Bundessozialgericht Beschluss, 13. Dez. 2018 - B 5 RE 1/18 B

ECLI:ECLI:DE:BSG:2018:131218BB5RE118B0
bei uns veröffentlicht am13.12.2018

Tenor

Die Beschwerden der Klägerin und der Beigeladenen zu 2 gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 31. Januar 2018 werden als unzulässig verworfen.

Auf die Beschwerde des Beigeladenen zu 1 wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 31. Januar 2018 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Mit Urteil vom 31.1.2018 hat das LSG Baden-Württemberg einen Anspruch der Klägerin auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ab dem 1.7.2015 verneint.

2

Die Klägerin ist seit dem 11.7.2000 kraft Gesetzes Pflichtmitglied der Architektenkammer Baden-Württemberg (Beigeladene zu 2) sowie seit dem 1.8.2000 kraft Gesetzes Mitglied des Versorgungswerks der Architektenkammer Baden-Württemberg (Beigeladener zu 1). Seit dem 1.7.2015 ist sie auf Grundlage eines Anstellungsvertrages vom 16.3.2015 als Sachbearbeiterin für den technischen Einkauf mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden bei der G. S. GmbH, H. tätig.

3

Die Klage gegen den den Befreiungsantrag der Klägerin ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 9.11.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.2.2016 ist erfolgreich gewesen (Gerichtsbescheid des SG Mannheim vom 10.11.2016). Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG Baden-Württemberg mit Urteil vom 31.1.2018 den Gerichtsbescheid aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ua ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die begehrte Befreiung nach § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI nicht erfüllt seien, weil die Klägerin keine berufsspezifische Architektentätigkeit ausübe. Die von ihr verrichtete Tätigkeit könne nicht dem Kernbereich der versorgungs- und kammerrechtlich definierten Berufsaufgaben zugeordnet werden.

4

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil haben die Klägerin und die Beigeladenen Beschwerde eingelegt. Sie berufen sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache iS von § 160 Abs 2 Nr 1 SGG sowie Divergenz iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG. Die Beigeladenen machen darüber hinaus Verfahrensmängel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG geltend.

5

II. Die Nichtzulassungsbeschwerden der Klägerin und der Beigeladenen zu 2 sind unzulässig (dazu A. und B.), während die Nichtzulassungsbeschwerde des Beigeladenen zu 1 zulässig und im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet ist (dazu C.).

6

A. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist.
Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

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die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG),

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das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO Nr 2) oder

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ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO Nr 3).

7

Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 S 3 SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 iVm § 169 S 1 und 2 SGG zu verwerfen.

8

1. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN; Fichte in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl 2014, § 160a RdNr 32 ff).

9

Die Klägerin misst folgenden Fragen grundsätzliche Bedeutung bei:

        

1. "Ist eine berufsspezifische Tätigkeit dann nicht ausreichend, wenn sie nur einen Randbereich des beruflichen Spektrums umfasst? Ist es deshalb erforderlich, dass die Tätigkeit im Kernbereich der Versorgungs- und Kammer rechtlich definierten Berufsaufgaben zugeordnet werden kann, bzw. die Tätigkeit die typischen, prägenden Aufgaben nach Maßgabe des Kammer- und Versorgungsrechts umfasst"?

        

2. Setzen "die berufsspezifischen Aspekte einer Architektentätigkeit den planerischen Aspekt unbedingt voraus … und worin (besteht) diese ggf."?

        

3. Ist "eine berufsspezifische Tätigkeit des Architekten nach den Kerntätigkeiten zu beurteilen … und eine Randtätigkeit nicht ausreichend"?

        

4. "Wenn eine Kerntätigkeit zur Beurteilung notwendigerweise ausgeführt werden muss, welche Tätigkeiten (sind) als Kerntätigkeit im Berufsbild eines Architekten zu beurteilen"?

        

5. "Welche Tätigkeiten (müssen) mindestens ausgeführt werden … , damit der Antragsteller als Architekt gilt"?

10

Es ist bereits fraglich, ob die Beschwerdebegründung mit diesen Formulierungen hinreichend deutlich abstrakt-generelle Rechtsfragen zum Anwendungsbereich einer revisiblen Norm (vgl § 162 SGG) aufwirft (vgl Senatsbeschluss vom 6.4.2010 - B 5 R 8/10 B - BeckRS 2010, 68786 RdNr 10; BSG Beschluss vom 5.11.2008 - B 6 KA 24/07 B - BeckRS 2009, 50073 RdNr 7). Die Formulierung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen einer Grundsatzrüge prüfen kann (Becker, SGb 2007, 261, 265; Krasney/Udsching/Groth, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, Kap IX RdNr 181). Es gehört nicht zu den Aufgaben des BSG, aus dem Vortrag des Beschwerdeführers eine entsprechende Rechtsfrage herauszuarbeiten (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 26 S 48). Im vorliegenden Fall bleibt unklar, ob sich die Fragen ausschließlich auf die landesrechtliche Vorschrift des § 1 Abs 1 und 5 ArchG BW(idF vom 28.3.2011) oder zumindest teilweise auch auf die bundesrechtliche Norm des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI beziehen.

11

Sollte die Klägerin den Bedeutungsgehalt des § 1 Abs 1 und 5 ArchG BW für klärungsbedürftig halten, ist darauf hinzuweisen, dass Landesrecht grundsätzlich nicht revisibel ist und die Beschwerdebegründung nicht darlegt, warum im vorliegenden Fall ausnahmsweise eine Revisibilität anzunehmen sei(vgl hierzu Urteile des Senats vom 7.12.2017 - B 5 RE 10/16 R - SozR 4-2600 § 6 Nr 14, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen und vom 22.3.2018 - B 5 RE 5/16 R - SozR 4-2600 § 6 Nr 16 vorgesehen). Die Prüfung, ob überhaupt revisibles Recht vorliegt, obliegt allein dem Beschwerdeführer (vgl auch BSGE 56, 45, 51 = SozR 2100 § 70 Nr 1 S 8).

12

Sollten sich Fragen 1 und 3 zumindest auch auf § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI beziehen, wäre jedenfalls deren Klärungsbedürftigkeit nicht ausreichend aufgezeigt.

13

Eine Rechtsfrage ist dann nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich zB unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist. Als höchstrichterlich geklärt ist eine Rechtsfrage auch dann anzusehen, wenn das Revisionsgericht bzw das BVerfG diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 8 S 17). Im Hinblick hierauf muss in der Beschwerdebegründung unter Auswertung der Rechtsprechung des BSG zu dem Problemkreis substantiiert vorgetragen werden, dass das BSG zu diesem Fragenbereich noch keine Entscheidung gefällt oder durch die schon vorliegenden Urteile die hier maßgebende Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet hat (Krasney/Udsching/Groth, aaO, Kap IX RdNr 183 mwN).

14

Hieran fehlt es. Die Klägerin hat sich nicht mit dem Urteil des Senats vom 7.12.2017 (aaO) auseinandergesetzt. In dieser Entscheidung, die sich mit dem Anspruch eines Tierarztes auf Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befasst hat, hat sich der Senat eingehend mit der Frage beschäftigt, unter welchen Voraussetzungen eine verkammerte Tätigkeit nach § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI befreiungsfähig ist.

15

2. Divergenz iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zu Grunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat.

16

Eine derartige Divergenz hat die Klägerin nicht dargetan. Sie rügt eine Abweichung der angefochtenen Entscheidung von dem Urteil des 11. Senats des LSG Baden-Württemberg vom 27.6.2017 - L 11 R 2694/16. Landessozialgerichtliche Entscheidungen stellen jedoch ausweislich des Wortlauts des § 160 Abs 2 Nr 2 SGG keine divergenzfähigen Entscheidungen im Sinne der Norm dar.

17

B. Die Nichtzulassungsbeschwerde der zu 2 beigeladenen Architektenkammer ist unzulässig, weil sie nicht durch die angefochtene Entscheidung beschwert ist, und daher ebenfalls gemäß § 160a Abs 4 S 1 iVm § 169 S 1 und 2 SGG zu verwerfen.

18

Zwar ist gemäß § 69 Nr 3, § 75 Abs 4, § 160 Abs 1 SGG auch der Beigeladene als Verfahrensbeteiligter zur Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde berechtigt. Er muss allerdings durch die angefochtene Entscheidung materiell beschwert sein. Dies setzt voraus, dass er geltend machen kann, aufgrund der Bindungswirkung des angefochtenen Urteils nach § 141 SGG unmittelbar in seinen subjektiven Rechten beeinträchtigt zu sein(vgl BSGE 81, 207, 208 = SozR 3-2500 § 101 Nr 2 S 8 mwN; BSGE 118, 30 = SozR 4-2500 § 85 Nr 81, RdNr 14; BVerwG Urteil vom 18.4.1997 - 3 C 3/95 - Juris RdNr 16 mwN). Dies trifft auf die Beigeladene zu 2 nicht zu; sie hat hierzu auch nichts vorgetragen.

19

Die Bindungswirkung erfasst grundsätzlich nur die Urteilsformel; sie ist auf den in der Urteilsformel enthaltenen Gedanken beschränkt. Tatsächliche Feststellungen und rechtliche Erwägungen, die den Urteilsspruch tragen, sind zwar zum Verständnis heranzuziehen, nehmen aber an der Rechtskraft nicht teil (BSG SozR 3-1500 § 75 Nr 31 S 40 mwN).

20

Die Urteilsformel der angefochtenen Entscheidung besagt, dass die Beklagte nicht verpflichtet ist, die Klägerin von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien. Hierdurch wird die Beigeladene zu 2 nicht unmittelbar in ihren Rechten betroffen.

21

Die Urteilsformel bewirkt insbesondere nicht die Beendigung der Mitgliedschaft der Klägerin in der Architektenkammer; diese ist allein von ihrer Eintragung in der Architektenliste abhängig (vgl § 3 Abs 1 Alt 1 der Satzung der Architektenkammer Baden-Württemberg vom 25.11.2017 und § 3 ArchG BW). Die Eintragung wird nach § 7 ArchG BW gelöscht, wenn einer der dort genannten Gründe verwirklicht ist. Diese werden durch die Urteilsformel nicht berührt. Eine unmittelbare Betroffenheit sonstiger Rechtspositionen der Beigeladenen zu 2 ist ebenfalls nicht ersichtlich (vgl §§ 1 - 19 der Satzung der Architektenkammer Baden-Württemberg sowie die übrigen Vorschriften des ArchG BW).

22

C. Die Beschwerde des zu 1 beigeladenen Versorgungswerks ist zulässig und im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG begründet (§ 160a Abs 5 SGG).

23

1. Der Beigeladene zu 1 ist durch das angefochtene Urteil im oben dargelegten Sinne beschwert. Wird das einen Anspruch der Klägerin auf Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung verneinende Urteil des LSG rechtskräftig, ist der Beigeladene zu 1 hieran gemäß § 141 Abs 1 Nr 1, § 69 Nr 3 SGG gebunden. In diesem Fall hat die Klägerin an den Beigeladenen zu 1 keinen Beitrag in Höhe des an die gesetzliche Rentenversicherung zu zahlenden Beitrags (vgl § 17 Abs 1 der Satzung des Versorgungswerks der Architektenkammer Baden-Württemberg - Stand: 1.1.2018), sondern ¼ des Regelbeitrags zu entrichten, falls sie keine Befreiung vom Versorgungswerk beantragt (vgl § 17 Abs 2 S 1 der Satzung des Versorgungswerks der Architektenkammer Baden-Württemberg). Dies wirkt sich umso nachteiliger aus, je mehr die Klägerin ihre wöchentliche Arbeitszeit erhöht. Sollte die Klägerin einen Antrag auf Befreiung vom Versorgungswerk stellen, kann der Beigeladene zu 1 diesem nicht entgegentreten. Gemäß § 12 Abs 1 Nr 1 iVm § 11 Abs 1 der Satzung des Versorgungswerks der Architektenkammer Baden-Württemberg werden als Angestellte eingetragene Mitglieder der Architektenkammer vielmehr von der Teilnahme befreit, solange sie Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zahlen. Durch die Befreiung endet die Teilnahme (§ 14 S 1 Nr 3 der Satzung des Versorgungswerks der Architektenkammer Baden-Württemberg).

24

2. Der Beigeladene zu 1 hat auch entsprechend den Erfordernissen des § 160a Abs 2 S 3 SGG den Verfahrensmangel der fehlenden notwendigen Beiladung des Arbeitgebers der Klägerin gemäß § 75 Abs 2 Alt 1 SGG dargetan. Der Verfahrensmangel liegt auch vor.

25

a) Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, sind diese gemäß § 75 Abs 2 Alt 1 SGG beizuladen. Im vorliegenden Verfahren streiten die Beteiligten darüber, ob die Klägerin einen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht hat. Es handelt sich somit um einen Streit über das Bestehen der Versicherungspflicht. Bei einem solchen Rechtsstreit kann die Entscheidung gegenüber Arbeitgeber und Versichertem nur einheitlich ergehen (BSG Urteil vom 23.2.1977 - 12 RK 14/76 - Juris RdNr 14; vgl auch BSG SozR 1500 § 75 Nr 39 S 41; BSG Urteil vom 16.10.2002 - B 10 LW 5/01 R - Juris RdNr 15 = SozR 3-5868 § 3 Nr 5).

26

Die Entscheidung über die Versicherungspflicht greift unmittelbar in die Rechtssphäre des Arbeitgebers ein. Sie bestimmt, ob er im Außenverhältnis Beitragsschuldner ist, oder dem Arbeitnehmer gegenüber teilweise ausgleichspflichtig ist.

27

In der gesetzlichen Rentenversicherung schuldet der Arbeitgeber gemäß § 174 SGB VI iVm § 28e SGB IV im Außenverhältnis gegenüber dem Versicherungsträger die Beiträge für den versicherungspflichtig Beschäftigten in vollem Umfang und macht die Beitragshälfte des Arbeitnehmers(vgl § 168 Abs 1 Nr 1 SGB VI) diesem gegenüber durch Lohnabzug geltend (§ 28g SGB IV). Für Beschäftigte, die nach § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI von der Versicherungspflicht befreit sind, zahlt der Arbeitgeber hingegen gemäß § 172a SGB VI einen Zuschuss in Höhe der Hälfte des Beitrags zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, höchstens aber die Hälfte des Beitrags, der zu zahlen wäre, wenn die Beschäftigten nicht von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit worden wären. In der berufsständischen Versorgung ist mithin nur das Mitglied Beitragsschuldner, während der Arbeitgeber dem Mitglied den Arbeitgeberbeitrag als Zuschuss schuldet (Gesetzentwurf der Bundesregierung - Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 3.8.2011 - BT-Drucks 17/6764 S 22 zu Nr 10).

28

b) Hinsichtlich der von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG geforderten möglichen Kausalität zwischen geltend gemachtem Verfahrensmangel und der angefochtenen Entscheidung stellt sich bei der Rüge der unterlassenen notwendigen Beiladung iS von § 75 Abs 2 Alt 1 SGG die Frage, ob der Beschwerdeführer auch darlegen muss, dass und warum die Entscheidung - ausgehend von der Rechtsauffassung des LSG - auf dem Mangel beruhen kann(so BSG Beschluss vom 28.12.2017 - B 8 SO 71/17 B - Juris RdNr 7; BSG Beschluss vom 17.5.2018 - B 8 SO 1/18 B - Juris RdNr 6; Beschluss des Senats vom 31.7.2018 - B 5 R 38/18 B - Juris RdNr 10; vgl auch BSG Beschluss vom 10.4.2017 - B 6 KA 22/17 B - Juris RdNr 6), oder ob bei einem solchen Verfahrensverstoß der Einfluss auf die Entscheidung entsprechend einem absoluten Revisionsgrund (§ 202 S 1 SGG iVm § 547 ZPO) unwiderlegbar vermutet wird (so BFH Beschluss vom 8.5.2008 - IV B 138/07 - Juris RdNr 9; BFH Beschluss vom 14.11.2008 - IV B 136/07 - Juris RdNr 40; BFH Beschluss vom 21.12.2011 - IV B 101/10 - Juris RdNr 6; vgl auch Ratschow in Gräber, FGO, 8. Aufl 2015, § 115 RdNr 97).

29

Für letztere Rechtsauffassung spricht, dass die unterbliebene echte Beiladung iS von § 75 Abs 2 Alt 1 SGG im Revisionsverfahren von Amts wegen zu berücksichtigen ist(BSGE 61, 197, 199 = SozR 7723 § 9 Nr 1 S 2; BSG SozR 4-3250 § 14 Nr 8 RdNr 16; BSG Urteil vom 11.5.2011 - B 5 R 22/10 R - Juris RdNr 18) und die Unterlassung einen Verstoß gegen die Grundordnung des Verfahrens darstellt, weil die Vorschrift eine unverzichtbare Sachentscheidungsvoraussetzung regelt (vgl BFH Beschluss vom 8.5.2008 - IV B 138/07 - Juris RdNr 9; BFH Beschluss vom 14.11.2008 - IV B 136/07 - Juris RdNr 40; BFH Beschluss vom 21.12.2011 - IV B 101/10 - Juris RdNr 6; vgl auch B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/ Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 75 RdNr 13a mwN). Insbesondere aber ist die Unterlassung einer notwendigen Beiladung iS von § 75 Abs 2 Alt 1 SGG mit der Verletzung rechtlichen Gehörs eines Beteiligten vergleichbar, der daran gehindert wird, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen. Der nach § 75 Abs 2 Alt 1 SGG notwendig Beizuladende wird durch die Unterlassung der Beiladung an jedwedem Vorbringen und damit auch an einer Anhörung in der mündlichen Verhandlung gehindert, obwohl die Entscheidung - wie bei den Hauptbeteiligten - unmittelbar in seine Rechtssphäre eingreift. Im ersten Fall sind aber grundsätzlich keine näheren Darlegungen zur Kausalität erforderlich (vgl nur BSG Beschluss vom 21.6.2011 - B 1 KR 144/10 B - Juris RdNr 5 mwN). Letztlich bedarf die angesprochene Frage hier keiner Entscheidung.

30

Der Beigeladende zu 1 hat nämlich aufgezeigt, dass die Entscheidung auf dem Verfahrensmangel beruhen kann. Es besteht die Möglichkeit, dass bei Beteiligung des Arbeitgebers der Klägerin am Verfahren und seiner Darstellung ihrer Tätigkeit das LSG eine andere Bewertung der Leistungen der Klägerin als Architektin vorgenommen hätte.

31

c) Da § 168 S 2 SGG dem BSG lediglich die Möglichkeit eröffnet, eine notwendige Beiladung im Revisions-, nicht aber im Beschwerdeverfahren nachzuholen(vgl dazu Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 168 RdNr 3c mwN aus der Rspr), kommt nur die Aufhebung und Zurückverweisung der Rechtssache an die Vorinstanz in Betracht.

32

3. Auf die weiteren vom Beigeladenen zu 1 vorgebrachten Revisionszulassungsgründe kommt es nach alldem nicht an (vgl auch BFH vom 21.12.2011 - IV B 101/10 - Juris RdNr 7).

33

4. Bei der erneuten Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache wird das LSG zu beachten haben, dass sich die Frage, ob eine befreiungsfähige Beschäftigung iS von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI vorliegt, nach den Urteilen des Senats vom 7.12.2017 (aaO) und 22.3.2018 (aaO) ausschließlich in Anwendung der Normen des Kammer- und Versorgungsrechts entscheidet, und daher der Tatbestand des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI nicht durch ungeschriebene Tatbestandsmerkmale - wie die Approbationspflichtigkeit der ausgeübten Tätigkeit oder sonstige einschränkende Umstände - angereichert und dadurch in seinem Anwendungsbereich eingeengt werden darf.

34

In diesem Zusammenhang weist der Senat erneut darauf hin, dass Landesrecht zwar grundsätzlich nicht revisibel ist, etwas anderes jedoch dann gilt, wenn das LSG bei der Auslegung von Landesrecht allgemein geltende Auslegungsgrundsätze verletzt, die dem Bundesrecht angehören (vgl Urteil des Senats vom 7.12.2017, aaO, RdNr 27 f).

35

Insoweit wird das LSG zu bedenken haben, dass nach § 1 Abs 1 ArchG BW Berufsaufgabe des Architekten "insbesondere" die gestaltende, technische, wirtschaftliche, ökologische und soziale Planung von Bauvorhaben ist, und der Begriff "insbesondere" eine Öffnungsklausel für weitere Tätigkeitsfelder eines Architekten darstellt. Ferner wird zu berücksichtigen sein, dass der Landesgesetzgeber in Abs 5 über die unmittelbare Planung und Bauausführung hinausgehende Aufgaben ergänzend in das Gesetz aufgenommen hat, um der Entwicklung Rechnung zu tragen, dass Bauherren zunehmend eine umfassende Betreuung ihrer Projekte erwarten, die teilweise weit vor der eigentlichen Planungstätigkeit ansetzt und mitunter auch noch nach Übergabe des Vorhabens fortbestehen kann (Gesetzentwurf der Landesregierung - Gesetz zur Änderung des Bauberufsrechts und anderer Gesetze, Landtag von Baden-Württemberg - LT-Drucks 15/7857, S 38 zu § 1 Abs 5 ArchG BW).

36

Des Weiteren wird das LSG zu beachten haben, dass nach der Rechtsprechung des BVerwG (Urteil vom 30.1.1996 - 1 C 9/93 - Juris RdNr 24), auf die der Senat bereits in seinem Urteil vom 7.12.2017 (aaO, RdNr 30) hingewiesen hat, auch eine Tätigkeit "in einem Randbereich" eines verkammerten Berufs eine die Zwangsmitgliedschaft in der Berufskammer begründende Berufsausübung ist. In diesem Zusammenhang hat das BVerwG hervorgehoben, dass der Zweck des Kammerrechts, die Gesamtbelange des Berufsstandes zu wahren, es rechtfertige, alle Tätigkeitsbereiche zu erfassen, also auch "Randgruppen", die in Grenzbereichen zu anderen Berufen tätig seien (vgl BVerwG, aaO). Ob angesichts dieser Rechtsprechung eine Unterscheidung zwischen einem Kernbereich und einem Randbereich verkammerter Tätigkeiten mit daran anknüpfenden unterschiedlichen Rechtsfolgen zulässig erfolgen kann, dürfte zweifelhaft sein.

37

Die Kostenentscheidung bleibt der Entscheidung des LSG zur Hauptsache vorbehalten.

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Bundessozialgericht Beschluss, 13. Dez. 2018 - B 5 RE 1/18 B zitiert 7 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

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Bundessozialgericht Urteil, 11. Mai 2011 - B 5 R 22/10 R

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Tenor Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 29. April 2010 aufgehoben.

Bundessozialgericht Beschluss, 06. Apr. 2010 - B 5 R 8/10 B

bei uns veröffentlicht am 06.04.2010

Tenor Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 10. Dezember 2009 wird als unzulässig verworfen.

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(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.
Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
a)
am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
b)
für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
c)
aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist,
2.
Lehrer oder Erzieher, die an nicht-öffentlichen Schulen beschäftigt sind, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist und wenn diese Personen die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 erfüllen,
3.
nichtdeutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben,
4.
Gewerbetreibende in Handwerksbetrieben, wenn für sie mindestens 18 Jahre lang Pflichtbeiträge gezahlt worden sind.
Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag als entstanden, an dem das die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt ist, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 1. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Satz 1 Nr. 1 gilt nicht für die in Satz 1 Nr. 4 genannten Personen.

(1a) Personen, die nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig sind, werden von der Versicherungspflicht befreit

1.
für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt,
2.
nach Vollendung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig werden.
Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend für die Aufnahme einer zweiten selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt. Eine Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit liegt nicht vor, wenn eine bestehende selbständige Existenz lediglich umbenannt oder deren Geschäftszweck gegenüber der vorangegangenen nicht wesentlich verändert worden ist.

(1b) Personen, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches ausüben, werden auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit. Der schriftliche oder elektronische Befreiungsantrag ist dem Arbeitgeber zu übergeben. § 8 Absatz 2 des Vierten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Zusammenrechnung mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung nur erfolgt, wenn diese versicherungspflichtig ist. Der Antrag kann bei mehreren geringfügigen Beschäftigungen nur einheitlich gestellt werden und ist für die Dauer der Beschäftigungen bindend. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Rahmen betrieblicher Berufsbildung, nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz, nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder nach § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 beschäftigt sind oder von der Möglichkeit einer stufenweisen Wiederaufnahme einer nicht geringfügigen Tätigkeit (§ 74 des Fünften Buches) Gebrauch machen.

(2) Die Befreiung erfolgt auf Antrag des Versicherten, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 auf Antrag des Arbeitgebers. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Versicherte den Antrag elektronisch über die zuständige berufsständische Versorgungseinrichtung zu stellen. Diese leitet den Antrag durch Datenübertragung an den Träger der Rentenversicherung zusammen mit den Bestätigungen über das Vorliegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, über das Bestehen einer Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer und über die Pflicht zur Zahlung einkommensbezogener Beiträge zur Entscheidung unverzüglich weiter. Der Träger der Rentenversicherung teilt seine Entscheidung dem Antragsteller in Textform und der den Antrag weiterleitenden berufsständischen Versorgungseinrichtung elektronisch mit. Der Eingang des Antrags bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung ist für die Wahrung der in Absatz 4 bestimmten Frist maßgeblich. Der Datenaustausch erfolgt über die Annahmestelle der berufsständischen Versorgungseinrichtungen und die Datenstelle der Rentenversicherung. Die technische Ausgestaltung des Verfahrens regeln die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e. V. in gemeinsamen Grundsätzen, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu genehmigen sind.

(3) Über die Befreiung entscheidet der Träger der Rentenversicherung. Abweichend von Satz 1 entscheidet in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Deutsche Rentenversicherung Bund, nachdem das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt worden ist

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 von der für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde und
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 von der obersten Verwaltungsbehörde desjenigen Landes, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat.
In den Fällen des Absatzes 1b gilt die Befreiung als erteilt, wenn die nach § 28i Satz 5 des Vierten Buches zuständige Einzugsstelle nicht innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches dem Befreiungsantrag des Beschäftigten widerspricht. Die Vorschriften des Zehnten Buches über die Bestandskraft von Verwaltungsakten und über das Rechtsbehelfsverfahren gelten entsprechend.

(4) Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. In den Fällen des Absatzes 1b wirkt die Befreiung bei Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches bei der zuständigen Einzugsstelle rückwirkend vom Beginn des Monats, in dem der Antrag des Beschäftigten dem Arbeitgeber zugegangen ist, wenn der Arbeitgeber den Befreiungsantrag der Einzugsstelle mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens aber innerhalb von sechs Wochen nach Zugang, gemeldet und die Einzugsstelle innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nicht widersprochen hat. Erfolgt die Meldung des Arbeitgebers später, wirkt die Befreiung vom Beginn des auf den Ablauf der Widerspruchsfrist nach Absatz 3 folgenden Monats. In den Fällen, in denen bei einer Mehrfachbeschäftigung die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen, hat die Einzugsstelle die weiteren Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Wirkung der Befreiung unverzüglich durch eine Meldung zu unterrichten.

(5) Die Befreiung ist auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

Das Bundessozialgericht hat zu prüfen, ob die Revision statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Revision als unzulässig zu verwerfen. Die Verwerfung ohne mündliche Verhandlung erfolgt durch Beschluß ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung einer Vorschrift des Bundesrechts oder einer sonstigen im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 10. Dezember 2009 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.

Gründe

1

Mit Urteil vom 10.12.2009 hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) einen Anspruch des Klägers auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, hilfsweise auf stationäre Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, verneint.

2

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung wurde Beschwerde zum Bundessozialgericht (BSG) eingelegt. In der Beschwerdebegründung werden ein Verfahrensmangel (1.) und die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (2.) geltend gemacht.

3

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil kein Zulassungsgrund ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl § 160a Abs 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz).

4

Die Revision ist nur zuzulassen (§ 160 Abs 2 SGG), wenn

        

-       

die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (aaO Nr 1),

        

-       

das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO Nr 2) oder

        

-       

ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO Nr 3).

5

Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 Satz 3 SGG zu verwerfen.

6

1. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde auf einen Verfahrensmangel gestützt, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG), müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

7

Soweit - wie vorliegend - Verstöße gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht (§ 103 SGG) gerügt werden, muss die Beschwerdebegründung hierzu jeweils folgende Punkte enthalten: (a) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt ist, (b) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, auf Grund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen, (c) Darlegung der von dem betreffenden Beweisantrag berührten Tatumstände, die zu weiterer Sachaufklärung Anlass gegeben hätten, (d) Angabe des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (e) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des LSG auf der angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten Ergebnisses der unterlassenen Beweisaufnahme von seinem Rechtsstandpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 5 mwN; Fichte in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2009, § 160a RdNr 55).

8

Die Beschwerdebegründung wird schon dem ersten Erfordernis nicht gerecht. Denn der Beschwerdeführer hat keinen Beweisantrag aufgezeigt, den er bis zuletzt aufrechterhalten habe. Der Beweisantrag hat im sozialgerichtlichen Verfahren Warnfunktion und soll der Tatsacheninstanz unmittelbar vor der Entscheidung vor Augen führen, dass die gerichtliche Aufklärungspflicht von einem Beteiligten noch nicht als erfüllt angesehen wird. Wird ein Beweisantrag in einem vorbereitenden Schriftsatz gestellt, so ist er dann nicht iS des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG übergangen worden, wenn den näheren Umständen zu entnehmen ist, dass er in der maßgebenden mündlichen Verhandlung nicht weiter verfolgt wurde. Dies ist bei rechtskundig vertretenen Beteiligten regelmäßig anzunehmen, wenn in der letzten mündlichen Verhandlung nur noch ein Sachantrag gestellt und der Beweisantrag nicht wenigstens hilfsweise wiederholt wird (BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 35 S 73 mwN). Der Kläger, der im Termin durch eine Rechtsanwältin vertreten war, hat vorliegend nichts dazu vorgetragen, dass er den angeblich schriftsätzlich angekündigten Antrag in der mündlichen Verhandlung wiederholt und deshalb bis zuletzt aufrechterhalten habe. Die Beschwerdebegründung weist lediglich darauf hin, dass "mit Schriftsatz vom 30.06.2009 beantragt" worden sei, "ein weiteres Gutachten über den Gesundheitszustand des Klägers einzuholen".

9

2. Auch die Grundsatzrüge hat keinen Erfolg. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).

10

Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Denn der Beschwerdeführer hat keine abstrakt-generelle Rechtsfrage zum Anwendungsbereich einer revisiblen Norm gestellt, die der Senat mit "ja" oder "nein" beantworten könnte (vgl BSG, Beschluss vom 5.11.2008 - B 6 KA 24/07 B - BeckRS 2009-50073 RdNr 7 sowie BAGE 121, 52 RdNr 5 f). Die Formulierung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (Becker, SGb 2007, 261, 265; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 5. Aufl 2008, Kap IX RdNr 181). Keinesfalls gehört es zu den Aufgaben des BSG, den Vortrag daraufhin zu untersuchen, ob sich aus ihm evtl eine entsprechende Rechtsfrage herausfiltern ließe.

11

Soweit der Kläger schließlich die Schwierigkeiten thematisiert, Somatisierungsstörungen nachzuweisen und sie von Simulanz abzugrenzen, zeigt er kein rechtliches, sondern ein tatsächliches Problem auf, das nicht mit den Mitteln juristischer Methodik, sondern nur im Einzelfall mit Hilfe von medizinischen Sachverständigen gelöst werden kann.

12

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 160a Abs 4 Satz 2 SGG ab.

13

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.

(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.
Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
a)
am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
b)
für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
c)
aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist,
2.
Lehrer oder Erzieher, die an nicht-öffentlichen Schulen beschäftigt sind, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist und wenn diese Personen die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 erfüllen,
3.
nichtdeutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben,
4.
Gewerbetreibende in Handwerksbetrieben, wenn für sie mindestens 18 Jahre lang Pflichtbeiträge gezahlt worden sind.
Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag als entstanden, an dem das die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt ist, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 1. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Satz 1 Nr. 1 gilt nicht für die in Satz 1 Nr. 4 genannten Personen.

(1a) Personen, die nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig sind, werden von der Versicherungspflicht befreit

1.
für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt,
2.
nach Vollendung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig werden.
Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend für die Aufnahme einer zweiten selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt. Eine Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit liegt nicht vor, wenn eine bestehende selbständige Existenz lediglich umbenannt oder deren Geschäftszweck gegenüber der vorangegangenen nicht wesentlich verändert worden ist.

(1b) Personen, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches ausüben, werden auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit. Der schriftliche oder elektronische Befreiungsantrag ist dem Arbeitgeber zu übergeben. § 8 Absatz 2 des Vierten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Zusammenrechnung mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung nur erfolgt, wenn diese versicherungspflichtig ist. Der Antrag kann bei mehreren geringfügigen Beschäftigungen nur einheitlich gestellt werden und ist für die Dauer der Beschäftigungen bindend. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Rahmen betrieblicher Berufsbildung, nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz, nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder nach § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 beschäftigt sind oder von der Möglichkeit einer stufenweisen Wiederaufnahme einer nicht geringfügigen Tätigkeit (§ 74 des Fünften Buches) Gebrauch machen.

(2) Die Befreiung erfolgt auf Antrag des Versicherten, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 auf Antrag des Arbeitgebers. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Versicherte den Antrag elektronisch über die zuständige berufsständische Versorgungseinrichtung zu stellen. Diese leitet den Antrag durch Datenübertragung an den Träger der Rentenversicherung zusammen mit den Bestätigungen über das Vorliegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, über das Bestehen einer Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer und über die Pflicht zur Zahlung einkommensbezogener Beiträge zur Entscheidung unverzüglich weiter. Der Träger der Rentenversicherung teilt seine Entscheidung dem Antragsteller in Textform und der den Antrag weiterleitenden berufsständischen Versorgungseinrichtung elektronisch mit. Der Eingang des Antrags bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung ist für die Wahrung der in Absatz 4 bestimmten Frist maßgeblich. Der Datenaustausch erfolgt über die Annahmestelle der berufsständischen Versorgungseinrichtungen und die Datenstelle der Rentenversicherung. Die technische Ausgestaltung des Verfahrens regeln die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e. V. in gemeinsamen Grundsätzen, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu genehmigen sind.

(3) Über die Befreiung entscheidet der Träger der Rentenversicherung. Abweichend von Satz 1 entscheidet in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Deutsche Rentenversicherung Bund, nachdem das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt worden ist

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 von der für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde und
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 von der obersten Verwaltungsbehörde desjenigen Landes, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat.
In den Fällen des Absatzes 1b gilt die Befreiung als erteilt, wenn die nach § 28i Satz 5 des Vierten Buches zuständige Einzugsstelle nicht innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches dem Befreiungsantrag des Beschäftigten widerspricht. Die Vorschriften des Zehnten Buches über die Bestandskraft von Verwaltungsakten und über das Rechtsbehelfsverfahren gelten entsprechend.

(4) Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. In den Fällen des Absatzes 1b wirkt die Befreiung bei Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches bei der zuständigen Einzugsstelle rückwirkend vom Beginn des Monats, in dem der Antrag des Beschäftigten dem Arbeitgeber zugegangen ist, wenn der Arbeitgeber den Befreiungsantrag der Einzugsstelle mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens aber innerhalb von sechs Wochen nach Zugang, gemeldet und die Einzugsstelle innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nicht widersprochen hat. Erfolgt die Meldung des Arbeitgebers später, wirkt die Befreiung vom Beginn des auf den Ablauf der Widerspruchsfrist nach Absatz 3 folgenden Monats. In den Fällen, in denen bei einer Mehrfachbeschäftigung die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen, hat die Einzugsstelle die weiteren Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Wirkung der Befreiung unverzüglich durch eine Meldung zu unterrichten.

(5) Die Befreiung ist auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet.

Tenor

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger dessen außergerichtliche Kosten auch für das Revisionsverfahren zu erstatten.

Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte den Kläger ab dem 16.2.2013 für die Beschäftigung, die er bei der Beigeladenen zu 2. ausübt, von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreien muss.

2

Der 1961 geborene Kläger ist approbierter Tierarzt und bei der Beigeladenen zu 2. seit dem 16.2.2013 als wissenschaftlicher Mitarbeiter im veterinärmedizinischen Außendienst beschäftigt. Geschäftsinhalt des in der Rechtsform einer GmbH betriebenen Unternehmens der Beigeladenen zu 2. ist der Vertrieb von Arzneimitteln, Futtermitteln, Pflege- und Hygieneprodukten, Zubehör für Intensivmedizin und Nahtmaterial für Tiere. Der Kläger berät die Kunden in Tierarztpraxen und Kliniken, präsentiert und verkauft die von der Beigeladenen zu 2. angebotenen Produkte. Wegen der für die Beratung der Kunden erforderlichen veterinärmedizinischen Fachkenntnisse waren das abgeschlossene Hochschulstudium der Veterinärmedizin und die Approbation als Tierarzt entscheidende Kriterien für die Einstellung des Klägers. Der Kläger ist für die Beigeladene zu 2. in einem Arbeitsverhältnis in mehr als geringfügigem Umfang tätig. Er erhält ein monatliches Gehalt in Höhe von 4750 Euro brutto. Der Kläger übt seinen Beruf in Baden-Württemberg aus.

3

Seit 16.2.2013 ist der Kläger Pflichtmitglied der Landestierärztekammer Baden-Württemberg (im Folgenden: Landestierärztekammer) und Pflichtmitglied der Baden-Württembergischen Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte (Beigeladene zu 1.), die ihren Teilnehmern und deren Hinterbliebenen Altersruhegeld, Ruhegeld bei Berufsunfähigkeit sowie eine Hinterbliebenenversorgung gewährt. Es sind einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen. Eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestand bereits vor dem 1.1.1995 in Baden-Württemberg. Das Versorgungsanstaltsgesetz stammt aus dem Jahr 1961. Die Bestätigung der zuständigen obersten Verwaltungsbehörde darüber, dass die Beigeladene zu 2. die rechtlichen Anforderungen an eine berufsständische Versorgungseinrichtung erfüllt, liegt vor.

4

Mit Schreiben vom 8.2.2013 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Beklagte lehnte den Befreiungsantrag mit Bescheid vom 16.1.2014 mit der Begründung ab, es werde keine berufsspezifische Tätigkeit als Tierarzt ausgeübt. Typische tierärztliche Berufstätigkeiten seien nur solche, die dem Berufsbild von Tierärzten nach der Bundestierärzteordnung (BTÄO) entsprächen. Danach behandelten Tierärzte erkrankte oder verletzte Tiere, führten Vorsorgemaßnahmen zur Verhinderung von Krankheiten durch, stellten den Tierschutz sicher und leisteten einen wichtigen Beitrag für den Verbraucherschutz. Anders als im Beitragsrecht der Kammern sei eine berufsspezifische Tätigkeit nicht bereits gegeben, wenn noch Kenntnisse und Fähigkeiten einer veterinärmedizinischen Ausbildung mit verwendet würden. Vielmehr müsse es sich um eine approbationspflichtige Tätigkeit handeln. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12.6.2014 zurück. Bei der Tätigkeit des Klägers handele es sich nicht um eine berufsspezifische Tätigkeit als Tierarzt, die in der Ausübung der Heilkunde an Tieren bestehe.

5

Das SG Karlsruhe hat mit Urteil vom 25.3.2015 die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Kläger übe im Wesentlichen die Tätigkeit eines Pharmareferenten und damit keine für die Berufsgruppe der Tierärzte spezifische Tätigkeit aus. Eine Approbation als Tierarzt sei dafür nicht erforderlich.

6

Auf die Berufung des Klägers hat das LSG mit Urteil vom 9.11.2016 das erstinstanzliche Urteil sowie die Bescheide der Beklagten aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, den Kläger ab dem 16.2.2013 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien. Das LSG hat die versorgungs- und kammerrechtlichen Normen des Baden-Württembergischen Landesrechts angewandt. Der Kläger gehöre als approbierter Tierarzt nach den Vorschriften des Gesetzes über das Berufsrecht und die Kammern der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker, Psychologischen Psychotherapeuten sowie der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (Heilberufe Kammergesetz - HBKG) vom 16.3.1995 idF vom 15.6.2010 (GBl BW S 427, 431) der Landestierärztekammer an. Er sei nach dem Versorgungsanstaltsgesetz auch Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung (der Beigeladenen zu 1.). Die Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung knüpfe allein tätigkeitsbezogen an die Ausübung des Berufes eines Tierarztes an. Nach § 2 der Berufsordnung der Landestierärztekammer sei unter tierärztlicher Berufsausübung jede Tätigkeit zu verstehen, die Kenntnisse und Fähigkeiten voraussetzt, die während des veterinärmedizinischen Studiums erworben werden, sofern die Bestimmungen der §§ 2, 3 BTÄO erfüllt seien. Damit sei im Wesentlichen die Approbation gemeint. Auf das in § 1 Abs 1 BTÄO beschriebene, dh approbationspflichtige Berufsbild komme es dagegen nicht an. Auch die weiteren Voraussetzungen für die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht lägen vor.

7

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI. Das Berufungsgericht habe seiner Entscheidung einen unzutreffenden Maßstab zugrunde gelegt, indem es die Prüfung einer tierärztlichen Berufsausübung allein an den landesrechtlichen kammer- und versorgungsrechtlichen Normen ausgerichtet und insbesondere § 1 Abs 1 BTÄO als nicht einschlägig erachtet habe. Die für die Auslegung des Kammerrechts zutreffenden Überlegungen stimmten nicht mit der Funktion des § 6 Abs 1 Nr 1 SGB VI überein. Das LSG habe sich nicht mit der Gesetzeshistorie und der systematischen Stellung der Befreiungsregelung und der daraus folgenden Auslegung der Norm befasst. Die Vorschrift sei als abschließende Ausnahmevorschrift zu verstehen. Würden selbst Tätigkeiten, die auch ohne Approbation ausgeführt werden könnten, zur Befreiung berechtigen, solange die Betroffenen noch Tätigkeiten ausübten, in denen sie die im Studium erworbenen Kenntnisse noch mitverwendeten und ihre Approbation nicht zurückgäben, hätten diese es weitgehend in der Hand, welchem Alterssicherungssystem sie angehören wollten. Deshalb sei in einem zweiten Prüfungsschritt zu klären, ob die konkrete Tätigkeit dem sich aus der BTÄO ergebenden Berufsbild entspreche. Anders als im Beitragsrecht der Kammern sei eine berufsspezifische Tätigkeit danach nicht gegeben, wenn Kenntnisse und Fähigkeiten einer tierärztlichen Ausbildung verwendet würden, vielmehr müsse es sich um eine approbationspflichtige Tätigkeit handeln. Dies sei beim Kläger nicht der Fall.

8

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 9. November 2016 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 25. März 2015 zurückzuweisen.

9

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Der Kläger und die Beigeladene zu 1. halten die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Die Entscheidung des LSG, die Verwaltungsentscheidungen der Beklagten aufzuheben und diese zu verpflichten, den Kläger in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 2. ab 16.2.2013 von der Rentenversicherungspflicht zu befreien, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

12

Nach § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI(idF von Art 1 Nr 2 des Gesetzes zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 9.12.2004 - BGBl I 3242) werden unter den weiteren Voraussetzungen der Buchst a bis c von der Versicherungspflicht befreit Beschäftigte und selbstständig Tätige für die Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind.

13

A. Der Kläger ist seit dem 16.2.2013 für die Beigeladene zu 2. als wissenschaftlicher Mitarbeiter im veterinärmedizinischen Außendienst im Rahmen einer Beschäftigung iS von § 7 Abs 1 S 1 SGB IV tätig und deshalb versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung(§ 1 S 1 Nr 1 Halbs 1 Alt 1 SGB VI). Nach den unangefochtenen und damit bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) ist der Kläger für die Beigeladene zu 2. in einem Arbeitsverhältnis in mehr als in geringfügigem Umfang tätig. Eine Versicherungsfreiheit nach § 5 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB VI besteht nicht.

14

B. Das LSG hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise entschieden, dass der Kläger wegen seiner Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 2. aufgrund auf Gesetz beruhender Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer ist.

15

Die konkret ausgeübte Tätigkeit des Klägers ist zu beurteilen anhand des Prüfungsmaßstabs der hier einschlägigen versorgungs- und kammerrechtlichen Normen des Baden-Württembergischen Landesrechts. Der Senat ist an deren Auslegung durch das LSG gebunden (dazu I.). Ein von der Beklagten gefordertes weiteres (ungeschriebenes) Tatbestandsmerkmal, wonach die Tätigkeit, für die eine Befreiung zu erteilen ist, auch approbationspflichtig sein muss, ist § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI nicht zu entnehmen (dazu II.). Auch sind die weiteren Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 Buchst a bis c iVm Abs 3 S 1 Nr 1 SGB VI erfüllt(dazu III.).

16

I. Der Kläger war nach den vom LSG festgestellten Tatsachen wegen der Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 2. aufgrund auf Gesetz beruhender Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer.

17

Der Senat ist insoweit an die unter Anwendung des Baden-Württembergischen Landesrechts getroffene Entscheidung des LSG gebunden (§ 202 SGG iVm § 560 ZPO). Anders als in früheren vom Senat entschiedenen Verfahren über die Befreiung in der gesetzlichen Rentenversicherung von Syndikusanwälten, deren Zulassung als Rechtsanwälte und die damit einhergehende Pflichtmitgliedschaft in der zulassenden Rechtsanwaltskammer sich nach der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) und damit nach Bundesrecht bestimmt (vgl dazu BSG Urteil vom 3.4.2014 - B 5 RE 13/14 R - BSGE 115, 267 = SozR 4-2600 § 6 Nr 12, RdNr 26), ist vorliegend die sozialrechtliche (Vor-)Frage, ob eine Erwerbstätigkeit der tierärztlichen Berufstätigkeit zugeordnet werden kann, allein nach nicht revisiblem Landesrecht zu beantworten.

18

Es ist zu beurteilen die konkret ausgeübte Tätigkeit des Klägers. Prüfungsmaßstab sind die versorgungs- und kammerrechtlichen Normen des Baden-Württembergischen Landesrechts (dazu 1.). Ob das LSG gegen Landesrecht als ausnahmsweise revisibles Recht oder ob das LSG bei der Anwendung von Landesrecht gegen allgemein geltende Auslegungsgrundsätze, die dem Bundesrecht angehören, verstoßen hat, ist nicht Gegenstand der rechtlichen Überprüfung im Revisionsverfahren. Die Beklagte hat einen solchen Revisionsgrund nach § 162 SGG nicht geltend gemacht(dazu 2.). Unbeschadet der fehlenden Revisionsgründe steht die Auslegung des LSG im Einklang mit der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zum Kammerrecht (dazu 3.).

19

1. Die Beurteilung, ob ein Beschäftigter oder selbstständig Tätiger wegen der streitigen Beschäftigung bzw Tätigkeit Pflichtmitglied einer Versorgungseinrichtung und einer berufsständigen Kammer ist, erfolgt im Wesentlichen tätigkeitsbezogen.

20

Nach dem Wortlaut von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI wird die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung "für die Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit" erteilt. Dabei ist unter "derselben Beschäftigung" im Sinne der Norm die "von der Beschäftigung erfasste Erwerbstätigkeit" zu verstehen (vgl dazu im Einzelnen BSGE 115, 267 = SozR 4-2600 § 6 Nr 12, RdNr 28 f). Die Befreiung ist zudem ausdrücklich beschränkt "auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit" (§ 6 Abs 5 S 1 SGB VI). Der Gesetzeswortlaut definiert die Reichweite einer Befreiung von der Versicherungspflicht damit nicht über die konkreten inhaltlichen Merkmale der ausgeübten Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit, wie etwa Berufsbezeichnung, berufliche Qualifikation oder beruflichen Status (BSG Urteil vom 31.10.2012 - B 12 R 3/11 R - BSGE 112, 108 = SozR 4-2600 § 6 Nr 9, RdNr 18). Maßgeblich ist vielmehr die Klassifikation konkret der Tätigkeit, für welche die Befreiung begehrt wird. Auf die abstrakte berufliche Qualifikation des Beschäftigten bzw Selbstständigen kommt es nicht an (BSG Urteil vom 31.10.2012 - B 12 R 3/11 R - BSGE 112, 108 = SozR 4-2600 § 6 Nr 9, RdNr 34).

21

Die Pflichtmitgliedschaft des Klägers in der Landestierärztekammer und der Versorgungsanstalt wird hier anders als bei der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft, die nach § 4 BRAO unabhängig von einer bestimmten Tätigkeit im Wesentlichen personenbezogen und ohne zusätzliche Beschränkung für alle Betätigungen, die mit dem Beruf des Rechtsanwalts verbunden sind, erteilt wird(vgl BSG Urteil vom 3.4.2014 - B 5 RE 13/14 R - BSGE 115, 267 = SozR 4-2600 § 6 Nr 12, RdNr 28), im Wesentlichen tätigkeitsbezogen beurteilt.

22

Dass der Kläger als approbierter Tierarzt eine tierärztliche Berufstätigkeit in Baden-Württemberg ausübt und deshalb Pflichtmitglied in der Landestierärztekammer und damit in der weiteren Folge auch Pflichtmitglied der Beigeladenen zu 1. ist, bestimmte das LSG zutreffend anhand von Landesrecht.

23

Rechtsgrundlage für eine Pflichtmitgliedschaft bei der Beigeladenen zu 1. sind § 7 Abs 1 Gesetz über die Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte in Baden-Württemberg (VersAnstG) idF vom 11.10.2007 (GBl BW S 473) und § 17 der Satzung der Beigeladenen zu 1. Nach § 7 Abs 1 VersAnstG nehmen an der Versorgungsanstalt diejenigen Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte und Dentisten teil, die die in § 2 Abs 1 Nr 1 bis 3 HBKG genannten Voraussetzungen erfüllen und im Land ihren Beruf ausüben, soweit sie nicht als Beamte einen gesetzlichen Anspruch auf Ruhegehalt oder Hinterbliebenenversorgung haben. Gemäß § 17 der Satzung richtet sich die Teilnahme an der Versorgungsanstalt nach § 7 des Gesetzes (gemeint ist das VersAnstG).

24

Nach § 2 Abs 1 Nr 3 HBKG gehören der Landestierärztekammer alle Tierärztinnen und Tierärzte an, die bestallt oder approbiert sind oder eine Erlaubnis zur Ausübung des tierärztlichen Berufs besitzen, und die im Land ihren Beruf ausüben oder, falls sie ihren Beruf nicht ausüben, im Land ihren Wohnsitz haben. Eine Erfassung nicht Approbierter oder ausnahmsweise Gleichgestellter scheidet damit entgegen der Revisionsbegründung aus.

25

Weder das HBKG noch das VersAnstG enthalten eine Legaldefinition der "tierärztlichen Berufsausübung". Eine solche enthält die aufgrund von § 10 Nr 15 HBKG als Satzung erlassene Berufsordnung der Landestierärztekammer. Nach § 2 Berufsordnung der Landestierärztekammer Baden-Württemberg vom 20.12.2001, idF vom 25.6.2015 (Berufsordnung - BerufsO) ist unter tierärztlicher Berufsausübung jede Tätigkeit zu verstehen, die Kenntnisse und Fähigkeiten voraussetzt, die während des veterinärmedizinischen Studiums erworben werden, sofern die Bestimmungen der §§ 2, 3 BTÄO erfüllt sind.

26

Das LSG hat dem folgend und für den Senat bindend (§ 202 SGG iVm § 560 ZPO) entschieden, dass die vom Kläger verrichtete Arbeit einer tierärztlichen Berufsausübung iS von § 2 BerufsO entspricht. Bereits die Anstellung des Klägers als "wissenschaftlicher Mitarbeiter" lasse darauf schließen, dass eine besondere Sachkunde und Ausbildung erforderlich sei. Veterinärmedizinische Fachkenntnisse seien für die Beratung der Kunden zwingend erforderlich und das abgeschlossene Hochschulstudium der Veterinärmedizin und die Approbation als Tierarzt das entscheidende Kriterium für die Einstellung des Klägers bei der Beigeladenen zu 2. gewesen. Auch sei der Kläger approbierter Tierarzt und dürfe deshalb den tierärztlichen Beruf ausüben und die Berufsbezeichnung "Tierarzt" führen (§ 2 Abs 1 BTÄO).

27

2. Ob das LSG gegen Landesrecht als ausnahmsweise revisibles Recht oder ob das LSG bei der Anwendung von Landesrecht gegen allgemein geltende Auslegungsgrundsätze, die dem Bundesrecht angehören, verstoßen hat, ist nicht Gegenstand der rechtlichen Überprüfung des vorliegenden Revisionsverfahrens.

28

Eine für ein einzelnes Bundesland geltende Rechtsvorschrift ist nur ausnahmsweise revisibel, wenn für andere Bundesländer inhaltlich übereinstimmende Vorschriften geschaffen worden sind und dies bewusst und gewollt um der Rechtseinheit willen geschehen ist (vgl BSG Urteil vom 17.3.1982 - 9a/9 RVs 6/81 - BSGE 53, 175, 176 f = SozR 3870 § 3 Nr 15 S 39; BSG Urteil vom 20.3.1996 - 6 RKa 34/95 - SozR 3-2500 § 95 Nr 9 S 36; BSG Urteil vom 12.9.2001 - B 6 KA 64/00 R - SozR 3-2500 § 135 Nr 20 = SozR 3-5541 § 2 Nr 1, RdNr 16; BSG Urteil vom 8.9.2009 - B 1 KR 8/09 R - SozR 4-2500 § 69 Nr 7 RdNr 26). Die Beklagte macht einen solchen Revisionsgrund nach § 162 SGG nicht geltend. Auch enthält die Revisionsbegründung keinen Vortrag dahingehend, dass das LSG möglicherweise aufgrund einer willkürlichen und deshalb vom Senat zu korrigierenden Auslegung der maßgeblichen Vorschriften des Landesrechts gegen allgemein geltende Auslegungsgrundsätze, die dem Bundesrecht angehören, verstoßen hat (vgl BSG Urteil vom 8.9.2009 - B 1 KR 8/09 R - SozR 4-2500 § 69 Nr 7 RdNr 28 mwN). Die Beklagte beruft sich in ihrer Revisionsbegründung ausschließlich auf eine Verletzung von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI.

29

3. Unbeschadet der fehlenden Revisionsgründe steht die Auslegung des LSG im Einklang mit der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zum Kammerrecht.

30

Der kammerrechtliche Begriff der Berufsausübung im Bereich des Heilberufsrechts wird regelmäßig weiter ausgelegt als derjenige im Sinne des Approbationsrechts (vgl OVG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 24.4.2008 - 5 A 4699/05 - RdNr 7 mwN). Unter ärztlicher, zahnärztlicher oder tierärztlicher Tätigkeit werden nicht nur diejenigen Tätigkeiten verstanden, für die die ärztliche, zahnärztliche oder tierärztliche Approbation oder Erlaubnis Voraussetzung ist, sondern auch jene Tätigkeiten, bei welchen Kenntnisse verwertet werden, die aufgrund einer ärztlichen, zahnärztlichen oder tierärztlichen Tätigkeit erworben wurden oder die nach den jeweils geltenden Vorschriften Gegenstand der ärztlichen, zahnärztlichen oder tierärztlichen Ausbildung, Fort- oder Weiterbildung sind (vgl BayVGH Beschluss vom 19.6.2007 - 21 ZB 06.1853 - RdNr 4; OVG Schleswig-Holstein Urteil vom 23.1.2014 - 3 LB 6/12). Danach umfasst der Begriff der ärztlichen Tätigkeit auch solche Tätigkeiten eines Mitglieds, bei denen es seine im Medizinstudium erlangten Fachkenntnisse einsetzt, selbst wenn sie nur mitverwendet werden. Ausgenommen sind nur berufsfremde Tätigkeiten, die in keinerlei Zusammenhang mit der ärztlichen Ausbildung und den medizinischen Fachkenntnissen stehen (vgl BVerwG Urteil vom 26.1.1993 - 1 C 33/89 - BVerwGE 92, 24-29, RdNr 15; OVG Lüneburg Urteil vom 26.4.2007 - 8 LC 13/05 - RdNr 37 und OVG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 24.4.2008 - 5 A 4699/05 - RdNr 8). Auch eine Tätigkeit "in einem Randbereich" wird als eine die Zwangsmitgliedschaft begründende Berufsausübung gewertet (vgl BVerwG Urteil vom 30.1.1996 - 1 C 9/93 - RdNr 24; VG München Urteil vom 3.6.2008 - M 16 K 07.876 - RdNr 20).

31

§ 2 BerufsO nimmt lediglich Bezug auf die Vorschriften der §§ 2 und 3 BTÄO. Dagegen kann § 1 BTÄO, wonach der Tierarzt berufen ist, Leiden und Krankheiten der Tiere zu verhüten, zu lindern und zu heilen, zur Erhaltung und Entwicklung eines leistungsfähigen Tierbestandes beizutragen, den Menschen vor Gefahren und Schädigungen durch Tierkrankheiten sowie durch Lebensmittel und Erzeugnisse tierischer Herkunft zu schützen und auf eine Steigerung der Güte von Lebensmitteln tierischer Herkunft hinzuwirken, nicht als norminterpretierende Vorschrift zur Konkretisierung der "tierärztlichen Berufsausübung" iS des § 7 Abs 1 VersAnstG und § 2 Abs 1 Nr 3 HBKG herangezogen werden.

32

Aufgrund der verschiedenen Gesetzgebungskompetenzen zum einen des Bundes für den Bereich der Zulassung zu ärztlichen und anderen Heilberufen und zum anderen der Länder für die Regelungen berufsständischer Art im Kammerrecht ist nach der Rechtsprechung des BVerwG der Landesgesetzgeber bei der Bestimmung dessen, wann Berufsangehörige im Sinne des Kammerrechts ihren Beruf ausüben, auch nicht an die bundesrechtlichen Approbationsregelungen gebunden. Er kann die Abgrenzung vielmehr eigenständig vornehmen (vgl BVerwG Urteil vom 30.1.1996 - 1 C 9/93 - RdNr 17) unabhängig von dem bundesrechtlichen Ärztebegriff der Bundesärzteordnung (BVerwG Urteil vom 25.11.1971 - I C 48.65 - BVerwGE 39, 100, RdNr 14).

33

II. Ein von der Beklagten gefordertes weiteres (ungeschriebenes) Tatbestandsmerkmal, wonach die Tätigkeit, für die eine Befreiung zu erteilen ist, dem in § 1 Abs 1 BTÄO beschriebenen Berufsbild eines approbierten Tierarztes entsprechen muss, ist § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI nicht zu entnehmen. Der Bundesgesetzgeber durfte sich bei der Ausübung seiner entsprechenden Gesetzgebungskompetenz aus Art 74 Abs 1 Nr 12 GG auf die Inkorporation der landesrechtlichen Normen zum Kammer- und Versorgungsrecht beschränken.

34

1. Nach dem Wortlaut des § 6 Abs 1 S 1 SGB VI werden(unter den weiteren Voraussetzungen der Nr 1 Buchst a bis c aaO) von der Versicherungspflicht befreite Beschäftigte und selbstständig Tätige für die Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind. Dies bestimmt sich vorliegend - wie bereits ausgeführt - anhand der einschlägigen versorgungs- und kammerrechtlichen Normen des Baden-Württembergischen Landesrechts (s o die Ausführungen unter I.).

35

Dass die Tätigkeit, für die eine Befreiung zu erteilen ist, dem in § 1 Abs 1 BTÄO beschriebenen Berufsbild eines approbierten Tierarztes entsprechen muss, kann entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten dem Gesetzestext nicht entnommen werden. Eine Bezugnahme auf die BTÄO enthält § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI nicht. Auch kann dies nicht - wie von der Beklagten vorgetragen - als eine weitere Voraussetzung, unter der erst ein Zusammenhang zwischen Berufstätigkeit und Pflichtmitgliedschaft zu bejahen ist, aus der Verwendung der Präposition "wegen" entnommen werden. Wie der Senat bereits entschieden hat, beschreibt "… für die Beschäftigung, wegen der …" das Tatbestandsmerkmal "derselben Beschäftigung" (vgl BSG Urteil vom 3.4.2014 - B 5 RE 13/14 R - BSGE 115, 267 = SozR 4-2600 § 6 Nr 12, RdNr 28). Die Bedeutung von "wegen" erschöpft sich damit in der Herstellung eines ursächlichen Verhältnisses. Sie dient der Klarstellung, auf welche Tätigkeit oder Beschäftigung sich das Befreiungsrecht beschränkt (BT-Drucks 13/2590 S 22).

36

2. Nichts anderes ergibt sich aus der Gesetzeshistorie. Auch daraus kann nicht geschlossen werden, dass - wie die Beklagte meint - die Bestimmungen der landes- und kammergesetzlichen Regelungen nur als "Einstiegsnormen" zu verstehen sind, die durch weitere Anforderungen des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI im Sinne der Beklagten zu ergänzen wären.

37

Der Gesetzgeber hat mit dem Gesetz zur Änderung des SGB VI und anderer Gesetze vom 15.12.1995 (BGBl I 1824) mit Wirkung vom 1.1.1996 die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht verschärft und auf Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer beschränkt (unter der weiteren Voraussetzung, dass bereits vor dem 1.1.1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft bestanden hat). Allein die Pflichtmitgliedschaft in einer Versorgungseinrichtung sollte nicht mehr ausreichen, um von der Rentenversicherungspflicht befreit zu werden. Der Gesetzgeber reagierte auf die Gründung von neuen Versorgungseinrichtungen, in denen eine Pflichtmitgliedschaft bereits mit einer freiwilligen Mitgliedschaft in der Berufskammer begründet werden konnte.

38

Der Gesetzgeber hätte bei der Neubestimmung der sog "Friedensgrenze" (BT-Drucks 13/2590 S 1), die der Verschärfung der rentenversicherungsrechtlichen Befreiungsregelung und der Vermeidung einer befürchteten Erosion der gesetzlichen Rentenversicherung diente (vgl BSG Urteil vom 3.4.2014 - B 5 RE 13/14 R - BSGE 115, 267 = SozR 4-2600 § 6 Nr 12, RdNr 54)unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der berufsständischen Versorgung einerseits und den Interessen der Solidargemeinschaft der gesetzlichen Rentenversicherung andererseits, weitere zusätzliche Anforderungen in den Befreiungstatbestand des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI mit aufnehmen können. Dies hat er jedoch nicht getan.

39

Durch das Gesetz zur Änderung des SGB VI und anderer Gesetze vom 15.12.1995 (BGBl I 1824) sollte die Grenze zwischen gesetzlicher Rentenversicherung und berufsständischer Versorgung unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen beider Systeme gefestigt werden. Die Beschränkung des Befreiungsrechts diente nach der Gesetzesbegründung im Ergebnis der "seit langem akzeptierten Abgrenzung zwischen berufsständischer Versorgung und gesetzlicher Rentenversicherung in ihrer bisherigen Ausprägung" (Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks 13/2590 S 22). Der Gesetzgeber beschränkte sich dabei wie bislang bei der Formulierung des Befreiungstatbestandes auf die Bezugnahme auf eine Mitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung "aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung" und ergänzte für die neue Voraussetzung einer zugleich bestehenden Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer entsprechend "kraft gesetzlicher Verpflichtung". Dies erfolgte auch vor dem Hintergrund der damals bereits begründeten verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ausgehend von einem weiten Verständnis der ausgeübten Berufstätigkeit zur Begründung einer Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer. Danach genügten für die Annahme einer ärztlichen Tätigkeit auch solche Tätigkeiten, bei denen im Medizinstudium erlangte Fachkenntnisse eingesetzt, selbst wenn sie nur mitverwendet wurden. Ausgenommen wurden ausdrücklich nur berufsfremde Tätigkeiten, die in keinerlei Zusammenhang mit der ärztlichen Ausbildung und den medizinischen Fachkenntnissen standen (vgl BVerwG Urteil vom 26.1.1993 - 1 C 33/89 - BVerwGE 92, 24-29, RdNr 15). Hintergrund dieses weiten Begriffsverständnisses sind Sinn und Aufgabe der ärztlichen Selbstverwaltung (vgl Gutmann/Walter/Wiese, Die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für Ärztinnen und Ärzte, NZS 2015, 361, 363). Das BVerwG ging bereits früher davon aus, dass die Ärztekammer die ihr übertragene Aufgabe nur dann voll erfüllen kann, "wenn sie sich die Erfahrungen der Ärzte aus allen Tätigkeitsbereichen […] nutzbar machen kann" (BVerwG Urteil vom 25.11.1971 - I C 48.65 - BVerwGE 39, 100, RdNr 16). Der Gesetzgeber beließ es dennoch bei den Änderungen durch Gesetz vom 15.12.1995 (BGBl I 1824).

40

Auch ging der Gesetzentwurf zur Änderung des SGB VI und anderer Gesetze ganz offenkundig davon aus, dass einzelne Voraussetzungen im Landesrecht zu klären sind. So wird zu § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 Buchst a SGB VI ausgeführt: "Für die Beurteilung der Frage, ob für die jeweilige Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 die Verpflichtung bestand, zur Ausübung des Berufs der jeweiligen berufsständischen Kammer anzugehören, sind die rechtlichen Verhältnisse des Ortes maßgebend, an dem der Beruf jeweils ausgeübt wird. Hat daher in einem Bundesland für Angehörige einer Berufsgruppe vor dem 1. Januar 1995 eine Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer nicht bestanden, steht diesen Angehörigen im Falle einer nach dem Stichtag erfolgenden Pflichtverkammerung mit anschließender Errichtung eines Versorgungswerks das Recht zur Befreiung von der Versicherungspflicht nicht zu" (Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks 13/2590 S 22). Die letzte Gesetzesänderung von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI erfolgte damit bewusst in Kenntnis des Gesetzgebers von der Maßgeblichkeit von Landesrecht für die Begründung einer Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer.

41

3. Der Forderung der Beklagten nach einem "zweiten Prüfungsschritt" zur Bestimmung, ob die konkrete Tätigkeit dem sich aus der BTÄO ergebenden Berufsbild entspricht, dh ob es sich um eine approbationspflichtige Tätigkeit handelt, lässt sich auch nicht damit begründen, der Beteiligte hätte es andernfalls "weitgehend in der Hand, welchem Alterssicherungssystem er angehören will" und allein die Anwendung des Landesrechts widerspreche der Funktion des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI.

42

Der Anwendungsbereich der Norm ist über ihren Wortlaut hinaus nicht weiter einzuschränken. Dies folgt aus der Gesetzesbindung aus Art 20 Abs 3 GG. Nach der Rechtsprechung des BVerfG überschreitet richterliche Rechtsfortbildung die verfassungsrechtlichen Grenzen, wenn sie deutlich erkennbare, möglicherweise sogar ausdrücklich im Wortlaut dokumentierte gesetzliche Entscheidungen abändert oder ohne ausreichende Rückbindung an gesetzliche Aussagen neue Regelungen schafft (vgl BVerfGE 126, 286 <306>). Zwar ist eine bestimmte Auslegungsmethode oder gar eine reine Wortinterpretation von Verfassungs wegen nicht vorgesehen (vgl BVerfGE 88, 145 <166 f>). Der Wortlaut des Gesetzes zieht im Regelfall auch keine starre Auslegungsgrenze (vgl BVerfGE 118, 212 <243>). Bei einer Auslegung gegen den Wortlaut einer Norm müssen jedoch andere Indizien deutlich belegen, dass ihr Sinn im Text unzureichend Ausdruck gefunden hat (vgl BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 25.4.2016 - 1 BvR 1147/12 - Juris RdNr 7).

43

Nach dem Wortlaut werden (unter den weiteren Voraussetzungen des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 Buchst a bis c SGB VI) von der Versicherungspflicht befreit Beschäftigte und selbstständig Tätige für die Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind. Dies bestimmt sich - wie bereits ausgeführt - anhand der einschlägigen versorgungs- und kammerrechtlichen Normen des Landesrechts. Indizien dafür, dass darüber hinaus § 1 Abs 1 BTÄO zu prüfen ist, fehlen.

44

Solche Indizien für eine zusätzliche Prüfung von § 1 Abs 1 BTÄO ergeben sich insbesondere nicht aus der Gesetzeshistorie(vgl dazu bereits die Ausführungen unter 2.) und sind auch sonst nicht ersichtlich. Woraus die Beklagte folgert, der Betroffene habe es "weitgehend in der Hand, welchem Alterssicherungssystem er angehören will", lässt die Revisionsbegründung offen. Sowohl die Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer als auch (in der Folge) die Mitgliedschaft in der Versorgungsanstalt stehen nach den einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften nicht zur Disposition des Betroffenen (vgl dazu bereits die Ausführungen unter I. 1.).

45

Auch dass bei Anwendung desselben Prüfungsmaßstabs für die Beurteilung der Kammerzugehörigkeit und der Pflichtmitgliedschaft in einem Versorgungswerk die Verwaltungsgerichte zu anderen Ergebnissen als die Sozialgerichte kommen können, ist entgegen der Auffassung der Beklagten kein "starkes Indiz dafür, dass allein die kammerrechtlichen Normen nicht der zutreffende Beurteilungsmaßstab sind". Die Beklagte weist zutreffend darauf hin, dass es im Fall der Syndikusanwälte nach den für diesen Personenkreis mit Wirkung ab 18.5.2017 neu geschaffenen Regelungen zu einer unterschiedlichen Beurteilung hinsichtlich Berufszulassung und Kammerzugehörigkeit nicht kommen kann. Der Träger der Rentenversicherung ist nämlich als stets notwendiger Adressat von derartigen Zulassungsentscheidungen (§ 46a Abs 2 S 2 BRAO)kraft Gesetzes an den bestandskräftigen Verwaltungsakt über die tätigkeitsgebundene (vgl § 46b Abs 3 BRAO) Zulassung als Syndikusrechtsanwalt gebunden (§ 32 Abs 1 S 1 BRAO, § 43 Abs 1 S 1 1. Alt VwVfG). Aufgrund spezialgesetzlicher Anordnung in § 46a Abs 2 S 4 BRAO gilt diese Bindung ausdrücklich auch, soweit der Rentenversicherungsträger im Rahmen der Befreiungsentscheidung nach § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 und Abs 3 SGB VI die Zulassung zur Anwaltschaft als Syndikusanwalt und deren Umfang als Vorfrage zu prüfen hat. Schließlich kann es auch hinsichtlich der Frage der Kammerzugehörigkeit dieses Personenkreises nicht zu unterschiedlichen Auffassungen kommen, weil diese allein von der Zulassung als Syndikusrechtsanwalt abhängt (§ 60 Abs 2 Nr 1 BRAO) und die Beklagte auch diesbezüglich der unmittelbaren Bindung an den an sie gerichteten Verwaltungsakt unterliegt.

46

Entgegen dem Revisionsvorbringen kann aus diesen besonderen Regelungen zur Zulassung von Syndikusanwälten jedoch rechtlich nicht geschlossen werden, dass es im Fall des Klägers über die Erfüllung der kammerrechtlichen Voraussetzungen hinaus notwendig der Erfüllung der Voraussetzungen des § 1 BTÄO bedürfte, um ein Auseinanderfallen von "berufsrechtlicher" und "sozialversicherungsrechtlicher" Beurteilung zu vermeiden. Insofern fehlt es bereits an einem Rechtssatz, aus dem sich die verbindliche Anordnung eines derartigen allgemeinen Auslegungsziels ergeben könnte. Jeder Träger öffentlicher Verwaltung beurteilt innerhalb seines Zuständigkeitsbereichs die Voraussetzungen der für ihn maßgeblichen Normen grundsätzlich auch dann, wenn diese "fachfremd" sind. Ebenso entscheidet die für diesen Träger zuständige Gerichtsbarkeit im Streitfall Vorfragen in eigener Zuständigkeit, auch wenn sie für deren Beantwortung in einem Hauptsacheverfahren nicht zuständig wäre (vgl exemplarisch für die Sozialgerichtsbarkeit Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 51 RdNr 44).

47

4. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Beklagten zitierten Rechtsprechung des Senats in anderem Zusammenhang.

48

Der Senat hatte die Voraussetzungen einer Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI für Syndikusanwälte verneint, weil die Erwerbstätigkeit als Syndikus dem Berufsfeld des Rechtsanwalts von vornherein nicht zugeordnet werden konnte (vgl BSG Urteil vom 3.4.2014 - B 5 RE 13/14 R - BSGE 115, 267 = SozR 4-2600 § 6 Nr 12, RdNr 31). Aus dieser Entscheidung geht jedoch nicht hervor, dass es sich bei der Frage, ob die Erwerbstätigkeit zur Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und zugleich zu einer Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Versorgung führt, nur um einen - wie von der Beklagten vorgetragen - "ersten Prüfungsschritt" in dem von ihr verstandenen Sinne handelt, mit der Folge eines "zweiten Prüfungsschritts" über das Vorliegen einer approbationspflichtigen Tätigkeit.

49

Ein anderer als der vom LSG herangezogene Prüfungsmaßstab unter Anwendung weiterer Vorschriften des Bundesrechts folgt entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten auch nicht aus einem Beschluss des Senats, in dem die Revision gegen ein Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 23.1.2013 (L 5 R 4971/10) als unzulässig verworfen wurde (Senatsbeschluss vom 6.2.2014 - B 5 RE 10/14 R). Der Senat prüfte ausschließlich die Zulässigkeit der Revision (§ 164 Abs 2 SGG)und nahm Bezug auf die Ausführungen des Berufungsgerichts. Rückschlüsse auf das anzuwendende materielle Recht, insbesondere darauf, welcher Prüfungsmaßstab bei der Beurteilung einer Pflichtmitgliedschaft nach dem Kammerrecht gilt, ergeben sich daraus nicht.

50

III. Die weiteren Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 Buchst a bis c iVm Abs 3 S 1 SGB VI sind ebenfalls erfüllt. Nach den von der Beklagten nicht angegriffenen und damit für den Senat bindenden Feststellungen des LSG hat die gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bereits vor dem 1.1.1995 bestanden, es sind einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen und aufgrund dieser Beiträge werden Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht. Nach § 6 Abs 3 S 1 SGB VI hat die für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständige oberste Verwaltungsbehörde die rechtlichen Anforderungen an die berufsständische Versorgungseinrichtung vor Entscheidung des Trägers der Rentenversicherung zu bestätigen(vgl BSG Urteil vom 31.10.2012 - B 12 R 3/11 R - BSGE 112, 108 = SozR 4-2600 § 6 Nr 9, RdNr 36). Auch diese Bestätigung lag nach den Feststellungen des LSG vor.

51

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 28. April 2016 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über den Anspruch des Klägers auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht ab dem 20.12.2012.

2

Der am 20.6.1956 geborene Kläger ist approbierter Apotheker. Seit dem 11.12.1984 ist er Pflichtmitglied der Landesapothekerkammer Hessen (Beigeladene zu 1) und seit dem 1.1.1985 auch des Versorgungswerks der Landesapothekerkammer Hessen (Beigeladene zu 3). Seit 1984 war der Kläger als Apotheker im öffentlichen Dienst, in pharmazeutischen Unternehmen und als selbstständiger Apotheker in öffentlichen Apotheken tätig. Mit Bescheid vom 21.2.1985 sprach die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach § 7 Abs 2 AVG mit Wirkung ab 1.1.1985 aus.

3

Seit 1.10.2009 ist der Kläger für die Firma G. GmbH (Beigeladene zu 2) als Verantwortlicher für Medizinprodukte, Arzneibuchfragen und Fachinformationen sowie als Qualitätsmanagementbeauftragter tätig. Die Beigeladene zu 2 entwickelt und validiert Dampf-, Formaldehyd-, Ethylenoxid- und Wasserstoffperoxid-Sterilisationsprozesse zur Aufbereitung von Medizinprodukten (zB von Operationsbestecken). Sie produziert biologische und chemische Indikatoren sowie Prüfkörper für die Sterilisationsüberwachung, stellt Dokumentationsetiketten mit Behandlungsindikatoren her und entwickelt und fertigt Indikatoren für die Überwachung von maschinellen Reinigungsprozessen für Medizinprodukte.

4

Im Rahmen einer Betriebsprüfung nach § 28p SGB IV im August 2012 wurde festgestellt, dass die Beigeladene zu 2 für den Kläger keine Rentenversicherungsbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung abgeführt hat. In dem sich anschließenden Prüfverfahren legte der Kläger einen befristeten Anstellungsvertrag vom 26.9.2009 und einen inhaltsgleichen Anschlussvertrag vom 15.6.2010 sowie eine Stellenbeschreibung vor, in der als benötigte Qualifikation "Apotheker oder gleichwertige Qualifikation mit langjähriger Berufserfahrung" angegeben ist und die zu übernehmenden Aufgaben wie folgt beschrieben werden:

        
        

-       

Übernahme der Funktion des Sicherheitsbeauftragten für Medizinprodukte und des Medizinprodukteberaters gemäß §§ 30 und 31 MPG

        

-       

Registrierung und Inverkehrbringen von Medizinprodukten gemäß einschlägiger EU-Richtlinien inkl Klassifizierung und Konformitätsverfahren

        

-       

Meldung von Vorkommnissen und Rückrufen nach Maßgabe der Medizinprodukte-Sicherheitsplanverordnung (MPSV)

        

-       

Einbindung aller Regeln zu Medizinprodukten in das G.-Qualitätssystem

        

-       

Sicherstellung der Konformität der G.-Indikatoren mit den Arzneibuchanforderungen (EuAB und andere Arzneibücher)

        

-       

Erstellung von Fachinformationen und Produktinformationen für alle G. (Medizin)-Produkte

        

-       

Beantwortung von Kundenanfragen zum Thema Aufbereitung, Sterilisationsverfahren etc und Mitarbeit an Fachvorträgen.

5

Am 20.12.2012 beantragte der Kläger - vorsorglich - die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht und vertrat die Auffassung, dass die bereits im Jahr 1985 ausgesprochene Befreiung auch für das aktuelle Beschäftigungsverhältnis gelte.

6

Die Beklagte lehnte den Antrag auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht mit Bescheid vom 29.8.2013 ab, weil die Voraussetzungen einer Befreiung nach § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI nicht vorlägen. Es müsse ein Zusammenhang zwischen der ausgeübten Tätigkeit und der Pflichtmitgliedschaft bestehen. Maßgeblich seien § 2 Abs 1 und 3 Bundes-Apothekerordnung (BApO), die eine pharmazeutische Tätigkeit, insbesondere die Entwicklung, Herstellung, Prüfung oder Abgabe von Arzneimitteln forderten. Für die Beschäftigung des Klägers bei der Beigeladenen zu 2 sei die Approbation als Apotheker ausweislich der Stellenbeschreibung gerade nicht die unabdingbare Einstellungsvoraussetzung gewesen. Der Aufgabenschwerpunkt liege nicht auf pharmazeutischem Gebiet, sondern im Bereich des Managements. Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11.3.2014 zurück.

7

Auf die hiergegen erhobene Klage hat das SG Gießen mit Urteil vom 28.9.2015 die Bescheide der Beklagten aufgehoben und festgestellt, dass die Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 2 seit dem 1.10.2009 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit sei. Auf die Berufung der Beklagten hat das Hessische LSG mit Urteil vom 28.4.2016 die Entscheidung des SG Gießen geändert und die Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Bescheide verpflichtet, den Kläger ab dem 20.12.2012 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Berufungsgericht im Wesentlichen ausgeführt:

8

Der Kläger habe einen Anspruch auf Befreiung für seine Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 2 gemäß § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI ab 20.12.2012. "Streitig" sei allein, ob der Kläger eine Beschäftigung ausübe, wegen der er aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sei. Die weiteren Voraussetzungen nach § 6 Abs 1 SGB VI lägen "unstreitig" vor. Ob ein Beschäftigter oder selbstständig Tätiger wegen der streitigen Beschäftigung bzw Tätigkeit Pflichtmitglied einer Versorgungseinrichtung und einer berufsständischen Kammer sei, sei anhand der einschlägigen versorgungs- und kammerrechtlichen Normen zu prüfen. Maßgeblich sei der Inhalt des jeweiligen konkreten Beschäftigungsverhältnisses. Die Befreiungsmöglichkeit bestehe nicht für Personen, die keiner berufsspezifischen, sondern einer berufsfremden Tätigkeit nachgingen. Ausgangspunkt der Prüfung einer Befreiung seien daher zunächst die versorgungs- und kammerrechtlichen Normen. Gemäß § 2 Abs 1 Nr 4 Hessisches Heilberufsgesetz (Hess HeilBerG) gehörten Apotheker der Landesapothekerkammer an. Die Satzung der Landesapothekerkammer sehe in § 2 Abs 1 S 1 entsprechend vor, dass alle Apotheker, die in Hessen ihren Beruf ausübten, der Kammer angehörten. Gemäß § 5a Abs 1 Hess HeilBerG iVm § 12 der Satzung des Versorgungswerks der Landesapothekerkammer Hessen seien entsprechend alle Kammerangehörigen, die ihren Beruf in Hessen ausübten, Pflichtmitglieder des Versorgungswerks. Der Kläger sei seit 1985 bis fortlaufend Pflichtmitglied im Versorgungswerk der Landesapothekerkammer als der für ihn zuständigen berufsständischen Versorgungseinrichtung sowie Pflichtmitglied der Landesapothekerkammer Hessen. Die vorgenannten landesrechtlichen bzw satzungsrechtlichen Bestimmungen knüpften an das Kriterium der Ausübung des Berufes eines Apothekers an. Nach § 2 Abs 3 BApO sei die Ausübung des Apothekerberufs die Ausübung einer pharmazeutischen Tätigkeit, insbesondere die Entwicklung, Herstellung, Prüfung oder Abgabe von Arzneimitteln unter der Berufsbezeichnung "Apotheker". Nach § 1 Abs 1 S 1 der Berufsordnung der Landesapothekerkammer Hessen bestehe die Aufgabe des Apothekers in der Sicherstellung der ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln. Dieser Auftrag umfasse insbesondere die Information und Beratung über Arzneimittel, die Beratung in Fragen rund um die Gesundheit, die Entwicklung, Herstellung, Prüfung, Lagerung, Abgabe und Risikoerfassung von Arzneimitteln und die Suche nach neuen Arzneistoffen und Darreichungsformen. Der Apotheker übe seine Aufgabe in verschiedenen Tätigkeitsformen aus. Er könne in der öffentlichen Apotheke, in der Industrie, im Krankenhaus, in Prüfinstitutionen, bei der Bundeswehr, in Behörden und Körperschaften, an der Universität, in Lehranstalten und Berufsschulen tätig sein (§ 1 Abs 1 S 3 der Berufsordnung). Zwar beschäftige sich die Beigeladene zu 2 und damit auch der Kläger nicht mit Arzneimitteln oder -stoffen, sondern ausschließlich mit Reinigungs- und Sterilisationsprozessen zur Aufbereitung von komplexen Medizinprodukten. Auch seien Medizinprodukte gemäß § 2 Abs 3 Nr 7 Arzneimittelgesetz (AMG) regelmäßig keine Arzneimittel. Dennoch sei nach Auffassung des Senats die Herstellung und Aufbereitung von Medizinprodukten grundsätzlich keine für einen Apotheker berufsfremde Tätigkeit. Zunächst sei festzustellen, dass die Definition einer pharmazeutischen Tätigkeit, wie sie § 2 Abs 3 BApO regele, keine abschließende Aufzählung enthalte. Die Formulierung der Norm ("insbesondere") zeige, dass die von ihr erfasste Berufsausübung nicht ausschließlich unter der Bezeichnung "Apotheker" oder "Apothekerin" erfolgen müsse und die beispielhafte Aufzählung nicht abschließend sei. Eine entsprechende - erweiternde - Auslegung werde aus Sicht des Senats unter Berücksichtigung der geplanten Änderung des § 2 Abs 3 BApO durch den Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 11.3.2016 (BR-Drucks 120/16) bestätigt. Der Gesetzgeber wolle - in Ergänzung des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2013/55/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.11.2013 zur Änderung der Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen und der Verordnung (EU) Nr 1024/2012 über die Verwaltungszusammenarbeit mithilfe des Binnenmarkt-Informationssystems ("IMI-Verordnung") - weitere Tätigkeitsbereiche benennen, die das Berufsbild der Apothekerinnen und Apotheker maßgeblich prägten (BR-Drucks 120/16 S 62). Ausdrücklich genannt würden in der geplanten Neuregelung insbesondere der sog "Industrieapotheker" in der pharmazeutischen Industrie (Nr 2), aber auch Tätigkeiten im Medizinproduktewesen der öffentlichen Gesundheitsverwaltung (Nr 11), wobei durch die Formulierung "insbesondere" aus Sicht des Senats wiederum deutlich werde, dass es sich bei der Aufzählung keineswegs um eine abschließende Aufzählung handele, was auch aus der Begründung des Gesetzesentwurfs hervorgehe. Die geplante Neureglung stelle damit klar, dass ebenfalls Tätigkeiten im Bereich des Medizinproduktewesens und in der pharmazeutischen Industrie grundsätzlich unter den Tätigkeitsbereich des Pharmazeuten fallen könnten. Zu berücksichtigen sei ferner, dass das Studium der Pharmazie gemäß Anl 1 zu § 2 Abs 2 Approbationsordnung für Apotheker (AAppO) unter Stoffgebiet F auch die pharmazeutische Technologie einschließlich des Medizinproduktewesens umfasse, die damit zu den Pflichtgebieten des Studiums der Pharmazie gehöre. Ferner sehe die Anl 1 zu § 2 Abs 2 AAppO unter dem Stoffgebiet H die Arzneistoffanalytik unter besonderer Berücksichtigung der Arzneibücher und der entsprechenden Normen für Medizinprodukte vor. Hinzu komme, dass es auch sog apothekenpflichtige Medizinprodukte gebe (§§ 27 bis 29 der Arzneimittelrichtlinie), die gemäß § 1 Abs 1 S 2 Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) Gegenstand einer ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung seien. Unter Zugrundelegung des durch die BApO bzw deren geplante Neuregelung sowie durch die Berufsordnung definierten Maßstabs einer pharmazeutischen Tätigkeit sei die von dem Kläger bei der Beigeladenen zu 2 konkret ausgeübte Tätigkeit als Verantwortlicher für Medizinprodukte, Arzneibuchfragen und Fachinformationen sowie als Qualitätsmanagementbeauftragter befreiungsfähig iS von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI, denn Art und Inhalt dieser Beschäftigung seien jedenfalls teilweise berufsspezifisch für einen Apotheker. Da die mit Krankheitserregern kontaminierten Instrumente wie zB Operationsbestecke oder andere entsprechend eingesetzte Medizinprodukte die Quelle von Infektionen beim Menschen sein könnten, seien an die Aufbereitung solcher komplexen Medizinprodukte (§ 4 Medizinprodukte-Betreiberverordnung - MPBetreibV) besonders definierte Anforderungen zu stellen, wobei es notwendig sei, im Rahmen eines etablierten Qualitätsmanagementsystems die bewährten Verfahren stets in gleichbleibend hoher und nachweisbarer Qualität zu gewährleisten. Die Beigeladene zu 2 entwickele Reinigungs- und Sterilisationsprozesse zur Aufbereitung von Medizinprodukten. Der Kläger könne aufgrund seines pharmazeutischen Studiums die für die Aufbereitung komplexer Medizinprodukte definierten Anforderungen überprüfen, Verbesserungen anstoßen und mit entsprechendem Fachwissen begleiten. Gerade als Apotheker habe er Kenntnisse darüber, welche Stoffe und Verfahren zur Keimfreiheit unter welchen Bedingungen führten. Chemie, Toxikologie, pharmazeutische und chemische Medizin, Mikrobiologie, Biochemie und pharmazeutische Technologie seien wesentliche Bestandteile des Studiums. Diese Kenntnisse würden vom Kläger bei seiner täglichen Arbeit auch umgesetzt. Auch die in den "Gemeinsamen Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention" des Robert-Koch-Instituts und des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (Fassung 2012) aufgestellten Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten erforderten Sachkenntnisse insbesondere im Bereich Hygiene und Mikrobiologie, die durch das Studium der Pharmazie abgedeckt würden. Die fortlaufende Anwendung der Arzneibücher, die vom Kläger bei der Aufbereitung von Medizinprodukten ebenso zu berücksichtigen seien wie beim Einsatz der verschiedenen zur Keimabtötung eingesetzten Verfahren einschließlich der Bio- und Chemieindikatoren zur Sterilitätsüberprüfung, stelle aus Sicht des Senats eine für einen Pharmazeuten berufsspezifische Tätigkeit dar. Ausschließlich Apotheker beschäftigten sich bereits im Studium mit Aufbau und Systematik des sog Arzneibuchs iS des § 55 AMG. Die Beigeladene zu 2 betreibe zudem seit 20 Jahren Grundlagenforschung zu Aufbereitungsprozessen von Medizinprodukten und führe hierzu weltweit wissenschaftlich-technische Seminare durch, die der Kläger mit pharmazeutischem Fachwissen begleite. Die von der Beigeladenen zu 2 entwickelten Methoden, den Erfolg der Reinigung anhand von Prüfkörpern zu quantifizieren, auch um die Desinfektions- und Reinigungsprozesse zu validieren, seien den Anwendern (Krankenhäusern und pharmazeutischen Industrie) zu erläutern; auch hierbei spiele das Fachwissen des Klägers als Apotheker eine große Rolle. Entgegen der Auffassung der Beklagten finde sich weder in § 6 SGB VI noch in den landesrechtlichen bzw satzungsrechtlichen Bestimmungen die Tatbestandsvoraussetzung einer "approbationspflichtigen Tätigkeit". Dies würde das befreiungsfähige Tätigkeitsprofil eines Apothekers letztlich auf die Tätigkeit in einer öffentlichen Apotheke oder in einer Krankenhausapotheke verengen, was weder mit § 2 Abs 3 BApO noch mit der Rechtsprechung des BSG(Urteil vom 31.10.2012 - B 12 R 3/11 R) in Einklang zu bringen sei. Die apothekerrechtliche Approbation iS von § 2 Abs 1 BApO sei für die Ausübung einer apothekerlichen Tätigkeit auch im Kontext der Kammerrechtsprechung der Verwaltungsgerichte nicht zwingend erforderlich. Der Verweis der Beklagten darauf, dass laut der Stellenausschreibung der Beigeladenen zu 2 alternativ eine zum Pharmaziestudium gleichwertige Qualifikation ausreichend gewesen sei, führe zu keiner anderen Bewertung. Stellenausschreibungen bzw -beschreibungen und etwaige darin enthaltene formale Qualifikationen oder Anforderungen seien nicht maßgeblich; entscheidend sei allein der tatsächliche Inhalt der konkret ausgeübten Tätigkeit. Nach §§ 17 bis 19 AAppO sei die Ausbildung der Apotheker außerdem interdisziplinär angelegt, sodass ein Zusammenarbeiten mit anderen Disziplinen (Chemiker, Biochemiker, Physiker) bei der Entwicklung, Herstellung und Prüfung von Medikamenten und Medizinprodukten im apothekerlichen Berufsbild angelegt sei und daher nicht gegen das Vorliegen einer berufsspezifischen Tätigkeit verwendet werden könne.

9

Die zeitliche Beschränkung der Befreiung von der Rentenversicherungspflicht erst ab 20.12.2012 ergebe sich aus § 6 Abs 4 S 1 SGB VI. Danach wirke die Befreiung vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt werde, sonst vom Eingang des Antrags an. Der Kläger habe seine Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 2 bereits am 1.10.2009 aufgenommen. Ein ausdrücklicher Antrag auf Befreiung sei bei der Beklagten erst am 20.12.2012 eingegangen. Eine Befreiung des Klägers von der Rentenversicherungspflicht bereits ab 1.10.2009 (bzw durchgängig seit 1985) ergebe sich auch nicht aus dem bestandskräftigen Bescheid vom 21.2.1985.

10

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI. Das Berufungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Kläger wegen seiner bei der Beigeladenen zu 2 ausgeübten Beschäftigung Pflichtmitglied der Landesapothekerkammer Hessen und zugleich Pflichtmitglied des Versorgungswerks der Landesapothekerkammer Hessen sei. Für die Beantwortung der Frage, ob der Kläger in seiner konkreten Beschäftigung den Beruf des Apothekers ausübe, habe das Gericht einen rechtlich unzutreffenden Bewertungsmaßstab zugrunde gelegt. § 2 Abs 1 Nr 4 Hess HeilBerG und § 2 Abs 1 der Satzung der Landesapothekerkammer Hessen knüpften nach der Rechtsauffassung des LSG an die Ausübung des Berufs eines Apothekers iS der BApO an. Nach der seit dem 23.4.2016 geltenden und für die vorliegende Anfechtungs- und Verpflichtungsklage maßgebenden Fassung des § 2 Abs 3 S 1 BApO sei Ausübung des Apothekerberufs die Ausübung einer pharmazeutischen Tätigkeit unter der Berufsbezeichnung "Apotheker" oder "Apothekerin". Der neu eingefügte S 2 beginne mit: "Pharmazeutische Tätigkeiten umfassen insbesondere" und führe im Weiteren zehn entsprechende Tätigkeiten auf. Die Aufzählung umreiße die möglichen Tätigkeitsfelder von Apothekern. Vom Wortlaut her befassten sich danach Apotheker auf verschiedenen Stufen - von der Herstellung über die Prüfung und Lagerung bis hin zum Verkauf und der Information - mit Arzneimitteln. Lediglich Ziffer 10 sei allgemein gefasst und ordne dem Apothekerberuf auch Tätigkeiten zu, die sich mit Beiträgen zu örtlichen oder landesweiten gesundheitsbezogenen Kampagnen befassten. Insoweit spreche der Wortlaut der Vorschrift dafür, dass Gegenstand "apothekerlicher" Tätigkeit Arzneimittel bzw Arzneistoffe seien. Dieser Einschätzung entspreche auch der Text der Vorgängervorschrift. Die Neufassung der Vorschrift zum 23.4.2016 sei allein im Zuge der Umsetzung der Richtlinie 2013/55/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.11.2013 zur Änderung der Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen erfolgt. Darüber hinausgehende Änderungen, etwa zum Kreis der Tätigkeiten, die Bestandteil der Ausübung des Apothekerberufs seien, seien nicht beabsichtigt gewesen. Dies folge aus der Gesetzeshistorie und der Gesetzesbegründung. Demzufolge seien nach § 2 Abs 3 BApO weiterhin nur solche Tätigkeiten dem Apothekerberuf zugehörig, die sich mit Arzneimitteln oder -stoffen befassten. Somit sei die Tätigkeit des Klägers, die Befassung mit den durch die Beigeladene zu 2 hergestellten und aufbereiteten Medizinprodukten, schon nach dem Wortlaut des § 2 BApO nicht Bestandteil der Berufsausübung eines Apothekers. Ebenso wenig lasse die im Gesetz verwendete Formulierung "insbesondere" den Schluss zu, dass auch Tätigkeiten im Zusammenhang mit Medizinprodukten Bestandteil der Berufsausübung eines Apothekers seien. Die vom LSG angestellten Erwägungen zum Vorliegen einer "berufsspezifischen Tätigkeit" überzeugten demgegenüber nicht. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung des § 2 Abs 3 BApO sei schon deshalb fehlerhaft, weil das Gericht bei seiner Prüfung nicht die zum Zeitpunkt der Entscheidung (28.4.2016) geltende Fassung der BApO ab 23.4.2016 berücksichtigt habe. Vielmehr habe das Gericht die Vorgängerregelung zugrunde gelegt. Aber auch inhaltlich überzeuge die Argumentation des LSG nicht. So lasse sich die vom Berufungsgericht ausdrücklich praktizierte erweiternde Auslegung der Norm nicht auf eine weitere, im Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 11.3.2016 lediglich angedachte Gesetzesänderung stützen. Ebenso wenig sei eine erweiternde Auslegung des § 2 Abs 3 BApO mit Blick darauf geboten, dass die pharmazeutische Technologie einschließlich des Medizinproduktewesens zu den Pflichtgebieten des Studiums der Pharmazie gehörten oder dass sog apothekerpflichtige Medizinprodukte nach der ApBetrO Gegenstand einer ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung seien. Ein anderes Ergebnis folge auch nicht aus der vom LSG ergänzend herangezogenen Berufsordnung der Landesapothekerkammer Hessen. Vielmehr entsprächen die dort in § 1 Abs 1 S 2 umschriebenen Aufgaben des Apothekers weitgehend den in § 2 Abs 3 BApO genannten Tätigkeiten, die Bestandteil des Apothekerberufes seien. Nach dem aktuellen Wortlaut des § 2 Abs 3 S 1 BApO sei Apothekerberuf diejenige pharmazeutische Tätigkeit, die unter der Bezeichnung "Apotheker" oder "Apothekerin" ausgeübt werde. Um aber die Bezeichnung "Apotheker" oder "Apothekerin" zu tragen und den Beruf des Apothekers auszuüben, sei nach § 2 Abs 1 BApO die Approbation erforderlich. Auch wenn die Approbation personenbezogen und nicht mit Bezug auf eine konkrete Tätigkeit erteilt werde, folge aus Sinn und Zweck des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI, dass ein Befreiungsrecht nur für solche Erwerbstätigkeiten bestehe, die "approbationspflichtig" seien. Die Approbation müsse also für die Ausübung der Tätigkeit notwendige Voraussetzung sein. Nur unter diesen Umständen führe die ausgeübte Tätigkeit zwingend zu einer Versicherungspflicht in beiden Alterssicherungssystemen und auch nur diese Auslegung werde dem Charakter des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI als Ausnahmevorschrift von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht Beschäftigter gerecht.

11

Die Beklagte beantragt,

        

die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 28. April 2016 und des Sozialgerichts Gießen vom 28. September 2015 abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

12

Der Kläger, der ursprünglich ebenfalls Revision eingelegt hatte und diese wieder zurückgenommen hat, beantragt,

        

die Revision zurückzuweisen.

13

Der Kläger rügt sinngemäß, dass die Revision mangels formgerechter Begründung unzulässig sei. Hierzu trägt er vor, die Beklagte habe sich nicht ausreichend mit dem angefochtenen Urteil auseinandergesetzt. Die Revisionsbegründung gehe nur darauf ein, dass die Tätigkeit des Klägers im Bereich des Medizinproduktewesens nicht der eines Apothekers entspreche. Mit den übrigen Ausführungen des LSG, insbesondere zu der fortlaufenden Anwendung der Arzneibücher durch den Kläger, die eine für einen pharmazeutischen Beruf spezifische Tätigkeit darstelle, befasse sich die Begründung nicht. Abgesehen davon könne die Revision in der Sache keinen Erfolg haben. Die Begründetheit der Revision scheitere schon daran, dass das LSG festgestellt habe, dass er, der Kläger, eine Tätigkeit als Apotheker ausübe. Abgesehen davon könne sich die Beklagte nicht auf § 2 Abs 3 BApO berufen. Insoweit sei zu beachten, dass das GG dem Bundesgesetzgeber keine Kompetenz zugewiesen habe, das Berufsbild des Apothekers abschließend zu beschreiben. Nur die Länder könnten verbindlich entscheiden, welche Tätigkeit die eines Apothekers sei. Deshalb habe das LSG seine Untersuchung ausdrücklich und ausführlich auf das Landesrecht gestützt. Die Revisionsbegründung lasse eine Darlegung zur Tragweite der BApO vermissen. Im Übrigen habe der Bundesrat in der BR-Drucks 120/16 klargestellt, dass die Risikoabwehr in der pharmazeutischen Industrie, auch im Medizinproduktewesen bisher und künftig zum Tätigkeitsfeld des Apothekers gehöre.

14

Die Beigeladene zu 1 weist darauf hin, dass die Mitgliedschaft des Klägers bei ihr und dem Beigeladenen zu 3 darauf beruhe, dass er nicht nur die Approbation besitze, sondern auch pharmazeutisch, dh in seinem Beruf tätig sei. Ein Apotheker, der nicht pharmazeutisch tätig sei, könne nicht Mitglied der Beigeladenen zu 1 und nicht Mitglied der Beigeladenen zu 3 werden.

15

Die Beigeladene zu 3 ist ebenfalls dieser Auffassung. Außerdem weist sie darauf hin, dass aufgrund der bereits ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung, wonach Landesrecht über die Frage der Pflichtmitgliedschaft zu entscheiden habe, und angesichts des Umstandes, dass das BSG an die Auslegung des Landesrechts gebunden sei, die Revision bereits unzulässig sei.

16

Die Beigeladene zu 2 hat sich im Revisionsverfahren nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

17

A. Die Revision der Beklagten ist entgegen der Ansicht des Klägers und des Beigeladenen zu 3 zulässig.

18

1. Die Revision ist kraft Zulassung durch das LSG in der angefochtenen Entscheidung statthaft (vgl § 160 Abs 1 Alt 1 SGG). An die Zulassung ist das BSG gebunden; dies stellt § 160 Abs 3 SGG ausdrücklich klar(vgl auch BSG SozR 4-1500 § 155 Nr 1). Die Bindung gilt entgegen der wohl von dem Beigeladenen zu 3 vertretenen Auffassung auch dann, wenn der vom Berufungsgericht angenommene Zulassungsgrund nicht vorliegt oder sich die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache auf nicht revisibles Recht bezieht (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 160 RdNr 26; BSG SozR 3-5533 Nr 100 Nr 1 S 3; BVerwG Urteil vom 9.10.1996 - 6 C 11/94 - Juris RdNr 22 ff). Das LSG hat die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 SGG zugelassen, weil die Frage, ob die Befreiung eines Apothekers von der Rentenversicherungspflicht nach § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI eine "approbationspflichtige Tätigkeit" voraussetze, höchstrichterlich noch nicht geklärt sei. Zwar hat der erkennende Senat diese Frage zwischenzeitlich entschieden (Urteil vom 7.12.2017 - B 5 RE 10/16 R - zur Entscheidung in BSGE und SozR 4-2600 § 6 Nr 14 vorgesehen). Gleichwohl bleibt die ohne Beschränkung zugelassene Revision als Vollrevision statthaft (vgl BFH Urteil vom 30.1.1970 - IV 2/65 - Juris RdNr 5 und 7).

19

2. Entgegen der Ansicht des Klägers ist die Revision auch formgerecht begründet.

20

Wendet sich die Revision - wie hier - gegen die Verletzung einer Vorschrift des materiellen Rechts, ist in der Begründung sorgfältig und nach Umfang und Zweck zweifelsfrei darzulegen, weshalb die Norm in der angefochtenen Entscheidung - bezogen auf den festgestellten Sachverhalt - nicht oder nicht richtig angewandt worden ist. Dies setzt voraus, dass sich die Begründung mit dem vorinstanzlichen Urteil auseinandersetzt. "Auseinandersetzung" bedeutet, auf den Gedankengang des Vordergerichts einzugehen Dazu muss der Revisionsführer - zumindest kurz - rechtlich auf die Gründe der Vorinstanz eingehen; er muss mithin erkennen lassen, dass er sich mit der angefochtenen Entscheidung befasst hat und inwieweit er bei der Auslegung der angewandten Rechtsvorschriften anderer Auffassung ist (Senatsbeschlüsse vom 10.2.2016 - B 5 RS 1/15 R - BeckRS 2016, 66775 RdNr 6; vom 5.5.2015 - B 5 R 18/14 R - BeckRS 2015, 69242 RdNr 6 und vom 9.1.2014 - B 5 RE 1/14 R - BeckRS 2014, 65978 RdNr 7). Diesen Anforderungen ist genügt.

21

Insbesondere setzt sich die Beklagte ausreichend mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung auseinander und greift diese vollständig an.

22

Die Beklagte hat vorgetragen, dass nach der Rechtsauffassung des LSG § 2 Abs 1 Nr 4 Hess HeilBerG und § 2 Abs 1 der Satzung der Landesapothekerkammer Hessen an die Ausübung des Berufs eines Apothekers iS der BApO anknüpften. Ausgehend davon hat die Beklagte weiter ausgeführt, dass nach § 2 Abs 3 S 1 BApO in der maßgeblichen Fassung vom 18.4.2016, gültig ab 23.4.2016 - wie schon nach der vom LSG zugrunde gelegten Vorgängerregelung - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nur solche Tätigkeiten dem Apothekerberuf angehörten, die sich mit Arzneimitteln oder -stoffen befassten. Ist aber die Apothekertätigkeit ausschließlich auf die Befassung mit Arzneimitteln und -stoffen beschränkt, sind sämtliche anderen Tätigkeiten des Klägers, die das LSG als berufsspezifisch bewertet hat, für den Apotheker berufsfremd. Damit erfasst die Auseinandersetzung der Beklagten mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung nicht nur die Beschäftigung des Klägers mit Medizinprodukten, sondern ebenso die fortlaufende Anwendung mit Arzneibüchern, auch wenn diese in der Revisionsbegründung nicht ausdrücklich angesprochen worden ist.

23

B. Die Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des Urteils des LSG und der Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG). Ob ein Anspruch des Klägers auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ab dem 20.12.2012 gemäß § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI(in der hier maßgeblichen Fassung von Art 1 Nr 2 des Gesetzes zur Organisationsreform in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 9.12.2004 - BGBl I 3242) begründet ist, lässt sich auf der Grundlage der vom LSG festgestellten Tatsachen nicht abschließend entscheiden.

24

1. Die vom Kläger erhobene Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist zulässig. Insbesondere fehlt dem Kläger für letztere nicht das Rechtsschutzbedürfnis.

25

a) Ein Anspruch des Klägers auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht für die noch streitige Zeit ergibt sich nicht bereits aus dem Bescheid der BfA vom 21.2.1985.

26

aa) Der Bescheid vom 21.2.1985 bezieht sich nicht auf die Tätigkeit des Klägers bei der Beigeladenen zu 2. Dies ergibt eine Auslegung des in ihm enthaltenen Verwaltungsakts (VA).

27

Die Auslegung eines VA hat ausgehend von seinem Verfügungssatz und der Heranziehung des in § 133 BGB ausgedrückten allgemeinen Rechtsgedankens zu erfolgen, dass es nicht auf den Buchstaben, sondern den wirklichen Willen der Behörde bzw des Verwaltungsträgers ankommt, soweit er im Bescheid greifbar seinen Niederschlag gefunden hat. Für die Ermittlung des erklärten Willens sind dabei auch die Umstände und Gesichtspunkte heranzuziehen, die zur Aufhellung des Inhalts der Verfügung beitragen können und die den Beteiligten bekannt sind, wenn der VA sich erkennbar auf sie bezieht. Maßstab der Auslegung ist insofern der verständige und Zusammenhänge berücksichtigende Beteiligte (BSG SozR 4-5075 § 3 Nr 1 RdNr 15 mwN; BSG Urteil vom 20.3.2013 - B 5 R 16/12 R - Juris RdNr 18).

28

Unter Beachtung dieser Vorgaben ist der Bescheid vom 21.2.1985 dahin zu verstehen, dass er den Kläger von der Rentenversicherungspflicht für die am 16.10.1983 beginnende Beschäftigung ab 1.1.1985 befreit. Dagegen ist der VA keinem Verständnis dahin zugänglich, dass die Befreiung unabhängig von dieser Beschäftigung für die gesamte Zeit der Mitgliedschaft des Klägers in der Landesapothekerkammer Hessen für jede ausgeübte Beschäftigung als Apotheker Geltung entfaltet.

29

Der Bescheid vom 21.2.1985 trägt die Überschrift "Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 7 Abs. 2 des Angestelltenversicherungsgesetztes (AVG)" und lautet nach der Bezeichnung des Namens des Klägers und der Grußformel wie folgt:

"Auf Ihren Antrag werden Sie von der Versicherungspflicht zur Rentenversicherung der Angestellten befreit.

                 

Eingangsdatum des Befreiungsantrages

02.01.85

Beginn des Beschäftigungsverhältnisses bzw. der Versicherungspflicht

16.10.83

Beginn der Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung

01.01.85

Versorgungseinrichtung

Landesapothekerkammer Hessen

Versorgungswerk

Am Leonhardsbrunn 5, 6000 Frankfurt

Beginn der Befreiung

1. Jan. 1985

                          

Die Befreiung wirkt erst

        
                                   

[ ]

vom Eingang des Antrags an, da sie nicht innerhalb von 2 Monaten nach Beginn des Beschäftigungsverhältnisses bzw. der Versicherungspflicht beantragt wurde (§ 7 Abs. 3 AVG)

                                   

[x]     

ab Beginn der Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung.

                 

Die Befreiung gilt für die Dauer der Pflichtmitgliedschaft und einer daran anschließenden freiwilligen Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung, soweit Versorgungsabgaben in gleicher Höhe geleistet werden, wie ohne die Befreiung Beiträge zur Rentenversicherung der Angestellten zu entrichten wären.

Werden mehrere Beschäftigungen ausgeübt, so gilt die Befreiung nur für die Beschäftigung, auf der die Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung beruht und nach deren Arbeitsentgelt die Versorgungsabgaben zu berechnen sind."

Danach folgt die Rechtsbehelfsbelehrung.

30

(1) Einen VA und damit einen Verfügungssatz bzw eine Regelung enthalten allein die umrandeten Ausführungen im Bescheid vom 21.2.1985; die weiteren Erklärungen, insbesondere über die Dauer der Befreiung, sind lediglich erläuternde Hinweise zu der getroffenen Befreiungsentscheidung (stRspr; BSG Urteil vom 7.11.1991 - 12 RK 49/89 - SozR 3-2940 § 7 Nr 2 S 3 f; BSG Urteil vom 30.4.1997 - 12 RK 34/96 - BSGE 80, 215, 221 = SozR 3-2940 § 7 Nr 4 S 17; BSG Urteil vom 22.10.1998 - B 5/4 RA 80/97 R - BSGE 83, 74, 77 = SozR 3-2600 § 56 Nr 12 S 57; BSG Urteil vom 31.10.2012 - B 12 R 5/10 R - SozR 4-2600 § 231 Nr 5 RdNr 37; zuletzt Urteil des 12. Senats vom 5.12.2017 - B 12 KR 11/15 R - Juris RdNr 24; aA LSG Nordrhein-Westfalen vom 14.3.2017 - L 18 R 852/16 - Juris RdNr 55). Dies ergibt sich sowohl aus der äußeren Gestaltung der Ausführungen als auch ihrem Inhalt. Durch die Umrandung der Verlautbarungen zu dem Eingangsdatum des Befreiungsantrags, dem Beginn des "Beschäftigungsverhältnisses" und dem Beginn der Befreiung werden diese von den nachfolgenden Erklärungen abgehoben und ihnen dadurch eine besondere Bedeutung beigemessen. Insbesondere aber sind allein sie individuell auf den Kläger und damit auf den Einzelfall bezogen, während die Ausführungen zur Dauer der Befreiung und ihrer Geltung bei Mehrfachbeschäftigungen allgemein gefasst sind und schon damit als bloße Hinweise für die individuelle Regelung ausgewiesen werden.

31

(2) Dass der in dem Bescheid vom 21.2.1985 enthaltene VA die Befreiung des Klägers von der Rentenversicherungspflicht ab 1.1.1985 regelt, bedarf angesichts seiner Verlautbarungen keiner Erläuterung. Der weitere Regelungsgehalt, die Tätigkeitsbezogenheit der Befreiung ergibt sich insbesondere aus dem im Bescheid in Bezug genommenen Antrag des Klägers vom 2.1.1985 (Eingangsdatum). In diesem hat der Kläger in der Rubrik "Anschrift des derzeitigen Arbeitgebers Prof. Dr. K. R., Zentrum f. Hygiene + med. Mikrobiologie des Klinikums d. UNI M." sowie als "Beginn der angestelltenversicherungspflichtigen Beschäftigung" den 16.10.1983 angegeben und darum gebeten, "mir diese Befreiung zu bestätigen". Der damalige Befreiungsantrag betraf daher unzweifelhaft die seinerzeit ausgeübte Beschäftigung an der Universität M.

32

Die Abfrage des "derzeitigen Arbeitgebers" im Antragsformular unterstreicht, dass das Bestehen einer versicherungspflichtigen Beschäftigung notwendige Voraussetzung für die Befreiung von der Versicherungspflicht in der Angestellten-/Beschäftigtenrentenversicherung ist. Ohne das Bestehen einer versicherungspflichtigen Beschäftigung kommt eine Befreiung von der gesetzlichen Angestellten-/Beschäftigtenrentenversicherung schon aus logischen Gründen nicht in Betracht. Dabei macht die Verwendung des Begriffs "derzeitig" deutlich, dass es um die aktuelle, im Zeitpunkt des Antrags bestehende Beschäftigung geht und auch nur um diese gehen kann. Ob die Voraussetzungen für die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung vorliegen, kann der Rentenversicherungsträger nur anhand einer konkreten Beschäftigung und deren Ausgestaltung prüfen. Nicht jede Beschäftigung eines Apothekers oder Angehörigen eines sonstigen verkammerten Berufs muss gemessen an den jeweils einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen auch wirklich die Ausübung einer pharmazeutischen oder sonstigen verkammerten Tätigkeit sein. Dies ist nicht der Fall, wenn der Betroffene eine berufsfremde Tätigkeit ausübt. Ebenso wenig kann eine Befreiung ausgesprochen werden, wenn der Antragsteller einer geringfügigen Beschäftigung nachgeht und daher versicherungsfrei ist (§ 5 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB VI iVm § 8 Abs 1 Nr 2 oder § 8a iVm § 8 Abs 1 Nr 2 SGB IV). Abgesehen davon wird derjenige, der als Beschäftigter einen Antrag auf Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung stellt, im Zeitpunkt der Antragstellung zumindest im Regelfall nicht wissen, ob er seine aktuelle Beschäftigung aufgeben und insbesondere in demselben Beruf eine Folgebeschäftigung aufnehmen wird. Auch aus diesem Grund kann sich ein Befreiungsantrag nur auf die gegenwärtige Beschäftigung beziehen. Im Übrigen enthält der Antrag des Klägers keine Formulierung, die der Auslegung zugänglich wäre, er beantrage die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung für den Beruf des Apothekers und die Dauer seiner Mitgliedschaft in der Landesapothekerkammer Hessen ohne Bezug auf eine bestimmte Beschäftigung.

33

Dem am 2.1.1985 vom Kläger mit dem dargestellten Inhalt gestellten Befreiungsantrag hat die BfA mit Bescheid vom 21.2.1985 stattgegeben. Antrag und Bescheid beziehen sich korrespondierend auf die damalige Beschäftigung des Klägers im Zentrum für Hygiene und medizinische Mikrobiologie des Klinikums der Universität M. Demgegenüber ist der Bescheid vom 21.2.1985 keinem Verständnis dahin zugänglich, dass die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung für eine durch eine oder mehrere Charakteristika geprägte Tätigkeit als solche - hier die eines Apothekers - erteilt ist (so LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 14.3.2017 - L 18 R 852/16 - Juris RdNr 55 ff, 59 bei einem vergleichbaren Bescheid der BfA für die Tätigkeit als Bauingenieur). Für eine solche Interpretation gibt der Wortlaut des Bescheides nichts her. Der dort verwendete Begriff des "Beschäftigungsverhältnisses" bzw der "Beschäftigung" lässt eine derartige Auslegung nicht zu. Beschäftigung ist auch im rentenversicherungsrechtlichen Sinn die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis, wobei Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers sind (vgl § 7 Abs 1 SGB IV). Beschäftigung im hier maßgeblichen Sinn meint daher nicht die Tätigkeit als solche bzw einen bestimmten Beruf oder ein Berufsbild, sondern die für einen Weisungs-, dh Arbeitgeber verrichtete Tätigkeit.

34

Darüber hinaus belegen weitere Ausführungen im Bescheid vom 21.2.1985 die Tätigkeitsbezogenheit der Befreiungsregelung. So hat die Beklagte zum einen darauf hingewiesen, dass die Befreiung bei Ausübung mehrerer Beschäftigungen nur für die Beschäftigung gilt, auf der die Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung beruht und nach deren Arbeitsentgelt die Versorgungsabgaben zu berechnen sind. Zum anderen hat sie darum gebeten, "den früheren (vorherigen) Arbeitgeber von der Befreiung zu verständigen", falls "Sie inzwischen Ihren Arbeitgeber gewechselt haben". Insbesondere letztere Erklärung zeigt, dass sich die Befreiung ausschließlich auf das im Antrag genannte "Beschäftigungsverhältnis" und nicht auch auf Folgebeschäftigungen bezieht. Ansonsten wäre nicht verständlich, warum sich die Bitte um Informierung über die erteilte Befreiung nicht auf den vorherigen und den nachfolgenden Arbeitgeber bezieht.

35

Eine Berücksichtigung der übrigen Ausführungen der BfA im Bescheid vom 21.2.1985 führt zu keinem anderen Ergebnis.

36

Diese lauten neben den bereits oben zitierten Erklärungen zur Dauer der Befreiung nach der Rechtsbehelfsbelehrung wie folgt:

                 
        

"Die BfA hat bei Wegfall der Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 AVG die Befreiung von der Versicherungspflicht nach X § 48 Abs. 1 des Sozialgesetzbuchs zu widerrufen.

                 
        

Sie sind daher verpflichtet, der BfA die Umstände anzuzeigen, die zum Wegfall der Voraussetzungen für die Befreiung führen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn

        

-       

die Mitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung endet

        

-       

keine Versorgungsabgaben mehr zu entrichten sind (z.B. nach Bewilligung einer Rente aus der Berufsgruppenversorgung)

        

-       

Versorgungsabgaben nicht mehr in der dem Einkommen entsprechenden Höhe zu entrichten sind.

                          
        

Die Befreiung endet erst mit dem förmlichen Widerruf durch die BfA."

37

Auch diese Verlautbarungen sind weder eigenständige Regelungen/Verfügungssätze iS von § 31 S 1 SGB X noch Nebenbestimmungen iS von § 32 SGB X, sondern lediglich erläuternde Hinweise zu der getroffenen Befreiungsentscheidung(stRspr; BSG Urteil vom 7.11.1991 - 12 RK 49/89 - SozR 3-2940 § 7 Nr 2 S 3 f; BSG Urteil vom 30.4.1997 - 12 RK 34/96 - BSGE 80, 215, 221 = SozR 3-2940 § 7 Nr 4 S 17; BSG Urteil vom 22.10.1998 - B 5/4 RA 80/97 R - BSGE 83, 74, 77 = SozR 3-2600 § 56 Nr 12 S 57; BSG Urteil vom 31.10.2012 - B 12 R 5/10 R - SozR 4-2600 § 231 Nr 5 RdNr 37).

38

Darüber hinaus erlauben sie wie auch die Hinweise über die Dauer der Befreiung keine Interpretation des Verfügungssatzes im Bescheid vom 21.2.1985 dahin, dass die Befreiung unabhängig von der konkreten Beschäftigung auf Dauer wirkt und nur im Fall des "Widerrufs", dh der Aufhebung nach § 48 SGB X endet.

39

Insbesondere angesichts der Antragsbezogenheit des Bescheides beschränkt sich vielmehr die Aussage zur Dauer der Befreiung für die Zeit der Pflichtmitgliedschaft und einer daran anschließenden freiwilligen Mitgliedschaft auf deren Fortgeltung in Abhängigkeit von der Höhe der geleisteten Versorgungsabgaben und lässt die Frage nach der Dauer der Befreiung im Hinblick auf sonstige Voraussetzungen unberührt. Aus denselben Gründen bezieht sich die Erklärung zum Ende der Befreiung durch förmlichen "Widerruf" der BfA nur auf das Ende der Befreiung bei Anwendung des § 48 Abs 1 SGB X und nicht auch auf das Ende der Befreiung unter Berücksichtigung der sonstigen Beendigungstatbestände eines VA.

40

Ebenso wenig indiziert die im Bescheid vom 21.2.1985 in Bezug genommene Bescheinigung vom selben Tag, dass die Befreiung des Klägers von der gesetzlichen Rentenversicherung unabhängig von seiner damaligen Beschäftigung im Zentrum für Hygiene und medizinische Mikrobiologie des Klinikums der Universität M. für jedwede Tätigkeit als angestellter Apotheker erteilt worden ist.

41

Dass die Bescheinigung "dem jeweiligen Arbeitgeber für die Dauer des Beschäftigungsverhältnisses auszuhändigen" ist, zwingt nicht zu dem Verständnis, dass die Befreiung auch Folgebeschäftigungen erfasst. Der Begriff "jeweilig" hat ua die Bedeutung "entsprechend" - mit dem Synonym "augenblicklich" -, "gerade anwesend" bzw "gegenwärtig" - zB mit den Synonymen "aktuell, akut, derzeit, derzeitig, heute, jetzt, zeitweilig, momentan" - (vgl http://synonyme.woxikon.de/synonyme/jeweilig.php) oder "zu einer bestimmten Zeit gerade bestehend, herrschend, vorhanden, in einem bestimmten Einzelfall, Zusammenhang gerade bestehend, herrschend, vorhanden, vorliegend" (Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, Bd 5, 3. Aufl 1999, S 2005). Diese Worte beschreiben mehr oder weniger deutlich einen statischen, unveränderlichen Zustand. Insbesondere der Begriff "jeweilig" im Sinne von "gegenwärtig, heute" schließt eine Geltung der Bescheinigung für Folgearbeitgeber aus. Unter Zugrundelegung des Begriffs "jeweilig" im Sinne von "gegenwärtig, heute" erfasst die am 21.2.1985 ausgestellte Bescheinigung nur den Arbeitgeber, bei dem der Kläger an diesem Tag beschäftigt war, und damit auf keinen Fall die Beigeladene zu 2, für die der Kläger erst seit 1.10.2009 tätig ist. Ebenso wenig zwingt die weitere Formulierung der Bescheinigung, wonach diese "bei Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses dem Arbeitnehmer zurückzugeben" ist, zu der Annahme, dass der Arbeitnehmer die Bescheinigung auch Folgearbeitgebern auszuhändigen hat, was nur im Fall der Geltung der Befreiung für Folgebeschäftigungen Sinn ergäbe. Ausweislich der weiteren Verlautbarungen der Bescheinigung ist diese unter bestimmten Voraussetzungen "an die BfA zurückzugeben". Diese Rückgabepflicht kann mangels anderer Anhaltspunkte nur den Arbeitnehmer als Empfänger der dem Bescheid als Anlage beigefügten Bescheinigung treffen. Deren Rückgabe durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer ist demnach schon deshalb notwendig, damit dieser seiner gegenüber der BfA bestehenden Rückgabepflicht Folge leisten kann.

42

bb) Ausgehend von dem dargestellten Regelungsgehalt des Bescheides vom 21.2.1985 entfaltet dieser seit Aufgabe der im Antrag vom 2.1.1985 (Eingangsdatum) genannten Beschäftigung keine Rechtswirkungen mehr. Er ist vielmehr in diesem Zeitpunkt gemäß § 39 Abs 2 SGB X unwirksam geworden, weil er sich auf andere Weise erledigt hat(so bereits Beschluss des Senats vom 7.3.2018 - B 5 RE 3/17 R - Juris RdNr 36).

43

b) Eine bereits bestehende Befreiung des Klägers von der gesetzlichen Rentenversicherung ergibt sich auch nicht aus § 231 Abs 1 S 1 SGB VI, nach dem Personen, die am 31.12.1991 von der Versicherungspflicht befreit waren, in derselben Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit befreit bleiben. Bei der jetzigen Beschäftigung des Klägers handelt es sich schon deshalb nicht um "dieselbe Beschäftigung", die der ursprünglichen Befreiung von der Versicherungspflicht zugrunde lag, weil es sich bei der Beigeladenen zu 2 um eine andere Arbeitgeberin als die Universität M. handelt und daher auch ein anderes Arbeits- und "Beschäftigungsverhältnis" zu beurteilen ist (vgl BSG SozR 4-2600 § 231 Nr 5 RdNr 23).

44

c) Anhaltspunkte für ein schützenswertes Vertrauen des Klägers in den uneingeschränkten Fortbestand der ursprünglich erteilten Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sind nicht ersichtlich (vgl dazu allgemein BSG, aaO, RdNr 33 ff).

45

2. Ob die Klage auch begründet ist, lässt sich auf der Grundlage der vom LSG getroffenen Feststellungen nicht abschließend entscheiden. Nach § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI werden von der Versicherungspflicht befreit

        

Beschäftigte und selbstständig Tätige für die Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn

        

a)    

am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1.1.1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,

        

b)    

für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und

        

c)    

aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist.

46

Dabei hat gemäß § 6 Abs 3 S 1 SGB VI die zuständige oberste Verwaltungsbehörde die rechtlichen Anforderungen an die berufsständische Versorgungseinrichtung vor Entscheidung des Trägers der Rentenversicherung zu bestätigen(vgl BSGE 112, 108 = SozR 4-2600 § 6 Nr 9, RdNr 36; Gürtner in Kasseler Komm, § 6 SGB VI RdNr 30 - Stand September 2015).

47

a) Der Kläger ist nach den unangefochtenen und damit bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) abhängig iS von § 7 Abs 1 S 1 SGB IV beschäftigt. Er erbringt seit dem 1.10.2009 bei der Beigeladenen zu 2 als Verantwortlicher für Medizinprodukte, Arzneibuchfragen und Fachinformationen sowie als Qualitätsmanagementbeauftragter nicht selbstständige Arbeit in einem Arbeitsverhältnis.

48

b) Das LSG hat zudem festgestellt, dass der Kläger Pflichtmitglied der Landesapothekerkammer Hessen (Beigeladene zu 1) und damit einer berufsständischen Kammer ist. Rechtsgrundlage hierfür sind § 1 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 S 1 Nr 4 des Hess HeilBerG und § 2 Abs 1 S 1 der Satzung der Landesapothekerkammer Hessen, nach denen der Kammer grundsätzlich alle Apotheker und Apothekerinnen angehören, die ihren Beruf in Hessen ausüben. Das LSG hat darüber hinaus festgestellt, dass der Kläger Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung - oder Versorgungseinrichtung geworden ist. Der Beigeladene zu 3 ist als Versorgungswerk der Apotheker im Lande Hessen eine berufsständische Versorgungseinrichtung, deren Mitglieder nach § 12 Abs 1 S 1 Alt 1 der Satzung des Versorgungswerks der Landesapothekerkammer Hessen grundsätzlich alle Kammerangehörigen sind, die ihren Beruf in Hessen ausüben.

49

c) Nach der Beurteilung des LSG übt der Kläger auch eine befreiungsfähige Beschäftigung iS von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI aus.

50

aa) Eine Beschäftigung ist dann befreiungsfähig im Sinne der Norm, wenn wegen dieser Beschäftigung eine Pflichtmitgliedschaft in einer Versorgungseinrichtung und einer berufsständischen Kammer besteht. Dies ist anhand der einschlägigen versorgungs- und kammerrechtlichen Normen zu prüfen (BSGE 112, 108 = SozR 4-2600 § 6 Nr 9, RdNr 34; BSG Urteil vom 7.12.2017 - B 5 RE 10/16 R - SozR 4-2600 § 6 Nr 14 RdNr 14 f).

51

Ausgehend hiervon hat das LSG zur Prüfung der Befreiungsfähigkeit der vom Kläger ausgeübten Tätigkeit § 2 Abs 1 S 1 Nr 4 Hess HeilBerG und § 2 Abs 1 S 1 der Satzung der Landesapothekerkammer Hessen herangezogen, nach denen der Kammer grundsätzlich alle Apotheker und Apothekerinnen angehören, die in Hessen ihren Beruf ausüben. Ferner hat das Berufungsgericht auf § 5a Abs 1 Hess HeilBerG iVm § 12 Abs 1 S 1 Alt 1 der Satzung des Versorgungswerks der Landesapothekerkammer Hessen abgestellt, nach dem Mitglieder des Versorgungswerks grundsätzlich alle Kammerangehörigen sind, die ihren Beruf in Hessen ausüben. Zur Auslegung des in den landes- bzw satzungsrechtlichen Bestimmungen aufgeführten Kriteriums der "Ausübung des Berufs eines Apothekers" hat sich das LSG ergänzend auf § 1 Abs 1 S 2 der Berufsordnung der Landesapothekerkammer Hessen und § 2 Abs 3 BApO(in der bis zum 22.4.2016 geltenden Fassung) gestützt, der eine ausdrückliche Definition des Apothekerberufs enthält, sowie zusätzlich die seinerzeit geplante Änderung des § 2 Abs 3 BApO durch den Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 11.3.2016 (BR-Drucks 120/16) berücksichtigt, die mittlerweile Gesetz geworden ist (vgl § 2 BApO idF vom 20.12.2016 - BGBl I 3048). Unter Zugrundelegung der in der BApO bzw ihrer seinerzeit geplanten Neuregelung sowie der in der Berufsordnung definierten Maßstäbe einer pharmazeutischen Tätigkeit hat das LSG die vom Kläger bei der Beigeladenen zu 2 konkret ausgeübte Tätigkeit als Verantwortlicher für Medizinprodukte, Arzneibuchfragen und Fachinformationen sowie als Qualitätsmanagementbeauftragter als befreiungsfähig angesehen, weil Art und Inhalt dieser Beschäftigung jedenfalls teilweise berufsspezifisch für einen Apotheker seien.

52

(1) Dieses Ergebnis entzieht sich einer Überprüfung durch den Senat.

53

Die Prüfungskompetenz des Revisionsgerichts scheitert insoweit allerdings entgegen der Ansicht des Klägers nicht an bindenden Feststellungen des LSG. Die Annahme des Berufungsgerichts, dass der Kläger eine Tätigkeit als Apotheker ausübt, stellt keine Feststellung von Tatsachen, sondern eine rechtliche Schlussfolgerung aufgrund der Subsumtion bestimmter Tatsachen unter die herangezogenen Rechtsvorschriften dar.

54

Eine rechtliche Überprüfung des Subsumtionsschlusses des LSG scheidet aus, weil die Regelungen des Hess HeilBerG sowie der Satzungen der Landesapothekerkammer Hessen und des Versorgungswerks dieser Kammer dem nichtrevisiblen Landesrecht angehören. Zur Auslegung dieser landesrechtlichen Bestimmungen hat das Berufungsgericht zwar ua ergänzend Bundesrecht herangezogen. Dies führt jedoch nicht dazu, dass seine Auslegung des Landesrechts revisibel wird (vgl BSG SozR 3-6935 Allg Nr 1 S 3 mwN).

55

Verweisungen oder Bezugnahmen auf Bundesrecht ermöglichen die Revision nur dann, wenn eine solche Regelung kraft eines Gesetzesbefehls des Bundesgesetzgebers gilt (BVerwG Beschlüsse vom 24.3.1986 - BVerwG 7 B 35.86 - und vom 2.7.1990 - BVerwG 5 B 37.90 - Buchholz 310 § 137 VwGO Nr 132 und 160 mwN). Dies ist hier nicht der Fall.

56

Die BApO enthält keine Verpflichtung des Landesgesetzgebers, bei berufsständischen Regelungen den bundesrechtlichen Begriff der Berufsausübung des Apothekers zu verwenden, insbesondere diesen in jeder Hinsicht so wie das Bundesrecht abzugrenzen (vgl auch BVerwG Urteil vom 30.1.1996 - 1 C 9/93 - Juris RdNr 16 zur BApO idF vom 19.7.1989 - BGBl I 1478). Die BApO regelt insbesondere, welche Tätigkeiten die Approbation als Apotheker erfordern und welche Voraussetzungen für die Erteilung der Approbation erfüllt sein müssen. Dementsprechend bezieht sich § 2 BApO auf die Berufszulassung(vgl Nomos-BR/Haage BApoO/Heinz Haage, 2. Aufl 2016, BApO § 2 RdNr 1). Ebenso wenig betreffen die übrigen Bestimmungen der BApO Regelungsbereiche berufsständischer Art wie das Kammerrecht (vgl auch BVerwG, aaO, RdNr 13 zur BApO idF vom 19.7.1989 - BGBl I 1478). Insoweit kommt es nicht darauf an, ob die Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art 74 Abs 1 Nr 19 GG auch kammerrechtliche Regelungen für Apotheker ermöglicht, seitdem durch das Gesetz zur Änderung des GG vom 28.8.2006 (BGBl I 2034) mit Wirkung zum 1.9.2006 Art 74 geändert und in Abs 1 Nr 19 "das Recht des Apothekenwesens" eingefügt worden ist, um "eine umfassende, nicht auf die Zulassung oder heilende Aspekte beschränkte Regelung dieses Rechtsgebiets" zu ermöglichen (BT-Drucks 16/813 S 13; für eine kammerrechtliche Fragen umfassende Regelungskompetenz: Bonner Komm zum GG, Art 74 Abs 1 Nr 19 RdNr 19 sowie Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/ Henneke, GG, 14. Aufl 2018, Art 74 RdNr 250; aA wohl Kluth in ders, Föderalismusreformgesetz, 2007, Art 74 RdNr 8). Jedenfalls hat der Bundesgesetzgeber solche Regelungen nicht getroffen, sodass die Bundesländer insoweit zur Gesetzgebung weiterhin befugt sind (Art 72 Abs 1 GG). Dementsprechend ist der Landesgesetzgeber bei der Bestimmung des Personenkreises, auf den sich der Wirkungskreis der Landesapothekerkammer erstrecken soll, und der Bestimmung dessen, wann Berufsangehörige im Sinne des Kammerrechts ihren Beruf ausüben, nicht an den bundesrechtlichen Begriff der BApO rechtlich gebunden, kann also die Abgrenzungen eigenständig vornehmen (vgl BVerwG, aaO, RdNr 17 zur BApO idF vom 19.7.1989 - BGBl I 1478). Die Heranziehung von Bundesrecht durch das Berufungsgericht stellt sich mithin lediglich als eine zulässige Interpretationshilfe dar, die jedoch nichts daran ändert, dass das ausgelegte Merkmal der Berufsausübung des Apothekers dem Landesrecht angehört und damit nicht revisibel ist (vgl BVerwG aaO).

57

Mit dieser Auffassung weicht der Senat nicht von der Entscheidung des 3. Senats vom 10.3.2011 (B 3 KS 2/10 R - BSGE 108, 8 = SozR 4-5425 § 4 Nr 1, RdNr 17) ab, in der ausgeführt ist, dass die Auslegung von Landesrecht das Revisionsgericht nicht bindet, wenn sie gegen Bundesrecht verstößt, was ua der Fall sei, wenn das LSG bei der Gesetzesauslegung bundesrechtliche Normen herangezogen habe, die den ihnen beigelegten Regelungsgehalt nicht aufwiesen. Diese Ausführungen sind nicht dahin zu verstehen, dass bei einer bloßen Heranziehung von Bundesrecht als Interpretationshilfe für Landesrecht die bundesrechtliche Norm auf ihr richtiges Verständnis durch das LSG vom Revisionsgericht überprüfbar wäre, was verneinendenfalls die Revisibilität von Landesrecht zur Folge hätte. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass der 3. Senat in der genannten Entscheidung (aaO) selbst ausführt, ein Verstoß gegen Bundesrecht liege nicht bereits dann vor, wenn das Revisionsgericht aus seiner Sicht zu einer anderen Gesetzesauslegung kommen würde, und zum anderen aus dem in Bezug genommenen Urteil des BSG vom 3.11.1993 (14b REg 6/93 - SozR 3-6935 Allg Nr 1 S 3). Auch dort ist - unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BVerwG - hervorgehoben, dass keine Revisibilität vorliegt, wenn das Tatsachengericht Bundesrecht lediglich zur Ergänzung lückenhafter landesrechtlicher Regelungen herangezogen hat. Eine Revisibilität von Landesrecht ist im dort entschiedenen Fall bejaht worden, weil das Tatsachengericht den geltend gemachten Rechtsanspruch entgegen dem klaren Wortlaut der einschlägigen landesrechtlichen Bestimmungen aus zwingenden Bestimmungen des europäischen Gemeinschaftsrechts und damit Bundesrecht zu Unrecht abgeleitet hat. Um einen solchen Sachverhalt geht es vorliegend nicht. Insbesondere hat das LSG nicht entgegen dem Wortlaut der maßgeblichen landesrechtlichen Vorschriften einen Befreiungsanspruch des Klägers aus bundesrechtlichen Normen abgeleitet. Es ist nochmals zu betonen, dass das Berufungsgericht ausgeführt hat, die einschlägigen "landesrechtlichen bzw. satzungsrechtlichen Bestimmungen knüpfen an das Kriterium der Ausübung des Berufs eines Apothekers an", dessen Definition es § 2 Abs 3 BApO entnommen hat. Ferner hat das LSG erklärt, dass ua "unter Zugrundelegung des durch … die Berufsordnung (der Landesapothekerkammer Hessen) definierten Maßstabs einer pharmazeutischen Tätigkeit … die von dem Kläger bei der Beigeladenen zu 2 konkret ausgeübte Tätigkeit … befreiungsfähig i.S.v. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI …" ist.

58

(2) Der revisionsgerichtlichen Prüfung unterliegt allerdings, ob die Anwendung des Landesrechts in der Auslegung durch das Berufungsgericht Bundesrecht, insbesondere Verfassungsrecht verletzt. Dies ist der Fall, wenn das Berufungsgericht den Rahmen der Gesetzesauslegung überschritten und die Bindung an Gesetz und Recht (Art 20 Abs 3 GG) willkürlich missachtet hat (vgl BSGE 108, 8 = SozR 4-5425 § 4 Nr 1, RdNr 17).

59

Hierfür sind keine Anhaltspunkte ersichtlich.

60

Es ist nicht erkennbar, dass das LSG willkürlich nicht die im Zeitpunkt der Berufungsentscheidung vom 28.4.2016 geltende und damit für die Zeit ab dem Datum ihres Inkrafttretens maßgebliche Fassung des § 2 Abs 3 BApO vom 18.4.2016, sondern ausschließlich die am 22.4.2016 außer Kraft getretene Fassung der Vorschrift seinem Urteil zugrunde gelegt hat (vgl zum maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei einer Verpflichtungsklage Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 54 RdNr 34 mwN). Unter Berücksichtigung der notwendigen Vorbereitungszeit für eine zweitinstanzliche mündliche Verhandlung, insbesondere der erforderlichen Zeit für die Erstellung eines Entscheidungsvorschlags, drängt sich vielmehr geradezu auf, dass die (ausschließliche) Anwendung einer Gesetzesfassung, die sechs Tage vor der Entscheidung außer Kraft getreten ist, versehentlich erfolgt bzw das Außerkrafttreten der alten Fassung übersehen worden ist. Ebenso wenig bestehen Anhaltspunkte für eine willkürliche Fehlinterpretation des Wortlauts des § 2 Abs 3 BApO durch das LSG, das aus dem Wort "insbesondere" geschlossen hat, dass die Vorschrift keine abschließende Aufzählung pharmazeutischer Tätigkeiten enthält und die von ihr erfasste Berufsausübung nicht ausschließlich unter der Bezeichnung "Apotheker" oder "Apothekerin" erfolgen muss, zumal sich der 5. Senat des LSG für dieses Verständnis auf den Beschluss eines anderen Senats des Hessischen LSG stützen konnte (vgl Hessisches LSG Beschluss vom 17.11.2011 - L 8 KR 77/11 B ER - Juris RdNr 35). Auch lässt die Heranziehung weiterer Sachargumente - wie zB die Berücksichtigung der seinerzeit geplanten Änderung des § 2 Abs 3 BApO in Gestalt der ausdrücklichen Benennung weiterer Tätigkeitsbereiche für Apotheker unter Beibehaltung des Wortes "insbesondere" sowie der Ausbildungsinhalte des Studiums der Pharmazie - die Schlussfolgerung auf eine willkürliche Gesetzesauslegung nicht zu.

61

bb) Schließlich verlangt § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI entgegen der Ansicht der Beklagten nicht, dass die Tätigkeit, für die eine Befreiung von der Versicherungspflicht erteilt werden kann, eine "approbationspflichtige" Tätigkeit - hier iS des § 2 BApO - ist. Dies ergibt sich weder aus dem Wortlaut oder der Gesetzeshistorie der Norm, noch sprechen sonstige Erwägungen für ein solches Normverständnis (vgl hierzu ausführlich Urteil des 5. Senats vom 7.12.2017 - B 5 RE 10/16 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2600 § 6 Nr 14 vorgesehen). Der Bundesgesetzgeber hat sich vielmehr bei der Ausübung seiner entsprechenden Gesetzeskompetenz aus Art 74 Abs 1 Nr 12 GG auf die Inkorporation der landesrechtlichen Normen zum Kammer- und Versorgungsrecht beschränkt.

62

d) Dagegen kann auf der Grundlage der tatrichterlichen Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden, ob der Kläger aufgrund seiner entgeltlichen Beschäftigung auch (renten)versicherungspflichtig ist (§ 1 S 1 Nr 1 Halbs 1 Alt 1 SGB VI), weil Feststellungen zu den Voraussetzungen einer Versicherungsfreiheit wegen Entgeltgeringfügigkeit (§ 5 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB VI in der bis zum 31.12.2012 geltenden Fassung iVm § 8 Abs 1 SGB IV und § 230 Abs 8 SGB VI bzw § 5 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB VI in der ab 1.1.2013 geltenden Fassung iVm § 8 Abs 1 Nr 2 SGB IV) fehlen. Ebenso fehlen Feststellungen zu den Tatbestandsvoraussetzungen von § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 Buchst a bis c iVm Abs 3 S 1 SGB VI.

63

Diese Feststellungen sind auch nicht deswegen entbehrlich, weil nach den Ausführungen des LSG allein "streitig" ist, ob der Kläger eine befreiungsfähige Beschäftigung iS des § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB VI ausübt und die weiteren Voraussetzungen der Norm "unstreitig" vorliegen. Das sozialgerichtliche Verfahren wird nach wie vor vom Amtsermittlungsgrundsatz (§ 103 SGG) beherrscht, dem ein streitiges bzw unstreitiges Vorbringen der Beteiligten fremd ist. Die SGe haben dementsprechend einen angegriffenen VA unabhängig von dem Vorbringen der Beteiligten unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt zu prüfen. Initiativen des Bundesrates für eine "Einschränkung des Streitstoffs" durch übereinstimmende Erklärungen der Beteiligten, die überdies nur Höhenverfahren betreffen (vgl Gesetzesentwurf des Bundesrates zur Änderung des SGG vom 28.6.2016 - BR-Drucks 18/8971 Anl 1 S 5, 7, 9; vgl auch Plenarprotokoll 964 über die Sitzung des Bundesrates vom 2.2.2018 S 10 ), sind bislang nicht Gesetz geworden (vgl Beschluss des Bundesrates vom 2.2.2018 über die erneute Einbringung des Entwurfs eines … Gesetzes zur Änderung des SGG beim Deutschen Bundestag - BR-Drucks 29/18).

64

In dem wieder eröffneten Berufungsverfahren wird das LSG die noch nicht geklärten Tatsachen festzustellen haben.

65

Die Kostenentscheidung bleibt einer Entscheidung durch das LSG vorbehalten.

(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.
Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
a)
am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
b)
für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
c)
aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist,
2.
Lehrer oder Erzieher, die an nicht-öffentlichen Schulen beschäftigt sind, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist und wenn diese Personen die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 erfüllen,
3.
nichtdeutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben,
4.
Gewerbetreibende in Handwerksbetrieben, wenn für sie mindestens 18 Jahre lang Pflichtbeiträge gezahlt worden sind.
Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag als entstanden, an dem das die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt ist, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 1. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Satz 1 Nr. 1 gilt nicht für die in Satz 1 Nr. 4 genannten Personen.

(1a) Personen, die nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig sind, werden von der Versicherungspflicht befreit

1.
für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt,
2.
nach Vollendung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig werden.
Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend für die Aufnahme einer zweiten selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt. Eine Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit liegt nicht vor, wenn eine bestehende selbständige Existenz lediglich umbenannt oder deren Geschäftszweck gegenüber der vorangegangenen nicht wesentlich verändert worden ist.

(1b) Personen, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches ausüben, werden auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit. Der schriftliche oder elektronische Befreiungsantrag ist dem Arbeitgeber zu übergeben. § 8 Absatz 2 des Vierten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Zusammenrechnung mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung nur erfolgt, wenn diese versicherungspflichtig ist. Der Antrag kann bei mehreren geringfügigen Beschäftigungen nur einheitlich gestellt werden und ist für die Dauer der Beschäftigungen bindend. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Rahmen betrieblicher Berufsbildung, nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz, nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder nach § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 beschäftigt sind oder von der Möglichkeit einer stufenweisen Wiederaufnahme einer nicht geringfügigen Tätigkeit (§ 74 des Fünften Buches) Gebrauch machen.

(2) Die Befreiung erfolgt auf Antrag des Versicherten, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 auf Antrag des Arbeitgebers. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Versicherte den Antrag elektronisch über die zuständige berufsständische Versorgungseinrichtung zu stellen. Diese leitet den Antrag durch Datenübertragung an den Träger der Rentenversicherung zusammen mit den Bestätigungen über das Vorliegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, über das Bestehen einer Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer und über die Pflicht zur Zahlung einkommensbezogener Beiträge zur Entscheidung unverzüglich weiter. Der Träger der Rentenversicherung teilt seine Entscheidung dem Antragsteller in Textform und der den Antrag weiterleitenden berufsständischen Versorgungseinrichtung elektronisch mit. Der Eingang des Antrags bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung ist für die Wahrung der in Absatz 4 bestimmten Frist maßgeblich. Der Datenaustausch erfolgt über die Annahmestelle der berufsständischen Versorgungseinrichtungen und die Datenstelle der Rentenversicherung. Die technische Ausgestaltung des Verfahrens regeln die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e. V. in gemeinsamen Grundsätzen, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu genehmigen sind.

(3) Über die Befreiung entscheidet der Träger der Rentenversicherung. Abweichend von Satz 1 entscheidet in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Deutsche Rentenversicherung Bund, nachdem das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt worden ist

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 von der für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde und
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 von der obersten Verwaltungsbehörde desjenigen Landes, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat.
In den Fällen des Absatzes 1b gilt die Befreiung als erteilt, wenn die nach § 28i Satz 5 des Vierten Buches zuständige Einzugsstelle nicht innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches dem Befreiungsantrag des Beschäftigten widerspricht. Die Vorschriften des Zehnten Buches über die Bestandskraft von Verwaltungsakten und über das Rechtsbehelfsverfahren gelten entsprechend.

(4) Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. In den Fällen des Absatzes 1b wirkt die Befreiung bei Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches bei der zuständigen Einzugsstelle rückwirkend vom Beginn des Monats, in dem der Antrag des Beschäftigten dem Arbeitgeber zugegangen ist, wenn der Arbeitgeber den Befreiungsantrag der Einzugsstelle mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens aber innerhalb von sechs Wochen nach Zugang, gemeldet und die Einzugsstelle innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nicht widersprochen hat. Erfolgt die Meldung des Arbeitgebers später, wirkt die Befreiung vom Beginn des auf den Ablauf der Widerspruchsfrist nach Absatz 3 folgenden Monats. In den Fällen, in denen bei einer Mehrfachbeschäftigung die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen, hat die Einzugsstelle die weiteren Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Wirkung der Befreiung unverzüglich durch eine Meldung zu unterrichten.

(5) Die Befreiung ist auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

Das Bundessozialgericht hat zu prüfen, ob die Revision statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Revision als unzulässig zu verwerfen. Die Verwerfung ohne mündliche Verhandlung erfolgt durch Beschluß ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Beteiligte am Verfahren sind
1. der Kläger,
2. der Beklagte,
3. der Beigeladene.

(1) Das Gericht kann von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren berechtigte Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen. In Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ist die Bundesrepublik Deutschland auf Antrag beizuladen.

(2) Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann oder ergibt sich im Verfahren, daß bei der Ablehnung des Anspruchs ein anderer Versicherungsträger, ein Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende, ein Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, ein Träger der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ein Land als leistungspflichtig in Betracht kommt, so sind sie beizuladen.

(2a) Kommt nach Absatz 2 erste Alternative die Beiladung von mehr als 20 Personen in Betracht, kann das Gericht durch Beschluss anordnen, dass nur solche Personen beigeladen werden, die dies innerhalb einer bestimmten Frist beantragen. Der Beschluss ist unanfechtbar. Er ist im Bundesanzeiger bekannt zu machen. Er muss außerdem in im gesamten Bundesgebiet verbreiteten Tageszeitungen veröffentlicht werden. Die Bekanntmachung kann zusätzlich in einem von dem Gericht für Bekanntmachungen bestimmten Informations- und Kommunikationssystem erfolgen. Die Frist muss mindestens drei Monate seit der Bekanntgabe betragen. Es ist jeweils anzugeben, an welchem Tag die Antragsfrist abläuft. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Fristversäumnis gilt § 67 entsprechend. Das Gericht soll Personen, die von der Entscheidung erkennbar in besonderem Maße betroffen werden, auch ohne Antrag beiladen.

(2b) In Verfahren gegen Entscheidungen nach § 7a Absatz 1 Satz 3, § 28h Absatz 2 und § 28p Absatz 1 Satz 5 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch sind andere Versicherungsträger abweichend von Absatz 2 nur auf deren Antrag beizuladen. Das Gericht benachrichtigt die anderen Versicherungsträger über die Erhebung einer entsprechenden Klage und über die Möglichkeit der Beiladung auf Antrag. Das Gericht setzt den anderen Versicherungsträgern für die Antragstellung eine angemessene Frist. Für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Fristversäumnis gilt § 67 entsprechend. Das Gericht kann Versicherungsträger auch von Amts wegen beiladen.

(3) Der Beiladungsbeschluß ist allen Beteiligten zuzustellen. Dabei sollen der Stand der Sache und der Grund der Beiladung angegeben werden. Der Beschluß, den Dritten beizuladen, ist unanfechtbar.

(4) Der Beigeladene kann innerhalb der Anträge der anderen Beteiligten selbständig Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend machen und alle Verfahrenshandlungen wirksam vornehmen. Abweichende Sachanträge kann er nur dann stellen, wenn eine Beiladung nach Absatz 2 vorliegt.

(5) Ein Versicherungsträger, ein Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende, ein Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, ein Träger der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ein Land kann nach Beiladung verurteilt werden.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,

1.
die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger,
2.
im Falle des § 75 Absatz 2a die Personen und im Falle des § 75 Absatz 2b die Versicherungsträger, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

(2) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, so ist die Entscheidung, daß die Gegenforderung nicht besteht, bis zur Höhe des Betrags der Rechtskraft fähig, für den die Aufrechnung geltend gemacht worden ist.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(1) Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,

1.
die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger,
2.
im Falle des § 75 Absatz 2a die Personen und im Falle des § 75 Absatz 2b die Versicherungsträger, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

(2) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, so ist die Entscheidung, daß die Gegenforderung nicht besteht, bis zur Höhe des Betrags der Rechtskraft fähig, für den die Aufrechnung geltend gemacht worden ist.

Beteiligte am Verfahren sind
1. der Kläger,
2. der Beklagte,
3. der Beigeladene.

(1) Die Nichtzulassung der Revision kann selbständig durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen. Der Beschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urteils, gegen das die Revision eingelegt werden soll, beigefügt werden. Satz 3 gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden einmal bis zu einem Monat verlängert werden. In der Begründung muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung, von der das Urteil des Landessozialgerichts abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

(3) Die Einlegung der Beschwerde hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(4) Das Bundessozialgericht entscheidet unter Zuziehung der ehrenamtlichen Richter durch Beschluss; § 169 gilt entsprechend. Dem Beschluß soll eine kurze Begründung beigefügt werden; von einer Begründung kann abgesehen werden, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen. Mit der Ablehnung der Beschwerde durch das Bundessozialgericht wird das Urteil rechtskräftig. Wird der Beschwerde stattgegeben, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Revisionsfrist.

(5) Liegen die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 3 vor, kann das Bundessozialgericht in dem Beschluss das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen.

(1) Für die Zahlung der Beiträge von Versicherungspflichtigen aus Arbeitsentgelt und von Hausgewerbetreibenden gelten die Vorschriften über den Gesamtsozialversicherungsbeitrag (§§ 28d bis 28n und 28r Viertes Buch).

(2) Für die Beitragszahlung

1.
aus dem Arbeitseinkommen von Seelotsen,
2.
aus Vorruhestandsgeld,
3.
aus der maßgebenden beitragspflichtigen Einnahme für Entwicklungshelfer, für Personen, die für eine begrenzte Zeit im Ausland beschäftigt sind, für sekundierte Personen oder für die sonstigen im Ausland beschäftigten Personen
gilt Absatz 1 entsprechend.

(3) Für die Beitragszahlung nach Absatz 2 gelten als Arbeitgeber

1.
die Lotsenbrüderschaften,
2.
die zur Zahlung des Vorruhestandsgeldes Verpflichteten,
3.
die antragstellenden Stellen.

(1) Den Gesamtsozialversicherungsbeitrag hat der Arbeitgeber und in den Fällen der nach § 7f Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 auf die Deutsche Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben die Deutsche Rentenversicherung Bund zu zahlen. Die Zahlung des vom Beschäftigten zu tragenden Teils des Gesamtsozialversicherungsbeitrags gilt als aus dem Vermögen des Beschäftigten erbracht. Ist ein Träger der Kranken- oder Rentenversicherung oder die Bundesagentur für Arbeit der Arbeitgeber, gilt der jeweils für diesen Leistungsträger oder, wenn eine Krankenkasse der Arbeitgeber ist, auch der für die Pflegekasse bestimmte Anteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag als gezahlt; dies gilt für die Beiträge zur Rentenversicherung auch im Verhältnis der Träger der Rentenversicherung untereinander.

(2) Für die Erfüllung der Zahlungspflicht des Arbeitgebers haftet bei einem wirksamen Vertrag der Entleiher wie ein selbstschuldnerischer Bürge, soweit ihm Arbeitnehmer gegen Vergütung zur Arbeitsleistung überlassen worden sind. Er kann die Zahlung verweigern, solange die Einzugsstelle den Arbeitgeber nicht gemahnt hat und die Mahnfrist nicht abgelaufen ist. Zahlt der Verleiher das vereinbarte Arbeitsentgelt oder Teile des Arbeitsentgelts an den Leiharbeitnehmer, obwohl der Vertrag nach § 9 Absatz 1 Nummer 1 bis 1b des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes unwirksam ist, so hat er auch den hierauf entfallenden Gesamtsozialversicherungsbeitrag an die Einzugsstelle zu zahlen. Hinsichtlich der Zahlungspflicht nach Satz 3 gilt der Verleiher neben dem Entleiher als Arbeitgeber; beide haften insoweit als Gesamtschuldner.

(2a) Für die Erfüllung der Zahlungspflicht, die sich für den Arbeitgeber knappschaftlicher Arbeiten im Sinne von § 134 Absatz 4 des Sechsten Buches ergibt, haftet der Arbeitgeber des Bergwerkbetriebes, mit dem die Arbeiten räumlich und betrieblich zusammenhängen, wie ein selbstschuldnerischer Bürge. Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

(3) Für die Erfüllung der Zahlungspflicht des Arbeitgebers von Seeleuten nach § 13 Absatz 1 Satz 2 haften Arbeitgeber und Reeder als Gesamtschuldner.

(3a) Ein Unternehmer des Baugewerbes, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Bauleistungen im Sinne des § 101 Absatz 2 des Dritten Buches beauftragt, haftet für die Erfüllung der Zahlungspflicht dieses Unternehmers oder eines von diesem Unternehmer beauftragten Verleihers wie ein selbstschuldnerischer Bürge. Satz 1 gilt entsprechend für die vom Nachunternehmer gegenüber ausländischen Sozialversicherungsträgern abzuführenden Beiträge. Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

(3b) Die Haftung nach Absatz 3a entfällt, wenn der Unternehmer nachweist, dass er ohne eigenes Verschulden davon ausgehen konnte, dass der Nachunternehmer oder ein von ihm beauftragter Verleiher seine Zahlungspflicht erfüllt. Ein Verschulden des Unternehmers ist ausgeschlossen, soweit und solange er Fachkunde, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit des Nachunternehmers oder des von diesem beauftragten Verleihers durch eine Präqualifikation nachweist, die die Eignungsvoraussetzungen nach § 6a der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil A in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Januar 2019 (BAnz. AT 19.02.2019 B2) erfüllt.

(3c) Ein Unternehmer, der Bauleistungen im Auftrag eines anderen Unternehmers erbringt, ist verpflichtet, auf Verlangen der Einzugstelle Firma und Anschrift dieses Unternehmers mitzuteilen. Kann der Auskunftsanspruch nach Satz 1 nicht durchgesetzt werden, hat ein Unternehmer, der einen Gesamtauftrag für die Erbringung von Bauleistungen für ein Bauwerk erhält, der Einzugsstelle auf Verlangen Firma und Anschrift aller Unternehmer, die von ihm mit der Erbringung von Bauleistungen beauftragt wurden, zu benennen.

(3d) Absatz 3a gilt ab einem geschätzten Gesamtwert aller für ein Bauwerk in Auftrag gegebenen Bauleistungen von 275 000 Euro, wobei für Schätzungen die Vergabeverordnung vom 12. April 2016 (BGBl. I S. 624) in der jeweils geltenden Fassung gilt.

(3e) Die Haftung des Unternehmers nach Absatz 3a erstreckt sich in Abweichung von der dort getroffenen Regelung auf das von dem Nachunternehmer beauftragte nächste Unternehmen, wenn die Beauftragung des unmittelbaren Nachunternehmers bei verständiger Würdigung der Gesamtumstände als ein Rechtsgeschäft anzusehen ist, dessen Ziel vor allem die Auflösung der Haftung nach Absatz 3a ist. Maßgeblich für die Würdigung ist die Verkehrsanschauung im Baubereich. Ein Rechtsgeschäft im Sinne dieser Vorschrift, das als Umgehungstatbestand anzusehen ist, ist in der Regel anzunehmen,

a)
wenn der unmittelbare Nachunternehmer weder selbst eigene Bauleistungen noch planerische oder kaufmännische Leistungen erbringt oder
b)
wenn der unmittelbare Nachunternehmer weder technisches noch planerisches oder kaufmännisches Fachpersonal in nennenswertem Umfang beschäftigt oder
c)
wenn der unmittelbare Nachunternehmer in einem gesellschaftsrechtlichen Abhängigkeitsverhältnis zum Hauptunternehmer steht.
Besonderer Prüfung bedürfen die Umstände des Einzelfalles vor allem in den Fällen, in denen der unmittelbare Nachunternehmer seinen handelsrechtlichen Sitz außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums hat.

(3f) Der Unternehmer kann den Nachweis nach Absatz 3b Satz 2 anstelle der Präqualifikation auch für den Zeitraum des Auftragsverhältnisses durch Vorlage von lückenlosen Unbedenklichkeitsbescheinigungen der zuständigen Einzugsstellen für den Nachunternehmer oder den von diesem beauftragten Verleiher erbringen. Die Unbedenklichkeitsbescheinigung enthält Angaben über die ordnungsgemäße Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge und die Zahl der gemeldeten Beschäftigten.

(3g) Für einen Unternehmer im Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbe, der im Bereich der Kurier-, Express- und Paketdienste tätig ist und der einen anderen Unternehmer mit der Beförderung von Paketen beauftragt, gelten die Absätze 3a, 3b Satz 1, 3e und 3f entsprechend. Absatz 3b Satz 2 gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass die Präqualifikation die Voraussetzung erfüllt, dass der Nachunternehmer in einem amtlichen Verzeichnis eingetragen ist oder über eine Zertifizierung verfügt, die jeweils den Anforderungen des Artikels 64 der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG (ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 65), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2017/2365 (ABl. L 337 vom 19.12.2017, S. 19) geändert worden ist, entsprechen. Für einen Unternehmer, der im Auftrag eines anderen Unternehmers Pakete befördert, gilt Absatz 3c entsprechend. Beförderung von Paketen im Sinne dieses Buches ist

a)
die Beförderung adressierter Pakete mit einem Einzelgewicht von bis zu 32 Kilogramm, soweit diese mit Kraftfahrzeugen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von bis zu 3,5 Tonnen erfolgt,
b)
die stationäre Bearbeitung von adressierten Paketen bis zu 32 Kilogramm mit Ausnahme der Bearbeitung im Filialbereich.

(3h) Die Bundesregierung berichtet unter Beteiligung des Normenkontrollrates zum 31. Dezember 2023 über die Wirksamkeit und Reichweite der Haftung für Sozialversicherungsbeiträge für die Unternehmer im Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbe, die im Bereich der Kurier-, Express- und Paketdienste tätig sind und einen anderen Unternehmer mit der Beförderung von Paketen beauftragen, insbesondere über die Haftungsfreistellung nach Absatz 3b und Absatz 3f Satz 1.

(4) Die Haftung umfasst die Beiträge und Säumniszuschläge, die infolge der Pflichtverletzung zu zahlen sind, sowie die Zinsen für gestundete Beiträge (Beitragsansprüche).

(5) Die Satzung der Einzugsstelle kann bestimmen, unter welchen Voraussetzungen vom Arbeitgeber Vorschüsse auf den Gesamtsozialversicherungsbeitrag verlangt werden können.

(1) Die Beiträge werden getragen

1.
bei Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt werden, von den Versicherten und von den Arbeitgebern je zur Hälfte,
1a.
bei Arbeitnehmern, die Kurzarbeitergeld beziehen, vom Arbeitgeber,
1b.
bei Personen, die gegen Arbeitsentgelt geringfügig versicherungspflichtig beschäftigt werden, von den Arbeitgebern in Höhe des Betrages, der 15 vom Hundert des der Beschäftigung zugrunde liegenden Arbeitsentgelts entspricht, im Übrigen vom Versicherten,
1c.
bei Personen, die gegen Arbeitsentgelt in Privathaushalten geringfügig versicherungspflichtig beschäftigt werden, von den Arbeitgebern in Höhe des Betrages, der 5 vom Hundert des der Beschäftigung zugrunde liegenden Arbeitsentgelts entspricht, im Übrigen vom Versicherten,
1d.
bei Beschäftigten, deren beitragspflichtige Einnahme sich nach § 163 Absatz 7 bestimmt, von den Beschäftigten in Höhe der Hälfte des Betrages, der sich ergibt, wenn der Beitragssatz auf die nach Maßgabe von § 20 Absatz 2a Satz 6 des Vierten Buches ermittelte beitragspflichtige Einnahme angewendet wird, im Übrigen von den Arbeitgebern,
2.
bei behinderten Menschen von den Trägern der Einrichtung oder dem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches, wenn ein Arbeitsentgelt nicht bezogen wird oder das monatliche Arbeitsentgelt 20 vom Hundert der monatlichen Bezugsgröße nicht übersteigt, sowie für den Betrag zwischen dem monatlichen Arbeitsentgelt und 80 vom Hundert der monatlichen Bezugsgröße, wenn das monatliche Arbeitsentgelt 80 vom Hundert der monatlichen Bezugsgröße nicht übersteigt, im Übrigen von den Versicherten und den Trägern der Einrichtung oder dem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches je zur Hälfte,
2a.
bei behinderten Menschen, die im Anschluss an eine Beschäftigung in einer nach dem Neunten Buch anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen oder nach einer Beschäftigung bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches in einem Inklusionsbetrieb (§ 215 des Neunten Buches) beschäftigt sind, von den Trägern der Inklusionsbetriebe für den Betrag zwischen dem monatlichen Arbeitsentgelt und 80 vom Hundert der monatlichen Bezugsgröße, wenn das monatliche Arbeitsentgelt 80 vom Hundert der monatlichen Bezugsgröße nicht übersteigt, im Übrigen von den Versicherten und den Trägern der Inklusionsbetriebe je zur Hälfte,
3.
bei Personen, die für eine Erwerbstätigkeit befähigt werden sollen, von den Trägern der Einrichtung,
3a.
bei behinderten Menschen während der individuellen betrieblichen Qualifizierung im Rahmen der Unterstützten Beschäftigung nach § 55 des Neunten Buches von dem zuständigen Rehabilitationsträger,
4.
bei Mitgliedern geistlicher Genossenschaften, Diakonissen und Angehörigen ähnlicher Gemeinschaften von den Genossenschaften oder Gemeinschaften, wenn das monatliche Arbeitsentgelt 40 vom Hundert der monatlichen Bezugsgröße nicht übersteigt, im Übrigen von den Mitgliedern und den Genossenschaften oder Gemeinschaften je zur Hälfte,
5.
bei Arbeitnehmern, die ehrenamtlich tätig sind, für den Unterschiedsbetrag von ihnen selbst,
6.
bei Arbeitnehmern, die nach dem Altersteilzeitgesetz Aufstockungsbeträge zum Arbeitsentgelt erhalten, für die sich nach § 163 Abs. 5 Satz 1 ergebende beitragspflichtige Einnahme von den Arbeitgebern,
7.
bei Arbeitnehmern, die nach dem Altersteilzeitgesetz Aufstockungsbeträge zum Krankengeld, Versorgungskrankengeld, Verletztengeld, Übergangsgeld oder Krankentagegeld erhalten, für die sich nach § 163 Abs. 5 Satz 2 ergebende beitragspflichtige Einnahme
a)
von der Bundesagentur oder, im Fall der Leistungserbringung nach § 10 Abs. 2 Satz 2 des Altersteilzeitgesetzes, von den Arbeitgebern, wenn die Voraussetzungen des § 4 des Altersteilzeitgesetzes vorliegen,
b)
von den Arbeitgebern, wenn die Voraussetzungen des § 4 des Altersteilzeitgesetzes nicht vorliegen.

(2) Wird infolge einmalig gezahlten Arbeitsentgelts die in Absatz 1 Nr. 2 genannte Grenze von 20 vom Hundert der monatlichen Bezugsgröße überschritten, tragen die Versicherten und die Arbeitgeber die Beiträge von dem diese Grenze übersteigenden Teil des Arbeitsentgelts jeweils zur Hälfte; im Übrigen tragen die Arbeitgeber den Beitrag allein.

(3) Personen, die in der knappschaftlichen Rentenversicherung versichert sind, tragen die Beiträge in Höhe des Vomhundertsatzes, den sie zu tragen hätten, wenn sie in der allgemeinen Rentenversicherung versichert wären; im Übrigen tragen die Arbeitgeber die Beiträge.

Der Arbeitgeber und in den Fällen der nach § 7f Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 auf die Deutsche Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben die Deutsche Rentenversicherung Bund hat gegen den Beschäftigten einen Anspruch auf den vom Beschäftigten zu tragenden Teil des Gesamtsozialversicherungsbeitrags. Dieser Anspruch kann nur durch Abzug vom Arbeitsentgelt geltend gemacht werden. Ein unterbliebener Abzug darf nur bei den drei nächsten Lohn- oder Gehaltszahlungen nachgeholt werden, danach nur dann, wenn der Abzug ohne Verschulden des Arbeitgebers unterblieben ist. Die Sätze 2 und 3 gelten nicht, wenn der Beschäftigte seinen Pflichten nach § 28o Absatz 1 vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachkommt oder er den Gesamtsozialversicherungsbeitrag allein trägt oder solange der Beschäftigte nur Sachbezüge erhält.

(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.
Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
a)
am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
b)
für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
c)
aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist,
2.
Lehrer oder Erzieher, die an nicht-öffentlichen Schulen beschäftigt sind, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist und wenn diese Personen die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 erfüllen,
3.
nichtdeutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben,
4.
Gewerbetreibende in Handwerksbetrieben, wenn für sie mindestens 18 Jahre lang Pflichtbeiträge gezahlt worden sind.
Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag als entstanden, an dem das die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt ist, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 1. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Satz 1 Nr. 1 gilt nicht für die in Satz 1 Nr. 4 genannten Personen.

(1a) Personen, die nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig sind, werden von der Versicherungspflicht befreit

1.
für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt,
2.
nach Vollendung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig werden.
Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend für die Aufnahme einer zweiten selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt. Eine Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit liegt nicht vor, wenn eine bestehende selbständige Existenz lediglich umbenannt oder deren Geschäftszweck gegenüber der vorangegangenen nicht wesentlich verändert worden ist.

(1b) Personen, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches ausüben, werden auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit. Der schriftliche oder elektronische Befreiungsantrag ist dem Arbeitgeber zu übergeben. § 8 Absatz 2 des Vierten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Zusammenrechnung mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung nur erfolgt, wenn diese versicherungspflichtig ist. Der Antrag kann bei mehreren geringfügigen Beschäftigungen nur einheitlich gestellt werden und ist für die Dauer der Beschäftigungen bindend. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Rahmen betrieblicher Berufsbildung, nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz, nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder nach § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 beschäftigt sind oder von der Möglichkeit einer stufenweisen Wiederaufnahme einer nicht geringfügigen Tätigkeit (§ 74 des Fünften Buches) Gebrauch machen.

(2) Die Befreiung erfolgt auf Antrag des Versicherten, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 auf Antrag des Arbeitgebers. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Versicherte den Antrag elektronisch über die zuständige berufsständische Versorgungseinrichtung zu stellen. Diese leitet den Antrag durch Datenübertragung an den Träger der Rentenversicherung zusammen mit den Bestätigungen über das Vorliegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, über das Bestehen einer Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer und über die Pflicht zur Zahlung einkommensbezogener Beiträge zur Entscheidung unverzüglich weiter. Der Träger der Rentenversicherung teilt seine Entscheidung dem Antragsteller in Textform und der den Antrag weiterleitenden berufsständischen Versorgungseinrichtung elektronisch mit. Der Eingang des Antrags bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung ist für die Wahrung der in Absatz 4 bestimmten Frist maßgeblich. Der Datenaustausch erfolgt über die Annahmestelle der berufsständischen Versorgungseinrichtungen und die Datenstelle der Rentenversicherung. Die technische Ausgestaltung des Verfahrens regeln die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e. V. in gemeinsamen Grundsätzen, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu genehmigen sind.

(3) Über die Befreiung entscheidet der Träger der Rentenversicherung. Abweichend von Satz 1 entscheidet in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Deutsche Rentenversicherung Bund, nachdem das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt worden ist

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 von der für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde und
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 von der obersten Verwaltungsbehörde desjenigen Landes, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat.
In den Fällen des Absatzes 1b gilt die Befreiung als erteilt, wenn die nach § 28i Satz 5 des Vierten Buches zuständige Einzugsstelle nicht innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches dem Befreiungsantrag des Beschäftigten widerspricht. Die Vorschriften des Zehnten Buches über die Bestandskraft von Verwaltungsakten und über das Rechtsbehelfsverfahren gelten entsprechend.

(4) Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. In den Fällen des Absatzes 1b wirkt die Befreiung bei Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches bei der zuständigen Einzugsstelle rückwirkend vom Beginn des Monats, in dem der Antrag des Beschäftigten dem Arbeitgeber zugegangen ist, wenn der Arbeitgeber den Befreiungsantrag der Einzugsstelle mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens aber innerhalb von sechs Wochen nach Zugang, gemeldet und die Einzugsstelle innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nicht widersprochen hat. Erfolgt die Meldung des Arbeitgebers später, wirkt die Befreiung vom Beginn des auf den Ablauf der Widerspruchsfrist nach Absatz 3 folgenden Monats. In den Fällen, in denen bei einer Mehrfachbeschäftigung die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen, hat die Einzugsstelle die weiteren Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Wirkung der Befreiung unverzüglich durch eine Meldung zu unterrichten.

(5) Die Befreiung ist auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet.

Für Beschäftigte, die nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 von der Versicherungspflicht befreit sind, zahlen die Arbeitgeber einen Zuschuss in Höhe der Hälfte des Beitrags zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, höchstens aber die Hälfte des Beitrags, der zu zahlen wäre, wenn die Beschäftigten nicht von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit worden wären.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 26. Oktober 2016 vor dem Bundessozialgericht Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im bezeichneten Urteil wird als unzulässig verworfen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 755,60 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Der im Bezirk der beklagten Kassenzahnärztlichen Vereinigung als Zahnarzt zugelassene Kläger wendet sich gegen die Auszahlung von zahnärztlichem Honorar an die L. Zahntechnik GmbH.

2

Am 9.1.2008 wurde über das Vermögen des Klägers das Insolvenzverfahren eröffnet. Bezogen auf die zahnärztliche Praxis des Klägers erfolgte eine Freigabe zum 1.7.2010. Am 9.1.2013 erging ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss in der Zwangsvollstreckungssache der L. Zahntechnik GmbH gegen den Kläger, mit dem die Honorarforderungen des Klägers gegen die beklagte KZÄV wegen einer Forderung in Höhe von 25 961,44 Euro gepfändet und dem Gläubiger zur Einziehung überwiesen wurden. Mit Beschluss des Amtsgerichts Dortmund vom 4.6.2014 wurde dem Kläger Restschuldbefreiung erteilt. Die Beklagte erkannte die Pfändung ausdrücklich an und zahlte zahnärztliches Honorar für das Quartal IV/2013 in Höhe von 359,44 Euro an die L. Zahntechnik GmbH.

3

Der Kläger war mit seinem Begehren, einen Betrag in Höhe von 755,66 Euro an ihn auszuzahlen, im Widerspruchs-, im Klage- und im Berufungsverfahren erfolglos.

4

Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG wendet sich der Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde. Gleichzeitig beantragt der Kläger die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) für dieses Verfahren.

5

II. 1. Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist nicht begründet. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 ZPO). An der erforderlichen Erfolgsaussicht fehlt es hier. Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter (§ 73 Abs 4 SGG) in der Lage wäre, eine Nichtzulassungsbeschwerde erfolgreich zu begründen. Hinreichende Aussicht auf Erfolg böte die Nichtzulassungsbeschwerde nur, wenn einer der drei in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe mit Erfolg geltend gemacht werden könnte; denn nur diese Gründe können zur Zulassung der Revision führen. Die Revision darf nur zugelassen werden, wenn der Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG). Von diesen Zulassungsgründen ist keiner ersichtlich.

6

Zwar spricht viel dafür, dass das LSG die L. Zahntechnik GmbH nach § 75 Abs 2 1. Alt SGG zum Rechtsstreit hätte beiladen müssen. Eine unterbliebene notwendige Beiladung nach dieser Vorschrift ist ein Verfahrensmangel, der die Revision nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG eröffnet und auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachten ist. Der Fehler führt grundsätzlich zur Zurückverweisung, wenn er nicht nach § 168 Satz 2 SGG behoben werden kann. Eine unterbliebene notwendige Beiladung stellt aber keinen wesentlichen Verfahrensmangel dar, der im Fall der Revision zur Zurückverweisung der Sache führt, wenn die Klage aus Sicht des Revisionsgerichts in jedem Fall abgewiesen werden muss und die zu treffende Entscheidung den Beigeladenen deshalb nicht benachteiligen kann (Littmann in Lüdtke/Berchtold, SGG, 5. Aufl 2017, § 75 RdNr 9; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 75 RdNr 13c mwN). So liegt der Fall hier:

7

Das LSG hat die Berufung des Klägers gegen das klagabweisende Urteil des SG zu Recht und mit zutreffenden Gründen zurückgewiesen. Insbesondere steht die dem Kläger erteilte Restschuldbefreiung der Pfändung nicht entgegen, weil eine Restschuldbefreiung nach § 301 Abs 1 Insolvenzordnung (InsO) nur gegen die Insolvenzgläubiger wirkt. Dies sind die Inhaber von Forderungen, die einen zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner haben (§ 38 InsO). Die Forderung der L. Zahntechnik GmbH hat noch nicht zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestanden, sondern ist durch die nach der Freigabeerklärung ausgeübte zahnärztliche Tätigkeit begründet worden. Das hat der Kläger auf Befragen in der Verhandlung vor dem SG ausdrücklich eingeräumt. Die auf § 35 Abs 2 Satz 1 InsO gestützte Freigabe des Vermögens aus der selbstständigen Tätigkeit des Klägers als Zahnarzt zum 1.7.2010 hatte zur Folge, dass der Neuerwerb aus der selbstständigen Tätigkeit nicht zur Masse gezogen wird, sondern den Neugläubigern - und damit auch der L. Zahntechnik GmbH - als Haftungsmasse zur Verfügung steht. Dementsprechend ist die L Zahntechnik GmbH nicht Insolvenzgläubigerin.

8

Fragen von grundsätzlicher Bedeutung stellen sich in diesem Zusammenhang nicht, und das LSG ist auch nicht von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abgewichen. Woraus der Kläger im Klageverfahren eine über den Betrag von 359,44 Euro hinausgehende Forderung in Höhe von 755,66 Euro herleiten wollte, ist nicht ersichtlich. Einen Anspruch auf Übernahme von Verfahrenskosten hat der Kläger aus den im Urteil des LSG zutreffend angegebenen Gründen nicht. Soweit der Kläger das Revisionsverfahren auf weitere Forderungen erstrecken möchte, die nicht Gegenstand des Klageverfahrens waren (insgesamt 3535,08 Euro), steht einer Erfolgsaussicht bereits entgegen, dass Klageänderungen im Revisionsverfahren nicht zulässig sind (§ 168 Satz 1 SGG). Auch für weitere Verfahrensfehler des LSG gibt es keine Anhaltspunkte.

9

2. Die von dem Kläger privatschriftlich eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen, weil der Kläger insoweit nicht durch einen vor dem BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§ 73 Abs 4 SGG) vertreten ist (§ 160a Abs 4 Satz 1 2. Halbsatz iVm § 169 SGG).

10

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach trägt der Kläger die Kosten des von ihm erfolglos geführten Rechtsmittels (§ 154 Abs 2 VwGO).

11

4. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 197 Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 3 Satz 1, § 47 Abs 1 und 3 GKG.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt. In Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen, sind die §§ 63 bis 80 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Landessozialgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundessozialgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung das Sozialgerichtsgesetz tritt.

Eine Entscheidung ist stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen,

1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war;
2.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs ohne Erfolg geltend gemacht ist;
3.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war;
4.
wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat;
5.
wenn die Entscheidung auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind;
6.
wenn die Entscheidung entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht mit Gründen versehen ist.

Gründe

1

Die Beschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Finanzgericht (FG) zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 116 Abs. 6 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

2

1. Das Urteil der Vorinstanz beruht auf einem Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO), weil das FG rechtsfehlerhaft die Voraussetzungen einer notwendigen Beiladung mit dem Hinweis verneint hat, dass --wie sich u.a. aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 9. Mai 2000 VIII R 41/99 (BFHE 192, 273, BStBl II 2000, 686) ergebe-- bei § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) eine sog. Bruchteilsbetrachtung vorzunehmen sei.

3

a) Im Ausgangsverfahren war im Streit, ob der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) verpflichtet ist, für die "X-GmbH und atypisch stille Beteiligung" für die Jahre 1998 und 1999 jeweils einen Verlust gesondert und einheitlich festzustellen und den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) einen näher bezifferten Verlustanteil zuzurechnen. Anders als das FG meint, war demnach zu entscheiden, ob für eine atypisch stille Gesellschaft (Mitunternehmerschaft i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG) eine gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung nach den §§ 179 Abs. 2 Satz 2, 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung durchzuführen ist. Für derartige Gewinnfeststellungen kommt es auf die vom FG zitierte höchstrichterliche Rechtsprechung zu § 17 EStG nicht an. Daran ändert nichts, dass das FG zu der Einschätzung gelangt ist, dass den Klägern nicht schon in den Streitjahren (1998 und 1999), sondern frühestens im Jahr 2003 ein Verlust entstanden sei, auf den dann die für eine wesentliche Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft i.S. des § 17 EStG geltenden Grundsätze anzuwenden seien.

4

b) Nach § 60 Abs. 3 FGO sind Dritte, die an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, notwendig beizuladen. Dies gilt für Mitberechtigte, die nach § 48 FGO klagebefugt sind, aber nicht selbst Klage erhoben haben. Gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 1 FGO ist eine Personengesellschaft befugt, als Prozessstandschafterin für ihre Gesellschafter und ihrerseits vertreten durch ihre(n) Geschäftsführer Klage gegen den Gewinnfeststellungsbescheid zu erheben, der sich inhaltlich nicht an die Gesellschaft, sondern an die Gesellschafter als Subjekte der Einkommensteuer richtet. Dies gilt allerdings nicht für die atypisch stille Gesellschaft, denn diese kann als Innengesellschaft nicht Beteiligte eines finanzgerichtlichen Verfahrens sein, das die einheitliche Feststellung der Einkünfte betrifft. Vielmehr übernimmt die Rolle des nicht vorhandenen vertretungsberechtigten Geschäftsführers bei einer atypisch stillen Gesellschaft gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 2, Abs. 2 FGO der Empfangsbevollmächtigte (vgl. BFH-Urteil vom 22. September 2011 IV R 8/09, Der Betrieb 2011, 2640, Volltext in juris; BFH-Beschluss vom 14. November 2008 IV B 136/07, BFH/NV 2009, 597). Empfangsbevollmächtigt kann auch der Inhaber des Handelsgeschäfts sein. Sind Personen nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO nicht vorhanden, so ist gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 2 FGO klagebefugt jeder Gesellschafter, gegen den der Feststellungsbescheid ergangen ist oder zu ergehen hätte. Nach §§ 60 Abs. 3, 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO sind ausgeschiedene Gesellschafter im Verfahren über die gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung immer beizuladen, und zwar auch dann, wenn es um Fragen geht, für die an sich nur Personen nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO klagebefugt sind (BFH-Beschluss vom 8. Mai 2008 IV B 138/07, BFH/NV 2008, 1499, m.w.N.).

5

c) Nach diesen Maßstäben kommt vorliegend eine notwendige Beiladung nach § 60 Abs. 3 FGO in Betracht. Der erkennende Senat vermag indes aufgrund der vom FG getroffenen Feststellungen nicht zu beurteilen, welche der Alternativen des § 48 Abs. 1 FGO --vorliegend insbesondere die Nrn. 1 und 2 der Vorschrift-- einschlägig ist bzw. sind. Das FG hat keine Feststellungen zur Existenz eines Empfangsbevollmächtigten der atypisch stillen Gesellschaft, an der sich die Kläger beteiligt haben, getroffen. Bei einer atypisch stillen Gesellschaft ist der Empfangsbevollmächtigte auch dann notwendig beizuladen, wenn der Rechtsstreit wegen gesonderter und einheitlicher Gewinnfeststellung keine Auswirkungen für ihn hat (z.B. BFH-Beschluss in BFH/NV 2009, 597). Sollte als Empfangsbevollmächtigter die an der atypisch stillen Gesellschaft beteiligte GmbH als Inhaberin des Handelsgeschäfts in Betracht kommen, so wird das FG der Frage nachzugehen haben, ob diese GmbH, deren Schicksal die Kläger im Ausgangsverfahren als "unklar" bezeichnet haben, zwischenzeitlich vollbeendet ist. So hätte die Löschung der GmbH nach § 60 Abs. 1 Nr. 7 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung im Handelsregister wegen Vermögenslosigkeit die Auflösung und die Vollbeendigung der Gesellschaft zur Folge (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 21. Januar 2004 VIII R 2/02, BFHE 205, 117, BStBl II 2004, 551, unter II.3.c aa). Lägen die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO nicht vor, käme hinsichtlich der von den Klägern begehrten Beiladung der nicht klagenden atypisch stillen Gesellschafter jedenfalls die Vorschrift des § 48 Abs. 1 Nr. 2 FGO zum Tragen. Für den Fall des Ausscheidens von Gesellschaftern könnte deren notwendige Beiladung auf die §§ 60 Abs. 3, 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO gestützt werden.

6

d) Die unterbliebene notwendige Beiladung stellt trotz der Regelung in § 123 Abs. 1 FGO einen Verstoß gegen die Grundordnung des Verfahrens dar, denn die Vorschriften über die notwendige Beiladung regeln eine unverzichtbare Sachentscheidungsvoraussetzung (z.B. BFH-Beschluss in BFH/NV 2009, 597). Die angefochtene Entscheidung kann deshalb auf dem Verfahrensmangel beruhen (BFH-Beschluss in BFH/NV 2008, 1499, m.w.N.). § 123 Abs. 1 Satz 2 FGO eröffnet dem BFH lediglich die Möglichkeit, eine notwendige Beiladung im Revisionsverfahren nachzuholen.

7

2. Nach alledem kommt es auf die weiteren von den Klägern vorgebrachten Revisionszulassungsgründe nicht mehr an.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 29. April 2010 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, Kinderberücksichtigungszeiten vom 1.10.1994 bis 31.10.1995 und vom 1.2.1996 bis 30.6.2000 vorzumerken.

2

Die 1958 geborene Klägerin legte bis Juli 1982 Pflichtbeitragszeiten zurück und ließ sich danach zur Sozialarbeiterin ausbilden. Ihr Ehemann ist als Krankenhausarzt abhängig beschäftigt und als Mitglied des Versorgungswerkes der Ärztekammer Bremen von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht befreit. Aus der Ehe gingen die Kinder L. (* 1990) und N. (* 1991) hervor. Von Oktober 1993 bis September 1994 war die Klägerin als Praktikantin rentenversicherungspflichtig beschäftigt. Anschließend zog sie mit ihrer Familie in die Niederlande. Der Ehemann blieb als Grenzgänger im Bundesgebiet tätig. Die Klägerin übte von November 1995 bis Januar 1996 - ebenfalls als Grenzgängerin - eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung in Deutschland aus. Im Juli 2000 kehrte die Familie nach Deutschland zurück.

3

Mit Bescheid vom 14.4.2005 stellte die Beklagte die im Versicherungsverlauf enthaltenen Daten bis zum 31.12.1998 verbindlich fest. Als Berücksichtigungszeiten erkannte sie "für L." die Zeiten vom 31.3.1990 bis 30.9.1994 und vom 1.11.1995 bis 31.1.1996 sowie "für N." die Zeiten vom 31.8.1991 bis 30.9.1994, 1.11.1995 bis 31.1.1996 und vom 1.7.2000 bis 30.8.2001 an. Gleichzeitig lehnte sie die Zeiten vom 1.10.1994 bis 31.10.1995 und vom 1.2.1996 bis 30.3. bzw 30.6.2000 als Berücksichtigungszeiten ab, weil beide Kinder damals im Ausland erzogen worden seien. Widerspruch und Klage sind erfolglos geblieben (Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 13.1.2006, Urteil des SG Ulm vom 18.4.2007).

4

Das LSG Baden-Württemberg hat das erstinstanzliche Urteil aufgehoben, die angefochtenen Bescheide geändert und die Beklagte verurteilt, die Zeit vom "31.10.1994" bis 31.10.1995 und vom 1.2.1996 bis 30.6.2000 als Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung vorzumerken (Urteil vom 29.4.2010): Die Kinderberücksichtigungszeiten seien der Klägerin zuzuordnen, weil sie nicht von der Anrechnung ausgeschlossen sei und die Kinder im Ausland entweder allein, überwiegend oder gemeinsam mit dem Ehemann erzogen habe. Aufgrund einer europarechtskonformen Auslegung stehe diese Auslandserziehung einer Inlandserziehung gleich. Denn nach der Rechtsprechung des EuGH habe der Beschäftigungsstaat nach Art 13 Abs 2 Buchst a Verordnung - VO - (EWG) Nr 1408/71 auch solche Kindererziehungszeiten anzurechnen, die eine Person im Wohnortstaat zurücklege, wenn eine "hinreichende Verbindung" zum Beschäftigungsstaat hergestellt werden könne (EuGH Urteil vom 7.2.2002 - C-28/00 - Juris, unter Hinweis auf das Urteil vom 23.11.2000 - C-135/99 - SozR 3-2600 § 56 Nr 14). Dies sei vorliegend der Fall. Zwar sei der letzte Pflichtbeitrag wegen einer Beschäftigung lange vor den Geburten beider Kinder im Juli 1982 gezahlt worden. Doch sei für die Klägerin schon allein wegen des Wohnsitzes in Deutschland weiterhin und damit auch im Zeitpunkt der Geburten deutsches Recht anwendbar. Zudem sei sie unmittelbar vor dem Umzug ins Ausland und auch sonst nur in Deutschland versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Dies sei von ausschlaggebender Bedeutung und belege die hinreichende Verbindung zum Beschäftigungsstaat Deutschland.

5

Mit der Revision, die das LSG zugelassen hat, rügt die Beklagte eine Verletzung des Art 44 Abs 2 VO (EG) Nr 987/2009 sowie des § 56 Abs 3 Satz 2 SGB VI. Hinsichtlich der EuGH-Entscheidung vom 23.11.2000 (C-135/99 ) sei festzustellen, dass die dort genannten Voraussetzungen im vorliegenden Verfahren nicht erfüllt seien. Die Klägerin habe zum Zeitpunkt der Geburt beider Kinder nicht aufgrund der Ausübung einer Erwerbstätigkeit deutschem Recht unterlegen. Aus diesem Grund könnten die deutschen Rechtsvorschriften nach dem Umzug in die Niederlande nicht fortwirken. Des Weiteren gelte vorliegend bereits Art 44 VO (EG) Nr 987/2009. Dieser sei zwar erst am 1.5.2010 in Kraft getreten und somit zum Zeitpunkt der Verkündung des Urteils des LSG am 29.4.2010 noch nicht anwendbar gewesen, er gelte jedoch nach Maßgabe des Art 93 VO (EG) Nr 987/2009 iVm Art 87 Abs 2 VO (EG) Nr 883/2004 auch für Versicherungszeiten, die vor Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr 883/2004 in den jeweiligen Mitgliedstaaten zurückgelegt worden seien. Da die Klägerin zum Zeitpunkt des Erziehungsbeginns ihrer Kinder nicht aufgrund der Ausübung einer Erwerbstätigkeit den deutschen Rechtsvorschriften unterlegen habe, seien die Voraussetzungen des Art 44 VO (EG) Nr 987/2009 nicht erfüllt.

6

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 29. April 2010 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 18. April 2007 zurückzuweisen.

7

Die Klägerin, die der angefochtenen Entscheidung beipflichtet, beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Eine Entscheidung in der Sache kann der Senat nicht treffen, weil hierzu weitere Tatsachenfeststellungen des LSG erforderlich sind.

9

Die Klägerin begehrte im Klage- und Berufungsverfahren 123, § 153 Abs 1 SGG), den Bescheid vom 14.4.2005 und den Widerspruchsbescheid vom 13.1.2006 zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, die Zeit vom 1.10.1994 bis 31.10.1995 und vom 1.2.1996 bis 30.6.2000 als Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung vorzumerken. Dieses Ziel verfolgte sie zulässigerweise mit der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage 54 Abs 1 Satz 1, § 56 SGG). Ob die Beklagte die erstrebten rechtlichen Feststellungen treffen muss, lässt sich ohne weitere Tatsachenfeststellungen nicht entscheiden.

10

Anspruchsgrundlage für die begehrte Vormerkung ist § 149 Abs 5 Satz 1 SGB VI. Nach dieser Vorschrift stellt der Versicherungsträger, nachdem er das Versicherungskonto geklärt hat, die im Versicherungsverlauf enthaltenen und nicht bereits festgestellten Daten, die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegen, durch Bescheid fest (sog Vormerkungsbescheid). Der Versicherungsträger ist befugt, wenn auch nicht verpflichtet, auf Antrag auch solche geklärten Daten durch Bescheid festzustellen, die noch keine sechs Jahre zurückliegen. Denn die Beschränkung der Feststellungspflicht soll ihm lediglich ermöglichen, im Versicherungsverlauf enthaltene, aber noch nicht bescheidmäßig festgestellte Daten ohne Bindungen durch Vertrauensschutzerwägungen (vgl § 45 SGB X) erleichtert zu berichtigen (vgl etwa BSG Urteile vom 28.2.1991 - 4 RA 76/90 - BSGE 68, 171, 174 = SozR 3-2200 § 1227a Nr 7 S 14; vom 23.10.2003 - B 4 RA 15/03 R - BSGE 91, 245 = SozR 4-2600 § 56 Nr 1, RdNr 5 und vom 18.10.2005 - B 4 RA 6/05 R - SozR 4-2600 § 56 Nr 3 RdNr 12; Polster in Kasseler Komm, Stand September 2007, SGB VI § 149 RdNr 14). Entscheidet er indessen - wie hier - über Kindererziehungs- und -berücksichtigungszeiten, die noch keine sechs Jahre zurückliegen, muss er einen inhaltlich zutreffenden Vormerkungsbescheid erlassen (vgl BSG Urteil vom 21.3.1991 - 4/1 RA 35/90 - SozR 3-2200 § 1325 Nr 3 S 5).

11

Nach § 57 Satz 1 SGB VI ist die Zeit der Erziehung eines Kindes bis zu dessen vollendetem 10. Lebensjahr bei einem Elternteil eine Berücksichtigungszeit, soweit die Voraussetzungen für die Anrechnung einer Kindererziehungszeit nach § 56 SGB VI auch in dieser Zeit vorliegen. Eine Kindererziehungszeit wird gemäß § 56 Abs 1 Satz 2 SGB VI für einen Elternteil angerechnet, wenn

        

1.    

die Erziehungszeit diesem Elternteil zuzuordnen ist,

        

2.    

die Erziehung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt ist oder einer solchen gleichsteht und

        

3.    

der Elternteil nicht von der Anrechnung ausgeschlossen ist.

12

1. Die Feststellungen des LSG reichen nicht aus, um der Klägerin, die nicht von der Anrechnung ausgeschlossen ist (§ 56 Abs 1 Satz 2 Nr 3, Abs 4 SGB VI), die geltend gemachten Kinderberücksichtigungszeiten zuzuordnen. Diese Zuordnung bestimmt sich nach §§ 57, 56 Abs 2 SGB VI, wobei drei Kategorien der Erziehung zu unterscheiden sind(BSG Urteile vom 16.12.1997 - 4 RA 60/97 - SozR 3-2600 § 56 Nr 10 S 46; vom 31.8.2000 - B 4 RA 28/00 R - Juris RdNr 16 ff und vom 17.4.2008 - B 13 R 131/07 R - SozR 4-2600 § 56 Nr 5 RdNr 11): Die Alleinerziehung, die gemeinsame Erziehung und die überwiegende Erziehung. Das LSG hat "eine überwiegende Erziehung durch den Ehemann" ausgeschlossen und festgestellt, die Klägerin habe beide Kinder in den Niederlanden entweder allein oder überwiegend oder gemeinsam mit dem Ehemann erzogen. Aus dieser Wahlfeststellung hat es rechtsirrig geschlussfolgert, die streitigen Erziehungszeiten seien aufgrund der Auffangregel des § 56 Abs 2 Satz 8 SGB VI in jedem Fall der Klägerin als Mutter beider Kinder zuzuordnen.

13

Der Anwendungsbereich des § 56 Abs 2 Satz 8 SGB VI war hier jedoch nicht eröffnet. Denn die Auffangregel greift erst ein, wenn die Eltern - bei fehlender Alleinerziehung - keine übereinstimmende Erklärung abgegeben haben und sich überwiegende Erziehungsanteile eines Elternteils nicht im erforderlichen Beweisgrad feststellen lassen (non liquet), sondern ihre Erziehungsbeiträge nach objektiven Maßstäben in etwa gleichgewichtig sind. Das LSG hätte (und wird im wiedereröffneten Berufungsverfahren) prüfen und ggf feststellen müssen, ob die Klägerin - wie sie im Kontenklärungsverfahren angegeben hat - beide Kinder in den fraglichen Zeiträumen allein erzogen hat. Im Falle der Alleinerziehung wäre ihr die Erziehungszeit zuzuordnen (§ 56 Abs 2 Satz 1 SGB VI); die Tatbestände der gemeinsamen oder überwiegenden Erziehung kämen nicht mehr in Betracht, weil zwischen Alleinerziehung einerseits und gemeinsamer und überwiegender Erziehung andererseits ein Verhältnis der Exklusivität besteht.

14

Hat die Klägerin die Kinder nicht allein, sondern gemeinsam mit ihrem Ehemann erzogen, so ist nach § 56 Abs 2 Satz 3 SGB VI zunächst zu prüfen und festzustellen, ob die Eltern eine übereinstimmende öffentlich-rechtliche (Willens- )Erklärung über die Zuordnung der fraglichen Kinderberücksichtigungszeiten abgegeben haben. Allerdings kann eine solche Erklärung grundsätzlich nur mit Wirkung für künftige Kalendermonate (§ 56 Abs 2 Satz 5 SGB VI) und nur unter besonderen Voraussetzungen ausnahmsweise rückwirkend für bis zu zwei Kalendermonate abgegeben werden (vgl § 56 Abs 2 Satz 6 SGB VI). Die Erklärung des Vaters vom 2.2.2010, die das LSG während des Berufungsverfahrens eingeholt hat, ist damit für die Zuordnung der streitigen Zeiten bedeutungslos.

15

Ergibt sich die Zuordnung nicht bereits zwingend aus einer kongruenten Elternerklärung, weil sie entweder fehlt oder nicht übereinstimmend bzw sonst unwirksam, insbesondere verspätet, abgegeben worden ist, bleibt es bei dem Grundsatz des § 56 Abs 2 Satz 9 SGB VI: Die Kindererziehungszeit ist dann demjenigen zuzuordnen, der das Kind - nach objektiven Gesichtspunkten betrachtet - überwiegend erzogen hat. Das Maß der Zuwendung der Elternteile zu ihrem Kind haben im Verwaltungsverfahren die Versicherungsträger nach § 20 SGB X und im Gerichtsverfahren die Tatsachengerichte gemäß §§ 103, 106 SGG von Amts wegen zu ermitteln. Nur dann, wenn sich dabei überwiegende Erziehungsanteile eines Elternteils nicht im erforderlichen Beweisgrad feststellen lassen (non liquet), sondern die Erziehungsbeiträge nach objektiven Maßstäben in etwa gleichgewichtig sind, wird die Kindererziehungszeit nach der Auffangregel des § 56 Abs 2 Satz 8 SGB VI der Mutter zugeordnet (vgl BSG SozR 3-2600 § 56 Nr 10 S 47).

16

Das LSG hat es jedoch weder für erwiesen erachtet, dass die Klägerin ihre Kinder in der streitigen Zeit überwiegend erzogen hat noch bindend festgestellt, dass die Erziehungsbeiträge beider Eltern annähernd gleichwertig waren und keine dritte(n) Person(en) an der Erziehung substantiell beteiligt war(en). Dem Urteil des LSG ist lediglich zu entnehmen, dass "eine überwiegende Erziehung durch den Ehemann jedenfalls auszuschließen ist, weil der Ehemann berufstätig war, während die Klägerin dies - von den drei Monaten Ende 1995/Anfang 1996 abgesehen - nicht war". Hieraus ergibt sich logisch jedoch weder direkt noch im Umkehrschluss eine überwiegende Erziehung durch die Klägerin. Denn es ist nicht auszuschließen, dass dritte Personen die Kindererziehung - anstelle der Klägerin und ihres Ehemannes - in erheblichem Umfang substituierend übernommen haben. Mangels ausreichender Feststellungen, dass die Erziehungsanteile beider Eltern - bei Nichtbeteiligung dritter Personen - annähernd gleichwertig waren, ist ein Rückgriff auf § 56 Abs 2 Satz 8 SGB VI (derzeit) nicht möglich.

17

2. Unbeschadet der Beteiligung dritter Personen wird das LSG im wiedereröffneten Berufungsverfahren (zumindest) den Ehemann der Klägerin und Vater der Kinder notwendig beiladen müssen, weil er an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt ist, dass die Entscheidung auch ihm gegenüber nur einheitlich ergehen kann (§ 75 Abs 2, 1. Alt SGG). Dies ist der Fall, wenn das streitige Rechtsverhältnis zugleich in die Rechtssphäre eines Dritten unmittelbar eingreift (stRspr, vgl nur Senatsurteil vom 27.6.1990 - 5 RJ 6/90 - SozR 3-1500 § 75 Nr 3 mwN). Ein derartiger Eingriff in die Rechtssphäre des Ehemanns entfällt hier nicht deshalb, weil dieser während der Erziehungszeit als Mitglied des Versorgungswerkes der Ärztekammer Bremen für seine Beschäftigung als Arzt von der Versicherungspflicht gemäß § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI befreit und deshalb von der Anrechnung der Kindererziehungszeiten ausgeschlossen war. Denn nach § 56 Abs 4 Nr 3 SGB VI in der Fassung von Art 4 Nr 2 des Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch, zur Errichtung einer Versorgungsausgleichskasse und anderer Gesetze vom 15.7.2009 (BGBl I 1939) sind Elternteile von der Anrechnung nur ausgeschlossen, wenn sie während der Erziehungszeit Anwartschaften auf Versorgung im Alter nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen oder nach den Regelungen einer berufsständischen Versorgungseinrichtung aufgrund der Erziehung erworben haben, die systembezogen gleichwertig berücksichtigt werden wie die Kindererziehung nach dem Sechsten Buch des Sozialgesetzbuches. Mit dieser Neufassung des § 56 Abs 4 SGB VI, die am 22.7.2009 in Kraft getreten ist (vgl Art 10 Abs 1 des Änderungsgesetzes) und auch für Erziehungszeiten vor diesem Zeitpunkt gilt (vgl § 300 Abs 1 SGB VI; Albrecht, NachrDRV HE 2011, 37), trägt der Gesetzgeber der Rechtsprechung des BSG Rechnung (BSG Urteile vom 18.10.2005 - B 4 RA 6/05 R - SozR 4-2600 § 56 Nr 3 und vom 31.1.2008 - B 13 R 64/06 R - BSGE 100, 12, 15 ff = SozR 4-2600 § 56 Nr 6), wonach Eltern auch dann Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten (können), wenn sie zwar einem anderen Alterssicherungssystem angehören, dieses jedoch keine Leistung kennt, die systembezogen der Kindererziehungszeit annähernd gleichwertig ist (vgl BT-Drucks 16/13424 S 34). Mit der Neuregelung soll klargestellt werden, dass Personen nicht bereits deswegen von der Anrechnung von Kindererziehungszeiten ausgeschlossen sind, weil sie aufgrund ihres Rechtsstatus versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreit sind. Deshalb beschränkt der Gesetzgeber die Ausschlusstatbestände auf solche Personen, denen die Kindererziehung in einem anderen Alterssicherungssystem als gleichwertig anerkannt wird (vgl zum Ganzen BT-Drucks 16/13424 aaO). Feststellungen, ob das Versorgungswerk der Ärztekammer Bremen gleichwertige Erziehungszeiten berücksichtigt und wie sich diese landesrechtlichen (nicht revisiblen) Regelungen beim Ehemann der Klägerin auswirken, hat das LSG - nach seiner Rechtsauffassung konsequent - nicht getätigt. Dies wird das LSG im wiedereröffneten Berufungsverfahren nachholen und auch dem Umstand Rechnung tragen müssen, dass der Ehemann im Verwaltungsverfahren nicht beteiligt war (vgl §§ 12 Abs 2 Satz 2, 41 Abs 1 Nr 6, Abs 2 SGB X; zur Möglichkeit des Verzichts der Wiederholung des Verwaltungsverfahrens: BSG Urteil vom 22.6.1983 - 12 RK 73/82 - BSGE 55, 160, 161 ff = SozR 1300 § 12 Nr 1; BSG Urteil vom 29.1.1988 - B 12 KR 35/95 R - BSGE 81, 276, 287 f = SozR 3-2600 § 158 Nr 1; BSG Urteil vom 9.8.2006 - B 12 KR 3/06 R - BSGE 97, 32, 33 f = SozR 4-2600 § 229 Nr 1).

18

Die unterbliebene notwendige Beiladung ist ein Verfahrensmangel, der im Revisionsverfahren von Amts wegen zu berücksichtigen ist (vgl nur Senatsurteil vom 20.10.2009 - B 5 R 5/07 R - SozR 4-3250 § 14 Nr 8 RdNr 16 mwN). Von einer Nachholung der Beiladung im Revisionsverfahren gemäß § 168 Satz 2 SGG mit Zustimmung des Ehemanns hat der Senat aufgrund der Zurückverweisung abgesehen, die auch aus anderen Gründen unausweichlich ist(vgl BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 14/06 R - BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1, RdNr 17).

19

3. Sollten die geltend gemachten Zeiten der Klägerin zuzuordnen sein, wird das LSG ferner zu prüfen haben, ob die Erziehung im Königreich der Niederlande einer Inlandserziehung gleichsteht (§§ 57, 56 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB VI). Die Gleichstellungstatbestände des § 56 Abs 3 Satz 2 und 3 SGB VI scheiden aus, weil - nach den Feststellungen des LSG - in der hier maßgebenden Zeit weder die Klägerin noch ihr Ehemann aufgrund einer im Ausland ausgeübten Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit Pflichtbeitragszeiten in deutschen Rentenversicherung haben. Beide Elternteile waren ausschließlich im Inland und nie im Ausland tätig.

20

Es kommt aber eine Gleichstellung der Kinderberücksichtigungszeiten über Art 44 VO (EG) Nr 987/2009 iVm VO (EG) Nr 883/2004 in Betracht. Beide Verordnungen sind am 1.5.2010 in Kraft getreten (Art 97 Satz 2 VO Nr 987/2009 iVm Art 91 VO Nr 883/2004), ersetzen grundsätzlich die VO (EWG) Nr 1408/71 (Art 90 Abs 1 VO Nr 883/2004) sowie die VO (EWG) Nr 574/72 (Art 96 Abs 1 VO Nr 987/2009) und erfassen gemäß Art 93 VO (EG) Nr 987/2009 iVm Art 87 Abs 3 VO (EG) Nr 883/2004 auch solche Ereignisse, die bereits vor diesem Zeitpunkt bestanden haben (vgl Bokeloh, ZESAR 2011, 18; Spiegel in Fuchs, Europäisches Sozialrecht, 5. Aufl 2010, Art 87 VO Nr 883/2004 RdNr 2). Die neuen Verordnungen sind vorliegend auch im Revisionsverfahren anzuwenden, weil für die hier erhobene Verpflichtungsklage das Recht maßgebend ist, das im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Revisionsgericht gilt (vgl dazu BSGE 41, 38, 40 = SozR 2200 § 1418 Nr 2; BSGE 43, 1, 5 = SozR 2200 § 690 Nr 4).

21

Art 44 Abs 2 VO (EG) Nr 987/2009 bestimmt Folgendes: Wird nach den Rechtsvorschriften des gemäß Titel II der Grundverordnung (VO Nr 883/2004) zuständigen Mitgliedstaats keine Kindererziehungszeit berücksichtigt, so bleibt der Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften nach Titel II der Grundverordnung auf die betreffende Person anwendbar waren, weil diese Person zu dem Zeitpunkt, zu dem die Berücksichtigung der Kindererziehungszeit für das betreffende Kind nach diesen Rechtsvorschriften begann, eine Beschäftigung oder eine selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt hat, zuständig für die Berücksichtigung dieser Zeit als Kindererziehungszeit nach seinen eigenen Rechtsvorschriften, so als hätte diese Kindererziehung in seinem eigenen Hoheitsgebiet stattgefunden. Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, lässt sich aufgrund der Feststellungen des LSG nicht abschließend beurteilen.

22

a) Der nach den Rechtsvorschriften des Titels II der VO (EG) Nr 883/2004 "zuständige Mitgliedstaat" ist das Königreich der Niederlande. Denn nach Art 11 Abs 3 Buchst e) VO (EG) Nr 883/2004 unterliegt jeder grundsätzlich den Rechtsvorschriften seines Wohnmitgliedstaates, sofern er nicht unter Art 11 Abs 3 Buchst a) bis d) VO (EG) Nr 883/2004 fällt oder ausnahmsweise anders lautende Bestimmungen der VO (EG) Nr 883/2004 gelten, nach denen ihm Leistungen aufgrund der Rechtsvorschriften eines oder mehrerer anderer Mitgliedstaaten zustehen. Die Klägerin hat in der streitigen Zeit mit ihren Kindern im Königreich der Niederlande gewohnt; die Voraussetzungen von Art 11 Abs 3 Buchst a) bis d) VO (EG) Nr 883/2004 sind nicht erfüllt und Sonderbestimmungen der VO (EG) Nr 883/2004 nicht einschlägig.

23

b) Ob die niederländischen Rechtsvorschriften "keine Kindererziehungszeit berücksichtigen", hat das LSG allerdings nicht festgestellt. Dies wird es im wiedereröffneten Berufungsverfahren nachzuholen haben.Zwar handelt es sich bei der Feststellung von Existenz und Inhalt ausländischen Rechts um Rechtsanwendung (BSGE 98, 257 = SozR 4-6928 Allg Nr 1; BSG SozR 3-1750 § 293 Nr 1 S 2; vgl auch May, Die Revision, 2. Aufl 1997, VI RdNr 330). Für dessen Ermittlung verweist § 293 ZPO, der im sozialgerichtlichen Verfahren entsprechend anwendbar ist(§ 202 SGG; BSG aaO), jedoch auf die Vorschriften über die Beweisaufnahme zur Tatsachenermittlung. Nach § 293 Satz 1 ZPO ist ausländisches Recht, das dem Tatsachengericht unbekannt ist, beweisbedürftig. Die Feststellungen, die die Tatsacheninstanz auf dieser Grundlage zum ausländischen Recht trifft, die darauf beruhende Rechtsauslegung und die aus dem ausländischen Recht gezogenen Schlussfolgerungen hat das BSG seiner Entscheidung unverändert zugrunde zu legen, weil es sich insoweit um nichtrevisibles Recht iS von § 162 SGG handelt(s Senatsurteil vom 13.9.1990 - 5 RJ 76/89 - BSGE 67, 214, 218 = SozR 3-6710 Art 4 Nr 1 S 4; BSGE 68, 184, 187 = SozR 3-2400 § 18a Nr 2 S 13; BSG SozR 5050 § 15 FRG Nrn 37, 38, 40; BSGE 25, 20, 23 = SozR Nr 15 zu § 1291 RVO). Feststellungen dazu, ob das niederländische Recht Kindererziehungszeiten vorsieht, hat das LSG nicht getroffen.

24

aa) Sollte das LSG dabei zu dem Ergebnis kommen, dass die niederländischen Rechtsvorschriften keine Kindererziehungszeit berücksichtigen, wird es gemäß Art 44 Abs 2 VO (EG) Nr 987/2009 weiter zu prüfen haben, ob die Klägerin in der Bundesrepublik Deutschland (= Mitgliedstaat, dessen Rechtsvorschriften nach Titel II der GrundVO Nr 883/2004 auf die betreffende Person anwendbar waren) an den beiden Tagen, an denen ihre Kinder geboren wurden (= Zeitpunkt, zu dem die Berücksichtigung der Kindererziehungszeit für das betreffende Kind nach deutschen Rechtsvorschriften begann), eine Beschäftigung oder selbstständige Erwerbstätigkeit ausgeübt hat. Nach den Feststellungen des LSG hat die Klägerin zum Zeitpunkt beider Geburten keine versicherungspflichtige Beschäftigung in der Bundesrepublik Deutschland ausgeübt. Nicht festgestellt hat das LSG allerdings, ob sie zum Zeitpunkt der Geburten versicherungsfrei beschäftigt oder selbstständig tätig war. Auch versicherungsfreie geringfügige Beschäftigungen nach § 8 SGB IV sowie geringfügige Beschäftigungen in Privathaushalten nach § 8a SGB IV fallen unter den Beschäftigungsbegriff(zur Legaldefinition s Art 1 Buchst a VO Nr 883/2004; vgl Otting in Hauck/Noftz, EU-Sozialrecht, VO 883/04 - K Art 1 RdNr 10; zum Begriff des "Arbeitnehmers" iS der VO Nr 1408/71 EuGH Urteile vom 18.7.2007 - C-213/05 - Juris RdNr 15 ff und vom 3.5.1990 - C-2/89 - Juris RdNr 7 ff). Dies wird das LSG nachzuholen haben.

25

Sollte das LSG zu dem Ergebnis kommen, dass die Voraussetzungen des Art 44 Abs 2 VO (EG) Nr 987/2009 nicht erfüllt sind, wird es zu prüfen haben, ob diese Vorschrift erweiternd auszulegen ist, weil Zeiten der Kindererziehung andernfalls keine Berücksichtigung finden (vgl Vorlagebeschluss des SG Würzburg vom 9.3.2010 - S 2 R 85/09, anhängig beim EuGH - Az C-522/10).

26

bb) Sollte die Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum niederländischen Vorschriften unterlegen haben, wird das LSG die Übergangsvorschrift des Art 93 VO (EG) Nr 987/2009 iVm Art 87 Abs 8 VO (EG) Nr 883/2004 beachten müssen. Denn in diesem Fall würden aufgrund der VO (EG) Nr 883/2004 die Rechtsvorschriften des Königreichs der Niederlande (Wohnortstaat) gelten und damit die Rechtsvorschriften des Beschäftigungsstaates (Bundesrepublik Deutschland) verdrängen, die aufgrund von Art 13 Abs 2 Buchst a VO (EWG) Nr 1408/71 bis zum 30.4.2010 galten. In dieser Situation bestimmt Art 87 Abs 8 VO (EG) Nr 883/2004 Folgendes: Gelten für eine Person infolge dieser Verordnung die Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats als desjenigen, der durch Titel II der Verordnung (EWG) Nr 1408/71 bestimmt wird, bleiben diese Rechtsvorschriften so lange, wie sich der bis dahin vorherrschende Sachverhalt nicht ändert, und auf jeden Fall für einen Zeitraum von höchstens zehn Jahren ab dem Geltungsbeginn dieser Verordnung anwendbar, es sei denn, die betreffende Person beantragt, den nach dieser Verordnung anzuwendenden Rechtsvorschriften unterstellt zu werden.

27

4. Schließlich wird das LSG zu berücksichtigen haben, dass die Klägerin die Kinderberücksichtigungszeiten bereits ab dem 1.10.1994 und nicht erst - wie ausgeurteilt - ab dem 31.10.1994 begehrt.

28

Die Kostenentscheidung bleibt der Entscheidung des LSG vorbehalten.

Gründe

1

Die Beschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Finanzgericht (FG) zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 116 Abs. 6 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

2

1. Das Urteil der Vorinstanz beruht auf einem Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO), weil das FG rechtsfehlerhaft die Voraussetzungen einer notwendigen Beiladung mit dem Hinweis verneint hat, dass --wie sich u.a. aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 9. Mai 2000 VIII R 41/99 (BFHE 192, 273, BStBl II 2000, 686) ergebe-- bei § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) eine sog. Bruchteilsbetrachtung vorzunehmen sei.

3

a) Im Ausgangsverfahren war im Streit, ob der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) verpflichtet ist, für die "X-GmbH und atypisch stille Beteiligung" für die Jahre 1998 und 1999 jeweils einen Verlust gesondert und einheitlich festzustellen und den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) einen näher bezifferten Verlustanteil zuzurechnen. Anders als das FG meint, war demnach zu entscheiden, ob für eine atypisch stille Gesellschaft (Mitunternehmerschaft i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG) eine gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung nach den §§ 179 Abs. 2 Satz 2, 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung durchzuführen ist. Für derartige Gewinnfeststellungen kommt es auf die vom FG zitierte höchstrichterliche Rechtsprechung zu § 17 EStG nicht an. Daran ändert nichts, dass das FG zu der Einschätzung gelangt ist, dass den Klägern nicht schon in den Streitjahren (1998 und 1999), sondern frühestens im Jahr 2003 ein Verlust entstanden sei, auf den dann die für eine wesentliche Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft i.S. des § 17 EStG geltenden Grundsätze anzuwenden seien.

4

b) Nach § 60 Abs. 3 FGO sind Dritte, die an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, notwendig beizuladen. Dies gilt für Mitberechtigte, die nach § 48 FGO klagebefugt sind, aber nicht selbst Klage erhoben haben. Gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 1 FGO ist eine Personengesellschaft befugt, als Prozessstandschafterin für ihre Gesellschafter und ihrerseits vertreten durch ihre(n) Geschäftsführer Klage gegen den Gewinnfeststellungsbescheid zu erheben, der sich inhaltlich nicht an die Gesellschaft, sondern an die Gesellschafter als Subjekte der Einkommensteuer richtet. Dies gilt allerdings nicht für die atypisch stille Gesellschaft, denn diese kann als Innengesellschaft nicht Beteiligte eines finanzgerichtlichen Verfahrens sein, das die einheitliche Feststellung der Einkünfte betrifft. Vielmehr übernimmt die Rolle des nicht vorhandenen vertretungsberechtigten Geschäftsführers bei einer atypisch stillen Gesellschaft gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 2, Abs. 2 FGO der Empfangsbevollmächtigte (vgl. BFH-Urteil vom 22. September 2011 IV R 8/09, Der Betrieb 2011, 2640, Volltext in juris; BFH-Beschluss vom 14. November 2008 IV B 136/07, BFH/NV 2009, 597). Empfangsbevollmächtigt kann auch der Inhaber des Handelsgeschäfts sein. Sind Personen nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO nicht vorhanden, so ist gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 2 FGO klagebefugt jeder Gesellschafter, gegen den der Feststellungsbescheid ergangen ist oder zu ergehen hätte. Nach §§ 60 Abs. 3, 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO sind ausgeschiedene Gesellschafter im Verfahren über die gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung immer beizuladen, und zwar auch dann, wenn es um Fragen geht, für die an sich nur Personen nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO klagebefugt sind (BFH-Beschluss vom 8. Mai 2008 IV B 138/07, BFH/NV 2008, 1499, m.w.N.).

5

c) Nach diesen Maßstäben kommt vorliegend eine notwendige Beiladung nach § 60 Abs. 3 FGO in Betracht. Der erkennende Senat vermag indes aufgrund der vom FG getroffenen Feststellungen nicht zu beurteilen, welche der Alternativen des § 48 Abs. 1 FGO --vorliegend insbesondere die Nrn. 1 und 2 der Vorschrift-- einschlägig ist bzw. sind. Das FG hat keine Feststellungen zur Existenz eines Empfangsbevollmächtigten der atypisch stillen Gesellschaft, an der sich die Kläger beteiligt haben, getroffen. Bei einer atypisch stillen Gesellschaft ist der Empfangsbevollmächtigte auch dann notwendig beizuladen, wenn der Rechtsstreit wegen gesonderter und einheitlicher Gewinnfeststellung keine Auswirkungen für ihn hat (z.B. BFH-Beschluss in BFH/NV 2009, 597). Sollte als Empfangsbevollmächtigter die an der atypisch stillen Gesellschaft beteiligte GmbH als Inhaberin des Handelsgeschäfts in Betracht kommen, so wird das FG der Frage nachzugehen haben, ob diese GmbH, deren Schicksal die Kläger im Ausgangsverfahren als "unklar" bezeichnet haben, zwischenzeitlich vollbeendet ist. So hätte die Löschung der GmbH nach § 60 Abs. 1 Nr. 7 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung im Handelsregister wegen Vermögenslosigkeit die Auflösung und die Vollbeendigung der Gesellschaft zur Folge (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 21. Januar 2004 VIII R 2/02, BFHE 205, 117, BStBl II 2004, 551, unter II.3.c aa). Lägen die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO nicht vor, käme hinsichtlich der von den Klägern begehrten Beiladung der nicht klagenden atypisch stillen Gesellschafter jedenfalls die Vorschrift des § 48 Abs. 1 Nr. 2 FGO zum Tragen. Für den Fall des Ausscheidens von Gesellschaftern könnte deren notwendige Beiladung auf die §§ 60 Abs. 3, 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO gestützt werden.

6

d) Die unterbliebene notwendige Beiladung stellt trotz der Regelung in § 123 Abs. 1 FGO einen Verstoß gegen die Grundordnung des Verfahrens dar, denn die Vorschriften über die notwendige Beiladung regeln eine unverzichtbare Sachentscheidungsvoraussetzung (z.B. BFH-Beschluss in BFH/NV 2009, 597). Die angefochtene Entscheidung kann deshalb auf dem Verfahrensmangel beruhen (BFH-Beschluss in BFH/NV 2008, 1499, m.w.N.). § 123 Abs. 1 Satz 2 FGO eröffnet dem BFH lediglich die Möglichkeit, eine notwendige Beiladung im Revisionsverfahren nachzuholen.

7

2. Nach alledem kommt es auf die weiteren von den Klägern vorgebrachten Revisionszulassungsgründe nicht mehr an.

Tenor

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26. Oktober 2010 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

I. Der bei der beklagten Krankenkasse versicherte Kläger leidet insbesondere unter einer pulmonalen Hypertonie mit fortgeschrittenem Cor pulmonale. Er ist mit seinem Begehren, ihm Krankengeld (Krg) für die Zeiträume vom 16.3. bis 31.12.2002, vom 1.5. bis 21.5.2003 und vom 31.5. bis 31.12.2003 zu gewähren, bislang ohne Erfolg geblieben. Das LSG hat seine Berufung gegen das in erster Instanz ergangene klageabweisende Urteil wegen Versäumung der Berufungsfrist unter Versagung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verworfen. Außerdem bestehe auch kein Anspruch auf Krg (Urteil vom 26.10.2010).

2

Nunmehr wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil und rügt die Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör.

3

II. Die zulässige Beschwerde des Klägers ist begründet.

4

1. Das LSG-Urteil beruht auf einem Verfahrensfehler (Revisionszulassungsgrund des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG), den der Kläger entsprechend den Anforderungen des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gerügt hat. Das LSG hat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG, Art 47 Abs 2 Satz 1 Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art 6 Abs 1 Europäische Menschenrechtskonvention, § 62 SGG)verletzt, weil das Gericht am 26.10.2010 in der Sache entschieden hat, obwohl der Kläger annehmen durfte, eine instanzbeendende Entscheidung werde jedenfalls an diesem Tag nicht ergehen.

5

Nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann. Grundsätzlich bedarf es allerdings keines weiteren Vortrags zum "Beruhen" der angegriffenen Entscheidung auf dem Verfahrensfehler, wenn ein Beschwerdeführer behauptet, um sein Recht auf eine mündliche Verhandlung gebracht worden zu sein (vgl BSG SozR 4-1500 § 158 Nr 2 RdNr 4; BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 33 S 62). Wird einem Beteiligten zB ein vom Gericht anberaumter Verhandlungstermin nicht mitgeteilt oder nach Beweisaufnahme trotz nicht mehr wirksamer Verzichtserklärung ohne mündliche Verhandlung entschieden, reicht es wegen der besonderen Wertigkeit der mündlichen Verhandlung als Kernstück des sozialgerichtlichen Verfahrens vielmehr aus, dass eine andere Entscheidung nicht auszuschließen ist, wenn der Betroffene Gelegenheit gehabt hätte, in der mündlichen Verhandlung vorzutragen (BSGE 44, 292, 295 = SozR 1500 § 124 Nr 2; BSG Beschluss vom 17.2.2010 - B 1 KR 112/09 B - mwN). Gleichermaßen wird einem Verfahrensbeteiligten das Recht auf mündliche Verhandlung versagt, wenn das Gericht mündlich verhandelt und in der Sache abschließend entscheidet, obwohl der Beteiligte zuvor gemäß § 227 Abs 1 ZPO iVm § 202 SGG einen Terminverlegungsantrag gestellt und dafür erhebliche Gründe geltend gemacht hat. Das Gericht ist in einem derartigen Fall bei ordnungsgemäßem Vorgehen verpflichtet, den anberaumten Verhandlungstermin zu verlegen oder zu vertagen (BSG SozR 3-1750 § 227 Nr 1 S 2; BSG Beschluss vom 13.11.2008 - B 13 R 303/07 B; BSG Beschluss vom 17.2.2010 - B 1 KR 112/09 B - RdNr 5). Auch dann reicht es aus, dass bei Anwesenheit des Verfahrensbeteiligen eine andere Entscheidung nicht auszuschließen ist (BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 33 S 62). So liegt es hier.

6

Der unvertretene Kläger hatte erhebliche Gründe für seinen am Sitzungstag gestellten Terminverlegungsantrag geltend gemacht: eine akute Verschlechterung seiner Sauerstoffsättigung im Blut trotz hoher Sauerstoffgabe und Dauerbeamtung. Das LSG konnte seine Verhandlungs- und Reiseunfähigkeit nicht ausschließen. Der Kläger legte damit zugleich dar, warum er sich nicht früher auf diesen Grund hatte berufen können. In einem solchen Fall ist das Gericht verpflichtet, den Termin zu verlegen oder zu vertagen. Dem steht nicht entgegen, dass das LSG die Berufung als unzulässig verworfen hat und diese Entscheidung auch im Beschlusswege ohne mündliche Verhandlung hätte ergehen können (§ 158 Satz 2 SGG). Denn hier ist der Kläger vor der mündlichen Verhandlung nicht dazu angehört worden, dass und warum eine Verwerfung der Berufung in Betracht kommt. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass die Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung zu einer anderen rechtlichen Bewertung des Sachverhalts durch das LSG geführt hätte.

7

Es bedarf keiner Vertiefung, ob das LSG grundsätzlich befugt gewesen wäre, den Kläger aufzufordern, seine krankheitsbedingte Verhinderung glaubhaft zu machen. Wenn dem Gericht ein vorgetragener Verhinderungsgrund für einen Antrag auf Terminsverlegung nicht hinreichend substantiiert erscheint, erfordern es die Grundsätze des rechtlichen Gehörs und des fairen Verfahrens, dem Beteiligten stets die Möglichkeit zu geben, die entsprechenden Angaben nachzuholen und die erforderlichen Unterlagen einzureichen (BSG Beschluss vom 1.7.2010 - B 13 R 561/09 B - RdNr 12). Davon hat das LSG abgesehen. Selbst wenn dem Kläger eine ausreichende Glaubhaftmachung am Sitzungstag nicht mehr möglich gewesen wäre, wäre entgegen der Auffassung des LSG eine Vertagung unumgänglich gewesen (vgl dazu BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 33 S 59; s ferner BFH Beschluss vom 19.08.2003 - IX B 36/03 - DStRE 2004, 540). Denn im Zweifel hat der Anspruch auf Wahrung des rechtlichen Gehörs Vorrang vor dem Grundsatz der Verfahrensbeschleunigung.

8

2. Nach § 160a Abs 5 SGG kann das BSG in dem Beschluss über die Nichtzulassungsbeschwerde das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverweisen, wenn die Voraussetzungen des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vorliegen, was - wie ausgeführt - hier der Fall ist. Der Senat macht von dieser Möglichkeit Gebrauch.

9

3. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens bleibt dem LSG vorbehalten.

Klageänderungen und Beiladungen sind im Revisionsverfahren unzulässig. Dies gilt nicht für die Beiladung der Bundesrepublik Deutschland in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts nach § 75 Abs. 1 Satz 2 und, sofern der Beizuladende zustimmt, für Beiladungen nach § 75 Abs. 2.

Gründe

1

Die Beschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Finanzgericht (FG) zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 116 Abs. 6 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

2

1. Das Urteil der Vorinstanz beruht auf einem Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO), weil das FG rechtsfehlerhaft die Voraussetzungen einer notwendigen Beiladung mit dem Hinweis verneint hat, dass --wie sich u.a. aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 9. Mai 2000 VIII R 41/99 (BFHE 192, 273, BStBl II 2000, 686) ergebe-- bei § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) eine sog. Bruchteilsbetrachtung vorzunehmen sei.

3

a) Im Ausgangsverfahren war im Streit, ob der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) verpflichtet ist, für die "X-GmbH und atypisch stille Beteiligung" für die Jahre 1998 und 1999 jeweils einen Verlust gesondert und einheitlich festzustellen und den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) einen näher bezifferten Verlustanteil zuzurechnen. Anders als das FG meint, war demnach zu entscheiden, ob für eine atypisch stille Gesellschaft (Mitunternehmerschaft i.S. von § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG) eine gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung nach den §§ 179 Abs. 2 Satz 2, 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung durchzuführen ist. Für derartige Gewinnfeststellungen kommt es auf die vom FG zitierte höchstrichterliche Rechtsprechung zu § 17 EStG nicht an. Daran ändert nichts, dass das FG zu der Einschätzung gelangt ist, dass den Klägern nicht schon in den Streitjahren (1998 und 1999), sondern frühestens im Jahr 2003 ein Verlust entstanden sei, auf den dann die für eine wesentliche Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft i.S. des § 17 EStG geltenden Grundsätze anzuwenden seien.

4

b) Nach § 60 Abs. 3 FGO sind Dritte, die an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, notwendig beizuladen. Dies gilt für Mitberechtigte, die nach § 48 FGO klagebefugt sind, aber nicht selbst Klage erhoben haben. Gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 1 FGO ist eine Personengesellschaft befugt, als Prozessstandschafterin für ihre Gesellschafter und ihrerseits vertreten durch ihre(n) Geschäftsführer Klage gegen den Gewinnfeststellungsbescheid zu erheben, der sich inhaltlich nicht an die Gesellschaft, sondern an die Gesellschafter als Subjekte der Einkommensteuer richtet. Dies gilt allerdings nicht für die atypisch stille Gesellschaft, denn diese kann als Innengesellschaft nicht Beteiligte eines finanzgerichtlichen Verfahrens sein, das die einheitliche Feststellung der Einkünfte betrifft. Vielmehr übernimmt die Rolle des nicht vorhandenen vertretungsberechtigten Geschäftsführers bei einer atypisch stillen Gesellschaft gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 2, Abs. 2 FGO der Empfangsbevollmächtigte (vgl. BFH-Urteil vom 22. September 2011 IV R 8/09, Der Betrieb 2011, 2640, Volltext in juris; BFH-Beschluss vom 14. November 2008 IV B 136/07, BFH/NV 2009, 597). Empfangsbevollmächtigt kann auch der Inhaber des Handelsgeschäfts sein. Sind Personen nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO nicht vorhanden, so ist gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 2 FGO klagebefugt jeder Gesellschafter, gegen den der Feststellungsbescheid ergangen ist oder zu ergehen hätte. Nach §§ 60 Abs. 3, 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO sind ausgeschiedene Gesellschafter im Verfahren über die gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung immer beizuladen, und zwar auch dann, wenn es um Fragen geht, für die an sich nur Personen nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO klagebefugt sind (BFH-Beschluss vom 8. Mai 2008 IV B 138/07, BFH/NV 2008, 1499, m.w.N.).

5

c) Nach diesen Maßstäben kommt vorliegend eine notwendige Beiladung nach § 60 Abs. 3 FGO in Betracht. Der erkennende Senat vermag indes aufgrund der vom FG getroffenen Feststellungen nicht zu beurteilen, welche der Alternativen des § 48 Abs. 1 FGO --vorliegend insbesondere die Nrn. 1 und 2 der Vorschrift-- einschlägig ist bzw. sind. Das FG hat keine Feststellungen zur Existenz eines Empfangsbevollmächtigten der atypisch stillen Gesellschaft, an der sich die Kläger beteiligt haben, getroffen. Bei einer atypisch stillen Gesellschaft ist der Empfangsbevollmächtigte auch dann notwendig beizuladen, wenn der Rechtsstreit wegen gesonderter und einheitlicher Gewinnfeststellung keine Auswirkungen für ihn hat (z.B. BFH-Beschluss in BFH/NV 2009, 597). Sollte als Empfangsbevollmächtigter die an der atypisch stillen Gesellschaft beteiligte GmbH als Inhaberin des Handelsgeschäfts in Betracht kommen, so wird das FG der Frage nachzugehen haben, ob diese GmbH, deren Schicksal die Kläger im Ausgangsverfahren als "unklar" bezeichnet haben, zwischenzeitlich vollbeendet ist. So hätte die Löschung der GmbH nach § 60 Abs. 1 Nr. 7 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung im Handelsregister wegen Vermögenslosigkeit die Auflösung und die Vollbeendigung der Gesellschaft zur Folge (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 21. Januar 2004 VIII R 2/02, BFHE 205, 117, BStBl II 2004, 551, unter II.3.c aa). Lägen die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO nicht vor, käme hinsichtlich der von den Klägern begehrten Beiladung der nicht klagenden atypisch stillen Gesellschafter jedenfalls die Vorschrift des § 48 Abs. 1 Nr. 2 FGO zum Tragen. Für den Fall des Ausscheidens von Gesellschaftern könnte deren notwendige Beiladung auf die §§ 60 Abs. 3, 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO gestützt werden.

6

d) Die unterbliebene notwendige Beiladung stellt trotz der Regelung in § 123 Abs. 1 FGO einen Verstoß gegen die Grundordnung des Verfahrens dar, denn die Vorschriften über die notwendige Beiladung regeln eine unverzichtbare Sachentscheidungsvoraussetzung (z.B. BFH-Beschluss in BFH/NV 2009, 597). Die angefochtene Entscheidung kann deshalb auf dem Verfahrensmangel beruhen (BFH-Beschluss in BFH/NV 2008, 1499, m.w.N.). § 123 Abs. 1 Satz 2 FGO eröffnet dem BFH lediglich die Möglichkeit, eine notwendige Beiladung im Revisionsverfahren nachzuholen.

7

2. Nach alledem kommt es auf die weiteren von den Klägern vorgebrachten Revisionszulassungsgründe nicht mehr an.

(1) Von der Versicherungspflicht werden befreit

1.
Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, wenn
a)
am jeweiligen Ort der Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit für ihre Berufsgruppe bereits vor dem 1. Januar 1995 eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in der berufsständischen Kammer bestanden hat,
b)
für sie nach näherer Maßgabe der Satzung einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze zur berufsständischen Versorgungseinrichtung zu zahlen sind und
c)
aufgrund dieser Beiträge Leistungen für den Fall verminderter Erwerbsfähigkeit und des Alters sowie für Hinterbliebene erbracht und angepasst werden, wobei auch die finanzielle Lage der berufsständischen Versorgungseinrichtung zu berücksichtigen ist,
2.
Lehrer oder Erzieher, die an nicht-öffentlichen Schulen beschäftigt sind, wenn ihnen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen oder entsprechenden kirchenrechtlichen Regelungen Anwartschaft auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet und die Erfüllung der Gewährleistung gesichert ist und wenn diese Personen die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 erfüllen,
3.
nichtdeutsche Besatzungsmitglieder deutscher Seeschiffe, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz haben,
4.
Gewerbetreibende in Handwerksbetrieben, wenn für sie mindestens 18 Jahre lang Pflichtbeiträge gezahlt worden sind.
Die gesetzliche Verpflichtung für eine Berufsgruppe zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 gilt mit dem Tag als entstanden, an dem das die jeweilige Kammerzugehörigkeit begründende Gesetz verkündet worden ist. Wird der Kreis der Pflichtmitglieder einer berufsständischen Kammer nach dem 31. Dezember 1994 erweitert, werden diejenigen Pflichtmitglieder des berufsständischen Versorgungswerks nicht nach Satz 1 Nr. 1 befreit, die nur wegen dieser Erweiterung Pflichtmitglieder ihrer Berufskammer geworden sind. Für die Bestimmung des Tages, an dem die Erweiterung des Kreises der Pflichtmitglieder erfolgt ist, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden. Personen, die nach bereits am 1. Januar 1995 geltenden versorgungsrechtlichen Regelungen verpflichtet sind, für die Zeit der Ableistung eines gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes Mitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu sein, werden auch dann nach Satz 1 Nr. 1 von der Versicherungspflicht befreit, wenn eine gesetzliche Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer für die Zeit der Ableistung des Vorbereitungs- oder Anwärterdienstes nicht besteht. Satz 1 Nr. 1 gilt nicht für die in Satz 1 Nr. 4 genannten Personen.

(1a) Personen, die nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig sind, werden von der Versicherungspflicht befreit

1.
für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt,
2.
nach Vollendung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach § 2 Satz 1 Nr. 9 versicherungspflichtig werden.
Satz 1 Nr. 1 gilt entsprechend für die Aufnahme einer zweiten selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des § 2 Satz 1 Nr. 9 erfüllt. Eine Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit liegt nicht vor, wenn eine bestehende selbständige Existenz lediglich umbenannt oder deren Geschäftszweck gegenüber der vorangegangenen nicht wesentlich verändert worden ist.

(1b) Personen, die eine geringfügige Beschäftigung nach § 8 Absatz 1 Nummer 1 oder § 8a in Verbindung mit § 8 Absatz 1 Nummer 1 des Vierten Buches ausüben, werden auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit. Der schriftliche oder elektronische Befreiungsantrag ist dem Arbeitgeber zu übergeben. § 8 Absatz 2 des Vierten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine Zusammenrechnung mit einer nicht geringfügigen Beschäftigung nur erfolgt, wenn diese versicherungspflichtig ist. Der Antrag kann bei mehreren geringfügigen Beschäftigungen nur einheitlich gestellt werden und ist für die Dauer der Beschäftigungen bindend. Satz 1 gilt nicht für Personen, die im Rahmen betrieblicher Berufsbildung, nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz, nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz oder nach § 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 beschäftigt sind oder von der Möglichkeit einer stufenweisen Wiederaufnahme einer nicht geringfügigen Tätigkeit (§ 74 des Fünften Buches) Gebrauch machen.

(2) Die Befreiung erfolgt auf Antrag des Versicherten, in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 auf Antrag des Arbeitgebers. In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 hat der Versicherte den Antrag elektronisch über die zuständige berufsständische Versorgungseinrichtung zu stellen. Diese leitet den Antrag durch Datenübertragung an den Träger der Rentenversicherung zusammen mit den Bestätigungen über das Vorliegen einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, über das Bestehen einer Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Kammer und über die Pflicht zur Zahlung einkommensbezogener Beiträge zur Entscheidung unverzüglich weiter. Der Träger der Rentenversicherung teilt seine Entscheidung dem Antragsteller in Textform und der den Antrag weiterleitenden berufsständischen Versorgungseinrichtung elektronisch mit. Der Eingang des Antrags bei der berufsständischen Versorgungseinrichtung ist für die Wahrung der in Absatz 4 bestimmten Frist maßgeblich. Der Datenaustausch erfolgt über die Annahmestelle der berufsständischen Versorgungseinrichtungen und die Datenstelle der Rentenversicherung. Die technische Ausgestaltung des Verfahrens regeln die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen e. V. in gemeinsamen Grundsätzen, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu genehmigen sind.

(3) Über die Befreiung entscheidet der Träger der Rentenversicherung. Abweichend von Satz 1 entscheidet in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Deutsche Rentenversicherung Bund, nachdem das Vorliegen der Voraussetzungen bestätigt worden ist

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 von der für die berufsständische Versorgungseinrichtung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde und
2.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 von der obersten Verwaltungsbehörde desjenigen Landes, in dem der Arbeitgeber seinen Sitz hat.
In den Fällen des Absatzes 1b gilt die Befreiung als erteilt, wenn die nach § 28i Satz 5 des Vierten Buches zuständige Einzugsstelle nicht innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches dem Befreiungsantrag des Beschäftigten widerspricht. Die Vorschriften des Zehnten Buches über die Bestandskraft von Verwaltungsakten und über das Rechtsbehelfsverfahren gelten entsprechend.

(4) Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an. In den Fällen des Absatzes 1b wirkt die Befreiung bei Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nach § 28a des Vierten Buches bei der zuständigen Einzugsstelle rückwirkend vom Beginn des Monats, in dem der Antrag des Beschäftigten dem Arbeitgeber zugegangen ist, wenn der Arbeitgeber den Befreiungsantrag der Einzugsstelle mit der ersten folgenden Entgeltabrechnung, spätestens aber innerhalb von sechs Wochen nach Zugang, gemeldet und die Einzugsstelle innerhalb eines Monats nach Eingang der Meldung des Arbeitgebers nicht widersprochen hat. Erfolgt die Meldung des Arbeitgebers später, wirkt die Befreiung vom Beginn des auf den Ablauf der Widerspruchsfrist nach Absatz 3 folgenden Monats. In den Fällen, in denen bei einer Mehrfachbeschäftigung die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen, hat die Einzugsstelle die weiteren Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Wirkung der Befreiung unverzüglich durch eine Meldung zu unterrichten.

(5) Die Befreiung ist auf die jeweilige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit beschränkt. Sie erstreckt sich in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 auch auf eine andere versicherungspflichtige Tätigkeit, wenn diese infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und der Versorgungsträger für die Zeit der Tätigkeit den Erwerb einkommensbezogener Versorgungsanwartschaften gewährleistet.