Bundessozialgericht Urteil, 15. Juli 2015 - B 6 KA 30/14 R

bei uns veröffentlicht am15.07.2015

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 30. April 2014 aufgehoben. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 2. November 2011 geändert. Der Bescheid des Beklagten vom 5. Februar 2008 bleibt nur insoweit aufgehoben, als ein Regress von mehr als 72 672,10 Euro festgesetzt worden ist. Im Übrigen werden die Berufung des Beklagten und die Revision des Klägers zurückgewiesen.

Der Kläger trägt 4/5 und der Beklagte trägt 1/5 der Kosten des Revisionsverfahrens und des Klageverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. Der Kläger trägt 4/5 der Kosten des Berufungsverfahrens; der Beklagte und der Beigeladene zu 8) tragen je 1/10 der Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1) bis 7).

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Arzneimittelregresses wegen Überschreitung der Richtgrößen in den Quartalen I/2005 bis IV/2005.

2

Der Kläger ist als praktischer Arzt in D. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Mit Beschluss des Amtsgerichts Düsseldorf (AG) vom 1.2.2003 (Az 504 IN 143/01) wurde über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beigeladene zu 8) zum Insolvenzverwalter bestellt. Eine Freigabe des Vermögens aus der selbstständigen Tätigkeit des Klägers als Arzt erfolgte nicht. Mit Beschluss des AG vom 25.2.2010 wurde dem Kläger die Restschuldbefreiung erteilt. Die Schlussverteilung wurde noch nicht vollzogen, sodass das AG das Insolvenzverfahren bis zum Abschluss des Berufungsverfahrens noch nicht abgeschlossen hatte.

3

Nach Prüfung der Arzneimittelverordnungen des Klägers in den Quartalen I/2005 bis IV/2005 setze der Prüfungsausschuss wegen Überschreitung der Richtgrößen einen Regress in Höhe von 91 928,63 Euro fest. Auf den Widerspruch des Klägers reduzierte der beklagte Beschwerdeausschuss den Regress auf 90 840,13 Euro. Beide Bescheide wurden allein dem Kläger und nicht auch dem Beigeladenen zu 8) zugestellt.

4

Das SG Düsseldorf hat den Bescheid des Beklagten aufgehoben. Der Regress hätte nicht gegen den Kläger, sondern gegen den Insolvenzverwalter (Beigeladener zu 8) geltend gemacht werden müssen, weil er einen Zeitraum nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens betreffe.

5

Auf die Berufung des Beklagten hat das LSG das Urteil des SG geändert und die Klage abgewiesen (Urteil vom 30.4.2014).

6

Der angefochtene Bescheid ist nach Auffassung des LSG zutreffend gegenüber dem Kläger und nicht dem Beigeladenen zu 8) erlassen worden. Die Regressforderung sei erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden, so dass sie nicht als Insolvenzforderung iS des § 35 Insolvenzordnung (InsO), sondern als Neuforderung zu qualifizieren sei. Hiervon zu trennen sei die Frage der Durchsetzbarkeit der Forderung. Entgegen der Auffassung des Klägers sei die Regressforderung auch keine Masseforderung iS des § 55 InsO.

7

Auch materiell sei der Bescheid des Beklagten nicht zu beanstanden. Hinsichtlich der getroffenen Regelungen in § 5 Abs 4 der Richtgrößenvereinbarung (RGV) stehe den Vertragspartnern ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer normativer Gestaltungsspielraum zu. Dass dessen Grenzen überschritten seien bzw dass die getroffenen Regelungen gegen höherrangiges Recht verstoßen könnten, habe der Kläger bislang nicht dargetan und sei ansonsten auch nicht ersichtlich. Der Bescheid des Beklagten sei auch nicht deswegen rechtswidrig, weil keine Vereinbarung iS von § 106 Abs 5a Satz 4 SGB V angeboten worden sei. Für die Anwendung der Regelung bestehe kein Raum mehr, wenn das Verfahren vor dem Prüfungsausschuss bzw der Prüfungsstelle abgeschlossen sei. Nachfolgend könne ein Vertragsarzt auch keine Ansprüche daraus herleiten, dass - aus welchen Gründen auch immer - keine Vereinbarung getroffen worden sei. Die Regelung in § 106 Abs 5a Satz 4 SGB V sei als sanktionslose "Sollvorschrift" ausgestaltet. Etwas anderes ergebe sich auch nicht im Hinblick auf die Rechtsprechung des BSG zu § 106 Abs 5d SGB V. Zwar seien die Prüfgremien verpflichtet, in Verhandlungen über den Abschluss einer individuellen Richtgrößenvereinbarung (IRV) einzutreten und dürften den Abschluss der IRV nicht aus sachfremden Gründen vereiteln, wenn der geprüfte Arzt von sich aus Interesse am Abschluss einer IRV bekunde oder sogar den Abschluss einer IRV beantrage. Diese Pflicht beschränke sich jedoch auf IRVen nach § 106 Abs 5d SGB V und sei nicht auf die Reglungen zum Abschluss von Regressvereinbarungen nach § 106 Abs 5a Satz 4 SGB V übertragbar.

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Mit seiner Revision macht der Kläger geltend, entgegen der Auffassung des LSG seien Regressforderungen, die sich - wie vorliegend - auf Prüfzeiträume nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens bezögen, als Masseforderungen iS des § 55 InsO anzusehen, die gegen den Insolvenzverwalter, also den Beigeladenen zu 8), geltend zu machen seien. Auch Einkünfte aus der Fortführung der Praxis gehörten nach § 35 InsO nach der Insolvenzeröffnung zur Insolvenzmasse und zwar in vollem Umfang und nicht lediglich in Höhe des nach Abzug von Ausgaben verbleibenden Gewinns. Dementsprechend müssten die Ausgaben, die mit den während des Insolvenzverfahrens in eigener Praxis erzielten Einkünften verbunden seien, nach der Rechtsprechung des BGH auch von der Masse getragen werden. Gleiches gelte auch für die im Rahmen des weitergeführten Praxisbetriebes eines Arztes entstandenen Regresse, die einen Zeitraum nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens beträfen. Wenn die Einkünfte, die ein Arzt nach der Insolvenzeröffnung aus seiner ärztlichen Tätigkeit erziele, zur Insolvenzmasse gehörten, damit mit diesen Geldern die Insolvenzgläubiger befriedigt werden könnten, müssten konsequenterweise auch Regresse, die aus der Fortführung der Praxis resultierten, aus der Masse bedient werden.

9

Der angefochtene Bescheid sei darüber hinaus auch in materieller Hinsicht rechtswidrig. Zum einen seien vorliegende Praxisbesonderheiten nicht vollständig, sondern lediglich in Höhe des Anteils der Mehrkosten gegenüber der Vergleichsgruppe als Abzugsposten berücksichtigt worden. Dies sei schon deshalb systemwidrig, weil in § 5 Abs 4 der Anlage 2 zur RGV 2005 Indikationsgebiete aufgelistet worden seien, hinsichtlich derer darauf entfallende Verordnungskosten noch in früheren Zeiträumen vollständig als Praxisbesonderheiten zugrunde gelegt und demzufolge auch von der Bruttoverordnungssumme vollständig in Abzug gebracht worden seien (zB Insulintherapie, Behandlung der Schizophrenie mit atypischer Neuroleptika). Eine Rechtfertigung für eine nur noch anteilige Berücksichtigung vorhandener Praxisbesonderheiten bestehe nicht. Entsprechend den Vorgaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung seien die ersten Richtgrößen auf der Basis der durchschnittlichen Verordnungskosten einer Fachgruppe nach Abzug vorhandener Praxisbesonderheiten festgelegt worden. Im Rahmen der Richtgrößenprüfung sei daher vorgesehen, dass Kosten für die Verordnung von Arzneimitteln, die als Praxisbesonderheiten anzusehen seien, abgezogen werden müssten. Für die Anpassung von Richtgrößen schreibe § 84 Abs 2 SGB V vor, dass im Einzelnen dort aufgeführte Punkte zu berücksichtigen seien. Bei den maßgeblichen Indikationsgruppen hätten sich jedoch von 2004 auf 2005 keine relevanten Änderungen ergeben. Folglich sei ein Grundprinzip der Richtgrößenprüfung verletzt: Obwohl die Richtgröße gegenüber früheren Jahren leicht gesenkt worden sei, sollten nun Verordnungen für Arzneimittel, die bei der Kalkulation der Richtgrößen unberücksichtigt geblieben seien, im Rahmen der Richtgrößenprüfverfahren nicht mehr vollumfänglich als Praxisbesonderheiten in Abzug gebracht werden. Der Bescheid sei des Weiteren auch deshalb rechtswidrig, weil ihm - dem Kläger - keine Vereinbarung iS des § 106 Abs 5a Satz 4 SGB V angeboten worden sei. Dazu seien die Prüfgremien verpflichtet, wie sich vor allem aus dem BSG-Urteil vom 28.8.2013 - B 6 KA 46/12 R - ergebe. Dieses Urteil befasse sich zwar grundsätzlich nur mit dem § 106 Abs 5d Satz 1 SGB V, doch habe das BSG auch einen "Quervergleich" mit der Vorschrift des § 106 Abs 5a Satz 4 SGB V gezogen, um zu begründen, dass - anders als bei § 106 Abs 5a Satz 4 SGB V - keine Verpflichtung der Prüfgremien bestehe, auf den Abschluss einer IRV hinzuwirken.

10

An der Rüge einer unzureichenden altersgemäßen Aufgliederung der Patientengruppen bei der Berechnung der Richtgrößen hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung im Hinblick auf die aktuelle Rechtsprechung des Senats nicht festgehalten.

11

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 30. April 2014 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 2. November 2011 zurückzuweisen.

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Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

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Das LSG habe zutreffend den Regress insolvenzrechtlich als Neugläubigerforderung qualifiziert. Regresse für einen zeitlich nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens liegenden Prüfzeitraum unterlägen nicht der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters. Die Regressforderung werde auch nicht dadurch zu einer Masseschuld, dass sie aus der vertragsärztlichen Tätigkeit resultiere, die ihrerseits dem Neuerwerb von Vermögen diene, das nach § 35 InsO zu dem unter Beschlag stehenden Aktivvermögen gehöre. Nicht jede mit dem Neuerwerb verbundene Ausgabe sei auch von der Masse zu tragen. Die Rechtsprechung des BGH könne nur so verstanden werden, dass veranlasste Verpflichtungen dem Neuerwerb zumindest zweckdienlich und förderlich sein müssten. Dies treffe auf einen Regress nicht zu.

14

Hinsichtlich der materiellen Rechtmäßigkeit des Bescheides verkenne der Kläger, dass der Begriff der Praxisbesonderheiten im Rahmen der Richtgrößenprüfung nicht anders zu verstehen sei als im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung nach Durchschnittswerten. Es bestehe ein Beurteilungsspielraum bei der Bestimmung der von der Fachgruppentypik abweichenden Mehrkosten bei Behandlung praxisbesonderheitenrelevanter Erkrankungen. Damit werde dem Wirtschaftlichkeitsgebot nach §§ 12, 70 SGB V Rechnung getragen. Hinsichtlich der Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten habe sich zwischen 2004 und 2005 keine Änderung ergeben. Die Anerkennung von Praxisbesonderheiten nach den vom Kläger angeführten Anpassungskriterien nach § 84 Abs 2 SGB V habe nichts mit der Richtgrößenbildung zu tun. Die Richtgrößen basierten im Ansatz auf Bruttoverordnungskosten, ohne dass dabei auf Praxisbesonderheiten entfallende Arzneikosten in Abzug gebracht würden. Warum sinkende Richtgrößen dann gleichsam nach dem Prinzip kommunizierender Röhren den Umfang der Anerkennung von Praxisbesonderheiten vergrößern sollten, sei nicht ersichtlich. Der Bescheid sei auch ungeachtet dessen, dass die Prüfungsgremien dem Kläger keinen Vergleich gemäß § 106 Abs 5a Satz 4 SGB V zur vorzeitigen Verfahrensbeendigung angeboten hätten, nicht aufzuheben. Das ergebe sich aus § 42 Satz 1 SGB X. Das Begehren des Klägers sei von Beginn an darauf gerichtet gewesen, einen Regress bereits dem Grunde nach abzuwehren. Hinzu komme, dass der Kläger sich im Verfahren vor dem Prüfungsausschuss überhaupt nicht geäußert, geschweige denn Vergleichsbereitschaft gezeigt habe. Vor diesem Hintergrund hätte ein Angebot des Beklagten, selbst wenn dieser dazu nach dem Sinn und Zweck der Regelung noch verpflichtet gewesen wäre, die Entscheidung nicht beeinflusst. Verhalten und Argumentation des Klägers seien auf das Bestreiten jeder Unwirtschaftlichkeit ausgerichtet gewesen.

15

Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.

16

Die zu 7) beigeladene Kassenärztliche Vereinigung hält die insolvenzrechtliche Behandlung des Regresses als Masseverbindlichkeit für richtig. Der zu 8) beigeladene Insolvenzverwalter ist mit dem LSG der Auffassung, § 55 InsO erfasse Verordnungsregresse wegen Überschreitung der Richtgrößen nicht.

Entscheidungsgründe

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Die Revision des Klägers ist teilweise erfolgreich.

18

Der Bescheid vom 5.2.2008 ist nicht schon deshalb rechtswidrig, weil er gegenüber dem Kläger ergangen ist (1.). Der Bescheid leidet aber daran, dass dem Kläger nicht vor der Festsetzung eine Vereinbarung gemäß § 106 Abs 5a Satz 4 SGB V angeboten wurde(2.). Im Übrigen ist der Bescheid rechtmäßig (3.). Der Regressbetrag ist wegen der unterlassenen Hinwirkung auf eine Vereinbarung um 20 % zu reduzieren (4.).

19

1. Der Beklagte hat den Bescheid über einen Kostenregress wegen Überschreitung des Richtgrößenvolumens für Arzneimittel im Jahr 2005 zu Recht an den Kläger gerichtet. Der zu 8) beigeladene Insolvenzverwalter wäre nur dann richtiger Adressat des Bescheides gewesen, wenn die vom Beklagten festgesetzte Regressforderung der Krankenkassen eine Masseverbindlichkeit iS des § 55 InsO begründet hätte. Das ist jedoch nicht der Fall. Beide Alternativen des § 55 Abs 1 Nr 1 InsO sind nicht erfüllt.

20

a) Der Regress wegen Überschreitung der RGV ist nicht iS des § 55 Abs 1 Nr 1 Alt 1 "durch Handlungen des Insolvenzverwalters" begründet worden. Ungeachtet der insolvenzrechtlichen Verstrickung der Praxis des Klägers im streitbefangenen Zeitraum war dieser - und nicht der Insolvenzverwalter - an der vertragsärztlichen Versorgung beteiligt. Der Kläger war auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen; der Zulassungsstatus als Grundlage der Teilnahme des Arztes an der vertragsärztlichen Versorgung (§ 95 Abs 3 SGB V) erlischt nicht mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und geht auch nicht auf den Insolvenzverwalter über (BSGE 86, 121, 123 = SozR 3-5520 § 24 Nr 4 S 16). Nur der Kläger und nicht (auch) der Verwalter durfte deshalb Arzneimittel verordnen (§ 73 Abs 2 Satz 1 Nr 7 SGB V); jede Mitwirkung oder Einflussnahme des nicht zur Ausübung der Heilkunde am Menschen (§ 2 Bundesärzteordnung) berechtigten Insolvenzverwalters am bzw auf das Verordnungsverhalten des Klägers ist ausgeschlossen. Ein Arzt, der nicht ohne Abstimmung mit einer anderen Person seine vertragsärztliche Tätigkeit ausüben darf, ist für diese Tätigkeit ungeeignet, sodass ihm die Zulassung nach § 95 Abs 6 Satz 1 SGB V entzogen werden müsste. Das hat der Senat zur Situation eines Arztes entschieden, dessen Approbation dahin eingeschränkt war, dass er seine Praxis nur gemeinsam mit einem anderen Arzt während dessen Anwesenheit in seiner Praxis ausüben durfte (Beschluss vom 17.8.2011 - B 6 KA 18/11 B - RdNr 10). Die vertragsärztliche Tätigkeit wird nicht mehr in "freier Praxis" (§ 32 Abs 1 Satz 1 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte) ausgeübt, wenn der Arzt in beruflicher Hinsicht von den Vorgaben einer anderen Person abhängig ist. Die Verordnungen des Klägers aus dem Jahr 2005, die den hier streitbefangenen Regress ausgelöst haben, sind deshalb nicht im rechtlichen Sinne (auch) Handlungen des Verwalters. Das gilt unabhängig davon, ob dieser die Fortführung der Praxis durch den Kläger gebilligt oder nur hingenommen hat.

21

b) Der Regress ist auch nicht "in anderer Weise durch die Verwaltung … der Insolvenzmasse begründet" worden (§ 55 Abs 1 Nr 1, Alt 2 InsO). Damit sind Verbindlichkeiten gemeint, die automatisch durch ein Verhalten des Insolvenzverwalters entstehen, auch ohne dass dieser die Begründung einer Verbindlichkeit bezweckt hat (Leithaus in Andres/Leithaus, InsO, 3. Aufl 2014, § 55 RdNr 6). Erfasst sind insbesondere Verbindlichkeiten, die kraft Gesetzes entstehen (Jarchow in Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht, 5. Aufl 2015, § 55 RdNr 8). Das betrifft etwa die Sozialversicherungsbeiträge für die Mitarbeiterinnen in der Praxis des Klägers und die Beiträge zum ärztlichen Versorgungswerk (vgl zB Bayerischer VGH vom 28.11.2005 - 9 ZB 04.3254 - Juris RdNr 17). Wenn eine freiberufliche Praxis mit Einverständnis des Insolvenzverwalters aber ohne Freigabe nach § 35 Abs 2 InsO fortgeführt wird, gelangen die aus dieser Tätigkeit erzielten Honorare zur Masse, und die mit dieser Betriebsfortführung zwingend und untrennbar verbundenen Forderungen Dritter sind sonstige Masseverbindlichkeiten. Das gilt etwa auch für Ansprüche der Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) als Folge von Honorarberichtigungen nach § 106a Abs 1 SGB V, soweit dem Arzt in einem Quartal nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zunächst zu viel Honorar ausgezahlt worden ist. Die Verpflichtung des Arztes zur Rückzahlung überzahlten Honorars ist untrennbar mit der Teilnahme an der vertragsärztlichen Honorarverteilung verbunden. Wenn der Honorarbescheid der KÄV für Quartale einer Praxisfortführung unter wirtschaftlicher Verantwortung des Verwalters zumindest auch an diesen zu richten ist, weil die Honorare zur Masse gehören, kann für Berichtigungen und daraus abgeleitete Rückforderungen in dem Sinne nichts anderes gelten, als dass es sich um sonstige Masseverbindlichkeiten handelt. Ein derart zwingender Zusammenhang besteht indessen zwischen der Fortführung der Praxis im Einverständnis mit dem Verwalter oder jedenfalls mit dessen Duldung und der Verursachung eines Arzneikostenregresses wegen Überschreitung von Richtgrößen nicht.

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Der Arzt hat bei Überschreitung des für seine Praxis maßgeblichen Richtgrößenvolumens nach § 84 Abs 6 SGB V um mehr als 25 % den "Mehraufwand" den Krankenkassen zu erstatten(§ 106 Abs 5a Satz 3 SGB V). Die Erstattungspflicht besteht danach nur, wenn der Vertragsarzt trotz einer Beratung nach § 106 Abs 1a SGB V das - der Konkretisierung des Wirtschaftlichkeitsgebotes(§ 12 Abs 1 SGB V) bei der Verordnung von Arzneimitteln dienende - Richtgrößenvolumen seiner Praxis deutlich überschritten hat. Ein solches Verhalten ist weder rechtlich noch tatsächlich zwingend mit der Fortführung einer Praxis im Einverständnis mit dem Verwalter verbunden. Die normativen Vorgaben über die wirtschaftliche Verordnung von Arzneimitteln zielen gerade darauf ab, die Verhängung von Regressen zu vermeiden. Die Richtgrößen bilden das Verordnungsvolumen der Arztgruppe ab, Praxisbesonderheiten werden in einem geregelten Verfahren berücksichtigt (§ 106 Abs 5a Satz 7 SGB V), und ein Regress kann grundsätzlich nur festgesetzt werden, wenn der Arzt in einem förmlichen Verfahren über ein wirtschaftliches Verordnungsverhalten beraten worden ist (§ 106 Abs 5e SGB V; dazu Senatsurteil vom 22.10.2014 - B 6 KA 8/14 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 49).

23

Auch tatsächlich betreffen Regresse wegen der Überschreitung des Richtgrößenvolumens keineswegs alle Ärzte oder auch nur einen größeren Anteil von ihnen. Die Bundesregierung hat am 1.9.2011 auf eine Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mitgeteilt, für das Jahr 2007 seien weniger als 1 % der Vertragsärzte tatsächlich von Regressen betroffen gewesen, bei 2,7 % der niedergelassenen Ärzte seien überhaupt nur Verfahren auf Richtgrößenprüfung eingeleitet worden (BT-Drucks 17/6879 S 1, 4). Die insgesamt über Richtgrößenregresse realisierten Forderungen der Krankenkassen beliefen sich auf 21 Mio Euro (2007, bundesweit ohne Bayern und Niedersachsen) bzw 17,5 Mio Euro (2008, bundesweit ohne Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern). Das sind - vereinfacht - bei Arzneimittelausgaben der Krankenkassen von mehr als 30 Mrd Euro im Jahr deutlicher weniger als 0,1 %.

24

Die normative wie die tatsächliche Lage zeigt, dass mit Arzneikostenregressen auf ein beharrliches Fehlverhalten einzelner Ärzte in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit bei der Arzneimittelverordnung reagiert wird, und solche Regresse in keiner Weise zwingend mit der Führung einer vertragsärztlichen Praxis verbunden sind. Regressforderungen von Krankenkassen wegen Überschreitung des Richtgrößenvolumens stehen wertungsmäßig Haftungsansprüchen gleich, die nach Eröffnung des Verfahrens durch die Insolvenzschuldner oder dessen Geschäftsführer als Folge von Pflichtverletzungen begründet worden sind. Diese sind keine Massenverbindlichkeiten (BFH vom 21.7.2009 - VII R 50/08). Nicht entscheidend ist insoweit, dass die Festsetzung eines Regresses nach § 106 Abs 5a Satz 3 SGB V kein Verschulden voraussetzten.

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2. Der Bescheid des Beklagten ist aber deshalb teilweise rechtswidrig, weil weder der Prüfungsausschuss noch der Beklagte vor der Festsetzung des Regressbetrages auf eine Vereinbarung iS des § 106 Abs 5a Satz 4 SGB V hingewirkt haben.

26

Nach § 106 Abs 5a Satz 3 SGB V hat der Vertragsarzt bei einer Überschreitung des Richtgrößenvolumens um mehr als 25 % nach Feststellung durch den Prüfungsausschuss (ab 1.1.2008: die Prüfungsstelle) den sich daraus ergebenden Mehraufwand den Krankenkassen zu erstatten, soweit dieser nicht durch Praxisbesonderheiten begründet ist. Weiter heißt es in Satz 4: "Die Prüfungsstelle soll vor ihren Entscheidungen und Festsetzungen auf eine entsprechende Vereinbarung mit dem Vertragsarzt hinwirken, die eine Minderung des Erstattungsbetrages um bis zu einem Fünftel zum Inhalt haben kann". § 106 Abs 5a Satz 4 SGB V normiert eine Hinwirkungspflicht der Prüfgremien. Sowohl der Prüfungsausschuss (jetzt: Prüfungsstelle) als auch der Beklagte sind auch in den Fällen, in denen der Vertragsarzt nicht von sich aus eine Vereinbarung beantragt oder sich diesbezüglich äußert, verpflichtet, auf eine Vereinbarung hinzuwirken.

27

a) Für die Regelung des § 106 Abs 5d SGB V, wonach ein zu erstattender Mehraufwand abweichend von § 106 Abs 5a Satz 3 SGB V nicht festgesetzt wird, "soweit die Prüfungsstelle mit dem Arzt eine individuelle Richtgröße vereinbart", hat der Senat entschieden, dass damit keine Verpflichtung der Prüfgremien statuiert wird, dem zu prüfenden Vertragsarzt von sich aus den Abschluss einer derartigen Vereinbarung anzubieten oder in sonstiger Weise hierauf hinzuwirken (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 42 RdNr 16 ff). Begründet wurde dies insbesondere durch den Vergleich mit der hier einschlägigen Regelung des § 106 Abs 5a Satz 4 SGB V. Anders als bei § 106 Abs 5d SGB V ist in § 106 Abs 5a Satz 4 SGB V ausdrücklich bestimmt, dass die Prüfungsstelle vor ihren Entscheidungen und Festsetzungen auf den Abschluss einer (der Festsetzung) entsprechenden Vereinbarung "hinwirken soll". Auch in der Gesetzesbegründung zum Gesetz zur Ablösung des Arznei- und Heilmittelbudgets (, vom 19.12.2001, BGBl I 3773) wird hervorgehoben, dass die Regelung den Prüfungsausschuss "anhalte", eine vertragliche Vereinbarung mit dem Arzt herbeizuführen (Gesetzentwurf zum ABAG, BT-Drucks 14/6309 S 11 zu Nr 4 <§ 106> Buchst b). Aufgrund dieser unterschiedlichen Wortlaute des § 106 Abs 5a Satz 4 SGB V und des § 106 Abs 5d SGB V ist der Senat für § 106 Abs 5a Satz 4 SGB V von einer "Hinwirkungspflicht" ausgegangen, bei § 106 Abs 5d SGB V dagegen nicht.

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Die unterschiedlichen Vorgaben im Normtext des § 106 Abs 5a Satz 4 und Abs 5d SGB V sind - wie der Senat ausgeführt hat - auch sachlich begründet. Zwar haben beide Regelungen gemein, dass sie auf eine freiwillige Vereinbarung zwischen Prüfungsausschuss bzw Prüfungsstelle und Vertragsarzt abzielen. Der Charakter beider Maßnahmen ist ansonsten jedoch grundverschieden: § 106 Abs 5a Satz 4 SGB V erleichtert die Durchsetzung eines Regresses, indem er eine begrenzte Reduzierung des an sich fälligen Regressbetrages im Gegenzug zu einem Verzicht des Arztes auf eine förmliche Entscheidung und ein gerichtliches Verfahren ermöglicht. Dies kommt auch in der Gesetzesbegründung (Gesetzentwurf zum ABAG, BT-Drucks 14/6309 S 11 zu Nr 4 <§ 106> Buchst b) zum Ausdruck, wenn es dort heißt, die Regelung ziele darauf ab, aufwändige und langwierige Streitverfahren möglichst zu vermeiden. Da die Prüfgremien auch ohne diese Vorschrift berechtigt wären, ein Prüfverfahren im Vergleichswege zu beenden, erweitert die Norm deren Handlungsmöglichkeiten nicht, sondern forciert lediglich (in engen Grenzen) den Abschluss derartiger Vergleiche. Demgegenüber ermöglicht § 106 Abs 5d Satz 1 SGB V, eine Prüfmaßnahme - die Festsetzung des Mehraufwandes - vollständig durch den Abschluss einer auf die Zukunft bezogenen IRV zu ersetzen, mithin auf die gesamte Forderung zu verzichten(so auch Gesetzentwurf zum GMG, BT-Drucks 15/1525 S 117 zu Nr 82 <§ 106> Buchst k: "Verzicht"). Die Chance, einen an sich auch der Höhe nach gerechtfertigten Regress für einen bereits abgelaufenen Zeitraum im Gegenzug gegen den Verzicht auf ein langjähriges Verfahren zu reduzieren, muss jeder Vertragsarzt erhalten. Über zukunftsbezogene IRVen müssen die Prüfgremien dagegen nur verhandeln, wenn der Vertragsarzt daran von sich aus Interesse zeigt, vor allem, weil aus der Vereinbarung einer IRV für die Zukunft besondere Handlungspflichten des Vertragsarztes resultieren.

29

b) Die Vereinbarung gemäß § 106 Abs 5a Satz 4 SGB V ist nicht ausschließlich für das Verfahren vor der Prüfungsstelle vorgesehen(so aber - in Übereinstimmung mit dem LSG - auch Rompf/Weinrich in Liebold/Zalewski, Kassenarztrecht, § 106 SGB V, Lfg 2/2014 - Stand 05/2015, Anm C 106-70). Zwar ist in § 106 Abs 5a Satz 4 SGB V allein die Prüfungsstelle (nach dem bis 31.12.2007 geltenden Recht: der Prüfungsausschuss) genannt. Für die Vereinbarung der individuellen Richtgröße nach § 106 Abs 5d SGB V hat der Senat jedoch klargestellt, dass die Verpflichtung, einem Antrag bzw einer Anregung des geprüften Arztes auf Abschluss einer IRV nachzugehen, auch den Beschwerdeausschuss trifft(BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 42 RdNr 21). Das gilt auch für die verfahrensvermeidende Vereinbarung nach § 106 Abs 5a Satz 4 SGB V. Dem Beschwerdeausschuss stehen - soweit sich aus dem Gesetz nichts anderes ergibt - dieselben Handlungsmöglichkeiten bzw Kompetenzen wie der Prüfungsstelle zu. Danach rechtfertigen die Besonderheiten in der organisationsrechtlichen Stellung des Beschwerdeausschusses sowie die vielfältigen Unterschiede in der Ausgestaltung des Vorverfahrens nach dem SGG einerseits und des Verfahrens vor dem Beschwerdeausschuss andererseits die Bewertung, dass die Funktion des Beschwerdeausschusses nicht auf die einer Widerspruchsstelle beschränkt ist, sondern dass es sich bei dem Beschwerdeverfahren - dem Verfahren vor dem Berufungsausschuss nach § 97 SGB V vergleichbar - um ein eigenständiges und umfassendes Verwaltungsverfahren in einer zweiten Verwaltungsinstanz handelt(BSGE 74, 59, 62 = SozR 3-2500 § 106 Nr 22 S 120; vgl auch BSGE 72, 214, 220 = SozR 3-1300 § 35 Nr 5 S 11; BSG SozR 2200 § 368n Nr 36 S 118; BSGE 62, 24, 32 = SozR 2200 § 368n Nr 48 S 164; LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 13.4.2011 - L 11 KA 121/10 B ER ua - Juris RdNr 38). Daher beschränkt sich die Aufgabe des Beschwerdeausschusses nicht darauf, die Entscheidung der Prüfungsstelle (bzw des Prüfungsausschusses) auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen, sondern dieser wird mit seiner Anrufung für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungs- bzw Verordnungsweise des Arztes in vollem Umfang zuständig (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 42 RdNr 22). Der Beklagte trifft als zweite Verwaltungsinstanz ggf die Feststellungen nach § 106 Abs 5a Satz 3 SGB V. Entsprechend gilt für ihn auch die Vorgabe "Vertrag vor Verwaltungsakt" nach Satz 4 (vgl auch Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, Stand 08/14, § 106 RdNr 230).

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Dem steht auch nicht der Zweck des § 106 Abs 5a Satz 4 SGB V entgegen, aufwändige und langwierige Streitverfahren möglichst zu vermeiden(vgl Gesetzentwurf zum ABAG, BT-Drucks 14/6309 S 11 zu Nr 4 <§ 106> Buchst b). Dass nur die Prüfgremien von der Norm begünstigt werden sollen und allein die Verfahrensökonomie in deren Interesse im Vordergrund steht, wie das LSG annimmt, überzeugt nicht. Die Vermeidung langwieriger "Streitverfahren", womit auch ein sich anschließendes Gerichtsverfahren gemeint ist, entlastet auch den Vertragsarzt. Entsprechend leisten beide "Seiten" ihren Beitrag. Die Prüfgremien reduzieren den Regressbetrag bis zu einem Fünftel, und der Vertragsarzt begibt sich seiner weitergehenden Rechtsschutzmöglichkeiten. Auch wenn durch eine Vereinbarung vor dem Beschwerdeausschuss "nur" ein Gerichtsverfahren und nicht das Verfahren vor dem Beschwerdeausschuss vermieden wird, ist dem Zweck der Regelung noch gedient.

31

Für eine entsprechende Hinwirkungspflicht (auch) des Beschwerdeausschusses spricht, dass der Senat in Bezug auf Mitwirkungspflichten des Vertragsarztes in Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht zwischen der Prüfungsstelle und dem Beschwerdeausschuss differenziert. Vielmehr geht er hinsichtlich der Darlegungsobliegenheiten des Vertragsarztes davon aus, dass die erforderlichen Darlegungen grundsätzlich "gegenüber den Prüfgremien" (und nicht erst im nachfolgenden Gerichtsverfahren) zu erfolgen haben (vgl zuletzt BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 35 RdNr 41). Die Hinwirkungspflicht nach § 106 Abs 5a Satz 4 SGB V trifft deshalb den Beschwerdeausschuss, wenn die Prüfungsstelle bzw der Prüfungsausschuss in dieser Hinsicht nichts unternommen haben.

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c) Der Beklagte hat vor der Festsetzung des Regresses nicht auf eine Vereinbarung gemäß § 106 Abs 5a Satz 4 SGB V hingewirkt und ist damit nicht seiner Hinwirkungspflicht nachgekommen. Bei § 106 Abs 5a Satz 4 SGB V handelt es sich nicht um eine reine sanktionslose "Sollvorschrift". Die Verpflichtung entfällt nur dann, wenn der Vertragsarzt beispielsweise von vornherein klarstellt, am Abschluss einer derartigen Vereinbarung nicht interessiert zu sein (Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, Stand 08/14, § 106 RdNr 230). Feststellungen in dieser Richtung hat das LSG nicht getroffen.

33

d) Die Nichtbeachtung der Hinwirkungspflicht durch den Beklagten ist nicht im Hinblick auf § 42 Satz 1 SGB X unbeachtlich. Nach dieser Vorschrift kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 40 SGB X nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Es bedarf keiner Entscheidung, ob es sich bei der Hinwirkungspflicht nach § 106 Abs 5a Satz 4 SGB V um eine Verfahrensvorschrift handelt. Als Verfahrensregeln in diesem Sinne sind allgemein diejenigen Normen anzusehen, die für das Verfahren von seiner Einleitung bis zu seinem Abschluss gelten (Leopold in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, § 42 SGB X, RdNr 29). Die Vorschrift des § 106 Abs 5a Satz 4 SGB V könnte zumindest als eine solche Norm qualifiziert werden, weil sie das Hinwirken auf eine entsprechende Vereinbarung noch vor der Entscheidung und Festsetzung vorsieht(anders Wehebrink in BeckOK SGB V, Stand 6/2015, § 106 RdNr 11-15, der von einer Regelung auf der Rechtsfolgenseite ausgeht).

34

Es fehlt jedenfalls an dem Tatbestandsmerkmal der Offensichtlichkeit der Nichtbeeinflussung der Entscheidung in der Sache. Insbesondere bei der Feststellung und Bewertung der Praxisbesonderheiten steht den Prüfgremien auch im Rahmen von § 106 Abs 5a SGB V ein Beurteilungsspielraum zu(vgl BSG SozR 4-2500 § 84 Nr 2 RdNr 38; BSGE 95, 199 = SozR 4-2500 § 106 Nr 11, RdNr 36; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 41 RdNr 14). In Konstellationen, in denen der Behörde ein Ermessens- oder Beurteilungsspielraum eingeräumt wird, kommt es nicht auf die "rechtliche Alternativlosigkeit" der Entscheidung, sondern auf den Gang des Entscheidungsprozesses und den Einfluss des Verfahrensfehlers auf diesen Gang an (Schütze in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 42 RdNr 12). Von einer solchen "faktische Alternativlosigkeit" (BSG SozR 4-1300 § 63 Nr 9 RdNr 30; Steinwedel in Kasseler Komm, Stand April 2015, § 42 SGB X RdNr 8) kann vorliegend nicht ausgegangen werden. Zwar hat sich der Kläger im Verfahren vor dem Prüfungsausschuss nicht geäußert, sein Widerspruch gegen den Bescheid des Prüfungsausschusses war darauf gerichtet, den Regress dem Grunde nach abzuwehren und auch eine mündliche Verhandlung beim Beklagten hat er nicht beantragt. Allein daraus kann aber noch nicht geschlossen werden, dass - sofern der Beklagte die Möglichkeit einer Vereinbarung nach § 106 Abs 5a Satz 4 SGB V angesprochen hätte - er darauf mit Sicherheit nicht eingegangen wäre. Das zeigt sich schon daran, dass er in seinem Widerspruchsschreiben vom 14.9.2007 zwar gegen die festgestellte Unwirtschaftlichkeit seiner Verordnungspraxis argumentierte, aber auch darauf hinwies, dass er bereits einen Antrag auf Erhöhung seines "Medikamentenbudgets" gestellt und sich "bei der KV zu einer Beratung angemeldet" habe. Dass der Kläger zu keinem Entgegenkommen bereit wäre, ergibt sich daraus zumindest nicht. Es ist zudem nicht sicher, ob dem im Verwaltungsverfahren nicht anwaltlich vertretenen Kläger überhaupt bewusst war, dass die Möglichkeit einer vergleichsweisen Einigung bestand.

35

3. Inhaltlich ist die Festsetzung des Regresses jedoch nicht zu beanstanden.

36

a) Soweit der Kläger noch im Berufungsverfahren die Aufgliederung der Versicherten durch die RGV lediglich in Allgemeinversicherte und Rentner beanstandet hatte, hat sich diese Frage durch das nach Erlass des Berufungsurteils ergangene Senatsurteil vom 22.10.2014 (B 6 KA 8/14 R - SozR 4-2500 § 106 Nr 49 RdNr 53) erledigt. Das hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung auch so gesehen.

37

b) Art und Umfang der Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten durch den Beklagten sind nicht zu beanstanden. Ebenso wie bei der Prüfung nach Durchschnittswerten besteht auch bei einer Richtgrößenprüfung ein Beurteilungsspielraum der Prüfgremien, soweit es um die Feststellung und Bewertung von Praxisbesonderheiten geht (vgl BSG SozR 4-2500 § 84 Nr 2 RdNr 38; BSGE 95, 199 = SozR 4-2500 § 106 Nr 11, RdNr 36). Der Begriff der Praxisbesonderheiten ist hier nicht anders zu verstehen als im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung nach Durchschnittswerten (vgl BSG SozR 4-2500 § 84 Nr 2 RdNr 38; BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 10 RdNr 35; Clemens in Laufs/Kern, Handbuch des Arztrechts, 4. Aufl 2010, § 36 RdNr 123 Fn 129). Praxisbesonderheiten sind anzuerkennen, wenn ein spezifischer, vom Durchschnitt der Vergleichsgruppe signifikant abweichender Behandlungsbedarf des Patientenklientels und die hierdurch hervorgerufenen Mehrkosten nachgewiesen werden (BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 10 RdNr 35). Seit dem 1.1.2004 verpflichtet § 106 Abs 5a Satz 5 SGB V(idF des GKV-Modernisierungsgesetzes vom 14.11.2003 - BGBl I 2190) die Vertragspartner, in der Prüfungsvereinbarung Maßstäbe für die Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten zu bestimmen.

38

In § 5 der Anlage 2 zur Vereinbarung über Richtgrößen für Arznei- und Verbandmittel 2005(RGV 2005; veröffentlicht im Rheinischen Ärzteblatt I/2005) wurden pauschal anzuerkennende Praxisbesonderheiten festgelegt, hinsichtlich derer abweichend vom üblichen Grundsatz die Beweislast nicht beim betreffenden Arzt liegt (§ 5 Abs 2 der Anlage 2 zur RGV 2005). Anders als die in § 5 Abs 3 der Anlage 2 zur RGV 2005 genannten Indikationsgebiete, bezüglich derer sämtliche darauf entfallende Verordnungskosten regelmäßig als Praxisbesonderheiten zugrunde zu legen sind, sind in § 5 Abs 4 der Anlage 2 zur RGV 2005 Indikationsgebiete genannt, bei denen (nur) die von der Arztgruppentypik abweichenden Mehrkosten grundsätzlich als Praxisbesonderheiten zugrunde zu legen sind. Die Mehrkosten sind regelmäßig aufgrund der Fall- bzw Durchschnittswerte der Vergleichsgruppe zu berücksichtigen. Entsprechend dieser Vorgabe hat der Beklagte die Praxisbesonderheiten in der Praxis des Klägers ermittelt. Er hat insbesondere im Einzelnen die jeweilige Verordnungssumme der Vergleichsgruppe aufgelistet und die darüber hinausgehenden Verordnungskosten des Klägers ermittelt. Damit ist sachgerecht abgebildet, in welchem Umfang diese Indikationen im Durchschnitt Mehrkosten verursachen.

39

Die Regelung in § 5 Abs 4 der Anlage 2 zur RGV 2005 verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. Hinsichtlich der im Einzelnen getroffenen Regelungen steht den Vertragspartnern nach § 106 Abs 5a Satz 5 SGB V ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer normativer Gestaltungsspielraum zu(vgl Freudenberg in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 84 SGB V, RdNr 108). Dass die Vertragspartner in § 5 der Anlage 2 zur RGV 2005 hinsichtlich der Verordnungskosten für bestimmte Indikationsgebiete eine "volle Anerkennung" vorgesehen haben(Abs 3), für andere dagegen auf die Feststellung eines Mehrbedarfes abstellen (Abs 4) überschreitet die Grenzen des Gestaltungsspielraumes nicht (LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 9.2.2011 - L 11 KA 38/09 - Juris, RdNr 34; Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, Stand 08/14, § 106 RdNr 454). Insbesondere vor dem Hintergrund, dass es sich zB bei den Arzneimitteltherapien wie der Insulin-Therapie bei insulinpflichtigem Diabetes oder der Behandlung von Schizophrenie mit atypischen Neuroleptika um Therapien handelt, die für die jeweilige Fachgruppe keine Besonderheit darstellen, aber sehr teuer sind (vgl KVNOextra Arzneimittel- und Heilmittelregress 2005, S 13) und deshalb die betroffenen Arzneimittel grundsätzlich bei der Bildung der Richtgrößen einbezogen sind, besteht keine Verpflichtung, die entsprechenden Verordnungen pauschal vorab als Praxisbesonderheit anzuerkennen (BSG SozR 4-2500 § 84 Nr 2, RdNr 39).

40

Anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass noch im Jahr 2003 (nicht, wie vom Kläger behauptet, im Jahr 2004) die Verordnungskosten für die streitgegenständlichen Indikationsgebiete vollständig als Praxisbesonderheiten von der Verordnungssumme abgezogen wurden (vgl RGV 2003, Rheinisches Ärzteblatt 3/2003, S 80). Die vorgenommene Änderung zum 1.1.2004 war von dem den Vertragspartnern zustehenden Gestaltungsspielraum gedeckt. Sie reagierten damit auf den nach Einschätzung der zu 7) beigeladenen KÄV auch von der Pharmaindustrie gesteuerten Kostenschub bezogen auf die Verordnungskosten der streitgegenständlichen Arzneimittel, wie den Vertragsärzten ua in dem Informationsblatt KVNOextra Arzneimittel- und Heilmittelregress 2005 erläutert wurde.

41

Entgegen der Auffassung des Klägers stellt die Änderung kein systemwidriges Vorgehen der Vertragspartner dar. Zutreffend weist der Beklagte darauf hin, dass die Frage, welche Praxisbesonderheiten beim einzelnen Vertragsarzt anerkannt werden, nicht in dem vom Kläger beschriebenen Zusammenhang mit der Bildung der Richtgrößen steht. Nach § 1 Abs 1 der Anlage 2 der RGV 2005 wurde das Richtgrößenvolumen durch das (Brutto-)Ausgabenvolumen einschließlich des Apothekenrabatts sowie der gesetzlichen Versichertenzuzahlungen gebildet. Das nach § 84 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB V zu vereinbarende Ausgabenvolumen erfasst sämtliche von den Vertragsärzten nach § 31 SGB V veranlassten Leistungen(Gesetzentwurf zum ABAG, BT-Drucks 14/6309 S 7 zu Nr 3 <§ 84 Abs 1>). Ein Abzug von Praxisbesonderheiten erfolgt dabei nicht. Entsprechend muss auch eine Änderung der Anerkennungspraxis von Kosten für als Praxisbesonderheiten anerkannte Indikationsgebiete nicht an § 84 Abs 2 SGB V gemessen werden.

42

Der Kläger kann sich in diesem Zusammenhang auch nicht auf Vertrauensschutz berufen. Zum einen wurden die Verordnungskosten für die Indikationen, die als Praxisbesonderheiten in Betracht kommen, auch schon im Jahr 2004 nicht mehr vollständig in Abzug gebracht. Sofern auch für das Jahr 2004 bei dem Kläger eine Richtgrößenprüfung durchgeführt wurde - was nicht feststeht -, ist davon auszugehen, dass auch dort - entsprechend der RGV 2004 (Rheinisches Ärzteblatt 4/2004, S 66) - schon kein vollständiger Abzug der Verordnungskosten mehr vorgenommen wurde. Ungeachtet dessen handelt es sich zum anderen bei der Regelung in § 5 Abs 4 der Anlage 2 zur RGV 2005, mit welcher die Maßstäbe zur Prüfung der Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten nach § 106 Abs 5a Satz 5 SGB V bestimmt wurden, nicht um eine rückwirkende Regelung, durch welche der grundrechtlich verortete Vertrauensschutz des Vertragsarztes tangiert sein könnte(vgl zB BVerfGE 109, 133, 181; BVerfGE 126, 369, 393 = SozR 4-5050 § 22b Nr 9 RdNr 75; BVerfGE 131, 20, 38 f; zuletzt BVerfG Beschluss vom 17.12.2013 - 1 BvL 5/08 - RdNr 63). Die Anlage 2 zur RGV 2005 wurde im Rheinischen Ärzteblatt I/2005 veröffentlicht und lag damit zum Jahresbeginn 2005 vor.

43

4. Damit steht fest, dass der angefochtene Bescheid des Beklagten in der Sache richtig ist, dass er allerdings an dem Mangel leidet, dass dem Kläger keine Vereinbarung nach § 106 Abs 5a Satz 4 SGB V angeboten worden ist. Wenn sich ein solcher Verfahrensfehler vor Abschluss des gerichtlichen Verfahrens in der letzten Tatsacheninstanz herausstellt, muss den Beteiligten im Rahmen des Verfahrens die Möglichkeit gegeben werden, eine solche Vereinbarung abzuschließen. In der Revisionsinstanz ist das ausgeschlossen, weil der Prozess in tatsächlicher Hinsicht abgeschlossen ist. Eine Aufhebung des Berufungsurteils nach § 170 Abs 2 Satz 2 SGG allein zu dem Zweck, dass das LSG das wiedereröffnete Berufungsverfahren aussetzt, um den Beteiligten Gelegenheit zu geben, eine Vereinbarung nach § 106 Abs 5a Satz 4 SGB V zu schließen, ist jedenfalls dann nicht prozessökonomisch, wenn der Rechtsstreit ansonsten entscheidungsreif ist. Zudem hat der Beklagte, der endgültig weiß, dass der Regress in voller Höhe gerechtfertigt ist, keinen Anlass, dem Kläger einen mehr als nur symbolischen Nachlass zu gewähren. Die Nichtbeachtung der Hinwirkungspflicht des § 106 Abs 5a Satz 4 SGB V darf aber auch nicht völlig folgenlos bleiben, weil es sich insoweit nach der Konzeption des Gesetzes nicht um eine letztlich unverbindliche Sollvorschrift handelt. Jeder Vertragsarzt soll die Chance einer Regressreduzierung erhalten. Deshalb ist der Kläger hier so zu stellen, als hätte ihm der Beklagte die für ihn günstigste Möglichkeit einer Vereinbarung angeboten, die er akzeptiert hätte. Das hat hier eine Reduzierung des Regressbetrages um 20 % zur Folge.

44

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO und trägt dem anteiligen Obsiegen der Beteiligten in den drei Rechtszügen Rechnung.

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Bundessozialgericht Urteil, 15. Juli 2015 - B 6 KA 30/14 R zitiert 25 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 197a


(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskosten

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 170


(1) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundessozialgericht die Revision zurück. Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Gesetzesverletzung, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision eb

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 12 Wirtschaftlichkeitsgebot


(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungs

Insolvenzordnung - InsO | § 55 Sonstige Masseverbindlichkeiten


(1) Masseverbindlichkeiten sind weiter die Verbindlichkeiten: 1. die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzv

Insolvenzordnung - InsO | § 35 Begriff der Insolvenzmasse


(1) Das Insolvenzverfahren erfaßt das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse). (2) Übt der Schuldner eine selbstständige Tätigkeit aus oder beabsi

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 95 Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung


(1) An der vertragsärztlichen Versorgung nehmen zugelassene Ärzte und zugelassene medizinische Versorgungszentren sowie ermächtigte Ärzte und ermächtigte Einrichtungen teil. Medizinische Versorgungszentren sind ärztlich geleitete Einrichtungen, in de

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 106 Wirtschaftlichkeitsprüfung


(1) Die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen überwachen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich und d

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 73 Kassenärztliche Versorgung, Verordnungsermächtigung


(1) Die vertragsärztliche Versorgung gliedert sich in die hausärztliche und die fachärztliche Versorgung. Die hausärztliche Versorgung beinhaltet insbesondere1.die allgemeine und fortgesetzte ärztliche Betreuung eines Patienten in Diagnostik und Ther

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 31 Arznei- und Verbandmittel, Verordnungsermächtigung


(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 ausgeschlossen sind, und auf Versorgung mit Verbandmitteln, Harn- und B

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 106a Wirtschaftlichkeitsprüfung ärztlicher Leistungen


(1) Die Wirtschaftlichkeit der erbrachten ärztlichen Leistungen kann auf begründeten Antrag einer einzelnen Krankenkasse, mehrerer Krankenkassen gemeinsam oder der Kassenärztlichen Vereinigung arztbezogen durch die jeweilige Prüfungsstelle nach § 106

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 40 Nichtigkeit des Verwaltungsaktes


(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist. (2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen d

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 70 Qualität, Humanität und Wirtschaftlichkeit


(1) Die Krankenkassen und die Leistungserbringer haben eine bedarfsgerechte und gleichmäßige, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Versorgung der Versicherten zu gewährleisten. Die Versorgung der Versicherten m

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 84 Arznei- und Heilmittelvereinbarung


(1) Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich und die Kassenärztliche Vereinigung treffen zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung mit Leistungen nach § 31 bis zum 30. November für das jeweils fol

Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - - SGB 10 | § 42 Folgen von Verfahrens- und Formfehlern


Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 40 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn of

Zulassungsverordnung für Vertragsärzte - ZO-Ärzte | § 32


(1) Der Vertragsarzt hat die vertragsärztliche Tätigkeit persönlich in freier Praxis auszuüben. Bei Krankheit, Urlaub oder Teilnahme an ärztlicher Fortbildung oder an einer Wehrübung kann er sich innerhalb von zwölf Monaten bis zur Dauer von drei Mon

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) - SGB 5 | § 97 Berufungsausschüsse


(1) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Landesverbände der Krankenkassen sowie die Ersatzkassen errichten für den Bezirk jeder Kassenärztlichen Vereinigung einen Berufungsausschuß für Ärzte und einen Berufungsausschuß für Zahnärzte. Sie können

Bundesärzteordnung - BÄO | § 2


(1) Wer im Geltungsbereich dieses Gesetzes den ärztlichen Beruf ausüben will, bedarf der Approbation als Arzt. (2) Eine vorübergehende oder eine auf bestimmte Tätigkeiten beschränkte Ausübung des ärztlichen Berufs im Geltungsbereich dieses Gesetzes

Gesetz zur Ablösung des Arznei- und Heilmittelbudgets


Arzneimittelbudget-Ablösungsgesetz - ABAG

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(1) Das Insolvenzverfahren erfaßt das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse).

(2) Übt der Schuldner eine selbstständige Tätigkeit aus oder beabsichtigt er, demnächst eine solche Tätigkeit auszuüben, hat der Insolvenzverwalter ihm gegenüber zu erklären, ob Vermögen aus der selbstständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört und ob Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können. § 295a gilt entsprechend. Auf Antrag des Gläubigerausschusses oder, wenn ein solcher nicht bestellt ist, der Gläubigerversammlung ordnet das Insolvenzgericht die Unwirksamkeit der Erklärung an.

(3) Der Schuldner hat den Verwalter unverzüglich über die Aufnahme oder Fortführung einer selbständigen Tätigkeit zu informieren. Ersucht der Schuldner den Verwalter um die Freigabe einer solchen Tätigkeit, hat sich der Verwalter unverzüglich, spätestens nach einem Monat zu dem Ersuchen zu erklären.

(4) Die Erklärung des Insolvenzverwalters ist dem Gericht gegenüber anzuzeigen. Das Gericht hat die Erklärung und den Beschluss über ihre Unwirksamkeit öffentlich bekannt zu machen.

(1) Masseverbindlichkeiten sind weiter die Verbindlichkeiten:

1.
die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören;
2.
aus gegenseitigen Verträgen, soweit deren Erfüllung zur Insolvenzmasse verlangt wird oder für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muß;
3.
aus einer ungerechtfertigten Bereicherung der Masse.

(2) Verbindlichkeiten, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter begründet worden sind, auf den die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergegangen ist, gelten nach der Eröffnung des Verfahrens als Masseverbindlichkeiten. Gleiches gilt für Verbindlichkeiten aus einem Dauerschuldverhältnis, soweit der vorläufige Insolvenzverwalter für das von ihm verwaltete Vermögen die Gegenleistung in Anspruch genommen hat.

(3) Gehen nach Absatz 2 begründete Ansprüche auf Arbeitsentgelt nach § 169 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch auf die Bundesagentur für Arbeit über, so kann die Bundesagentur diese nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Satz 1 gilt entsprechend für die in § 175 Absatz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Ansprüche, soweit diese gegenüber dem Schuldner bestehen bleiben.

(4) Umsatzsteuerverbindlichkeiten des Insolvenzschuldners, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters oder vom Schuldner nach Bestellung eines vorläufigen Sachwalters begründet worden sind, gelten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit. Den Umsatzsteuerverbindlichkeiten stehen die folgenden Verbindlichkeiten gleich:

1.
sonstige Ein- und Ausfuhrabgaben,
2.
bundesgesetzlich geregelte Verbrauchsteuern,
3.
die Luftverkehr- und die Kraftfahrzeugsteuer und
4.
die Lohnsteuer.

(1) Die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen überwachen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich und die Kassenärztlichen Vereinigungen vereinbaren Inhalt und Durchführung der Beratungen und Prüfungen nach Absatz 2 sowie die Voraussetzungen für Einzelfallprüfungen. Die Vertragspartner können die Prüfungsstelle mit der Prüfung ärztlich verordneter Leistungen in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung beauftragen und tragen die Kosten. Die Krankenkassen übermitteln der Prüfungsstelle die Daten der in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung verordneten Leistungen; dabei sind zusätzlich die Zahl der Behandlungsfälle und eine Zuordnung der verordneten Leistungen zum Datum der Behandlung zu übermitteln. Die §§ 296 und 297 gelten entsprechend.

(2) Die Wirtschaftlichkeit der Versorgung wird von der Prüfungsstelle nach § 106c geprüft durch

1.
arztbezogene Prüfungen ärztlicher Leistungen nach § 106a,
2.
arztbezogene Prüfungen ärztlich verordneter Leistungen nach § 106b.
Die Prüfungen werden auf der Grundlage der Daten durchgeführt, die der Prüfungsstelle nach § 106c gemäß § 296 Absatz 1, 2 und 4 sowie § 297 Absatz 2 übermittelt werden. Hat die Prüfungsstelle Zweifel an der Richtigkeit der übermittelten Daten, ermittelt sie die Datengrundlagen für die Prüfung aus einer Stichprobe der abgerechneten Behandlungsfälle des Arztes und rechnet die so ermittelten Teildaten nach einem statistisch zulässigen Verfahren auf die Grundgesamtheit der Arztpraxis hoch.

(3) Die Prüfungsstelle nach § 106c bereitet die für die Prüfungen nach Absatz 2 erforderlichen Daten und sonstigen Unterlagen auf, trifft Feststellungen zu den für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit wesentlichen Sachverhalten und entscheidet unter Beachtung der Vereinbarungen nach den §§ 106a und 106b, ob der Vertragsarzt, der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat und welche Maßnahmen zu treffen sind. Eine Maßnahme kann insbesondere auch die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung sein. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung auf Grund einer Wirtschaftlichkeitsprüfung, die von Amts wegen durchzuführen ist, muss für ärztliche Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab Erlass des Honorarbescheides und für ärztlich verordnete Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, erfolgen; § 45 Absatz 2 des Ersten Buches gilt entsprechend. Für Wirtschaftlichkeitsprüfungen, die auf Grund eines Antrags erfolgen, ist der Antrag für die Prüfung ärztlicher Leistungen spätestens 18 Monate nach Erlass des Honorarbescheides und für die Prüfung ärztlich verordneter Leistungen spätestens 18 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, bei der Prüfungsstelle nach § 106c einzureichen. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung muss innerhalb weiterer zwölf Monate nach Ablauf der in Satz 4 genannten Frist erfolgen; die Regelung des § 45 Absatz 2 des Ersten Buches findet keine entsprechende Anwendung. Gezielte Beratungen sollen weiteren Maßnahmen in der Regel vorangehen. Die Prüfungsstelle berät die Vertragsärzte auf der Grundlage von Übersichten über die von ihnen im Zeitraum eines Jahres oder in einem kürzeren Zeitraum erbrachten, verordneten oder veranlassten Leistungen über Fragen der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Versorgung.

(4) Werden Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassenverbände und Kassenärztlichen Vereinigungen für eine ordnungsgemäße Umsetzung. Können Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt werden, weil die erforderlichen Daten nach den §§ 296 und 297 nicht oder nicht im vorgesehenen Umfang oder nicht fristgerecht übermittelt worden sind, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassen oder der Kassenärztlichen Vereinigungen. Die zuständige Aufsichtsbehörde hat nach Anhörung der Vorstandsmitglieder und der jeweils entsandten Vertreter im Ausschuss den Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung das Regressverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten auch für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der im Krankenhaus erbrachten ambulanten ärztlichen und belegärztlichen Leistungen.

(1) Masseverbindlichkeiten sind weiter die Verbindlichkeiten:

1.
die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören;
2.
aus gegenseitigen Verträgen, soweit deren Erfüllung zur Insolvenzmasse verlangt wird oder für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muß;
3.
aus einer ungerechtfertigten Bereicherung der Masse.

(2) Verbindlichkeiten, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter begründet worden sind, auf den die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergegangen ist, gelten nach der Eröffnung des Verfahrens als Masseverbindlichkeiten. Gleiches gilt für Verbindlichkeiten aus einem Dauerschuldverhältnis, soweit der vorläufige Insolvenzverwalter für das von ihm verwaltete Vermögen die Gegenleistung in Anspruch genommen hat.

(3) Gehen nach Absatz 2 begründete Ansprüche auf Arbeitsentgelt nach § 169 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch auf die Bundesagentur für Arbeit über, so kann die Bundesagentur diese nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Satz 1 gilt entsprechend für die in § 175 Absatz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Ansprüche, soweit diese gegenüber dem Schuldner bestehen bleiben.

(4) Umsatzsteuerverbindlichkeiten des Insolvenzschuldners, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters oder vom Schuldner nach Bestellung eines vorläufigen Sachwalters begründet worden sind, gelten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit. Den Umsatzsteuerverbindlichkeiten stehen die folgenden Verbindlichkeiten gleich:

1.
sonstige Ein- und Ausfuhrabgaben,
2.
bundesgesetzlich geregelte Verbrauchsteuern,
3.
die Luftverkehr- und die Kraftfahrzeugsteuer und
4.
die Lohnsteuer.

(1) Das Insolvenzverfahren erfaßt das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse).

(2) Übt der Schuldner eine selbstständige Tätigkeit aus oder beabsichtigt er, demnächst eine solche Tätigkeit auszuüben, hat der Insolvenzverwalter ihm gegenüber zu erklären, ob Vermögen aus der selbstständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört und ob Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können. § 295a gilt entsprechend. Auf Antrag des Gläubigerausschusses oder, wenn ein solcher nicht bestellt ist, der Gläubigerversammlung ordnet das Insolvenzgericht die Unwirksamkeit der Erklärung an.

(3) Der Schuldner hat den Verwalter unverzüglich über die Aufnahme oder Fortführung einer selbständigen Tätigkeit zu informieren. Ersucht der Schuldner den Verwalter um die Freigabe einer solchen Tätigkeit, hat sich der Verwalter unverzüglich, spätestens nach einem Monat zu dem Ersuchen zu erklären.

(4) Die Erklärung des Insolvenzverwalters ist dem Gericht gegenüber anzuzeigen. Das Gericht hat die Erklärung und den Beschluss über ihre Unwirksamkeit öffentlich bekannt zu machen.

(1) Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich und die Kassenärztliche Vereinigung treffen zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung mit Leistungen nach § 31 bis zum 30. November für das jeweils folgende Kalenderjahr eine Arzneimittelvereinbarung. Die Vereinbarung umfasst

1.
ein Ausgabenvolumen für die insgesamt von den Vertragsärzten nach § 31 veranlassten Leistungen,
2.
Versorgungs- und Wirtschaftlichkeitsziele und konkrete, auf die Umsetzung dieser Ziele ausgerichtete Maßnahmen, insbesondere Verordnungsanteile für Wirkstoffe und Wirkstoffgruppen im jeweiligen Anwendungsgebiet, Verordnungsanteile für Generika und im Wesentlichen gleiche biotechnologisch hergestellte biologische Arzneimittel im Sinne des Artikels 10 Absatz 4 der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. L 311 vom 28.11.2001, S. 67), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/5 (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 24) geändert worden ist, auch zur Verordnung wirtschaftlicher Einzelmengen (Zielvereinbarungen), insbesondere zur Information und Beratung und
3.
Kriterien für Sofortmaßnahmen zur Einhaltung des vereinbarten Ausgabenvolumens innerhalb des laufenden Kalenderjahres.
Kommt eine Vereinbarung bis zum Ablauf der in Satz 1 genannten Frist nicht zustande, gilt die bisherige Vereinbarung bis zum Abschluss einer neuen Vereinbarung oder einer Entscheidung durch das Schiedsamt weiter. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen teilen das nach Satz 2 Nr. 1 vereinbarte oder schiedsamtlich festgelegte Ausgabenvolumen dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit. Die Krankenkasse kann mit Ärzten abweichende oder über die Regelungen nach Satz 2 hinausgehende Vereinbarungen treffen.

(2) Bei der Anpassung des Ausgabenvolumens nach Absatz 1 Nr. 1 sind insbesondere zu berücksichtigen

1.
Veränderungen der Zahl und Altersstruktur der Versicherten,
2.
Veränderungen der Preise der Leistungen nach § 31,
3.
Veränderungen der gesetzlichen Leistungspflicht der Krankenkassen,
4.
Änderungen der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Abs. 1 Nr. 6,
5.
der wirtschaftliche und qualitätsgesicherte Einsatz innovativer Arzneimittel,
6.
Veränderungen der sonstigen indikationsbezogenen Notwendigkeit und Qualität bei der Arzneimittelverordnung auf Grund von getroffenen Zielvereinbarungen nach Absatz 1 Nr. 2,
7.
Veränderungen des Verordnungsumfangs von Leistungen nach § 31 auf Grund von Verlagerungen zwischen den Leistungsbereichen und
8.
Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven entsprechend den Zielvereinbarungen nach Absatz 1 Nr. 2.

(3) Überschreitet das tatsächliche, nach Absatz 5 Satz 1 bis 3 festgestellte Ausgabenvolumen für Leistungen nach § 31 das nach Absatz 1 Nr. 1 vereinbarte Ausgabenvolumen, ist diese Überschreitung Gegenstand der Gesamtverträge. Die Vertragsparteien haben dabei die Ursachen der Überschreitung, insbesondere auch die Erfüllung der Zielvereinbarungen nach Absatz 1 Nr. 2 zu berücksichtigen. Bei Unterschreitung des nach Absatz 1 Nr. 1 vereinbarten Ausgabenvolumens kann diese Unterschreitung Gegenstand der Gesamtverträge werden.

(4) Werden die Zielvereinbarungen nach Absatz 1 Nr. 2 erfüllt, entrichten die beteiligten Krankenkassen auf Grund einer Regelung der Parteien der Gesamtverträge auch unabhängig von der Einhaltung des vereinbarten Ausgabenvolumens nach Absatz 1 Nr. 1 einen vereinbarten Bonus an die Kassenärztliche Vereinigung.

(4a) Die Vorstände der Krankenkassenverbände sowie der Ersatzkassen, soweit sie Vertragspartei nach Absatz 1 sind und der Kassenärztlichen Vereinigungen haften für eine ordnungsgemäße Umsetzung der vorgenannten Maßnahmen.

(5) Zur Feststellung des tatsächlichen Ausgabenvolumens nach Absatz 3 erfassen die Krankenkassen die während der Geltungsdauer der Arzneimittelvereinbarung veranlassten Ausgaben arztbezogen, nicht versichertenbezogen. Sie übermitteln diese Angaben nach Durchführung der Abrechnungsprüfung dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen, der diese Daten kassenartenübergreifend zusammenführt und jeweils der Kassenärztlichen Vereinigung übermittelt, der die Ärzte, welche die Ausgaben veranlasst haben, angehören; zugleich übermittelt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen diese Daten den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen, die Vertragspartner der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung nach Absatz 1 sind. Ausgaben nach Satz 1 sind auch Ausgaben für Leistungen nach § 31, die durch Kostenerstattung vergütet worden sind. Zudem erstellt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen für jede Kassenärztliche Vereinigung monatliche Berichte über die Entwicklung der Ausgaben von Leistungen nach § 31 und übermitteln diese Berichte als Schnellinformationen den Vertragspartnern nach Absatz 1 insbesondere für Abschluss und Durchführung der Arzneimittelvereinbarung sowie für die Informationen nach § 73 Abs. 8. Für diese Berichte gelten Satz 1 und 2 entsprechend; Satz 2 gilt mit der Maßgabe, dass die Angaben vor Durchführung der Abrechnungsprüfung zu übermitteln sind. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung erhält für die Vereinbarung der Rahmenvorgaben nach Absatz 7 und für die Informationen nach § 73 Abs. 8 eine Auswertung dieser Berichte. Die Krankenkassen sowie der Spitzenverband Bund der Krankenkassen können eine Arbeitsgemeinschaft nach § 219 mit der Durchführung der vorgenannten Aufgaben beauftragen. § 304 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 gilt entsprechend.

(6) Die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen vereinbaren bis zum 30. September für das jeweils folgende Kalenderjahr Rahmenvorgaben für die Inhalte der Arzneimittelvereinbarungen nach Absatz 1 sowie für die Inhalte der Informationen und Hinweise nach § 73 Abs. 8. Die Rahmenvorgaben haben die Arzneimittelverordnungen zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen zu vergleichen und zu bewerten; dabei ist auf Unterschiede in der Versorgungsqualität und Wirtschaftlichkeit hinzuweisen. Von den Rahmenvorgaben dürfen die Vertragspartner der Arzneimittelvereinbarung nur abweichen, soweit dies durch die regionalen Versorgungsbedingungen begründet ist.

(7) Die Absätze 1 bis 6 sind für Heilmittel unter Berücksichtigung der besonderen Versorgungs- und Abrechnungsbedingungen im Heilmittelbereich entsprechend anzuwenden. Veranlasste Ausgaben im Sinne des Absatzes 5 Satz 1 betreffen die während der Geltungsdauer der Heilmittelvereinbarung mit den Krankenkassen abgerechneten Leistungen. Die in Absatz 5 geregelte Datenübermittlung erfolgt für die Heilmittel in arztbezogener Form sowie versichertenbezogen in pseudonymisierter Form. Das Nähere zur Datenübermittlung und zum Verfahren der Pseudonymisierung regelt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen.

(8) Das Bundesministerium für Gesundheit kann bei Ereignissen mit erheblicher Folgewirkung für die medizinische Versorgung zur Gewährleistung der notwendigen Versorgung mit Leistungen nach § 31 die Ausgabenvolumen nach Absatz 1 Nr. 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates erhöhen.

(1) Die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen überwachen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich und die Kassenärztlichen Vereinigungen vereinbaren Inhalt und Durchführung der Beratungen und Prüfungen nach Absatz 2 sowie die Voraussetzungen für Einzelfallprüfungen. Die Vertragspartner können die Prüfungsstelle mit der Prüfung ärztlich verordneter Leistungen in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung beauftragen und tragen die Kosten. Die Krankenkassen übermitteln der Prüfungsstelle die Daten der in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung verordneten Leistungen; dabei sind zusätzlich die Zahl der Behandlungsfälle und eine Zuordnung der verordneten Leistungen zum Datum der Behandlung zu übermitteln. Die §§ 296 und 297 gelten entsprechend.

(2) Die Wirtschaftlichkeit der Versorgung wird von der Prüfungsstelle nach § 106c geprüft durch

1.
arztbezogene Prüfungen ärztlicher Leistungen nach § 106a,
2.
arztbezogene Prüfungen ärztlich verordneter Leistungen nach § 106b.
Die Prüfungen werden auf der Grundlage der Daten durchgeführt, die der Prüfungsstelle nach § 106c gemäß § 296 Absatz 1, 2 und 4 sowie § 297 Absatz 2 übermittelt werden. Hat die Prüfungsstelle Zweifel an der Richtigkeit der übermittelten Daten, ermittelt sie die Datengrundlagen für die Prüfung aus einer Stichprobe der abgerechneten Behandlungsfälle des Arztes und rechnet die so ermittelten Teildaten nach einem statistisch zulässigen Verfahren auf die Grundgesamtheit der Arztpraxis hoch.

(3) Die Prüfungsstelle nach § 106c bereitet die für die Prüfungen nach Absatz 2 erforderlichen Daten und sonstigen Unterlagen auf, trifft Feststellungen zu den für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit wesentlichen Sachverhalten und entscheidet unter Beachtung der Vereinbarungen nach den §§ 106a und 106b, ob der Vertragsarzt, der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat und welche Maßnahmen zu treffen sind. Eine Maßnahme kann insbesondere auch die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung sein. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung auf Grund einer Wirtschaftlichkeitsprüfung, die von Amts wegen durchzuführen ist, muss für ärztliche Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab Erlass des Honorarbescheides und für ärztlich verordnete Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, erfolgen; § 45 Absatz 2 des Ersten Buches gilt entsprechend. Für Wirtschaftlichkeitsprüfungen, die auf Grund eines Antrags erfolgen, ist der Antrag für die Prüfung ärztlicher Leistungen spätestens 18 Monate nach Erlass des Honorarbescheides und für die Prüfung ärztlich verordneter Leistungen spätestens 18 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, bei der Prüfungsstelle nach § 106c einzureichen. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung muss innerhalb weiterer zwölf Monate nach Ablauf der in Satz 4 genannten Frist erfolgen; die Regelung des § 45 Absatz 2 des Ersten Buches findet keine entsprechende Anwendung. Gezielte Beratungen sollen weiteren Maßnahmen in der Regel vorangehen. Die Prüfungsstelle berät die Vertragsärzte auf der Grundlage von Übersichten über die von ihnen im Zeitraum eines Jahres oder in einem kürzeren Zeitraum erbrachten, verordneten oder veranlassten Leistungen über Fragen der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Versorgung.

(4) Werden Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassenverbände und Kassenärztlichen Vereinigungen für eine ordnungsgemäße Umsetzung. Können Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt werden, weil die erforderlichen Daten nach den §§ 296 und 297 nicht oder nicht im vorgesehenen Umfang oder nicht fristgerecht übermittelt worden sind, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassen oder der Kassenärztlichen Vereinigungen. Die zuständige Aufsichtsbehörde hat nach Anhörung der Vorstandsmitglieder und der jeweils entsandten Vertreter im Ausschuss den Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung das Regressverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten auch für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der im Krankenhaus erbrachten ambulanten ärztlichen und belegärztlichen Leistungen.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 30. Mai 2012 aufgehoben. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 2. Februar 2011 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte bei seiner erneuten Entscheidung über den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid des Prüfungsausschusses vom 12. Dezember 2007 die Rechtsauffassung des Senats zu beachten hat.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Tatbestand

1

Im Streit steht ein Verordnungsregress für das Jahr 2005 auf der Grundlage von Richtgrößen.

2

Der Kläger nimmt im Bezirk der zu 1. beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) als Facharzt für Allgemeinmedizin an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Seine Bruttokosten für die Verordnung von Arznei- und Verbandmitteln einschließlich Sprechstundenbedarf betrugen im Jahre 2005 515 472,90 Euro und überstiegen damit das für ihn maßgebliche Richtgrößenvolumen um 101,94 %. Der (damalige) Prüfungsausschuss teilte dem Kläger den Richtgrößenjahresvergleich sowie die Absicht mit, eine Wirtschaftlichkeitsprüfung auf der Grundlage von Richtgrößen durchzuführen. Der - noch nicht anwaltlich vertretene - Kläger gab keine Stellungnahme ab und unterzeichnete auch nicht die ihm angebotene Vereinbarung über die Verminderung des berechneten Regresses um ein Fünftel gemäß § 106 Abs 5a Satz 4 SGB V. Der Prüfungsausschuss setzte daraufhin einen Regress in Höhe von 36 930,90 Euro fest (Bescheid vom 12.12.2007); nach Anerkennung von Praxisbesonderheiten verblieb eine Restüberschreitung von 42,2 %.

3

Der Widerspruch des Klägers, mit dem er weitere Besonderheiten sowie - hilfsweise - den Abschluss einer individuellen Richtgrößenvereinbarung (IRV) geltend machte, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid des beklagten Beschwerdeausschusses vom 4.7.2008). Der Beklagte führte aus, weitere Praxisbesonderheiten seien nicht zu erkennen. Eine individuelle Richtgröße könne nur vor Festsetzung des Regresses vereinbart werden; während des Verfahrens vor dem Prüfungsausschuss sei jedoch kein entsprechender Antrag gestellt worden. Nach Erlass des Prüfbescheides sei eine Vereinbarung ausgeschlossen. Auf die Klage hat das SG den Bescheid wegen Verstoßes gegen § 106 Abs 5d SGB V aufgehoben und den Beklagten zur Neubescheidung verpflichtet(Urteil vom 2.2.2011): Wenn der Arzt den Abschluss einer IRV beantrage, sei (auch) der Beklagte verpflichtet, diesem ein entsprechendes Angebot zu unterbreiten. Auf die Berufung des Beklagten hat das LSG das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 30.5.2012).

4

Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, inhaltlich sei der festgesetzte Regress nicht zu beanstanden. Der Bescheid des Beklagten sei auch nicht deswegen rechtswidrig, weil dieser es abgelehnt habe, mit dem Kläger eine Vereinbarung über eine individuelle Richtgröße zu schließen. § 106 Abs 5d SGB V setze zum einen den Abschluss einer solchen Vereinbarung vor der Festsetzung eines Regresses voraus und unterwerfe zum anderen die Prüfgremien keinem Kontrahierungszwang, sondern lediglich einer Verhandlungspflicht, die durch ein entsprechendes Begehren des Vertragsarztes ausgelöst werden müsse. Dass die Vereinbarung über eine individuelle Richtgröße nur vor der Festsetzung eines Regresses geschlossen werden könne, ergebe sich aus dem klaren Wortlaut des Gesetzes. Solle eine derartige Vereinbarung die Festsetzung eines Regresses verhindern, müsse sie vor Bekanntgabe des den Regress festsetzenden Bescheides geschlossen sein. Vor diesem Hintergrund sei die alleinige Erwähnung des "Prüfungsausschusses" in § 106 Abs 5d Satz 1 SGB V beredt, denn in aller Regel sei es dieser und nicht erst der Beschwerdeausschuss, der einen Regress festsetze. Habe der Prüfungsausschuss einen Regress festgesetzt, komme im Verfahren vor dem Beschwerdeausschuss der Abschluss einer regresshindernden IRV nicht mehr in Betracht. Dem stehe nicht entgegen, dass der Bescheid des Beschwerdeausschusses den Bescheid des Prüfungsausschusses ersetze, denn dies bedeute nicht, dass mit der Anrufung des Beschwerdeausschusses oder mit dessen Entscheidung der Bescheid des Prüfungsausschusses gegenstandslos würde. Vor dem Beschwerdeausschuss könne ein Vertragsarzt eine regresshindernde Vereinbarung nur dann abschließen, wenn der Prüfungsausschuss gegen ihn keinen Regress festgesetzt habe oder wenn dessen Bescheid (ausnahmsweise) aufgehoben worden sei.

5

§ 106 Abs 5d SGB V vermittele keinen Anspruch auf Abschluss einer IRV, sondern lediglich ein Recht auf Verhandlung über eine solche Vereinbarung; dieses Recht müsse der Arzt vor Festsetzung des Regresses geltend machen. § 106 Abs 5d Satz 1 SGB V räume den Beteiligten - und damit auch den Prüfgremien - erhebliche Spielräume ein. Angesichts dieser Spielräume bestehe kein Raum für einen Kontrahierungszwang der Prüfgremien. Eine IRV beinhalte den Abschluss eines Vertrages, könne also nur im gegenseitigen Einvernehmen abgeschlossen werden. Allerdings dürfe § 106 Abs 5d Satz 1 SGB V von den Prüfgremien nicht durch die Verweigerung jeglicher Verhandlungen unterlaufen werden. Der Wortlaut des § 106 Abs 5d Satz 1 SGB V gebe auch nichts dafür her, dass die Prüfgremien auf den Abschluss einer IRV hinwirken müssten. Gegen eine solche Verpflichtung spreche die Systematik des Gesetzes: In § 106 Abs 5a Satz 4 SGB V sei eine solche Hinwirkungspflicht ausdrücklich geregelt, nicht hingegen in § 106 Abs 5d Satz 1 SGB V. Gegen eine somit allein bestehende Verhandlungspflicht hätten vorliegend weder der Prüfungsausschuss noch der Beschwerdeausschuss verstoßen, denn im Verfahren vor dem Prüfungsausschuss habe sich der Kläger nicht geäußert.

6

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung von Bundesrecht. Aus § 106 Abs 5d Satz 1 SGB V ergebe sich ein Anspruch des geprüften Vertragsarztes auf Unterbreitung eines Angebots über eine IRV. Hätte der Gesetzgeber ein konkretes Antragserfordernis für erforderlich gehalten, hätte er dies - wie etwa in § 106 Abs 5e Satz 4 SGB V - formuliert. Der Beklagte habe durch Verneinung seiner Zuständigkeit für den Abschluss einer IRV jegliche Verhandlung verweigert und somit seinen - des Klägers - Anspruch unterlaufen. Ein Angebot auf Abschluss einer IRV habe nicht nur der im ersten Verwaltungsrechtszug zuständige Prüfungsausschuss zu unterbreiten, sondern auch der Beschwerdeausschuss. Die Annahme des LSG, die Vereinbarung einer individuellen Richtgröße könne ausschließlich vor der Festsetzung eines Regresses erfolgen, gehe fehl. Der Beschwerdeausschuss dürfe sich sämtlicher in § 106 SGB V geregelter Maßnahmen bedienen, da ihm die Überprüfung der Entscheidung des Prüfungsausschusses insgesamt - einschließlich bestehender Ermessens- und Beurteilungsspielräume - obliege, er ab dem Zeitpunkt der Einlegung des Widerspruches ausschließlich funktionell zuständig werde und eine insgesamt eigenständige Prüfung und Bewertung des jeweiligen Sachverhalts vornehme.

7

Eine IRV könne unabhängig davon getroffen werden, welche Maßnahme zuvor durch den Prüfungsausschuss festgesetzt worden sei und ob dieser selbst von der Regelung des § 106 Abs 5d SGB V Gebrauch gemacht habe oder nicht. Der Zweck des § 106 Abs 5d SGB V, eine höhere Effizienz des Prüfverfahrens zu bewirken, sei vorliegend nicht bereits wegen Zeitablaufs unmöglich geworden. Vielmehr könne eine Steuerungsfunktion unabhängig davon gegeben sein, zu welchem Zeitpunkt die Vereinbarung geschlossen werde. Durch eine IRV werde dem Effizienzgebot weitaus mehr gedient als durch ein streitiges Verfahren im Falle der wiederholten Festsetzung eines Regresses. Zu berücksichtigen sei auch, dass die Festsetzung des Regresses innerhalb der zweijährigen Ausschlussfrist zu erfolgen habe. Erfahrungsgemäß verblieben damit vor dem Prüfungsausschuss nur wenige Monate zur Aushandlung einer IRV; im anschließenden Widerspruchsverfahren bestehe ein derartiger Fristendruck hingegen nicht. Die Auffassung des LSG führe zudem zu unbilligen Ergebnissen in Form nicht mehr korrigierbarer Entscheidungen der Prüfungsausschüsse.

8

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sächsischen LSG vom 30.5.2012 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG Dresden vom 2.2.2011 zurückzuweisen.

9

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Er sei nicht verpflichtet gewesen, dem Kläger vor der abschließenden Festsetzung des Regressbetrages ein Angebot zum Abschluss einer IRV zu unterbreiten. Nach Festsetzung eines Regresses komme die Vereinbarung einer individuellen Richtgröße nicht mehr in Betracht, wie sich aus dem eindeutigen Wortlaut des § 106 Abs 5d Satz 1 SGB V ergebe. Die Festsetzung einer individuellen Richtgröße solle in zeitlicher Hinsicht eine Zäsur darstellen. Auch sei die hinter der Regelung stehende Intention, das Verwaltungsverfahren zu vereinfachen, nicht mehr zu erreichen, wenn bereits das Verwaltungsverfahren in zweiter Instanz eröffnet sei. Eine Kompetenz des Beschwerdeausschusses zur Vereinbarung einer individuellen Richtgröße komme nur ausnahmsweise in Betracht, insbesondere wenn die Prüfungsstelle keinen Regress festgesetzt habe und deren Entscheidung von anderen Verfahrensbeteiligten als dem Vertragsarzt angegriffen werde. Der Prüfungsausschuss sei nicht verpflichtet, dem Arzt ein entsprechendes Angebot zu unterbreiten. Der Kläger habe sein Recht und seine Pflicht zur Mitwirkung nicht wahrgenommen; daraus könne ihm später kein Vorteil erwachsen.

11

Die Beigeladene zu 1. schließt sich - ohne einen Antrag zu stellen - der Auffassung des Klägers an. Die übrigen Beigeladenen haben weder Anträge gestellt noch sich sonst geäußert.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision des Klägers ist begründet. Das LSG hat der Berufung des Beklagten zu Unrecht stattgegeben.

13

Der Beklagte muss - wie das SG im Ergebnis richtig gesehen hat - über den Widerspruch des Klägers gegen die Entscheidung des Prüfungsausschusses (seit dem 1.1.2008: Prüfungsstelle) neu entscheiden und mit dem Kläger insbesondere in Verhandlungen über den Abschluss einer IRV treten. Zwar sind die Prüfgremien nicht verpflichtet, auf den Abschluss einer IRV hinzuwirken (1.a.); beantragt jedoch der geprüfte Arzt den Abschluss einer IRV oder regt er dies an, sind die Prüfgremien gehalten, mit ihm über den Abschluss einer IRV zu verhandeln (1.b.). Diese Verpflichtung obliegt nicht allein dem (früheren) Prüfungsausschuss bzw der Prüfungsstelle, sondern auch dem Beschwerdeausschuss (2.a.); die Festsetzung eines Regressbetrages durch Prüfungsausschuss bzw Prüfungsstelle entfaltet insoweit keine Sperrwirkung (2.b.).

14

1.a. Das LSG hat zutreffend erkannt, dass die Prüfgremien nicht verpflichtet sind, dem zu prüfenden Vertragsarzt von sich aus den Abschluss einer IRV anzubieten oder in sonstiger Weise hierauf hinzuwirken (siehe schon LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 21.2.2011 - L 3 KA 100/10 B ER - Juris RdNr 25; in diesem Sinne auch Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, K § 106 RdNr 227; ders, NZS 2004, 572, 575; Seifert in Eichenhofer/Wenner, SGB V, § 106 RdNr 21). Eine derartige Handlungspflicht wird den Prüfgremien weder explizit vorgegeben noch lässt sie sich dem Gesamtzusammenhang der in § 106 SGB V enthaltenen Regelungen entnehmen.

15

Nach § 106 Abs 5a Satz 3 SGB V(in der ab dem 1.1.2004 geltenden und seither - nahezu - unveränderten Fassung des GKV-Modernisierungsgesetzes vom 14.11.2003, BGBl I 2190) hat der Vertragsarzt bei einer Überschreitung des Richtgrößenvolumens um mehr als 25 vom Hundert nach Feststellung durch den Prüfungsausschuss (ab 1.1.2008: die Prüfungsstelle) den sich daraus ergebenden Mehraufwand den Krankenkassen zu erstatten, soweit dieser nicht durch Praxisbesonderheiten begründet ist. Abweichend von § 106 Abs 5a Satz 3 SGB V wird ein zu erstattender Mehraufwand nicht festgesetzt, soweit der Prüfungsausschuss (jetzt: die Prüfungsstelle) mit dem Arzt eine individuelle Richtgröße vereinbart, die eine wirtschaftliche Verordnungsweise des Arztes unter Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten gewährleistet(§ 106 Abs 5d Satz 1 SGB V idF des GMG). In dieser Vereinbarung muss sich der Arzt verpflichten, ab dem Quartal, das auf die Vereinbarung folgt, jeweils den sich aus einer Überschreitung dieser Richtgröße ergebenden Mehraufwand den Krankenkassen zu erstatten (§ 106 Abs 5d Satz 2 SGB V). Eine Verpflichtung der Prüfgremien, auf den Abschluss einer IRV hinzuwirken, ergibt sich hieraus nicht; auch die Gesetzesbegründung (FraktE-GMG, BT-Drucks 15/1525 S 117 zu Nr 82 <§ 106> Buchst k)verhält sich nicht zu einer "Hinwirkungspflicht" der Prüfgremien.

16

Dass die Norm keine entsprechende Verpflichtung statuiert, zeigt insbesondere auch der Vergleich mit der - ebenfalls den Abschluss einer die Festsetzung eines Regresses ersetzenden Vereinbarung ("Vertrag vor Verwaltungsakt") regelnden - Vorschrift des § 106 Abs 5a Satz 4 SGB V. Dort ist ausdrücklich bestimmt, dass die Prüfungsstelle (bzw zuvor der Prüfungsausschuss) vor ihren Entscheidungen und Festsetzungen auf den Abschluss einer (der Festsetzung) entsprechenden Vereinbarung, die eine Minderung des Erstattungsbetrages um bis zu einem Fünftel zum Inhalt haben kann, "hinwirken soll". Auch in der Gesetzesbegründung zum Gesetz zur Ablösung des Arznei- und Heilmittelbudgets (<ABAG>, vom 19.12.2001, BGBl I 3773) wird hervorgehoben, dass die Regelung den Prüfungsausschuss "anhalte", eine vertragliche Vereinbarung mit dem Arzt herbeizuführen (FraktE-ABAG, BT-Drucks 14/6309 S 11 zu Nr 4 <§ 106>). Da diese - als § 106 Abs 5a Satz 7 SGB V durch das ABAG mit Wirkung zum 31.12.2001 in das Gesetz eingefügte - Vorschrift bei Inkrafttreten des § 106 Abs 5d SGB V bereits galt, kann aus dem Umstand, dass § 106 Abs 5d SGB V keine vergleichbare Vorgabe enthält, nur der Schluss gezogen werden, dass der Gesetzgeber hiervon nicht versehentlich, sondern bewusst Abstand genommen hat.

17

Die unterschiedlichen Vorgaben in § 106 Abs 5a Satz 4 und Abs 5d SGB V sind auch sachlich begründet. Zwar haben beide Regelungen gemein, dass sie auf eine freiwillige Vereinbarung zwischen Prüfungsausschuss bzw Prüfungsstelle und Vertragsarzt abzielen. Der Charakter beider Maßnahmen ist ansonsten jedoch nicht vergleichbar: § 106 Abs 5a Satz 4 SGB V erleichtert die Durchsetzung eines Regresses, indem er eine Reduzierung des an sich fälligen Regressbetrages im Gegenzug zu einem Verzicht des Arztes auf eine förmliche Entscheidung und ein gerichtliches Verfahren ermöglicht. Dies kommt auch in der Gesetzesbegründung (FraktE-ABAG, BT-Drucks 14/6309 S 11 zu Nr 4 <§ 106> Buchst b)zum Ausdruck, wenn es dort heißt, die Regelung ziele darauf ab, aufwändige und langwierige Streitverfahren möglichst zu vermeiden. Da die Prüfgremien auch ohne diese Vorschrift berechtigt wären, ein Prüfverfahren im Vergleichswege zu beenden, erweitert die Norm deren Handlungsmöglichkeiten nicht, sondern forciert lediglich (in engen Grenzen) den Abschluss derartiger Vergleiche. Demgegenüber ermöglicht es § 106 Abs 5d Satz 1 SGB V, eine Prüfmaßnahme - die Festsetzung des Mehraufwandes - vollständig durch den Abschluss einer auf die Zukunft bezogenen IRV zu ersetzen, mithin auf die gesamte Forderung zu verzichten(so auch FraktE-GMG, BT-Drucks 15/1525 S 117 zu Nr 82 <§ 106> Buchst k: "Verzicht").

18

Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber die vergleichsweise Beendigung des Prüfverfahrens nach § 106 Abs 5a Satz 4 SGB V an keine Voraussetzungen geknüpft hat; demgegenüber setzt § 106 Abs 5d Satz 1 SGB V voraus, dass die individuelle Richtgröße einerseits eine wirtschaftliche Verordnungsweise, andererseits die Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten gewährleistet. Zudem hat eine IRV für den Vertragsarzt deutlich weitergehende Folgen als der vorerwähnte Vergleichsschluss, weil sie ihn zukünftig an eine individuelle Richtgröße bindet und ihm im Falle der Überschreitung dieser Richtgröße die Möglichkeit nimmt, diese nachträglich in Zweifel zu ziehen; auch die nachträgliche Geltendmachung von Praxisbesonderheiten ist ausgeschlossen (Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, K § 106 RdNr 231; ders, NZS 2004, 572, 575; Hencke in Peters, SGB V, § 106 RdNr 12; Seifert in Eichenhofer/Wenner aaO; Kuhlen, ArztuR 2006, 103, 104). Auch zieht ein Verstoß gegen die individuelle Richtgröße härtere Sanktionen nach sich als eine Überschreitung der regulären Richtgrößen. Bei einer Überschreitung der individuellen Richtgröße ist der komplette Mehraufwand zu erstatten (in diesem Sinne auch Hencke in Peters, SGB V, § 106 RdNr 12; wohl auch Seifert in Eichenhofer/Wenner aaO; aA Rompf in Liebold/Zalewski, SGB V, § 106 RdNr C 106-76). Einen "Toleranzbereich" wie in § 106 Abs 5a Satz 1 und 3 SGB V - mit einer erst bei einer Überschreitung von mehr als 25 vH eingreifenden Erstattungspflicht - gibt es insoweit nicht. Dem steht der eindeutige Wortlaut des Gesetzes entgegen, wonach sich der Vertragsarzt gemäß § 106 Abs 5d Satz 2 SGB V verpflichten muss, den sich aus einer "Überschreitung dieser Richtgröße" ergebenden Mehraufwand zu erstatten. Hinzu kommt, dass die Vereinbarung einer individuellen Richtgröße eine "Feinjustierung" der speziellen Situation der Arztpraxis beinhaltet, sodass es eines Toleranzbereiches wie bei der - vergröbernden - arztgruppenspezifischen Richtgröße nicht bedarf.

19

Mithin ermächtigt § 106 Abs 5d Satz 1 SGB V die Prüfgremien, von den - ansonsten zwingenden - gesetzlichen Vorgaben über die Festsetzung der Mehrbedarfe abzuweichen, und gibt ihnen ein entsprechendes Initiativrecht; eine gesetzliche Verpflichtung der Prüfgremien, dem Arzt den Abschluss einer IRV anzubieten, besteht hingegen nicht. Dem steht auch nicht entgegen, dass nach dem Willen des Gesetzgebers (FraktE-GMG, BT-Drucks 15/1525 S 116 zu Nr 82 <§ 106> Buchst j Doppelbuchst dd)der Abschluss einer IRV Vorrang vor einer Regressfestsetzung haben soll. Hätte der Gesetzgeber diesen Vorrang durch eine Verpflichtung der Prüfgremien, auf den Abschluss von IRV hinzuwirken, absichern wollen, hätte es ihm freigestanden, eine "Hinwirkungspflicht" wie in § 106 Abs 5a Satz 4 SGB V zu normieren.

20

b. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn der geprüfte Arzt von sich aus Interesse am Abschluss einer IRV bekundet oder sogar den Abschluss einer IRV beantragt. In diesem Fall sind die Prüfgremien verpflichtet, in Verhandlungen über den Abschluss einer IRV einzutreten und dürfen den Abschluss einer IRV nicht aus sachfremden Gründen vereiteln (vgl auch Seifert in Eichenhofer/Wenner aaO). Dies zieht auch das Berufungsgericht nicht in Zweifel, sondern geht in diesen Fällen von einer "Verhandlungspflicht" des Prüfungsausschusses bzw der Prüfungsstelle aus. Klarzustellen ist allerdings, dass die Prüfgremien nicht unter allen Umständen verpflichtet sind, eine IRV abzuschließen; ein unbedingter "Anspruch" des Arztes auf Abschluss einer IRV besteht nicht (so schon SG Hannover Urteil vom 16.12.2010 - S 61 KA 37/08 - Juris RdNr 153). Da es sich um eine Vereinbarung in Form eines öffentlich-rechtlichen Vertrages handelt, setzt die IRV eine Willensübereinstimmung voraus. Wird zwischen den Prüfgremien und dem zu prüfenden Arzt keine Übereinstimmung über den Inhalt der Vereinbarung - insbesondere über die Höhe der zu vereinbarenden Richtgröße - erzielt, sind die Verhandlungen gescheitert mit der Folge, dass ein vom Arzt zu erstattender Mehrbetrag festzusetzen ist.

21

2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist der Abschluss einer IRV auch mit dem Beschwerdeausschuss möglich und kann auch noch erfolgen, wenn der Prüfungsausschuss - bzw nach geltendem Recht die Prüfungsstelle - einen Regress festgesetzt hat. Daher trifft die Verpflichtung, einem Antrag bzw einer Anregung des geprüften Arztes auf Abschluss einer IRV nachzugehen, auch den Beschwerdeausschuss; dass dieser dem vorliegend nicht nachgekommen ist, führt zur Rechtswidrigkeit seiner Entscheidung.

22

a. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats stehen dem Beschwerdeausschuss - soweit sich aus dem Gesetz nichts anderes ergibt - dieselben Handlungsmöglichkeiten bzw Kompetenzen wie der Prüfungsstelle (bzw dem Prüfungsausschuss alten Rechts) zu. Danach rechtfertigen die Besonderheiten in der organisationsrechtlichen Stellung des Beschwerdeausschusses sowie die vielfältigen Unterschiede in der Ausgestaltung des Vorverfahrens nach dem SGG einerseits und des Verfahrens vor dem Beschwerdeausschuss andererseits die Bewertung, dass die Funktion des Beschwerdeausschusses nicht auf die einer Widerspruchsstelle beschränkt ist, sondern dass es sich bei dem Beschwerdeverfahren - dem Verfahren vor dem Berufungsausschuss nach § 97 SGB V vergleichbar - vielmehr um ein eigenständiges und umfassendes Verwaltungsverfahren in einer zweiten Verwaltungsinstanz handelt(BSGE 74, 59, 62 = SozR 3-2500 § 106 Nr 22 S 120; vgl auch BSGE 72, 214, 220 = SozR 3-1300 § 35 Nr 5 S 11; BSG SozR 2200 § 368n Nr 36 S 118; BSGE 62, 24, 32 = SozR 2200 § 368n Nr 48 S 164; ebenso - aus jüngerer Zeit - LSG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 13.4.2011 - L 11 KA 121/10 B ER ua - Juris RdNr 38). Daher beschränkt sich die Aufgabe des Beschwerdeausschusses nicht darauf, die Entscheidung der Prüfungsstelle (bzw des Prüfungsausschusses) auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen, sondern dieser wird mit seiner Anrufung für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungs- bzw Verordnungsweise des Arztes in vollem Umfang zuständig.

23

Der Auffassung des LSG, dass diese Kompetenz auf die Konstellationen begrenzt sei, in denen der Prüfungsausschuss bzw die Prüfungsstelle ausdrücklich keinen Regress festgesetzt hat, sodass der Beschwerdeausschuss erst auf den Widerspruch der Krankenkassen zuständig wird, vermag der Senat nicht zu folgen. Diese Einschränkung ist dem Gesetz nicht zu entnehmen: Wenn dem Beschwerdeausschuss der Abschluss von IRVen nicht prinzipiell verwehrt ist, wovon der Senat ausgeht (siehe hierzu 2.b.), ist nicht erkennbar, warum dieser von diesem Instrument nicht immer dann Gebrauch machen können soll, wenn generell seine Zuständigkeit eröffnet ist.

24

b. Die Kompetenz der Prüfgremien zum Abschluss einer IRV ist entgegen der Auffassung des LSG auch nicht - inhaltlich - derart eingeschränkt, dass eine individuelle Richtgröße nur dann vereinbart werden kann, solange es (überhaupt) noch nicht zur Festsetzung eines Regresses gekommen ist. Für diese Annahme besteht weder eine hinreichend deutliche gesetzliche Grundlage (aa.) noch ist sie ansonsten durch Sachgründe geboten (bb.).

25

aa. Die sich aus einer Festsetzung des Mehraufwandes gemäß § 106 Abs 5c Satz 1 iVm Abs 5a SGB V ergebenden Rechtsfolgen bestimmen sich nach § 106 Abs 5c Satz 3 aF (Satz 4 nF) SGB V: Danach hat die KÄV dann, wenn der Regressbescheid bestandskräftig wird, in der jeweils festgesetzten Höhe Rückforderungsansprüche gegen den Vertragsarzt, welche im Wege der Aufrechnung gegen Honoraransprüche realisiert werden. Weitere Rechtsfolgen der Festsetzung - insbesondere eine hieraus resultierende Sperrwirkung für den Abschluss einer IRV - sind gesetzlich nicht bestimmt. Sie ergeben sich insbesondere nicht aus § 106 Abs 5d Satz 1 SGB V. Dort ist bestimmt, dass ein vom Vertragsarzt zu erstattender Mehraufwand (dh ein Regress) nicht festgesetzt wird, soweit eine individuelle Richtgröße vereinbart wird. Damit werden ausschließlich die sich aus dem Abschluss einer IRV ergebenden Rechtsfolgen beschrieben: Es wird klargestellt, dass die Vereinbarung einer individuellen Richtgröße die Festsetzung eines Regressbetrages für den geprüften Zeitraum ersetzt und zugleich ausschließt. Schon der sprachliche Aufbau der Regelung schließt es aus, ihr zugleich - quasi spiegelbildlich - auch eine Rechtsfolge des Inhalts zu entnehmen, dass eine individuelle Richtgröße nicht vereinbart wird (bzw werden darf), soweit ein Mehraufwand festgesetzt wird.

26

Außer Zweifel steht zwar, dass der Abschluss einer IRV - für den betroffenen Prüfungszeitraum - ausgeschlossen ist, wenn die Festsetzung eines Mehrbetrages erfolgt und diese Festsetzung bestandskräftig geworden ist. Diese Rechtsfolge ergibt sich jedoch nicht aus § 106 Abs 5d Satz 1 SGB V, sondern aus der Bindungswirkung des Verwaltungsaktes(vgl § 77 SGG) sowie aus dem Umstand, dass das Verwaltungsverfahren mit Erlass eines - nicht angefochtenen - Verwaltungsaktes beendet ist (siehe hierzu von Wulffen in ders, SGB X, 7. Aufl 2010, § 18 RdNr 9). Wird hingegen der Regressbescheid der Prüfungsstelle (bzw des früheren Prüfungsausschusses) angefochten, ist die Entscheidung in der Sache wieder offen und damit auch Raum für Verhandlungen über eine IRV. Kommt es sodann zur Vereinbarung einer individuellen Richtgröße im Verfahren vor dem Beschwerdeausschuss, ist nunmehr dieser gehindert, einen Regress festzusetzen.

27

Gegen die Annahme, die Festsetzung eines Regresses durch die Prüfungsstelle (bzw den Prüfungsausschuss) schließe nachfolgende Verhandlungen über eine IRV vor dem Beschwerdeausschuss aus, spricht im Übrigen die dargestellte "Zweistufigkeit" des Prüfverfahrens. Diese erfordert, den Begriff der "Festsetzung" in § 106 Abs 5d Satz 1 SGB V so zu lesen, dass sich die regressersetzende Wirkung einer IRV auf die jeweilige Verwaltungsinstanz bezieht. Da der Beschwerdeausschuss - wie dargestellt - nach seiner Anrufung nicht auf die rechtliche Überprüfung der von der Prüfungsstelle (bzw dem Prüfungsausschuss) getroffenen Entscheidung beschränkt ist, sondern ein eigenständiges zweites Verwaltungsverfahren durchführt, bestätigt er nicht lediglich die von der Prüfungsstelle getroffene Entscheidung, sondern ersetzt diese vielmehr durch seine Entscheidung. Diese eigenständige Bedeutung der vom Beschwerdeausschuss getroffenen Entscheidung wird dadurch hervorgehoben, dass nach der Rechtsprechung des Senats allein der Bescheid des Beschwerdeausschusses den Gegenstand des (Gerichts-)Verfahrens bildet (vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 31 RdNr 10; BSGE 108, 175 = SozR 4-2500 § 106 Nr 32, RdNr 16 mwN). Es wäre auch wenig plausibel, dem Beschwerdeausschuss grundsätzlich dieselben Kompetenzen einzuräumen wie dem Prüfungsausschuss bzw der Prüfungsstelle, ihm jedoch den Abschluss einer IRV im Regelfall zu versagen.

28

bb. Auch aus Sachgründen spricht nichts dafür, § 106 Abs 5d SGB V eine zeitliche Begrenzung der Möglichkeit, eine IRV abzuschließen, zu entnehmen. Durch die Vereinbarung einer individuellen Richtgröße soll - anstelle einer auf die Vergangenheit gerichteten Ausgleichspflicht - eine auf die Zukunft gerichtete Begrenzung des Verordnungsvolumens der Arztpraxis gewährleistet werden (FraktE-GMG, BT-Drucks 15/1525 S 117 zu Nr 82 <§ 106> Buchst k). Dieses Ziel wird durch die Möglichkeit, auch noch vor dem Beschwerdeausschuss eine individuelle Richtgröße zu vereinbaren, nicht wesentlich beeinträchtigt. Zwar wäre denkbar, dass ein Arzt, dem bewusst ist, dass er fortlaufend die Richtgrößen überschreitet und dies auch weiterhin tun wird, die Möglichkeit nutzen könnte, um über einen längeren Zeitraum der Festsetzung eines Regresses zu entgehen, indem er erst unmittelbar vor (oder in) der Verhandlung vor dem Beschwerdeausschuss den Abschluss einer IRV beantragt. Dies führte aber allein dazu, dass der Arzt erst ab einem späteren Zeitpunkt an die (ggf) vereinbarte Richtgröße gebunden wäre, weil die Wirkungen der IRV nach § 106 Abs 5d Satz 2 SGB V erst in dem der Vereinbarung nachfolgenden Quartal eintreten. Auf die regressersetzende Wirkung der IRV wirkte sich diese Verzögerung nicht aus: Unabhängig davon, wann die IRV abgeschlossen wird, bewirkt sie nur, dass für das konkret geprüfte Jahr keine Regressfestsetzung mehr erfolgen dürfte, stünde aber einer Regressfestsetzung für spätere Prüfzeiträume in (ggf) nachfolgenden Prüfverfahren nicht entgegen.

29

Der Abschluss einer IRV hindert nur die Regressfestsetzung für das jeweils von der Prüfung betroffene Jahr. Dies folgt daraus, dass die Richtgrößenprüfung jahresbezogen durchzuführen ist (vgl § 106 Abs 2 Satz 5 SGB V)und sich § 106 Abs 5d Satz 1 SGB V auf die Regressfestsetzung als Ergebnis dieser konkreten Prüfung bezieht. Hinzu kommt, dass gemäß § 106 Abs 5d Satz 1 SGB V die Festsetzung eines zu erstattenden Mehraufwandes ausgeschlossen ist, "soweit" eine IRV vereinbart "wird" - nicht "sofern" eine IRV vereinbart "ist". Werden weitere Richtgrößenprüfungen für Prüfzeiträume durchgeführt, die dem Prüfzeitraum nachfolgen, der von dem durch Abschluss einer IRV beendeten Verwaltungsverfahren betroffen war, bedürfte es jeweils erneut des Abschlusses einer IRV, um (auch) dort einen Regress abzuwenden. Eine Sperrwirkung entfaltet eine im vorangegangenen Verfahren abgeschlossene IRV nur insoweit, als sich die nachfolgende IRV nicht auf denselben Geltungszeitraum beziehen kann wie die bereits abgeschlossene. Konsequenz von gezielten Verzögerungsbemühungen eines Arztes wäre daher allein ein späteres Inkrafttreten einer IRV. Dies ist hinnehmbar, da infolge eines nicht selten großen zeitlichen Abstands zwischen dem geprüften Zeitraum und dem Abschluss einer nur zukunftsbezogenen IRV deren Wirkungen ohnehin nur sehr verzögert eintreten. Das ist jedoch die unvermeidliche Folge der Entscheidung des Gesetzgebers, rechtliche Wirkungen für einen zu prüfenden (vergangenen) Zeitraum mit Folgen allein für einen späteren Zeitraum zu verknüpfen. Die IRV kann sich stets nur auf zukünftige Zeiträume beziehen. Der zeitliche Abstand zwischen dem geprüften Zeitraum und dem Zeitraum, auf den sich die IRV bezieht, hängt ohnehin wesentlich davon ab, wann die zuständigen Behörden, sei es die Prüfungsstelle oder der Beschwerdeausschuss entscheiden.

30

Demgegenüber sprechen gewichtige Erwägungen dafür, den Abschluss einer IRV ohne Einschränkung auch vor dem Beschwerdeausschuss zu ermöglichen. So sind die zu prüfenden Vertragsärzte häufig erst im Verfahren vor dem Beschwerdeausschuss anwaltlich vertreten, sodass ihnen im Verfahren vor der Prüfungsstelle ggf die Kenntnis der ihnen offenstehenden rechtlichen Möglichkeiten fehlt; hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass § 63 SGB X ihnen nur für das dortige Verfahren - nicht aber für das Verfahren vor der Prüfungsstelle (bzw dem früheren Prüfungsausschuss) - im Falle des Obsiegens einen Anspruch auf Kostenerstattung zubilligt. Auch deshalb bedarf die Annahme eines Rechtsverlustes (hier: Option auf Verhandlungen über eine IRV) mit Abschluss des erstinstanzlichen Verwaltungsverfahrens einer gesetzlichen Grundlage, die nicht erkennbar ist.

31

Weiter kann nicht außer Betracht bleiben, dass der Beschwerdeausschuss - anders als nach dem ab dem 1.1.2004 geltenden Recht die Prüfungsstelle - mit Vertretern der KÄV und der Krankenkassen besetzt ist (vgl § 106 Abs 4 Satz 2 SGB V); der Senat hat bereits darauf hingewiesen, dass gerade dann, wenn medizinische Fragen zu beurteilen sind, dem mit Vertretern von Ärzten und Krankenkassen fachkundig besetzten Beschwerdeausschuss große Bedeutung zukommt (vgl BSGE 108, 175 = SozR 4-2500 § 106 Nr 32, RdNr 28). Gerade diesem fachkundigen Gremium die Gestaltungsmöglichkeit einer IRV zu nehmen, erscheint nicht sachgerecht.

32

Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der Senat in Bezug auf Mitwirkungspflichten des Vertragsarztes in Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht zwischen der Prüfungsstelle und dem Beschwerdeausschuss differenziert. Vielmehr geht er hinsichtlich der Darlegungsobliegenheiten des Vertragsarztes davon aus, dass die erforderlichen Darlegungen grundsätzlich "gegenüber den Prüfgremien" (und nicht erst im nachfolgenden Gerichtsverfahren) zu erfolgen haben (vgl zuletzt BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 35 RdNr 41). In aller Regel sollte der Arzt seine Position schon gegenüber der Prüfungsstelle deutlich machen und mit dieser eine IRV vereinbaren. Präklusionswirkungen in der Weise, dass der Arzt mit Einwänden, die er schon vor der Prüfungsstelle hätte geltend machen können, im Verfahren vor dem Beschwerdeausschuss ausgeschlossen ist, sieht § 106 SGB V aber nicht vor.

33

c. Zur Klarstellung weist der Senat darauf hin, dass es einem auf den Abschluss einer IRV im Verfahren vor dem Beschwerdeausschuss gerichteten Begehren nicht entgegensteht, wenn hierüber bereits erfolglos im Verfahren vor der Prüfungsstelle verhandelt wurde; dieser Umstand ist angesichts der dargelegten "Zweistufigkeit" des Verfahrens ohne Belang. Hieraus folgt zugleich, dass der Beschwerdeausschuss insoweit nicht an Vorschläge gebunden ist, die dem Arzt seitens der Prüfungsstelle unterbreitet wurden.

34

3. Nach alledem ist der Beklagte gehalten, mit dem Kläger dessen Wunsch nach Abschluss einer IRV zu erörtern und je nach Ausgang der Verhandlungen neu zu entscheiden.

35

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach hat der Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, da er unterlegen ist (§ 154 Abs 1 VwGO). Eine Erstattung der Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 7. ist nicht veranlasst, da diese keine Anträge gestellt haben (§ 162 Abs 3 VwGO, vgl BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 § 63 Nr 3, RdNr 16).

(1) Die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen überwachen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich und die Kassenärztlichen Vereinigungen vereinbaren Inhalt und Durchführung der Beratungen und Prüfungen nach Absatz 2 sowie die Voraussetzungen für Einzelfallprüfungen. Die Vertragspartner können die Prüfungsstelle mit der Prüfung ärztlich verordneter Leistungen in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung beauftragen und tragen die Kosten. Die Krankenkassen übermitteln der Prüfungsstelle die Daten der in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung verordneten Leistungen; dabei sind zusätzlich die Zahl der Behandlungsfälle und eine Zuordnung der verordneten Leistungen zum Datum der Behandlung zu übermitteln. Die §§ 296 und 297 gelten entsprechend.

(2) Die Wirtschaftlichkeit der Versorgung wird von der Prüfungsstelle nach § 106c geprüft durch

1.
arztbezogene Prüfungen ärztlicher Leistungen nach § 106a,
2.
arztbezogene Prüfungen ärztlich verordneter Leistungen nach § 106b.
Die Prüfungen werden auf der Grundlage der Daten durchgeführt, die der Prüfungsstelle nach § 106c gemäß § 296 Absatz 1, 2 und 4 sowie § 297 Absatz 2 übermittelt werden. Hat die Prüfungsstelle Zweifel an der Richtigkeit der übermittelten Daten, ermittelt sie die Datengrundlagen für die Prüfung aus einer Stichprobe der abgerechneten Behandlungsfälle des Arztes und rechnet die so ermittelten Teildaten nach einem statistisch zulässigen Verfahren auf die Grundgesamtheit der Arztpraxis hoch.

(3) Die Prüfungsstelle nach § 106c bereitet die für die Prüfungen nach Absatz 2 erforderlichen Daten und sonstigen Unterlagen auf, trifft Feststellungen zu den für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit wesentlichen Sachverhalten und entscheidet unter Beachtung der Vereinbarungen nach den §§ 106a und 106b, ob der Vertragsarzt, der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat und welche Maßnahmen zu treffen sind. Eine Maßnahme kann insbesondere auch die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung sein. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung auf Grund einer Wirtschaftlichkeitsprüfung, die von Amts wegen durchzuführen ist, muss für ärztliche Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab Erlass des Honorarbescheides und für ärztlich verordnete Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, erfolgen; § 45 Absatz 2 des Ersten Buches gilt entsprechend. Für Wirtschaftlichkeitsprüfungen, die auf Grund eines Antrags erfolgen, ist der Antrag für die Prüfung ärztlicher Leistungen spätestens 18 Monate nach Erlass des Honorarbescheides und für die Prüfung ärztlich verordneter Leistungen spätestens 18 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, bei der Prüfungsstelle nach § 106c einzureichen. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung muss innerhalb weiterer zwölf Monate nach Ablauf der in Satz 4 genannten Frist erfolgen; die Regelung des § 45 Absatz 2 des Ersten Buches findet keine entsprechende Anwendung. Gezielte Beratungen sollen weiteren Maßnahmen in der Regel vorangehen. Die Prüfungsstelle berät die Vertragsärzte auf der Grundlage von Übersichten über die von ihnen im Zeitraum eines Jahres oder in einem kürzeren Zeitraum erbrachten, verordneten oder veranlassten Leistungen über Fragen der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Versorgung.

(4) Werden Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassenverbände und Kassenärztlichen Vereinigungen für eine ordnungsgemäße Umsetzung. Können Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt werden, weil die erforderlichen Daten nach den §§ 296 und 297 nicht oder nicht im vorgesehenen Umfang oder nicht fristgerecht übermittelt worden sind, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassen oder der Kassenärztlichen Vereinigungen. Die zuständige Aufsichtsbehörde hat nach Anhörung der Vorstandsmitglieder und der jeweils entsandten Vertreter im Ausschuss den Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung das Regressverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten auch für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der im Krankenhaus erbrachten ambulanten ärztlichen und belegärztlichen Leistungen.

(1) Das Insolvenzverfahren erfaßt das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse).

(2) Übt der Schuldner eine selbstständige Tätigkeit aus oder beabsichtigt er, demnächst eine solche Tätigkeit auszuüben, hat der Insolvenzverwalter ihm gegenüber zu erklären, ob Vermögen aus der selbstständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört und ob Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können. § 295a gilt entsprechend. Auf Antrag des Gläubigerausschusses oder, wenn ein solcher nicht bestellt ist, der Gläubigerversammlung ordnet das Insolvenzgericht die Unwirksamkeit der Erklärung an.

(3) Der Schuldner hat den Verwalter unverzüglich über die Aufnahme oder Fortführung einer selbständigen Tätigkeit zu informieren. Ersucht der Schuldner den Verwalter um die Freigabe einer solchen Tätigkeit, hat sich der Verwalter unverzüglich, spätestens nach einem Monat zu dem Ersuchen zu erklären.

(4) Die Erklärung des Insolvenzverwalters ist dem Gericht gegenüber anzuzeigen. Das Gericht hat die Erklärung und den Beschluss über ihre Unwirksamkeit öffentlich bekannt zu machen.

(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

(2) Ist für eine Leistung ein Festbetrag festgesetzt, erfüllt die Krankenkasse ihre Leistungspflicht mit dem Festbetrag.

(3) Hat die Krankenkasse Leistungen ohne Rechtsgrundlage oder entgegen geltendem Recht erbracht und hat ein Vorstandsmitglied hiervon gewußt oder hätte es hiervon wissen müssen, hat die zuständige Aufsichtsbehörde nach Anhörung des Vorstandsmitglieds den Verwaltungsrat zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat das Regreßverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(1) Die Krankenkassen und die Leistungserbringer haben eine bedarfsgerechte und gleichmäßige, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Versorgung der Versicherten zu gewährleisten. Die Versorgung der Versicherten muß ausreichend und zweckmäßig sein, darf das Maß des Notwendigen nicht überschreiten und muß in der fachlich gebotenen Qualität sowie wirtschaftlich erbracht werden.

(2) Die Krankenkassen und die Leistungserbringer haben durch geeignete Maßnahmen auf eine humane Krankenbehandlung ihrer Versicherten hinzuwirken.

(1) Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich und die Kassenärztliche Vereinigung treffen zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung mit Leistungen nach § 31 bis zum 30. November für das jeweils folgende Kalenderjahr eine Arzneimittelvereinbarung. Die Vereinbarung umfasst

1.
ein Ausgabenvolumen für die insgesamt von den Vertragsärzten nach § 31 veranlassten Leistungen,
2.
Versorgungs- und Wirtschaftlichkeitsziele und konkrete, auf die Umsetzung dieser Ziele ausgerichtete Maßnahmen, insbesondere Verordnungsanteile für Wirkstoffe und Wirkstoffgruppen im jeweiligen Anwendungsgebiet, Verordnungsanteile für Generika und im Wesentlichen gleiche biotechnologisch hergestellte biologische Arzneimittel im Sinne des Artikels 10 Absatz 4 der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. L 311 vom 28.11.2001, S. 67), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/5 (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 24) geändert worden ist, auch zur Verordnung wirtschaftlicher Einzelmengen (Zielvereinbarungen), insbesondere zur Information und Beratung und
3.
Kriterien für Sofortmaßnahmen zur Einhaltung des vereinbarten Ausgabenvolumens innerhalb des laufenden Kalenderjahres.
Kommt eine Vereinbarung bis zum Ablauf der in Satz 1 genannten Frist nicht zustande, gilt die bisherige Vereinbarung bis zum Abschluss einer neuen Vereinbarung oder einer Entscheidung durch das Schiedsamt weiter. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen teilen das nach Satz 2 Nr. 1 vereinbarte oder schiedsamtlich festgelegte Ausgabenvolumen dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit. Die Krankenkasse kann mit Ärzten abweichende oder über die Regelungen nach Satz 2 hinausgehende Vereinbarungen treffen.

(2) Bei der Anpassung des Ausgabenvolumens nach Absatz 1 Nr. 1 sind insbesondere zu berücksichtigen

1.
Veränderungen der Zahl und Altersstruktur der Versicherten,
2.
Veränderungen der Preise der Leistungen nach § 31,
3.
Veränderungen der gesetzlichen Leistungspflicht der Krankenkassen,
4.
Änderungen der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Abs. 1 Nr. 6,
5.
der wirtschaftliche und qualitätsgesicherte Einsatz innovativer Arzneimittel,
6.
Veränderungen der sonstigen indikationsbezogenen Notwendigkeit und Qualität bei der Arzneimittelverordnung auf Grund von getroffenen Zielvereinbarungen nach Absatz 1 Nr. 2,
7.
Veränderungen des Verordnungsumfangs von Leistungen nach § 31 auf Grund von Verlagerungen zwischen den Leistungsbereichen und
8.
Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven entsprechend den Zielvereinbarungen nach Absatz 1 Nr. 2.

(3) Überschreitet das tatsächliche, nach Absatz 5 Satz 1 bis 3 festgestellte Ausgabenvolumen für Leistungen nach § 31 das nach Absatz 1 Nr. 1 vereinbarte Ausgabenvolumen, ist diese Überschreitung Gegenstand der Gesamtverträge. Die Vertragsparteien haben dabei die Ursachen der Überschreitung, insbesondere auch die Erfüllung der Zielvereinbarungen nach Absatz 1 Nr. 2 zu berücksichtigen. Bei Unterschreitung des nach Absatz 1 Nr. 1 vereinbarten Ausgabenvolumens kann diese Unterschreitung Gegenstand der Gesamtverträge werden.

(4) Werden die Zielvereinbarungen nach Absatz 1 Nr. 2 erfüllt, entrichten die beteiligten Krankenkassen auf Grund einer Regelung der Parteien der Gesamtverträge auch unabhängig von der Einhaltung des vereinbarten Ausgabenvolumens nach Absatz 1 Nr. 1 einen vereinbarten Bonus an die Kassenärztliche Vereinigung.

(4a) Die Vorstände der Krankenkassenverbände sowie der Ersatzkassen, soweit sie Vertragspartei nach Absatz 1 sind und der Kassenärztlichen Vereinigungen haften für eine ordnungsgemäße Umsetzung der vorgenannten Maßnahmen.

(5) Zur Feststellung des tatsächlichen Ausgabenvolumens nach Absatz 3 erfassen die Krankenkassen die während der Geltungsdauer der Arzneimittelvereinbarung veranlassten Ausgaben arztbezogen, nicht versichertenbezogen. Sie übermitteln diese Angaben nach Durchführung der Abrechnungsprüfung dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen, der diese Daten kassenartenübergreifend zusammenführt und jeweils der Kassenärztlichen Vereinigung übermittelt, der die Ärzte, welche die Ausgaben veranlasst haben, angehören; zugleich übermittelt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen diese Daten den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen, die Vertragspartner der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung nach Absatz 1 sind. Ausgaben nach Satz 1 sind auch Ausgaben für Leistungen nach § 31, die durch Kostenerstattung vergütet worden sind. Zudem erstellt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen für jede Kassenärztliche Vereinigung monatliche Berichte über die Entwicklung der Ausgaben von Leistungen nach § 31 und übermitteln diese Berichte als Schnellinformationen den Vertragspartnern nach Absatz 1 insbesondere für Abschluss und Durchführung der Arzneimittelvereinbarung sowie für die Informationen nach § 73 Abs. 8. Für diese Berichte gelten Satz 1 und 2 entsprechend; Satz 2 gilt mit der Maßgabe, dass die Angaben vor Durchführung der Abrechnungsprüfung zu übermitteln sind. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung erhält für die Vereinbarung der Rahmenvorgaben nach Absatz 7 und für die Informationen nach § 73 Abs. 8 eine Auswertung dieser Berichte. Die Krankenkassen sowie der Spitzenverband Bund der Krankenkassen können eine Arbeitsgemeinschaft nach § 219 mit der Durchführung der vorgenannten Aufgaben beauftragen. § 304 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 gilt entsprechend.

(6) Die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen vereinbaren bis zum 30. September für das jeweils folgende Kalenderjahr Rahmenvorgaben für die Inhalte der Arzneimittelvereinbarungen nach Absatz 1 sowie für die Inhalte der Informationen und Hinweise nach § 73 Abs. 8. Die Rahmenvorgaben haben die Arzneimittelverordnungen zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen zu vergleichen und zu bewerten; dabei ist auf Unterschiede in der Versorgungsqualität und Wirtschaftlichkeit hinzuweisen. Von den Rahmenvorgaben dürfen die Vertragspartner der Arzneimittelvereinbarung nur abweichen, soweit dies durch die regionalen Versorgungsbedingungen begründet ist.

(7) Die Absätze 1 bis 6 sind für Heilmittel unter Berücksichtigung der besonderen Versorgungs- und Abrechnungsbedingungen im Heilmittelbereich entsprechend anzuwenden. Veranlasste Ausgaben im Sinne des Absatzes 5 Satz 1 betreffen die während der Geltungsdauer der Heilmittelvereinbarung mit den Krankenkassen abgerechneten Leistungen. Die in Absatz 5 geregelte Datenübermittlung erfolgt für die Heilmittel in arztbezogener Form sowie versichertenbezogen in pseudonymisierter Form. Das Nähere zur Datenübermittlung und zum Verfahren der Pseudonymisierung regelt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen.

(8) Das Bundesministerium für Gesundheit kann bei Ereignissen mit erheblicher Folgewirkung für die medizinische Versorgung zur Gewährleistung der notwendigen Versorgung mit Leistungen nach § 31 die Ausgabenvolumen nach Absatz 1 Nr. 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates erhöhen.

(1) Die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen überwachen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich und die Kassenärztlichen Vereinigungen vereinbaren Inhalt und Durchführung der Beratungen und Prüfungen nach Absatz 2 sowie die Voraussetzungen für Einzelfallprüfungen. Die Vertragspartner können die Prüfungsstelle mit der Prüfung ärztlich verordneter Leistungen in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung beauftragen und tragen die Kosten. Die Krankenkassen übermitteln der Prüfungsstelle die Daten der in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung verordneten Leistungen; dabei sind zusätzlich die Zahl der Behandlungsfälle und eine Zuordnung der verordneten Leistungen zum Datum der Behandlung zu übermitteln. Die §§ 296 und 297 gelten entsprechend.

(2) Die Wirtschaftlichkeit der Versorgung wird von der Prüfungsstelle nach § 106c geprüft durch

1.
arztbezogene Prüfungen ärztlicher Leistungen nach § 106a,
2.
arztbezogene Prüfungen ärztlich verordneter Leistungen nach § 106b.
Die Prüfungen werden auf der Grundlage der Daten durchgeführt, die der Prüfungsstelle nach § 106c gemäß § 296 Absatz 1, 2 und 4 sowie § 297 Absatz 2 übermittelt werden. Hat die Prüfungsstelle Zweifel an der Richtigkeit der übermittelten Daten, ermittelt sie die Datengrundlagen für die Prüfung aus einer Stichprobe der abgerechneten Behandlungsfälle des Arztes und rechnet die so ermittelten Teildaten nach einem statistisch zulässigen Verfahren auf die Grundgesamtheit der Arztpraxis hoch.

(3) Die Prüfungsstelle nach § 106c bereitet die für die Prüfungen nach Absatz 2 erforderlichen Daten und sonstigen Unterlagen auf, trifft Feststellungen zu den für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit wesentlichen Sachverhalten und entscheidet unter Beachtung der Vereinbarungen nach den §§ 106a und 106b, ob der Vertragsarzt, der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat und welche Maßnahmen zu treffen sind. Eine Maßnahme kann insbesondere auch die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung sein. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung auf Grund einer Wirtschaftlichkeitsprüfung, die von Amts wegen durchzuführen ist, muss für ärztliche Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab Erlass des Honorarbescheides und für ärztlich verordnete Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, erfolgen; § 45 Absatz 2 des Ersten Buches gilt entsprechend. Für Wirtschaftlichkeitsprüfungen, die auf Grund eines Antrags erfolgen, ist der Antrag für die Prüfung ärztlicher Leistungen spätestens 18 Monate nach Erlass des Honorarbescheides und für die Prüfung ärztlich verordneter Leistungen spätestens 18 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, bei der Prüfungsstelle nach § 106c einzureichen. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung muss innerhalb weiterer zwölf Monate nach Ablauf der in Satz 4 genannten Frist erfolgen; die Regelung des § 45 Absatz 2 des Ersten Buches findet keine entsprechende Anwendung. Gezielte Beratungen sollen weiteren Maßnahmen in der Regel vorangehen. Die Prüfungsstelle berät die Vertragsärzte auf der Grundlage von Übersichten über die von ihnen im Zeitraum eines Jahres oder in einem kürzeren Zeitraum erbrachten, verordneten oder veranlassten Leistungen über Fragen der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Versorgung.

(4) Werden Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassenverbände und Kassenärztlichen Vereinigungen für eine ordnungsgemäße Umsetzung. Können Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt werden, weil die erforderlichen Daten nach den §§ 296 und 297 nicht oder nicht im vorgesehenen Umfang oder nicht fristgerecht übermittelt worden sind, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassen oder der Kassenärztlichen Vereinigungen. Die zuständige Aufsichtsbehörde hat nach Anhörung der Vorstandsmitglieder und der jeweils entsandten Vertreter im Ausschuss den Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung das Regressverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten auch für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der im Krankenhaus erbrachten ambulanten ärztlichen und belegärztlichen Leistungen.

Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 40 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Satz 1 gilt nicht, wenn die erforderliche Anhörung unterblieben oder nicht wirksam nachgeholt ist.

(1) Masseverbindlichkeiten sind weiter die Verbindlichkeiten:

1.
die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören;
2.
aus gegenseitigen Verträgen, soweit deren Erfüllung zur Insolvenzmasse verlangt wird oder für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muß;
3.
aus einer ungerechtfertigten Bereicherung der Masse.

(2) Verbindlichkeiten, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter begründet worden sind, auf den die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergegangen ist, gelten nach der Eröffnung des Verfahrens als Masseverbindlichkeiten. Gleiches gilt für Verbindlichkeiten aus einem Dauerschuldverhältnis, soweit der vorläufige Insolvenzverwalter für das von ihm verwaltete Vermögen die Gegenleistung in Anspruch genommen hat.

(3) Gehen nach Absatz 2 begründete Ansprüche auf Arbeitsentgelt nach § 169 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch auf die Bundesagentur für Arbeit über, so kann die Bundesagentur diese nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Satz 1 gilt entsprechend für die in § 175 Absatz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Ansprüche, soweit diese gegenüber dem Schuldner bestehen bleiben.

(4) Umsatzsteuerverbindlichkeiten des Insolvenzschuldners, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters oder vom Schuldner nach Bestellung eines vorläufigen Sachwalters begründet worden sind, gelten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit. Den Umsatzsteuerverbindlichkeiten stehen die folgenden Verbindlichkeiten gleich:

1.
sonstige Ein- und Ausfuhrabgaben,
2.
bundesgesetzlich geregelte Verbrauchsteuern,
3.
die Luftverkehr- und die Kraftfahrzeugsteuer und
4.
die Lohnsteuer.

(1) Die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen überwachen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich und die Kassenärztlichen Vereinigungen vereinbaren Inhalt und Durchführung der Beratungen und Prüfungen nach Absatz 2 sowie die Voraussetzungen für Einzelfallprüfungen. Die Vertragspartner können die Prüfungsstelle mit der Prüfung ärztlich verordneter Leistungen in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung beauftragen und tragen die Kosten. Die Krankenkassen übermitteln der Prüfungsstelle die Daten der in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung verordneten Leistungen; dabei sind zusätzlich die Zahl der Behandlungsfälle und eine Zuordnung der verordneten Leistungen zum Datum der Behandlung zu übermitteln. Die §§ 296 und 297 gelten entsprechend.

(2) Die Wirtschaftlichkeit der Versorgung wird von der Prüfungsstelle nach § 106c geprüft durch

1.
arztbezogene Prüfungen ärztlicher Leistungen nach § 106a,
2.
arztbezogene Prüfungen ärztlich verordneter Leistungen nach § 106b.
Die Prüfungen werden auf der Grundlage der Daten durchgeführt, die der Prüfungsstelle nach § 106c gemäß § 296 Absatz 1, 2 und 4 sowie § 297 Absatz 2 übermittelt werden. Hat die Prüfungsstelle Zweifel an der Richtigkeit der übermittelten Daten, ermittelt sie die Datengrundlagen für die Prüfung aus einer Stichprobe der abgerechneten Behandlungsfälle des Arztes und rechnet die so ermittelten Teildaten nach einem statistisch zulässigen Verfahren auf die Grundgesamtheit der Arztpraxis hoch.

(3) Die Prüfungsstelle nach § 106c bereitet die für die Prüfungen nach Absatz 2 erforderlichen Daten und sonstigen Unterlagen auf, trifft Feststellungen zu den für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit wesentlichen Sachverhalten und entscheidet unter Beachtung der Vereinbarungen nach den §§ 106a und 106b, ob der Vertragsarzt, der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat und welche Maßnahmen zu treffen sind. Eine Maßnahme kann insbesondere auch die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung sein. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung auf Grund einer Wirtschaftlichkeitsprüfung, die von Amts wegen durchzuführen ist, muss für ärztliche Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab Erlass des Honorarbescheides und für ärztlich verordnete Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, erfolgen; § 45 Absatz 2 des Ersten Buches gilt entsprechend. Für Wirtschaftlichkeitsprüfungen, die auf Grund eines Antrags erfolgen, ist der Antrag für die Prüfung ärztlicher Leistungen spätestens 18 Monate nach Erlass des Honorarbescheides und für die Prüfung ärztlich verordneter Leistungen spätestens 18 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, bei der Prüfungsstelle nach § 106c einzureichen. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung muss innerhalb weiterer zwölf Monate nach Ablauf der in Satz 4 genannten Frist erfolgen; die Regelung des § 45 Absatz 2 des Ersten Buches findet keine entsprechende Anwendung. Gezielte Beratungen sollen weiteren Maßnahmen in der Regel vorangehen. Die Prüfungsstelle berät die Vertragsärzte auf der Grundlage von Übersichten über die von ihnen im Zeitraum eines Jahres oder in einem kürzeren Zeitraum erbrachten, verordneten oder veranlassten Leistungen über Fragen der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Versorgung.

(4) Werden Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassenverbände und Kassenärztlichen Vereinigungen für eine ordnungsgemäße Umsetzung. Können Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt werden, weil die erforderlichen Daten nach den §§ 296 und 297 nicht oder nicht im vorgesehenen Umfang oder nicht fristgerecht übermittelt worden sind, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassen oder der Kassenärztlichen Vereinigungen. Die zuständige Aufsichtsbehörde hat nach Anhörung der Vorstandsmitglieder und der jeweils entsandten Vertreter im Ausschuss den Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung das Regressverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten auch für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der im Krankenhaus erbrachten ambulanten ärztlichen und belegärztlichen Leistungen.

(1) Masseverbindlichkeiten sind weiter die Verbindlichkeiten:

1.
die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründet werden, ohne zu den Kosten des Insolvenzverfahrens zu gehören;
2.
aus gegenseitigen Verträgen, soweit deren Erfüllung zur Insolvenzmasse verlangt wird oder für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muß;
3.
aus einer ungerechtfertigten Bereicherung der Masse.

(2) Verbindlichkeiten, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter begründet worden sind, auf den die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergegangen ist, gelten nach der Eröffnung des Verfahrens als Masseverbindlichkeiten. Gleiches gilt für Verbindlichkeiten aus einem Dauerschuldverhältnis, soweit der vorläufige Insolvenzverwalter für das von ihm verwaltete Vermögen die Gegenleistung in Anspruch genommen hat.

(3) Gehen nach Absatz 2 begründete Ansprüche auf Arbeitsentgelt nach § 169 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch auf die Bundesagentur für Arbeit über, so kann die Bundesagentur diese nur als Insolvenzgläubiger geltend machen. Satz 1 gilt entsprechend für die in § 175 Absatz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Ansprüche, soweit diese gegenüber dem Schuldner bestehen bleiben.

(4) Umsatzsteuerverbindlichkeiten des Insolvenzschuldners, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters oder vom Schuldner nach Bestellung eines vorläufigen Sachwalters begründet worden sind, gelten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit. Den Umsatzsteuerverbindlichkeiten stehen die folgenden Verbindlichkeiten gleich:

1.
sonstige Ein- und Ausfuhrabgaben,
2.
bundesgesetzlich geregelte Verbrauchsteuern,
3.
die Luftverkehr- und die Kraftfahrzeugsteuer und
4.
die Lohnsteuer.

(1) An der vertragsärztlichen Versorgung nehmen zugelassene Ärzte und zugelassene medizinische Versorgungszentren sowie ermächtigte Ärzte und ermächtigte Einrichtungen teil. Medizinische Versorgungszentren sind ärztlich geleitete Einrichtungen, in denen Ärzte, die in das Arztregister nach Absatz 2 Satz 3 eingetragen sind, als Angestellte oder Vertragsärzte tätig sind. Der ärztliche Leiter muss in dem medizinischen Versorgungszentrum selbst als angestellter Arzt oder als Vertragsarzt tätig sein; er ist in medizinischen Fragen weisungsfrei. Sind in einem medizinischen Versorgungszentrum Angehörige unterschiedlicher Berufsgruppen, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, tätig, ist auch eine kooperative Leitung möglich. Die Zulassung erfolgt für den Ort der Niederlassung als Arzt oder den Ort der Niederlassung als medizinisches Versorgungszentrum (Vertragsarztsitz).

(1a) Medizinische Versorgungszentren können von zugelassenen Ärzten, von zugelassenen Krankenhäusern, von Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3, von anerkannten Praxisnetzen nach § 87b Absatz 2 Satz 3, von gemeinnützigen Trägern, die aufgrund von Zulassung oder Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, oder von Kommunen gegründet werden. Erbringer nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3 sind jedoch nur zur Gründung fachbezogener medizinischer Versorgungszentren berechtigt; ein Fachbezug besteht auch für die mit Dialyseleistungen zusammenhängenden ärztlichen Leistungen im Rahmen einer umfassenden Versorgung der Dialysepatienten. Die Gründung eines medizinischen Versorgungszentrums ist nur in der Rechtsform der Personengesellschaft, der eingetragenen Genossenschaft oder der Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder in einer öffentlich rechtlichen Rechtsform möglich. Die Zulassung von medizinischen Versorgungszentren, die am 1. Januar 2012 bereits zugelassen sind, gilt unabhängig von der Trägerschaft und der Rechtsform des medizinischen Versorgungszentrums unverändert fort; die Zulassung von medizinischen Versorgungszentren, die von Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3 gegründet wurden und am 10. Mai 2019 bereits zugelassen sind, gilt unabhängig von ihrem Versorgungsangebot unverändert fort. Für die Gründung von medizinischen Versorgungszentren durch Kommunen findet § 105 Absatz 5 Satz 1 bis 4 keine Anwendung.

(1b) Ein zahnärztliches medizinisches Versorgungszentrum kann von einem Krankenhaus nur gegründet werden, soweit der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus damit insgesamt gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in dem Planungsbereich der Kassenzahnärztlichen Vereinigung, in dem die Gründung des zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentrums beabsichtigt ist, 10 Prozent nicht überschreitet. In Planungsbereichen, in denen der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um bis zu 50 Prozent unterschritten ist, umfasst die Gründungsbefugnis des Krankenhauses für zahnärztliche medizinische Versorgungszentren mindestens fünf Vertragszahnarztsitze oder Anstellungen. Abweichend von Satz 1 kann ein Krankenhaus ein zahnärztliches medizinisches Versorgungszentrum unter den folgenden Voraussetzungen gründen:

1.
in einem Planungsbereich, in dem der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um mehr als 50 Prozent unterschritten ist, sofern der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus damit insgesamt gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in diesem Planungsbereich 20 Prozent nicht überschreitet,
2.
in einem Planungsbereich, in dem der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um mehr als 10 Prozent überschritten ist, sofern der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in diesem Planungsbereich 5 Prozent nicht überschreitet.
Der Zulassungsausschuss ermittelt den jeweils geltenden Versorgungsanteil auf Grundlage des allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrades und des Standes der vertragszahnärztlichen Versorgung. Hierzu haben die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen umfassende und vergleichbare Übersichten zum allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrad und zum Stand der vertragszahnärztlichen Versorgung am 31. Dezember eines jeden Jahres zu erstellen. Die Übersichten sind bis zum 30. Juni des jeweils folgenden Jahres zu erstellen und in geeigneter Weise in den amtlichen Mitteilungsblättern der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen zu veröffentlichen. Die Sätze 1 bis 6 gelten auch für die Erweiterung bestehender zahnärztlicher medizinischer Versorgungszentren eines Krankenhauses.

(2) Um die Zulassung als Vertragsarzt kann sich jeder Arzt bewerben, der seine Eintragung in ein Arzt- oder Zahnarztregister (Arztregister) nachweist. Die Arztregister werden von den Kassenärztlichen Vereinigungen für jeden Zulassungsbezirk geführt. Die Eintragung in ein Arztregister erfolgt auf Antrag

1.
nach Erfüllung der Voraussetzungen nach § 95a für Vertragsärzte und nach § 95c für Psychotherapeuten,
2.
nach Ableistung einer zweijährigen Vorbereitungszeit für Vertragszahnärzte.
Das Nähere regeln die Zulassungsverordnungen. Um die Zulassung kann sich ein medizinisches Versorgungszentrum bewerben, dessen Ärzte in das Arztregister nach Satz 3 eingetragen sind. Für die Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist außerdem Voraussetzung, dass die Gesellschafter entweder selbstschuldnerische Bürgschaftserklärungen oder andere Sicherheitsleistungen nach § 232 des Bürgerlichen Gesetzbuchs für Forderungen von Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen gegen das medizinische Versorgungszentrum aus dessen vertragsärztlicher Tätigkeit abgeben; dies gilt auch für Forderungen, die erst nach Auflösung des medizinischen Versorgungszentrums fällig werden. Die Anstellung eines Arztes in einem zugelassenen medizinischen Versorgungszentrum bedarf der Genehmigung des Zulassungsausschusses. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Voraussetzungen des Satzes 5 erfüllt sind; Absatz 9b gilt entsprechend. Anträge auf Zulassung eines Arztes und auf Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums sowie auf Genehmigung der Anstellung eines Arztes in einem zugelassenen medizinischen Versorgungszentrum sind abzulehnen, wenn bei Antragstellung für die dort tätigen Ärzte Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs. 1 Satz 2 angeordnet sind oder der Zulassung oder der Anstellungsgenehmigung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. Abweichend von Satz 9 ist einem Antrag trotz einer nach § 103 Absatz 1 Satz 2 angeordneten Zulassungsbeschränkung stattzugeben, wenn mit der Zulassung oder Anstellungsgenehmigung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Für die in den medizinischen Versorgungszentren angestellten Ärzte gilt § 135 entsprechend.

(2a) (weggefallen)

(3) Die Zulassung bewirkt, daß der Vertragsarzt Mitglied der für seinen Kassenarztsitz zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung wird und zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung im Umfang seines aus der Zulassung folgenden Versorgungsauftrages berechtigt und verpflichtet ist. Die Zulassung des medizinischen Versorgungszentrums bewirkt, dass die in dem Versorgungszentrum angestellten Ärzte Mitglieder der für den Vertragsarztsitz des Versorgungszentrums zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung sind und dass das zugelassene medizinische Versorgungszentrum insoweit zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist. Die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung sind verbindlich. Die Einhaltung der sich aus den Sätzen 1 und 2 ergebenden Versorgungsaufträge sind von der Kassenärztlichen Vereinigung bundeseinheitlich, insbesondere anhand der abgerechneten Fälle und anhand der Gebührenordnungspositionen mit den Angaben für den zur ärztlichen Leistungserbringung erforderlichen Zeitaufwand nach § 87 Absatz 2 Satz 1 zweiter Halbsatz, zu prüfen. Die Ergebnisse sowie eine Übersicht über die gegebenenfalls getroffenen Maßnahmen sind den Landes- und Zulassungsausschüssen sowie der für die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung zuständigen Aufsichtsbehörde jeweils zum 30. Juni des Jahres zu übermitteln.

(4) Die Ermächtigung bewirkt, daß der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist. Die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung sind für sie verbindlich. Die Absätze 5 bis 7, § 75 Abs. 2 und § 81 Abs. 5 gelten entsprechend.

(5) Die Zulassung ruht auf Beschluß des Zulassungsausschusses, wenn der Vertragsarzt seine Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht ausübt, ihre Aufnahme aber in angemessener Frist zu erwarten ist, oder auf Antrag eines Vertragsarztes, der in den hauptamtlichen Vorstand nach § 79 Abs. 1 gewählt worden ist. Unter den gleichen Voraussetzungen kann bei vollem Versorgungsauftrag das Ruhen der Hälfte oder eines Viertels der Zulassung beschlossen werden; bei einem drei Viertel Versorgungsauftrag kann das Ruhen eines Viertels der Zulassung beschlossen werden.

(6) Die Zulassung ist zu entziehen, wenn ihre Voraussetzungen nicht oder nicht mehr vorliegen, der Vertragsarzt die vertragsärztliche Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht mehr ausübt oder seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt. Der Zulassungsausschuss kann in diesen Fällen statt einer vollständigen auch die Entziehung derHälfteoder eines Viertels der Zulassung beschließen. Einem medizinischen Versorgungszentrum ist die Zulassung auch dann zu entziehen, wenn die Gründungsvoraussetzungen des Absatzes 1a Satz 1 bis 3 länger als sechs Monate nicht mehr vorliegen. Die Gründereigenschaft nach Absatz 1a Satz 1 bleibt auch für die angestellten Ärzte bestehen, die auf ihre Zulassung zugunsten der Anstellung in einem medizinischen Versorgungszentrum verzichtet haben, solange sie in dem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind und Gesellschafter des medizinischen Versorgungszentrums sind. Die Gründungsvoraussetzung nach Absatz 1a Satz 1 liegt weiterhin vor, sofern angestellte Ärzte die Gesellschafteranteile der Ärzte nach Absatz 1a Satz 1 oder der Ärzte nach Satz 4 übernehmen und solange sie in dem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind; die Übernahme von Gesellschafteranteilen durch angestellte Ärzte ist jederzeit möglich. Medizinischen Versorgungszentren, die unter den in Absatz 1a Satz 4 erster Halbsatz geregelten Bestandsschutz fallen, ist die Zulassung zu entziehen, wenn die Gründungsvoraussetzungen des Absatzes 1 Satz 6 zweiter Halbsatz in der bis zum 31. Dezember 2011 geltenden Fassung seit mehr als sechs Monaten nicht mehr vorliegen oder das medizinische Versorgungszentrum gegenüber dem Zulassungsausschuss nicht bis zum 30. Juni 2012 nachweist, dass die ärztliche Leitung den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 3 entspricht.

(7) Die Zulassung endet, wenn die vertragsärztliche Tätigkeit in einem von Zulassungsbeschränkungen betroffenen Planungsbereich nicht innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung aufgenommen wird, mit dem Tod, mit dem Wirksamwerden eines Verzichts, mit dem Ablauf des Befristungszeitraumes oder mit dem Wegzug des Berechtigten aus dem Bezirk seines Kassenarztsitzes. Die Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums endet mit dem Wirksamwerden eines Verzichts, der Auflösung, dem Ablauf des Befristungszeitraumes oder mit dem Wegzug des zugelassenen medizinischen Versorgungszentrums aus dem Bezirk des Vertragsarztsitzes.

(8) (weggefallen)

(9) Der Vertragsarzt kann mit Genehmigung des Zulassungsausschusses Ärzte, die in das Arztregister eingetragen sind, anstellen, sofern für die Arztgruppe, der der anzustellende Arzt angehört, keine Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind und der Anstellung keine Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen; hiervon abweichend ist eine Anstellungsgenehmigung trotz einer angeordneten Zulassungsbeschränkung zu erteilen, wenn mit der Anstellung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Sind Zulassungsbeschränkungen angeordnet, gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass die Voraussetzungen des § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 erfüllt sein müssen. Das Nähere zu der Anstellung von Ärzten bei Vertragsärzten bestimmen die Zulassungsverordnungen. Absatz 5 gilt entsprechend.

(9a) Der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmende Vertragsarzt kann mit Genehmigung des Zulassungsausschusses Ärzte, die von einer Hochschule mindestens halbtags als angestellte oder beamtete Hochschullehrer für Allgemeinmedizin oder als deren wissenschaftliche Mitarbeiter beschäftigt werden und in das Arztregister eingetragen sind, unabhängig von Zulassungsbeschränkungen anstellen. Bei der Ermittlung des Versorgungsgrades in einem Planungsbereich sind diese angestellten Ärzte nicht mitzurechnen.

(9b) Eine genehmigte Anstellung nach Absatz 9 Satz 1 ist auf Antrag des anstellenden Vertragsarztes vom Zulassungsausschuss in eine Zulassung umzuwandeln, sofern der Umfang der Tätigkeit des angestellten Arztes einem ganzen, einem halben oder einem drei Viertel Versorgungsauftrag entspricht; beantragt der anstellende Vertragsarzt nicht zugleich bei der Kassenärztlichen Vereinigung die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens nach § 103 Absatz 3a, wird der bisher angestellte Arzt Inhaber der Zulassung.

(10) (weggefallen)

(11) (weggefallen)

(11a) (weggefallen)

(11b) (weggefallen)

(12) (weggefallen)

(13) In Zulassungssachen der Psychotherapeuten und der überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte (§ 101 Abs. 3 Satz 1) treten abweichend von § 96 Abs. 2 Satz 1 und § 97 Abs. 2 Satz 1 an die Stelle der Vertreter der Ärzte Vertreter der Psychotherapeuten und der Ärzte in gleicher Zahl; unter den Vertretern der Psychotherapeuten muß mindestens ein Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut oder ein Psychotherapeut mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen sein. Für die erstmalige Besetzung der Zulassungsausschüsse und der Berufungsausschüsse nach Satz 1 werden die Vertreter der Psychotherapeuten von der zuständigen Aufsichtsbehörde auf Vorschlag der für die beruflichen Interessen maßgeblichen Organisationen der Psychotherapeuten auf Landesebene berufen.

(1) Die vertragsärztliche Versorgung gliedert sich in die hausärztliche und die fachärztliche Versorgung. Die hausärztliche Versorgung beinhaltet insbesondere

1.
die allgemeine und fortgesetzte ärztliche Betreuung eines Patienten in Diagnostik und Therapie bei Kenntnis seines häuslichen und familiären Umfeldes; Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen,
2.
die Koordination diagnostischer, therapeutischer und pflegerischer Maßnahmen einschließlich der Vermittlung eines aus medizinischen Gründen dringend erforderlichen Behandlungstermins bei einem an der fachärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer,
3.
die Dokumentation, insbesondere Zusammenführung, Bewertung und Aufbewahrung der wesentlichen Behandlungsdaten, Befunde und Berichte aus der ambulanten und stationären Versorgung,
4.
die Einleitung oder Durchführung präventiver und rehabilitativer Maßnahmen sowie die Integration nichtärztlicher Hilfen und flankierender Dienste in die Behandlungsmaßnahmen.

(1a) An der hausärztlichen Versorgung nehmen

1.
Allgemeinärzte,
2.
Kinder- und Jugendärzte,
3.
Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung, die die Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung gewählt haben,
4.
Ärzte, die nach § 95a Abs. 4 und 5 Satz 1 in das Arztregister eingetragen sind und
5.
Ärzte, die am 31. Dezember 2000 an der hausärztlichen Versorgung teilgenommen haben,
teil (Hausärzte).
Die übrigen Fachärzte nehmen an der fachärztlichen Versorgung teil. Der Zulassungsausschuss kann für Kinder- und Jugendärzte und Internisten ohne Schwerpunktbezeichnung eine von Satz 1 abweichende befristete Regelung treffen, wenn eine bedarfsgerechte Versorgung nicht gewährleistet ist. Hat der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen für die Arztgruppe der Hausärzte, der Kinder- und Jugendärzte oder der Fachinternisten eine Feststellung nach § 100 Absatz 1 Satz 1 getroffen, fasst der Zulassungsausschuss innerhalb von sechs Monaten den Beschluss, ob eine Regelung nach Satz 3 getroffen wird. Kinder- und Jugendärzte mit Schwerpunktbezeichnung können auch an der fachärztlichen Versorgung teilnehmen. Der Zulassungsausschuss kann Allgemeinärzten und Ärzten ohne Gebietsbezeichnung, die im Wesentlichen spezielle Leistungen erbringen, auf deren Antrag die Genehmigung zur ausschließlichen Teilnahme an der fachärztlichen Versorgung erteilen.

(1b) Die einen Versicherten behandelnden Leistungserbringer sind verpflichtet, den Versicherten nach dem von ihm gewählten Hausarzt zu fragen; sie sind verpflichtet, die den Versicherten betreffenden Behandlungsdaten und Befunde mit dessen Zustimmung zum Zwecke der bei dem Hausarzt durchzuführenden Dokumentation und der weiteren Behandlung zu übermitteln. Der Hausarzt ist mit Zustimmung des Versicherten verpflichtet, die für die Behandlung erforderlichen Daten und Befunde an die den Versicherten behandelnden Leistungserbringer zu übermitteln. Bei einem Hausarztwechsel ist der bisherige Hausarzt mit Zustimmung des Versicherten verpflichtet, dem neuen Hausarzt die bei ihm über den Versicherten gespeicherten Unterlagen vollständig zu übermitteln.

(1c) (weggefallen)

(2) Die vertragsärztliche Versorgung umfaßt die

1.
ärztliche Behandlung,
2.
zahnärztliche Behandlung und kieferorthopädische Behandlung nach Maßgabe des § 28 Abs. 2,
2a.
Versorgung mit Zahnersatz einschließlich Zahnkronen und Suprakonstruktionen, soweit sie § 56 Abs. 2 entspricht,
3.
Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten,
4.
ärztliche Betreuung bei Schwangerschaft und Mutterschaft,
5.
Verordnung von Leistungen zur medizinischen Rehabilitation,
6.
Anordnung der Hilfeleistung anderer Personen,
7.
Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankentransporten sowie Krankenhausbehandlung oder Behandlung in Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen,
7a.
Verordnung von digitalen Gesundheitsanwendungen,
8.
Verordnung häuslicher Krankenpflege und außerklinischer Intensivpflege,
9.
Ausstellung von Bescheinigungen und Erstellung von Berichten, die die Krankenkassen oder der Medizinische Dienst (§ 275) zur Durchführung ihrer gesetzlichen Aufgaben oder die die Versicherten für den Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts benötigen; die Bescheinigung über eine Arbeitsunfähigkeit ist auch auszustellen, wenn die Arbeitsunfähigkeitsdaten nach § 295 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 übermittelt werden,
10.
medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft nach § 27a Abs. 1,
11.
ärztlichen Maßnahmen nach den §§ 24a und 24b,
12.
Verordnung von Soziotherapie,
13.
Zweitmeinung nach § 27b,
14.
Verordnung von spezialisierter ambulanter Palliativversorgung nach § 37b.
Satz 1 Nummer 2 bis 4, 6, 10, 11 und 14 gilt nicht für Psychotherapeuten; Satz 1 Nummer 9 gilt nicht für Psychotherapeuten, soweit sich diese Regelung auf die Feststellung und die Bescheinigung von Arbeitsunfähigkeit bezieht. Satz 1 Nummer 5 gilt für Psychotherapeuten in Bezug auf die Verordnung von Leistungen zur psychotherapeutischen Rehabilitation. Satz 1 Nummer 7 gilt für Psychotherapeuten in Bezug auf die Verordnung von Ergotherapie, Krankentransporten sowie Krankenhausbehandlung. Satz 1 Nummer 8 gilt für Psychotherapeuten in Bezug auf die Verordnung von Leistungen der psychiatrischen häuslichen Krankenpflege. Das Nähere zu den Verordnungen durch Psychotherapeuten bestimmt der Gemeinsame Bundesausschuss in seinen Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6, 8 und 12.

(3) In den Gesamtverträgen ist zu vereinbaren, inwieweit Maßnahmen zur Vorsorge und Rehabilitation, soweit sie nicht zur kassenärztlichen Versorgung nach Absatz 2 gehören, Gegenstand der kassenärztlichen Versorgung sind.

(4) Krankenhausbehandlung darf nur verordnet werden, wenn eine ambulante Versorgung der Versicherten zur Erzielung des Heil- oder Linderungserfolgs nicht ausreicht. Die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung ist bei der Verordnung zu begründen. In der Verordnung von Krankenhausbehandlung sind in den geeigneten Fällen auch die beiden nächsterreichbaren, für die vorgesehene Krankenhausbehandlung geeigneten Krankenhäuser anzugeben. Das Verzeichnis nach § 39 Abs. 3 ist zu berücksichtigen.

(5) Der an der kassenärztlichen Versorgung teilnehmende Arzt und die ermächtigte Einrichtung sollen bei der Verordnung von Arzneimitteln die Preisvergleichsliste nach § 92 Abs. 2 beachten. Sie können auf dem Verordnungsblatt oder in dem elektronischen Verordnungsdatensatz ausschließen, dass die Apotheken ein preisgünstigeres wirkstoffgleiches Arzneimittel anstelle des verordneten Mittels abgeben. Verordnet der Arzt ein Arzneimittel, dessen Preis den Festbetrag nach § 35 überschreitet, hat der Arzt den Versicherten über die sich aus seiner Verordnung ergebende Pflicht zur Übernahme der Mehrkosten hinzuweisen.

(6) Zur kassenärztlichen Versorgung gehören Maßnahmen zur Früherkennung von Krankheiten nicht, wenn sie im Rahmen der Krankenhausbehandlung oder der stationären Entbindung durchgeführt werden, es sei denn, die ärztlichen Leistungen werden von einem Belegarzt erbracht.

(7) Es ist Vertragsärzten nicht gestattet, für die Zuweisung von Versicherten oder für die Vergabe und Dokumentation von Diagnosen ein Entgelt oder sonstige wirtschaftliche Vorteile sich versprechen oder sich gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu gewähren. § 128 Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.

(8) Zur Sicherung der wirtschaftlichen Verordnungsweise haben die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen sowie die Krankenkassen und ihre Verbände die Vertragsärzte auch vergleichend über preisgünstige verordnungsfähige Leistungen und Bezugsquellen, einschließlich der jeweiligen Preise und Entgelte zu informieren sowie nach dem allgemeinen anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse Hinweise zu Indikation und therapeutischen Nutzen zu geben. Die Informationen und Hinweise für die Verordnung von Arznei-, Verband- und Heilmitteln erfolgen insbesondere auf der Grundlage der Hinweise nach § 92 Abs. 2 Satz 3, der Rahmenvorgaben nach § 84 Abs. 7 Satz 1 und der getroffenen Arzneimittelvereinbarungen nach § 84 Abs. 1. In den Informationen und Hinweisen sind Handelsbezeichnung, Indikationen und Preise sowie weitere für die Verordnung von Arzneimitteln bedeutsame Angaben insbesondere auf Grund der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 in einer Weise anzugeben, die unmittelbar einen Vergleich ermöglichen; dafür können Arzneimittel ausgewählt werden, die einen maßgeblichen Anteil an der Versorgung der Versicherten im Indikationsgebiet haben. Die Kosten der Arzneimittel je Tagesdosis sind nach den Angaben der anatomisch-therapeutisch-chemischen Klassifikation anzugeben. Es gilt die vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte im Auftrage des Bundesministeriums für Gesundheit herausgegebene Klassifikation in der jeweils gültigen Fassung. Die Übersicht ist für einen Stichtag zu erstellen und in geeigneten Zeitabständen, im Regelfall jährlich, zu aktualisieren.

(9) Vertragsärzte dürfen für die Verordnung von Arzneimitteln, von Verbandmitteln, von digitalen Gesundheitsanwendungen und von Produkten, die gemäß den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden können, nur solche elektronischen Programme nutzen, die mindestens folgende Inhalte mit dem jeweils aktuellen Stand enthalten:

1.
die Informationen nach Absatz 8 Satz 2 und 3,
2.
die Informationen über das Vorliegen von Rabattverträgen nach § 130a Absatz 8,
3.
die Informationen nach § 131 Absatz 4 Satz 2,
4.
die zur Erstellung und Aktualisierung des Medikationsplans nach § 31a und des elektronischen Medikationsplans nach § 334 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 notwendigen Funktionen und Informationen,
5.
die Informationen nach § 35a Absatz 3a Satz 1 und
6.
ab dem 1. Oktober 2023 das Schulungsmaterial nach § 34 Absatz 1f Satz 2 des Arzneimittelgesetzes und die Informationen nach § 34 Absatz 1h Satz 3 des Arzneimittelgesetzes, auch in Verbindung mit § 39 Absatz 2e des Arzneimittelgesetzes oder § 39d Absatz 6 des Arzneimittelgesetzes
und die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung für die vertragsärztliche Versorgung zugelassen sind. Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates das Nähere insbesondere zu den Mindestanforderungen der Informationen nach Satz 1 Nummer 5 zu regeln. Es kann in der Rechtsverordnung auch das Nähere zu den weiteren Anforderungen nach Satz 1 regeln. Es kann dabei Vorgaben zur Abbildung der für die vertragsärztliche Versorgung geltenden Regelungen zur Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Verordnung von Arzneimitteln im Vergleich zu anderen Therapiemöglichkeiten machen. Es kann auch Vorgaben zu semantischen und technischen Voraussetzungen zur Interoperabilität machen. Weitere Einzelheiten sind in den Verträgen nach § 82 Absatz 1 zu vereinbaren. Die Vereinbarungen in den Verträgen nach § 82 Absatz 1 sind innerhalb von drei Monaten nach dem erstmaligen Inkrafttreten der Rechtsverordnung nach den Sätzen 2 bis 4 sowie nach dem jeweiligen Inkrafttreten einer Änderung der Rechtsverordnung anzupassen. Sie sind davon unabhängig in regelmäßigen Abständen zu überprüfen und bei Bedarf anzupassen. Auf die Verordnung von digitalen Gesundheitsanwendungen nach § 33a findet Satz 1 vor dem 1. Januar 2023 keine Anwendung.

(10) Für die Verordnung von Heilmitteln dürfen Vertragsärzte ab dem 1. Januar 2017 nur solche elektronischen Programme nutzen, die die Informationen der Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 in Verbindung mit § 92 Absatz 6 und über besondere Verordnungsbedarfe nach § 106b Absatz 2 Satz 4 sowie die sich aus den Verträgen nach § 125a ergebenden Besonderheiten enthalten und die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung für die vertragsärztliche Versorgung zugelassen sind. Das Nähere ist in den Verträgen nach § 82 Absatz 1 zu vereinbaren.

(11) Stellt ein Vertragsarzt bei einem Versicherten eine Diagnose nach § 125a und die Indikation für ein Heilmittel, sind Auswahl und Dauer der Therapie sowie die Frequenz der Behandlungseinheiten vom Heilmittelerbringer festzulegen. In medizinisch begründeten Fällen kann der Vertragsarzt auch bei Vorliegen einer Diagnose nach § 125a selbst über die Auswahl und Dauer der Therapie sowie die Frequenz der Behandlungseinheiten entscheiden; in diesem Fall sind auf die Verordnung die Regelungen der Verträge nach § 125 Absatz 1 anzuwenden. Die Vertragsärzte sollen zum Beginn des auf den rechtskräftigen Abschluss des Vertrages nach § 125a folgenden Quartals, frühestens jedoch nach sechs Wochen, nach den Regelungen dieses Absatzes verordnen.

(1) Wer im Geltungsbereich dieses Gesetzes den ärztlichen Beruf ausüben will, bedarf der Approbation als Arzt.

(2) Eine vorübergehende oder eine auf bestimmte Tätigkeiten beschränkte Ausübung des ärztlichen Berufs im Geltungsbereich dieses Gesetzes ist auch aufgrund einer Erlaubnis zulässig.

(3) Ärzte, die Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder eines Vertragsstaates sind, dem Deutschland und die Europäische Gemeinschaft oder Deutschland und die Europäische Union vertraglich einen entsprechenden Rechtsanspruch eingeräumt haben, dürfen den ärztlichen Beruf im Geltungsbereich dieses Gesetzes ohne Approbation als Arzt oder ohne Erlaubnis zur vorübergehenden Ausübung des ärztlichen Berufs ausüben, sofern sie vorübergehend und gelegentlich als Erbringer von Dienstleistungen im Sinne des Artikels 50 des EG-Vertrages im Geltungsbereich dieses Gesetzes tätig werden. Sie unterliegen jedoch der Meldepflicht nach diesem Gesetz.

(4) Für die Ausübung des ärztlichen Berufs in Grenzgebieten durch im Inland nicht niedergelassene Ärzte gelten die hierfür abgeschlossenen zwischenstaatlichen Verträge.

(5) Ausübung des ärztlichen Berufs ist die Ausübung der Heilkunde unter der Berufsbezeichnung "Arzt" oder "Ärztin".

(1) An der vertragsärztlichen Versorgung nehmen zugelassene Ärzte und zugelassene medizinische Versorgungszentren sowie ermächtigte Ärzte und ermächtigte Einrichtungen teil. Medizinische Versorgungszentren sind ärztlich geleitete Einrichtungen, in denen Ärzte, die in das Arztregister nach Absatz 2 Satz 3 eingetragen sind, als Angestellte oder Vertragsärzte tätig sind. Der ärztliche Leiter muss in dem medizinischen Versorgungszentrum selbst als angestellter Arzt oder als Vertragsarzt tätig sein; er ist in medizinischen Fragen weisungsfrei. Sind in einem medizinischen Versorgungszentrum Angehörige unterschiedlicher Berufsgruppen, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, tätig, ist auch eine kooperative Leitung möglich. Die Zulassung erfolgt für den Ort der Niederlassung als Arzt oder den Ort der Niederlassung als medizinisches Versorgungszentrum (Vertragsarztsitz).

(1a) Medizinische Versorgungszentren können von zugelassenen Ärzten, von zugelassenen Krankenhäusern, von Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3, von anerkannten Praxisnetzen nach § 87b Absatz 2 Satz 3, von gemeinnützigen Trägern, die aufgrund von Zulassung oder Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, oder von Kommunen gegründet werden. Erbringer nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3 sind jedoch nur zur Gründung fachbezogener medizinischer Versorgungszentren berechtigt; ein Fachbezug besteht auch für die mit Dialyseleistungen zusammenhängenden ärztlichen Leistungen im Rahmen einer umfassenden Versorgung der Dialysepatienten. Die Gründung eines medizinischen Versorgungszentrums ist nur in der Rechtsform der Personengesellschaft, der eingetragenen Genossenschaft oder der Gesellschaft mit beschränkter Haftung oder in einer öffentlich rechtlichen Rechtsform möglich. Die Zulassung von medizinischen Versorgungszentren, die am 1. Januar 2012 bereits zugelassen sind, gilt unabhängig von der Trägerschaft und der Rechtsform des medizinischen Versorgungszentrums unverändert fort; die Zulassung von medizinischen Versorgungszentren, die von Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen nach § 126 Absatz 3 gegründet wurden und am 10. Mai 2019 bereits zugelassen sind, gilt unabhängig von ihrem Versorgungsangebot unverändert fort. Für die Gründung von medizinischen Versorgungszentren durch Kommunen findet § 105 Absatz 5 Satz 1 bis 4 keine Anwendung.

(1b) Ein zahnärztliches medizinisches Versorgungszentrum kann von einem Krankenhaus nur gegründet werden, soweit der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus damit insgesamt gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in dem Planungsbereich der Kassenzahnärztlichen Vereinigung, in dem die Gründung des zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentrums beabsichtigt ist, 10 Prozent nicht überschreitet. In Planungsbereichen, in denen der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um bis zu 50 Prozent unterschritten ist, umfasst die Gründungsbefugnis des Krankenhauses für zahnärztliche medizinische Versorgungszentren mindestens fünf Vertragszahnarztsitze oder Anstellungen. Abweichend von Satz 1 kann ein Krankenhaus ein zahnärztliches medizinisches Versorgungszentrum unter den folgenden Voraussetzungen gründen:

1.
in einem Planungsbereich, in dem der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um mehr als 50 Prozent unterschritten ist, sofern der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus damit insgesamt gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in diesem Planungsbereich 20 Prozent nicht überschreitet,
2.
in einem Planungsbereich, in dem der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um mehr als 10 Prozent überschritten ist, sofern der Versorgungsanteil der vom Krankenhaus gegründeten zahnärztlichen medizinischen Versorgungszentren an der vertragszahnärztlichen Versorgung in diesem Planungsbereich 5 Prozent nicht überschreitet.
Der Zulassungsausschuss ermittelt den jeweils geltenden Versorgungsanteil auf Grundlage des allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrades und des Standes der vertragszahnärztlichen Versorgung. Hierzu haben die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen umfassende und vergleichbare Übersichten zum allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrad und zum Stand der vertragszahnärztlichen Versorgung am 31. Dezember eines jeden Jahres zu erstellen. Die Übersichten sind bis zum 30. Juni des jeweils folgenden Jahres zu erstellen und in geeigneter Weise in den amtlichen Mitteilungsblättern der Kassenzahnärztlichen Vereinigungen zu veröffentlichen. Die Sätze 1 bis 6 gelten auch für die Erweiterung bestehender zahnärztlicher medizinischer Versorgungszentren eines Krankenhauses.

(2) Um die Zulassung als Vertragsarzt kann sich jeder Arzt bewerben, der seine Eintragung in ein Arzt- oder Zahnarztregister (Arztregister) nachweist. Die Arztregister werden von den Kassenärztlichen Vereinigungen für jeden Zulassungsbezirk geführt. Die Eintragung in ein Arztregister erfolgt auf Antrag

1.
nach Erfüllung der Voraussetzungen nach § 95a für Vertragsärzte und nach § 95c für Psychotherapeuten,
2.
nach Ableistung einer zweijährigen Vorbereitungszeit für Vertragszahnärzte.
Das Nähere regeln die Zulassungsverordnungen. Um die Zulassung kann sich ein medizinisches Versorgungszentrum bewerben, dessen Ärzte in das Arztregister nach Satz 3 eingetragen sind. Für die Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist außerdem Voraussetzung, dass die Gesellschafter entweder selbstschuldnerische Bürgschaftserklärungen oder andere Sicherheitsleistungen nach § 232 des Bürgerlichen Gesetzbuchs für Forderungen von Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen gegen das medizinische Versorgungszentrum aus dessen vertragsärztlicher Tätigkeit abgeben; dies gilt auch für Forderungen, die erst nach Auflösung des medizinischen Versorgungszentrums fällig werden. Die Anstellung eines Arztes in einem zugelassenen medizinischen Versorgungszentrum bedarf der Genehmigung des Zulassungsausschusses. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Voraussetzungen des Satzes 5 erfüllt sind; Absatz 9b gilt entsprechend. Anträge auf Zulassung eines Arztes und auf Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums sowie auf Genehmigung der Anstellung eines Arztes in einem zugelassenen medizinischen Versorgungszentrum sind abzulehnen, wenn bei Antragstellung für die dort tätigen Ärzte Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs. 1 Satz 2 angeordnet sind oder der Zulassung oder der Anstellungsgenehmigung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen. Abweichend von Satz 9 ist einem Antrag trotz einer nach § 103 Absatz 1 Satz 2 angeordneten Zulassungsbeschränkung stattzugeben, wenn mit der Zulassung oder Anstellungsgenehmigung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Für die in den medizinischen Versorgungszentren angestellten Ärzte gilt § 135 entsprechend.

(2a) (weggefallen)

(3) Die Zulassung bewirkt, daß der Vertragsarzt Mitglied der für seinen Kassenarztsitz zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung wird und zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung im Umfang seines aus der Zulassung folgenden Versorgungsauftrages berechtigt und verpflichtet ist. Die Zulassung des medizinischen Versorgungszentrums bewirkt, dass die in dem Versorgungszentrum angestellten Ärzte Mitglieder der für den Vertragsarztsitz des Versorgungszentrums zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung sind und dass das zugelassene medizinische Versorgungszentrum insoweit zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist. Die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung sind verbindlich. Die Einhaltung der sich aus den Sätzen 1 und 2 ergebenden Versorgungsaufträge sind von der Kassenärztlichen Vereinigung bundeseinheitlich, insbesondere anhand der abgerechneten Fälle und anhand der Gebührenordnungspositionen mit den Angaben für den zur ärztlichen Leistungserbringung erforderlichen Zeitaufwand nach § 87 Absatz 2 Satz 1 zweiter Halbsatz, zu prüfen. Die Ergebnisse sowie eine Übersicht über die gegebenenfalls getroffenen Maßnahmen sind den Landes- und Zulassungsausschüssen sowie der für die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung zuständigen Aufsichtsbehörde jeweils zum 30. Juni des Jahres zu übermitteln.

(4) Die Ermächtigung bewirkt, daß der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist. Die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung sind für sie verbindlich. Die Absätze 5 bis 7, § 75 Abs. 2 und § 81 Abs. 5 gelten entsprechend.

(5) Die Zulassung ruht auf Beschluß des Zulassungsausschusses, wenn der Vertragsarzt seine Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht ausübt, ihre Aufnahme aber in angemessener Frist zu erwarten ist, oder auf Antrag eines Vertragsarztes, der in den hauptamtlichen Vorstand nach § 79 Abs. 1 gewählt worden ist. Unter den gleichen Voraussetzungen kann bei vollem Versorgungsauftrag das Ruhen der Hälfte oder eines Viertels der Zulassung beschlossen werden; bei einem drei Viertel Versorgungsauftrag kann das Ruhen eines Viertels der Zulassung beschlossen werden.

(6) Die Zulassung ist zu entziehen, wenn ihre Voraussetzungen nicht oder nicht mehr vorliegen, der Vertragsarzt die vertragsärztliche Tätigkeit nicht aufnimmt oder nicht mehr ausübt oder seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt. Der Zulassungsausschuss kann in diesen Fällen statt einer vollständigen auch die Entziehung derHälfteoder eines Viertels der Zulassung beschließen. Einem medizinischen Versorgungszentrum ist die Zulassung auch dann zu entziehen, wenn die Gründungsvoraussetzungen des Absatzes 1a Satz 1 bis 3 länger als sechs Monate nicht mehr vorliegen. Die Gründereigenschaft nach Absatz 1a Satz 1 bleibt auch für die angestellten Ärzte bestehen, die auf ihre Zulassung zugunsten der Anstellung in einem medizinischen Versorgungszentrum verzichtet haben, solange sie in dem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind und Gesellschafter des medizinischen Versorgungszentrums sind. Die Gründungsvoraussetzung nach Absatz 1a Satz 1 liegt weiterhin vor, sofern angestellte Ärzte die Gesellschafteranteile der Ärzte nach Absatz 1a Satz 1 oder der Ärzte nach Satz 4 übernehmen und solange sie in dem medizinischen Versorgungszentrum tätig sind; die Übernahme von Gesellschafteranteilen durch angestellte Ärzte ist jederzeit möglich. Medizinischen Versorgungszentren, die unter den in Absatz 1a Satz 4 erster Halbsatz geregelten Bestandsschutz fallen, ist die Zulassung zu entziehen, wenn die Gründungsvoraussetzungen des Absatzes 1 Satz 6 zweiter Halbsatz in der bis zum 31. Dezember 2011 geltenden Fassung seit mehr als sechs Monaten nicht mehr vorliegen oder das medizinische Versorgungszentrum gegenüber dem Zulassungsausschuss nicht bis zum 30. Juni 2012 nachweist, dass die ärztliche Leitung den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 3 entspricht.

(7) Die Zulassung endet, wenn die vertragsärztliche Tätigkeit in einem von Zulassungsbeschränkungen betroffenen Planungsbereich nicht innerhalb von drei Monaten nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung aufgenommen wird, mit dem Tod, mit dem Wirksamwerden eines Verzichts, mit dem Ablauf des Befristungszeitraumes oder mit dem Wegzug des Berechtigten aus dem Bezirk seines Kassenarztsitzes. Die Zulassung eines medizinischen Versorgungszentrums endet mit dem Wirksamwerden eines Verzichts, der Auflösung, dem Ablauf des Befristungszeitraumes oder mit dem Wegzug des zugelassenen medizinischen Versorgungszentrums aus dem Bezirk des Vertragsarztsitzes.

(8) (weggefallen)

(9) Der Vertragsarzt kann mit Genehmigung des Zulassungsausschusses Ärzte, die in das Arztregister eingetragen sind, anstellen, sofern für die Arztgruppe, der der anzustellende Arzt angehört, keine Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind und der Anstellung keine Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 entgegenstehen; hiervon abweichend ist eine Anstellungsgenehmigung trotz einer angeordneten Zulassungsbeschränkung zu erteilen, wenn mit der Anstellung Festlegungen nach § 101 Absatz 1 Satz 8 befolgt werden. Sind Zulassungsbeschränkungen angeordnet, gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass die Voraussetzungen des § 101 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 erfüllt sein müssen. Das Nähere zu der Anstellung von Ärzten bei Vertragsärzten bestimmen die Zulassungsverordnungen. Absatz 5 gilt entsprechend.

(9a) Der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmende Vertragsarzt kann mit Genehmigung des Zulassungsausschusses Ärzte, die von einer Hochschule mindestens halbtags als angestellte oder beamtete Hochschullehrer für Allgemeinmedizin oder als deren wissenschaftliche Mitarbeiter beschäftigt werden und in das Arztregister eingetragen sind, unabhängig von Zulassungsbeschränkungen anstellen. Bei der Ermittlung des Versorgungsgrades in einem Planungsbereich sind diese angestellten Ärzte nicht mitzurechnen.

(9b) Eine genehmigte Anstellung nach Absatz 9 Satz 1 ist auf Antrag des anstellenden Vertragsarztes vom Zulassungsausschuss in eine Zulassung umzuwandeln, sofern der Umfang der Tätigkeit des angestellten Arztes einem ganzen, einem halben oder einem drei Viertel Versorgungsauftrag entspricht; beantragt der anstellende Vertragsarzt nicht zugleich bei der Kassenärztlichen Vereinigung die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens nach § 103 Absatz 3a, wird der bisher angestellte Arzt Inhaber der Zulassung.

(10) (weggefallen)

(11) (weggefallen)

(11a) (weggefallen)

(11b) (weggefallen)

(12) (weggefallen)

(13) In Zulassungssachen der Psychotherapeuten und der überwiegend oder ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte (§ 101 Abs. 3 Satz 1) treten abweichend von § 96 Abs. 2 Satz 1 und § 97 Abs. 2 Satz 1 an die Stelle der Vertreter der Ärzte Vertreter der Psychotherapeuten und der Ärzte in gleicher Zahl; unter den Vertretern der Psychotherapeuten muß mindestens ein Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut oder ein Psychotherapeut mit einer Weiterbildung für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen sein. Für die erstmalige Besetzung der Zulassungsausschüsse und der Berufungsausschüsse nach Satz 1 werden die Vertreter der Psychotherapeuten von der zuständigen Aufsichtsbehörde auf Vorschlag der für die beruflichen Interessen maßgeblichen Organisationen der Psychotherapeuten auf Landesebene berufen.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 26. November 2010 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 250 000 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Der Kläger wendet sich gegen den Entzug seiner Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung.

2

Der 1965 geborene Kläger war seit dem 1.7.2004 in S. als Facharzt für Allgemeinmedizin niedergelassen und zusammen mit seinem Bruder in einer Gemeinschaftspraxis zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Ein Tätigkeitsschwerpunkt der Praxis war die medizinische Betreuung Abhängiger und die Substitutionsbehandlung mit Opioiden. Bei einer Durchsuchung der Wohnungen des Klägers im Rahmen von Ermittlungen wegen des Verdachts auf Abrechnungsbetrug wurden 136,5 Gramm Haschisch und 20 - 40 Gramm Marihuana sowie die unter das Betäubungsmittelgesetz fallenden Medikamente Subutex und Dronabinol gefunden. Ein beim Kläger durchgeführter Rauschgiftvortest verlief positiv auf Cannabis-Produkte.

3

Der Zulassungsausschuss entzog dem Kläger mit Beschluss vom 20.9.2005 seine Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung. Er sei mitverantwortlich für die von seinem Bruder eingeräumten Falschabrechnungen sowie für Verstöße gegen die Methadonsubstitutionsrichtlinie. Darüber hinaus habe er eine falsche Erklärung abgegeben, als er erklärt habe, dass er zum Zeitpunkt der Zulassung bzw innerhalb der letzten fünf Jahre vor diesem Zeitpunkt nicht rauschmittelabhängig gewesen sei. In seiner Vernehmung am 20.7.2005 habe er angegeben, seit drei Jahren regelmäßig Cannabis zu konsumieren und zwar ca 2 bis 3 g täglich. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies der beklagte Berufungsausschuss am 29.8.2006 zurück. Es spreche viel dafür, dass der Kläger rauschgiftsüchtig sei. Das könne jedoch letztlich offen bleiben. Jedenfalls sei er, wie sich aus den von der Approbationsbehörde eingeholten Gutachten ergebe, zur Zeit wegen geistiger und sonstiger in seiner Person liegender schwerwiegender Mängel zur Ausübung der Kassenpraxis ungeeignet. Der Vorwurf von Abrechnungsmanipulationen lasse sich nicht belegen. Allerdings habe der Kläger gegen das Gebot der persönlichen Leistungserbringung verstoßen, indem er von ihm persönlich zu erbringende Leistungen von Hilfskräften habe durchführen lassen. Auch habe er von einem falschen, von seinem Bruder ausgestellten Weiterbildungszeugnis Gebrauch gemacht. Schließlich sei der Kläger seinen Dokumentationspflichten nur unzulänglich nachgekommen. Über die für seine Berufsausübung geltenden Vorschriften sei der Kläger nur unzureichend informiert.

4

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 14.3.2007 abgewiesen. Der Bruder des Klägers habe Falschabrechnungen eingeräumt. Dem Kläger sei zwar keine Beteiligung daran nachgewiesen worden, als Gemeinschaftspraxispartner hätte er sich aber von der Richtigkeit der Abrechnungen überzeugen müssen. Ferner habe der Kläger persönlich zu erbringende Leistungen von nichtärztlichem Personal durchführen und auch Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ausstellen lassen. Der Kläger habe von einem falschen Weiterbildungszeugnis Gebrauch gemacht und seine Dokumentationspflichten verletzt. Im Übrigen spreche ein hoher Grad der Wahrscheinlichkeit dafür, dass er in den letzten fünf Jahren rauschgiftsüchtig gewesen sei. Das LSG hat mit Urteil vom 26.11.2010 die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung hat es sich zum einen auf die Ausführungen des SG zum jahrelangen Drogenmissbrauch berufen. Zum anderen hat es ausgeführt, dass von einem in der Person des Klägers liegenden schwerwiegenden Mangel bei einem jahrelangen Konsum illegaler Drogen, zT noch während der Ausübung der Vertragsarzttätigkeit auszugehen sei. Unter dem Einfluss dieser bewusstseinsverändernden Stoffe habe der Kläger Versicherte behandelt und damit deren Leib und Leben gefährdet. Auch die Selbstmedikation mit dem THC-haltigen Arzneimittel Dronabinol lasse deutliche Züge eines Suchtverhaltens erkennen. Da der Kläger nach einem vom VG eingeholten medizinischen Gutachten erst seit Dezember 2007 keine Cannabinoide mehr einnehme, stehe auch ein Wohlverhalten des Klägers einem Zulassungsentzug nicht entgegen.

5

Dagegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, zu deren Begründung er eine grundsätzliche Bedeutung iS von § 160 Abs 2 Nr 1 SGG sowie Verfahrensfehler iS des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG geltend macht.

6

II. Die Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg. Es kann offenbleiben, ob die geltend gemachten Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs 2 Nr 1 und 3 SGG hinreichend dargelegt sind und tatsächlich vorliegen. Die angefochtene Entscheidung erweist sich jedenfalls aus anderen als den vom Berufungsgericht angeführten Gründen als in der Sache richtig. In entsprechender Anwendung von § 170 Abs 1 Satz 2 SGG ist für eine Revisionszulassung kein Raum, wenn feststeht, dass das angefochtene Urteil unabhängig vom Vorliegen der geltend gemachten Zulassungsgründe aus anderen als den vom Berufungsgericht angestellten Erwägungen Bestand haben wird(BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 28 S 51 f).

7

1. Dahinstehen kann, ob der Vortrag des Klägers den aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG abzuleitenden Anforderungen genügt und die Rechtssache im Hinblick auf die vom Kläger formulierten Rechtsfragen zur Rechtfertigung einer Zulassungsentziehung wegen Cannabiskonsums grundsätzliche Bedeutung hat. Ausgehend von der Rechtsprechung des Senats zur Zulassungsentziehung nach § 95 Abs 6 SGB V(zusammenfassend BSGE 93, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 9, jeweils RdNr 10, mwN)ist zwar denkbar, dass der regelmäßige Erwerb und Konsum illegaler Drogen zumindest im Zusammenhang mit dem Praxisschwerpunkt der Betreuung von Drogenabhängigen, die durch die Substitutionsbehandlung von illegalen Drogen und den damit verbundenen Beschaffungswegen unabhängig werden sollen, eine schwerwiegende Verfehlung darstellen und eine Entziehung der Zulassung rechtfertigen können. Ob das LSG allerdings die für eine solche Bewertung erforderlichen Umstände in hinreichendem Umfang festgestellt und gewürdigt hat, erscheint fraglich.

8

Offen bleiben kann auch, ob der vom Kläger gerügte Verfahrensmangel der Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör vorliegt. Es gibt keinen allgemeinen Verfahrensgrundsatz, der das Gericht verpflichten würde, die Beteiligten vor einer Entscheidung auf eine in Aussicht genommene Beweiswürdigung hinzuweisen oder die für die richterliche Überzeugungsbildung möglicherweise leitenden Gründe zuvor mit den Beteiligten zu erörtern (BSG Beschlüsse vom 31.8.1993 - 2 BU 61/93 - HVBG-Info 1994, 209; vom 13.10.1993 - 2 BU 79/93 - SozR 3-1500 § 153 Nr 1 und vom 17.2.1999 - B 2 U 141/98 B - HVBG-Info 1999, 3700; BVerfGE 66, 116, 147 ; 74, 1, 5 ; 86, 133, 144 f ). Das setzt allerdings voraus, dass die maßgeblichen tatsächlichen Umstände den Beteiligten bekannt sind. Wenn der Kläger vorträgt, es sei unklar, worauf das LSG seine Ausführungen stützt, er habe unter dem Einfluss von Drogen Versicherte behandelt und damit ganz bewusst deren Leib und Leben gefährdet, trifft dies jedenfalls insoweit zu, als der tatsächliche Anknüpfungspunkt für diese Aussage weder vom LSG benannt noch aus den Akten ersichtlich ist. Es hätte aber deutlich werden müssen, welche Anhaltspunkte das LSG für eine konkrete Patientengefährdung gesehen hat. Wenn das LSG die Patientengefährdung abstrakt allein mit dem Drogenkonsum des Klägers begründen wollte, hätte es ihm möglicherweise Gelegenheit geben müssen, zu den dieser Annahme zugrunde liegenden generellen medizinischen Erfahrungssätzen näher Stellung zu nehmen.

9

2. Die angegriffene Entscheidung des LSG müsste aber aus anderen Gründen in einem etwaigen Revisionsverfahren bestätigt werden. Der Kläger verfügte nämlich zum Zeitpunkt der Entscheidung des Beklagten am 29.8.2006 nicht über eine ärztliche Approbation, die für die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit ausreichte. Eine uneingeschränkte Approbation ist nach § 95 Abs 2 Satz 3 Nr 1 iVm § 95a Abs 1 Nr 1 SGB V Voraussetzung für eine Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung. Ihr Wegfall rechtfertigt nach § 95 Abs 6 Satz 1 SGB V die Entziehung der Zulassung.

10

Das VG des Saarlandes hatte im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Ruhens der Approbation die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Klägers gegen die Ruhensanordnung vom 14.6.2006 nur mit der Maßgabe wiederhergestellt, dass der Kläger die ärztliche Tätigkeit nur in einer gemeinsam mit einem approbierten Arzt geführten Praxis und während dessen Anwesenheit in der Praxis ausüben durfte (Beschluss vom 11.8.2006 - 1 F 22/06). Das OVG des Saarlandes hat mit Beschluss vom 23.10.2006 diese Maßgabe noch dahin verschärft, dass der andere Arzt über die "Zusatz-Weiterbildung Suchtmedizinische Grundversorgung" verfügen müsse, und dieser Arzt vom Kläger in Notfällen und in Fällen, in denen im Vergleich zum Routinepraxisbetrieb neue und unvorhersehbare Aufgaben zu bewältigen seien, informiert und hinzugezogen werden müsse (1 W 41/06). Ein Arzt, der berufsrechtlich nur unter derartigen Vorgaben tätig werden darf, ist rechtlich gehindert, die vertragsärztliche Tätigkeit auszuüben. Eine Zulassung nur für die Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit in Anwesenheit eines anderen Vertragsarztes, der in bestimmten Fällen hinzugezogen werden muss, kann nach § 95 SGB V nicht erteilt werden. Die eigenständige Versorgung von Patienten - auch in Notfällen - ist zentraler Bestandteil der vertragsärztlichen Tätigkeit. Die Tätigkeit in "freier Praxis" iS des § 32 Abs 1 Satz 1 der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) beinhaltet neben der wirtschaftlichen Verantwortlichkeit auch eine ausreichende Handlungsfreiheit in beruflicher und persönlicher Hinsicht(vgl Senatsurteil vom 23.6.2010 - B 6 KA 7/09 R - BSGE 106, 222 = SozR 4-5520 § 32 Nr 4, RdNr 36 ff). Der beklagte Berufungsausschuss hat insoweit zu Recht darauf hingewiesen, dass es nicht möglich ist, einen Vertragsarzt praktisch in die Obhut eines anderen approbierten Arztes zu geben.

11

Dass der Kläger seit 2009 wieder über eine uneingeschränkte Approbation verfügt, ändert nichts an der Rechtmäßigkeit der Entziehung. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Entscheidung über die Entziehung der Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung maßgeblich (BSGE 93, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 9).

12

Da die Zulassungsentziehung aus Rechtsgründen geboten war, kommt es auf ein etwaiges Wohlverhalten des Klägers nach Ergehen der Entscheidung des Berufungsausschusses nicht an. Hiernach wäre nur zu fragen, wenn, wie die Vorinstanzen dies angenommen haben, unmittelbar die fehlende persönliche Eignung entscheidungserheblich wäre. Ein sogenanntes Wohlverhalten ist in der gegebenen Konstellation erst dann von Bedeutung, wenn der Kläger einen Antrag auf Wiederzulassung stellt.

13

Der beklagte Berufungsausschuss war schließlich auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit gehalten, als mildere Maßnahme das Ruhen der Zulassung anzuordnen. Das Ruhen der Zulassung kann nach § 95 Abs 5 SGB V iVm § 26 Ärzte-ZV angeordnet werden, wenn der Vertragsarzt die Tätigkeit eine Zeit lang nicht ausüben kann. Voraussetzung ist aber, dass die Wiederaufnahme der vertragsärztlichen Tätigkeit in angemessener Frist zu erwarten ist und dem Ruhen Gründe der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung nicht entgegenstehen. Was als angemessene Frist iS des § 95 Abs 5 Satz 1 SGB V anzusehen ist, kann nicht starr festgelegt werden, sondern beurteilt sich nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls(vgl dazu Krauskopf/Clemens in Laufs/Kern, Handbuch des Arztrechts, 4. Aufl 2010, § 29 RdNr 108). Das Landesamt für Soziales, Gesundheit und Verbraucherschutz hatte hier das Ruhen der Approbation des Klägers auf dessen fehlende Eignung zur Ausübung der ärztlichen Tätigkeit und eine potenzielle Gefährdung der Patienten gestützt. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Beklagten war überhaupt nicht absehbar, ob und wann der Kläger wieder über eine Approbation verfügen würde, die ihm eine Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermöglichen könnte. Bei der erforderlichen prognostischen Betrachtung war mit einer Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens von mindestens zwei Jahren zu rechnen. Nicht zuletzt im Hinblick auf den speziellen Praxisschwerpunkt des Klägers kam damit auch unter Sicherstellungsgesichtspunkten ein Ruhen der Zulassung als milderes Mittel gegenüber der Zulassungsentziehung nicht in Betracht.

14

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 3 SGG iVm § 154 ff VwGO. Als unterlegener Beteiligter hat der Kläger auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen (§ 154 Abs 2 VwGO).

15

Die Festsetzung des Streitwerts entspricht der Festsetzung der Vorinstanz, die von keinem der Beteiligten in Frage gestellt worden ist (§ 197a Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1, § 47 Abs 1 und 3 GKG).

(1) Der Vertragsarzt hat die vertragsärztliche Tätigkeit persönlich in freier Praxis auszuüben. Bei Krankheit, Urlaub oder Teilnahme an ärztlicher Fortbildung oder an einer Wehrübung kann er sich innerhalb von zwölf Monaten bis zur Dauer von drei Monaten vertreten lassen. Eine Vertragsärztin kann sich in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit einer Entbindung bis zu einer Dauer von zwölf Monaten vertreten lassen. Dauert die Vertretung länger als eine Woche, so ist sie der Kassenärztlichen Vereinigung mitzuteilen. Der Vertragsarzt darf sich grundsätzlich nur durch einen anderen Vertragsarzt oder durch einen Arzt, der die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 erfüllt, vertreten lassen. Überschreitet innerhalb von zwölf Monaten die Dauer der Vertretung einen Monat, kann die Kassenärztliche Vereinigung beim Vertragsarzt oder beim Vertreter überprüfen, ob der Vertreter die Voraussetzungen nach Satz 5 erfüllt und keine Ungeeignetheit nach § 21 vorliegt.

(2) Die Beschäftigung von Assistenten gemäß § 3 Abs. 3 bedarf der Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung. Im Übrigen darf der Vertragsarzt einen Vertreter oder einen Assistenten nur beschäftigen,

1.
wenn dies im Rahmen der Aus- oder Weiterbildung oder aus Gründen der Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung erfolgt,
2.
während Zeiten der Erziehung von Kindern bis zu einer Dauer von 36 Monaten, wobei dieser Zeitraum nicht zusammenhängend genommen werden muss, und
3.
während der Pflege eines pflegebedürftigen nahen Angehörigen in häuslicher Umgebung bis zu einer Dauer von sechs Monaten.
Die Beschäftigung von Ärzten als Weiterbildungsassistenten nach Satz 2 Nummer 1 erste Alternative ist bei Antrag auf Teilnahme zur vertragsärztlichen Versorgung auch nach Abschluss der Weiterbildung zulässig für die Zeit bis zur Entscheidung über den Antrag. Die Kassenärztliche Vereinigung kann die in Satz 2 Nummer 2 und 3 genannten Zeiträume verlängern. Für die Beschäftigung eines Vertreters oder Assistenten ist die vorherige Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung erforderlich. Die Dauer der Beschäftigung ist zu befristen. Die Genehmigung ist zu widerrufen, wenn die Beschäftigung eines Vertreters oder Assistenten nicht mehr begründet ist; sie kann widerrufen werden, wenn in der Person des Vertreters oder Assistenten Gründe liegen, welche beim Vertragsarzt zur Entziehung der Zulassung führen können.

(3) Die Beschäftigung eines Assistenten darf nicht der Vergrößerung der Kassenpraxis oder der Aufrechterhaltung eines übergroßen Praxisumfangs dienen. In den Fällen der Beschäftigung eines Assistenten im Rahmen der Weiterbildung nach § 75a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch hat die Kassenärztliche Vereinigung im Verteilungsmaßstab nach § 87b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch festzulegen, in welchem Umfang abweichend von Satz 1 und § 87b Absatz 2 Satz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch eine Vergrößerung der Kassenpraxis zulässig ist; bei der Festlegung ist insbesondere der von der Praxis zu zahlende Anhebungsbetrag nach § 75a Absatz 1 Satz 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch zu berücksichtigen.

(4) Der Vertragsarzt hat Vertreter und Assistenten zur Erfüllung der vertragsärztlichen Pflichten anzuhalten.

(1) Das Insolvenzverfahren erfaßt das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt (Insolvenzmasse).

(2) Übt der Schuldner eine selbstständige Tätigkeit aus oder beabsichtigt er, demnächst eine solche Tätigkeit auszuüben, hat der Insolvenzverwalter ihm gegenüber zu erklären, ob Vermögen aus der selbstständigen Tätigkeit zur Insolvenzmasse gehört und ob Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden können. § 295a gilt entsprechend. Auf Antrag des Gläubigerausschusses oder, wenn ein solcher nicht bestellt ist, der Gläubigerversammlung ordnet das Insolvenzgericht die Unwirksamkeit der Erklärung an.

(3) Der Schuldner hat den Verwalter unverzüglich über die Aufnahme oder Fortführung einer selbständigen Tätigkeit zu informieren. Ersucht der Schuldner den Verwalter um die Freigabe einer solchen Tätigkeit, hat sich der Verwalter unverzüglich, spätestens nach einem Monat zu dem Ersuchen zu erklären.

(4) Die Erklärung des Insolvenzverwalters ist dem Gericht gegenüber anzuzeigen. Das Gericht hat die Erklärung und den Beschluss über ihre Unwirksamkeit öffentlich bekannt zu machen.

(1) Die Wirtschaftlichkeit der erbrachten ärztlichen Leistungen kann auf begründeten Antrag einer einzelnen Krankenkasse, mehrerer Krankenkassen gemeinsam oder der Kassenärztlichen Vereinigung arztbezogen durch die jeweilige Prüfungsstelle nach § 106c geprüft werden. Die Prüfung kann neben dem zur Abrechnung vorgelegten Leistungsvolumen auch Überweisungen sowie sonstige veranlasste ärztliche Leistungen, insbesondere aufwändige medizinisch-technische Leistungen umfassen; honorarwirksame Begrenzungsregelungen haben keinen Einfluss auf die Prüfungen.

(2) Veranlassung für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit nach Absatz 1 besteht insbesondere

1.
bei begründetem Verdacht auf fehlende medizinische Notwendigkeit der Leistungen (Fehlindikation),
2.
bei begründetem Verdacht auf fehlende Eignung der Leistungen zur Erreichung des therapeutischen oder diagnostischen Ziels (Ineffektivität),
3.
bei begründetem Verdacht auf mangelnde Übereinstimmung der Leistungen mit den anerkannten Kriterien für ihre fachgerechte Erbringung (Qualitätsmangel), insbesondere in Bezug auf die in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses enthaltenen Vorgaben,
4.
bei begründetem Verdacht auf Unangemessenheit der durch die Leistungen verursachten Kosten im Hinblick auf das Behandlungsziel oder
5.
bei begründetem Verdacht, dass Leistungen des Zahnersatzes und der Kieferorthopädie unvereinbar mit dem Heil- und Kostenplan sind.

(3) Die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen vereinbaren bis zum 30. November 2019 das Nähere zu den Voraussetzungen nach Absatz 2 in Rahmenempfehlungen. Die Rahmenempfehlungen sind bei den Vereinbarungen nach § 106 Absatz 1 Satz 2 zu berücksichtigen.

(4) Die in § 106 Absatz 1 Satz 2 genannten Vertragspartner können über die Prüfung nach Absatz 1 hinaus Prüfungen ärztlicher Leistungen nach Durchschnittswerten oder andere arztbezogene Prüfungsarten vereinbaren. Hat der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen eine Feststellung nach § 100 Absatz 1 oder Absatz 3 getroffen, dürfen bei Ärzten der betroffenen Arztgruppe keine Prüfungen nach Durchschnittswerten durchgeführt werden. In den Vereinbarungen nach § 106 Absatz 1 Satz 2 sind die Zahl der je Quartal höchstens zu prüfenden Ärzte in einer Kassenärztlichen Vereinigung sowie im Rahmen der Prüfungen nach Absatz 1 und der Prüfungen nach Satz 1 als Kriterien zur Unterscheidung Praxisbesonderheiten festzulegen, die sich aus besonderen Standort- und Strukturmerkmalen des Leistungserbringers oder bei besonderen Behandlungsfällen ergeben. Die Praxisbesonderheiten sind vor Durchführung der Prüfungen als besonderer Versorgungsbedarf durch die Prüfungsstellen anzuerkennen; dies gilt insbesondere auch bei der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit von Besuchsleistungen.

(1) Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich und die Kassenärztliche Vereinigung treffen zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung mit Leistungen nach § 31 bis zum 30. November für das jeweils folgende Kalenderjahr eine Arzneimittelvereinbarung. Die Vereinbarung umfasst

1.
ein Ausgabenvolumen für die insgesamt von den Vertragsärzten nach § 31 veranlassten Leistungen,
2.
Versorgungs- und Wirtschaftlichkeitsziele und konkrete, auf die Umsetzung dieser Ziele ausgerichtete Maßnahmen, insbesondere Verordnungsanteile für Wirkstoffe und Wirkstoffgruppen im jeweiligen Anwendungsgebiet, Verordnungsanteile für Generika und im Wesentlichen gleiche biotechnologisch hergestellte biologische Arzneimittel im Sinne des Artikels 10 Absatz 4 der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. L 311 vom 28.11.2001, S. 67), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/5 (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 24) geändert worden ist, auch zur Verordnung wirtschaftlicher Einzelmengen (Zielvereinbarungen), insbesondere zur Information und Beratung und
3.
Kriterien für Sofortmaßnahmen zur Einhaltung des vereinbarten Ausgabenvolumens innerhalb des laufenden Kalenderjahres.
Kommt eine Vereinbarung bis zum Ablauf der in Satz 1 genannten Frist nicht zustande, gilt die bisherige Vereinbarung bis zum Abschluss einer neuen Vereinbarung oder einer Entscheidung durch das Schiedsamt weiter. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen teilen das nach Satz 2 Nr. 1 vereinbarte oder schiedsamtlich festgelegte Ausgabenvolumen dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit. Die Krankenkasse kann mit Ärzten abweichende oder über die Regelungen nach Satz 2 hinausgehende Vereinbarungen treffen.

(2) Bei der Anpassung des Ausgabenvolumens nach Absatz 1 Nr. 1 sind insbesondere zu berücksichtigen

1.
Veränderungen der Zahl und Altersstruktur der Versicherten,
2.
Veränderungen der Preise der Leistungen nach § 31,
3.
Veränderungen der gesetzlichen Leistungspflicht der Krankenkassen,
4.
Änderungen der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Abs. 1 Nr. 6,
5.
der wirtschaftliche und qualitätsgesicherte Einsatz innovativer Arzneimittel,
6.
Veränderungen der sonstigen indikationsbezogenen Notwendigkeit und Qualität bei der Arzneimittelverordnung auf Grund von getroffenen Zielvereinbarungen nach Absatz 1 Nr. 2,
7.
Veränderungen des Verordnungsumfangs von Leistungen nach § 31 auf Grund von Verlagerungen zwischen den Leistungsbereichen und
8.
Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven entsprechend den Zielvereinbarungen nach Absatz 1 Nr. 2.

(3) Überschreitet das tatsächliche, nach Absatz 5 Satz 1 bis 3 festgestellte Ausgabenvolumen für Leistungen nach § 31 das nach Absatz 1 Nr. 1 vereinbarte Ausgabenvolumen, ist diese Überschreitung Gegenstand der Gesamtverträge. Die Vertragsparteien haben dabei die Ursachen der Überschreitung, insbesondere auch die Erfüllung der Zielvereinbarungen nach Absatz 1 Nr. 2 zu berücksichtigen. Bei Unterschreitung des nach Absatz 1 Nr. 1 vereinbarten Ausgabenvolumens kann diese Unterschreitung Gegenstand der Gesamtverträge werden.

(4) Werden die Zielvereinbarungen nach Absatz 1 Nr. 2 erfüllt, entrichten die beteiligten Krankenkassen auf Grund einer Regelung der Parteien der Gesamtverträge auch unabhängig von der Einhaltung des vereinbarten Ausgabenvolumens nach Absatz 1 Nr. 1 einen vereinbarten Bonus an die Kassenärztliche Vereinigung.

(4a) Die Vorstände der Krankenkassenverbände sowie der Ersatzkassen, soweit sie Vertragspartei nach Absatz 1 sind und der Kassenärztlichen Vereinigungen haften für eine ordnungsgemäße Umsetzung der vorgenannten Maßnahmen.

(5) Zur Feststellung des tatsächlichen Ausgabenvolumens nach Absatz 3 erfassen die Krankenkassen die während der Geltungsdauer der Arzneimittelvereinbarung veranlassten Ausgaben arztbezogen, nicht versichertenbezogen. Sie übermitteln diese Angaben nach Durchführung der Abrechnungsprüfung dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen, der diese Daten kassenartenübergreifend zusammenführt und jeweils der Kassenärztlichen Vereinigung übermittelt, der die Ärzte, welche die Ausgaben veranlasst haben, angehören; zugleich übermittelt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen diese Daten den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen, die Vertragspartner der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung nach Absatz 1 sind. Ausgaben nach Satz 1 sind auch Ausgaben für Leistungen nach § 31, die durch Kostenerstattung vergütet worden sind. Zudem erstellt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen für jede Kassenärztliche Vereinigung monatliche Berichte über die Entwicklung der Ausgaben von Leistungen nach § 31 und übermitteln diese Berichte als Schnellinformationen den Vertragspartnern nach Absatz 1 insbesondere für Abschluss und Durchführung der Arzneimittelvereinbarung sowie für die Informationen nach § 73 Abs. 8. Für diese Berichte gelten Satz 1 und 2 entsprechend; Satz 2 gilt mit der Maßgabe, dass die Angaben vor Durchführung der Abrechnungsprüfung zu übermitteln sind. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung erhält für die Vereinbarung der Rahmenvorgaben nach Absatz 7 und für die Informationen nach § 73 Abs. 8 eine Auswertung dieser Berichte. Die Krankenkassen sowie der Spitzenverband Bund der Krankenkassen können eine Arbeitsgemeinschaft nach § 219 mit der Durchführung der vorgenannten Aufgaben beauftragen. § 304 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 gilt entsprechend.

(6) Die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen vereinbaren bis zum 30. September für das jeweils folgende Kalenderjahr Rahmenvorgaben für die Inhalte der Arzneimittelvereinbarungen nach Absatz 1 sowie für die Inhalte der Informationen und Hinweise nach § 73 Abs. 8. Die Rahmenvorgaben haben die Arzneimittelverordnungen zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen zu vergleichen und zu bewerten; dabei ist auf Unterschiede in der Versorgungsqualität und Wirtschaftlichkeit hinzuweisen. Von den Rahmenvorgaben dürfen die Vertragspartner der Arzneimittelvereinbarung nur abweichen, soweit dies durch die regionalen Versorgungsbedingungen begründet ist.

(7) Die Absätze 1 bis 6 sind für Heilmittel unter Berücksichtigung der besonderen Versorgungs- und Abrechnungsbedingungen im Heilmittelbereich entsprechend anzuwenden. Veranlasste Ausgaben im Sinne des Absatzes 5 Satz 1 betreffen die während der Geltungsdauer der Heilmittelvereinbarung mit den Krankenkassen abgerechneten Leistungen. Die in Absatz 5 geregelte Datenübermittlung erfolgt für die Heilmittel in arztbezogener Form sowie versichertenbezogen in pseudonymisierter Form. Das Nähere zur Datenübermittlung und zum Verfahren der Pseudonymisierung regelt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen.

(8) Das Bundesministerium für Gesundheit kann bei Ereignissen mit erheblicher Folgewirkung für die medizinische Versorgung zur Gewährleistung der notwendigen Versorgung mit Leistungen nach § 31 die Ausgabenvolumen nach Absatz 1 Nr. 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates erhöhen.

(1) Die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen überwachen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich und die Kassenärztlichen Vereinigungen vereinbaren Inhalt und Durchführung der Beratungen und Prüfungen nach Absatz 2 sowie die Voraussetzungen für Einzelfallprüfungen. Die Vertragspartner können die Prüfungsstelle mit der Prüfung ärztlich verordneter Leistungen in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung beauftragen und tragen die Kosten. Die Krankenkassen übermitteln der Prüfungsstelle die Daten der in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung verordneten Leistungen; dabei sind zusätzlich die Zahl der Behandlungsfälle und eine Zuordnung der verordneten Leistungen zum Datum der Behandlung zu übermitteln. Die §§ 296 und 297 gelten entsprechend.

(2) Die Wirtschaftlichkeit der Versorgung wird von der Prüfungsstelle nach § 106c geprüft durch

1.
arztbezogene Prüfungen ärztlicher Leistungen nach § 106a,
2.
arztbezogene Prüfungen ärztlich verordneter Leistungen nach § 106b.
Die Prüfungen werden auf der Grundlage der Daten durchgeführt, die der Prüfungsstelle nach § 106c gemäß § 296 Absatz 1, 2 und 4 sowie § 297 Absatz 2 übermittelt werden. Hat die Prüfungsstelle Zweifel an der Richtigkeit der übermittelten Daten, ermittelt sie die Datengrundlagen für die Prüfung aus einer Stichprobe der abgerechneten Behandlungsfälle des Arztes und rechnet die so ermittelten Teildaten nach einem statistisch zulässigen Verfahren auf die Grundgesamtheit der Arztpraxis hoch.

(3) Die Prüfungsstelle nach § 106c bereitet die für die Prüfungen nach Absatz 2 erforderlichen Daten und sonstigen Unterlagen auf, trifft Feststellungen zu den für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit wesentlichen Sachverhalten und entscheidet unter Beachtung der Vereinbarungen nach den §§ 106a und 106b, ob der Vertragsarzt, der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat und welche Maßnahmen zu treffen sind. Eine Maßnahme kann insbesondere auch die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung sein. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung auf Grund einer Wirtschaftlichkeitsprüfung, die von Amts wegen durchzuführen ist, muss für ärztliche Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab Erlass des Honorarbescheides und für ärztlich verordnete Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, erfolgen; § 45 Absatz 2 des Ersten Buches gilt entsprechend. Für Wirtschaftlichkeitsprüfungen, die auf Grund eines Antrags erfolgen, ist der Antrag für die Prüfung ärztlicher Leistungen spätestens 18 Monate nach Erlass des Honorarbescheides und für die Prüfung ärztlich verordneter Leistungen spätestens 18 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, bei der Prüfungsstelle nach § 106c einzureichen. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung muss innerhalb weiterer zwölf Monate nach Ablauf der in Satz 4 genannten Frist erfolgen; die Regelung des § 45 Absatz 2 des Ersten Buches findet keine entsprechende Anwendung. Gezielte Beratungen sollen weiteren Maßnahmen in der Regel vorangehen. Die Prüfungsstelle berät die Vertragsärzte auf der Grundlage von Übersichten über die von ihnen im Zeitraum eines Jahres oder in einem kürzeren Zeitraum erbrachten, verordneten oder veranlassten Leistungen über Fragen der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Versorgung.

(4) Werden Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassenverbände und Kassenärztlichen Vereinigungen für eine ordnungsgemäße Umsetzung. Können Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt werden, weil die erforderlichen Daten nach den §§ 296 und 297 nicht oder nicht im vorgesehenen Umfang oder nicht fristgerecht übermittelt worden sind, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassen oder der Kassenärztlichen Vereinigungen. Die zuständige Aufsichtsbehörde hat nach Anhörung der Vorstandsmitglieder und der jeweils entsandten Vertreter im Ausschuss den Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung das Regressverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten auch für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der im Krankenhaus erbrachten ambulanten ärztlichen und belegärztlichen Leistungen.

(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

(2) Ist für eine Leistung ein Festbetrag festgesetzt, erfüllt die Krankenkasse ihre Leistungspflicht mit dem Festbetrag.

(3) Hat die Krankenkasse Leistungen ohne Rechtsgrundlage oder entgegen geltendem Recht erbracht und hat ein Vorstandsmitglied hiervon gewußt oder hätte es hiervon wissen müssen, hat die zuständige Aufsichtsbehörde nach Anhörung des Vorstandsmitglieds den Verwaltungsrat zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat das Regreßverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(1) Die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen überwachen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich und die Kassenärztlichen Vereinigungen vereinbaren Inhalt und Durchführung der Beratungen und Prüfungen nach Absatz 2 sowie die Voraussetzungen für Einzelfallprüfungen. Die Vertragspartner können die Prüfungsstelle mit der Prüfung ärztlich verordneter Leistungen in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung beauftragen und tragen die Kosten. Die Krankenkassen übermitteln der Prüfungsstelle die Daten der in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung verordneten Leistungen; dabei sind zusätzlich die Zahl der Behandlungsfälle und eine Zuordnung der verordneten Leistungen zum Datum der Behandlung zu übermitteln. Die §§ 296 und 297 gelten entsprechend.

(2) Die Wirtschaftlichkeit der Versorgung wird von der Prüfungsstelle nach § 106c geprüft durch

1.
arztbezogene Prüfungen ärztlicher Leistungen nach § 106a,
2.
arztbezogene Prüfungen ärztlich verordneter Leistungen nach § 106b.
Die Prüfungen werden auf der Grundlage der Daten durchgeführt, die der Prüfungsstelle nach § 106c gemäß § 296 Absatz 1, 2 und 4 sowie § 297 Absatz 2 übermittelt werden. Hat die Prüfungsstelle Zweifel an der Richtigkeit der übermittelten Daten, ermittelt sie die Datengrundlagen für die Prüfung aus einer Stichprobe der abgerechneten Behandlungsfälle des Arztes und rechnet die so ermittelten Teildaten nach einem statistisch zulässigen Verfahren auf die Grundgesamtheit der Arztpraxis hoch.

(3) Die Prüfungsstelle nach § 106c bereitet die für die Prüfungen nach Absatz 2 erforderlichen Daten und sonstigen Unterlagen auf, trifft Feststellungen zu den für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit wesentlichen Sachverhalten und entscheidet unter Beachtung der Vereinbarungen nach den §§ 106a und 106b, ob der Vertragsarzt, der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat und welche Maßnahmen zu treffen sind. Eine Maßnahme kann insbesondere auch die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung sein. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung auf Grund einer Wirtschaftlichkeitsprüfung, die von Amts wegen durchzuführen ist, muss für ärztliche Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab Erlass des Honorarbescheides und für ärztlich verordnete Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, erfolgen; § 45 Absatz 2 des Ersten Buches gilt entsprechend. Für Wirtschaftlichkeitsprüfungen, die auf Grund eines Antrags erfolgen, ist der Antrag für die Prüfung ärztlicher Leistungen spätestens 18 Monate nach Erlass des Honorarbescheides und für die Prüfung ärztlich verordneter Leistungen spätestens 18 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, bei der Prüfungsstelle nach § 106c einzureichen. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung muss innerhalb weiterer zwölf Monate nach Ablauf der in Satz 4 genannten Frist erfolgen; die Regelung des § 45 Absatz 2 des Ersten Buches findet keine entsprechende Anwendung. Gezielte Beratungen sollen weiteren Maßnahmen in der Regel vorangehen. Die Prüfungsstelle berät die Vertragsärzte auf der Grundlage von Übersichten über die von ihnen im Zeitraum eines Jahres oder in einem kürzeren Zeitraum erbrachten, verordneten oder veranlassten Leistungen über Fragen der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Versorgung.

(4) Werden Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassenverbände und Kassenärztlichen Vereinigungen für eine ordnungsgemäße Umsetzung. Können Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt werden, weil die erforderlichen Daten nach den §§ 296 und 297 nicht oder nicht im vorgesehenen Umfang oder nicht fristgerecht übermittelt worden sind, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassen oder der Kassenärztlichen Vereinigungen. Die zuständige Aufsichtsbehörde hat nach Anhörung der Vorstandsmitglieder und der jeweils entsandten Vertreter im Ausschuss den Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung das Regressverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten auch für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der im Krankenhaus erbrachten ambulanten ärztlichen und belegärztlichen Leistungen.

Tenor

Auf die Revisionen des Klägers und der Beigeladenen zu 7. wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 20. November 2013 aufgehoben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 3. April 2013 mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte bei seiner neuen Entscheidung die Rechtsauffassung des Senats zu berücksichtigen hat.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 6.

Tatbestand

1

Im Streit steht ein Regress wegen Überschreitung der Arzneimittelrichtgrößen.

2

Der Kläger nimmt seit 1980 als hausärztlich tätiger Facharzt für Innere Medizin an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Mit Bescheid vom 16.11.2011 setzte die Prüfungsstelle wegen Überschreitung der Arzneimittelrichtgrößen in den Quartalen I/2009 bis IV/2009 einen Regress in Höhe von 19 596,24 Euro fest. Mit Bescheid vom 10.5.2012 aus der Sitzung vom 27.3.2012 wies der beklagte Beschwerdeausschuss den Widerspruch des Klägers zurück. Das SG hat der Klage des Klägers stattgegeben und den Bescheid des Beklagten mit der Maßgabe aufgehoben, dass dem Kläger eine individuelle Beratung gemäß § 106 Abs 5e Satz 1 SGB V anzubieten sei(Urteil vom 3.4.2013). Auf die Berufung des Beklagten hat das LSG das Urteil des SG abgeändert und die Klage abgewiesen (Urteil vom 20.11.2013).

3

Zur Begründung hat es ausgeführt, § 106 Abs 5e SGB V entfalte im vorliegenden Fall keine Sperrwirkung. Dem Wortlaut des § 106 Abs 5e Satz 1 und Satz 2 SGB V in der Fassung des GKV-Versorgungsstrukturgesetzes (GKV-​VStG) sei nicht zu entnehmen, ob diese Regelung auf schon abgeschlossene Prüfzeiträume oder laufende Prüfverfahren anzuwenden sei; eine Übergangsregelung fehle. Der zeitliche Anwendungsbereich einer Regelung bestimme sich daher nach den allgemeinen für das intertemporale Recht geltenden Grundsätzen. Eine Regelung sei danach nur auf solche Sachverhalte anwendbar, die sich vollständig nach Inkrafttreten des neuen Rechts verwirklicht hätten. Mithin fänden in Bezug auf die Wirtschaftlichkeitsprüfung die Vorschriften Anwendung, die im jeweils geprüften Zeitraum gegolten hätten.

4

Der Gesetzgeber habe versucht, mit einer Ergänzung des § 106 Abs 5e SGB V um einen Satz 7 nachzubessern; Satz 7 gelte jedoch nur für Verfahren, in denen das Widerspruchsverfahren im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Regelung durch Verkündung im Bundesgesetzblatt am 26.10.2012 noch nicht abgeschlossen gewesen sei. Mit der Regelung habe klargestellt werden sollen, dass der in § 106 Abs 5e SGB V verankerte Grundsatz "Beratung vor Regress" auch für bei Inkrafttreten des § 106 Abs 5e SGB V zum 1.1.2012 noch nicht abgeschlossene Richtgrößenprüfungen gelte. Eine Klarstellung setze begrifflich voraus, dass bereits zuvor etwas geregelt gewesen sei, wenngleich missverständlich oder auslegungsbedürftig. Der Bezugspunkt der "Klarstellung", nämlich § 106 Abs 5e Satz 1 und Satz 2 SGB V in der Fassung des GKV-​VStG vom 1.1.2012, enthalte jedoch keine Rückwirkung. Die Regelung greife für Prüfquartale ab dem 1.1.2012 und nicht schon für solche aus 2009. Demzufolge fehle der vermeintlichen Klarstellung jede Grundlage; sie laufe leer. § 106 Abs 5e Satz 7 SGB V habe keinen klarstellenden, sondern einen konstitutiven Charakter.

5

Der Bescheid sei auch im Übrigen rechtmäßig. Weitere Praxisbesonderheiten seien nicht anzuerkennen. Es sei grundsätzlich Sache des geprüften Arztes, Praxisbesonderheiten darzulegen und nachzuweisen; ihn treffe die Darlegungslast. Dem Kläger habe bereits im Verwaltungsverfahren die Pflicht oblegen, dezidiert eine besondere Patientenstruktur darzulegen und ggf nachzuweisen. Sein pauschales Vorbringen gebe weder Erkenntnisse über den Schweregrad der Erkrankung der Patienten und damit die Erforderlichkeit einer medikamentösen Therapie noch über die Anzahl dieser Patienten und den damit verbundenen tatsächlichen Mehraufwand. Die beispielhafte Darlegung zu einzelnen Patienten genüge diesen Anforderungen nicht.

6

Mit ihren Revisionen rügen der Kläger sowie die zu 7. beigeladene Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) die Verletzung von Bundesrecht.

7

Der Kläger führt aus, das LSG gehe ohne Erwägungen zu den unterschiedlichen Grundsätzen intertemporalen Rechts und ohne Subsumtion unter die Voraussetzungen von der Anwendung des im Prüfungszeitraum geltenden Rechts aus. § 106 Abs 5e SGB V sei jedoch als formelle Verfahrensvoraussetzung einzuordnen mit der Folge, dass das Recht im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung gelte. Die Norm stelle keine materiell-rechtliche Vorgabe dar, da sie nicht die Anspruchsvoraussetzungen oder den -inhalt des Regressanspruchs regele, sondern vielmehr einen Verfahrensabschluss - allenfalls eine Rechtsfolge - festlege. Der rechtliche Gehalt des § 106 Abs 5e SGB V werde erst nach der materiellen Anspruchsprüfung relevant, wenn es um die Frage gehe, ob eine Beratung vorgeschaltet werden müsse oder direkt regressiert werden dürfe.

8

Unter Beachtung der Besonderheiten und des Ablaufs des Prüfverfahrens im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung sei es auch ansonsten richtig und sachgerecht, das Recht im Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens Anwendung finden zu lassen, wie dies das BSG mit Urteil vom 24.11.1993 (6 RKa 20/91 - SozR 3-2200 § 368n Nr 6) entschieden habe. Das Verfahren zur Feststellung der "Überschreitung" erstrecke sich über den geprüften Zeitraum hinweg bis in die Gegenwart des Verwaltungsverfahrens, weil erst in diesem die Möglichkeit bestehe, Praxisbesonderheiten geltend zu machen. Die Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten sei nicht einem nachträglichen Erlöschensgrund für den Regressanspruch gleichzusetzen, sondern hindere bereits das Entstehen des Anspruchs.

9

Soweit das BSG regelmäßig auf den Verordnungszeitraum bzw den Zeitpunkt des geprüften Quartals abstelle, sei dies in dieser Allgemeinheit verfehlt. Solches sei aus rechtsstaatlichen Erwägungen dann angezeigt, wenn es um inhaltiche Vorgaben zur Verordnungstätigkeit gehe, die der Arzt im Vorfeld kennen müsse; alle anderen Regelungen im Bereich der Wirtschaftlichkeitsprüfung, deren rechtstechnischer Inhalt zur Steuerung des Verhaltens des Arztes bei vorheriger Kenntnis der Vorschrift nicht geeignet sei, könnten nicht als materielle Regelungen gelten, bei denen in jedem Fall das zum Prüfzeitraum geltende Recht Anwendung finden müsse.

10

Auch bei Anwendung des Geltungszeitraumprinzips müsse der Grundsatz "Beratung vor Regress" hier angewandt werden, weil die Rechtsentwicklung dafür spreche, die Rechtsänderung mit sofortiger Wirkung auf die laufenden Verfahren anzuwenden. Der Grundsatz "Beratung vor Regress" habe bereits zuvor gegolten, sei von den Prüfgremien jedoch häufig nicht beachtet bzw umgesetzt worden. Die Umwandlung einer Sollvorschrift in eine Mussvorschrift spreche dafür, dass der Gesetzgeber die Vorschrift mit dem Tag des Inkrafttretens habe angewandt wissen wollen. Schließlich lägen auch die Voraussetzungen einer Sofortwirkung der Rechtsänderung vor, da die Rechtsstellung des betroffenen Vertragsarztes durch § 106 Abs 5e SGB V verbessert werde ein etwaiges Vertrauen der Krankenkassen in den Fortbestand der Rechtslage nicht schutzwürdig sei.

11

Die vom Gesetzgeber durch Satz 7 aaO bezweckte Klarstellung laufe gerade nicht leer. Der Gesetzgeber habe ausweislich der Gesetzesmaterialien - im Sinne einer authentischen Auslegung - ausdrücklich betont, dass die Prüfgremien das zum Zeitpunkt ihrer abschließenden Entscheidung geltende Recht anzuwenden hätten; er selbst interpretiere damit seine Norm im Gefüge des intertemporalen Rechts. Eine echte Rückwirkung des § 106 Abs 5e Satz 7 SGB V liege nicht vor. Der dem Regress zugrunde liegende Sachverhalt sei erst mit Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides abgeschlossen, sodass in Fällen, in denen das Widerspruchsverfahren zwischen dem 1.1.2012 und dem 26.10.2012 abgeschlossen worden sei, nicht in einen bereits abgewickelten Sachverhalt eingegriffen werde. Die konkrete Erstattungspflicht entstehe erst mit der Entscheidung der Prüfungsstelle. Eine unzulässige Rückwirkung komme schon deswegen nicht in Betracht, weil der Grundsatz "Beratung vor Regress" die Rechtsposition der Vertragsärzte verbessere. Die Rechtsstellung der Krankenkassen sei nicht vor einer Änderung der Rechtslage geschützt, weil sie sich weder auf die Grundrechte noch auf den aus Art 20 Abs 3 GG abgeleiteten Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen könnten.

12

In der Sache habe das LSG zunächst nicht berücksichtigt, dass die Prüfgremien für die Jahre 2006 und 2007 bereits Praxisbesonderheiten - Mehrkosten für die Behandlung von Patienten mit der Indikation Heliobacter sowie für die Behandlung von Patienten mit psychischen Krankheitsbildern - anerkannt hätten. Da sich das Patientengut nicht verändert habe, hätte es sich dem LSG nahezu aufdrängen müssen, über eine Selbstbindung der Prüfgremien gemäß Art 3 GG nachzudenken. Zumindest müsse den Vorentscheidungen Indizwirkung zugebilligt werden.

13

Das LSG habe zudem zu Unrecht das Vorliegen von Praxisbesonderheiten verneint. Anhand bestimmter nach der Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (engl: International Classification of Diseases and Related Health Problems ) verschlüsselter Diagnosen ließen sich Patienten und Namen herausfiltern und hieraus errechnen, welchen Anteil Patienten mit einer bestimmten Gesundheitsstörung oder mit einer Kumulation bestimmter Gesundheitsstörungen eine Praxis - auch im Vergleich zur Fachgruppe - aufweise. Anhand dieser Zahlen habe er - der Kläger - bereits im Verwaltungsverfahren dargelegt, dass er mehr Patienten mit bestimmten Gesundheitsstörungen (Gastroösophageale Refluxkrankheit , depressive Episode und nicht primär insulinabhängiger Diabetes ) behandeln müsse als der Fachgruppendurchschnitt. Er habe auch angegeben, welche Medikamente benötigt worden seien; anstelle des Präparatenamens habe er dabei mit der Anatomisch-Therapeutisch-Chemischen-Klassifikation gearbeitet. Zudem habe er den Kausalzusammenhang dargestellt sowie die Mehrkosten beziffert.

14

Damit der "Amtsermittlungsgrundsatz" nicht leer laufe, sei die Mitwirkungspflicht auf solche Tatsachen beschränkt, die der Beweisbelastete auch beibringen könne. Wenn sich aus der Zusammenschau der vom Arzt vorgelegten Informationen zweifelsfrei ergebe, dass dieser denknotwendigerweise höhere Verordnungskosten als der Durchschnitt seiner Fachgruppe haben müsse, dann sei die Grenze des Möglichen für den Arzt erreicht. Es obliege dann den Prüfgremien, Praxisbesonderheiten, die aus Verordnungsdaten oder der Honorarabrechnung unmittelbar erkennbar seien, von Amts wegen weiter nachzugehen.

15

Bei Betrachtung des Gesamtablaufs der in den Jahren 2006 bis 2011 durchgeführten Prüfungen erweise sich das Vorgehen des Beklagten als willkürlich, weil sich weder das Verordnungsverhalten noch der anwaltliche Vortrag geändert habe, während der Beklagte vormalig als substantiiert anerkannten Vortrag in den Folgejahren als unsubstantiiert zurückgewiesen habe, andererseits vormals als unsubstantiiert gewerteter Vortrag in den Folgejahren als substantiiert angesehen werde. Gründe für seinen Sinneswandel habe der Beklagte nicht angegeben. Soweit der Beklagte auf ein Umdenken bezüglich der Verordnung von Protonenpumpeninhibitoren (PPI) verweise, wäre diese Abkehr von einer zuvor anerkannten rechtlichen Bewertung nur bei entsprechender Begründung bzw Änderung der Rechtslage möglich; an diesen Voraussetzungen fehle es.

16

Zudem verletze das LSG sein Recht auf effektiven Rechtsschutz aus Art 19 Abs 4 GG, indem es die Entscheidung des Beklagten, keine weiteren Praxisbesonderheiten anzuerkennen, nur eingeschränkt auf ihre Rechtmäßigkeit überprüfe. Es fehle an einem tragfähigen Sachgrund für das beanspruchte behördliche Letztentscheidungsrecht, denn es sei nicht ersichtlich, welche Informationen den Prüfgremien zur Verfügung stehen sollten, die die Gerichte im Rahmen einer Kontrolle nicht zur Entscheidung heranziehen und auch inhaltlich beurteilen könnten. Schließlich verstoße die Richtgrößenbildung gegen höherrangiges Recht, weil die Richtgrößen seit 2002 nach altersgemäß gegliederten Patientengruppen bestimmt werden sollten; die Untergliederung allein nach Mitgliedern/Familienversicherten und Rentnern genüge den gesetzlichen Vorgaben nicht.

17

Die Beigeladene zu 7. schließt sich den Ausführungen des Klägers an. Der Grundsatz "Beratung vor Regress" finde auch auf Verfahren Anwendung, in denen der Widerspruchsbescheid zwischen dem 1.1.2012 und dem 26.10.2012 ergangen sei. Der Wortlaut des § 106 Abs 5e Satz 7 SGB V sei klar und eindeutig und regele den zeitlichen Geltungs- und Anwendungsbereich des § 106 Abs 5e SGB V ausdrücklich. Auch die Ausführungen in den Gesetzesmaterialien seien unmissverständlich in dem Sinne, dass der Grundsatz "Beratung vor Regress" ab dem 1.1.2012 für alle laufenden Verfahren gelte.

18

Der Kläger und die Beigeladene zu 7. beantragen,
das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 20.11.2013 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG Düsseldorf vom 3.4.2013 zurückzuweisen.

19

Der Beklagte beantragt,
die Revisionen zurückzuweisen.

20

§ 106 Abs 5e SGB V in der Fassung des GKV-VStG könne für Prüfzeiträume vor dem 1.1.2012 keine Geltung beanspruchen. § 106 Abs 5e Satz 1 SGB V stelle eine materielle Regelung dar, da es sich bei der Beratung nach § 106 Abs 1a iVm Abs 5a Satz 1 SGB V um eine Sanktion handele. Auch Systematik und Ablauf einer Wirtschaftlichkeitsprüfung begründeten eine Anwendbarkeit des § 106 Abs 5e SGB V ab dem 1.1.2012 nicht. Die Prüfung setze Maßstäbe und Konsequenzen voraus, an denen der Vertragsarzt seine ärztliche Tätigkeit ausrichten könne und auszurichten habe. Die Beurteilung setze demzufolge auf der zeitgleichen Geltung von Prüfkriterien und Verhalten auf. Dass die Beurteilung von Praxisbesonderheiten systematisch erst im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsprüfung erfolge, ändere nichts daran, dass der Erstattungsanspruch grundsätzlich retrospektiv auf der Grundlage der tatsächlichen Behandlungsverhältnisse im jeweiligen Prüfungszeitraum festgestellt werde. Die Neufassung des § 106 Abs 5e Satz 7 SGB V gelte nur für Verfahren, in denen das Widerspruchsverfahren zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Regelung noch nicht abgeschlossen gewesen sei. Es hätte einer konstitutiv rückwirkenden Regelung ab 1.1.2012 bedurft, um zwischen dem 1.1.2012 und dem 26.10.2012 abgeschlossene Verfahren zu erfassen; eine solche sei in der "Klarstellung zur Rechtslage" nicht zu sehen.

21

Auch in der Sache sei der angefochtene Bescheid rechtmäßig. Die Entscheidungen der Prüfgremien zu den Jahren 2006 bzw 2007 seien unter keinem Gesichtspunkt präjudiziell. Der für das Jahr 2006 geschlossene Vergleich sei durch Anerkennung der Mehrkosten für additive Schmerztherapie - darunter PPI - bestimmt gewesen; zu den PPI habe jedoch aufgrund von (negativen) Studien im Prüfjahr 2009 ein Umdenken stattgefunden. Die Richtgrößenvereinbarung (RGV) 2009 sehe eine ausreichende - wenn auch grobe - Altersgliederung vor; im Übrigen handele es sich bei § 84 Abs 6 Satz 2 SGB V um eine Sollregelung. Entscheidend sei, dass das von den Vertragsparteien vereinbarte Prüfungskonzept insgesamt eine schlüssige Aussage zur Wirtschaftlichkeit bei Überprüfung anhand der Richtgrößensumme erlaube.

22

Die Beigeladenen zu 1. bis 6. haben sich weder geäußert noch Anträge gestellt.

Entscheidungsgründe

23

Die Revisionen des Klägers und der beigeladenen KÄV sind begründet. Das LSG hat der Berufung des Beklagten zu Unrecht stattgegeben. Der Beklagte muss - wie das SG im Ergebnis richtig gesehen hat - über den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid der Prüfungsstelle vom 16.11.2011 erneut entscheiden.

24

Zu Recht hat das LSG angenommen, dass der in § 106 Abs 5e SGB V geregelte Vorrang der Beratung der Regressfestsetzung nicht entgegensteht: Diese Regelung findet auf den angefochtenen Bescheid noch keine Anwendung, da das Verwaltungsverfahren vor Inkrafttreten des die rückwirkende Geltung der Norm anordnenden § 106 Abs 5e Satz 7 SGB V abgeschlossen war. Der Bescheid des Beklagten ist jedoch nicht rechtmäßig, soweit er sich mit den vom Kläger geltend gemachten Besonderheiten seiner gastroenterologischen Praxisausrichtung auseinandersetzt.

25

1. Rechtsgrundlage der Festsetzung eines Regresses ist § 106 Abs 5a Satz 3 SGB V(in der ab dem 1.1.2004 geltenden und seither - nahezu - unveränderten Fassung des GKV-Modernisierungsgesetzes vom 14.11.2003, BGBl I 2190). Danach hat der Vertragsarzt bei einer Überschreitung des Richtgrößenvolumens (RGVol) um mehr als 25 vH nach Feststellung durch den Prüfungsausschuss (ab 1.1.2008: die Prüfungsstelle) den sich daraus ergebenden Mehraufwand den Krankenkassen zu erstatten, soweit dieser nicht durch Praxisbesonderheiten begründet ist.

26

2. Entgegen der Auffassung des Klägers ist der angefochtene Bescheid des Beklagten nicht bereits deswegen rechtswidrig, weil gemäß § 106 Abs 5e Satz 1 SGB V anstelle eines Regresses lediglich eine individuelle Beratung hätte festgesetzt werden dürfen.

27

a. Zwar bestimmt § 106 Abs 5e SGB V(in der Fassung des Art 1 Nr 38 Buchst d GKV-VStG vom 22.12.2011 , gemäß Art 15 Abs 1 GKV-VStG am 1.1.2012 in Kraft getreten), dass abweichend von § 106 Abs 5a Satz 3 SGB V bei einer erstmaligen Überschreitung des RGVol um mehr als 25 vH eine individuelle Beratung nach § 106 Abs 5a Satz 1 SGB V erfolgt(Satz 1 aaO). Der hierdurch vorgegebene Vorrang der individuellen Beratung vor einer Regressfestsetzung ("Beratung vor Regress") findet im zu beurteilenden Prüfverfahren jedoch (noch) keine Anwendung. Dies gilt ungeachtet des Umstandes, dass § 106 Abs 5e SGB V nach seinem Satz 7 auch für (Prüf-)Verfahren gilt, die am 31.12.2011 noch nicht abgeschlossen waren. Diese Geltungsanordnung wurde erst mit Wirkung zum 26.10.2012 eingefügt (durch Art 12b Nr 3 des Zweiten Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 19.10.2012, BGBl I 2192, 2226) und betrifft somit nur Entscheidungen der Beschwerdeausschüsse, die nach dem 25.10.2012 ergangen sind. Hierfür sind folgende Gesichtspunkte maßgebend:

28

§ 106 Abs 5e SGB V in der vom 1.1.2012 bis zum 25.10.2012 geltenden Fassung war nur für Prüfverfahren maßgeblich, die Prüfzeiträume nach dem Inkrafttreten der Norm betrafen, weil nach der Rechtsprechung des Senats grundsätzlich das im Prüfungszeitraum geltende Recht maßgeblich ist (aa.). Etwas anderes gilt nur, wenn es ausdrücklich angeordnet ist; derartiges war § 106 Abs 5e SGB V in der bis zum 25.10.2012 geltenden Fassung nicht zu entnehmen (bb.). Eine solche ausdrückliche Geltungsanordnung in Bezug auf zurückliegende Prüfzeiträume enthält (erst) der nachträglich (durch Art 12b Nr 3 des Zweiten Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 19.10.2012, BGBl I 2192, 2226) angefügte und gemäß Art 15 Abs 1 des Gesetzes am 26.10.2012 in Kraft getretene § 106 Abs 5e Satz 7 SGB V; dieser bestimmt, dass Abs 5e aaO auch für Verfahren gilt, die am 31.12.2011 noch nicht abgeschlossen waren (cc.). Dem Ergebnis, dass erst Satz 7 aaO eine Rückbezüglichkeit der Regelungen des § 106 Abs 5e SGB V bewirkt hat, stehen auch die Grundsätze des intertemporalen Rechts nicht entgegen(dd.). § 106 Abs 5e Satz 7 SGB V war allerdings zum Zeitpunkt der Entscheidung des Beklagten noch nicht in Kraft getreten und daher noch nicht zu beachten(ee.).

29

aa. Für die rechtliche Beurteilung, welche Rechtsfolgen sich aus einer Überschreitung des RGVol um mehr als 25 vH ergeben, ist grundsätzlich das im jeweiligen Prüfungszeitraum geltende Recht maßgeblich; bis zum Inkrafttreten des § 106 Abs 5e Satz 7 SGB V galt dies auch für die Anwendung des § 106 Abs 5e SGB V.

30

(1) Die Rechtmäßigkeit von Regressfestsetzungen und anderen Maßnahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung beurteilt sich nach ständiger Rechtsprechung des Senats nach dem im jeweiligen Prüfungszeitraum geltenden Recht. Danach sind für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnungs- oder Behandlungsweise in Prüfzeiträumen, die vor Inkrafttreten einer Gesetzesänderung abgeschlossen waren, die zum früheren Zeitpunkt geltenden Rechtsvorschriften maßgeblich, wenn diese ohne Übergangsbestimmungen in Kraft getreten sind (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 18 RdNr 15). Jedenfalls soweit es die materiell-rechtlichen Vorgaben der Wirtschaftlichkeitsprüfung betrifft, es also um die Frage geht, nach welchen Grundsätzen diese Prüfung stattfindet und was ihr Gegenstand ist, richtet sich dies nach den Vorschriften, die im jeweils geprüften Zeitraum gegolten haben (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 18 RdNr 16). Etwas anderes kommt nur dann in Betracht, wenn es gesetzlich ausdrücklich angeordnet ist.

31

Auf diese Entscheidung hat der Senat nachfolgend Bezug genommen und - konkret auf § 106 Abs 5e SGB V bezogen - ausgeführt, dass diese Vorschrift nur für Prüfverfahren gilt, die Zeiträume nach ihrem Inkrafttreten betreffen(BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 36 RdNr 12). Zu ergänzen ist, dass der Senat in zahlreichen Entscheidungen zu § 106 SGB V auf das für den jeweiligen Prüfzeitraum maßgebliche Recht abgestellt hat, auch ohne dies näher zu begründen(vgl aus jüngerer Zeit zB BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 30 RdNr 10; BSGE 113, 123 = SozR 4-2500 § 106 Nr 40, RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 41 RdNr 12).

32

(2) Etwas anderes gilt nach der Senatsrechtsprechung lediglich dann, wenn es um die Gestaltung des Prüfverfahrens als solches geht, etwa wenn der Normgeber ohne Erlass von Übergangsbestimmungen die Vorschriften über die Zusammensetzung der für die Wirtschaftlichkeitsprüfung zuständigen Verwaltungsstelle (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 18 RdNr 15 unter Bezugnahme auf BSGE 92, 283 = SozR 4-2500 § 106 Nr 5, jeweils RdNr 9) oder andere Vorschriften über das formelle Verfahren ändert. Dies betrifft etwa Regelungen über die Zuständigkeit, die Besetzung von Verwaltungsstellen, das Verfahren bzw die Form von Entscheidungen. Verfahrensvorschriften werden nach allgemeinen Grundsätzen mit ihrem Inkrafttreten unmittelbar wirksam (BSGE 92, 283 = SozR 4-2500 § 106 Nr 5, jeweils RdNr 9).

33

Bei der in § 106 Abs 5e Satz 1 SGB V normierten Suspendierung von Regressen, denen keine Beratung vorangegangen ist, handelt es sich jedoch nicht um derartige Verfahrensvorschriften. Vielmehr betrifft die Regelung die Durchführung des Prüfverfahrens als solches und damit materielles Recht (so auch Scholz in Becker/Kingreen, SGB V, 4. Aufl 2014, § 106 RdNr 33; zur Annahme einer materiell-rechtlichen Regelung neigt auch Weinrich, GesR 2014, 390, 394; vgl auch Clemens in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 106 RdNr 238): Der Grundsatz "Beratung vor Regress" lässt sich den in der (zitierten) Senatsrechtsprechung angesprochenen "Grundsätzen" zuordnen, "nach welchen ... diese Prüfung stattfindet". Das ergibt sich schon daraus, dass die "Beratung" nach Überschreitung des RGVol eine Maßnahme der Wirtschaftlichkeitsprüfung darstellt, die der Arzt gerichtlich überprüfen lassen kann (siehe hierzu BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 41 RdNr 10 f), die also ersichtlich nicht nur verfahrenstechnische Bedeutung hat. Unabhängig davon, ob man § 106 Abs 5e Satz 1 SGB V als Regelung der Voraussetzungen für die Festsetzung von Regressen versteht (nur bei mehrmaliger Überschreitung zulässig) oder als Regelung der Voraussetzungen für die Durchführung einer Beratung (nur bei erstmaliger Überschreitung), bestimmt die Norm die Voraussetzungen, unter denen eine Maßnahme der Wirtschaftlichkeitsprüfung erfolgen kann bzw muss. Versteht man § 106 Abs 5e Satz 1 SGB V hingegen allein als Regelung einer Rechtsfolge, indem vorgegeben wird, dass unter bestimmten Voraussetzungen die Rechtsfolge "Regressfestsetzung" durch die Rechtsfolge "Beratung" ersetzt wird, ändert sich nichts: Die Rechtsfolge ist - quasi als "Kehrseite" der Tatbestandsvoraussetzungen - Teil des materiellen Rechts.

34

(3) Der Maßgeblichkeit des im Prüfungszeitrum geltenden Rechts steht auch nicht entgegen, dass üblicherweise bei einer Anfechtungsklage als maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung ihrer Begründetheit die Sach- und Rechtslage bei Erlass des Verwaltungsaktes bzw des Widerspruchsbescheides angenommen wird (vgl die Nachweise bei Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 54 RdNr 33). Zunächst ist dem geltenden Recht kein "allgemeiner Grundsatz" zu entnehmen, wonach für die Beurteilung von Anfechtungsklagen (zwingend) die zum Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung geltende Rechtslage maßgeblich ist (so schon BSG SozR 3-4100 § 152 Nr 7 S 17). Der Rückgriff auf die Klageart zur Bestimmung des anzuwendenden Rechts entspricht lediglich einer "Faustregel" mit praktisch einleuchtenden Ergebnissen (BSG SozR 3-4100 § 152 Nr 7 S 17; BSG SozR 4-4300 § 335 Nr 1 RdNr 12 mwN; in diesem Sinne auch BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 1 RdNr 5 = Juris RdNr 10).

35

Zudem kommt für die materiell-rechtlichen Regelungen der Wirtschaftlichkeitsprüfung der Zeitpunkt der (letzten) Verwaltungsentscheidung als maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtslage schon aus Sachgründen nicht in Betracht. Bei den im Falle eines Verstoßes gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verhängten Prüfmaßnahmen handelt es sich um Reaktionen auf ein nicht den gesetzlichen (konkret den § 12 Abs 1, § 70 Abs 1 Satz 2, § 72 Abs 2 SGB V)und den vertraglichen Anforderungen entsprechendes Verhalten des Arztes. Daher muss der Vertragsarzt bereits zu Beginn des jeweiligen Prüfzeitraums erkennen können, welche Regelungen für ihn insoweit maßgeblich sind, da er nur so sein Verhalten darauf einstellen kann. Es liegt auf der Hand, dass das Behandlungs- oder Verordnungsverhalten eines Arztes nicht nach Maßstäben beurteilt werden kann, die erst im Laufe des Verwaltungsverfahrens in Kraft getreten sind, bei Vornahme der - den Gegenstand der Prüfung bildenden - Verordnungen aber noch nicht galten. Soweit der Senat in einer Entscheidung vom 24.11.1993 für die rechtliche Beurteilung einer auf die Behandlungsweise bezogenen Wirtschaftlichkeitsprüfung auf den Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung abgestellt hat (siehe BSG SozR 3-2200 § 368n Nr 6 S 13 f), hält er hieran nicht mehr fest.

36

bb. Nach der Rechtsprechung des Senats wie auch nach den Grundsätzen des intertemporalen Rechts (siehe 2.b.dd) kommt die Anwendung anderer Vorschriften als derjenigen, die im Prüfungszeitraum gegolten haben, nur dann in Betracht, wenn dies gesetzlich ausdrücklich angeordnet ist (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 18 RdNr 16). Dass § 106 Abs 5e SGB V in der bis zum 25.10.2012 geltenden Fassung auch für Prüfverfahren Geltung besitzen sollte, die vor dem Inkrafttreten der Norm am 1.1.2012 liegende Prüfzeiträume betreffen, ist jedoch weder der Norm selbst noch den Gesetzesmaterialien zu entnehmen. Das Gesetz enthält insoweit keinerlei Regelungen, die die Anwendung der Norm auf in der Vergangenheit liegende Sachverhalte anordnen; auch der Gesetzesbegründung zum GKV-VStG lässt sich kein dahingehender Wille des Gesetzgebers entnehmen, dass das neue Recht mit sofortiger Wirkung auf alle noch "offenen" Prüfverfahren Anwendung finden sollte, da sie sich hierzu überhaupt nicht verhält. Die im Zusammenhang mit der nachträglichen Einfügung des § 106 Abs 5e Satz 7 SGB V geäußerte gegenteilige Auffassung des Gesetzgebers ("Klarstellung") vermag hieran nichts zu ändern(siehe hierzu <2.b.cc.(1)>).

37

cc. Eine gesetzliche Anordnung des Inhalts, dass der Beratungsvorrang auch auf Prüfverfahren Anwendung finden soll, die bereits abgeschlossene Prüfzeiträume betreffen, enthält erst der am 26.10.2012 in Kraft getretene § 106 Abs 5e Satz 7 SGB V. Dieser bestimmt, dass der in § 106 Abs 5e SGB V geregelte Vorrang einer individuellen Beratung vor einer Regressfestsetzung für alle Verfahren der Richtgrößenprüfung gilt, die nicht bis zum 31.12.2011 durch einen Bescheid des Beschwerdeausschusses abgeschlossen waren (zur Verneinung einer verfassungswidrigen Rückwirkung zu Lasten der Krankenkassen siehe das Urteil vom heutigen Tag - B 6 KA 3/14 R - RdNr 23 ff).

38

(1) § 106 Abs 5e Satz 7 SGB V enthält allerdings keine bloße Klarstellung, sondern eine Änderung der Rechtslage in Form einer ausdrücklichen - konstitutiven - gesetzlichen Geltungsanordnung(in diesem Sinne bereits Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, K § 106 RdNr 218b; siehe auch SG Marburg Beschluss vom 16.12.2013 - S 12 KA 565/13 ER - Juris RdNr 18: "rückwirkend … in Kraft gesetzt …"; zweifelnd auch BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 36 RdNr 12: "(unterstellt) klarstellende Neuregelung"; aA Weinrich, GesR 2014, 390, 394; Christophers, ZMGR 2014, 11, 13). Zwar heißt es in der Satz 7 aaO betreffenden Gesetzesbegründung (Ausschussbericht zum Gesetz vom 19.10.2012, BT-​Drucks 17/10156, S 95): "Klarstellung zur Rechtslage. Der Grundsatz 'Beratung vor Regress' gilt ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des GKV-​VStG am 1. Januar 2012 für alle laufenden und nachfolgenden Verfahren der Prüfgremien - auch soweit sie zurückliegende Prüfzeiträume betreffen." Diese Annahme geht jedoch fehl.

39

Eine Klarstellung setzt voraus, dass etwas dem Grunde nach bereits angelegt ist und nur vorsorglich noch einmal verdeutlicht werden soll, dass dies so ist. Dies ist in Bezug auf die in Satz 7 aaO getroffene Regelung, dass § 106 Abs 5e SGB V auch für Verfahren gilt, die am 31.12.2011 noch nicht abgeschlossen waren, jedoch nicht der Fall. § 106 Abs 5e SGB V fand - vor Einfügung des Satzes 7 aaO als einer ausdrücklichen Geltungsanordnung - gerade keine Anwendung auf Verfahren, welche vor dem 1.1.2012 liegende Prüfzeiträume betreffen, weil nach der Rechtsprechung des Senats für Wirtschaftlichkeitsprüfungen das im jeweiligen Prüfzeitraum geltende Recht maßgeblich ist und § 106 Abs 5e SGB V in der bis zum 25.10.2012 geltenden Fassung keinerlei Anhaltspunkte für eine rückbezügliche Wirkung der Norm enthielt.

40

Die Auffassung des Gesetzgebers, eine Vorschrift habe lediglich klarstellenden Charakter, ist für die Gerichte nicht verbindlich (BVerfG Beschluss vom 17.12.2013 - 1 BvL 5/08 - RdNr 47 = BGBl I 2014, 255, unter Hinweis auf BVerfGE 126, 369, 392). Sie schränkt weder die Kontrollrechte und -pflichten der Fachgerichte und des BVerfG ein noch relativiert sie die für sie maßgeblichen verfassungsrechtlichen Maßstäbe, denn zur verbindlichen Auslegung einer Norm ist letztlich allein die rechtsprechende Gewalt berufen (BVerfGE 126, 369, 392; BVerfGE 131, 20, 37). Eine vom Gesetzgeber beanspruchte Befugnis zur "authentischen" Interpretation wird daher von der Verfassungsgerichtsbarkeit nicht anerkannt (vgl BVerfGE 65, 196, 215; BVerfGE 111, 54, 107; BVerfGE 126, 369, 392; BVerfGE 131, 20, 37; BVerfG Beschluss vom 17.12.2013, aaO, RdNr 48). Dies gilt auch für die Frage, ob eine Regelung konstitutiv ist oder nur klarstellt, was nach Ansicht des Gesetzgebers ohnedies gegolten hat (BVerfGE 126, 369, 392). Dabei genügt für die Beantwortung der Frage, ob eine rückwirkende Regelung konstitutiven Charakter hat, die Feststellung, dass die geänderte Norm von den Gerichten nach den anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung in einem Sinn ausgelegt werden konnte und ausgelegt worden ist, die mit der Neuregelung ausgeschlossen werden soll (BVerfGE 131, 20, 37 f; BVerfG Beschluss vom 17.12.2013 - 1 BvL 5/08 - RdNr 52, 55 f = BGBl I 2014, 255). Dies ist vorliegend der Fall.

41

(2) Regelungsinhalt des § 106 Abs 5e Satz 7 SGB V ist es, anzuordnen, dass die in den vorangehenden Sätzen des Abs 5e aaO enthaltenen Regelungen auch für (Prüf-)Verfahren gelten, die am 31.12.2011 noch nicht abgeschlossen waren. Unter "Verfahren" iS des § 106 Abs 5e Satz 7 SGB V ist das Verwaltungsverfahren zu verstehen. Zwar ließe der Gesetzeswortlaut eine Auslegung dahingehend zu, dass Verfahren jeder Art - dh sowohl das Verwaltungsverfahren als auch das Gerichtsverfahren - erfasst werden sollen. Jedoch ergibt sich aus dem Regelungszusammenhang in Verbindung mit der Gesetzesbegründung, dass die Geltungsanordnung nicht bereits bei Gericht anhängige Verfahren erfassen soll (ebenso LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 19.2.2013 - L 5 KA 222/13 ER-B - Juris RdNr 36; Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, K § 106 RdNr 218c; siehe auch Weinrich, GesR 2014, 390). Dass mit dem Begriff "Verfahren" iS des § 106 Abs 5e Satz 7 SGB V allein das Verwaltungsverfahren gemeint ist, folgt bereits daraus, dass sich die Regelung an die Prüfgremien - dh an die "Verwaltung" - richtet(Engelhard aaO). Zudem hat der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung (Ausschussbericht zum Gesetz vom 19.10.2012, BT-​Drucks 17/10156, S 95) verdeutlicht, dass die Neuregelung für ein bereits vor dem Inkrafttreten abgeschlossenes Widerspruchsverfahren nicht gilt, "auch wenn eine Klage gegen die Entscheidung des Beschwerdeausschusses noch anhängig ist".

42

Soweit der Gesetzgeber in diesem Zusammenhang darauf verwiesen hat, dass "insoweit" die allgemeinen verfahrensrechtlichen Grundsätze gelten, dürfte der Gesetzgeber den "Grundsatz" (bzw die "Faustregel") im Blick gehabt haben, dass der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung für die Beurteilung der Rechtslage maßgeblich ist; dies bestätigen die weiteren Ausführungen in der Gesetzesbegründung (aaO), dass die Prüfgremien "das zum Zeitpunkt ihrer abschließenden Entscheidung geltende Recht" anzuwenden hätten. Dies bestätigt ebenfalls die Annahme, dass mit "Verfahren" nur das Verwaltungsverfahren gemeint ist. Das Verwaltungsverfahren wiederum umfasst sowohl das Verfahren vor der Prüfungsstelle als auch das Verfahren vor dem Beschwerdeausschuss, da es sich bei dem Beschwerdeverfahren um ein eigenständiges und umfassendes Verwaltungsverfahren in einer zweiten Verwaltungsinstanz handelt (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 42 RdNr 22 mwN).

43

"Abgeschlossen" ist das Verfahren mit seiner "Beendigung", im verfahrensrechtlichen Sinne also - sofern es sich nicht anderweitig erledigt oder beendet wird - mit Erlass des Verwaltungsaktes (Vogelsang in Hauck/Noftz, SGB X, K § 8 RdNr 13 und § 18 RdNr 1), das Widerspruchsverfahren entsprechend mit Erlass des Widerspruchsbescheides. Darauf, ob das Verfahren "bestandskräftig" abgeschlossen ist, kommt es nicht an (so zutreffend Mutschler in Kasseler Komm, § 8 SGB X RdNr 11, unter Hinweis darauf, dass die Behörde nach dem Erlass des Verwaltungsaktes nichts mehr tun kann; ebenso Vogelsang in Hauck/Noftz, SGB X, K § 8 RdNr 13). Somit findet die Neuregelung dann keine Anwendung, wenn ein - verwaltungsverfahrensrechtlich vor dem in § 106 Abs 5e Satz 7 SGB V genannten Zeitpunkt abgeschlossenes - Verfahren durch gerichtliche Entscheidung zur erneuten Entscheidung an den Beschwerdeausschuss zurückverwiesen wird(Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, K § 106 RdNr 218d), da es allein darauf ankommt, ob das Widerspruchsverfahren bei Inkrafttreten der Neuregelung abgeschlossen war oder nicht.

44

dd. Eine Heranziehung der Grundsätze des intertemporalen Rechts führt entgegen der Auffassung des Klägers zu keiner anderen Beurteilung.

45

(1) Nach der Rechtsprechung des BSG gilt bei Rechtsänderungen grundsätzlich das Versicherungsfall- bzw Leistungsfallprinzip. Hiernach ist ein Rechtssatz nur auf solche Sachverhalte anwendbar, die nach seinem Inkrafttreten verwirklicht werden; spätere Änderungen eines Rechtssatzes sind danach für die Beurteilung von vor seinem Inkrafttreten entstandene Lebensverhältnisse unerheblich, es sei denn, dass das Gesetz seine zeitliche Geltung auf solche Verhältnisse erstreckt (vgl zB BSG Urteil vom 4.9.2013 - B 10 EG 11/12 R - Juris RdNr 42; zuletzt BSG Urteil vom 5.3.2014 - B 12 R 1/12 R - SozR 4-2400 § 26 Nr 3 RdNr 21). Dementsprechend geht das BSG in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass sich die Entstehung und der Fortbestand sozialrechtlicher Ansprüche bzw Rechtsverhältnisse grundsätzlich nach dem Recht beurteilen, das zur Zeit des Vorliegens der anspruchsbegründenden Ereignisse oder Umstände gegolten hat (vgl BSG SozR 4-4300 § 335 Nr 1 RdNr 13; BSG SozR 4-5910 § 111 BSHG Nr 1 RdNr 9; BSGE 111, 268 = SozR 4-2400 § 24 Nr 7, RdNr 12; BSG Urteil vom 4.9.2013 - B 10 EG 11/12 R - Juris RdNr 42; zuletzt BSG Urteil vom 5.3.2014 - B 12 R 1/12 R - SozR 4-2400 § 26 Nr 3 RdNr 21). Das Versicherungsfall- bzw Leistungsfallprinzip ist allerdings nicht anzuwenden, soweit später in Kraft gesetztes Recht ausdrücklich oder sinngemäß etwas anderes bestimmt; dann kommt der Grundsatz der sofortigen Anwendung des neuen Rechts auch auf nach altem Recht entstandene Rechte und Rechtsverhältnisse zum Tragen (BSG SozR 4-4300 § 335 Nr 1 RdNr 13; BSG SozR 4-5910 § 111 BSHG Nr 1 RdNr 9; BSG Urteil vom 4.9.2013 - B 10 EG 11/12 R - Juris RdNr 43; zuletzt BSG SozR 4-2400 § 26 Nr 3 RdNr 21). Welcher der genannten Grundsätze des intertemporalen Rechts zur Anwendung gelangt, richtet sich letztlich danach, wie das einschlägige Recht ausgestaltet bzw auszulegen ist (BSG Urteil vom 4.9.2013 - B 10 EG 11/12 R - Juris RdNr 43; zuletzt BSG SozR 4-2400 § 26 Nr 3 RdNr 21).

46

(2) Nach diesen - wegen der Besonderheiten des Vertragsarztrechts ohnehin nur sinngemäß übertragbaren - Maßstäben entspricht die Rechtsprechung des Senats zur Anwendbarkeit des im Prüfungszeitraum geltenden Rechts dem Versicherungsfall- bzw Leistungsfallprinzip. Die Anwendung des Grundsatzes der sofortigen Anwendung des neuen Rechts kommt aus den bereits oben dargestellten Gründen nicht in Betracht, weil dem Gesetz - vor Einfügung des Satzes 7 aaO - weder ausdrücklich noch sinngemäß zu entnehmen war, dass die Regelungen über den Vorrang der Beratung auch auf abgeschlossene Prüfzeiträume Anwendung finden sollten. Soweit in einzelnen - vom Kläger herangezogenen - Entscheidungen des BSG abweichende Maßstäbe zugrunde gelegt worden sind, ist dies auf Besonderheiten des jeweiligen Rechtsgebiets zurückzuführen.

47

ee. § 106 Abs 5e SGB V findet jedoch auch unter Berücksichtigung seines Satzes 7 ausschließlich auf (Prüf-)Verfahren Anwendung, in denen die Entscheidung des Beschwerdeausschusses nach dem 25.10.2012 ergangen ist. Da Satz 7 aaO mit Wirkung zum 26.10.2012 in Kraft getreten ist, entzieht er den vor seinem Inkrafttreten nach altem Recht ergangenen Entscheidungen der Beschwerdeausschüsse nicht die Grundlage; eine derartige Regelungsabsicht hat im Normtext in Verbindung mit der Regelung zum Inkrafttreten keinen hinreichenden Niederschlag gefunden:

48

Zwar enthält § 106 Abs 5e Satz 7 SGB V eine ausdrückliche Geltungsanordnung des Inhalts, dass § 106 Abs 5e SGB V - entgegen der Rechtsprechung des Senats zum jeweils maßgeblichen Recht - auch auf Prüfzeiträume Anwendung findet, die vor dem Inkrafttreten des Abs 5e am 1.1.2012 liegen, sofern die betreffenden Prüfverfahren am 31.12.2011 noch nicht abgeschlossen waren. Jedoch ist der Normbefehl insoweit nicht eindeutig, als Prüfverfahren betroffen sind, in denen die das Verwaltungsverfahren abschließende Entscheidung des Beschwerdeausschusses zwar nach dem 31.12.2011, jedoch vor Inkrafttreten des Satzes 7 aaO am 26.10.2012 - dem auf die Verkündung im Bundesgesetzblatt folgenden Tag (vgl Art 15 Abs 1 des Zweiten Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften) - ergangen ist. Der Norm selbst kann zwar der Wille des Normgebers entnommen werden, auch diese Konstellationen in die begünstigende Wirkung des § 106 Abs 5e Satz 1 SGB V einzubeziehen; dieser Annahme steht jedoch die Regelung zum Inkrafttreten der Geltungsanordnung am 26.10.2012 wie auch die Gesetzesbegründung selbst entgegen.

49

Der Gesetzgeber hätte § 106 Abs 5e Satz 7 SGB V rückwirkend zum 1.1.2012 in Kraft setzen und damit auch solchen, das Verfahren abschließenden Entscheidungen aus der "Zwischenzeit" die rechtliche Basis - soweit es auf die Beratung ankommt - entziehen können. Das hat er jedoch nicht getan. Zudem hat der Gesetzgeber in der Begründung (Ausschussbericht zum Gesetz vom 19.10.2012, BT-​Drucks 17/10156, S 95) darauf hingewiesen, dass er seine Regelung auf "noch nicht abgeschlossene Verfahren" beschränken will; auch hat er betont, dass die Prüfgremien das "zum Zeitpunkt ihrer abschließenden Entscheidung geltende Recht" an​zuwenden haben. Dabei ist möglicherweise nicht hinreichend gesehen worden, dass die Beschwerdeausschüsse bis zum Inkrafttreten des Satzes 7 aaO Verfahren "abschließen" und dabei das zum Zeitpunkt des jeweiligen Quartals geltende Recht anwenden mussten. Eine Regelungsabsicht, auch den auf dieser Basis ergangenen Bescheiden, die durchaus schon bestandskräftig geworden sein konnten, nachträglich rückwirkend die Grundlage zu entziehen, hat im Normtext in Verbindung mit der Regelung zum Inkrafttreten keinen hinreichenden Niederschlag gefunden. In den Gesetzesmaterialien fehlen Hinweise, wie insoweit mit bestandskräftig gewordenen Bescheiden umgegangen werden soll, also ob § 44 Abs 2 SGB X eingreifen oder die betroffenen Ärzte die Vollstreckung der Regresse der KÄV zugunsten der Krankenkassen mit vollstreckungsrechtlichen Rechtsbehelfen abwehren können sollen, und ob schon bezahlte Regresse rückabgewickelt werden müssen. Deshalb ist Satz 7 aaO so zu verstehen, dass der Vorrang der Beratung nach § 106 Abs 5e Satz 1 SGB V nicht für solche Verfahren gilt, die vor dem 1.1.2012 liegende Prüfzeiträume betreffen und in denen die abschließende Entscheidung des Beschwerdeausschusses vor dem Inkrafttreten des Satzes 7 aaO am 26.10.2012 ergangen ist. Davon ist der hier zu entscheidende Fall erfasst, weil der Bescheid des beklagten Beschwerdeausschusses vom 10.5.2012 dem Kläger am 11.5.2012 bekanntgegeben wurde.

50

b. Auf die Frage, ob der Kläger sein RGVol im streitbefangenen Jahr 2009 überhaupt "erstmalig" überschritten hat, kommt es angesichts des Umstandes, dass die Norm keine Anwendung findet, nicht an (zu den Anforderungen an eine "erstmalige" Überschreitung siehe Senatsurteil vom heutigen Tag - B 6 KA 3/14 R - RdNr 58 ff).

51

3. Im Ergebnis hat das SG den Bescheid des Beklagten jedoch zu Recht aufgehoben und diesen zur Neubescheidung verpflichtet, weil sich der Bescheid in der Sache wegen eines Begründungsmangels als rechtswidrig erweist.

52

a. Die - erstmals im Revisionsverfahren vorgebrachten - Bedenken des Klägers gegen die Wirksamkeit der hier maßgeblichen RGV unter dem Aspekt der unzureichenden "altersgemäßen Gliederung" hält der Senat allerdings nicht für durchgreifend. § 84 Abs 6 Satz 2 SGB V(in der ab dem 31.12.2001 geltenden Fassung des Gesetzes zur Ablösung des Arznei- und Heilmittelbudgets ) bestimmt, dass die Vertragspartner der RGV die (arztgruppenspezifischen und fallbezogenen) Richtgrößen zusätzlich nach altersgemäß gegliederten Patientengruppen und darüber hinaus auch nach Krankheitsarten bestimmen sollen. Die Vertragspartner sollen damit die Richtgrößen weiter ausdifferenzieren, um so eine stärker auf die Einzelpraxis ausgerichtete Berücksichtigung der medizinischen Behandlungserfordernisse zu erreichen (FraktE-ABAG, BT-Drucks 14/6309, S 9 zu § 84 Abs 6). Diese Regelung wird durch § 84 Abs 7 Satz 5 SGB V ergänzt, der vorgibt, dass die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit verbindlicher Wirkung für RGVen nach § 84 Abs 6 Satz 2 SGB V die altersgemäße Gliederung der Patientengruppen bestimmen sollen.

53

Die auf dieser Grundlage erlassenen Rahmenvorgaben der Spitzenorganisationen auf Bundesebene sehen hierzu eine Gliederung in vier Altersgruppen vor (siehe § 2 Abs 2 Satz 1 iVm Anlage 2 der Rahmenvorgaben für das Jahr 2002, DÄ 2002, A 1540). In der hier maßgeblichen RGV wird demgegenüber nur - relativ grob - zwischen den Gruppen der Mitglieder/Familienversicherten und der Rentner unterschieden (siehe Anlage B zur RGV, Rheinisches Ärzteblatt 2009, 87). Dies ist jedoch noch hinnehmbar (aA SG Dresden Urteile vom 11.12.2013 - S 18 KA 31/10 ua - Juris), zum einen, weil es sich bei § 84 Abs 6 Satz 2 SGB V um eine Sollvorschrift handelt, zum anderen, weil die Rahmenvorgabe keine strikte Verpflichtung enthält, eine solche Regelung in die regionalen RGVen aufzunehmen: Gemäß § 2 Abs 2 Satz 3 der Rahmenvorgaben sind Abweichungen "hiervon" - dh von der in § 2 Abs 2 Satz 1 aaO vorgegebenen Altersgliederung - zulässig, "bis Satz 2 erfüllt ist". Nach Satz 2 aaO streben die Vereinbarungspartner an, noch im Jahr 2002 die organisatorischen und datenlogistischen Voraussetzungen zu schaffen, damit die Verordnungsdaten und Fallzahlen entsprechend (der vorgegebenen Altersgliederung) geliefert werden können. Nachdem inzwischen die Unsicherheiten darüber, ob die Vertragspartner eine solche feinere Unterscheidung auf der Basis der von den Krankenkassen zu liefernden Daten (§ 296 SGB V) umsetzen können, beseitigt sind - so werden in den in B. und T. geltenden RGVen vier bzw sechs Kohorten unterschieden -, werden die regionalen Vertragspartner bis Ende des Jahres 2015 die RGVen der Rahmenempfehlung anzupassen haben, soweit sich das nicht als undurchführbar erweist; das wäre indessen konkret und nicht nur pauschal zu belegen.

54

b. Teilweise begründet sind die Einwände des Klägers allerdings, soweit er eine unzureichende Berücksichtigung der von ihm geltend gemachten Praxisbesonderheiten bzw eine unzureichende Begründung dazu rügt.

55

aa. Nach § 106 Abs 5a Satz 3 SGB V kommt eine Erstattung von Mehraufwand nur in Betracht, wenn die Überschreitung des RGVol um mehr als 25 vH nicht durch Praxisbesonderheiten gerechtfertigt ist. Der Begriff der Praxisbesonderheiten ist bei einer Richtgrößenprüfung nicht anders zu verstehen als bei einer Wirtschaftlichkeitsprüfung nach Durchschnittswerten (BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 10 RdNr 35; BSG SozR 4-2500 § 84 Nr 2 RdNr 38; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 41 RdNr 14). Praxisbesonderheiten sind anzuerkennen, wenn ein spezifischer, vom Durchschnitt der Vergleichsgruppe signifikant abweichender Behandlungsbedarf - bzw Verordnungsbedarf - des Patientenklientels und die hierdurch hervorgerufenen Mehrkosten nachgewiesen werden kann (BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 10 RdNr 35; BSG SozR 4-2500 § 84 Nr 2 RdNr 38; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 41 RdNr 14).

56

bb. Soweit es um die Feststellung und Bewertung von Praxisbesonderheiten geht, steht den Prüfgremien ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu (BSGE 95, 199 = SozR 4-2500 § 106 Nr 11, RdNr 36; BSG SozR 4-2500 § 84 Nr 2 RdNr 38; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 41 RdNr 14; zuletzt BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 44, RdNr 14). Die Kontrolle der Gerichte beschränkt sich darauf, ob das Verwaltungsverfahren ordnungsge-mäß durchgeführt worden ist, ob der Verwaltungsentscheidung ein richtiger und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liegt, ob die Verwaltung die Grenzen eingehalten hat, die sich bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs "Wirtschaftlichkeit" ergeben, und ob sie ihre Subsumtionserwägungen so verdeutlicht und begründet hat, dass im Rahmen des Möglichen die zu treffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvoll-ziehbar ist (stRspr des BSG, vgl BSGE 72, 214, 216 = SozR 3-1300 § 35 Nr 5 S 7; BSG SozR 4-1500 § 141 Nr 1 RdNr 20; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 33 RdNr 13). Hieran hält der Senat auch unter Berücksichtigung der vom Kläger erhobenen Einwände fest.

57

Entgegen der Auffassung des Klägers fehlt es nicht an einem "tragfähigen Sachgrund für das beanspruchte behördliche Letztentscheidungsrecht". Der Senat räumt den Prüfgremien in ständiger Rechtsprechung deshalb einen Beurteilungsspielraum ein, weil sich die die Wirtschaftlichkeit der ärztlichen Behandlungs- und Verordnungsweise betreffenden Fragen zum Teil nur im Rahmen einer fachkundigen Beurteilung beantworten lassen (BSG SozR 2200 § 368n Nr 31 S 106). Ein Beurteilungsspielraum der Prüfgremien besteht nicht generell hinsichtlich aller Fragen der Sachverhaltsermittlung und Beweisführung, sondern nur in Bezug auf solche Fragestellungen, die einer Bewertung unter Heranziehung der besonderen Fachkunde der Mitglieder der Prüfgremien bedürfen (BSGE 95, 199 = SozR 4-2500 § 106 Nr 11, RdNr 36 mwN). Zu diesen Fragestellungen zählt der Senat insbesondere - für den Bereich der Richtgrößenprüfungen aber auch ausschließlich - die Feststellung und Bewertung von Praxisbesonderheiten (BSGE 95, 199 = SozR 4-2500 § 106 Nr 11, RdNr 36; BSG SozR 4-2500 § 84 Nr 2 RdNr 38; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 41 RdNr 16 - jeweils zur Richtgrößenprüfung).

58

Fehl geht auch der Einwand des Klägers, der Senat verletze mit der Einräumung eines Beurteilungsspielraums sein Recht auf effektiven Rechtsschutz aus Art 19 Abs 4 GG. Dabei beachtet der Kläger nicht hinreichend, das die Prüfgremien erheblichen Begründungsanforderungen unterliegen (siehe hierzu BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 1 RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 2 RdNr 11), deren Beachtung von den Gerichten vollständig zu überprüfen ist. Die Begründungspflicht des § 35 Abs 1 SGB X dient als Korrektiv zu den weitgehenden Spielräumen und der nur eingeschränkt möglichen Überprüfung der Prüfbescheide durch die Gerichte(BSGE 69, 138, 142 = SozR 3-2500 § 106 Nr 6 S 25) und damit dem Interesse eines effektiven Rechtsschutzes (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 1 RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 2 RdNr 11; zur Bedeutung der Begründungsanforderungen im Hinblick auf Art 19 Abs 4 GG; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 56 RdNr 21).

59

cc. Der Senat hält auch daran fest, dass der Umstand, dass die Prüfgremien für vorangegangene Prüfzeiträume Praxisbesonderheiten anerkannt hatten, nicht die Entscheidung präjudiziert, ob der Vertragsarzt in dem aktuell zur Beurteilung anstehenden Prüfzeitraum wirtschaftlich behandelt oder verordnet hat (zu hieraus folgenden Begründungsanforderungen siehe jedoch RdNr 64 <3.b.dd. (2)(a)>). Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Senats, dass die Prüfgremien für jedes Quartal erneut und gesondert eine Prüfung der Voraussetzungen des § 106 SGB V und eine Abwägung hinsichtlich der zu treffenden Maßnahmen vornehmen müssen(BSG USK 82196 S 897; BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 42 S 235; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 1 RdNr 20). Ebenso entspricht es ständiger Senatsrechtsprechung, dass sich der Vertragsarzt nicht auf einen Vertrauensschutz der Art berufen kann, dass es in vorangegangenen Quartalen zu keinen Honorarkürzungen gekommen und er daher davon ausgegangen sei, dass es auch in Zukunft zu keinen Honorarkürzungen kommen werde (BSG USK 97124; BSGE 78, 278, 283 = SozR 3-2500 § 106 Nr 35 S 198). Aus welchen Gründen keine Honorarkürzungen erfolgt sind - ob dies also auf der Anerkennung von Praxisbesonderheiten beruhte oder darauf, dass überhaupt kein Prüfverfahren durchgeführt wurde - ist insoweit ohne Bedeutung.

60

dd. Der Bescheid des Beklagten ist jedoch nicht rechtmäßig, soweit er sich mit der vom Kläger geltend gemachten gastroenterologischen Ausrichtung der Praxis auseinandersetzt.

61

(1) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats müssen die Prüfgremien ihre Ausführungen zum Vorliegen der Voraussetzungen für Maßnahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung derart verdeutlichen, dass im Rahmen der - in Folge von Beurteilungs- und Ermessensspielräumen eingeschränkten - gerichtlichen Überprüfung zumindest die zutreffende Anwendung der einschlägigen Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 1 RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 2 RdNr 11 - jeweils unter Hinweis auf BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 25 S 139). Diese Anforderungen dürfen zwar nicht überspannt werden, da sich gerade Maßnahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung regelmäßig an einen sachkundigen Personenkreis richten, jedoch müssen die Ausführungen erkennen lassen, wie das Behandlungsverhalten des Arztes bewertet wurde und auf welchen Erwägungen die betroffene Kürzungsmaßnahme beruht (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 1 RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 2 RdNr 11; siehe schon BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 41 S 225). Erforderlich sind auch Ausführungen dazu, ob und ggf in welchem Umfang der Mehraufwand auf Praxisbesonderheiten zurückzuführen ist (vgl zB BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 41 S 224).

62

(2) Diesen Anforderungen wird der Bescheid des Beklagten nicht gerecht. Eingehenderer Ausführungen hätte es zum einen schon deswegen bedurft, weil der Beklagte in der Vergangenheit (insbesondere) für diesen Tätigkeitsschwerpunkt Praxisbesonderheiten anerkannt hatte (a). Zum anderen ist der Vortrag des Klägers zumindest in Bezug auf einen gastroenterologischen Tätigkeitsschwerpunkt in sich schlüssig und substantiiert, sodass das Vorliegen von Praxisbesonderheiten zumindest als möglich erscheint (b).

63

(a) Der Beklagte hatte für vorangehende Prüfungszeiträume das Vorliegen von Praxisbesonderheiten anerkannt. So ist nach den übereinstimmenden Angaben der Hauptbeteiligten jedenfalls im Bereich der Gastroenterologie eine Praxisbesonderheit gesehen worden; ob sich dies - so der Beklagte - allein auf die Anerkennung von Mehrkosten für additive Schmerztherapie bezog oder - wie der Kläger vorträgt - generell auf Mehrkosten für die Behandlung von Patienten mit der Indikation Heliobacter, kann insoweit dahingestellt bleiben.

64

Haben die Prüfgremien in vorangegangenen Prüfzeiträumen Praxisbesonderheiten anerkannt, kann deren Vorliegen in nachfolgenden Prüfverfahren nicht pauschal unter Hinweis auf die grundsätzlich den Vertragsarzt treffende Darlegungs- und Feststellungslast (siehe hierzu zuletzt BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 41 RdNr 18 mwN)verneint werden. Der Vertragsarzt erfüllt in derartigen Fällen die ihm obliegende besondere Mitwirkungspflicht (siehe hierzu BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 35 RdNr 40) bereits durch den Vortrag, dass sich die tatsächlichen Verhältnisse in seiner Praxis nicht verändert haben. Dann ist es Aufgabe der Prüfgremien, sich von Amts wegen mit den - als "offenkundig" im Sinne der Senatsrechtsprechung anzusehenden (siehe hierzu BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 35 RdNr 43-44)- Umständen auseinanderzusetzen, die in der Vergangenheit zur Anerkennung einer Praxisbesonderheit geführt haben. Es bedarf konkreter Ausführungen dazu, aus welchen Gründen das Prüfgremium nunmehr das Vorliegen solcher Praxisbesonderheiten verneint.

65

Es gehört zum Pflichtenkreis der Prüfgremien, eine Änderung ihrer Spruchpraxis in einer für die betroffenen Vertragsärzte nachvollziehbaren Weise zu begründen, da die Regressfestsetzung nur so die ihr immanente Beratungsfunktion erfüllen kann. Verhaltenssteuernde Wirkung kommt den Richtgrößen bzw den im Falle ihrer Überschreitung verhängten Sanktionen nur dann zu, wenn dem Vertragsarzt die maßgeblichen Umstände bekannt sind, sodass er sein Verhalten danach ausrichten kann. Zu diesen Umständen gehört neben der Höhe des RGVol auch, ob bzw in welchem Umfang die Prüfgremien eine Überschreitung des RGVol als durch Praxisbesonderheiten begründet bzw gerechtfertigt ansehen. Daher erfordert die "Aberkennung" von Praxisbesonderheiten, dass die hierfür maßgeblichen Gründe dem Vertragsarzt bekanntgegeben werden. Derartige Ausführungen sind dem angefochtenen Bescheid jedoch nicht zu entnehmen.

66

(b) Unabhängig davon hätte der Vortrag des Klägers - jedenfalls in Bezug auf die im Bereich der Gastroenterologie geltend gemachten Besonderheiten - ausführlichere Darlegungen dazu erfordert, warum der Beklagte dieser Argumentation nicht gefolgt ist.

67

Zwar obliegt nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 41 RdNr 18 f mwN; zuletzt BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 44, RdNr 14) die Darlegungs- und Feststellungslast für besondere, einen höheren Behandlungsaufwand rechtfertigende atypische Umstände wie Praxisbesonderheiten dem Arzt. Die dem klagenden Arzt obliegende Mitwirkungspflicht und die ihn treffende Darlegungs- und Feststellungslast berechtigt die Prüfgremien nicht dazu, sich darauf zu beschränken, pauschal die Nichterfüllung der insoweit bestehenden Anforderungen festzustellen, sondern sie müssen sich mit substantiierten Darlegungen des Arztes im Einzelnen auseinandersetzen. Dies erfordern die ihnen eingeräumten Beurteilungsspielräume, als deren Korrektiv die Begründung des Bescheides wesentliche Bedeutung zukommt.

68

Der Beklagte hat insoweit die Anerkennung (weiterer) Praxisbesonderheiten mit der Begründung abgelehnt, bei den vermehrten Zuweisungen zur Gastroskopie handele es sich um Zuweisungen zur Diagnostik; die hiermit im Zusammenhang verordneten PPI würden für einen hausärztlich tätigen Internisten als fachgruppentypisch angesehen. Die Einzelfallschilderungen besonders kostenintensiver Patienten seien unsubstantiiert vorgetragen worden. Der Widerspruchsführer könne den erforderlichen Nachweis mit der eingereichten Einzelfalldarstellung nicht in der durch § 5 Abs 5 RGV geforderten dezidierten Form erbringen. Patientenlisten mit Diagnosen und Leistungsziffernstatistik gäben nur Auskunft über die Situation in der Praxis und belegten nicht, welche Abweichungen sich ggf gegenüber den Praxen der Vergleichsgruppe ergäben. Diese Darlegungen des Beklagten entsprechen nicht in vollem Umfang den Anforderungen, die an die Begründung eines Regressbescheides zu stellen sind.

69

In Bezug auf seinen gastroenterologischen Tätigkeitsbereich ist der Kläger seiner Darlegungslast - im Sinne einer ausreichenden Substantiierung des Vortrags - nachgekommen, indem er dargelegt und durch die Angabe von Abrechnungshäufigkeiten auch dem Grunde nach belegt hat, dass seine (hausärztliche) Praxis einen gastroenterologischen Schwerpunkt hat. Anhaltspunkte hierfür ergeben sich aus dem im Vergleich zu seiner Fachgruppe - den hausärztlich tätigen Internisten - signifikant erhöhten Anteil von Patienten mit Refluxkrankheit (Abweichung um mehr als 300 %), sowie daraus, dass er "Ösophago-Gastroduodenalen Komplex" doppelt so häufig abgerechnet hat als die Vergleichsgruppe. Auch die Anzahl der von ihm durchgeführten Gastroskopien deutet auf ein von der Fachgruppe abweichendes Patientengut hin, weil Gastroskopien regelmäßig von im fachärztlichen Versorgungsbereich tätigen Internisten durchgeführt werden.

70

Diese für einen Hausarzt nicht unbedingt typische Ausrichtung der Praxis auf Diagnostik und Therapie von Refluxkrankheiten könnte durchaus als Praxisbesonderheit in Betracht kommen. Dass bei Patienten mit der Diagnose "Refluxkrankheit" und/oder bei Patienten, bei denen eine Magenspiegelung durchgeführt wird, ein "spezifischer, vom Durchschnitt der Vergleichsgruppe signifikant abweichender" Verordnungsbedarf besteht, erscheint - jedenfalls dem Grunde nach - plausibel. Sofern der Beklagte bereits das Vorliegen einer Praxisbesonderheit an sich verneinen will, hat er die hierfür maßgeblichen Gründe im Bescheid darzulegen. Der - ohnehin auf "Zuweisungen zur Gastroskopie" beschränkte - Hinweis auf die Fachgruppentypik in der Begründung des Bescheides genügt hierzu nicht. Ob die weitere Voraussetzung zur Anerkennung von Praxisbesonderheiten, nämlich der Nachweis der hierdurch hervorgerufenen Mehrkosten, erfüllt ist, wird der Beklagte ebenfalls zu prüfen und die Gründe für seine Entscheidung darzulegen haben. Dass bei der dargestellten Patientengruppe dem Grunde nach ein Mehrbedarf (insbesondere) an PPI besteht, könnte naheliegen.

71

Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Prüfgremien die Gründe konkret benennen müssen, aus denen heraus sie grundsätzlich medizinisch indizierte Verordnungen einer bestimmten Wirkstoffgruppe generell für unwirtschaftlich halten. Auch das ist im angefochtenen Bescheid nicht ausreichend geschehen.

72

Soweit der Kläger weitere Praxisbesonderheiten in anderen Behandlungsgebieten als der Gastroenterologie geltend macht, ist sein Vorbringen von vornherein nicht ausreichend, um das Vorliegen von Praxisbesonderheiten zu begründen. In Bezug auf die höhere Anzahl von Patienten mit Depressionen und mit nicht primär insulinabhängigem Diabetes stellt der geltend gemachte Mehraufwand im Verordnungsbereich nicht mehr als eine Behauptung dar; soweit er einen Schwerpunkt bei Patienten mit metabolischem Syndrom geltend macht, wird dies allein durch die angegebenen vier Beispielsfälle nicht belegt.

73

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Danach hat der Beklagte die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens zu tragen, weil er unterlegen ist (§ 154 Abs 1 VwGO). Dies gilt nicht für die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 6., da diese keine Anträge gestellt haben.

(1) Die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen überwachen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich und die Kassenärztlichen Vereinigungen vereinbaren Inhalt und Durchführung der Beratungen und Prüfungen nach Absatz 2 sowie die Voraussetzungen für Einzelfallprüfungen. Die Vertragspartner können die Prüfungsstelle mit der Prüfung ärztlich verordneter Leistungen in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung beauftragen und tragen die Kosten. Die Krankenkassen übermitteln der Prüfungsstelle die Daten der in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung verordneten Leistungen; dabei sind zusätzlich die Zahl der Behandlungsfälle und eine Zuordnung der verordneten Leistungen zum Datum der Behandlung zu übermitteln. Die §§ 296 und 297 gelten entsprechend.

(2) Die Wirtschaftlichkeit der Versorgung wird von der Prüfungsstelle nach § 106c geprüft durch

1.
arztbezogene Prüfungen ärztlicher Leistungen nach § 106a,
2.
arztbezogene Prüfungen ärztlich verordneter Leistungen nach § 106b.
Die Prüfungen werden auf der Grundlage der Daten durchgeführt, die der Prüfungsstelle nach § 106c gemäß § 296 Absatz 1, 2 und 4 sowie § 297 Absatz 2 übermittelt werden. Hat die Prüfungsstelle Zweifel an der Richtigkeit der übermittelten Daten, ermittelt sie die Datengrundlagen für die Prüfung aus einer Stichprobe der abgerechneten Behandlungsfälle des Arztes und rechnet die so ermittelten Teildaten nach einem statistisch zulässigen Verfahren auf die Grundgesamtheit der Arztpraxis hoch.

(3) Die Prüfungsstelle nach § 106c bereitet die für die Prüfungen nach Absatz 2 erforderlichen Daten und sonstigen Unterlagen auf, trifft Feststellungen zu den für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit wesentlichen Sachverhalten und entscheidet unter Beachtung der Vereinbarungen nach den §§ 106a und 106b, ob der Vertragsarzt, der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat und welche Maßnahmen zu treffen sind. Eine Maßnahme kann insbesondere auch die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung sein. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung auf Grund einer Wirtschaftlichkeitsprüfung, die von Amts wegen durchzuführen ist, muss für ärztliche Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab Erlass des Honorarbescheides und für ärztlich verordnete Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, erfolgen; § 45 Absatz 2 des Ersten Buches gilt entsprechend. Für Wirtschaftlichkeitsprüfungen, die auf Grund eines Antrags erfolgen, ist der Antrag für die Prüfung ärztlicher Leistungen spätestens 18 Monate nach Erlass des Honorarbescheides und für die Prüfung ärztlich verordneter Leistungen spätestens 18 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, bei der Prüfungsstelle nach § 106c einzureichen. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung muss innerhalb weiterer zwölf Monate nach Ablauf der in Satz 4 genannten Frist erfolgen; die Regelung des § 45 Absatz 2 des Ersten Buches findet keine entsprechende Anwendung. Gezielte Beratungen sollen weiteren Maßnahmen in der Regel vorangehen. Die Prüfungsstelle berät die Vertragsärzte auf der Grundlage von Übersichten über die von ihnen im Zeitraum eines Jahres oder in einem kürzeren Zeitraum erbrachten, verordneten oder veranlassten Leistungen über Fragen der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Versorgung.

(4) Werden Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassenverbände und Kassenärztlichen Vereinigungen für eine ordnungsgemäße Umsetzung. Können Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt werden, weil die erforderlichen Daten nach den §§ 296 und 297 nicht oder nicht im vorgesehenen Umfang oder nicht fristgerecht übermittelt worden sind, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassen oder der Kassenärztlichen Vereinigungen. Die zuständige Aufsichtsbehörde hat nach Anhörung der Vorstandsmitglieder und der jeweils entsandten Vertreter im Ausschuss den Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung das Regressverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten auch für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der im Krankenhaus erbrachten ambulanten ärztlichen und belegärztlichen Leistungen.

(1) Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Landesverbände der Krankenkassen sowie die Ersatzkassen errichten für den Bezirk jeder Kassenärztlichen Vereinigung einen Berufungsausschuß für Ärzte und einen Berufungsausschuß für Zahnärzte. Sie können nach Bedarf mehrere Berufungsausschüsse für den Bezirk einer Kassenärztlichen Vereinigung oder einen gemeinsamen Berufungsausschuß für die Bezirke mehrerer Kassenärztlicher Vereinigungen errichten.

(2) Die Berufungsausschüsse bestehen aus einem Vorsitzenden mit der Befähigung zum Richteramt und aus Vertretern der Ärzte einerseits und der Landesverbände der Krankenkassen sowie der Ersatzkassen andererseits in gleicher Zahl als Beisitzern. Über den Vorsitzenden sollen sich die Beisitzer einigen. Kommt eine Einigung nicht zustande, beruft ihn die für die Sozialversicherung zuständige oberste Verwaltungsbehörde im Benehmen mit den Kassenärztlichen Vereinigungen und den Landesverbänden der Krankenkassen sowie den Ersatzkassen. § 96 Abs. 2 Satz 2 bis 5 und 7 und Abs. 3 gilt entsprechend.

(3) Für das Verfahren sind § 84 Abs. 1 und § 85 Abs. 3 des Sozialgerichtsgesetzes anzuwenden. Das Verfahren vor dem Berufungsausschuß gilt als Vorverfahren (§ 78 des Sozialgerichtsgesetzes).

(4) Der Berufungsausschuß kann die sofortige Vollziehung seiner Entscheidung im öffentlichen Interesse anordnen.

(5) Die Aufsicht über die Geschäftsführung der Zulassungsausschüsse und der Berufungsausschüsse führen die für die Sozialversicherung zuständigen obersten Verwaltungsbehörden der Länder. Sie berufen die Vertreter der Ärzte und der Krankenkassen, wenn und solange die Kassenärztlichen Vereinigungen, die Landesverbände der Krankenkassen oder die Ersatzkassen diese nicht bestellen.

(1) Die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen überwachen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich und die Kassenärztlichen Vereinigungen vereinbaren Inhalt und Durchführung der Beratungen und Prüfungen nach Absatz 2 sowie die Voraussetzungen für Einzelfallprüfungen. Die Vertragspartner können die Prüfungsstelle mit der Prüfung ärztlich verordneter Leistungen in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung beauftragen und tragen die Kosten. Die Krankenkassen übermitteln der Prüfungsstelle die Daten der in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung verordneten Leistungen; dabei sind zusätzlich die Zahl der Behandlungsfälle und eine Zuordnung der verordneten Leistungen zum Datum der Behandlung zu übermitteln. Die §§ 296 und 297 gelten entsprechend.

(2) Die Wirtschaftlichkeit der Versorgung wird von der Prüfungsstelle nach § 106c geprüft durch

1.
arztbezogene Prüfungen ärztlicher Leistungen nach § 106a,
2.
arztbezogene Prüfungen ärztlich verordneter Leistungen nach § 106b.
Die Prüfungen werden auf der Grundlage der Daten durchgeführt, die der Prüfungsstelle nach § 106c gemäß § 296 Absatz 1, 2 und 4 sowie § 297 Absatz 2 übermittelt werden. Hat die Prüfungsstelle Zweifel an der Richtigkeit der übermittelten Daten, ermittelt sie die Datengrundlagen für die Prüfung aus einer Stichprobe der abgerechneten Behandlungsfälle des Arztes und rechnet die so ermittelten Teildaten nach einem statistisch zulässigen Verfahren auf die Grundgesamtheit der Arztpraxis hoch.

(3) Die Prüfungsstelle nach § 106c bereitet die für die Prüfungen nach Absatz 2 erforderlichen Daten und sonstigen Unterlagen auf, trifft Feststellungen zu den für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit wesentlichen Sachverhalten und entscheidet unter Beachtung der Vereinbarungen nach den §§ 106a und 106b, ob der Vertragsarzt, der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat und welche Maßnahmen zu treffen sind. Eine Maßnahme kann insbesondere auch die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung sein. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung auf Grund einer Wirtschaftlichkeitsprüfung, die von Amts wegen durchzuführen ist, muss für ärztliche Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab Erlass des Honorarbescheides und für ärztlich verordnete Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, erfolgen; § 45 Absatz 2 des Ersten Buches gilt entsprechend. Für Wirtschaftlichkeitsprüfungen, die auf Grund eines Antrags erfolgen, ist der Antrag für die Prüfung ärztlicher Leistungen spätestens 18 Monate nach Erlass des Honorarbescheides und für die Prüfung ärztlich verordneter Leistungen spätestens 18 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, bei der Prüfungsstelle nach § 106c einzureichen. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung muss innerhalb weiterer zwölf Monate nach Ablauf der in Satz 4 genannten Frist erfolgen; die Regelung des § 45 Absatz 2 des Ersten Buches findet keine entsprechende Anwendung. Gezielte Beratungen sollen weiteren Maßnahmen in der Regel vorangehen. Die Prüfungsstelle berät die Vertragsärzte auf der Grundlage von Übersichten über die von ihnen im Zeitraum eines Jahres oder in einem kürzeren Zeitraum erbrachten, verordneten oder veranlassten Leistungen über Fragen der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Versorgung.

(4) Werden Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassenverbände und Kassenärztlichen Vereinigungen für eine ordnungsgemäße Umsetzung. Können Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt werden, weil die erforderlichen Daten nach den §§ 296 und 297 nicht oder nicht im vorgesehenen Umfang oder nicht fristgerecht übermittelt worden sind, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassen oder der Kassenärztlichen Vereinigungen. Die zuständige Aufsichtsbehörde hat nach Anhörung der Vorstandsmitglieder und der jeweils entsandten Vertreter im Ausschuss den Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung das Regressverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten auch für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der im Krankenhaus erbrachten ambulanten ärztlichen und belegärztlichen Leistungen.

Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 40 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Satz 1 gilt nicht, wenn die erforderliche Anhörung unterblieben oder nicht wirksam nachgeholt ist.

(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist.

(2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 ist ein Verwaltungsakt nichtig,

1.
der schriftlich oder elektronisch erlassen worden ist, die erlassende Behörde aber nicht erkennen lässt,
2.
der nach einer Rechtsvorschrift nur durch die Aushändigung einer Urkunde erlassen werden kann, aber dieser Form nicht genügt,
3.
den aus tatsächlichen Gründen niemand ausführen kann,
4.
der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht,
5.
der gegen die guten Sitten verstößt.

(3) Ein Verwaltungsakt ist nicht schon deshalb nichtig, weil

1.
Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht eingehalten worden sind,
2.
eine nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 6 ausgeschlossene Person mitgewirkt hat,
3.
ein durch Rechtsvorschrift zur Mitwirkung berufener Ausschuss den für den Erlass des Verwaltungsaktes vorgeschriebenen Beschluss nicht gefasst hat oder nicht beschlussfähig war,
4.
die nach einer Rechtsvorschrift erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde unterblieben ist.

(4) Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Verwaltungsaktes, ist er im Ganzen nichtig, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Behörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte.

(5) Die Behörde kann die Nichtigkeit jederzeit von Amts wegen feststellen; auf Antrag ist sie festzustellen, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse hat.

(1) Die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen überwachen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich und die Kassenärztlichen Vereinigungen vereinbaren Inhalt und Durchführung der Beratungen und Prüfungen nach Absatz 2 sowie die Voraussetzungen für Einzelfallprüfungen. Die Vertragspartner können die Prüfungsstelle mit der Prüfung ärztlich verordneter Leistungen in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung beauftragen und tragen die Kosten. Die Krankenkassen übermitteln der Prüfungsstelle die Daten der in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung verordneten Leistungen; dabei sind zusätzlich die Zahl der Behandlungsfälle und eine Zuordnung der verordneten Leistungen zum Datum der Behandlung zu übermitteln. Die §§ 296 und 297 gelten entsprechend.

(2) Die Wirtschaftlichkeit der Versorgung wird von der Prüfungsstelle nach § 106c geprüft durch

1.
arztbezogene Prüfungen ärztlicher Leistungen nach § 106a,
2.
arztbezogene Prüfungen ärztlich verordneter Leistungen nach § 106b.
Die Prüfungen werden auf der Grundlage der Daten durchgeführt, die der Prüfungsstelle nach § 106c gemäß § 296 Absatz 1, 2 und 4 sowie § 297 Absatz 2 übermittelt werden. Hat die Prüfungsstelle Zweifel an der Richtigkeit der übermittelten Daten, ermittelt sie die Datengrundlagen für die Prüfung aus einer Stichprobe der abgerechneten Behandlungsfälle des Arztes und rechnet die so ermittelten Teildaten nach einem statistisch zulässigen Verfahren auf die Grundgesamtheit der Arztpraxis hoch.

(3) Die Prüfungsstelle nach § 106c bereitet die für die Prüfungen nach Absatz 2 erforderlichen Daten und sonstigen Unterlagen auf, trifft Feststellungen zu den für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit wesentlichen Sachverhalten und entscheidet unter Beachtung der Vereinbarungen nach den §§ 106a und 106b, ob der Vertragsarzt, der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat und welche Maßnahmen zu treffen sind. Eine Maßnahme kann insbesondere auch die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung sein. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung auf Grund einer Wirtschaftlichkeitsprüfung, die von Amts wegen durchzuführen ist, muss für ärztliche Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab Erlass des Honorarbescheides und für ärztlich verordnete Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, erfolgen; § 45 Absatz 2 des Ersten Buches gilt entsprechend. Für Wirtschaftlichkeitsprüfungen, die auf Grund eines Antrags erfolgen, ist der Antrag für die Prüfung ärztlicher Leistungen spätestens 18 Monate nach Erlass des Honorarbescheides und für die Prüfung ärztlich verordneter Leistungen spätestens 18 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, bei der Prüfungsstelle nach § 106c einzureichen. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung muss innerhalb weiterer zwölf Monate nach Ablauf der in Satz 4 genannten Frist erfolgen; die Regelung des § 45 Absatz 2 des Ersten Buches findet keine entsprechende Anwendung. Gezielte Beratungen sollen weiteren Maßnahmen in der Regel vorangehen. Die Prüfungsstelle berät die Vertragsärzte auf der Grundlage von Übersichten über die von ihnen im Zeitraum eines Jahres oder in einem kürzeren Zeitraum erbrachten, verordneten oder veranlassten Leistungen über Fragen der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Versorgung.

(4) Werden Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassenverbände und Kassenärztlichen Vereinigungen für eine ordnungsgemäße Umsetzung. Können Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt werden, weil die erforderlichen Daten nach den §§ 296 und 297 nicht oder nicht im vorgesehenen Umfang oder nicht fristgerecht übermittelt worden sind, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassen oder der Kassenärztlichen Vereinigungen. Die zuständige Aufsichtsbehörde hat nach Anhörung der Vorstandsmitglieder und der jeweils entsandten Vertreter im Ausschuss den Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung das Regressverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten auch für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der im Krankenhaus erbrachten ambulanten ärztlichen und belegärztlichen Leistungen.

Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 40 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Satz 1 gilt nicht, wenn die erforderliche Anhörung unterblieben oder nicht wirksam nachgeholt ist.

(1) Die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen überwachen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich und die Kassenärztlichen Vereinigungen vereinbaren Inhalt und Durchführung der Beratungen und Prüfungen nach Absatz 2 sowie die Voraussetzungen für Einzelfallprüfungen. Die Vertragspartner können die Prüfungsstelle mit der Prüfung ärztlich verordneter Leistungen in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung beauftragen und tragen die Kosten. Die Krankenkassen übermitteln der Prüfungsstelle die Daten der in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung verordneten Leistungen; dabei sind zusätzlich die Zahl der Behandlungsfälle und eine Zuordnung der verordneten Leistungen zum Datum der Behandlung zu übermitteln. Die §§ 296 und 297 gelten entsprechend.

(2) Die Wirtschaftlichkeit der Versorgung wird von der Prüfungsstelle nach § 106c geprüft durch

1.
arztbezogene Prüfungen ärztlicher Leistungen nach § 106a,
2.
arztbezogene Prüfungen ärztlich verordneter Leistungen nach § 106b.
Die Prüfungen werden auf der Grundlage der Daten durchgeführt, die der Prüfungsstelle nach § 106c gemäß § 296 Absatz 1, 2 und 4 sowie § 297 Absatz 2 übermittelt werden. Hat die Prüfungsstelle Zweifel an der Richtigkeit der übermittelten Daten, ermittelt sie die Datengrundlagen für die Prüfung aus einer Stichprobe der abgerechneten Behandlungsfälle des Arztes und rechnet die so ermittelten Teildaten nach einem statistisch zulässigen Verfahren auf die Grundgesamtheit der Arztpraxis hoch.

(3) Die Prüfungsstelle nach § 106c bereitet die für die Prüfungen nach Absatz 2 erforderlichen Daten und sonstigen Unterlagen auf, trifft Feststellungen zu den für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit wesentlichen Sachverhalten und entscheidet unter Beachtung der Vereinbarungen nach den §§ 106a und 106b, ob der Vertragsarzt, der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat und welche Maßnahmen zu treffen sind. Eine Maßnahme kann insbesondere auch die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung sein. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung auf Grund einer Wirtschaftlichkeitsprüfung, die von Amts wegen durchzuführen ist, muss für ärztliche Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab Erlass des Honorarbescheides und für ärztlich verordnete Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, erfolgen; § 45 Absatz 2 des Ersten Buches gilt entsprechend. Für Wirtschaftlichkeitsprüfungen, die auf Grund eines Antrags erfolgen, ist der Antrag für die Prüfung ärztlicher Leistungen spätestens 18 Monate nach Erlass des Honorarbescheides und für die Prüfung ärztlich verordneter Leistungen spätestens 18 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, bei der Prüfungsstelle nach § 106c einzureichen. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung muss innerhalb weiterer zwölf Monate nach Ablauf der in Satz 4 genannten Frist erfolgen; die Regelung des § 45 Absatz 2 des Ersten Buches findet keine entsprechende Anwendung. Gezielte Beratungen sollen weiteren Maßnahmen in der Regel vorangehen. Die Prüfungsstelle berät die Vertragsärzte auf der Grundlage von Übersichten über die von ihnen im Zeitraum eines Jahres oder in einem kürzeren Zeitraum erbrachten, verordneten oder veranlassten Leistungen über Fragen der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Versorgung.

(4) Werden Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassenverbände und Kassenärztlichen Vereinigungen für eine ordnungsgemäße Umsetzung. Können Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt werden, weil die erforderlichen Daten nach den §§ 296 und 297 nicht oder nicht im vorgesehenen Umfang oder nicht fristgerecht übermittelt worden sind, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassen oder der Kassenärztlichen Vereinigungen. Die zuständige Aufsichtsbehörde hat nach Anhörung der Vorstandsmitglieder und der jeweils entsandten Vertreter im Ausschuss den Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung das Regressverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten auch für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der im Krankenhaus erbrachten ambulanten ärztlichen und belegärztlichen Leistungen.

Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 40 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Satz 1 gilt nicht, wenn die erforderliche Anhörung unterblieben oder nicht wirksam nachgeholt ist.

(1) Die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen überwachen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich und die Kassenärztlichen Vereinigungen vereinbaren Inhalt und Durchführung der Beratungen und Prüfungen nach Absatz 2 sowie die Voraussetzungen für Einzelfallprüfungen. Die Vertragspartner können die Prüfungsstelle mit der Prüfung ärztlich verordneter Leistungen in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung beauftragen und tragen die Kosten. Die Krankenkassen übermitteln der Prüfungsstelle die Daten der in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung verordneten Leistungen; dabei sind zusätzlich die Zahl der Behandlungsfälle und eine Zuordnung der verordneten Leistungen zum Datum der Behandlung zu übermitteln. Die §§ 296 und 297 gelten entsprechend.

(2) Die Wirtschaftlichkeit der Versorgung wird von der Prüfungsstelle nach § 106c geprüft durch

1.
arztbezogene Prüfungen ärztlicher Leistungen nach § 106a,
2.
arztbezogene Prüfungen ärztlich verordneter Leistungen nach § 106b.
Die Prüfungen werden auf der Grundlage der Daten durchgeführt, die der Prüfungsstelle nach § 106c gemäß § 296 Absatz 1, 2 und 4 sowie § 297 Absatz 2 übermittelt werden. Hat die Prüfungsstelle Zweifel an der Richtigkeit der übermittelten Daten, ermittelt sie die Datengrundlagen für die Prüfung aus einer Stichprobe der abgerechneten Behandlungsfälle des Arztes und rechnet die so ermittelten Teildaten nach einem statistisch zulässigen Verfahren auf die Grundgesamtheit der Arztpraxis hoch.

(3) Die Prüfungsstelle nach § 106c bereitet die für die Prüfungen nach Absatz 2 erforderlichen Daten und sonstigen Unterlagen auf, trifft Feststellungen zu den für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit wesentlichen Sachverhalten und entscheidet unter Beachtung der Vereinbarungen nach den §§ 106a und 106b, ob der Vertragsarzt, der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat und welche Maßnahmen zu treffen sind. Eine Maßnahme kann insbesondere auch die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung sein. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung auf Grund einer Wirtschaftlichkeitsprüfung, die von Amts wegen durchzuführen ist, muss für ärztliche Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab Erlass des Honorarbescheides und für ärztlich verordnete Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, erfolgen; § 45 Absatz 2 des Ersten Buches gilt entsprechend. Für Wirtschaftlichkeitsprüfungen, die auf Grund eines Antrags erfolgen, ist der Antrag für die Prüfung ärztlicher Leistungen spätestens 18 Monate nach Erlass des Honorarbescheides und für die Prüfung ärztlich verordneter Leistungen spätestens 18 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, bei der Prüfungsstelle nach § 106c einzureichen. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung muss innerhalb weiterer zwölf Monate nach Ablauf der in Satz 4 genannten Frist erfolgen; die Regelung des § 45 Absatz 2 des Ersten Buches findet keine entsprechende Anwendung. Gezielte Beratungen sollen weiteren Maßnahmen in der Regel vorangehen. Die Prüfungsstelle berät die Vertragsärzte auf der Grundlage von Übersichten über die von ihnen im Zeitraum eines Jahres oder in einem kürzeren Zeitraum erbrachten, verordneten oder veranlassten Leistungen über Fragen der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Versorgung.

(4) Werden Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassenverbände und Kassenärztlichen Vereinigungen für eine ordnungsgemäße Umsetzung. Können Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt werden, weil die erforderlichen Daten nach den §§ 296 und 297 nicht oder nicht im vorgesehenen Umfang oder nicht fristgerecht übermittelt worden sind, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassen oder der Kassenärztlichen Vereinigungen. Die zuständige Aufsichtsbehörde hat nach Anhörung der Vorstandsmitglieder und der jeweils entsandten Vertreter im Ausschuss den Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung das Regressverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten auch für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der im Krankenhaus erbrachten ambulanten ärztlichen und belegärztlichen Leistungen.

Tenor

Auf die Revisionen des Klägers und der Beigeladenen zu 7. wird das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 20. November 2013 aufgehoben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 3. April 2013 mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte bei seiner neuen Entscheidung die Rechtsauffassung des Senats zu berücksichtigen hat.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 6.

Tatbestand

1

Im Streit steht ein Regress wegen Überschreitung der Arzneimittelrichtgrößen.

2

Der Kläger nimmt seit 1980 als hausärztlich tätiger Facharzt für Innere Medizin an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Mit Bescheid vom 16.11.2011 setzte die Prüfungsstelle wegen Überschreitung der Arzneimittelrichtgrößen in den Quartalen I/2009 bis IV/2009 einen Regress in Höhe von 19 596,24 Euro fest. Mit Bescheid vom 10.5.2012 aus der Sitzung vom 27.3.2012 wies der beklagte Beschwerdeausschuss den Widerspruch des Klägers zurück. Das SG hat der Klage des Klägers stattgegeben und den Bescheid des Beklagten mit der Maßgabe aufgehoben, dass dem Kläger eine individuelle Beratung gemäß § 106 Abs 5e Satz 1 SGB V anzubieten sei(Urteil vom 3.4.2013). Auf die Berufung des Beklagten hat das LSG das Urteil des SG abgeändert und die Klage abgewiesen (Urteil vom 20.11.2013).

3

Zur Begründung hat es ausgeführt, § 106 Abs 5e SGB V entfalte im vorliegenden Fall keine Sperrwirkung. Dem Wortlaut des § 106 Abs 5e Satz 1 und Satz 2 SGB V in der Fassung des GKV-Versorgungsstrukturgesetzes (GKV-​VStG) sei nicht zu entnehmen, ob diese Regelung auf schon abgeschlossene Prüfzeiträume oder laufende Prüfverfahren anzuwenden sei; eine Übergangsregelung fehle. Der zeitliche Anwendungsbereich einer Regelung bestimme sich daher nach den allgemeinen für das intertemporale Recht geltenden Grundsätzen. Eine Regelung sei danach nur auf solche Sachverhalte anwendbar, die sich vollständig nach Inkrafttreten des neuen Rechts verwirklicht hätten. Mithin fänden in Bezug auf die Wirtschaftlichkeitsprüfung die Vorschriften Anwendung, die im jeweils geprüften Zeitraum gegolten hätten.

4

Der Gesetzgeber habe versucht, mit einer Ergänzung des § 106 Abs 5e SGB V um einen Satz 7 nachzubessern; Satz 7 gelte jedoch nur für Verfahren, in denen das Widerspruchsverfahren im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Regelung durch Verkündung im Bundesgesetzblatt am 26.10.2012 noch nicht abgeschlossen gewesen sei. Mit der Regelung habe klargestellt werden sollen, dass der in § 106 Abs 5e SGB V verankerte Grundsatz "Beratung vor Regress" auch für bei Inkrafttreten des § 106 Abs 5e SGB V zum 1.1.2012 noch nicht abgeschlossene Richtgrößenprüfungen gelte. Eine Klarstellung setze begrifflich voraus, dass bereits zuvor etwas geregelt gewesen sei, wenngleich missverständlich oder auslegungsbedürftig. Der Bezugspunkt der "Klarstellung", nämlich § 106 Abs 5e Satz 1 und Satz 2 SGB V in der Fassung des GKV-​VStG vom 1.1.2012, enthalte jedoch keine Rückwirkung. Die Regelung greife für Prüfquartale ab dem 1.1.2012 und nicht schon für solche aus 2009. Demzufolge fehle der vermeintlichen Klarstellung jede Grundlage; sie laufe leer. § 106 Abs 5e Satz 7 SGB V habe keinen klarstellenden, sondern einen konstitutiven Charakter.

5

Der Bescheid sei auch im Übrigen rechtmäßig. Weitere Praxisbesonderheiten seien nicht anzuerkennen. Es sei grundsätzlich Sache des geprüften Arztes, Praxisbesonderheiten darzulegen und nachzuweisen; ihn treffe die Darlegungslast. Dem Kläger habe bereits im Verwaltungsverfahren die Pflicht oblegen, dezidiert eine besondere Patientenstruktur darzulegen und ggf nachzuweisen. Sein pauschales Vorbringen gebe weder Erkenntnisse über den Schweregrad der Erkrankung der Patienten und damit die Erforderlichkeit einer medikamentösen Therapie noch über die Anzahl dieser Patienten und den damit verbundenen tatsächlichen Mehraufwand. Die beispielhafte Darlegung zu einzelnen Patienten genüge diesen Anforderungen nicht.

6

Mit ihren Revisionen rügen der Kläger sowie die zu 7. beigeladene Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) die Verletzung von Bundesrecht.

7

Der Kläger führt aus, das LSG gehe ohne Erwägungen zu den unterschiedlichen Grundsätzen intertemporalen Rechts und ohne Subsumtion unter die Voraussetzungen von der Anwendung des im Prüfungszeitraum geltenden Rechts aus. § 106 Abs 5e SGB V sei jedoch als formelle Verfahrensvoraussetzung einzuordnen mit der Folge, dass das Recht im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung gelte. Die Norm stelle keine materiell-rechtliche Vorgabe dar, da sie nicht die Anspruchsvoraussetzungen oder den -inhalt des Regressanspruchs regele, sondern vielmehr einen Verfahrensabschluss - allenfalls eine Rechtsfolge - festlege. Der rechtliche Gehalt des § 106 Abs 5e SGB V werde erst nach der materiellen Anspruchsprüfung relevant, wenn es um die Frage gehe, ob eine Beratung vorgeschaltet werden müsse oder direkt regressiert werden dürfe.

8

Unter Beachtung der Besonderheiten und des Ablaufs des Prüfverfahrens im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung sei es auch ansonsten richtig und sachgerecht, das Recht im Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens Anwendung finden zu lassen, wie dies das BSG mit Urteil vom 24.11.1993 (6 RKa 20/91 - SozR 3-2200 § 368n Nr 6) entschieden habe. Das Verfahren zur Feststellung der "Überschreitung" erstrecke sich über den geprüften Zeitraum hinweg bis in die Gegenwart des Verwaltungsverfahrens, weil erst in diesem die Möglichkeit bestehe, Praxisbesonderheiten geltend zu machen. Die Berücksichtigung von Praxisbesonderheiten sei nicht einem nachträglichen Erlöschensgrund für den Regressanspruch gleichzusetzen, sondern hindere bereits das Entstehen des Anspruchs.

9

Soweit das BSG regelmäßig auf den Verordnungszeitraum bzw den Zeitpunkt des geprüften Quartals abstelle, sei dies in dieser Allgemeinheit verfehlt. Solches sei aus rechtsstaatlichen Erwägungen dann angezeigt, wenn es um inhaltiche Vorgaben zur Verordnungstätigkeit gehe, die der Arzt im Vorfeld kennen müsse; alle anderen Regelungen im Bereich der Wirtschaftlichkeitsprüfung, deren rechtstechnischer Inhalt zur Steuerung des Verhaltens des Arztes bei vorheriger Kenntnis der Vorschrift nicht geeignet sei, könnten nicht als materielle Regelungen gelten, bei denen in jedem Fall das zum Prüfzeitraum geltende Recht Anwendung finden müsse.

10

Auch bei Anwendung des Geltungszeitraumprinzips müsse der Grundsatz "Beratung vor Regress" hier angewandt werden, weil die Rechtsentwicklung dafür spreche, die Rechtsänderung mit sofortiger Wirkung auf die laufenden Verfahren anzuwenden. Der Grundsatz "Beratung vor Regress" habe bereits zuvor gegolten, sei von den Prüfgremien jedoch häufig nicht beachtet bzw umgesetzt worden. Die Umwandlung einer Sollvorschrift in eine Mussvorschrift spreche dafür, dass der Gesetzgeber die Vorschrift mit dem Tag des Inkrafttretens habe angewandt wissen wollen. Schließlich lägen auch die Voraussetzungen einer Sofortwirkung der Rechtsänderung vor, da die Rechtsstellung des betroffenen Vertragsarztes durch § 106 Abs 5e SGB V verbessert werde ein etwaiges Vertrauen der Krankenkassen in den Fortbestand der Rechtslage nicht schutzwürdig sei.

11

Die vom Gesetzgeber durch Satz 7 aaO bezweckte Klarstellung laufe gerade nicht leer. Der Gesetzgeber habe ausweislich der Gesetzesmaterialien - im Sinne einer authentischen Auslegung - ausdrücklich betont, dass die Prüfgremien das zum Zeitpunkt ihrer abschließenden Entscheidung geltende Recht anzuwenden hätten; er selbst interpretiere damit seine Norm im Gefüge des intertemporalen Rechts. Eine echte Rückwirkung des § 106 Abs 5e Satz 7 SGB V liege nicht vor. Der dem Regress zugrunde liegende Sachverhalt sei erst mit Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides abgeschlossen, sodass in Fällen, in denen das Widerspruchsverfahren zwischen dem 1.1.2012 und dem 26.10.2012 abgeschlossen worden sei, nicht in einen bereits abgewickelten Sachverhalt eingegriffen werde. Die konkrete Erstattungspflicht entstehe erst mit der Entscheidung der Prüfungsstelle. Eine unzulässige Rückwirkung komme schon deswegen nicht in Betracht, weil der Grundsatz "Beratung vor Regress" die Rechtsposition der Vertragsärzte verbessere. Die Rechtsstellung der Krankenkassen sei nicht vor einer Änderung der Rechtslage geschützt, weil sie sich weder auf die Grundrechte noch auf den aus Art 20 Abs 3 GG abgeleiteten Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen könnten.

12

In der Sache habe das LSG zunächst nicht berücksichtigt, dass die Prüfgremien für die Jahre 2006 und 2007 bereits Praxisbesonderheiten - Mehrkosten für die Behandlung von Patienten mit der Indikation Heliobacter sowie für die Behandlung von Patienten mit psychischen Krankheitsbildern - anerkannt hätten. Da sich das Patientengut nicht verändert habe, hätte es sich dem LSG nahezu aufdrängen müssen, über eine Selbstbindung der Prüfgremien gemäß Art 3 GG nachzudenken. Zumindest müsse den Vorentscheidungen Indizwirkung zugebilligt werden.

13

Das LSG habe zudem zu Unrecht das Vorliegen von Praxisbesonderheiten verneint. Anhand bestimmter nach der Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (engl: International Classification of Diseases and Related Health Problems ) verschlüsselter Diagnosen ließen sich Patienten und Namen herausfiltern und hieraus errechnen, welchen Anteil Patienten mit einer bestimmten Gesundheitsstörung oder mit einer Kumulation bestimmter Gesundheitsstörungen eine Praxis - auch im Vergleich zur Fachgruppe - aufweise. Anhand dieser Zahlen habe er - der Kläger - bereits im Verwaltungsverfahren dargelegt, dass er mehr Patienten mit bestimmten Gesundheitsstörungen (Gastroösophageale Refluxkrankheit , depressive Episode und nicht primär insulinabhängiger Diabetes ) behandeln müsse als der Fachgruppendurchschnitt. Er habe auch angegeben, welche Medikamente benötigt worden seien; anstelle des Präparatenamens habe er dabei mit der Anatomisch-Therapeutisch-Chemischen-Klassifikation gearbeitet. Zudem habe er den Kausalzusammenhang dargestellt sowie die Mehrkosten beziffert.

14

Damit der "Amtsermittlungsgrundsatz" nicht leer laufe, sei die Mitwirkungspflicht auf solche Tatsachen beschränkt, die der Beweisbelastete auch beibringen könne. Wenn sich aus der Zusammenschau der vom Arzt vorgelegten Informationen zweifelsfrei ergebe, dass dieser denknotwendigerweise höhere Verordnungskosten als der Durchschnitt seiner Fachgruppe haben müsse, dann sei die Grenze des Möglichen für den Arzt erreicht. Es obliege dann den Prüfgremien, Praxisbesonderheiten, die aus Verordnungsdaten oder der Honorarabrechnung unmittelbar erkennbar seien, von Amts wegen weiter nachzugehen.

15

Bei Betrachtung des Gesamtablaufs der in den Jahren 2006 bis 2011 durchgeführten Prüfungen erweise sich das Vorgehen des Beklagten als willkürlich, weil sich weder das Verordnungsverhalten noch der anwaltliche Vortrag geändert habe, während der Beklagte vormalig als substantiiert anerkannten Vortrag in den Folgejahren als unsubstantiiert zurückgewiesen habe, andererseits vormals als unsubstantiiert gewerteter Vortrag in den Folgejahren als substantiiert angesehen werde. Gründe für seinen Sinneswandel habe der Beklagte nicht angegeben. Soweit der Beklagte auf ein Umdenken bezüglich der Verordnung von Protonenpumpeninhibitoren (PPI) verweise, wäre diese Abkehr von einer zuvor anerkannten rechtlichen Bewertung nur bei entsprechender Begründung bzw Änderung der Rechtslage möglich; an diesen Voraussetzungen fehle es.

16

Zudem verletze das LSG sein Recht auf effektiven Rechtsschutz aus Art 19 Abs 4 GG, indem es die Entscheidung des Beklagten, keine weiteren Praxisbesonderheiten anzuerkennen, nur eingeschränkt auf ihre Rechtmäßigkeit überprüfe. Es fehle an einem tragfähigen Sachgrund für das beanspruchte behördliche Letztentscheidungsrecht, denn es sei nicht ersichtlich, welche Informationen den Prüfgremien zur Verfügung stehen sollten, die die Gerichte im Rahmen einer Kontrolle nicht zur Entscheidung heranziehen und auch inhaltlich beurteilen könnten. Schließlich verstoße die Richtgrößenbildung gegen höherrangiges Recht, weil die Richtgrößen seit 2002 nach altersgemäß gegliederten Patientengruppen bestimmt werden sollten; die Untergliederung allein nach Mitgliedern/Familienversicherten und Rentnern genüge den gesetzlichen Vorgaben nicht.

17

Die Beigeladene zu 7. schließt sich den Ausführungen des Klägers an. Der Grundsatz "Beratung vor Regress" finde auch auf Verfahren Anwendung, in denen der Widerspruchsbescheid zwischen dem 1.1.2012 und dem 26.10.2012 ergangen sei. Der Wortlaut des § 106 Abs 5e Satz 7 SGB V sei klar und eindeutig und regele den zeitlichen Geltungs- und Anwendungsbereich des § 106 Abs 5e SGB V ausdrücklich. Auch die Ausführungen in den Gesetzesmaterialien seien unmissverständlich in dem Sinne, dass der Grundsatz "Beratung vor Regress" ab dem 1.1.2012 für alle laufenden Verfahren gelte.

18

Der Kläger und die Beigeladene zu 7. beantragen,
das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 20.11.2013 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des SG Düsseldorf vom 3.4.2013 zurückzuweisen.

19

Der Beklagte beantragt,
die Revisionen zurückzuweisen.

20

§ 106 Abs 5e SGB V in der Fassung des GKV-VStG könne für Prüfzeiträume vor dem 1.1.2012 keine Geltung beanspruchen. § 106 Abs 5e Satz 1 SGB V stelle eine materielle Regelung dar, da es sich bei der Beratung nach § 106 Abs 1a iVm Abs 5a Satz 1 SGB V um eine Sanktion handele. Auch Systematik und Ablauf einer Wirtschaftlichkeitsprüfung begründeten eine Anwendbarkeit des § 106 Abs 5e SGB V ab dem 1.1.2012 nicht. Die Prüfung setze Maßstäbe und Konsequenzen voraus, an denen der Vertragsarzt seine ärztliche Tätigkeit ausrichten könne und auszurichten habe. Die Beurteilung setze demzufolge auf der zeitgleichen Geltung von Prüfkriterien und Verhalten auf. Dass die Beurteilung von Praxisbesonderheiten systematisch erst im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsprüfung erfolge, ändere nichts daran, dass der Erstattungsanspruch grundsätzlich retrospektiv auf der Grundlage der tatsächlichen Behandlungsverhältnisse im jeweiligen Prüfungszeitraum festgestellt werde. Die Neufassung des § 106 Abs 5e Satz 7 SGB V gelte nur für Verfahren, in denen das Widerspruchsverfahren zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Regelung noch nicht abgeschlossen gewesen sei. Es hätte einer konstitutiv rückwirkenden Regelung ab 1.1.2012 bedurft, um zwischen dem 1.1.2012 und dem 26.10.2012 abgeschlossene Verfahren zu erfassen; eine solche sei in der "Klarstellung zur Rechtslage" nicht zu sehen.

21

Auch in der Sache sei der angefochtene Bescheid rechtmäßig. Die Entscheidungen der Prüfgremien zu den Jahren 2006 bzw 2007 seien unter keinem Gesichtspunkt präjudiziell. Der für das Jahr 2006 geschlossene Vergleich sei durch Anerkennung der Mehrkosten für additive Schmerztherapie - darunter PPI - bestimmt gewesen; zu den PPI habe jedoch aufgrund von (negativen) Studien im Prüfjahr 2009 ein Umdenken stattgefunden. Die Richtgrößenvereinbarung (RGV) 2009 sehe eine ausreichende - wenn auch grobe - Altersgliederung vor; im Übrigen handele es sich bei § 84 Abs 6 Satz 2 SGB V um eine Sollregelung. Entscheidend sei, dass das von den Vertragsparteien vereinbarte Prüfungskonzept insgesamt eine schlüssige Aussage zur Wirtschaftlichkeit bei Überprüfung anhand der Richtgrößensumme erlaube.

22

Die Beigeladenen zu 1. bis 6. haben sich weder geäußert noch Anträge gestellt.

Entscheidungsgründe

23

Die Revisionen des Klägers und der beigeladenen KÄV sind begründet. Das LSG hat der Berufung des Beklagten zu Unrecht stattgegeben. Der Beklagte muss - wie das SG im Ergebnis richtig gesehen hat - über den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid der Prüfungsstelle vom 16.11.2011 erneut entscheiden.

24

Zu Recht hat das LSG angenommen, dass der in § 106 Abs 5e SGB V geregelte Vorrang der Beratung der Regressfestsetzung nicht entgegensteht: Diese Regelung findet auf den angefochtenen Bescheid noch keine Anwendung, da das Verwaltungsverfahren vor Inkrafttreten des die rückwirkende Geltung der Norm anordnenden § 106 Abs 5e Satz 7 SGB V abgeschlossen war. Der Bescheid des Beklagten ist jedoch nicht rechtmäßig, soweit er sich mit den vom Kläger geltend gemachten Besonderheiten seiner gastroenterologischen Praxisausrichtung auseinandersetzt.

25

1. Rechtsgrundlage der Festsetzung eines Regresses ist § 106 Abs 5a Satz 3 SGB V(in der ab dem 1.1.2004 geltenden und seither - nahezu - unveränderten Fassung des GKV-Modernisierungsgesetzes vom 14.11.2003, BGBl I 2190). Danach hat der Vertragsarzt bei einer Überschreitung des Richtgrößenvolumens (RGVol) um mehr als 25 vH nach Feststellung durch den Prüfungsausschuss (ab 1.1.2008: die Prüfungsstelle) den sich daraus ergebenden Mehraufwand den Krankenkassen zu erstatten, soweit dieser nicht durch Praxisbesonderheiten begründet ist.

26

2. Entgegen der Auffassung des Klägers ist der angefochtene Bescheid des Beklagten nicht bereits deswegen rechtswidrig, weil gemäß § 106 Abs 5e Satz 1 SGB V anstelle eines Regresses lediglich eine individuelle Beratung hätte festgesetzt werden dürfen.

27

a. Zwar bestimmt § 106 Abs 5e SGB V(in der Fassung des Art 1 Nr 38 Buchst d GKV-VStG vom 22.12.2011 , gemäß Art 15 Abs 1 GKV-VStG am 1.1.2012 in Kraft getreten), dass abweichend von § 106 Abs 5a Satz 3 SGB V bei einer erstmaligen Überschreitung des RGVol um mehr als 25 vH eine individuelle Beratung nach § 106 Abs 5a Satz 1 SGB V erfolgt(Satz 1 aaO). Der hierdurch vorgegebene Vorrang der individuellen Beratung vor einer Regressfestsetzung ("Beratung vor Regress") findet im zu beurteilenden Prüfverfahren jedoch (noch) keine Anwendung. Dies gilt ungeachtet des Umstandes, dass § 106 Abs 5e SGB V nach seinem Satz 7 auch für (Prüf-)Verfahren gilt, die am 31.12.2011 noch nicht abgeschlossen waren. Diese Geltungsanordnung wurde erst mit Wirkung zum 26.10.2012 eingefügt (durch Art 12b Nr 3 des Zweiten Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 19.10.2012, BGBl I 2192, 2226) und betrifft somit nur Entscheidungen der Beschwerdeausschüsse, die nach dem 25.10.2012 ergangen sind. Hierfür sind folgende Gesichtspunkte maßgebend:

28

§ 106 Abs 5e SGB V in der vom 1.1.2012 bis zum 25.10.2012 geltenden Fassung war nur für Prüfverfahren maßgeblich, die Prüfzeiträume nach dem Inkrafttreten der Norm betrafen, weil nach der Rechtsprechung des Senats grundsätzlich das im Prüfungszeitraum geltende Recht maßgeblich ist (aa.). Etwas anderes gilt nur, wenn es ausdrücklich angeordnet ist; derartiges war § 106 Abs 5e SGB V in der bis zum 25.10.2012 geltenden Fassung nicht zu entnehmen (bb.). Eine solche ausdrückliche Geltungsanordnung in Bezug auf zurückliegende Prüfzeiträume enthält (erst) der nachträglich (durch Art 12b Nr 3 des Zweiten Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 19.10.2012, BGBl I 2192, 2226) angefügte und gemäß Art 15 Abs 1 des Gesetzes am 26.10.2012 in Kraft getretene § 106 Abs 5e Satz 7 SGB V; dieser bestimmt, dass Abs 5e aaO auch für Verfahren gilt, die am 31.12.2011 noch nicht abgeschlossen waren (cc.). Dem Ergebnis, dass erst Satz 7 aaO eine Rückbezüglichkeit der Regelungen des § 106 Abs 5e SGB V bewirkt hat, stehen auch die Grundsätze des intertemporalen Rechts nicht entgegen(dd.). § 106 Abs 5e Satz 7 SGB V war allerdings zum Zeitpunkt der Entscheidung des Beklagten noch nicht in Kraft getreten und daher noch nicht zu beachten(ee.).

29

aa. Für die rechtliche Beurteilung, welche Rechtsfolgen sich aus einer Überschreitung des RGVol um mehr als 25 vH ergeben, ist grundsätzlich das im jeweiligen Prüfungszeitraum geltende Recht maßgeblich; bis zum Inkrafttreten des § 106 Abs 5e Satz 7 SGB V galt dies auch für die Anwendung des § 106 Abs 5e SGB V.

30

(1) Die Rechtmäßigkeit von Regressfestsetzungen und anderen Maßnahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung beurteilt sich nach ständiger Rechtsprechung des Senats nach dem im jeweiligen Prüfungszeitraum geltenden Recht. Danach sind für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Verordnungs- oder Behandlungsweise in Prüfzeiträumen, die vor Inkrafttreten einer Gesetzesänderung abgeschlossen waren, die zum früheren Zeitpunkt geltenden Rechtsvorschriften maßgeblich, wenn diese ohne Übergangsbestimmungen in Kraft getreten sind (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 18 RdNr 15). Jedenfalls soweit es die materiell-rechtlichen Vorgaben der Wirtschaftlichkeitsprüfung betrifft, es also um die Frage geht, nach welchen Grundsätzen diese Prüfung stattfindet und was ihr Gegenstand ist, richtet sich dies nach den Vorschriften, die im jeweils geprüften Zeitraum gegolten haben (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 18 RdNr 16). Etwas anderes kommt nur dann in Betracht, wenn es gesetzlich ausdrücklich angeordnet ist.

31

Auf diese Entscheidung hat der Senat nachfolgend Bezug genommen und - konkret auf § 106 Abs 5e SGB V bezogen - ausgeführt, dass diese Vorschrift nur für Prüfverfahren gilt, die Zeiträume nach ihrem Inkrafttreten betreffen(BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 36 RdNr 12). Zu ergänzen ist, dass der Senat in zahlreichen Entscheidungen zu § 106 SGB V auf das für den jeweiligen Prüfzeitraum maßgebliche Recht abgestellt hat, auch ohne dies näher zu begründen(vgl aus jüngerer Zeit zB BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 30 RdNr 10; BSGE 113, 123 = SozR 4-2500 § 106 Nr 40, RdNr 15; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 41 RdNr 12).

32

(2) Etwas anderes gilt nach der Senatsrechtsprechung lediglich dann, wenn es um die Gestaltung des Prüfverfahrens als solches geht, etwa wenn der Normgeber ohne Erlass von Übergangsbestimmungen die Vorschriften über die Zusammensetzung der für die Wirtschaftlichkeitsprüfung zuständigen Verwaltungsstelle (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 18 RdNr 15 unter Bezugnahme auf BSGE 92, 283 = SozR 4-2500 § 106 Nr 5, jeweils RdNr 9) oder andere Vorschriften über das formelle Verfahren ändert. Dies betrifft etwa Regelungen über die Zuständigkeit, die Besetzung von Verwaltungsstellen, das Verfahren bzw die Form von Entscheidungen. Verfahrensvorschriften werden nach allgemeinen Grundsätzen mit ihrem Inkrafttreten unmittelbar wirksam (BSGE 92, 283 = SozR 4-2500 § 106 Nr 5, jeweils RdNr 9).

33

Bei der in § 106 Abs 5e Satz 1 SGB V normierten Suspendierung von Regressen, denen keine Beratung vorangegangen ist, handelt es sich jedoch nicht um derartige Verfahrensvorschriften. Vielmehr betrifft die Regelung die Durchführung des Prüfverfahrens als solches und damit materielles Recht (so auch Scholz in Becker/Kingreen, SGB V, 4. Aufl 2014, § 106 RdNr 33; zur Annahme einer materiell-rechtlichen Regelung neigt auch Weinrich, GesR 2014, 390, 394; vgl auch Clemens in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 106 RdNr 238): Der Grundsatz "Beratung vor Regress" lässt sich den in der (zitierten) Senatsrechtsprechung angesprochenen "Grundsätzen" zuordnen, "nach welchen ... diese Prüfung stattfindet". Das ergibt sich schon daraus, dass die "Beratung" nach Überschreitung des RGVol eine Maßnahme der Wirtschaftlichkeitsprüfung darstellt, die der Arzt gerichtlich überprüfen lassen kann (siehe hierzu BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 41 RdNr 10 f), die also ersichtlich nicht nur verfahrenstechnische Bedeutung hat. Unabhängig davon, ob man § 106 Abs 5e Satz 1 SGB V als Regelung der Voraussetzungen für die Festsetzung von Regressen versteht (nur bei mehrmaliger Überschreitung zulässig) oder als Regelung der Voraussetzungen für die Durchführung einer Beratung (nur bei erstmaliger Überschreitung), bestimmt die Norm die Voraussetzungen, unter denen eine Maßnahme der Wirtschaftlichkeitsprüfung erfolgen kann bzw muss. Versteht man § 106 Abs 5e Satz 1 SGB V hingegen allein als Regelung einer Rechtsfolge, indem vorgegeben wird, dass unter bestimmten Voraussetzungen die Rechtsfolge "Regressfestsetzung" durch die Rechtsfolge "Beratung" ersetzt wird, ändert sich nichts: Die Rechtsfolge ist - quasi als "Kehrseite" der Tatbestandsvoraussetzungen - Teil des materiellen Rechts.

34

(3) Der Maßgeblichkeit des im Prüfungszeitrum geltenden Rechts steht auch nicht entgegen, dass üblicherweise bei einer Anfechtungsklage als maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung ihrer Begründetheit die Sach- und Rechtslage bei Erlass des Verwaltungsaktes bzw des Widerspruchsbescheides angenommen wird (vgl die Nachweise bei Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 54 RdNr 33). Zunächst ist dem geltenden Recht kein "allgemeiner Grundsatz" zu entnehmen, wonach für die Beurteilung von Anfechtungsklagen (zwingend) die zum Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung geltende Rechtslage maßgeblich ist (so schon BSG SozR 3-4100 § 152 Nr 7 S 17). Der Rückgriff auf die Klageart zur Bestimmung des anzuwendenden Rechts entspricht lediglich einer "Faustregel" mit praktisch einleuchtenden Ergebnissen (BSG SozR 3-4100 § 152 Nr 7 S 17; BSG SozR 4-4300 § 335 Nr 1 RdNr 12 mwN; in diesem Sinne auch BSG SozR 4-1500 § 54 Nr 1 RdNr 5 = Juris RdNr 10).

35

Zudem kommt für die materiell-rechtlichen Regelungen der Wirtschaftlichkeitsprüfung der Zeitpunkt der (letzten) Verwaltungsentscheidung als maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtslage schon aus Sachgründen nicht in Betracht. Bei den im Falle eines Verstoßes gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verhängten Prüfmaßnahmen handelt es sich um Reaktionen auf ein nicht den gesetzlichen (konkret den § 12 Abs 1, § 70 Abs 1 Satz 2, § 72 Abs 2 SGB V)und den vertraglichen Anforderungen entsprechendes Verhalten des Arztes. Daher muss der Vertragsarzt bereits zu Beginn des jeweiligen Prüfzeitraums erkennen können, welche Regelungen für ihn insoweit maßgeblich sind, da er nur so sein Verhalten darauf einstellen kann. Es liegt auf der Hand, dass das Behandlungs- oder Verordnungsverhalten eines Arztes nicht nach Maßstäben beurteilt werden kann, die erst im Laufe des Verwaltungsverfahrens in Kraft getreten sind, bei Vornahme der - den Gegenstand der Prüfung bildenden - Verordnungen aber noch nicht galten. Soweit der Senat in einer Entscheidung vom 24.11.1993 für die rechtliche Beurteilung einer auf die Behandlungsweise bezogenen Wirtschaftlichkeitsprüfung auf den Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung abgestellt hat (siehe BSG SozR 3-2200 § 368n Nr 6 S 13 f), hält er hieran nicht mehr fest.

36

bb. Nach der Rechtsprechung des Senats wie auch nach den Grundsätzen des intertemporalen Rechts (siehe 2.b.dd) kommt die Anwendung anderer Vorschriften als derjenigen, die im Prüfungszeitraum gegolten haben, nur dann in Betracht, wenn dies gesetzlich ausdrücklich angeordnet ist (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 18 RdNr 16). Dass § 106 Abs 5e SGB V in der bis zum 25.10.2012 geltenden Fassung auch für Prüfverfahren Geltung besitzen sollte, die vor dem Inkrafttreten der Norm am 1.1.2012 liegende Prüfzeiträume betreffen, ist jedoch weder der Norm selbst noch den Gesetzesmaterialien zu entnehmen. Das Gesetz enthält insoweit keinerlei Regelungen, die die Anwendung der Norm auf in der Vergangenheit liegende Sachverhalte anordnen; auch der Gesetzesbegründung zum GKV-VStG lässt sich kein dahingehender Wille des Gesetzgebers entnehmen, dass das neue Recht mit sofortiger Wirkung auf alle noch "offenen" Prüfverfahren Anwendung finden sollte, da sie sich hierzu überhaupt nicht verhält. Die im Zusammenhang mit der nachträglichen Einfügung des § 106 Abs 5e Satz 7 SGB V geäußerte gegenteilige Auffassung des Gesetzgebers ("Klarstellung") vermag hieran nichts zu ändern(siehe hierzu <2.b.cc.(1)>).

37

cc. Eine gesetzliche Anordnung des Inhalts, dass der Beratungsvorrang auch auf Prüfverfahren Anwendung finden soll, die bereits abgeschlossene Prüfzeiträume betreffen, enthält erst der am 26.10.2012 in Kraft getretene § 106 Abs 5e Satz 7 SGB V. Dieser bestimmt, dass der in § 106 Abs 5e SGB V geregelte Vorrang einer individuellen Beratung vor einer Regressfestsetzung für alle Verfahren der Richtgrößenprüfung gilt, die nicht bis zum 31.12.2011 durch einen Bescheid des Beschwerdeausschusses abgeschlossen waren (zur Verneinung einer verfassungswidrigen Rückwirkung zu Lasten der Krankenkassen siehe das Urteil vom heutigen Tag - B 6 KA 3/14 R - RdNr 23 ff).

38

(1) § 106 Abs 5e Satz 7 SGB V enthält allerdings keine bloße Klarstellung, sondern eine Änderung der Rechtslage in Form einer ausdrücklichen - konstitutiven - gesetzlichen Geltungsanordnung(in diesem Sinne bereits Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, K § 106 RdNr 218b; siehe auch SG Marburg Beschluss vom 16.12.2013 - S 12 KA 565/13 ER - Juris RdNr 18: "rückwirkend … in Kraft gesetzt …"; zweifelnd auch BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 36 RdNr 12: "(unterstellt) klarstellende Neuregelung"; aA Weinrich, GesR 2014, 390, 394; Christophers, ZMGR 2014, 11, 13). Zwar heißt es in der Satz 7 aaO betreffenden Gesetzesbegründung (Ausschussbericht zum Gesetz vom 19.10.2012, BT-​Drucks 17/10156, S 95): "Klarstellung zur Rechtslage. Der Grundsatz 'Beratung vor Regress' gilt ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des GKV-​VStG am 1. Januar 2012 für alle laufenden und nachfolgenden Verfahren der Prüfgremien - auch soweit sie zurückliegende Prüfzeiträume betreffen." Diese Annahme geht jedoch fehl.

39

Eine Klarstellung setzt voraus, dass etwas dem Grunde nach bereits angelegt ist und nur vorsorglich noch einmal verdeutlicht werden soll, dass dies so ist. Dies ist in Bezug auf die in Satz 7 aaO getroffene Regelung, dass § 106 Abs 5e SGB V auch für Verfahren gilt, die am 31.12.2011 noch nicht abgeschlossen waren, jedoch nicht der Fall. § 106 Abs 5e SGB V fand - vor Einfügung des Satzes 7 aaO als einer ausdrücklichen Geltungsanordnung - gerade keine Anwendung auf Verfahren, welche vor dem 1.1.2012 liegende Prüfzeiträume betreffen, weil nach der Rechtsprechung des Senats für Wirtschaftlichkeitsprüfungen das im jeweiligen Prüfzeitraum geltende Recht maßgeblich ist und § 106 Abs 5e SGB V in der bis zum 25.10.2012 geltenden Fassung keinerlei Anhaltspunkte für eine rückbezügliche Wirkung der Norm enthielt.

40

Die Auffassung des Gesetzgebers, eine Vorschrift habe lediglich klarstellenden Charakter, ist für die Gerichte nicht verbindlich (BVerfG Beschluss vom 17.12.2013 - 1 BvL 5/08 - RdNr 47 = BGBl I 2014, 255, unter Hinweis auf BVerfGE 126, 369, 392). Sie schränkt weder die Kontrollrechte und -pflichten der Fachgerichte und des BVerfG ein noch relativiert sie die für sie maßgeblichen verfassungsrechtlichen Maßstäbe, denn zur verbindlichen Auslegung einer Norm ist letztlich allein die rechtsprechende Gewalt berufen (BVerfGE 126, 369, 392; BVerfGE 131, 20, 37). Eine vom Gesetzgeber beanspruchte Befugnis zur "authentischen" Interpretation wird daher von der Verfassungsgerichtsbarkeit nicht anerkannt (vgl BVerfGE 65, 196, 215; BVerfGE 111, 54, 107; BVerfGE 126, 369, 392; BVerfGE 131, 20, 37; BVerfG Beschluss vom 17.12.2013, aaO, RdNr 48). Dies gilt auch für die Frage, ob eine Regelung konstitutiv ist oder nur klarstellt, was nach Ansicht des Gesetzgebers ohnedies gegolten hat (BVerfGE 126, 369, 392). Dabei genügt für die Beantwortung der Frage, ob eine rückwirkende Regelung konstitutiven Charakter hat, die Feststellung, dass die geänderte Norm von den Gerichten nach den anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung in einem Sinn ausgelegt werden konnte und ausgelegt worden ist, die mit der Neuregelung ausgeschlossen werden soll (BVerfGE 131, 20, 37 f; BVerfG Beschluss vom 17.12.2013 - 1 BvL 5/08 - RdNr 52, 55 f = BGBl I 2014, 255). Dies ist vorliegend der Fall.

41

(2) Regelungsinhalt des § 106 Abs 5e Satz 7 SGB V ist es, anzuordnen, dass die in den vorangehenden Sätzen des Abs 5e aaO enthaltenen Regelungen auch für (Prüf-)Verfahren gelten, die am 31.12.2011 noch nicht abgeschlossen waren. Unter "Verfahren" iS des § 106 Abs 5e Satz 7 SGB V ist das Verwaltungsverfahren zu verstehen. Zwar ließe der Gesetzeswortlaut eine Auslegung dahingehend zu, dass Verfahren jeder Art - dh sowohl das Verwaltungsverfahren als auch das Gerichtsverfahren - erfasst werden sollen. Jedoch ergibt sich aus dem Regelungszusammenhang in Verbindung mit der Gesetzesbegründung, dass die Geltungsanordnung nicht bereits bei Gericht anhängige Verfahren erfassen soll (ebenso LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 19.2.2013 - L 5 KA 222/13 ER-B - Juris RdNr 36; Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, K § 106 RdNr 218c; siehe auch Weinrich, GesR 2014, 390). Dass mit dem Begriff "Verfahren" iS des § 106 Abs 5e Satz 7 SGB V allein das Verwaltungsverfahren gemeint ist, folgt bereits daraus, dass sich die Regelung an die Prüfgremien - dh an die "Verwaltung" - richtet(Engelhard aaO). Zudem hat der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung (Ausschussbericht zum Gesetz vom 19.10.2012, BT-​Drucks 17/10156, S 95) verdeutlicht, dass die Neuregelung für ein bereits vor dem Inkrafttreten abgeschlossenes Widerspruchsverfahren nicht gilt, "auch wenn eine Klage gegen die Entscheidung des Beschwerdeausschusses noch anhängig ist".

42

Soweit der Gesetzgeber in diesem Zusammenhang darauf verwiesen hat, dass "insoweit" die allgemeinen verfahrensrechtlichen Grundsätze gelten, dürfte der Gesetzgeber den "Grundsatz" (bzw die "Faustregel") im Blick gehabt haben, dass der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung für die Beurteilung der Rechtslage maßgeblich ist; dies bestätigen die weiteren Ausführungen in der Gesetzesbegründung (aaO), dass die Prüfgremien "das zum Zeitpunkt ihrer abschließenden Entscheidung geltende Recht" anzuwenden hätten. Dies bestätigt ebenfalls die Annahme, dass mit "Verfahren" nur das Verwaltungsverfahren gemeint ist. Das Verwaltungsverfahren wiederum umfasst sowohl das Verfahren vor der Prüfungsstelle als auch das Verfahren vor dem Beschwerdeausschuss, da es sich bei dem Beschwerdeverfahren um ein eigenständiges und umfassendes Verwaltungsverfahren in einer zweiten Verwaltungsinstanz handelt (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 42 RdNr 22 mwN).

43

"Abgeschlossen" ist das Verfahren mit seiner "Beendigung", im verfahrensrechtlichen Sinne also - sofern es sich nicht anderweitig erledigt oder beendet wird - mit Erlass des Verwaltungsaktes (Vogelsang in Hauck/Noftz, SGB X, K § 8 RdNr 13 und § 18 RdNr 1), das Widerspruchsverfahren entsprechend mit Erlass des Widerspruchsbescheides. Darauf, ob das Verfahren "bestandskräftig" abgeschlossen ist, kommt es nicht an (so zutreffend Mutschler in Kasseler Komm, § 8 SGB X RdNr 11, unter Hinweis darauf, dass die Behörde nach dem Erlass des Verwaltungsaktes nichts mehr tun kann; ebenso Vogelsang in Hauck/Noftz, SGB X, K § 8 RdNr 13). Somit findet die Neuregelung dann keine Anwendung, wenn ein - verwaltungsverfahrensrechtlich vor dem in § 106 Abs 5e Satz 7 SGB V genannten Zeitpunkt abgeschlossenes - Verfahren durch gerichtliche Entscheidung zur erneuten Entscheidung an den Beschwerdeausschuss zurückverwiesen wird(Engelhard in Hauck/Noftz, SGB V, K § 106 RdNr 218d), da es allein darauf ankommt, ob das Widerspruchsverfahren bei Inkrafttreten der Neuregelung abgeschlossen war oder nicht.

44

dd. Eine Heranziehung der Grundsätze des intertemporalen Rechts führt entgegen der Auffassung des Klägers zu keiner anderen Beurteilung.

45

(1) Nach der Rechtsprechung des BSG gilt bei Rechtsänderungen grundsätzlich das Versicherungsfall- bzw Leistungsfallprinzip. Hiernach ist ein Rechtssatz nur auf solche Sachverhalte anwendbar, die nach seinem Inkrafttreten verwirklicht werden; spätere Änderungen eines Rechtssatzes sind danach für die Beurteilung von vor seinem Inkrafttreten entstandene Lebensverhältnisse unerheblich, es sei denn, dass das Gesetz seine zeitliche Geltung auf solche Verhältnisse erstreckt (vgl zB BSG Urteil vom 4.9.2013 - B 10 EG 11/12 R - Juris RdNr 42; zuletzt BSG Urteil vom 5.3.2014 - B 12 R 1/12 R - SozR 4-2400 § 26 Nr 3 RdNr 21). Dementsprechend geht das BSG in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass sich die Entstehung und der Fortbestand sozialrechtlicher Ansprüche bzw Rechtsverhältnisse grundsätzlich nach dem Recht beurteilen, das zur Zeit des Vorliegens der anspruchsbegründenden Ereignisse oder Umstände gegolten hat (vgl BSG SozR 4-4300 § 335 Nr 1 RdNr 13; BSG SozR 4-5910 § 111 BSHG Nr 1 RdNr 9; BSGE 111, 268 = SozR 4-2400 § 24 Nr 7, RdNr 12; BSG Urteil vom 4.9.2013 - B 10 EG 11/12 R - Juris RdNr 42; zuletzt BSG Urteil vom 5.3.2014 - B 12 R 1/12 R - SozR 4-2400 § 26 Nr 3 RdNr 21). Das Versicherungsfall- bzw Leistungsfallprinzip ist allerdings nicht anzuwenden, soweit später in Kraft gesetztes Recht ausdrücklich oder sinngemäß etwas anderes bestimmt; dann kommt der Grundsatz der sofortigen Anwendung des neuen Rechts auch auf nach altem Recht entstandene Rechte und Rechtsverhältnisse zum Tragen (BSG SozR 4-4300 § 335 Nr 1 RdNr 13; BSG SozR 4-5910 § 111 BSHG Nr 1 RdNr 9; BSG Urteil vom 4.9.2013 - B 10 EG 11/12 R - Juris RdNr 43; zuletzt BSG SozR 4-2400 § 26 Nr 3 RdNr 21). Welcher der genannten Grundsätze des intertemporalen Rechts zur Anwendung gelangt, richtet sich letztlich danach, wie das einschlägige Recht ausgestaltet bzw auszulegen ist (BSG Urteil vom 4.9.2013 - B 10 EG 11/12 R - Juris RdNr 43; zuletzt BSG SozR 4-2400 § 26 Nr 3 RdNr 21).

46

(2) Nach diesen - wegen der Besonderheiten des Vertragsarztrechts ohnehin nur sinngemäß übertragbaren - Maßstäben entspricht die Rechtsprechung des Senats zur Anwendbarkeit des im Prüfungszeitraum geltenden Rechts dem Versicherungsfall- bzw Leistungsfallprinzip. Die Anwendung des Grundsatzes der sofortigen Anwendung des neuen Rechts kommt aus den bereits oben dargestellten Gründen nicht in Betracht, weil dem Gesetz - vor Einfügung des Satzes 7 aaO - weder ausdrücklich noch sinngemäß zu entnehmen war, dass die Regelungen über den Vorrang der Beratung auch auf abgeschlossene Prüfzeiträume Anwendung finden sollten. Soweit in einzelnen - vom Kläger herangezogenen - Entscheidungen des BSG abweichende Maßstäbe zugrunde gelegt worden sind, ist dies auf Besonderheiten des jeweiligen Rechtsgebiets zurückzuführen.

47

ee. § 106 Abs 5e SGB V findet jedoch auch unter Berücksichtigung seines Satzes 7 ausschließlich auf (Prüf-)Verfahren Anwendung, in denen die Entscheidung des Beschwerdeausschusses nach dem 25.10.2012 ergangen ist. Da Satz 7 aaO mit Wirkung zum 26.10.2012 in Kraft getreten ist, entzieht er den vor seinem Inkrafttreten nach altem Recht ergangenen Entscheidungen der Beschwerdeausschüsse nicht die Grundlage; eine derartige Regelungsabsicht hat im Normtext in Verbindung mit der Regelung zum Inkrafttreten keinen hinreichenden Niederschlag gefunden:

48

Zwar enthält § 106 Abs 5e Satz 7 SGB V eine ausdrückliche Geltungsanordnung des Inhalts, dass § 106 Abs 5e SGB V - entgegen der Rechtsprechung des Senats zum jeweils maßgeblichen Recht - auch auf Prüfzeiträume Anwendung findet, die vor dem Inkrafttreten des Abs 5e am 1.1.2012 liegen, sofern die betreffenden Prüfverfahren am 31.12.2011 noch nicht abgeschlossen waren. Jedoch ist der Normbefehl insoweit nicht eindeutig, als Prüfverfahren betroffen sind, in denen die das Verwaltungsverfahren abschließende Entscheidung des Beschwerdeausschusses zwar nach dem 31.12.2011, jedoch vor Inkrafttreten des Satzes 7 aaO am 26.10.2012 - dem auf die Verkündung im Bundesgesetzblatt folgenden Tag (vgl Art 15 Abs 1 des Zweiten Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften) - ergangen ist. Der Norm selbst kann zwar der Wille des Normgebers entnommen werden, auch diese Konstellationen in die begünstigende Wirkung des § 106 Abs 5e Satz 1 SGB V einzubeziehen; dieser Annahme steht jedoch die Regelung zum Inkrafttreten der Geltungsanordnung am 26.10.2012 wie auch die Gesetzesbegründung selbst entgegen.

49

Der Gesetzgeber hätte § 106 Abs 5e Satz 7 SGB V rückwirkend zum 1.1.2012 in Kraft setzen und damit auch solchen, das Verfahren abschließenden Entscheidungen aus der "Zwischenzeit" die rechtliche Basis - soweit es auf die Beratung ankommt - entziehen können. Das hat er jedoch nicht getan. Zudem hat der Gesetzgeber in der Begründung (Ausschussbericht zum Gesetz vom 19.10.2012, BT-​Drucks 17/10156, S 95) darauf hingewiesen, dass er seine Regelung auf "noch nicht abgeschlossene Verfahren" beschränken will; auch hat er betont, dass die Prüfgremien das "zum Zeitpunkt ihrer abschließenden Entscheidung geltende Recht" an​zuwenden haben. Dabei ist möglicherweise nicht hinreichend gesehen worden, dass die Beschwerdeausschüsse bis zum Inkrafttreten des Satzes 7 aaO Verfahren "abschließen" und dabei das zum Zeitpunkt des jeweiligen Quartals geltende Recht anwenden mussten. Eine Regelungsabsicht, auch den auf dieser Basis ergangenen Bescheiden, die durchaus schon bestandskräftig geworden sein konnten, nachträglich rückwirkend die Grundlage zu entziehen, hat im Normtext in Verbindung mit der Regelung zum Inkrafttreten keinen hinreichenden Niederschlag gefunden. In den Gesetzesmaterialien fehlen Hinweise, wie insoweit mit bestandskräftig gewordenen Bescheiden umgegangen werden soll, also ob § 44 Abs 2 SGB X eingreifen oder die betroffenen Ärzte die Vollstreckung der Regresse der KÄV zugunsten der Krankenkassen mit vollstreckungsrechtlichen Rechtsbehelfen abwehren können sollen, und ob schon bezahlte Regresse rückabgewickelt werden müssen. Deshalb ist Satz 7 aaO so zu verstehen, dass der Vorrang der Beratung nach § 106 Abs 5e Satz 1 SGB V nicht für solche Verfahren gilt, die vor dem 1.1.2012 liegende Prüfzeiträume betreffen und in denen die abschließende Entscheidung des Beschwerdeausschusses vor dem Inkrafttreten des Satzes 7 aaO am 26.10.2012 ergangen ist. Davon ist der hier zu entscheidende Fall erfasst, weil der Bescheid des beklagten Beschwerdeausschusses vom 10.5.2012 dem Kläger am 11.5.2012 bekanntgegeben wurde.

50

b. Auf die Frage, ob der Kläger sein RGVol im streitbefangenen Jahr 2009 überhaupt "erstmalig" überschritten hat, kommt es angesichts des Umstandes, dass die Norm keine Anwendung findet, nicht an (zu den Anforderungen an eine "erstmalige" Überschreitung siehe Senatsurteil vom heutigen Tag - B 6 KA 3/14 R - RdNr 58 ff).

51

3. Im Ergebnis hat das SG den Bescheid des Beklagten jedoch zu Recht aufgehoben und diesen zur Neubescheidung verpflichtet, weil sich der Bescheid in der Sache wegen eines Begründungsmangels als rechtswidrig erweist.

52

a. Die - erstmals im Revisionsverfahren vorgebrachten - Bedenken des Klägers gegen die Wirksamkeit der hier maßgeblichen RGV unter dem Aspekt der unzureichenden "altersgemäßen Gliederung" hält der Senat allerdings nicht für durchgreifend. § 84 Abs 6 Satz 2 SGB V(in der ab dem 31.12.2001 geltenden Fassung des Gesetzes zur Ablösung des Arznei- und Heilmittelbudgets ) bestimmt, dass die Vertragspartner der RGV die (arztgruppenspezifischen und fallbezogenen) Richtgrößen zusätzlich nach altersgemäß gegliederten Patientengruppen und darüber hinaus auch nach Krankheitsarten bestimmen sollen. Die Vertragspartner sollen damit die Richtgrößen weiter ausdifferenzieren, um so eine stärker auf die Einzelpraxis ausgerichtete Berücksichtigung der medizinischen Behandlungserfordernisse zu erreichen (FraktE-ABAG, BT-Drucks 14/6309, S 9 zu § 84 Abs 6). Diese Regelung wird durch § 84 Abs 7 Satz 5 SGB V ergänzt, der vorgibt, dass die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit verbindlicher Wirkung für RGVen nach § 84 Abs 6 Satz 2 SGB V die altersgemäße Gliederung der Patientengruppen bestimmen sollen.

53

Die auf dieser Grundlage erlassenen Rahmenvorgaben der Spitzenorganisationen auf Bundesebene sehen hierzu eine Gliederung in vier Altersgruppen vor (siehe § 2 Abs 2 Satz 1 iVm Anlage 2 der Rahmenvorgaben für das Jahr 2002, DÄ 2002, A 1540). In der hier maßgeblichen RGV wird demgegenüber nur - relativ grob - zwischen den Gruppen der Mitglieder/Familienversicherten und der Rentner unterschieden (siehe Anlage B zur RGV, Rheinisches Ärzteblatt 2009, 87). Dies ist jedoch noch hinnehmbar (aA SG Dresden Urteile vom 11.12.2013 - S 18 KA 31/10 ua - Juris), zum einen, weil es sich bei § 84 Abs 6 Satz 2 SGB V um eine Sollvorschrift handelt, zum anderen, weil die Rahmenvorgabe keine strikte Verpflichtung enthält, eine solche Regelung in die regionalen RGVen aufzunehmen: Gemäß § 2 Abs 2 Satz 3 der Rahmenvorgaben sind Abweichungen "hiervon" - dh von der in § 2 Abs 2 Satz 1 aaO vorgegebenen Altersgliederung - zulässig, "bis Satz 2 erfüllt ist". Nach Satz 2 aaO streben die Vereinbarungspartner an, noch im Jahr 2002 die organisatorischen und datenlogistischen Voraussetzungen zu schaffen, damit die Verordnungsdaten und Fallzahlen entsprechend (der vorgegebenen Altersgliederung) geliefert werden können. Nachdem inzwischen die Unsicherheiten darüber, ob die Vertragspartner eine solche feinere Unterscheidung auf der Basis der von den Krankenkassen zu liefernden Daten (§ 296 SGB V) umsetzen können, beseitigt sind - so werden in den in B. und T. geltenden RGVen vier bzw sechs Kohorten unterschieden -, werden die regionalen Vertragspartner bis Ende des Jahres 2015 die RGVen der Rahmenempfehlung anzupassen haben, soweit sich das nicht als undurchführbar erweist; das wäre indessen konkret und nicht nur pauschal zu belegen.

54

b. Teilweise begründet sind die Einwände des Klägers allerdings, soweit er eine unzureichende Berücksichtigung der von ihm geltend gemachten Praxisbesonderheiten bzw eine unzureichende Begründung dazu rügt.

55

aa. Nach § 106 Abs 5a Satz 3 SGB V kommt eine Erstattung von Mehraufwand nur in Betracht, wenn die Überschreitung des RGVol um mehr als 25 vH nicht durch Praxisbesonderheiten gerechtfertigt ist. Der Begriff der Praxisbesonderheiten ist bei einer Richtgrößenprüfung nicht anders zu verstehen als bei einer Wirtschaftlichkeitsprüfung nach Durchschnittswerten (BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 10 RdNr 35; BSG SozR 4-2500 § 84 Nr 2 RdNr 38; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 41 RdNr 14). Praxisbesonderheiten sind anzuerkennen, wenn ein spezifischer, vom Durchschnitt der Vergleichsgruppe signifikant abweichender Behandlungsbedarf - bzw Verordnungsbedarf - des Patientenklientels und die hierdurch hervorgerufenen Mehrkosten nachgewiesen werden kann (BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 10 RdNr 35; BSG SozR 4-2500 § 84 Nr 2 RdNr 38; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 41 RdNr 14).

56

bb. Soweit es um die Feststellung und Bewertung von Praxisbesonderheiten geht, steht den Prüfgremien ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu (BSGE 95, 199 = SozR 4-2500 § 106 Nr 11, RdNr 36; BSG SozR 4-2500 § 84 Nr 2 RdNr 38; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 41 RdNr 14; zuletzt BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 44, RdNr 14). Die Kontrolle der Gerichte beschränkt sich darauf, ob das Verwaltungsverfahren ordnungsge-mäß durchgeführt worden ist, ob der Verwaltungsentscheidung ein richtiger und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liegt, ob die Verwaltung die Grenzen eingehalten hat, die sich bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs "Wirtschaftlichkeit" ergeben, und ob sie ihre Subsumtionserwägungen so verdeutlicht und begründet hat, dass im Rahmen des Möglichen die zu treffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvoll-ziehbar ist (stRspr des BSG, vgl BSGE 72, 214, 216 = SozR 3-1300 § 35 Nr 5 S 7; BSG SozR 4-1500 § 141 Nr 1 RdNr 20; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 33 RdNr 13). Hieran hält der Senat auch unter Berücksichtigung der vom Kläger erhobenen Einwände fest.

57

Entgegen der Auffassung des Klägers fehlt es nicht an einem "tragfähigen Sachgrund für das beanspruchte behördliche Letztentscheidungsrecht". Der Senat räumt den Prüfgremien in ständiger Rechtsprechung deshalb einen Beurteilungsspielraum ein, weil sich die die Wirtschaftlichkeit der ärztlichen Behandlungs- und Verordnungsweise betreffenden Fragen zum Teil nur im Rahmen einer fachkundigen Beurteilung beantworten lassen (BSG SozR 2200 § 368n Nr 31 S 106). Ein Beurteilungsspielraum der Prüfgremien besteht nicht generell hinsichtlich aller Fragen der Sachverhaltsermittlung und Beweisführung, sondern nur in Bezug auf solche Fragestellungen, die einer Bewertung unter Heranziehung der besonderen Fachkunde der Mitglieder der Prüfgremien bedürfen (BSGE 95, 199 = SozR 4-2500 § 106 Nr 11, RdNr 36 mwN). Zu diesen Fragestellungen zählt der Senat insbesondere - für den Bereich der Richtgrößenprüfungen aber auch ausschließlich - die Feststellung und Bewertung von Praxisbesonderheiten (BSGE 95, 199 = SozR 4-2500 § 106 Nr 11, RdNr 36; BSG SozR 4-2500 § 84 Nr 2 RdNr 38; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 41 RdNr 16 - jeweils zur Richtgrößenprüfung).

58

Fehl geht auch der Einwand des Klägers, der Senat verletze mit der Einräumung eines Beurteilungsspielraums sein Recht auf effektiven Rechtsschutz aus Art 19 Abs 4 GG. Dabei beachtet der Kläger nicht hinreichend, das die Prüfgremien erheblichen Begründungsanforderungen unterliegen (siehe hierzu BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 1 RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 2 RdNr 11), deren Beachtung von den Gerichten vollständig zu überprüfen ist. Die Begründungspflicht des § 35 Abs 1 SGB X dient als Korrektiv zu den weitgehenden Spielräumen und der nur eingeschränkt möglichen Überprüfung der Prüfbescheide durch die Gerichte(BSGE 69, 138, 142 = SozR 3-2500 § 106 Nr 6 S 25) und damit dem Interesse eines effektiven Rechtsschutzes (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 1 RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 2 RdNr 11; zur Bedeutung der Begründungsanforderungen im Hinblick auf Art 19 Abs 4 GG; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 85 Nr 56 RdNr 21).

59

cc. Der Senat hält auch daran fest, dass der Umstand, dass die Prüfgremien für vorangegangene Prüfzeiträume Praxisbesonderheiten anerkannt hatten, nicht die Entscheidung präjudiziert, ob der Vertragsarzt in dem aktuell zur Beurteilung anstehenden Prüfzeitraum wirtschaftlich behandelt oder verordnet hat (zu hieraus folgenden Begründungsanforderungen siehe jedoch RdNr 64 <3.b.dd. (2)(a)>). Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Senats, dass die Prüfgremien für jedes Quartal erneut und gesondert eine Prüfung der Voraussetzungen des § 106 SGB V und eine Abwägung hinsichtlich der zu treffenden Maßnahmen vornehmen müssen(BSG USK 82196 S 897; BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 42 S 235; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 1 RdNr 20). Ebenso entspricht es ständiger Senatsrechtsprechung, dass sich der Vertragsarzt nicht auf einen Vertrauensschutz der Art berufen kann, dass es in vorangegangenen Quartalen zu keinen Honorarkürzungen gekommen und er daher davon ausgegangen sei, dass es auch in Zukunft zu keinen Honorarkürzungen kommen werde (BSG USK 97124; BSGE 78, 278, 283 = SozR 3-2500 § 106 Nr 35 S 198). Aus welchen Gründen keine Honorarkürzungen erfolgt sind - ob dies also auf der Anerkennung von Praxisbesonderheiten beruhte oder darauf, dass überhaupt kein Prüfverfahren durchgeführt wurde - ist insoweit ohne Bedeutung.

60

dd. Der Bescheid des Beklagten ist jedoch nicht rechtmäßig, soweit er sich mit der vom Kläger geltend gemachten gastroenterologischen Ausrichtung der Praxis auseinandersetzt.

61

(1) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats müssen die Prüfgremien ihre Ausführungen zum Vorliegen der Voraussetzungen für Maßnahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung derart verdeutlichen, dass im Rahmen der - in Folge von Beurteilungs- und Ermessensspielräumen eingeschränkten - gerichtlichen Überprüfung zumindest die zutreffende Anwendung der einschlägigen Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 1 RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 2 RdNr 11 - jeweils unter Hinweis auf BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 25 S 139). Diese Anforderungen dürfen zwar nicht überspannt werden, da sich gerade Maßnahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung regelmäßig an einen sachkundigen Personenkreis richten, jedoch müssen die Ausführungen erkennen lassen, wie das Behandlungsverhalten des Arztes bewertet wurde und auf welchen Erwägungen die betroffene Kürzungsmaßnahme beruht (BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 1 RdNr 13; BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 2 RdNr 11; siehe schon BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 41 S 225). Erforderlich sind auch Ausführungen dazu, ob und ggf in welchem Umfang der Mehraufwand auf Praxisbesonderheiten zurückzuführen ist (vgl zB BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 41 S 224).

62

(2) Diesen Anforderungen wird der Bescheid des Beklagten nicht gerecht. Eingehenderer Ausführungen hätte es zum einen schon deswegen bedurft, weil der Beklagte in der Vergangenheit (insbesondere) für diesen Tätigkeitsschwerpunkt Praxisbesonderheiten anerkannt hatte (a). Zum anderen ist der Vortrag des Klägers zumindest in Bezug auf einen gastroenterologischen Tätigkeitsschwerpunkt in sich schlüssig und substantiiert, sodass das Vorliegen von Praxisbesonderheiten zumindest als möglich erscheint (b).

63

(a) Der Beklagte hatte für vorangehende Prüfungszeiträume das Vorliegen von Praxisbesonderheiten anerkannt. So ist nach den übereinstimmenden Angaben der Hauptbeteiligten jedenfalls im Bereich der Gastroenterologie eine Praxisbesonderheit gesehen worden; ob sich dies - so der Beklagte - allein auf die Anerkennung von Mehrkosten für additive Schmerztherapie bezog oder - wie der Kläger vorträgt - generell auf Mehrkosten für die Behandlung von Patienten mit der Indikation Heliobacter, kann insoweit dahingestellt bleiben.

64

Haben die Prüfgremien in vorangegangenen Prüfzeiträumen Praxisbesonderheiten anerkannt, kann deren Vorliegen in nachfolgenden Prüfverfahren nicht pauschal unter Hinweis auf die grundsätzlich den Vertragsarzt treffende Darlegungs- und Feststellungslast (siehe hierzu zuletzt BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 41 RdNr 18 mwN)verneint werden. Der Vertragsarzt erfüllt in derartigen Fällen die ihm obliegende besondere Mitwirkungspflicht (siehe hierzu BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 35 RdNr 40) bereits durch den Vortrag, dass sich die tatsächlichen Verhältnisse in seiner Praxis nicht verändert haben. Dann ist es Aufgabe der Prüfgremien, sich von Amts wegen mit den - als "offenkundig" im Sinne der Senatsrechtsprechung anzusehenden (siehe hierzu BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 35 RdNr 43-44)- Umständen auseinanderzusetzen, die in der Vergangenheit zur Anerkennung einer Praxisbesonderheit geführt haben. Es bedarf konkreter Ausführungen dazu, aus welchen Gründen das Prüfgremium nunmehr das Vorliegen solcher Praxisbesonderheiten verneint.

65

Es gehört zum Pflichtenkreis der Prüfgremien, eine Änderung ihrer Spruchpraxis in einer für die betroffenen Vertragsärzte nachvollziehbaren Weise zu begründen, da die Regressfestsetzung nur so die ihr immanente Beratungsfunktion erfüllen kann. Verhaltenssteuernde Wirkung kommt den Richtgrößen bzw den im Falle ihrer Überschreitung verhängten Sanktionen nur dann zu, wenn dem Vertragsarzt die maßgeblichen Umstände bekannt sind, sodass er sein Verhalten danach ausrichten kann. Zu diesen Umständen gehört neben der Höhe des RGVol auch, ob bzw in welchem Umfang die Prüfgremien eine Überschreitung des RGVol als durch Praxisbesonderheiten begründet bzw gerechtfertigt ansehen. Daher erfordert die "Aberkennung" von Praxisbesonderheiten, dass die hierfür maßgeblichen Gründe dem Vertragsarzt bekanntgegeben werden. Derartige Ausführungen sind dem angefochtenen Bescheid jedoch nicht zu entnehmen.

66

(b) Unabhängig davon hätte der Vortrag des Klägers - jedenfalls in Bezug auf die im Bereich der Gastroenterologie geltend gemachten Besonderheiten - ausführlichere Darlegungen dazu erfordert, warum der Beklagte dieser Argumentation nicht gefolgt ist.

67

Zwar obliegt nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 41 RdNr 18 f mwN; zuletzt BSG SozR 4-2500 § 106 Nr 44, RdNr 14) die Darlegungs- und Feststellungslast für besondere, einen höheren Behandlungsaufwand rechtfertigende atypische Umstände wie Praxisbesonderheiten dem Arzt. Die dem klagenden Arzt obliegende Mitwirkungspflicht und die ihn treffende Darlegungs- und Feststellungslast berechtigt die Prüfgremien nicht dazu, sich darauf zu beschränken, pauschal die Nichterfüllung der insoweit bestehenden Anforderungen festzustellen, sondern sie müssen sich mit substantiierten Darlegungen des Arztes im Einzelnen auseinandersetzen. Dies erfordern die ihnen eingeräumten Beurteilungsspielräume, als deren Korrektiv die Begründung des Bescheides wesentliche Bedeutung zukommt.

68

Der Beklagte hat insoweit die Anerkennung (weiterer) Praxisbesonderheiten mit der Begründung abgelehnt, bei den vermehrten Zuweisungen zur Gastroskopie handele es sich um Zuweisungen zur Diagnostik; die hiermit im Zusammenhang verordneten PPI würden für einen hausärztlich tätigen Internisten als fachgruppentypisch angesehen. Die Einzelfallschilderungen besonders kostenintensiver Patienten seien unsubstantiiert vorgetragen worden. Der Widerspruchsführer könne den erforderlichen Nachweis mit der eingereichten Einzelfalldarstellung nicht in der durch § 5 Abs 5 RGV geforderten dezidierten Form erbringen. Patientenlisten mit Diagnosen und Leistungsziffernstatistik gäben nur Auskunft über die Situation in der Praxis und belegten nicht, welche Abweichungen sich ggf gegenüber den Praxen der Vergleichsgruppe ergäben. Diese Darlegungen des Beklagten entsprechen nicht in vollem Umfang den Anforderungen, die an die Begründung eines Regressbescheides zu stellen sind.

69

In Bezug auf seinen gastroenterologischen Tätigkeitsbereich ist der Kläger seiner Darlegungslast - im Sinne einer ausreichenden Substantiierung des Vortrags - nachgekommen, indem er dargelegt und durch die Angabe von Abrechnungshäufigkeiten auch dem Grunde nach belegt hat, dass seine (hausärztliche) Praxis einen gastroenterologischen Schwerpunkt hat. Anhaltspunkte hierfür ergeben sich aus dem im Vergleich zu seiner Fachgruppe - den hausärztlich tätigen Internisten - signifikant erhöhten Anteil von Patienten mit Refluxkrankheit (Abweichung um mehr als 300 %), sowie daraus, dass er "Ösophago-Gastroduodenalen Komplex" doppelt so häufig abgerechnet hat als die Vergleichsgruppe. Auch die Anzahl der von ihm durchgeführten Gastroskopien deutet auf ein von der Fachgruppe abweichendes Patientengut hin, weil Gastroskopien regelmäßig von im fachärztlichen Versorgungsbereich tätigen Internisten durchgeführt werden.

70

Diese für einen Hausarzt nicht unbedingt typische Ausrichtung der Praxis auf Diagnostik und Therapie von Refluxkrankheiten könnte durchaus als Praxisbesonderheit in Betracht kommen. Dass bei Patienten mit der Diagnose "Refluxkrankheit" und/oder bei Patienten, bei denen eine Magenspiegelung durchgeführt wird, ein "spezifischer, vom Durchschnitt der Vergleichsgruppe signifikant abweichender" Verordnungsbedarf besteht, erscheint - jedenfalls dem Grunde nach - plausibel. Sofern der Beklagte bereits das Vorliegen einer Praxisbesonderheit an sich verneinen will, hat er die hierfür maßgeblichen Gründe im Bescheid darzulegen. Der - ohnehin auf "Zuweisungen zur Gastroskopie" beschränkte - Hinweis auf die Fachgruppentypik in der Begründung des Bescheides genügt hierzu nicht. Ob die weitere Voraussetzung zur Anerkennung von Praxisbesonderheiten, nämlich der Nachweis der hierdurch hervorgerufenen Mehrkosten, erfüllt ist, wird der Beklagte ebenfalls zu prüfen und die Gründe für seine Entscheidung darzulegen haben. Dass bei der dargestellten Patientengruppe dem Grunde nach ein Mehrbedarf (insbesondere) an PPI besteht, könnte naheliegen.

71

Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Prüfgremien die Gründe konkret benennen müssen, aus denen heraus sie grundsätzlich medizinisch indizierte Verordnungen einer bestimmten Wirkstoffgruppe generell für unwirtschaftlich halten. Auch das ist im angefochtenen Bescheid nicht ausreichend geschehen.

72

Soweit der Kläger weitere Praxisbesonderheiten in anderen Behandlungsgebieten als der Gastroenterologie geltend macht, ist sein Vorbringen von vornherein nicht ausreichend, um das Vorliegen von Praxisbesonderheiten zu begründen. In Bezug auf die höhere Anzahl von Patienten mit Depressionen und mit nicht primär insulinabhängigem Diabetes stellt der geltend gemachte Mehraufwand im Verordnungsbereich nicht mehr als eine Behauptung dar; soweit er einen Schwerpunkt bei Patienten mit metabolischem Syndrom geltend macht, wird dies allein durch die angegebenen vier Beispielsfälle nicht belegt.

73

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Danach hat der Beklagte die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens zu tragen, weil er unterlegen ist (§ 154 Abs 1 VwGO). Dies gilt nicht für die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 6., da diese keine Anträge gestellt haben.

(1) Die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen überwachen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich und die Kassenärztlichen Vereinigungen vereinbaren Inhalt und Durchführung der Beratungen und Prüfungen nach Absatz 2 sowie die Voraussetzungen für Einzelfallprüfungen. Die Vertragspartner können die Prüfungsstelle mit der Prüfung ärztlich verordneter Leistungen in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung beauftragen und tragen die Kosten. Die Krankenkassen übermitteln der Prüfungsstelle die Daten der in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung verordneten Leistungen; dabei sind zusätzlich die Zahl der Behandlungsfälle und eine Zuordnung der verordneten Leistungen zum Datum der Behandlung zu übermitteln. Die §§ 296 und 297 gelten entsprechend.

(2) Die Wirtschaftlichkeit der Versorgung wird von der Prüfungsstelle nach § 106c geprüft durch

1.
arztbezogene Prüfungen ärztlicher Leistungen nach § 106a,
2.
arztbezogene Prüfungen ärztlich verordneter Leistungen nach § 106b.
Die Prüfungen werden auf der Grundlage der Daten durchgeführt, die der Prüfungsstelle nach § 106c gemäß § 296 Absatz 1, 2 und 4 sowie § 297 Absatz 2 übermittelt werden. Hat die Prüfungsstelle Zweifel an der Richtigkeit der übermittelten Daten, ermittelt sie die Datengrundlagen für die Prüfung aus einer Stichprobe der abgerechneten Behandlungsfälle des Arztes und rechnet die so ermittelten Teildaten nach einem statistisch zulässigen Verfahren auf die Grundgesamtheit der Arztpraxis hoch.

(3) Die Prüfungsstelle nach § 106c bereitet die für die Prüfungen nach Absatz 2 erforderlichen Daten und sonstigen Unterlagen auf, trifft Feststellungen zu den für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit wesentlichen Sachverhalten und entscheidet unter Beachtung der Vereinbarungen nach den §§ 106a und 106b, ob der Vertragsarzt, der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat und welche Maßnahmen zu treffen sind. Eine Maßnahme kann insbesondere auch die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung sein. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung auf Grund einer Wirtschaftlichkeitsprüfung, die von Amts wegen durchzuführen ist, muss für ärztliche Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab Erlass des Honorarbescheides und für ärztlich verordnete Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, erfolgen; § 45 Absatz 2 des Ersten Buches gilt entsprechend. Für Wirtschaftlichkeitsprüfungen, die auf Grund eines Antrags erfolgen, ist der Antrag für die Prüfung ärztlicher Leistungen spätestens 18 Monate nach Erlass des Honorarbescheides und für die Prüfung ärztlich verordneter Leistungen spätestens 18 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, bei der Prüfungsstelle nach § 106c einzureichen. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung muss innerhalb weiterer zwölf Monate nach Ablauf der in Satz 4 genannten Frist erfolgen; die Regelung des § 45 Absatz 2 des Ersten Buches findet keine entsprechende Anwendung. Gezielte Beratungen sollen weiteren Maßnahmen in der Regel vorangehen. Die Prüfungsstelle berät die Vertragsärzte auf der Grundlage von Übersichten über die von ihnen im Zeitraum eines Jahres oder in einem kürzeren Zeitraum erbrachten, verordneten oder veranlassten Leistungen über Fragen der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Versorgung.

(4) Werden Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassenverbände und Kassenärztlichen Vereinigungen für eine ordnungsgemäße Umsetzung. Können Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt werden, weil die erforderlichen Daten nach den §§ 296 und 297 nicht oder nicht im vorgesehenen Umfang oder nicht fristgerecht übermittelt worden sind, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassen oder der Kassenärztlichen Vereinigungen. Die zuständige Aufsichtsbehörde hat nach Anhörung der Vorstandsmitglieder und der jeweils entsandten Vertreter im Ausschuss den Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung das Regressverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten auch für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der im Krankenhaus erbrachten ambulanten ärztlichen und belegärztlichen Leistungen.

(1) Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich und die Kassenärztliche Vereinigung treffen zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung mit Leistungen nach § 31 bis zum 30. November für das jeweils folgende Kalenderjahr eine Arzneimittelvereinbarung. Die Vereinbarung umfasst

1.
ein Ausgabenvolumen für die insgesamt von den Vertragsärzten nach § 31 veranlassten Leistungen,
2.
Versorgungs- und Wirtschaftlichkeitsziele und konkrete, auf die Umsetzung dieser Ziele ausgerichtete Maßnahmen, insbesondere Verordnungsanteile für Wirkstoffe und Wirkstoffgruppen im jeweiligen Anwendungsgebiet, Verordnungsanteile für Generika und im Wesentlichen gleiche biotechnologisch hergestellte biologische Arzneimittel im Sinne des Artikels 10 Absatz 4 der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. L 311 vom 28.11.2001, S. 67), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/5 (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 24) geändert worden ist, auch zur Verordnung wirtschaftlicher Einzelmengen (Zielvereinbarungen), insbesondere zur Information und Beratung und
3.
Kriterien für Sofortmaßnahmen zur Einhaltung des vereinbarten Ausgabenvolumens innerhalb des laufenden Kalenderjahres.
Kommt eine Vereinbarung bis zum Ablauf der in Satz 1 genannten Frist nicht zustande, gilt die bisherige Vereinbarung bis zum Abschluss einer neuen Vereinbarung oder einer Entscheidung durch das Schiedsamt weiter. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen teilen das nach Satz 2 Nr. 1 vereinbarte oder schiedsamtlich festgelegte Ausgabenvolumen dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit. Die Krankenkasse kann mit Ärzten abweichende oder über die Regelungen nach Satz 2 hinausgehende Vereinbarungen treffen.

(2) Bei der Anpassung des Ausgabenvolumens nach Absatz 1 Nr. 1 sind insbesondere zu berücksichtigen

1.
Veränderungen der Zahl und Altersstruktur der Versicherten,
2.
Veränderungen der Preise der Leistungen nach § 31,
3.
Veränderungen der gesetzlichen Leistungspflicht der Krankenkassen,
4.
Änderungen der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Abs. 1 Nr. 6,
5.
der wirtschaftliche und qualitätsgesicherte Einsatz innovativer Arzneimittel,
6.
Veränderungen der sonstigen indikationsbezogenen Notwendigkeit und Qualität bei der Arzneimittelverordnung auf Grund von getroffenen Zielvereinbarungen nach Absatz 1 Nr. 2,
7.
Veränderungen des Verordnungsumfangs von Leistungen nach § 31 auf Grund von Verlagerungen zwischen den Leistungsbereichen und
8.
Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven entsprechend den Zielvereinbarungen nach Absatz 1 Nr. 2.

(3) Überschreitet das tatsächliche, nach Absatz 5 Satz 1 bis 3 festgestellte Ausgabenvolumen für Leistungen nach § 31 das nach Absatz 1 Nr. 1 vereinbarte Ausgabenvolumen, ist diese Überschreitung Gegenstand der Gesamtverträge. Die Vertragsparteien haben dabei die Ursachen der Überschreitung, insbesondere auch die Erfüllung der Zielvereinbarungen nach Absatz 1 Nr. 2 zu berücksichtigen. Bei Unterschreitung des nach Absatz 1 Nr. 1 vereinbarten Ausgabenvolumens kann diese Unterschreitung Gegenstand der Gesamtverträge werden.

(4) Werden die Zielvereinbarungen nach Absatz 1 Nr. 2 erfüllt, entrichten die beteiligten Krankenkassen auf Grund einer Regelung der Parteien der Gesamtverträge auch unabhängig von der Einhaltung des vereinbarten Ausgabenvolumens nach Absatz 1 Nr. 1 einen vereinbarten Bonus an die Kassenärztliche Vereinigung.

(4a) Die Vorstände der Krankenkassenverbände sowie der Ersatzkassen, soweit sie Vertragspartei nach Absatz 1 sind und der Kassenärztlichen Vereinigungen haften für eine ordnungsgemäße Umsetzung der vorgenannten Maßnahmen.

(5) Zur Feststellung des tatsächlichen Ausgabenvolumens nach Absatz 3 erfassen die Krankenkassen die während der Geltungsdauer der Arzneimittelvereinbarung veranlassten Ausgaben arztbezogen, nicht versichertenbezogen. Sie übermitteln diese Angaben nach Durchführung der Abrechnungsprüfung dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen, der diese Daten kassenartenübergreifend zusammenführt und jeweils der Kassenärztlichen Vereinigung übermittelt, der die Ärzte, welche die Ausgaben veranlasst haben, angehören; zugleich übermittelt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen diese Daten den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen, die Vertragspartner der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung nach Absatz 1 sind. Ausgaben nach Satz 1 sind auch Ausgaben für Leistungen nach § 31, die durch Kostenerstattung vergütet worden sind. Zudem erstellt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen für jede Kassenärztliche Vereinigung monatliche Berichte über die Entwicklung der Ausgaben von Leistungen nach § 31 und übermitteln diese Berichte als Schnellinformationen den Vertragspartnern nach Absatz 1 insbesondere für Abschluss und Durchführung der Arzneimittelvereinbarung sowie für die Informationen nach § 73 Abs. 8. Für diese Berichte gelten Satz 1 und 2 entsprechend; Satz 2 gilt mit der Maßgabe, dass die Angaben vor Durchführung der Abrechnungsprüfung zu übermitteln sind. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung erhält für die Vereinbarung der Rahmenvorgaben nach Absatz 7 und für die Informationen nach § 73 Abs. 8 eine Auswertung dieser Berichte. Die Krankenkassen sowie der Spitzenverband Bund der Krankenkassen können eine Arbeitsgemeinschaft nach § 219 mit der Durchführung der vorgenannten Aufgaben beauftragen. § 304 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 gilt entsprechend.

(6) Die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen vereinbaren bis zum 30. September für das jeweils folgende Kalenderjahr Rahmenvorgaben für die Inhalte der Arzneimittelvereinbarungen nach Absatz 1 sowie für die Inhalte der Informationen und Hinweise nach § 73 Abs. 8. Die Rahmenvorgaben haben die Arzneimittelverordnungen zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen zu vergleichen und zu bewerten; dabei ist auf Unterschiede in der Versorgungsqualität und Wirtschaftlichkeit hinzuweisen. Von den Rahmenvorgaben dürfen die Vertragspartner der Arzneimittelvereinbarung nur abweichen, soweit dies durch die regionalen Versorgungsbedingungen begründet ist.

(7) Die Absätze 1 bis 6 sind für Heilmittel unter Berücksichtigung der besonderen Versorgungs- und Abrechnungsbedingungen im Heilmittelbereich entsprechend anzuwenden. Veranlasste Ausgaben im Sinne des Absatzes 5 Satz 1 betreffen die während der Geltungsdauer der Heilmittelvereinbarung mit den Krankenkassen abgerechneten Leistungen. Die in Absatz 5 geregelte Datenübermittlung erfolgt für die Heilmittel in arztbezogener Form sowie versichertenbezogen in pseudonymisierter Form. Das Nähere zur Datenübermittlung und zum Verfahren der Pseudonymisierung regelt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen.

(8) Das Bundesministerium für Gesundheit kann bei Ereignissen mit erheblicher Folgewirkung für die medizinische Versorgung zur Gewährleistung der notwendigen Versorgung mit Leistungen nach § 31 die Ausgabenvolumen nach Absatz 1 Nr. 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates erhöhen.

(1) Versicherte haben Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 ausgeschlossen sind, und auf Versorgung mit Verbandmitteln, Harn- und Blutteststreifen. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 festzulegen, in welchen medizinisch notwendigen Fällen Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte nach § 3 Nr. 1 oder Nr. 2 des Medizinproduktegesetzes in der bis einschließlich 25. Mai 2021 geltenden Fassung zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt sind, ausnahmsweise in die Arzneimittelversorgung einbezogen werden; § 34 Abs. 1 Satz 5, 7 und 8 und Abs. 6 sowie § 35 und die §§ 126 und 127 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung gelten entsprechend. Für verschreibungspflichtige und nicht verschreibungspflichtige Medizinprodukte nach Satz 2 gilt § 34 Abs. 1 Satz 6 entsprechend. Der Vertragsarzt kann Arzneimittel, die auf Grund der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 von der Versorgung ausgeschlossen sind, ausnahmsweise in medizinisch begründeten Einzelfällen mit Begründung verordnen. Für die Versorgung nach Satz 1 können die Versicherten unter den Apotheken, für die der Rahmenvertrag nach § 129 Abs. 2 Geltung hat, frei wählen. Vertragsärzte und Krankenkassen dürfen, soweit gesetzlich nicht etwas anderes bestimmt oder aus medizinischen Gründen im Einzelfall eine Empfehlung geboten ist, weder die Versicherten dahingehend beeinflussen, Verordnungen bei einer bestimmten Apotheke oder einem sonstigen Leistungserbringer einzulösen, noch unmittelbar oder mittelbar Verordnungen bestimmten Apotheken oder sonstigen Leistungserbringern zuweisen. Die Sätze 5 und 6 gelten auch bei der Einlösung von elektronischen Verordnungen.

(1a) Verbandmittel sind Gegenstände einschließlich Fixiermaterial, deren Hauptwirkung darin besteht, oberflächengeschädigte Körperteile zu bedecken, Körperflüssigkeiten von oberflächengeschädigten Körperteilen aufzusaugen oder beides zu erfüllen. Die Eigenschaft als Verbandmittel entfällt nicht, wenn ein Gegenstand ergänzend weitere Wirkungen entfaltet, die ohne pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkungsweise im menschlichen Körper der Wundheilung dienen, beispielsweise, indem er eine Wunde feucht hält, reinigt, geruchsbindend, antimikrobiell oder metallbeschichtet ist. Erfasst sind auch Gegenstände, die zur individuellen Erstellung von einmaligen Verbänden an Körperteilen, die nicht oberflächengeschädigt sind, gegebenenfalls mehrfach verwendet werden, um Körperteile zu stabilisieren, zu immobilisieren oder zu komprimieren. Das Nähere zur Abgrenzung von Verbandmitteln zu sonstigen Produkten zur Wundbehandlung regelt der Gemeinsame Bundesausschuss bis zum 31. August 2020 in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6; Absatz 1 Satz 2 gilt für diese sonstigen Produkte entsprechend. Bis 48 Monate nach dem Wirksamwerden der Regelungen nach Satz 4 sind solche Gegenstände weiterhin zu Lasten der Krankenkassen zu erbringen, die vor dem Wirksamwerden der Regelungen nach Satz 4 erbracht wurden. Der Gemeinsame Bundesausschuss berät Hersteller von sonstigen Produkten zur Wundbehandlung im Rahmen eines Antragsverfahrens insbesondere zu konkreten Inhalten der vorzulegenden Unterlagen und Studien. § 34 Absatz 6 gilt entsprechend. Für die Beratung sind Gebühren zu erheben. Das Nähere zur Beratung und zu den Gebühren regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung.

(1b) Für Versicherte, die eine kontinuierliche Versorgung mit einem bestimmten Arzneimittel benötigen, können Vertragsärzte Verordnungen ausstellen, nach denen eine nach der Erstabgabe bis zu dreimal sich wiederholende Abgabe erlaubt ist. Die Verordnungen sind besonders zu kennzeichnen. Sie dürfen bis zu einem Jahr nach Ausstellungsdatum zu Lasten der gesetzlichen Krankenkasse durch Apotheken beliefert werden.

(2) Für ein Arznei- oder Verbandmittel, für das ein Festbetrag nach § 35 festgesetzt ist, trägt die Krankenkasse die Kosten bis zur Höhe dieses Betrages, für andere Arznei- oder Verbandmittel die vollen Kosten, jeweils abzüglich der vom Versicherten zu leistenden Zuzahlung und der Abschläge nach den §§ 130, 130a und dem Gesetz zur Einführung von Abschlägen der pharmazeutischen Großhändler. Hat die Krankenkasse mit einem pharmazeutischen Unternehmen, das ein Festbetragsarzneimittel anbietet, eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 abgeschlossen, trägt die Krankenkasse abweichend von Satz 1 den Apothekenverkaufspreis dieses Mittels abzüglich der Zuzahlungen und Abschläge nach den §§ 130 und 130a Absatz 1, 1b, 3a und 3b. Diese Vereinbarung ist nur zulässig, wenn hierdurch die Mehrkosten der Überschreitung des Festbetrages ausgeglichen werden. Die Krankenkasse übermittelt die erforderlichen Angaben einschließlich des Arzneimittel- und des Institutionskennzeichens der Krankenkasse an die Vertragspartner nach § 129 Abs. 2; das Nähere ist in den Verträgen nach § 129 Abs. 2 und 5 zu vereinbaren. Versicherte und Apotheken sind nicht verpflichtet, Mehrkosten an die Krankenkasse zurückzuzahlen, wenn die von der Krankenkasse abgeschlossene Vereinbarung den gesetzlichen Anforderungen nicht entspricht.

(2a) (weggefallen)

(3) Versicherte, die das achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, leisten an die abgebende Stelle zu jedem zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordneten Arznei- und Verbandmittel als Zuzahlung den sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrag, jedoch jeweils nicht mehr als die Kosten des Mittels. Satz 1 findet keine Anwendung bei Harn- und Blutteststreifen. Satz 1 gilt auch für Medizinprodukte, die nach Absatz 1 Satz 2 und 3 in die Versorgung mit Arzneimitteln einbezogen worden sind. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen kann Arzneimittel, deren Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers ohne Mehrwertsteuer mindestens um 20 vom Hundert niedriger als der jeweils gültige Festbetrag ist, der diesem Preis zugrunde liegt, von der Zuzahlung freistellen, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind. Für andere Arzneimittel, für die eine Vereinbarung nach § 130a Abs. 8 besteht, kann die Krankenkasse die Zuzahlung um die Hälfte ermäßigen oder aufheben, wenn hieraus Einsparungen zu erwarten sind. Absatz 2 Satz 4 gilt entsprechend. Muss für ein Arzneimittel auf Grund eines Arzneimittelrückrufs oder einer von der zuständigen Behörde bekannt gemachten Einschränkung der Verwendbarkeit erneut ein Arzneimittel verordnet werden, so ist die erneute Verordnung zuzahlungsfrei. Eine bereits geleistete Zuzahlung für die erneute Verordnung ist dem Versicherten auf Antrag von der Krankenkasse zu erstatten.

(4) Das Nähere zu therapiegerechten und wirtschaftlichen Packungsgrößen bestimmt das Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates. Ein Fertigarzneimittel, dessen Packungsgröße die größte der auf Grund der Verordnung nach Satz 1 bestimmte Packungsgröße übersteigt, ist nicht Gegenstand der Versorgung nach Absatz 1 und darf nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben werden.

(5) Versicherte haben Anspruch auf bilanzierte Diäten zur enteralen Ernährung nach Maßgabe der Arzneimittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 in der jeweils geltenden und gemäß § 94 Absatz 2 im Bundesanzeiger bekannt gemachten Fassung. Der Gemeinsame Bundesausschuss hat die Entwicklung der Leistungen, auf die Versicherte nach Satz 1 Anspruch haben, zu evaluieren und über das Ergebnis der Evaluation dem Bundesministerium für Gesundheit alle drei Jahre, erstmals zwei Jahre nach dem Inkrafttreten der Regelungen in der Verfahrensordnung nach Satz 5, zu berichten. Stellt der Gemeinsame Bundesausschuss in dem Bericht nach Satz 2 fest, dass zur Gewährleistung einer ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung Anpassungen der Leistungen, auf die Versicherte nach Satz 1 Anspruch haben, erforderlich sind, regelt er diese Anpassungen spätestens zwei Jahre nach Übersendung des Berichts in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Der Gemeinsame Bundesausschuss berücksichtigt bei der Evaluation nach Satz 2 und bei der Regelung nach Satz 3 Angaben von Herstellern von Produkten zu bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung zur medizinischen Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit ihrer Produkte sowie Angaben zur Versorgung mit Produkten zu bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften, des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft. Das Nähere zum Verfahren der Evaluation nach Satz 2 und der Regelung nach Satz 3 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss in seiner Verfahrensordnung. Für die Zuzahlung gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend. Für die Abgabe von bilanzierten Diäten zur enteralen Ernährung gelten die §§ 126 und 127 in der bis zum 10. Mai 2019 geltenden Fassung entsprechend. Bei Vereinbarungen nach § 84 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 sind Leistungen nach Satz 1 zu berücksichtigen.

(6) Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung haben Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon, wenn

1.
eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung
a)
nicht zur Verfügung steht oder
b)
im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung der behandelnden Vertragsärztin oder des behandelnden Vertragsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes der oder des Versicherten nicht zur Anwendung kommen kann,
2.
eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht.
Die Leistung bedarf bei der ersten Verordnung für eine Versicherte oder einen Versicherten der nur in begründeten Ausnahmefällen abzulehnenden Genehmigung der Krankenkasse, die vor Beginn der Leistung zu erteilen ist. Verordnet die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt die Leistung nach Satz 1 im Rahmen der Versorgung nach § 37b oder im unmittelbaren Anschluss an eine Behandlung mit einer Leistung nach Satz 1 im Rahmen eines stationären Krankenhausaufenthalts, ist über den Antrag auf Genehmigung nach Satz 2 abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 innerhalb von drei Tagen nach Antragseingang zu entscheiden. Leistungen, die auf der Grundlage einer Verordnung einer Vertragsärztin oder eines Vertragsarztes zu erbringen sind, bei denen allein die Dosierung eines Arzneimittels nach Satz 1 angepasst wird oder die einen Wechsel zu anderen getrockneten Blüten oder zu anderen Extrakten in standardisierter Qualität anordnen, bedürfen keiner erneuten Genehmigung nach Satz 2. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte wird mit einer bis zum 31. März 2022 laufenden nichtinterventionellen Begleiterhebung zum Einsatz der Leistungen nach Satz 1 beauftragt.Die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt, die oder der die Leistung nach Satz 1 verordnet, übermittelt die für die Begleiterhebung erforderlichen Daten dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in anonymisierter Form; über diese Übermittlung ist die oder der Versicherte vor Verordnung der Leistung von der Vertragsärztin oder dem Vertragsarzt zu informieren.Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte darf die nach Satz 6 übermittelten Daten nur in anonymisierter Form und nur zum Zweck der wissenschaftlichen Begleiterhebung verarbeiten. Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, den Umfang der zu übermittelnden Daten, das Verfahren zur Durchführung der Begleiterhebung einschließlich der anonymisierten Datenübermittlung sowie das Format des Studienberichts nach Satz 9 zu regeln. Auf der Grundlage der Ergebnisse der Begleiterhebung nach Satz 5 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss innerhalb von sechs Monaten nach der Übermittlung der Ergebnisse der Begleiterhebung in Form eines Studienberichts das Nähere zur Leistungsgewährung in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6. Der Studienbericht wird vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte auf seiner Internetseite veröffentlicht. Abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 ist über den Antrag auf Genehmigung innerhalb von zwei Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Sofern eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes, eingeholt wird, ist abweichend von § 13 Absatz 3a Satz 1 über den Antrag auf Genehmigung innerhalb von vier Wochen nach Antragseingang zu entscheiden; der Medizinische Dienst nimmt, sofern eine gutachtliche Stellungnahme eingeholt wird, innerhalb von zwei Wochen Stellung.

(7) Der Gemeinsame Bundesausschuss regelt bis zum 1. Oktober 2023 in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Nummer 6 das Nähere zu einzelnen Facharztgruppen und den erforderlichen ärztlichen Qualifikationen, bei denen der Genehmigungsvorbehalt nach Absatz 6 Satz 2 entfällt.

(1) Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich und die Kassenärztliche Vereinigung treffen zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung mit Leistungen nach § 31 bis zum 30. November für das jeweils folgende Kalenderjahr eine Arzneimittelvereinbarung. Die Vereinbarung umfasst

1.
ein Ausgabenvolumen für die insgesamt von den Vertragsärzten nach § 31 veranlassten Leistungen,
2.
Versorgungs- und Wirtschaftlichkeitsziele und konkrete, auf die Umsetzung dieser Ziele ausgerichtete Maßnahmen, insbesondere Verordnungsanteile für Wirkstoffe und Wirkstoffgruppen im jeweiligen Anwendungsgebiet, Verordnungsanteile für Generika und im Wesentlichen gleiche biotechnologisch hergestellte biologische Arzneimittel im Sinne des Artikels 10 Absatz 4 der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. L 311 vom 28.11.2001, S. 67), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/5 (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 24) geändert worden ist, auch zur Verordnung wirtschaftlicher Einzelmengen (Zielvereinbarungen), insbesondere zur Information und Beratung und
3.
Kriterien für Sofortmaßnahmen zur Einhaltung des vereinbarten Ausgabenvolumens innerhalb des laufenden Kalenderjahres.
Kommt eine Vereinbarung bis zum Ablauf der in Satz 1 genannten Frist nicht zustande, gilt die bisherige Vereinbarung bis zum Abschluss einer neuen Vereinbarung oder einer Entscheidung durch das Schiedsamt weiter. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen teilen das nach Satz 2 Nr. 1 vereinbarte oder schiedsamtlich festgelegte Ausgabenvolumen dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit. Die Krankenkasse kann mit Ärzten abweichende oder über die Regelungen nach Satz 2 hinausgehende Vereinbarungen treffen.

(2) Bei der Anpassung des Ausgabenvolumens nach Absatz 1 Nr. 1 sind insbesondere zu berücksichtigen

1.
Veränderungen der Zahl und Altersstruktur der Versicherten,
2.
Veränderungen der Preise der Leistungen nach § 31,
3.
Veränderungen der gesetzlichen Leistungspflicht der Krankenkassen,
4.
Änderungen der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Abs. 1 Nr. 6,
5.
der wirtschaftliche und qualitätsgesicherte Einsatz innovativer Arzneimittel,
6.
Veränderungen der sonstigen indikationsbezogenen Notwendigkeit und Qualität bei der Arzneimittelverordnung auf Grund von getroffenen Zielvereinbarungen nach Absatz 1 Nr. 2,
7.
Veränderungen des Verordnungsumfangs von Leistungen nach § 31 auf Grund von Verlagerungen zwischen den Leistungsbereichen und
8.
Ausschöpfung von Wirtschaftlichkeitsreserven entsprechend den Zielvereinbarungen nach Absatz 1 Nr. 2.

(3) Überschreitet das tatsächliche, nach Absatz 5 Satz 1 bis 3 festgestellte Ausgabenvolumen für Leistungen nach § 31 das nach Absatz 1 Nr. 1 vereinbarte Ausgabenvolumen, ist diese Überschreitung Gegenstand der Gesamtverträge. Die Vertragsparteien haben dabei die Ursachen der Überschreitung, insbesondere auch die Erfüllung der Zielvereinbarungen nach Absatz 1 Nr. 2 zu berücksichtigen. Bei Unterschreitung des nach Absatz 1 Nr. 1 vereinbarten Ausgabenvolumens kann diese Unterschreitung Gegenstand der Gesamtverträge werden.

(4) Werden die Zielvereinbarungen nach Absatz 1 Nr. 2 erfüllt, entrichten die beteiligten Krankenkassen auf Grund einer Regelung der Parteien der Gesamtverträge auch unabhängig von der Einhaltung des vereinbarten Ausgabenvolumens nach Absatz 1 Nr. 1 einen vereinbarten Bonus an die Kassenärztliche Vereinigung.

(4a) Die Vorstände der Krankenkassenverbände sowie der Ersatzkassen, soweit sie Vertragspartei nach Absatz 1 sind und der Kassenärztlichen Vereinigungen haften für eine ordnungsgemäße Umsetzung der vorgenannten Maßnahmen.

(5) Zur Feststellung des tatsächlichen Ausgabenvolumens nach Absatz 3 erfassen die Krankenkassen die während der Geltungsdauer der Arzneimittelvereinbarung veranlassten Ausgaben arztbezogen, nicht versichertenbezogen. Sie übermitteln diese Angaben nach Durchführung der Abrechnungsprüfung dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen, der diese Daten kassenartenübergreifend zusammenführt und jeweils der Kassenärztlichen Vereinigung übermittelt, der die Ärzte, welche die Ausgaben veranlasst haben, angehören; zugleich übermittelt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen diese Daten den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen, die Vertragspartner der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung nach Absatz 1 sind. Ausgaben nach Satz 1 sind auch Ausgaben für Leistungen nach § 31, die durch Kostenerstattung vergütet worden sind. Zudem erstellt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen für jede Kassenärztliche Vereinigung monatliche Berichte über die Entwicklung der Ausgaben von Leistungen nach § 31 und übermitteln diese Berichte als Schnellinformationen den Vertragspartnern nach Absatz 1 insbesondere für Abschluss und Durchführung der Arzneimittelvereinbarung sowie für die Informationen nach § 73 Abs. 8. Für diese Berichte gelten Satz 1 und 2 entsprechend; Satz 2 gilt mit der Maßgabe, dass die Angaben vor Durchführung der Abrechnungsprüfung zu übermitteln sind. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung erhält für die Vereinbarung der Rahmenvorgaben nach Absatz 7 und für die Informationen nach § 73 Abs. 8 eine Auswertung dieser Berichte. Die Krankenkassen sowie der Spitzenverband Bund der Krankenkassen können eine Arbeitsgemeinschaft nach § 219 mit der Durchführung der vorgenannten Aufgaben beauftragen. § 304 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 gilt entsprechend.

(6) Die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen vereinbaren bis zum 30. September für das jeweils folgende Kalenderjahr Rahmenvorgaben für die Inhalte der Arzneimittelvereinbarungen nach Absatz 1 sowie für die Inhalte der Informationen und Hinweise nach § 73 Abs. 8. Die Rahmenvorgaben haben die Arzneimittelverordnungen zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen zu vergleichen und zu bewerten; dabei ist auf Unterschiede in der Versorgungsqualität und Wirtschaftlichkeit hinzuweisen. Von den Rahmenvorgaben dürfen die Vertragspartner der Arzneimittelvereinbarung nur abweichen, soweit dies durch die regionalen Versorgungsbedingungen begründet ist.

(7) Die Absätze 1 bis 6 sind für Heilmittel unter Berücksichtigung der besonderen Versorgungs- und Abrechnungsbedingungen im Heilmittelbereich entsprechend anzuwenden. Veranlasste Ausgaben im Sinne des Absatzes 5 Satz 1 betreffen die während der Geltungsdauer der Heilmittelvereinbarung mit den Krankenkassen abgerechneten Leistungen. Die in Absatz 5 geregelte Datenübermittlung erfolgt für die Heilmittel in arztbezogener Form sowie versichertenbezogen in pseudonymisierter Form. Das Nähere zur Datenübermittlung und zum Verfahren der Pseudonymisierung regelt der Spitzenverband Bund der Krankenkassen.

(8) Das Bundesministerium für Gesundheit kann bei Ereignissen mit erheblicher Folgewirkung für die medizinische Versorgung zur Gewährleistung der notwendigen Versorgung mit Leistungen nach § 31 die Ausgabenvolumen nach Absatz 1 Nr. 1 durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates erhöhen.

(1) Die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen überwachen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich und die Kassenärztlichen Vereinigungen vereinbaren Inhalt und Durchführung der Beratungen und Prüfungen nach Absatz 2 sowie die Voraussetzungen für Einzelfallprüfungen. Die Vertragspartner können die Prüfungsstelle mit der Prüfung ärztlich verordneter Leistungen in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung beauftragen und tragen die Kosten. Die Krankenkassen übermitteln der Prüfungsstelle die Daten der in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung verordneten Leistungen; dabei sind zusätzlich die Zahl der Behandlungsfälle und eine Zuordnung der verordneten Leistungen zum Datum der Behandlung zu übermitteln. Die §§ 296 und 297 gelten entsprechend.

(2) Die Wirtschaftlichkeit der Versorgung wird von der Prüfungsstelle nach § 106c geprüft durch

1.
arztbezogene Prüfungen ärztlicher Leistungen nach § 106a,
2.
arztbezogene Prüfungen ärztlich verordneter Leistungen nach § 106b.
Die Prüfungen werden auf der Grundlage der Daten durchgeführt, die der Prüfungsstelle nach § 106c gemäß § 296 Absatz 1, 2 und 4 sowie § 297 Absatz 2 übermittelt werden. Hat die Prüfungsstelle Zweifel an der Richtigkeit der übermittelten Daten, ermittelt sie die Datengrundlagen für die Prüfung aus einer Stichprobe der abgerechneten Behandlungsfälle des Arztes und rechnet die so ermittelten Teildaten nach einem statistisch zulässigen Verfahren auf die Grundgesamtheit der Arztpraxis hoch.

(3) Die Prüfungsstelle nach § 106c bereitet die für die Prüfungen nach Absatz 2 erforderlichen Daten und sonstigen Unterlagen auf, trifft Feststellungen zu den für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit wesentlichen Sachverhalten und entscheidet unter Beachtung der Vereinbarungen nach den §§ 106a und 106b, ob der Vertragsarzt, der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat und welche Maßnahmen zu treffen sind. Eine Maßnahme kann insbesondere auch die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung sein. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung auf Grund einer Wirtschaftlichkeitsprüfung, die von Amts wegen durchzuführen ist, muss für ärztliche Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab Erlass des Honorarbescheides und für ärztlich verordnete Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, erfolgen; § 45 Absatz 2 des Ersten Buches gilt entsprechend. Für Wirtschaftlichkeitsprüfungen, die auf Grund eines Antrags erfolgen, ist der Antrag für die Prüfung ärztlicher Leistungen spätestens 18 Monate nach Erlass des Honorarbescheides und für die Prüfung ärztlich verordneter Leistungen spätestens 18 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, bei der Prüfungsstelle nach § 106c einzureichen. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung muss innerhalb weiterer zwölf Monate nach Ablauf der in Satz 4 genannten Frist erfolgen; die Regelung des § 45 Absatz 2 des Ersten Buches findet keine entsprechende Anwendung. Gezielte Beratungen sollen weiteren Maßnahmen in der Regel vorangehen. Die Prüfungsstelle berät die Vertragsärzte auf der Grundlage von Übersichten über die von ihnen im Zeitraum eines Jahres oder in einem kürzeren Zeitraum erbrachten, verordneten oder veranlassten Leistungen über Fragen der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Versorgung.

(4) Werden Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassenverbände und Kassenärztlichen Vereinigungen für eine ordnungsgemäße Umsetzung. Können Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt werden, weil die erforderlichen Daten nach den §§ 296 und 297 nicht oder nicht im vorgesehenen Umfang oder nicht fristgerecht übermittelt worden sind, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassen oder der Kassenärztlichen Vereinigungen. Die zuständige Aufsichtsbehörde hat nach Anhörung der Vorstandsmitglieder und der jeweils entsandten Vertreter im Ausschuss den Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung das Regressverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten auch für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der im Krankenhaus erbrachten ambulanten ärztlichen und belegärztlichen Leistungen.

Tenor

§ 43 Absatz 18 des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften verstößt gegen die verfassungsrechtlichen Grundsätze des Vertrauensschutzes aus Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes und ist nichtig, soweit danach § 40a Absatz 1 Satz 2 des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften auf Gewinnminderungen, die im Zusammenhang mit Anteilscheinen an einem Wertpapier-Sondervermögen stehen, rückwirkend bereits in den Veranlagungszeiträumen 2001 und 2002 anzuwenden ist.

Gründe

1

Die Vorlage betrifft die Frage, ob § 43 Abs. 18 des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG) insofern gegen das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot aus Art. 20 Abs. 3, Art. 2 Abs. 1 GG verstößt, als darin die rückwirkende Anwendung des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG auf alle von dieser Vorschrift erfassten, noch nicht bestandskräftigen Steuerfestsetzungen angeordnet worden ist. Dies hat zur Folge, dass Teilwertabschreibungen einer Körperschaft auf Anteile an Aktienfonds den steuerlichen Gewinn auch der Veranlagungszeiträume 2001 und 2002 nicht mehr mindern.

A.

I.

2

1. Das Recht der inländischen Investmentgesellschaften war bis zum 31. Dezember 2003 im Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften geregelt. Die ursprüngliche Fassung dieses Gesetzes datiert vom 16. April 1957 (BGBl I S. 378). Das Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften enthielt die aufsichts- und steuerrechtlichen Vorschriften für inländische Kapitalanlagegesellschaften. Die entsprechenden Vorschriften für ausländische Kapitalanlagegesellschaften waren in dem ebenfalls zum Jahresende 2003 ausgelaufenen Auslandinvestment-Gesetz (AuslInvG) - ursprünglich in der Fassung vom 28. Juli 1969 (BGBl I S. 986) - enthalten.

3

Das Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften und das Auslandinvestment-Gesetz wurden im Rahmen des Gesetzes zur Modernisierung des Investmentwesens und zur Besteuerung von Investmentvermögen (Investmentmodernisierungsgesetz) vom 15. Dezember 2003 (BGBl I S. 2676) mit Wirkung vom 1. Januar 2004 durch das Investmentgesetz (InvG) für das Aufsichtsrecht und das Investmentsteuergesetz (InvStG) für das Steuerrecht abgelöst. Das Investmentgesetz wurde inzwischen durch das am 22. Juli 2013 in Kraft getretene Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) ersetzt (BGBl I S. 1981), das Investmentsteuergesetz besteht fort.

4

Die Vorlage betrifft die Endphase der zeitlichen Anwendung des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften. In dem Gesetzgebungsverfahren zum Investmentmodernisierungsgesetz setzte sich der Gesetzgeber unter anderem mit einem Auslegungsproblem zur ertragsteuerlichen Berücksichtigungsfähigkeit von Teilwertabschreibungen auseinander (vgl. § 8 InvStG). Es ging um die Frage, ob der in § 8b Abs. 3 Körperschaftsteuergesetz (KStG) in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung vorgesehene Ausschluss der Berücksichtigungsfähigkeit von Teilwertabschreibungen (vgl. BTDrucks 14/2683, S. 79; BGBl I 2000, S. 1433 <1453>, S. 1850 <1854> und BGBl I 2001, S. 3858 <3863>) auch auf Kapitalanlagegesellschaften Anwendung findet, obwohl § 40a KAGG auf diese Vorschrift nicht verwies. Der Gesetzgeber erstreckte die seiner Auffassung nach im Vergleich zur bisherigen Rechtslage nur klarstellende Lösung, wonach § 8b Abs. 3 KStG auch auf Kapitalanlagegesellschaften Anwendung finde, durch eine Änderung des auslaufenden Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften zugleich auf die Vergangenheit. Die dies anordnenden Regelungen des § 40a Abs. 1 Satz 2 und des § 43 Abs. 18 KAGG wurden in das Gesetz zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz vom 22. Dezember 2003 (BGBl I S. 2840), das auch Korb II-Gesetz genannt wird, aufgenommen. Die Gesetzgebungsverfahren zum Korb II-Gesetz und zum Investmentmodernisierungsgesetz wurden in der zweiten Hälfte des Jahres 2003 durchgeführt (vgl. zu den Gesetzentwürfen der Bundesregierung BRDrucks 560/03 vom 15. August 2003 und BRDrucks 609/03 vom 28. August 2003; vgl. BTDrucks 15/1518, 15/1553). Das Investmentmodernisierungsgesetz wurde am 19. Dezember 2003, das Korb II-Gesetz am 27. Dezember 2003 im Bundesgesetzblatt verkündet.

5

2. Hintergrund der Einführung des § 40a Abs. 1 KAGG war der Systemwechsel im Körperschaftsteuerrecht vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren (später Teileinkünfteverfahren). Dieser Systemwechsel (vgl. dazu BVerfGE 125, 1; 127, 224) hatte zu Änderungen des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften und des Auslandinvestment-Gesetzes geführt (vgl. BTDrucks 14/2683, S. 132). An den durch das Gesetz zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung (Steuersenkungsgesetz - StSenkG) vom 23. Oktober 2000 (BGBl I S. 1433) eingeführten, zunächst nur aus einem Satz bestehenden § 40a Abs. 1 KAGG a.F. wurde durch das Korb II-Gesetz vom 22. Dezember 2003 ein zweiter Satz (im nachfolgenden Text in Fettdruck wiedergegeben) angefügt, für den es in der vorherigen Fassung noch keine Entsprechung gegeben hatte.

6

§ 40a KAGG in der hier maßgeblichen Fassung des Korb II-Gesetzes lautet:

7

§ 40a KAGG

(1) 1Auf die Einnahmen aus der Rückgabe oder Veräußerung von Anteilscheinen an einem Wertpapier-Sondervermögen, die zu einem Betriebsvermögen gehören, sind § 3 Nr. 40 des Einkommensteuergesetzes und § 8b Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes anzuwenden, soweit sie dort genannte, dem Anteilscheininhaber noch nicht zugeflossene oder als zugeflossen geltende Einnahmen enthalten oder auf Beteiligungen des Wertpapier-Sondervermögens an Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen entfallen, deren Leistungen beim Empfänger zu den Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes gehören. 2Auf Gewinnminderungen, die im Zusammenhang mit Anteilsscheinen an einem Wertpapier-Sondervermögen stehen, sind § 3c Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes und § 8b Abs. 3 des Körperschaftsteuergesetzes anzuwenden, soweit die Gewinnminderungen auf Beteiligungen des Wertpapier-Sondervermögens an Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen entfallen, deren Leistungen beim Empfänger zu den Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes gehören.

(2) …

8

Die zeitliche Anwendung des § 40a Abs. 1 KAGG wurde durch das Korb II-Gesetz in § 43 Abs. 18 KAGG wie folgt festgelegt:

9

§ 43 KAGG

(1) bis (17) …

(18) § 40a Abs. 1 in der Fassung des Artikels 6 des Gesetzes vom 22. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2840) ist für alle Veranlagungszeiträume anzuwenden, soweit Festsetzungen noch nicht bestandskräftig sind.

10

Nach der Begründung des Regierungsentwurfs (vgl. BTDrucks 15/1518, S. 17) handelt es sich bei § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG um eine "redaktionelle Klarstellung, dass § 8b Abs. 3 KStG auch bei Investmentanteilen gilt, wenn Verluste aus der Veräußerung der Anteilscheine oder Teilwertminderungen auf Wertminderungen der in dem Wertpapier-Sondervermögen befindlichen Beteiligungen beruhen".

11

Auf der Ebene der Finanzgerichte ist umstritten, ob die Vorschrift des § 40a Abs. 1 KAGG mit dem neuen Satz 2 im Vergleich zur vorherigen Gesetzesfassung ohne den Satz 2 - wie im Vorlagebeschluss vertreten - als konstitutive, die bisherige Rechtslage ändernde Regelung oder als deklaratorische, die bisherige Rechtslage lediglich klarstellende Regelung anzusehen ist (vgl. Finanzgericht München, Urteile vom 28. Februar 2008 - 7 K 917/07 -, EFG 2008, S. 991, - dazu BFHE 227, 73 - und vom 17. März 2009 - 6 K 3474/06 -, EFG 2009, S. 1053, das Revisionsverfahren ist anhängig unter dem Aktenzeichen I R 33/09, sowie Gerichtsbescheid vom 18. September 2012 - 7 K 2684/10 -, EFG 2013, S. 72, das Revisionsverfahren ist anhängig unter dem Aktenzeichen I R 74/12).

12

Höchstrichterliche Rechtsprechung zur Auslegung des einfachen Rechts in dieser Frage liegt noch nicht vor. Beim Bundesfinanzhof sind zwei Revisionsverfahren hierzu anhängig (I R 33/09 und I R 74/12). Beide beziehen sich auf das Jahr 2002, welches auch das Streitjahr in dem Ausgangsverfahren der hier zu behandelnden Vorlage ist. Eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs zu dem § 40a Abs. 1 KAGG a.F. betreffenden Auslegungsproblem ist noch nicht ergangen (vgl. Beschluss vom 15. Mai 2013 zur Aussetzung des Revisionsverfahrens I R 74/12, BFH/NV 2013, S. 1452).

13

3. Nach dem um den Satz 2 ergänzten § 40a Abs. 1 KAGG bleiben Gewinnminderungen, die im Zusammenhang mit Anteilscheinen einer Kapitalgesellschaft an einem Wertpapier-Sondervermögen stehen, bei der steuerlichen Gewinnermittlung unberücksichtigt. Im Gegensatz zur vorherigen Fassung enthält § 40a Abs. 1 KAGG neben der ausdrücklichen Verweisung auf § 8b Abs. 2 KStG durch den neuen Satz 2 nunmehr auch eine ausdrückliche Verweisung auf § 8b Abs. 3 KStG.

14

§ 8b KStG in der Fassung der Bekanntmachung der Neufassung des Körperschaftsteuergesetzes vom 15. Oktober 2002 (BGBl I S. 4144, nachfolgend als KStG a.F. bezeichnet) lautet auszugsweise:

15

§ 8b KStG

Beteiligungen an anderen Körperschaften und Personenvereinigungen

(1) …

(2) 1Bei der Ermittlung des Einkommens bleiben Gewinne aus der Veräußerung eines Anteils an einer Körperschaft oder Personenvereinigung, deren Leistungen beim Empfänger zu Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1, 2, 9 und 10 Buchstabe a des Einkommensteuergesetzes gehören, oder an einer Organgesellschaft im Sinne der §§ 14, 17 oder 18, aus der Auflösung oder der Herabsetzung des Nennkapitals oder aus dem Ansatz des in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes bezeichneten Werts sowie Gewinne im Sinne des § 21 Abs. 2 des Umwandlungssteuergesetzes außer Ansatz. 2Das gilt nicht, soweit der Anteil in früheren Jahren steuerwirksam auf den niedrigeren Teilwert abgeschrieben und die Gewinnminderung nicht durch den Ansatz eines höheren Werts ausgeglichen worden ist. 3Veräußerung im vorstehenden Sinne ist auch die verdeckte Einlage.

(3) Gewinnminderungen, die im Zusammenhang mit dem in Absatz 2 genannten Anteil entstehen, sind bei der Gewinnermittlung nicht zu berücksichtigen.

(4) bis (7) …

16

§ 8 Abs. 3 KStG a.F. ("bei der Gewinnermittlung") ist mit § 8b Abs. 3 Satz 3 der aktuellen Fassung des KStG ("bei der Ermittlung des Einkommens") nahezu wortgleich. Bei dem steuerlichen Begriff des Teilwerts handelt es sich nach der Legaldefinition in § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 Einkommensteuergesetz (EStG) um den Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde, wobei davon auszugehen ist, dass der Erwerber den Betrieb fortführt (vgl. die Legaldefinition in § 10 Bewertungsgesetz). Sinkt der Teilwert im Vergleich zu den Anschaffungskosten, den Herstellungskosten oder zu dem Restbuchwert eines Wirtschaftsguts, kann eine Verpflichtung zur Teilwertabschreibung bestehen (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 und § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG; vgl. zum Handelsrecht § 253 HGB). Abschreibungen auf den niedrigeren Teilwert mindern grundsätzlich das zu versteuernde Einkommen. In den Fällen des § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG8b Abs. 3 KStG a.F.) gilt das jedoch ausnahmsweise nicht; hierunter fallende Gewinnminderungen bleiben steuerlich unberücksichtigt. Nach der Begründung zum Absatz 3 im Entwurf des Steuersenkungsgesetzes bleiben Veräußerungsverluste und Teilwertabschreibungen steuerlich unberücksichtigt, ebenso Wertaufholungen ("Konsequenz aus der Befreiung der Veräußerungsgewinne", vgl. BTDrucks 14/2683, S. 124; vgl. zu "Regelungssymmetrie" und steuersystematischer Korrektheit auch Gosch, in: Gosch, KStG, 2. Aufl. 2009, § 8b Rn. 260 f.). Eine Ausnahme von der Steuerbefreiung sei vorgesehen, soweit sich Teilwertabschreibungen in früheren Jahren gewinnmindernd ausgewirkt hätten (vgl. § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG a.F., inzwischen Satz 4), insoweit sei eine Wertaufholung oder ein Veräußerungsgewinn zu versteuern.

17

Gewinnminderungen im Zusammenhang mit Anteilscheinen an einem Wertpapier-Sondervermögen (vgl. § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG), können - wie im Ausgangsverfahren des Finanzgerichts - bei im Wert gefallenen Anteilen an Aktienfonds vorliegen. Die Anwendung des § 8b Abs. 3 KStG a.F. hat zur Folge, dass diesbezügliche Teilwertabschreibungen - zum Beispiel infolge von Kursstürzen an der Börse - bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens einer Körperschaft nicht berücksichtigt werden.

II.

18

Das Ausgangsverfahren betrifft die Körperschaftsteuer des Veranlagungszeitraums 2002 der dortigen Klägerin. Sie ist ein Kreditinstitut, das am 31. Dezember 2002 (Stichtag des Jahresabschlusses) in seinem Umlaufvermögen Anteile an zwei Investmentfonds hielt. Zum 31. Dezember 2002 waren die Börsenkurse der Anteilscheine an diesen Fonds unter die jeweiligen im Jahresabschluss des Vorjahres ausgewiesenen Buchwerte gesunken.

19

Die klagende Bank nahm in ihrer am 14. Januar 2003 erstellten Handelsbilanz für das Jahr 2002 Abschreibungen auf die Fonds in Höhe von insgesamt 392.643,53 € vor. In seinem Lagebericht beschrieb der Vorstand den "stärksten Kurseinbruch in der Geschichte des DAX". Für den deutschen Aktienindex (DAX) sei das Jahr 2002 das dritte Verlustjahr in Folge gewesen. Nachdem der Index bereits in den Jahren 2000 und 2001 um 8% beziehungsweise 20% an Wert verloren habe, habe er im Jahr 2002 mit dem Verlust von 44% (DAX-Stand zum Jahresende 2002: 2.892,63 Punkte) die höchste Einbuße in seiner Geschichte verzeichnet.

20

In der am 10. Juli 2003 erstellten Steuerbilanz für das Jahr 2002 führten die Abschreibungen auf die Fondsanteile, nachdem deren Kurswerte bis zur Erstellung der Steuerbilanz wieder gestiegen waren, zu einer Gewinnminderung in Höhe von 357.493,73 €. Die Klägerin wurde gemäß ihrer im August 2003 beim Finanzamt eingereichten Körperschaftsteuererklärung veranlagt. Die Körperschaftsteuer laut dem ursprünglichen Bescheid vom 22. Oktober 2003 betrug 95.509 €.

21

Nach der Verabschiedung des Korb II-Gesetzes reichte die Klägerin Ende Februar 2004 beim Finanzamt eine geänderte Körperschaftsteuererklärung für das Jahr 2002 ein. Unter anderem erhöhte sie den bislang erklärten Gewinn um die für das Jahr 2002 vorgenommenen, als steuerwirksam behandelten Teilwertabschreibungen. Gleichzeitig kündigte die Klägerin einen Einspruch an, den sie sodann nach Erlass des Änderungsbescheids vom 27. April 2004 einlegte.

22

Im Rahmen einer während des Einspruchsverfahrens durchgeführten Betriebsprüfung teilte der Prüfer unter Hinweis auf das Korb II-Gesetz die Auffassung der Finanzverwaltung, dass eine steuerliche Berücksichtigung der Teilwertabschreibung gemäß § 8b Abs. 3 KStG a.F. ausgeschlossen und der Gewinn daher entsprechend zu erhöhen sei. Unter Berücksichtigung der sich erhöhenden Gewerbesteuer-Rückstellung ergab sich im Hinblick auf die im Streit stehende Teilwertabschreibung für 2002 eine Gewinnerhöhung um einen Betrag von 282.019,50 €, die in dieser Höhe dem Körperschaftsteuer-Änderungsbescheid vom 13. April 2005 zugrunde gelegt wurde. Das Finanzamt setzte die Körperschaftsteuer nunmehr auf 140.570 € fest und wies den Einspruch als unbegründet zurück.

23

Mit der gegen den geänderten Körperschaftsteuerbescheid und die Einspruchsentscheidung erhobenen Klage macht die Klägerin im Ausgangsverfahren geltend, § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG wirke in Verbindung mit der Anwendungsvorschrift des § 43 Abs. 18 KAGG in konstitutiver und verfassungsrechtlich unzulässiger Weise in abgeschlossene Veranlagungszeiträume zurück. Sie beantragt eine Herabsetzung des zu versteuernden Einkommens um den Betrag von 282.019,50 €.

III.

24

Das Finanzgericht hat das Ausgangsverfahren ausgesetzt, um eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen (veröffentlicht in EFG 2008, S. 983).

25

Das vorlegende Gericht hält § 43 Abs. 18 KAGG wegen Verstoßes gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG für verfassungswidrig, weil die neue Fassung des § 40a Abs. 1 KAGG nicht lediglich klarstellend sei, sondern eine unzulässige echte Rückwirkung entfalte. § 8b Abs. 3 KStG sei weder unmittelbar auf Anteilscheine anwendbar gewesen, noch habe § 40a Abs. 1 KAGG a.F. die sinngemäße Anwendung des § 8b Abs. 3 KStG angeordnet, noch folge der Ausschluss der Teilwertabschreibungen vom steuerrechtlichen Abzug bei der Gewinnermittlung aus § 8 Abs. 1 KStG in Verbindung mit § 3c Abs. 1 EStG. Insbesondere der Wortlaut des § 40a Abs. 1 KAGG a.F. mit der dort fehlenden Verweisung auf § 8b Abs. 3 KStG a.F. und eine systematische Auslegung der Vorschrift, wonach die steuerliche Berücksichtigung von Teilwertabschreibungen auf Anteilscheine nicht zu sinnwidrigen Ergebnissen führe, sprächen dafür, dass bis zur Neuregelung des § 40a Abs. 1 KAGG Teilwertabschreibungen bei Anteilscheinen gewinnmindernd berücksichtigungsfähig gewesen seien. Diese Möglichkeit werde rückwirkend versagt. Keine der Ausnahmefallgruppen, in denen eine echte Rückwirkung zulässig sein könne, sei einschlägig.

IV.

26

Zu dem Vorlagebeschluss haben Stellung genommen das Bundesministerium der Finanzen namens der Bundesregierung, die Bundessteuerberaterkammer, ein Zusammenschluss der Bundesverbände aus dem Bereich des Bankwesens, das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V., der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. sowie - im Auftrag der Klägerin des Ausgangsverfahrens - Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Schön.

27

Das Bundesministerium der Finanzen hält die Vorlage für unzulässig und überdies für unbegründet. Das vorlegende Gericht setze sich nicht näher mit der Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung auseinander. § 43 Abs. 18 KAGG erfülle nicht den Tatbestand einer echten Rückwirkung. Der Verweis in § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG auf § 8b Abs. 3 KStG sei nur deklaratorisch. Bereits § 40a Abs. 1 KAGG a.F. habe die Anwendung des Abzugsverbots nach § 8b Abs. 3 KStG mit eingeschlossen. Das Bundesministerium der Finanzen verweist ferner auf die Urteile des Finanzgerichts München vom 28. Februar 2008 (EFG 2008, S. 991) und vom 17. März 2009 (EFG 2009, S. 1053).

28

In den übrigen Stellungnahmen wird, soweit sie sich inhaltlich zu den aufgeworfenen Rechtsfragen äußern, die Auffassung des vorlegenden Finanzgerichts Münster geteilt, dass § 43 Abs. 18 KAGG die rückwirkende Anwendung des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG in verfassungsrechtlich unzulässiger Weise anordne.

29

Der Bundesfinanzhof hat inhaltlich nicht Stellung bezogen. Das Offenlassen der verfassungsrechtlichen Frage in seinem Urteil vom 28. Oktober 2009 - I R 27/08 - (BFHE 227, 73) hat er mit der in diesem Fall gemeinschaftsrechtlich bedingten Unanwendbarkeit der Vorschrift begründet.

B.

I.

30

Die Vorlage ist zulässig.

31

1. Gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG in Verbindung mit § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG muss das vorlegende Gericht darlegen, inwiefern seine Entscheidung von der Gültigkeit der zur Prüfung gestellten Norm abhängt (vgl. BVerfGE 105, 48 <56>; 105, 61 <67>; 133, 1 <10 f.>). Dazu muss der Vorlagebeschluss mit hinreichender Deutlichkeit erkennen lassen, dass das vorlegende Gericht im Falle der Gültigkeit der in Frage gestellten Vorschrift zu einem anderen Ergebnis käme als im Falle ihrer Ungültigkeit und wie das Gericht dieses Ergebnis begründen würde (vgl. BVerfGE 105, 61 <67>; 133, 1 <11>). Für die Beurteilung der Zulässigkeit einer Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG ist dabei grundsätzlich die Rechtsauffassung des vorlegenden Gerichts vom einfachen Recht maßgebend, sofern diese nicht offensichtlich unhaltbar ist (vgl. BVerfGE 2, 181 <190 f.>; 105, 61 <67>; 133, 1 <11>).

32

2. Die Auslegung des § 40a Abs. 1 KAGG a.F. durch das vorlegende Gericht ist vertretbar. Sie lässt sich insbesondere auf den Wortlaut der Vorschrift stützen. Dass die gegenteilige Auslegung der Vorschrift ebenfalls vertretbar erscheint (vgl. die unter A I 2 zitierten Urteile des Finanzgerichts München aus den Jahren 2008 und 2009) und die maßgebliche Rechtsfrage höchstrichterlich noch nicht entschieden ist, steht der Zulässigkeit der Vorlage nicht entgegen. Hierfür genügt es, dass die Auffassung des vorlegenden Gerichts nicht offensichtlich unhaltbar ist. Es gehört nicht zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Antrags auf konkrete Normenkontrolle, die vorherige höchstrichterliche Klärung einer für die verfassungsrechtliche Beurteilung erheblichen Vorfrage des einfachen Rechts abzuwarten. Dagegen spricht schon die Befugnis von erst- oder zweitinstanzlichen Gerichten zum Antrag auf konkrete Normenkontrolle nach Art. 100 Abs. 1 GG.

33

3. Das Finanzgericht hat sich im Vorlagebeschluss hinreichend mit der Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung der einschlägigen einfachrechtlichen Vorschriften befasst und diese verneint. Der Gesetzgeber habe mit der Übergangsvorschrift des § 43 Abs. 18 KAGG in der Fassung des Korb II-Gesetzes bewusst und eindeutig die rückwirkende Anwendung des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG auf alle noch nicht bestandskräftigen Veranlagungen festgelegt. Das vorlegende Gericht sieht insofern zu Recht keinen Spielraum bei der Auslegung des § 43 Abs. 18 KAGG.

34

4. Das vorlegende Gericht war nicht verpflichtet, den Vorlagebeschluss vom 22. Februar 2008 im Hinblick auf mehrere zwischenzeitlich ergangene Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 126, 369; 127, 1; 131, 20; 132, 302) zu ergänzen, die auch für die Vorlage relevante Aussagen zu Fragen der Verfassungsmäßigkeit rückwirkender Gesetze enthalten.

35

Es besteht keine generelle verfassungsprozessuale Verpflichtung eines vorlegenden Gerichts, den Vorlagebeschluss im Hinblick auf erhebliche tatsächliche oder rechtliche Entwicklungen, die sich erst nach der Vorlage ergeben, fortlaufend zu überwachen und gegebenenfalls zu aktualisieren. Das gilt insbesondere im Hinblick auf Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu dem auch für die Vorlagefrage maßgeblichen Verfassungsrecht, die erst nach dem Vorlagebeschluss veröffentlicht werden. Das vorlegende Gericht ist allerdings berechtigt, das Bundesverfassungsgericht über neue, aus seiner Sicht für das Vorlageverfahren bedeutsame Erkenntnisse zu unterrichten. Es kann auch einen Ergänzungsbeschluss fassen, wenn es Mängel im ursprünglichen Vorlagebeschluss beseitigen will (vgl. z.B. BVerfGE 132, 302 <310>).

36

5. Die auf Anteile an Aktienfonds zielende Vorlagefrage ist dem Wortlaut des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG entsprechend auf Anteile an Wertpapier-Sondervermögen und diesbezügliche Gewinnminderungen zu erstrecken. Die Befriedungsfunktion des Normenkontrollverfahrens (vgl. dazu BVerfGE 132, 302 <316> m.w.N.) spricht für diese Erweiterung der Vorlagefrage. Weitergehende verfassungsrechtliche Fragen werden dadurch nicht aufgeworfen.

37

Entsprechendes gilt für den Veranlagungszeitraum 2001, auf den die Vorlagefrage zu erstrecken ist. Die nach der Vorlage für den im Ausgangsverfahren entscheidungserheblichen Veranlagungszeitraum 2002 erheblichen Verfassungsrechtsfragen stellen sich in gleicher Weise für das Jahr 2001. Eine Erstreckung der Vorlage auf den Veranlagungszeitraum 2003 kommt hingegen nicht in Betracht, weil die verfassungsrechtliche Beurteilung bezüglich dieses Veranlagungszeitraums (vgl. Finanzgericht Nürnberg, Urteil vom 21. Juli 2009 - 1 K 733/2007 -, EFG 2010, S. 163) schon im Hinblick auf die Einordnung der gesetzlichen Rückwirkung eigene Probleme und teilweise andere Fragen aufwirft.

II.

38

§ 43 Abs. 18 KAGG ist verfassungswidrig, soweit er für Gewinnminderungen, die im Zusammenhang mit Anteilscheinen an einem Wertpapier-Sondervermögen stehen, die rückwirkende Anwendung des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG in den Veranlagungszeiträumen 2001 und 2002 anordnet. Insoweit entfaltet § 43 Abs. 18 KAGG schon in formaler Hinsicht echte Rückwirkung (1). Die rückwirkende Verweisung auf § 8b Abs. 3 KStG in § 40 Abs. 1 Satz 2 KAGG ist aus verfassungsrechtlicher Sicht als konstitutive Änderung der bisherigen Rechtslage zu behandeln und damit auch materiell an den Grundsätzen einer echten Rückwirkung zu messen (2). Die Voraussetzungen einer nur ausnahmsweise zulässigen echten Rückwirkung liegen hier nicht vor (3).

39

1. § 43 Abs. 18 KAGG hat § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG für die Veranlagungszeiträume 2001 und 2002 jedenfalls formal mit echter Rückwirkung in Kraft gesetzt.

40

a) Das Bundesverfassungsgericht unterscheidet bei rückwirkenden Gesetzen in ständiger Rechtsprechung zwischen Gesetzen mit echter Rückwirkung, die grundsätzlich nicht mit der Verfassung vereinbar sind (vgl. BVerfGE 45, 142 <167 f.>; 101, 239 <262>; 132, 302 <318>; jeweils m.w.N.), und solchen mit unechter Rückwirkung, die grundsätzlich zulässig sind (vgl. BVerfGE 132, 302 <318> m.w.N.).

41

Eine Rechtsnorm entfaltet echte Rückwirkung, wenn sie nachträglich in einen abgeschlossenen Sachverhalt ändernd eingreift (vgl. BVerfGE 11, 139 <145 f.>; 30, 367 <386>; 101, 239 <263>; 123, 186 <257>; 132, 302 <318>). Dies ist insbesondere der Fall, wenn ihre Rechtsfolge mit belastender Wirkung schon vor dem Zeitpunkt ihrer Verkündung für bereits abgeschlossene Tatbestände gelten soll ("Rückbewirkung von Rechtsfolgen"; vgl. BVerfGE 127, 1 <16 f.>).

42

Im Steuerrecht liegt eine echte Rückwirkung nur vor, wenn der Gesetzgeber eine bereits entstandene Steuerschuld nachträglich abändert (vgl. BVerfGE 127, 1 <18 f.>; 127, 31 <48 f.>; 127, 61 <77 f.>; 132, 302 <319>). Für den Bereich des Einkommensteuerrechts bedeutet dies, dass die Änderung von Normen mit Wirkung für den laufenden Veranlagungszeitraum jedenfalls in formaler Hinsicht der Kategorie der unechten Rückwirkung zuzuordnen ist; denn nach § 38 Abgabenordnung in Verbindung mit § 36 Abs. 1 EStG entsteht die Einkommensteuer erst mit dem Ablauf des Veranlagungszeitraums, das heißt des Kalenderjahres (§ 25 Abs. 1 EStG; vgl. BVerfGE 72, 200 <252 f.>; 97, 67 <80>; 132, 302 <319>; vgl. auch bereits BVerfGE 13, 261 <263 f., 272>; 13, 274 <277 f.>; 19, 187 <195>; 30, 272 <285>). Dasselbe gilt für Veranlagungen zur Körperschaftsteuer (vgl. § 30 Nr. 3 KStG).

43

b) § 43 Abs. 18 KAGG, der durch das am 27. Dezember 2003 verkündete Korb II-Gesetz eingeführt wurde, entfaltet für die beiden Veranlagungszeiträume 2001 und 2002 in formaler Hinsicht echte Rückwirkung (vgl. BVerfGE 126, 369 <391 f.>), soweit er noch nicht bestandskräftige Festsetzungen für diese Veranlagungszeiträume erfasst. Diese waren am 31. Dezember des jeweiligen Kalenderjahres und damit vor Verkündung des Korb II-Gesetzes abgelaufen, so dass die Neuregelung insoweit nachträglich einen abgeschlossenen Sachverhalt betrifft.

44

2. Die verfassungsrechtlichen Grundsätze des Verbots echt rückwirkender Gesetze beanspruchen hier auch in materiellrechtlicher Hinsicht Geltung, weil § 40 Abs. 1 Satz 2 KAGG, anders als in der Begründung des Regierungsentwurfs angenommen (vgl. BTDrucks 15/1518, S. 17), aus verfassungsrechtlicher Sicht gegenüber der alten Rechtslage als konstitutive Änderung zu behandeln ist.

45

a) Würde § 40 Abs. 1 Satz 2 KAGG rückwirkend lediglich das klarstellen, was ohnehin bereits Gesetz war, stellte sich die Frage nicht, ob die Vorschrift trotz formal echter Rückwirkung ausnahmsweise mit dem grundsätzlichen Verbot echt rückwirkender Gesetze vereinbar ist. Das Vertrauen in das geltende Recht könnte dann von vornherein nicht berührt sein, weil das geltende Recht nachträglich keine materielle Änderung erfahren hätte.

46

Ob eine rückwirkende Gesetzesänderung gegenüber dem alten Recht deklaratorisch oder konstitutiv wirkt, hängt vom Inhalt des alten und des neuen Rechts ab, der - abgesehen von eindeutigen Gesetzesformulierungen - zumeist erst durch Auslegung ermittelt werden muss.

47

Die in der Begründung des Gesetzentwurfs zu § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG vertretene Auffassung, die Vorschrift habe lediglich klarstellenden Charakter (vgl. BTDrucks 15/1518, S. 17), ist für die Gerichte nicht verbindlich. Sie schränkt weder die Kontrollrechte und -pflichten der Fachgerichte und des Bundesverfassungsgerichts ein noch relativiert sie die für sie maßgeblichen verfassungsrechtlichen Maßstäbe (vgl. BVerfGE 126, 369 <392>).

48

Zur verbindlichen Auslegung einer Norm ist letztlich in aller Regel die rechtsprechende Gewalt berufen (vgl. BVerfGE 65, 196 <215>; 111, 54 <107>; 126, 369 <392>). Dies gilt auch bei der Frage, ob eine Norm konstitutiven oder deklaratorischen Charakter hat. Allerdings ist der Gesetzgeber ebenfalls befugt, den Inhalt einer von ihm gesetzten Norm zu ändern oder klarstellend zu präzisieren und dabei gegebenenfalls eine Rechtsprechung zu korrigieren, mit der er nicht einverstanden ist. Dabei hat er sich jedoch im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung zu halten, zu der auch die aus den Grundrechten und dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Grenzen für rückwirkende Rechtsetzung gehören. Der Gesetzgeber kann diese Bindung und die Prüfungskompetenz der Gerichte nicht durch die Behauptung unterlaufen, seine Norm habe klarstellenden Charakter (vgl. BVerfGE 126, 369 <392>). Es besteht keine Befugnis des Gesetzgebers zur authentischen Interpretation gesetzlicher Vorschriften (vgl. BVerfGE 126, 369 <392>; 131, 20 <37>).

49

b) Die Auslegung des einfachen Rechts ist grundsätzlich Sache der Fachgerichte (aa); die Inhaltsbestimmung einer im Normenkontrollverfahren vorgelegten Norm obliegt allerdings regelmäßig dem Bundesverfassungsgericht (bb). Für die Klärung, ob eine rückwirkende Regelung konstitutiven oder deklaratorischen Charakter hat, gelten jedoch Besonderheiten; eine solche Vorschrift ist aus verfassungsrechtlicher Sicht stets schon dann als konstitutiv anzusehen, wenn sie sich für oder gegen eine vertretbare Auslegung einer Norm entscheidet und damit ernstliche Auslegungszweifel im geltenden Recht beseitigt (cc).

50

aa) Die Auslegung des einfachen Rechts, die Wahl der hierbei anzuwendenden Methoden sowie die Anwendung des Rechts auf den Einzelfall sind primär Aufgabe der dafür zuständigen Fachgerichte und vom Bundesverfassungsgericht grundsätzlich nicht auf ihre Richtigkeit zu untersuchen (vgl. BVerfGE 128, 193 <209>), solange nicht Auslegungsfehler sichtbar werden, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung eines Grundrechts, insbesondere vom Umfang seines Schutzbereichs, beruhen (vgl. BVerfGE 18, 85 <93>; stRspr). Im Übrigen ist die Anwendung des einfachen Rechts durch die Fachgerichte verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, solange sie sich innerhalb der Grenzen vertretbarer Auslegung und zulässiger richterlicher Rechtsfortbildung bewegen. Setzt sich ihre Auslegung jedoch in krassen Widerspruch zu den zur Anwendung gebrachten Normen, so beanspruchen die Gerichte Befugnisse, die von der Verfassung dem Gesetzgeber übertragen sind (vgl. BVerfGE 49, 304 <320>; 69, 315 <372>; 71, 354 <362 f.>; 113, 88 <103>; 128, 193 <209>).

51

bb) Soweit es für die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes im Rahmen einer konkreten Normenkontrolle auf die Auslegung und das Verständnis des einfachen Rechts ankommt, erfolgt eine Vollprüfung des einfachen Rechts durch das Bundesverfassungsgericht selbst (vgl. BVerfGE 2, 181 <193>; 7, 45 <50>; 18, 70 <80>; 31, 113 <117>; 51, 304 <313>; 80, 244 <250>; 98, 145 <154>; 110, 412 <438>; stRspr). In diesem Fall ist es an die Auslegung des einfachen Rechts durch das vorlegende Gericht nicht gebunden. Es kann entscheidungserhebliche Vorfragen des einfachen Rechts selbst in vollem Umfang prüfen und darüber als Ausgangspunkt für die verfassungsrechtliche Prüfung entscheiden. Nur so kann verhindert werden, dass das Bundesverfassungsgericht zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit einer Norm auf der Grundlage einer womöglich einseitigen, aber noch vertretbaren Deutung veranlasst ist, die ansonsten nicht, auch in der übrigen Fachgerichtsbarkeit nicht, geteilt wird. Das Bundesverfassungsgericht ist freilich nicht gehindert, die im Vorlagebeschluss vertretene Auslegung des einfachen Rechts durch das Fachgericht zu übernehmen und wird dies regelmäßig tun, wenn keine Zweifel an deren Richtigkeit bestehen.

52

cc) (1) Unbeschadet der grundsätzlichen Befugnis des Bundesverfassungsgerichts zur Vollprüfung des einfachen Rechts im Normenkontrollverfahren genügt für die Beantwortung der Frage, ob eine rückwirkende Regelung aus verfassungsrechtlicher Sicht als konstitutiv zu behandeln ist, die Feststellung, dass die geänderte Norm in ihrer ursprünglichen Fassung von den Gerichten in einem Sinn ausgelegt werden konnte und ausgelegt worden ist, der mit der Neuregelung ausgeschlossen werden soll (vgl. BVerfGE 131, 20 <37 f.>).

53

(a) Der Wunsch des Gesetzgebers, eine Rechtslage rückwirkend klarzustellen, verdient grundsätzlich nur in den durch das Rückwirkungsverbot vorgegebenen Grenzen verfassungsrechtliche Anerkennung. Andernfalls könnte der Gesetzgeber auch jenseits dieser verfassungsrechtlichen Bindung einer Rechtslage unter Berufung auf ihre Klärungsbedürftigkeit ohne Weiteres die von ihm für richtig gehaltene Deutung geben, ohne dass von den dafür letztlich zuständigen Gerichten geklärt wäre, ob dies der tatsächlichen Rechtslage entsprochen hat. Damit würde der rechtsstaatlich gebotene Schutz des Vertrauens in die Stabilität des Rechts empfindlich geschwächt. Angesichts der allgemeinen Auslegungsfähigkeit und -bedürftigkeit des Rechts könnte es dem Gesetzgeber regelmäßig gelingen, einen Klärungsbedarf zu begründen. Eine von Vertrauensschutzerfordernissen weitgehend freigestellte Befugnis zur rückwirkenden Klarstellung des geltenden Rechts eröffnete dem Gesetzgeber den weit reichenden Zugriff auf zeitlich abgeschlossene Rechtslagen, ließe im Nachhinein politischen Opportunitätserwägungen Raum, die das einfache Recht zum Zeitpunkt der später als korrekturbedürftig empfundenen Auslegung nicht prägten, und beeinträchtigte so das Vertrauen in die Stabilität des Rechts erheblich.

54

Ein legislatives Zugriffsrecht auf die Vergangenheit folgt auch nicht ohne Weiteres aus dem Demokratieprinzip, sondern steht zu diesem in einem Spannungsverhältnis. Zwar begrenzt das Rückwirkungsverbot die legislativen Handlungsspielräume des Parlaments für die Vergangenheit. Die demokratische Verantwortung des Parlaments ist jedoch auf die Gegenwart und auf die Zukunft bezogen. Früher getroffene legislative Entscheidungen verfügen über eine eigenständige demokratische Legitimation. Der historische Legitimationskontext kann - jedenfalls soweit die Gesetzeswirkungen in der Vergangenheit liegen - nicht ohne Weiteres durch den rückwirkenden Zugriff des heutigen Gesetzgebers ausgeschaltet werden. Besonders augenfällig würde dies bei Gesetzen, welche Entscheidungen aus einer früheren Legislaturperiode, die unter anderen politischen Mehrheitsverhältnissen getroffen wurden, rückwirkend revidierten. Für die Vergangenheit beziehen diese Entscheidungen ihre demokratische Legitimation allein aus dem damaligen, nicht aus dem heutigen Entscheidungszusammenhang. Der demokratische Verfassungsstaat vermittelt eine Legitimation des Gesetzgebers in der Zeit. Auch vom Demokratieprinzip ausgehend muss der Zugriff des Gesetzgebers auf die Vergangenheit die Ausnahme bleiben.

55

(b) Eine rückwirkende Klärung der Rechtslage durch den Gesetzgeber ist in jedem Fall als konstitutiv rückwirkende Regelung anzusehen, wenn der Gesetzgeber damit nachträglich einer höchstrichterlich geklärten Auslegung des Gesetzes den Boden zu entziehen sucht. Der Gesetzgeber hat es für die Vergangenheit grundsätzlich hinzunehmen, dass die Gerichte das damals geltende Gesetzesrecht in den verfassungsrechtlichen Grenzen richterlicher Gesetzesauslegung und Rechtsfortbildung verbindlich auslegen. Entspricht diese Auslegung nicht oder nicht mehr dem politischen Willen des Gesetzgebers, kann er das Gesetz für die Zukunft ändern.

56

Eine nachträgliche Klärung der Rechtslage durch den Gesetzgeber ist aber grundsätzlich auch dann als konstitutiv rückwirkende Regelung anzusehen, wenn die rückwirkende Regelung eine in der Fachgerichtsbarkeit kontroverse Auslegungsfrage entscheidet, die noch nicht höchstrichterlich geklärt ist. Die klärende Regelung ist bereits dann konstitutiv, wenn sie eine - sei es auch unterinstanzliche - fachgerichtliche Auslegung durch nachträglichen Zugriff auf einen abgeschlossenen Sachverhalt ausschließen soll. Indem der Gesetzgeber mit einem in der maßgeblichen Aussage nunmehr regelmäßig eindeutigen Gesetz rückwirkend die insofern offenbar nicht eindeutige, in ihrer Anwendung jedenfalls uneinheitliche Rechtslage klären will, verleiht er dem rückwirkenden Gesetz konstitutive Wirkung.

57

Das Bundesverfassungsgericht entscheidet in diesen Fällen allein über die Verfassungsmäßigkeit der Rückwirkung, nicht über die verbindliche Auslegung des einfachen Rechts, das der Gesetzgeber rückwirkend ändern wollte. Es ist nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts, die in diesen Fällen noch nicht höchstrichterlich entschiedene, aber umstrittene Auslegung des einfachen Rechts selbst vorzunehmen. Für die Feststellung einer konstitutiven rückwirkenden Gesetzesänderung genügt es, wenn das vorlegende Gericht vertretbar einen Standpunkt zur Auslegung des alten Rechts einnimmt, den der Gesetzgeber mit der rückwirkenden Neuregelung ausschließen will. Eine gefestigte oder gar höchstrichterlich bestätigte Rechtsprechungslinie verlangt dieser Rechtsstandpunkt nicht. Entscheidend ist, dass der Gesetzgeber ihn korrigieren und ausschließen will.

58

Ob Bürger oder Behörde im Ausgangsrechtsstreit ihren Rechtsstandpunkt zur alten Rechtslage zu Recht eingenommen haben, ist in einem solchen Fall durch die Feststellung des Bundesverfassungsgerichts, dass eine konstitutiv rückwirkende Neuregelung vorliegt, nicht entschieden. Hält das Bundesverfassungsgericht - wie hier - die Rückwirkung für verfassungswidrig, ist es weiterhin der Fachgerichtsbarkeit aufgegeben, den Inhalt der alten Rechtslage durch Auslegung zu klären. Dies entspricht der Funktionsteilung zwischen Bundesverfassungsgericht und Fachgerichten. Die weitere, insbesondere höchstrichterliche Auslegung durch die Fachgerichte kann dabei ergeben, dass die Norm gerade so zu verstehen ist, wie es der Gesetzgeber nachträglich festgestellt wissen wollte. Dies bleibt jedoch eine Frage der Auslegung geltenden Rechts, die nicht dem Gesetzgeber, sondern der Gerichtsbarkeit und dabei in erster Linie der Fachgerichtsbarkeit obliegt.

59

(2) Ausgehend von diesen Grundsätzen erweist sich die rückwirkende "Klarstellung" der Anwendbarkeit des § 8b Abs. 3 KStG a.F. in § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG als konstitutiv. Der Gesetzgeber hat bei der Anfügung des Satzes 2 an § 40a Abs. 1 Satz 1 KAGG seine Absicht der Klarstellung zur Beseitigung des entstandenen Auslegungsproblems zum Ausdruck gebracht (vgl. BTDrucks 15/1518, S. 17). § 40a Abs. 1 KAGG konnte vor der Klärung durch den Gesetzgeber in jeweils vertretbarer Weise im Sinne der Anwendung des § 8b Abs. 3 KStG a.F. wie auch im Sinne seiner Nichtanwendung ausgelegt werden. Dass bis zu der Verkündung des Korb II-Gesetzes im Bundesgesetzblatt noch keine gerichtliche Entscheidung zu dieser Frage ergangen war, rechtfertigt mit Blick auf den verfassungsgerichtlichen Prüfungsmaßstab keine andere Betrachtung. Denn auch hier hat der Gesetzgeber die nachträglich klarstellend gemeinte Norm vor dem Hintergrund der als unklar erkannten Rechtslage und damit in einer Situation der Ungewissheit rückwirkend in das Gesetz aufgenommen. Diese Ungewissheit wurde durch die später ergangenen divergierenden Entscheidungen der Finanzgerichte bestätigt (vgl. oben A I 2).

60

Auch in diesen Konstellationen, in denen es auf die Frage ankommt, ob eine Neuregelung aus verfassungsrechtlicher Sicht deklaratorisch oder konstitutiv wirkt, bleibt es dem Bundesverfassungsgericht allerdings unbenommen, in eigener Zuständigkeit das einfache Recht als Grundlage seiner Entscheidung auszulegen, etwa weil der vom vorlegenden Gericht zum einfachen Recht vertretene Rechtsstandpunkt verfassungsrechtlichen Bedenken ausgesetzt ist. Verpflichtet dazu ist es in diesen Fällen freilich nicht. Die Vorlage gibt dem Bundesverfassungsgericht hier keine Veranlassung, eine eigenständige Auslegung des einfachen Rechts vorzunehmen, da keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die im Vorlagebeschluss zur Nichtanwendbarkeit des § 8b Abs. 3 KStG a.F. vertretene Rechtsauffassung verfassungswidrig sein könnte.

61

3. Die mit der konstitutiven Wirkung des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG verbundene Belastung ist verfassungswidrig, soweit sie nach § 43 Abs. 18 KAGG hinsichtlich der Veranlagungszeiträume 2001 und 2002 mit echter Rückwirkung versehen ist.

62

Die im Rechtsstaatsprinzip und den Grundrechten verankerten Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes stehen Gesetzen mit echter Rückwirkung grundsätzlich entgegen (a). Keine der in der Rechtsprechung anerkannten Ausnahmen von diesem Verbot liegt hier vor (b). Auch ansonsten ist hier kein Grund für die Rechtfertigung der echten Rückwirkung erkennbar (c).

63

a) Die Verfassungsmäßigkeit eines rückwirkenden Gesetzes ist nur dann fraglich, wenn es sich um ein den Bürger belastendes Gesetz handelt (vgl. BVerfGE 24, 220 <229>; 32, 111 <123>; 50, 177 <193>; 101, 239 <262>; 131, 20 <36 f.>). Das grundsätzliche Verbot echt rückwirkender belastender Gesetze beruht auf den Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes (vgl. BVerfGE 45, 142 <167 f.>; 132, 302 <317>). Es schützt das Vertrauen in die Verlässlichkeit und Berechenbarkeit der unter der Geltung des Grundgesetzes geschaffenen Rechtsordnung und der auf ihrer Grundlage erworbenen Rechte (vgl. BVerfGE 101, 239 <262>; 132, 302 <317>). Wenn der Gesetzgeber die Rechtsfolge eines der Vergangenheit zugehörigen Verhaltens nachträglich belastend ändert, bedarf dies einer besonderen Rechtfertigung vor dem Rechtsstaatsprinzip und den Grundrechten des Grundgesetzes (vgl. BVerfGE 45, 142 <167 f.>; 63, 343 <356 f.>; 72, 200 <242>; 97, 67 <78 f.>; 132, 302 <317>). Die Grundrechte wie auch das Rechtsstaatsprinzip garantieren im Zusammenwirken die Verlässlichkeit der Rechtsordnung als wesentliche Voraussetzung für die Selbstbestimmung über den eigenen Lebensentwurf und damit als eine Grundbedingung freiheitlicher Verfassungen. Es würde die Betroffenen in ihrer Freiheit erheblich gefährden, dürfte die öffentliche Gewalt an ihr Verhalten oder an sie betreffende Umstände ohne Weiteres im Nachhinein belastendere Rechtsfolgen knüpfen, als sie zum Zeitpunkt ihres rechtserheblichen Verhaltens galten (vgl. BVerfGE 30, 272 <285>; 63, 343 <357>; 72, 200 <257 f.>; 97, 67 <78>; 105, 17 <37>; 114, 258 <300 f.>; 127, 1 <16>; 132, 302 <317>). Ausgehend hiervon sind Gesetze mit echter Rückwirkung grundsätzlich nicht mit der Verfassung vereinbar (vgl. BVerfGE 45, 142 <167 f.>; 101, 239 <262>; 132, 302 <318>; stRspr).

64

b) aa) Von diesem grundsätzlichen Verbot echt rückwirkender Gesetze bestehen jedoch Ausnahmen (vgl. BVerfGE 13, 261 <272 f.>; 18, 429 <439>; 30, 367 <387 f.>; 50, 177 <193 f.>; 88, 384 <404>; 95, 64 <86 f.>; 101, 239 <263 f.>; 122, 374 <394 f.>; 126, 369 <393 f.>; 131, 20 <39>; stRspr). Das Rückwirkungsverbot findet im Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht nur seinen Grund, sondern auch seine Grenze (vgl. BVerfGE 88, 384 <404>; 122, 374 <394>; 126, 369 <393>). Es gilt nicht, soweit sich kein Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts bilden konnte (vgl. BVerfGE 95, 64 <86 f.>; 122, 374 <394>) oder ein Vertrauen auf eine bestimmte Rechtslage sachlich nicht gerechtfertigt und daher nicht schutzwürdig war (vgl. BVerfGE 13, 261 <271>; 50, 177 <193>). Bei den in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anerkannten, nicht abschließend definierten Fallgruppen handelt es sich um Typisierungen ausnahmsweise fehlenden Vertrauens in eine bestehende Gesetzeslage (vgl. BVerfGE 72, 200 <258>; 97, 67 <80>). Für die Frage, ob mit einer rückwirkenden Änderung der Rechtslage zu rechnen war, ist von Bedeutung, ob die bisherige Regelung bei objektiver Betrachtung geeignet war, ein Vertrauen der betroffenen Personengruppe auf ihren Fortbestand zu begründen (vgl. BVerfGE 32, 111 <123>).

65

Eine Ausnahme vom Grundsatz der Unzulässigkeit echter Rückwirkungen ist gegeben, wenn die Betroffenen schon im Zeitpunkt, auf den die Rückwirkung bezogen wird, nicht auf den Fortbestand einer gesetzlichen Regelung vertrauen durften, sondern mit deren Änderung rechnen mussten (vgl. BVerfGE 13, 261 <272>; 30, 367 <387>; 95, 64 <86 f.>; 122, 374 <394>). Vertrauensschutz kommt insbesondere dann nicht in Betracht, wenn die Rechtslage so unklar und verworren war, dass eine Klärung erwartet werden musste (vgl. BVerfGE 13, 261 <272>; 18, 429 <439>; 30, 367 <388>; 50, 177 <193 f.>; 88, 384 <404>; 122, 374 <394>; 126, 369 <393 f.>), oder wenn das bisherige Recht in einem Maße systemwidrig und unbillig war, dass ernsthafte Zweifel an seiner Verfassungsmäßigkeit bestanden (vgl. BVerfGE 13, 215 <224>; 30, 367 <388>). Der Vertrauensschutz muss ferner zurücktreten, wenn überragende Belange des Gemeinwohls, die dem Prinzip der Rechtssicherheit vorgehen, eine rückwirkende Beseitigung erfordern (vgl. BVerfGE 13, 261 <272>; 18, 429 <439>; 88, 384 <404>; 95, 64 <87>; 101, 239 <263 f.>; 122, 374 <394 f.>), wenn der Bürger sich nicht auf den durch eine ungültige Norm erzeugten Rechtsschein verlassen durfte (vgl. BVerfGE 13, 261 <272>; 18, 429 <439>; 50, 177 <193 f.>; 101, 239 <263 f.>; 122, 374 <394 f.>) oder wenn durch die sachlich begründete rückwirkende Gesetzesänderung kein oder nur ganz unerheblicher Schaden verursacht wird (sogenannter Bagatellvorbehalt, vgl. BVerfGE 30, 367 <389>; 72, 200 <258>).

66

bb) Von den in der Rechtsprechung anerkannten Fallgruppen zulässigerweise echt rückwirkender Gesetze kommen hier nur diejenigen der Unklarheit und Verworrenheit der ursprünglichen Gesetzeslage oder ihrer Systemwidrigkeit und Unbilligkeit in Betracht. Keine von beiden vermag die Rückwirkung des § 43 Abs. 18 KAGG auf die Veranlagungszeiträume 2001 und 2002 zu rechtfertigen.

67

(1) (a) Allein die Auslegungsbedürftigkeit einer Norm rechtfertigt nicht deren rückwirkende Änderung; erst wenn die Auslegungsoffenheit ein Maß erreicht, das zur Verworrenheit der Rechtslage führt, darf der Gesetzgeber eine klärende Neuregelung auf die Vergangenheit erstrecken.

68

Den in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anerkannten Fall-gruppen zu den Ausnahmen vom Verbot echt rückwirkender Gesetze ist sämtlich gemeinsam, dass besondere Umstände ein grundsätzlich berechtigtes Vertrauen in die bestehende Rechtslage erst gar nicht entstehen lassen oder entstandenes Vertrauen wieder zerstören. Die schlichte Auslegungsoffenheit und Auslegungsbedürftigkeit einer Norm und die damit bestehende Unsicherheit über deren Inhalt ist keine solche Besonderheit, die dieses grundsätzlich berechtigte Vertrauen zerstören könnte. Andernfalls könnte sich insbesondere in den Anfangsjahren einer gesetzlichen Regelung grundsätzlich nie ein schutzwürdiges Vertrauen gegen rückwirkende Änderungen entwickeln, solange sich keine gefestigte Rechtsprechung hierzu herausgebildet hat.

69

Sähe man jede erkennbare Auslegungsproblematik als Entstehungshindernis für verfassungsrechtlich schutzwürdiges Vertrauen an, stünde es dem Gesetzgeber weitgehend frei, das geltende Recht immer schon dann rückwirkend zu ändern, wenn es ihm opportun erscheint, etwa weil die Rechtsprechung das geltende Recht in einer Weise auslegt, die nicht seinen Vorstellungen und Erwartungen entspricht. In diesem Fall kann der Gesetzgeber zwar stets die Initiative ergreifen und das geltende Recht für die Zukunft in seinem Sinne ändern, sofern er sich dabei an die Vorgaben des Grundgesetzes hält. Einen "Freibrief" für rückwirkende Gesetzesänderungen verschafft ihm eine schlicht auslegungsbedürftige und insofern unklare Rechtslage hingegen nicht. Eine so weitreichende Befugnis des Gesetzgebers zur Normsetzung mit echter Rückwirkung würde das durch Art. 20 Abs. 3 GG geschützte Vertrauen in die geltende Rechtslage weitgehend entwerten.

70

Außerdem würde eine über besondere Ausnahmefälle hinausgreifende Befugnis des Gesetzgebers zur rückwirkenden Präzisierung von Normen, die sich als auslegungsbedürftig erweisen, die vom Grundgesetz der rechtsprechenden Gewalt vorbehaltene Befugnis zur verbindlichen Auslegung von Gesetzen unterlaufen (vgl. BVerfGE 126, 369 <392>).

71

Da sich Auslegungsfragen gerade bei neuen Normen häufig stellen, bestünde die Gefahr, dass auf diese Weise schließlich das Regel-Ausnahme-Verhältnis bei der echten Rückwirkung in dem Sinne in sein Gegenteil verkehrt würde, dass auch sie nicht mehr grundsätzlich unzulässig bliebe, sondern - ebenso wie die unechte Rückwirkung - grundsätzlich zulässig wäre. Ein solches Ergebnis wäre mit den verfassungsrechtlichen Grundsätzen des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit nicht vereinbar.

72

(b) Die eine echt rückwirkende gesetzliche Klärung rechtfertigende Unklarheit einer Rechtslage erfordert vielmehr zusätzliche qualifizierende Umstände, die das geltende Recht so verworren erscheinen lassen, dass es keine Grundlage für einen verfassungsrechtlich gesicherten Vertrauensschutz mehr bilden kann. Eine solche Verworrenheit liegt insbesondere dann vor, wenn auch unter Berücksichtigung von Wortlaut, Systematik und Normzweck völlig unverständlich ist, welche Bedeutung die fragliche Norm haben soll.

73

(c) § 40a Abs. 1 KAGG ließ vor der hier zu prüfenden Einfügung des Satzes 2 verschiedene Auslegungen zu. Das belegen die divergierenden finanzgerichtlichen Entscheidungen zur Auslegung dieser Vorschrift. Die höchstrichterlich nicht geklärte Auslegung im Hinblick auf die Anwendung des im ursprünglichen Wortlaut nicht erwähnten § 8b Abs. 3 KStG a.F. und die insoweit uneinheitliche Rechtsprechung auf der Ebene der Finanzgerichte begründen indes noch keine verworrene Rechtslage. Die Norm war hinsichtlich ihres Verständnisses nach Wortlaut und Regelungsgehalt nicht fragwürdig oder gar unverständlich, sondern klar formuliert. Ihre Auslegungsbedürftigkeit, insbesondere im Hinblick auf die systematische Verknüpfung mit § 8b KStG, hat zu divergierenden, für sich genommen aber jeweils vertretbaren Standpunkten geführt. Eine "Klarstellung" durch ein echt rückwirkendes Gesetz rechtfertigt dies nicht.

74

(2) Das ursprüngliche einfache Recht war auch nicht in einer Weise systemwidrig und unbillig, dass dies die durch § 43 Abs. 18 KAGG angeordnete echte Rückwirkung rechtfertigen könnte.

75

Weder die Auslegung des vorlegenden Finanzgerichts (keine Anwendung des § 8b Abs. 3 KStG) noch die gegenteilige Auslegung des ursprünglichen § 40a Abs. 1 KAGG (Anwendung des § 8b Abs. 3 KStG) sind von Verfassungs wegen zwingend geboten. Zwar mögen im vorliegenden Zusammenhang systematische und teleologische Aspekte bei der Interpretation des ursprünglichen § 40a Abs. 1 KAGG gute Gründe für ein von der reinen Wortlautauslegung abweichendes Auslegungsergebnis im Sinne der Anwendbarkeit des § 8b Abs. 3 KStG a.F. liefern (vgl. Gosch, in: Gosch, KStG, 1. Aufl. 2005, § 8b Rn. 52 und 2. Aufl. 2009, § 8b Rn. 49). Ungeachtet dessen führt auch die Sichtweise des vorlegenden Finanzgerichts nicht zu einem Ergebnis, das in einem Maße systemwidrig und unbillig ist, dass ernsthafte Zweifel an seiner Verfassungsmäßigkeit bestehen (vgl. BVerfGE 13, 215 <224>; 30, 367 <388>).

76

Den Gesetzesmaterialien zum Korb II-Gesetz lassen sich allerdings keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der Gesetzgeber Kapitalanlagegesellschaften gegenüber Körperschaften, für die das Körperschaftsteuergesetz unmittelbar gilt, im Hinblick auf die Anwendung des § 8b Abs. 3 KStG privilegieren wollte. Andererseits war das Transparenzprinzip im Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften nicht uneingeschränkt verwirklicht; es galt vielmehr nur gemäß der jeweiligen Anordnung des Gesetzgebers (sogenanntes eingeschränktes Transparenzprinzip, vgl. BFHE 130, 287 <289>; 168, 111 <113>; 193, 330 <333 f.>; 229, 351 <357 f.>; vgl. BTDrucks 15/1553, S. 120 zum Transparenzprinzip als Leitidee der Investmentbesteuerung; Engl, Erträge aus Investmentvermögen, 2009, S. 73 ff.; Lübbehüsen, in: Brinkhaus/Scherer, KAGG, 2003, Vor §§ 37n ff. KAGG Rn. 11 ff.; Teichert, Die Besteuerung in- und ausländischer Investmentfonds nach dem Investmentsteuergesetz, 2009, S. 78 ff.).

77

Vor dem Hintergrund der Besonderheiten des Investmentsteuerrechts und des dieses prägenden eingeschränkten Transparenzprinzips führt die Auslegung durch das vorlegende Finanzgericht nicht zu einer so systemwidrigen und unbilligen Begünstigung der Kapitalanlagegesellschaften, dass bereits ernsthafte Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit dieser Auslegung bestünden. Zwar erscheint systematisch fragwürdig, weshalb - abweichend vom "normalen" neuen Körperschaftsteuersystem - positive Wertentwicklungen nicht der Besteuerung unterliegen, negative Wertentwicklungen hingegen steuerliche Berücksichtigung finden sollten. Immerhin aber wurde durch § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG a.F. (inzwischen Satz 4) eine systemwidrige Begünstigung durch eine Steuerwirksamkeit von Gewinnminderungen und eine Steuerfreistellung der auf die nämlichen Beträge entfallenden Gewinne vermieden. Nach dieser Vorschrift gilt die Veräußerungsgewinnbefreiung nicht, "soweit der Anteil in früheren Jahren steuerwirksam auf den niedrigeren Teilwert abgeschrieben und die Gewinnminderung nicht durch den Ansatz eines höheren Werts ausgeglichen worden ist". § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG a.F. war unzweifelhaft schon nach dem Wortlaut von der auf § 8b Abs. 2 KStG zielenden Verweisung in § 40a Abs. 1 KAGG a.F. erfasst. Die Auslegung durch das vorlegende Finanzgericht führt daher nicht dazu, dass Kapitalanlagegesellschaften Gewinnminderungen von Anteilen an Wertpapier-Sondervermögen steuerwirksam berücksichtigen durften, auf die jeweiligen Anteile entfallende Gewinne aber nicht zu versteuern brauchten.

78

Daher kann von einer systemwidrigen Abwälzung der Verluste der Kapitalanlagegesellschaften auf die Allgemeinheit nicht die Rede sein. Eine Ausgestaltung der Besteuerung von Kapitalanlagegesellschaften im Sinne der Auffassung des vorlegenden Gerichts bewegt sich im Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers und ist keinesfalls so unbillig oder systemwidrig, dass ernsthafte Zweifel an ihrer Verfassungsmäßigkeit bestünden.

79

c) Sonstige Gründe, die jenseits der in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anerkannten Fallgruppen hier ausnahmsweise eine gesetzliche Regelung mit echter Rückwirkung rechtfertigen könnten, liegen nicht vor. Anderes ergibt sich auch nicht aus den Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Juli 2010 zum Fremdrentenrecht (BVerfGE 126, 369) und vom 2. Mai 2012 zum Dienstrechtsneuordnungsgesetz (BVerfGE 131, 20), in denen das Gericht jeweils rückwirkende Gesetzesänderungen als verfassungsgemäß beurteilt hat.

80

In dem Beschluss zum Fremdrentenrecht sah das Gericht, unabhängig von der Frage, ob die in Streit stehende rückwirkende Gesetzesänderung konstitutiv wirkte, das Vertrauen in ein geändertes Verständnis der alten Rechtslage, das durch eine Rechtsprechungsänderung des Bundessozialgerichts in Abweichung von der bis dahin in Rechtspraxis und Rechtsprechung gefestigten Rechtsauffassung herbeigeführt worden war, als von vornherein nicht gerechtfertigt an (vgl. BVerfGE 126, 369 <393 ff.>). Mit dieser Sondersituation ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar.

81

Entsprechendes gilt für die Entscheidung zum Dienstrechtsneuordnungsgesetz. Ihr lag ein Fall zugrunde, in dem das Bundesverwaltungsgericht eine gefestigte Rechtspraxis zur Berechnung des Mindestruhegehalts bei Zusammentreffen von beamtenrechtlicher Versorgung und gesetzlicher Rente änderte. Die Korrektur dieser Rechtsprechung durch den Gesetzgeber bewertete das Bundesverfassungsgericht zwar als konstitutive Gesetzesänderung mit zum Teil echter und zum Teil unechter Rückwirkung (vgl. BVerfGE 131, 20 <36 ff.>), stellte aber zugleich fest, dass sich ein hinreichend gefestigtes und damit schutzwürdiges Vertrauen in ein Verständnis der Rechtslage im Sinne des Bundesverwaltungsgerichts unter den gegebenen Umständen nicht habe entwickeln können (vgl. BVerfGE 131, 20 <41 ff.>). Auch hier bezieht sich die Entscheidung mithin auf eine besondere Situation, der sich der Gesetzgeber angesichts einer kurzfristigen Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu der bis dahin gefestigten Rechtspraxis gegenüber sah. Damit ist der vorliegende Fall nicht vergleichbar.

82

d) Es besteht kein Anlass, für die Fälle, in denen der Gesetzgeber die geltende Rechtslage für die Vergangenheit klarstellen will, von dem im Rechtsstaatsprinzip und den Grundrechten verankerten Vertrauensschutz und dem darin wurzelnden Ausnahmecharakter zulässiger echter Rückwirkung abzuweichen. Eine solche Abweichung wäre es jedoch, wenn dem Wunsch des Gesetzgebers, den "wahren" Inhalt früher gesetzten Rechts nachträglich festzulegen und eine seinen Vorstellungen widersprechende Auslegung auch für die Vergangenheit zu korrigieren, Grenzen nur im Hinblick auf bestands- oder rechtskräftig abgeschlossene Einzelverfahren oder bei Rechtslagen gesetzt wären, die keinen ernsthaften Auslegungsspielraum lassen. Damit würde der in der ständigen Rechtsprechung entwickelte besondere Schutz gegen Gesetze mit echter Rückwirkung ebenso preisgegeben wie die Differenzierung zwischen grundsätzlich unzulässiger echter und grundsätzlich zulässiger unechter Rückwirkung.

III.

83

Soweit § 43 Abs. 18 KAGG zur Anwendung des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG in den körperschaftsteuerlichen Veranlagungszeiträumen 2001 und 2002 führt, verstößt diese Anwendungsvorschrift gegen die verfassungsrechtlichen Grundsätze des Vertrauensschutzes und ist nichtig (§ 78 Satz 1 i.V.m. § 82 Abs. 1 BVerfGG).

IV.

84

Die Entscheidung ist im Ergebnis mit 5:3 Stimmen, hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Grundsätze mit 6:2 Stimmen ergangen.

Abw. Meinung

85

Ich kann der Entscheidung nicht zustimmen. Entgegen ihrem ersten Anschein betrifft die Entscheidung nicht fachrechtliche Spezialprobleme, sondern grundsätzliche Fragen zur Reichweite der Gestaltungsbefugnis des Gesetzgebers für unklare, offengebliebene Rechtsfragen der Vergangenheit - hier für steuerrechtliche Abschreibungsmöglichkeiten von Verlusten, die Finanzinstitute insbesondere in Folge der Anschläge des 11. September 2001 erlitten haben. Unter Berufung auf das Rückwirkungsverbot untersagt der Senat dem Gesetzgeber eine Klarstellung, dass diese Verluste nicht auf die Allgemeinheit abgewälzt werden dürfen.

86

Damit verändert er der Sache nach das Fundament der Rückwirkungsrechtsprechung. Der Senat entzieht ihr - nicht dem Selbstverständnis nach, doch in Ergebnis und Begründung - die im Vertrauensschutz liegenden Wurzeln und ersetzt sie durch abstrakte, in der Sache fehlgeleitete Vorstellungen der Gewaltenteilung. An die Stelle des Schutzes subjektiver Freiheit tritt die Absicherung eines objektiv-rechtlichen Reservats der Fachgerichtsbarkeit. Der Verlierer ist das Parlament: In Umwertung der bisherigen Rechtsprechung wird ihm die rückwirkende Klarstellung ungeklärter Rechtsfragen nun nicht erst bei einem entgegenstehenden Vertrauen der Bürger, sondern grundsätzlich abgeschnitten. Die Übernahme von politischer Verantwortung wird ihm so für Altfälle schon prinzipiell aus der Hand geschlagen. Hierin liegt eine gravierende Störung der Balance zwischen Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip.

I.

87

Der Senat hebt die angegriffene Vorschrift wegen eines Verstoßes gegen das Rückwirkungsverbot auf, obwohl er selbst der Auffassung ist, dass die ursprüngliche Rechtslage dem Beschwerdeführer keinerlei Vertrauen vermittelt hat, das durch die Gesetzesänderung enttäuscht würde. Damit entzieht er dem Rückwirkungsverbot sein auf subjektive Freiheitssicherung ausgerichtetes Fundament.

88

1. Gegenstand der in Frage stehenden Normen ist die Frage, ob Kapitalgesellschaften - in der Praxis insbesondere Banken - berechtigt sind, Wertverluste ihrer Anteile an Investmentfonds für die Jahre 2001 und 2002 steuerlich gewinnmindernd geltend zu machen, während das Gesetz Gewinne grundsätzlich steuerfrei stellt. Der Senat selbst ist der Auffassung, dass die Klägerin des Ausgangsverfahrens zu keiner Zeit ein berechtigtes Vertrauen dahin hatte, Teilwertabschreibungen für diese Zeit gewinnmindernd geltend machen zu können. Er hält die ursprüngliche Rechtslage diesbezüglich zu Recht für ungeklärt und erkennt an, dass sie sich sowohl subjektiv als auch bei verobjektivierter Betrachtung für die betroffenen Banken als offen darstellte. Dennoch ist er der Ansicht, dass der Gesetzgeber dies für die noch offenen Altfälle nicht rückwirkend klären durfte. Es sei Aufgabe der Fachgerichte, über diese Fälle zu entscheiden.

89

Mit dieser Argumentation wird die Fundierung des Rückwirkungsverbots im Vertrauensschutz der Sache nach aufgegeben: Der Senat geht ausdrücklich davon aus, dass die Fachgerichte für die hier in Rede stehenden Fälle in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis kommen können, dass der alte § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG auch unabhängig von der gesetzlichen Klarstellung in § 43 Abs. 18 KAGG sachgerecht so auszulegen ist, dass die von der Klägerin geltend gemachten Teilwertabschreibungen nicht gewinnmindernd berücksichtigt werden können. Diese Frage dürfe rückwirkend aber nicht der Gesetzgeber klären; die Klärung sei allein den Fachgerichten vorbehalten. Dem Gesetzgeber wird so eine Regelung verboten, die die Gerichte durch Auslegung ohne weiteres herbeiführen dürfen. Obwohl die alte Rechtslage kein Vertrauen der Bürger begründete, in Blick auf insoweit vorhersehbare Rechtsfolgen Dispositionen zu treffen, soll der Gesetzgeber an einer Klärung dennoch durch das - aus dem Vertrauensschutz hergeleitete - Rückwirkungsverbot gehindert sein. Die Instrumente des Vertrauensschutzes werden ihm so für die Anordnung von Rechtsfolgen entgegengehalten, mit denen die Betroffenen auch nach dem alten Recht schon rechnen mussten und weiterhin rechnen müssen.

90

2. Wenn hier überhaupt noch eine Brücke zu irgendeiner Form von Vertrauen auszumachen ist, so kann diese allenfalls in dem abstrakten Vertrauen auf die Gültigkeit einer inhaltsoffenen Norm gesucht werden - und damit auf eine Streit-entscheidung der politisch offen gebliebenen Frage durch die Fachgerichte. Geschützt wird durch die Entscheidung des Senats das Vertrauen in die Chance einer für die Betreffenden günstigen Rechtsprechung. Gerade dies aber zeigt, wie weit sich der Senat von dem ursprünglichen Anliegen der Rückwirkungsrechtsprechung entfernt. Das Rückwirkungsverbot sichert nicht mehr das Vertrauen in eine berechenbare Rechtsordnung, damit der Einzelne sein Verhalten im Blick auf vorhersehbare Rechtsfolgen selbstbestimmt ausrichten kann, sondern lediglich die Chance, dass die Rechtsprechung möglicherweise zu einer vorteilhafteren Klarstellung der ungeklärten Position führt als eine demokratisch-politische Entscheidung des Parlaments. Galt die Rückwirkungsrechtsprechung zunächst dem Schutz des Vertrauens zur Sicherung individueller Freiheitswahrnehmung, so gilt sie nun der Absicherung eines kompetentiellen Vorbehaltsbereichs der Rechtsprechung gegenüber dem Gesetzgeber. Aus dem Schutz subjektiver Freiheit wird die Durchsetzung objektiver Gewaltenteilungsvorstellungen und hierbei eines Reservats der Rechtsprechung.

II.

91

Das damit vom Senat zur Geltung gebrachte Verhältnis von Gesetzgebung und Rechtsprechung lässt sich aus der Ordnung des Grundgesetzes nicht herleiten. Es drängt den Gesetzgeber unberechtigt aus seiner Verantwortung.

92

1. Durch die Ablösung des Rückwirkungsverbots von dem Vertrauen in eine bestimmte Rechtslage wird es für die Fälle der echten Rückwirkung im Ergebnis zu einem apriorischen Prinzip der Gewaltenteilung verselbständigt, das seinen Sinn darin hat, die rückwirkende Einmischung des Gesetzgebers in offene, noch ungeklärte Rechtsfragen schon prinzipiell auszuschalten. Statt einer politischen Entscheidung durch das Parlament soll grundsätzlich nur noch eine entpolitisierte Entscheidung durch die Justiz möglich sein.

93

a) Dies überzeugt schon vom Grundverständnis nicht. Ausgehend von dem aus dem Demokratieprinzip folgenden legislativen Zugriffsrecht des Parlaments kann sich der Gesetzgeber aller drängenden Fragen des Gemeinwesens annehmen. Zu entscheiden, was Recht sein soll, ist im demokratischen Rechtsstaat grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, der hierfür gewählt wird und sich in einem politischen Prozess vor der Öffentlichkeit verantworten muss. Dies betrifft grundsätzlich auch die Entscheidung über Probleme, die in der Vergangenheit wurzeln, oder die Klärung von Streitfragen, die offengeblieben und lösungsbedürftig sind. Dass diese demokratische Verantwortung von vornherein auf die Zukunft beschränkt wäre, ist durch nichts begründet und lässt sich insbesondere auch der bisherigen Rechtsprechung nicht entnehmen. Insbesondere lassen sich hierfür nicht die Vorstellung eines je begrenzten historischen Legitimationskontextes und die eigene Dignität des je auf Zeit gewählten Gesetzgebers anführen. Denn auch mit solchen rückwirkenden Regelungen geht es um die Bewältigung von Problemen, die in der Vergangenheit gerade nicht inhaltlich sachhaltig bewältigt wurden und nun - offen und lösungsbedürftig - in die Gegenwart und Zukunft hineinwirken.

94

In der Tat freilich ist der Gesetzgeber in seiner Gestaltungsbefugnis rechtsstaatlich begrenzt und diese rechtsstaatlichen Grenzen können bei Gesetzen, die in die Vergangenheit hineinwirken, schneller berührt sein als bei anderen. So kann der Gesetzgeber selbstverständlich nicht ohne weiteres nachträglich in bestands- oder rechtskräftig abgeschlossene Einzelverfahren eingreifen oder für abgeschlossene Zeiträume ein Verhalten neu bewerten und mit Sanktionen belegen, mit denen die Betreffenden nicht rechnen mussten. Insbesondere die Grundrechte und die aus ihnen folgende Freiheitsvermutung setzen hier vielfach Grenzen. Dies ist der zutreffende Kern der Rückwirkungsrechtsprechung. Solche Einschrän-kungen des Gesetzgebers müssen sich aber jeweils mit einem spezifischen Schutzbedürfnis der Betroffenen begründen lassen. Sie ergeben sich nicht schon generell aus einer abstrakten Grenze der Regelungsbefugnis des Gesetzgebers. Es gibt keinen Grund, warum der Gesetzgeber umstrittene und unklare Rechtsfragen nicht auch für offene Altfälle regeln können soll, solange dadurch berechtigtes Vertrauen nicht enttäuscht wird. Dass der Gesetzgeber bei Gesetzen, die in die Vergangenheit wirken, die zutage getretenen Interessenkonflikte möglicherweise konkreter vor Augen hat als bei zukunftsgerichteten Gesetzen, macht eine Klärung durch den Gesetzgeber nicht unzulässig. Gesetzgebung beschränkt sich im modernen Staat grundsätzlich nicht auf die Vorgabe situationsblinder Regelungen für die Zukunft, sondern hat fast immer einen konkreten Interessenausgleich zu ihrem Gegenstand.

95

b) Aus Gewaltenteilungsgesichtspunkten spricht vielmehr umgekehrt alles dafür, in ungeklärten Rechtslagen die rückwirkende Klarstellung offener und umstrittener Fragen auch durch den Gesetzgeber grundsätzlich für zulässig zu halten. Wenn sich in der Anwendungspraxis eines Gesetzes herausstellt, dass wichtige Fragen von allgemeiner Bedeutung offengeblieben oder Regelungen unklar oder missverständlich formuliert sind, gehört es zur Aufgabe der Volksvertretung, dass sie in politisch-demokratischer Verantwortung gesetzlich klarstellen kann, wie diese Fragen in den noch offenen Verfahren zu beantworten sind. Die Vorstellung, der Gesetzgeber habe nur einen Versuch frei, dürfe dann aber auf die im Laufe der Zeit aufkommenden Probleme bis zu einer Neuregelung pro futuro keinen klärenden Zugriff mehr nehmen, hat in den Legitimationsgrundlagen unserer Verfassungsordnung kein Fundament. Insbesondere lässt sich dies nicht mit Vorstellungen zeitlich segmentierter Legitimationszusammenhänge begründen. Denn der alte Gesetzgeber hatte hier die entsprechenden Fragen gerade nicht geklärt. Dies wird besonders deutlich, wenn der Gesetzgeber, wie vorliegend, nur das festschreiben will, was seiner Ansicht nach - mehr als nachvollziehbar (siehe unten IV.) - ohnehin auch mit der alten Regelung intendiert war.

96

2. Die vom Senat geschaffene Abgrenzung zwischen Gesetzgebung und Rechtsprechung ist auch funktional nicht einleuchtend.

97

a) Angesichts der immer komplexer werdenden Anforderungen an die Gesetzgebung in einer hochdifferenzierten und sektoral wie international vielfältig vernetzten Welt kann nicht ernsthaft erwartet werden, dass alle Auswirkungen eines Gesetzgebungsvorhabens stets verlässlich von vornherein überschaut werden können. Normen können im Interessengeflecht der zahlreichen Anwender und Betroffenen Missverständnisse, Zweifelsfragen oder sinnwidrige Praktiken hervorrufen, die nicht vorhersehbar sind. Auch muss damit gerechnet werden, dass dabei dem Gesetzgeber Ungenauigkeiten oder Fehler unterlaufen. Gerade eine Gesetzesreform, wie sie den hier streitigen Normen zugrunde liegt, macht das besonders deutlich. Der Gesetzgeber hatte damals die Herkulesaufgabe auf sich genommen, das gesamte Körperschaftsteuerrecht vom Anrechnungsverfahren auf das Halbeinkünfteverfahren umzustellen und damit die Besteuerung fast aller bedeutsamen Unternehmen - mit tiefgreifenden Auswirkungen auf die Konzernstrukturen ebenso wie auf internationale Zusammenhänge - auf grundlegend neue Füße zu stellen. Die hier in Frage stehenden Normen bildeten dabei nur einen ganz kleinen, untergeordneten Aspekt. Dass im Rahmen eines solchen Vorhabens nicht sofort alle Fragen eine klare, durchdachte und unmissverständliche Lösung erfahren, liegt auf der Hand - und davon mussten alle Betroffenen ausgehen.

98

b) Nach Ansicht des Senats sind alle insoweit aufkommenden Probleme bis auf Widerruf für die Zukunft grundsätzlich allein durch die Gerichte zu klären. Zwar dürfe der Gesetzgeber aufkommende Unklarheiten pro futuro neu regeln, jedoch seien gesetzliche Unzuträglichkeiten und Streitfragen, die unter einer gegebenen Rechtslage entstehen, - bis auf extreme Ausnahmen (siehe unten IV. 3) - ausschließlich von den Gerichten zu bewältigen.

99

Dies ist schon im Blick auf die den Gerichten im gewaltenteiligen Verfassungsstaat zugewiesene Aufgabe nicht überzeugend: Während diese angesichts unklarer Rechtslagen nach dem vom Gesetzgeber gemeinten Sinn zu suchen haben und sich, wenn es hieran fehlt, letztlich unter Umständen zu demokratisch nicht angeleiteten Setzungen eigener Gerechtigkeitsvorstellungen genötigt sehen, wird dem Gesetzgeber die Möglichkeit genommen, eine solche Klarstellung zur Entlastung der Gerichte vorzunehmen.

100

Ein solcher Ansatz leuchtet auch hinsichtlich der praktischen Konsequenzen nicht ein. Während eine rückwirkende Klarstellung durch den Gesetzgeber mit einem Schlag unmittelbar alle offenen Streitfälle einheitlich für Zukunft und Vergangenheit lösen und Rechtssicherheit schaffen kann, müssen als Folge der Entscheidung des Senats stattdessen alle vor der Gesetzesänderung angefallenen Fälle vor Gericht durch die Instanzen prozessiert werden. Das kann Jahre dauern, die Gerichte mit vielen Verfahren belasten, für die Betroffenen hohe Kosten mit sich bringen und für lange Zeit Rechtszersplitterung und Verunsicherung zur Folge haben. Die vom Senat aus der Taufe gehobene Chance des Bürgers auf eine für ihn vorteilhafte Entscheidung durch die Rechtsprechung, ist damit nicht nur Chance, sondern auch erhebliche Bürde - nicht nur für die Allgemeinheit, sondern auch für die Betroffenen selbst.

III.

101

In der Entscheidung liegt damit zugleich eine tiefgreifende Wende der Rückwirkungsrechtsprechung und ein Bruch mit den diesbezüglichen bisherigen Wertungen.

102

Allerdings knüpft der Senat an Obersätze an, die der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entnommen sind: Die grundsätzliche Unzulässigkeit der echten Rückwirkung entspricht ständiger - und in ihrem bisherigen Kontext auch zutreffender - Rechtsprechung. Wie die zahlreichen Zitatketten aus der Rechtsprechung zeigen, ist der Senat dabei von dem Anliegen getragen, diese lediglich stimmig weiterzuentwickeln. Dies gelingt jedoch überzeugend nicht. Denn er löst dabei die Obersätze von ihrer bisherigen Einbindung an die Grundsätze des Vertrauensschutzes ab und verselbständigt sie zu für sich stehenden abstrakten Regeln. Dies gibt ihnen eine neue Bedeutung, die wesentlich strenger ist und mit den Wertungen der bisherigen Entscheidungen des Gerichts bricht.

103

1. a) Mit der Nichtigkeitserklärung von Gesetzen wegen Verstoßes gegen das Verbot echter Rückwirkung war das Bundesverfassungsgericht bisher zurückhaltend. In der Geschichte des Bundesverfassungsgerichts finden sich hierfür nur zwei Fälle und diese liegen lange zurück (vgl. BVerfGE 18, 429; 30, 272). Die Dogmatik hat sich seither naturgemäß weiterentwickelt und die Begründungen würden heute vielleicht differenzierter ausfallen. Im entscheidenden Punkt besteht jedoch Klarheit: In beiden Fällen stellte das Gericht ausdrücklich auf eine konkret vertrauensbegründende Rechtslage ab.

104

So begründete das Gericht in der ersten Entscheidung vom 31. März 1965 die Verfassungswidrigkeit der dort streitbefangenen Norm maßgeblich damit, dass die vom Gesetzgeber rückwirkend geänderte Rechtslage zwar zunächst von einigen Untergerichten verkannt, dann aber zugunsten der betroffenen Bürger vom Bundesgerichtshof höchstrichterlich geklärt war und diese Klärung sich zutreffend auf Grundsätze stützte, die "allgemeiner, in Rechtsprechung und Literatur einmütig vertretener Auffassung" entsprächen (vgl. BVerfGE 18, 429 <437>). Die Rechtslage sei nicht unklar, sondern "völlig klar" gewesen. Demgegenüber habe der Gesetzgeber versucht, die Rechtsprechung "gleichsam für die Vergangenheit ins Unrecht zu setzen" (a.a.O. S. 439). Auch vom Sachverhalt her ging es um eine Konstellation, die der Frage des Vertrauensschutzes wesentlich näher stand, nämlich um Regressforderungen des Staates für in der Vergangenheit über acht Jahre gezahlte Unterhaltsleistungen an ein Kind, von denen der unerwartet in Anspruch genommene Bürger bis dahin nichts wusste.

105

In der zweiten Entscheidung vom 10. März 1971 ging es um einen nachträglich für vorangehende steuerliche Veranlagungszeiträume vom Gesetzgeber eingeführten Progressionsvorbehalt, für den bis dahin unstreitig keinerlei Rechtsgrundlage bestand und der dazu führte, dass rückwirkend die Steuern höher ausfielen als nach der ursprünglichen Rechtslage. Das Gericht stellte hier darauf ab, dass das Vertrauen der Betroffenen enttäuscht werde, weil der Gesetzgeber an abgeschlossene Tatbestände nachträglich ungünstigere Folgen anknüpfe als "diejenigen, von denen der Bürger bei seinen Dispositionen ausgehen durfte" (vgl. BVerfGE 30, 272 <285>). Die Rechtslage sei nicht unklar gewesen und die Betroffenen hätten mit einer solchen Regelung nicht rechnen müssen (BVerfGE 30, 272 <285 f.>).

106

b) Erst recht stellte das Bundesverfassungsgericht auf die Enttäuschung eines durch die ursprüngliche Rechtslage spezifisch begründeten Vertrauens in den Fällen ab, in denen es Gesetze mit unechter Rückwirkung für verfassungswidrig befand. Da eine unechte Rückwirkung grundsätzlich zulässig ist und nur bei Vorliegen besonderer Vertrauenstatbestände zur Verfassungswidrigkeit führt, bedurfte es hier schon vom Ausgangspunkt her des Nachweises eines spezifischen Vertrauens (so zum Vertrauen in die Rechtmäßigkeit der Ausstellung eines Flüchtlingsausweises BVerfGE 59, 128 <164 ff.>; in die bisher erlaubte Widerrufbarkeit freiwillig gewährter Vorsorgeleistungen BVerfGE 74, 129 <155 ff.>; in die Fortdauer der Besteuerungsregelungen von Abfindungsvereinbarungen BVerfGE 127, 31 <49 ff.>). Nichts anderes gilt dabei für die insoweit besonders gelagerten, der echten Rückwirkung angenäherten Fälle, in denen für einen noch nicht abgelaufenen steuerlichen Veranlagungszeitraum rückwirkende Änderungen in Frage standen und für verfassungswidrig erklärt wurden (vgl. BVerfGE 72, 200; 127, 1; 127, 61; BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 10. Oktober 2012 - 1 BvL 6/07 -, NJW 2013, S. 145 ff.). Dort mag man bei formaler Betrachtung zwar eine gewisse Relativierung des Vertrauenskriteriums sehen, da der Einzelne für den Veranlagungszeitraum einfachrechtlich mit einer rückwirkenden Änderung der Vorschriften stets rechnen müssen soll; tatsächlich verbindet die Rechtsprechung, indem sie dies teilweise für nicht hinnehmbar hält, die Rückwirkungslehre für diese Konstellation in spezifischer Weise mit dem eigenständigen Schutzaspekt der Rechtssicherheit. Auch dort aber bestand - ohne dass diese Entscheidungen hier in allen Aspekten zu würdigen wären - zunächst jedenfalls immer eine klare Rechtslage, die als solche geeignet war, Vertrauen für Dispositionen zu begründen und die durch den Gesetzgeber dann rückwirkend geändert wurde. Der Schutz konkreten Vertrauens ist auch hier der Kern der Rechtsprechung.

107

Weitere Fälle, in denen das Bundesverfassungsgericht Gesetze wegen eines Verstoßes gegen das Rückwirkungsverbot aufgehoben hat, finden sich nicht. Insbesondere gibt es keinen Fall, in dem die Klarstellung einer unsicheren Rechtslage, die kein Vertrauen begründen konnte, für verfassungswidrig erklärt wurde.

108

2. Der Bruch mit den Wertungen der bisherigen Rechtsprechung wird um so deutlicher, wenn man umgekehrt die Fälle betrachtet, in denen das Bundesverfassungsgericht rückwirkende Gesetze zur Klärung offener Rechtsfragen als verfassungsrechtlich unbedenklich angesehen hat. Es reicht dabei auf die Fälle einzugehen, in denen der Gesetzgeber in Reaktion auf unvorhergesehene Entwicklungen bei der Anwendung die bisherige Rechtslage lediglich bekräftigen wollte und die Klarstellung deshalb als "authentische Interpretation" verstand. Es zeigt sich dabei, dass der Senat mit der vorliegenden Entscheidung auch in der materiellen Bewertung wesentlich strengere Maßstäbe anlegt als die Rechtsprechung bisher.

109

a) In der Tat allerdings hat das Bundesverfassungsgericht wiederholt entschieden, dass eine eigene Befugnis des Gesetzgebers zur "authentischen Interpretation" nicht anzuerkennen ist. Die Auslegung unklarer Rechtsnormen sei grundsätzlich Sache der Gerichte (vgl. BVerfGE 126, 369 <392>; 131, 20 <37 ff.>; ähnlich bereits BVerfGE 111, 54 <107>). Auch diese Aussage blieb aber bisher stets in den Kontext des Vertrauensschutzes eingebunden. Sie wendet sich lediglich dagegen, die Berufung auf eine "authentische Interpretation" als eigenständigen Titel zur Rechtfertigung rückwirkender Gesetze anzuerkennen. Mit ihr sollte auf die allgemeinen - und damit vertrauensschutzbezogenen - Rückwirkungsgrundsätze verwiesen werden. Ausdrücklich hielt der Senat deshalb fest: "Eine durch einen Interpretationskonflikt zwischen Gesetzgeber und Rechtsprechung ausgelöste Normsetzung ist nicht anders zu beurteilen als eine durch sonstige Gründe veranlasste rückwirkende Gesetzesänderung" (BVerfGE 126, 369 <392>).

110

b) Dementsprechend wurde nach bisheriger Rechtsprechung in allen Fällen, in denen eine vertrauensbegründende Rechtslage nicht gegeben war, die rückwirkende Klärung offener Rechtsfragen als verfassungsrechtlich unbedenklich angesehen.

111

Dies gilt naturgemäß zunächst für den ersten hier zu nennenden Fall vom 23. Februar 1960, da das Gericht damals von einer lediglich "deklaratorischen Bedeutung" der gesetzlichen Klarstellung ausging (vgl. BVerfGE 10, 332 <340>). Man mag in jenem Fall nur eine geringe Parallele sehen, da der Senat hier anders als dort gerade nicht von einem lediglich deklaratorischen Gesetz ausgeht. Zu berücksichtigen ist dabei jedoch, dass auch damals die Rechtslage objektiv keinesfalls so klar war, wie die verfassungsgerichtliche Beurteilung des Gesetzes als "deklaratorisch" vermuten lässt: Die Frage, die der Gesetzgeber rückwirkend änderte, war damals vielmehr durchaus umstritten und noch das vorlegende Gericht war der Auffassung, dass das Gesetz die Rechtslage verändert habe. Nach den heute vom Senat zugrunde gelegten, differenzierteren Kriterien, wäre deshalb wohl äußerst zweifelhaft, ob damals tatsächlich von einer bloß deklaratorischen Rechtsänderung die Rede sein konnte. Dennoch erkannte man damals nicht auf eine verfassungsrechtlich verbürgte Chance, fachgerichtlichen Rechtsschutz zu erlangen, sondern sah es als Befugnis des Gesetzgebers an, diese Frage selbst rückwirkend klarzustellen.

112

Ebenso wurde eine rückwirkende Klärung in der Entscheidung zur Angestelltenversicherung vom 17. Januar 1979 als unbedenklich angesehen. Der Senat ließ dort ausdrücklich offen, ob die Gesetzesänderung deklaratorischen oder konstitutiven Charakter hatte. Es reichte ihm hier die Feststellung, dass "die ursprüngliche Norm … von vornherein Anlass zu zahlreichen Auslegungsproblemen gegeben" habe, "deren Lösung nicht allein aus dem Wortlaut, sondern nur in einer Zusammenschau von Wortlaut, Entstehungsgeschichte, System und gesetzgeberischer Zielsetzung möglich war" (BVerfGE 50, 177 <194>). Der Bürger habe sich auf den durch die Norm erzeugten Rechtsschein deshalb nicht verlassen dürfen. Von den gesteigerten Anforderungen des Senats an eine besonders verworrene Rechtslage, die nur ausnahmsweise eine rückwirkende Klarstellung erlaube, ist hier nichts ersichtlich.

113

Besonders deutlich wird die Bewertungsverschiebung der Senatsmehrheit schließlich in Kontrast zu den beiden jüngeren Entscheidungen zur authentischen Auslegung. Im Fremdrentenbeschluss vom 21. Juli 2010 nahm der Senat sogar eine rückwirkende gesetzliche Klarstellung hin, die sich zu Lasten der Betroffenen über eine höchstrichterliche Grundsatzentscheidung hinwegsetzte. Das Vertrauen der betroffenen Rentner, unter leichteren Bedingungen eine Rente zu erhalten, war dort jedenfalls wesentlich gehaltvoller unterlegt als vorliegend das Vertrauen der Banken, ihre Verluste steuerlich geltend machen zu können: Das dort streitige Gesetz nahm den Betroffenen ganz erhebliche Aussichten, ihre Ansprüche im Prozesswege durchzusetzen. Als es in Kraft trat, hatte das Bundessozialgericht gerade in ihrem Sinne entschieden. Dennoch reichte dies dem Senat nicht, um dem Gesetzgeber eine rückwirkende Klarstellung zu untersagen. Von einem Reservat der Rechtsprechung, unklare Rechtslagen selbst aufzulösen, war hier nicht die Rede. Vielmehr stellte der Senat konsequent auf die Frage des Vertrauensschutzes ab: Selbst eine höchstrichterliche Klärung reiche nicht in jedem Fall, ein Vertrauen in die entsprechende Rechtslage zu begründen (vgl. BVerfGE 126, 369 <394 ff.>).

114

Nicht anders lag es bei der Entscheidung des Senats vom 2. Mai 2012 zur Beamtenversorgung. Auch dort setzte sich der Gesetzgeber über eine letztinstanzliche Auslegung eines Bundesgerichts - in concreto des Bundesverwaltungsgerichts - hinweg und führte damit für die Betroffenen rückwirkend eine ungünstigere Versorgungsregelung herbei. Das Bundesverfassungsgericht bestätigte dies. Wiederum wurde als maßgebliches Kriterium das Vertrauen in die geltende Rechtslage zugrunde gelegt. Nur wenn die Rechtslage generell geeignet sei, ein Vertrauen zu begründen und darauf gegründete Entscheidungen - insbesondere Vermögensdispositionen - herbeizuführen, sei ein solches Vertrauen berechtigt (vgl. BVerfGE 131, 20 <41>). Selbst höchstrichterliche Entscheidungen würden ein solches Vertrauen nicht automatisch begründen. Es bedürfe insoweit vielmehr des Hinzutretens weiterer Umstände wie etwa einer langjährigen gefestigten Rechtsprechung. Die erhebliche Kritik an der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts in Literatur und Praxis habe dazu geführt, dass Vertrauen in die Auslegung des Bundesverwaltungsgerichts nicht habe erwachsen können und der Gesetzgeber zu einer rückwirkenden Klarstellung befugt sei (vgl. BVerfGE 131, 20 <41 ff.>).

115

c) Vergleicht man all diese Fälle mit der vorliegenden Konstellation, in der die Rechtslage sogar noch höchstrichterlich ungeklärt, zwischen Literatur und Fachgerichtsbarkeit vielfältig umstritten und damit insgesamt in jeder Hinsicht als offen bezeichnet werden kann, wird offensichtlich, dass ein Vertrauensschutz im vorliegenden Verfahren nach den Kriterien der bisherigen Rechtsprechung nicht ansatzweise begründet ist. Auch vom Gegenstand her gibt es keinen Grund, warum das Vertrauen von Banken in die teilweise Abwälzbarkeit ihrer Verluste auf die Allgemeinheit weitergehend geschützt sein soll als das Vertrauen von Rentnern oder Beamten in eine für sie günstige Berechnung ihrer Bezüge. Der Senat vollzieht mit dieser Entscheidung vielmehr eine grundlegende Umwertung der bisherigen Maßstäbe.

116

3. Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass ein konsequentes Abstellen auf das Vertrauenskriterium den Grundsatz des Verbots echt rückwirkender Gesetze letztlich schon als solchen hinfällig werden ließe und damit seinerseits die Schutzstandards der Rechtsprechung preisgebe.

117

Dass diese Schutzstandards jedenfalls bisher nicht in der nun vom Senat zugrunde gelegten Strenge praktiziert wurden und das grundsätzliche Verbot echt rückwirkender Gesetze, auch mittels der von der Rechtsprechung zugleich entwickelten Ausnahmemöglichkeiten, letztlich zu einer maßgeblichen Berücksichtigung von Vertrauensgesichtspunkten führte, hat die Durchsicht der Rechtsprechung deutlich gemacht. Die Unterscheidung zwischen echter und unechter Rückwirkung wurde in ihr weniger als kategoriale denn als heuristische Unterscheidung verstanden - was sich mit dieser Entscheidung ändert.

118

Durch ein konsequentes Abstellen auf den Vertrauensschutz wird dem Gesetzgeber aber auch für die Zukunft kein Weg eröffnet, der es ihm erlaubte, angesichts der generellen Auslegungsbedürftigkeit des Rechts praktisch beliebig Klärungsbedarf geltend zu machen und damit gesetzliche Entscheidungen ohne weiteres nachträglich umzudrehen. Zwar ist Recht im Einzelfall meistens auslegungsbedürftig. Jedoch lässt sich aus solch abstrakter Aussage nicht herleiten, dass gesetzliche Grundentscheidungen und die zu ihrer Umsetzung getroffenen Be-stimmungen in aller Regel unbegrenzt auslegungsoffen sind. Man wird kaum davon ausgehen müssen, dass unsere Rechtsordnung schon grundsätzlich nicht in der Lage ist, konkretes Vertrauen in bestimmte Rechtsfolgen zu begründen oder Grundlagen zu schaffen, auf die sich Dispositionen stützen lassen. In allen Fällen jedoch, in denen die Rechtsordnung ein solches Vertrauen begründet - und hierüber zu entscheiden ist gegebenenfalls Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts - gilt der Grundsatz des Verbots echter Rückwirkung zu Recht. Schon die grundrechtlichen Freiheitsvermutungen führen insoweit dazu, dass das Rückwirkungsverbot nicht wirkungslos ist. Im Übrigen lässt sich auch aus dem Fallmaterial des Bundesverfassungsgerichts ersehen, dass der Erlass rückwirkender Gesetze keinesfalls in aller Regel oder auch nur einer Großzahl von Fällen als Klarstellung ungeklärter Auslegungsfragen gerechtfertigt werden könnte. Das Vertrauenskriterium erodiert nicht die bisherige Rechtsprechung, sondern ist vielmehr ihre maßgebliche Grundlage.

IV.

119

Die streitbefangenen Normen geben auch sachlich keinen Anlass, hier von einem Vertrauen der klagenden Banken in die steuerrechtliche Berücksichtigung ihrer Verluste auszugehen. Dass eine solche Berücksichtigung mit der alten Regelung des § 40a Abs. 1 KAGG nie intendiert war, ist bei sachgerechter Auslegung jedenfalls naheliegend. Ganz unzweifelhaft ist jedenfalls, dass die Kläger mit einer solchen Auslegung rechnen mussten und auf ein entgegenstehendes Verständnis keine Dispositionen stützen konnten.

120

1. Ein Vertrauen lässt sich insoweit jedenfalls nicht einfach hin auf den Wortlaut stützen. Die Auslegung einer solchen Bestimmung bedarf einer verständigen Würdigung in ihrem Gesamtzusammenhang unter Berücksichtigung auch von Entstehungsgeschichte, Systematik sowie Sinn und Zweck.

121

Zwar verweist der Wortlaut des § 40a Abs. 1 KAGG a.F. ausdrücklich nur auf § 8b Abs. 2 KStG a.F., der die steuerliche Nichtberücksichtigung der Gewinne anordnet, nicht aber auch auf dessen Abs. 3, der die Nichtberücksichtigung der Verluste regelt. Dies schließt jedoch nicht aus, dass dieser Verweis möglicherweise doch weiter zu verstehen ist. Gerade in komplexen Materien wie dem Steuerrecht, in denen nicht jeder Fall vom Gesetzgeber vorgedacht werden kann, ist es Aufgabe der Fachgerichtsbarkeit, die Normen nicht in einer punktuell beziehungslosen Wortlautauslegung zu exekutieren, sondern sie aus ihrer Entstehungsgeschichte, ihrer Systematik und den gesetzgeberischen Leitideen heraus zu interpretieren, mit Sinn zu füllen und rechtsfortbildend weiter zu entwickeln. Die strengen Grenzen des Art. 103 Abs. 2 GG, die für den besonderen Bereich des Strafrechts im Zweifel alle Unklarheiten zugunsten des Bürgers durchschlagen lassen, gelten hier nicht. Die Rechtsprechung hat vielmehr den im Gesetz angelegten Ausgleich von privaten und öffentlichen Interessen in einer beiden Seiten gerecht werdenden Weise fort zudenken und ihm Gestalt zu geben. Insofern steht der Wortlaut einer Auslegung, die bei verständiger Würdigung aller Gesichtspunkte schon in der ursprünglichen Fassung des § 40a Abs. 1 KAGG einen impliziten Verweis nicht nur auf § 8b Abs. 2 KStG a.F., sondern auch auf Abs. 3 KStG a.F. sieht, nicht entgegen. Eine solche Auslegung kommt auch nicht erst dann in Betracht, wenn sich anders unerträgliche Wertungswidersprüche auftun. Maßgeblich ist vielmehr, welches Verständnis sich nach Maßgabe der allgemeinen juristischen Auslegungsmethoden als das in der Sache überzeugendste und dem mutmaßlichen Willen des damaligen Gesetzgebers am nächsten kommende erweist.

122

2. Hiervon ausgehend musste auch für die alte Fassung des § 40a Abs. 1 KAGG damit gerechnet werden, dass diese in der Rechtspraxis so verstanden wird, wie der Gesetzgeber dies später klarstellend angeordnet hat. Eine solche Auslegung war auch damals zumindest naheliegend.

123

a) Die Einfügung des § 40a Abs. 1 KAGG a.F. erfolgte im Gesamtzusammenhang mit der Umstellung des Körperschaftsteuerrechts vom Anrechnungsverfahren auf das Halbeinkünfteverfahren. Man wollte dabei auch die Investmentfonds möglichst systemgerecht in die neue Ordnung einbeziehen. Ausgehend von der Grundidee des § 8b KStG a.F. und in Verbindung mit dem für die Investmentfonds leitenden Transparenzprinzip liegt es insoweit nahe, dass hier Veräußerungsgewinne und -verluste ebenso wie Teilwertab- und -zuschreibungen möglichst systemgerecht, und das heißt gleichförmig und symmetrisch, in das Körperschaftsteuerrecht integriert werden sollten.

124

Der Gesetzgeber hat in den Materialien keinerlei Erklärung erkennen lassen, warum hier unter Abweichung von der Grundkonzeption des § 8b KStG a.F. nur dessen Abs. 2 anwendbar sein soll. Die Erläuterungen weisen die Einführung der §§ 38 ff. KAGG lediglich als Konsequenz der Gesetzesreform aus (vgl. BTDrucks 14/2683, S. 132) und erläutern die spätere Einfügung des § 40a KAGG a.F. nur in einzelnen technischen Aspekten (vgl. BTDrucks 14/3366, S. 126). Hiervon ausgehend spricht wenig dafür, dass mit der Regelung systemwidrig eine Abweichung vom Transparenzprinzip statuiert werden sollte. Zwar darf der Rückgriff auf das Transparenzprinzip in der Tat nicht genutzt werden, um mit systematischen Erwägungen anderweitige Entscheidungen des Gesetzgebers zu überspielen. Das Transparenzprinzip gilt nur insoweit, als der Gesetzgeber hierauf rekurriert (vgl. BFHE 130, 287 <289>; 229, 351 <357>; Schnitger/Schachinger, BB 2007, S. 801). Wenn aber der Gesetzgeber durch nichts zu erkennen gibt, dass ihn irgendwelche Sachgründe angeleitet haben, hier zu anderen Regeln zu greifen, spricht schon dies dafür, hierin eher ein Redaktionsversehen zu sehen als eine bewusste anderweitige Entscheidung.

125

Ein Indiz für ein gesetzgeberisches Redaktionsversehen lässt sich bei genetischer Auslegung im Übrigen auch daraus herleiten, dass § 8b Abs. 2 KStG a.F. nach dem ursprünglichen Stand des Gesetzentwurfs zunächst ausschließlich auf Gewinne im engeren Sinne Anwendung finden sollte, während § 8b Abs. 3 KStG a.F. sowohl Teilwertabschreibungen als auch Veräußerungsverluste erfasste. Ebenso spricht für die steuerrechtliche Gleichbehandlung von Gewinnen und Verlusten die Spezialregelung des § 8b Abs. 7 Satz 1 KStG a.F., wonach die Absätze 1 bis 6 nicht auf Anteile anzuwenden sind, die bei Kreditinstituten und Finanzdienstleistungsinstituten nach § 1 Abs. 12 des Kreditwesengesetzes a.F. dem Handelsbuch zuzurechnen sind. Damit steht zugleich fest, dass bei Kreditinstituten und Finanzdienstleistungsinstituten keine Differenzierung dahingehend erfolgt, dass Gewinnminderungen steuerwirksam bleiben, während Veräußerungsgewinne steuerfrei gestellt sind.

126

b) Auch in der Sache ist wenig wahrscheinlich, dass der Gesetzgeber Gewinne aus Anteilen an Investmentfonds von Steuern freistellen wollte, hiermit verbundene Verluste aber steuermindernd anerkennen wollte. Ein Hinweis darauf, dass eine solche steuerliche Form der Privatisierung von Gewinnen bei gleichzeitiger Sozialisierung der Verluste gewollt war, ist nicht ersichtlich, und Sachgründe hierfür sind nicht erkennbar. Allerdings weist das vorlegende Gericht zu Recht darauf, dass für die im konkreten Fall in Frage stehenden Teilwertabschreibungen der Wertungswiderspruch durch § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG a.F. ein Stück weit abgemildert wird. Diese Vorschrift führt dazu, dass Gewinne und Verluste so miteinander verrechnet werden, dass jedenfalls eine doppelte Begünstigung verhindert wird, die dadurch entstehen könnte, dass in einem Jahr erzielte Gewinne steuerfrei bleiben, entsprechende Verluste im nächsten Jahr aber steuermindernd berücksichtigt werden könnten. Dennoch ändert dies nichts an der bei wörtlicher Anwendung der Norm verbleibenden Asymmetrie, dass im Gesamtergebnis die bei Veräußerung erzielten Gewinne steuerfrei sind, während Verluste zu Lasten der Allgemeinheit steuerlich in Ansatz gebracht werden können. Der Verweis auf § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG a.F. führt zu einer Verrechnung nur bezogen auf den jeweiligen Anteil und hilft bei den nur einmalig anfallenden Veräußerungsgewinnen und -verlusten generell nicht. Die Diskrepanz zwischen der steuerlichen Relevanz von Verlusten und Gewinnen kommt hier voll zur Geltung, ohne dass hierfür irgendeine Rechtfertigung ersichtlich wäre. Als fernliegend erscheint es dabei, die Bedeutung des Verweises auf § 8b Abs. 2 KStG a.F. für Teilwertab- und -zuschreibungen anders zu interpretieren als für die Veräußerungsgewinne und -verluste.

127

All diese Verkomplizierungen lösen sich auf, wenn man systematisch folgerichtig § 40a Abs. 1 KAGG a.F. von vornherein so versteht, dass er schon immer nicht nur auf Abs. 2, sondern auch auf Abs. 3 verwiesen hat - wie ja im Übrigen auch unstreitig ist, dass der gleichfalls nicht vom Wortlaut umfasste Abs. 4 anwendbar ist.

128

c) Es ist nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts, diese Frage abschließend zu klären. Dies wird - in Folge der Mehrheitsmeinung im Senat - nun Aufgabe der Fachgerichte sein. Angesichts der triftigen Argumente, die schon ursprünglich für die Auslegung sprachen, die der Gesetzgeber dann auch ausdrücklich bekräftigt hat, kann die rückwirkende Erstreckung dieser Regelung auf die offen gebliebenen Altfälle dann aber nicht als Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes beurteilt werden. Die klagenden Banken mussten von Anfang an damit rechnen, dass sie ihre Teilwertabschreibungen nicht steuermindernd geltend machen können. Das gilt umso mehr, als die hier in Frage stehenden Auslegungsfragen schon früh bekannt waren und in der Regel Unternehmen, insbesondere Banken mit kompetenten Rechtsabteilungen, betreffen, die solche Unklarheiten im Zweifel schneller erkennen als die Finanzbehörden selbst.

129

3. Dass der Gesetzgeber in dieser Lage nicht selbst auch für die Altfälle eine Regelung treffen darf, leuchtet nicht ein. Die Annahme eines prinzipiellen Reservats der Fachgerichtsbarkeit für die Lösung dieser Fälle überzeugt - wie dargelegt - schon grundsätzlich nicht. Wenig einleuchtend sind aber auch die vom Senat ergänzend herangezogenen Abgrenzungskriterien für die Anerkennung von Ausnahmen.

130

a) Eine rückwirkende Regelung soll nach Ansicht des Senats deshalb ausscheiden, weil die alte Rechtslage zwar ungeklärt und offen, aber in einem normalen Sinne auslegungsfähig war. Verfassungsrechtlich zulässig sei eine rückwirkende Regelung nur, wenn die alte Regelung zu einer durchgreifend unverständlichen oder verworrenen Rechtslage geführt hätte. Dies sei erst dann der Fall, wenn völlig unverständlich sei, welche Bedeutung die fragliche Norm haben solle, oder die Norm völlig wirr sei. Der Gesetzgeber darf also das, was er als Redaktionsfehler ansieht, hier deshalb nicht selbst klären, weil dieser Fehler zu geringfügig war. Er hätte also gravierendere und größere Verwirrung stiftende Fehler begehen müssen - dann wäre er auch nach Ansicht des Senats zu einer rückwirkenden Regelung befugt. Überzeugend sind solche Grenzlinien nicht.

131

b) Die für den Senat maßgebliche Abgrenzung zwischen einer ungeklärten Rechtslage, die ein rückwirkendes Gesetz noch nicht rechtfertigt, und unklarer und verworrener Rechtslage, die ein solches Gesetz rechtfertigen kann, ist eine Wertungsfrage, die für künftige Fälle Spielräume belässt. Es ist zu hoffen, dass hierüber der mit vorliegender Entscheidung vom Senat eingeschlagene Irrweg doch wieder eingefangen werden kann und sich diese Entscheidung dann im Rückblick nur als Einzelfall darstellt.

132

Gerade aber wenn sie nur ein Einzelfall bleibt, muss die Entscheidung auf Widerspruch stoßen. Denn der vorliegende Fall gibt zu einem Abweichen von der Rechtsprechung besonders wenig Anlass: Es geht hier um das Vertrauen insbesondere von Banken in die steuerliche Absetzbarkeit von Verlusten in einem Geschäftsbereich, der insgesamt durch einen spekulativen Charakter geprägt ist. Praktisch dürfte es in den betroffenen Jahren vor allem auch um die Verluste in Folge der durch die Anschläge des 11. September 2001 ausgelösten Kursstürze gehen. Warum nun ausgerechnet in dieser Konstellation strengere Anforderungen an den Gesetzgeber gestellt werden als in den Fällen, in denen es um den Zugang zur Angestelltenversicherung, die Erlangung von Renten oder die Höhe der Beamtenversorgung ging, leuchtet nicht ein.

V.

133

Richtigerweise hätte § 43 Abs. 18 KAGG für verfassungsgemäß erklärt werden müssen. Dabei ist es wenig wichtig, ob man angesichts der ungeklärten Auslegung des § 40a Abs. 1 KAGG a.F. schon das Vorliegen einer änderungsfähigen Rechtslage und damit überhaupt einer Rückwirkung verneint, ob man von einer nur formellen Rückwirkung ausgeht, die durch die ungeklärte Rechtslage gerechtfertigt ist (vgl. BVerfGE 126, 369 <393 ff.>), oder ob man hier eine Rückwirkung sieht, die jenseits der Alternativen von echter und unechter Rückwirkung oder deklaratorischer oder konstitutiver Rechtsänderung unmittelbar durch Verweis auf die offene Rechtsfrage zu lösen ist (vgl. BVerfGE 50, 177 <193 f.>; 131, 20 <40 ff.>). Maßgeblich ist allein, dass im Ergebnis auf die Frage abgestellt werden muss, in welchem Umfang die bisherige Rechtslage ein berechtigtes Vertrauen begründet hat. Und ein solches Vertrauen besteht im vorliegenden Fall schlicht nicht.

134

Nur durch ein konsequentes Abstellen auf ein berechtigtes Vertrauen in die bestehende Rechtslage behält die Rückwirkungsrechtsprechung ihren Charakter als Schutz individueller Freiheit und Selbstbestimmung. Mit der vorliegenden Entscheidung verformt der Senat die Rückwirkungsrechtsprechung zu einem Instrument der Absicherung eines Reservats der Rechtsprechung. Der Gesetzgeber wird aus seiner Verantwortung gedrängt und der Bereich politisch-parlamentarischer Entscheidung ungerechtfertigt eingeengt. Dies entspricht dem Bild der Demokratie des Grundgesetzes nicht.

(1) Die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen überwachen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich und die Kassenärztlichen Vereinigungen vereinbaren Inhalt und Durchführung der Beratungen und Prüfungen nach Absatz 2 sowie die Voraussetzungen für Einzelfallprüfungen. Die Vertragspartner können die Prüfungsstelle mit der Prüfung ärztlich verordneter Leistungen in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung beauftragen und tragen die Kosten. Die Krankenkassen übermitteln der Prüfungsstelle die Daten der in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung verordneten Leistungen; dabei sind zusätzlich die Zahl der Behandlungsfälle und eine Zuordnung der verordneten Leistungen zum Datum der Behandlung zu übermitteln. Die §§ 296 und 297 gelten entsprechend.

(2) Die Wirtschaftlichkeit der Versorgung wird von der Prüfungsstelle nach § 106c geprüft durch

1.
arztbezogene Prüfungen ärztlicher Leistungen nach § 106a,
2.
arztbezogene Prüfungen ärztlich verordneter Leistungen nach § 106b.
Die Prüfungen werden auf der Grundlage der Daten durchgeführt, die der Prüfungsstelle nach § 106c gemäß § 296 Absatz 1, 2 und 4 sowie § 297 Absatz 2 übermittelt werden. Hat die Prüfungsstelle Zweifel an der Richtigkeit der übermittelten Daten, ermittelt sie die Datengrundlagen für die Prüfung aus einer Stichprobe der abgerechneten Behandlungsfälle des Arztes und rechnet die so ermittelten Teildaten nach einem statistisch zulässigen Verfahren auf die Grundgesamtheit der Arztpraxis hoch.

(3) Die Prüfungsstelle nach § 106c bereitet die für die Prüfungen nach Absatz 2 erforderlichen Daten und sonstigen Unterlagen auf, trifft Feststellungen zu den für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit wesentlichen Sachverhalten und entscheidet unter Beachtung der Vereinbarungen nach den §§ 106a und 106b, ob der Vertragsarzt, der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat und welche Maßnahmen zu treffen sind. Eine Maßnahme kann insbesondere auch die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung sein. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung auf Grund einer Wirtschaftlichkeitsprüfung, die von Amts wegen durchzuführen ist, muss für ärztliche Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab Erlass des Honorarbescheides und für ärztlich verordnete Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, erfolgen; § 45 Absatz 2 des Ersten Buches gilt entsprechend. Für Wirtschaftlichkeitsprüfungen, die auf Grund eines Antrags erfolgen, ist der Antrag für die Prüfung ärztlicher Leistungen spätestens 18 Monate nach Erlass des Honorarbescheides und für die Prüfung ärztlich verordneter Leistungen spätestens 18 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, bei der Prüfungsstelle nach § 106c einzureichen. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung muss innerhalb weiterer zwölf Monate nach Ablauf der in Satz 4 genannten Frist erfolgen; die Regelung des § 45 Absatz 2 des Ersten Buches findet keine entsprechende Anwendung. Gezielte Beratungen sollen weiteren Maßnahmen in der Regel vorangehen. Die Prüfungsstelle berät die Vertragsärzte auf der Grundlage von Übersichten über die von ihnen im Zeitraum eines Jahres oder in einem kürzeren Zeitraum erbrachten, verordneten oder veranlassten Leistungen über Fragen der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Versorgung.

(4) Werden Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassenverbände und Kassenärztlichen Vereinigungen für eine ordnungsgemäße Umsetzung. Können Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt werden, weil die erforderlichen Daten nach den §§ 296 und 297 nicht oder nicht im vorgesehenen Umfang oder nicht fristgerecht übermittelt worden sind, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassen oder der Kassenärztlichen Vereinigungen. Die zuständige Aufsichtsbehörde hat nach Anhörung der Vorstandsmitglieder und der jeweils entsandten Vertreter im Ausschuss den Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung das Regressverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten auch für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der im Krankenhaus erbrachten ambulanten ärztlichen und belegärztlichen Leistungen.

(1) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundessozialgericht die Revision zurück. Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Gesetzesverletzung, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision ebenfalls zurückzuweisen.

(2) Ist die Revision begründet, so hat das Bundessozialgericht in der Sache selbst zu entscheiden. Sofern dies untunlich ist, kann es das angefochtene Urteil mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Gericht zurückverweisen, welches das angefochtene Urteil erlassen hat.

(3) Die Entscheidung über die Revision braucht nicht begründet zu werden, soweit das Bundessozialgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 202 in Verbindung mit § 547 der Zivilprozeßordnung und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(4) Verweist das Bundessozialgericht die Sache bei der Sprungrevision nach § 161 zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück, so kann es nach seinem Ermessen auch an das Landessozialgericht zurückverweisen, das für die Berufung zuständig gewesen wäre. Für das Verfahren vor dem Landessozialgericht gelten dann die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit auf eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung beim Landessozialgericht anhängig geworden wäre.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen.

(1) Die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen überwachen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen. Die Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich und die Kassenärztlichen Vereinigungen vereinbaren Inhalt und Durchführung der Beratungen und Prüfungen nach Absatz 2 sowie die Voraussetzungen für Einzelfallprüfungen. Die Vertragspartner können die Prüfungsstelle mit der Prüfung ärztlich verordneter Leistungen in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung beauftragen und tragen die Kosten. Die Krankenkassen übermitteln der Prüfungsstelle die Daten der in der ambulanten Versorgung außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung verordneten Leistungen; dabei sind zusätzlich die Zahl der Behandlungsfälle und eine Zuordnung der verordneten Leistungen zum Datum der Behandlung zu übermitteln. Die §§ 296 und 297 gelten entsprechend.

(2) Die Wirtschaftlichkeit der Versorgung wird von der Prüfungsstelle nach § 106c geprüft durch

1.
arztbezogene Prüfungen ärztlicher Leistungen nach § 106a,
2.
arztbezogene Prüfungen ärztlich verordneter Leistungen nach § 106b.
Die Prüfungen werden auf der Grundlage der Daten durchgeführt, die der Prüfungsstelle nach § 106c gemäß § 296 Absatz 1, 2 und 4 sowie § 297 Absatz 2 übermittelt werden. Hat die Prüfungsstelle Zweifel an der Richtigkeit der übermittelten Daten, ermittelt sie die Datengrundlagen für die Prüfung aus einer Stichprobe der abgerechneten Behandlungsfälle des Arztes und rechnet die so ermittelten Teildaten nach einem statistisch zulässigen Verfahren auf die Grundgesamtheit der Arztpraxis hoch.

(3) Die Prüfungsstelle nach § 106c bereitet die für die Prüfungen nach Absatz 2 erforderlichen Daten und sonstigen Unterlagen auf, trifft Feststellungen zu den für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit wesentlichen Sachverhalten und entscheidet unter Beachtung der Vereinbarungen nach den §§ 106a und 106b, ob der Vertragsarzt, der ermächtigte Arzt oder die ermächtigte Einrichtung gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat und welche Maßnahmen zu treffen sind. Eine Maßnahme kann insbesondere auch die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung sein. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung auf Grund einer Wirtschaftlichkeitsprüfung, die von Amts wegen durchzuführen ist, muss für ärztliche Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab Erlass des Honorarbescheides und für ärztlich verordnete Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, erfolgen; § 45 Absatz 2 des Ersten Buches gilt entsprechend. Für Wirtschaftlichkeitsprüfungen, die auf Grund eines Antrags erfolgen, ist der Antrag für die Prüfung ärztlicher Leistungen spätestens 18 Monate nach Erlass des Honorarbescheides und für die Prüfung ärztlich verordneter Leistungen spätestens 18 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, bei der Prüfungsstelle nach § 106c einzureichen. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung muss innerhalb weiterer zwölf Monate nach Ablauf der in Satz 4 genannten Frist erfolgen; die Regelung des § 45 Absatz 2 des Ersten Buches findet keine entsprechende Anwendung. Gezielte Beratungen sollen weiteren Maßnahmen in der Regel vorangehen. Die Prüfungsstelle berät die Vertragsärzte auf der Grundlage von Übersichten über die von ihnen im Zeitraum eines Jahres oder in einem kürzeren Zeitraum erbrachten, verordneten oder veranlassten Leistungen über Fragen der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Versorgung.

(4) Werden Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassenverbände und Kassenärztlichen Vereinigungen für eine ordnungsgemäße Umsetzung. Können Wirtschaftlichkeitsprüfungen nicht in dem vorgesehenen Umfang oder nicht entsprechend den für ihre Durchführung geltenden Vorgaben durchgeführt werden, weil die erforderlichen Daten nach den §§ 296 und 297 nicht oder nicht im vorgesehenen Umfang oder nicht fristgerecht übermittelt worden sind, haften die zuständigen Vorstandsmitglieder der Krankenkassen oder der Kassenärztlichen Vereinigungen. Die zuständige Aufsichtsbehörde hat nach Anhörung der Vorstandsmitglieder und der jeweils entsandten Vertreter im Ausschuss den Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung zu veranlassen, das Vorstandsmitglied auf Ersatz des aus der Pflichtverletzung entstandenen Schadens in Anspruch zu nehmen, falls der Verwaltungsrat oder die Vertreterversammlung das Regressverfahren nicht bereits von sich aus eingeleitet hat.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten auch für die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der im Krankenhaus erbrachten ambulanten ärztlichen und belegärztlichen Leistungen.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.