <238>; 114, 1 <72>).

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Die Auslieferung ist nicht zulässig wegen einer politischen Tat oder wegen einer mit einer solchen zusammenhängenden Tat. Sie ist zulässig, wenn der Verfolgte wegen vollendeten oder versuchten Völkermordes, Mordes oder Totschlags oder wegen der Beteiligung hieran verfolgt wird oder verurteilt worden ist.

(2) Die Auslieferung ist nicht zulässig, wenn ernstliche Gründe für die Annahme bestehen, daß der Verfolgte im Fall seiner Auslieferung wegen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Anschauungen verfolgt oder bestraft oder daß seine Lage aus einem dieser Gründe erschwert werden würde.

Tenor

Der Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 20. Januar 2015 - 1 Ausl(A) 63/14 (73/14) - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 16a Absatz 1 des Grundgesetzes, soweit er die Auslieferung des Beschwerdeführers für zulässig erklärt; er wird in diesem Umfang aufgehoben. Das Verfahren wird an das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Im Übrigen, soweit der Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 20. Januar 2015 - 1 Ausl(A) 63/14 (73/14) die Fortdauer der Auslieferungshaft anordnet, wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Das Land Schleswig-Holstein hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zur Hälfte zu erstatten.

Gründe

I.

1

Der Beschwerdeführer ist russischer Staatsangehöriger und gläubiger Mos-lem. Nach seinen Angaben ist er nach einem Studium der türkischen Sprache und des Korans in Istanbul/Türkei ab September 2013 Ende Mai 2014 nach Deutschland eingereist. Er hat in Deutschland am 25. Juni 2014 wegen Verfolgung durch die russischen Behörden einen Asylantrag gestellt.

2

Am 31. Oktober 2014 wurde der Beschwerdeführer aufgrund einer Ausschrei-bung über Interpol vorläufig festgenommen. Mit Beschlüssen vom 6. November 2014 beziehungsweise 9. Dezember 2014 wurde die (vorläufige) Auslieferungshaft gegen ihn angeordnet. Der Beschluss vom 6. November 2014 erwähnt ausdrücklich, dass der Beschwerdeführer einen Asylantrag gestellt habe.

3

Mit förmlichem Ersuchen vom 3. Dezember 2014 hat die Generalstaatsan-waltschaft der Russischen Föderation um die Auslieferung des Beschwerdeführers zum Zweck der Strafverfolgung gebeten. Dem Beschwerdeführer wird darin vorgeworfen, sich von September bis Dezember 2013 in einem syrischen Milizenlager befunden zu haben, um Kenntnisse, praktische Fähigkeiten und Fertigkeiten für Explosionen, Brandstiftungen und sonstige Handlungen zur Einschüchterung der Bevölkerung und Schaffung einer Todesgefahr für Menschenleben und für den Umgang mit Sprengvorrichtungen, Spreng-, Gift- und Kampfstoffen und anderen lebensbedrohenden Stoffen und für die weitere Teilnahme an der Schädlings-, Diversions- und Terrortätigkeit auf dem Territorium der Russischen Föderation zu erwerben - nach russischem Recht strafbar als Ableistung der Ausbildung zum Zweck der Durchführung der Terrortätigkeit.

4

Die Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation hat in ihrem Auslieferungsersuchen unter anderem zugesichert, dass dieses nicht dem Zweck der politischen Verfolgung oder der Verfolgung wegen Rasse, Religion, Volkszugehörigkeit oder politischer Überzeugung diene. Der Beschwerdeführer werde zudem nur wegen derjenigen Straftat strafrechtlich verfolgt, derentwegen um Auslieferung ersucht werde, und er könne nach Beendigung der Strafverfolgung beziehungsweise Gerichtsverhandlung beziehungsweise Verbüßung der Strafe das Territorium Russlands verlassen.

5

Gegen seine Auslieferung hat der Beschwerdeführer unter anderem einge-wandt, dass ihm der russische Geheimdienst wahrheitswidrig unterstelle, dass er sich in einem syrischen Terrorcamp habe ausbilden lassen. Es werde eine Tat behauptet, die als politische Tat einzustufen sei. Jeder konsequente Anhänger des Islam aus dem Kaukasus, der ausgereist sei, würde von der Russischen Föderation als massiv verdächtig eingestuft; dieser Personenkreis würde rücksichtslos verfolgt und eingeschüchtert. Im Fall seiner Auslieferung müsse er daher mit politischer Verfolgung beziehungsweise mit Verfolgung wegen seiner Rasse, seiner Religion beziehungsweise seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe rechnen.

6

Mit Beschluss vom 20. Januar 2015 hat das Schleswig-Holsteinische Ober-landesgericht (1 Ausl(A) 63/14 (73/14)) die Auslieferung des Beschwerdeführers zum Zwecke der Strafverfolgung wegen der im Auslieferungsersuchen bezeichneten strafbaren Handlungen für zulässig erklärt und die Fortdauer der Auslieferungshaft angeordnet. Es ging dabei insbesondere davon aus, dass Auslieferungshindernisse angesichts der völkerrechtlich verbindlichen Zusagen der Russischen Föderation nicht vorlägen und der Haftgrund gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 IRG weiterhin bestehe. Auf den Asylantrag beziehungsweise einen möglichen Anspruch des Beschwerdeführers auf Asyl ging das Oberlandesgericht nicht ein.

II.

7

Der Beschwerdeführer sieht sich durch den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 20. Januar 2015 in seinen Grundrechten aus Art. 1 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, Art. 2 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 und Satz 2, Art. 3 Abs. 3, Art. 4 Abs. 1 und Art. 16a Abs. 1 GG verletzt.

8

Zur Begründung trägt er unter anderem vor, sich als gläubiger Moslem den Risiken, die in seiner Heimat für Glaubensbrüder bestanden hätten und noch bestünden, entzogen und in Deutschland im Hinblick auf die Verfolgung durch die russischen Behörden einen Asylantrag gestellt zu haben. Die Behauptung des russischen Geheimdiensts, dass er sich in einem Camp in Syrien habe ausbilden lassen, sei Teil dieser Verfolgung. Strenggläubige Menschen, die unabhängig von ihrem Verhältnis zum Terrorismus von staatlicher Verfolgung aufgrund ihres religiösen Bekenntnisses bedroht seien, seien im Zweifel asylberechtigt.

9

Dem Bundesverfassungsgericht lagen die Akten des Ausgangsverfahrens vor. Das Ministerium für Justiz, Kultur und Europa des Landes Schleswig-Holstein und das Bundesamt für Justiz hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

III.

10

1. Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen die Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung richtet, ist sie zur Entscheidung anzunehmen, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 16a Abs. 1 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Der Verfassungsbeschwerde ist insoweit durch die Kammer stattzugeben, da die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen durch das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden sind und die zulässige Verfassungsbeschwerde offensichtlich begründet ist (§ 93b Satz 1 i.V.m. § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG). Die angegriffene Entscheidung verletzt, soweit sie seine Auslieferung für zulässig erklärt hat, den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 16a Abs. 1 GG.

11

a) Gemäß Art. 16a Abs. 1 GG genießen politisch Verfolgte Asylrecht. Politi-sche Verfolgung setzt voraus, dass sie aus Gründen erfolgt, die allein in der politischen Überzeugung des Betroffenen, seiner religiösen Grundentscheidung oder in für ihn unverfügbaren Merkmalen liegen, die sein Anderssein prägen (vgl. BVerfGE 80, 315 <333>; 94, 49 <103>), sogenannte asylerhebliche Merkmale. Art. 16a Abs. 1 GG gewährt jedem politisch Verfolgten, der Zuflucht in der Bundesrepublik Deutschland sucht, unabhängig davon, ob ihm eine Straftat vorgeworfen wird, Asyl und damit auch Schutz vor Auslieferung (vgl. BVerfGE 60, 348 <359>). Er schützt dabei nicht nur das materielle Asylrecht politisch Verfolgter; zur Sicherung seines materiellen Gehalts kommt der Norm auch verfahrensrechtliche Bedeutung zu (vgl. BVerfGE 52, 391 <407>; 63, 215 <225>).

12

Für Auslieferungssachen folgt daraus eine Verpflichtung der zuständigen Stellen, soweit Anhaltspunkte für eine politische Verfolgung des Auszuliefernden bestehen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 29. Mai 1996 - 2 BvR 66/96 -, juris, Rn. 17), auch bei der Prüfung von § 6 Abs. 2 IRG oder entsprechender auslieferungsvertraglicher Regelungen (z.B. Art. 3 Nr. 2 EuAlÜbK) eigenständig zu prüfen, ob dem Betroffenen im Fall seiner Auslieferung politische Verfolgung droht.

13

Soweit ernstliche Gründe für die Annahme einer politischen Verfolgung spre-chen, hat das Oberlandesgericht, um eine Vereitelung eines möglicherweise be-stehenden Asylanspruchs zu vermeiden, die Auslieferung daher für unzulässig zu erklären. Die Voraussetzungen politischer Verfolgung hat es insoweit unabhängig von der Entscheidung im Asylverfahren zu prüfen, ohne dass dessen Ausgang abgewartet werden muss. Die Notwendigkeit zu einer in dieser Weise eigenständigen Prüfung des Asylanspruchs durch das Oberlandesgericht ergibt sich nicht nur aus § 6 Abs. 2 IRG und entsprechenden auslieferungsvertraglichen Vorschriften sowie aus § 6 AsylVfG, der die Entscheidung über den Asylantrag für alle Angelegenheiten für verbindlich erklärt, in denen die Anerkennung als Asylberechtigter rechtserheblich ist, das Auslieferungsverfahren davon jedoch ausnimmt. Sie ergibt sich auch aus den norminternen Direktiven von Art. 16a Abs. 1 GG (vgl. allgemein BVerfGE 52, 391 <400>; 60, 348 <357 f.>; 63, 215 <227>; 64, 46 <65>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats [Vorprüfungsausschuss] vom 1. Februar 1983 - 2 BvR 140/83 -, NVwZ 1983, S. 734 <735>).

14

Um der Bedeutung von Art. 16a Abs. 1 GG gerecht zu werden, muss das Oberlandesgericht daher bei entsprechenden Anhaltspunkten - wie die Verwal-tungsgerichte im Asylverfahren - vor der Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung die ihm möglichen Ermittlungen zur Aufklärung einer behaupteten Gefahr politischer Verfolgung des Betroffenen veranlassen (vgl. BVerfGE 52, 391 <407>; 63, 215 <225>; 64, 46 <59, 65>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 29. Mai 1996 - 2 BvR 66/96 -, juris, Rn. 17). Hierzu sind re-gelmäßig die Akten des Asylverfahrens beizuziehen, es sei denn, es steht zum Beispiel aufgrund des Vortrags des Auszuliefernden fest, dass sich daraus keine neuen Erkenntnisse ergeben.

15

b) Diesen Anforderungen wird die angegriffene Entscheidung nicht gerecht. Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht hat bei der Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung Bedeutung und Tragweite von Art. 16a Abs. 1 GG grundsätzlich verkannt und den Beschwerdeführer dadurch in diesem Grundrecht verletzt (vgl. BVerfGE 82, 286 <299>).

16

aa) Obwohl das Oberlandesgericht ausweislich der Anordnung der vorläufigen Auslieferungshaft Kenntnis vom Asylantrag des Beschwerdeführers hatte und dessen Vorbringen im Auslieferungsverfahren deutliche Anhaltspunkte für einen möglicherweise bestehenden Asylanspruch zu entnehmen sind, hat es sich mit einem der Auslieferung möglicherweise gegenläufigen Recht des Beschwerdeführers aus Art. 16a Abs. 1 GG nicht auseinandergesetzt. Es hat vor Erlass der hier angegriffenen Entscheidung weder die Akten des vom Beschwerdeführer betriebenen Asylverfahrens beigezogen noch sich in sonstiger Weise, zum Beispiel durch entsprechende Rückfrage beim Beschwerdeführer, Kenntnis vom konkreten Inhalt dieser Akten verschafft, um einen möglicherweise bestehenden Anspruch des Beschwerdeführers aus Art. 16a Abs. 1 GG und damit ein Auslieferungshindernis prüfen zu können. Weder der angegriffenen Entscheidung noch der vorgelegten Gerichtsakte lässt sich entnehmen, dass das Oberlandesgericht die Einwirkung des Art. 16a Abs. 1 GG auf das Auslieferungsverfahren überhaupt erkannt hat. Dies wiegt umso schwerer, als sich eine Befassung mit dieser Frage im vorliegenden Fall aufgedrängt hätte, da der dem Vorbringen des Beschwerdeführers möglicherweise zu entnehmende Asylgrund, die politische Verfolgung aufgrund seines religiösen Bekenntnisses, in engem Zusammenhang mit dem vom ersu-chenden Staat geltend gemachten Auslieferungsgrund steht.

17

bb) Das Oberlandesgericht war der Prüfung eines Anspruchs auf Asyl gemäß Art. 16a Abs. 1 GG auch nicht deshalb enthoben, weil die Russische Föderation zugesichert hat, dass das Auslieferungsersuchen nicht dem Zweck der politischen Verfolgung oder der Verfolgung wegen Rasse, Religion, Volkszugehörigkeit oder politischer Überzeugung diene und der Beschwerdeführer nur wegen derjenigen Straftat strafrechtlich verfolgt werde, derentwegen um Auslieferung ersucht werde. Zwar sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vom ersuchenden Staat im Auslieferungsverkehr gegebene völkerrechtlich verbindliche Zusicherungen geeignet, etwaige Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Auslieferung auszuräumen, sofern nicht im Einzelfall zu erwarten ist, dass die Zusicherung nicht eingehalten wird (vgl. BVerfGE 63, 215 <224>; 109, 38 <62>; BVerfGK 2, 165 <172 f.>; 3, 159 <165>; 6, 13 <19>; 6, 334 <343>; 13, 128 <136>; 13, 557 <561>; 14, 372 <377 f.>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 20. Dezember 2007 - 2 BvQ 51/07 -, juris, Rn. 27 f.); auch ist die Zusi-cherung der Spezialität der Strafverfolgung in der Regel als ausreichende Garan-tie gegen eine drohende politische Verfolgung des Auszuliefernden anzusehen (vgl. BVerfGE 15, 249 <251 f.>; 38, 398 <402>; 60, 348 <358>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 9. November 2000 - 2 BvR 1560/00 -, NJW 2001, S. 3111 <3112>). Eine Zusicherung entbindet jedoch nicht von der Pflicht, sich zumindest Kenntnis vom Inhalt der Akten des Asylverfahrens zu verschaffen. Diese Akten werden gerade im Interesse und zur Prüfung des Asylanspruchs des jeweils Betroffenen angelegt und sollen daher im Sinne der verfahrensrechtlichen Dimension von Art. 16a Abs. 1 GG der Prüfung des An-spruchs auf Asyl - unabhängig davon, in welchem Verfahren diese erfolgt - auch tatsächlich zugrunde gelegt werden. Durch die Pflicht zur Berücksichtigung des Inhalts der Asylverfahrensakten auch im Auslieferungsverfahren wird sicherge-stellt, dass der gesamte, vor staatlichen Stellen gemachte Vortrag des Asylbewer-bers zu seinem Asylanspruch und alle seinen Asylanspruch betreffenden, bereits erfolgten Sachverhaltsermittlungen bei der Prüfung des Asylanspruchs berücksichtigt werden. Aus dem Inhalt der Asylverfahrensakten können sich insbesondere auch Anhaltspunkte dafür ergeben, dass im Einzelfall die Einhaltung erfolgter Zusicherungen nicht zu erwarten ist und daher vermeintlich nicht näher zu prüfende Auslieferungshindernisse, zum Beispiel gemäß § 6 Abs. 2 IRG oder entsprechenden auslieferungsvertraglichen Vorschriften, doch eingehend geprüft werden müssen.

18

2. Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen die Anordnung der Fortdauer der Auslieferungshaft richtet, kommt ihr weder grundsätzliche Bedeutung zu noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG genannten Rechte angezeigt (§ 93a Abs. 2 BVerfGG); insoweit wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen (§ 93b Satz 1 BVerfGG).

19

a) Dass das Oberlandesgericht Bedeutung und Tragweite von Art. 16a Abs. 1 GG bei der Prüfung von Auslieferungshindernissen verkannt hat, führt nicht automatisch auch zur Verfassungswidrigkeit der Fortdauer der Auslieferungshaft. Ihr Zweck, die Sicherung des Auslieferungsverfahrens und die Ermöglichung der Durchführung der Auslieferung, kann es zulassen, die Auslieferungshaft grundsätzlich bereits dann anordnen und fortdauern lassen zu können, wenn festgestellt werden kann, dass die Voraussetzungen für eine Auslieferung gegeben sein können, auch wenn dies noch nicht abschließend geklärt ist und die abschließende Klärung erst im weiteren Auslieferungsverfahren erfolgen kann. Dies ergibt sich einfachrechtlich aus § 15 Abs. 2 IRG, der verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist (vgl. BVerfGE 61, 28 <32> zu der entsprechenden Vorschrift des § 10 des zur Zeit der Entscheidung noch einschlägigen Deutschen Auslieferungsgesetzes - DAG). Mit Blick auf Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG und das ihm innewohnende Gebot größtmöglicher Verfahrensbeschleunigung sowie die Verhältnismäßigkeit der Auslieferungshaft können mit zunehmender Dauer der Auslieferungshaft strengere Voraussetzungen für ihre Fortdauer beziehungsweise ihren Vollzug gelten (vgl. BVerfGE 61, 28 <34 ff.>).

20

b) Nach den bisherigen Erkenntnissen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts und dem Vortrag des Beschwerdeführers ist offen, ob dem Beschwerdeführer ein Anspruch auf Asyl zukommt oder seiner Auslieferung ein sonstiges Auslieferungshindernis entgegensteht. Dies kann im weiteren Auslieferungsverfahren durch die Beiziehung und Auswertung der Asylverfahrensakte geklärt werden. Die Anordnung der Fortdauer der Auslieferungshaft verstößt daher angesichts der Schwere des Tatvorwurfs und der bisherigen Dauer des Auslieferungsverfahrens jedenfalls derzeit nicht gegen Art. 2 Abs. 2 Satz 2, Art. 104 Abs. 1 Satz 1 GG.

21

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 93d Satz 3 BVerfGG).

22

3. Durch die Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (vgl. BVerfGE 7, 99 <109>).

23

4. Dem Beschwerdeführer sind die durch das Verfahren entstandenen notwendigen Auslagen zur Hälfte zu erstatten (§ 34a Abs. 2 und 3 BVerfGG), weil sein Rechtsschutzbegehren nur zum Teil erfolgreich war.

24

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Gründe

I.

1

1. Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen einen Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 19. Januar 2016, mit dem die Auslieferung des Beschwerdeführers an die Russische Föderation zum Zweck der Strafverfolgung für zulässig erklärt wurde. Dem Auslieferungsersuchen der Russischen Föderation liegt ein Haftbefehl des Perworetschenskij-Rayongerichts der Stadt Wladiwostok vom 23. Mai 2015 zugrunde. Darin werden dem Beschwerdeführer verschiedene Betrugsdelikte im Zusammenhang mit dem Verkauf und der Reparatur von Kraftfahrzeugen sowie mit der Aufnahme eines Darlehens vorgeworfen. Der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer hat unter dem 8. Februar 2016 zunächst den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt, wonach die Vollziehung des angegriffenen Beschlusses des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts auszusetzen und der Beschwerdeführer von der Auslieferungshaft zu verschonen sei. Gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts erhob der Beschwerdeführer unter dem 17. Februar 2016 Verfassungsbeschwerde, die am selben Tag per Telefax beim Bundesverfassungsgericht einging.

2

2. Der in Kabul geborene Beschwerdeführer ist sowohl russischer als auch afghanischer Staatsangehöriger und bezeichnet sich als gläubigen Vertreter der Sikh-Religion. Er hat zusammen mit seiner Ehefrau und drei seiner Kinder einen Asylantrag in Deutschland gestellt, der laut Beschluss des Oberlandesgerichts vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) mit Bescheid vom 3. September 2015 abgelehnt wurde. Das verwaltungsgerichtliche Verfahren gegen den ablehnenden Asylbescheid ist noch nicht abgeschlossen. Vor seiner Ausreise nach Deutschland lebte der Beschwerdeführer vom Import und Verkauf japanischer Automobile. Zudem hat er nach seinem eigenen Vortrag mit dem russischen Inlandsgeheimdienst FSB ungefähr zehn Jahre lang kooperiert, um die russische Staatsbürgerschaft zu erhalten.

3

Der Beschwerdeführer trägt gegen die Zulässigkeit seiner Auslieferung vor, in der Vergangenheit von den russischen Behörden in Gewahrsam genommen und dort misshandelt worden zu sein. Man habe versucht, von ihm ein Geständnis zu erpressen, indem man ihn gefesselt, ihm eine Gasmaske aufgesetzt und die Sauerstoffzufuhr abgedreht habe. Außerdem habe man ihm mit einem Messer in den Rücken gestochen. Die ihm vorgeworfenen Straftaten würden von den russischen Behörden nur behauptet, um seiner habhaft zu werden. Als Angehöriger der Sikh und der afghanischen Volksgruppe werde er in Russland diskriminiert. Er befürchte, bei Überstellung in die Russische Föderation gefoltert zu werden. Dass Angehörige von Minderheitenreligionen in Russland diskriminiert würden, sei eine allgemein bekannte Tatsache. Insbesondere innerhalb der russischen Justiz sei die Zugehörigkeit zu einer weniger verbreiteten Religionsgemeinschaft des Öfteren ein Diskriminierungs- und sogar ein Foltergrund. Auch seine äußerlich erkennbare afghanische Abstammung führe in Russland zu erheblichen Problemen. Die erwartete Diskriminierung durch die russische Justiz sowie deren Korruption, Unzuverlässigkeit und fehlende Objektivität seien aufgrund entsprechender Berichte allgemein bekannt.

4

3. Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht begründete die Zulässigkeit der Auslieferung des Beschwerdeführers an die Russische Föderation mit folgenden Erwägungen:

5

a) Die dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Straftaten seien auslieferungsfähig. Dem deutschen Richter sei im Auslieferungsverkehr eine Prüfung des Tatverdachts grundsätzlich verwehrt. Ausnahmen hiervon seien nur dann zulässig und geboten, wenn und soweit hinreichende Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass der ersuchende Staat seinen Anspruch auf Auslieferung missbräuchlich geltend mache, oder die besonderen Umstände des Falles befürchten ließen, dass der Verfolgte im Falle seiner Auslieferung einem Verfahren ausgesetzt wäre, das gegen unabdingbare, von allen Rechtsstaaten anerkannte Grundsätze und damit gegen den völkerrechtlich verbindlichen Mindeststandard im Sinne von Art. 25 GG verstoßen würde, und die Tatverdachtsprüfung darüber Aufschluss geben könne. Völkerrechtliche Mindeststandards könnten etwa dann verletzt sein, wenn im Strafverfahren eine Aussage als Beweis verwendet werde, die unter Folter erpresst worden sei. Solche hinreichenden Anhaltspunkte im Sinne der dargestellten Rechtsgrundsätze lägen hier nicht vor. Allein das Behaupten derartiger Aspekte durch den Beschwerdeführer löse die grundsätzlich ausgeschlossene Überprüfung nicht aus. Es bestünden keine ernstlichen Gründe für die Annahme, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Auslieferung wegen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Anschauungen verfolgt oder bestraft oder dass seine Lage aus einem dieser Gründe erschwert werden würde.

6

b) Die Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation habe im Auslieferungsersuchen vom 20. August 2015 zugesichert, dass dem Verfolgten alle völkerrechtlich gebotenen Verteidigungsmöglichkeiten einschließlich anwaltlichen Beistands gewährt würden und er keiner Folter oder grausamen, unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung unterworfen werde. Die Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation habe ferner zugesichert, dass das Auslieferungsersuchen nicht dem Zwecke der politischen Verfolgung oder der Verfolgung wegen der Rasse, Religion oder Volkszugehörigkeit diene und dass der Spezialitätsgrundsatz eingehalten werde. Schließlich enthalte das Auslieferungsersuchen die Zusicherung, dass die Unterbringung des Beschwerdeführers im Fall seiner Auslieferung an Russland in einer Haftanstalt erfolge, die den Anforderungen der EMRK und der Europäischen Strafvollzugsgrundsätze entspreche, dass er nach Verbüßung einer Freiheitsstrafe das Hoheitsgebiet der Russischen Föderation verlassen könne und dass ihn Mitarbeiter des Konsulardienstes der Deutschen Botschaft in Russland jederzeit zur Kontrolle der Einhaltung der im Auslieferungsersuchen aufgeführten Zusicherungen besuchen dürften. Es seien keine Umstände vorgetragen oder aus der Asylverfahrensakte oder sonst ersichtlich, die die Annahme zuließen, die Russische Föderation würde sich an die völkerrechtlich verbindlichen Zusagen nicht halten. Das Oberlandesgericht habe zudem die Erwartung, dass die Behandlung des Beschwerdeführers in der Russischen Föderation von der Bundesregierung besonders beobachtet werde.

7

c) Durch die Auslieferung werde auch kein etwaiger Asylanspruch des Beschwerdeführers unterlaufen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei das Oberlandesgericht nicht verpflichtet, die Entscheidung im Asylverfahren abzuwarten, sondern sei berechtigt und verpflichtet, eine eigenständige Prüfung des Asylanspruchs vorzunehmen. Nach Überzeugung des Oberlandesgerichts droht dem Verfolgten im Fall seiner Rückkehr in die Russische Föderation nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung im Sinne von § 3 Abs. 1, § 3a AsylVfG. Auf der Grundlage des Vortrags des Beschwerdeführers sei das Oberlandesgericht zu der Überzeugung gelangt, dass er vor seiner Ausreise aus seinem Herkunftsland keiner individuellen, konkreten und politisch motivierten Verfolgung ausgesetzt war. Aus dem Inhalt der Asylverfahrensakte ergäben sich keinerlei Anhaltspunkte für eine solche Verfolgung. Das BAMF habe durch Bescheid vom 3. September 2015 den Asylantrag des Beschwerdeführers abgelehnt, weil Schwierigkeiten aufgrund geschäftlicher Aktivitäten keine asylrelevante Verfolgung darstellten. Vielmehr handle es sich um Probleme mit kriminellen Elementen, die aber nicht an ein asylrelevant geschütztes Merkmal anknüpften. Dem Vortrag des Beschwerdeführers, dass er wegen seiner Religionszugehörigkeit und seiner afghanischen Staatsangehörigkeit verfolgt worden sei, schenkte das Oberlandesgericht keinen Glauben, da kein Grund ersichtlich sei, weshalb der Beschwerdeführer dies im eigentlichen Asylverfahren bisher nicht thematisiert habe, wenn dies tatsächlich der Fall gewesen sein sollte. Zudem stehe die Schilderung seiner Ausreise aus Russland, wonach er unbehelligt mit seiner Familie das Land habe verlassen können, seiner Behauptung entgegen, man wolle ihn in Russland vernichten. Nicht zuletzt widerspreche diese Schilderung den vom Beschwerdeführer im Auslieferungsverfahren nicht widerlegten Angaben der russischen Behörden, wonach er nach Bekanntwerden der gegen ihn in Russland erhobenen Vorwürfe bereits am 25. Mai 2011 zur landesweiten Fahndung ausgeschrieben worden sei, weil sein Aufenthaltsort nicht habe ermittelt werden können und seine Flucht ins Ausland festgestellt worden sei. Ferner sei im Januar 2013 festgestellt worden, dass der Beschwerdeführer in der russischen Botschaft in Lissabon einen neuen Reisepass beantragt habe.

II.

8

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung ist - mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg - insbesondere nicht zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG bezeichneten Rechte angezeigt. Die Auslieferung des Beschwerdeführers ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (1.). Der angegriffene Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts verletzt den Beschwerdeführer auch nicht in seinem Grundrecht auf Asyl aus Art. 16a Abs. 1 GG (2.). Auch die Rechte aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG und Art. 103 Abs. 1 GG sind nicht verletzt (3.).

9

1. Die Auslieferung und die ihr zugrundeliegenden Akte des ersuchenden Staates sind weder mit dem nach Art. 25 GG in der Bundesrepublik Deutschland verbindlichen völkerrechtlichen Mindeststandard noch mit unabdingbaren verfassungsrechtlichen Grundsätzen unvereinbar (vgl. BVerfGE 63, 332 <337 f.>; 75, 1 <19>; 108, 129 <136>; 113, 154 <162>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 20. November 2014 - 2 BvR 1820/14 -, juris, Rn. 24). Zu den unabdingbaren Grundsätzen der deutschen verfassungsrechtlichen Ordnung zählt wegen Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG, dass eine angedrohte oder verhängte Strafe nicht grausam, unmenschlich oder erniedrigend sein darf. Die zuständigen Organe der Bundesrepublik Deutschland sind deshalb gehindert, an der Auslieferung eines Verfolgten mitzuwirken, wenn dieser eine solche Strafe zu gewärtigen oder zu verbüßen hat (BVerfGE 75, 1 <16 f.>; 108, 129 <136 f.>; 113, 154 <162>; zu den daraus folgenden Aufklärungspflichten der Gerichte vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 9. April 2015 - 2 BvR 221/15 -, juris, Rn. 12 ff.; Beschluss des Zweiten Senats vom 15. Dezember 2015 - 2 BvR 2735/14 -, juris, Rn. 62 ff.).

10

a) Im Auslieferungsverkehr zwischen Deutschland und anderen Staaten ist dem ersuchenden Staat im Hinblick auf die Einhaltung der Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit und des Menschenrechtsschutzes grundsätzlich Vertrauen entgegenzubringen (BVerfGE 109, 13 <35 f.>; 109, 38 <61>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 15. Dezember 2015 - 2 BvR 2735/14 -, juris, Rn. 68). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind daher vom ersuchenden Staat im Auslieferungsverkehr gegebene völkerrechtlich verbindliche Zusicherungen geeignet, etwaige Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Auslieferung auszuräumen, sofern nicht im Einzelfall zu erwarten ist, dass die Zusicherung nicht eingehalten wird (vgl. BVerfGE 63, 215 <224>; 109, 38 <62>; BVerfGK 2, 165 <172 f.>; 3, 159 <165>; 6, 13 <19>; 6, 334 <343>; 13, 128 <136>; 13, 557 <561>; 14, 372 <377 f.>; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 9. April 2015 - 2 BvR 221/15 -, juris, Rn. 17); auch ist die Zusicherung der Spezialität der Strafverfolgung in der Regel als ausreichende Garantie gegen eine drohende politische Verfolgung des Auszuliefernden anzusehen (vgl. BVerfGE 15, 249 <251 f.>; 38, 398 <402>; 60, 348 <358>; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 9. April 2015 - 2 BvR 221/15 -, juris, Rn. 17).

11

b) Vorliegend hat die Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation zugesichert, der Beschwerdeführer werde in Übereinstimmung mit Art. 3 EMRK nicht gefoltert, grausam, unmenschlich oder erniedrigend behandelt oder bestraft. Ferner hat sie eine Garantie abgegeben, dass den Mitarbeitern des Konsulardienstes der Deutschen Botschaft jederzeit die Möglichkeit gegeben werde, den Beschwerdeführer in der Vollzugsanstalt zum Zweck der Kontrolle der Einhaltung der abgegebenen Garantien zu besuchen. Diese Zusicherung ermöglicht die gebotene effektive Kontrolle der konventionskonformen Behandlung des Beschwerdeführers durch deutsche Stellen und ist daher in der Lage, etwaige Zweifel an der Einhaltung der Zusicherung zu zerstreuen. Die vom Beschwerdeführer vorgetragene allgemeine Befürchtung einer Diskriminierung und Misshandlung durch die russischen Justizbehörden sowie die von ihm insoweit als Belege beigefügten Anlagen vermögen das Vertrauen in diese Zusicherung nicht zu erschüttern.

12

2. Der Beschluss des Oberlandesgerichts verstößt auch nicht gegen Art. 16a Abs. 1 GG. Gemäß dieser Bestimmung genießen politisch Verfolgte Asylrecht. Politische Verfolgung setzt voraus, dass sie aus Gründen erfolgt, die allein in der politischen Überzeugung des Betroffenen, seiner religiösen Grundentscheidung oder in für ihn unverfügbaren Merkmalen liegen, die sein Anderssein prägen (vgl. BVerfGE 80, 315 <333>; 94, 49 <103>) - sogenannte asylerhebliche Merkmale. Art. 16a Abs. 1 GG gewährt jedem politisch Verfolgten, der Zuflucht in der Bundesrepublik Deutschland sucht, Schutz vor Auslieferung unabhängig davon, ob ihm eine Straftat vorgeworfen wird (vgl. BVerfGE 60, 348 <359>). Er schützt dabei nicht nur das materielle Asylrecht politisch Verfolgter; zur Sicherung seines materiellen Gehalts kommt ihm auch verfahrensrechtliche Bedeutung zu (vgl. BVerfGE 52, 391 <407>; 63, 215 <225>). Für Auslieferungssachen folgt daraus eine Verpflichtung der zuständigen Stellen, soweit Anhaltspunkte für eine politische Verfolgung des Auszuliefernden bestehen, auch bei der Prüfung von § 6 Abs. 2 IRG oder entsprechender auslieferungsvertraglicher Regelungen (z.B. Art. 3 Nr. 2 EuAlÜbK) eigenständig zu prüfen, ob dem Betroffenen im Fall seiner Auslieferung politische Verfolgung droht (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 9. April 2015 - 2 BvR 221/15 -, juris, Rn. 12).

13

Das Oberlandesgericht war daher berechtigt und verpflichtet, die Voraussetzungen politischer Verfolgung unabhängig von der Entscheidung im Asylverfahren zu prüfen, ohne dass dessen Ausgang abgewartet werden musste. Hierzu hat es in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise die Akten des Asylverfahrens beigezogen. Dass das Oberlandesgericht den Gewährleistungsgehalt von Art. 16a GG verkannt hätte, indem es dem Vortrag des Beschwerdeführers zu asylanspruchsbegründenden Tatsachen keinen Glauben schenkte, ist nicht ersichtlich. Die Würdigung der vorgebrachten Tatsachen erscheint nachvollziehbar und willkürfrei. Auch aus dem Vortrag des Beschwerdeführers im Rahmen seiner Verfassungsbeschwerde ergibt sich nicht, dass durch die Auslieferung an die Russische Föderation sein Grundrecht aus Art. 16a Abs. 1 GG verletzt wäre. Die Schilderung der Nachteile, die der Beschwerdeführer bei seiner Auslieferung befürchtet, ist nicht geeignet, die Besorgnis einer politischen Verfolgung zu begründen. Vielmehr erscheinen die vom Beschwerdeführer laut seinem Vortrag bisher erlittenen und zukünftig befürchteten Diskriminierungen mit seiner wirtschaftlichen Tätigkeit in der Russischen Föderation zusammenzuhängen.

14

3. Sofern der Beschwerdeführer vorträgt, dass russische Richter nicht für rechtmäßige Richter gehalten werden könnten, verkennt er, dass Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nur für die durch die deutsche Justiz ausgeübte Hoheitsgewalt gilt und im Rahmen des Auslieferungsverfahrens nicht die Überprüfung ausländischer Justizorganisation ermöglicht. Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung seines Grundrechts auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG rügt, ist nicht ersichtlich, dass das Oberlandesgericht relevantes Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinen Lasten unberücksichtigt gelassen oder aber einen Sachverhalt zugrunde gelegt hätte, zu dem der Beschwerdeführer sich nicht hätte äußern können.

15

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

16

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Auslieferung ist nicht zulässig wegen einer politischen Tat oder wegen einer mit einer solchen zusammenhängenden Tat. Sie ist zulässig, wenn der Verfolgte wegen vollendeten oder versuchten Völkermordes, Mordes oder Totschlags oder wegen der Beteiligung hieran verfolgt wird oder verurteilt worden ist.

(2) Die Auslieferung ist nicht zulässig, wenn ernstliche Gründe für die Annahme bestehen, daß der Verfolgte im Fall seiner Auslieferung wegen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Anschauungen verfolgt oder bestraft oder daß seine Lage aus einem dieser Gründe erschwert werden würde.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) Die Auslieferung ist nicht zulässig wegen einer politischen Tat oder wegen einer mit einer solchen zusammenhängenden Tat. Sie ist zulässig, wenn der Verfolgte wegen vollendeten oder versuchten Völkermordes, Mordes oder Totschlags oder wegen der Beteiligung hieran verfolgt wird oder verurteilt worden ist.

(2) Die Auslieferung ist nicht zulässig, wenn ernstliche Gründe für die Annahme bestehen, daß der Verfolgte im Fall seiner Auslieferung wegen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Anschauungen verfolgt oder bestraft oder daß seine Lage aus einem dieser Gründe erschwert werden würde.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Die Auslieferung ist nicht zulässig wegen einer politischen Tat oder wegen einer mit einer solchen zusammenhängenden Tat. Sie ist zulässig, wenn der Verfolgte wegen vollendeten oder versuchten Völkermordes, Mordes oder Totschlags oder wegen der Beteiligung hieran verfolgt wird oder verurteilt worden ist.

(2) Die Auslieferung ist nicht zulässig, wenn ernstliche Gründe für die Annahme bestehen, daß der Verfolgte im Fall seiner Auslieferung wegen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Anschauungen verfolgt oder bestraft oder daß seine Lage aus einem dieser Gründe erschwert werden würde.

(1) Wird der Verfassungsbeschwerde stattgegeben, so ist in der Entscheidung festzustellen, welche Vorschrift des Grundgesetzes und durch welche Handlung oder Unterlassung sie verletzt wurde. Das Bundesverfassungsgericht kann zugleich aussprechen, daß auch jede Wiederholung der beanstandeten Maßnahme das Grundgesetz verletzt.

(2) Wird der Verfassungsbeschwerde gegen eine Entscheidung stattgegeben, so hebt das Bundesverfassungsgericht die Entscheidung auf, in den Fällen des § 90 Abs. 2 Satz 1 verweist es die Sache an ein zuständiges Gericht zurück.

(3) Wird der Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz stattgegeben, so ist das Gesetz für nichtig zu erklären. Das gleiche gilt, wenn der Verfassungsbeschwerde gemäß Absatz 2 stattgegeben wird, weil die aufgehobene Entscheidung auf einem verfassungswidrigen Gesetz beruht. Die Vorschrift des § 79 gilt entsprechend.

(1) Jedermann kann mit der Behauptung, durch die öffentliche Gewalt in einem seiner Grundrechte oder in einem seiner in Artikel 20 Abs. 4, Artikel 33, 38, 101, 103 und 104 des Grundgesetzes enthaltenen Rechte verletzt zu sein, die Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht erheben.

(2) Ist gegen die Verletzung der Rechtsweg zulässig, so kann die Verfassungsbeschwerde erst nach Erschöpfung des Rechtswegs erhoben werden. Das Bundesverfassungsgericht kann jedoch über eine vor Erschöpfung des Rechtswegs eingelegte Verfassungsbeschwerde sofort entscheiden, wenn sie von allgemeiner Bedeutung ist oder wenn dem Beschwerdeführer ein schwerer und unabwendbarer Nachteil entstünde, falls er zunächst auf den Rechtsweg verwiesen würde.

(3) Das Recht, eine Verfassungsbeschwerde an das Landesverfassungsgericht nach dem Recht der Landesverfassung zu erheben, bleibt unberührt.

(1) Erweist sich der Antrag auf Verwirkung der Grundrechte (§ 13 Nr. 1), die Anklage gegen den Bundespräsidenten (§ 13 Nr. 4) oder einen Richter (§ 13 Nr. 9) als unbegründet, so sind dem Antragsgegner oder dem Angeklagten die notwendigen Auslagen einschließlich der Kosten der Verteidigung zu ersetzen.

(2) Erweist sich eine Verfassungsbeschwerde als begründet, so sind dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen ganz oder teilweise zu erstatten.

(3) In den übrigen Fällen kann das Bundesverfassungsgericht volle oder teilweise Erstattung der Auslagen anordnen.