Bundesverfassungsgericht Nichtannahmebeschluss, 07. Sept. 2011 - 1 BvR 1460/10

ECLI:ECLI:DE:BVerfG:2011:rk20110907.1bvr146010
07.09.2011

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft eine gesellschaftsrechtliche Auseinandersetzung.

I.

2

1. Der Beschwerdeführer ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Durchsetzung von Aktionärsrechten zählt. Er ist Aktionär der Beklagten des Ausgangsverfahrens, der S.  AG . In der Satzung der Beklagten hieß es: "Gegenstand des Unternehmens ist die Übernahme und Ausführung von Bauleistungen auf allen Gebieten des Straßen-, Ingenieur-, Wasser-, Hoch- und Tiefbaues... ." Im Jahr 2006 hielt die S.  SE , eine 2004 gegründete Europäische Aktiengesellschaft, etwa 66 % der Aktien der Beklagten; die übrigen Aktien befanden sich in Streubesitz. Die S. SE hielt zudem die Mehrheit der Aktien der Ed. AG, bei der es sich ebenfalls um ein Bauunternehmen handelt.

3

Die S. SE strebte eine Konzentration der Beklagten auf den Verkehrswegebau und eine Konzentration der Ed. AG auf den Hoch- und Ingenieurbau an. Dazu veräußerte die Beklagte, die S. AG, Ende Februar 2006 einen Großteil ihrer Hoch- und Ingenieurbauaktivitäten an die Ed. AG für 30,9 Mio. € netto. Bereits begonnene Projekte in der veräußerten Sparte führte die Beklagte zu Ende, nahm neue jedoch nur im Zusammenhang mit Straßen- und Tiefbauaufträgen an. Die Hauptversammlung beschloss wenige Monate nach der Veräußerung, Mitte Juli 2006, eine Änderung der Satzung, nach der Unternehmensgegenstand jetzt nur noch der Straßen- und Tiefbau ist.

4

Der Beschwerdeführer erhob Klage gegen die S. AG und verlangte die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verkaufs und der dazu gefassten Vorstands- und Aufsichtsratsbeschlüsse (Klageanträge zu 1-3) sowie die Rückabwicklung der dazu beschlossenen Maßnahmen (Klageantrag zu 7). Zudem beantragte er die Feststellung der Rechtswidrigkeit weiterer Maßnahmen zur Eingliederung der Beklagten in die Organisation der S. SE, insbesondere durch Übertragung der Projektentwicklungsaktivitäten von der S. GmbH auf die Z. GmbH und durch Übertragung von Beteiligungen an der BR. GmbH und an der BM. GmbH auf die Ed. AG (Klageantrag zu 4); weiter wollte er die Unwirksamkeit auch der dazu gefassten Vorstands- und Aufsichtsratsbeschlüsse festgestellt wissen (Klageanträge zu 5 und 6). Die "Eingliederung der Beklagten in die Organisation der S. SE" konkretisierte er dahin, dass damit neben den ausdrücklich aufgeführten Maßnahmen zur Einbindung in die Organisation der S. SE gemeint seien: Die Auslagerung des Rechnungswesens, der Lohn- und Gehaltsabrechnungen, der Finanzen und der übrigen Verwaltungstätigkeiten auf eine im hälftigen Anteilsbesitz der Beklagten und der Ed. AG stehende GmbH, die ursprünglich zu 99 % im Besitz der Beklagten stand; weiter die Zusammenlegung der Rechtsabteilung der Beklagten und der Ed. AG und ihrer Tochtergesellschaften in der C. GmbH, den Verkauf der 49 %-Beteiligung der Beklagten an der D. GmbH & Co. KG und der D. GmbH an die bisherige Mitgesellschafterin W. OHG und den Beitritt zu einem syndizierten Avalkredit in Höhe von 1,5 Mrd. €, der wesentliche Teile der bisherigen Avalkreditfinanzierung der Beklagten bei Banken ersetzte und für den im Gegenzug der bisherige Sicherheitenpool aufgelöst und alle Sicherheiten der Beklagten freigegeben wurden.

5

Der Beschwerdeführer beantragte des Weiteren die Feststellung, dass die Beklagte ohne Schaffung einer konzernrechtlichen Rechtsgrundlage verpflichtet sei, die Eingliederung rückgängig zu machen (Klageantrag 8). Schließlich sollte festgestellt werden, dass der Vorstand der Beklagten den Abschluss eines Beherrschungsvertrages mit der S. SE verlangen könne (Klageantrag 9) und dass der Beklagten qualifizierte Nachteile zugefügt worden seien mit der Folge, dass ihr ein Anspruch auf Verlustausgleich und den außenstehenden Aktionären ein Anspruch auf angemessenen Ausgleich oder Abfindung zustehe (Klageantrag 10).

6

2. Das Landgericht gab den Anträgen zu 1 bis 8 statt und erachtete die Anträge zu 9 und 10 als unzulässig. Das Oberlandesgericht wies in der Berufungsinstanz die Klage insgesamt ab (veröffentlicht in AG 2009, S. 416 mit zust. Anm. Pluskat, EWiR 2009, S. 395). Dabei ging es im Wesentlichen von folgenden Erwägungen aus: Die Veräußerung der Hoch- und Ingenieurbausparte sei nicht deswegen rechtswidrig, weil damit die Tätigkeitsfelder der S. AG nicht mehr den in der Satzung genannten Unternehmensgegenstand ausgefüllt hätten (sogenannte Satzungsunterschreitung). Jedenfalls wegen des Umfangs der nach der Veräußerung bis zur Satzungsänderung noch durchgeführten Arbeiten im Hoch- und Ingenieurbau liege auch für den dazwischen liegenden Zeitraum von März bis Mitte Juli 2006 keine unzulässige Satzungsunterschreitung vor. Auch habe die Veräußerung mangels Erreichens der Erheblichkeitsschwelle oder einer grundlegenden Veränderung der Struktur der Gesellschaft nicht der Zuständigkeit der Hauptversammlung unterlegen (Anträge 1-3). Die Veräußerung (Anträge 1-3) und die weiteren Eingliederungsmaßnahmen (Anträge 4-6) seien hier im sogenannten faktischen Konzern gemessen an § 311 AktG nicht unzulässig; denn der Beschwerdeführer habe nicht dargelegt und unter Beweis gestellt, dass die beanstandeten Maßnahmen zu nicht kompensierbaren Nachteilen für die Beklagte geführt hätten. Die Feststellungsanträge zu 9 und 10 seien unzulässig. Die Verpflichtung eines Organs der Gesellschaft zum Abschluss eines Unternehmensvertrages sei weder im Aktiengesetz vorgesehen noch entspreche sie der Kompetenzordnung innerhalb der Aktiengesellschaft. Die Ausgleichs- und Abfindungsansprüche aus den §§ 302, 304, 305 AktG, deren Feststellung der Beschwerdeführer gegenüber der Beklagten begehre, richteten sich nicht gegen das abhängige, sondern gegen das herrschende Unternehmen, also die S. SE. Die Voraussetzungen für die Feststellung eines Drittrechtsverhältnisses lägen nicht vor.

7

Die dagegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde, mit der der Beschwerdeführer die Klageanträge zu 1 bis 8 weiterverfolgte und den Klageantrag zu 10 auf die Feststellung beschränkte, dass der Beklagten qualifizierte Nachteile zugefügt worden seien und ihr ein Anspruch auf Verlustausgleich analog § 302 AktG zustehe, wies der Bundesgerichtshof zurück.

II.

8

Der Beschwerdeführer wendet sich mit seiner Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Bundesgerichtshofs und das Urteil des Oberlandesgerichts. Er sieht sich vornehmlich in seinen Grundrechten aus Art. 14 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4, dem Anspruch auf Justizgewährung sowie in Art. 103 Abs. 1 GG verletzt.

9

Der Schutzbereich des Art. 14 GG sei betroffen und das Eigentumsgrundrecht durch die Entscheidungen der Fachgerichte verletzt, weil diese die bestehende Hauptversammlungskompetenz verkannt hätten. Ohne einen entsprechenden Hauptversammlungsbeschluss könnten die Voraussetzungen für eine angemessene Entschädigung der außenstehenden Aktionäre nicht geschaffen werden. Die S. SE habe die Kompetenz der Hauptversammlung umgangen, indem sie die S. AG ohne eine konzernrechtliche oder umwandlungsrechtliche Rechtsgrundlage in andere Konzernunternehmen beziehungsweise in die S. SE selbst integriert habe.

10

Die Fachgerichte hätten zudem die hier relevanten Justizgrundrechte aus Art. 19 Abs. 4 GG, ergänzend auch aus Art. 103 Abs. 1 GG, sowie aus dem allgemeinen Justizgewährleistungsanspruch und aus dem Rechtsstaatsprinzip verletzt. Da er, der Beschwerdeführer, keinen Zugang zu den Geschäftsunterlagen der beklagten S. AG gehabt habe, hätten die Fachgerichte dem mit Erleichterungen bei der Darlegungs- und Beweislast begegnen müssen.

11

Schließlich sei Art. 2 Abs. 1 GG verletzt. Die fachgerichtlichen Entscheidungen ließen außer Acht, dass der Privatautonomie Grenzen gesetzt seien; sie begründeten im Aktien- und Kapitalmarktrecht unverhohlen das Recht des Stärkeren. Damit seien zugleich auch Art. 6 Abs. 1 EMRK sowie Art. 1 des Ersten Zusatzprotokolls zur EMRK verletzt.

III.

12

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Voraussetzungen dafür nicht vorliegen (§ 93a Abs. 2 BVerfGG). Der Verfassungsbeschwerde kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu. Ihre Annahme ist auch nicht zur Durchsetzung der Grundrechte und grundrechtsgleichen Rechte des Beschwerdeführers angezeigt. Anhaltspunkte dafür, dass die angegriffenen Entscheidungen gegen die als verletzt gerügten verfassungsmäßigen Rechte des Beschwerdeführers verstoßen könnten, sind auf der Grundlage des Vorbringens der Verfassungsbeschwerde nicht ersichtlich.

13

1. Die Verfassungsbeschwerde genügt hinsichtlich der im fachgerichtlichen Verfahren gerügten Satzungsunterschreitung nicht den Anforderungen von § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1, § 92 BVerfGG. Ihre Begründung lässt insoweit die Möglichkeit einer Verletzung von Rechten im Sinne des § 90 Abs. 1 BVerfGG inhaltlich nachvollziehbar nicht erkennen. Sie enthält dazu nur pauschale Verweisungen auf frühere Schriftsätze und verkennt, dass es nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts ist, verfassungsrechtlich Relevantes aus den in Bezug genommenen und vorgelegten Schriftsätzen herauszusuchen (vgl. BVerfGE 80, 257 <263>; 83, 216 <228>).

14

2. Im Übrigen hat die Verfassungsbeschwerde in der Sache keine Aussicht auf Erfolg.

15

a) Eine Verletzung des Anteilseigentums des Beschwerdeführers (Art. 14 Abs. 1 GG) durch die Veräußerung der Sparte "Hoch- und Ingenieurbau" der Beklagten des Ausgangsverfahrens sowie die in Rede stehenden Umstrukturierungsmaßnahmen lässt sich nicht feststellen.

16

aa) Das Grundrecht auf Eigentum (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG) gewährleistet das in der Aktie verkörperte Anteilseigentum, das im Rahmen seiner gesellschaftsrechtlichen Ausgestaltung durch Privatnützigkeit und Verfügungsbefugnis gekennzeichnet ist (vgl. BVerfGE 25, 371 <407>; 50, 290 <339>; 100, 289 <301>). Der Schutz erstreckt sich auf die mitgliedschaftliche Stellung in einer Aktiengesellschaft, die das Aktieneigentum vermittelt. Aus dieser Stellung erwachsen dem Aktionär im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der Gesellschaftssatzung sowohl Leitungsbefugnisse als auch vermögensrechtliche Ansprüche (vgl. BVerfGE 14, 263 <276>; 100, 289 <301 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19. September 2007 - 1 BvR 2984/06 -, WM 2007, S. 2199 <2200>).

17

Die durch die Aktie vermittelten Leitungsbefugnisse des Aktionärs betreffen nach der gesetzlichen Kompetenzverteilung, die sich insoweit als verhältnismäßige Inhaltsbestimmung des Aktieneigentums erweist, nicht die Geschäftsführung. Die Geschäftsführung weist das Gesetz in § 76 Abs. 1 AktG ausschließlich dem Vorstand einer Aktiengesellschaft zu; gemäß § 119 Abs. 2 AktG ist die Befassung der Hauptversammlung mit Geschäftsführungsmaßnahmen nur auf Verlangen des Vorstands vorgesehen. In fachrichterlicher Rechtsfortbildung ist die Hauptversammlungszuständigkeit dahin erweitert worden, dass der Vorstand verpflichtet sein kann, bei schwerwiegenden Eingriffen in die Rechte und Interessen der Aktionäre eine Entscheidung der Hauptversammlung herbeizuführen (vgl. BGHZ 83, 122 <131 f.> - "Holzmüller"). In Anerkennung der gesetzlichen Kompetenzverteilung nimmt die fachgerichtliche Rechtsprechung bei einer von dem Vorstand in Aussicht genommenen Umstrukturierung der Gesellschaft eine die Hauptversammlungsbefassung gebietende wesentliche Beeinträchtigung der Mitwirkungsbefugnisse der Aktionäre aber erst dann an, wenn die wirtschaftliche Bedeutung der Maßnahme an die Kernkompetenz der Hauptversammlung rührt, über die Verfassung der Aktiengesellschaft zu bestimmen (vgl. BGHZ 159, 30 <44 f.> - "Gelatine I"; BGH, Beschluss vom 20. November 2006 - II ZR 226/05 -, juris).

18

bb) Das Oberlandesgericht hat mit vertretbaren Erwägungen festgestellt, dass unter Berücksichtigung dieser Kriterien die Veräußerung der Unternehmenssparte "Hoch- und Ingenieurbau" und die weiteren Umstrukturierungsmaßnahmen die Rechte des Beschwerdeführers nicht in diesem Sinne wesentlich beeinträchtigten und nicht die Grenze des § 179a AktG erreichten.

19

Unter den geschilderten Umständen ist es entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers auch von Verfassungs wegen im Lichte des Art. 14 Abs. 1 GG nicht geboten, zum Schutz von Minderheitsaktionären einfachrechtlich eine ungeschriebene Hauptversammlungskompetenz - unabhängig von der wirtschaftlichen Bedeutung der Maßnahme - stets schon dann anzunehmen, wenn ein Unternehmensteil veräußert wird. Die von Art. 14 Abs. 1 GG geschützte mitgliedschaftliche Komponente des Aktieneigentums wird durch die Veräußerung eines Unternehmensteils in der Regel nicht berührt, da eine Verkürzung der mitgliedschaftlichen Aktionärsrechte grundsätzlich nicht stattfindet. Ein etwa nachteiliger Einfluss auf die vermögensrechtliche Beteiligung an der Gesellschaft soll nach der gesetzgeberischen Wertung durch das Ausgleichssystem der §§ 311 ff. AktG entschädigt werden. Dieses System des Einzelausgleichs genügt grundsätzlich den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Der Gesetzgeber hat seiner Pflicht zum Schutz der Aktionärsrechte mit der Möglichkeit einer Schadensersatzklage gegen das herrschende Unternehmen genügt. Neben einem Schadensersatzanspruch der beherrschten Gesellschaft, den der einzelne Aktionär zu ihren Gunsten verfolgen kann, statuiert § 317 Abs. 1 Satz 2, Abs. 4 i.V.m. § 309 Abs. 4 AktG einen jedem einzelnen Aktionär zustehenden Schadensersatzanspruch gegen das herrschende Unternehmen. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers gebietet es der Grundrechtsschutz der Aktionäre nicht, dass der Aktionär darüber hinaus grundsätzlich ausgleichsfähige Nachteile, die innerhalb der Frist des § 311 AktG nicht ausgeglichen werden, für rechtswidrig erklären lassen kann. Die darauf gerichteten Anträge des Beschwerdeführers hat das Oberlandesgericht im Einklang mit der Wertung des Gesetzgebers für unzulässig gehalten. Da der nachteilige Einfluss des herrschenden Unternehmens sich in erster Linie auf die vermögensrechtliche Komponente des Aktieneigentums auswirkt, ist die von dem Gesetzgeber vorgesehene finanzielle Kompensation aus verfassungsrechtlicher Sicht geboten, aber auch ausreichend. Dies gilt jedenfalls solange, wie die Einflussnahme durch das herrschende Unternehmen nicht ein solches Ausmaß erreicht, dass das System des finanziellen Ausgleichs versagt.

20

Das Oberlandesgericht hat in seiner Entscheidung eine solche Fallgestaltung verneint und dabei die rechtlichen Grenzen des Einzelausgleichs nicht verkannt. Es hat ausdrücklich klargestellt, dass eine derart intensive Einwirkung der Konzernleitung, die das System des Einzelausgleichs außer Funktion setze, weil der Nachteil im Rahmen eines Einzelausgleichs nicht mehr bestimmbar sei, rechtmäßig nur auf der Grundlage eines Beherrschungsvertrages oder einer förmlichen Eingliederung zulässig sei.

21

Nach der ausführlich und sorgfältig begründeten, mindestens vertretbaren und deshalb verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden tatsächlichen Würdigung des Oberlandesgerichts war dies indessen nicht der Fall. Im Ergebnis hat die Beklagte eine Betriebssparte mit der damit zusammenhängenden Projektentwicklungsgesellschaft veräußert, die Rechtsabteilung und kaufmännische Verwaltungsaufgaben ausgelagert, die Verwaltung des Maschinenparks mit der Ed. AG zusammengelegt, ohne dabei jedoch das Eigentum an dem Maschinenpark aufzugeben, ist - unangegriffen schon vom Landgericht als nicht nachteilig eingestuft - in den konzernweiten Avalkredit einbezogen worden, hat ein Vorstandsmitglied der Beklagten ein Vorstandsmandat bei der S. SE übernommen und hat die Beklagte die D.-Beteiligung an die Ed. AG veräußert. Diese letzte Maßnahme hing nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts zumindest auch mit einem Fusionskontrollverfahren des Bundeskartellamts zusammen und ging nicht allein auf die Konzernierungsbestrebungen der S. SE zurück. Es lässt sich nicht feststellen, dass die dem Urteil des Oberlandesgerichts zugrundeliegende Wertung der Veräußerung der Sparte sowie der Umstrukturierungsmaßnahmen als jeweils dem Einzelausgleich gemäß § 311 AktG zugängliche Einflussnahmen und im Grundsatz zulässige faktische Konzernierungsmaßnahmen nicht haltbar und damit krass fehlerhaft wäre.

22

b) Ebensowenig sind der Justizgewährungsanspruch (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) und das Eigentumsgrundrecht (Art. 14 Abs. 1 GG) des Beschwerdeführers unter dem Gesichtspunkt verletzt, dass die Fachgerichte die Anforderungen an die ihn treffende Darlegungslast zu den durch die Geschäftsführungsmaßnahmen verursachten Nachteilen überspannt hätten.

23

Der objektive Gehalt der Grundrechte kann auch im Verfahrensrecht Bedeutung erlangen. Wie die Darlegungs- und Beweislast unter Beachtung verfassungsrechtlicher Positionen bei der Anwendung zivilrechtlicher Vorschriften zu beurteilen ist, lässt sich allerdings nicht allgemein festlegen. Das Zivilprozessrecht bietet aber für eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast geeignete Handhabe (vgl. BVerfGE 97,169 <179>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 6. Oktober 1999 - 1 BvR 2110/93 -, NJW 2000, S. 1483 <1484>). Darüber hinaus schützt die Verbürgung der Justizgewähr vor unzumutbarer Verkürzung des Anspruchs auf Durchsetzung des materiellen Rechts durch übermäßig strenge Anwendung verfahrensrechtlicher Schranken (vgl. BVerfGE 84, 366 <369 f.>). Eine solche von Verfassungs wegen unzulässige Verkürzung des Rechtsschutzes durch die vom Oberlandesgericht hier zu Grunde gelegte Darlegungs- und Beweislastverteilung ist nicht feststellbar.

24

Das Oberlandesgericht ist zutreffend von der allgemeingültigen, ungeschriebenen zivilprozessrechtlichen Grundregel ausgegangen, nach der jede Partei, die sich auf eine Rechtsfolge beruft, die Voraussetzungen des ihr günstigen Rechtssatzes darzulegen und zu beweisen hat. Hinsichtlich der Anforderungen an die Substantiierungspflicht entspricht es gesicherter höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass es vom Einzelfall abhängt, in welchem Maße die Partei ihr Vorbringen durch die Darlegung konkreter Einzeltatsachen substantiieren muss (vgl. nur BGH, Urteil vom 4. Juli 2000 - VI ZR 236/99 -, MDR 2000, S. 1392 <1393>; BGH, Beschluss vom 25. Juni 2008 - II ZR 133/07 -, WM 2008, S. 1873). Dem darlegungspflichtigen Anspruchsteller können Erleichterungen hinsichtlich seiner Substantiierungslast insbesondere dann gewährt werden, wenn der Gegner im Gegensatz zum Anspruchsteller die maßgebenden Tatsachen kennt und ihm die Darlegung des Sachverhalts zumutbar ist. Kommt er dieser Darlegungslast nicht nach, so hat dies zur Folge, dass das Vorbringen des Anspruchstellers auch insoweit, als dieses mangels Einblicks in den dem Gegner zugänglichen Geschehensbereich nicht den sonst zu stellenden Anforderungen genügt, gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden gilt (vgl. BGHZ 100, 190 <195 f.>; BGHZ 122, 123 <133> - "TBB", jeweils m.w.N.). Weder Art. 14 Abs. 1 GG noch die verfassungsrechtlich geschützten Rechte auf ein faires Verfahren und auf effektiven Rechtsschutz gebieten über diese in ständiger Rechtsprechung praktizierte Erleichterung der Darlegungs- und Beweislast hinaus eine generelle Abmilderung oder Umkehr für die hier vorliegende Fallgestaltung.

25

Unbeschadet dessen hat das Oberlandesgericht hier letztlich zugunsten des Beschwerdeführers in Anlehnung an die vom Bundesgerichtshof früher für die Haftung im sogenannten qualifiziert faktischen GmbH-Konzern aufgestellten Grundsätze unterstellt, dass der Beschwerdeführer nur Umstände darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen habe, die zumindest die Annahme nahegelegt hätten, bei der Unternehmensführung seien im Hinblick auf das Konzerninteresse die eigenen Belange der Beklagten des Ausgangsverfahrens über bestimmte, konkret ausgleichsfähige Einzeleingriffe hinaus beeinträchtigt worden (vgl. BGHZ 122, 123 <131> - "TBB"; vgl. auch BGH, Beschluss vom 25. Juni 2008 - II ZR 133/07 -, WM 2008, S. 1873; nachfolgend BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 8. April 2010 - 1 BvR 1473/09 -, AG 2010, S. 544). Damit hat das Oberlandesgericht dem Informationsgefälle zwischen Beschwerdeführer und beklagter Aktiengesellschaft im Ergebnis Rechnung getragen und die allgemeinen Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast abgesenkt. Weitergehendes war von Verfassungs wegen nicht geboten, denn insoweit ist die Bestimmung des genauen Maßes einer Vortrags- und Substantiierungspflicht Sache der Auslegung des einfachen Rechts durch die Fachgerichte und der Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich nicht zugänglich (stRspr; vgl. nur BVerfGE 18, 85 <92 f.>). In verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise hat das Oberlandesgericht den Vortrag des Beschwerdeführers dann für nicht ausreichend erachtet.

26

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

27

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

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(2) Ist der Ausgleich nicht während des Geschäftsjahrs tatsächlich erfolgt, so muß spätestens am Ende des Geschäftsjahrs, in dem der abhängigen Gesellschaft der Nachteil zugefügt worden ist, bestimmt werden, wann und durch welche Vorteile der Nachteil ausgeglichen werden soll. Auf die zum Ausgleich bestimmten Vorteile ist der abhängigen Gesellschaft ein Rechtsanspruch zu gewähren.

(3) Die §§ 111a bis 111c bleiben unberührt.

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(2) Hat eine abhängige Gesellschaft den Betrieb ihres Unternehmens dem herrschenden Unternehmen verpachtet oder sonst überlassen, so hat das herrschende Unternehmen jeden während der Vertragsdauer sonst entstehenden Jahresfehlbetrag auszugleichen, soweit die vereinbarte Gegenleistung das angemessene Entgelt nicht erreicht.

(3) Die Gesellschaft kann auf den Anspruch auf Ausgleich erst drei Jahre nach dem Tag, an dem die Eintragung der Beendigung des Vertrags in das Handelsregister nach § 10 des Handelsgesetzbuchs bekannt gemacht worden ist, verzichten oder sich über ihn vergleichen. Dies gilt nicht, wenn der Ausgleichspflichtige zahlungsunfähig ist und sich zur Abwendung des Insolvenzverfahrens mit seinen Gläubigern vergleicht oder wenn die Ersatzpflicht in einem Insolvenzplan oder Restrukturierungsplan geregelt wird. Der Verzicht oder Vergleich wird nur wirksam, wenn die außenstehenden Aktionäre durch Sonderbeschluß zustimmen und nicht eine Minderheit, deren Anteile zusammen den zehnten Teil des bei der Beschlußfassung vertretenen Grundkapitals erreichen, zur Niederschrift Widerspruch erhebt.

(4) Die Ansprüche aus diesen Vorschriften verjähren in zehn Jahren seit dem Tag, an dem die Eintragung der Beendigung des Vertrags in das Handelsregister nach § 10 des Handelsgesetzbuchs bekannt gemacht worden ist.

(1) Ein Gewinnabführungsvertrag muß einen angemessenen Ausgleich für die außenstehenden Aktionäre durch eine auf die Anteile am Grundkapital bezogene wiederkehrende Geldleistung (Ausgleichszahlung) vorsehen. Ein Beherrschungsvertrag muß, wenn die Gesellschaft nicht auch zur Abführung ihres ganzen Gewinns verpflichtet ist, den außenstehenden Aktionären als angemessenen Ausgleich einen bestimmten jährlichen Gewinnanteil nach der für die Ausgleichszahlung bestimmten Höhe garantieren. Von der Bestimmung eines angemessenen Ausgleichs kann nur abgesehen werden, wenn die Gesellschaft im Zeitpunkt der Beschlußfassung ihrer Hauptversammlung über den Vertrag keinen außenstehenden Aktionär hat.

(2) Als Ausgleichszahlung ist mindestens die jährliche Zahlung des Betrags zuzusichern, der nach der bisherigen Ertragslage der Gesellschaft und ihren künftigen Ertragsaussichten unter Berücksichtigung angemessener Abschreibungen und Wertberichtigungen, jedoch ohne Bildung anderer Gewinnrücklagen, voraussichtlich als durchschnittlicher Gewinnanteil auf die einzelne Aktie verteilt werden könnte. Ist der andere Vertragsteil eine Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien, so kann als Ausgleichszahlung auch die Zahlung des Betrags zugesichert werden, der unter Herstellung eines angemessenen Umrechnungsverhältnisses auf Aktien der anderen Gesellschaft jeweils als Gewinnanteil entfällt. Die Angemessenheit der Umrechnung bestimmt sich nach dem Verhältnis, in dem bei einer Verschmelzung auf eine Aktie der Gesellschaft Aktien der anderen Gesellschaft zu gewähren wären.

(3) Ein Vertrag, der entgegen Absatz 1 überhaupt keinen Ausgleich vorsieht, ist nichtig. Die Anfechtung des Beschlusses, durch den die Hauptversammlung der Gesellschaft dem Vertrag oder einer unter § 295 Abs. 2 fallenden Änderung des Vertrags zugestimmt hat, kann nicht auf § 243 Abs. 2 oder darauf gestützt werden, daß der im Vertrag bestimmte Ausgleich nicht angemessen ist. Ist der im Vertrag bestimmte Ausgleich nicht angemessen, so hat das in § 2 des Spruchverfahrensgesetzes bestimmte Gericht auf Antrag den vertraglich geschuldeten Ausgleich zu bestimmen, wobei es, wenn der Vertrag einen nach Absatz 2 Satz 2 berechneten Ausgleich vorsieht, den Ausgleich nach dieser Vorschrift zu bestimmen hat.

(4) Bestimmt das Gericht den Ausgleich, so kann der andere Vertragsteil den Vertrag binnen zwei Monaten nach Rechtskraft der Entscheidung ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen.

(1) Außer der Verpflichtung zum Ausgleich nach § 304 muß ein Beherrschungs- oder ein Gewinnabführungsvertrag die Verpflichtung des anderen Vertragsteils enthalten, auf Verlangen eines außenstehenden Aktionärs dessen Aktien gegen eine im Vertrag bestimmte angemessene Abfindung zu erwerben.

(2) Als Abfindung muß der Vertrag,

1.
wenn der andere Vertragsteil eine nicht abhängige und nicht in Mehrheitsbesitz stehende Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien mit Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist, die Gewährung eigener Aktien dieser Gesellschaft,
2.
wenn der andere Vertragsteil eine abhängige oder in Mehrheitsbesitz stehende Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien und das herrschende Unternehmen eine Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien mit Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist, entweder die Gewährung von Aktien der herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten Gesellschaft oder eine Barabfindung,
3.
in allen anderen Fällen eine Barabfindung
vorsehen.

(3) Werden als Abfindung Aktien einer anderen Gesellschaft gewährt, so ist die Abfindung als angemessen anzusehen, wenn die Aktien in dem Verhältnis gewährt werden, in dem bei einer Verschmelzung auf eine Aktie der Gesellschaft Aktien der anderen Gesellschaft zu gewähren wären, wobei Spitzenbeträge durch bare Zuzahlungen ausgeglichen werden können. Die angemessene Barabfindung muß die Verhältnisse der Gesellschaft im Zeitpunkt der Beschlußfassung ihrer Hauptversammlung über den Vertrag berücksichtigen. Sie ist nach Ablauf des Tages, an dem der Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag wirksam geworden ist, mit jährlich 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu verzinsen; die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(4) Die Verpflichtung zum Erwerb der Aktien kann befristet werden. Die Frist endet frühestens zwei Monate nach dem Tag, an dem die Eintragung des Bestehens des Vertrags im Handelsregister nach § 10 des Handelsgesetzbuchs bekannt gemacht worden ist. Ist ein Antrag auf Bestimmung des Ausgleichs oder der Abfindung durch das in § 2 des Spruchverfahrensgesetzes bestimmte Gericht gestellt worden, so endet die Frist frühestens zwei Monate nach dem Tag, an dem die Entscheidung über den zuletzt beschiedenen Antrag im Bundesanzeiger bekanntgemacht worden ist.

(5) Die Anfechtung des Beschlusses, durch den die Hauptversammlung der Gesellschaft dem Vertrag oder einer unter § 295 Abs. 2 fallenden Änderung des Vertrags zugestimmt hat, kann nicht darauf gestützt werden, daß der Vertrag keine angemessene Abfindung vorsieht. Sieht der Vertrag überhaupt keine oder eine den Absätzen 1 bis 3 nicht entsprechende Abfindung vor, so hat das in § 2 des Spruchverfahrensgesetzes bestimmte Gericht auf Antrag die vertraglich zu gewährende Abfindung zu bestimmen. Dabei hat es in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2, wenn der Vertrag die Gewährung von Aktien der herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten Gesellschaft vorsieht, das Verhältnis, in dem diese Aktien zu gewähren sind, wenn der Vertrag nicht die Gewährung von Aktien der herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten Gesellschaft vorsieht, die angemessene Barabfindung zu bestimmen. § 304 Abs. 4 gilt sinngemäß.

(1) Besteht ein Beherrschungs- oder ein Gewinnabführungsvertrag, so hat der andere Vertragsteil jeden während der Vertragsdauer sonst entstehenden Jahresfehlbetrag auszugleichen, soweit dieser nicht dadurch ausgeglichen wird, daß den anderen Gewinnrücklagen Beträge entnommen werden, die während der Vertragsdauer in sie eingestellt worden sind.

(2) Hat eine abhängige Gesellschaft den Betrieb ihres Unternehmens dem herrschenden Unternehmen verpachtet oder sonst überlassen, so hat das herrschende Unternehmen jeden während der Vertragsdauer sonst entstehenden Jahresfehlbetrag auszugleichen, soweit die vereinbarte Gegenleistung das angemessene Entgelt nicht erreicht.

(3) Die Gesellschaft kann auf den Anspruch auf Ausgleich erst drei Jahre nach dem Tag, an dem die Eintragung der Beendigung des Vertrags in das Handelsregister nach § 10 des Handelsgesetzbuchs bekannt gemacht worden ist, verzichten oder sich über ihn vergleichen. Dies gilt nicht, wenn der Ausgleichspflichtige zahlungsunfähig ist und sich zur Abwendung des Insolvenzverfahrens mit seinen Gläubigern vergleicht oder wenn die Ersatzpflicht in einem Insolvenzplan oder Restrukturierungsplan geregelt wird. Der Verzicht oder Vergleich wird nur wirksam, wenn die außenstehenden Aktionäre durch Sonderbeschluß zustimmen und nicht eine Minderheit, deren Anteile zusammen den zehnten Teil des bei der Beschlußfassung vertretenen Grundkapitals erreichen, zur Niederschrift Widerspruch erhebt.

(4) Die Ansprüche aus diesen Vorschriften verjähren in zehn Jahren seit dem Tag, an dem die Eintragung der Beendigung des Vertrags in das Handelsregister nach § 10 des Handelsgesetzbuchs bekannt gemacht worden ist.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Verfassungsbeschwerde bedarf der Annahme zur Entscheidung.

(2) Sie ist zur Entscheidung anzunehmen,

a)
soweit ihr grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt,
b)
wenn es zur Durchsetzung der in § 90 Abs. 1 genannten Rechte angezeigt ist; dies kann auch der Fall sein, wenn dem Beschwerdeführer durch die Versagung der Entscheidung zur Sache ein besonders schwerer Nachteil entsteht.

In der Begründung der Beschwerde sind das Recht, das verletzt sein soll, und die Handlung oder Unterlassung des Organs oder der Behörde, durch die der Beschwerdeführer sich verletzt fühlt, zu bezeichnen.

(1) Jedermann kann mit der Behauptung, durch die öffentliche Gewalt in einem seiner Grundrechte oder in einem seiner in Artikel 20 Abs. 4, Artikel 33, 38, 101, 103 und 104 des Grundgesetzes enthaltenen Rechte verletzt zu sein, die Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht erheben.

(2) Ist gegen die Verletzung der Rechtsweg zulässig, so kann die Verfassungsbeschwerde erst nach Erschöpfung des Rechtswegs erhoben werden. Das Bundesverfassungsgericht kann jedoch über eine vor Erschöpfung des Rechtswegs eingelegte Verfassungsbeschwerde sofort entscheiden, wenn sie von allgemeiner Bedeutung ist oder wenn dem Beschwerdeführer ein schwerer und unabwendbarer Nachteil entstünde, falls er zunächst auf den Rechtsweg verwiesen würde.

(3) Das Recht, eine Verfassungsbeschwerde an das Landesverfassungsgericht nach dem Recht der Landesverfassung zu erheben, bleibt unberührt.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Der Vorstand hat unter eigener Verantwortung die Gesellschaft zu leiten.

(2) Der Vorstand kann aus einer oder mehreren Personen bestehen. Bei Gesellschaften mit einem Grundkapital von mehr als drei Millionen Euro hat er aus mindestens zwei Personen zu bestehen, es sei denn, die Satzung bestimmt, daß er aus einer Person besteht. Die Vorschriften über die Bestellung eines Arbeitsdirektors bleiben unberührt.

(3) Mitglied des Vorstands kann nur eine natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Person sein. Mitglied des Vorstands kann nicht sein, wer

1.
als Betreuter bei der Besorgung seiner Vermögensangelegenheiten ganz oder teilweise einem Einwilligungsvorbehalt (§ 1825 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) unterliegt,
2.
aufgrund eines gerichtlichen Urteils oder einer vollziehbaren Entscheidung einer Verwaltungsbehörde einen Beruf, einen Berufszweig, ein Gewerbe oder einen Gewerbezweig nicht ausüben darf, sofern der Unternehmensgegenstand ganz oder teilweise mit dem Gegenstand des Verbots übereinstimmt,
3.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlich begangener Straftaten
a)
des Unterlassens der Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens (Insolvenzverschleppung),
b)
nach den §§ 283 bis 283d des Strafgesetzbuchs (Insolvenzstraftaten),
c)
der falschen Angaben nach § 399 dieses Gesetzes oder § 82 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung,
d)
der unrichtigen Darstellung nach § 400 dieses Gesetzes, § 331 des Handelsgesetzbuchs, § 346 des Umwandlungsgesetzes oder § 17 des Publizitätsgesetzes,
e)
nach den §§ 263 bis 264a oder den §§ 265b bis 266a des Strafgesetzbuchs zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr
verurteilt worden ist; dieser Ausschluss gilt für die Dauer von fünf Jahren seit der Rechtskraft des Urteils, wobei die Zeit nicht eingerechnet wird, in welcher der Täter auf behördliche Anordnung in einer Anstalt verwahrt worden ist.
Satz 2 Nummer 2 gilt entsprechend, wenn die Person in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum einem vergleichbaren Verbot unterliegt. Satz 2 Nr. 3 gilt entsprechend bei einer Verurteilung im Ausland wegen einer Tat, die mit den in Satz 2 Nr. 3 genannten Taten vergleichbar ist.

(3a) Besteht der Vorstand bei börsennotierten Gesellschaften, für die das Mitbestimmungsgesetz, das Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 801-2, veröffentlichten bereinigten Fassung – Montan-Mitbestimmungsgesetz – oder das Gesetz zur Ergänzung des Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 801-3, veröffentlichten bereinigten Fassung – Mitbestimmungsergänzungsgesetz – gilt, aus mehr als drei Personen, so muss mindestens eine Frau und mindestens ein Mann Mitglied des Vorstands sein. Eine Bestellung eines Vorstandsmitglieds unter Verstoß gegen dieses Beteiligungsgebot ist nichtig.

(4) Der Vorstand von Gesellschaften, die börsennotiert sind oder der Mitbestimmung unterliegen, legt für den Frauenanteil in den beiden Führungsebenen unterhalb des Vorstands Zielgrößen fest. Die Zielgrößen müssen den angestrebten Frauenanteil an der jeweiligen Führungsebene beschreiben und bei Angaben in Prozent vollen Personenzahlen entsprechen. Legt der Vorstand für den Frauenanteil auf einer der Führungsebenen die Zielgröße Null fest, so hat er diesen Beschluss klar und verständlich zu begründen. Die Begründung muss ausführlich die Erwägungen darlegen, die der Entscheidung zugrunde liegen. Liegt der Frauenanteil bei Festlegung der Zielgrößen unter 30 Prozent, so dürfen die Zielgrößen den jeweils erreichten Anteil nicht mehr unterschreiten. Gleichzeitig sind Fristen zur Erreichung der Zielgrößen festzulegen. Die Fristen dürfen jeweils nicht länger als fünf Jahre sein.

(1) Die Hauptversammlung beschließt in den im Gesetz und in der Satzung ausdrücklich bestimmten Fällen, namentlich über

1.
die Bestellung der Mitglieder des Aufsichtsrats, soweit sie nicht in den Aufsichtsrat zu entsenden oder als Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer nach dem Mitbestimmungsgesetz, dem Mitbestimmungsergänzungsgesetz, dem Drittelbeteiligungsgesetz, dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung oder dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei grenzüberschreitendem Formwechsel und grenzüberschreitender Spaltung zu wählen sind;
2.
die Verwendung des Bilanzgewinns;
3.
das Vergütungssystem und den Vergütungsbericht für Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats der börsennotierten Gesellschaft;
4.
die Entlastung der Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats;
5.
die Bestellung des Abschlußprüfers;
6.
Satzungsänderungen;
7.
Maßnahmen der Kapitalbeschaffung und der Kapitalherabsetzung;
8.
die Bestellung von Prüfern zur Prüfung von Vorgängen bei der Gründung oder der Geschäftsführung;
9.
die Auflösung der Gesellschaft.

(2) Über Fragen der Geschäftsführung kann die Hauptversammlung nur entscheiden, wenn der Vorstand es verlangt.

Abschrift

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 226/05
vom
20. November 2006
in dem Rechtsstreit
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly, Kraemer,
Prof. Dr. Gehrlein und Dr. Reichart

beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 13. Juli 2005 wird zurückgewiesen, weil keiner der im Gesetz (§ 543 Abs. 2 ZPO) vorgesehenen Gründe vorliegt, nach denen der Senat die Revision zulassen darf. Der Rechtsstreit der Parteien hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert er eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Ein Mediatisierungseffekt - wie in den Fällen der sog. Gelatine-Rechtsprechung (vgl. BGHZ 83, 122 f. - Holzmüller -; BGHZ 159, 30 - Gelatine -) - ist bei der hier vorliegenden Beteiligungsveräußerung nicht gegeben; die Grenze des § 179 a AktG wird nach den revisionsrechtlich einwandfreien Feststellungen des Berufungsgerichts nicht überschritten. Der Senat hat die Verfahrensrügen geprüft und für nicht durchgreifend erachtet. Von einer näheren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbsatz ZPO abgesehen. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 97 ZPO). Streitwert: 200.000,00 € Goette Kurzwelly Kraemer Gehrlein Reichart
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 24.11.2004 - 37 O 120/04 KfH -

(1) Ein Vertrag, durch den sich eine Aktiengesellschaft zur Übertragung des ganzen Gesellschaftsvermögens verpflichtet, ohne daß die Übertragung unter die Vorschriften des Umwandlungsgesetzes fällt, bedarf auch dann eines Beschlusses der Hauptversammlung nach § 179, wenn damit nicht eine Änderung des Unternehmensgegenstandes verbunden ist. Die Satzung kann nur eine größere Kapitalmehrheit bestimmen.

(2) Der Vertrag ist von der Einberufung der Hauptversammlung an, die über die Zustimmung beschließen soll, in dem Geschäftsraum der Gesellschaft zur Einsicht der Aktionäre auszulegen. Auf Verlangen ist jedem Aktionär unverzüglich eine Abschrift zu erteilen. Die Verpflichtungen nach den Sätzen 1 und 2 entfallen, wenn der Vertrag für denselben Zeitraum über die Internetseite der Gesellschaft zugänglich ist. In der Hauptversammlung ist der Vertrag zugänglich zu machen. Der Vorstand hat ihn zu Beginn der Verhandlung zu erläutern. Der Niederschrift ist er als Anlage beizufügen.

(3) Wird aus Anlaß der Übertragung des Gesellschaftsvermögens die Gesellschaft aufgelöst, so ist der Anmeldung der Auflösung der Vertrag in Ausfertigung oder öffentlich beglaubigter Abschrift beizufügen.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Besteht ein Beherrschungsvertrag, so haben die gesetzlichen Vertreter (beim Einzelkaufmann der Inhaber) des herrschenden Unternehmens gegenüber der Gesellschaft bei der Erteilung von Weisungen an diese die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden.

(2) Verletzen sie ihre Pflichten, so sind sie der Gesellschaft zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens als Gesamtschuldner verpflichtet. Ist streitig, ob sie die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters angewandt haben, so trifft sie die Beweislast.

(3) Die Gesellschaft kann erst drei Jahre nach der Entstehung des Anspruchs und nur dann auf Ersatzansprüche verzichten oder sich über sie vergleichen, wenn die außenstehenden Aktionäre durch Sonderbeschluß zustimmen und nicht eine Minderheit, deren Anteile zusammen den zehnten Teil des bei der Beschlußfassung vertretenen Grundkapitals erreichen, zur Niederschrift Widerspruch erhebt. Die zeitliche Beschränkung gilt nicht, wenn der Ersatzpflichtige zahlungsunfähig ist und sich zur Abwendung des Insolvenzverfahrens mit seinen Gläubigern vergleicht oder wenn die Ersatzpflicht in einem Insolvenzplan geregelt wird.

(4) Der Ersatzanspruch der Gesellschaft kann auch von jedem Aktionär geltend gemacht werden. Der Aktionär kann jedoch nur Leistung an die Gesellschaft fordern. Der Ersatzanspruch kann ferner von den Gläubigern der Gesellschaft geltend gemacht werden, soweit sie von dieser keine Befriedigung erlangen können. Den Gläubigern gegenüber wird die Ersatzpflicht durch einen Verzicht oder Vergleich der Gesellschaft nicht ausgeschlossen. Ist über das Vermögen der Gesellschaft das Insolvenzverfahren eröffnet, so übt während dessen Dauer der Insolvenzverwalter oder der Sachwalter das Recht der Aktionäre und Gläubiger, den Ersatzanspruch der Gesellschaft geltend zu machen, aus.

(5) Die Ansprüche aus diesen Vorschriften verjähren in fünf Jahren.

(1) Besteht kein Beherrschungsvertrag, so darf ein herrschendes Unternehmen seinen Einfluß nicht dazu benutzen, eine abhängige Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien zu veranlassen, ein für sie nachteiliges Rechtsgeschäft vorzunehmen oder Maßnahmen zu ihrem Nachteil zu treffen oder zu unterlassen, es sei denn, daß die Nachteile ausgeglichen werden.

(2) Ist der Ausgleich nicht während des Geschäftsjahrs tatsächlich erfolgt, so muß spätestens am Ende des Geschäftsjahrs, in dem der abhängigen Gesellschaft der Nachteil zugefügt worden ist, bestimmt werden, wann und durch welche Vorteile der Nachteil ausgeglichen werden soll. Auf die zum Ausgleich bestimmten Vorteile ist der abhängigen Gesellschaft ein Rechtsanspruch zu gewähren.

(3) Die §§ 111a bis 111c bleiben unberührt.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 133/07
vom
25. Juni 2008
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der herrschende Aktionär unterliegt gegenüber der abhängigen Gesellschaft jedenfalls
dann keinem - von Minderheitsaktionären verfolgbaren - (ungeschriebenen
) aktienrechtlichen Wettbewerbsverbot, wenn die Wettbewerbssituation bereits
vor Erwerb der Mehrheitsbeteiligung bestanden hat.
BGH, Beschluss vom 25. Juni 2008 - II ZR 133/07 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 25. Juni 2008 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly,
Dr. Strohn, Dr. Reichart und Dr. Drescher

beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 30. Mai 2007 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Gründe:

1
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unbegründet, weil keiner der im Gesetz (§ 543 Abs. 2 ZPO) vorgesehenen Gründe vorliegt, nach denen der Senat die Revision zulassen darf. Der Rechtsstreit der Parteien hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert er eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.
2
Das Berufungsurteil wirft entgegen der Ansicht der Klägerin keine entscheidungserheblichen , höchstrichterlich klärungsbedürftigen Fragen zum Aktienkonzernrecht - speziell zu etwaigen Unterlassungs- oder Beseitigungsansprüchen des Minderheits- gegen den Mehrheitsaktionär und zu einem etwaigen ungeschriebenen Wettbewerbsverbot zu Lasten des herrschenden Mehrheitsaktionärs im (qualifiziert) faktischen Konzern - auf und ist insoweit auch frei von zulassungsrelevanten, das rechtliche Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG betreffenden Verfahrensfehlern.
3
I. Mit Recht hat das Berufungsgericht die zwischen den Parteien umstrittene Frage offen gelassen, ob im Aktienrecht angesichts der besonderen gesetzlichen Regelungen und Wertungen zum faktischen Konzern (§§ 311 ff. AktG) überhaupt unter dem Blickwinkel einer sog. qualifiziert faktischen Konzernierung bzw. allgemeiner treuerechtlicher Erwägungen Raum für - hier von der Klägerin geltend gemachte - spezielle Unterlassungs- oder Beseitigungsansprüche des Minderheitsaktionärs gegen das herrschende Unternehmen und zugleich gegen die abhängige Gesellschaft sein kann (vgl. dazu nur: Lutter, ZHR 162 [1998], 165, 173; Röhricht in Hdb Corporate Governance, 530 f.; Kropff in MünchKommAktG vor § 311 Rdn. 6 ff.; Hüffer in Festschrift Röhricht, S. 251, 258 - jew. m. umfangreichen Nachweisen z. Meinungsstand); denn nach den revisionsrechtlich einwandfreien tatrichterlichen Feststellungen hat die Klägerin jedenfalls nicht der ihr in einem solchen besonderen konzernrechtlichen Konfliktfall obliegenden Darlegungslast zur behaupteten (missbräuchlichen ) Nachteils- bzw. Schadenszufügung als Folge der mit den Haupt- und Hilfsanträgen im Einzelnen bekämpften "Konzernierungsmaßnahmen" genügt.
4
1. Höchstrichterlich klärungsbedürftige Grundsatzfragen sind insoweit nicht berührt. Das Berufungsgericht ist vielmehr zutreffend von der allgemeingültigen ungeschriebenen Grundregel der Darlegungs- und Beweislast ausgegangen , nach der jede Partei, die den Eintritt einer Rechtsfolge geltend macht, die Voraussetzungen des ihr günstigen Rechtssatzes darzulegen und zu beweisen hat. Hinsichtlich der Anforderungen an die Substantiierungspflicht entspricht es gesicherter höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass es vom Einzelfall abhängt, in welchem Maße die Partei ihr Vorbringen durch die Darlegung konkreter Einzeltatsachen (weiter) substantiieren muss (vgl. nur BGH, Urt. v. 4. Juli 2000 - VI ZR 236/99, NJW 2000, 3286 f.); ein solcher Fall weitergehender Substantiierungspflicht liegt insbesondere dann vor, wenn - wie hier - der Gegenvortrag dazu Anlass bietet. Von diesen allgemeinen Grundsätzen der Darle- gungs- und Beweislast ist das Berufungsgericht im vorliegenden Fall rechtsfehlerfrei ausgegangen.
5
2. Dass im faktischen Aktienrechtskonzern im Rahmen der Ansprüche aus §§ 317, 311 AktG die abhängige Gesellschaft grundsätzlich die Darlegungs - und Beweislast für das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 317 Abs. 1 AktG und damit insbesondere auch für die - hier von der Klägerin behauptete - kompensationslose Nachteils- bzw. Schadenszufügung trifft, unterliegt keinem Zweifel (vgl. nur Kropff aaO § 317 Rdn. 72; Hüffer, AktG 8. Aufl. § 317 Rdn. 12 - jew. m.w.Nachw.); hinsichtlich des Verfolgungsrechts der Aktionäre - wie hier der Klägerin - der abhängigen Gesellschaft bestehen im faktischen Konzern gemäß §§ 317 Abs. 4, 318 Abs. 4 AktG keine Abweichungen , weil die Ersatzansprüche der abhängigen Gesellschaft auch Streitgegenstand im Rahmen der besonderen Anspruchsverfolgung nach § 309 Abs. 4 Satz 1 AktG bleiben. Dies gilt - wovon das Berufungsgericht mit Recht ausgegangen ist - auch dann, wenn - wie hier - die Klägerin aus diesen Vorschriften oder aus angeblicher qualifizierter Konzernierung im Hinblick auf besondere Treupflichtgesichtspunkte nicht nur gegen die Beklagte zu 2 als Konzernherrin hinsichtlich diverser bestimmt bezeichneter Strukturmaßnahmen vorgeht (Klageanträge zu 6, 15, 28 und 29), sondern deren Unterlassung (Klageanträge zu 1-5 und 8-14), hilfsweise Beseitigung (Anträge zu 16-27) auch von der Beklagten zu 1 als abhängiger Gesellschaft fordert. Wie schon aus der Formulierung der zahlreichen Klageanträge hervorgeht, geht es nach den zutreffenden Feststellungen des Berufungsgerichts - anders als die Klägerin unter Berufung auf das von ihr vorgelegte Privatgutachten meint - insoweit nicht um eine sog. Waschkorblage, bei der eventuell die Darlegungslast der Klägerin in Bezug auf die Konkretisierung ausnahmsweise geringer wäre.
6
2. Im Übrigen folgt entgegen der Ansicht der Klägerin aus der früheren Senatsrechtsprechung zum qualifiziert faktischen GmbH-Konzern (vgl. dazu: BGHZ 122, 123 - TBB; aufgegeben seit BGHZ 149, 10 - Bremer Vulkan; zum neuen Haftungskonzept der Existenzvernichtungshaftung aus § 826 BGB: BGH, Urt. v. 16. Juli 2007 - II ZR 3/04, ZIP 2007, 1552 - TRIHOTEL, z.V.b. in BGHZ 173, 246) in Bezug auf die Darlegungs- und Beweislast - sofern diese Grundsätze überhaupt sinngemäß auf den Konflikt zwischen Aktionärsminderheit und -mehrheit im sog. qualifiziert faktischen Aktienrechtskonzern übertragbar sind - nichts anderes. Auch nach jenen - überholten - Rechtsprechungsgrundsätzen oblag den klagenden (außenstehenden) Gläubigern grundsätzlich die Darlegungs - und Beweislast für die objektiv missbräuchliche Beeinträchtigung der Belange der Gesellschaft durch eine - nicht dem Einzelausgleich zugängliche - Nachteilszufügung (BGHZ 122 aaO); mit Recht hat das Berufungsgericht es abgelehnt, auf der Grundlage dieses - nur hypothetischen - Ansatzes die vom Senat in jener Entscheidung zugunsten außenstehender Gläubiger für möglich erachteten Substantiierungserleichterungen im vorliegenden Fall der Klägerin als „Insiderin“ mit einer Beteiligungsquote ca. 42,7 % im Konflikt mit der herrschenden Aktionärin und der beherrschten Gesellschaft zugute kommen zu lassen.
7
3. In Anwendung dieser Darlegungs- und Beweislastgrundsätze hat das Berufungsgericht in einwandfreier tatrichterlicher Würdigung angenommen, dass der Sachvortrag der Klägerin schon in erster Instanz unsubstantiiert war, weil er sich darauf beschränkte, lediglich die - nie ganz auszuschließende - abstrakte Gefahr von Nachteilen für die Beklagte zu 1 durch die geplanten bzw. durchgeführten Maßnahmen darzustellen. Die weitere Annahme, es wäre angesichts des umfangreichen, detaillierten Gegenvortrags der Beklagten zur Vorteilhaftigkeit der Maßnahmen erforderlich gewesen, zumindest konkrete Anhaltspunkte darzulegen und ggf. unter Beweis zu stellen, die die Annahme nahe gelegt hätten, dass bei der Unternehmensführung im Hinblick auf das Konzerninteresse die Belange der abhängigen Gesellschaft über bestimmte, konkret ausgleichsfähige Einzelmaßnahmen hinaus beeinträchtigt worden seien, ist revisionsrechtlich ebenso wenig zu beanstanden wie die abschließende Feststellung , auch in zweiter Instanz habe die Klägerin ihrer diesbezüglichen Darlegungslast nicht genügt.
8
Angesichts der detaillierten Auseinandersetzung des Berufungsgerichts mit den in den einzelnen Klageanträgen genannten Umstrukturierungsmaßnahmen kann - entgegen der Behauptung der Klägerin - keine Rede davon sein, dass etwa das Berufungsgericht sich unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG nicht hinreichend mit dem konkreten Sachverhalt auseinandergesetzt hätte. Mit dem wiederholten Vorbringen der Klägerin, es liege eine Ausrichtung der beklagten abhängigen Gesellschaft auf das Konzerninteresse vor, lässt sich die einwandfreie Wertung des Berufungsgerichts nicht in Frage stellen, weil allein mit einer solchen pauschalen Behauptung nicht - wie erforderlich - ein konkreter Nachteil im Einzelnen substantiiert vorgetragen worden ist.
9
4. Soweit sich die Beschwerde mit vier angeblich unzulässigen "Maßnahmen" (Bewertungsänderung, Geschäftsreisen, angebliche Führung der Gesellschaft als unselbständige Betriebsabteilung, Überwachung des Leistungsverkehrs mit dem S. -Konzern) befasst, vermag sie kein Übergehen ihres Parteivortrags in den Tatsacheninstanzen aufzuzeigen, weil das Berufungsgericht diese Umstände - die im Übrigen nicht unmittelbar von den Klageanträgen erfasst, sondern nur zweitinstanzlich ergänzend zur Begründung "nachgeschoben" worden sind - in seine Gesamtschau einbezogen hat.
10
5. Unbegründet ist auch die auf Art. 103 Abs. 1 GG gestützte Gehörsrüge , soweit sie sich auf die vermeintliche Nichtzurkenntnisnahme des von der Klägerin vorgelegten Rechtsgutachtens durch das Berufungsgericht bezieht. Es ist kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass das Berufungsgericht die umfänglichen Ausführungen des Privatgutachtens etwa nicht zur Kenntnis genommen oder nicht erwogen hätte. Vielmehr hat es, soweit es für seine Entscheidung darauf ankam, dessen wesentliche Argumente berücksichtigt und gewürdigt, aber nicht für überzeugend erachtet; so hat es etwa im Rahmen des Wettbewerbsverbots bei der Darstellung des Sach- und Streitstandes auch die vom Privatgutachter u.a. in einem Aufsatz geäußerte Rechtsmeinung zitiert. Im Übrigen musste das Berufungsgericht nicht ausdrücklich auf das Privatgutachten, das keinen neuen bzw. ergänzenden Tatsachenvortrag enthielt, eingehen.
11
II. Auch hinsichtlich des insbesondere mit dem Klageantrag zu 7 verfolgten Wettbewerbsverbots gegen die Beklagte zu 2 besteht kein Zulassungsgrund. Entgegen der Ansicht der Klägerin stellt sich nicht in entscheidungserheblicher Weise die rechtsgrundsätzliche Frage, ob der Mehrheitsaktionär einer Aktiengesellschaft, der mit dieser keinen Unternehmensvertrag abgeschlossen, aber faktisch die Unternehmensleitung übernommen hat, zu ihr in Wettbewerb treten darf, wenn ein Minderheitsaktionär dem widerspricht.
12
1. Allerdings argumentiert die Klägerin nicht - wie das Berufungsgericht in einer ergänzenden, freilich missverständlichen Begründung gemeint hat - widersprüchlich, wenn sie die Unterlassung der Umgliederung fordert und sich damit insbesondere auch gegen die Übernahme der Hoch- und Ingenieurbauorganisation von der S. AG sperrt, andererseits aber gerade in diesem Marktsegment Wettbewerbsverstöße befürchtet.
13
Die Entscheidung des Berufungsgerichts zur Abweisung der begehrten Wettbewerbsuntersagung gegenüber der Beklagten zu 2 wird aber, ohne dass insoweit Grundsatzfragen in entscheidungserheblicher Weise berührt werden, von seiner im Ergebnis richtigen - wenngleich knappen - Hauptbegründung getragen , dass „der Verletzung eines etwaigen Wettbewerbsverbots auf tatsächlicher Ebene entgegensteht, dass die Sparten Hoch- und Ingenieurbau einerseits und Straßenbau andererseits getrennt werden“. Mit dieser richtigen Erwägung knüpft das Berufungsgericht ersichtlich an die zuvor von ihm ausgesprochene Abweisung aller übrigen, gegen die entweder geplanten und kurz bevorstehenden oder bereits durchgeführten Umstrukturierungsmaßnahmen einschließlich der (die "Wettbewerbssituation" beendenden) Spartentrennung gerichteten Haupt- und Hilfsanträge an. In beiden tatsächlichen Konstellationen kann die Klägerin kein - etwaiges - ungeschriebenes Wettbewerbsverbot gegen die herrschende Aktionärin durchsetzen.
14
a) Sind die Maßnahmen bereits vollzogen worden - wie die Beklagte vorträgt -, so kann im Anschluss an die Abweisung der vorbeugenden Unterlassungs - und der hilfsweise gestellten Beseitigungsanträge infolge der dann zulässigen "Spartentrennung" kein - etwa unzulässiger - Wettbewerb durch den herrschenden Aktionär mehr stattfinden; die von der Beklagten dargestellten, etwa verbleibenden geringfügigen Randbereiche sind insoweit zu vernachlässigen.
15
b) Ist hingegen - wie die Klägerin in den Tatsacheninstanzen vorgetragen hat - die zum Wegfall des Wettbewerbs führende Spartentrennung zwar bereits beschlossen, aber noch nicht (vollständig) vollzogen, so ist die Klägerin nach Abweisung der auch hiergegen gerichteten vorbeugenden Unterlassungs- und der Beseitigungsanträge jedenfalls unter dem Blickwinkel eines Verstoßes gegen § 242 BGB gehindert, ein - dann nur temporäres - Wettbewerbsverbot auf dem Klageweg durchzusetzen.
16
2. Im Übrigen bedarf die von der Klägerin aufgeworfene Grundsatzfrage, ob der herrschende Aktionär im faktischen Konzern Adressat eines ungeschriebenen , lediglich auf Treuepflichtaspekte gestützten Wettbewerbsverbots sein kann, jedenfalls aus Anlass des vorliegenden Falles auch deshalb keiner allgemeingültigen Grundsatzentscheidung, weil hier die Konkurrenzsituation zu der Beklagten zu 2 bzw. dem von ihr beherrschten S. -Konzern bereits zur Zeit der früheren Zugehörigkeit der Beklagten zu 1 zur W. AG und damit lange Zeit vor dem Erwerb der Mehrheitsbeteiligung durch die Beklagte zu 2 aus der Insolvenz der W. AG heraus bestanden hat. Nach Auffassung des Senats scheidet in einer derartigen Fallkonstellation einer bereits zuvor bestehenden Konkurrenzsituation ein - auf eine angebliche Treupflicht gestütztes - Wettbewerbsverbot zu Lasten des "neuen" Mehrheitsaktionärs schon im Ansatz aus.
17
Ein aktienrechtliches Wettbewerbsverbot zu Lasten eines bereits bestehenden , nunmehr die Mehrheit erwerbenden Wettbewerbers, das eine konzernverhindernde Wirkung entfalten würde, ist dem geltenden Aktiengesetz fremd. Dieses sieht im Gegenteil Abhängigkeit und faktische Konzernierung als zulässige Formen der Unternehmensverbindung an und wirkt den Konzerngefahren nicht durch eine präventive Kontrolle, sondern durch die verhaltensorientierte Regelung der §§ 311 ff. AktG entgegen; über diese grundsätzliche Konzernoffenheit der Aktiengesellschaft hinaus spricht nicht zuletzt die Weisungsfreiheit des Vorstands auch im faktischen Aktienkonzern gegen ein derart umfassendes "konzernverhinderndes" Wettbewerbsverbot (vgl. hierzu eingehend Hüffer, Festschrift Röhricht, S. 251 ff.; Röhricht aaO S. 530 ff.; Lutter, ZHR aaO S. 173; Kropff aaO vor § 311 Rdn. 65). Selbst Treupflichtaspekte können zur Begründung eines solchen Verbots mit Beginn der Konzernierung bei bereits zuvor bestehendem Wettbewerb nicht herangezogen werden, weil die bloße Aufrechterhaltung des „status quo ante“ insoweit grundsätzlich wertneutral ist. Un- ter Wertungsaspekten kann vielmehr grundsätzlich dem "neuen" herrschenden Unternehmen nicht zugemutet werden, sich von Geschäftsfeldern zurückzuziehen , auf denen es bereits vorher - in zulässiger Konkurrenz zu der von ihm jetzt beherrschten Gesellschaft - tätig war (vgl. hierzu bereits Wiedemann/Hirte, ZGR 1986, 163, 171 f.).
18
III. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbsatz ZPO abgesehen.
19
IV. Streitwert: 2,5 Mio. € (Klageanträge zu 1-5, 8-14, 16-27, 30 gegenüber der Beklagten zu 1 sowie Klageanträge zu 6, 15, 28 gegenüber der Beklagten zu 2 wegen wirtschaftlicher Identität: 2 Mio. €; weitergehende Anträge zu 7 [Wettbewerbsverbot] und zu 29 [Rückabwicklungskosten] nur gegenüber der Beklagten zu 2: zusätzlich 500.000,00 €). Goette Kurzwelly Strohn Reichart Drescher
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 16.08.2006 - 39 O 80/06 KfH -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 30.05.2007 - 20 U 12/06 -

(1) Die Parteien haben ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben.

(2) Jede Partei hat sich über die von dem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.

(3) Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wenn nicht die Absicht, sie bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht.

(4) Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 133/07
vom
25. Juni 2008
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der herrschende Aktionär unterliegt gegenüber der abhängigen Gesellschaft jedenfalls
dann keinem - von Minderheitsaktionären verfolgbaren - (ungeschriebenen
) aktienrechtlichen Wettbewerbsverbot, wenn die Wettbewerbssituation bereits
vor Erwerb der Mehrheitsbeteiligung bestanden hat.
BGH, Beschluss vom 25. Juni 2008 - II ZR 133/07 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 25. Juni 2008 durch
den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Dr. Kurzwelly,
Dr. Strohn, Dr. Reichart und Dr. Drescher

beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 30. Mai 2007 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Gründe:

1
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unbegründet, weil keiner der im Gesetz (§ 543 Abs. 2 ZPO) vorgesehenen Gründe vorliegt, nach denen der Senat die Revision zulassen darf. Der Rechtsstreit der Parteien hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert er eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.
2
Das Berufungsurteil wirft entgegen der Ansicht der Klägerin keine entscheidungserheblichen , höchstrichterlich klärungsbedürftigen Fragen zum Aktienkonzernrecht - speziell zu etwaigen Unterlassungs- oder Beseitigungsansprüchen des Minderheits- gegen den Mehrheitsaktionär und zu einem etwaigen ungeschriebenen Wettbewerbsverbot zu Lasten des herrschenden Mehrheitsaktionärs im (qualifiziert) faktischen Konzern - auf und ist insoweit auch frei von zulassungsrelevanten, das rechtliche Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG betreffenden Verfahrensfehlern.
3
I. Mit Recht hat das Berufungsgericht die zwischen den Parteien umstrittene Frage offen gelassen, ob im Aktienrecht angesichts der besonderen gesetzlichen Regelungen und Wertungen zum faktischen Konzern (§§ 311 ff. AktG) überhaupt unter dem Blickwinkel einer sog. qualifiziert faktischen Konzernierung bzw. allgemeiner treuerechtlicher Erwägungen Raum für - hier von der Klägerin geltend gemachte - spezielle Unterlassungs- oder Beseitigungsansprüche des Minderheitsaktionärs gegen das herrschende Unternehmen und zugleich gegen die abhängige Gesellschaft sein kann (vgl. dazu nur: Lutter, ZHR 162 [1998], 165, 173; Röhricht in Hdb Corporate Governance, 530 f.; Kropff in MünchKommAktG vor § 311 Rdn. 6 ff.; Hüffer in Festschrift Röhricht, S. 251, 258 - jew. m. umfangreichen Nachweisen z. Meinungsstand); denn nach den revisionsrechtlich einwandfreien tatrichterlichen Feststellungen hat die Klägerin jedenfalls nicht der ihr in einem solchen besonderen konzernrechtlichen Konfliktfall obliegenden Darlegungslast zur behaupteten (missbräuchlichen ) Nachteils- bzw. Schadenszufügung als Folge der mit den Haupt- und Hilfsanträgen im Einzelnen bekämpften "Konzernierungsmaßnahmen" genügt.
4
1. Höchstrichterlich klärungsbedürftige Grundsatzfragen sind insoweit nicht berührt. Das Berufungsgericht ist vielmehr zutreffend von der allgemeingültigen ungeschriebenen Grundregel der Darlegungs- und Beweislast ausgegangen , nach der jede Partei, die den Eintritt einer Rechtsfolge geltend macht, die Voraussetzungen des ihr günstigen Rechtssatzes darzulegen und zu beweisen hat. Hinsichtlich der Anforderungen an die Substantiierungspflicht entspricht es gesicherter höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass es vom Einzelfall abhängt, in welchem Maße die Partei ihr Vorbringen durch die Darlegung konkreter Einzeltatsachen (weiter) substantiieren muss (vgl. nur BGH, Urt. v. 4. Juli 2000 - VI ZR 236/99, NJW 2000, 3286 f.); ein solcher Fall weitergehender Substantiierungspflicht liegt insbesondere dann vor, wenn - wie hier - der Gegenvortrag dazu Anlass bietet. Von diesen allgemeinen Grundsätzen der Darle- gungs- und Beweislast ist das Berufungsgericht im vorliegenden Fall rechtsfehlerfrei ausgegangen.
5
2. Dass im faktischen Aktienrechtskonzern im Rahmen der Ansprüche aus §§ 317, 311 AktG die abhängige Gesellschaft grundsätzlich die Darlegungs - und Beweislast für das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 317 Abs. 1 AktG und damit insbesondere auch für die - hier von der Klägerin behauptete - kompensationslose Nachteils- bzw. Schadenszufügung trifft, unterliegt keinem Zweifel (vgl. nur Kropff aaO § 317 Rdn. 72; Hüffer, AktG 8. Aufl. § 317 Rdn. 12 - jew. m.w.Nachw.); hinsichtlich des Verfolgungsrechts der Aktionäre - wie hier der Klägerin - der abhängigen Gesellschaft bestehen im faktischen Konzern gemäß §§ 317 Abs. 4, 318 Abs. 4 AktG keine Abweichungen , weil die Ersatzansprüche der abhängigen Gesellschaft auch Streitgegenstand im Rahmen der besonderen Anspruchsverfolgung nach § 309 Abs. 4 Satz 1 AktG bleiben. Dies gilt - wovon das Berufungsgericht mit Recht ausgegangen ist - auch dann, wenn - wie hier - die Klägerin aus diesen Vorschriften oder aus angeblicher qualifizierter Konzernierung im Hinblick auf besondere Treupflichtgesichtspunkte nicht nur gegen die Beklagte zu 2 als Konzernherrin hinsichtlich diverser bestimmt bezeichneter Strukturmaßnahmen vorgeht (Klageanträge zu 6, 15, 28 und 29), sondern deren Unterlassung (Klageanträge zu 1-5 und 8-14), hilfsweise Beseitigung (Anträge zu 16-27) auch von der Beklagten zu 1 als abhängiger Gesellschaft fordert. Wie schon aus der Formulierung der zahlreichen Klageanträge hervorgeht, geht es nach den zutreffenden Feststellungen des Berufungsgerichts - anders als die Klägerin unter Berufung auf das von ihr vorgelegte Privatgutachten meint - insoweit nicht um eine sog. Waschkorblage, bei der eventuell die Darlegungslast der Klägerin in Bezug auf die Konkretisierung ausnahmsweise geringer wäre.
6
2. Im Übrigen folgt entgegen der Ansicht der Klägerin aus der früheren Senatsrechtsprechung zum qualifiziert faktischen GmbH-Konzern (vgl. dazu: BGHZ 122, 123 - TBB; aufgegeben seit BGHZ 149, 10 - Bremer Vulkan; zum neuen Haftungskonzept der Existenzvernichtungshaftung aus § 826 BGB: BGH, Urt. v. 16. Juli 2007 - II ZR 3/04, ZIP 2007, 1552 - TRIHOTEL, z.V.b. in BGHZ 173, 246) in Bezug auf die Darlegungs- und Beweislast - sofern diese Grundsätze überhaupt sinngemäß auf den Konflikt zwischen Aktionärsminderheit und -mehrheit im sog. qualifiziert faktischen Aktienrechtskonzern übertragbar sind - nichts anderes. Auch nach jenen - überholten - Rechtsprechungsgrundsätzen oblag den klagenden (außenstehenden) Gläubigern grundsätzlich die Darlegungs - und Beweislast für die objektiv missbräuchliche Beeinträchtigung der Belange der Gesellschaft durch eine - nicht dem Einzelausgleich zugängliche - Nachteilszufügung (BGHZ 122 aaO); mit Recht hat das Berufungsgericht es abgelehnt, auf der Grundlage dieses - nur hypothetischen - Ansatzes die vom Senat in jener Entscheidung zugunsten außenstehender Gläubiger für möglich erachteten Substantiierungserleichterungen im vorliegenden Fall der Klägerin als „Insiderin“ mit einer Beteiligungsquote ca. 42,7 % im Konflikt mit der herrschenden Aktionärin und der beherrschten Gesellschaft zugute kommen zu lassen.
7
3. In Anwendung dieser Darlegungs- und Beweislastgrundsätze hat das Berufungsgericht in einwandfreier tatrichterlicher Würdigung angenommen, dass der Sachvortrag der Klägerin schon in erster Instanz unsubstantiiert war, weil er sich darauf beschränkte, lediglich die - nie ganz auszuschließende - abstrakte Gefahr von Nachteilen für die Beklagte zu 1 durch die geplanten bzw. durchgeführten Maßnahmen darzustellen. Die weitere Annahme, es wäre angesichts des umfangreichen, detaillierten Gegenvortrags der Beklagten zur Vorteilhaftigkeit der Maßnahmen erforderlich gewesen, zumindest konkrete Anhaltspunkte darzulegen und ggf. unter Beweis zu stellen, die die Annahme nahe gelegt hätten, dass bei der Unternehmensführung im Hinblick auf das Konzerninteresse die Belange der abhängigen Gesellschaft über bestimmte, konkret ausgleichsfähige Einzelmaßnahmen hinaus beeinträchtigt worden seien, ist revisionsrechtlich ebenso wenig zu beanstanden wie die abschließende Feststellung , auch in zweiter Instanz habe die Klägerin ihrer diesbezüglichen Darlegungslast nicht genügt.
8
Angesichts der detaillierten Auseinandersetzung des Berufungsgerichts mit den in den einzelnen Klageanträgen genannten Umstrukturierungsmaßnahmen kann - entgegen der Behauptung der Klägerin - keine Rede davon sein, dass etwa das Berufungsgericht sich unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG nicht hinreichend mit dem konkreten Sachverhalt auseinandergesetzt hätte. Mit dem wiederholten Vorbringen der Klägerin, es liege eine Ausrichtung der beklagten abhängigen Gesellschaft auf das Konzerninteresse vor, lässt sich die einwandfreie Wertung des Berufungsgerichts nicht in Frage stellen, weil allein mit einer solchen pauschalen Behauptung nicht - wie erforderlich - ein konkreter Nachteil im Einzelnen substantiiert vorgetragen worden ist.
9
4. Soweit sich die Beschwerde mit vier angeblich unzulässigen "Maßnahmen" (Bewertungsänderung, Geschäftsreisen, angebliche Führung der Gesellschaft als unselbständige Betriebsabteilung, Überwachung des Leistungsverkehrs mit dem S. -Konzern) befasst, vermag sie kein Übergehen ihres Parteivortrags in den Tatsacheninstanzen aufzuzeigen, weil das Berufungsgericht diese Umstände - die im Übrigen nicht unmittelbar von den Klageanträgen erfasst, sondern nur zweitinstanzlich ergänzend zur Begründung "nachgeschoben" worden sind - in seine Gesamtschau einbezogen hat.
10
5. Unbegründet ist auch die auf Art. 103 Abs. 1 GG gestützte Gehörsrüge , soweit sie sich auf die vermeintliche Nichtzurkenntnisnahme des von der Klägerin vorgelegten Rechtsgutachtens durch das Berufungsgericht bezieht. Es ist kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass das Berufungsgericht die umfänglichen Ausführungen des Privatgutachtens etwa nicht zur Kenntnis genommen oder nicht erwogen hätte. Vielmehr hat es, soweit es für seine Entscheidung darauf ankam, dessen wesentliche Argumente berücksichtigt und gewürdigt, aber nicht für überzeugend erachtet; so hat es etwa im Rahmen des Wettbewerbsverbots bei der Darstellung des Sach- und Streitstandes auch die vom Privatgutachter u.a. in einem Aufsatz geäußerte Rechtsmeinung zitiert. Im Übrigen musste das Berufungsgericht nicht ausdrücklich auf das Privatgutachten, das keinen neuen bzw. ergänzenden Tatsachenvortrag enthielt, eingehen.
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II. Auch hinsichtlich des insbesondere mit dem Klageantrag zu 7 verfolgten Wettbewerbsverbots gegen die Beklagte zu 2 besteht kein Zulassungsgrund. Entgegen der Ansicht der Klägerin stellt sich nicht in entscheidungserheblicher Weise die rechtsgrundsätzliche Frage, ob der Mehrheitsaktionär einer Aktiengesellschaft, der mit dieser keinen Unternehmensvertrag abgeschlossen, aber faktisch die Unternehmensleitung übernommen hat, zu ihr in Wettbewerb treten darf, wenn ein Minderheitsaktionär dem widerspricht.
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1. Allerdings argumentiert die Klägerin nicht - wie das Berufungsgericht in einer ergänzenden, freilich missverständlichen Begründung gemeint hat - widersprüchlich, wenn sie die Unterlassung der Umgliederung fordert und sich damit insbesondere auch gegen die Übernahme der Hoch- und Ingenieurbauorganisation von der S. AG sperrt, andererseits aber gerade in diesem Marktsegment Wettbewerbsverstöße befürchtet.
13
Die Entscheidung des Berufungsgerichts zur Abweisung der begehrten Wettbewerbsuntersagung gegenüber der Beklagten zu 2 wird aber, ohne dass insoweit Grundsatzfragen in entscheidungserheblicher Weise berührt werden, von seiner im Ergebnis richtigen - wenngleich knappen - Hauptbegründung getragen , dass „der Verletzung eines etwaigen Wettbewerbsverbots auf tatsächlicher Ebene entgegensteht, dass die Sparten Hoch- und Ingenieurbau einerseits und Straßenbau andererseits getrennt werden“. Mit dieser richtigen Erwägung knüpft das Berufungsgericht ersichtlich an die zuvor von ihm ausgesprochene Abweisung aller übrigen, gegen die entweder geplanten und kurz bevorstehenden oder bereits durchgeführten Umstrukturierungsmaßnahmen einschließlich der (die "Wettbewerbssituation" beendenden) Spartentrennung gerichteten Haupt- und Hilfsanträge an. In beiden tatsächlichen Konstellationen kann die Klägerin kein - etwaiges - ungeschriebenes Wettbewerbsverbot gegen die herrschende Aktionärin durchsetzen.
14
a) Sind die Maßnahmen bereits vollzogen worden - wie die Beklagte vorträgt -, so kann im Anschluss an die Abweisung der vorbeugenden Unterlassungs - und der hilfsweise gestellten Beseitigungsanträge infolge der dann zulässigen "Spartentrennung" kein - etwa unzulässiger - Wettbewerb durch den herrschenden Aktionär mehr stattfinden; die von der Beklagten dargestellten, etwa verbleibenden geringfügigen Randbereiche sind insoweit zu vernachlässigen.
15
b) Ist hingegen - wie die Klägerin in den Tatsacheninstanzen vorgetragen hat - die zum Wegfall des Wettbewerbs führende Spartentrennung zwar bereits beschlossen, aber noch nicht (vollständig) vollzogen, so ist die Klägerin nach Abweisung der auch hiergegen gerichteten vorbeugenden Unterlassungs- und der Beseitigungsanträge jedenfalls unter dem Blickwinkel eines Verstoßes gegen § 242 BGB gehindert, ein - dann nur temporäres - Wettbewerbsverbot auf dem Klageweg durchzusetzen.
16
2. Im Übrigen bedarf die von der Klägerin aufgeworfene Grundsatzfrage, ob der herrschende Aktionär im faktischen Konzern Adressat eines ungeschriebenen , lediglich auf Treuepflichtaspekte gestützten Wettbewerbsverbots sein kann, jedenfalls aus Anlass des vorliegenden Falles auch deshalb keiner allgemeingültigen Grundsatzentscheidung, weil hier die Konkurrenzsituation zu der Beklagten zu 2 bzw. dem von ihr beherrschten S. -Konzern bereits zur Zeit der früheren Zugehörigkeit der Beklagten zu 1 zur W. AG und damit lange Zeit vor dem Erwerb der Mehrheitsbeteiligung durch die Beklagte zu 2 aus der Insolvenz der W. AG heraus bestanden hat. Nach Auffassung des Senats scheidet in einer derartigen Fallkonstellation einer bereits zuvor bestehenden Konkurrenzsituation ein - auf eine angebliche Treupflicht gestütztes - Wettbewerbsverbot zu Lasten des "neuen" Mehrheitsaktionärs schon im Ansatz aus.
17
Ein aktienrechtliches Wettbewerbsverbot zu Lasten eines bereits bestehenden , nunmehr die Mehrheit erwerbenden Wettbewerbers, das eine konzernverhindernde Wirkung entfalten würde, ist dem geltenden Aktiengesetz fremd. Dieses sieht im Gegenteil Abhängigkeit und faktische Konzernierung als zulässige Formen der Unternehmensverbindung an und wirkt den Konzerngefahren nicht durch eine präventive Kontrolle, sondern durch die verhaltensorientierte Regelung der §§ 311 ff. AktG entgegen; über diese grundsätzliche Konzernoffenheit der Aktiengesellschaft hinaus spricht nicht zuletzt die Weisungsfreiheit des Vorstands auch im faktischen Aktienkonzern gegen ein derart umfassendes "konzernverhinderndes" Wettbewerbsverbot (vgl. hierzu eingehend Hüffer, Festschrift Röhricht, S. 251 ff.; Röhricht aaO S. 530 ff.; Lutter, ZHR aaO S. 173; Kropff aaO vor § 311 Rdn. 65). Selbst Treupflichtaspekte können zur Begründung eines solchen Verbots mit Beginn der Konzernierung bei bereits zuvor bestehendem Wettbewerb nicht herangezogen werden, weil die bloße Aufrechterhaltung des „status quo ante“ insoweit grundsätzlich wertneutral ist. Un- ter Wertungsaspekten kann vielmehr grundsätzlich dem "neuen" herrschenden Unternehmen nicht zugemutet werden, sich von Geschäftsfeldern zurückzuziehen , auf denen es bereits vorher - in zulässiger Konkurrenz zu der von ihm jetzt beherrschten Gesellschaft - tätig war (vgl. hierzu bereits Wiedemann/Hirte, ZGR 1986, 163, 171 f.).
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III. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbsatz ZPO abgesehen.
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IV. Streitwert: 2,5 Mio. € (Klageanträge zu 1-5, 8-14, 16-27, 30 gegenüber der Beklagten zu 1 sowie Klageanträge zu 6, 15, 28 gegenüber der Beklagten zu 2 wegen wirtschaftlicher Identität: 2 Mio. €; weitergehende Anträge zu 7 [Wettbewerbsverbot] und zu 29 [Rückabwicklungskosten] nur gegenüber der Beklagten zu 2: zusätzlich 500.000,00 €). Goette Kurzwelly Strohn Reichart Drescher
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 16.08.2006 - 39 O 80/06 KfH -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 30.05.2007 - 20 U 12/06 -

(1) Die Entscheidung nach § 93b und § 93c ergeht ohne mündliche Verhandlung. Sie ist unanfechtbar. Die Ablehnung der Annahme der Verfassungsbeschwerde bedarf keiner Begründung.

(2) Solange und soweit der Senat nicht über die Annahme der Verfassungsbeschwerde entschieden hat, kann die Kammer alle das Verfassungsbeschwerdeverfahren betreffenden Entscheidungen erlassen. Eine einstweilige Anordnung, mit der die Anwendung eines Gesetzes ganz oder teilweise ausgesetzt wird, kann nur der Senat treffen; § 32 Abs. 7 bleibt unberührt. Der Senat entscheidet auch in den Fällen des § 32 Abs. 3.

(3) Die Entscheidungen der Kammer ergehen durch einstimmigen Beschluß. Die Annahme durch den Senat ist beschlossen, wenn mindestens drei Richter ihr zustimmen.