Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 19. April 2011 (S 15 R 1465/10) aufgehoben.

Die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 14. April 2010 und den Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 2010 wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über einen früheren Beginn der der Klägerin bewilligten Regelaltersrente.

2

Die am 1927 in K., Polen, geborene Klägerin ist als Verfolgte des Nationalsozialismus anerkannt. Sie besitzt die israelische Staatsangehörigkeit und lebt seit 1949 in Israel.

3

Während ihres zwangsweisen Aufenthalts im Ghetto Kamionka arbeitete sie aus eigenem Willensentschluss vom 1.1.1942 bis 31.10.1942 in der Landwirtschaft des Gutes K. und erhielt hierfür Bargeld.

4

Am 27.11.2002 beantragte die Klägerin eine Altersrente aus der Deutschen Rentenversicherung aufgrund von Ghetto-Beitragszeiten. Mit Bescheid vom 5.1.2004 lehnte die Beklagte den Antrag ab, weil das Vorliegen einer Beschäftigung iS des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG) vom 20.6.2002 (BGBl I 2074) nicht glaubhaft sei. Die Angaben der Klägerin sprächen vielmehr für das Vorliegen eines Zwangsarbeitsverhältnisses. Nach den Feststellungen des SG focht die Klägerin den Bescheid vom 5.1.2004 nicht an.

5

Am 15.5.2009 beantragte die Klägerin erneut die Gewährung einer Altersrente.

6

Mit Bescheid vom 14.4.2010 gewährte die Beklagte der Klägerin unter Anerkennung einer Ghetto-Beitragszeit vom 1.1.1942 bis 31.10.1942 Regelaltersrente ab 1.1.2005. Den Widerspruch der Klägerin, mit dem diese den Zeitpunkt des Rentenbeginns beanstandete, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24.6.2010 zurück.

7

Hiergegen hat die Klägerin Klage beim SG Düsseldorf erhoben, mit der sie eine Rentengewährung bereits ab 1.7.1997 und eine Verzinsung des Nachzahlungsbetrages begehrt hat. Mit Urteil vom 19.4.2011 hat das SG die Beklagte verurteilt, der Klägerin Regelaltersrente auch für die Zeit vom 1.7.1997 bis 31.12.2004 zu gewähren und die Nachzahlung zu verzinsen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der ursprüngliche ablehnende Rentenbescheid sei rechtswidrig und dementsprechend gemäß § 44 Abs 1 SGB X zurückzunehmen gewesen. Entgegen der Ansicht der Beklagten stehe der Klägerin die Regelaltersrente bereits ab dem geltend gemachten Zeitpunkt zu, weil nach § 3 Abs 1 ZRBG der vor Juli 2003 gestellte Rentenantrag als schon am 18.6.1997 gestellt gelte. Gemäß § 99 Abs 1 SGB VI sei daher Rente bereits seit 1.7.1997 zu gewähren. § 44 Abs 4 SGB X und § 100 Abs 4 SGB VI seien nicht anwendbar. Der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG gebiete es, im Wege richterlicher Rechtsfortbildung diese allgemeinen, die Rechte von Versicherten beschränkenden Verfahrens- und Ausschlussvorschriften nicht anzuwenden. Das hier vertretene Ergebnis ergebe sich des Weiteren aus dem Urteil des BSG vom 3.5.2005 (BSGE 94, 294 = SozR 4-2600 § 306 Nr 1) sowie der Entscheidung des BGH vom 22.2.2001 (IX ZR 113/00 - Juris = BGHReport 2001, 372 = LM BEG 1956 § 35 Nr 37<5/2001>), die ebenfalls davon ausgingen, dass der Zweck von Entschädigungsregelungen dahingehe, das zugefügte Unrecht sobald und soweit wie irgend möglich wiedergutzumachen. In die gleiche Richtung äußere sich das Urteil des BSG vom 16.9.1960 (1 RA 38/60 - BSGE 13, 67). Der Zinsanspruch rechtfertige sich aus § 44 SGB I.

8

Mit ihrer hiergegen eingelegten Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 44 Abs 4 SGB X. Im Fall der rückwirkenden Rücknahme von Verwaltungsakten nach § 44 Abs 1 SGB X auf Antrag sehe § 44 Abs 4 SGB X vor, dass Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile des SGB längstens für einen Zeitraum von bis zu vier Jahren vor Antragstellung erbracht würden. Diese Ausschlussregelung werde in den hier zu entscheidenden Fallkonstellationen nicht durch eine spezialgesetzliche Sonderregelung verdrängt. Insbesondere enthalte das ZRBG keine abweichende Regelung. Art 3 Abs 1 GG sei nicht verletzt. Denn zwischen den vom SG benannten zwei Personengruppen - derjenigen, deren Rentenverfahren vor dem 2./3.6.2009 bereits rechtskräftig abgeschlossen worden sei, und derjenigen, deren Rentenverfahren zu diesem Zeitpunkt noch anhängig gewesen sei -, bestehe ein gewichtiger Unterschied, der eine ungleiche Behandlung rechtfertige. Dies sei die bestandskräftige Ablehnung des ersten Rentenantrags. In der Rechtsprechung des BVerfG sei es darüber hinaus anerkannt, dass eine fehlerhafte Rechtsanwendung erst dann gegen Art 3 Abs 1 GG verstoße, wenn sie bei verständiger Würdigung der das GG beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich sei und sich daher der Schluss aufdränge, sie beruhe auf sachfremden Erwägungen. Für das Vorliegen einer derartigen Willkür bestünden aber keine Anhaltspunkte.

9

Die Beklagte beantragt,

        

das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 19. April 2011 (S 15 R 1465/10) aufzuheben und die Klage abzuweisen.

10

Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,

        

die Revision zurückzuweisen.

11

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das SG hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Zahlung von Regelaltersrente bereits ab 1.7.1997 nicht zu.

13

Dies ergibt sich allerdings nur auf der Grundlage der für das Revisionsgericht verbindlichen Feststellungen des SG (vgl § 163 SGG). Danach hat die Klägerin den Ablehnungsbescheid vom 5.1.2004 nicht angefochten, sodass dieser bestandskräftig geworden ist und sich der geltend gemachte Anspruch nach § 44 SGB X richtet. Demgegenüber kommt auf der Grundlage der Verwaltungsakte der Beklagten durchaus in Betracht, dass der Bescheid vom 5.1.2004 der Klägerin nicht ordnungsgemäß bekannt gegeben worden sein könnte. Allerdings hat sich die Beklagte der vom Senat angeregten Prüfung einer damit in Erwägung zu ziehenden Erstentscheidung über den Rentenantrag der Klägerin verweigert.

14

Nach § 44 Abs 4 SGB X steht der Klägerin ein Anspruch auf Zahlung von Regelaltersrente bereits ab 1.7.1997 nicht zu.

15

Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit auf Antrag zurückgenommen worden, werden gemäß § 44 Abs 4 SGB X Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuchs längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor dem Antrag erbracht, wobei der Zeitpunkt des Antrags von Beginn des Jahres an gerechnet wird, in dem er gestellt worden ist.

16

Die Beklagte hat mit Bescheid vom 14.4.2010 den nach den Feststellungen des SG bestandskräftigen Bescheid vom 5.1.2004 gemäß § 44 Abs 1 S 1 SGB X mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Zwar ist dies nicht ausdrücklich erfolgt. Eine Zurücknahme des Verwaltungsakts ist den Verlautbarungen im Bescheid vom 14.4.2010 jedoch gerade noch mit der gebotenen hinreichenden Bestimmtheit (§ 33 Abs 1 SGB X, § 117 SGB VI) zu entnehmen.

17

Für die ausgehend von seinem Verfügungssatz vorzunehmende Auslegung eines Verwaltungsaktes ist der in § 133 BGB ausgedrückte allgemeine Rechtsgedanke heranzuziehen, dass es nicht auf den Buchstaben, sondern auf den wirklichen Willen der Behörde bzw des Verwaltungsträgers ankommt, soweit er im Bescheid greifbar seinen Niederschlag gefunden hat. Für die Ermittlung des erklärten Willens sind dabei auch die Umstände und Gesichtspunkte heranzuziehen, die zur Aufhellung des Inhalts der Verfügung beitragen können und die dem Beteiligten bekannt sind, wenn der Verwaltungsakt sich erkennbar auf sie bezieht. Maßstab der Auslegung ist insofern der verständige und die Zusammenhänge berücksichtigende Beteiligte (vgl Badura in Erichsen/Ehlers, Allg VerwR, 12. Aufl 2002, § 38 RdNr 17).

18

Der Bescheid vom 14.4.2010 nimmt erkennbar auf das bereits bestandskräftig abgeschlossene Verwaltungsverfahren Bezug. Auf dessen Seite 1 wird geregelt, dass die Klägerin - auf ihren Antrag vom 15.5.2009 - rückwirkend Regelaltersrente erhält und die Zahlung der Rente am 1.1.2005 beginnt. In Übereinstimmung mit § 44 Abs 4 SGB X wird die Rente für einen Zeitraum von vier Jahren vor dem Antrag erbracht, wobei der Zeitpunkt des Antrags von Beginn des Jahres an gerechnet worden ist, in dem der Antrag gestellt wurde. Auf Seite 2 des Bescheides vom 14.4.2010 wird schließlich - wenngleich verkürzt - der Wortlaut des § 44 Abs 4 SGB X angegeben. Unter Berücksichtigung dieser im Bescheid verlautbarten Umstände war erkennbar, dass der frühere, die Regelaltersrente ablehnende Bescheid, dh der Bescheid vom 5.1.2004, gemäß § 44 Abs 1 S 1 SGB X zurückgenommen worden ist.

19

Dass § 44 Abs 4 SGB X die rückwirkende Erbringung von Leistungen im Fall der Aufhebung von gesetzeswidrigen, Sozialleistungen zu Unrecht verweigernden Ablehnungsentscheidungen auf einen Zeitraum von längstens vier Jahren beschränkt, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Dem Grundgesetz ist nicht zu entnehmen, dass die vollziehende Gewalt allgemein verpflichtet wäre, rechtswidrig belastende oder auch rechtswidrig begünstigende Verwaltungsakte unbeschadet des Eintritts ihrer formellen Bestandskraft von Amts wegen oder auf Antrag des Adressaten aufzuheben oder abzuändern (vgl BVerfGE 20, 230, 235; 116, 24, 55; 117, 302, 315). Dementsprechend besteht auch keine allgemeine Verpflichtung der vollziehenden Gewalt, die Folgen einer rechtswidrigen Entscheidung im Nachhinein zu beseitigen. Tritt das Prinzip der Rechtssicherheit, aus dem sich die grundsätzliche Rechtsbeständigkeit in Bestandskraft erwachsender Akte der öffentlichen Gewalt ergibt, mit dem Gebot der Gerechtigkeit im Einzelfall in Widerstreit, so hat der Gesetzgeber beide Grundsätze abzuwägen und zu entscheiden, welchem von beiden Prinzipien der Vorrang gegeben werden soll (vgl BVerfGE 15, 313, 319; 35, 41, 47). Dieses Gebot konkretisiert § 44 SGB X dahingehend, dass im Interesse des Betroffenen an der richtigen Anwendung des Gesetzesrechts die rechtswidrige Entscheidung aufzuheben ist(Abs 1) und rückwirkend Sozialleistungen erbracht werden, wobei die Rückwirkung im Interesse der Rechtssicherheit auf vier Jahre begrenzt wird (Abs 4). Gegen die Begrenzung der rückwirkenden Leistungserbringung auf diese Zeitspanne kann unter dem Gesichtspunkt des Art 3 Abs 1 GG nicht der Vorwurf der Willkür erhoben werden (vgl hierzu allgemein BVerfGE 15, 313, 319 f; 35, 41, 47). Innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren verjähren grundsätzlich sowohl Ansprüche auf Sozialleistungen als auch auf Beiträge (vgl § 25 Abs 1 S 1 SGB IV). Damit hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass gleichermaßen zu Lasten wie auch zu Gunsten des Versicherten Rechte und Pflichten aus einem Sozialleistungsverhältnis nach Ablauf dieser Zeitspanne nicht mehr geltend gemacht werden können. Hierbei handelt es sich um eine ausgewogene Gesamtregelung, innerhalb derer sich § 44 Abs 4 SGB X als sachlich begründete Bestimmung darstellt. Unter dem Gesichtspunkt des Art 14 Abs 1 GG ist § 44 Abs 4 SGB X eine verhältnismäßige und damit zulässige Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums iS des Art 14 Abs 1 S 2 GG(vgl BSGE 60, 158, 163).

20

Für Fälle der vorliegenden Art enthält § 44 Abs 4 SGB X eine abschließende Regelung. Die Beklagte hat sie bei Vorliegen der Voraussetzungen anzuwenden, ohne dass hiergegen der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung erhoben oder ein Verstoß gegen Treu und Glauben geltend gemacht werden könnte (BSGE 60, 158, 160; 62, 10, 14).

21

Dem steht § 3 Abs 1 S 1 ZRBG nicht entgegen.

22

Nach dieser Vorschrift gilt ein bis zum 30.6.2003 gestellter Antrag auf Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung als am 18.6.1997 gestellt, mit der Folge, dass die Rente bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen ab 1.7.1997, dem Tag des Inkrafttretens des ZRBG (Art 3 Abs 2 ZRBG/SGB VI-Änderungsgesetz), zu leisten ist (vgl BSGE 103, 190 = SozR 4-5075 § 1 Nr 7, RdNr 57-58; BT-Drucks 14/8583, S 6). Schon unter Berücksichtigung seines Wortlauts regelt § 3 Abs 1 S 1 ZRBG allein die Wirkung der erstmaligen Antragstellung und hat keinen Bezug zum Verfahrensrecht(anders zB § 307b Abs 2 S 4 SGB VI). Auch ist nicht erkennbar, dass im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens verfahrensrechtliche Probleme erörtert worden wären (vgl BT-Drucks 14/8583, S 1 ff; BT-Drucks 14/8602, S 1 ff).

23

Systematische Erwägungen bestätigen dieses Verständnis. Das ZRBG ergänzt die Vorschriften des SGB VI (Senatsurteil vom 12.2.2009 - B 5 R 70/06 R - SozR 4-5075 § 1 Nr 6 RdNr 11). Verwaltungsakte, die unter Berücksichtigung des ZRBG ergehen, richten sich dementsprechend nach demselben Verfahrensrecht, das für Verwaltungsakte maßgeblich ist, deren Regelungsgegenstand ausschließlich dem SGB VI entstammt. Danach ist auch bei Rentenbescheiden mit ZRBG-Bezug das SGB X heranzuziehen, es sei denn, dem ZRBG ließe sich für bestimmte Verfahrensbestimmungen etwas anderes entnehmen. Dies ist indes nicht der Fall.

24

Sinn und Zweck des ZRBG erlauben kein anderes Ergebnis. Diese gehen zwar dahin, eine Lücke im Recht der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts zu schließen (vgl Ulrike Mascher, Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung, BT-StenBer 14. Wahlperiode, 233. Sitzung, 25.4.2002, Plenarprotokoll 14/233 S 23282 zu Punkt B). Selbst dieser Grund legitimiert die Gerichte jedoch nicht dazu, sich im Wege der Auslegung einer Norm über eine indisponible Regelung eines anderen Gesetzes hinwegzusetzen.

25

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 2 Abs 2 Halbs 2 SGB I, nach dem bei der Auslegung dieses Gesetzbuchs sicherzustellen ist, dass die sozialen Rechte möglichst weitgehend verwirklicht werden. Diese Auslegungsregel enthält keinen Widerspruch zu den anerkannten Prinzipien der Methodenlehre, sondern gebietet eine bürgerfreundliche Gesetzesinterpretation, soweit eine solche unter Zugrundelegung der anerkannten Auslegungsmethoden möglich ist (vgl BSG Urteil vom 10.11.2011 - B 8 SO 12/10 R - RdNr 23 mwN, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; Mrozynski, SGB I, 4. Aufl 2010, § 2 RdNr 16). Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Im Übrigen enthält § 44 SGB X bereits eine Konkretisierung des in § 2 Abs 2 Halbs 2 SGB I enthaltenen Rechtsgedankens(vgl BSGE 63, 214, 218).

26

Das hier vertretene Ergebnis verstößt nicht gegen Art 3 Abs 1 GG.

27

Der allgemeine Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (BVerfGE 98, 365, 385; 103, 310, 318, jeweils mwN). Art 3 Abs 1 GG ist daher verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (BVerfGE 112, 50, 67; 117, 272, 301; stRspr).

28

Die Personengruppe, deren Rentenverfahren vor dem 2./3.6.2009 bereits rechtskräftig abgeschlossen war und die auf einen Überprüfungsantrag rückwirkende Rentenzahlungen lediglich für einen Zeitraum von vier Jahren erhält, unterscheidet sich von der Personengruppe mit noch anhängigen Rentenverfahren zu diesem Zeitpunkt und sodann anerkannten Rentenansprüchen ab 1.7.1997 durch das Vorliegen eines bestandskräftigen Verwaltungsakts. Hierbei handelt es sich um einen Unterschied, der eine ungleiche Behandlung beider Gruppen rechtfertigt. Hat das BVerfG die Nichtigkeit einer gesetzlichen Norm mit Gesetzeskraft festgestellt (vgl §§ 78, 82 Abs 1, 95 Abs 3 S 1 und 2 iVm § 31 Abs 2 BVerfGG), bleiben nach ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift (§ 79 Abs 2 S 1 iVm §§ 82 Abs 1 und 95 Abs 3 S 3 BVerfGG) die aufgrund der nichtigen Norm ergangenen, nicht mehr anfechtbaren gerichtlichen Entscheidungen (mit Ausnahme von Strafurteilen - § 79 Abs 1 BVerfGG) und Verwaltungsakte unberührt. Diese Regelung hat das BVerfG wiederholt im Interesse der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens für verfassungsmäßig erklärt (BVerfGE 20, 230, 235 mwN). Ist aber selbst im Fall der Nichtigkeit einer gesetzlichen Bestimmung eine unterschiedliche Behandlung von rechtskräftig bzw bestandskräftig abgeschlossenen und anhängigen Verfahren verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, obwohl die Betroffenen auf die Verfahrensdauer keinen entscheidenden Einfluss haben, kann im Fall einer geänderten höchstrichterlichen Rechtsprechung nichts anderes gelten. Unter dem Blickwinkel des Art 3 Abs 1 GG erweist sich die rechtskräftige Entscheidung bzw der bestandskräftige Verwaltungsakt vielmehr als sachlich rechtfertigender Grund für eine Ungleichbehandlung. Ob ausnahmsweise etwas anderes gilt, wenn unanfechtbare gerichtliche Entscheidungen oder Verwaltungsakte auf einer sachlich nicht mehr nachvollziehbaren Gesetzesauslegung durch Verwaltungsträger und Gerichte beruhen, bedarf keiner Entscheidung. Anhaltspunkte für ein solches Verhalten sind hier nicht ansatzweise ersichtlich.

29

Eine richterliche Rechtsfortbildung zu Gunsten der Klägerin scheidet aus.

30

Zwar gehört es zu den Aufgaben der Dritten Gewalt, das Recht fortzuentwickeln. Dieser Befugnis sind jedoch mit Rücksicht auf den aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit unverzichtbaren Grundsatz der Gesetzesbindung der Rechtsprechung (Art 20 Abs 3 GG) Grenzen gesetzt. Eine Interpretation, die als richterliche Rechtsfortbildung den klaren Wortlaut des Gesetzes hintanstellt, keinen Widerhall im Gesetz findet und vom Gesetzgeber nicht ausdrücklich oder stillschweigend gebilligt wird, greift unzulässig in die Kompetenzen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers ein (BVerfG NJW 2011, 836 Textziff 53 mwN).

31

So verhält es sich hier. § 3 Abs 1 ZRBG ist nicht zu entnehmen, dass § 44 Abs 4 SGB X im Zugunstenverfahren keine Anwendung finden soll. Aufgrund der Zugehörigkeit der Norm zum Recht der gesetzlichen Rentenversicherung ist gleichzeitig geklärt, dass für ihre verwaltungsverfahrensrechtliche Umsetzung die Vorschriften des SGB X Anwendung finden (§ 1 Abs 1 S 1 SGB X). Auch enthält das Gesetzgebungsverfahren keinerlei Hinweise auf eine spezialgesetzliche Verdrängung des allgemeinen Verfahrensrechts. Die nachträgliche Anordnung der Nichtanwendbarkeit des § 44 Abs 4 SGB X im hier maßgeblichen Zusammenhang ist daher allein Sache des Gesetzgebers; die Rechtsprechung ist hierzu nicht befugt, auch wenn der Senat dieses Ergebnis für wünschenswert hielte.

32

Die Entscheidung des erkennenden Senats steht mit den Urteilen des BSG vom 3.5.2005 (B 13 RJ 34/04 R - BSGE 94, 294 = SozR 4-2600 § 306 Nr 1)und vom 19.4.2011 (B 13 R 20/10 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-6480 Art 27 Nr 1 vorgesehen) nicht in Widerspruch. Diesen liegen Sachverhalte zu Grunde, in denen es um die erstmalige Bescheidung eines Rentenantrags unter Berücksichtigung des ZRBG ging, sodass der Anwendungsbereich des § 44 SGB X nicht betroffen war. Eine Divergenz zu sonstigen Entscheidungen des BSG (BSGE 10, 113; 13, 67; Urteil vom 27.7.1972 - RzW 1973, 37) liegt schon deswegen nicht vor, weil sich diese nicht mit der Auslegung des ZRBG beschäftigen und einen Zeitraum betreffen, in dem das SGB X noch nicht in Kraft gesetzt war.

33

Es bestand auch kein Anlass, den Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes anzurufen. Der erkennende Senat weicht mit seinem Urteil nicht von Entscheidungen des BGH (Urteil vom 22.11.1954, RzW 1955, 55, 57; Urteil vom 5.12.1958, RzW 1959, 215, 216; Urteil vom 1.12.1994 - IX ZR 63/94 - Juris; Urteil vom 22.2.2001 - IX ZR 113/00 - Juris RdNr 14 = BGHReport 2001, 372 = LM BEG 1956 § 35 Nr 37<5/2001>) ab. Vielmehr ist er mit dem BGH der Auffassung, dass im Wiedergutmachungsrecht derjenigen Auslegung der Vorrang einzuräumen ist, die es erlaubt, das zugefügte Unrecht sobald und soweit wie irgend möglich wiedergutzumachen, falls eine solche Auslegung möglich ist. Diese Voraussetzung liegt hier aus den oben genannten Gründen jedoch nicht vor. Abgesehen davon geht es im hiesigen Verfahren um die Auslegung einer rentenrechtlichen Vorschrift, für die allein die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zuständig sind.

34

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG.

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Tenor Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 14. April 2011 aufgehoben. Di

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(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Ein Antrag auf Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gilt als am 18. Juni 1997 gestellt. Bei Hinterbliebenenrenten gilt der Rentenantrag frühestens mit dem Todestag als gestellt, wenn der Verfolgte nach dem 17. Juni 1997 verstorben ist.

(2) Für die Ermittlung des Zugangsfaktors gilt die Wartezeit als mit Vollendung des 65. Lebensjahres erfüllt und die Rente wegen Alters bis zum Rentenbeginn als nicht in Anspruch genommen.

(3) Auf Renten mit Zeiten nach diesem Gesetz ist § 44 Absatz 4 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch nicht anzuwenden.

(4) Wurde eine Rente nach diesem Gesetz in der Fassung bis zum 31. Juli 2014 unter Anwendung des § 44 Absatz 4 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch bewilligt, so wird die Rente auf Antrag vom frühestmöglichen Rentenbeginn an neu festgestellt.

(5) Wurde eine Rente nach diesem Gesetz in der Fassung bis zum 31. Juli 2014 wegen verspäteter Antragstellung nicht vom frühestmöglichen Rentenbeginn an bewilligt, so wird die Rente auf Antrag vom frühestmöglichen Rentenbeginn an neu festgestellt.

(6) Wird die Rente nach Absatz 4 oder 5 neu festgestellt, ist damit der bisherige Rentenbescheid aufgehoben. Die Überzahlung, die sich aus der verminderten Rentenhöhe ergibt, ist mit der Nachzahlung aufzurechnen.

(7) Der zuständige Rentenversicherungsträger hat die Berechtigten über die Möglichkeit der Neufeststellung auf Antrag und die sich aus einer Neufeststellung ergebenden individuellen Auswirkungen auf den Rentenanspruch zu informieren.

(1) Eine Rente aus eigener Versicherung wird von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente erfüllt sind, wenn die Rente bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach Ablauf des Monats beantragt wird, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Bei späterer Antragstellung wird eine Rente aus eigener Versicherung von dem Kalendermonat an geleistet, in dem die Rente beantragt wird.

(2) Eine Hinterbliebenenrente wird von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente erfüllt sind. Sie wird bereits vom Todestag an geleistet, wenn an den Versicherten eine Rente im Sterbemonat nicht zu leisten ist. Eine Hinterbliebenenrente wird nicht für mehr als zwölf Kalendermonate vor dem Monat, in dem die Rente beantragt wird, geleistet.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Ändern sich aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen die Voraussetzungen für die Höhe einer Rente nach ihrem Beginn, wird die Rente in neuer Höhe von dem Kalendermonat an geleistet, zu dessen Beginn die Änderung wirksam ist. Satz 1 gilt nicht beim Zusammentreffen von Renten und Einkommen mit Ausnahme von § 96a.

(2) (weggefallen)

(3) Fallen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen die Anspruchsvoraussetzungen für eine Rente weg, endet die Rentenzahlung mit dem Beginn des Kalendermonats, zu dessen Beginn der Wegfall wirksam ist. Entfällt ein Anspruch auf Rente, weil sich die Erwerbsfähigkeit der Berechtigten nach einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben gebessert hat, endet die Rentenzahlung erst mit Beginn des vierten Kalendermonats nach der Besserung der Erwerbsfähigkeit. Die Rentenzahlung nach Satz 2 endet mit Beginn eines dem vierten Kalendermonat vorangehenden Monats, wenn zu dessen Beginn eine Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit ausgeübt wird, die mehr als geringfügig ist.

(4) Liegen die in § 44 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil er auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt oder in ständiger Rechtsprechung anders als durch den Rentenversicherungsträger ausgelegt worden ist, so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit ab dem Beginn des Kalendermonats nach Wirksamwerden der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen.

(1) Haben sich die Verhältnisse, die der Bemessung der Rente zugrunde gelegt waren, nachträglich so geändert, daß die auf Grund der veränderten Verhältnisse neu errechnete Rente insgesamt um mindestens 10 vom Hundert von der festgesetzten Rente abweicht, so ist die Rente neu festzusetzen.

(2) Hat der Verfolgte das 68. Lebensjahr vollendet, so ist die Rente nur dann neu festzusetzen, wenn die auf Grund der veränderten Verhältnisse errechnete Rente jeweils um mindestens 30 vom Hundert von der festgesetzten Rente abweicht.

(3) § 32 Abs. 2 bleibt unberührt.

(1) Ansprüche auf Geldleistungen sind nach Ablauf eines Kalendermonats nach dem Eintritt ihrer Fälligkeit bis zum Ablauf des Kalendermonats vor der Zahlung mit vier vom Hundert zu verzinsen.

(2) Die Verzinsung beginnt frühestens nach Ablauf von sechs Kalendermonaten nach Eingang des vollständigen Leistungsantrags beim zuständigen Leistungsträger, beim Fehlen eines Antrags nach Ablauf eines Kalendermonats nach der Bekanntgabe der Entscheidung über die Leistung.

(3) Verzinst werden volle Euro-Beträge. Dabei ist der Kalendermonat mit dreißig Tagen zugrunde zu legen.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

Das Bundessozialgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.

(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 36a Abs. 2 des Ersten Buches findet insoweit keine Anwendung.

(3) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Fall des § 36a Absatz 2 Satz 4 Nummer 3 des Ersten Buches muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.

(4) Für einen Verwaltungsakt kann für die nach § 36a Abs. 2 des Ersten Buches erforderliche Signatur durch Rechtsvorschrift die dauerhafte Überprüfbarkeit vorgeschrieben werden.

(5) Bei einem Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Satz 1 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen; bei einem elektronischen Verwaltungsakt muss auch das der Signatur zugrunde liegende Zertifikat nur die erlassende Behörde erkennen lassen. Zur Inhaltsangabe können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, auf Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig erkennen kann.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Ansprüche auf Beiträge verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind. Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge verjähren in dreißig Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind.

(2) Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. Die Verjährung ist für die Dauer einer Prüfung beim Arbeitgeber gehemmt; diese Hemmung der Verjährung bei einer Prüfung gilt auch gegenüber den auf Grund eines Werkvertrages für den Arbeitgeber tätigen Nachunternehmern und deren weiteren Nachunternehmern. Satz 2 gilt nicht, wenn die Prüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für die Dauer von mehr als sechs Monaten aus Gründen unterbrochen wird, die die prüfende Stelle zu vertreten hat. Die Hemmung beginnt mit dem Tag des Beginns der Prüfung beim Arbeitgeber oder bei der vom Arbeitgeber mit der Lohn- und Gehaltsabrechnung beauftragten Stelle und endet mit der Bekanntgabe des Beitragsbescheides, spätestens nach Ablauf von sechs Kalendermonaten nach Abschluss der Prüfung. Kommt es aus Gründen, die die prüfende Stelle nicht zu vertreten hat, zu einem späteren Beginn der Prüfung, beginnt die Hemmung mit dem in der Prüfungsankündigung ursprünglich bestimmten Tag. Die Sätze 2 bis 5 gelten für Prüfungen der Beitragszahlung bei sonstigen Versicherten, in Fällen der Nachversicherung und bei versicherungspflichtigen Selbständigen entsprechend. Die Sätze 1 bis 5 gelten auch für Prüfungen nach § 28q Absatz 1 und 1a sowie nach § 251 Absatz 5 und § 252 Absatz 5 des Fünften Buches.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Ein Antrag auf Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gilt als am 18. Juni 1997 gestellt. Bei Hinterbliebenenrenten gilt der Rentenantrag frühestens mit dem Todestag als gestellt, wenn der Verfolgte nach dem 17. Juni 1997 verstorben ist.

(2) Für die Ermittlung des Zugangsfaktors gilt die Wartezeit als mit Vollendung des 65. Lebensjahres erfüllt und die Rente wegen Alters bis zum Rentenbeginn als nicht in Anspruch genommen.

(3) Auf Renten mit Zeiten nach diesem Gesetz ist § 44 Absatz 4 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch nicht anzuwenden.

(4) Wurde eine Rente nach diesem Gesetz in der Fassung bis zum 31. Juli 2014 unter Anwendung des § 44 Absatz 4 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch bewilligt, so wird die Rente auf Antrag vom frühestmöglichen Rentenbeginn an neu festgestellt.

(5) Wurde eine Rente nach diesem Gesetz in der Fassung bis zum 31. Juli 2014 wegen verspäteter Antragstellung nicht vom frühestmöglichen Rentenbeginn an bewilligt, so wird die Rente auf Antrag vom frühestmöglichen Rentenbeginn an neu festgestellt.

(6) Wird die Rente nach Absatz 4 oder 5 neu festgestellt, ist damit der bisherige Rentenbescheid aufgehoben. Die Überzahlung, die sich aus der verminderten Rentenhöhe ergibt, ist mit der Nachzahlung aufzurechnen.

(7) Der zuständige Rentenversicherungsträger hat die Berechtigten über die Möglichkeit der Neufeststellung auf Antrag und die sich aus einer Neufeststellung ergebenden individuellen Auswirkungen auf den Rentenanspruch zu informieren.

(1) Bestand am 31. Dezember 1991 Anspruch auf eine nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz überführte Rente des Beitrittsgebiets, ist die Rente nach den Vorschriften dieses Buches neu zu berechnen. Für die Zeit vom 1. Januar 1992 an ist zusätzlich eine Vergleichsrente zu ermitteln. Die höhere der beiden Renten ist zu leisten. Eine Nachzahlung für die Zeit vor dem 1. Januar 1992 erfolgt nur, soweit der Monatsbetrag der neu berechneten Rente den Monatsbetrag der überführten Leistung einschließlich einer Rente aus der Sozialpflichtversicherung übersteigt.

(2) Die neue Rentenberechnung nach den Vorschriften dieses Buches erfolgt für Zeiten des Bezugs der als Rente überführten Leistung, frühestens für die Zeit ab 1. Juli 1990. Dabei tritt anstelle des aktuellen Rentenwerts (Ost) für die Zeit vom 1. Juli 1990 bis 31. Dezember 1990 der Wert 14,93 Deutsche Mark, für die Zeit vom 1. Januar 1991 bis 30. Juni 1991 der Wert 17,18 Deutsche Mark und für die Zeit vom 1. Juli 1991 bis 31. Dezember 1991 der Wert 19,76 Deutsche Mark. Satz 1 und Absatz 1 Satz 2 gelten auch bei Änderung des Bescheides über die Neuberechnung. § 44 Abs. 4 Satz 1 des Zehnten Buches ist nicht anzuwenden, wenn das Überprüfungsverfahren innerhalb von vier Jahren nach Ablauf des Jahres der erstmaligen Erteilung eines Rentenbescheides nach Absatz 1 begonnen hat.

(3) Für den Monatsbetrag der Vergleichsrente sind persönliche Entgeltpunkte (Ost) aufgrund der vorhandenen Daten des bereits geklärten oder noch zu klärenden Versicherungsverlaufs wie folgt zu ermitteln:

1.
Die persönlichen Entgeltpunkte (Ost) ergeben sich, indem die Anzahl der bei der Rentenneuberechnung berücksichtigten Kalendermonate mit rentenrechtlichen Zeiten mit den durchschnittlichen Entgeltpunkten pro Monat, höchstens jedoch mit dem Wert 0,15 vervielfältigt wird. Grundlage der zu berücksichtigenden Kalendermonate einer Rente für Bergleute sind nur die Monate, die auf die knappschaftliche Rentenversicherung entfallen.
2.
Bei der Anzahl der berücksichtigten Kalendermonate mit rentenrechtlichen Zeiten bleiben Kalendermonate, die ausschließlich Zeiten der Erziehung eines Kindes sind, außer Betracht.
3.
Die durchschnittlichen Entgeltpunkte pro Monat ergeben sich, wenn auf der Grundlage der letzten 20 Kalenderjahre vor dem Ende der letzten versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit die Summe der Arbeitsentgelte oder Arbeitseinkommen, vervielfältigt mit 240 und geteilt durch die Anzahl der dabei berücksichtigten Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit, durch das Gesamtdurchschnittseinkommen aus Anlage 12 und durch 12 geteilt wird. Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen sind für Zeiten vor dem 1. März 1971 bis zu höchstens 600 Mark für jeden belegten Kalendermonat zu berücksichtigen. Für Zeiten vor 1946 werden Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen für die Ermittlung der durchschnittlichen Entgeltpunkte pro Monat nicht berücksichtigt.
4.
Sind mindestens 35 Jahre mit rentenrechtlichen Zeiten einschließlich Zeiten der Erziehung von Kindern vorhanden und ergeben sich durchschnittliche Entgeltpunkte pro Monat von weniger als 0,0625, wird dieser Wert auf das 1,5fache, höchstens aber auf 0,0625 erhöht.
5.
Die Summe der persönlichen Entgeltpunkte (Ost) erhöht sich für jedes Kind, für das Beitragszeiten wegen Kindererziehung anzuerkennen sind, für die Zeit bis zum 30. Juni 1998 um 0,75, für die Zeit vom 1. Juli 1998 bis 30. Juni 1999 um 0,85, für die Zeit vom 1. Juli 1999 bis 30. Juni 2000 um 0,9 und für die Zeit ab 1. Juli 2000 um 1,0.
6.
Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten (Ost) bei Waisenrenten ist der bei der Rentenneuberechnung ermittelte Zuschlag.
7.
Entgeltpunkte (Ost) für ständige Arbeiten unter Tage sind die bei der Rentenneuberechnung ermittelten zusätzlichen Entgeltpunkte.

(4) Die nach Absatz 1 Satz 3 maßgebende Rente ist mit dem um 6,84 vom Hundert erhöhten Monatsbetrag der am 31. Dezember 1991 überführten Leistung einschließlich einer Rente aus der Sozialpflichtversicherung (weiterzuzahlender Betrag) und dem nach dem Einigungsvertrag besitzgeschützten Zahlbetrag, der sich für den 1. Juli 1990 nach den Vorschriften des im Beitrittsgebiet geltenden Rentenrechts und den maßgebenden leistungsrechtlichen Regelungen des jeweiligen Versorgungssystems ergeben hätte, zu vergleichen. Die höchste Rente ist zu leisten. Bei der Ermittlung des Betrages der überführten Leistung einschließlich der Rente aus der Sozialpflichtversicherung ist das Rentenangleichungsgesetz vom 28. Juni 1990 (GBl. I Nr. 38 S. 495) mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine vor Angleichung höhere Rente so lange geleistet wird, bis die anzugleichende Rente den bisherigen Betrag übersteigt.

(5) Der besitzgeschützte Zahlbetrag ist zum 1. Juli eines jeden Jahres mit dem aktuellen Rentenwert anzupassen. Die Anpassung erfolgt, indem aus dem besitzgeschützten Zahlbetrag persönliche Entgeltpunkte ermittelt werden. Hierzu wird der besitzgeschützte Zahlbetrag durch den aktuellen Rentenwert in Höhe von 41,44 Deutsche Mark und den für diese Rente maßgebenden Rentenartfaktor geteilt.

(6) Der weiterzuzahlende Betrag oder der besitzgeschützte Zahlbetrag wird nur so lange gezahlt, bis der Monatsbetrag die Rente nach Absatz 1 Satz 3 erreicht. Eine Aufhebung oder Änderung der bisherigen Bescheide ist nicht erforderlich.

(7) Für die Zeit ab 1. Januar 1992 erfolgt eine Nachzahlung nur, soweit die nach Absatz 4 maßgebende Leistung höher ist als die bereits bezogene Leistung.

(8) Die Absätze 1 bis 7 sind auch anzuwenden, wenn im Einzelfall festgestellt wird, dass in einer nach den Vorschriften des Beitrittsgebiets berechneten Bestandsrente Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem berücksichtigt worden sind.

(1) Der Erfüllung der in § 1 genannten Aufgaben dienen die nachfolgenden sozialen Rechte. Aus ihnen können Ansprüche nur insoweit geltend gemacht oder hergeleitet werden, als deren Voraussetzungen und Inhalt durch die Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuchs im einzelnen bestimmt sind.

(2) Die nachfolgenden sozialen Rechte sind bei der Auslegung der Vorschriften dieses Gesetzbuchs und bei der Ausübung von Ermessen zu beachten; dabei ist sicherzustellen, daß die sozialen Rechte möglichst weitgehend verwirklicht werden.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 25. Februar 2010 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit sind höhere Sozialhilfeleistungen bzw Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, insbesondere ein Mehrbedarf (wegen Behinderung) für den Zeitraum vom 1.2.2004 bis 30.9.2006.

2

Der 1948 geborene Kläger bezog bis Dezember 2004 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (bestandskräftiger Bescheid vom 25.4.2005), nachdem ihm zunächst Sozialhilfeleistungen gezahlt worden waren, nach dem Grundsicherungsgesetz (GSiG), von Januar 2005 bis Mai 2005 Arbeitslosengeld II (bestandskräftiger Bescheid vom 16.2.2005) nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) und ab Juni 2005 erneut Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (bestandskräftiger Bescheid vom 23.5.2005) nach §§ 41 ff Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII).

3

Mit (Ausführungs-)Bescheid vom 11.10.2006 stellte das Versorgungsamt beim Kläger einen Grad der Behinderung (GdB) von 50 und die Voraussetzungen für das Vorliegen des Nachteilsausgleichs "G" fest. Dieser Entscheidung war ein Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Hannover vorausgegangen, das mit einem entsprechenden Anerkenntnis im Termin zur mündlichen Verhandlung am 27.9.2006 endete. Ein Schwerbehindertenausweis mit einem GdB von 50 und dem Nachteilsausgleich "G", gültig ab 1.2.2004, wurde am 23.10.2006 ausgestellt. Die Beklagte bewilligte auf Antrag des Klägers vom 31.10.2006 für die Zeit ab Oktober 2006 einen pauschalierten Mehrbedarf aufgrund der Schwerbehinderung mit dem Merkzeichen "G", lehnte diesen aber für den Zeitraum von Februar 2004 bis September 2006 mit der Begründung ab, ein Mehrbedarf könne erst ab Ausstellung des Schwerbehindertenausweises mit dem Merkzeichen "G" gewährt werden (Bescheid vom 22.11.2006; Widerspruchsbescheid vom 17.4.2007).

4

Klage und Berufung sind erfolglos geblieben (Urteil des SG Hannover vom 31.8.2007; Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Niedersachsen-Bremen vom 25.2.2010). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, Streitgegenstand seien nur Mehrbedarfsleistungen wegen der Schwerbehinderung mit dem Merkzeichen "G". Einen solchen Anspruch habe der Kläger nach dem Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen erst ab Besitz des Schwerbehindertenausweises im Oktober 2006. Nach § 3 Abs 1 Nr 4 GSiG und § 30 Abs 1 Nr 2 SGB XII(in der bis zum 6.12.2006 geltenden Fassung) sei der Besitz eines Schwerbehindertenausweises mit dem Merkzeichen "G" für den pauschalierten Mehrbedarf Anspruchsvoraussetzung. Da nach § 40 Abs 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I) Ansprüche auf Sozialleistungen erst entstünden, wenn ihre im Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen erfüllt seien, scheide ein pauschalierter Mehrbedarf für zurückliegende Zeiten ab Feststellung des Merkzeichens "G" aus. Von diesem Verständnis gehe auch der Gesetzgeber aus; dies zeige die Gesetzesbegründung zur Änderung des § 30 Abs 1 Nr 2 SGB XII, wonach die bis zum 6.12.2006 geltende Rechtslage zur Folge habe, dass der Mehrbedarf erst ab dem Zeitpunkt der Ausstellung des Schwerbehindertenausweises und damit regelmäßig erst mehrere Wochen nach Bekanntgabe des Feststellungsbescheides in Anspruch genommen werden könne.

5

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 3 Abs 1 Nr 4 GSiG und des § 30 Abs 1 Nr 2 SGB XII. Die vom LSG vorgenommene Auslegung sei keineswegs zwingend. Die Tatbestandsvoraussetzung "Besitz" sage nichts zum Leistungsbeginn. Nach seinem Wortsinn könne dieses Tatbestandsmerkmal auch so verstanden werden, dass die Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises mit einem Gültigkeitsdatum genüge, das den Zeitraum vor Ausstellung erfasse; der Beweiswert, der von dem Ausweis ausgehe, sei bei einer nachträglichen Vorlage derselbe. Eine solche Auslegung ermögliche eine möglichst weitgehende Verwirklichung der sozialen Rechte, wie dies § 2 Abs 2 SGB I fordere. Eine zeitliche Begrenzung, wann der Nachweis der Voraussetzungen durch den Ausweis zu erfolgen habe und dass dieser Nachweis nicht rückwirkend erbracht werden könne, sei den maßgebenden Normen nicht zu entnehmen. Ein enges Verständnis führe hingegen zu einem praktischen Rechtsverlust für die Zeiten, in denen die Gehbehinderung bereits vorgelegen und damit auch ein erhöhter Bedarf bestanden habe. Dies verstoße gegen Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) und den substantiellen Anspruch auf eine tatsächliche wirksame gerichtliche Kontrolle. Die Effektivität des Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 GG) sei ungenügend; der Betroffene erleide durch die Fehleinschätzung der Behörde nicht hinnehmbare finanzielle Nachteile. Der Verweis auf die Möglichkeit eines Amtshaftungsanspruchs stelle insoweit keinen adäquaten Ersatz dar. Der Anspruch auf den Mehrbedarf für den streitbefangenen Zeitraum ergebe sich (hilfsweise) aus dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch, weil nur durch das Verschulden der Versorgungsverwaltung eine Anspruchsvoraussetzung nicht erfüllt gewesen sei.

6

Der Kläger beantragt,
die Urteile des LSG und des SG aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 22.11.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.4.2007 aufzuheben und ihm unter Abänderung entgegenstehender Bescheide für die Zeit von Februar 2004 bis September 2006 einen monatlichen Mehrbedarf nach § 3 Abs 1 Nr 4 GSiG bzw § 30 Abs 1 Nr 2 SGB XII zu zahlen bzw den Regelsatz zu erhöhen.

7

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Sie hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

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Die Revision des Klägers ist im Sinne der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz). Das LSG hat zwar zu Recht entschieden, dass der Kläger im streitbefangenen Zeitraum keinen Anspruch auf einen pauschalierten Mehrbedarf nach § 3 Abs 1 Nr 4 GSiG bzw nach § 30 Abs 1 Nr 2 SGB XII hat; ob der Kläger allerdings einen Mehrbedarf hatte, der eine vom Regelsatz abweichende Festlegung und im Rahmen eines Zugunstenverfahrens nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) rückwirkend zu erbringende Leistungen rechtfertigt, kann der Senat mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen des LSG nicht entscheiden.

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Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 22.11.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.4.2007 (§ 95 SGG), mit dem die Beklagte die Zahlung eines behinderungsbedingten Mehraufwands für den streitbefangenen Zeitraum abgelehnt hat. Dabei hat der Senat entgegen der Auffassung des LSG nicht allein darüber zu befinden, ob dem Kläger ein Mehrbedarf wegen rückwirkender Änderung der Verhältnisse ab Februar 2004 nach § 3 Abs 1 Nr 4 GSiG bzw nach § 30 Abs 1 Nr 2 SGB XII zusteht; ist der pauschalierte Mehrbedarf nachträglich nicht zu erbringen, ist auch darüber zu entscheiden, ob ein (konkret) bestehender behinderungsbedingter Mehrbedarf, der durch den Kläger tatsächlich gedeckt wurde, im Rahmen eines Zugunstenverfahrens nach § 44 SGB X nachträglich zu erbringen ist, weil die Beklagte zu Unrecht höhere Leistungen vorenthalten hat.

11

Zwar ist der pauschalierte Mehrbedarf nach § 3 Abs 1 Nr 4 GSiG bzw nach § 30 Abs 1 Nr 2 SGB XII ein abtrennbarer Streitgegenstand, mit der Möglichkeit, die Klage entsprechend zu beschränken(vgl nur Coseriu in juris Praxiskommentar SGB XII, § 19 SGB XII RdNr 76.2 mwN zur Rechtsprechung); nach dem sog Meistbegünstigungsgrundsatz (vgl hierzu nur: BSG SozR 4-3500 § 18 Nr 1 RdNr 22; Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 37 RdNr 21 ff mwN zur Rechtsprechung) muss aber davon ausgegangen werden, dass die Klage insoweit gerade nicht beschränkt worden ist, sondern ein "Mehrbedarf" für die Vergangenheit unabhängig von der jeweiligen Anspruchsgrundlage geltend gemacht wurde. Bestätigt wird dies durch das Schreiben an die Beklagte vom 26.10.2006 mit dem Antrag, die zustehenden "zusätzlichen Leistungen seit Februar 2004" zu bewilligen, sowie durch den Klagantrag, mit dem die Zahlung eines Mehrbedarfs für die Vergangenheit verlangt worden ist. Im Streit sind somit insgesamt höhere Leistungen.

12

Unabhängig davon, ob sich die Begründetheit der Klage an § 48 SGB X oder an § 44 SGB X bzw (für die Zeit bis 31.12.2004) an den Vorschriften des Niedersächsischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (NVwVfG) iVm dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes (VwVfG) misst, ist die richtige Klageart die kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs 1 Satz 1 iVm Abs 4, § 56 SGG. In beiden Fällen ist neben der Aufhebung der streitgegenständlichen (ablehnenden) Bescheide die Behörde zu verpflichten, die (einer nachträglichen Leistung) entgegenstehenden Bescheide (im Urteil des LSG sind nicht alle bezeichnet) aufzuheben, und zur Leistung zu verurteilen (BSGE 88, 299, 300 = SozR 3-4300 § 137 Nr 1 S 2; BSGE 104, 213 ff RdNr 9 mwN = SozR 4-1300 § 44 Nr 20).

13

Mangels in Niedersachsen angeordneten Behördenprinzips (vgl § 70 Nr 3 SGG) richtet sich die Klage gemäß § 70 Nr 1 SGG gegen die Region Hannover. Hieran ändert nichts, dass die Stadt Hannover den angegriffenen Bescheid erlassen hat. Nach § 8 Abs 1 Satz 1 des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zum SGB XII (AG SGB XII) vom 16.12.2004 (Gesetz- und Verordnungsblatt 644) kann die Region Hannover zwar zur Durchführung der ihr als örtlichem Sozialhilfeträger obliegenden Aufgabe durch Satzung oder öffentlich-rechtlichen Vertrag regionsangehörige Gemeinden heranziehen, und von dieser Möglichkeit hat sie auch Gebrauch gemacht (§ 1 der Satzung über die Heranziehung von regionsangehörigen Städten und Gemeinden zur Durchführung der von der Region Hannover als örtlichem Träger der Sozialhilfe obliegenden Aufgaben nach dem SGB XII vom 14.12.2004 in der Fassung vom 7.3.2006 - Gemeinsames Amtsblatt für die Region Hannover und die Landeshauptstadt Hannover Nr 14 vom 6.4.2006); jedoch handelt die herangezogene kommunale Körperschaft gemäß § 9 Abs 4 AG SGB XII (nur) im Namen des örtlichen Trägers der Sozialhilfe, der damit der richtige Beteiligte bleibt(vgl hierzu Senatsurteil vom 9.6.2011 - B 8 SO 1/10 R - RdNr 13 mwN).

14

Die Beklagte war der für die Entscheidung örtlich und sachlich zuständige Träger der Sozialhilfe nach § 3 Abs 2, § 97 Abs 1, § 98 Abs 1 SGB XII in Verbindung mit § 1 Satz 1 und § 6 Abs 1 AG SGB XII (und § 44 Abs 3 SGB X). Sie ist Gesamtrechtsnachfolgerin des Landkreises Hannover und nimmt dessen Aufgaben wahr (§§ 2, 3 Abs 3 Gesetz über die Region Hannover vom 5.6.2001 - GVBl 348). Die Heranziehung der Stadt Hannover nach § 99 Abs 1 SGB XII in Verbindung mit § 8 Abs 1 AG SGB XII verändert nicht die Zuständigkeit(§ 9 Abs 4 AG SGB XII). Der Senat ist nicht gehindert, die dem Grunde nach nicht revisiblen (§ 162 SGG) landesrechtlichen Vorschriften anzuwenden und auszulegen, weil das LSG diese Vorschriften bei seiner Entscheidung unberücksichtigt gelassen hat (BSGE 102, 10 ff RdNr 28 = SozR 4-2500 § 264 Nr 2; Senatsurteil vom 9.6.2011 - B 8 SO 1/10 R - juris RdNr 14).

15

Materiellrechtlich misst sich die Begründetheit der Revision an § 44 Abs 1 SGB X. § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB X findet - unabhängig von der Frage nach seiner Geltung im Rahmen des GSiG - keine Anwendung. Danach soll ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung bei einer Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei dessen Erlass vorlagen, mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt. Eine Änderung der Verhältnisse ist frühestens für die Zeit ab Oktober 2006 anzunehmen, weil der Kläger erst ab diesem Zeitpunkt im Besitz eines Schwerbehindertenausweises mit dem Merkzeichen "G" war und deshalb auch erst ab Oktober 2006 die Voraussetzungen für einen Mehrbedarf nach § 30 Abs 1 Nr 2 SGB XII zu bejahen sind, sodass ohne Bedeutung ist, ob § 48 SGB X im Rahmen des GSiG Anwendung findet, bzw welche Regelung bei Änderung der Verhältnisse anzuwenden wäre.

16

Nach § 3 Abs 1 Nr 4 GSiG umfasste die bedarfsorientierte Grundsicherung einen Mehrbedarf von 20 vH des für den Antragsberechtigten maßgebenden Regelsatzes eines Haushaltsvorstandes nach dem Zweiten Abschnitt des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) bei Besitz eines Ausweises nach § 4 Abs 5 des Schwerbehindertengesetzes (SchwbG) mit dem Merkzeichen "G". Eine entsprechende Regelung sieht für die Zeit ab 1.1.2005 § 30 Abs 1 Nr 2 SGB XII(in der Normfassung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022) vor. Danach wird ein Mehrbedarf von 17 vH des maßgebenden Regelsatzes für Personen anerkannt, die unter 65 Jahre und voll erwerbsgemindert nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) sind und einen Ausweis nach § 69 Abs 5 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) mit dem Merkzeichen G besitzen, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht. Der Kläger war - unabhängig von den übrigen Tatbestandsvoraussetzungen für den Bezug von Leistungen nach dem GSiG bzw SGB XII - in dem streitbefangenen Zeitraum jedenfalls nicht im Besitz eines solchen Ausweises.

17

Diese Regelungen sind entgegen der Auffassung des Klägers nicht dahin auszulegen, dass die im Oktober 2006 eingetretene Änderung der Verhältnisse auf den Zeitpunkt der Anerkennung des Nachteilsausgleichs "G" - hier also auf die Zeit ab Februar 2004 - zurückwirkt. Zwar können spätere Änderungen der Sach- und Rechtslage sogar bis auf den Zeitpunkt des Erlasses des ursprünglichen Dauerverwaltungsaktes zurückwirken, also die Sach- oder Rechtslage ex tunc ändern (vgl BSG SozR 3-2600 § 93 Nr 3 S 17 mwN); maßgebend hierfür ist aber eine rückwirkende Umgestaltung der Rechtslage, deretwegen der Verwaltungsakt (auch für den zurückliegenden Zeitraum) nicht mehr oder nicht mehr so erlassen werden dürfte.

18

§ 3 Abs 1 Nr 4 GSiG stellte allerdings ebenso wie § 30 Abs 1 Nr 2 SGB XII nicht lediglich auf die Feststellungswirkung des Nachteilsausgleichs "G" oder das Vorliegen seiner Voraussetzungen ab. Zu den im Gesetz bestimmten Voraussetzungen gehört nach dem eindeutigen Wortlaut der genannten Vorschriften vielmehr der "Besitz" (Simon in jurisPK-SGB XII, § 30 SGB XII RdNr 44; W. Schellhorn/H. Schellhorn, BSHG, 16. Aufl 2002, § 23 RdNr 13). Der Senat hat deshalb bereits entschieden, dass der Mehrbedarf des § 30 Abs 1 Nr 1 SGB XII tatbestandlich mit der Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises und der Zuerkennung des Merkzeichens "G" verbunden ist(BSGE 104, 200 ff RdNr 14 = SozR 4-3500 § 30 Nr 1); allein der Zeitpunkt der Feststellungswirkung des Merkzeichens "G" ist zur Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen also nicht ausreichend. Anders als die Feststellung des Nachteilsausgleichs "G" selbst, die für die Zeit ab Februar 2004 Wirkung entfaltet, wird der "Besitz" nicht rückwirkend eingeräumt. Die Anspruchsvoraussetzungen für den pauschalierten Mehrbedarf können deshalb nicht vor Oktober 2006 eintreten. Zu Recht verweist das LSG in diesem Zusammenhang auf § 40 Abs 1 SGB I, wonach Ansprüche auf Sozialleistungen erst mit Vorliegen der im Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen entstehen; im Umkehrschluss bedeutet dies, dass vor dieser Zeit kein Anspruch nach den bezeichneten Vorschriften besteht.

19

Auch Sinn und Zweck der Regelungen rechtfertigen keine erweiternde Auslegung in dem von dem Kläger gewünschten Sinn. Der jetzigen Regelung über den pauschalierten Mehrbedarf war die Regelung des § 23 Abs 1 BSHG(vom 30.6.1961 - BGBl I 815) vorausgegangen, die den Mehrbedarfszuschlag zunächst nicht an eine bestimmte Behinderung, sondern typisierend nur an Alter und geminderte Erwerbsfähigkeit knüpfte (BSG, aaO, RdNr 15). Die zusätzliche Koppelung des Anspruchs auf einen pauschalierten Mehrbedarf an den Besitz eines Ausweises nach § 4 Abs 5 SchwbG mit dem Merkzeichen "G" erfolgte durch das Gesetz zur Reform des Sozialhilferechts vom 23.7.1996 (BGBl I 1088), weil wegen veränderter gesellschaftlicher Rahmenbedingungen nicht mehr allgemeine Bedarfslagen im Zusammenhang mit Alter und Erwerbsminderung erfasst werden sollten, sondern nur die Fälle, bei denen neben Alter und Erwerbsunfähigkeit auch mittelbar oder unmittelbar mit dem eingeschränkten Gehvermögen zusammenhängende Bedarfe vorhanden waren, die zur Vermeidung einer verwaltungsaufwändigen Prüfung der konkret mit den gesundheitlichen Einschränkungen verbundenen Bedarfe pauschaliert abgedeckt werden sollten (BSG, aaO, RdNr 17 unter Hinweis auf eine Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses, BT-Drucks 13/5067, S 2 f).

20

Soweit der Gesetzgeber die Anspruchsvoraussetzungen dabei nicht allein an das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen für die Feststellung des Nachteilsausgleichs "G" knüpfte, sondern an den Besitz eines entsprechenden Ausweises, diente dies, wie sich auch aus der Änderung der Vorschrift durch das Gesetz zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 2.12.2006 (BGBl I 2670) zeigt, Nachweiszwecken und damit der Verwaltungspraktikabilität und der Verwaltungsvereinfachung. Den Sozialhilfeträgern sollte - jedenfalls für die Gewährung eines typisierten, pauschalierten Mehrbedarfs - nicht aufgebürdet werden, eigene Ermittlungen zur Feststellung einer erheblichen Einschränkung der Gehfähigkeit zu prüfen. Anders etwa als bei der Feststellung der dauerhaften vollen Erwerbsminderung, die in eigener Zuständigkeit zu prüfen ist - ggf nach einem entsprechenden Ersuchen nach § 109a Abs 2 SGB VI und der Bindung des ersuchenden Sozialhilfeträgers an die Entscheidung des Trägers der Rentenversicherung(vgl § 45 Abs 1 SGB XII) - hat der Gesetzgeber hier auf eine vergleichbare Regelung verzichtet. Ebenso hat er von einer (bloßen) Bindung an die Entscheidung des Versorgungsamtes - wie etwa bei der Hilfe zur Pflege in § 62 SGB XII (Bindung an die Entscheidung der Pflegekasse) - abgesehen.

21

Das gesetzgeberische Anliegen ist nachvollziehbar. Der Status des Schwerbehinderten und die Berechtigung zur Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen beginnen grundsätzlich mit dem Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen, und dementsprechend ist nach § 6 Abs 1 Nr 1 der Schwerbehindertenausweisverordnung (SchwbAwV)als Beginn der Gültigkeit des Ausweises in der Regel der Tag des Eingangs des Antrags auf eine entsprechende Feststellung vorgesehen. Wollte man auch bei dem typisierten Mehrbedarf nach dem GSiG bzw SGB XII auf den Status des Schwerbehinderten und die Berechtigung zur Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen abstellen, führte dies bei vorangegangenem Leistungsbezug in jedem Falle zu einer rückwirkenden Leistung pauschalierter Mehrbedarfe für die Vergangenheit. Dies widerspräche nicht nur den Grundsätzen der Verwaltungspraktikabilität, sondern auch der Absicht des Gesetzgebers, weil andernfalls eine Korrektur praktisch in allen Fällen, in denen ein Antrag nach dem SGB IX (früher SchwbG) gestellt wird bzw dem GSiG gestellt worden war, im Gesetz bereits angelegt wäre.

22

Dass der Gesetzgeber von einem solchen Verständnis der Norm ausgegangen ist, zeigt insbesondere die spätere Gesetzesentwicklung. Durch das Gesetz zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 2.12.2006 (BGBl I 2670) wurde in § 30 Abs 1 SGB XII mit Wirkung vom 7.12.2006 die Angabe "einen Ausweis nach § 69 Abs 5 des Neunten Buches mit dem Merkzeichen G besitzen" durch die Angabe "durch einen Bescheid der nach § 69 Abs 4 des Neunten Buches zuständigen Behörde oder einen Ausweis nach § 69 Abs 5 des Neunten Buches die Feststellung des Merkzeichens G nachweisen" ersetzt. In der Gesetzesbegründung heißt es hierzu, dass der Mehrbedarf ohne die Gesetzesänderung erst ab dem Zeitpunkt der Ausstellung des Schwerbehindertenausweises und damit regelmäßig erst mehrere Wochen nach Bekanntgabe des Feststellungsbescheides in Anspruch genommen werden könne (BT-Drucks 16/2711, S 11 zu Nr 8). Ob die vom Senat vorgenommene Auslegung nach der Änderung des § 30 Abs 1 SGB XII auch für die Zeit ab 7.12.2006 gilt, bedarf hier keiner Entscheidung (verneinend: Simon in jurisPK-SGB XII, § 30 SGB XII RdNr 44; Münder in Lehr- und Praxiskommentar SGB XII, 8. Aufl 2008, § 30 SGB XII RdNr 6; Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 3. Aufl 2010, § 30 SGB XII RdNr 11; bejahend: Coseriu in Kommentar zum Sozialrecht , 2. Aufl 2011, § 30 SGB XII RdNr 3; nicht ganz eindeutig: Adolph in Linhart/Adolph, SGB II/SGB XII/AsylbLG, § 30 SGB XII RdNr 4, Stand Januar 2008).

23

Das in § 2 Abs 2 Halbsatz 2 SGB I enthaltene Gebot, bei der Auslegung der Vorschriften des Sozialgesetzbuches sicherzustellen, dass die sozialen Rechte möglichst weitgehend verwirklicht werden, rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Die ihrer dogmatischen Natur und ihrem Inhalt nach umstrittene Vorschrift (vgl nur: Bürck, SGb 1984, 7 ff; ders, Festschrift 50 Jahre Bundessozialgericht, 139 ff; Eichenhofer, SGb 2011, 301 ff und 511 ff) besagt allerdings nicht mehr, als dass Auslegungsspielräume bei den einzelnen Anspruchsgrundlagen, die die in §§ 3 bis 10 SGB I genannten sozialen Rechte umsetzen sollen - §§ 3 bis 10 SGB I bilden, wie aus § 2 Abs 1 Satz 2 SGB I folgt, selbst keine Anspruchsgrundlagen -, mit dem normativen Gehalt des jeweils betroffenen sozialen Rechts gefüllt und dadurch möglichst weitgehend zur Geltung gebracht werden sollen(BSG SozR 3-4100 § 134 Nr 9 S 34 f). Die Vorschrift ist aber keine Korrekturvorschrift, die es erlauben würde, einen entgegenstehenden Willen des Gesetzgebers zu überspielen (Voelzke in jurisPK-SGB I, 2. Aufl 2011, § 2 RdNr 25). Selbst wenn danach ein Auslegungs- oder Entscheidungsresultat anzustreben ist, das die sozialen Rechte zur Geltung bringt und optimiert (vgl Eichenhofer, SGb 2011, 301, 302; Voelzke, aaO, § 2 RdNr 24), setzt eine Konkretisierung der maßgeblichen Normen voraus, dass das bei der Auslegung nach den anerkannten Methoden (Wortlaut, Teleologie, Entstehungsgeschichte und Systematik) zu berücksichtigende Optimierungsgebot einen entsprechenden Interpretationsspielraum zulässt. Dies ist aber gerade nicht der Fall.

24

Die auf die Tatbestandswirkung des Besitzes abstellende gesetzliche Regelung ist nicht verfassungswidrig. Insbesondere verstößt sie nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG). Art 3 Abs 1 GG ist nur dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (BVerfGE 55, 72, 88; BVerfGE 117, 272, 300 f = SozR 4-2600 § 58 Nr 7 RdNr 70; BVerfGE 112, 50, 67 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7 RdNr 55). Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf Übereinstimmung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz ist nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten hat (BVerfGE 84, 348, 359 mwN; 110, 412, 436). Es bleibt grundsätzlich ihm überlassen, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, die er also im Rechtssinn als gleich ansehen will (BVerfGE 21, 12, 26; 23, 242, 252). Allerdings muss er die Auswahl sachgerecht treffen (BVerfGE 17, 319, 330; 53, 313, 329; 67, 70, 85 f). Der normative Gehalt der Gleichheitsbindung erfährt insoweit eine Präzisierung jeweils im Hinblick auf die Eigenart des zu regelnden Sachbereichs (vgl BVerfGE 75, 108, 157 = SozR 5425 § 1 Nr 1 S 11). Das Bundesverfassungsgericht legt je nach dem Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal einen unterschiedlichen Prüfungsmaßstab an (vgl zusammenfassend: BVerfGE 88, 87, 96 f; 105, 73, 110 f = SozR 3-1100 Art 3 Nr 176 S 173).

25

Legt man diese Maßstäbe zugrunde, so besteht nur zwischen der Personengruppe, die im Besitz eines Ausweises ist, und der Personengruppe ohne einen entsprechenden Ausweis ein Unterschied. Innerhalb der Personengruppen werden hingegen alle Betroffenen gleich behandelt. Die Dauer bis zur Erteilung eines Schwerbehindertenausweises mag zwar unterschiedlich sein, hieran knüpft der Gesetzgeber aber nicht die von ihm gewählten Rechtsfolgen. Eine vermeintliche Ungleichbehandlung erfolgt allenfalls durch die Verwaltungspraxis, sie ist aber nicht schon in der Norm angelegt, die ohne Unterschied den Besitz des Schwerbehindertenausweises mit dem Merkzeichen "G" fordert.

26

Soweit es die unterschiedliche Behandlung von Schwerbehinderten mit und ohne Schwerbehindertenausweis betrifft, hat der Gesetzgeber die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit nach oben Gesagtem eingehalten. Der der Regelung innewohnende Nachweiszweck mag es zwar auch zulassen, auf einen früheren Zeitpunkt als den des Besitzes des Schwerbehindertenausweises abzustellen; verfassungsrechtlich geboten war dies jedoch nicht. Der Gesetzgeber war auch nicht verfassungsrechtlich gehalten, eine rückwirkende Bewilligung eines pauschalierten Mehrbedarfs vorzusehen, zumal eine solche Leistung dem Zweck der Sozialhilfe widerspräche. Im Bereich der Sozialhilfe ist insoweit zu berücksichtigen, dass sie grundsätzlich nur der Behebung einer gegenwärtigen Notlage dient (sog Gegenwärtigkeitsprinzip) und grundsätzlich nicht als nachträgliche (pauschale) Geldleistung ausgestaltet ist, sondern an einen aktuellen Hilfebedarf anknüpft (BSGE 104, 213 ff RdNr 13 = SozR 4-1300 § 44 Nr 20 mwN). Zwar hat der Senat im Rahmen seiner Entscheidung zu § 44 SGB X ausgeführt(BSG aaO), dass ggf auch pauschalierte Leistungen bei fortdauernder Bedürftigkeit nachzuzahlen sind; diese Rechtsprechung ist allerdings im Zusammenhang mit der rechtswidrigen Vorenthaltung von Leistungen zu sehen. Sie rechtfertigt nicht die Annahme, es sei generell verfassungsrechtlich geboten, unabhängig von einem konkreten Bedarf rückwirkend typisierte, pauschalierte Leistungen zu erbringen.

27

Die gesetzliche Regelung ist auch nicht unverhältnismäßig und verstößt deshalb nicht gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art 20 Abs 3 GG). Sie macht zwar den Anspruch auf den pauschalierten Mehrbedarf wegen der Tatbestandswirkung der anderweitig zu treffenden Entscheidung auch von Zufälligkeiten im Verfahrensablauf abhängig. Es ist aber nicht ungewöhnlich, dass ein Sozialleistungsanspruch von einer anderen Entscheidung abhängt. Die Rechtsprechung hat dies unter Berücksichtigung der Möglichkeit der Beteiligten, eine solche Entscheidung zu verzögern, im Grundsatz als verfassungsgemäß angesehen (vgl zB zur Rentenerhöhung erst nach Rechtskraft des Versorgungsausgleichs BSG SozR 3-2200 § 1304b Nr 1; zum Besitz einer Aufenthaltserlaubnis als Voraussetzung für Leistungen nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz BSGE 70, 197 ff = SozR 3-7833 § 1 Nr 7).

28

Der Gefahr einer rechtsmissbräuchlichen Verzögerung kann ausreichend begegnet werden. Bis zum formalen Feststellungsakt durch das Versorgungsamt (bzw früher bis zur Ausstellung eines entsprechenden Ausweises) ist den Betroffenen bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleichs "G" nämlich nur die Möglichkeit genommen, einen behinderungsbedingten Mehrbedarf pauschal (also ohne Nachweis) geltend zu machen; soweit die Voraussetzungen des § 22 Abs 1 Satz 2 BSHG bzw des § 28 Abs 1 Satz 2 SGB XII vorliegen, hat er gleichwohl generell einen Anspruch auf Ausgleich eines abweichenden Bedarfs(Münder in LPK-SGB XII, 8. Aufl 2008, § 30 SGB XII RdNr 8; Coseriu in KSW, 2. Aufl 2011, § 30 SGB XII RdNr 3; ähnlich auch Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 3. Aufl 2010, § 30 SGB XII RdNr 19), weil sein Existenzminimum aus verfassungsrechtlichen Gründen gesichert werden muss; ein unabweisbarer, laufender besonderer Bedarf kann dem Hilfebedürftigen nicht vorenthalten werden (BVerfGE 125, 175 ff = SozR 4-4200 § 20 Nr 12).

29

§ 28 Abs 1 Satz 2 SGB XII ist im Rahmen der Grundsicherung der §§ 41 ff SGB XII anzuwenden; denn § 42 SGB XII verweist durch die Bezugnahme auf § 28 SGB XII auf dessen gesamtes Leistungsspektrum(Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, aaO, § 42 SGB XII RdNr 2), wie der Senat bereits entschieden hat (BSGE 99, 252 ff RdNr 20 f = SozR 4-3500 § 28 Nr 3 mwN). Höhere Leistungen als der Regelsatz können aber auch im Rahmen der Leistungen nach dem GSiG erbracht werden. Nach § 3 Abs 1 Nr 1 GSiG wird zwar zur Bemessung der Grundsicherungsleistung nach dem GSiG allein auf den Regelsatz des § 22 Abs 1 Satz 1 BSHG abgestellt, weil der Gesetzgeber den Bedarf unabhängig von individuellen Bedürfnissen pauschaliert und unter dem Gesichtspunkt der Verwaltungsvereinfachung eine nur beschränkt individuelle Bedarfsermittlung vorgesehen hat (BT-Drucks 14/5150, S 49). Allerdings muss die Sozialhilfe als gegenüber Leistungen nach dem GSiG nachrangige Leistung (BSGE 104, 207 ff RdNr 16 = SozR 4-3530 § 6 Nr 1; vgl heute § 19 Abs 2 Satz 2 SGB XII) den nach den Vorschriften des GSiG ermittelten Lebensunterhalt aufstocken, soweit das BSHG den nach den Besonderheiten des Einzelfalls bemessenen Lebensunterhalt in größerem Umfang deckt (Schoch in LPK-GSiG, § 3 RdNr 11; zum SGB XII BSG, Urteil vom 9.6.2011 - B 8 SO 11/10 R -, sowie Coseriu in jurisPK-SGB XII, § 19 SGB XII RdNr 43 ff; zu der im GSiG nicht vorgesehenen Übergangsregelung des § 23 Abs 1 Satz 2 BSHG BSG SozR 4-3500 § 30 Nr 2 RdNr 18). Das GSiG beabsichtigte keine Bedarfsdeckung für jeden individuellen Einzelfall, sondern eine eigenständige Sozialleistung, die eine Inanspruchnahme von Sozialhilfe typischerweise entbehrlich machen sollte. Demzufolge konnte und musste ein atypischer Mehrbedarf mittels der Hilfe zum Lebensunterhalt abgedeckt werden (Fichtner/Wenzel, BSHG, 2. Aufl 2003, RdNr 4 f Vor GSiG).

30

Vor diesem Hintergrund scheidet ein Verstoß gegen Art 19 Abs 4 GG aus. Zwar garantiert das Verfahrensgrundrecht des Art 19 Abs 4 GG nicht nur das formelle Recht und die theoretische Möglichkeit, die Gerichte anzurufen, sondern auch die Effektivität des Rechtsschutzes (BSG SozR 4-2500 § 96 Nr 1 RdNr 29 mwN); dies erfordert, dass irreparable Entscheidungen soweit wie möglich ausgeschlossen werden (BSG, aaO, mwN). Zu berücksichtigen ist dabei aber, dass es der Betroffene selbst in der Hand hat, durch Substantiierung eines Mehrbedarfs über § 28 Abs 1 Satz 2 SGB XII bzw § 22 Abs 1 Satz 2 BSHG drohende Nachteile zu verhindern. Bei einer ablehnenden Entscheidung durch den Sozialhilfeträger steht ihm darüber hinaus der Weg über den einstweiligen Rechtsschutz nach § 86b Abs 2 SGG zur Seite. Selbst bei Bestandskraft eines einen individuellen Mehrbedarf ablehnenden Bescheids steht dem Betroffenen der Weg über § 44 SGB X(dazu unten) offen.

31

Da eine etwaige Verzögerung in dem Anerkennungsverfahren nach dem SGB IX nicht dem Beklagten zuzurechnen ist, kann ein etwa eingetretener Rechtsnachteil auch nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ausgeglichen werden. Nach Sinn und Zweck des § 3 Abs 1 Nr 4 GSiG bzw § 30 Abs 1 Nr 2 SGB XII muss sich der Beklagte ein etwaiges Fehlverhalten des Versorgungsamtes im Rahmen eines Herstellungsanspruches nicht zurechnen lassen, weil das Versorgungsamt nicht in das Sozialleistungsverfahren nach dem SGB XII funktional einbezogen ist(vgl dazu BSGE 71, 217 f mwN = SozR 3-1200 § 14 Nr 8 S 19). Insoweit verbleibt ggf der Amtshaftungsanspruch nach § 839 Bürgerliches Gesetzbuch iVm Art 34 GG, der sich allerdings nicht gegen den Sozialhilfeträger selbst richtet.

32

Vorliegend verbleibt eine Prüfung des geltend gemachten Anspruchs in Anwendung des § 44 Abs 1 SGB X. Ob für das GSiG § 44 SGB X - was nahe liegt - Anwendung findet oder ob insoweit auf § 48 Abs 1 Satz 1 VwVfG iVm § 1 NVwVfG zu rekurrieren ist(offen gelassen BSG SozR 4-1300 § 44 Nr 15 RdNr 14 ff), der die Rücknahme bestandskräftiger Verwaltungsakte und damit die nachträgliche Zahlung von Leistungen grundsätzlich ins Ermessen der Beklagten stellt, bedarf keiner abschließenden Entscheidung, weil die Beklagte Leistungen bis 31.12.2004 (zunächst) nach dem BSHG gewährt hat und erst durch Bescheid vom 23.5.2005 (im Rahmen eines Zugunstenverfahrens nach § 44 SGB X) Leistungen nach dem GSiG unter Berücksichtigung bereits nach dem BSHG erbrachter Leistungen bewilligt hat. Mit diesem Bescheid hat sie die früheren Sozialhilfebescheide ersetzt und gleichzeitig, ohne dass dies einer ausdrücklichen Verfügung bedurft hätte, zusätzliche Sozialhilfeleistungen abgelehnt. Das Verfahren nach § 44 SGB X, mit dem höhere Leistungen begehrt werden, betrifft mithin Leistungen des BSHG, für das der Senat die Anwendung des § 44 SGB X bereits angenommen hat(BSG, aaO, RdNr 19).

33

Nach § 44 Abs 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind. Ob dies der Fall ist, vermag der Senat angesichts fehlender Feststellungen des LSG zu den Anspruchsvoraussetzungen allgemein und zur Höhe des Anspruchs, insbesondere zu einem etwa bestehenden Mehrbedarf nicht zu beurteilen. Entsprechende Feststellungen wird das LSG nachzuholen und dabei zu berücksichtigen haben, dass es insoweit nicht auf eine Kenntnis des Sozialhilfeträgers bezüglich des Mehrbedarfs, der ergänzende bzw höhere Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 2 BSHG bzw § 28 Abs 1 Satz 2 SGB XII zulässt, ankommt. Die für die Erbringung von Leistungen notwendige Kenntnis (§ 5 BSHG; § 18 SGB XII) wird schon durch die der Beklagten bekannte Hilfebedürftigkeit vermittelt (vgl BSGE 104, 207 ff RdNr 16 = SozR 4-3530 § 6 Nr 1). § 18 SGB XII bzw § 5 BSHG sollen zum Schutz des Hilfebedürftigen einen niedrigschwelligen Zugang zum Sozialhilfesystem sicherstellen, sodass es für die Annahme einer Kenntnis ausreichend ist, dass die Notwendigkeit der Hilfe dargetan oder sonst erkennbar ist(BSG SozR 4-3500 § 18 Nr 1 RdNr 23). Sollte das LSG zu dem Ergebnis gelangen, dass dem Kläger zu Unrecht Leistungen vorenthalten wurden, wird es die von dem Senat in seinem Urteil vom 29.9.2009 (BSGE 104, 213 ff = SozR 4-1300 § 44 Nr 20) aufgestellten Grundsätze beachten müssen.

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Für den Zeitraum von Januar bis Mai 2005, in dem der Kläger Leistungen nach dem SGB II bezogen hat, wird das LSG zu prüfen haben, ob er (der Kläger) als Erwerbsfähiger oder als Angehöriger dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem SGB II war. Dann scheiden nach § 21 SGB XII Leistungen der Beklagten für die Vergangenheit auch in Anwendung des § 44 SGB X für den genannten Zeitraum aus. War der Kläger aber auf nicht absehbare Zeit nicht in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 8 SGB II), und sind ihm deshalb (bei Vorliegen der übrigen Leistungsvoraussetzungen) statt der Leistungen nach dem SGB XII zu Unrecht (§ 7 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB II)Leistungen nach dem SGB II bewilligt worden, ist dem Bewilligungsbescheid vom 23.5.2005 gleichzeitig die konkludente Ablehnung von Leistungen (auch eines Mehrbedarfs) für die Zeit vom 1.1. bis 31.5.2005 zu entnehmen, die einer Korrektur nach § 44 Abs 1 SGB X zugänglich ist.

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Das LSG wird schließlich auch prüfen müssen, ob wegen einer etwaigen Nichtbeteiligung sozial erfahrener Personen im Widerspruchsverfahren (§ 116 Abs 2 SGB XII) ein von Amts wegen zu berücksichtigender Mangel des Vorverfahrens vorliegt (dazu BSGE 106, 62 ff RdNr 12 = SozR 4-3500 § 82 Nr 6), und ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Der Erfüllung der in § 1 genannten Aufgaben dienen die nachfolgenden sozialen Rechte. Aus ihnen können Ansprüche nur insoweit geltend gemacht oder hergeleitet werden, als deren Voraussetzungen und Inhalt durch die Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuchs im einzelnen bestimmt sind.

(2) Die nachfolgenden sozialen Rechte sind bei der Auslegung der Vorschriften dieses Gesetzbuchs und bei der Ausübung von Ermessen zu beachten; dabei ist sicherzustellen, daß die sozialen Rechte möglichst weitgehend verwirklicht werden.

Kommt das Bundesverfassungsgericht zu der Überzeugung, daß Bundesrecht mit dem Grundgesetz oder Landesrecht mit dem Grundgesetz oder dem sonstigen Bundesrecht unvereinbar ist, so erklärt es das Gesetz für nichtig. Sind weitere Bestimmungen des gleichen Gesetzes aus denselben Gründen mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht unvereinbar, so kann sie das Bundesverfassungsgericht gleichfalls für nichtig erklären.

(1) Die Vorschriften der §§ 77 bis 79 gelten entsprechend.

(2) Die in § 77 genannten Verfassungsorgane können in jeder Lage des Verfahrens beitreten.

(3) Das Bundesverfassungsgericht gibt auch den Beteiligten des Verfahrens vor dem Gericht, das den Antrag gestellt hat, Gelegenheit zur Äußerung; es lädt sie zur mündlichen Verhandlung und erteilt den anwesenden Prozeßbevollmächtigten das Wort.

(4) Das Bundesverfassungsgericht kann oberste Gerichtshöfe des Bundes oder oberste Landesgerichte um die Mitteilung ersuchen, wie und auf Grund welcher Erwägungen sie das Grundgesetz in der streitigen Frage bisher ausgelegt haben, ob und wie sie die in ihrer Gültigkeit streitige Rechtsvorschrift in ihrer Rechtsprechung angewandt haben und welche damit zusammenhängenden Rechtsfragen zur Entscheidung anstehen. Es kann sie ferner ersuchen, ihre Erwägungen zu einer für die Entscheidung erheblichen Rechtsfrage darzulegen. Das Bundesverfassungsgericht gibt den Äußerungsberechtigten Kenntnis von der Stellungnahme.

(1) Die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts binden die Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie alle Gerichte und Behörden.

(2) In den Fällen des § 13 Nr. 6, 6a, 11, 12 und 14 hat die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Gesetzeskraft. Das gilt auch in den Fällen des § 13 Nr. 8a, wenn das Bundesverfassungsgericht ein Gesetz als mit dem Grundgesetz vereinbar oder unvereinbar oder für nichtig erklärt. Soweit ein Gesetz als mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht vereinbar oder unvereinbar oder für nichtig erklärt wird, ist die Entscheidungsformel durch das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz im Bundesgesetzblatt zu veröffentlichen. Entsprechendes gilt für die Entscheidungsformel in den Fällen des § 13 Nr. 12 und 14.

(1) Gegen ein rechtskräftiges Strafurteil, das auf einer mit dem Grundgesetz für unvereinbar oder nach § 78 für nichtig erklärten Norm oder auf der Auslegung einer Norm beruht, die vom Bundesverfassungsgericht für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist, ist die Wiederaufnahme des Verfahrens nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung zulässig.

(2) Im übrigen bleiben vorbehaltlich der Vorschrift des § 95 Abs. 2 oder einer besonderen gesetzlichen Regelung die nicht mehr anfechtbaren Entscheidungen, die auf einer gemäß § 78 für nichtig erklärten Norm beruhen, unberührt. Die Vollstreckung aus einer solchen Entscheidung ist unzulässig. Soweit die Zwangsvollstreckung nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung durchzuführen ist, gilt die Vorschrift des § 767 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung sind ausgeschlossen.

(1) Die Vorschriften der §§ 77 bis 79 gelten entsprechend.

(2) Die in § 77 genannten Verfassungsorgane können in jeder Lage des Verfahrens beitreten.

(3) Das Bundesverfassungsgericht gibt auch den Beteiligten des Verfahrens vor dem Gericht, das den Antrag gestellt hat, Gelegenheit zur Äußerung; es lädt sie zur mündlichen Verhandlung und erteilt den anwesenden Prozeßbevollmächtigten das Wort.

(4) Das Bundesverfassungsgericht kann oberste Gerichtshöfe des Bundes oder oberste Landesgerichte um die Mitteilung ersuchen, wie und auf Grund welcher Erwägungen sie das Grundgesetz in der streitigen Frage bisher ausgelegt haben, ob und wie sie die in ihrer Gültigkeit streitige Rechtsvorschrift in ihrer Rechtsprechung angewandt haben und welche damit zusammenhängenden Rechtsfragen zur Entscheidung anstehen. Es kann sie ferner ersuchen, ihre Erwägungen zu einer für die Entscheidung erheblichen Rechtsfrage darzulegen. Das Bundesverfassungsgericht gibt den Äußerungsberechtigten Kenntnis von der Stellungnahme.

(1) Gegen ein rechtskräftiges Strafurteil, das auf einer mit dem Grundgesetz für unvereinbar oder nach § 78 für nichtig erklärten Norm oder auf der Auslegung einer Norm beruht, die vom Bundesverfassungsgericht für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist, ist die Wiederaufnahme des Verfahrens nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung zulässig.

(2) Im übrigen bleiben vorbehaltlich der Vorschrift des § 95 Abs. 2 oder einer besonderen gesetzlichen Regelung die nicht mehr anfechtbaren Entscheidungen, die auf einer gemäß § 78 für nichtig erklärten Norm beruhen, unberührt. Die Vollstreckung aus einer solchen Entscheidung ist unzulässig. Soweit die Zwangsvollstreckung nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung durchzuführen ist, gilt die Vorschrift des § 767 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung sind ausgeschlossen.

(1) Ein Antrag auf Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gilt als am 18. Juni 1997 gestellt. Bei Hinterbliebenenrenten gilt der Rentenantrag frühestens mit dem Todestag als gestellt, wenn der Verfolgte nach dem 17. Juni 1997 verstorben ist.

(2) Für die Ermittlung des Zugangsfaktors gilt die Wartezeit als mit Vollendung des 65. Lebensjahres erfüllt und die Rente wegen Alters bis zum Rentenbeginn als nicht in Anspruch genommen.

(3) Auf Renten mit Zeiten nach diesem Gesetz ist § 44 Absatz 4 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch nicht anzuwenden.

(4) Wurde eine Rente nach diesem Gesetz in der Fassung bis zum 31. Juli 2014 unter Anwendung des § 44 Absatz 4 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch bewilligt, so wird die Rente auf Antrag vom frühestmöglichen Rentenbeginn an neu festgestellt.

(5) Wurde eine Rente nach diesem Gesetz in der Fassung bis zum 31. Juli 2014 wegen verspäteter Antragstellung nicht vom frühestmöglichen Rentenbeginn an bewilligt, so wird die Rente auf Antrag vom frühestmöglichen Rentenbeginn an neu festgestellt.

(6) Wird die Rente nach Absatz 4 oder 5 neu festgestellt, ist damit der bisherige Rentenbescheid aufgehoben. Die Überzahlung, die sich aus der verminderten Rentenhöhe ergibt, ist mit der Nachzahlung aufzurechnen.

(7) Der zuständige Rentenversicherungsträger hat die Berechtigten über die Möglichkeit der Neufeststellung auf Antrag und die sich aus einer Neufeststellung ergebenden individuellen Auswirkungen auf den Rentenanspruch zu informieren.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Die Vorschriften dieses Kapitels gelten für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden, die nach diesem Gesetzbuch ausgeübt wird. Für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände, der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts zur Ausführung von besonderen Teilen dieses Gesetzbuches, die nach Inkrafttreten der Vorschriften dieses Kapitels Bestandteil des Sozialgesetzbuches werden, gilt dies nur, soweit diese besonderen Teile mit Zustimmung des Bundesrates die Vorschriften dieses Kapitels für anwendbar erklären. Die Vorschriften gelten nicht für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten.

(2) Behörde im Sinne dieses Gesetzbuches ist jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Haben sich die Verhältnisse, die der Bemessung der Rente zugrunde gelegt waren, nachträglich so geändert, daß die auf Grund der veränderten Verhältnisse neu errechnete Rente insgesamt um mindestens 10 vom Hundert von der festgesetzten Rente abweicht, so ist die Rente neu festzusetzen.

(2) Hat der Verfolgte das 68. Lebensjahr vollendet, so ist die Rente nur dann neu festzusetzen, wenn die auf Grund der veränderten Verhältnisse errechnete Rente jeweils um mindestens 30 vom Hundert von der festgesetzten Rente abweicht.

(3) § 32 Abs. 2 bleibt unberührt.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.