Bundessozialgericht Urteil, 12. Okt. 2017 - B 4 AS 34/16 R

ECLI:ECLI:DE:BSG:2017:121017UB4AS3416R0
bei uns veröffentlicht am12.10.2017

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 30. August 2016 aufgehoben und die Berufung des Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Neubrandenburg vom 29. Januar 2013 zurückgewiesen.

Der Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten im Berufungs- und Revisionsverfahren zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Auszahlung weiterer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Monate April und Mai 2010. Im Streit ist die Anrechnung von Gutscheinen für Lebensmittel auf den Zahlungsanspruch.

2

Der Beklagte hatte dem Kläger ua für den streitbefangen Zeitraum, in dem dieser unter Betreuung mit Einwilligungsvorbehalt für die Vermögenssorge stand, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bewilligt. Der Betreuer hatte einer Überweisung auf das Konto des Klägers zugestimmt. Für die Monate April und Mai 2010 erbrachte der Beklagte zunächst keine Regelleistungen, weil er wegen Pflichtverletzungen des Klägers diesen Anspruch um 100 % gemindert und die ursprüngliche Bewilligungsentscheidung insoweit aufgehoben hatte (Sanktionsbescheide vom 2.3.2010). Auf persönliche Vorsprache waren dem Kläger "Sachleistungen in Form von Gutscheinen" für "Lebensmittel ohne alkoholische Getränke" (im Folgenden: Gutscheine) durch die Aushändigung entsprechender Schreiben zuerkannt worden mit einem Nennwert von 131 Euro für April und 85 Euro für Mai 2010, im Einzelnen am 7.4.2010 im Wert von 53 Euro, am 16.4.2010 im Wert von 25 Euro, am 26.4.2010 im Wert von 53 Euro, am 3.5.2010 im Wert von 45 Euro und am 17.5.2010 im Wert von 40 Euro.

3

Nach Rücknahme der Sanktionsbescheide überwies der Beklagte auch die Regelleistung für April und Mai, allerdings abzüglich der in den Gutscheinen genannten Beträge in Höhe von 216 Euro. Der Kläger forderte den Beklagten erfolglos auf, ihm auch diese Beträge auszuzahlen.

4

Mit seiner Klage hat der Kläger die Zahlung von je 131 Euro für die Monate April und Mai 2010 begehrt. Das SG hat den Beklagten verurteilt, von den bewilligten Leistungen für April 2010 weitere 131 Euro sowie für Mai 2010 weitere 85 Euro an den Kläger auszuzahlen und im Übrigen die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 29.1.2013). Der Anspruch des Klägers sei nicht bereits teilweise durch die Gewährung der Gutscheine erfüllt, denn es handele sich hierbei um eine der Art nach andere Leistung.

5

Das LSG hat auf die Berufung des Beklagten den Gerichtsbescheid aufgehoben und die Klage insgesamt abgewiesen (Urteil vom 30.8.2016). Der Wert der eingelösten Gutscheine sei als Leistung des Beklagten an den Kläger an Erfüllungs statt (§ 364 Abs 1 BGB) anzusehen, die dieser angenommen habe. Diese Erfüllungswirkung sei nicht wegen der Betreuung gehindert, weil eine konkludente Einwilligung des Betreuers anzunehmen sei.

6

Mit seiner vom LSG zugelassenen Revision macht der Kläger eine Verletzung von § 1903 BGB und § 364 Abs 1 BGB geltend. Aus der Einwilligung des Betreuers in die Auszahlung der Sozialleistung auf das Konto eines Betreuten folge nicht eine konkludente Einwilligung in die Erbringung einer anderen Leistungsform als der geschuldeten Leistung. Zudem sei die entsprechende Anwendbarkeit von § 364 Abs 1 BGB im Bereich des SGB II grundsätzlich zweifelhaft.

7

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 30.8.2016 aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Neubrandenburg vom 29.1.2013 zurückzuweisen.

8

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Er hält das Urteil des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision des Klägers ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 SGG). Das Urteil des LSG vom 30.8.2016 ist aufzuheben und die Berufung des Beklagten gegen den Gerichtsbescheid vom 29.1.2013 zurückzuweisen. Das SG hat den Beklagten zu Recht verurteilt, für April 2010 weitere 131 Euro und für Mai 2010 weitere 85 Euro auszuzahlen.

11

Die allein auf die Zahlung eines Geldbetrages gerichtete Klage ist als (echte) Leistungsklage zulässig. Nach § 54 Abs 5 SGG kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte. Ein solcher Fall liegt hier vor, denn nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG hat der Beklagte durch bindenden Verwaltungsakt einen Zahlungsanspruch des Klägers begründet, den er in Höhe des noch geltend gemachten Betrags von 131 Euro für den Monat April 2010 und 85 Euro für Mai 2010 nicht durch eine Auszahlung an den Kläger erfüllt hat. In einem solchen Fall bedarf es keines weiteren Verwaltungsaktes; die Leistung kann unmittelbar durch Klage geltend gemacht werden (vgl Bieresborn in Roos/Wahrendorf, SGG, 1. Aufl 2014, § 54 RdNr 186; Söhngen in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl 2017, § 54 RdNr 71).

12

Entgegen der Auffassung des LSG ist dieser Zahlungsanspruch noch nicht durch den Beklagten befriedigt worden. Dem steht entgegen, dass die Aushändigung der Gutscheine an den Kläger den Erlass eigenständiger Verwaltungsakte darstellt, die als Rechtsgrund fortbestehen. Eine Anrechnung des Wertes dieser Gutscheine auf den Zahlungsanspruch des Klägers für die Monate April und Mai 2010 kommt schon deshalb nicht in Betracht. Auf die Anwendung zivilrechtlicher Bestimmungen zur Erfüllung von Leistungsansprüchen im vorliegenden sozialrechtlichen Regelungszusammenhang (vgl BSG vom 29.1.1997 - 5 RJ 52/94 - BSGE 80, 41, 42 f = SozR 3-2200 § 1303 Nr 6 S 17; BSG vom 17.12.2013 - B 11 AL 13/12 R - BSGE 115, 106 = SozR 4-4300 § 143a Nr 2, RdNr 22; vgl auch BSG vom 23.5.2017 - B 12 KR 2/15 R - zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen, RdNr 17) kommt es nicht an.

13

Nach § 31 Abs 3 Satz 6 SGB II(in der bis zum 31.3.2011 geltenden Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung des SGB II vom 10.10.2007 - BGBl I 2326), der 2010 anwendbar war (vgl zur weiteren Anwendbarkeit auch § 77 Abs 12 SGB II), konnten im Falle der Minderung des Alg II um mehr als 30 % ergänzende Sachleistungen oder geldwerte Leistungen dem von einer Sanktionsentscheidung Betroffenen zur Sicherung seines absolut unerlässlichen Existenzminimums erbracht werden. Diese Regelung ist inhaltsgleich ab 1.4.2011 in § 31a Abs 3 Satz 1 SGB II(eingefügt durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 - BGBl I 453) enthalten. Soweit solche ergänzenden Leistungen in Form von Gutscheinen erbracht werden, sind sie als Sachleistung anzusehen (allg Auffassung, vgl Luthe in Hauck/Noftz, SGB II, K § 4 RdNr 63, Stand I/13; S. Knickrehm in Gagel, SGB II/SGB III, § 4 SGB II RdNr 25 f, Stand Oktober 2016; Münder in LPK-SGB II, 6. Aufl 2017, § 4 RdNr 6 f; Kemper in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl 2017, § 4 RdNr 14 ff)und setzen - wenn der Leistungsträger nicht von sich aus tätig geworden ist - einen entsprechenden Antrag voraus, was in § 31a Abs 3 Satz 1 SGB II jetzt auch ausdrücklich geregelt ist(vgl dazu nur Berlit in LPK-SGB II, 6. Aufl 2017, § 31a RdNr 40 ff; Knickrehm/Hahn in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl 2017, § 31a RdNr 37 ff).

14

Die Entscheidung über einen solchen Antrag hat, schon weil es sich - abgesehen von den in § 31a Abs 3 Satz 2 SGB II geregelten Fällen mit minderjährigen Kindern im Haushalt - um eine Ermessensentscheidung handelt, in der Form des Verwaltungsakts zu erfolgen. Ein Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist (§ 31 Satz 1 SGB X). Dem entspricht die Vorgehensweise des Beklagten im vorliegenden Fall. Auf die persönlichen Vorsprachen des Klägers, die jeweils als Antragstellung anzusehen sind, hat er als Behörde, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung iS von § 1 Abs 2 SGB X wahrnimmt, dem Kläger Schreiben über die "Gewährung von Sachleistungen in Form von Gutscheinen" ausgehändigt (so die Überschrift) für "Lebensmittel ohne alkoholische Getränke", die dem Kläger von Dritten auf Kosten der Beklagten "auszuführen" seien. Enthalten waren zudem "Wichtige Hinweise für den Lieferanten" zur Übertragbarkeit, zeitlichen Geltung und weiteren Abwicklungsfragen. Durch diese Schreiben ist der Beklagte iS von § 31 Satz 1 SGB X unter Anwendung des dem öffentlichen Recht zuzuordnenden SGB II im Einzelfall des Klägers und mit Rechtswirkung für den Kläger - und damit "nach außen" - hoheitlich tätig geworden. Die Zuerkennung von Sachleistungen in Form von Gutscheinen enthält auch eine Regelung. Diese liegt in der für den Kläger konkretisierten Rechtsfolge, sich in einem bestimmten Umfang Lebensmittel auf Kosten des Beklagten verschaffen zu können (näher zur Sachleistung in Form der Sachleistungsverschaffung BSG vom 28.10.2008 - B 8 SO 22/07 R - BSGE 102, 1 = SozR 4-1500 § 75 Nr 9, RdNr 17; vgl zum Regelungsbegriff BSG vom 9.6.2017 - B 11 AL 6/16 R - vorgesehen für BSGE und SozR, RdNr 17).

15

Das Berufungsgericht hat zwar nicht festgestellt, ob und ggf in welchem Umfang der Kläger die ihm mit diesen Verwaltungsakten eingeräumten Rechte in Anspruch genommen hat. Doch gibt es andererseits keine Anhaltpunkte dafür, dass sich die in den Gutscheinen zu sehenden Verwaltungsakte etwa durch Rücknahme oder Aufhebung (vgl § 39 Abs 2 SGB X) erledigt haben könnten. Sie sind deshalb weiterhin wirksam iS von § 39 Abs 1 SGB X. Sollte der Kläger tatsächlich Sachleistungen erhalten haben, wären hierfür die ausgehändigten Gutscheine und nicht andere Bescheide des Beklagten über Leistungsbewilligungen (weiterhin) die Rechtsgrundlage.

16

Ob und unter welchen Voraussetzungen der Beklagte nach Rücknahme der Sanktionsbescheide, die Voraussetzung für die Erteilung der Gutscheine waren, auch die darauf bezogenen Verwaltungsakte aufheben oder zurücknehmen kann, hatte der Senat nicht zu entscheiden. Daraus resultierende Erstattungsansprüche wären allerdings, soweit sie sich auf die Erstattung von Sachleistungen richten, gemäß § 50 Abs 1 Satz 2 SGB X bzw § 40 Abs 6 SGB II(der § 40 Abs 3 SGB II in der vom 1.4.2011 bis 31.7.2016 geltenden Fassung entspricht) in Geld zu erstatten.

17

Vor diesem Hintergrund kommt es auch nicht darauf an, ob die Annahme einer Leistung an Erfüllungs statt hier mit einer stillschweigenden Einwilligung des Betreuers - wie es das LSG angenommen hat - erfolgt ist (zur zivilrechtlichen Rechtslage vgl BGH vom 21.4.2015 - XI ZR 234/14 - juris; zur Entgegennahme von Sozialleistungen im Fall einer Betreuung SG Marburg vom 1.2.2016 - S 2 AL 32/14 - juris, RdNr 16). Der persönlichen Antragstellung des Klägers, gerichtet auf die Erteilung der Gutscheine, stand die Betreuung jedenfalls nicht entgegen, da diese für den Kläger lediglich einen rechtlichen Vorteil brachte und er insoweit deshalb in seiner Handlungsfähigkeit nicht beschränkt war (§ 11 Abs 2 SGB X; § 1903 Abs 3 Satz 1 BGB).

18

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

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Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 21. Mai 2012 wird zurückgewiesen.

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(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn der Gläubiger eine andere als die geschuldete Leistung an Erfüllungs statt annimmt.

(2) Übernimmt der Schuldner zum Zwecke der Befriedigung des Gläubigers diesem gegenüber eine neue Verbindlichkeit, so ist im Zweifel nicht anzunehmen, dass er die Verbindlichkeit an Erfüllungs statt übernimmt.

(1) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundessozialgericht die Revision zurück. Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Gesetzesverletzung, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision ebenfalls zurückzuweisen.

(2) Ist die Revision begründet, so hat das Bundessozialgericht in der Sache selbst zu entscheiden. Sofern dies untunlich ist, kann es das angefochtene Urteil mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Gericht zurückverweisen, welches das angefochtene Urteil erlassen hat.

(3) Die Entscheidung über die Revision braucht nicht begründet zu werden, soweit das Bundessozialgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 202 in Verbindung mit § 547 der Zivilprozeßordnung und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(4) Verweist das Bundessozialgericht die Sache bei der Sprungrevision nach § 161 zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück, so kann es nach seinem Ermessen auch an das Landessozialgericht zurückverweisen, das für die Berufung zuständig gewesen wäre. Für das Verfahren vor dem Landessozialgericht gelten dann die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit auf eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung beim Landessozialgericht anhängig geworden wäre.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 21. Mai 2012 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin auch deren außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 1.1.2008 bis 22.5.2008.

2

Die 1955 geborene Klägerin war seit 1988 als Raumpflegerin bei einer Sparkasse (Arbeitgeberin) beschäftigt. Die auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren tariflichen Bestimmungen sahen vor, dass Arbeitnehmern nach einer Beschäftigungszeit von zwölf Jahren nur mit einer Frist von sechs Monaten zum Quartalsende und nach Vollendung des 40. Lebensjahrs bei einer Beschäftigungszeit von mehr als 15 Jahren nur aus wichtigem Grund gekündigt werden konnte.

3

Die Arbeitgeberin kündigte aufgrund eines Beschlusses ihres Vorstands, die Reinigungsarbeiten künftig von einem externen Unternehmen ausführen zu lassen, der Klägerin mit Schreiben vom 23.5.2007 das Arbeitsverhältnis wegen Ausgliederung des Reinigungsdienstes zum 31.12.2007. Gegen die Kündigung erhob die Klägerin Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht; das Verfahren endete durch Vergleich, in dem sich die Arbeitgeberin verpflichtete, der Klägerin für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung in Höhe von 20 000 Euro zu zahlen.

4

Nachdem sich die Klägerin zum 1.1.2008 arbeitslos gemeldet hatte, bewilligte ihr die Beklagte dem Grunde nach Alg ab 1.1.2008, stellte jedoch gleichzeitig für die Zeit vom 1.1.2008 bis 22.5.2008 das Ruhen des Anspruchs wegen Erhalts einer Entlassungsentschädigung gemäß § 143a Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) fest(Bescheide vom 16.1.2008). Der Widerspruch der Klägerin blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 6.2.2008).

5

In der Folgezeit bezog die Klägerin mit Unterbrechungen Alg bis einschließlich 29.12.2009 unter Ausschöpfung der ihr insgesamt zustehenden Anspruchsdauer.

6

Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte unter Aufhebung des Ruhensbescheids in der Gestalt des Widerspruchsbescheids verurteilt, der Klägerin Alg bereits ab 1.1.2008 zu gewähren (Urteil vom 26.10.2011). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG zurückgewiesen (Urteil vom 21.5.2012). Es hat angenommen, die Arbeitgeberin sei aufgrund ihrer unternehmerischen Entscheidung, den Reinigungsdienst auszugliedern, zur außerordentlichen Kündigung mit sozialer Auslauffrist berechtigt gewesen. Die somit im Rahmen des § 143a SGB III geltende ordentliche Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Quartalsende sei eingehalten worden, weshalb der Alg-Anspruch nicht geruht habe. Dem Anspruch für den streitigen Zeitraum stehe auch nicht entgegen, dass die Beklagte später Alg für die gesamte Anspruchsdauer geleistet habe.

7

Mit der vom LSG zugelassenen Revision macht die Beklagte geltend, die Unkündbarkeit der Klägerin führe gemäß § 143a Abs 1 S 3 SGB III zu einer fiktiven Kündigungsfrist von 18 Monaten, die nicht eingehalten sei. Es komme nicht darauf an, ob die Arbeitgeberin der Klägerin individualarbeitsrechtlich wirksam habe kündigen können. Die Beklagte macht weiter geltend, dass Alg für den streitgegenständlichen Zeitraum auch deshalb nicht nachzuzahlen sei, weil die Klägerin durch den Erhalt späterer Zahlungen bis einschließlich 29.12.2009 die ihr zustehende Anspruchsdauer vollständig ausgeschöpft habe. Es sei Erfüllung analog § 362 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bzw Annahme an Erfüllungs statt analog § 364 Abs 1 BGB eingetreten.

8

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG vom 21.5.2012 und das Urteil des SG vom 26.10.2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

9

Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

10

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision der Beklagten ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 Sozialgerichtsgesetz).

12

1. Das LSG hat zu Recht entschieden, dass der Anspruch der Klägerin auf Alg in der Zeit vom 1.1.2008 bis 22.5.2008 nicht geruht hat.

13

Den tatsächlichen Feststellungen des LSG ist zu entnehmen, dass die Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum ab 1.1.2008 die Anspruchsvoraussetzungen für Alg (§§ 117 ff SGB III, jeweils in der im Jahre 2008 geltenden Fassung) erfüllt hat. Entgegen der Auffassung der Beklagten liegen die Voraussetzungen für ein Ruhen des Anspruchs gemäß § 143a SGB III - hier anwendbar in der Fassung, die die Vorschrift durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 (BGBl I 2848) gefunden hat - nicht vor.

14

Nach § 143a SGB III in der einschlägigen Fassung(vgl seit 1.4.2012 § 158 SGB III) ruht der Anspruch auf Alg, wenn der Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung (Entlassungsentschädigung) erhalten oder zu beanspruchen hat und das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden ist, von dem Ende des Arbeitsverhältnisses an bis zu dem Tage, an dem das Arbeitsverhältnis bei Einhaltung dieser Frist geendet hätte (Abs 1 S 1). Die Frist beginnt grundsätzlich mit der Kündigung, die der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorausgegangen ist (Abs 1 S 2). Ist die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber ausgeschlossen, so gilt bei zeitlich unbegrenztem Ausschluss eine Kündigungsfrist von 18 Monaten (Abs 1 S 3 Nr 1), bei zeitlich begrenztem Ausschluss oder bei Vorliegen der Voraussetzungen für eine fristgebundene Kündigung aus wichtigem Grund jedoch die Kündigungsfrist, die ohne den Ausschluss der ordentlichen Kündigung maßgebend gewesen wäre (Abs 1 S 3 Nr 2).

15

Im vorliegenden Fall fehlt es an der für ein Ruhen des Alg-Anspruchs erforderlichen vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses iS des § 143a Abs 1 SGB III. Den bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) ist zunächst zu entnehmen, dass die für das Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und ihrer Arbeitgeberin geltenden tariflichen Bestimmungen eine ordentliche Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Quartalsende vorsahen und dass diese Frist eingehalten wurde (Kündigung im Mai 2007 zum 31.12.2007). Diese Frist ist maßgebend, weil - wie sich ebenfalls aus den Feststellungen des LSG ergibt - die Voraussetzungen für eine fristgebundene Kündigung aus wichtigem Grund vorlagen (§ 143 Abs 1 S 3 Nr 2 SGB III).

16

Eine auf betriebliche Gründe gestützte außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund (§ 626 BGB) unter Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist entsprechenden Auslauffrist kommt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ausnahmsweise in Betracht, wenn die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung ausgeschlossen ist und dies dazu führt, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer andernfalls trotz vollständigen Wegfalls der Beschäftigungsmöglichkeit noch für erhebliche Zeiträume vergüten müsste, ohne dass dem eine entsprechende Arbeitsleistung gegenüberstünde (vgl bereits BAGE 2, 214 = AP Nr 4 zu § 626 BGB; BAGE 48, 220 = AP Nr 86 zu § 626 BGB; zuletzt BAG, Urteil vom 24.1.2013 - 2 AZR 453/11 - NZA 2013, 959). Nach dieser Rechtsprechung, die der Vorschrift des § 143 Abs 1 S 3 Nr 2 SGB III zugrunde liegt(vgl zur Vorgängerregelung in § 117 Abs 2 S 3 Arbeitsförderungsgesetz BT-Drucks 12/3211 S 22 f, zu Nr 31), darf der Arbeitgeber im Rahmen seiner durch das Grundgesetz (GG) geschützten unternehmerischen Freiheit (vgl insbesondere Art 12 und Art 14 GG) auch darüber entscheiden, ob er bestimmte Arbeiten weiter im eigenen Betrieb ausführen lassen oder ob er Arbeiten im Wege der Fremdvergabe ausgliedern will (näher dazu BAGE 103, 31 = NZA 2003, 549; BAG, Urteil vom 22.11.2012 - 2 AZR 673/11 - NZA 2013, 730 mwN). Die zum Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit führende unternehmerische Entscheidung ist durch die Gerichte nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (BAG aaO).

17

Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG hat die Arbeitgeberin der Klägerin ihre unternehmerische Entscheidung, anfallende Reinigungsarbeiten an ein Fremdunternehmen zu vergeben, damit begründet, die Beschaffung dieser Dienstleistungen bei externen Anbietern sei kostengünstiger als die Verrichtung der Arbeiten durch eigene Arbeitnehmer. Diese Erwägungen der Arbeitgeberin sind weder als sachfremd noch als willkürlich anzusehen. Es ist auch evident, dass infolge der vollständigen Ausgliederung der Reinigungsarbeiten für die Arbeitgeberin keine Möglichkeit mehr bestand, die Klägerin noch zu beschäftigen, weil dieser nach den getroffenen Feststellungen die Kompetenz für eine Wahrnehmung anderer Aufgaben fehlte. Das LSG ist deshalb rechtsfehlerfrei vom vollständigen Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit und demgemäß von der Berechtigung der Arbeitgeberin zur außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist iS der Rechtsprechung des BAG ausgegangen.

18

Der Ansicht der Revision, es komme im Rahmen des § 143a Abs 1 S 3 SGB III nicht darauf an, ob die Arbeitgeberin der Klägerin individualarbeitsrechtlich wirksam habe kündigen können, folgt der Senat nicht. Die Ausführungen der Revisionsbegründung beziehen sich vorwiegend auf die Vorgängerregelung zu § 143a Abs 1 S 4 SGB III (Kündigung nur bei Zahlung einer Entlassungsentschädigung), die für die vorliegende Fallgestaltung offensichtlich nicht einschlägig ist. Aus Wortlaut wie auch aus Sinn und Zweck des hier anzuwendenden § 143a Abs 1 S 3 SGB III ergibt sich eindeutig, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen für eine fristgebundene Kündigung aus wichtigem Grund nicht eine fiktive Kündigungsfrist von 18 Monaten, sondern die im Einzelfall geltende ordentliche Kündigungsfrist zugrunde zu legen ist(vgl ua Voelzke in Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 12 RdNr 171, 221 ff; Henke in Eicher/Schlegel, SGB III, § 143a RdNr 119, Stand Einzelkommentierung Mai 2008; Siefert in Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu, SGB III, 5. Aufl 2013, § 158 RdNr 35 f).

19

2. Dem Zahlungsanspruch der Klägerin für den streitgegenständlichen Zeitraum (1.1. bis 22.5.2008) stehen auch sonstige Einwendungen nicht entgegen. Insbesondere ist dem Vorbringen der Revision, die Anspruchsdauer habe sich durch spätere Zahlungen gemindert bzw die Ansprüche seien erfüllt worden oder die Klägerin habe spätere Zahlungen an Erfüllungs statt angenommen, nicht zu folgen.

20

a) Eine Minderung der Anspruchsdauer gemäß § 128 Abs 1 Nr 1 SGB III(in der im Jahre 2008 geltenden alten Fassung , vgl ab 1.4.2012 § 148 Abs 1 Nr 1 SGB III) ist nicht eingetreten. Nach dieser Vorschrift mindert sich die Dauer des Anspruchs auf Alg um die Anzahl von Tagen, für die der Anspruch auf Alg erfüllt worden ist. Die Vorschrift bezieht sich auf das Stammrecht (vgl Leitherer in Eicher/Schlegel, SGB III, Stand 2013, § 148 RdNr 48 mwN). Sie kann für den streitgegenständlichen Zeitraum ab 1.1.2008 nicht eingreifen, weil nach den getroffenen Feststellungen zum 1.1.2008 ein neues Stammrecht der Klägerin entstanden ist und die daraus erwachsenden Zahlungsansprüche der Klägerin im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum ungemindert zur Verfügung standen.

21

Dass eine Minderung nach § 128 Abs 1 Nr 1 SGB III aF(jetzt § 148 Abs 1 Nr 1 SGB III) unter den Umständen des vorliegenden Falls in dem Zeitraum, in dem die Zahlungsansprüche noch ungemindert zur Verfügung standen, nicht eintreten kann, folgt bereits aus dem Charakter des Alg als für bestimmte Kalendertage vorgesehene Versicherungsleistung. Der Alg-Anspruch erschöpft sich nicht etwa in der Auszahlung eines Gesamtbetrags; vielmehr hängen Dauer und Höhe von den im jeweiligen Zeitraum gegebenen Umständen ab (ua Vorliegen von Arbeitslosigkeit, Arbeitslosmeldung oder von Ruhenstatbeständen, Erzielung von Nebeneinkommen). Der Leistungsberechtigte ist deshalb stets so zu stellen, als sei im jeweiligen Zeitraum von vornherein rechtmäßig entschieden worden. Dies schließt es aus, eine später eintretende Minderung der Anspruchsdauer durch Erfüllung einem früheren Zahlungsanspruch entgegenzuhalten (in diesem Sinne auch Hessisches LSG, Urteil vom 21.5.2010 - L 7 AL 108/09 - info also 2010, 159, 162; Bienert SGb 2009, 576, 579 f und info also 2011, 256, 258). Eine andere Sichtweise würde es der Beklagten ermöglichen, nach Belieben über eine Verschiebung des Leistungszeitraums zu entscheiden, was nicht mit dem Gebot der Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art 19 Abs 4 GG) zu vereinbaren wäre.

22

b) Die der Klägerin aus dem zum 1.1.2008 entstandenen Stammrecht erwachsenen Zahlungsansprüche sind auch nicht in entsprechender Anwendung der §§ 362 ff BGB erloschen. Zwar ist auch in Fällen der Erfüllung von Sozialleistungen auf die Vorschriften des BGB zurückzugreifen (vgl BSGE 80, 41, 42 = SozR 3-2200 § 1303 Nr 6; Mutschler in Kreikebohm/Spellbrink/ Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 3. Aufl 2013, § 148 SGB III RdNr 4). Die Voraussetzungen für ein Erlöschen des streitgegenständlichen Zahlungsanspruchs liegen jedoch nicht vor.

23

Nach § 362 Abs 1 BGB erlischt das Schuldverhältnis, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird. Liegen Verpflichtungen aus mehreren Schuldverhältnissen vor, ist für die Tilgungswirkung gemäß § 366 Abs 1 BGB in erster Linie die Bestimmung des Schuldners maßgebend, wobei der innere Wille des Leistenden dem Leistungsempfänger gegenüber zum Ausdruck gebracht werden muss(vgl BGHZ 106, 163 = NJW 1989, 1792). Die Beklagte macht jedoch gar nicht geltend, sie habe mit den späteren Zahlungen auch die der Klage zugrunde liegenden Ansprüche für die Zeit vom 1.1. bis 22.5.2008 erfüllen wollen; auszugehen ist vielmehr davon, dass die Beklagte die späteren Zahlungen im Hinblick auf gesonderte, die späteren Zeiträume betreffende Bewilligungsbescheide geleistet hat. Von dieser Tilgungsbestimmung kann sich die Beklagte nicht nachträglich lösen, zumal der Klägerin aufgrund der Bewilligungsbescheide formal auch ein Anspruch auf Alg für die späteren Zeiträume bis einschließlich 29.12.2009 zustand.

24

Ein anderes Ergebnis folgt auch nicht aus dem Hinweis der Revision auf § 364 Abs 1 BGB, wonach das Schuldverhältnis erlischt, wenn der Gläubiger eine andere als die geschuldete Leistung an Erfüllungs statt annimmt. Denn die späteren Alg-Zahlungen betrafen - wie ausgeführt - Zeitabschnitte, in denen die Beklagte aufgrund vorliegender Bescheide zur Leistung verpflichtet war; sie stellen deshalb keine "anderen" Leistungen iS des § 364 Abs 1 BGB dar(vgl Gernhuber, Die Erfüllung und ihre Surrogate sowie das Erlöschen des Schuldverhältnisses aus anderen Gründen, 2. Aufl 1994, S 192). Außerdem fehlt es an einer "Annahme" iS des § 364 Abs 1 BGB durch die Klägerin, die durch Erhebung und Aufrechterhaltung ihrer Rechtsbehelfe stets deutlich gemacht hat, dass sie auf Nachzahlung von Alg für den streitgegenständlichen Zeitraum besteht.

25

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 24. Februar 2015 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob eine Forderung von Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und sozialen Pflegeversicherung (sPV) bereits erfüllt wurde.

2

Der Kläger ist freiwillig versichertes Mitglied der beklagten Krankenkasse und bei der beigeladenen Pflegekasse in der sPV versichert. Beiträge zur GKV und sPV führte seine ehemalige Arbeitgeberin abredegemäß an die Beklagte ab, welche die fälligen Beiträge regelmäßig im Lastschriftverfahren bei der Arbeitgeberin abbuchte. Nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Arbeitgeberin im April 2010 stornierte der vorläufige Insolvenzverwalter sämtliche Lastschriften. Die bereits eingezogenen Beiträge des Klägers für die Monate Januar bis März 2010 in Höhe von 641,25 Euro je Monat wurden zurückgebucht.

3

Mit Bescheid vom 16.6.2010 setzte die Beklagte - zugleich im Namen der Beigeladenen - gegen den Kläger Beiträge zur freiwilligen Versicherung in der GKV und zur sPV für die Zeit ab Januar 2010 in Höhe von monatlich insgesamt 641,25 Euro fest. Den Widerspruch des Klägers, der hinsichtlich der Monate Januar bis März 2010 die bereits eingetretene Erfüllung der Beitragsforderung geltend machte, wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 29.11.2010).

4

Die Klage hat das SG abgewiesen (Urteil vom 20.5.2011). Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen: Allein der Kläger sei für die Beiträge der Monate Januar bis März 2010 zahlungspflichtig. Die Beitragsforderung der Beklagten gegen ihn sei nicht durch Erfüllung erloschen, denn die durchgeführte Lastschrift sei nicht genehmigt worden. Insbesondere könne eine konkludente Genehmigung des Forderungseinzugs im Lastschriftverfahren auch nach der neueren Rechtsprechung des BGH nicht angenommen werden, weil das rein passive Geschehenlassen des Lastschrifteinzugs hierfür nicht ausreiche. Ein objektiver Erklärungswert sei dem Schweigen im Rechtsverkehr nicht immanent, auch wenn die Beiträge des Klägers zuvor Monat für Monat widerspruchsfrei abgeführt worden seien. Bei der Rückbuchung habe der Insolvenzverwalter im Rahmen seines rechtlichen Könnens gehandelt, ohne dass es darauf ankomme, ob er sich auch im Rahmen seines rechtlichen Dürfens bewegt habe. Auch wenn dem Kläger das Risiko einer Rückbuchung in der Insolvenz nicht bewusst gewesen sei, finde angesichts der hohen Bedeutung der Versichertengemeinschaft und der verminderten Schutzbedürftigkeit freiwillig Versicherter keine Verlagerung der Risikosphäre statt (Urteil vom 24.2.2015).

5

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 362 BGB, § 675x BGB und §§ 129 ff Insolvenzordnung. Die streitige Beitragsforderung sei wegen Erfüllung erloschen, weil eine konkludente Genehmigung des Lastschrifteinzugs vorgelegen habe. Das LSG habe die vom BGH hierzu entwickelten Grundsätze nicht beachtet, wonach eine Genehmigungsfiktion eintrete, soweit der Schuldner nicht innerhalb einer angemessenen Überlegungsfrist, für die im Rahmen laufender Geschäftsbeziehungen auch drei Tage genügen könnten, aktiv widerspreche. In diesem Fall gehe auch die nachfolgende Versagung der Genehmigung durch einen vorläufigen Insolvenzverwalter ins Leere (Hinweis auf BGH Urteil vom 29.1.2015 - IX ZR 258/12 - BGHZ 204, 74). Dies betreffe jedenfalls die Beitragszahlungen für Januar und Februar 2010. Dem Anfechtungsrecht des Insolvenzverwalters stehe zudem entgegen, dass die Zahlungen nicht aus dem Vermögen der Gemeinschuldnerin, sondern aus seinem (des Klägers) Vermögen erfolgt seien. Schließlich sei die vorliegende Konstellation nicht mit der des abredewidrig die Beiträge nicht zahlenden Arbeitgebers vergleichbar, da die jeweiligen Zahlungen bei der Beklagten zunächst tatsächlich eingegangen seien und nicht mehr hätten wirksam widerrufen werden können.

6

Der Kläger beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 24. Februar 2015 und des Sozialgerichts Oldenburg vom 20. Mai 2011 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 16. Juni 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. November 2010 aufzuheben, soweit darin Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung für die Monate Januar bis März 2010 gefordert werden.

7

Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.

8

Sie verteidigt das angegriffene Urteil.

9

Die Beigeladene stellt keine Anträge.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Klägers ist zulässig und im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet. Hierüber konnte der Senat durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§§ 165 S 1, 153 Abs 1 S 1, 124 Abs 2 SGG), da sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben.

11

1. Die Revision des Klägers ist zulässig erhoben. Die Revisionsbegründung entspricht den Anforderungen des § 164 Abs 2 SGG.

12

Der 5. Senat des BSG hat ua aus Anlass des in diesem Rechtsstreit ergangenen Anfragebeschlusses vom 29.6.2016 seine Auffassung zu den Anforderungen an eine hinreichende Revisionsbegründung mit Beschlüssen vom 6.10.2016 (B 5 SF 3/16 AR und B 5 SF 4/16 AR - Juris) und - zum vorliegenden Rechtsstreit - vom 23.2.2017 (B 5 SF 5/16 AR) klargestellt. Diese deckt sich mit derjenigen des erkennenden Senats, sodass eine Vorlage an den Großen Senat des BSG nach § 41 SGG entbehrlich war(vgl hierzu im Einzelnen Urteil des Senats vom 31.3.2017 - B 12 KR 16/14 R, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Den gemeinsamen Anforderungen wird die Revisionsbegründung des Klägers gerecht.

13

2. Die Revision ist auch begründet, jedoch nur im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG.

14

Der Senat kann auf Grundlage der vom LSG festgestellten Tatsachen nicht abschließend entscheiden, ob das LSG die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG zu Recht zurückgewiesen hat oder ob die streitigen Beitragsforderungen der Beklagten und der Beigeladenen gegen den Kläger für die Monate Januar bis März 2010 wegen Erfüllung vollständig oder teilweise erloschen sind und deswegen das Urteil des SG und die angefochtenen Bescheide der Beklagten in diesem Umfang aufzuheben waren. Dies führt zur Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG (vgl § 170 Abs 2 S 2 SGG).

15

Der Kläger war Schuldner der mit den streitgegenständlichen Bescheiden geltend gemachten Beitragsforderung (hierzu a), die im Falle ihrer Erfüllung erloschen wären (hierzu b). Eine zur Erfüllung führende Genehmigung des jeweiligen Lastschrifteinzugs der Beiträge für die streitigen Monate kann aufgrund der Tatsachenfeststellungen des LSG ebenso wenig ausgeschlossen werden wie die wirksame Verweigerung der Genehmigung durch den Widerspruch des vorläufigen Insolvenzverwalters (hierzu c).

16

a) Der Kläger war im Verhältnis zur Beklagten und zur Beigeladenen Schuldner der streitigen Beitragsforderungen, nicht aber seine Arbeitgeberin. Er war im streitigen Zeitraum freiwillig versichertes Mitglied der Beklagten und bei der Beigeladenen in der sPV versichert. Aus diesem Grunde hatte er nach § 223 Abs 1 SGB V bzw § 54 Abs 2 S 2 SGB XI für jeden Tag der Mitgliedschaft Beiträge zu zahlen, die er nach § 250 Abs 2 SGB V bzw § 59 Abs 4 S 1 SGB XI selbst zu tragen und nach § 252 Abs 1 S 1 SGB V bzw § 60 Abs 1 SGB XI auch zu zahlen hatte. Die Zahlung sowohl der Krankenversicherungs- als auch der Pflegeversicherungsbeiträge hatte an die Beklagte zu erfolgen (vgl § 252 Abs 2 S 2 SGB V bzw § 60 Abs 3 S 1 Halbs 1 SGB XI). Trotz der zwischen dem Kläger, seiner Arbeitgeberin und der Beklagten getroffenen Absprache über die Zahlung der Beiträge des Klägers durch dessen Arbeitgeberin ist diese nicht an Stelle des Klägers in die Schuldnerstellung eingetreten. Anhaltspunkte dafür, dass zwischen Kläger und seiner Arbeitgeberin eine Schuldübernahme (§ 414 BGB) vereinbart und durch Beklagte sowie Beigeladene genehmigt (§ 415 BGB) worden wäre, hat das LSG nicht festgestellt und sind auch nicht ersichtlich.

17

b) Für die Prüfung des vom Kläger geltend gemachten Erfüllungseinwands ist von folgenden rechtlichen Erwägungen auszugehen: Ein Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger - hier bezogen auf die Krankenversicherungsbeiträge die Beklagte - oder an einen Dritten - bezogen auf die der Beigeladenen zustehenden Beiträge zur sPV wiederum die Beklagte - zum Zwecke der Erfüllung bewirkt wird (§ 362 BGB). Dies gilt auch im Sozialrecht (vgl BSG Urteil vom 29.1.1997 - 5 RJ 52/94 - BSGE 80, 41, 42 f = SozR 3-2200 § 1303 Nr 6 S 17; Urteil vom 29.6.2000 - B 4 RA 57/98 R - BSGE 86, 262, 278 = SozR 3-2600 § 210 Nr 2 S 18 f). Dazu muss die Leistung nicht unmittelbar durch den Schuldner bewirkt werden; abgesehen vom hier nicht vorliegenden Sonderfall höchstpersönlicher Leistungen kann sie auch - wie vorliegend durch die Arbeitgeberin des Klägers - durch einen Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB) oder einen Dritten (§§ 267, 268 BGB) bewirkt werden (Grüneberg in Palandt, BGB, 76. Aufl 2017, § 362 RdNr 3). Im Rahmen des hier durchgeführten Lastschriftverfahrens gilt die Leistung allerdings erst als bewirkt, wenn die Bank des Schuldners - bzw der die Beitragszahlung für den Kläger durchführenden Arbeitgeberin - dessen Konto wirksam belastet und die Bank des Gläubigers dem Gläubiger den Betrag gutgeschrieben hat (Grüneberg, aaO, § 362 RdNr 11). Die vorgenommene Belastung des Schuldnerkontos ist abgesehen von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen in der vorliegend genutzten Variante des Lastschriftverfahrens, dem Einzugsermächtigungsverfahren, erst dann wirksam, wenn die Belastung durch den Schuldner genehmigt wird; erst dann ist die Forderung des Gläubigers erfüllt (vgl BGH Urteil vom 25.10.2007 - IX ZR 217/06 - BGHZ 174, 84 RdNr 13).

18

c) Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, ob eine Genehmigung der Belastungen des Kontos der Arbeitgeberin des Klägers, die jeweils infolge des Beitragseinzugs für die streitigen Monate Januar bis März 2010 durch die Beklagte erfolgten, vorliegt oder ob der vorläufige Insolvenzverwalter die Genehmigung durch seinen Widerspruch wirksam verweigert hat. Nach der Rechtsprechung des BGH zu Anforderungen an die konkludente Genehmigung von Belastungsbuchungen im Lastschriftverkehr (hierzu aa), ist eine solche Genehmigung aufgrund der vom LSG festgestellten Tatsachen nicht auszuschließen. Dieser Ansicht schließt sich der erkennende Senat an. Jedoch reichen diese Tatsachenfeststellungen nicht aus, um abschließend zu entscheiden, ob der Lastschrifteinzug der streitigen Beitragsforderungen bezüglich aller oder zumindest einzelner Monate des ersten Quartals 2010 genehmigt wurde bzw als genehmigt gilt oder ob der Widerspruch des Insolvenzverwalters dem entgegensteht (hierzu bb). Dies führt zur Zurückverweisung der Sache zur weiteren Sachverhaltsaufklärung an das LSG (hierzu cc).

19

aa) Eine Genehmigung der Belastung des Kontos der Arbeitgeberin des Klägers aufgrund des Beitragseinzugs kann nicht ausgeschlossen werden. Zwar wurde eine solche Genehmigung nach den für den Senat insoweit bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) nicht ausdrücklich erklärt. Doch beruft sich der Kläger zu Recht darauf, dass eine solche Genehmigung nach der ständigen Rechtsprechung des BGH auch konkludent erfolgen kann.

20

Eine konkludente Genehmigung von Lastschriftbuchungen kommt nach dieser Rechtsprechung (zusammenfassend BGH Urteil vom 29.1.2015 - IX ZR 258/12 - BGHZ 204, 74 RdNr 9 mwN) in Betracht, wenn es sich für die Zahlstelle erkennbar um regelmäßig wiederkehrende Lastschriften aus einer laufenden Geschäftsbeziehung handelt, die der Kontoinhaber in der Vergangenheit bereits einmal genehmigt hat. Erhebt der Schuldner in Kenntnis eines erneuten Lastschrifteinzugs, der sich im Rahmen der bereits genehmigten Lastschriftbuchungen bewegt, gegen diesen nach einer angemessenen Überlegungsfrist keine Einwendungen, so kann auf Seiten der Zahlstelle die berechtigte Erwartung entstehen, auch diese Belastungsbuchung solle Bestand haben (BGH Urteil vom 27.9.2011 - XI ZR 215/10 - WM 2011, 2041 RdNr 17 mwN). Dabei muss es sich nicht um eine Reihe von im Wesentlichen gleichbleibenden Zahlungen handeln. Werden im unternehmerischen Verkehr fortlaufend Forderungen in unterschiedlicher Höhe im Rahmen von laufenden Geschäftsbeziehungen mittels Lastschrift im Einzugsermächtigungsverfahren eingezogen, so kommt eine konkludente Genehmigung einer Lastschriftbuchung auch dann in Betracht, wenn sie sich innerhalb einer Schwankungsbreite von bereits zuvor genehmigten Lastschriftbuchungen bewegt oder diese nicht wesentlich über- oder unterschreitet (BGH Urteil vom 8.11.2011 - XI ZR 158/10 - WM 2011, 2358 RdNr 20; BGH Urteil vom 1.12.2011 - IX ZR 58/11 - WM 2012, 160 RdNr 11, jeweils mwN). Beruhen Lastschriftbuchungen erkennbar auf Zahlungspflichten, deren variierende Höhe der Schuldner gegenüber der für die Einziehung zuständigen Stelle erklärt hat, besteht aus Sicht der kontoführenden Bank für den Schuldner nicht die Notwendigkeit zu einer umfassenden Überprüfung. Als Überprüfungsfrist kann eine Frist von drei Tagen genügen. Da diesen Buchungen eine konkrete Anmeldung des Schuldners zugrunde liegt, kommt eine konkludente Genehmigung auch dann in Betracht, wenn sich die einzelnen Beträge nicht innerhalb der Schwankungsbreite vorangegangener Lastschriftbuchungen bewegen (BGH Urteil vom 1.12.2011, aaO RdNr 11; BGH Urteil vom 3.4.2012 - XI ZR 39/11 - WM 2012, 933 RdNr 47 f; BGHZ 194, 1 RdNr 8).

21

Diese Grundsätze sind auch beim Einzug der Beiträge freiwillig Krankenversicherter zur GKV und sPV durch die Krankenkassen im Lastschriftverfahren zu beachten. Besonderheiten des diesbezüglichen Beitragsrechts, die eine bereichsspezifisch abweichende Handhabung erforderlich machten, liegen nicht vor. Insbesondere wird durch eine trotz erfolgter Genehmigung dann zu Unrecht erfolgende Stornierung der Lastschriftgutschrift auf dem Konto der Gläubigerin - hier also der Beklagten - das Risiko der Insolvenz von Arbeitgebern, die die Beiträge für ihre freiwillig versicherten Arbeitnehmer zahlen, nicht auf die Krankenkassen verlagert. Denn der Gläubiger der dem Lastschrifteinzug zugrunde liegenden Beitragsforderung - hier also die Beklagte und die Beigeladene - kann bei unbegründeter Rückbuchung eines wirksamen Lastschrifteinzugs von seiner Bank girovertraglich weiterhin Erfüllung der durch den wirksamen Lastschrifteinzug begründeten Forderung verlangen. Die Gläubigerbank ist verpflichtet, die ihrem Kunden zu Unrecht entzogene Buchposition durch berichtigten Kontenausweis seines Forderungsbestandes wiederherzustellen (vgl BGH Urteil vom 28.6.2012 - IX ZR 219/10 - BGHZ 194, 1 RdNr 14; vgl auch Proske, DB 2015, 604, 605).

22

Demgegenüber kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, dass ein rein passives Geschehenlassen des Lastschrifteinzugs keine Genehmigung des Forderungseinzugs im Lastschriftverkehr bewirken könne, weil ein objektiver Erklärungswert dem Schweigen im Rechtsverkehr gerade nicht immanent sei. Insoweit gilt, dass dem Schweigen im Rechtsverkehr nur dann kein - insbesondere Zustimmung ausdrückender - Erklärungswert zukommt, wenn gesetzlich (zB § 362 HGB - Schweigen des Kaufmanns) oder vertraglich (zB Fiktion der Genehmigung einer Lastschriftbelastungsbuchung beim Unterlassen rechtzeitiger Einwendungen nach Nr 2.4 Abs 2 S 3 der Bedingungen für Zahlungen mittels Lastschrift im Einzugsermächtigungsverfahren - Bedingungen Einzugsermächtigungslastschriftverfahren - in der hier anzuwendenden ab 1.11.2009 geltenden Fassung, abgedruckt in Bunte, AGB-Banken, 3. Aufl 2011; hierzu sogleich) nichts anderes vorgesehen ist (vgl allgemein Ellenberger in Palandt, BGB, 76. Aufl 2017, Einf vor § 116 RdNr 7 ff). Darüber hinaus kann eine Willenserklärung auch durch schlüssiges Verhalten konkludent abgegeben werden (vgl Ellenberger, aaO, ebenda, RdNr 6).

23

bb) Auf Grundlage dieser rechtlichen Erwägungen ist die Annahme, der vorläufige Insolvenzverwalter über das Vermögen der Arbeitgeberin des Klägers habe die Erfüllung der Beitragsforderungen der Beklagten und der Beigeladenen verhindert, nicht durch die vom Berufungsgericht festgestellten Tatsachen gedeckt. Denn die Versagung der Genehmigung einer Lastschriftbuchung durch einen vorläufigen Insolvenzverwalter geht ins Leere, wenn die Buchung bereits zuvor wirksam genehmigt wurde (Urteil vom 29.1.2015 - IX ZR 258/12 - BGHZ 204, 74 RdNr 14). Eine solche, bereits vor dem Widerruf des Insolvenzverwalters bzw sogar vor dessen Bestellung durch die Arbeitgeberin erfolgte Genehmigung der Belastungsbuchungen wegen des Einzugs der Beiträge des Klägers durch die Beklagte ist aufgrund der vom LSG festgestellten Tatsachen bei Anwendung der oben dargestellten Grundsätze der Rechtsprechung des BGH zur konkludenten Genehmigung von Lastschriftbuchungen nicht auszuschließen.

24

Beim Einzug der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge des Klägers durch die Beklagte vom Konto der Arbeitgeberin handelte es sich im Sinne der dargestellten Rechtsprechung des BGH für die Zahlstelle, also die Bank der Arbeitgeberin, erkennbar um regelmäßig wiederkehrende Lastschriften aus einer laufenden Geschäftsbeziehung, denn nach den Feststellungen des LSG wurden diese Beiträge im Rahmen des Lastschriftverfahrens "ausnahmslos Monat für Monat abgeführt und erfüllt". Auch wenn eine ausdrückliche Genehmigung früherer Belastungsbuchungen durch die Arbeitgeberin vom LSG nicht festgestellt worden ist, liegt eine Genehmigung kraft vertraglicher Fiktion vorliegend nahe. Denn nach Nr 2.4 Abs 2 S 1 und 3 Bedingungen Einzugsermächtigungslastschriftverfahren (zuvor inhaltsgleich Nr 7 Abs 3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken - AGB-Banken - abgedruckt idF vom 1.4.2002 in Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, 33. Aufl 2008, Anhang 8; zur Vereinbarkeit von Nr 7 Abs 3 AGB-Banken mit § 308 Nr 5 BGB vgl BGH Urteil vom 10.6.2008 - XI ZR 283/07 - BGHZ 177, 69 RdNr 28) hat der (Bank-)Kunde, wenn er eine Belastungsbuchung aus einer Lastschrift, für die er dem Gläubiger eine Einzugsermächtigung erteilt hat, nicht schon genehmigt hat, Einwendungen gegen diese im Saldo des nächsten Rechnungsabschlusses enthaltene Belastungsbuchung bis spätestens vor Ablauf von sechs Wochen nach Zugang des Rechnungsabschlusses zu erheben; das Unterlassen rechtzeitiger Einwendungen gilt als Genehmigung der Belastung. Einen solchen Rechnungsabschluss hat die Bank, sofern nichts anderes vereinbart ist, jeweils zum Ende eines Kalenderquartals zu erteilen (Nr 7 Abs 1 S 1 AGB-Banken). Mithin könnte schon im Februar 2010 durch Schweigen der Arbeitgeberin eine (fiktive) Genehmigung früherer Belastungsbuchungen aus dem Lastschrifteinzug von Beiträgen des Klägers in Form des Unterlassens von Einwendungen gegen den Rechnungsabschluss für das 4. Quartal 2009 erfolgt sein. Zugleich ist es sehr wahrscheinlich, dass sich die monatlichen Lastschriftbuchungen - bezogen auf den vom LSG nicht festgestellten Gesamtbetrag des jeweiligen Beitragseinzugs im Lastschriftverfahren - innerhalb der Schwankungsbreite der bereits zuvor genehmigten Buchungen bewegten, ohne diese wesentlich zu über- oder unterschreiten. Daher könnte, sofern der Buchung jeweils eine konkrete Meldung der Arbeitgeberin über die geschuldeten Beiträge zugrunde lag, eine konkludente Genehmigung durch die Arbeitgeberin schon nach Ablauf einer angemessenen Überprüfungsfrist von drei Tagen (BGH Urteil vom 29.1.2015 - IX ZR 258/12 - BGHZ 204, 74 RdNr 9), zumindest aber nach Ablauf einer Überprüfungsfrist von vierzehn Tagen (BGH Urteil vom 3.4.2012 - XI ZR 39/11 - WM 2012, 933 RdNr 48; BGH Urteil vom 1.12.2011 - IX ZR 58/11 - WM 2012, 160 LS und RdNr 15) erfolgt sein. Wären diese Fristen bezüglich der jeweiligen Lastschriftbuchungen aus dem Beitragseinzug für die Monate Januar bis März 2010 zum Zeitpunkt des Widerspruchs des Insolvenzverwalters bereits verstrichen gewesen, wäre dieser Widerspruch ins Leere gegangen und die Leistung der Arbeitgeberin auf die Beitragsforderung für die betreffenden Monate wirksam bewirkt worden. Soweit dieses der Fall ist, wären die Beitragsforderungen der Beklagten und der Beigeladenen gegen den Kläger für den jeweiligen Monat wegen Erfüllung erloschen und der angefochtene Bescheid vom 16.6.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.11.2010 insoweit aufzuheben.

25

cc) Auf Grundlage der dargestellten rechtlichen Beurteilung des Rechtsstreits durch den Senat (§ 170 Abs 5 SGG) wird das LSG im Rahmen seiner erneuten Verhandlung und Entscheidung insbesondere festzustellen haben, ob die AGB-Banken, die von in Deutschland tätigen privatrechtlich organisierten Kreditinstituten allgemein angewandt werden (vgl Hopt in Baumbach/Hopt, aaO, Anhang 8 Einleitung RdNr 1), und die Bedingungen Einzugsermächtigungs-lastschriftverfahren mit dem dargestellten Inhalt auch auf die Führung des durch den Beitragseinzug belasteten Kontos der Arbeitgeberin Anwendung fanden. Sollten diese oder andere Regelwerke mit vergleichbarem Inhalt anzuwenden sein, wird das LSG weiter feststellen müssen, über welchen Zeitraum bereits der Beitragseinzug per Lastschrift bei der Arbeitgeberin praktiziert wurde, in welcher Schwankungsbreite sich die zuvor ausdrücklich oder kraft vertraglicher Fiktion genehmigten Lastschrifteinzüge durch die Beklagte bewegten und ob die Lastschrifteinzüge für die Monate Januar bis März 2010 innerhalb dieser Schwankungsbreite lagen bzw auch im Hinblick auf die Beiträge freiwillig Krankenversicherter auf einer konkreten Anmeldung der Arbeitgeberin beruhten. Ausgehend von diesen Feststellungen wird das LSG festzustellen haben, nach Verstreichen welcher Frist eine konkludente Genehmigung der Lastschrifteinzüge für die Monate Januar bis März 2010 angenommen werden konnte, weil auf Seiten der Zahlstelle (= Bank der Arbeitgeberin des Klägers) die berechtigte Erwartung entstand, auch diese Belastungsbuchungen sollten Bestand haben (siehe hierzu oben II.2.c)aa). Schließlich wird es für den Eintritt der Genehmigungsfiktionen darauf ankommen, an welchen Tagen genau die Kontobelastungen für die streitbefangenen Beiträge vorgenommen wurden. Für die den Rechtstreit entscheidende Frage, ob der Widerspruch des Insolvenzverwalters dem Eintritt der Erfüllungswirkung entgegenstand, wird es sodann darauf ankommen, wann genau dieser erfolgte.

26

3. Die Kostenentscheidung bleibt der das Verfahren abschließenden Entscheidung des LSG vorbehalten.

(1) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte verletzen ihre Pflichten, wenn sie trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis

1.
sich weigern, einer Aufforderung gemäß § 15 Absatz 5 oder Absatz 6 nachzukommen,
2.
sich weigern, eine zumutbare Arbeit, Ausbildung oder ein nach § 16e gefördertes Arbeitsverhältnis aufzunehmen, fortzuführen oder deren Anbahnung durch ihr Verhalten verhindern,
3.
eine zumutbare Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit nicht antreten, abbrechen oder Anlass für den Abbruch gegeben haben.
Dies gilt nicht, wenn erwerbsfähige Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund für ihr Verhalten darlegen und nachweisen.

(2) Eine Pflichtverletzung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ist auch anzunehmen, wenn

1.
sie nach Vollendung des 18. Lebensjahres ihr Einkommen oder Vermögen in der Absicht vermindert haben, die Voraussetzungen für die Gewährung oder Erhöhung des Bürgergeldes nach § 19 Absatz 1 Satz 1 herbeizuführen,
2.
sie trotz Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis ihr unwirtschaftliches Verhalten fortsetzen,
3.
ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht oder erloschen ist, weil die Agentur für Arbeit das Eintreten einer Sperrzeit oder das Erlöschen des Anspruchs nach den Vorschriften des Dritten Buches festgestellt hat, oder
4.
sie die im Dritten Buch genannten Voraussetzungen für das Eintreten einer Sperrzeit erfüllen, die das Ruhen oder Erlöschen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld begründen.

(1) Bei einer Pflichtverletzung nach § 31 mindert sich das Bürgergeld um 10 Prozent des nach § 20 jeweils maßgebenden Regelbedarfs. Bei einer weiteren Pflichtverletzung nach § 31 mindert sich das Bürgergeld um 20 Prozent des nach § 20 jeweils maßgebenden Regelbedarfs. Bei jeder weiteren Pflichtverletzung nach § 31 mindert sich das Bürgergeld um 30 Prozent des nach § 20 jeweils maßgeblichen Regelbedarfs. Eine weitere Pflichtverletzung liegt nur vor, wenn bereits zuvor eine Minderung festgestellt wurde. Sie liegt nicht vor, wenn der Beginn des vorangegangenen Minderungszeitraums länger als ein Jahr zurückliegt. Minderungen nach den Sätzen 1 bis 3 sind aufzuheben, sobald erwerbsfähige Leistungsberechtigte diese Pflichten erfüllen oder sich nachträglich ernsthaft und nachhaltig dazu bereit erklären, diesen künftig nachzukommen. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 gelten bei Pflichtverletzungen nach § 31 Absatz 2 Nummer 3 in Fällen einer Sperrzeit bei Meldeversäumnis nach § 159 Absatz 1 Satz 2 Nummer 8 des Dritten Buches die Rechtsfolgen des § 32.

(2) Vor der Feststellung der Minderung nach Absatz 1 soll auf Verlangen der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten die Anhörung nach § 24 des Zehnten Buches persönlich erfolgen. Verletzen die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten wiederholt ihre Pflichten oder versäumen wiederholt Meldetermine nach § 32, soll die Anhörung persönlich erfolgen.

(3) Eine Leistungsminderung erfolgt nicht, wenn sie im Einzelfall eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde.

(4) Leistungsminderungen bei wiederholten Pflichtverletzungen oder wiederholten Meldeversäumnissen nach § 32 sind auf insgesamt 30 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs begrenzt. Die sich rechnerisch ergebenden Zahlbeträge für die Kosten der Unterkunft und Heizung dürfen durch eine Leistungsminderung nicht verringert werden.

(5) Für nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte gelten die Absätze 1 bis 4 bei Pflichtverletzungen nach § 31 Absatz 2 Nummer 1 und 2 entsprechend.

(6) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sollen innerhalb von vier Wochen nach Feststellung einer Leistungsminderung ein Beratungsangebot erhalten, in dem die Inhalte des Kooperationsplans überprüft und bei Bedarf fortgeschrieben werden.

(1) Die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende werden erbracht in Form von

1.
Dienstleistungen,
2.
Geldleistungen und
3.
Sachleistungen.

(2) Die nach § 6 zuständigen Träger wirken darauf hin, dass erwerbsfähige Leistungsberechtigte und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen die erforderliche Beratung und Hilfe anderer Träger, insbesondere der Kranken- und Rentenversicherung, erhalten. Die nach § 6 zuständigen Träger wirken auch darauf hin, dass Kinder und Jugendliche Zugang zu geeigneten vorhandenen Angeboten der gesellschaftlichen Teilhabe erhalten. Sie arbeiten zu diesem Zweck mit Schulen und Kindertageseinrichtungen, den Trägern der Jugendhilfe, den Gemeinden und Gemeindeverbänden, freien Trägern, Vereinen und Verbänden und sonstigen handelnden Personen vor Ort zusammen. Sie sollen die Eltern unterstützen und in geeigneter Weise dazu beitragen, dass Kinder und Jugendliche Leistungen für Bildung und Teilhabe möglichst in Anspruch nehmen.

(1) Bei einer Pflichtverletzung nach § 31 mindert sich das Bürgergeld um 10 Prozent des nach § 20 jeweils maßgebenden Regelbedarfs. Bei einer weiteren Pflichtverletzung nach § 31 mindert sich das Bürgergeld um 20 Prozent des nach § 20 jeweils maßgebenden Regelbedarfs. Bei jeder weiteren Pflichtverletzung nach § 31 mindert sich das Bürgergeld um 30 Prozent des nach § 20 jeweils maßgeblichen Regelbedarfs. Eine weitere Pflichtverletzung liegt nur vor, wenn bereits zuvor eine Minderung festgestellt wurde. Sie liegt nicht vor, wenn der Beginn des vorangegangenen Minderungszeitraums länger als ein Jahr zurückliegt. Minderungen nach den Sätzen 1 bis 3 sind aufzuheben, sobald erwerbsfähige Leistungsberechtigte diese Pflichten erfüllen oder sich nachträglich ernsthaft und nachhaltig dazu bereit erklären, diesen künftig nachzukommen. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 gelten bei Pflichtverletzungen nach § 31 Absatz 2 Nummer 3 in Fällen einer Sperrzeit bei Meldeversäumnis nach § 159 Absatz 1 Satz 2 Nummer 8 des Dritten Buches die Rechtsfolgen des § 32.

(2) Vor der Feststellung der Minderung nach Absatz 1 soll auf Verlangen der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten die Anhörung nach § 24 des Zehnten Buches persönlich erfolgen. Verletzen die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten wiederholt ihre Pflichten oder versäumen wiederholt Meldetermine nach § 32, soll die Anhörung persönlich erfolgen.

(3) Eine Leistungsminderung erfolgt nicht, wenn sie im Einzelfall eine außergewöhnliche Härte bedeuten würde.

(4) Leistungsminderungen bei wiederholten Pflichtverletzungen oder wiederholten Meldeversäumnissen nach § 32 sind auf insgesamt 30 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs begrenzt. Die sich rechnerisch ergebenden Zahlbeträge für die Kosten der Unterkunft und Heizung dürfen durch eine Leistungsminderung nicht verringert werden.

(5) Für nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte gelten die Absätze 1 bis 4 bei Pflichtverletzungen nach § 31 Absatz 2 Nummer 1 und 2 entsprechend.

(6) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sollen innerhalb von vier Wochen nach Feststellung einer Leistungsminderung ein Beratungsangebot erhalten, in dem die Inhalte des Kooperationsplans überprüft und bei Bedarf fortgeschrieben werden.

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

(1) Die Vorschriften dieses Kapitels gelten für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden, die nach diesem Gesetzbuch ausgeübt wird. Für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände, der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts zur Ausführung von besonderen Teilen dieses Gesetzbuches, die nach Inkrafttreten der Vorschriften dieses Kapitels Bestandteil des Sozialgesetzbuches werden, gilt dies nur, soweit diese besonderen Teile mit Zustimmung des Bundesrates die Vorschriften dieses Kapitels für anwendbar erklären. Die Vorschriften gelten nicht für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten.

(2) Behörde im Sinne dieses Gesetzbuches ist jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt.

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 10. März 2016 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert wird auf 1000 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Zahlung der ersten Rate in Höhe von 1000 Euro als Vergütung aus einem Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein, der dem Beigeladenen von der Beklagten erteilt wurde.

2

Die Klägerin betreibt eine private Arbeitsvermittlung, die sie bereits im Jahr 2008 als Gegenstand ihres Gewerbes angezeigt hatte. Am 3.9.2012 ist sie zudem von der Zertifizierungsstelle der Beklagten als Träger nach dem Recht der Arbeitsförderung für den Fachbereich Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung zugelassen worden.

3

Am 13.4.2012 erteilte die Beklagte dem Beigeladenen einen Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein über 2000 Euro für die Arbeitsvermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung im Bundesgebiet mit Gültigkeit vom 13.4.2012 bis 12.7.2012.

4

Der Gutschein enthielt unter anderem einen mit "Nebenbestimmungen - Ausschlussfrist" überschriebenen Hinweis darauf, dass die Zahlung der Vermittlungsvergütung (Einlösung des Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheins) durch den Träger (private Arbeitsvermittlung) nach erstmaligem Vorliegen der Zahlungsvoraussetzungen zu beantragen sei; innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten (§ 326 SGB III) seien die Unterlagen, die für die abschließende Entscheidung über den Umfang der zu erbringenden Leistung notwendig seien, einzureichen, die Frist beginne jeweils mit Ablauf des Kalendermonats, in dem die für die Zahlung geforderte Beschäftigungsdauer erfüllt sei.

5

Am 16.4.2012 schloss der zu dieser Zeit arbeitslose Beigeladene mit der Klägerin einen Vermittlungsvertrag. Ein Arbeitgeber bestätigte unter dem 5.6.2012, dass er auf Vermittlung der Klägerin mit dem Beigeladenen am 24.4.2012 einen Arbeitsvertrag für die Zeit vom 24.4.2012 bis 24.7.2012 geschlossen hat.

6

Den Antrag der Klägerin vom 30.5.2013, für die Vermittlung des Beigeladenen eine Vergütung in Höhe von zunächst 1000 Euro zu zahlen, lehnte die Beklagte unter Hinweis auf § 326 SGB III als verspätet ab(Schreiben vom 17.6.2013) und verwarf den Widerspruch gegen diese Ablehnung als unzulässig (Widerspruchsbescheid vom 14.8.2013). Die Entscheidung über die Zahlung bzw Nichtzahlung der in Rechnung gestellten Vermittlungsvergütung stelle keinen Verwaltungsakt gegenüber dem Träger der privaten Arbeitsvermittlung dar. Die Unterstützung einer beruflichen Eingliederung durch die Vermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung sei eine Förderleistung an Arbeitnehmer. Die Förderzusicherung bestehe nur gegenüber dem Arbeitnehmer. Die Bundesagentur stehe in keiner Beziehung zum Träger der privaten Arbeitsvermittlung.

7

Das SG hat die dagegen erhobene Klage mit elf weiteren Klageverfahren, in denen die Klägerin Ansprüche auf Zahlung einer Vergütung geltend gemacht hat, zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. In sieben dieser Fälle hat es die Beklagte unter Aufhebung der Ablehnungsbescheide verurteilt, der Klägerin jeweils die erste Rate aus den Vermittlungsgutscheinen in Höhe von insgesamt 7000 Euro zu zahlen und die weiteren Klagen abgewiesen (Urteil vom 27.3.2014).

8

Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG die sieben Verfahren, in denen das SG die Beklagte verurteilt hatte, wieder getrennt und im vorliegenden Verfahren - wie auch in den sechs weiteren Parallelverfahren - die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 10.3.2016). Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten sei der Widerspruch der Klägerin gegen die Ablehnung ihres Vergütungsantrages zulässig gewesen, weil es sich bei dessen Ablehnung unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG zu § 421g SGB III aF um einen Verwaltungsakt iS von § 31 Satz 1 SGB X handele. Die Klägerin habe gem § 45 SGB III auch einen Anspruch auf Auszahlung eines Teilbetrages in Höhe von 1000 Euro aus dem Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein, der dem Beigeladenen erteilt wurde. Der private Arbeitsvermittler könne seinen Vergütungsanspruch weiterhin selbst gegenüber der Arbeitsagentur geltend machen, da die Vergütungsregelungen aus § 421g SGB III aF in § 45 Abs 6 SGB III übernommen worden seien. § 326 SGB III stehe dem Anspruch nicht entgegen. Diese Vorschrift sei auf den Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein nicht anzuwenden, weil die Klägerin schon kein Maßnahmeträger im Sinne dieser Vorschrift sei. Außerdem enthalte § 45 Abs 4 Satz 5 SGB III eine speziellere Regelung der Vorlage- und Abrechnungsverpflichtung. Die Anwendbarkeit des § 326 SGB III ergebe sich auch nicht aus den mit "Nebenbestimmung" überschriebenen Hinweisen im Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein, da diese in Bezug auf die Klägerin keine Wirkung entfalten würden.

9

Mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision macht die Beklagte eine Verletzung von § 45 SGB III und § 31 SGB X geltend. Die Entscheidung über die Gewährung oder Versagung der Vermittlungsvergütung sei jedenfalls im Verhältnis zum privaten Arbeitsvermittler kein anfechtbarer Verwaltungsakt. Entgegen der Auffassung des LSG sei die Ausschlussfrist des § 326 Abs 1 SGB III auf den Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein anwendbar, weil die Klägerin Träger im Sinne dieser Vorschrift sei. Diese Frist werde nicht durch § 45 Abs 4 Satz 5, Abs 6 Satz 5 SGB III verdrängt, weil es sich hierbei nur um eine rechtsbegründende und nicht - wie bei § 326 Abs 1 SGB III - um eine rechtsvernichtende Frist handele.

10

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 10. März 2016 aufzuheben, das Urteil des Sozialgerichts Leipzig teilweise aufzuheben, soweit damit der Bescheid der Beklagten vom 17. Juni 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. August 2013 aufgehoben und die Beklagte zur Zahlung der Vermittlungsvergütung an die Klägerin (auch) für die Vermittlung des Beigeladenen verurteilt wurde, und die Klage insgesamt abzuweisen.

11

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

12

Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.

13

Der Beigeladene hat sich im Revisionsverfahren nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

14

Die Revision der Beklagten ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Das LSG hat zu Recht die Berufung der Beklagten gegen ihre Verurteilung durch das SG zur Zahlung von 1000 Euro zurückgewiesen.

15

Richtige Klageart ist, wie von SG und LSG zu Recht angenommen, die Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1, 4 SGG). Die Ablehnung der Zahlung von 1000 Euro als Vergütung aus dem gegenüber dem Beigeladenen erstellten Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein (Schreiben der Beklagten vom 17.6.2013) ist als Verwaltungsakt zu qualifizieren.

16

Ein Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist (§ 31 Satz 1 SGB X). Alle diese Merkmale erfüllt das Schreiben vom 17.6.2013. Als Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmende Behörde iS von § 1 Abs 2 SGB X ist die Agentur für Arbeit L. unter Anwendung des dem öffentlichen Recht zuzuordnenden SGB III im Einzelfall der Klägerin und mit Rechtswirkung für die Klägerin - und damit "nach außen" - hoheitlich tätig geworden.

17

Die Ablehnung des von der Klägerin geltend gemachten Zahlungsanspruchs stellt auch eine Regelung dar. Anders, als es die Beklagte andeutet, ist das Schreiben nicht als sogenanntes "schlicht hoheitliches Verhalten" zu qualifizieren, worin kein Verwaltungsakt zu sehen wäre. Solche auch als "Realakte" bezeichneten Verwaltungsmaßnahmen zeichnen sich dadurch aus, dass ihnen eine Regelung fehlt, weil sie nicht darauf abzielen, Rechtswirkungen zu schaffen (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, Anhang § 54 RdNr 7; Engelmann in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 31 RdNr 23 ff, 60). Demgegenüber hat die Beklagte mit dem Schreiben vom 17.6.2013 auf einen Antrag der Klägerin geprüft, ob die im Einzelnen in § 45 Abs 6 Satz 3 ff SGB III genannten gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen für die Auszahlung der beantragten Leistung vorliegen, und ob dieser Auszahlung verfahrensrechtliche Hindernisse entgegenstehen, die die Beklagte letztlich in § 326 SGB III gesehen hatte. Mit der Mitteilung des Ergebnisses dieser komplexen Prüfung hat die Beklagte ersichtlich auch eine Rechtsfolge (ausführlich dazu Engelmann in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 31 RdNr 23 mwN) setzen wollen, nämlich festzulegen, dass der Klägerin dieser Rechtsanspruch verbindlich nicht zusteht. Dies erfüllt alle Merkmale eines Verwaltungsakts (so im Ergebnis - allerdings ohne näherer Begründung - bereits BSG vom 6.4.2006 - B 7a AL 56/05 R - BSGE 96, 190 = SozR 4-4300 § 421g Nr 1, RdNr 10; zuletzt BSG vom 11.12.2014 - B 11 AL 1/14 R; in diesem Sinne auch Kador in Mutschler/Schmidt-De Caluwe/Coseriu, SGB III, 6. Aufl 2017, § 45 RdNr 125; Rademacker in Hauck/Noftz, SGB III, K § 45 RdNr 137, 183, Stand Mai 2012).

18

Zu diesem (hoheitlichen) Handeln durch Verwaltungsakt war die Beklagte befugt. Ein Handeln der Verwaltung durch Verwaltungsakt ist nur zulässig, wenn diese Handlungsform durch Gesetz gestattet ist (vgl BSG vom 27.5.2008 - B 2 U 11/07 R - BSGE 100, 243 = SozR 4-2700 § 150 Nr 3, RdNr 12, mwN). Soweit die Verwaltung - wie hier - nicht ausdrücklich zur Regelung durch Verwaltungsakt ermächtigt ist, muss jedenfalls aus der Systematik des Gesetzes und der Eigenart des zwischen den Beteiligten bestehenden Rechtsverhältnisses zu ersehen sein, dass sie berechtigt sein soll, in dieser Form tätig zu werden (vgl BSG vom 27.5.2008 - B 2 U 11/07 R - BSGE 100, 243 = SozR 4-2700 § 150 Nr 3, RdNr 12). Insbesondere wenn zwischen Verwaltung und Adressat ein Subordinationsverhältnis besteht, also ein Verhältnis der Über- und Unterordnung, ist von der Befugnis durch Verwaltungsakt zu entscheiden, auszugehen (so BSG vom 8.9.2015 - B 1 KR 36/14 R - SozR 4-2500 § 140 Nr 1 RdNr 9; BSG vom 31.5.2016 - B 1 KR 38/15 R, BSGE = SozR 4-7912 § 96 Nr 1, RdNr 11).

19

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs sind die Regelungen des § 45 Abs 6 Satz 3 ff SGB III, die im Einzelnen die Voraussetzungen eines Zahlungsanspruches des privaten Arbeitsvermittlers auf die Vermittlungsvergütung gegenüber der Bundesagentur regeln. Dabei handelt es sich um einen öffentlich-rechtlichen Anspruch (Rademacker in Hauck/Noftz, SGB III, K § 45 RdNr 136, 183, Stand Mai 2012), der abschließend und besonderen Vereinbarungen oder Gestaltungen nicht zugänglich ist. Soweit angenommen wird, dass das Rechtsverhältnis zwischen Bundesagentur und Maßnahmeträger über Eingliederungsleistungen nach § 45 SGB III im Grundsatz privatrechtlicher Natur ist(so etwa Bieback in Gagel, SGB II/SGB III, § 45 SGB III RdNr 351 ff, Stand März 2013), gilt dies jedenfalls nicht für den Anspruch des privaten Arbeitsvermittlers auf Vermittlungsvergütung gegenüber der Bundesagentur. Insoweit ist wegen § 45 Abs 6 Satz 3 ff, SGB III von einem Subordinationsverhältnis auszugehen, wodurch die Befugnis, durch Verwaltungsakt handeln zu dürfen, impliziert wird.

20

Insofern ist das Verhältnis Maßnahmeträger zur Bundesagentur nicht anders zu beurteilen als das Verhältnis Maßnahmeteilnehmer zur Bundesagentur. Hierzu hat der Senat bereits entschieden, dass die Ausstellung eines Vermittlungsgutscheins einen Verwaltungsakt darstellt (vgl BSG vom 11.3.2014 - B 11 AL 19/12 R - BSGE 115, 185 = SozR 4-4300 § 421g Nr 5, RdNr 17 f). An dieser noch zu § 421g SGB III ergangenen Rechtsprechung ist auch nach der Einbeziehung des Förderungsinstrumentes Vermittlungsgutschein in die Konzeption der Aktivierungs- und Eingliederungsmaßnahmen nach § 45 SGB III festzuhalten. Denn der Gesetzgeber ist bei der Nachfolgeregelung ausdrücklich von einer verbindlichen Förderzusage durch den Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein - und damit von einem Verwaltungsakt - ausgegangen (vgl BT-Drucks 17/6277 S 93; auch dazu bereits Senatsurteil vom 11.3.2014 - B 11 AL 19/12 R - BSGE 115, 185 = SozR 4-4300 § 421g Nr 5, RdNr 19).

21

Gründe, die einer Entscheidung in der Sache entgegenstehen könnten, sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist das nach § 78 SGG erforderliche Widerspruchsverfahren durchgeführt worden, wobei ohne Bedeutung ist, dass die Beklagte den Widerspruch als unzulässig verworfen hat, denn § 78 SGG verlangt nicht einen Widerspruchsbescheid, der frei von Rechtsfehlern ist(vgl Sächsisches LSG vom 3.11.2016 - L 3 AL 111/14 - RdNr 26; BSG vom 24.11.2011 - B 14 AS 151/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 54 RdNr 9).

22

Streitgegenstand ist (nur) der Anspruch der Klägerin auf Auszahlung eines Teilbetrages in Höhe von 1000 Euro als erste Rate. Denn nur hierüber hat die Beklagte durch den angefochtenen Bescheid entschieden und nur diese Leistung macht die Klägerin geltend. Der 7a. Senat des BSG hat zwar auch die zweite Rate in Höhe weiterer 1000 Euro als vom Streitgegenstand mitumfasst angesehen, allerdings in einem Fall, in dem eine (generelle) Ablehnung erfolgte, die mit der Unwirksamkeit des Vermittlungsvertrags begründet wurde (vgl BSG vom 6.4.2006 - B 7a AL 56/05 R = BSGE 96, 190 = SozR 4-4300 § 421g Nr 1, RdNr 10). Doch ist dies nicht anzunehmen, wenn - wie hier - allein die nicht rechtzeitige Geltendmachung des Anspruchs im Streit steht. Die Rechtslage kann sich in diesem Fall wegen der unterschiedlichen Fälligkeitszeitpunkte für die erste und zweite Rate jeweils anders darstellen, was auch die Möglichkeit bedingt, nur eine der Raten geltend zu machen.

23

In der Sache hat die Klägerin einen Anspruch auf Auszahlung des ersten Teilbetrages in Höhe von 1000 Euro aus dem Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein vom 13.4.2012, der dem Beigeladenen erteilt wurde. Der Ablehnungsbescheid ist daher rechtswidrig und das SG hat die Beklagte zu Recht unter Aufhebung dieses Bescheids zur Zahlung von 1000 Euro verurteilt.

24

Anspruchsgrundlage ist § 45 SGB III in der ab 1.4.2012 geltenden Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom 20.12.2011 (BGBl I 2854). Nach § 45 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB III können Arbeitslose bei Teilnahme an Maßnahmen gefördert werden, die ihre berufliche Eingliederung durch Vermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung unterstützen (Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung). Die Förderung umfasst nach § 45 Abs 1 Satz 4 SGB III die Übernahme der angemessenen Kosten für die Teilnahme, soweit dies für die berufliche Eingliederung notwendig ist. Die Agentur für Arbeit kann nach § 45 Abs 4 Satz 1 SGB III dem Berechtigten das Vorliegen der Voraussetzung für eine Förderung nach Abs 1 bescheinigen und Maßnahmeziel und -inhalt durch einen Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein festlegen. Ein Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein kann - wie es hier der Fall ist - nach § 45 Abs 4 Satz 3 Nr 2 SGB III zur Auswahl eines Trägers berechtigen, der eine ausschließlich erfolgsbezogen vergütete Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung anbietet. Bei einer erfolgreichen Arbeitsvermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung durch einen vom Berechtigten ausgewählten Träger iS von § 45 Abs 4 Satz 3 Nr 2 SGB III beträgt die Vergütung 2000 Euro(§ 45 Abs 6 Satz 3 SGB III). Diese Vergütung wird gemäß § 45 Abs 6 Satz 5 SGB III in Höhe von 1000 Euro nach einer sechswöchigen und der Restbetrag nach einer sechsmonatigen Dauer des Beschäftigungsverhältnisses gezahlt. Der ausgewählte Träger hat gemäß § 45 Abs 4 Satz 5 SGB III der Agentur für Arbeit den Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein nach erstmaligem Vorliegen der Auszahlungsvoraussetzungen vorzulegen.

25

Der Zahlungsanspruch des privaten Arbeitsvermittlers gegen die Beklagte hat also auch nach § 45 SGB III - entsprechend der Vorgängerregelung in § 421g SGB III - zusammenfassend folgende Voraussetzungen: Erstens die Ausstellung eines Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheins; zweitens ein wirksamer, vor Beginn der Vermittlungstätigkeit abgeschlossener schriftlicher Vermittlungsvertrag mit daraus resultierendem Zahlungsanspruch des Vermittlers gegen den Arbeitnehmer; drittens innerhalb der Geltungsdauer des Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheins die erfolgreiche Vermittlung in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit mindestens 15 Wochenstunden; viertens für die Auszahlung der ersten Rate eine sechswöchige Dauer des Beschäftigungsverhältnisses (BSG vom 11.3.2014 - B 11 AL 19/12 R - BSGE 115, 185 = SozR 4-4300 § 421g Nr 5, RdNr 14 mwN). Für bis einschließlich 31.12.2012 erfolgte Vermittlungen erfordert gem der Übergangsregelung in § 443 Abs 3 Satz 4 SGB III ein Anspruch auf Vergütung zudem, dass der Träger zum Zeitpunkt der Vermittlung die Arbeitsvermittlung als Gegenstand seines Gewerbes angezeigt hat(vgl dazu Urmersbach in Eicher/Schlegel, SGB III nF, § 45 RdNr 193, Stand September 2015),aber noch keine Zulassung durch eine Zertifizierungsstelle nach dem ab 1.4.2012 geltenden § 176 Abs 1 SGB III.

26

Diese Anspruchsvoraussetzungen liegen hier nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG vor, sodass dem Grunde nach ein Anspruch auf Zahlung der ersten Rate von 1000 Euro besteht. Dem Beigeladenen ist am 13.4.2012 ein Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein ausgestellt worden mit einer Gültigkeitsdauer bis zum 12.7.2012. Am 16.4.2012 schlossen die Klägerin, die die Arbeitsvermittlung als Gegenstand ihres Gewerbes bereits im Jahr 2008 angezeigt hatte, und der Beigeladene einen wirksamen Vermittlungsvertrag, aufgrund dessen die Klägerin den Beigeladenen in eine am 24.4.2012 beginnende sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vermittelte (Arbeitsvertrag für die Zeit vom 24.4.2012 - 24.7.2012). Nach den Feststellungen des LSG, bestätigt durch Klägerin und Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung, ist weiter davon auszugehen, dass der Beigeladene mindestens sechs Wochen tatsächlich beschäftigt war. Ausschlussgründe nach § 45 Abs 6 Satz 6 SGB III sind nicht ersichtlich.

27

Entgegen der Auffassung der Beklagten steht dem Anspruch nicht entgegen, dass der Antrag auf diese Vergütung erst am 30.5.2013 gestellt wurde. In § 45 SGB III findet sich keine (Ausschluss-) Frist zur Geltendmachung der Vermittlungsvergütung. Die in § 326 SGB III unter der Überschrift "Ausschlussfrist für Gesamtabrechnung" geregelte Frist ist entgegen der Auffassung der Beklagten auf Leistungen für eine erfolgsbezogen zu vergütende Maßnahme wie die Arbeitsvermittlung nicht anwendbar.

28

§ 326 Abs 1 Satz 1 SGB III bestimmt, dass für Leistungen an einen Maßnahmeträger dieser der Agentur für Arbeit innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten die Unterlagen vorzulegen hat, die für eine abschließende Entscheidung über den Umfang der zu erbringenden Leistungen erforderlich sind (Gesamtabrechnung). Die Frist beginnt mit Ablauf des Kalendermonats, in dem die Maßnahme beendet worden ist (§ 326 Abs 1 Satz 2 SGB III). Erfolgt die Gesamtabrechnung nicht rechtzeitig, sind nach § 326 Abs 2 SGB III die erbrachten Leistungen vom Träger in dem Umfang zu erstatten, in dem die Voraussetzungen für die Leistungen nicht nachgewiesen worden sind.

29

Schon nach dem Wortlaut ist die Anwendung dieser Regelung auf die Vermittlungsvergütung eines privaten Arbeitsvermittlers zweifelhaft. Zwar ist dieser als Maßnahmeträger im Sinne der Vorschrift anzusehen, was sich aus § 21 SGB III iVm § 45 SGB III ergibt, denn auch die in § 45 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB III genannte Vermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung ist als Maßnahme der Arbeitsförderung iS von § 21 SGB III anzusehen und zudem wird der private Arbeitsvermittler ausdrücklich als Träger bezeichnet(vgl nur Urmersbach in Eicher/Schlegel, SGB III nF, § 45 RdNr 190 ff, Stand September 2015; Rademacker in Hauck/Noftz, SGB III, K § 45 RdNr 119, Stand Mai 2012). Doch erfordert die Vergütung eines Arbeitsvermittlers keine Gesamtabrechnung, sondern steht in ihrer Höhe von vornherein fest, weil sie nicht aufwands- sondern erfolgsbezogen gewährt wird. Eine vorläufige Entscheidung, die von der in § 326 Abs 1 Satz 1 SGB III ausdrücklich genannten abschließenden Entscheidung abweichen könnte, ist deshalb ebenfalls nicht denkbar. Unklar bleibt zudem, wann bei einer die Vergütungspflicht auslösenden erfolgreichen Arbeitsvermittlung von der Beendigung der Maßnahme als Anknüpfungspunkt des Fristbeginns auszugehen sein soll. Der sicheren Bestimmung von Beginn und Ende einer Frist kommt gerade im Rahmen von Fristenreglungen besondere Bedeutung zu. Eine bestimmte Dauer der Beschäftigung kann allerdings - entgegen der Auffassung der Beklagten - kaum als das für den Fristbeginn maßgebliche Ende der Maßnahme iS von § 326 Abs 1 Satz 2 SGB III angesehen werden. Denn die Tätigkeit des Vermittlers als Träger dürfte bereits mit dem Abschluss des auf seine Vermittlung zustande gekommenen Arbeitsvertrags, spätestens aber mit Aufnahme der Beschäftigung durch den Berechtigten, beendet sein. Auf die Dauer der Beschäftigung, von der entscheidend abhängt, ob der Vergütungsanspruch überhaupt entsteht, erstreckt sich die Tätigkeit des Vermittlers bereits nicht mehr.

30

Aus Entstehungsgeschichte und Gesetzesentwicklung ergeben sich keine Hinweise auf eine Anwendung von § 326 SGB III im Regelungszusammenhang der privaten Arbeitsvermittlung. Während § 326 SGB III bereits zum 1.1.1998 mit der Eingliederung des Arbeitsförderungsrechts in das SGB in Kraft getreten und seitdem inhaltlich nicht mehr verändert wurde, erfolgte die Eingliederung der Förderung auch der privaten Arbeitsvermittlung in § 45 SGB III erst zum 1.4.2012 und geht zurück auf die zeitlich befristete Sonderregelung zum Vermittlungsgutschein in § 421g SGB III. Hiermit war ein neues Instrument geschaffen worden, mit dem zunächst Erfahrungen gesammelt werden sollten (vgl zur Rechtsentwicklung nur Urmersbach in Eicher/Schlegel, SGB III nF, § 45 RdNr 24, Stand Juli 2013; Rademacker in Hauck/Noftz, SGB III, K § 45 RdNr 5, 21, Stand Mai 2012). Diese und auch weitere zum Teil grundlegende Neu- und Umgestaltungen der Arbeitsmarktinstrumente hat der Gesetzgeber in den verfahrensrechtlichen Regelungen des Neunten Kapitels des SGB III - auch was die Trägerleistungen angeht - allerdings nicht nachvollzogen. Dies gilt insbesondere für die in § 45 SGB III enthaltenen "Gutscheinlösungen"(vgl dazu Kallert in Gagel, SGB II/SGB III, § 326 RdNr 5, Stand September 2013). Hinweise auf eine beabsichtigte uneingeschränkte Anwendung der für die überkommenen Förderungsinstrumente konzipierten Verfahrensregelungen auf die neuen Förderinstrumente fehlen.

31

Gegen die Anwendung von § 326 SGB III auf Ansprüche auf Vergütung aus einem Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein wegen einer Arbeitsvermittlung sprechen schließlich entscheidend Systematik sowie Sinn und Zweck der Regelung. Als Ziel von § 326 SGB III ist in der Gesetzesbegründung ausdrücklich beschrieben dazu beizutragen, dass Träger von geförderten Maßnahmen daran mitwirken, erforderliche Entscheidungen insbesondere hinsichtlich der Leistungshöhe zeitnah treffen zu können(BT-Drucks 13/4941 S 212; dazu Leitherer in Eicher/ Schlegel, SGB III nF, § 326 RdNr 1, 22 ff, Stand Juni 2014). Die Vorschrift geht nach ihrer Ratio also von einem aufwandsbezogenen Anspruch aus, dessen Höhe von verschiedenen Faktoren abhängen kann. Diese sind im Einzelnen zu ermitteln, wofür es der Mitwirkung des Trägers bedarf, dem es obliegt, seinen Aufwand anzugeben und nachzuweisen (vgl Leitherer in Eicher/Schlegel, SGB III nF, § 326 RdNr 1, 23, Stand Juni 2014; Kallert in Gagel, SGB II/SGB III, § 326 RdNr 7 ff, Stand September 2013). Bei aufwandsbezogen zu vergütenden Aktivierungsmaßnahmen ist hierfür ein entsprechender Anwendungsbereich eröffnet. Denn insoweit haben sich die Träger bereits zu Beginn der Maßnahme nach § 45 Abs 4 Satz 4 SGB III unter Vorlage des Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheins an die Bundesagentur zu wenden und erhalten ggf Vergütungen vorab.

32

Demgegenüber kann sich der Arbeitsvermittler gemäß § 45 Abs 4 Satz 5 SGB III erst an die Bundesagentur wenden, wenn alle Voraussetzungen für den Vergütungsanspruch vollständig vorliegen. Die Leistungshöhe folgt unmittelbar aus dem Gesetz. Besondere Mitwirkungspflichten oder Obliegenheiten des Arbeitsvermittlers, die sich auf die Ermittlung seines Aufwands beziehen und die durch eine Ausschlussfrist sanktioniert werden könnten, bestehen demnach nicht. Die Anwendung der auf die Durchsetzung solcher Pflichten gerichteten Vorschrift des § 326 SGB III ist damit nach deren Konzeption nicht gerechtfertigt. Ihr käme die Wirkung einer anlasslosen isolierten Ausschlussfrist für die Geltendmachung des Anspruchs dem Grunde nach zu. Eine solche erfordert eine eindeutige gesetzliche Regelung, an der es fehlt.

33

Kein anderes Ergebnis folgt schließlich aus den als "Nebenbestimmung" bezeichneten Ausführungen zu § 326 SGB III in dem Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein, der dem Beigeladenen erteilt wurde. Denn diese stellen, wie vom LSG zutreffend erkannt, lediglich einen Hinweis auf die aus Sicht der Beklagten bestehenden Rechtslage dar, dem nicht der Charakter einer Auflage iS des § 32 Nr 4 SGB X mit einem selbstständigen, vom Ausgangsverwaltungsakt unabhängigen Regelungsgehalt(vgl Engelmann in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl 2014, § 32 RdNr 23 ff) zukommt. Es kann daher offen bleiben, ob im Falle der Wirksamkeit einer solchen Nebenbestimmung dieser für den Vergütungsanspruch des Vermittlers überhaupt eine Bedeutung zukommt, was fraglich erscheint, weil der Vermittler - worauf das LSG ebenfalls zu Recht hingewiesen hat - nicht Adressat des Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheins ist.

34

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm § 154 Abs 2, § 162 Abs 3 VwGO. Der private Vermittler ist kein Leistungsempfänger iS des § 183 SGG. Bei der Vergütung aus dem Vermittlungsgutschein handelt es sich um eine Vergütung aus wirtschaftlicher Betätigung (BSG vom 6.4.2006 - B 7a AL 56/05 R - BSGE 96, 190 = SozR 4-4300 § 421g Nr 1, RdNr 21; BSG vom 16.2.2012 - B 4 AS 77/11 R - SozR 4-4200 § 16 Nr 10 RdNr 30). Eines besonderen sozialen Schutzes im Rahmen des sozialgerichtlichen Kostenrechts, auf den die Kostenprivilegierung des § 183 SGG abzielt, bedarf es deshalb bezogen auf den privaten Arbeitsvermittler nicht.

35

Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 197a SGG iVm § 52 Abs 3, § 47 Abs 1 GKG.

(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.

(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.

(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Sach- und Dienstleistungen sind in Geld zu erstatten.

(2) Soweit Leistungen ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind, sind sie zu erstatten. §§ 45 und 48 gelten entsprechend.

(2a) Der zu erstattende Betrag ist vom Eintritt der Unwirksamkeit eines Verwaltungsaktes, auf Grund dessen Leistungen zur Förderung von Einrichtungen oder ähnliche Leistungen erbracht worden sind, mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich zu verzinsen. Von der Geltendmachung des Zinsanspruchs kann insbesondere dann abgesehen werden, wenn der Begünstigte die Umstände, die zur Rücknahme, zum Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes geführt haben, nicht zu vertreten hat und den zu erstattenden Betrag innerhalb der von der Behörde festgesetzten Frist leistet. Wird eine Leistung nicht alsbald nach der Auszahlung für den bestimmten Zweck verwendet, können für die Zeit bis zur zweckentsprechenden Verwendung Zinsen nach Satz 1 verlangt werden; Entsprechendes gilt, soweit eine Leistung in Anspruch genommen wird, obwohl andere Mittel anteilig oder vorrangig einzusetzen sind; § 47 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bleibt unberührt.

(3) Die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen. Die Festsetzung soll, sofern die Leistung auf Grund eines Verwaltungsakts erbracht worden ist, mit der Aufhebung des Verwaltungsaktes verbunden werden.

(4) Der Erstattungsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Verwaltungsakt nach Absatz 3 unanfechtbar geworden ist. Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. § 52 bleibt unberührt.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten bei Berichtigungen nach § 38 entsprechend.

(1) Für das Verfahren nach diesem Buch gilt das Zehnte Buch. Abweichend von Satz 1 gilt § 44 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass

1.
rechtswidrige nicht begünstigende Verwaltungsakte nach den Absätzen 1 und 2 nicht später als vier Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wurde, zurückzunehmen sind; ausreichend ist, wenn die Rücknahme innerhalb dieses Zeitraums beantragt wird,
2.
anstelle des Zeitraums von vier Jahren nach Absatz 4 Satz 1 ein Zeitraum von einem Jahr tritt.
Abweichend von Satz 1 gelten die §§ 45, 47 und 48 des Zehnten Buches mit der Maßgabe, dass ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit nicht aufzuheben ist, wenn sich ausschließlich Erstattungsforderungen nach § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches von insgesamt weniger als 50 Euro für die Gesamtheit der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ergäben. Bei der Prüfung der Aufhebung nach Satz 3 sind Umstände, die bereits Gegenstand einer vorherigen Prüfung nach Satz 3 waren, nicht zu berücksichtigen. Die Sätze 3 und 4 gelten in den Fällen des § 50 Absatz 2 des Zehnten Buches entsprechend.

(2) Entsprechend anwendbar sind die Vorschriften des Dritten Buches über

1.
(weggefallen)
2.
(weggefallen)
3.
die Aufhebung von Verwaltungsakten (§ 330 Absatz 2, 3 Satz 1 und 4);
4.
die vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 mit der Maßgabe, dass die Träger auch zur teilweisen Zahlungseinstellung berechtigt sind, wenn sie von Tatsachen Kenntnis erhalten, die zu einem geringeren Leistungsanspruch führen;
5.
die Erstattung von Beiträgen zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung (§ 335 Absatz 1, 2 und 5); § 335 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 ist nicht anwendbar, wenn in einem Kalendermonat für mindestens einen Tag rechtmäßig Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 gewährt wurde; in den Fällen des § 335 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 5 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 2 besteht kein Beitragserstattungsanspruch.

(3) Liegen die in § 44 Absatz 1 Satz 1 des Zehnten Buches genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen nicht begünstigenden Verwaltungsaktes vor, weil dieser auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes

1.
durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts für nichtig oder für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt worden ist oder
2.
in ständiger Rechtsprechung anders als durch den für die jeweilige Leistungsart zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgelegt worden ist,
so ist der Verwaltungsakt, wenn er unanfechtbar geworden ist, nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder ab dem Bestehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen. Bei der Unwirksamkeit einer Satzung oder einer anderen im Rang unter einem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschrift, die nach § 22a Absatz 1 und dem dazu ergangenen Landesgesetz erlassen worden ist, ist abweichend von Satz 1 auf die Zeit nach der Entscheidung durch das Landessozialgericht abzustellen.

(4) Der Verwaltungsakt, mit dem über die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch abschließend entschieden wurde, ist mit Wirkung für die Zukunft ganz aufzuheben, wenn in den tatsächlichen Verhältnissen der leistungsberechtigten Person Änderungen eintreten, aufgrund derer nach Maßgabe des § 41a vorläufig zu entscheiden wäre.

(5) Verstirbt eine leistungsberechtigte Person oder eine Person, die mit der leistungsberechtigten Person in häuslicher Gemeinschaft lebt, bleiben im Sterbemonat allein die dadurch eintretenden Änderungen in den bereits bewilligten Leistungsansprüchen der leistungsberechtigten Person und der mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen unberücksichtigt; die §§ 48 und 50 Absatz 2 des Zehnten Buches sind insoweit nicht anzuwenden. § 118 Absatz 3 bis 4a des Sechsten Buches findet mit der Maßgabe entsprechend Anwendung, dass Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Monat des Todes der leistungsberechtigten Person überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht gelten.

(6) § 50 Absatz 1 des Zehnten Buches ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass Gutscheine in Geld zu erstatten sind. Die leistungsberechtigte Person kann die Erstattungsforderung auch durch Rückgabe des Gutscheins erfüllen, soweit dieser nicht in Anspruch genommen wurde. Eine Erstattung der Leistungen nach § 28 erfolgt nicht, soweit eine Aufhebungsentscheidung allein wegen dieser Leistungen zu treffen wäre. Satz 3 gilt nicht im Fall des Widerrufs einer Bewilligungsentscheidung nach § 29 Absatz 5 Satz 2.

(7) § 28 des Zehnten Buches gilt mit der Maßgabe, dass der Antrag unverzüglich nach Ablauf des Monats, in dem die Ablehnung oder Erstattung der anderen Leistung bindend geworden ist, nachzuholen ist.

(8) Für die Vollstreckung von Ansprüchen der in gemeinsamen Einrichtungen zusammenwirkenden Träger nach diesem Buch gilt das Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz des Bundes; im Übrigen gilt § 66 des Zehnten Buches.

(9) § 1629a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt mit der Maßgabe, dass sich die Haftung eines Kindes auf das Vermögen beschränkt, das bei Eintritt der Volljährigkeit den Betrag von 15 000 Euro übersteigt.

(10) Erstattungsansprüche nach § 50 des Zehnten Buches, die auf die Aufnahme einer bedarfsdeckenden sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung zurückzuführen sind, sind in monatlichen Raten in Höhe von 10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs zu tilgen. Dies gilt nicht, wenn vor Tilgung der gesamten Summe erneute Hilfebedürftigkeit eintritt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X I Z R 2 3 4 / 1 4 Verkündet am:
21. April 2015
Weber,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Die Zahlung an eine Person, für die ein Betreuer bestellt und ein Einwilligungsvorbehalt
für den Bereich der Vermögenssorge angeordnet ist, hat keine
Erfüllungswirkung.
BGH, Urteil vom 21. April 2015 - XI ZR 234/14 - LG Lüneburg
AG Uelzen
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat im schriftlichen Verfahren, in
dem Schriftsätze bis zum 10. März 2015 eingereicht werden konnten, durch den
Vorsitzenden Richter Dr. Ellenberger, die Richter Dr. Joeres und Dr. Matthias
sowie die Richterinnen Dr. Menges und Dr. Dauber

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg vom 11. April 2014 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger nimmt die beklagte Sparkasse auf Auszahlung des Guthabens auf einem Girokonto in Anspruch.
2
Durch Beschluss des zuständigen Amtsgerichts vom 16. November 2009 wurde für den Kläger ein Betreuer bestellt und angeordnet, dass Willenserklärungen des Klägers, die seine Vermögenssorge betreffen, zu ihrer Wirksamkeit der Einwilligung des Betreuers bedürfen (Einwilligungsvorbehalt).
3
Der Kläger ist Alleinerbe seiner am 18. Juli 2010 verstorbenen Mutter, die bei der Beklagten ein Girokonto unterhielt. Er hob von diesem Konto am 30. Juli 2010 1.221,28 € ab und übergab das abgehobene Geld unmittelbar nach dem Empfang einer dritten Person. Sein Betreuer hatte hiervon keine Kenntnis. Er hat weder in die Abhebung noch in die Weitergabe des Geldes eingewilligt und diese auch nicht nachträglich genehmigt.
4
Die Parteien streiten über die Erfüllungswirkung der Auszahlung der 1.221,28 €. Die Beklagte hat behauptet, der Kläger habe den abgehobenen Betrag zumindest in Höhe von 1.157,86 € an eine Frau S. zur Tilgung von Verbindlichkeiten weitergegeben, und rechnet hilfsweise mit einem Bereicherungsanspruch gegen den Kläger auf. Der Kläger hat der Beklagten die Abtretung eines etwaigen Anspruchs gegen Frau S. angeboten.
5
Das Amtsgericht hat der Klage auf Zahlung von 1.221,28 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18. April 2013 stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision ist unbegründet.

I.

7
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
8
Der Kläger habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf Auszahlung von 1.221,28 €. Die Zahlung im Jahre 2010 habe keine schuldbefreiende Wirkung gehabt. Aufgrund des Einwilligungsvorbehalts sei die Willenserklärung des Klägers zur Annahme des Geldes mit schuldbefreiender Wirkung mangels Einwilligung des Betreuers gemäß § 1903 Abs. 1 Satz 2, § 131 Abs. 2, § 108 Abs. 1 BGB unwirksam. Die Abhebung des Geldes stelle für den Kläger wegen des Erlöschens seiner Forderung kein lediglich rechtlich vorteilhaftes Rechtsgeschäft dar. Deshalb habe die Erfüllungsannahme der Zustimmung seines Betreuers bedurft. Dem Kläger fehle wie einem beschränkt geschäftsfähigen Minderjährigen die Empfangszuständigkeit.
9
Auf die Kenntnis der Beklagten von der Bestellung des Betreuers und der Anordnung des Einwilligungsvorbehalts komme es nicht an, da der gute Glaube an die Geschäftsfähigkeit nicht geschützt werde und der von § 1903 BGB bezweckte Schutz des Betreuten nur dann effektiv sein könne, wenn auf die objektive Sachlage und nicht auf die Kenntnis des Geschäftspartners abgestellt werde. Nach dem Willen des Gesetzgebers verdiene der Schutz des Geschäftsunfähigen und des beschränkt Geschäftsfähigen Vorrang vor den Belangen ihrer Geschäftspartner.
10
Der Beklagten stehe kein Bereicherungsanspruch gegen den Kläger zu, mit dem sie habe aufrechnen oder aufgrund dessen sie ein Zurückbehaltungsrecht habe geltend machen können. Der Kläger habe zwar, da sein Betreuer die Weitergabe des Geldes nicht genehmigt habe, einen Rückforderungsanspruch gegen den Empfänger des Geldes. Da er besonders schutzwürdig sei, müsse er aber nur das an die Beklagte herausgeben, was er tatsächlich durch die Weggabe erlangt habe. Dies sei der Rückforderungsanspruch, dessen Abtretung er der Beklagten bereits angeboten habe. Ein Schadensersatzanspruch scheide mangels Pflichtverletzung aus.

II.

11
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung stand, sodass die Revision zurückzuweisen ist.
12
1. Die Klageforderung ist gemäß § 700 Abs. 1 Satz 1, § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB (vgl. hierzu Senatsurteil vom 11. Oktober 2005 - XI ZR 85/04, BGHZ 164, 275, 278) begründet. Sie ist, wie das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht angenommen hat, nicht durch die Barauszahlung von 1.221,28 € an den Kläger gemäß § 362 Abs. 1 BGB erloschen.
13
a) Rechtsfehlerhaft ist allerdings die Auffassung des Berufungsgerichts, die Willenserklärung des Klägers zur Annahme des Geldes mit schuldbefreiender Wirkung sei mangels Einwilligung des Betreuers nach § 1903 Abs. 1 Satz 2, § 131 Abs. 2, § 108 Abs. 1 BGB unwirksam. Einer solchen Willenserklärung bedurfte es zur Erfüllung nicht. Die Erfüllung nach § 362 Abs. 1 BGB tritt regelmäßig als objektive Folge der Leistungsbewirkung ein (Theorie der realen Leistungsbewirkung ), ohne dass es weiterer Umstände, insbesondere einer dahingehenden Vereinbarung, bedarf (Senatsurteil vom 20. Juli 2010 - XI ZR 236/07, BGHZ 186, 269 Rn. 25; BGH, Urteile vom 3. Dezember 1990 - II ZR 215/89, WM 1991, 454, 455 und vom 17. Juli 2007 - X ZR 31/06, WM 2007, 2030 Rn. 17).
14
b) Gleichwohl hat das Berufungsgericht die erfüllende Wirkung der Auszahlung im Ergebnis zu Recht verneint. Aufgrund des für den Bereich der Vermögenssorge angeordneten Einwilligungsvorbehalts ist der Kläger kraft Gesetzes in diesem Bereich einem beschränkt geschäftsfähigen Minderjährigen gleichzustellen. Erfüllung wäre demnach nur eingetreten, wenn der Betreuer des Klägers in die Abhebung eingewilligt oder diese genehmigt hätte oder wenn ihm selbst das Geld übergeben worden wäre. Diese Voraussetzungen sind indes nicht erfüllt.
15
aa) Bestehende Leistungspflichten können gegenüber einem beschränkt geschäftsfähigen Minderjährigen mangels Empfangszuständigkeit nicht ohne Einwilligung des gesetzlichen Vertreters wirksam erfüllt werden (hM: OLG Brandenburg, Urteil vom 6. März 2007 - 10 UF 206/06, juris Rn. 25; Staudinger/ Knothe, BGB, Neubearb. 2012, § 107 Rn. 25; Palandt/Grüneberg, BGB, 74. Aufl., § 362 Rn. 4; MünchKommBGB/Schmitt, 6. Aufl., § 107 Rn. 43; MünchKommBGB/Fetzer, 6. Aufl., § 362 Rn. 12; Looschelders in BeckOGK BGB, Stand 15. November 2014, § 362 Rn. 103 ff.; Kerwer in jurisPK-BGB, 7. Aufl., § 362 Rn. 26; Medicus/Petersen, Bürgerliches Recht, 24. Aufl., Rn. 171; Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, 10. Aufl., Rn. 566; Bork, Allgemeiner Teil des BGB, 3. Aufl., Rn. 1006; Wolf/Neuner, Allgemeiner Teil des BGB, 10. Aufl., Rn. 35; Schmidt, BGB Allgemeiner Teil, 11. Aufl., Rn. 999; Brox/ Walker, Allgemeiner Teil des BGB, 38. Aufl., Rn. 286; aA Harder, JuS 1977, 149, 151 f.; van Venrooy, BB 1980, 1017, 1020). Der Schutzzweck der §§ 107 ff. BGB trifft wegen des mit der Erfüllung verbundenen rechtlichen Nachteils auch auf die Annahme einer Leistung als Erfüllung zu (Looschelders in BeckOGK BGB, aaO, § 362 Rn. 105). Bei wirksamer Erfüllung erlitte der Minderjährige einen rechtlichen Nachteil in Form des Erlöschens seiner Forderung. Ob er hierdurch auch etwas erlangt, was bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise gleich- oder höherwertig ist, ist unerheblich, da § 107 BGB voraussetzt, dass er lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt. Um den vom Gesetz bezweckten Minderjährigenschutz lückenlos zu gewährleisten, muss dies auch dann gelten, wenn an tatsächliche Handlungen, etwa die Entgegennahme einer Leistung, Rechtsfolgen geknüpft werden.
16
bb) Diese Grundsätze gelten, wie das Berufungsgericht rechtlich zutreffend ausgeführt hat, auch im Falle einer Leistung an einen geschäftsfähigen Betreuten, wenn für den betroffenen Bereich ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet ist und der Betreuer in die Leistungsannahme nicht einwilligt. Dem Betreuten fehlt insoweit ebenfalls die zur Erfüllung notwendige Empfangszuständigkeit (LSG Berlin, Urteil vom 17. Dezember 2004 - L 5 RA 12/03, juris Rn. 17), sodass die Zahlung an ihn nicht zum Erlöschen seiner Forderung führt. Auf die Kenntnis bzw. fahrlässige Unkenntnis des Schuldners von der Betreuung und dem Einwilligungsvorbehalt kommt es nicht an (aA LG Oldenburg, WM 2013,

1411).

17
(1) Durch den Einwilligungsvorbehalt erlangt ein Betreuter im Geltungsbereich dieses Vorbehalts eine vergleichbare Rechtsstellung wie ein beschränkt geschäftsfähiger Minderjähriger (vgl. BT-Drucks. 11/4528, S. 138; OLG Celle DNotZ 2006, 923; Staudinger/Bienwald, BGB, Neubearb. 2013, § 1903 Rn. 98; MünchKommBGB/Schwab, 6. Aufl., § 1903 Rn. 43; HK-BUR/Bauer/Walther, Stand November 2014, § 1903 BGB Rn. 26; Jürgens, Betreuungsrecht, 5. Aufl., § 1903 BGB Rn. 23; Müller in BeckOK BGB, Stand 1. November 2014, § 1903 Rn. 15). Dies folgt aus der Verweisung des § 1903 Abs. 1 Satz 2 BGB auf die Regelung der beschränkten Geschäftsfähigkeit Minderjähriger in den §§ 108 ff. BGB. Der Betreute wird im Geltungsbereich des Einwilligungsvorbehalts einem beschränkt Geschäftsfähigen gleichgestellt. Dies gilt auch für die Erfüllung offener Forderungen. Die Regelungen der §§ 108 ff. BGB und der §§ 1903 ff. BGB dienen vergleichbaren Schutzzwecken. Sowohl der Minderjährige als auch der Betreute im Fall der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts sollen davor geschützt werden, über ihr Vermögen nicht interessengerecht zu verfügen und sich über ihre Leistungsgrenze hinaus zu verschulden. Dieser Schutz ist nur gewährleistet, wenn die Erfüllung einer Forderung eines Betreuten ebenso wie die eines Minderjährigen voraussetzt, dass der Betreuer zustimmt oder dass an diesen geleistet wird.
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(2) Die Erfüllungswirkung einer Leistung an den Betreuten hängt, entgegen der Auffassung der Revision, nicht davon ab, ob der Schuldner Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis von der Betreuung und dem Einwilligungsvorbehalt hat. Maßgeblich ist allein die objektive Sachlage (LAG Berlin, Urteil vom 22. Juni 2006 - 18 Sa 385/06, juris Rn. 55; aA LG Oldenburg, WM 2013, 1411).
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Auch insoweit ist ein Betreuter aufgrund der Verweisung des § 1903 BGB auf die §§ 108 ff. BGB ebenso wie ein beschränkt geschäftsfähiger Minderjähriger zu behandeln. Da der gute Glaube an die Geschäftsfähigkeit des Vertragspartners nicht geschützt wird, sondern der Schutz Geschäftsunfähiger und beschränkt Geschäftsfähiger Vorrang vor den Interessen des Rechtsverkehrs hat (BGH, Urteil vom 12. Oktober 1976 - VI ZR 172/75, WM 1976, 1350, 1351; Palandt/Ellenberger, BGB, 74. Aufl., Einf. v. § 104 Rn. 3; Janda, FamRZ 2013, 16, 21), trägt der Vertragspartner eines Minderjährigen bzw. eines Betreuten im Fall der Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts das Risiko der Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts. Die Rechtsunsicherheit, die sich aus der Unklarheit über die Geschäftsfähigkeit des Vertragspartners ergeben kann, ist nach der Wertung des Gesetzes hinzunehmen (Janda, aaO).
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Nur so lässt sich ein effektiver Schutz des unter Einwilligungsvorbehalt stehenden geschäftsfähigen Betreuten, der, wie dargelegt, einem beschränkt geschäftsfähigen Minderjährigen gleichzustellen ist, erreichen (LAG Berlin, Urteil vom 22. Juni 2006 - 18 Sa 385/06, juris Rn. 55). Gerade wenn der Vertragspartner des Betreuten die Betreuung und den Einwilligungsvorbehalt nicht kennt und keine Rücksicht auf diese Umstände nehmen kann, sieht das Gesetz einen besonderen Schutz für den Betreuten vor. Subjektive, auf die Person des Ver- tragspartners bezogene Voraussetzungen würden diesen Schutz entgegen der Intension des Gesetzgebers, auch durch Unsicherheiten bei der Beweisführung, einschränken.
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2. Rechtsfehlerfrei ist auch die Auffassung des Berufungsgerichts, dass die von der Beklagten erklärte Hilfsaufrechnung mit Bereicherungs- und Schadensersatzansprüchen nicht zum Erlöschen der klägerischen Forderung geführt hat.
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a) Die von der Beklagten erklärte Hilfsaufrechnung scheitert hinsichtlich eines Bereicherungsanspruchs bereits an der fehlenden Gleichartigkeit (§ 387 BGB) der zur Aufrechnung gestellten Ansprüche. Der Beklagten steht zwar grundsätzlich ein Bereicherungsanspruch gegen den Kläger zu, da dieser die streitgegenständliche Zahlung mangels Erfüllungswirkung ohne rechtlichen Grund erlangt hat. Die Beklagte kann jedoch nur dasjenige herausverlangen, was der Kläger infolge ihrer Zahlung noch in seinem Vermögen hat. Da die ausgezahlten Geldscheine und -münzen unstreitig an eine dritte Person übergeben worden sind, ist der Kläger verpflichtet, den ihm zustehenden Bereicherungsanspruch gegen diese Person durch Abtretung an die Beklagte herauszugeben ; dies hat der Kläger der Beklagten angeboten. Mit diesem Anspruch auf Abtretung kann die Beklagte nicht gegen den Zahlungsanspruch des Klägers aufrechnen.
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aa) Infolge der Auszahlung hat der Kläger Eigentum an den übereigneten Geldscheinen und -münzen erlangt, da die Übereignung als solche lediglich rechtlich vorteilhaft für ihn war und er deshalb ohne Einwilligung seines Betreuers gemäß § 1903 Abs. 3 Satz 1 BGB handeln konnte. Wegen der mangels Empfangszuständigkeit ausgebliebenen Erfüllungswirkung könnte die Beklagte grundsätzlich die Herausgabe des erlangten Geldbetrages bzw. Zahlung von Wertersatz nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, § 818 Abs. 2 BGB verlangen (vgl. hierzu OLG Düsseldorf, Urteil vom 14. Oktober 2011 - I-17 U 15/11, juris Rn. 16; Staudinger/Knothe, BGB, Neubearb. 2012, § 107 Rn. 25) und mit dem Anspruch des Klägers aufrechnen.
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bb) Der Kläger ist aber nicht mehr in der Lage, das ausgezahlte Geld herauszugeben, da er es unstreitig an eine dritte Person weitergegeben hat. Er ist allerdings nicht entreichert im Sinne des § 818 Abs. 3 BGB, weil ihm aufgrund der Weitergabe ein Herausgabeanspruch gegen den Empfänger des Geldes zusteht. Aufgrund des angeordneten Einwilligungsvorbehalts konnte er nicht wirksam über das Geld verfügen und einen etwaigen Anspruch der dritten Person gegen ihn, anders als die Revision meint, nicht erfüllen. Die Bereicherung entfällt grundsätzlich nicht, wenn der Empfänger infolge der Weitergabe des Erlangten einen Anspruch gegen Dritte als ausgleichenden Wert im Sinne von § 818 Abs. 2 BGB erwirbt (BGH, Urteil vom 15. Oktober 1992 - IX ZR 43/92, WM 1993, 251, 258). Etwas anderes gilt nur, wenn der Anspruch gegen den Dritten praktisch wertlos ist (vgl. BGH, Urteile vom 29. Mai 1978 - II ZR 166/77, BGHZ 72, 9, 13 und vom 10. Juli 1980 - III ZR 177/78, WM 1980, 1111, 1113; OLG Frankfurt am Main, NJW-RR 1995, 1348). Dies ist im Streitfall nicht festgestellt oder vorgetragen worden.
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Entgegen dem Grundsatz, dass der Bereicherungsschuldner Wertersatz für eine weitergegebene Leistung zu erbringen hat (BGH, Urteil vom 17. Januar 2003 - V ZR 235/02, WM 2003, 1488, 1489; OLG München, MDR 1998, 1345), kann sich der Kläger aufgrund der Bestellung eines Betreuers und der Anordnung eines Einwilligungsvorbehaltes als besonders schutzwürdiger Schuldner durch die Abtretung des in seinem Vermögen vorhandenen Bereicherungsanspruchs gegen den Dritten befreien (vgl. für Minderjährige: OLG Nürnberg, WM 1990, 307, 308; Palandt/Sprau, BGB, 74. Aufl., § 818 Rn. 44; Bamberger/Roth/ Wendehorst, BGB, 3. Aufl., § 818 Rn. 43). Wäre ein Geschäftsunfähiger bzw. ein beschränkt Geschäftsfähiger oder der ihnen gleichgestellte Betreute zum Wertersatz verpflichtet, würde der vom Gesetz bezweckte Schutz gerade in den Fällen unterlaufen, in denen sich die Gefahr des Verschleuderns von Vermögenswerten realisiert, weil die Durchsetzung des eigenen Bereicherungsanspruches oft ungewiss und zumindest mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden ist. Es käme entgegen der Wertung des Gesetzes zu einer faktischen Geltung des unwirksamen Rechtsgeschäfts, bei der der Schutzwürdige die Gefahr der Realisierung seiner Ansprüche bzw. die Darlegungs- und Beweislast für eine eingetretene Entreicherung tragen würde (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 17. Januar 2003 - V ZR 235/02, WM 2003, 1488). Dieses Ergebnis wäre mit dem gesetzlich bezweckten Schutz nicht voll Geschäftsfähiger nicht zu vereinbaren (so auch zur Nichtanwendbarkeit der Saldotheorie in diesen Fällen: BGH, Urteil vom 4. Mai 1994 - VIII ZR 309/93, BGHZ 126, 105, 108).
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cc) Auch § 819 Abs. 1 BGB greift nicht ein. Es kommt insoweit auf die Kenntnis des Betreuers an, da andernfalls eine Haftung wie aus dem unwirksamen Rechtsgeschäft begründet und so der Schutzzweck der gesetzlichen Regelung unterlaufen würde (vgl. für Geschäftsunfähige und beschränkt Geschäftsfähige : OLG Nürnberg, WM 1990, 307, 308; KG, NJW 1998, 2911; Palandt/Sprau, BGB, 74. Aufl., § 819 Rn. 4; Staudinger/Lorenz, BGB, Neubearb. 2007, § 819 Rn. 10). Der Betreuer des Klägers hatte aber unstreitig zum Zeitpunkt der Weitergabe des Geldes durch den Kläger keine Kenntnis von der Abhebung.
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b) Ein vertraglicher Schadensersatzanspruch der Beklagten gegen den Kläger wegen der unterlassenen Mitteilung des Einwilligungsvorbehaltes oder der Abhebung des Geldes ohne Zustimmung des Betreuers scheidet mangels Pflichtverletzung im Sinne des § 280 Abs. 1 BGB aus. Der Kläger war nicht ver- pflichtet, die Beklagte ungefragt über die bestehende Betreuung oder den angeordneten Einwilligungsvorbehalt aufzuklären. Er ist als unter Einwilligungsvorbehalt stehender Betreuter auch in diesem Zusammenhang von Gesetzes wegen wie ein beschränkt Geschäftsfähiger zu behandeln. Ein solcher haftet nicht aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen, wenn er seine Minderjährigkeit verschweigt (vgl. MünchKommBGB/Schmitt, 6. Aufl., § 106 Rn. 16). Wegen des Fehlens eines Gutglaubensschutzes im Hinblick auf die Geschäftsfähigkeit besteht grundsätzlich keine Pflicht zur ungefragten Aufklärung des Vertragspartners über die fehlende Geschäftsfähigkeit (OLG Hamm, NJW 1966, 2357, 2359; MünchKommBGB/Schmitt, aaO, § 106 Rn. 18). Nichts anderes kann aus Gründen des gesetzlich bezweckten Schutzes des in seiner Geschäftsfähigkeit eingeschränkten Vertragspartners im Rahmen der Nebenpflichten eines im Wege der Erbfolge entstandenen Schuldverhältnisses gelten.
28
c) Schadensersatzansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB oder aus § 826 BGB sind bereits deshalb nicht gegeben, weil ein vorsätzliches Verhalten des Klägers weder festgestellt noch vorgetragen ist.
29
d) Eine Umdeutung des Abweisungsbegehrens der Beklagten in die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts (vgl. dazu BGH, Urteil vom 22. Februar 1967 - IV ZR 331/65, BGHZ 47, 157, 167) kommt nicht in Betracht, weil die Beklagte das ausdrückliche Abtretungsangebot des Klägers nicht akzeptiert hat.
Ellenberger Joeres Matthias Menges Dauber
Vorinstanzen:
AG Uelzen, Entscheidung vom 08.10.2013 - 16 C 9232/13 -
LG Lüneburg, Entscheidung vom 11.04.2014 - 3 S 64/13 -

(1) Fähig zur Vornahme von Verfahrenshandlungen sind

1.
natürliche Personen, die nach bürgerlichem Recht geschäftsfähig sind,
2.
natürliche Personen, die nach bürgerlichem Recht in der Geschäftsfähigkeit beschränkt sind, soweit sie für den Gegenstand des Verfahrens durch Vorschriften des bürgerlichen Rechts als geschäftsfähig oder durch Vorschriften des öffentlichen Rechts als handlungsfähig anerkannt sind,
3.
juristische Personen und Vereinigungen (§ 10 Nr. 2) durch ihre gesetzlichen Vertreter oder durch besonders Beauftragte,
4.
Behörden durch ihre Leiter, deren Vertreter oder Beauftragte.

(2) Betrifft ein Einwilligungsvorbehalt nach § 1825 des Bürgerlichen Gesetzbuches den Gegenstand des Verfahrens, so ist ein geschäftsfähiger Betreuter nur insoweit zur Vornahme von Verfahrenshandlungen fähig, als er nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts ohne Einwilligung des Betreuers handeln kann oder durch Vorschriften des öffentlichen Rechts als handlungsfähig anerkannt ist.

(3) Die §§ 53 und 55 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.