Bundessozialgericht Urteil, 23. Mai 2017 - B 12 KR 2/15 R

ECLI:ECLI:DE:BSG:2017:230517UB12KR215R0
bei uns veröffentlicht am23.05.2017

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 24. Februar 2015 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob eine Forderung von Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und sozialen Pflegeversicherung (sPV) bereits erfüllt wurde.

2

Der Kläger ist freiwillig versichertes Mitglied der beklagten Krankenkasse und bei der beigeladenen Pflegekasse in der sPV versichert. Beiträge zur GKV und sPV führte seine ehemalige Arbeitgeberin abredegemäß an die Beklagte ab, welche die fälligen Beiträge regelmäßig im Lastschriftverfahren bei der Arbeitgeberin abbuchte. Nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Arbeitgeberin im April 2010 stornierte der vorläufige Insolvenzverwalter sämtliche Lastschriften. Die bereits eingezogenen Beiträge des Klägers für die Monate Januar bis März 2010 in Höhe von 641,25 Euro je Monat wurden zurückgebucht.

3

Mit Bescheid vom 16.6.2010 setzte die Beklagte - zugleich im Namen der Beigeladenen - gegen den Kläger Beiträge zur freiwilligen Versicherung in der GKV und zur sPV für die Zeit ab Januar 2010 in Höhe von monatlich insgesamt 641,25 Euro fest. Den Widerspruch des Klägers, der hinsichtlich der Monate Januar bis März 2010 die bereits eingetretene Erfüllung der Beitragsforderung geltend machte, wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 29.11.2010).

4

Die Klage hat das SG abgewiesen (Urteil vom 20.5.2011). Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen: Allein der Kläger sei für die Beiträge der Monate Januar bis März 2010 zahlungspflichtig. Die Beitragsforderung der Beklagten gegen ihn sei nicht durch Erfüllung erloschen, denn die durchgeführte Lastschrift sei nicht genehmigt worden. Insbesondere könne eine konkludente Genehmigung des Forderungseinzugs im Lastschriftverfahren auch nach der neueren Rechtsprechung des BGH nicht angenommen werden, weil das rein passive Geschehenlassen des Lastschrifteinzugs hierfür nicht ausreiche. Ein objektiver Erklärungswert sei dem Schweigen im Rechtsverkehr nicht immanent, auch wenn die Beiträge des Klägers zuvor Monat für Monat widerspruchsfrei abgeführt worden seien. Bei der Rückbuchung habe der Insolvenzverwalter im Rahmen seines rechtlichen Könnens gehandelt, ohne dass es darauf ankomme, ob er sich auch im Rahmen seines rechtlichen Dürfens bewegt habe. Auch wenn dem Kläger das Risiko einer Rückbuchung in der Insolvenz nicht bewusst gewesen sei, finde angesichts der hohen Bedeutung der Versichertengemeinschaft und der verminderten Schutzbedürftigkeit freiwillig Versicherter keine Verlagerung der Risikosphäre statt (Urteil vom 24.2.2015).

5

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 362 BGB, § 675x BGB und §§ 129 ff Insolvenzordnung. Die streitige Beitragsforderung sei wegen Erfüllung erloschen, weil eine konkludente Genehmigung des Lastschrifteinzugs vorgelegen habe. Das LSG habe die vom BGH hierzu entwickelten Grundsätze nicht beachtet, wonach eine Genehmigungsfiktion eintrete, soweit der Schuldner nicht innerhalb einer angemessenen Überlegungsfrist, für die im Rahmen laufender Geschäftsbeziehungen auch drei Tage genügen könnten, aktiv widerspreche. In diesem Fall gehe auch die nachfolgende Versagung der Genehmigung durch einen vorläufigen Insolvenzverwalter ins Leere (Hinweis auf BGH Urteil vom 29.1.2015 - IX ZR 258/12 - BGHZ 204, 74). Dies betreffe jedenfalls die Beitragszahlungen für Januar und Februar 2010. Dem Anfechtungsrecht des Insolvenzverwalters stehe zudem entgegen, dass die Zahlungen nicht aus dem Vermögen der Gemeinschuldnerin, sondern aus seinem (des Klägers) Vermögen erfolgt seien. Schließlich sei die vorliegende Konstellation nicht mit der des abredewidrig die Beiträge nicht zahlenden Arbeitgebers vergleichbar, da die jeweiligen Zahlungen bei der Beklagten zunächst tatsächlich eingegangen seien und nicht mehr hätten wirksam widerrufen werden können.

6

Der Kläger beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 24. Februar 2015 und des Sozialgerichts Oldenburg vom 20. Mai 2011 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 16. Juni 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. November 2010 aufzuheben, soweit darin Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung für die Monate Januar bis März 2010 gefordert werden.

7

Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.

8

Sie verteidigt das angegriffene Urteil.

9

Die Beigeladene stellt keine Anträge.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Klägers ist zulässig und im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet. Hierüber konnte der Senat durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§§ 165 S 1, 153 Abs 1 S 1, 124 Abs 2 SGG), da sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben.

11

1. Die Revision des Klägers ist zulässig erhoben. Die Revisionsbegründung entspricht den Anforderungen des § 164 Abs 2 SGG.

12

Der 5. Senat des BSG hat ua aus Anlass des in diesem Rechtsstreit ergangenen Anfragebeschlusses vom 29.6.2016 seine Auffassung zu den Anforderungen an eine hinreichende Revisionsbegründung mit Beschlüssen vom 6.10.2016 (B 5 SF 3/16 AR und B 5 SF 4/16 AR - Juris) und - zum vorliegenden Rechtsstreit - vom 23.2.2017 (B 5 SF 5/16 AR) klargestellt. Diese deckt sich mit derjenigen des erkennenden Senats, sodass eine Vorlage an den Großen Senat des BSG nach § 41 SGG entbehrlich war(vgl hierzu im Einzelnen Urteil des Senats vom 31.3.2017 - B 12 KR 16/14 R, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Den gemeinsamen Anforderungen wird die Revisionsbegründung des Klägers gerecht.

13

2. Die Revision ist auch begründet, jedoch nur im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG.

14

Der Senat kann auf Grundlage der vom LSG festgestellten Tatsachen nicht abschließend entscheiden, ob das LSG die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG zu Recht zurückgewiesen hat oder ob die streitigen Beitragsforderungen der Beklagten und der Beigeladenen gegen den Kläger für die Monate Januar bis März 2010 wegen Erfüllung vollständig oder teilweise erloschen sind und deswegen das Urteil des SG und die angefochtenen Bescheide der Beklagten in diesem Umfang aufzuheben waren. Dies führt zur Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG (vgl § 170 Abs 2 S 2 SGG).

15

Der Kläger war Schuldner der mit den streitgegenständlichen Bescheiden geltend gemachten Beitragsforderung (hierzu a), die im Falle ihrer Erfüllung erloschen wären (hierzu b). Eine zur Erfüllung führende Genehmigung des jeweiligen Lastschrifteinzugs der Beiträge für die streitigen Monate kann aufgrund der Tatsachenfeststellungen des LSG ebenso wenig ausgeschlossen werden wie die wirksame Verweigerung der Genehmigung durch den Widerspruch des vorläufigen Insolvenzverwalters (hierzu c).

16

a) Der Kläger war im Verhältnis zur Beklagten und zur Beigeladenen Schuldner der streitigen Beitragsforderungen, nicht aber seine Arbeitgeberin. Er war im streitigen Zeitraum freiwillig versichertes Mitglied der Beklagten und bei der Beigeladenen in der sPV versichert. Aus diesem Grunde hatte er nach § 223 Abs 1 SGB V bzw § 54 Abs 2 S 2 SGB XI für jeden Tag der Mitgliedschaft Beiträge zu zahlen, die er nach § 250 Abs 2 SGB V bzw § 59 Abs 4 S 1 SGB XI selbst zu tragen und nach § 252 Abs 1 S 1 SGB V bzw § 60 Abs 1 SGB XI auch zu zahlen hatte. Die Zahlung sowohl der Krankenversicherungs- als auch der Pflegeversicherungsbeiträge hatte an die Beklagte zu erfolgen (vgl § 252 Abs 2 S 2 SGB V bzw § 60 Abs 3 S 1 Halbs 1 SGB XI). Trotz der zwischen dem Kläger, seiner Arbeitgeberin und der Beklagten getroffenen Absprache über die Zahlung der Beiträge des Klägers durch dessen Arbeitgeberin ist diese nicht an Stelle des Klägers in die Schuldnerstellung eingetreten. Anhaltspunkte dafür, dass zwischen Kläger und seiner Arbeitgeberin eine Schuldübernahme (§ 414 BGB) vereinbart und durch Beklagte sowie Beigeladene genehmigt (§ 415 BGB) worden wäre, hat das LSG nicht festgestellt und sind auch nicht ersichtlich.

17

b) Für die Prüfung des vom Kläger geltend gemachten Erfüllungseinwands ist von folgenden rechtlichen Erwägungen auszugehen: Ein Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger - hier bezogen auf die Krankenversicherungsbeiträge die Beklagte - oder an einen Dritten - bezogen auf die der Beigeladenen zustehenden Beiträge zur sPV wiederum die Beklagte - zum Zwecke der Erfüllung bewirkt wird (§ 362 BGB). Dies gilt auch im Sozialrecht (vgl BSG Urteil vom 29.1.1997 - 5 RJ 52/94 - BSGE 80, 41, 42 f = SozR 3-2200 § 1303 Nr 6 S 17; Urteil vom 29.6.2000 - B 4 RA 57/98 R - BSGE 86, 262, 278 = SozR 3-2600 § 210 Nr 2 S 18 f). Dazu muss die Leistung nicht unmittelbar durch den Schuldner bewirkt werden; abgesehen vom hier nicht vorliegenden Sonderfall höchstpersönlicher Leistungen kann sie auch - wie vorliegend durch die Arbeitgeberin des Klägers - durch einen Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB) oder einen Dritten (§§ 267, 268 BGB) bewirkt werden (Grüneberg in Palandt, BGB, 76. Aufl 2017, § 362 RdNr 3). Im Rahmen des hier durchgeführten Lastschriftverfahrens gilt die Leistung allerdings erst als bewirkt, wenn die Bank des Schuldners - bzw der die Beitragszahlung für den Kläger durchführenden Arbeitgeberin - dessen Konto wirksam belastet und die Bank des Gläubigers dem Gläubiger den Betrag gutgeschrieben hat (Grüneberg, aaO, § 362 RdNr 11). Die vorgenommene Belastung des Schuldnerkontos ist abgesehen von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen in der vorliegend genutzten Variante des Lastschriftverfahrens, dem Einzugsermächtigungsverfahren, erst dann wirksam, wenn die Belastung durch den Schuldner genehmigt wird; erst dann ist die Forderung des Gläubigers erfüllt (vgl BGH Urteil vom 25.10.2007 - IX ZR 217/06 - BGHZ 174, 84 RdNr 13).

18

c) Der Senat kann nicht abschließend entscheiden, ob eine Genehmigung der Belastungen des Kontos der Arbeitgeberin des Klägers, die jeweils infolge des Beitragseinzugs für die streitigen Monate Januar bis März 2010 durch die Beklagte erfolgten, vorliegt oder ob der vorläufige Insolvenzverwalter die Genehmigung durch seinen Widerspruch wirksam verweigert hat. Nach der Rechtsprechung des BGH zu Anforderungen an die konkludente Genehmigung von Belastungsbuchungen im Lastschriftverkehr (hierzu aa), ist eine solche Genehmigung aufgrund der vom LSG festgestellten Tatsachen nicht auszuschließen. Dieser Ansicht schließt sich der erkennende Senat an. Jedoch reichen diese Tatsachenfeststellungen nicht aus, um abschließend zu entscheiden, ob der Lastschrifteinzug der streitigen Beitragsforderungen bezüglich aller oder zumindest einzelner Monate des ersten Quartals 2010 genehmigt wurde bzw als genehmigt gilt oder ob der Widerspruch des Insolvenzverwalters dem entgegensteht (hierzu bb). Dies führt zur Zurückverweisung der Sache zur weiteren Sachverhaltsaufklärung an das LSG (hierzu cc).

19

aa) Eine Genehmigung der Belastung des Kontos der Arbeitgeberin des Klägers aufgrund des Beitragseinzugs kann nicht ausgeschlossen werden. Zwar wurde eine solche Genehmigung nach den für den Senat insoweit bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) nicht ausdrücklich erklärt. Doch beruft sich der Kläger zu Recht darauf, dass eine solche Genehmigung nach der ständigen Rechtsprechung des BGH auch konkludent erfolgen kann.

20

Eine konkludente Genehmigung von Lastschriftbuchungen kommt nach dieser Rechtsprechung (zusammenfassend BGH Urteil vom 29.1.2015 - IX ZR 258/12 - BGHZ 204, 74 RdNr 9 mwN) in Betracht, wenn es sich für die Zahlstelle erkennbar um regelmäßig wiederkehrende Lastschriften aus einer laufenden Geschäftsbeziehung handelt, die der Kontoinhaber in der Vergangenheit bereits einmal genehmigt hat. Erhebt der Schuldner in Kenntnis eines erneuten Lastschrifteinzugs, der sich im Rahmen der bereits genehmigten Lastschriftbuchungen bewegt, gegen diesen nach einer angemessenen Überlegungsfrist keine Einwendungen, so kann auf Seiten der Zahlstelle die berechtigte Erwartung entstehen, auch diese Belastungsbuchung solle Bestand haben (BGH Urteil vom 27.9.2011 - XI ZR 215/10 - WM 2011, 2041 RdNr 17 mwN). Dabei muss es sich nicht um eine Reihe von im Wesentlichen gleichbleibenden Zahlungen handeln. Werden im unternehmerischen Verkehr fortlaufend Forderungen in unterschiedlicher Höhe im Rahmen von laufenden Geschäftsbeziehungen mittels Lastschrift im Einzugsermächtigungsverfahren eingezogen, so kommt eine konkludente Genehmigung einer Lastschriftbuchung auch dann in Betracht, wenn sie sich innerhalb einer Schwankungsbreite von bereits zuvor genehmigten Lastschriftbuchungen bewegt oder diese nicht wesentlich über- oder unterschreitet (BGH Urteil vom 8.11.2011 - XI ZR 158/10 - WM 2011, 2358 RdNr 20; BGH Urteil vom 1.12.2011 - IX ZR 58/11 - WM 2012, 160 RdNr 11, jeweils mwN). Beruhen Lastschriftbuchungen erkennbar auf Zahlungspflichten, deren variierende Höhe der Schuldner gegenüber der für die Einziehung zuständigen Stelle erklärt hat, besteht aus Sicht der kontoführenden Bank für den Schuldner nicht die Notwendigkeit zu einer umfassenden Überprüfung. Als Überprüfungsfrist kann eine Frist von drei Tagen genügen. Da diesen Buchungen eine konkrete Anmeldung des Schuldners zugrunde liegt, kommt eine konkludente Genehmigung auch dann in Betracht, wenn sich die einzelnen Beträge nicht innerhalb der Schwankungsbreite vorangegangener Lastschriftbuchungen bewegen (BGH Urteil vom 1.12.2011, aaO RdNr 11; BGH Urteil vom 3.4.2012 - XI ZR 39/11 - WM 2012, 933 RdNr 47 f; BGHZ 194, 1 RdNr 8).

21

Diese Grundsätze sind auch beim Einzug der Beiträge freiwillig Krankenversicherter zur GKV und sPV durch die Krankenkassen im Lastschriftverfahren zu beachten. Besonderheiten des diesbezüglichen Beitragsrechts, die eine bereichsspezifisch abweichende Handhabung erforderlich machten, liegen nicht vor. Insbesondere wird durch eine trotz erfolgter Genehmigung dann zu Unrecht erfolgende Stornierung der Lastschriftgutschrift auf dem Konto der Gläubigerin - hier also der Beklagten - das Risiko der Insolvenz von Arbeitgebern, die die Beiträge für ihre freiwillig versicherten Arbeitnehmer zahlen, nicht auf die Krankenkassen verlagert. Denn der Gläubiger der dem Lastschrifteinzug zugrunde liegenden Beitragsforderung - hier also die Beklagte und die Beigeladene - kann bei unbegründeter Rückbuchung eines wirksamen Lastschrifteinzugs von seiner Bank girovertraglich weiterhin Erfüllung der durch den wirksamen Lastschrifteinzug begründeten Forderung verlangen. Die Gläubigerbank ist verpflichtet, die ihrem Kunden zu Unrecht entzogene Buchposition durch berichtigten Kontenausweis seines Forderungsbestandes wiederherzustellen (vgl BGH Urteil vom 28.6.2012 - IX ZR 219/10 - BGHZ 194, 1 RdNr 14; vgl auch Proske, DB 2015, 604, 605).

22

Demgegenüber kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, dass ein rein passives Geschehenlassen des Lastschrifteinzugs keine Genehmigung des Forderungseinzugs im Lastschriftverkehr bewirken könne, weil ein objektiver Erklärungswert dem Schweigen im Rechtsverkehr gerade nicht immanent sei. Insoweit gilt, dass dem Schweigen im Rechtsverkehr nur dann kein - insbesondere Zustimmung ausdrückender - Erklärungswert zukommt, wenn gesetzlich (zB § 362 HGB - Schweigen des Kaufmanns) oder vertraglich (zB Fiktion der Genehmigung einer Lastschriftbelastungsbuchung beim Unterlassen rechtzeitiger Einwendungen nach Nr 2.4 Abs 2 S 3 der Bedingungen für Zahlungen mittels Lastschrift im Einzugsermächtigungsverfahren - Bedingungen Einzugsermächtigungslastschriftverfahren - in der hier anzuwendenden ab 1.11.2009 geltenden Fassung, abgedruckt in Bunte, AGB-Banken, 3. Aufl 2011; hierzu sogleich) nichts anderes vorgesehen ist (vgl allgemein Ellenberger in Palandt, BGB, 76. Aufl 2017, Einf vor § 116 RdNr 7 ff). Darüber hinaus kann eine Willenserklärung auch durch schlüssiges Verhalten konkludent abgegeben werden (vgl Ellenberger, aaO, ebenda, RdNr 6).

23

bb) Auf Grundlage dieser rechtlichen Erwägungen ist die Annahme, der vorläufige Insolvenzverwalter über das Vermögen der Arbeitgeberin des Klägers habe die Erfüllung der Beitragsforderungen der Beklagten und der Beigeladenen verhindert, nicht durch die vom Berufungsgericht festgestellten Tatsachen gedeckt. Denn die Versagung der Genehmigung einer Lastschriftbuchung durch einen vorläufigen Insolvenzverwalter geht ins Leere, wenn die Buchung bereits zuvor wirksam genehmigt wurde (Urteil vom 29.1.2015 - IX ZR 258/12 - BGHZ 204, 74 RdNr 14). Eine solche, bereits vor dem Widerruf des Insolvenzverwalters bzw sogar vor dessen Bestellung durch die Arbeitgeberin erfolgte Genehmigung der Belastungsbuchungen wegen des Einzugs der Beiträge des Klägers durch die Beklagte ist aufgrund der vom LSG festgestellten Tatsachen bei Anwendung der oben dargestellten Grundsätze der Rechtsprechung des BGH zur konkludenten Genehmigung von Lastschriftbuchungen nicht auszuschließen.

24

Beim Einzug der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge des Klägers durch die Beklagte vom Konto der Arbeitgeberin handelte es sich im Sinne der dargestellten Rechtsprechung des BGH für die Zahlstelle, also die Bank der Arbeitgeberin, erkennbar um regelmäßig wiederkehrende Lastschriften aus einer laufenden Geschäftsbeziehung, denn nach den Feststellungen des LSG wurden diese Beiträge im Rahmen des Lastschriftverfahrens "ausnahmslos Monat für Monat abgeführt und erfüllt". Auch wenn eine ausdrückliche Genehmigung früherer Belastungsbuchungen durch die Arbeitgeberin vom LSG nicht festgestellt worden ist, liegt eine Genehmigung kraft vertraglicher Fiktion vorliegend nahe. Denn nach Nr 2.4 Abs 2 S 1 und 3 Bedingungen Einzugsermächtigungslastschriftverfahren (zuvor inhaltsgleich Nr 7 Abs 3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken - AGB-Banken - abgedruckt idF vom 1.4.2002 in Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, 33. Aufl 2008, Anhang 8; zur Vereinbarkeit von Nr 7 Abs 3 AGB-Banken mit § 308 Nr 5 BGB vgl BGH Urteil vom 10.6.2008 - XI ZR 283/07 - BGHZ 177, 69 RdNr 28) hat der (Bank-)Kunde, wenn er eine Belastungsbuchung aus einer Lastschrift, für die er dem Gläubiger eine Einzugsermächtigung erteilt hat, nicht schon genehmigt hat, Einwendungen gegen diese im Saldo des nächsten Rechnungsabschlusses enthaltene Belastungsbuchung bis spätestens vor Ablauf von sechs Wochen nach Zugang des Rechnungsabschlusses zu erheben; das Unterlassen rechtzeitiger Einwendungen gilt als Genehmigung der Belastung. Einen solchen Rechnungsabschluss hat die Bank, sofern nichts anderes vereinbart ist, jeweils zum Ende eines Kalenderquartals zu erteilen (Nr 7 Abs 1 S 1 AGB-Banken). Mithin könnte schon im Februar 2010 durch Schweigen der Arbeitgeberin eine (fiktive) Genehmigung früherer Belastungsbuchungen aus dem Lastschrifteinzug von Beiträgen des Klägers in Form des Unterlassens von Einwendungen gegen den Rechnungsabschluss für das 4. Quartal 2009 erfolgt sein. Zugleich ist es sehr wahrscheinlich, dass sich die monatlichen Lastschriftbuchungen - bezogen auf den vom LSG nicht festgestellten Gesamtbetrag des jeweiligen Beitragseinzugs im Lastschriftverfahren - innerhalb der Schwankungsbreite der bereits zuvor genehmigten Buchungen bewegten, ohne diese wesentlich zu über- oder unterschreiten. Daher könnte, sofern der Buchung jeweils eine konkrete Meldung der Arbeitgeberin über die geschuldeten Beiträge zugrunde lag, eine konkludente Genehmigung durch die Arbeitgeberin schon nach Ablauf einer angemessenen Überprüfungsfrist von drei Tagen (BGH Urteil vom 29.1.2015 - IX ZR 258/12 - BGHZ 204, 74 RdNr 9), zumindest aber nach Ablauf einer Überprüfungsfrist von vierzehn Tagen (BGH Urteil vom 3.4.2012 - XI ZR 39/11 - WM 2012, 933 RdNr 48; BGH Urteil vom 1.12.2011 - IX ZR 58/11 - WM 2012, 160 LS und RdNr 15) erfolgt sein. Wären diese Fristen bezüglich der jeweiligen Lastschriftbuchungen aus dem Beitragseinzug für die Monate Januar bis März 2010 zum Zeitpunkt des Widerspruchs des Insolvenzverwalters bereits verstrichen gewesen, wäre dieser Widerspruch ins Leere gegangen und die Leistung der Arbeitgeberin auf die Beitragsforderung für die betreffenden Monate wirksam bewirkt worden. Soweit dieses der Fall ist, wären die Beitragsforderungen der Beklagten und der Beigeladenen gegen den Kläger für den jeweiligen Monat wegen Erfüllung erloschen und der angefochtene Bescheid vom 16.6.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.11.2010 insoweit aufzuheben.

25

cc) Auf Grundlage der dargestellten rechtlichen Beurteilung des Rechtsstreits durch den Senat (§ 170 Abs 5 SGG) wird das LSG im Rahmen seiner erneuten Verhandlung und Entscheidung insbesondere festzustellen haben, ob die AGB-Banken, die von in Deutschland tätigen privatrechtlich organisierten Kreditinstituten allgemein angewandt werden (vgl Hopt in Baumbach/Hopt, aaO, Anhang 8 Einleitung RdNr 1), und die Bedingungen Einzugsermächtigungs-lastschriftverfahren mit dem dargestellten Inhalt auch auf die Führung des durch den Beitragseinzug belasteten Kontos der Arbeitgeberin Anwendung fanden. Sollten diese oder andere Regelwerke mit vergleichbarem Inhalt anzuwenden sein, wird das LSG weiter feststellen müssen, über welchen Zeitraum bereits der Beitragseinzug per Lastschrift bei der Arbeitgeberin praktiziert wurde, in welcher Schwankungsbreite sich die zuvor ausdrücklich oder kraft vertraglicher Fiktion genehmigten Lastschrifteinzüge durch die Beklagte bewegten und ob die Lastschrifteinzüge für die Monate Januar bis März 2010 innerhalb dieser Schwankungsbreite lagen bzw auch im Hinblick auf die Beiträge freiwillig Krankenversicherter auf einer konkreten Anmeldung der Arbeitgeberin beruhten. Ausgehend von diesen Feststellungen wird das LSG festzustellen haben, nach Verstreichen welcher Frist eine konkludente Genehmigung der Lastschrifteinzüge für die Monate Januar bis März 2010 angenommen werden konnte, weil auf Seiten der Zahlstelle (= Bank der Arbeitgeberin des Klägers) die berechtigte Erwartung entstand, auch diese Belastungsbuchungen sollten Bestand haben (siehe hierzu oben II.2.c)aa). Schließlich wird es für den Eintritt der Genehmigungsfiktionen darauf ankommen, an welchen Tagen genau die Kontobelastungen für die streitbefangenen Beiträge vorgenommen wurden. Für die den Rechtstreit entscheidende Frage, ob der Widerspruch des Insolvenzverwalters dem Eintritt der Erfüllungswirkung entgegenstand, wird es sodann darauf ankommen, wann genau dieser erfolgte.

26

3. Die Kostenentscheidung bleibt der das Verfahren abschließenden Entscheidung des LSG vorbehalten.

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Bundessozialgericht Urteil, 23. Mai 2017 - B 12 KR 2/15 R zitiert oder wird zitiert von 18 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Urteil, 27. Sept. 2011 - XI ZR 215/10

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Bundesgerichtshof Urteil, 01. Dez. 2011 - IX ZR 58/11

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Bundesgerichtshof Urteil, 25. Okt. 2007 - IX ZR 217/06

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Bundesgerichtshof Urteil, 08. Nov. 2011 - XI ZR 158/10

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Bundesgerichtshof Urteil, 03. Apr. 2012 - XI ZR 39/11

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Bundessozialgericht Urteil, 31. März 2017 - B 12 KR 16/14 R

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Bundessozialgericht Beschluss, 06. Okt. 2016 - B 5 SF 4/16 AR

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Tenor Der 5. Senat hält an der Rechtsauffassung fest, wie sie in den von der Anfrage des 12. Senats in Bezug genommenen Entscheidungen zum Ausdruck gekommen ist. G

Bundesgerichtshof Urteil, 29. Jan. 2015 - IX ZR 258/12

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Bundessozialgericht Beschluss, 13. Juni 2018 - GS 1/17

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Tenor 1. Eine Revisionsbegründung genügt bei Sachrügen den gesetzlichen Anforderungen des § 164 Abs 2 S 3 SGG, wenn sie neben der Stellung eines bestimmten Antrages und der Bezeichnung der verletzt

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Tenor Die Revision des Klägers und die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 18. Mai 2015 werden als unzulässig verworfen.

Bundessozialgericht Urteil, 30. Nov. 2016 - B 12 KR 3/15 R

bei uns veröffentlicht am 30.11.2016

Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 27. Februar 2015 wird zurückgewiesen.

Referenzen

(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird.

(2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.

(1) Der Zahler hat gegen seinen Zahlungsdienstleister einen Anspruch auf Erstattung eines belasteten Zahlungsbetrags, der auf einem autorisierten, vom oder über den Zahlungsempfänger ausgelösten Zahlungsvorgang beruht, wenn

1.
bei der Autorisierung der genaue Betrag nicht angegeben wurde und
2.
der Zahlungsbetrag den Betrag übersteigt, den der Zahler entsprechend seinem bisherigen Ausgabeverhalten, den Bedingungen des Zahlungsdiensterahmenvertrags und den jeweiligen Umständen des Einzelfalls hätte erwarten können; mit einem etwaigen Währungsumtausch zusammenhängende Gründe bleiben außer Betracht, wenn der zwischen den Parteien vereinbarte Referenzwechselkurs zugrunde gelegt wurde.
Ist der Zahlungsbetrag einem Zahlungskonto belastet worden, so ist die Gutschrift des Zahlungsbetrags auf diesem Zahlungskonto so vorzunehmen, dass das Wertstellungsdatum spätestens der Geschäftstag der Belastung ist. Auf Verlangen seines Zahlungsdienstleisters hat der Zahler nachzuweisen, dass die Voraussetzungen des Satzes 1 Nummer 1 und 2 erfüllt sind.

(2) Unbeschadet des Absatzes 3 hat der Zahler bei SEPA-Basislastschriften und SEPA-Firmenlastschriften ohne Angabe von Gründen auch dann einen Anspruch auf Erstattung gegen seinen Zahlungsdienstleister, wenn die Voraussetzungen für eine Erstattung nach Absatz 1 nicht erfüllt sind.

(3) Der Zahler kann mit seinem Zahlungsdienstleister vereinbaren, dass er keinen Anspruch auf Erstattung hat, wenn er seine Zustimmung zur Ausführung des Zahlungsvorgangs direkt seinem Zahlungsdienstleister erteilt hat und er, sofern vereinbart, über den anstehenden Zahlungsvorgang mindestens vier Wochen vor dem Fälligkeitstermin vom Zahlungsdienstleister oder vom Zahlungsempfänger unterrichtet wurde.

(4) Ein Anspruch des Zahlers auf Erstattung ist ausgeschlossen, wenn er ihn nicht innerhalb von acht Wochen ab dem Zeitpunkt der Belastung des betreffenden Zahlungsbetrags gegenüber seinem Zahlungsdienstleister geltend macht.

(5) Der Zahlungsdienstleister ist verpflichtet, innerhalb von zehn Geschäftstagen nach Zugang eines Erstattungsverlangens entweder den vollständigen Betrag des Zahlungsvorgangs zu erstatten oder dem Zahler die Gründe für die Ablehnung der Erstattung mitzuteilen. Im Fall der Ablehnung hat der Zahlungsdienstleister auf die Beschwerdemöglichkeiten gemäß den §§ 60 bis 62 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes und auf die Möglichkeit, eine Schlichtungsstelle gemäß § 14 des Unterlassungsklagengesetzes anzurufen, hinzuweisen. Das Recht des Zahlungsdienstleisters, eine innerhalb der Frist nach Absatz 4 geltend gemachte Erstattung abzulehnen, erstreckt sich nicht auf den Fall nach Absatz 2.

(6) Wenn ein Fall des § 675d Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b vorliegt,

1.
ist § 675x Absatz 1 auf die innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums getätigten Bestandteile des Zahlungsvorgangs nicht anzuwenden und
2.
kann von § 675x Absatz 2 bis 5 für die innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums getätigten Bestandteile des Zahlungsvorgangs abgewichen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 258/12
Verkündet am:
29. Januar 2015
Kluckow
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Zahlt die Bank des Schuldners nach der irrtümlichen Rückbuchung einer schon genehmigten
Lastschrift den Lastschriftbetrag vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens
an den zum Einzug von Forderungen ermächtigten, mitbestimmenden vorläufigen
Insolvenzverwalter aus, gilt ihr bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Rückzahlung
nach der Verfahrenseröffnung nicht als Masseverbindlichkeit.
BGH, Urteil vom 29. Januar 2015 - IX ZR 258/12 - OLG Frankfurt am Main
LG Fulda
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. Januar 2015 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die
Richter Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Fischer, Grupp und die Richterin Möhring

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 14. Zivilsenats in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 16. Oktober 2012 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin, eine österreichische GmbH, betreibt für die österreichische A. (A. ) das LKW-Mautsystem in Österreich. Sie beauftragte im Jahr 2006 die L. GmbH & Co. KG (fortan: Schuldnerin) mit dem Vertrieb von Mautwerten in Deutschland. Die vertraglichen Vereinbarungen sahen vor, dass Barzahlungen der Kunden von der Schuldnerin im Namen und im Auftrag der A. entgegengenommen und spätestens am zweiten auf den Zahlungstag folgenden Tag von der Klägerin auf der Grundlage von bei der Schuldnerin erstellten Sammelbelegen von einem Konto der Schuldnerin bei einer deutschen Bank eingezogen wurden. Am 25. Juli 2008 wurde die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin beantragt und der Beklagte zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Das Insolvenzgericht ordnete einen Zustimmungsvorbehalt an und ermächtigte den Beklagten, Bankguthaben und sonstige Forderungen der Schuldnerin einzuziehen und Gelder entgegenzunehmen. Auf Verlangen des Beklagten buchte die Bank der Schuldnerin Lastschrifteinzüge im Gesamtbetrag von 65.181,06 € zurück, welche die Klägerin für den Zeitraum vom 27. Mai bis zum 31. Juli 2008 veranlasst hatte. Am 1. Oktober 2008 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt.
2
Die Klägerin hat sich Ansprüche der A. abtreten lassen und verlangt vom Beklagten aus der Insolvenzmasse Zahlung von 65.181,06 € nebst Zinsen. Da mit der Klage zunächst nur ein Teilbetrag von 5.001 € geltend gemacht worden war, erhob der Beklagte Widerklage mit dem Antrag, festzustellen , dass keine weitergehende Zahlungspflicht des Beklagten bestehe. Nach Erweiterung der Klage auf den Betrag von 65.181,06 € hat er die Feststellung der Erledigung der Widerklage beantragt. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht den zu zahlenden Betrag auf 63.784,94 € ermäßigt. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Abweisung der Klage und die Feststellung der Erledigung seiner Widerklage.

Entscheidungsgründe:


3
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


4
Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die Klageforderung sei in Höhe von 63.784,94 € aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB begründet. Gegen die Aktivlegitimation der Klägerin bestünden keine Bedenken, weil die der Klägerin vertraglich eingeräumte Einzugsermächtigung auch für die streitgegenständlichen Ansprüche wegen ungerechtfertigter Bereicherung gelte und die A. eventuelle Ansprüche gegen den Beklagten an die Klägerin abgetreten habe. Die Insolvenzmasse sei durch die Rückbuchung auf Kosten der A. ungerechtfertigt bereichert, weil die Lastschriften bereits konkludent genehmigt gewesen seien und der Beklagte deshalb mit seinem Lastschriftwiderspruch unberechtigt in eine rechtlich gesicherte Position der A. eingegriffen habe. Der Anspruch wegen ungerechtfertigter Bereicherung sei eine Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO. Die Regelung in § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO gelte nicht nur für Fälle nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 und 2 InsO, sondern auch für einen Bereicherungsanspruch nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO, sofern er - wie hier - durch eine Handlung des vorläufigen Insolvenzverwalters entstanden sei. Dass dem Beklagten nicht, wie von § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO vorausgesetzt, die Verfügungsbefugnis übertragen gewesen sei, stehe nicht entgegen, weil der Beklagte bei der Rückforderung der Lastschriftbeträge von der ihm erteilten Einzelermächtigung zum Ein- zug von Forderungen und zur Entgegennahme von Geld Gebrauch gemacht habe.

II.


5
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
6
1. Der vom Berufungsgericht wegen der Rückbuchung und Auszahlung der eingezogenen Lastschriftbeträge angenommene Bereicherungsanspruch der Klägerin oder der A. besteht nicht.
7
a) Ohne Erfolg wendet sich die Revision allerdings gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Schuldnerin habe die Lastschriftbuchungen im Umfang von insgesamt 63.784,94 € bereits konkludent genehmigt gehabt, als der Beklagte dem Lastschrifteinzug widersprach und die Rückbuchung verlangte.
8
aa) Feststellungen zu einer konkludent erklärten Genehmigung sind als Ergebnis einer tatrichterlichen Auslegung im Revisionsverfahren nur beschränkt darauf überprüfbar, ob gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze , Denkgesetze oder Verfahrensvorschriften verletzt worden sind. Zu klären ist dabei auch, ob alle erheblichen Umstände vom Tatrichter umfassend gewürdigt worden sind (BGH, Urteil vom 1. Dezember 2011 - IX ZR 58/11, WM 2012, 160 Rn. 10; vom 3. April 2012 - XI ZR 39/11, WM 2012, 933 Rn. 21, jeweils mwN).
9
bb) Nach diesem Maßstab sind die Feststellungen des Berufungsgerichts zur Frage einer konkludenten Genehmigung nicht zu beanstanden. Das Beru- fungsgericht hat seiner Beurteilung die in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannten Auslegungsgrundsätze zugrunde gelegt. Eine konkludente Genehmigung von Lastschriftbuchungen kommt danach in Betracht, wenn es sich für die Zahlstelle erkennbar um regelmäßig wiederkehrende Lastschriften aus einer laufenden Geschäftsbeziehung handelt, die der Kontoinhaber in der Vergangenheit bereits einmal genehmigt hat. Erhebt der Schuldner in Kenntnis eines erneuten Lastschrifteinzugs, der sich im Rahmen der bereits genehmigten Lastschriftbuchungen bewegt, gegen diesen nach einer angemessenen Überlegungsfrist keine Einwendungen, so kann auf Seiten der Zahlstelle die berechtigte Erwartung entstehen, auch diese Belastungsbuchung solle Bestand haben (BGH, Urteil vom 27. September 2009 - XI ZR 215/10, WM 2011, 2041 Rn. 17 mwN). Dabei muss es sich nicht um eine Reihe von im Wesentlichen gleichbleibenden Zahlungen handeln. Werden im unternehmerischen Verkehr fortlaufend Forderungen in unterschiedlicher Höhe im Rahmen von laufenden Geschäftsbeziehungen mittels Lastschrift im Einzugsermächtigungsverfahren eingezogen, so kommt eine konkludente Genehmigung einer Lastschriftbuchung auch dann in Betracht, wenn sie sich innerhalb einer Schwankungsbreite von bereits zuvor genehmigten Lastschriftbuchungen bewegt oder diese nicht wesentlich über- oder unterschreitet (BGH, Urteil vom 8. November 2011 - XI ZR 158/10, WM 2011, 2358 Rn. 20; vom 1. Dezember 2011 - IX ZR 58/11, WM 2012, 160 Rn. 11, jeweils mwN). Beruhen Lastschriftbuchungen erkennbar auf Zahlungspflichten, deren variierende Höhe der Schuldner gegenüber der für die Einziehung zuständigen Stelle erklärt hat, besteht aus Sicht der kontoführenden Bank für den Schuldner nicht die Notwendigkeit zu einer umfassenden Überprüfung. Als Überprüfungsfrist kann eine Frist von drei Tagen genügen. Da diesen Buchungen eine konkrete Anmeldung des Schuldners zugrunde liegt, kommt eine konkludente Genehmigung auch dann in Betracht, wenn sich die einzelnen Beträge nicht innerhalb der Schwankungsbreite voran- gegangener Lastschriftbuchungen bewegen (BGH, Urteil vom 1. Dezember 2011, aaO Rn. 12; vom 3. April 2012 - XI ZR 39/11, WM 2012, 933 Rn. 47 f; vom 28. Juni 2012 - IX ZR 219/10, BGHZ 194, 1 Rn. 8). Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht beachtet. Dass es bei der Würdigung des konkreten Sachverhalts nicht alle erheblichen Umstände einbezogen hätte, zeigt die Revision nicht auf. Solches ist auch nicht erkennbar.
10
b) Der Umstand, dass die im Rahmen des Lastschrifteinzugs erfolgten Belastungsbuchungen der Schuldnerbank auf dem Konto der Schuldnerin noch vor den gegenläufigen Erklärungen des Beklagten von der Schuldnerin genehmigt worden waren, führt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nach der Rückbuchung der eingezogenen Beträge jedoch nicht zu einem Anspruch der Klägerin oder der A. gegen den Beklagten wegen ungerechtfertigter Bereicherung der Insolvenzmasse. Die Schuldnerin hat durch die Rückbuchung der Lastschrifteinzüge auf ihrem Bankkonto keine Forderung gegen ihre Bank zurückerlangt, sondern lediglich eine Buchposition. Diese Buchposition ist nicht durch Genehmigung der Klägerin zum Forderungserwerb erstarkt. Sie beruht nicht auf einer Leistung der Klägerin und geht auch nicht auf deren Kosten. Die infolge unbegründeter Rückbuchung eines wirksamen Lastschrifteinzugs entstandene Buchposition des Schuldners gegenüber seiner Bank kann deshalb nicht als ungerechtfertigte Vermögensverschiebung im Valutaverhältnis rückgängig gemacht werden (BGH, Urteil vom 20. Juli 2010 - IX ZR 37/09, BGHZ 186, 242 Rn. 30; vom 28. Juni 2012, aaO Rn. 12 ff). Entsprechendes gilt, wenn - wie der Beklagte behauptet - die auf das Konto der Schuldnerin zurückgebuchten Beträge an den Beklagten ausbezahlt worden sein sollten. Auch in diesem Fall hat die Insolvenzmasse nichts auf Kosten der Klägerin oder der A. erlangt.
11
2. Mangels ausreichender Feststellungen des Berufungsgerichts kann nicht abschließend beurteilt werden, ob die angefochtene Entscheidung aus anderen Gründen im Ergebnis richtig ist (§ 561 ZPO). Sollte der von der Schuldnerbank zurückgebuchte Betrag entsprechend der hiermit erlangten bloßen Buchposition erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an den Beklagten ausgezahlt worden sein, hätte die Klägerin aus abgetretenem Recht der Schuldnerbank einen gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO aus der Insolvenzmasse zu befriedigenden Anspruch gegen den Beklagten aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB in der vom Berufungsgericht zuerkannten Höhe.
12
a) Die Klägerin hat durch mehrere Abtretungen unter anderem auch diejenigen Ansprüche erworben, welche der Bank der Schuldnerin gegen die Masse oder den Beklagten zustehen, weil dieser den streitgegenständlichen Lastschriftbuchungen widersprach und ihre Rückbuchung veranlasste. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass diese Ansprüche mit Vereinbarung vom 5./8. Juli 2011 von der Schuldnerbank (C. AG) an die Bank der Klägerin (S. AG) abgetreten wurden und sodann mit Vereinbarung vom 11. Juli 2011 von der Bank der Klägerin andie A. und - bereits am 6./8. Juli 2011 vereinbart - von der A. an die Klägerin.
13
b) Ein Anspruch der Schuldnerbank gegen den Beklagten auf Zahlung des zurückgebuchten Betrags aus der Insolvenzmasse in dem vom Berufungsgericht angenommenen Umfang bestand, wenn die Schuldnerbank den zurückgebuchten Betrag nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an den Beklagten ausgezahlt hat.
14
aa) Die Versagung der Genehmigung einer Lastschriftbuchung durch einen vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt geht ins Leere, wenn die Buchung - wie hier - bereits zuvor wirksam genehmigt wurde. In diesem Fall ist im Deckungsverhältnis zwischen der Schuldnerbank und dem Schuldner bereits vor der Erklärung des vorläufigen Insolvenzverwalters der Aufwendungsersatzanspruch der Schuldnerbank in Höhe des Lastschriftbetrages entstanden und die von ihr vorgenommene Belastungsbuchung des Schuldnerkontos mit Rechtsgrund erfolgt. Indem die Schuldnerbank aufgrund des Widerspruchs des vorläufigen Insolvenzverwalters den Lastschriftbetrag dem Konto wieder gutschreibt, will sie ihrer girovertraglichen Pflicht zur Kontoberichtigung nachkommen, die aber wegen der zuvor konkludent erteilten Genehmigung nicht besteht. Die Rückbuchung begründet unter diesen Umständen keine Forderung des Schuldners gegen seine Bank, sondern lediglich eine Buchposition. Diese kann von der Schuldnerbank berichtigt werden. Ein auf Zahlung gerichteter Anspruch der Schuldnerbank gegen den Schuldner oder den Insolvenzverwalter entsteht erst, wenn die Schuldnerbank den zurückgebuchten Betrag auszahlt (BGH, Urteil vom 1. März 2011 - XI ZR 320/09, WM 2011, 743 Rn. 19; vom 27. September 2011 - XI ZR 328/09, WM 2011, 2259 Rn. 20 f mwN). Sofern im Streitfall eine solche Auszahlung nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt sein sollte, handelte es sich bei dem dann bestehenden Anspruch der Schuldnerbank auf Rückzahlung wegen ungerechtfertigter Bereicherung nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO um eine Masseverbindlichkeit.
15
bb) Wurde der zurückgebuchte Lastschriftbetrag hingegen bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an die Schuldnerin oder an den Beklagten ausgezahlt, ist der Anspruch auf Rückzahlung eine bloße Insolvenzforderung.
16
(1) § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO ist auf diesen Fall nicht anwendbar. Denn diese Norm setzt voraus, dass die Bereicherung erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Masse zugeflossen ist (BGH, Urteil vom 20. September 2007 - IX ZR 91/06, WM 2007, 2299 Rn. 9; vom 7. Mai 2009 - IX ZR 61/08, ZIP 2009, 1477 Rn. 12; vom 13. Januar 2011 - IX ZR 233/09, ZInsO 2011, 388 Rn. 10).
17
(2) Auch § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO verleiht dem Rückzahlungsanspruch nicht die Qualität einer Masseverbindlichkeit. Nach dieser Norm gelten Verbindlichkeiten , die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter begründet worden sind, auf den die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergegangen ist, nach der Eröffnung des Verfahrens als Masseverbindlichkeit. Eine unmittelbare Anwendung der Bestimmung scheidet aus, weil das Insolvenzgericht bei der Bestellung des Beklagten zum vorläufigen Insolvenzverwalter dem Schuldner kein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt hat (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 1 InsO), weshalb die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners nicht auf den Beklagten übergegangen ist (§ 22 Abs. 1 Satz 1 InsO), sondern lediglich die Wirksamkeit von Verfügungen des Schuldners von der Zustimmung des Beklagten abhängig gemacht hat (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 InsO).
18
Auch eine entsprechende Anwendung von § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO auf Rechtshandlungen eines solchen bloß mitbestimmenden vorläufigen Insolvenzverwalters kommt nicht in Betracht. Masseverbindlichkeiten kann dieser nur begründen, wenn ihm vom Insolvenzgericht die Ermächtigung erteilt worden ist, einzelne, im Voraus genau festgelegte Verpflichtungen zu Lasten der späteren Insolvenzmasse einzugehen (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 2002 - IX ZR 195/01, BGHZ 151, 353, 363 ff; vom 20. September 2007 - IX ZR 91/06, WM 2007, 2299 Rn. 9; vom 7. Mai 2009 - IX ZR 61/08, ZIP 2009, 1477 Rn. 13; vom 13. Januar 2011, aaO Rn. 9; vgl. auch BGH, Urteil vom 8. März 2012 - IX ZR 78/11, WM 2012, 706 Rn. 27). Eine diesen Anforderungen genügende Einzelermächtigung liegt im Streitfall nicht vor. Stellt man darauf ab, dass der Bereicherungsanspruch der Schuldnerbank eine Folge des Widerspruchs des Beklagten gegen die Lastschriftbuchungen war, fehlt es von vorneherein an einer hierauf bezogenen Einzelermächtigung. Widerspricht ein mitbestimmender vorläufiger Insolvenzverwalter einer Lastschriftbuchung, verweigert er damit seine Zustimmung zu der zunächst unberechtigt erfolgten Belastung des Schuldnerkontos. Hierzu ist er bereits aufgrund des Zustimmungsvorbehalts nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 InsO berechtigt. Einer gesonderten Ermächtigung zum Widerspruch bedarf es nicht, und eine solche wurde auch nicht erteilt.
19
Bei der Entgegennahme einer Auszahlung der von der Schuldnerbank zurückgebuchten Beträge vor der Verfahrenseröffnung handelte der Beklagte zwar auf der Grundlage einer Einzelermächtigung. Die vom Insolvenzgericht ausgesprochene Ermächtigung des Beklagten, Bankguthaben und sonstige Forderungen der Schuldnerin einzuziehen sowie eingehende Gelder entgegenzunehmen , war ausreichend bestimmt und auch sonst wirksam (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 2002 - IX ZR 195/01, BGHZ 151, 353, 365, 367). Es handelte sich bei dieser Ermächtigung aber nicht um eine Ermächtigung zur Eingehung von Verbindlichkeiten zu Lasten der späteren Masse im Sinne der Rechtsprechung des erkennenden Senats (BGH, Urteil vom 20. September 2007 - IX ZR 91/06, WM 2007, 2299 Rn. 1, 9). Unter der Geltung der Konkursordnung konnte der Sequester keine Masseverbindlichkeiten begründen. Abweichend hiervon räumt § 55 Abs. 2 InsO ein solches Recht dem verfügungsbefugten vorläufigen Insolvenzverwalter ein. Damit soll insbesondere Geschäftspartnern des insolventen Unternehmens ein Anreiz gegeben werden, die Geschäftsbeziehungen mit ei- nem vorläufigen Insolvenzverwalter fortzusetzen sowie ihm Geld- und Warenkredit zu gewähren (BGH, Urteil vom 18. Juli 2002, aaO S. 359 mwN). Wird kein allgemeines Verfügungsverbot, sondern nur ein Zustimmungsvorbehalt angeordnet, ist der vorläufige Insolvenzverwalter rechtlich nicht in der Lage, selbständig Geschäfte abzuschließen. Ein Vertrauen der Geschäftspartner kann sich in diesem Fall nur an Einzelermächtigungen ausrichten. Solche kann das Insolvenzgericht nach § 22 Abs. 2 InsO erteilen, soweit sie erforderlich sind, um auch einem nicht verfügungsbefugten vorläufigen Verwalter die Erfüllung seiner Aufgaben zu ermöglichen. Aus Gründen der Rechtsklarheit und des gebotenen Schutzes des Vertragspartners muss allerdings aus der jeweiligen Ermächtigung selbst unmissverständlich zu erkennen sein, mit welchen Befugnissen der vorläufige Insolvenzverwalter ausgestattet ist (BGH, Urteil vom 18. Juli 2002, aaO S. 367). Deshalb muss sich aus der Ermächtigung auch eindeutig ergeben, ob und in welchem Umfang der vorläufige Verwalter Verbindlichkeiten zu Lasten der späteren Masse begründen kann. Die allgemeine Ermächtigung zum Einzug von Forderungen genügt dem nicht. Sie verleiht dem vorläufigen Verwalter nur die Verfügungsmacht über die Forderungen des Schuldners und bewirkt , dass die Forderungen durch die Zahlung an den vorläufigen Verwalter erlöschen. Auf die Begründung von Masseverbindlichkeiten erstreckt sich eine solche Ermächtigung nicht. Der Senat hat deshalb schon in dem Grundsatzurteil vom 18. Juli 2002 (aaO S. 365) zwischen einer Ermächtigung zum Forderungseinzug und Ermächtigungen zur Eingehung von Verpflichtungen zu Lasten der Insolvenzmasse unterschieden.
20
(3) Eine andere Frage ist es, ob im Falle der Anordnung eines allgemeinen Verfügungsverbots der Anspruch eines Gläubigers wegen einer während des Eröffnungsverfahrens eingetretenen ungerechtfertigten Bereicherung gemäß § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit gilt. Diese im Schrifttum umstrittene (vgl. MünchKommInsO /Hefermehl, 3. Aufl., § 55 Rn. 212 mwN) Frage braucht hier nicht beantwortet zu werden.
21
c) Mithin kommt es im Streitfall entscheidend darauf an, ob die zu Unrecht zurückgebuchten Lastschriftbeträge nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an den Beklagten ausgezahlt wurden. Dazu enthält das Berufungsurteil keine eindeutige Feststellung. Bei der Darstellung des Sachverhalts ist nur von der Rückbuchung der Lastschriften die Rede. Im Rahmen der Begründung wird ausgeführt, die Rückbelastungen seien vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Masse gelangt. Ob damit eine Auszahlung gemeint ist, lässt sich dem Urteil nicht entnehmen. Auch aus dem vom Berufungsurteil in Bezug genommenen Tatbestand des Urteils des Landgerichts ergibt sich insoweit nichts.

III.


22
Das angefochtene Urteil ist danach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an dasBerufungsgericht zurückzuverweisen, das die erforderlichen Feststellungen zu treffen haben wird (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Kayser Gehrlein Fischer
Grupp Möhring
Vorinstanzen:
LG Fulda, Entscheidung vom 30.09.2011 - 7 O 13/11 -
OLG Frankfurt in Kassel, Entscheidung vom 16.10.2012 - 14 U 222/11 -

Für die Revision gelten die Vorschriften über die Berufung entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt. § 153 Abs. 2 und 4 sowie § 155 Abs. 2 bis 4 finden keine Anwendung.

(1) Die Revision ist bei dem Bundessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils oder des Beschlusses über die Zulassung der Revision (§ 160a Absatz 4 Satz 1 oder § 161 Abs. 3 Satz 2) schriftlich einzulegen. Die Revision muß das angefochtene Urteil angeben; eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils soll beigefügt werden, sofern dies nicht schon nach § 160a Abs. 1 Satz 3 geschehen ist. Satz 2 zweiter Halbsatz gilt nicht, soweit nach § 65a elektronische Dokumente übermittelt werden.

(2) Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils oder des Beschlusses über die Zulassung der Revision zu begründen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden. Die Begründung muß einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben.

Tenor

Der 5. Senat hält an der Rechtsauffassung fest, wie sie in den von der Anfrage des 12. Senats in Bezug genommenen Entscheidungen zum Ausdruck gekommen ist.

Gründe

1

I. Dem anfragenden 12. Senat des BSG liegt ein Rechtsstreit vor, in dem darüber zu befinden ist, ob der Kläger in seiner Tätigkeit als Synchronsprecher als Beschäftigter versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung war, und ob er insoweit als "unständig" Beschäftigter zu qualifizieren ist. Der 12. Senat beabsichtigt die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen. Er sieht sich hieran durch die vom 5. Senat in ständiger Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen an eine ordnungsgemäße Revisionsbegründung gehindert. Würde der 12. Senat dem 5. Senat folgen, wäre die Revision des Klägers nach Ansicht des 12. Senats als unzulässig zu verwerfen. Er hat daher beim 5. Senat mit Beschluss vom 27.4.2016 (B 12 KR 16/14 R - Juris) angefragt,

        

"ob dieser an seiner Rechtsprechung festhält, dass die formgerechte Begründung einer Revision iS von § 164 Abs 2 S 3 SGG in Bezug auf die Darstellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts

        

a) die ausdrückliche Angabe erfordert, dass es sich bei den vom Revisionsführer angeführten tatsächlichen Umständen um den Sachverhalt handelt, den die Vorinstanz im angefochtenen Urteil festgestellt hat, und 'an welcher genauen Stelle' er dem Berufungsurteil die von ihm genannten Tatumstände entnehmen möchte (Beschluss vom 5.11.2014 - B 5 RE 5/14 R - BeckRS 2014, 74155 RdNr 8; Urteil vom 23.7.2015 - B 5 R 32/14 R - Juris RdNr 7),

        

b) es erfordert, das Bundessozialgericht in die Lage zu versetzen, 'ohne Studium der Gerichts- und Verwaltungsakten allein anhand der Revisionsbegründung zu prüfen, ob die im Streit stehenden revisiblen Rechtsvorschriften auf den festgestellten Sachverhalt nicht oder nicht richtig angewendet worden sind' (Beschluss vom 5.11.2014 - B 5 RE 5/14 R - BeckRS 2014, 74155 RdNr 8; Urteil vom 23.7.2015 - B 5 R 32/14 R - Juris RdNr 7; vgl auch Beschluss vom 22.7.2015 - B 5 R 16/15 R - BeckRS 2015, 70865 RdNr 8 f)."

2

II. Im Mittelpunkt der Anfrage des 12. Senats steht die Auslegung des § 164 Abs 2 S 3 SGG und die sich hieraus ergebende Pflicht zur Darstellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts im Rahmen der Rüge der Verletzung materiellen Rechts.

3

1. Gemäß § 164 Abs 2 S 1 SGG ist die Revision innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils oder des Beschlusses über die Zulassung der Revision zu begründen. Nach Satz 3 muss die Begründung einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben.

4

a) § 164 Abs 2 S 3 SGG ist dem § 554 Abs 3 Nr 2 ZPO(idF der Bekanntmachung vom 5.6.1905, RGBl S 536, 537) nachgebildet (vgl BSG Urteil vom 30.6.1964 - 3 RK 38/60 - SozR Nr 53 zu § 164 SGG und Beschluss vom 24.9.1957 - 2 RU 70/54 - SozR Nr 27 zu § 164 SGG); die für das Verfahren nach der ZPO gültigen Maßstäbe gelten daher auch für die Auslegung des § 164 Abs 2 S 3 SGG(vgl BSG Beschlüsse vom 12.11.1962 - 9 RV 694/62 - SozR Nr 49 zu § 164 SGG und vom 17.1.1958 - 11/9 RV 1126/55 - BSGE 6, 269 f).

5

aa) Anlass der Einfügung des § 554 Abs 3 Nr 2 ZPO aF war die - trotz Vergrößerung des Personalbestandes - bestehende Arbeitsbelastung des Reichsgerichts (RG), die sich durch die Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuches zum 1.1.1900 weiter verschärft hatte (vgl RT-Drucks 1903/1904 Nr 415 S 4). Der Gesetzesentwurf der Reichsregierung betreffend Änderungen der ZPO sah einen Grund hierfür auch in der Ausgestaltung der auf die Begründung der Revision bezogenen Bestimmung des § 554 ZPO(idF der Bekanntmachung vom 20.5.1898, RGBl 514 f) als Sollvorschrift. Der Umstand, dass ohne Nachteil für den Erfolg des Rechtsmittels eine Begründung der Revision unterbleiben durfte, hatte nämlich zur Folge, dass eine solche häufig entweder gar nicht oder zu einem Zeitpunkt einging, in welchem sie zur Vorbereitung des Berichterstatters wie des Revisionsgegners nicht mehr dienen konnte, bzw Revisionen kurz vor der mündlichen Verhandlung zurückgenommen wurden, nachdem der Berichterstatter seine Bearbeitung bereits abgeschlossen hatte (RT-Drucks 1903/1904 Nr 415 S 9 f). Gleichwohl sah der Regierungsentwurf den Weg zur Entlastung des RG nicht in der Einführung eines Revisionsbegründungszwangs, sondern in der Erhöhung der Revisionssumme, um auf diese Weise die Zahl der zu bearbeitenden Fälle zu vermindern (RT-Drucks 1903/1904 Nr 415 S 10 ff). Auch von Mitgliedern der im Weiteren mit dem Gesetzesentwurf befassten XII. Kommission des Reichstages wurde die Auffassung vertreten, dass die fehlende Pflicht zur Revisionsbegründung in unnötiger Weise die Vorarbeit des Senatspräsidenten und des Berichterstatters erschwere, weil diese die gesamten Akten auch ihrerseits darauf zu prüfen hätten, ob eine Rechtsverletzung vorliege, gleichviel ob diese gerügt worden sei oder nicht (RT-Drucks 1903/1905 Nr 782 S 26). Anders als die Regierungsvorlage sprach sich die Kommission für die Einführung eines Begründungszwangs aus (RT-Drucks 1903/1905 Nr 782 S 81). Dieser würde mehr wie bisher davon abhalten, ohne genauere Prüfung eine Revision einzulegen, und dazu führen, dass aussichtslose Revisionen früher zurückgezogen würden. Dem Gericht werde dadurch unnötiges Aktenstudium erspart; die Vorbereitung des Berichterstatters würde erheblich erleichtert und könnte eine viel gründlichere sein, da das gesamte Vorbringen des Revisionsklägers in seinen wesentlichen Punkten rechtzeitig schriftlich vorliege (RT-Drucks 1903/1905 Nr 782 S 59 f). In den anschließenden Verhandlungen des Reichstags wurde die mit der Einführung des Begründungszwangs bezweckte Entlastung des RG nochmals hervorgehoben und auch auf die für die Anwälte einhergehende Mehrbelastung hingewiesen (vgl Stenographische Berichte über die Verhandlungen des RT 1903/1905, S 6031, 6043 und 6090).

6

bb) Die Rechtsprechung des RG hat in der Pflicht zur Begründung der Revision ein formales Erfordernis erblickt, deren notwendiger Inhalt nicht ohne Rücksicht auf den gesamten Zweck der Vorschriften zur Revisionsbegründung zu bestimmen sei (RG Urteile vom 11.1.1907 - II 357/06 - RGZ 65, 81, 84; vom 3.6.1907 - VI 418/06 - RGZ 66, 178, 180 und vom 3.5.1915 - VI 547/14 - RGZ 87, 5, 6). Die Revisionsbegründungspflicht sei eingeführt worden, um eine Entlastung des RG herbeizuführen (RG Urteile vom 12.12.1918 - VI 251/18 - RGZ 95, 70, 72 und vom 22.3.1926 - IV 362/25 - RGZ 113, 166, 168). Diesem Zweck entsprechend sei die Formvorschrift des § 554 ZPO streng auszulegen und anzuwenden(RG Urteile vom 26.11.1929 - VII 256/29 - RGZ 126, 245, 249 und vom 16.6.1921 - VI 84/21 - RGZ 102, 280, 281 f). Insoweit hat das RG in ständiger Rechtsprechung das Erfordernis aufgestellt, dass nicht nur für die verfahrensrechtlichen Rügen die Tatsachen, die den Mangel ergeben sollen, in der Begründungsschrift im Einzelnen bestimmt bezeichnet werden müssen, sondern auch den sachlich-rechtlichen Revisionsangriffen eine sorgfältige, über ihren Umfang und Zweck keinen Zweifel lassende Begründung zuteilwerden muss, die erkennen lässt, dass der die Revisionsbegründung einreichende Rechtsanwalt sich einer Nachprüfung des angegriffenen Urteils unterzogen hat (RG Urteil vom 27.5.1927 - III 390/26 - RGZ 117, 168, 170 und Beschluss vom 6.11.1928 - VII 514/28 - RGZ 123, 38).

7

In den 1950er und 1960er Jahren hat das BSG im Anschluss an diese Rechtsprechung des RG die grundlegenden Maßstäbe für die Anwendung und Auslegung des § 164 Abs 2 S 3 SGG herausgearbeitet. § 164 Abs 2 S 3 SGG sei dem § 554 Abs 3 Nr 2 ZPO aF nachgebildet, diene demselben rechtspolitischen Zweck, nämlich der Entlastung des Revisionsgerichts, und sei zu dessen Erreichung streng auszulegen(BSG Urteile vom 30.6.1964 - 3 RK 38/60 -SozR Nr 53 zu § 164 SGG und vom 28.2.1962 - 2 RU 271/58 - BSGE 16, 227 = SozR Nr 48 zu § 164 SGG; Beschluss vom 24.9.1957 - 2 RU 70/54 - SozR Nr 27 zu § 164 SGG). Die Revisionsbegründung soll die Vorarbeiten des Berichterstatters erleichtern; außerdem soll erreicht werden, dass der Prozessbevollmächtigte die Rechtslage genau durchdenkt, bevor er durch seine Unterschrift die Verantwortung für die Revision übernimmt und dass er infolgedessen unter Umständen von der Durchführung aussichtsloser Revisionen absieht (BSG Urteil vom 30.6.1964, aaO; Beschlüsse vom 12.11.1962 - 9 RV 694/62 - SozR Nr 49 zu § 164 SGG und vom 17.1.1958 - 11/9 RV 1126/55 - BSGE 6, 269, 270). Eine die Zulässigkeitsschwelle überwindende Revisionsbegründung muss aus sich heraus erkennen lassen, dass der Prozessbevollmächtigte das angefochtene Urteil nachgeprüft hat (BSG Urteil vom 30.6.1964, aaO und Beschlüsse vom 17.1.1958, aaO und 24.9.1957, aaO).

8

Hieran anknüpfend und unter Bezugnahme auf die Entscheidung des RG vom 27.5.1927 (RGZ 117, 168) hat im Weiteren der anfragende Senat mit Beschluss vom 13.12.1976 (12 RK 46/76 - SozR 1500 § 164 Nr 5 S 5) die an eine ordnungsmäßige Revisionsbegründung zu stellenden Anforderungen dahingehend konkretisiert, dass auch bei materiell-rechtlichen Revisionsangriffen die Revision sorgfältig und nach Umfang und Zweck zweifelsfrei zu begründen sei. Wie im Rahmen von Verfahrensrügen seien auch bei materiell-rechtlichen Revisionsrügen die Tatsachen zu bezeichnen, die den Mangel ergeben. Das Revisionsgericht müsse nämlich anhand der Revisionsbegründung erkennen können, dass der Prozessbevollmächtigte das angefochtene Urteil im Hinblick auf das Rechtsmittel der Revision überprüft hat, um so dem gesetzgeberischen Zweck des § 164 Abs 2 S 3 SGG zu genügen, aussichtslose Revisionen nach Möglichkeit von vornherein zu verhindern. Als Ergebnis der eigenen Nachprüfung habe der Prozessbevollmächtigte dem Revisionsgericht die Gründe darzulegen, die das Urteil als unrichtig erscheinen lassen.

9

Eine weitere Präzisierung erfuhr diese Rechtsprechung schließlich durch den Beschluss des 11. Senats vom 2.1.1979 (11 RA 54/78 - SozR 1500 § 164 Nr 12 S 17),der ausgeführt hat:

        

"die Revision ist deshalb - auch bei materiell-rechtlichen Rügen - sorgfältig zu begründen; sie muss jedenfalls die Gründe aufzeigen, die nach Auffassung des Prozessbevollmächtigten das Urteil im oder in den verbleibenden Streitpunkten unrichtig erscheinen lassen; hierzu bedarf es einer zumindest kurzen Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung (vgl BSG SozR Nr 27 zu § 164 SGG; SozR 1500 § 164 Nr 5 mwH; BVerwG, Buchholz 310. § 139 VwGO Nr 34, BFHE 88, 230; 101, 356, 357; 102, 217, 219). Bei alledem sind stets die Voraussetzungen im Auge zu behalten, unter denen das Gesetz dem Revisionsgericht überhaupt eine Korrektur von unrichtigen Urteilen erlaubt; die Revisionsbegründung muss daher grundsätzlich von tatsächlichem Vorbringen frei sein; sie muss bei materiell-rechtlichen Rügen darlegen, dass und warum eine revisible Rechtsvorschrift auf den festgestellten Sachverhalt nicht oder nicht richtig angewandt worden ist (§ 550 ZPO), dies kann nur mit rechtlichen Erwägungen zu dieser Vorschrift geschehen (vgl RGZ 117, 168, 171; BVerwG aaO)."

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Der Entscheidung des 11. Senats vom 2.1.1979 (aaO) haben sich in der Folge alle Senate des BSG (der anfragende Senat mit Urteil vom 21.9.2005 - B 12 KR 1/05 R - Juris RdNr 11) ausdrücklich angeschlossen. Bereits mit Ende der 1970er Jahre war damit in der Rechtsprechung des BSG abschließend geklärt, welche Anforderungen an die Begründung einer Revision in Bezug auf materiell-rechtliche Rügen über Antrag und Bezeichnung der verletzten Norm hinaus zu stellen sind. Im Weiteren erfuhr die Ausgestaltung des Begründungerfordernisses lediglich neue sprachliche Aus- und Umformungen; eine inhaltliche Abkehr von früheren Entscheidungen - und insbesondere von BSG SozR 1500 § 164 Nr 12 - verband sich hiermit nicht(vgl exemplarisch BSG Urteil vom 8.2.2000 - B 1 KR 18/99 R - SozR 3-1500 § 164 Nr 11 S 19 unter Verweis auf BSG SozR 1500 § 164 Nr 12).

11

2. Diese die Vorschrift des § 164 Abs 2 S 1 und 3 SGG mit Inhalt füllende Rechtsprechung bildet auch die Grundlage der ständigen Spruchpraxis des erkennenden Senats.

12

Wendet sich die Revision gegen die Verletzung einer Vorschrift des materiellen Rechts, ist nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats in der Begründung sorgfältig und nach Umfang und Zweck zweifelsfrei darzulegen, weshalb die Norm in der angefochtenen Entscheidung - bezogen auf den festgestellten Sachverhalt - nicht oder nicht richtig angewandt worden ist. Dies setzt voraus, dass sich die Begründung mit dem vorinstanzlichen Urteil auseinandersetzt. "Auseinandersetzung" bedeutet, auf den Gedankengang des Vordergerichts einzugehen. Dazu muss der Revisionsführer - zumindest kurz - rechtlich auf die Gründe der Vorinstanz eingehen; er muss mithin erkennen lassen, dass er sich mit der angefochtenen Entscheidung befasst hat und inwieweit er bei der Auslegung der angewandten Rechtsvorschriften anderer Auffassung ist (Senatsbeschlüsse vom 10.2.2016 - B 5 RS 1/15 R - BeckRS 2016, 66775 RdNr 6; vom 5.5.2015 - B 5 R 18/14 R - BeckRS 2015, 69242 RdNr 6 und vom 9.1.2014 - B 5 RE 1/14 R - BeckRS 2014, 65978 RdNr 7).

13

3. Will man diese in ständiger Rechtsprechung aufgestellten strengen Anforderungen nicht als bloße Leerformeln begreifen, kann eine Rüge der Verletzung materiellen Rechts diesen logisch und rechtlich nur dann genügen, wenn sie den vom Vordergericht festgestellten entscheidungserheblichen Lebenssachverhalt (im Sinne einer Gesamtheit rechtlich relevanter Tatumstände) vollständig darlegt.

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a) Diese Notwendigkeit folgt aus dem Wesen deduktiver Rechtsanwendung als einem Zusammenfügen von Sätzen über Realitätsausschnitte und normativen Größen (aa) sowie der Bindung des BSG als Revisionsgericht an die vom Vordergericht festgestellten Tatsachen (bb), wird durch den Sinn und Zweck der zur Zulässigkeitsvoraussetzung erhobenen Revisionsbegründung getragen (cc) und entspricht in vergleichbarer Weise den vom BVerfG an die Zulässigkeit einer Richtervorlage nach Art 100 Abs 1 S 1 Alt 2 GG gestellten Anforderungen (dd).

15

aa) Nach § 162 SGG kann die Revision allein darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung revisiblen Rechts beruht. Wann eine Rechtsverletzung vorliegt, ist in § 546 ZPO geregelt, der iVm § 202 SGG im sozialgerichtlichen Verfahren Anwendung findet(Fichte in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl 2014, § 162 RdNr 2). Danach ist das Recht verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist. Gleichbleibender Rahmen bzw logisches Gerüst jeder Rechtsanwendung ist die Figur des "Syllogismus der Rechtsfolgebestimmung"; der juristische Denkprozess beim Anwenden einer Norm auf die Beschreibung eines Lebenssachverhalts vollzieht sich nach seinen logischen Schlussregeln (Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl 1991, S 271 f; Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, 1982, S 395; Schmidt, JuS 2003, 649). In ihm bildet ein vollständiger Rechtssatz den Obersatz, die Unterordnung eines festgestellten und verbal umschriebenen Sachverhalts unter den Tatbestand des Rechtssatzes den Untersatz. Die Schlussfolge wiederum besagt, dass für den beschriebenen Sachverhalt die im Rechtssatz genannte Rechtsfolge gilt. Mit der Verneinung der Zuordnung der Beschreibung eines Sachverhalts zum Tatbestand eines Rechtssatzes ist indes nicht stets die Verneinung der hieraus ableitbaren konkreten Rechtsfolge verbunden; denn diese lässt sich möglicherweise in Anwendung eines anderen Tatbestands begründen. Ebenso bedarf es der Prüfung, ob der beschriebene Sachverhalt nicht unter den Tatbestand einer einschränkenden Norm fällt, welche die einstweilen gewonnene Rechtsfolgenanordnung begrenzt oder ausschließt.

16

Innerhalb dieses logischen Schlussverfahrens können Fehler nicht nur im Obersatz, sondern auch im Untersatz und in der Schlussfolgerung selbst auftreten (Heßler in Zöller, ZPO, 31. Aufl 2016, § 546 RdNr 7; Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand Juli 2016, § 118 FGO RdNr 32 f; für eine Unterteilung nur in Interpretations- und Subsumtionsfehler etwa BSG Urteil vom 24.2.2016 - B 13 R 31/14 R - Juris RdNr 14 - zur Veröffentlichung in SozR 4-1500 § 164 Nr 4 vorgesehen; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 162 RdNr 8 mwN; Ratschow in Gräber, FGO, 8. Aufl 2015, § 118 FGO RdNr 6). Unrichtige Rechtsanwendung besteht danach zunächst darin, dass die abstrakten Tatbestandsmerkmale einer Norm unzutreffend ausgelegt wurden oder eine anzuwendende Norm übersehen wurde (Interpretationsfehler = Fehler im Obersatz). Fehler können aber auch beim Feststellen von Tatsachen unterlaufen (Feststellungsfehler = Fehler im Untersatz). Derartige Fehler sind, soweit sie die Feststellung selbst betreffen, als "ureigene tatrichterliche Aufgabe" (BSG vom 11.3.2016 - B 9 V 3/16 B - Juris RdNr 6) und Teil der Urteilsfindung allein des Berufungsgerichts einer revisionsgerichtlichen Überprüfung zur Gänze entzogen. Beanstandungen des im Einzelfall gefundenen Ergebnisses und Versuche, es mit revisionsrechtlichen Angriffen durch ein eigenes abweichendes zu ersetzen, sind damit grundsätzlich unbeachtlich (BSG vom 8.2.2000 - B 1 KR 13/99 R - Die Beiträge Beilage 2002, 380 ff = Juris RdNr 14 und vom 6.5.2004 - B 4 RA 44/03 R - Juris RdNr 20). Eine Überprüfung kommt insofern allein auf Rüge eines verfahrensfehlerhaften äußeren Zustandekommens einer Tatsachenfeststellung (§ 164 Abs 2 S 3 SGG) in Betracht, wenn also im Einzelfall gegen das Gebot der Vollständigkeit (§ 128 Abs 1 S 1 SGG) bzw gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen wurde (vgl BSG SozR 4-3250 § 69 Nr 21 RdNr 26; BSG SozR Nr 34 und 56 zu § 128 SGG). Schließlich kommt in Betracht, dass festgestellte Tatsachen fehlerhaft einer bestimmten Norm unterstellt oder zu Unrecht einem an sich verwirklichten Normtatbestand nicht unterstellt wurden (Subsumtionsfehler = Fehler im Schlusssatz).

17

Die zur Gewinnung eines Sachverhalts notwendige Abstrahierung von Unwesentlichem kann dabei immer nur in Bezug auf bestimmte Rechtsnormen vorgenommen werden. Umgekehrt können in Betracht zu ziehende Rechtsnormen nur bezüglich eines bestimmten Sachverhalts ausgewählt werden (Schlüter, Das obiter dictum, 1973, S 109). Ober- und Untersatz stehen demnach nicht beziehungslos nebeneinander, sondern greifen wechselwirksam ineinander oder anders gewendet: Für den Obersatz ist wesentlich, was auf den konkreten Fall Bezug hat, und für den konkreten Fall ist nur von Bedeutung, was auf den Obersatz Bezug hat (Engisch, Logische Studien zur Gesetzesanwendung, 3. Aufl 1963, S 14 f). Für die Prüfung der Frage, ob die getroffene Entscheidung (Konklusion) von ihren beiden Prämissen getragen wird, dem Gesetz als Obersatz (normative Prämisse) und dem festgestellten Sachverhalt als Untersatz (tatsächliche Prämisse), bedarf es demnach stets und denknotwendig des Wissens um den entscheidungserheblichen Sachverhalt.

18

bb) Der konkret-individuelle Sachverhalt, für den die Rechtsfolgen ermittelt werden sollen und der den Untersatz des Syllogismus bildet, muss anders als der Obersatz, der regelmäßig in formulierten Sätzen vorgegeben ist, erst in solchen beschrieben, also festgestellt werden (Bydlinski, aaO, S 43 f). Der für das Revisionsverfahren relevante Sachverhalt, die tatsächlichen Feststellungen iS von § 163 SGG, findet seinen Ausdruck in dem Untersatz, den die Tatsachengerichte auf der Grundlage ihrer Ermittlungen unter Heranziehung der Beteiligten(§§ 103, 128 Abs 2 SGG)als Ausdruck ihrer begründeten, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen freien Überzeugung (§ 128 Abs 1 S 1, 2 SGG) im Urteil zum Ausdruck gebracht haben (§§ 128 Abs 1 S 2, 136 Abs 1 Nr 6 SGG). Die identische Tatsachengrundlage des Berufungs- wie des Revisionsurteils ist damit rechtlich abschließend und unvertretbar der "Überzeugung" des Tatsachengerichts zugewiesen. Das BSG als Revisionsgericht ist demgegenüber grundsätzlich weder befugt noch verpflichtet, eigene Tatsachen zu ermitteln; es prüft nur, ob im angefochtenen Urteil das revisible Recht richtig angewandt worden ist oder nicht. Dieser Eigenart des Revisionsgerichts als Rechtskontrollinstanz trägt § 163 SGG Rechnung(vgl Heinz in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 163 RdNr 1 und 4)und berücksichtigt dabei zugleich, dass das individuelle geistige Internum der "Überzeugung" (§ 128 Abs 1 S 1 SGG) externer Kontrolle schon faktisch weitgehend entzogen ist. Nach § 163 SGG ist das BSG an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, es sei denn, dass in Bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind. Diese gesetzlich vorgegebene Bindung legt für das BSG die tatsächliche Grundlage fest, auf der die Revisionsentscheidung allein getroffen werden darf. Es darf und kann seiner rechtlichen Beurteilung grundsätzlich nur den vom Vordergericht festgestellten Sachverhalt zugrunde legen (vgl Neumann in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl 2014, § 137 RdNr 142; zur ausnahmsweise möglichen Tatsachenfeststellung durch das BSG vgl Behn in Peters/Sautter/Wolff, SGG, Stand Juni 2015, § 163 RdNr 38 ff mit RsprNachw). Die revisionsrechtliche Prüfungsgrundlage muss demnach identisch mit dem Sachverhalt sein, der dem Urteil des Vordergerichts zugrunde liegt und von diesem festgestellt worden ist. Nur unter dieser Voraussetzung kann das Revisionsgericht erkennen und darüber befinden, ob dem Tatsachengericht bei seiner Entscheidung Fehler in der Rechtsanwendung unterlaufen sind oder nicht.

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cc) Die Pflicht zur Revisionsbegründung dient - wie dargelegt - dem Zweck, das Revisionsgericht zu entlasten, indem sie zum einen die Vorbereitung bzw Vorarbeiten des Berichterstatters erleichtert; zum anderen soll erreicht werden, dass der Rechtsanwalt die Rechtslage genau durchdenkt, bevor er durch seine Unterschrift die Verantwortung für die Revision übernimmt, und dass er infolgedessen von der Durchführung aussichtsloser Revisionen absieht (Senatsbeschluss vom 16.7.2014 - B 5 RS 5/13 R - BeckRS 2014, 71436 RdNr 9; Berchtold in Berchtold/Richter, Prozesse in Sozialsachen, 2. Aufl 2016, § 8 RdNr 206 f; Bley, Festschrift 25 Jahre BSG, 1979, S 817, 846). Vor allem die zweite Zielrichtung des Revisionsbegründungszwangs wäre unvollkommen und weniger effektiv, wenn in der Revisionsbegründung nicht die im Hinblick auf die gerügte Rechtsverletzung gerade vom Vordergericht und im angegriffenen Urteil (exemplarisch BSG SozR 1500 § 164 Nr 28 S 44 ff; BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 12 S 65 und vom 27.2.2008 - B 12 P 1/07 R - Juris RdNr 16) festgestellten, entscheidungserheblichen Tatsachen zutreffend mitgeteilt werden müssten. Denn erst so wird zum einen sichergestellt, dass der Revisionsführer die Entscheidungserheblichkeit seiner Ausführungen im Blick behält (vgl BSG Urteil vom 24.2.2016 - Juris RdNr 17 - zur Veröffentlichung in SozR 4-1500 § 164 Nr 4 vorgesehen), und zum anderen vermieden, dass er seine materiell-rechtlichen Beanstandungen nicht an dem vom Vordergericht festgestellten Sachverhalt darstellt, sondern einen konstruierten Sachverhalt zur Grundlage seines - so möglicherweise leichter "begründbaren" - Vorbringens macht; eine solche, auf einen "erfundenen" Sachverhalt gestützte - und damit keine sachliche Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil zeigende - Revision wäre indes aussichtslos und als unzulässig zu verwerfen (vgl auch BVerfG Beschluss vom 22.2.1984 - 1 BvL 21/83 - BVerfGE 66, 226 Leitsatz; aA BSG Urteil vom 24.2.2016, aaO, Juris RdNr 19 aE). Das Erfordernis, die verletzte Rechtsnorm zu bezeichnen, besagt daher nach der Rechtsprechung aller obersten Gerichtshöfe des Bundes, dass der Revisionskläger den Streitstoff in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht durcharbeiten, sichten und gliedern muss (BVerwG vom 2.4.1982 - 5 C 3/81 - Buchholz 310 § 139 VwGO Nr 61 - Juris RdNr 3).

20

dd) In vergleichbarer Weise fordert auch das BVerfG für die Zulässigkeit einer Richtervorlage nach Art 100 Abs 1 S 1 Alt 2 GG die Darlegung des für die rechtliche Beurteilung wesentlichen Sachverhalts(vgl BVerfG Beschlüsse vom 15.2.2016 - 1 BvL 8/12 - Juris RdNr 18 und vom 12.9.2012 - 1 BvL 11/12 - Juris RdNr 6). Nach Art 100 Abs 1 S 1 Alt 2 GG hat ein Gericht das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des BVerfG einzuholen, wenn es ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig hält. Gemäß § 80 Abs 2 S 1 BVerfGG muss das vorlegende Gericht darlegen, inwiefern seine Entscheidung von der Gültigkeit der Rechtsvorschrift abhängt und mit welcher übergeordneten Rechtsnorm die Vorschrift unvereinbar ist. Dadurch soll das vorlegende Gericht ua gezwungen werden, die mit dem Vorlagegegenstand verbundenen Rechtsfragen, insbesondere die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage und die Vereinbarkeit der vorzulegenden Rechtsnorm mit höherrangigem Recht, sorgfältig zu durchdenken. Unnötige Vorlagen sollen so vermieden, die Arbeit des BVerfG dementsprechend erleichtert und entlastet werden (Müller-Terpitz in Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, Stand Februar 2016, § 80 RdNr 238 mit RsprNachw). Um dem Entlastungszweck gerecht werden zu können, muss nach der Rechtsprechung des BVerfG der Vorlagebeschluss aus sich heraus, dh ohne Beiziehung der Akten, verständlich sein (BVerfG Beschlüsse vom 6.9.2012 - 1 BvL 13/12 - NVwZ 2013, 61, 62 und vom 25.6.1974 - 1 BvL 13/69, 1 BvL 23/69, 1 BvL 25/69 - BVerfGE 37, 328, 333 und vom 3.11.1987 - 1 BvL 28/87 - BVerfGE 77, 259, 261; Dederer in Maunz/Dürig, GG, Stand Juli 2016, Art 100 RdNr 191 mit RsprNachw). Das vorlegende Gericht hat deshalb in den Gründen seines Beschlusses den Sachverhalt darzustellen, soweit er für die rechtliche Beurteilung wesentlich ist, und die rechtlichen Erwägungen darzulegen, nach denen es für die von ihm zu treffende Entscheidung auf die Gültigkeit der zur Prüfung gestellten gesetzlichen Vorschrift ankommt (BVerfG Beschluss vom 29.11.1983 - 2 BvL 18/82 - BVerfGE 65, 308, 314 f und Beschluss vom 2.12.2013 - 1 BvL 5/12 - Juris RdNr 6). Das BVerfG hat wiederholt darauf hingewiesen, dass es nicht der Funktion eines Normenkontrollverfahrens entspricht und nicht seine Aufgabe sein kann, Rechtsfragen zu beantworten, die erkennbar für die Entscheidung der eigentlichen Streitfrage bedeutungslos sind (BVerfG Beschluss vom 22.11.1983 - 2 BvL 5 bis 22/81 - BVerfGE 65, 265, 277); daher darf dem Vorlagebeschluss auch kein konstruierter Sachverhalt zugrunde liegen (BVerfG Beschluss vom 22.2.1984 - BVerfGE 66, 226 Leitsatz). Ohne zutreffende Sachverhaltsdarstellung kann nicht davon ausgegangen werden, dass das vorlegende Gericht die Rechtslage umfassend gewürdigt, insbesondere die rechtlichen Voraussetzungen für die Vorlage zutreffend festgestellt hat (BVerfG Beschluss vom 29.11.1983 - 2 BvL 18/82 - BVerfGE 65, 308, 315). Genügt eine Vorlage diesen Anforderungen an die Sachdarstellung nicht, ist sie als unzulässig zu verwerfen (vgl BVerfG Beschluss vom 16.11.1992 - 1 BvL 31/88, 1 BvL 10/92 und 1 BvL 11/92 - BVerfGE 87, 341, 346 f).

21

b) Welche inhaltlichen Anforderungen an eine Revisionsbegründung in Bezug auf die Darstellung des entscheidungserheblichen Lebenssachverhaltes im Rahmen der Rüge der Verletzung materiellen Rechts konkret zu stellen sind, entzieht sich einer verallgemeinerungsfähigen Beantwortung. Aufwand und Intensität des Eingehens auf die tatrichterlichen Feststellungen richten sich nach deren eigener Qualität und sind naturgemäß am geringsten, wenn das Tatsachengericht in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich kundgetan hat, wovon es aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens überzeugt ist und was es demgemäß festgestellt hat. Die Aufgabe des Revisionsführers wächst in dem Umfang, in dem das LSG von dieser Idealform abweicht und Feststellungen auf den Gesamttext seiner Entscheidung verteilt und/oder nur mittelbar in der Weise trifft, dass allenfalls aus seiner weiteren Rechtsanwendung deutlich wird, von welchem Sachverhalt es überzeugt war. Insoweit muss die Revisionsbegründung als Ergebnis eigener geistiger Arbeit (BSG vom 25.7.1968 - 8 RV 361/66 - SozEntsch BSG 1/4 § 164 Nr 17 - Juris RdNr 15) - und nicht von "copy and paste" - darlegen, in welcher Weise sie dem angefochtenen Urteil den mitgeteilten Sachverhalt als dessen geistigen Gehalt entnimmt.

22

aa) Zutreffend geht der anfragende Senat (Anfragebeschluss vom 27.4.2016 - Juris RdNr 20) daher davon aus, dass eine formgerechte Revisionsbegründung nicht stets eine geschlossene Darstellung des Streitstoffes und der angegriffenen Entscheidung als Ganzes erfordert. Auch bedarf sie nicht zwingend der wörtlichen Wiedergabe der vom Vordergericht festgestellten, rechtlich relevanten Tatumstände. Entsprechendes wird bisweilen auch gar nicht möglich sein, da bindende Feststellungen in der Entscheidung des Tatsachengerichts nicht ausdrücklich getroffen sein müssen; sie können sich auch mittelbar aus den Ausführungen in den Entscheidungsgründen ergeben (BFH Urteil vom 22.1.2013 - IX R 18/12 - HFR 2013, 783, 785; vgl auch BSG Urteil vom 10.8.2000 - B 11 AL 83/99 R - Juris RdNr 21). Ebenso vertritt der anfragende Senat (Anfragebeschluss vom 27.4.2016 - Juris RdNr 20) die zutreffende Rechtsauffassung, dass das bloß punktuelle Ansprechen einzelner Sachverhaltselemente und Feststellungen des Vordergerichts ebenso wenig wie deren Behandlung mit eigenen tatsächlichen und rechtlichen Wertungen bzw deren Vermischung mit nicht berücksichtigungsfähigem neuen Tatsachenvorbringen ausreichend ist (vgl Senatsbeschluss vom 22.7.2015 - B 5 R 16/15 R - BeckRS 2015, 70865 RdNr 9).

23

bb) Soweit der anfragende Senat unter Buchst a) seines Tenors indes ausführt, nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats sei für eine formgerechte Revisionsbegründung "die ausdrückliche Angabe erforderlich, dass es sich bei den vom Revisionsführer angeführten tatsächlichen Umständen um den Sachverhalt handelt, den die Vorinstanz im angefochtenen Urteil festgestellt hat und an welcher genauen Stelle er dem Berufungsurteil die von ihm genannten Tatumstände entnehmen möchte", geht er von unzutreffenden Annahmen aus.

24

Die Revisionsbegründung muss nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats allein erkennen lassen, dass der geschilderte Sachverhalt ganz oder teilweise mit demjenigen des angegriffenen Urteils identisch ist (Senatsurteil vom 14.12.2011 - B 5 R 2/11 R - Juris RdNr 17), bzw keine Zweifel lassen, dass sie die Anwendung revisiblen Rechts allein und gerade hinsichtlich des entscheidungserheblichen, vom Tatsachengericht auf der Grundlage der diesem vorbehaltenen Überzeugung festgestellten Sachverhalts durch das Revisionsgericht überprüft wissen will (vgl Senatsbeschluss vom 16.3.2016 - B 5 RE 3/15 R - BeckRS 2016, 67705 RdNr 9). Ob dies der Fall ist, ergibt sich aus der revisionsgerichtlichen Auslegung des Revisionsvorbringens im Einzelfall (Senatsbeschluss vom 16.3.2016, aaO); dabei ist die "Revisionsbegründung als Willenserklärung" der Auslegung grundsätzlich zugängig (so schon RG Urteil vom 7.4.1933 - I 303/33 - RGSt 67, 197, 198). Diese Rechtsauffassung steht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des anfragenden Senats. Nach dieser kann von einer notwendigen Durchdringung der Sach- und Rechtslage (erst dann) nicht mehr ausgegangen werden, wenn anhand der Revisionsbegründung nicht erkennbar wird, dass der Revisionsführer auch die - ohne zulässige Verfahrensrügen für das BSG bindenden (§ 163 SGG) - wesentlichen tatsächlichen Feststellungen des angegriffenen Urteils erfasst, diese zutreffend mitgeteilt und seinen rechtlichen Erwägungen zugrunde gelegt hat (Anfragebeschluss vom 27.4.2016 - Juris RdNr 18, 26).

25

Die Rechtsprechung des erkennenden Senats fordert hingegen nicht - was der anfragende Senat verkennt - die "ausdrückliche Angabe", dass es sich bei den vom Revisionsführer angeführten tatsächlichen Umständen um den Sachverhalt handelt, den die Vorinstanz im angefochtenen Urteil festgestellt hat, sondern erachtet hierauf bezogene Hinweise als ausreichend (vgl etwa Senatsbeschlüsse vom 22.7.2015 - BeckRS 2015, 70865 RdNr 9 und vom 13.2.2013 - B 5 R 28/12 R - BeckRS 2013, 66976 RdNr 9). Angaben, an welcher genauen Stelle dem angegriffenen Urteil bestimmte Tatumstände zu entnehmen sind, bedarf es regelmäßig nur dann, wenn nicht ohne Weiteres erkennbar ist, welchen Lebenssachverhalt sich das Tatsachengericht als für seine Entscheidung maßgeblich vorgestellt hat und dieser erst ermittelt werden muss, weil die Urteilsgründe einer entsprechenden Interpretation bedürfen (vgl Berchtold, aaO, § 8 RdNr 92, 257). Der erkennende Senat hat die vom anfragenden Senat unter Buchst a) des Tenors zitierte Formulierung im Kontext von Fällen gebraucht, in denen der festgestellte Sachverhalt lediglich bruchstückhaft oder in Ansätzen wiedergegeben wurde (vgl Senatsbeschlüsse vom 13.2.2013, aaO, vom 16.4.2013 - B 5 R 98/11 R - BeckRS 2013, 68747 RdNr 11 aE, vom 24.9.2013 - B 5 R 66/11 R - BeckRS 2013, 73558 RdNr 8, vom 16.7.2014 - BeckRS 2014, 71436 RdNr 12, vom 25.9.2014 - B 5 RE 14/14 R - BeckRS 2014, 73306 RdNr 8, vom 25.9.2014 - B 5 RE 15/14 R - BeckRS 2014, 73307 RdNr 9 und vom 5.11.2014 - B 5 RE 5/14 R - BeckRS 2014, 74155 RdNr 8; Senatsurteil vom 23.7.2015 - B 5 R 32/14 R - Juris RdNr 7). Es handelt sich hierbei um auf die Würdigung des Einzelfalles bezogene Aussagen, die nicht als unverzichtbares Element eines abstrakten Rechtssatzes, sondern nur als "Indizien" im Rahmen der Subsumtion unter diesen Verwendung finden. Eine Divergenz und damit eine Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen käme lediglich dann in Betracht, wenn den Entscheidungen des erkennenden Senats ein fallübergreifender Rechtssatz des vom anfragenden Senats zitierten Inhalts entnommen werden könnte (vgl BSG Urteil vom 31.10.2012 - B 13 R 65/11 R - SozR 4-1500 § 163 Nr 6 RdNr 30 f; Roos in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 41 RdNr 11). So liegen die Dinge hier jedoch nicht.

26

c) Diese Rechtsprechung des erkennenden Senats ist verfassungsrechtlich unbedenklich. Sie macht die Revisionsbegründung nicht von unerfüllbaren oder unzumutbaren Voraussetzungen abhängig.

27

Zu Recht weist der anfragende Senat (Anfragebeschluss vom 27.4.2016 - Juris RdNr 25) darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des BVerfG der Zugang zum jeweils vorgesehenen gerichtlichen Instanzenzug mit Rücksicht auf Art 19 Abs 4 S 1 GG nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden darf. Dies müssen die Gerichte auch bei der Auslegung prozessualer Normen beachten. Sie dürfen ein von der jeweiligen Rechtsordnung eröffnetes Rechtsmittel nicht durch eine überstrenge Handhabung verfahrensrechtlicher Vorschriften ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer leerlaufen lassen (BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 27.7.2016 - 2 BvR 2040/15 - Juris RdNr 13). Formerfordernisse dürfen nicht weiter gehen, als es durch ihren Zweck geboten ist, da von ihnen die Gewährung des Rechtsschutzes abhängt (BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 19.11.2015 - 2 BvR 2577/14 - Juris RdNr 6). Dies gilt auch für die Darlegungsanforderungen nach § 164 Abs 2 S 3 SGG, die nicht derart erschwert werden dürfen, dass sie von einem durchschnittlichen, nicht auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet spezialisierten Rechtsanwalt mit zumutbarem Aufwand nicht mehr erfüllt werden können.

28

Indes sind die vom erkennenden Senat aufgestellten Erfordernisse an eine materiell-rechtliche Revisionsrüge verfassungsrechtlich unbeanstandet geblieben (Senatsbeschluss vom 18.2.1980 - 5 RKn 1/78 - und nachgehend BVerfG Beschluss vom 7.7.1980 - 2 BvR 310/80 - SozR 1500 § 164 Nr 17 S 29 f). Nach Auffassung des BVerfG steht es in Übereinstimmung mit Verfassungsrecht, wenn das BSG im Einklang mit seiner eigenen ständigen Rechtsprechung und mit der Rechtsprechung der anderen obersten Gerichtshöfe des Bundes die Begründung der Revision nur dann als formgerecht erachtet, wenn sie die Prüfung und Durcharbeitung des Prozessstoffes durch den zugelassenen Prozessbevollmächtigten erkennen lässt. Diese an den Zwecken des Revisionsverfahrens ausgerichtete Auslegung der einschlägigen prozessrechtlichen Vorschriften verletze weder Art 3 Abs 1 GG noch Art 103 Abs 1 GG; letztere Bestimmung schließe es nicht aus, dass ein Gericht das sachliche Vorbringen eines Beteiligten aus prozessrechtlichen Gründen unberücksichtigt lässt. Auch im Hinblick auf die durch Art 19 Abs 4 S 1 GG gewährleistete Rechtsweggarantie bestehen nach Ansicht des BVerfG keine grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Beschreitung des Rechtswegs könne in den Prozessordnungen von der Erfüllung bestimmter formaler Voraussetzungen abhängig gemacht werden; durch die vom BSG für notwendig erachteten Anforderungen an die Begründung der Revision werde der Zugang zum Revisionsgericht nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise behindert.

29

Insbesondere kann das - in konkreter Umsetzung der ständigen Rechtsprechung des BSG - vom erkennenden Senat aufgestellte Erfordernis der Darstellung des entscheidungserheblichen Lebenssachverhalts im Rahmen der Rüge der Verletzung materiellen Rechts mit zumutbaren Aufwand nicht allein von einem spezialisierten Rechtsanwalt erfüllt werden. Im Gegenteil ist die Wiedergabe der rechtlich relevanten Tatumstände idealiter das mit dem geringsten Aufwand verbundene Element der Revisionsbegründung. Es bedarf im Wesentlichen nur der allgemeinen Erkenntnis, dass Rechtsanwendung in seiner grundlegendsten Form darin besteht, dass ein Lebenstatbestand unter die maßgebende Rechtsnorm subsumiert wird, so dass sich eine bestimmte Rechtsfolge ergibt (vgl Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 1. Halbband, 15. Aufl 1959, S 311), sowie des Wissens, dass ein Revisionsgericht grundsätzlich an die tatsächlichen Feststellungen des Vordergerichts gebunden ist. Von einer Überforderung eines durchschnittlichen Rechtsanwalts kann bei den Darlegungsanforderungen des skizzierten Inhalts keine Rede sein.

30

d) Entgegen dem anfragenden Senat (Anfragebeschluss vom 27.4.2016 - Juris RdNr 26 f) überträgt der erkennende Senat durch Anwendung des unter Buchst b) des Tenors zitierten Rechtssatzes nicht die in der Rechtsprechung des BSG entwickelten strengen Anforderungen an die Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde bzw an den Inhalt einer Revisionsbegründung im Falle von Verfahrensrügen auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts.

31

aa) Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats sind im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde die Revisionszulassungsgründe (§ 160a Abs 2 S 3 iVm § 160 Abs 2 Nr 1 bis Nr 3 SGG) substantiiert und schlüssig dazulegen bzw zu bezeichnen (Senatsbeschlüsse vom 7.6.2016 - B 5 AL 1/16 B - BeckRS 2016, 71174 RdNr 8 f und vom 25.3.2014 - B 5 R 416/13 B - BeckRS 2014, 68316 RdNr 10, 13, 17; vgl auch Karmanski in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 160a RdNr 43). Durch die hohen Anforderungen an die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde soll das Beschwerdegericht der Mühe enthoben sein, selbst die Akten auf mögliche Zulassungsgründe zu durchsuchen; die Beschwerdebegründung muss es in die Lage versetzen, sich ohne Studium der Gerichts- und Verwaltungsakten allein aufgrund des klägerischen Vortrags ein Bild über den Streitgegenstand sowie seine tatsächlichen und rechtlichen Streitpunkte zu machen (Senatsbeschluss vom 7.6.2016, aaO RdNr 11; vgl auch Karmanski, aaO, § 160a RdNr 44).

32

Soweit im Rahmen der Revision die tatsächlichen Feststellungen des Vordergerichts angefochten werden (vgl § 163 SGG), sind nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats in Bezug auf diese Feststellungen zulässige Revisionsgründe vorzubringen und vollständig und schlüssig zu begründen. Dies erfordert zur Bezeichnung der Tatsachen, die den (behaupteten) Mangel ergeben, alle relevanten Verfahrensvorgänge so genau und widerspruchsfrei zu bezeichnen, dass das BSG allein aufgrund der Revisionsbegründung in die Lage versetzt wird, darüber zu entscheiden, ob das Urteil des LSG auf dem gerügten Verfahrensmangel beruhen kann, dh das Vordergericht ohne den gerügten Verfahrensmangel ggf anders entschieden hätte (Senatsurteil vom 11.6.2003 - B 5 RJ 52/02 R - Juris RdNr 13). Diese gesteigerten Anforderungen folgen aus dem Wortlaut des § 164 Abs 2 S 3 SGG und dienen zusammen mit der sich aus § 202 SGG iVm § 557 Abs 3 S 2 ZPO ergebenden Rügepflicht dem Zweck der Entlastung des Revisionsgerichts, welches andernfalls gehalten wäre, das gesamte vorhergehende Verfahren auf das Vorhandensein von Mängeln zu überprüfen(BSG Urteil vom 23.9.1955 - 3 RJ 26/55 - BSGE 1, 227, 231; Behn in Peters/Sautter/Wolff, aaO, § 164 RdNr 224).

33

bb) Werden materiell-rechtliche Rügen erhoben, stellt das Gesetz - worauf der anfragende Senat zu Recht hinweist (Anfragebeschluss vom 27.4.2016 - Juris RdNr 27) - keine so hohen Anforderungen an die Begründung der Revision (vgl Senatsurteil vom 11.6.2003 - B 5 RJ 52/02 R - Juris RdNr 14). Das ergibt sich bereits daraus, dass insofern allein der Rückgriff auf die im Urteil ohnehin getroffenen Feststellungen möglich und zulässig ist (§ 163 SGG), während dies bei den tatsächlichen Grundlagen von Verfahrensmängeln, die erst zusammengetragen werden müssen, gerade nicht in Betracht kommt. Dennoch entspricht es der ständigen Rechtsprechung bereits des RG und des BSG, dass auch die Begründungserfordernisse bei materiell-rechtlichen Rügen ungeachtet der erst im Rahmen der Begründetheit zu klärenden Frage, ob die Revisionsbegründung den Revisionsangriff auch trägt (BSG Urteil vom 9.6.1982 - 6 RKa 16/80 - USK 82242 - Juris RdNr 8), ua der Entlastung des Revisionsgerichts und seines Berichterstatters dienen (exemplarisch RGZ 87, 5, 6; BSG Urteil vom 20.1.2005 - B 3 KR 22/03 R - USK 2005-95 - Juris RdNr 16 und Beschluss vom 28.1.2014 - B 13 R 31/13 R - Juris RdNr 8 mwN). Es bedarf daher als Teil einer sorgfältigen sowie nach Umfang und Zweck zweifelsfreien Begründung zur Individualisierung des Lebenssachverhalts, aus dem sich die behauptete Rechtsverletzung herleitet (BSG Urteil vom 23.11.2005 - B 12 RA 10/04 R - Juris RdNr 11), in der Begründungsschrift selbst aus sich heraus erkennbar ua der Darlegung des im angegriffenen Urteil festgestellten Sachverhalts (BSG Beschluss vom 17.1.1958 - BSGE 6, 269, 270; BSG Urteil vom 30.6.1964 - SozR Nr 53 zu § 164 SGG = Juris RdNr 8; BSG Urteil vom 13.10.1983 - 11 RAz 3/82 - Juris RdNr 11; BSG Urteil vom 28.1.1981 - 9 RV 1/80 - Juris RdNr 15; BSG Urteil vom 9.6.1982 - 6 RKa 16/80 - USK 82242 = Juris RdNr 8; BSG Beschluss vom 24.11.1983 - 3 RK 7/83 - Juris RdNr 8; BSG SozR 1500 § 164 Nr 25 = Juris RdNr 7; BSG SozR 1500 § 164 Nr 29 = Juris RdNr 9 f; BSG Beschluss vom 21.7.1988 - 3 RK 17/87 - Juris RdNr 6; BSG Beschluss vom 18.6.1990 - 9a RVs 2/90 - Juris RdNr 3; BSG Beschluss vom 30.1.1991 - 6 RKa 17/89 - Juris RdNr 7; BSG Beschluss vom 10.4.1991 - 6 RKa 7/90 - Juris RdNr 6; BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 12 = Juris RdNr 20; BSG Urteil vom 29.8.1996 - 4 RA 105/95 - Juris RdNr 12; BSG SozR 1500 § 164 Nr 12 = Juris RdNr 7; BSG Beschluss vom 27.2.2008 - B 12 P 1/07 R - Juris RdNr 16, stRspr; ebenso BFH Urteil vom 28.4.1987 - IX R 9/83 - BFH/NV 1988, 151 = Juris RdNr 9; BFH Beschluss vom 11.12.1986 - V R 135/85 - BFH/NV 1988, 92 = Juris RdNr 21 f; BFH Urteil vom 5.10.1999 - VII R 25/98 - BFH/NV 2000, 235 = Juris RdNr 14; BVerwG Beschluss vom 2.4.1982 - 5 C 3/81 - Buchholz 310 § 139 VwGO Nr 61 = Juris RdNr 3; BVerwG Beschluss vom 6.12.1984 - 9 C 41/84 - NJW 1985, 1235 = Juris RdNr 3, stRspr; BAG Urteil vom 29.10.1997 - 5 AZR 624/96 - BAGE 87, 41 = Juris RdNr 14, stRspr). Nur so kann der Revisionsführer dem Revisionsgericht "erklären", warum er nach Durcharbeitung des Prozessstoffs und der gebotenen Selbstüberprüfung seines Vorbringens in der Vorinstanz mit der angefochtenen Entscheidung nicht einverstanden ist (BFH Beschluss vom 17.7.1985 - II R 122/83 - BFH/NV 1986, 164 = Juris RdNr 9).

34

Wie ausgeführt hat dies mit der Begründetheitsprüfung noch nichts zu tun. Vielmehr entspricht es auch der Rechtsprechung des Senats, dass es im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung in einem Revisionsverfahren nicht darauf ankommt, ob die materielle Rüge den Revisionsangriff im Ergebnis trägt bzw die Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil aus der Sicht des Revisionsgerichts überzeugend oder gar schlüssig ist; dies ist allein eine Frage der Begründetheit der Revision (Senatsurteil vom 25.6.1975 - 5 RKn 41/74 - SozR 2600 § 54 Nr 1 = Juris RdNr 16; vgl auch BSG Beschluss vom 30.1.1991 - 6 RKa 17/89 - Juris RdNr 7; BVerwG Beschluss vom 17.12.1990 - 5 CB 42/90 - Juris RdNr 2; BGH Urteil vom 24.11.1980 - VIII ZR 208/79 - NJW 1981, 1453; Hauck in Zeihe/Hauck, SGG, Stand April 2016, § 164 RdNr 27d; Neumann in Sodan/Ziekow, aaO, § 139 RdNr 95, 102; Krüger in MüKo zur ZPO, 5. Aufl 2016, § 551 RdNr 20 aE). Die Pflicht zur Begründung der Revision zielt nicht darauf ab, eine qualifizierte Erfolgsprognose über das Rechtsmittel in der Hauptsache zu einem Bestandteil der Sachurteilsvoraussetzungen desselben zu erheben und die Begründetheitsprüfung gleichsam in die Zulässigkeitsprüfung vorzuverlagern (BSG Urteile vom 24.2.2016 - Juris RdNr 13 - zur Veröffentlichung in SozR 4-1500 § 164 Nr 4 vorgesehen und vom 3.9.2014 - B 10 ÜG 12/13 R - SozR 4-1720 § 198 Nr 4 RdNr 12).

35

Den Beschlüssen des Senats vom 16.7.2014 (BeckRS 2014, 71436 RdNr 12), vom 25.9.2014 (B 5 RE 14/14 R - BeckRS 2014, 73306 RdNr 8 und B 5 RE 15/14 R - BeckRS 2014, 73307 RdNr 9), vom 5.11.2014 (BeckRS 2014, 74155 RdNr 8) und dem Urteil vom 23.7.2015 (B 5 R 32/14 R - Juris RdNr 7) kann nichts anderes entnommen werden. Der dortige Hinweis, dass die Darstellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts im Rahmen der Rüge der Verletzung materiellen Rechts es ermöglichen muss, das BSG in die Lage zu versetzen, "ohne Studium der Gerichts- und Verwaltungsakten allein anhand der Revisionsbegründung zu prüfen, ob die im Streit stehenden revisiblen Rechtsvorschriften auf den festgestellten Sachverhalt nicht oder nicht richtig angewendet worden sind", vermittelt nur vordergründig und bei isolierter Orientierung am Wortlaut den unzutreffenden Eindruck einer vorgezogenen Begründetheitsprüfung. Es gehört zu den Grundsätzen der allgemeinen Hermeneutik, dass in sich geschlossene Ausführungen als Einheit zu begreifen sind; dh der Inhalt eines einzelnen Satzes kann nicht losgelöst vom Textganzen, sondern nur aus diesem heraus bestimmt werden (vgl Coing, Gesammelte Aufsätze zu Rechtsgeschichte, Rechtsphilosophie und Zivilrecht, Bd 1, 1982, S 208, 217). Der maßgebende und entscheidungstragende Rechtssatz, der die Anforderungen des § 164 Abs 2 S 3 SGG präzisiert, findet sich in den vorbezeichneten Entscheidungen jeweils vorangehend(Senatsbeschlüsse vom 16.7.2014, aaO RdNr 10, vom 25.9.2014 - B 5 RE 14/14 R - aaO RdNr 6, vom 25.9.2014 - B 5 RE 15/14 R - aaO RdNr 6 und vom 5.11.2014, aaO RdNr 7; Senatsurteil vom 23.7.2015, aaO RdNr 5). Er lautet:

        

"Um anhand der Revisionsbegründung nachvollziehen zu können, ob der Revisionskläger bzw sein Prozessvertreter das angefochtene Urteil im Hinblick auf das Rechtsmittel überprüft und die Rechtslage genau durchdacht hat, muss die Revision daher sowohl bei prozessualen als auch bei materiell-rechtlichen Rügen sorgfältig begründet werden".

36

Dieser öffnende Obersatz - zu dem alle weiteren Sätze in Beziehung zu setzen sind - macht deutlich, dass nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats die materiell-rechtliche Rüge im Revisionsverfahren nicht den gesteigerten Anforderungen einer Verfahrensrüge oder Nichtzulassungsbeschwerde genügen und die Revisionsentscheidung im Einzelnen auch nicht gleichsam vorwegnehmen muss; es ist ausreichend, dass die Begründung rechtliche Erwägungen anstellt, die das angegriffene Urteil als unrichtig, somit eine Rechtsnorm als verletzt erscheinen lassen können. Nach alldem mag allein eine zu kurz greifende, isolierte Betrachtung für die vom anfragenden Senat gezogene Schlussfolgerung sprechen; die gebotene Kontextualisierung des streitbefangenen Rechtssatzes trägt eine solche Interpretation indes nicht.

37

Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass dieser vom anfragenden Senat unter Buchst b) des Tenors zitierte Rechtssatz auch nicht der die bezeichneten Entscheidungen allein tragende rechtliche Gesichtspunkt war. Tragend sind diejenigen Rechtsauffassungen, die nicht hinweggedacht werden können, ohne dass das konkrete Entscheidungsergebnis nach dem in der Entscheidung zum Ausdruck gekommenen Gedankengang entfiele. Stützt sich ein konkretes Ergebnis der Entscheidung auf mehrere selbständig tragfähige Begründungen und will der anfragende Senat nur von einer dieser Begründungen abweichen, liegt keine die Anrufung des Großen Senats des BSG begründende Divergenz vor (vgl BFH Beschluss vom 22.7.1977 - III B 34/74 - BFHE 123, 112, 116; Behn in Peters/Sautter/Wolff, aaO, § 41 RdNr 29; vgl auch BVerfG Beschluss vom 3.7.2012 - 2 PBvU 1/11 - BVerfGE 132, 1, 4 f). So liegen die Dinge hier. Der erkennende Senat hat die Notwendigkeit der Darstellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts in den vorbezeichneten Entscheidungen durchgehend vor allem damit begründet, dass eine Revision auch bei materiell-rechtlichen Rügen sorgfältig zu begründen ist und ohne Angaben zum festgestellten Sachverhalt eine Überprüfung des vorgenommenen Subsumtionsschlusses von vornherein ausgeschlossen ist (Senatsbeschlüsse vom 16.7.2014 - BeckRS 2014, 71436 RdNr 10 f; vom 25.9.2014 - B 5 RE 14/14 R - BeckRS 2014, 73306 RdNr 6 f, vom 25.9.2014 - B 5 RE 15/14 R - BeckRS 2014, 73307 RdNr 6, 9 und vom 5.11.2014 - BeckRS 2014, 74155 RdNr 7 f, Senatsurteil vom 23.7.2015 - B 5 R 32/14 R - Juris RdNr 5 f); zudem wurde in diesen Entscheidungen das Rechtsmittel auch deshalb als unzulässig verworfen, weil die jeweilige Revisionsbegründung auf die Gründe des angefochtenen Urteils nicht in der gebotenen Weise eingegangen ist (Senatsbeschlüsse vom 16.7.2014, aaO RdNr 13 f, vom 25.9.2014 - B 5 RE 14/14 R, aaO RdNr 9 ff, vom 25.9.2014 - B 5 RE 15/14 R, aaO RdNr 10 ff und vom 5.11.2014, aaO RdNr 9 f, Senatsurteil vom 23.7.2015, aaO RdNr 8 f). Die vorerwähnten Entscheidungen des Senats wären mithin nicht anders ausgefallen, wenn die zweite vom anfragenden Senat aufgeworfene Rechtsfrage in den Gründen dieser Entscheidungen unerwähnt geblieben wäre. Ihre Niederlegung trägt diese nicht derart, dass sie jeweils ein unabdingbares Glied in der Gedankenkette des Senats darstellten (vgl BSG Urteil vom 24.4.2014 - B 13 R 23/13 R - Juris RdNr 23).

38

Worin nach alldem der zusätzliche rechtliche Ertrag eines Anrufungsverfahrens bestehen könnte, vermag sich dem erkennenden Senat nicht zu erschließen.

Tenor

Der 5. Senat hält an der Rechtsauffassung fest, wie sie in den von der Anfrage des 12. Senats in Bezug genommenen Entscheidungen zum Ausdruck gekommen ist.

Gründe

1

I. Dem anfragenden 12. Senat des BSG liegt ein Rechtsstreit vor, in dem darüber zu befinden ist, ob die Klägerin in ihrer Tätigkeit als Synchronsprecherin als Beschäftigte versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung war, und ob sie insoweit als "unständig" Beschäftigte zu qualifizieren ist. Der 12. Senat beabsichtigt die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen. Er sieht sich hieran durch die vom 5. Senat in ständiger Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen an eine ordnungsgemäße Revisionsbegründung gehindert. Würde der 12. Senat dem 5. Senat folgen, wäre die Revision der Beklagten nach Ansicht des 12. Senats als unzulässig zu verwerfen. Er hat daher beim 5. Senat mit Beschluss vom 27.4.2016 (B 12 KR 17/14 R - Juris) angefragt,

        

"ob dieser an seiner Rechtsprechung festhält, dass die formgerechte Begründung einer Revision iS von § 164 Abs 2 S 3 SGG in Bezug auf die Darstellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts

        

a) die ausdrückliche Angabe erfordert, dass es sich bei den vom Revisionsführer angeführten tatsächlichen Umständen um den Sachverhalt handelt, den die Vorinstanz im angefochtenen Urteil festgestellt hat, und 'an welcher genauen Stelle' er dem Berufungsurteil die von ihm genannten Tatumstände entnehmen möchte (Beschluss vom 5.11.2014 - B 5 RE 5/14 R - BeckRS 2014, 74155 RdNr 8; Urteil vom 23.7.2015 - B 5 R 32/14 R - Juris RdNr 7),

        

b) es erfordert, das Bundessozialgericht in die Lage zu versetzen, 'ohne Studium der Gerichts- und Verwaltungsakten allein anhand der Revisionsbegründung zu prüfen, ob die im Streit stehenden revisiblen Rechtsvorschriften auf den festgestellten Sachverhalt nicht oder nicht richtig angewendet worden sind' (Beschluss vom 5.11.2014 - B 5 RE 5/14 R - BeckRS 2014, 74155 RdNr 8; Urteil vom 23.7.2015 - B 5 R 32/14 R - Juris RdNr 7; vgl auch Beschluss vom 22.7.2015 - B 5 R 16/15 R - BeckRS 2015, 70865 RdNr 8 f)."

2

II. Im Mittelpunkt der Anfrage des 12. Senats steht die Auslegung des § 164 Abs 2 S 3 SGG und die sich hieraus ergebende Pflicht zur Darstellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts im Rahmen der Rüge der Verletzung materiellen Rechts.

3

1. Gemäß § 164 Abs 2 S 1 SGG ist die Revision innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils oder des Beschlusses über die Zulassung der Revision zu begründen. Nach Satz 3 muss die Begründung einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben.

4

a) § 164 Abs 2 S 3 SGG ist dem § 554 Abs 3 Nr 2 ZPO(idF der Bekanntmachung vom 5.6.1905, RGBl S 536, 537) nachgebildet (vgl BSG Urteil vom 30.6.1964 - 3 RK 38/60 - SozR Nr 53 zu § 164 SGG und Beschluss vom 24.9.1957 - 2 RU 70/54 - SozR Nr 27 zu § 164 SGG); die für das Verfahren nach der ZPO gültigen Maßstäbe gelten daher auch für die Auslegung des § 164 Abs 2 S 3 SGG(vgl BSG Beschlüsse vom 12.11.1962 - 9 RV 694/62 - SozR Nr 49 zu § 164 SGG und vom 17.1.1958 - 11/9 RV 1126/55 - BSGE 6, 269 f).

5

aa) Anlass der Einfügung des § 554 Abs 3 Nr 2 ZPO aF war die - trotz Vergrößerung des Personalbestandes - bestehende Arbeitsbelastung des Reichsgerichts (RG), die sich durch die Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuches zum 1.1.1900 weiter verschärft hatte (vgl RT-Drucks 1903/1904 Nr 415 S 4). Der Gesetzesentwurf der Reichsregierung betreffend Änderungen der ZPO sah einen Grund hierfür auch in der Ausgestaltung der auf die Begründung der Revision bezogenen Bestimmung des § 554 ZPO(idF der Bekanntmachung vom 20.5.1898, RGBl 514 f) als Sollvorschrift. Der Umstand, dass ohne Nachteil für den Erfolg des Rechtsmittels eine Begründung der Revision unterbleiben durfte, hatte nämlich zur Folge, dass eine solche häufig entweder gar nicht oder zu einem Zeitpunkt einging, in welchem sie zur Vorbereitung des Berichterstatters wie des Revisionsgegners nicht mehr dienen konnte, bzw Revisionen kurz vor der mündlichen Verhandlung zurückgenommen wurden, nachdem der Berichterstatter seine Bearbeitung bereits abgeschlossen hatte (RT-Drucks 1903/1904 Nr 415 S 9 f). Gleichwohl sah der Regierungsentwurf den Weg zur Entlastung des RG nicht in der Einführung eines Revisionsbegründungszwangs, sondern in der Erhöhung der Revisionssumme, um auf diese Weise die Zahl der zu bearbeitenden Fälle zu vermindern (RT-Drucks 1903/1904 Nr 415 S 10 ff). Auch von Mitgliedern der im Weiteren mit dem Gesetzesentwurf befassten XII. Kommission des Reichstages wurde die Auffassung vertreten, dass die fehlende Pflicht zur Revisionsbegründung in unnötiger Weise die Vorarbeit des Senatspräsidenten und des Berichterstatters erschwere, weil diese die gesamten Akten auch ihrerseits darauf zu prüfen hätten, ob eine Rechtsverletzung vorliege, gleichviel ob diese gerügt worden sei oder nicht (RT-Drucks 1903/1905 Nr 782 S 26). Anders als die Regierungsvorlage sprach sich die Kommission für die Einführung eines Begründungszwangs aus (RT-Drucks 1903/1905 Nr 782 S 81). Dieser würde mehr wie bisher davon abhalten, ohne genauere Prüfung eine Revision einzulegen, und dazu führen, dass aussichtslose Revisionen früher zurückgezogen würden. Dem Gericht werde dadurch unnötiges Aktenstudium erspart; die Vorbereitung des Berichterstatters würde erheblich erleichtert und könnte eine viel gründlichere sein, da das gesamte Vorbringen des Revisionsklägers in seinen wesentlichen Punkten rechtzeitig schriftlich vorliege (RT-Drucks 1903/1905 Nr 782 S 59 f). In den anschließenden Verhandlungen des Reichstags wurde die mit der Einführung des Begründungszwangs bezweckte Entlastung des RG nochmals hervorgehoben und auch auf die für die Anwälte einhergehende Mehrbelastung hingewiesen (vgl Stenographische Berichte über die Verhandlungen des RT 1903/1905, S 6031, 6043 und 6090).

6

bb) Die Rechtsprechung des RG hat in der Pflicht zur Begründung der Revision ein formales Erfordernis erblickt, deren notwendiger Inhalt nicht ohne Rücksicht auf den gesamten Zweck der Vorschriften zur Revisionsbegründung zu bestimmen sei (RG Urteile vom 11.1.1907 - II 357/06 - RGZ 65, 81, 84; vom 3.6.1907 - VI 418/06 - RGZ 66, 178, 180 und vom 3.5.1915 - VI 547/14 - RGZ 87, 5, 6). Die Revisionsbegründungspflicht sei eingeführt worden, um eine Entlastung des RG herbeizuführen (RG Urteile vom 12.12.1918 - VI 251/18 - RGZ 95, 70, 72 und vom 22.3.1926 - IV 362/25 - RGZ 113, 166, 168). Diesem Zweck entsprechend sei die Formvorschrift des § 554 ZPO streng auszulegen und anzuwenden(RG Urteile vom 26.11.1929 - VII 256/29 - RGZ 126, 245, 249 und vom 16.6.1921 - VI 84/21 - RGZ 102, 280, 281 f). Insoweit hat das RG in ständiger Rechtsprechung das Erfordernis aufgestellt, dass nicht nur für die verfahrensrechtlichen Rügen die Tatsachen, die den Mangel ergeben sollen, in der Begründungsschrift im Einzelnen bestimmt bezeichnet werden müssen, sondern auch den sachlich-rechtlichen Revisionsangriffen eine sorgfältige, über ihren Umfang und Zweck keinen Zweifel lassende Begründung zuteilwerden muss, die erkennen lässt, dass der die Revisionsbegründung einreichende Rechtsanwalt sich einer Nachprüfung des angegriffenen Urteils unterzogen hat (RG Urteil vom 27.5.1927 - III 390/26 - RGZ 117, 168, 170 und Beschluss vom 6.11.1928 - VII 514/28 - RGZ 123, 38).

7

In den 1950er und 1960er Jahren hat das BSG im Anschluss an diese Rechtsprechung des RG die grundlegenden Maßstäbe für die Anwendung und Auslegung des § 164 Abs 2 S 3 SGG herausgearbeitet. § 164 Abs 2 S 3 SGG sei dem § 554 Abs 3 Nr 2 ZPO aF nachgebildet, diene demselben rechtspolitischen Zweck, nämlich der Entlastung des Revisionsgerichts, und sei zu dessen Erreichung streng auszulegen(BSG Urteile vom 30.6.1964 - 3 RK 38/60 - SozR Nr 53 zu § 164 SGG und vom 28.2.1962 - 2 RU 271/58 - BSGE 16, 227 = SozR Nr 48 zu § 164 SGG; Beschluss vom 24.9.1957 - 2 RU 70/54 - SozR Nr 27 zu § 164 SGG). Die Revisionsbegründung soll die Vorarbeiten des Berichterstatters erleichtern; außerdem soll erreicht werden, dass der Prozessbevollmächtigte die Rechtslage genau durchdenkt, bevor er durch seine Unterschrift die Verantwortung für die Revision übernimmt und dass er infolgedessen unter Umständen von der Durchführung aussichtsloser Revisionen absieht (BSG Urteil vom 30.6.1964, aaO; Beschlüsse vom 12.11.1962 - 9 RV 694/62 - SozR Nr 49 zu § 164 SGG und vom 17.1.1958 - 11/9 RV 1126/55 - BSGE 6, 269, 270). Eine die Zulässigkeitsschwelle überwindende Revisionsbegründung muss aus sich heraus erkennen lassen, dass der Prozessbevollmächtigte das angefochtene Urteil nachgeprüft hat (BSG Urteil vom 30.6.1964, aaO und Beschlüsse vom 17.1.1958, aaO und 24.9.1957, aaO).

8

Hieran anknüpfend und unter Bezugnahme auf die Entscheidung des RG vom 27.5.1927 (RGZ 117, 168) hat im Weiteren der anfragende Senat mit Beschluss vom 13.12.1976 (12 RK 46/76 - SozR 1500 § 164 Nr 5 S 5) die an eine ordnungsmäßige Revisionsbegründung zu stellenden Anforderungen dahingehend konkretisiert, dass auch bei materiell-rechtlichen Revisionsangriffen die Revision sorgfältig und nach Umfang und Zweck zweifelsfrei zu begründen sei. Wie im Rahmen von Verfahrensrügen seien auch bei materiell-rechtlichen Revisionsrügen die Tatsachen zu bezeichnen, die den Mangel ergeben. Das Revisionsgericht müsse nämlich anhand der Revisionsbegründung erkennen können, dass der Prozessbevollmächtigte das angefochtene Urteil im Hinblick auf das Rechtsmittel der Revision überprüft hat, um so dem gesetzgeberischen Zweck des § 164 Abs 2 S 3 SGG zu genügen, aussichtslose Revisionen nach Möglichkeit von vornherein zu verhindern. Als Ergebnis der eigenen Nachprüfung habe der Prozessbevollmächtigte dem Revisionsgericht die Gründe darzulegen, die das Urteil als unrichtig erscheinen lassen.

9

Eine weitere Präzisierung erfuhr diese Rechtsprechung schließlich durch den Beschluss des 11. Senats vom 2.1.1979 (11 RA 54/78 - SozR 1500 § 164 Nr 12 S 17),der ausgeführt hat:

        

"die Revision ist deshalb - auch bei materiell-rechtlichen Rügen - sorgfältig zu begründen; sie muss jedenfalls die Gründe aufzeigen, die nach Auffassung des Prozessbevollmächtigten das Urteil im oder in den verbleibenden Streitpunkten unrichtig erscheinen lassen; hierzu bedarf es einer zumindest kurzen Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung (vgl BSG SozR Nr 27 zu § 164 SGG; SozR 1500 § 164 Nr 5 mwH; BVerwG, Buchholz 310. § 139 VwGO Nr 34, BFHE 88, 230; 101, 356, 357; 102, 217, 219). Bei alledem sind stets die Voraussetzungen im Auge zu behalten, unter denen das Gesetz dem Revisionsgericht überhaupt eine Korrektur von unrichtigen Urteilen erlaubt; die Revisionsbegründung muss daher grundsätzlich von tatsächlichem Vorbringen frei sein; sie muss bei materiell-rechtlichen Rügen darlegen, dass und warum eine revisible Rechtsvorschrift auf den festgestellten Sachverhalt nicht oder nicht richtig angewandt worden ist (§ 550 ZPO); dies kann nur mit rechtlichen Erwägungen zu dieser Vorschrift geschehen (vgl RGZ 117, 168, 171; BVerwG aaO)."

10

Der Entscheidung des 11. Senats vom 2.1.1979 (aaO) haben sich in der Folge alle Senate des BSG (der anfragende Senat mit Urteil vom 21.9.2005 - B 12 KR 1/05 R - Juris RdNr 11) ausdrücklich angeschlossen. Bereits mit Ende der 1970er Jahre war damit in der Rechtsprechung des BSG abschließend geklärt, welche Anforderungen an die Begründung einer Revision in Bezug auf materiell-rechtliche Rügen über Antrag und Bezeichnung der verletzten Norm hinaus zu stellen sind. Im Weiteren erfuhr die Ausgestaltung des Begründungerfordernisses lediglich neue sprachliche Aus- und Umformungen; eine inhaltliche Abkehr von früheren Entscheidungen - und insbesondere von BSG SozR 1500 § 164 Nr 12 - verband sich hiermit nicht(vgl exemplarisch BSG Urteil vom 8.2.2000 - B 1 KR 18/99 R - SozR 3-1500 § 164 Nr 11 S 19 unter Verweis auf BSG SozR 1500 § 164 Nr 12).

11

2. Diese die Vorschrift des § 164 Abs 2 S 1 und 3 SGG mit Inhalt füllende Rechtsprechung bildet auch die Grundlage der ständigen Spruchpraxis des erkennenden Senats.

12

Wendet sich die Revision gegen die Verletzung einer Vorschrift des materiellen Rechts, ist nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats in der Begründung sorgfältig und nach Umfang und Zweck zweifelsfrei darzulegen, weshalb die Norm in der angefochtenen Entscheidung - bezogen auf den festgestellten Sachverhalt - nicht oder nicht richtig angewandt worden ist. Dies setzt voraus, dass sich die Begründung mit dem vorinstanzlichen Urteil auseinandersetzt. "Auseinandersetzung" bedeutet, auf den Gedankengang des Vordergerichts einzugehen. Dazu muss der Revisionsführer - zumindest kurz - rechtlich auf die Gründe der Vorinstanz eingehen; er muss mithin erkennen lassen, dass er sich mit der angefochtenen Entscheidung befasst hat und inwieweit er bei der Auslegung der angewandten Rechtsvorschriften anderer Auffassung ist (Senatsbeschlüsse vom 10.2.2016 - B 5 RS 1/15 R - BeckRS 2016, 66775 RdNr 6; vom 5.5.2015 - B 5 R 18/14 R - BeckRS 2015, 69242 RdNr 6 und vom 9.1.2014 - B 5 RE 1/14 R - BeckRS 2014, 65978 RdNr 7).

13

3. Will man diese in ständiger Rechtsprechung aufgestellten strengen Anforderungen nicht als bloße Leerformeln begreifen, kann eine Rüge der Verletzung materiellen Rechts diesen logisch und rechtlich nur dann genügen, wenn sie den vom Vordergericht festgestellten entscheidungserheblichen Lebenssachverhalt (im Sinne einer Gesamtheit rechtlich relevanter Tatumstände) vollständig darlegt.

14

a) Diese Notwendigkeit folgt aus dem Wesen deduktiver Rechtsanwendung als einem Zusammenfügen von Sätzen über Realitätsausschnitte und normativen Größen (aa) sowie der Bindung des BSG als Revisionsgericht an die vom Vordergericht festgestellten Tatsachen (bb), wird durch den Sinn und Zweck der zur Zulässigkeitsvoraussetzung erhobenen Revisionsbegründung getragen (cc) und entspricht in vergleichbarer Weise den vom BVerfG an die Zulässigkeit einer Richtervorlage nach Art 100 Abs 1 S 1 Alt 2 GG gestellten Anforderungen (dd).

15

aa) Nach § 162 SGG kann die Revision allein darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung revisiblen Rechts beruht. Wann eine Rechtsverletzung vorliegt, ist in § 546 ZPO geregelt, der iVm § 202 SGG im sozialgerichtlichen Verfahren Anwendung findet(Fichte in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl 2014, § 162 RdNr 2). Danach ist das Recht verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist. Gleichbleibender Rahmen bzw logisches Gerüst jeder Rechtsanwendung ist die Figur des "Syllogismus der Rechtsfolgebestimmung"; der juristische Denkprozess beim Anwenden einer Norm auf die Beschreibung eines Lebenssachverhalts vollzieht sich nach seinen logischen Schlussregeln (Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl 1991, S 271 f; Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, 1982, S 395; Schmidt, JuS 2003, 649). In ihm bildet ein vollständiger Rechtssatz den Obersatz, die Unterordnung eines festgestellten und verbal umschriebenen Sachverhalts unter den Tatbestand des Rechtssatzes den Untersatz. Die Schlussfolge wiederum besagt, dass für den beschriebenen Sachverhalt die im Rechtssatz genannte Rechtsfolge gilt. Mit der Verneinung der Zuordnung der Beschreibung eines Sachverhalts zum Tatbestand eines Rechtssatzes ist indes nicht stets die Verneinung der hieraus ableitbaren konkreten Rechtsfolge verbunden; denn diese lässt sich möglicherweise in Anwendung eines anderen Tatbestands begründen. Ebenso bedarf es der Prüfung, ob der beschriebene Sachverhalt nicht unter den Tatbestand einer einschränkenden Norm fällt, welche die einstweilen gewonnene Rechtsfolgenanordnung begrenzt oder ausschließt.

16

Innerhalb dieses logischen Schlussverfahrens können Fehler nicht nur im Obersatz, sondern auch im Untersatz und in der Schlussfolgerung selbst auftreten (Heßler in Zöller, ZPO, 31. Aufl 2016, § 546 RdNr 7; Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand Juli 2016, § 118 FGO RdNr 32 f; für eine Unterteilung nur in Interpretations- und Subsumtionsfehler etwa BSG Urteil vom 24.2.2016 - B 13 R 31/14 R - Juris RdNr 14 - zur Veröffentlichung in SozR 4-1500 § 164 Nr 4 vorgesehen; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 162 RdNr 8 mwN; Ratschow in Gräber, FGO, 8. Aufl 2015, § 118 FGO RdNr 6). Unrichtige Rechtsanwendung besteht danach zunächst darin, dass die abstrakten Tatbestandsmerkmale einer Norm unzutreffend ausgelegt wurden oder eine anzuwendende Norm übersehen wurde (Interpretationsfehler = Fehler im Obersatz). Fehler können aber auch beim Feststellen von Tatsachen unterlaufen (Feststellungsfehler = Fehler im Untersatz). Derartige Fehler sind, soweit sie die Feststellung selbst betreffen, als "ureigene tatrichterliche Aufgabe" (BSG vom 11.3.2016 - B 9 V 3/16 B - Juris RdNr 6) und Teil der Urteilsfindung allein des Berufungsgerichts einer revisionsgerichtlichen Überprüfung zur Gänze entzogen. Beanstandungen des im Einzelfall gefundenen Ergebnisses und Versuche, es mit revisionsrechtlichen Angriffen durch ein eigenes abweichendes zu ersetzen, sind damit grundsätzlich unbeachtlich (BSG vom 8.2.2000 - B 1 KR 13/99 R - Die Beiträge Beilage 2002, 380 ff = Juris RdNr 14 und vom 6.5.2004 - B 4 RA 44/03 R - Juris RdNr 20). Eine Überprüfung kommt insofern allein auf Rüge eines verfahrensfehlerhaften äußeren Zustandekommens einer Tatsachenfeststellung (§ 164 Abs 2 S 3 SGG) in Betracht, wenn also im Einzelfall gegen das Gebot der Vollständigkeit (§ 128 Abs 1 S 1 SGG) bzw gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen wurde (vgl BSG SozR 4-3250 § 69 Nr 21 RdNr 26; BSG SozR Nr 34 und 56 zu § 128 SGG). Schließlich kommt in Betracht, dass festgestellte Tatsachen fehlerhaft einer bestimmten Norm unterstellt oder zu Unrecht einem an sich verwirklichten Normtatbestand nicht unterstellt wurden (Subsumtionsfehler = Fehler im Schlusssatz).

17

Die zur Gewinnung eines Sachverhalts notwendige Abstrahierung von Unwesentlichem kann dabei immer nur in Bezug auf bestimmte Rechtsnormen vorgenommen werden. Umgekehrt können in Betracht zu ziehende Rechtsnormen nur bezüglich eines bestimmten Sachverhalts ausgewählt werden (Schlüter, Das obiter dictum, 1973, S 109). Ober- und Untersatz stehen demnach nicht beziehungslos nebeneinander, sondern greifen wechselwirksam ineinander oder anders gewendet: Für den Obersatz ist wesentlich, was auf den konkreten Fall Bezug hat, und für den konkreten Fall ist nur von Bedeutung, was auf den Obersatz Bezug hat (Engisch, Logische Studien zur Gesetzesanwendung, 3. Aufl 1963, S 14 f). Für die Prüfung der Frage, ob die getroffene Entscheidung (Konklusion) von ihren beiden Prämissen getragen wird, dem Gesetz als Obersatz (normative Prämisse) und dem festgestellten Sachverhalt als Untersatz (tatsächliche Prämisse), bedarf es demnach stets und denknotwendig des Wissens um den entscheidungserheblichen Sachverhalt.

18

bb) Der konkret-individuelle Sachverhalt, für den die Rechtsfolgen ermittelt werden sollen und der den Untersatz des Syllogismus bildet, muss anders als der Obersatz, der regelmäßig in formulierten Sätzen vorgegeben ist, erst in solchen beschrieben, also festgestellt werden (Bydlinski, aaO, S 43 f). Der für das Revisionsverfahren relevante Sachverhalt, die tatsächlichen Feststellungen iS von § 163 SGG, findet seinen Ausdruck in dem Untersatz, den die Tatsachengerichte auf der Grundlage ihrer Ermittlungen unter Heranziehung der Beteiligten(§§ 103, 128 Abs 2 SGG)als Ausdruck ihrer begründeten, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen freien Überzeugung (§ 128 Abs 1 S 1, 2 SGG) im Urteil zum Ausdruck gebracht haben (§§ 128 Abs 1 S 2, 136 Abs 1 Nr 6 SGG). Die identische Tatsachengrundlage des Berufungs- wie des Revisionsurteils ist damit rechtlich abschließend und unvertretbar der "Überzeugung" des Tatsachengerichts zugewiesen. Das BSG als Revisionsgericht ist demgegenüber grundsätzlich weder befugt noch verpflichtet, eigene Tatsachen zu ermitteln; es prüft nur, ob im angefochtenen Urteil das revisible Recht richtig angewandt worden ist oder nicht. Dieser Eigenart des Revisionsgerichts als Rechtskontrollinstanz trägt § 163 SGG Rechnung(vgl Heinz in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 163 RdNr 1 und 4)und berücksichtigt dabei zugleich, dass das individuelle geistige Internum der "Überzeugung" (§ 128 Abs 1 S 1 SGG) externer Kontrolle schon faktisch weitgehend entzogen ist. Nach § 163 SGG ist das BSG an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, es sei denn, dass in Bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind. Diese gesetzlich vorgegebene Bindung legt für das BSG die tatsächliche Grundlage fest, auf der die Revisionsentscheidung allein getroffen werden darf. Es darf und kann seiner rechtlichen Beurteilung grundsätzlich nur den vom Vordergericht festgestellten Sachverhalt zugrunde legen (vgl Neumann in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl 2014, § 137 RdNr 142; zur ausnahmsweise möglichen Tatsachenfeststellung durch das BSG vgl Behn in Peters/Sautter/Wolff, SGG, Stand Juni 2015, § 163 RdNr 38 ff mit RsprNachw). Die revisionsrechtliche Prüfungsgrundlage muss demnach identisch mit dem Sachverhalt sein, der dem Urteil des Vordergerichts zugrunde liegt und von diesem festgestellt worden ist. Nur unter dieser Voraussetzung kann das Revisionsgericht erkennen und darüber befinden, ob dem Tatsachengericht bei seiner Entscheidung Fehler in der Rechtsanwendung unterlaufen sind oder nicht.

19

cc) Die Pflicht zur Revisionsbegründung dient - wie dargelegt - dem Zweck, das Revisionsgericht zu entlasten, indem sie zum einen die Vorbereitung bzw Vorarbeiten des Berichterstatters erleichtert; zum anderen soll erreicht werden, dass der Rechtsanwalt die Rechtslage genau durchdenkt, bevor er durch seine Unterschrift die Verantwortung für die Revision übernimmt, und dass er infolgedessen von der Durchführung aussichtsloser Revisionen absieht (Senatsbeschluss vom 16.7.2014 - B 5 RS 5/13 R - BeckRS 2014, 71436 RdNr 9; Berchtold in Berchtold/Richter, Prozesse in Sozialsachen, 2. Aufl 2016, § 8 RdNr 206 f; Bley, Festschrift 25 Jahre BSG, 1979, S 817, 846). Vor allem die zweite Zielrichtung des Revisionsbegründungszwangs wäre unvollkommen und weniger effektiv, wenn in der Revisionsbegründung nicht die im Hinblick auf die gerügte Rechtsverletzung gerade vom Vordergericht und im angegriffenen Urteil (exemplarisch BSG SozR 1500 § 164 Nr 28 S 44 ff; BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 12 S 65 und vom 27.2.2008 - B 12 P 1/07 R - Juris RdNr 16) festgestellten, entscheidungserheblichen Tatsachen zutreffend mitgeteilt werden müssten. Denn erst so wird zum einen sichergestellt, dass der Revisionsführer die Entscheidungserheblichkeit seiner Ausführungen im Blick behält (vgl BSG Urteil vom 24.2.2016 - Juris RdNr 17 - zur Veröffentlichung in SozR 4-1500 § 164 Nr 4 vorgesehen), und zum anderen vermieden, dass er seine materiell-rechtlichen Beanstandungen nicht an dem vom Vordergericht festgestellten Sachverhalt darstellt, sondern einen konstruierten Sachverhalt zur Grundlage seines - so möglicherweise leichter "begründbaren" - Vorbringens macht; eine solche, auf einen "erfundenen" Sachverhalt gestützte - und damit keine sachliche Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil zeigende - Revision wäre indes aussichtslos und als unzulässig zu verwerfen (vgl auch BVerfG Beschluss vom 22.2.1984 - 1 BvL 21/83 - BVerfGE 66, 226 Leitsatz; aA BSG Urteil vom 24.2.2016, aaO, Juris RdNr 19 aE). Das Erfordernis, die verletzte Rechtsnorm zu bezeichnen, besagt daher nach der Rechtsprechung aller obersten Gerichtshöfe des Bundes, dass der Revisionskläger den Streitstoff in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht durcharbeiten, sichten und gliedern muss (BVerwG vom 2.4.1982 - 5 C 3/81 - Buchholz 310 § 139 VwGO Nr 61 - Juris RdNr 3).

20

dd) In vergleichbarer Weise fordert auch das BVerfG für die Zulässigkeit einer Richtervorlage nach Art 100 Abs 1 S 1 Alt 2 GG die Darlegung des für die rechtliche Beurteilung wesentlichen Sachverhalts(vgl BVerfG Beschlüsse vom 15.2.2016 - 1 BvL 8/12 - Juris RdNr 18 und vom 12.9.2012 - 1 BvL 11/12 - Juris RdNr 6). Nach Art 100 Abs 1 S 1 Alt 2 GG hat ein Gericht das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des BVerfG einzuholen, wenn es ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig hält. Gemäß § 80 Abs 2 S 1 BVerfGG muss das vorlegende Gericht darlegen, inwiefern seine Entscheidung von der Gültigkeit der Rechtsvorschrift abhängt und mit welcher übergeordneten Rechtsnorm die Vorschrift unvereinbar ist. Dadurch soll das vorlegende Gericht ua gezwungen werden, die mit dem Vorlagegegenstand verbundenen Rechtsfragen, insbesondere die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage und die Vereinbarkeit der vorzulegenden Rechtsnorm mit höherrangigem Recht, sorgfältig zu durchdenken. Unnötige Vorlagen sollen so vermieden, die Arbeit des BVerfG dementsprechend erleichtert und entlastet werden (Müller-Terpitz in Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, Stand Februar 2016, § 80 RdNr 238 mit RsprNachw). Um dem Entlastungszweck gerecht werden zu können, muss nach der Rechtsprechung des BVerfG der Vorlagebeschluss aus sich heraus, dh ohne Beiziehung der Akten, verständlich sein (BVerfG Beschlüsse vom 6.9.2012 - 1 BvL 13/12 - NVwZ 2013, 61, 62 und vom 25.6.1974 - 1 BvL 13/69, 1 BvL 23/69, 1 BvL 25/69 - BVerfGE 37, 328, 333 und vom 3.11.1987 - 1 BvL 28/87 - BVerfGE 77, 259, 261; Dederer in Maunz/Dürig, GG, Stand Juli 2016, Art 100 RdNr 191 mit RsprNachw). Das vorlegende Gericht hat deshalb in den Gründen seines Beschlusses den Sachverhalt darzustellen, soweit er für die rechtliche Beurteilung wesentlich ist, und die rechtlichen Erwägungen darzulegen, nach denen es für die von ihm zu treffende Entscheidung auf die Gültigkeit der zur Prüfung gestellten gesetzlichen Vorschrift ankommt (BVerfG Beschluss vom 29.11.1983 - 2 BvL 18/82 - BVerfGE 65, 308, 314 f und Beschluss vom 2.12.2013 - 1 BvL 5/12 - Juris RdNr 6). Das BVerfG hat wiederholt darauf hingewiesen, dass es nicht der Funktion eines Normenkontrollverfahrens entspricht und nicht seine Aufgabe sein kann, Rechtsfragen zu beantworten, die erkennbar für die Entscheidung der eigentlichen Streitfrage bedeutungslos sind (BVerfG Beschluss vom 22.11.1983 - 2 BvL 5 bis 22/81 - BVerfGE 65, 265, 277); daher darf dem Vorlagebeschluss auch kein konstruierter Sachverhalt zugrunde liegen (BVerfG Beschluss vom 22.2.1984 - BVerfGE 66, 226 Leitsatz). Ohne zutreffende Sachverhaltsdarstellung kann nicht davon ausgegangen werden, dass das vorlegende Gericht die Rechtslage umfassend gewürdigt, insbesondere die rechtlichen Voraussetzungen für die Vorlage zutreffend festgestellt hat (BVerfG Beschluss vom 29.11.1983 - 2 BvL 18/82 - BVerfGE 65, 308, 315). Genügt eine Vorlage diesen Anforderungen an die Sachdarstellung nicht, ist sie als unzulässig zu verwerfen (vgl BVerfG Beschluss vom 16.11.1992 - 1 BvL 31/88, 1 BvL 10/92 und 1 BvL 11/92 - BVerfGE 87, 341, 346 f).

21

b) Welche inhaltlichen Anforderungen an eine Revisionsbegründung in Bezug auf die Darstellung des entscheidungserheblichen Lebenssachverhaltes im Rahmen der Rüge der Verletzung materiellen Rechts konkret zu stellen sind, entzieht sich einer verallgemeinerungsfähigen Beantwortung. Aufwand und Intensität des Eingehens auf die tatrichterlichen Feststellungen richten sich nach deren eigener Qualität und sind naturgemäß am geringsten, wenn das Tatsachengericht in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich kundgetan hat, wovon es aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens überzeugt ist und was es demgemäß festgestellt hat. Die Aufgabe des Revisionsführers wächst in dem Umfang, in dem das LSG von dieser Idealform abweicht und Feststellungen auf den Gesamttext seiner Entscheidung verteilt und/oder nur mittelbar in der Weise trifft, dass allenfalls aus seiner weiteren Rechtsanwendung deutlich wird, von welchem Sachverhalt es überzeugt war. Insoweit muss die Revisionsbegründung als Ergebnis eigener geistiger Arbeit (BSG vom 25.7.1968 - 8 RV 361/66 - SozEntsch BSG 1/4 § 164 Nr 17 - Juris RdNr 15) - und nicht von "copy and paste" - darlegen, in welcher Weise sie dem angefochtenen Urteil den mitgeteilten Sachverhalt als dessen geistigen Gehalt entnimmt.

22

aa) Zutreffend geht der anfragende Senat (Anfragebeschluss vom 27.4.2016 - Juris RdNr 16) daher davon aus, dass eine formgerechte Revisionsbegründung nicht stets eine geschlossene Darstellung des Streitstoffes und der angegriffenen Entscheidung als Ganzes erfordert. Auch bedarf sie nicht zwingend der wörtlichen Wiedergabe der vom Vordergericht festgestellten, rechtlich relevanten Tatumstände. Entsprechendes wird bisweilen auch gar nicht möglich sein, da bindende Feststellungen in der Entscheidung des Tatsachengerichts nicht ausdrücklich getroffen sein müssen; sie können sich auch mittelbar aus den Ausführungen in den Entscheidungsgründen ergeben (BFH Urteil vom 22.1.2013 - IX R 18/12 - HFR 2013, 783, 785; vgl auch BSG Urteil vom 10.8.2000 - B 11 AL 83/99 R - Juris RdNr 21). Ebenso vertritt der anfragende Senat (Anfragebeschluss vom 27.4.2016 - Juris RdNr 16) die zutreffende Rechtsauffassung, dass das bloß punktuelle Ansprechen einzelner Sachverhaltselemente und Feststellungen des Vordergerichts ebenso wenig wie deren Behandlung mit eigenen tatsächlichen und rechtlichen Wertungen bzw deren Vermischung mit nicht berücksichtigungsfähigem neuen Tatsachenvorbringen ausreichend ist (vgl Senatsbeschluss vom 22.7.2015 - B 5 R 16/15 R - BeckRS 2015, 70865 RdNr 9).

23

bb) Soweit der anfragende Senat unter Buchst a) seines Tenors indes ausführt, nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats sei für eine formgerechte Revisionsbegründung "die ausdrückliche Angabe erforderlich, dass es sich bei den vom Revisionsführer angeführten tatsächlichen Umständen um den Sachverhalt handelt, den die Vorinstanz im angefochtenen Urteil festgestellt hat und an welcher genauen Stelle er dem Berufungsurteil die von ihm genannten Tatumstände entnehmen möchte", geht er von unzutreffenden Annahmen aus.

24

Die Revisionsbegründung muss nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats allein erkennen lassen, dass der geschilderte Sachverhalt ganz oder teilweise mit demjenigen des angegriffenen Urteils identisch ist (Senatsurteil vom 14.12.2011 - B 5 R 2/11 R - Juris RdNr 17), bzw keine Zweifel lassen, dass sie die Anwendung revisiblen Rechts allein und gerade hinsichtlich des entscheidungserheblichen, vom Tatsachengericht auf der Grundlage der diesem vorbehaltenen Überzeugung festgestellten Sachverhalts durch das Revisionsgericht überprüft wissen will (vgl Senatsbeschluss vom 16.3.2016 - B 5 RE 3/15 R - BeckRS 2016, 67705 RdNr 9). Ob dies der Fall ist, ergibt sich aus der revisionsgerichtlichen Auslegung des Revisionsvorbringens im Einzelfall (Senatsbeschluss vom 16.3.2016, aaO); dabei ist die "Revisionsbegründung als Willenserklärung" der Auslegung grundsätzlich zugängig (so schon RG Urteil vom 7.4.1933 - I 303/33 - RGSt 67, 197, 198). Diese Rechtsauffassung steht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des anfragenden Senats. Nach dieser kann von einer notwendigen Durchdringung der Sach- und Rechtslage (erst dann) nicht mehr ausgegangen werden, wenn anhand der Revisionsbegründung nicht erkennbar wird, dass der Revisionsführer auch die - ohne zulässige Verfahrensrügen für das BSG bindenden (§ 163 SGG) - wesentlichen tatsächlichen Feststellungen des angegriffenen Urteils erfasst, diese zutreffend mitgeteilt und seinen rechtlichen Erwägungen zugrunde gelegt hat (Anfragebeschluss vom 27.4.2016 - Juris RdNr 14, 23).

25

Die Rechtsprechung des erkennenden Senats fordert hingegen nicht - was der anfragende Senat verkennt - die "ausdrückliche Angabe", dass es sich bei den vom Revisionsführer angeführten tatsächlichen Umständen um den Sachverhalt handelt, den die Vorinstanz im angefochtenen Urteil festgestellt hat, sondern erachtet hierauf bezogene Hinweise als ausreichend (vgl etwa Senatsbeschlüsse vom 22.7.2015 - BeckRS 2015, 70865 RdNr 9 und vom 13.2.2013 - B 5 R 28/12 R - BeckRS 2013, 66976 RdNr 9). Angaben, an welcher genauen Stelle dem angegriffenen Urteil bestimmte Tatumstände zu entnehmen sind, bedarf es regelmäßig nur dann, wenn nicht ohne Weiteres erkennbar ist, welchen Lebenssachverhalt sich das Tatsachengericht als für seine Entscheidung maßgeblich vorgestellt hat und dieser erst ermittelt werden muss, weil die Urteilsgründe einer entsprechenden Interpretation bedürfen (vgl Berchtold, aaO, § 8 RdNr 92, 257). Der erkennende Senat hat die vom anfragenden Senat unter Buchst a) des Tenors zitierte Formulierung im Kontext von Fällen gebraucht, in denen der festgestellte Sachverhalt lediglich bruchstückhaft oder in Ansätzen wiedergegeben wurde (vgl Senatsbeschlüsse vom 13.2.2013, aaO, vom 16.4.2013 - B 5 R 98/11 R - BeckRS 2013, 68747 RdNr 11 aE, vom 24.9.2013 - B 5 R 66/11 R - BeckRS 2013, 73558 RdNr 8, vom 16.7.2014 - BeckRS 2014, 71436 RdNr 12, vom 25.9.2014 - B 5 RE 14/14 R - BeckRS 2014, 73306 RdNr 8, vom 25.9.2014 - B 5 RE 15/14 R - BeckRS 2014, 73307 RdNr 9 und vom 5.11.2014 - B 5 RE 5/14 R - BeckRS 2014, 74155 RdNr 8; Senatsurteil vom 23.7.2015 - B 5 R 32/14 R - Juris RdNr 7). Es handelt sich hierbei um auf die Würdigung des Einzelfalles bezogene Aussagen, die nicht als unverzichtbares Element eines abstrakten Rechtssatzes, sondern nur als "Indizien" im Rahmen der Subsumtion unter diesen Verwendung finden. Eine Divergenz und damit eine Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen käme lediglich dann in Betracht, wenn den Entscheidungen des erkennenden Senats ein fallübergreifender Rechtssatz des vom anfragenden Senats zitierten Inhalts entnommen werden könnte (vgl BSG Urteil vom 31.10.2012 - B 13 R 65/11 R - SozR 4-1500 § 163 Nr 6 RdNr 30 f; Roos in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 41 RdNr 11). So liegen die Dinge hier jedoch nicht.

26

c) Diese Rechtsprechung des erkennenden Senats ist verfassungsrechtlich unbedenklich. Sie macht die Revisionsbegründung nicht von unerfüllbaren oder unzumutbaren Voraussetzungen abhängig.

27

Zu Recht weist der anfragende Senat (Anfragebeschluss vom 27.4.2016 - Juris RdNr 22) darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des BVerfG der Zugang zum jeweils vorgesehenen gerichtlichen Instanzenzug mit Rücksicht auf Art 19 Abs 4 S 1 GG nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden darf. Dies müssen die Gerichte auch bei der Auslegung prozessualer Normen beachten. Sie dürfen ein von der jeweiligen Rechtsordnung eröffnetes Rechtsmittel nicht durch eine überstrenge Handhabung verfahrensrechtlicher Vorschriften ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer leerlaufen lassen (BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 27.7.2016 - 2 BvR 2040/15 - Juris RdNr 13). Formerfordernisse dürfen nicht weiter gehen, als es durch ihren Zweck geboten ist, da von ihnen die Gewährung des Rechtsschutzes abhängt (BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 19.11.2015 - 2 BvR 2577/14 - Juris RdNr 6). Dies gilt auch für die Darlegungsanforderungen nach § 164 Abs 2 S 3 SGG, die nicht derart erschwert werden dürfen, dass sie von einem durchschnittlichen, nicht auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet spezialisierten Rechtsanwalt mit zumutbarem Aufwand nicht mehr erfüllt werden können.

28

Indes sind die vom erkennenden Senat aufgestellten Erfordernisse an eine materiell-rechtliche Revisionsrüge verfassungsrechtlich unbeanstandet geblieben (Senatsbeschluss vom 18.2.1980 - 5 RKn 1/78 - und nachgehend BVerfG Beschluss vom 7.7.1980 - 2 BvR 310/80 - SozR 1500 § 164 Nr 17 S 29 f). Nach Auffassung des BVerfG steht es in Übereinstimmung mit Verfassungsrecht, wenn das BSG im Einklang mit seiner eigenen ständigen Rechtsprechung und mit der Rechtsprechung der anderen obersten Gerichtshöfe des Bundes die Begründung der Revision nur dann als formgerecht erachtet, wenn sie die Prüfung und Durcharbeitung des Prozessstoffes durch den zugelassenen Prozessbevollmächtigten erkennen lässt. Diese an den Zwecken des Revisionsverfahrens ausgerichtete Auslegung der einschlägigen prozessrechtlichen Vorschriften verletze weder Art 3 Abs 1 GG noch Art 103 Abs 1 GG; letztere Bestimmung schließe es nicht aus, dass ein Gericht das sachliche Vorbringen eines Beteiligten aus prozessrechtlichen Gründen unberücksichtigt lässt. Auch im Hinblick auf die durch Art 19 Abs 4 S 1 GG gewährleistete Rechtsweggarantie bestehen nach Ansicht des BVerfG keine grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Beschreitung des Rechtswegs könne in den Prozessordnungen von der Erfüllung bestimmter formaler Voraussetzungen abhängig gemacht werden; durch die vom BSG für notwendig erachteten Anforderungen an die Begründung der Revision werde der Zugang zum Revisionsgericht nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise behindert.

29

Insbesondere kann das - in konkreter Umsetzung der ständigen Rechtsprechung des BSG - vom erkennenden Senat aufgestellte Erfordernis der Darstellung des entscheidungserheblichen Lebenssachverhalts im Rahmen der Rüge der Verletzung materiellen Rechts mit zumutbaren Aufwand nicht allein von einem spezialisierten Rechtsanwalt erfüllt werden. Im Gegenteil ist die Wiedergabe der rechtlich relevanten Tatumstände idealiter das mit dem geringsten Aufwand verbundene Element der Revisionsbegründung. Es bedarf im Wesentlichen nur der allgemeinen Erkenntnis, dass Rechtsanwendung in seiner grundlegendsten Form darin besteht, dass ein Lebenstatbestand unter die maßgebende Rechtsnorm subsumiert wird, so dass sich eine bestimmte Rechtsfolge ergibt (vgl Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 1. Halbband, 15. Aufl 1959, S 311), sowie des Wissens, dass ein Revisionsgericht grundsätzlich an die tatsächlichen Feststellungen des Vordergerichts gebunden ist. Von einer Überforderung eines durchschnittlichen Rechtsanwalts kann bei den Darlegungsanforderungen des skizzierten Inhalts keine Rede sein.

30

d) Entgegen dem anfragenden Senat (Anfragebeschluss vom 27.4.2016 - Juris RdNr 23 f) überträgt der erkennende Senat durch Anwendung des unter Buchst b) des Tenors zitierten Rechtssatzes nicht die in der Rechtsprechung des BSG entwickelten strengen Anforderungen an die Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde bzw an den Inhalt einer Revisionsbegründung im Falle von Verfahrensrügen auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts.

31

aa) Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats sind im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde die Revisionszulassungsgründe (§ 160a Abs 2 S 3 iVm § 160 Abs 2 Nr 1 bis Nr 3 SGG) substantiiert und schlüssig dazulegen bzw zu bezeichnen (Senatsbeschlüsse vom 7.6.2016 - B 5 AL 1/16 B - BeckRS 2016, 71174 RdNr 8 f und vom 25.3.2014 - B 5 R 416/13 B - BeckRS 2014, 68316 RdNr 10, 13, 17; vgl auch Karmanski in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 160a RdNr 43). Durch die hohen Anforderungen an die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde soll das Beschwerdegericht der Mühe enthoben sein, selbst die Akten auf mögliche Zulassungsgründe zu durchsuchen; die Beschwerdebegründung muss es in die Lage versetzen, sich ohne Studium der Gerichts- und Verwaltungsakten allein aufgrund des klägerischen Vortrags ein Bild über den Streitgegenstand sowie seine tatsächlichen und rechtlichen Streitpunkte zu machen (Senatsbeschluss vom 7.6.2016, aaO RdNr 11; vgl auch Karmanski, aaO, § 160a RdNr 44).

32

Soweit im Rahmen der Revision die tatsächlichen Feststellungen des Vordergerichts angefochten werden (vgl § 163 SGG), sind nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats in Bezug auf diese Feststellungen zulässige Revisionsgründe vorzubringen und vollständig und schlüssig zu begründen. Dies erfordert zur Bezeichnung der Tatsachen, die den (behaupteten) Mangel ergeben, alle relevanten Verfahrensvorgänge so genau und widerspruchsfrei zu bezeichnen, dass das BSG allein aufgrund der Revisionsbegründung in die Lage versetzt wird, darüber zu entscheiden, ob das Urteil des LSG auf dem gerügten Verfahrensmangel beruhen kann, dh das Vordergericht ohne den gerügten Verfahrensmangel ggf anders entschieden hätte (Senatsurteil vom 11.6.2003 - B 5 RJ 52/02 R - Juris RdNr 13). Diese gesteigerten Anforderungen folgen aus dem Wortlaut des § 164 Abs 2 S 3 SGG und dienen zusammen mit der sich aus § 202 SGG iVm § 557 Abs 3 S 2 ZPO ergebenden Rügepflicht dem Zweck der Entlastung des Revisionsgerichts, welches andernfalls gehalten wäre, das gesamte vorhergehende Verfahren auf das Vorhandensein von Mängeln zu überprüfen(BSG Urteil vom 23.9.1955 - 3 RJ 26/55 - BSGE 1, 227, 231; Behn in Peters/Sautter/Wolff, aaO, § 164 RdNr 224).

33

bb) Werden materiell-rechtliche Rügen erhoben, stellt das Gesetz - worauf der anfragende Senat zu Recht hinweist (Anfragebeschluss vom 27.4.2016 - Juris RdNr 24) - keine so hohen Anforderungen an die Begründung der Revision (vgl Senatsurteil vom 11.6.2003 - B 5 RJ 52/02 R - Juris RdNr 14). Das ergibt sich bereits daraus, dass insofern allein der Rückgriff auf die im Urteil ohnehin getroffenen Feststellungen möglich und zulässig ist (§ 163 SGG), während dies bei den tatsächlichen Grundlagen von Verfahrensmängeln, die erst zusammengetragen werden müssen, gerade nicht in Betracht kommt. Dennoch entspricht es der ständigen Rechtsprechung bereits des RG und des BSG, dass auch die Begründungserfordernisse bei materiell-rechtlichen Rügen ungeachtet der erst im Rahmen der Begründetheit zu klärenden Frage, ob die Revisionsbegründung den Revisionsangriff auch trägt (BSG Urteil vom 9.6.1982 - 6 RKa 16/80 - USK 82242 = Juris RdNr 8), ua der Entlastung des Revisionsgerichts und seines Berichterstatters dienen (exemplarisch RGZ 87, 5, 6; BSG Urteil vom 20.1.2005 - B 3 KR 22/03 R - USK 2005-95 = Juris RdNr 16 und Beschluss vom 28.1.2014 - B 13 R 31/13 R - Juris RdNr 8 mwN). Es bedarf daher als Teil einer sorgfältigen sowie nach Umfang und Zweck zweifelsfreien Begründung zur Individualisierung des Lebenssachverhalts, aus dem sich die behauptete Rechtsverletzung herleitet (BSG Urteil vom 23.11.2005 - B 12 RA 10/04 R - Juris RdNr 11), in der Begründungsschrift selbst aus sich heraus erkennbar ua der Darlegung des im angegriffenen Urteil festgestellten Sachverhalts (BSG Beschluss vom 17.1.1958 - BSGE 6, 269, 270; BSG Urteil vom 30.6.1964 - SozR Nr 53 zu § 164 SGG = Juris RdNr 8; BSG Urteil vom 13.10.1983 - 11 RAz 3/82 - Juris RdNr 11; BSG Urteil vom 28.1.1981 - 9 RV 1/80 - Juris RdNr 15; BSG Urteil vom 9.6.1982 - 6 RKa 16/80 - USK 82242 = Juris RdNr 8; BSG Beschluss vom 24.11.1983 - 3 RK 7/83 - Juris RdNr 8; BSG SozR 1500 § 164 Nr 25 = Juris RdNr 7; BSG SozR 1500 § 164 Nr 29 = Juris RdNr 9 f; BSG Beschluss vom 21.7.1988 - 3 RK 17/87 - Juris RdNr 6; BSG Beschluss vom 18.6.1990 - 9a RVs 2/90 - Juris RdNr 3; BSG Beschluss vom 30.1.1991 - 6 RKa 17/89 - Juris RdNr 7; BSG Beschluss vom 10.4.1991 - 6 RKa 7/90 - Juris RdNr 6; BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 12 = Juris RdNr 20; BSG Urteil vom 29.8.1996 - 4 RA 105/95 - Juris RdNr 12; BSG SozR 1500 § 164 Nr 12 = Juris RdNr 7; BSG Beschluss vom 27.2.2008 - B 12 P 1/07 R - Juris RdNr 16, stRspr; ebenso BFH Urteil vom 28.4.1987 - IX R 9/83 - BFH/NV 1988, 151 = Juris RdNr 9; BFH Beschluss vom 11.12.1986 - V R 135/85 - BFH/NV 1988, 92 = Juris RdNr 21 f; BFH Urteil vom 5.10.1999 - VII R 25/98 - BFH/NV 2000, 235 = Juris RdNr 14; BVerwG Beschluss vom 2.4.1982 - 5 C 3/81 - Buchholz 310 § 139 VwGO Nr 61 = Juris RdNr 3; BVerwG Beschluss vom 6.12.1984 - 9 C 41/84 - NJW 1985, 1235 = Juris RdNr 3, stRspr; BAG Urteil vom 29.10.1997 - 5 AZR 624/96 - BAGE 87, 41 = Juris RdNr 14, stRspr). Nur so kann der Revisionsführer dem Revisionsgericht "erklären", warum er nach Durcharbeitung des Prozessstoffs und der gebotenen Selbstüberprüfung seines Vorbringens in der Vorinstanz mit der angefochtenen Entscheidung nicht einverstanden ist (BFH Beschluss vom 17.7.1985 - II R 122/83 - BFH/NV 1986, 164 = Juris RdNr 9).

34

Wie ausgeführt hat dies mit der Begründetheitsprüfung noch nichts zu tun. Vielmehr entspricht es auch der Rechtsprechung des Senats, dass es im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung in einem Revisionsverfahren nicht darauf ankommt, ob die materielle Rüge den Revisionsangriff im Ergebnis trägt bzw die Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil aus der Sicht des Revisionsgerichts überzeugend oder gar schlüssig ist; dies ist allein eine Frage der Begründetheit der Revision (Senatsurteil vom 25.6.1975 - 5 RKn 41/74 - SozR 2600 § 54 Nr 1 = Juris RdNr 16; vgl auch BSG Beschluss vom 30.1.1991 - 6 RKa 17/89 - Juris RdNr 7; BVerwG Beschluss vom 17.12.1990 - 5 CB 42/90 - Juris RdNr 2; BGH Urteil vom 24.11.1980 - VIII ZR 208/79 - NJW 1981, 1453; Hauck in Zeihe/Hauck, SGG, Stand April 2016, § 164 RdNr 27d; Neumann in Sodan/Ziekow, aaO, § 139 RdNr 95, 102; Krüger in MüKo zur ZPO, 5. Aufl 2016, § 551 RdNr 20 aE). Die Pflicht zur Begründung der Revision zielt nicht darauf ab, eine qualifizierte Erfolgsprognose über das Rechtsmittel in der Hauptsache zu einem Bestandteil der Sachurteilsvoraussetzungen desselben zu erheben und die Begründetheitsprüfung gleichsam in die Zulässigkeitsprüfung vorzuverlagern (BSG Urteile vom 24.2.2016 - Juris RdNr 13 - zur Veröffentlichung in SozR 4-1500 § 164 Nr 4 vorgesehen und vom 3.9.2014 - B 10 ÜG 12/13 R - SozR 4-1720 § 198 Nr 4 RdNr 12).

35

Den Beschlüssen des Senats vom 16.7.2014 (BeckRS 2014, 71436 RdNr 12), vom 25.9.2014 (B 5 RE 14/14 R - BeckRS 2014, 73306 RdNr 8 und B 5 RE 15/14 R - BeckRS 2014, 73307 RdNr 9), vom 5.11.2014 (BeckRS 2014, 74155 RdNr 8) und dem Urteil vom 23.7.2015 (B 5 R 32/14 R - Juris RdNr 7) kann nichts anderes entnommen werden. Der dortige Hinweis, dass die Darstellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts im Rahmen der Rüge der Verletzung materiellen Rechts es ermöglichen muss, das BSG in die Lage zu versetzen, "ohne Studium der Gerichts- und Verwaltungsakten allein anhand der Revisionsbegründung zu prüfen, ob die im Streit stehenden revisiblen Rechtsvorschriften auf den festgestellten Sachverhalt nicht oder nicht richtig angewendet worden sind", vermittelt nur vordergründig und bei isolierter Orientierung am Wortlaut den unzutreffenden Eindruck einer vorgezogenen Begründetheitsprüfung. Es gehört zu den Grundsätzen der allgemeinen Hermeneutik, dass in sich geschlossene Ausführungen als Einheit zu begreifen sind; dh der Inhalt eines einzelnen Satzes kann nicht losgelöst vom Textganzen, sondern nur aus diesem heraus bestimmt werden (vgl Coing, Gesammelte Aufsätze zu Rechtsgeschichte, Rechtsphilosophie und Zivilrecht, Bd 1, 1982, S 208, 217). Der maßgebende und entscheidungstragende Rechtssatz, der die Anforderungen des § 164 Abs 2 S 3 SGG präzisiert, findet sich in den vorbezeichneten Entscheidungen jeweils vorangehend(Senatsbeschlüsse vom 16.7.2014, aaO RdNr 10, vom 25.9.2014 - B 5 RE 14/14 R - aaO RdNr 6, vom 25.9.2014 - B 5 RE 15/14 R - aaO RdNr 6 und vom 5.11.2014, aaO RdNr 7; Senatsurteil vom 23.7.2015, aaO RdNr 5). Er lautet:

        

"Um anhand der Revisionsbegründung nachvollziehen zu können, ob der Revisionskläger bzw sein Prozessvertreter das angefochtene Urteil im Hinblick auf das Rechtsmittel überprüft und die Rechtslage genau durchdacht hat, muss die Revision daher sowohl bei prozessualen als auch bei materiell-rechtlichen Rügen sorgfältig begründet werden".

36

Dieser öffnende Obersatz - zu dem alle weiteren Sätze in Beziehung zu setzen sind - macht deutlich, dass nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats die materiell-rechtliche Rüge im Revisionsverfahren nicht den gesteigerten Anforderungen einer Verfahrensrüge oder Nichtzulassungsbeschwerde genügen und die Revisionsentscheidung im Einzelnen auch nicht gleichsam vorwegnehmen muss; es ist ausreichend, dass die Begründung rechtliche Erwägungen anstellt, die das angegriffene Urteil als unrichtig, somit eine Rechtsnorm als verletzt erscheinen lassen können. Nach alldem mag allein eine zu kurz greifende, isolierte Betrachtung für die vom anfragenden Senat gezogene Schlussfolgerung sprechen; die gebotene Kontextualisierung des streitbefangenen Rechtssatzes trägt eine solche Interpretation indes nicht.

37

Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass dieser vom anfragenden Senat unter Buchst b) des Tenors zitierte Rechtssatz auch nicht der die bezeichneten Entscheidungen allein tragende rechtliche Gesichtspunkt war. Tragend sind diejenigen Rechtsauffassungen, die nicht hinweggedacht werden können, ohne dass das konkrete Entscheidungsergebnis nach dem in der Entscheidung zum Ausdruck gekommenen Gedankengang entfiele. Stützt sich ein konkretes Ergebnis der Entscheidung auf mehrere selbständig tragfähige Begründungen und will der anfragende Senat nur von einer dieser Begründungen abweichen, liegt keine die Anrufung des Großen Senats des BSG begründende Divergenz vor (vgl BFH Beschluss vom 22.7.1977 - III B 34/74 - BFHE 123, 112, 116; Behn in Peters/Sautter/Wolff, aaO, § 41 RdNr 29; vgl auch BVerfG Beschluss vom 3.7.2012 - 2 PBvU 1/11 - BVerfGE 132, 1, 4 f). So liegen die Dinge hier. Der erkennende Senat hat die Notwendigkeit der Darstellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts in den vorbezeichneten Entscheidungen durchgehend vor allem damit begründet, dass eine Revision auch bei materiell-rechtlichen Rügen sorgfältig zu begründen ist und ohne Angaben zum festgestellten Sachverhalt eine Überprüfung des vorgenommenen Subsumtionsschlusses von vornherein ausgeschlossen ist (Senatsbeschlüsse vom 16.7.2014 - BeckRS 2014, 71436 RdNr 10 f; vom 25.9.2014 - B 5 RE 14/14 R - BeckRS 2014, 73306 RdNr 6 f; vom 25.9.2014 - B 5 RE 15/14 R - BeckRS 2014, 73307 RdNr 6, 9 und vom 5.11.2014 - BeckRS 2014, 74155 RdNr 7 f, Senatsurteil vom 23.7.2015 - B 5 R 32/14 R - Juris RdNr 5 f); zudem wurde in diesen Entscheidungen das Rechtsmittel auch deshalb als unzulässig verworfen, weil die jeweilige Revisionsbegründung auf die Gründe des angefochtenen Urteils nicht in der gebotenen Weise eingegangen ist (Senatsbeschlüsse vom 16.7.2014, aaO RdNr 13 f, vom 25.9.2014 - B 5 RE 14/14 R, aaO RdNr 9 ff, vom 25.9.2014 - B 5 RE 15/14 R, aaO RdNr 10 ff und vom 5.11.2014, aaO RdNr 9 f, Senatsurteil vom 23.7.2015, aaO RdNr 8 f). Die vorerwähnten Entscheidungen des Senats wären mithin nicht anders ausgefallen, wenn die zweite vom anfragenden Senat aufgeworfene Rechtsfrage in den Gründen dieser Entscheidungen unerwähnt geblieben wäre. Ihre Niederlegung trägt diese nicht derart, dass sie jeweils ein unabdingbares Glied in der Gedankenkette des Senats darstellten (vgl BSG Urteil vom 24.4.2014 - B 13 R 23/13 R - Juris RdNr 23).

38

Worin nach alldem der zusätzliche rechtliche Ertrag eines Anrufungsverfahrens bestehen könnte, vermag sich dem erkennenden Senat nicht zu erschließen.

Tenor

Der 5. Senat hält an der Rechtsauffassung fest, wie sie in den von der Anfrage des 12. Senats in Bezug genommenen Entscheidungen zum Ausdruck gekommen ist.

Gründe

1

I. Dem anfragenden 12. Senat des BSG liegt ein Rechtsstreit vor, in dem zuletzt noch darüber zu befinden ist, ob der Kläger Beiträge zu seiner freiwilligen Krankenversicherung bei der Beklagten für die Monate Januar 2010 bis März 2010 zu entrichten hat oder ob hinsichtlich der streitigen Beitragsforderung bereits Erfüllung durch konkludente Genehmigung des Forderungseinzugs im Lastschriftverfahren eingetreten ist.

2

Der 12. Senat beabsichtigt die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen. Er sieht sich hieran durch die vom 5. Senat in ständiger Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen an eine ordnungsgemäße Revisionsbegründung gehindert. Würde der 12. Senat dem 5. Senat folgen, wäre die Revision des Klägers nach Ansicht des 12. Senats als unzulässig zu verwerfen. Er hat daher beim 5. Senat mit Beschluss vom 29.6.2016 (B 12 KR 2/15 R - Juris) angefragt,

        

"ob dieser an seiner Rechtsprechung festhält, dass die formgerechte Begründung einer Revision iS von § 164 Abs 2 S 3 SGG auch im Rahmen der Rüge der Verletzung materiellen Rechts in Bezug auf die Darstellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts

        

a)    

die ausdrückliche Angabe erfordert, dass es sich bei den vom Revisionsführer angeführten tatsächlichen Umständen um den Sachverhalt handelt, den die Vorinstanz im angefochtenen Urteil festgestellt hat, und 'an welcher genauen Stelle' er dem Berufungsurteil die von ihm genannten Tatumstände entnehmen möchte (Beschluss vom 5.11.2014 - B 5 RE 5/14 R - BeckRS 2014, 74155 RdNr 8; Urteil vom 23.7.2015 - B 5 R 32/14 R - Juris RdNr 7),

        

b)    

es erfordert, das Bundessozialgericht in die Lage zu versetzen, 'ohne Studium der Gerichts- und Verwaltungsakten allein anhand der Revisionsbegründung zu prüfen, ob die im Streit stehenden revisiblen Rechtsvorschriften auf den festgestellten Sachverhalt nicht oder nicht richtig angewendet worden sind' (Beschluss vom 5.11.2014 - B 5 RE 5/14 R - BeckRS 2014, 74155 RdNr 8; Urteil vom 23.7.2015 - B 5 R 32/14 R - Juris RdNr 7; vgl auch Beschluss vom 22.7.2015 - B 5 R 16/15 R - BeckRS 2015, 70865 RdNr 8 f)."

3

II. Im Mittelpunkt der Anfrage des 12. Senats steht die Auslegung des § 164 Abs 2 S 3 SGG und die sich hieraus ergebende Pflicht zur Darstellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts im Rahmen der Rüge der Verletzung materiellen Rechts.

4

1. Gemäß § 164 Abs 2 S 1 SGG ist die Revision innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils oder des Beschlusses über die Zulassung der Revision zu begründen. Nach Satz 3 muss die Begründung einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben.

5

a) § 164 Abs 2 S 3 SGG ist dem § 554 Abs 3 Nr 2 ZPO(idF der Bekanntmachung vom 5.6.1905, RGBl S 536, 537) nachgebildet (vgl BSG Urteil vom 30.6.1964 - 3 RK 38/60 - SozR Nr 53 zu § 164 SGG und Beschluss vom 24.9.1957 - 2 RU 70/54 - SozR Nr 27 zu § 164 SGG); die für das Verfahren nach der ZPO gültigen Maßstäbe gelten daher auch für die Auslegung des § 164 Abs 2 S 3 SGG(vgl BSG Beschlüsse vom 12.11.1962 - 9 RV 694/62 - SozR Nr 49 zu § 164 SGG und vom 17.1.1958 - 11/9 RV 1126/55 - BSGE 6, 269 f).

6

aa) Anlass der Einfügung des § 554 Abs 3 Nr 2 ZPO aF war die - trotz Vergrößerung des Personalbestandes - bestehende Arbeitsbelastung des Reichsgerichts (RG), die sich durch die Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuches zum 1.1.1900 weiter verschärft hatte (vgl RT-Drucks 1903/1904 Nr 415 S 4). Der Gesetzesentwurf der Reichsregierung betreffend Änderungen der ZPO sah einen Grund hierfür auch in der Ausgestaltung der auf die Begründung der Revision bezogenen Bestimmung des § 554 ZPO(idF der Bekanntmachung vom 20.5.1898, RGBl 514 f) als Sollvorschrift. Der Umstand, dass ohne Nachteil für den Erfolg des Rechtsmittels eine Begründung der Revision unterbleiben durfte, hatte nämlich zur Folge, dass eine solche häufig entweder gar nicht oder zu einem Zeitpunkt einging, in welchem sie zur Vorbereitung des Berichterstatters wie des Revisionsgegners nicht mehr dienen konnte, bzw Revisionen kurz vor der mündlichen Verhandlung zurückgenommen wurden, nachdem der Berichterstatter seine Bearbeitung bereits abgeschlossen hatte (RT-Drucks 1903/1904 Nr 415 S 9 f). Gleichwohl sah der Regierungsentwurf den Weg zur Entlastung des RG nicht in der Einführung eines Revisionsbegründungszwangs, sondern in der Erhöhung der Revisionssumme, um auf diese Weise die Zahl der zu bearbeitenden Fälle zu vermindern (RT-Drucks 1903/1904 Nr 415 S 10 ff). Auch von Mitgliedern der im Weiteren mit dem Gesetzesentwurf befassten XII. Kommission des Reichstages wurde die Auffassung vertreten, dass die fehlende Pflicht zur Revisionsbegründung in unnötiger Weise die Vorarbeit des Senatspräsidenten und des Berichterstatters erschwere, weil diese die gesamten Akten auch ihrerseits darauf zu prüfen hätten, ob eine Rechtsverletzung vorliege, gleichviel ob diese gerügt worden sei oder nicht (RT-Drucks 1903/1905 Nr 782 S 26). Anders als die Regierungsvorlage sprach sich die Kommission für die Einführung eines Begründungszwangs aus (RT-Drucks 1903/1905 Nr 782 S 81). Dieser würde mehr wie bisher davon abhalten, ohne genauere Prüfung eine Revision einzulegen, und dazu führen, dass aussichtslose Revisionen früher zurückgezogen würden. Dem Gericht werde dadurch unnötiges Aktenstudium erspart; die Vorbereitung des Berichterstatters würde erheblich erleichtert und könnte eine viel gründlichere sein, da das gesamte Vorbringen des Revisionsklägers in seinen wesentlichen Punkten rechtzeitig schriftlich vorliege (RT-Drucks 1903/1905 Nr 782 S 59 f). In den anschließenden Verhandlungen des Reichstags wurde die mit der Einführung des Begründungszwangs bezweckte Entlastung des RG nochmals hervorgehoben und auch auf die für die Anwälte einhergehende Mehrbelastung hingewiesen (vgl Stenographische Berichte über die Verhandlungen des RT 1903/1905, S 6031, 6043 und 6090).

7

bb) Die Rechtsprechung des RG hat in der Pflicht zur Begründung der Revision ein formales Erfordernis erblickt, deren notwendiger Inhalt nicht ohne Rücksicht auf den gesamten Zweck der Vorschriften zur Revisionsbegründung zu bestimmen sei (RG Urteile vom 11.1.1907 - II 357/06 - RGZ 65, 81, 84; vom 3.6.1907 - VI 418/06 - RGZ 66, 178, 180 und vom 3.5.1915 - VI 547/14 - RGZ 87, 5, 6). Die Revisionsbegründungspflicht sei eingeführt worden, um eine Entlastung des RG herbeizuführen (RG Urteile vom 12.12.1918 - VI 251/18 - RGZ 95, 70, 72 und vom 22.3.1926 - IV 362/25 - RGZ 113, 166, 168). Diesem Zweck entsprechend sei die Formvorschrift des § 554 ZPO streng auszulegen und anzuwenden(RG Urteile vom 26.11.1929 - VII 256/29 - RGZ 126, 245, 249 und vom 16.6.1921 - VI 84/21 - RGZ 102, 280, 281 f). Insoweit hat das RG in ständiger Rechtsprechung das Erfordernis aufgestellt, dass nicht nur für die verfahrensrechtlichen Rügen die Tatsachen, die den Mangel ergeben sollen, in der Begründungsschrift im Einzelnen bestimmt bezeichnet werden müssen, sondern auch den sachlich-rechtlichen Revisionsangriffen eine sorgfältige, über ihren Umfang und Zweck keinen Zweifel lassende Begründung zuteilwerden muss, die erkennen lässt, dass der die Revisionsbegründung einreichende Rechtsanwalt sich einer Nachprüfung des angegriffenen Urteils unterzogen hat (RG Urteil vom 27.5.1927 - III 390/26 - RGZ 117, 168, 170 und Beschluss vom 6.11.1928 - VII 514/28 - RGZ 123, 38).

8

In den 1950er und 1960er Jahren hat das BSG im Anschluss an diese Rechtsprechung des RG die grundlegenden Maßstäbe für die Anwendung und Auslegung des § 164 Abs 2 S 3 SGG herausgearbeitet. § 164 Abs 2 S 3 SGG sei dem § 554 Abs 3 Nr 2 ZPO aF nachgebildet, diene demselben rechtspolitischen Zweck, nämlich der Entlastung des Revisionsgerichts, und sei zu dessen Erreichung streng auszulegen(BSG Urteile vom 30.6.1964 - 3 RK 38/60 - SozR Nr 53 zu § 164 SGG und vom 28.2.1962 - 2 RU 271/58 - BSGE 16, 227 = SozR Nr 48 zu § 164 SGG; Beschluss vom 24.9.1957 - 2 RU 70/54 - SozR Nr 27 zu § 164 SGG). Die Revisionsbegründung soll die Vorarbeiten des Berichterstatters erleichtern; außerdem soll erreicht werden, dass der Prozessbevollmächtigte die Rechtslage genau durchdenkt, bevor er durch seine Unterschrift die Verantwortung für die Revision übernimmt und dass er infolgedessen unter Umständen von der Durchführung aussichtsloser Revisionen absieht (BSG Urteil vom 30.6.1964, aaO; Beschlüsse vom 12.11.1962 - 9 RV 694/62 - SozR Nr 49 zu § 164 SGG und vom 17.1.1958 - 11/9 RV 1126/55 - BSGE 6, 269, 270). Eine die Zulässigkeitsschwelle überwindende Revisionsbegründung muss aus sich heraus erkennen lassen, dass der Prozessbevollmächtigte das angefochtene Urteil nachgeprüft hat (BSG Urteil vom 30.6.1964, aaO und Beschlüsse vom 17.1.1958, aaO und 24.9.1957, aaO).

9

Hieran anknüpfend und unter Bezugnahme auf die Entscheidung des RG vom 27.5.1927 (RGZ 117, 168) hat im Weiteren der anfragende Senat mit Beschluss vom 13.12.1976 (12 RK 46/76 - SozR 1500 § 164 Nr 5 S 5) die an eine ordnungsmäßige Revisionsbegründung zu stellenden Anforderungen dahingehend konkretisiert, dass auch bei materiell-rechtlichen Revisionsangriffen die Revision sorgfältig und nach Umfang und Zweck zweifelsfrei zu begründen sei. Wie im Rahmen von Verfahrensrügen seien auch bei materiell-rechtlichen Revisionsrügen die Tatsachen zu bezeichnen, die den Mangel ergeben. Das Revisionsgericht müsse nämlich anhand der Revisionsbegründung erkennen können, dass der Prozessbevollmächtigte das angefochtene Urteil im Hinblick auf das Rechtsmittel der Revision überprüft hat, um so dem gesetzgeberischen Zweck des § 164 Abs 2 S 3 SGG zu genügen, aussichtslose Revisionen nach Möglichkeit von vornherein zu verhindern. Als Ergebnis der eigenen Nachprüfung habe der Prozessbevollmächtigte dem Revisionsgericht die Gründe darzulegen, die das Urteil als unrichtig erscheinen lassen.

10

Eine weitere Präzisierung erfuhr diese Rechtsprechung schließlich durch den Beschluss des 11. Senats vom 2.1.1979 (11 RA 54/78 - SozR 1500 § 164 Nr 12 S 17),der ausgeführt hat:

        

"die Revision ist deshalb - auch bei materiell-rechtlichen Rügen - sorgfältig zu begründen; sie muss jedenfalls die Gründe aufzeigen, die nach Auffassung des Prozessbevollmächtigten das Urteil im oder in den verbleibenden Streitpunkten unrichtig erscheinen lassen; hierzu bedarf es einer zumindest kurzen Auseinandersetzung mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung (vgl BSG SozR Nr 27 zu § 164 SGG; SozR 1500 § 164 Nr 5 mwH; BVerwG, Buchholz 310. § 139 VwGO Nr 34, BFHE 88, 230; 101, 356, 357; 102, 217, 219). Bei alledem sind stets die Voraussetzungen im Auge zu behalten, unter denen das Gesetz dem Revisionsgericht überhaupt eine Korrektur von unrichtigen Urteilen erlaubt; die Revisionsbegründung muss daher grundsätzlich von tatsächlichem Vorbringen frei sein; sie muss bei materiellrechtlichen Rügen darlegen, dass und warum eine revisible Rechtsvorschrift auf den festgestellten Sachverhalt nicht oder nicht richtig angewandt worden ist (§ 550 ZPO); dies kann nur mit rechtlichen Erwägungen zu dieser Vorschrift geschehen (vgl RGZ 117, 168, 171; BVerwG aaO)."

11

Der Entscheidung des 11. Senats vom 2.1.1979 (aaO) haben sich in der Folge alle Senate des BSG (der anfragende Senat mit Urteil vom 21.9.2005 - B 12 KR 1/05 R - Juris RdNr 11) ausdrücklich angeschlossen. Bereits mit Ende der 1970er Jahre war damit in der Rechtsprechung des BSG abschließend geklärt, welche Anforderungen an die Begründung einer Revision in Bezug auf materiell-rechtliche Rügen über Antrag und Bezeichnung der verletzten Norm hinaus zu stellen sind. Im Weiteren erfuhr die Ausgestaltung des Begründungserfordernisses lediglich neue sprachliche Aus- und Umformungen; eine inhaltliche Abkehr von früheren Entscheidungen - und insbesondere von BSG SozR 1500 § 164 Nr 12 - verband sich hiermit nicht(vgl exemplarisch BSG Urteil vom 8.2.2000 - B 1 KR 18/99 R - SozR 3-1500 § 164 Nr 11 S 19 unter Verweis auf BSG SozR 1500 § 164 Nr 12).

12

2. Diese die Vorschrift des § 164 Abs 2 S 1 und 3 SGG mit Inhalt füllende Rechtsprechung bildet auch die Grundlage der ständigen Spruchpraxis des erkennenden Senats.

13

Wendet sich die Revision gegen die Verletzung einer Vorschrift des materiellen Rechts, ist nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats in der Begründung sorgfältig und nach Umfang und Zweck zweifelsfrei darzulegen, weshalb die Norm in der angefochtenen Entscheidung - bezogen auf den festgestellten Sachverhalt - nicht oder nicht richtig angewandt worden ist. Dies setzt voraus, dass sich die Begründung mit dem vorinstanzlichen Urteil auseinandersetzt. "Auseinandersetzung" bedeutet, auf den Gedankengang des Vordergerichts einzugehen. Dazu muss der Revisionsführer - zumindest kurz - rechtlich auf die Gründe der Vorinstanz eingehen; er muss mithin erkennen lassen, dass er sich mit der angefochtenen Entscheidung befasst hat und inwieweit er bei der Auslegung der angewandten Rechtsvorschriften anderer Auffassung ist (Senatsbeschlüsse vom 10.2.2016 - B 5 RS 1/15 R - BeckRS 2016, 66775 RdNr 6; vom 5.5.2015 - B 5 R 18/14 R - BeckRS 2015, 69242 RdNr 6 und vom 9.1.2014 - B 5 RE 1/14 R - BeckRS 2014, 65978 RdNr 7).

14

3. Will man diese in ständiger Rechtsprechung aufgestellten strengen Anforderungen nicht als bloße Leerformeln begreifen, kann eine Rüge der Verletzung materiellen Rechts diesen logisch und rechtlich nur dann genügen, wenn sie den vom Vordergericht festgestellten entscheidungserheblichen Lebenssachverhalt (im Sinne einer Gesamtheit rechtlich relevanter Tatumstände) vollständig darlegt.

15

a) Diese Notwendigkeit folgt aus dem Wesen deduktiver Rechtsanwendung als einem Zusammenfügen von Sätzen über Realitätsausschnitte und normativen Größen (aa) sowie der Bindung des BSG als Revisionsgericht an die vom Vordergericht festgestellten Tatsachen (bb), wird durch den Sinn und Zweck der zur Zulässigkeitsvoraussetzung erhobenen Revisionsbegründung getragen (cc) und entspricht in vergleichbarer Weise den vom BVerfG an die Zulässigkeit einer Richtervorlage nach Art 100 Abs 1 S 1 Alt 2 GG gestellten Anforderungen (dd).

16

aa) Nach § 162 SGG kann die Revision allein darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung revisiblen Rechts beruht. Wann eine Rechtsverletzung vorliegt, ist in § 546 ZPO geregelt, der iVm § 202 SGG im sozialgerichtlichen Verfahren Anwendung findet(Fichte in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl 2014, § 162 RdNr 2). Danach ist das Recht verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet worden ist. Gleichbleibender Rahmen bzw logisches Gerüst jeder Rechtsanwendung ist die Figur des "Syllogismus der Rechtsfolgebestimmung"; der juristische Denkprozess beim Anwenden einer Norm auf die Beschreibung eines Lebenssachverhalts vollzieht sich nach seinen logischen Schlussregeln (Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl 1991, S 271 f; Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff 1982, S 395; Schmidt, JuS 2003, 649). In ihm bildet ein vollständiger Rechtssatz den Obersatz, die Unterordnung eines festgestellten und verbal umschriebenen Sachverhalts unter den Tatbestand des Rechtssatzes den Untersatz. Die Schlussfolge wiederum besagt, dass für den beschriebenen Sachverhalt die im Rechtssatz genannte Rechtsfolge gilt. Mit der Verneinung der Zuordnung der Beschreibung eines Sachverhalts zum Tatbestand eines Rechtssatzes ist indes nicht stets die Verneinung der hieraus ableitbaren konkreten Rechtsfolge verbunden; denn diese lässt sich möglicherweise in Anwendung eines anderen Tatbestands begründen. Ebenso bedarf es der Prüfung, ob der beschriebene Sachverhalt nicht unter den Tatbestand einer einschränkenden Norm fällt, welche die einstweilen gewonnene Rechtsfolgenanordnung begrenzt oder ausschließt.

17

Innerhalb dieses logischen Schlussverfahrens können Fehler nicht nur im Obersatz, sondern auch im Untersatz und in der Schlussfolgerung selbst auftreten (Heßler in Zöller, ZPO, 31. Aufl 2016, § 546 RdNr 7; Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, Stand Juli 2016, § 118 FGO RdNr 32 f; für eine Unterteilung nur in Interpretations- und Subsumtionsfehler etwa BSG Urteil vom 24.2.2016 - B 13 R 31/14 R - Juris RdNr 14 zur Veröffentlichung in SozR 4-1500 § 164 Nr 4 vorgesehen; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 162 RdNr 8 mwN; Ratschow in Gräber, FGO, 8. Aufl 2015, § 118 FGO RdNr 6). Unrichtige Rechtsanwendung besteht danach zunächst darin, dass die abstrakten Tatbestandsmerkmale einer Norm unzutreffend ausgelegt wurden oder eine anzuwendende Norm übersehen wurde (Interpretationsfehler = Fehler im Obersatz). Fehler können aber auch beim Feststellen von Tatsachen unterlaufen (Feststellungsfehler = Fehler im Untersatz). Derartige Fehler sind, soweit sie die Feststellung selbst betreffen, als "ureigene tatrichterliche Aufgabe" (BSG vom 11.3.2016 - B 9 V 3/16 B - Juris RdNr 6) und Teil der Urteilsfindung allein des Berufungsgerichts einer revisionsgerichtlichen Überprüfung zur Gänze entzogen. Beanstandungen des im Einzelfall gefundenen Ergebnisses und Versuche, es mit revisionsrechtlichen Angriffen durch ein eigenes abweichendes zu ersetzen, sind damit grundsätzlich unbeachtlich (BSG vom 8.2.2000 - B 1 KR 13/99 R - Die Beiträge Beilage 2002, 380 ff = Juris RdNr 14 und vom 6.5.2004 - B 4 RA 44/03 R - Juris RdNr 20). Eine Überprüfung kommt insofern allein auf Rüge eines verfahrensfehlerhaften äußeren Zustandekommens einer Tatsachenfeststellung (§ 164 Abs 2 S 3 SGG) in Betracht, wenn also im Einzelfall gegen das Gebot der Vollständigkeit (§ 128 Abs 1 S 1 SGG) bzw gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen wurde (vgl BSG SozR 4-3250 § 69 Nr 21 RdNr 26; BSG SozR Nr 34 und 56 zu § 128 SGG; BGH Urteil vom 17.5.2000 - VIII ZR 216/99 - NJW 2000, 3007). Schließlich kommt in Betracht, dass festgestellte Tatsachen fehlerhaft einer bestimmten Norm unterstellt oder zu Unrecht einem an sich verwirklichten Normtatbestand nicht unterstellt wurden (Subsumtionsfehler = Fehler im Schlusssatz).

18

Die zur Gewinnung eines Sachverhalts notwendige Abstrahierung von Unwesentlichem kann dabei immer nur in Bezug auf bestimmte Rechtsnormen vorgenommen werden. Umgekehrt können in Betracht zu ziehende Rechtsnormen nur bezüglich eines bestimmten Sachverhalts ausgewählt werden (Schlüter, Das obiter dictum, 1973, S 109). Ober- und Untersatz stehen demnach nicht beziehungslos nebeneinander, sondern greifen wechselwirksam ineinander oder anders gewendet: Für den Obersatz ist wesentlich, was auf den konkreten Fall Bezug hat, und für den konkreten Fall ist nur von Bedeutung, was auf den Obersatz Bezug hat (Engisch, Logische Studien zur Gesetzesanwendung, 3. Aufl 1963, S 14 f). Für die Prüfung der Frage, ob die getroffene Entscheidung (Konklusion) von ihren beiden Prämissen getragen wird, dem Gesetz als Obersatz (normative Prämisse) und dem festgestellten Sachverhalt als Untersatz (tatsächliche Prämisse), bedarf es demnach stets und denknotwendig des Wissens um den entscheidungserheblichen Sachverhalt.

19

bb) Der konkret-individuelle Sachverhalt, für den die Rechtsfolgen ermittelt werden sollen und der den Untersatz des Syllogismus bildet, muss anders als der Obersatz, der regelmäßig in formulierten Sätzen vorgegeben ist, erst in solchen beschrieben, also festgestellt werden (Bydlinski, aaO, S 43 f). Der für das Revisionsverfahren relevante Sachverhalt, die tatsächlichen Feststellungen iS von § 163 SGG, findet seinen Ausdruck in dem Untersatz, den die Tatsachengerichte auf der Grundlage ihrer Ermittlungen unter Heranziehung der Beteiligten(§§ 103, 128 Abs 2 SGG)als Ausdruck ihrer begründeten, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen freien Überzeugung (§ 128 Abs 1 S 1, 2 SGG) im Urteil zum Ausdruck gebracht haben (§§ 128 Abs 1 S 2, 136 Abs 1 Nr 6 SGG). Die identische Tatsachengrundlage des Berufungs- wie des Revisionsurteils ist damit rechtlich abschließend und unvertretbar der "Überzeugung" des Tatsachengerichts zugewiesen. Das BSG als Revisionsgericht ist demgegenüber grundsätzlich weder befugt noch verpflichtet, eigene Tatsachen zu ermitteln; es prüft nur, ob im angefochtenen Urteil das revisible Recht richtig angewandt worden ist oder nicht. Dieser Eigenart des Revisionsgerichts als Rechtskontrollinstanz trägt § 163 SGG Rechnung(vgl Heinz in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 163 RdNr 1 und 4)und berücksichtigt dabei zugleich, dass das individuelle geistige Internum der "Überzeugung" (§ 128 Abs 1 S 1 SGG) externer Kontrolle schon faktisch weitgehend entzogen ist. Nach § 163 SGG ist das BSG an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, es sei denn, dass in Bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind. Diese gesetzlich vorgegebene Bindung legt für das BSG die tatsächliche Grundlage fest, auf der die Revisionsentscheidung allein getroffen werden darf. Es darf und kann seiner rechtlichen Beurteilung grundsätzlich nur den vom Vordergericht festgestellten Sachverhalt zugrunde legen (vgl Neumann in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl 2014, § 137 RdNr 142; zur ausnahmsweise möglichen Tatsachenfeststellung durch das BSG vgl Behn in Peters/Sautter/Wolff, SGG, Stand Juni 2015, § 163 RdNr 38 ff mit RsprNachw). Die revisionsrechtliche Prüfungsgrundlage muss demnach identisch mit dem Sachverhalt sein, der dem Urteil des Vordergerichts zugrunde liegt und von diesem festgestellt worden ist. Nur unter dieser Voraussetzung kann das Revisionsgericht erkennen und darüber befinden, ob dem Tatsachengericht bei seiner Entscheidung Fehler in der Rechtsanwendung unterlaufen sind oder nicht.

20

cc) Die Pflicht zur Revisionsbegründung dient - wie dargelegt - dem Zweck, das Revisionsgericht zu entlasten, indem sie zum einen die Vorbereitung bzw Vorarbeiten des Berichterstatters erleichtert; zum anderen soll erreicht werden, dass der Rechtsanwalt die Rechtslage genau durchdenkt, bevor er durch seine Unterschrift die Verantwortung für die Revision übernimmt, und dass er infolgedessen von der Durchführung aussichtsloser Revisionen absieht (Senatsbeschluss vom 16.7.2014 - B 5 RS 5/13 R - BeckRS 2014, 71436 RdNr 9; Berchtold in Berchtold/Richter, Prozesse in Sozialsachen, 2. Aufl 2016, § 8 RdNr 206 f; Bley, Festschrift 25 Jahre BSG, 1979, S 817, 846). Vor allem die zweite Zielrichtung des Revisionsbegründungszwangs wäre unvollkommen und weniger effektiv, wenn in der Revisionsbegründung nicht die im Hinblick auf die gerügte Rechtsverletzung gerade vom Vordergericht und im angegriffenen Urteil (exemplarisch BSG SozR 1500 § 164 Nr 28 S 44 f, BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 12 S 65 und vom 27.2.2008 - B 12 P 1/07 R - Juris RdNr 16) festgestellten, entscheidungserheblichen Tatsachen zutreffend mitgeteilt werden müssten. Denn erst so wird zum einen sichergestellt, dass der Revisionsführer die Entscheidungserheblichkeit seiner Ausführungen im Blick behält (vgl BSG Urteil vom 24.2.2016, aaO, Juris RdNr 17 zur Veröffentlichung in SozR 4-1500 § 164 Nr 4 vorgesehen), und zum anderen vermieden, dass er seine materiell-rechtlichen Beanstandungen nicht an dem vom Vordergericht festgestellten Sachverhalt darstellt, sondern einen konstruierten Sachverhalt zur Grundlage seines - so möglicherweise leichter "begründbaren" - Vorbringens macht; eine solche, auf einen "erfundenen" Sachverhalt gestützte - und damit keine sachliche Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil zeigende - Revision wäre indes aussichtslos und als unzulässig zu verwerfen (vgl auch BVerfG Beschluss vom 22.2.1984 - 1 BvL 21/83 - BVerfGE 66, 226 Leitsatz; aA BSG Urteil vom 24.2.2016, aaO, Juris RdNr 19 aE). Das Erfordernis, die verletzte Rechtsnorm zu bezeichnen, besagt daher nach der Rechtsprechung aller obersten Gerichtshöfe des Bundes, dass der Revisionskläger den Streitstoff in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht durcharbeiten, sichten und gliedern muss (BVerwG vom 2.4.1982 - 5 C 3/81 - Buchholz 310 § 139 VwGO Nr 61 - Juris RdNr 3).

21

dd) In vergleichbarer Weise fordert auch das BVerfG für die Zulässigkeit einer Richtervorlage nach Art 100 Abs 1 S 1 Alt 2 GG die Darlegung des für die rechtliche Beurteilung wesentlichen Sachverhalts (vgl BVerfG Beschlüsse vom 15.2.2016 - 1 BvL 8/12 - Juris RdNr 18 und vom 12.9.2012 - 1 BvL 11/12 - Juris RdNr 6). Nach Art 100 Abs 1 S 1 Alt 2 GG hat ein Gericht das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des BVerfG einzuholen, wenn es ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig hält. Gemäß § 80 Abs 2 S 1 BVerfGG muss das vorlegende Gericht darlegen, inwiefern seine Entscheidung von der Gültigkeit der Rechtsvorschrift abhängt und mit welcher übergeordneten Rechtsnorm die Vorschrift unvereinbar ist. Dadurch soll das vorlegende Gericht ua gezwungen werden, die mit dem Vorlagegegenstand verbundenen Rechtsfragen, insbesondere die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage und die Vereinbarkeit der vorzulegenden Rechtsnorm mit höherrangigem Recht, sorgfältig zu durchdenken. Unnötige Vorlagen sollen so vermieden, die Arbeit des BVerfG dementsprechend erleichtert und entlastet werden (Müller-Terpitz in Maunz/Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, Stand Februar 2016, § 80 RdNr 238 mit RsprNachw). Um dem Entlastungszweck gerecht werden zu können, muss nach der Rechtsprechung des BVerfG der Vorlagebeschluss aus sich heraus, dh ohne Beiziehung der Akten, verständlich sein (BVerfG Beschlüsse vom 6.9.2012 - 1 BvL 13/12 - NVwZ 2013, 61, 62 und vom 25.6.1974 - 1 BvL 13/69, 1 BvL 23/69, 1 BvL 25/69 - BVerfGE 37, 328, 333 und vom 3.11.1987 - 1 BvL 28/87 - BVerfGE 77, 259, 261; Dederer in Maunz/Dürig, GG, Stand Juli 2016, Art 100 RdNr 191 mit RsprNachw). Das vorlegende Gericht hat deshalb in den Gründen seines Beschlusses den Sachverhalt darzustellen, soweit er für die rechtliche Beurteilung wesentlich ist, und die rechtlichen Erwägungen darzulegen, nach denen es für die von ihm zu treffende Entscheidung auf die Gültigkeit der zur Prüfung gestellten gesetzlichen Vorschrift ankommt (BVerfG Beschluss vom 29.11.1983 - 2 BvL 18/82 - BVerfGE 65, 308, 314 f und Beschluss vom 2.12.2013 - 1 BvL 5/12 - Juris RdNr 6). Das BVerfG hat wiederholt darauf hingewiesen, dass es nicht der Funktion eines Normenkontrollverfahrens entspricht und nicht seine Aufgabe sein kann, Rechtsfragen zu beantworten, die erkennbar für die Entscheidung der eigentlichen Streitfrage bedeutungslos sind (BVerfG Beschluss vom 22.11.1983 - 2 BvL 5/81 - BVerfGE 65, 265, 277); daher darf dem Vorlagebeschluss auch kein konstruierter Sachverhalt zugrunde liegen (BVerfG Beschluss vom 22.2.1984 - BVerfGE 66, 226 Leitsatz). Ohne zutreffende Sachverhaltsdarstellung kann nicht davon ausgegangen werden, dass das vorlegende Gericht die Rechtslage umfassend gewürdigt, insbesondere die rechtlichen Voraussetzungen für die Vorlage zutreffend festgestellt hat (BVerfG Beschluss vom 29.11.1983 - 2 BvL 18/82 - BVerfGE 65, 308, 315). Genügt eine Vorlage diesen Anforderungen an die Sachdarstellung nicht, ist sie als unzulässig zu verwerfen (vgl BVerfG Beschluss vom 16.11.1992 - 1 BvL 31/88, 1 BvL 10/92 und 1 BvL 11/92 - BVerfGE 87, 341, 346 f).

22

b) Welche inhaltlichen Anforderungen an eine Revisionsbegründung in Bezug auf die Darstellung des entscheidungserheblichen Lebenssachverhaltes im Rahmen der Rüge der Verletzung materiellen Rechts konkret zu stellen sind, entzieht sich einer verallgemeinerungsfähigen Beantwortung. Aufwand und Intensität des Eingehens auf die tatrichterlichen Feststellungen richten sich nach deren eigener Qualität und sind naturgemäß am geringsten, wenn das Tatsachengericht in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich kundgetan hat, wovon es aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens überzeugt ist und was es demgemäß festgestellt hat. Die Aufgabe des Revisionsführers wächst in dem Umfang, in dem das LSG von dieser Idealform abweicht und Feststellungen auf den Gesamttext seiner Entscheidung verteilt und/oder nur mittelbar in der Weise trifft, dass allenfalls aus seiner weiteren Rechtsanwendung deutlich wird, von welchem Sachverhalt es überzeugt war. Insoweit muss die Revisionsbegründung als Ergebnis eigener geistiger Arbeit (BSG vom 25.7.1968 - 8 RV 361/66 - SozEntsch BSG 1/4 § 164 Nr 17 - Juris RdNr 15) - und nicht von "copy and paste" - darlegen, in welcher Weise sie dem angefochtenen Urteil den mitgeteilten Sachverhalt als dessen geistigen Gehalt entnimmt.

23

aa) Zutreffend geht der anfragende Senat (Anfragebeschluss vom 29.6.2016 - Juris RdNr 17) daher davon aus, dass eine formgerechte Revisionsbegründung nicht stets eine geschlossene Darstellung des Streitstoffes und der angegriffenen Entscheidung als Ganzes erfordert. Auch bedarf sie nicht zwingend der wörtlichen Wiedergabe der vom Vordergericht festgestellten, rechtlich relevanten Tatumstände. Entsprechendes wird bisweilen auch gar nicht möglich sein, da bindende Feststellungen in der Entscheidung des Tatsachengerichts nicht ausdrücklich getroffen sein müssen; sie können sich auch mittelbar aus den Ausführungen in den Entscheidungsgründen ergeben (BFH Urteil vom 22.1.2013 - IX R 18/12 - HFR 2013, 783, 785; vgl auch BSG Urteil vom 10.8.2000 - B 11 AL 83/99 R - Juris RdNr 21). Ebenso vertritt der anfragende Senat (Anfragebeschluss vom 29.6.2016 - Juris RdNr 17) die zutreffende Rechtsauffassung, dass das bloß punktuelle Ansprechen einzelner Sachverhaltselemente und Feststellungen des Vordergerichts ebenso wenig wie deren Behandlung mit eigenen tatsächlichen und rechtlichen Wertungen bzw deren Vermischung mit nicht berücksichtigungsfähigem neuen Tatsachenvorbringen ausreichend ist (vgl Senatsbeschluss vom 22.7.2015 - B 5 R 16/15 R - BeckRS 2015, 70865 RdNr 9).

24

bb) Soweit der anfragende Senat unter Buchst a) seines Tenors indes ausführt, nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats sei für eine formgerechte Revisionsbegründung "die ausdrückliche Angabe erforderlich, dass es sich bei den vom Revisionsführer angeführten tatsächlichen Umständen um den Sachverhalt handelt, den die Vorinstanz im angefochtenen Urteil festgestellt hat und an welcher genauen Stelle er dem Berufungsurteil die von ihm genannten Tatumstände entnehmen möchte", geht er von unzutreffenden Annahmen aus.

25

Die Revisionsbegründung muss nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats allein erkennen lassen, dass der geschilderte Sachverhalt ganz oder teilweise mit demjenigen des angegriffenen Urteils identisch ist (Senatsurteil vom 14.12.2011 - B 5 R 2/11 R - Juris RdNr 17), bzw keine Zweifel lassen, dass sie die Anwendung revisiblen Rechts allein und gerade hinsichtlich des entscheidungserheblichen, vom Tatsachengericht auf der Grundlage der diesem vorbehaltenen Überzeugung festgestellten Sachverhalts durch das Revisionsgericht überprüft wissen will (vgl Senatsbeschluss vom 16.3.2016 - B 5 RE 3/15 R - BeckRS 2016, 67705 RdNr 9). Ob dies der Fall ist, ergibt sich aus der revisionsgerichtlichen Auslegung des Revisionsvorbringens im Einzelfall (Senatsbeschluss vom 16.3.2016, aaO); dabei ist die "Revisionsbegründung als Willenserklärung" der Auslegung grundsätzlich zugängig (so schon RG Urteil vom 7.4.1933 - I 303/33 - RGSt 67, 197, 198). Diese Rechtsauffassung steht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des anfragenden Senats. Nach dieser kann von einer notwendigen Durchdringung der Sach- und Rechtslage (erst dann) nicht mehr ausgegangen werden, wenn anhand der Revisionsbegründung nicht erkennbar wird, dass der Revisionsführer auch die - ohne zulässige Verfahrensrügen für das BSG bindenden (§ 163 SGG) - wesentlichen tatsächlichen Feststellungen des angegriffenen Urteils erfasst, diese zutreffend mitgeteilt und seinen rechtlichen Erwägungen zugrunde gelegt hat (Anfragebeschluss vom 29.6.2016 - Juris RdNr 15).

26

Die Rechtsprechung des erkennenden Senats fordert hingegen nicht - was der anfragende Senat verkennt - die "ausdrückliche Angabe", dass es sich bei den vom Revisionsführer angeführten tatsächlichen Umständen um den Sachverhalt handelt, den die Vorinstanz im angefochtenen Urteil festgestellt hat, sondern erachtet hierauf bezogene Hinweise als ausreichend (vgl etwa Senatsbeschlüsse vom 22.7.2015 - BeckRS 2015, 70865 RdNr 9 und vom 13.2.2013 - B 5 R 28/12 R - BeckRS 2013, 66976 RdNr 9). Angaben, an welcher genauen Stelle dem angegriffenen Urteil bestimmte Tatumstände zu entnehmen sind, bedarf es regelmäßig nur dann, wenn nicht ohne weiteres erkennbar ist, welchen Lebenssachverhalt sich das Tatsachengericht als für seine Entscheidung maßgeblich vorgestellt hat und dieser erst ermittelt werden muss, weil die Urteilsgründe einer entsprechenden Interpretation bedürfen (vgl Berchtold, aaO, § 8 RdNr 92, 257). Der erkennende Senat hat die vom anfragenden Senat unter Buchst a) des Tenors zitierte Formulierung im Kontext von Fällen gebraucht, in denen der festgestellte Sachverhalt lediglich bruchstückhaft oder in Ansätzen wiedergegeben wurde (vgl Senatsbeschlüsse vom 13.2.2013, aaO; vom 16.4.2013 - B 5 R 98/11 R - BeckRS 2013, 68747 RdNr 11 aE; vom 24.9.2013 - B 5 R 66/11 R - BeckRS 2013, 73558 RdNr 8; vom 16.7.2014 - B 5 RS 5/13 R - BeckRS 2014, 71436 RdNr 12; vom 25.9.2014 - B 5 RE 14/14 R - BeckRS 2014, 73306 RdNr 8; vom 25.9.2014 - B 5 RE 15/14 R - BeckRS 2014, 73307 RdNr 9 und vom 5.11.2014 - B 5 RE 5/14 R - BeckRS 2014, 74155 RdNr 8; Senatsurteil vom 23.7.2015 - B 5 R 32/14 R - Juris RdNr 7). Es handelt sich hierbei um auf die Würdigung des Einzelfalles bezogene Aussagen, die nicht als unverzichtbares Element eines abstrakten Rechtssatzes, sondern nur als "Indizien" im Rahmen der Subsumtion unter diesen Verwendung finden. Eine Divergenz und damit eine Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen käme lediglich dann in Betracht, wenn den Entscheidungen des erkennenden Senats ein fallübergreifender Rechtssatz des vom anfragenden Senats zitierten Inhalts entnommen werden könnte (vgl BSG Urteil vom 31.10.2012 - B 13 R 65/11 R - SozR 4-1500 § 163 Nr 6 RdNr 30 f; Roos in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 41 RdNr 11). So liegen die Dinge hier jedoch nicht.

27

c) Diese Rechtsprechung des erkennenden Senats ist verfassungsrechtlich unbedenklich. Sie macht die Revisionsbegründung nicht von unerfüllbaren oder unzumutbaren Voraussetzungen abhängig.

28

Zu Recht weist der anfragende Senat (Anfragebeschluss vom 29.6.2016 - Juris RdNr 23) darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des BVerfG der Zugang zum jeweils vorgesehenen gerichtlichen Instanzenzug mit Rücksicht auf Art 19 Abs 4 S 1 GG nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden darf. Dies müssen die Gerichte auch bei der Auslegung prozessualer Normen beachten. Sie dürfen ein von der jeweiligen Rechtsordnung eröffnetes Rechtsmittel nicht durch eine überstrenge Handhabung verfahrensrechtlicher Vorschriften ineffektiv machen und für den Beschwerdeführer leerlaufen lassen (BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 27.7.2016 - 2 BvR 2040/15 - Juris RdNr 13). Formerfordernisse dürfen nicht weiter gehen, als es durch ihren Zweck geboten ist, da von ihnen die Gewährung des Rechtsschutzes abhängt (BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 19.11.2015 - 2 BvR 2577/14 - Juris RdNr 6). Dies gilt auch für die Darlegungsanforderungen nach § 164 Abs 2 S 3 SGG, die nicht derart erschwert werden dürfen, dass sie von einem durchschnittlichen, nicht auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet spezialisierten Rechtsanwalt mit zumutbarem Aufwand nicht mehr erfüllt werden können.

29

Indes sind die vom erkennenden Senat aufgestellten Erfordernisse an eine materiell-rechtliche Revisionsrüge verfassungsrechtlich unbeanstandet geblieben (Senatsbeschluss vom 18.2.1980 - 5 RKn 1/78 - und nachgehend BVerfG Beschluss vom 7.7.1980 - 2 BvR 310/80 - SozR 1500 § 164 Nr 17 S 29 f). Nach Auffassung des BVerfG steht es in Übereinstimmung mit Verfassungsrecht, wenn das BSG im Einklang mit seiner eigenen ständigen Rechtsprechung und mit der Rechtsprechung der anderen obersten Gerichtshöfe des Bundes die Begründung der Revision nur dann als formgerecht erachtet, wenn sie die Prüfung und Durcharbeitung des Prozessstoffes durch den zugelassenen Prozessbevollmächtigten erkennen lässt. Diese an den Zwecken des Revisionsverfahrens ausgerichtete Auslegung der einschlägigen prozessrechtlichen Vorschriften verletze weder Art 3 Abs 1 GG noch Art 103 Abs 1 GG; letztere Bestimmung schließe es nicht aus, dass ein Gericht das sachliche Vorbringen eines Beteiligten aus prozessrechtlichen Gründen unberücksichtigt lässt. Auch im Hinblick auf die durch Art 19 Abs 4 S 1 GG gewährleistete Rechtsweggarantie bestehen nach Ansicht des BVerfG keine grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Beschreitung des Rechtswegs könne in den Prozessordnungen von der Erfüllung bestimmter formaler Voraussetzungen abhängig gemacht werden; durch die vom BSG für notwendig erachteten Anforderungen an die Begründung der Revision werde der Zugang zum Revisionsgericht nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise behindert. Soweit der Rechtsprechung des Senats entgegengehalten wird, sie überspanne die Anforderungen an eine formgerechte Revisionsbegründung, ist auf die ständige verfassungsgerichtliche Rechtsprechung hinzuweisen, wonach die Bindung der Revisionsgerichte an das Prozessrecht streng ist und nicht durch Erwägungen der Prozessökonomie außer Kraft gesetzt werden kann (BVerfG Beschluss der 2. Kammer des 2. Senats vom 2.10.2006 - 2 BvR 2480/04 - Juris RdNr 18). Revisionsgerichtliche Sachentscheidungen kommen daher grundsätzlich nur nach Maßgabe des § 170 Abs 2 S 1 SGG in Betracht.

30

Insbesondere kann das - in konkreter Umsetzung der ständigen Rechtsprechung des BSG - vom erkennenden Senat aufgestellte Erfordernis der Darstellung des entscheidungserheblichen Lebenssachverhalts im Rahmen der Rüge der Verletzung materiellen Rechts mit zumutbarem Aufwand nicht allein von einem spezialisierten Rechtsanwalt erfüllt werden. Im Gegenteil ist die Wiedergabe der rechtlich relevanten Tatumstände idealiter das mit dem geringsten Aufwand verbundene Element der Revisionsbegründung. Es bedarf im Wesentlichen nur der allgemeinen Erkenntnis, dass Rechtsanwendung in seiner grundlegendsten Form darin besteht, dass ein Lebenstatbestand unter die maßgebende Rechtsnorm subsumiert wird, so dass sich eine bestimmte Rechtsfolge ergibt (vgl Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 1. Halbband, 15. Aufl 1959, S 311), sowie des Wissens, dass ein Revisionsgericht grundsätzlich an die tatsächlichen Feststellungen des Vordergerichts gebunden ist. Von einer Überforderung eines durchschnittlichen Rechtsanwalts kann bei den Darlegungsanforderungen des skizzierten Inhalts keine Rede sein.

31

d) Entgegen dem anfragenden Senat (Anfragebeschluss vom 29.6.2016 - Juris RdNr 24 f) überträgt der erkennende Senat durch Anwendung des unter Buchst b) des Tenors zitierten Rechtssatzes nicht die in der Rechtsprechung des BSG entwickelten strengen Anforderungen an die Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde bzw an den Inhalt einer Revisionsbegründung im Falle von Verfahrensrügen auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts.

32

aa) Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats sind im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde die Revisionszulassungsgründe (§ 160a Abs 2 S 3 iVm § 160 Abs 2 Nr 1 bis Nr 3 SGG) substantiiert und schlüssig darzulegen bzw zu bezeichnen (Senatsbeschlüsse vom 7.6.2016 - B 5 AL 1/16 B - BeckRS 2016, 71174 RdNr 8 f und vom 25.3.2014 - B 5 R 416/13 B - BeckRS 2014, 68316 RdNr 10, 13, 17; vgl auch Karmanski in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 160a RdNr 43). Durch die hohen Anforderungen an die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde soll das Beschwerdegericht der Mühe enthoben sein, selbst die Akten auf mögliche Zulassungsgründe zu durchsuchen; die Beschwerdebegründung muss es in die Lage versetzen, sich ohne Studium der Gerichts- und Verwaltungsakten allein aufgrund des klägerischen Vortrags ein Bild über den Streitgegenstand sowie seine tatsächlichen und rechtlichen Streitpunkte zu machen (Senatsbeschluss vom 7.6.2016, aaO RdNr 11; vgl auch Karmanski, aaO, § 160a RdNr 44).

33

Soweit im Rahmen der Revision die tatsächlichen Feststellungen des Vordergerichts angefochten werden (vgl § 163 SGG), sind nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats in Bezug auf diese Feststellungen zulässige Revisionsgründe vorzubringen und vollständig und schlüssig zu begründen. Dies erfordert zur Bezeichnung der Tatsachen, die den (behaupteten) Mangel ergeben, alle relevanten Verfahrensvorgänge so genau und widerspruchsfrei zu bezeichnen, dass das BSG allein aufgrund der Revisionsbegründung in die Lage versetzt wird, darüber zu entscheiden, ob das Urteil des LSG auf dem gerügten Verfahrensmangel beruhen kann, dh das Vordergericht ohne den gerügten Verfahrensmangel ggf anders entschieden hätte (Senatsurteil vom 11.6.2003 - B 5 RJ 52/02 R - Juris RdNr 13). Diese gesteigerten Anforderungen folgen aus dem Wortlaut des § 164 Abs 2 S 3 SGG und dienen zusammen mit der sich aus § 202 SGG iVm § 557 Abs 3 S 2 ZPO ergebenden Rügepflicht dem Zweck der Entlastung des Revisionsgerichts, welches andernfalls gehalten wäre, das gesamte vorhergehende Verfahren auf das Vorhandensein von Mängeln zu überprüfen(BSG Urteil vom 23.9.1955 - 3 RJ 26/55 - BSGE 1, 227, 231; Behn in Peters/Sautter/Wolff, § 164 RdNr 224).

34

bb) Werden materiell-rechtliche Rügen erhoben, stellt das Gesetz - worauf der anfragende Senat zu Recht hinweist (Anfragebeschluss vom 29.6.2016 - Juris RdNr 26) - keine so hohen Anforderungen an die Begründung der Revision (vgl Senatsurteil vom 11.6.2003 - B 5 RJ 52/02 R - Juris RdNr 14). Das ergibt sich bereits daraus, dass insofern allein der Rückgriff auf die im Urteil ohnehin getroffenen Feststellungen möglich und zulässig ist (§ 163 SGG), während dies bei den tatsächlichen Grundlagen von Verfahrensmängeln, die erst zusammengetragen werden müssen, gerade nicht in Betracht kommt. Dennoch entspricht es der ständigen Rechtsprechung bereits des RG und des BSG, dass auch die Begründungserfordernisse bei materiell-rechtlichen Rügen ungeachtet der erst im Rahmen der Begründetheit zu klärenden Frage, ob die Revisionsbegründung den Revisionsangriff auch trägt (BSG Urteil vom 9.6.1982 - 6 RKa 16/80 - USK 82242 - Juris RdNr 8), ua der Entlastung des Revisionsgerichts und seines Berichterstatters dienen (exemplarisch RGZ 87, 5, 6; BSG Urteil vom 20.1.2005 - B 3 KR 22/03 R - USK 2005-95 - Juris RdNr 16 und Beschluss vom 28.1.2014 - B 13 R 31/13 R - Juris RdNr 8 mwN). Es bedarf daher als Teil einer sorgfältigen sowie nach Umfang und Zweck zweifelsfreien Begründung zur Individualisierung des Lebenssachverhalts, aus dem sich die behauptete Rechtsverletzung herleitet (BSG Urteil vom 23.11.2005 - B 12 RA 10/04 R - Juris RdNr 11), in der Begründungsschrift selbst aus sich heraus erkennbar ua der Darlegung des im angegriffenen Urteil festgestellten Sachverhalts (BSG Beschluss vom 17.1.1958 - BSGE 6, 269, 270; Urteil vom 30.6.1964 - 3 RK 38/60 - SozR Nr 53 zu § 164 SGG = Juris RdNr 8; BSG Urteil vom 13.10.1983 - 11 RAz 3/82 - Juris RdNr 11; BSG Urteil vom 28.1.1981 - 9 RV 1/80 - Juris RdNr 15; BSG Urteil vom 9.6.1982 - 6 RKa 16/80 - USK 82242 = Juris RdNr 8; BSG Urteil vom 24.11.1983 - 3 RK 7/83 - Juris RdNr 8; BSG SozR 1500 § 164 Nr 25 = Juris RdNr 7; BSG SozR 1500 § 164 Nr 29 = Juris RdNr 9 f; BSG Beschluss vom 21.7.1988 - 3 RK 17/87 - Juris RdNr 6; BSG Beschluss vom 18.6.1990 - 9a RVs 2/90 - Juris RdNr 3; BSG Beschluss vom 30.1.1991 - 6 RKa 17/89 - Juris RdNr 7; BSG Beschluss vom 10.4.1991 - 6 RKa 7/90 - Juris RdNr 6; BSG SozR 3-2500 § 106 Nr 12 = Juris RdNr 20; BSG Urteil vom 29.8.1996 - 4 RA 105/95 - Juris RdNr 12; BSG SozR 1500 § 164 Nr 12 = Juris RdNr 7; BSG Beschluss vom 27.2.2008 - B 12 P 1/07 R - Juris RdNr 16, stRspr; ebenso BFH Urteil vom 28.4.1987 - IX R 9/83 - BFH/NV 1988, 151 = Juris RdNr 9; BFH Beschluss vom 11.12.1986 - V R 135/85 - BFH/NV 1988, 92 = Juris RdNr 21 f; BFH Urteil vom 5.10.1999 - VII R 25/98 - BFH/NV 2000, 235 = Juris RdNr 14; BVerwG Beschluss vom 2.4.1982 - 5 C 3/81 - Buchholz 310 § 139 VwGO Nr 61 = Juris RdNr 3; BVerwG Beschluss vom 6.12.1984 - 9 C 41/84 - NJW 1985, 1235 = Juris RdNr 3, stRspr; BAG Urteil vom 29.10.1997 - 5 AZR 624/96 - BAGE 87, 41 ff = Juris RdNr 14, stRspr). Nur so kann der Revisionsführer dem Revisionsgericht "erklären", warum er nach Durcharbeitung des Prozessstoffs und der gebotenen Selbstüberprüfung seines Vorbringens in der Vorinstanz mit der angefochtenen Entscheidung nicht einverstanden ist (BFH Beschluss vom 17.7.1985 - II R 122/83 - BFH/NV 1986, 164 = Juris RdNr 9).

35

Wie ausgeführt hat dies mit der Begründetheitsprüfung noch nichts zu tun. Vielmehr entspricht es auch der Rechtsprechung des Senats, dass es im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung in einem Revisionsverfahren nicht darauf ankommt, ob die materielle Rüge den Revisionsangriff im Ergebnis trägt bzw die Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil aus der Sicht des Revisionsgerichts überzeugend oder gar schlüssig ist; dies ist allein eine Frage der Begründetheit der Revision (Senatsurteil vom 25.6.1975 - 5 RKn 41/74 - SozR 2600 § 54 Nr 1 = Juris RdNr 16; vgl auch BSG Beschluss vom 30.1.1991 - 6 RKa 17/89 - Juris RdNr 7; BVerwG Beschluss vom 17.12.1990 - 5 CB 42/90 - Juris RdNr 2; BGH Urteil vom 24.11.1980 - VIII ZR 208/79 - NJW 1981, 1453; Hauck in Zeihe/Hauck, SGG, Stand April 2016, § 164 RdNr 27d; Neumann in Sodan/Ziekow, aaO, § 139 RdNr 95, 102; Krüger in MüKo zur ZPO, 5. Aufl 2016, § 551 RdNr 20 aE). Die Pflicht zur Begründung der Revision zielt nicht darauf ab, eine qualifizierte Erfolgsprognose über das Rechtsmittel in der Hauptsache zu einem Bestandteil der Sachurteilsvoraussetzungen desselben zu erheben und die Begründetheitsprüfung gleichsam in die Zulässigkeitsprüfung vorzuverlagern (BSG Urteile vom 24.2.2016 - B 13 R 31/14 R - Juris RdNr 13 zur Veröffentlichung in SozR 4-1500 § 164 Nr 4 vorgesehen und vom 3.9.2014 - B 10 ÜG 12/13 R - SozR 4-1720 § 198 Nr 4 RdNr 12).

36

Den Beschlüssen des Senats vom 16.7.2014 (B 5 RS 5/13 R - BeckRS 2014, 71436 RdNr 12), vom 25.9.2014 (B 5 RE 14/14 R, aaO RdNr 8 und B 5 RE 15/14 R - BeckRS 2014, 73307 RdNr 9), vom 5.11.2014 (B 5 RE 5/14 R - BeckRS 2014, 74155 RdNr 8) und dem Urteil vom 23.7.2015 (B 5 R 32/14 R - Juris RdNr 7) kann nichts anderes entnommen werden. Der dortige Hinweis, dass die Darstellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts im Rahmen der Rüge der Verletzung materiellen Rechts es ermöglichen muss, das BSG in die Lage zu versetzen, "ohne Studium der Gerichts- und Verwaltungsakten allein anhand der Revisionsbegründung zu prüfen, ob die im Streit stehenden revisiblen Rechtsvorschriften auf den festgestellten Sachverhalt nicht oder nicht richtig angewendet worden sind", vermittelt nur vordergründig und bei isolierter Orientierung am Wortlaut den unzutreffenden Eindruck einer vorgezogenen Begründetheitsprüfung. Es gehört zu den Grundsätzen der allgemeinen Hermeneutik, dass in sich geschlossene Ausführungen als Einheit zu begreifen sind; dh der Inhalt eines einzelnen Satzes kann nicht losgelöst vom Textganzen, sondern nur aus diesem heraus bestimmt werden (vgl Coing, Gesammelte Aufsätze zu Rechtsgeschichte, Rechtsphilosophie und Zivilrecht, Bd 1, 1982, S 208, 217). Der maßgebende und entscheidungstragende Rechtssatz, der die Anforderungen des § 164 Abs 2 S 3 SGG präzisiert, findet sich in den vorbezeichneten Entscheidungen jeweils vorangehend(Senatsbeschlüsse vom 16.7.2014, aaO RdNr 10; vom 25.9.2014 - B 5 RE 14/14 R - aaO RdNr 6; vom 25.9.2014 - B 5 RE 15/14 R - aaO RdNr 6 und vom 5.11.2014, aaO RdNr 7; Senatsurteil vom 23.7.2015, aaO RdNr 5). Er lautet:

        

"Um anhand der Revisionsbegründung nachvollziehen zu können, ob der Revisionskläger bzw sein Prozessvertreter das angefochtene Urteil im Hinblick auf das Rechtsmittel überprüft und die Rechtslage genau durchdacht hat, muss die Revision daher sowohl bei prozessualen als auch bei materiell-rechtlichen Rügen sorgfältig begründet werden".

37

Dieser öffnende Obersatz - zu dem alle weiteren Sätze in Beziehung zu setzen sind - macht deutlich, dass nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats die materiell-rechtliche Rüge im Revisionsverfahren nicht den gesteigerten Anforderungen einer Verfahrensrüge oder Nichtzulassungsbeschwerde genügen und die Revisionsentscheidung im Einzelnen auch nicht gleichsam vorwegnehmen muss; es ist ausreichend, dass die Begründung rechtliche Erwägungen anstellt, die das angegriffene Urteil als unrichtig, somit eine Rechtsnorm als verletzt erscheinen lassen können. Nach alldem mag allein eine zu kurz greifende, isolierte Betrachtung für die vom anfragenden Senat gezogene Schlussfolgerung sprechen; die gebotene Kontextualisierung des streitbefangenen Rechtssatzes trägt eine solche Interpretation indes nicht.

38

Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass dieser vom anfragenden Senat unter Buchst b) des Tenors zitierte Rechtssatz auch nicht der die bezeichneten Entscheidungen allein tragende rechtliche Gesichtspunkt war. Tragend sind diejenigen Rechtsauffassungen, die nicht hinweggedacht werden können, ohne dass das konkrete Entscheidungsergebnis nach dem in der Entscheidung zum Ausdruck gekommenen Gedankengang entfiele. Stützt sich ein konkretes Ergebnis der Entscheidung auf mehrere selbstständig tragfähige Begründungen und will der anfragende Senat nur von einer dieser Begründungen abweichen, liegt keine die Anrufung des Großen Senats des BSG begründende Divergenz vor (vgl BFH Beschluss vom 22.7.1977 - III B 34/74 - BFHE 123, 112, 116; Behn in Peters/Sautter/Wolff, aaO, § 41 RdNr 29; vgl auch BVerfG Beschluss vom 3.7.2012 - 2 PBvU 1/11 - BVerfGE 132, 1, 4 f). So liegen die Dinge hier. Der erkennende Senat hat die Notwendigkeit der Darstellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts in den vorbezeichneten Entscheidungen durchgehend vor allem damit begründet, dass eine Revision auch bei materiell-rechtlichen Rügen sorgfältig zu begründen ist und ohne Angaben zum festgestellten Sachverhalt eine Überprüfung des vorgenommenen Subsumtionsschlusses von vornherein ausgeschlossen ist (Senatsbeschlüsse vom 16.7.2014 - B 5 RS 5/13 R - BeckRS 2014, 71436 RdNr 10 f; vom 25.9.2014 - B 5 RE 14/14 R - BeckRS 2014, 73306 RdNr 6 f; vom 25.9.2014 - B 5 RE 15/14 R - BeckRS 2014, 73307 RdNr 6, 9 und vom 5.11.2014 - B 5 RE 5/14 R - BeckRS 2014, 74155 RdNr 7 f; Senatsurteil vom 23.7.2015 - B 5 R 32/14 R - Juris RdNr 5 f); zudem wurde in diesen Entscheidungen das Rechtsmittel auch deshalb als unzulässig verworfen, weil die jeweilige Revisionsbegründung auf die Gründe des angefochtenen Urteils nicht in der gebotenen Weise eingegangen ist (Senatsbeschlüsse vom 16.7.2014, aaO RdNr 13 f; vom 25.9.2014 - B 5 RE 14/14 R, aaO RdNr 9 ff; vom 25.9.2014 - B 5 RE 15/14 R, aaO RdNr 10 ff und vom 5.11.2014, aaO RdNr 9 f; Senatsurteil vom 23.7.2015, aaO RdNr 8 f). Die vorerwähnten Entscheidungen des Senats wären mithin nicht anders ausgefallen, wenn die zweite vom anfragenden Senat aufgeworfene Rechtsfrage in den Gründen dieser Entscheidungen unerwähnt geblieben wäre. Ihre Niederlegung trägt diese nicht derart, dass sie jeweils ein unabdingbares Glied in der Gedankenkette des Senats darstellten (vgl BSG Urteil vom 24.4.2014 - B 13 R 23/13 R - Juris RdNr 23).

39

Der vorliegende Rechtsstreit zeigt nach Auffassung des 5. Senats exemplarisch, dass sich aus seiner Rechtsprechung keine unerfüllbaren Anforderungen an die Revisionsbegründung ergeben und der Zugang zur Revisionsinstanz hierdurch nicht etwa in unzumutbarer Weise erschwert wird. Der Kläger des beim 12. Senat anhängigen Revisionsverfahrens erfüllt diese Anforderungen mit seinen Ausführungen im Schriftsatz vom 30.4.2015 nach einstimmiger Auffassung der Mitglieder des 5. Senats in vollem Umfang. Käme der 12. Senat zu einem übereinstimmenden Ergebnis, beruhte dies entgegen der im Anfragebeschluss vertretenen Auffassung nicht auf einer Abweichung von Rechtssätzen, die der 5. Senat seiner bisherigen Rechtsprechung in Übereinstimmung mit derjenigen aller obersten Gerichtshöfe des Bundes und des BVerfG tragend zugrunde gelegt hat.

40

Der Revisionskläger trägt der Entlastungsfunktion der Revisionsbegründung für das Revisionsgericht ausreichend Rechnung, indem er insbesondere die seiner Ansicht nach durch das angegriffene Urteil verletzten revisiblen Normen des Bundesrechts angibt, als maßgeblichen Sachverhalt gerade den vom Berufungsgericht festgestellten ausdrücklich benennt und auf dieser Grundlage die Rechtsanwendung des LSG kritisch nachvollzieht. Soweit er sich zur näheren Kennzeichnung des festgestellten Sachverhalts im Übrigen auf den "Tatbestand" des angefochtenen Urteils als Fundstelle beschränkt bzw vereinzelt Elemente des festgestellten Sachverhalts in einem spezifischen rechtlichen Kontext erwähnt, begegnet dies vorliegend keinen Bedenken. Entsprechend dem "schulmäßigen" Vorgehen des Berufungsgerichts, das seine tatsächlichen Feststellungen hinreichend klar als solche gekennzeichnet hat und begünstigt durch die einfache Struktur des zur Entscheidung stehenden Lebenssachverhalts konnte der Revisionsführer auf eine ins Einzelne gehende Ermittlung im Urteilstext verborgener oder diesem nur mittelbar zu entnehmender Feststellungen verzichten. In derartigen Fällen bedarf es auch nach der dargestellten Rechtsprechung des 5. Senats keiner näheren Bezeichnung von Fundstellen im angegriffenen Urteil.

(1) Bei dem Bundessozialgericht wird ein Großer Senat gebildet.

(2) Der Große Senat entscheidet, wenn ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats oder des Großen Senats abweichen will.

(3) Eine Vorlage an den Großen Senat ist nur zulässig, wenn der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, auf Anfrage des erkennenden Senats erklärt hat, daß er an seiner Rechtsauffassung festhält. Kann der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, wegen einer Änderung des Geschäftsverteilungsplanes mit der Rechtsfrage nicht mehr befaßt werden, tritt der Senat an seine Stelle, der nach dem Geschäftsverteilungsplan für den Fall, in dem abweichend entschieden wurde, nunmehr zuständig wäre. Über die Anfrage und die Antwort entscheidet der jeweilige Senat durch Beschluß in der für Urteile erforderlichen Besetzung.

(4) Der erkennende Senat kann eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung dem Großen Senat zur Entscheidung vorlegen, wenn das nach seiner Auffassung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

(5) Der Große Senat besteht aus dem Präsidenten, je einem Berufsrichter der Senate, in denen der Präsident nicht den Vorsitz führt, je zwei ehrenamtlichen Richtern aus dem Kreis der Versicherten und dem Kreis der Arbeitgeber sowie je einem ehrenamtlichen Richter aus dem Kreis der mit dem sozialen Entschädigungsrecht oder der Teilhabe behinderter Menschen vertrauten Personen und dem Kreis der Versorgungsberechtigten und der behinderten Menschen im Sinne des Neunten Buches Sozialgesetzbuch. Legt der Senat für Angelegenheiten des Vertragsarztrechts vor oder soll von dessen Entscheidung abgewichen werden, gehören dem Großen Senat außerdem je ein ehrenamtlicher Richter aus dem Kreis der Krankenkassen und dem Kreis der Vertragsärzte, Vertragszahnärzte und Psychotherapeuten an. Legt der Senat für Angelegenheiten des § 51 Abs. 1 Nr. 6a vor oder soll von dessen Entscheidung abgewichen werden, gehören dem Großen Senat außerdem zwei ehrenamtliche Richter aus dem Kreis der von der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände Vorgeschlagenen an. Sind Senate personengleich besetzt, wird aus ihnen nur ein Berufsrichter bestellt; er hat nur eine Stimme. Bei einer Verhinderung des Präsidenten tritt ein Berufsrichter des Senats, dem er angehört, an seine Stelle.

(6) Die Mitglieder und die Vertreter werden durch das Präsidium für ein Geschäftsjahr bestellt. Den Vorsitz im Großen Senat führt der Präsident, bei Verhinderung das dienstälteste Mitglied. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

(7) Der Große Senat entscheidet nur über die Rechtsfrage. Er kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Seine Entscheidung ist in der vorliegenden Sache für den erkennenden Senat bindend.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 14. Mai 2014 aufgehoben, soweit darin das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Oktober 2012 geändert worden ist.

Die Berufungen der Beklagten und der Beigeladenen zu 2. werden auch insoweit zurückgewiesen.

Die Revision der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.

Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten (noch) darüber, ob der Kläger in seiner Tätigkeit als Synchronsprecher wegen Beschäftigung in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) versicherungspflichtig war, sowie darüber, ob er beitragsrechtlich als "unständig Beschäftigter" anzusehen ist.

2

Der Kläger ist Mitglied der beklagten Krankenkasse und war ua zwischen dem 5.12.2006 und dem 16.11.2007 an 53 nicht zusammenhängenden Einzeltagen bei den Beigeladenen zu 4., 5. und 7. bis 9. sowie einem weiteren (inzwischen insolventen, durch den Beigeladenen zu 6. vertretenen) Synchronisationsunternehmen als Synchronsprecher tätig. Teilweise wurden auf seine Einkünfte aus diesen Tätigkeiten von den Unternehmen Sozialversicherungsbeiträge abgeführt, teilweise wurden die Einkünfte von diesen als solche aus selbstständiger Tätigkeit abgerechnet. Den Antrag des Klägers, seine "Versicherungspflicht als unständig Beschäftigter festzustellen", lehnte die Beklagte als Einzugsstelle ab, weil er selbstständig tätig gewesen sei, und wies seinen Widerspruch - nach Anerkennung der Versicherungspflicht als Beschäftigter für wenige einzelne Tage - im Wesentlichen zurück (Bescheid vom 16.7.2008; Widerspruchsbescheid vom 22.6.2009).

3

Das SG hat die Bescheide der Beklagten aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger an den noch streitigen Tagen als Synchronsprecher wegen Ausübung unständiger Beschäftigung der Versicherungspflicht ua in der GRV unterlegen habe (Urteil vom 24.10.2012). Auf die Berufung der Beklagten und der Beigeladenen zu 2. (Deutsche Rentenversicherung Bund) hat das LSG - nach vorheriger Abtrennung der die gesetzliche Krankenversicherung und die soziale Pflegeversicherung betreffenden Verfahrensteile - das vorinstanzliche Urteil teilweise - in Bezug auf dessen Feststellung "unständiger Beschäftigung" in der GRV - aufgehoben und die Klage insoweit abgewiesen; im Übrigen hat es die Berufungen zurückgewiesen: Für die Beurteilung des Vorliegens von Versicherungspflicht wegen Beschäftigung komme es jeweils auf die einzelnen Einsatztage an. Der Kläger sei in den Betrieb der Synchronisationsunternehmen eingegliedert gewesen, weil er in deren Räumen und mit deren Betriebs- und Produktionsmitteln gearbeitet habe, zeitlich in deren Arbeitsabläufe eingebunden und organisatorisch auf die Zusammenarbeit mit Regisseur, Cutter und Tonmeister angewiesen gewesen sei. Während der Einsätze habe er insoweit Weisungen und inhaltlicher Kontrolle unterlegen. Ein Unternehmerrisiko habe der Kläger im Hinblick auf die Vergütungsmodalitäten nicht getragen. Er sei in seinen Beschäftigungen nicht versicherungsfrei gewesen. Eine Beitragsberechnung nach der in der GRV bestehenden Regelung für "unständig Beschäftigte" könne der Kläger nicht verlangen, weil diese eine "berufsmäßige" Ausübung der Beschäftigung erfordere. Daran fehle es hier, da der zeitliche und wirtschaftliche Schwerpunkt seiner Erwerbstätigkeit im Bereich der Selbstständigkeit gelegen habe (Urteil vom 14.5.2014).

4

Hiergegen richten sich die Revisionen des Klägers und der Beklagten. Der Kläger rügt (sinngemäß) die Verletzung von § 128 Abs 1 S 1 SGG und von § 163 Abs 1 SGB VI. Als nicht "berufsmäßig" tätig kämen nur Personengruppen in Betracht, die nach ihrer Lebensstellung in der Regel keine versicherungspflichtige Beschäftigung auszuüben pflegten. Die Einkünfte aus "unständiger Beschäftigung" seien hingegen wesentlicher Teil seiner Gesamteinkünfte. Die Beklagte rügt die Verletzung von § 1 S 1 Nr 1 SGB VI und § 7 Abs 1 SGB IV. Das LSG habe bereits keine Versicherungspflicht des Klägers als Beschäftigter wegen der streitigen Tätigkeiten annehmen dürfen. Nach den Grundsätzen, die die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung in ihrer Verlautbarung vom 30.9.2005 aufgestellt hätten, sei der Kläger als Synchronsprecher Selbstständiger gewesen.

5

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 14. Mai 2014 aufzuheben, soweit darin das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Oktober 2012 geändert worden ist, und die Berufungen der Beklagten und der Beigeladenen zu 2. gegen dieses Urteil insgesamt zurückzuweisen,

die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

6

Die Beklagte und die Beigeladene zu 1. beantragen,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 14. Mai 2014 zu ändern, das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Oktober 2012 insgesamt aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen,

die Revision des Klägers zurückzuweisen.

7

Die übrigen Beigeladenen stellen keinen Antrag.

8

Der Senat hat durch Beschluss vom 27.4.2016 beim 5. Senat des BSG angefragt, ob dieser an seiner Rechtsprechung zu den Anforderungen an eine formgerechte Begründung einer Revision iS von § 164 Abs 2 S 3 SGG, soweit es die Darstellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts betrifft, festhält. Der 5. Senat hat durch Beschluss vom 6.10.2016 (B 5 SF 3/16 AR) entschieden, dass er an der Rechtsauffassung festhält, wie sie in den von der Anfrage des 12. Senats des BSG in Bezug genommenen Entscheidungen zum Ausdruck gekommen ist.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des Klägers hat in der Sache Erfolg. Das angefochtene Berufungsurteil ist insoweit aufzuheben, als das LSG dort die Anwendung des für "unständig Beschäftigte" geltenden § 163 Abs 1 SGB VI auf die Synchronsprechertätigkeiten des Klägers verneint hat.

10

Die Revision der Beklagten ist als unbegründet zurückzuweisen.

11

1. Die Revisionen des Klägers und der Beklagten sind zulässig, denn ihre Begründungen genügen den gesetzlichen Anforderungen des § 164 Abs 2 SGG in seiner Konkretisierung durch die ständige Rechtsprechung des BSG.

12

a) Gemäß § 164 Abs 2 S 1 SGG ist die Revision fristgerecht zu begründen. Nach S 3 dieser Vorschrift muss die Begründung "einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben". Diese gesetzlichen Anforderungen hat das BSG in ständiger Rechtsprechung präzisiert (vgl dazu BSG Urteil vom 24.2.2016 - B 13 R 31/14 R - SozR 4-1500 § 164 Nr 4 RdNr 11 ff mwN). Danach muss, wenn mit der Revision die Verletzung einer Rechtsnorm gerügt wird, in der Begründung dargelegt werden, weshalb eine Vorschrift im materiellen Sinne von der Vorinstanz nicht oder nicht richtig angewendet worden ist (vgl § 546 ZPO). Das Revisionsvorbringen muss eine Prüfung und Durcharbeitung des Prozessstoffs durch den Prozessbevollmächtigten erkennen lassen (vgl BSG Urteil vom 24.3.2016 - B 12 R 5/15 R - SozR 4-1500 § 164 Nr 5 RdNr 13; BSG Urteil vom 26.7.2016 - B 4 AS 54/15 R - SozR 4-4225 § 1 Nr 3 RdNr 11 mwN). Mit diesem Erfordernis soll zur Entlastung des Revisionsgerichts erreicht werden, dass der Revisionskläger bzw sein Prozessbevollmächtigter die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels eingehend prüft und von aussichtslosen Revisionen rechtzeitig Abstand nimmt.

13

b) Der notwendige Inhalt einer Revisionsbegründung ist im Einzelfall nach Maßgabe des mit dem Begründungserfordernis verfolgten Zwecks sowie unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Vorgaben näher zu bestimmen. Denn aufgrund der Rechtsschutzgarantie in Art 19 Abs 4 S 1 GG darf der Zugang zu den Gerichten und den vorgesehenen Instanzen nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (BVerfG vom 30.4.1997 - 2 BvR 817/90 ua - BVerfGE 96, 27, 39; BVerfG vom 21.10.2015 - 2 BvR 912/15 - NJW 2016, 44). Formerfordernisse dürfen nicht weiter gehen, als es durch ihren Zweck geboten ist, da von ihnen die Gewährleistung des Rechtsschutzes abhängt (BVerfG vom 2.3.1993 - 1 BvR 249/92 - BVerfGE 88, 118, 126 f). Das gilt auch für Darlegungsanforderungen, die nicht derart streng gehandhabt werden dürfen, dass sie von einem durchschnittlichen, nicht auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet spezialisierten Rechtsanwalt mit zumutbarem Aufwand nicht mehr erfüllt werden können (BVerfG vom 8.12.2009 - 2 BvR 758/07 - BVerfGE 125, 104, 137; BVerfG vom 21.10.2015, aaO; vgl auch BSG Urteil vom 3.9.2014 - B 10 ÜG 12/13 R - SozR 4-1720 § 198 Nr 4 RdNr 12).

14

c) Die Verletzung einer Norm iS des § 164 Abs 2 S 3 SGG(inhaltsgleich § 139 Abs 3 S 4 VwGO, § 554 Abs 3 Nr 3 Buchst a ZPO in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung und § 120 Abs 2 Finanzgerichtsordnung aF) ist das Ergebnis der fehlerhaften Anwendung eines Rechtssatzes (vgl § 546 ZPO), also eines Subsumtionsschlusses, bei dem ein nach abstrakten Merkmalen bestimmter rechtlicher Obersatz mit einem individuellen Lebenssachverhalt in Übereinstimmung gebracht wird. Der Fehler kann sowohl in einer unzutreffenden Inhaltsbestimmung der abstrakten Tatbestandsmerkmale der Rechtsnorm (Interpretationsfehler) als auch in der fehlerhaften Annahme von Deckungsgleichheit zwischen einem zutreffend ausgelegten Obersatz und dem maßgebenden Sachverhalt (Subsumtionsfehler) liegen. Für die Beurteilung einer Rechtsverletzung in der Revisionsinstanz unbeachtlich ist lediglich ein Fehler des Berufungsgerichts bei der Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen, sofern nicht im Einzelfall zulässig und begründet ein Verfahrensmangel gerügt wird (§ 163 SGG).

15

d) Auf dieser Grundlage erfordert die Darlegung, weshalb die als verletzt gerügte Vorschrift des materiellen Rechts von der Vorinstanz nicht oder nicht richtig angewendet worden ist, eine kurze Wiedergabe des entscheidungserheblichen Sachverhalts. Die Rüge, dass ein im angefochtenen Urteil vorgenommener Subsumtionsschluss die Verletzung einer Rechtsnorm in dem genannten Sinne bewirkt haben soll, macht nicht nur Ausführungen zum rechtlichen Obersatz, sondern auch zu den tatsächlichen Umständen (= Sachverhalt), auf die dieser Obersatz angewendet wurde, erforderlich (vgl BSG Urteil vom 24.3.2016 - B 12 R 5/15 R - SozR 4-1500 § 164 Nr 5 RdNr 11 mwN). Rechtsausführungen in dem angefochtenen Urteil mögen für sich genommen zutreffend oder unzutreffend sein; eine mit der Revision angreifbare Rechtsverletzung bewirken solche Interpretationen einer Norm jedoch nur, wenn sie bei Anwendung auf den maßgebenden Sachverhalt auch entscheidungsrelevant sind (vgl BSG Urteil vom 24.2.2016 - B 13 R 31/14 R - SozR 4-1500 § 164 Nr 4 RdNr 16 mwN; BSG vom 27.4.2016 - B 12 KR 16/14 R - Juris RdNr 18; BSG vom 27.4.2016 - B 12 KR 17/14 R - Juris RdNr 14). Das Erfordernis der Wiedergabe des für die geltend gemachte Rechtsverletzung wesentlichen Sachverhalts ist dabei kein Selbstzweck. Es dient dazu, dass der Revisionsführer die Entscheidungserheblichkeit seiner Rechtsausführungen im Blick behält und von der Durchführung von Verfahren, in denen es auf einen Streit über die zutreffende Auslegung einer Norm letztlich überhaupt nicht ankommt, Abstand nimmt. Hierfür genügt es, wenn der Revisionsführer in der Revisionsbegründung den entscheidungsrelevanten Lebenssachverhalt in eigenen Worten kurz wiedergibt.

16

e) Der erkennende 12. Senat muss die vorliegende Sache nicht dem Großen Senat des BSG zur Klärung der Anforderungen an eine Revisionsbegründung vorlegen.

17

aa) Der erkennende Senat hat mit Beschluss vom 27.4.2016 (B 12 KR 16/14 R - Juris) beim 5. Senat des BSG angefragt, ob es für die formgerechte Begründung einer Revision erforderlich sei, "an welcher genauen Stelle" der Revisionsführer dem Berufungsurteil die von ihm genannten Tatumstände entnehmen möchte, ob es erforderlich sei, das BSG mit der Revisionsbegründung in die Lage zu versetzen, "ohne Studium der Gerichts- und Verwaltungsakten allein anhand der Revisionsbegründung zu prüfen, ob die im Streit stehenden revisiblen Rechtsvorschriften auf den festgestellten Sachverhalt nicht oder nicht richtig angewendet worden sind".

18

bb) Der 5. Senat des BSG hat mit Beschluss vom 6.10.2016 (B 5 SF 3/16 AR - Juris) an seiner Rechtsauffassung festgehalten, zur Begründung jedoch darauf hingewiesen, dass die Ausführungen in den bisherigen Entscheidungen des 5. Senats zur formgerechten Revisionsbegründung vom erkennenden Senat nicht zutreffend bewertet worden seien.

19

cc) Nach Klarstellung des 5. Senats im Beschluss vom 6.10.2016 zu den Anforderungen an eine hinreichende Revisionsbegründung, die sich mit denen des erkennenden Senats decken und daher eine Vorlage an den Großen Senat des BSG nach § 41 SGG entbehrlich machen, geht auch der erkennende Senat von den nachfolgend genannten Anforderungen an die Darstellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts aus:

20

(1) Wird mit der Revision die Verletzung materiellen Rechts gerügt, ist in der Revisionsbegründung auf den Gedankengang des Vordergerichts und damit zumindest kurz auf die Gründe der angegriffenen Entscheidung einzugehen und der vom Vordergericht festgestellte entscheidungserhebliche Lebenssachverhalt darzulegen.

21

(2) Aufwand und Intensität des Eingehens auf die tatrichterlichen Feststellungen richten sich nach deren eigener Qualität und sind am geringsten, wenn in den Gründen der angegriffenen Entscheidung die ihr zugrunde liegenden Tatsachen ausdrücklich mitgeteilt werden.

22

(3) Weicht das Vordergericht von dieser Idealform tatrichterlicher Feststellungen ab und trifft es Feststellungen lediglich auf den Gesamttext seiner Entscheidung verteilt und/oder nur mittelbar in der Weise, dass allenfalls aus seiner Rechtsanwendung deutlich wird, von welchem Sachverhalt es ausgegangen ist, muss die Revisionsbegründung als Ergebnis eigener geistiger Arbeit - und nicht von "copy and paste" - darlegen, welchen Umständen sie dem angefochtenen Urteil den mitgeteilten Sachverhalt entnimmt.

23

(4) Eine formgerechte Revisionsbegründung erfordert weder stets eine geschlossene Darstellung des Streitstoffes und der angegriffenen Entscheidung als Ganzes noch bedarf sie zwingend der wörtlichen Wiedergabe der vom Vordergericht festgestellten, rechtlich relevanten Tatumstände.

24

(5) Angaben, an welcher genauen Stelle dem angegriffenen Urteil bestimmte Tatumstände zu entnehmen sind, bedarf es in Ausnahmefällen nur dann, wenn nicht ohne Weiteres erkennbar ist, welchen Lebenssachverhalt sich das Tatsachengericht als für seine Entscheidung maßgebend vorgestellt hat und dieser erst ermittelt werden muss, weil die Urteilsgründe einer entsprechenden Interpretation bedürfen.

25

f) Den oben erläuterten Anforderungen werden die Revisionsbegründungen des Klägers und der Beklagten gerecht. Insbesondere haben sie den für eine revisionsgerichtliche Prüfung notwendigen Sachverhalt in der gebotenen Weise dargestellt.

26

2. Der Kläger unterlag in seinen für die beigeladenen Produktionsunternehmen ausgeübten Synchronsprechertätigkeiten wegen Beschäftigung der Versicherungspflicht in der GRV, die hier allein (noch) zu beurteilen ist (dazu a). Er war in diesen Tätigkeiten nicht ausnahmsweise wegen Geringfügigkeit versicherungsfrei (dazu b). Bei der Bemessung der Rentenversicherungsbeiträge sind die im Beitragsrecht der GRV für "unständig Beschäftigte" bestehenden Regelungen anzuwenden (dazu c).

27

a) Zutreffend hat das LSG - entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung - angenommen, dass der Kläger in den Synchronsprechertätigkeiten wegen Beschäftigung rentenversicherungspflichtig war, und die Entscheidung der beklagten Einzugsstelle insoweit als rechtsfehlerhaft angesehen.

28

aa) In den Jahren 2006 und 2007 unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, der Rentenversicherungspflicht (§ 1 S 1 Nr 1 SGB VI). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer Beschäftigung ist § 7 Abs 1 S 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert fortgeltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs 1 S 1 und 2 SGB IV). Das LSG ist zutreffend von den in der Rechtsprechung des Senats zum Vorliegen von Versicherungspflicht begründender Beschäftigung aufgestellten Grundsätzen ausgegangen (zB BSG Urteil vom 30.4.2013 - B 12 KR 19/11 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 21 RdNr 13 mwN; auch schon BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 12 KR 25/10 R - BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, RdNr 15 mwN; aus jüngerer Zeit: Senatsurteile vom 29.7.2015 - B 12 KR 23/13 R - BSGE 119, 216 = SozR 4-2400 § 7 Nr 24, RdNr 17 und vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr 25, RdNr 16) und hat diese in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise umgesetzt.

29

bb) Bei Gestaltungen der vorliegenden Art ist für die Prüfung der Versicherungspflicht nicht auf den gesamten Tätigkeitszeitraum, sondern - mit dem LSG - stets auf die Verhältnisse abzustellen, die nach Annahme des einzelnen Einsatzangebots, dh hier jeweils an dem Tag, an dem bei einem der beigeladenen Produktionsunternehmen synchronisiert wurde, bestehen (vgl zuletzt BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr 25, RdNr 19 mwN, vor allem unter Hinweis auf BSG Urteil vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07 R - Juris RdNr 24). Nach den für den Senat bindenden - weil insoweit von den Beteiligten nicht mit zulässigen Revisionsrügen angegriffenen - Feststellungen des LSG (vgl § 163 SGG) fehlen Anhaltspunkte dafür, dass zwischen dem Kläger und den Synchronisationsunternehmen eine Dauerrechtsbeziehung bestand, aufgrund derer den Kläger vor Annahme eines der hier streitigen Einsätze eine - ggf auch nur latente - Verpflichtung traf, Tätigkeiten für diese auszuüben, oder dass umgekehrt eine Verpflichtung der Unternehmen bestand, dem Kläger Arbeit anzubieten oder Entgelt zu gewähren (vgl BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr 25, RdNr 19).

30

Ausgehend von den weiteren Feststellungen des Berufungsgerichts ist dessen Würdigung, dass unter Gesamtabwägung aller Indizien und Umstände bei den hier maßgebenden einzelnen Einsätzen Beschäftigungen vorgelegen haben, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Entgegen der von der Beklagten vertretenen Ansicht war der Kläger in den Betrieb des jeweiligen Synchronisationsunternehmens eingegliedert und unterlag unter Vorgabe von Terminen und zeitlicher Abfolge für die Aufnahmen, von Räumlichkeiten sowie Dialog- und Synchronbüchern im Einzelnen den Weisungen der von den Produktionsunternehmen gestellten Regisseure, Cutter und Tonmeister. Gesichtspunkte der Kunstfreiheit gebieten dabei keine Abweichung von den allgemeinen Grundsätzen für die Beurteilung des Klägers als Beschäftigter; weder die künstlerische Freiheit der Sprecher bei der Gestaltung der Synchronisation noch ein möglicher Schutz auf die Synchronisation von Filmen gerichteter Tätigkeit nach Art 5 Abs 1 S 2 sowie Abs 3 GG (Film- und Kunstfreiheit) stehen demnach entgegen.

31

An den jeweiligen Synchronisationstagen war der Kläger verpflichtet, einen "Take" so oft zu wiederholen, wie dies durch den Regisseur in Wahrnehmung eines diesbezüglichen Weisungsrechts des Synchronisationsunternehmens angeordnet wurde. Schon aus diesem Grunde unterlag er nicht etwa nur künstlerisch-fachlichen Weisungen bezüglich der künstlerischen Gestaltung der Synchronisation, die für sich genommen einer Einordnung als selbstständige Tätigkeit noch nicht entgegenstehen. Auch gab das Produktionsunternehmen nach den bindenden Feststellungen des LSG ua die Reihenfolge für die Abarbeitung der einzelnen "Takes" sowie Beginn, Ende und Pausen der Aufnahmen und der verschiedenen Synchronsprecher einseitig vor.

32

cc) Soweit die Beklagte mit ihrer Revision geltend macht, der Kläger habe ein relevantes unternehmerisches Risiko zu tragen gehabt, weil ihm beim Entfall des Synchroneinsatzes kein Entgelt zugestanden habe, verhilft ihr dieser Vortrag - mangels entsprechender Tatsachenfeststellungen des LSG und ohne diesbezügliche Tatsachenrügen in der Revisionsinstanz (vgl § 163 SGG) - nicht zum Erfolg. So hat das Berufungsgericht jedenfalls festgestellt, dass als Teil des Gagensystems Mindesthonorare für Synchronsprecher vereinbart waren, deren Höhe von dem zunächst disponierten Zeitraum sowie dem Aufnahmeort abhing. Hieraus hat es zutreffend den Schluss gezogen, dass ein für Selbstständige typisches Risiko, die eigene Arbeitskraft mit der Ungewissheit einer Vergütung eingesetzt zu haben, (gerade) nicht bestanden hat.

33

Ein unternehmerisches Risiko des Klägers ist - mit dem LSG - auch nicht aus anderen Gründen anzunehmen. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG ist der Umstand, dass eigenes Kapital oder eigene Arbeitskraft mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist, nur dann ein Hinweis auf das Vorliegen selbstständiger Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft oder größere Verdienstchancen gegenüberstehen (zuletzt ausführlich BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R - BSGE 120, 99 = SozR 4-2400 § 7 Nr 25, RdNr 36 mwN). Aus dem (allgemeinen) Risiko, außerhalb der Erledigung einzelner Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft ggf nicht verwerten zu können ("Auftragsrisiko"), folgt noch kein Unternehmerrisiko bezüglich der einzelnen Einsätze (vgl hierzu BSG Urteil vom 4.6.1998 - B 12 KR 5/97 R - SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 36 f).

34

dd) Die Tätigkeit des Klägers als Synchronsprecher erfolgte auch nicht aufgrund von Werkverträgen (zur Abgrenzung von Werkvertrag und Dienstvertrag vgl BGH Urteil vom 16.7.2002 - X ZR 27/01 - BGHZ 151, 330 zu II. 1. der Gründe; BAG Urteil vom 25.9.2013 - 10 AZR 282/12 - AP Nr 126 zu § 611 BGB Abhängigkeit - Juris RdNr 15 ff). Nach den vom BAG (aaO) zur Abgrenzung von Werk- und Arbeitsvertrag entwickelten Grundsätzen, denen sich der Senat für die Prüfung der Versicherungspflicht in der Sozialversicherung anschließt, kommt es entscheidend darauf an, ob sich Weisungsrechte des Werkbestellers/Dienstherrn ausschließlich auf die Ausführung des vereinbarten Werks beziehen (Werkvertrag), oder ob auch Weisungsrechte bezüglich des Arbeitsvorgangs und der Zeiteinteilung bestehen; wird die Tätigkeit durch den "Besteller" geplant und organisiert und ist der "Werkunternehmer" in den arbeitsteiligen Prozess in einer Weise eingegliedert, die eine eigenverantwortliche Organisation der Erstellung des vereinbarten "Werks" faktisch ausschließt, liegt ein Arbeitsvertrag nahe (BAG, aaO, Juris RdNr 17 mwN). Dass hier (gerade) Letzteres der Fall war, steht nach den vom LSG insoweit festgestellten Tatsachen zu Inhalt und Umfang der während der Ausübung der Tätigkeiten des Klägers als Synchronsprecher erteilten Weisungen außer Frage.

35

Die von der Beklagten für ihren Rechtsstandpunkt herangezogene Gemeinsame Verlautbarung der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger zur versicherungsrechtlichen Beurteilung von Synchronsprechern vom 30.9.2005 ist schon vor dem Hintergrund der Senatsrechtsprechung zur (ausschließlichen) Bedeutung der Verhältnisse nach Annahme des einzelnen Einsatzangebots ohne Relevanz. Entgegen den in dem Rundschreiben enthaltenen Ausführungen kann für das Vorliegen von Beschäftigung insbesondere nicht verlangt werden, dass eine Rahmenvereinbarung besteht. Ebenso wenig sprechen nur kurzzeitige Einsätze zwingend für selbstständige Tätigkeit. Aus der bloßen Kurzzeitigkeit von Tätigkeiten kann - anders als der BFH dies für das Steuerrecht annimmt (BFH Urteil vom 1.3.1973 - IV R 231/69 - BFHE 109, 39; Urteil vom 3.8.1978 - VI R 212/75 - BFHE 126, 271; Urteil vom 12.10.1978 - IV R 1/77 - BFHE 133, 357) - schon deshalb nichts hergeleitet werden, weil das Sozialversicherungsrecht mit den Regelungen der Zeitgeringfügigkeit (vgl § 8 Abs 1 Nr 2 SGB IV) und für "unständig Beschäftigte" (anders als das Einkommensteuerrecht) Sondernormen für Personen mit sehr kurzfristigen Beschäftigungen enthält.

36

b) Der Kläger war als bei den beigeladenen Produktionsunternehmen beschäftigter Synchronsprecher an den einzelnen Einsatztagen nicht in der GRV wegen Geringfügigkeit versicherungsfrei.

37

Nach § 5 Abs 2 S 1 Halbs 1 Nr 1 SGB VI in der seinerzeit geltenden Fassung(des Gesetzes vom 23.12.2002, BGBl I 4621) sind Personen, die eine geringfügige Beschäftigung (§ 8 Abs 1, § 8a SGB IV) ausüben, in dieser Beschäftigung in der GRV versicherungsfrei. Nach § 8 Abs 1 SGB IV in dessen in den Jahren 2006 und 2007 maßgebender Fassung(der Bekanntmachung vom 23.1.2006, BGBl I 86) ist eine Beschäftigung geringfügig, wenn das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung regelmäßig im Monat 400 Euro nicht übersteigt (Nr 1), die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt 400 Euro im Monat übersteigt (Nr 2).

38

Einer Annahme von Geringfügigkeit im Sinne (zeit)geringfügiger Beschäftigungen nach § 8 Abs 1 Nr 2 SGB IV, die hier allein in Betracht kommen könnten, steht bereits entgegen, dass nicht erkennbar ist, dass die streitigen Synchronsprechertätigkeiten ihrer Eigenart nach auf die in § 8 Abs 1 Nr 2 SGB IV genannten Zeiträume begrenzt zu sein pflegten oder im Voraus vertraglich begrenzt waren.

39

c) Soweit es um die beitragsrechtliche Behandlung des Klägers als beschäftigter Synchronsprecher geht, also darum, ob von den beigeladenen Produktionsunternehmen als Arbeitgebern zu dessen Gunsten weitere Rentenversicherungsbeiträge zu erheben sind, gelangen die im Beitragsrecht der GRV für "unständig Beschäftigte" bestehenden Regelungen des § 163 Abs 1 SGB VI zur Anwendung. Bei der Bestimmung des Umfangs beitragspflichtiger Einnahmen "unständig Beschäftigter" in der GRV ist eine "Berufsmäßigkeit" der Beschäftigung als hinzutretendes, einschränkendes Tatbestandsmerkmal nicht zu fordern.

40

aa) Nach § 163 Abs 1 S 1 SGB VI(idF der Bekanntmachung vom 19.2.2002, BGBl I 754) ist für unständig Beschäftigte als beitragspflichtige Einnahmen ohne Rücksicht auf die Beschäftigungsdauer das innerhalb eines Kalendermonats erzielte Arbeitsentgelt bis zur Höhe der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze zugrunde zu legen. Unständig ist nach § 163 Abs 1 S 2 SGB VI die Beschäftigung, die auf weniger als eine Woche entweder nach der Natur der Sache befristet zu sein pflegt oder im Voraus durch den Arbeitsvertrag befristet ist.

41

Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die streitigen Tätigkeiten des Klägers als Synchronsprecher sind ausgehend von den Feststellungen des LSG als wiederholte, iS des § 163 Abs 1 S 2 SGB VI kurzzeitige Beschäftigungen und nicht - zB wegen in der Zwischenzeit auch bestehender Dienstbereitschaft - als (dauernde) durchgehende Beschäftigung zu bewerten(vgl zu einer abweichenden Konstellation BSG Urteil vom 20.3.2013 - B 12 R 13/10 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 19 - als "Gäste" beschäftigte Bühnenkünstler). Ob sich die Befristung aus der Natur der Sache (Synchronisierung einer bestimmten Rolle) oder aus einer vertraglichen Abrede ergab, muss insoweit nicht entschieden werden. Auch das wiederholte Tätigwerden für stets bestimmte Synchronisationsunternehmen steht dieser Beurteilung nicht entgegen; denn eine bloße Aneinanderreihung unständiger Beschäftigungen bei demselben Arbeitgeber begründet noch kein dauerhaftes Beschäftigungsverhältnis (vgl BSG Urteil vom 13.2.1962 - 3 RK 2/58 - BSGE 16, 158, 163 = SozR Nr 1 zu § 441 RVO S Aa 2 f mwN; BSG Urteil vom 16.2.1983 - 12 RK 23/81 - SozR 2200 § 441 Nr 2). Wie bereits erörtert, erfordert Letzteres eine - hier nicht vorliegende - ununterbrochen anhaltende Verfügungsmacht des Arbeitgebers über die Arbeitskraft des Betroffenen (vgl BSG Urteil vom 4.6.1998 - B 12 KR 5/97 R - SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 39 f; BSG Urteil vom 31.1.1973 - 12/3 RK 16/70 - USK 7311 S 50; BSG Urteil vom 22.11.1973 - 12 RK 17/72 - BSGE 36, 262, 264 f = SozR Nr 8 zu § 441 RVO S Aa 11 RS).

42

bb) Die Bestimmung des Umfangs beitragspflichtiger Einnahmen "unständig Beschäftigter" nach § 163 Abs 1 SGB VI setzt nicht zusätzlich voraus, dass diese ihre Beschäftigung "berufsmäßig" ausüben. Insoweit sind alle Voraussetzungen für die beitragsrechtliche Behandlung des Klägers in der GRV als "unständig Beschäftigter" gegeben. Dieses Ergebnis folgt aus einer Auslegung des § 163 Abs 1 SGB VI nach seinem Wortlaut und dem Gesetzeszusammenhang, in den die Norm gestellt ist(dazu (1)). Eine Auslegung nach der Regelungsabsicht des Gesetzgebers, die sich an dessen historischen Normvorstellungen (als Erkenntnisquelle) orientieren muss, liefert demgegenüber keinen klaren Befund bzw lässt mehrere Deutungsmöglichkeiten zu (dazu (2)).

43

(1) Weil § 163 Abs 1 S 2 SGB VI das Merkmal der "Berufsmäßigkeit" als hinzutretende Tatbestandsvoraussetzung mit den Personenkreis "unständig Beschäftigter" eingrenzender Wirkung nicht enthält, spricht schon der Gesetzeswortlaut dafür, dieses Merkmal hier - im Beitragsrecht der GRV - (gerade) nicht als für die Abgrenzung der genannten Personengruppe konstitutiv zu betrachten.

44

Ausschlaggebend ist darüber hinaus eine systematische Betrachtung der Gesetzesbestimmungen, die in den einzelnen Versicherungszweigen eine Anknüpfung an den Tatbestand "unständige Beschäftigung" enthalten (außerhalb des SGB VI: § 27 Abs 3 Nr 1 SGB III, § 232 Abs 3, § 186 Abs 2 S 1, § 190 Abs 4 SGB V). Daraus ergibt sich, dass der Gesetzgeber das Merkmal der "Berufsmäßigkeit" - vom jeweiligen rechtlichen Kontext abhängig (Versicherungspflicht-, Beitrags-, Mitgliedschaftsrecht) - als die Personengruppe "unständig Beschäftigter" eingrenzende Tatbestandsvoraussetzung systematisch mal hinzugenommen (so in § 27 Abs 3 Nr 1 SGB III: "… in einer unständigen Beschäftigung, die sie berufsmäßig ausüben …") und mal von einer Hinzunahme abgesehen hat (so in § 163 Abs 1 S 2 SGB VI).

45

(2) Ist eine Auslegung des § 163 Abs 1 SGB VI aus den obigen Gründen in dem genannten Sinne geboten, so lassen sich über eine Interpretation, die die Regelungsabsicht des Gesetzgebers berücksichtigt, keine dem gefundenen (Auslegungs)Ergebnis widersprechenden Anhaltspunkte gewinnen. Solche abweichenden Normvorstellungen lassen sich zwingend weder der Gesetzeshistorie noch der älteren Rechtsprechung des BSG entnehmen.

46

So wird in der Begründung des Entwurfs eines Rentenreformgesetzes 1992 (RRG 1992) zu § 158 Abs 1 - dem späteren § 163 Abs 1 SGB VI - zwar ausgeführt, Absatz 1 entspreche dem geltenden Recht(vgl den Entwurf eines RRG 1992 der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP vom 7.3.1989, BT-Drucks 11/4124 S 184). § 1400 Abs 2 RVO(iVm §§ 232, 233 SGB V), auf den in einem Klammerzusatz verwiesen wird, gibt jedoch weder nach seinem Wortlaut noch sonst - etwa unter Berücksichtigung dort vorgenommener Verweisungen (auf den für die Beitragsberechnung in der gesetzlichen Krankenversicherung maßgebenden Grundlohn, auf den Betrag nach § 1385 Abs 3a RVO) - Aufschluss darüber, welche Merkmale sich der Gesetzgeber des SGB VI im vorliegenden Zusammenhang des Beitragsrechts der GRV für den Anknüpfungstatbestand "unständige Beschäftigung" vorgestellt hat.

47

Andere - von den Verfassern des Entwurfs eines RRG 1992 - nicht in Bezug genommene Vorschriften der RVO (§ 442 iVm § 441 RVO, später wortgleich in den bis zum 31.12.1995 geltenden § 179 Abs 1 SGB V übernommen) oder des Angestelltenversicherungsgesetzes ( § 118 Abs 2, § 127 Abs 1 und 4 AVG, jeweils in der bis 31.12.1988 geltenden Fassung) legen die "Berufsmäßigkeit" - insoweit wie im geltenden Recht - je nach dem besonderen Kontext dieser Bestimmungen bereichsspezifisch als eine hinzutretende konstitutive Tatbestandsvoraussetzung fest (so in § 442 RVO - einer Zuständigkeits- bzw Mitgliedschaftsvorschrift aus der gesetzlichen Krankenversicherung; zu den hierfür aufgebotenen sozialpolitischen Motiven vgl schon die Begründung zum Reformbedarf der Krankenversicherung unständig Beschäftigter in dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über die Verwaltung der Mittel der Träger der Krankenversicherung vom 22.8.1979, BT-Drucks 8/3126 S 10 f) oder sehen von einem solchen Hinzutreten ab.

48

Für eine Auslegung nach der Regelungsabsicht des Gesetzgebers einschlägige Erkenntnisse ergeben sich auch nicht aus älterer Rechtsprechung des Senats zu den früheren Vorschriften der §§ 441, 442 RVO:

49

Soweit der Senat in seinem Urteil vom 4.6.1998 (B 12 KR 5/97 R - SozR 3-2400 § 7 Nr 13 S 40) ausgeführt hat, eine Beschäftigung sei nach den §§ 441, 442 RVO "unständig", wenn sie auf weniger als eine Woche entweder nach der Natur der Sache beschränkt zu sein pflege oder im Voraus durch den Arbeitsvertrag beschränkt sei und der Arbeitnehmer solchen "unständigen Beschäftigungen" berufsmäßig nachgehe, kann hieraus für die Auslegung des § 163 Abs 1 SGB VI nichts hergeleitet werden. Die §§ 441 und 442 RVO sind weder Vorgängervorschriften des § 163 Abs 1 SGB VI(missverständlich insoweit der dortige Klammerzusatz mit seiner Verweisung auf § 163 Abs 1 S 2 SGB VI) noch wurde die Formulierung des § 442 RVO - "Personen, die berufsmäßig unständigen Beschäftigungen nachgehen, in denen sie versicherungspflichtig sind (unständig Beschäftigte), gehören der für ihren Wohnort zuständigen Ortskrankenkasse an - in § 163 Abs 1 SGB VI aufgegriffen.

50

Aus der Entscheidung des Senats vom 22.11.1973 (12 RK 17/72 - BSGE 36, 262, 265 = SozR Nr 8 zu § 441 RVO S Aa 12) kann ebenfalls nicht entnommen werden, dass "unständig" iS des § 163 Abs 1 SGB VI nur eine Beschäftigung sei, die auch "berufsmäßig" ausgeübt werde. In der genannten Entscheidung ging es nicht um Fragen der Beitragsbemessung, sondern um die Frage des Vorliegens von Versicherungsfreiheit nach § 4 Abs 1 AVG in einer Nebenbeschäftigung und damit um einen anderen gesetzlichen Kontext.

51

3. Einer Prüfung der (sinngemäß) auf eine Verletzung des § 128 Abs 1 S 1 SGG gestützten Verfahrensrüge des Klägers bedarf es nicht mehr.

52

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 S 1 SGG.

(1) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundessozialgericht die Revision zurück. Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Gesetzesverletzung, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision ebenfalls zurückzuweisen.

(2) Ist die Revision begründet, so hat das Bundessozialgericht in der Sache selbst zu entscheiden. Sofern dies untunlich ist, kann es das angefochtene Urteil mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Gericht zurückverweisen, welches das angefochtene Urteil erlassen hat.

(3) Die Entscheidung über die Revision braucht nicht begründet zu werden, soweit das Bundessozialgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 202 in Verbindung mit § 547 der Zivilprozeßordnung und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(4) Verweist das Bundessozialgericht die Sache bei der Sprungrevision nach § 161 zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück, so kann es nach seinem Ermessen auch an das Landessozialgericht zurückverweisen, das für die Berufung zuständig gewesen wäre. Für das Verfahren vor dem Landessozialgericht gelten dann die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit auf eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung beim Landessozialgericht anhängig geworden wäre.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen.

(1) Die Beiträge sind für jeden Kalendertag der Mitgliedschaft zu zahlen, soweit dieses Buch nichts Abweichendes bestimmt.

(2) Die Beiträge werden nach den beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder bemessen. Für die Berechnung ist die Woche zu sieben, der Monat zu dreißig und das Jahr zu dreihundertsechzig Tagen anzusetzen.

(3) Beitragspflichtige Einnahmen sind bis zu einem Betrag von einem Dreihundertsechzigstel der Jahresarbeitsentgeltgrenze nach § 6 Abs. 7 für den Kalendertag zu berücksichtigen (Beitragsbemessungsgrenze). Einnahmen, die diesen Betrag übersteigen, bleiben außer Ansatz, soweit dieses Buch nichts Abweichendes bestimmt.

(1) Die Mittel für die Pflegeversicherung werden durch Beiträge sowie sonstige Einnahmen gedeckt.

(2) Die Beiträge werden nach einem Vomhundertsatz (Beitragssatz) von den beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder bis zur Beitragsbemessungsgrenze (§ 55) erhoben. Die Beiträge sind für jeden Kalendertag der Mitgliedschaft zu zahlen, soweit dieses Buch nichts Abweichendes bestimmt. Für die Berechnung der Beiträge ist die Woche zu sieben, der Monat zu 30 und das Jahr zu 360 Tagen anzusetzen.

(3) Die Vorschriften des Zwölften Kapitels des Fünften Buches gelten entsprechend.

(1) Versicherungspflichtige tragen die Beiträge aus

1.
den Versorgungsbezügen,
2.
dem Arbeitseinkommen,
3.
den beitragspflichtigen Einnahmen nach § 236 Abs. 1
allein.

(2) Freiwillige Mitglieder, in § 189 genannte Rentenantragsteller sowie Schwangere, deren Mitgliedschaft nach § 192 Abs. 2 erhalten bleibt, tragen den Beitrag allein.

(3) Versicherungspflichtige nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 tragen ihre Beiträge mit Ausnahme der aus Arbeitsentgelt und nach § 228 Absatz 1 Satz 1 zu tragenden Beiträge allein.

(1) Für die nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 bis 12 versicherten Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung, die in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind, gelten für die Tragung der Beiträge § 250 Absatz 1 und 3, die §§ 251 und 413 des Fünften Buches des Fünften Buches sowie § 48 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte entsprechend; die Beiträge aus der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung sind von dem Mitglied allein zu tragen. Bei Beziehern einer Rente nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte, die nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 versichert sind, und bei Beziehern von Produktionsaufgaberente oder Ausgleichsgeld, die nach § 14 Abs. 4 des Gesetzes zur Förderung der Einstellung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit versichert sind, werden die Beiträge aus diesen Leistungen von den Beziehern der Leistung allein getragen.

(2) Die Beiträge für Bezieher von Krankengeld werden von den Leistungsbeziehern und den Krankenkassen je zur Hälfte getragen, soweit sie auf das Krankengeld entfallen und dieses nicht in Höhe der Leistungen der Bundesagentur für Arbeit zu zahlen ist, im übrigen von den Krankenkassen; die Beiträge werden auch dann von den Krankenkassen getragen, wenn das dem Krankengeld zugrunde liegende monatliche Arbeitsentgelt die Geringfügigkeitsgrenze nicht übersteigt. Die Beiträge für Bezieher von Krankengeld nach § 44a des Fünften Buches oder für den Ausfall von Arbeitseinkünften im Zusammenhang mit einer nach den §§ 8 und 8a des Transplantationsgesetzes erfolgenden Spende von Organen oder Geweben oder im Zusammenhang mit einer im Sinne von § 9 des Transfusionsgesetzes erfolgenden Spende von Blut zur Separation von Blutstammzellen oder anderen Blutbestandteilen sind von der Stelle zu tragen, die die Leistung erbringt; wird die Leistung von mehreren Stellen erbracht, sind die Beiträge entsprechend anteilig zu tragen.

(3) Die Beiträge für die nach § 21 Nr. 1 bis 5 versicherten Leistungsempfänger werden vom jeweiligen Leistungsträger getragen. Beiträge auf Grund des Leistungsbezugs im Rahmen der Kriegsopferfürsorge gelten als Aufwendungen für die Kriegsopferfürsorge.

(4) Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung, die in der gesetzlichen Krankenversicherung freiwillig versichert sind, sowie Mitglieder, deren Mitgliedschaft nach § 49 Abs. 2 Satz 1 erhalten bleibt oder nach den §§ 26 und 26a freiwillig versichert sind, und die nach § 21 Nr. 6 versicherten Soldaten auf Zeit sowie die nach § 21a Absatz 1 Satz 1 versicherten Mitglieder von Solidargemeinschaften tragen den Beitrag allein. Abweichend von Satz 1 werden

1.
die auf Grund des Bezuges von Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld zu zahlenden Beiträge von dem zuständigen Rehabilitationsträger,
2.
die Beiträge für satzungsmäßige Mitglieder geistlicher Genossenschaften, Diakonissen und ähnliche Personen einschließlich der Beiträge bei einer Weiterversicherung nach § 26 von der Gemeinschaft
allein getragen.

(5) Den Beitragszuschlag für Kinderlose nach § 55 Absatz 3 Satz 1 trägt das Mitglied.

(1) Soweit gesetzlich nichts Abweichendes bestimmt ist, sind die Beiträge von demjenigen zu zahlen, der sie zu tragen hat. Abweichend von Satz 1 zahlen die Bundesagentur für Arbeit oder in den Fällen des § 6a des Zweiten Buches die zugelassenen kommunalen Träger die Beiträge für die Bezieher von Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches.

(2) Die Beitragszahlung erfolgt in den Fällen des § 251 Abs. 3, 4 und 4a an den Gesundheitsfonds. Ansonsten erfolgt die Beitragszahlung an die nach § 28i des Vierten Buches zuständige Einzugsstelle. Die Einzugsstellen leiten die nach Satz 2 gezahlten Beiträge einschließlich der Zinsen auf Beiträge und Säumniszuschläge arbeitstäglich an den Gesundheitsfonds weiter. Das Weitere zum Verfahren der Beitragszahlungen nach Satz 1 und Beitragsweiterleitungen nach Satz 3 wird durch Rechtsverordnung nach den §§ 28c und 28n des Vierten Buches geregelt.

(2a) Die Pflegekassen zahlen für Bezieher von Pflegeunterstützungsgeld die Beiträge nach § 249c Satz 1 Nummer 1 und 3. Die privaten Versicherungsunternehmen, die Festsetzungsstellen für die Beihilfe oder die Dienstherren zahlen die Beiträge nach § 249c Satz 1 Nummer 2 und 3; der Verband der privaten Krankenversicherung e. V., die Festsetzungsstellen für die Beihilfe und die Dienstherren vereinbaren mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen und dem Bundesamt für Soziale Sicherung Näheres über die Zahlung und Abrechnung der Beiträge. Für den Beitragsabzug gilt § 28g Satz 1 und 2 des Vierten Buches entsprechend.

(2b) (weggefallen)

(3) Schuldet ein Mitglied Auslagen, Gebühren, insbesondere Mahn- und Vollstreckungsgebühren sowie wie Gebühren zu behandelnde Entgelte für Rücklastschriften, Beiträge, den Zusatzbeitrag nach § 242 in der bis zum 31. Dezember 2014 geltenden Fassung, Prämien nach § 53, Säumniszuschläge, Zinsen, Bußgelder oder Zwangsgelder, kann es bei Zahlung bestimmen, welche Schuld getilgt werden soll. Trifft das Mitglied keine Bestimmung, werden die Schulden in der genannten Reihenfolge getilgt. Innerhalb der gleichen Schuldenart werden die einzelnen Schulden nach ihrer Fälligkeit, bei gleichzeitiger Fälligkeit anteilmäßig getilgt.

(4) Für die Haftung der Einzugsstellen wegen schuldhafter Pflichtverletzung beim Einzug von Beiträgen nach Absatz 2 Satz 2 gilt § 28r Abs. 1 und 2 des Vierten Buches entsprechend.

(5) Das Bundesministerium für Gesundheit regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere über die Prüfung der von den Krankenkassen mitzuteilenden Daten durch die mit der Prüfung nach § 274 befassten Stellen einschließlich der Folgen fehlerhafter Datenlieferungen oder nicht prüfbarer Daten sowie das Verfahren der Prüfung und der Prüfkriterien für die Bereiche der Beitragsfestsetzung, des Beitragseinzugs und der Weiterleitung von Beiträgen nach Absatz 2 Satz 2 durch die Krankenkassen, auch abweichend von § 274.

(6) Stellt die Aufsichtsbehörde fest, dass eine Krankenkasse die Monatsabrechnungen über die Sonstigen Beiträge gegenüber dem Bundesamt für Soziale Sicherung als Verwalter des Gesundheitsfonds entgegen der Rechtsverordnung auf Grundlage der §§ 28n und 28p des Vierten Buches nicht, nicht vollständig, nicht richtig oder nicht fristgerecht abgibt, kann sie die Aufforderung zur Behebung der festgestellten Rechtsverletzung und zur Unterlassung künftiger Rechtsverletzungen mit der Androhung eines Zwangsgeldes bis zu 50 000 Euro für jeden Fall der Zuwiderhandlung verbinden.

(1) Soweit gesetzlich nichts Abweichendes bestimmt ist, sind die Beiträge von demjenigen zu zahlen, der sie zu tragen hat. § 252 Abs. 1 Satz 2, die §§ 253 bis 256a des Fünften Buches und § 49 Satz 2, die §§ 50 und 50a des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte gelten entsprechend. Die aus einer Rente nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte und einer laufenden Geldleistung nach dem Gesetz zur Förderung der Einstellung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit zu entrichtenden Beiträge werden von der Alterskasse gezahlt; § 28g Satz 1 des Vierten Buches gilt entsprechend.

(2) Für Bezieher von Krankengeld zahlen die Krankenkassen die Beiträge; für den Beitragsabzug gilt § 28g Satz 1 des Vierten Buches entsprechend. Die zur Tragung der Beiträge für die in § 21 Nr. 1 bis 5 genannten Mitglieder Verpflichteten können einen Dritten mit der Zahlung der Beiträge beauftragen und mit den Pflegekassen Näheres über die Zahlung und Abrechnung der Beiträge vereinbaren.

(3) Die Beiträge sind an die Krankenkassen zu zahlen; in den in § 252 Abs. 2 Satz 1 des Fünften Buches geregelten Fällen sind sie an den Gesundheitsfonds zu zahlen, der sie unverzüglich an den Ausgleichsfonds weiterzuleiten hat. Die nach Satz 1 eingegangenen Beiträge zur Pflegeversicherung sind von der Krankenkasse unverzüglich an die Pflegekasse weiterzuleiten. In den Fällen des § 252 Absatz 2 Satz 1 des Fünften Buches ist das Bundesamt für Soziale Sicherung als Verwalter des Gesundheitsfonds, im Übrigen sind die Pflegekassen zur Prüfung der ordnungsgemäßen Beitragszahlung berechtigt; § 251 Absatz 5 Satz 3 bis 7 des Fünften Buches gilt entsprechend. § 24 Abs. 1 des Vierten Buches gilt. § 252 Abs. 3 des Fünften Buches gilt mit der Maßgabe, dass die Beiträge zur Pflegeversicherung den Beiträgen zur Krankenversicherung gleichstehen.

(4) Die Deutsche Rentenversicherung Bund leitet alle Pflegeversicherungsbeiträge aus Rentenleistungen der allgemeinen Rentenversicherung am fünften Arbeitstag des Monats, der dem Monat folgt, in dem die Rente fällig war, an den Ausgleichsfonds der Pflegeversicherung (§ 65) weiter. Werden Rentenleistungen am letzten Bankarbeitstag des Monats ausgezahlt, der dem Monat vorausgeht, in dem sie fällig werden (§ 272a des Sechsten Buches), leitet die Deutsche Rentenversicherung Bund die darauf entfallenden Pflegeversicherungsbeiträge am fünften Arbeitstag des laufenden Monats an den Ausgleichsfonds der Pflegeversicherung weiter.

(5) Der Beitragszuschlag nach § 55 Absatz 3 Satz 1 ist von demjenigen zu zahlen, der die Beiträge zu zahlen hat. Wird der Pflegeversicherungsbeitrag von einem Dritten gezahlt, hat dieser einen Anspruch gegen das Mitglied auf den von dem Mitglied zu tragenden Beitragszuschlag. Dieser Anspruch kann von dem Dritten durch Abzug von der an das Mitglied zu erbringenden Geldleistung geltend gemacht werden.

(6) Wenn kein Abzug nach Absatz 5 möglich ist, weil der Dritte keine laufende Geldleistung an das Mitglied erbringen muss, hat das Mitglied den sich aus dem Beitragszuschlag ergebenden Betrag an die Pflegekasse zu zahlen.

(7) Die Beitragszuschläge für die Bezieher von Arbeitslosengeld, Unterhaltsgeld und Kurzarbeitergeld, Ausbildungsgeld, Übergangsgeld und, soweit die Bundesagentur beitragszahlungspflichtig ist, für Bezieher von Berufsausbildungsbeihilfe nach dem Dritten Buch werden von der Bundesagentur für Arbeit pauschal in Höhe von 20 Millionen Euro pro Jahr an den Ausgleichsfonds der Pflegeversicherung (§ 65) überwiesen. Die Bundesagentur für Arbeit kann mit Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales hinsichtlich der übernommenen Beträge Rückgriff bei den genannten Leistungsbeziehern nach dem Dritten Buch nehmen. Die Bundesagentur für Arbeit kann mit dem Bundesamt für Soziale Sicherung Näheres zur Zahlung der Pauschale vereinbaren.

(1) Soweit gesetzlich nichts Abweichendes bestimmt ist, sind die Beiträge von demjenigen zu zahlen, der sie zu tragen hat. Abweichend von Satz 1 zahlen die Bundesagentur für Arbeit oder in den Fällen des § 6a des Zweiten Buches die zugelassenen kommunalen Träger die Beiträge für die Bezieher von Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches.

(2) Die Beitragszahlung erfolgt in den Fällen des § 251 Abs. 3, 4 und 4a an den Gesundheitsfonds. Ansonsten erfolgt die Beitragszahlung an die nach § 28i des Vierten Buches zuständige Einzugsstelle. Die Einzugsstellen leiten die nach Satz 2 gezahlten Beiträge einschließlich der Zinsen auf Beiträge und Säumniszuschläge arbeitstäglich an den Gesundheitsfonds weiter. Das Weitere zum Verfahren der Beitragszahlungen nach Satz 1 und Beitragsweiterleitungen nach Satz 3 wird durch Rechtsverordnung nach den §§ 28c und 28n des Vierten Buches geregelt.

(2a) Die Pflegekassen zahlen für Bezieher von Pflegeunterstützungsgeld die Beiträge nach § 249c Satz 1 Nummer 1 und 3. Die privaten Versicherungsunternehmen, die Festsetzungsstellen für die Beihilfe oder die Dienstherren zahlen die Beiträge nach § 249c Satz 1 Nummer 2 und 3; der Verband der privaten Krankenversicherung e. V., die Festsetzungsstellen für die Beihilfe und die Dienstherren vereinbaren mit dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen und dem Bundesamt für Soziale Sicherung Näheres über die Zahlung und Abrechnung der Beiträge. Für den Beitragsabzug gilt § 28g Satz 1 und 2 des Vierten Buches entsprechend.

(2b) (weggefallen)

(3) Schuldet ein Mitglied Auslagen, Gebühren, insbesondere Mahn- und Vollstreckungsgebühren sowie wie Gebühren zu behandelnde Entgelte für Rücklastschriften, Beiträge, den Zusatzbeitrag nach § 242 in der bis zum 31. Dezember 2014 geltenden Fassung, Prämien nach § 53, Säumniszuschläge, Zinsen, Bußgelder oder Zwangsgelder, kann es bei Zahlung bestimmen, welche Schuld getilgt werden soll. Trifft das Mitglied keine Bestimmung, werden die Schulden in der genannten Reihenfolge getilgt. Innerhalb der gleichen Schuldenart werden die einzelnen Schulden nach ihrer Fälligkeit, bei gleichzeitiger Fälligkeit anteilmäßig getilgt.

(4) Für die Haftung der Einzugsstellen wegen schuldhafter Pflichtverletzung beim Einzug von Beiträgen nach Absatz 2 Satz 2 gilt § 28r Abs. 1 und 2 des Vierten Buches entsprechend.

(5) Das Bundesministerium für Gesundheit regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere über die Prüfung der von den Krankenkassen mitzuteilenden Daten durch die mit der Prüfung nach § 274 befassten Stellen einschließlich der Folgen fehlerhafter Datenlieferungen oder nicht prüfbarer Daten sowie das Verfahren der Prüfung und der Prüfkriterien für die Bereiche der Beitragsfestsetzung, des Beitragseinzugs und der Weiterleitung von Beiträgen nach Absatz 2 Satz 2 durch die Krankenkassen, auch abweichend von § 274.

(6) Stellt die Aufsichtsbehörde fest, dass eine Krankenkasse die Monatsabrechnungen über die Sonstigen Beiträge gegenüber dem Bundesamt für Soziale Sicherung als Verwalter des Gesundheitsfonds entgegen der Rechtsverordnung auf Grundlage der §§ 28n und 28p des Vierten Buches nicht, nicht vollständig, nicht richtig oder nicht fristgerecht abgibt, kann sie die Aufforderung zur Behebung der festgestellten Rechtsverletzung und zur Unterlassung künftiger Rechtsverletzungen mit der Androhung eines Zwangsgeldes bis zu 50 000 Euro für jeden Fall der Zuwiderhandlung verbinden.

(1) Soweit gesetzlich nichts Abweichendes bestimmt ist, sind die Beiträge von demjenigen zu zahlen, der sie zu tragen hat. § 252 Abs. 1 Satz 2, die §§ 253 bis 256a des Fünften Buches und § 49 Satz 2, die §§ 50 und 50a des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte gelten entsprechend. Die aus einer Rente nach dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte und einer laufenden Geldleistung nach dem Gesetz zur Förderung der Einstellung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit zu entrichtenden Beiträge werden von der Alterskasse gezahlt; § 28g Satz 1 des Vierten Buches gilt entsprechend.

(2) Für Bezieher von Krankengeld zahlen die Krankenkassen die Beiträge; für den Beitragsabzug gilt § 28g Satz 1 des Vierten Buches entsprechend. Die zur Tragung der Beiträge für die in § 21 Nr. 1 bis 5 genannten Mitglieder Verpflichteten können einen Dritten mit der Zahlung der Beiträge beauftragen und mit den Pflegekassen Näheres über die Zahlung und Abrechnung der Beiträge vereinbaren.

(3) Die Beiträge sind an die Krankenkassen zu zahlen; in den in § 252 Abs. 2 Satz 1 des Fünften Buches geregelten Fällen sind sie an den Gesundheitsfonds zu zahlen, der sie unverzüglich an den Ausgleichsfonds weiterzuleiten hat. Die nach Satz 1 eingegangenen Beiträge zur Pflegeversicherung sind von der Krankenkasse unverzüglich an die Pflegekasse weiterzuleiten. In den Fällen des § 252 Absatz 2 Satz 1 des Fünften Buches ist das Bundesamt für Soziale Sicherung als Verwalter des Gesundheitsfonds, im Übrigen sind die Pflegekassen zur Prüfung der ordnungsgemäßen Beitragszahlung berechtigt; § 251 Absatz 5 Satz 3 bis 7 des Fünften Buches gilt entsprechend. § 24 Abs. 1 des Vierten Buches gilt. § 252 Abs. 3 des Fünften Buches gilt mit der Maßgabe, dass die Beiträge zur Pflegeversicherung den Beiträgen zur Krankenversicherung gleichstehen.

(4) Die Deutsche Rentenversicherung Bund leitet alle Pflegeversicherungsbeiträge aus Rentenleistungen der allgemeinen Rentenversicherung am fünften Arbeitstag des Monats, der dem Monat folgt, in dem die Rente fällig war, an den Ausgleichsfonds der Pflegeversicherung (§ 65) weiter. Werden Rentenleistungen am letzten Bankarbeitstag des Monats ausgezahlt, der dem Monat vorausgeht, in dem sie fällig werden (§ 272a des Sechsten Buches), leitet die Deutsche Rentenversicherung Bund die darauf entfallenden Pflegeversicherungsbeiträge am fünften Arbeitstag des laufenden Monats an den Ausgleichsfonds der Pflegeversicherung weiter.

(5) Der Beitragszuschlag nach § 55 Absatz 3 Satz 1 ist von demjenigen zu zahlen, der die Beiträge zu zahlen hat. Wird der Pflegeversicherungsbeitrag von einem Dritten gezahlt, hat dieser einen Anspruch gegen das Mitglied auf den von dem Mitglied zu tragenden Beitragszuschlag. Dieser Anspruch kann von dem Dritten durch Abzug von der an das Mitglied zu erbringenden Geldleistung geltend gemacht werden.

(6) Wenn kein Abzug nach Absatz 5 möglich ist, weil der Dritte keine laufende Geldleistung an das Mitglied erbringen muss, hat das Mitglied den sich aus dem Beitragszuschlag ergebenden Betrag an die Pflegekasse zu zahlen.

(7) Die Beitragszuschläge für die Bezieher von Arbeitslosengeld, Unterhaltsgeld und Kurzarbeitergeld, Ausbildungsgeld, Übergangsgeld und, soweit die Bundesagentur beitragszahlungspflichtig ist, für Bezieher von Berufsausbildungsbeihilfe nach dem Dritten Buch werden von der Bundesagentur für Arbeit pauschal in Höhe von 20 Millionen Euro pro Jahr an den Ausgleichsfonds der Pflegeversicherung (§ 65) überwiesen. Die Bundesagentur für Arbeit kann mit Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales hinsichtlich der übernommenen Beträge Rückgriff bei den genannten Leistungsbeziehern nach dem Dritten Buch nehmen. Die Bundesagentur für Arbeit kann mit dem Bundesamt für Soziale Sicherung Näheres zur Zahlung der Pauschale vereinbaren.

Eine Schuld kann von einem Dritten durch Vertrag mit dem Gläubiger in der Weise übernommen werden, dass der Dritte an die Stelle des bisherigen Schuldners tritt.

(1) Wird die Schuldübernahme von dem Dritten mit dem Schuldner vereinbart, so hängt ihre Wirksamkeit von der Genehmigung des Gläubigers ab. Die Genehmigung kann erst erfolgen, wenn der Schuldner oder der Dritte dem Gläubiger die Schuldübernahme mitgeteilt hat. Bis zur Genehmigung können die Parteien den Vertrag ändern oder aufheben.

(2) Wird die Genehmigung verweigert, so gilt die Schuldübernahme als nicht erfolgt. Fordert der Schuldner oder der Dritte den Gläubiger unter Bestimmung einer Frist zur Erklärung über die Genehmigung auf, so kann die Genehmigung nur bis zum Ablauf der Frist erklärt werden; wird sie nicht erklärt, so gilt sie als verweigert.

(3) Solange nicht der Gläubiger die Genehmigung erteilt hat, ist im Zweifel der Übernehmer dem Schuldner gegenüber verpflichtet, den Gläubiger rechtzeitig zu befriedigen. Das Gleiche gilt, wenn der Gläubiger die Genehmigung verweigert.

(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird.

(2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(1) Hat der Schuldner nicht in Person zu leisten, so kann auch ein Dritter die Leistung bewirken. Die Einwilligung des Schuldners ist nicht erforderlich.

(2) Der Gläubiger kann die Leistung ablehnen, wenn der Schuldner widerspricht.

(1) Betreibt der Gläubiger die Zwangsvollstreckung in einen dem Schuldner gehörenden Gegenstand, so ist jeder, der Gefahr läuft, durch die Zwangsvollstreckung ein Recht an dem Gegenstand zu verlieren, berechtigt, den Gläubiger zu befriedigen. Das gleiche Recht steht dem Besitzer einer Sache zu, wenn er Gefahr läuft, durch die Zwangsvollstreckung den Besitz zu verlieren.

(2) Die Befriedigung kann auch durch Hinterlegung oder durch Aufrechnung erfolgen.

(3) Soweit der Dritte den Gläubiger befriedigt, geht die Forderung auf ihn über. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Gläubigers geltend gemacht werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 217/06
Verkündet am:
25. Oktober 2007
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
AGB-Banken Nr. 7 Abs. 3

a) Der Schuldner, der nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit während des Insolvenzeröffnungsverfahrens
eine im Lastschriftverfahren erfolgte Kontobelastung nicht
genehmigt, handelt in der Regel weder rechts- noch sittenwidrig.

b) Der vorläufige Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt ist befugt, im Einzugsermächtigungsverfahren
erfolgten Lastschriften zu widersprechen, unabhängig
davon, ob dem Schuldner eine sachlich rechtliche Einwendung gegen die
Gläubigerforderung zusteht (Bestätigung von BGHZ 161, 49).

c) Im Einzugsermächtigungsverfahren ist in der Regel die Gläubigerforderung vor
Erteilung der Genehmigung durch den Schuldner nicht erfüllt.

d) Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken wirkt auch im Rechtsverhältnis zum endgültigen und
zum vorläufigen "starken" Insolvenzverwalter, nicht jedoch gegenüber dem vorläufigen
Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt.

e) Der Insolvenzverwalter, der nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens das Schuldnerkonto
für eingehende Gutschriften längere Zeit weiterbenutzt, ohne die auf diesem
Konto im Einzugsermächtigungsverfahren ergangenen Lastschriften zu widerrufen
, genehmigt diese konkludent.
BGH, Urteil vom 25. Oktober 2007 - IX ZR 217/06 - OLG München
LG München I
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. Oktober 2007 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Fischer, die Richter
Raebel, Vill, Cierniak und die Richterin Lohmann

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 26. Oktober 2006 wird auf Kosten des Klägers, der auch die Kosten der Streithilfe zu tragen hat, zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der U. GmbH & Co. KG (nachfolgend: Schuldnerin). Diese unterhielt bei der beklagten Bank unter der Nr. … ein Girokonto, das auf Guthabenbasis geführt wurde.
2
Im Zeitraum vom 1. August bis 2. Oktober 2002 löste die Beklagte Lastschriften aus Einzugsermächtigungen in Höhe von 1.254.536,31 € ein und belastete damit das genannte Konto. Mit Wirkung zum 31. August, 30. September und 31. Oktober 2002 erteilte die Beklagte der Schuldnerin jeweils Rechnungsabschlüsse.
3
Am 2. Oktober 2002 beantragte die Schuldnerin die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen. Am selben Tage wurde der Kläger zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt bestellt. Am 16. Dezember 2002 wurde der Schuldnerin vom Insolvenzgericht ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt und am 27. Dezember 2002 das Insolvenzverfahren eröffnet.
4
Der Kläger erklärte mit Schreiben vom 7. Dezember 2004 der Beklagten, er verweigere die Genehmigung sämtlicher seit 1. August 2002 bis zum Insolvenzantrag eingegangenen Lastschriften und Belastungsbuchungen. Die Beklagte erteilte jedoch keine Gutschrift.
5
Der Kläger verlangt deshalb Zahlung von 1.254.536,31 €. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Entscheidungsgründe:


6
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.


7
Das Berufungsgericht hält die Klage für unbegründet, weil die Genehmigung der Lastschriften gemäß Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken als erteilt anzusehen sei. Diese Klausel sei in das Vertragsverhältnis zwischen der Schuldnerin und der Bank wirksam einbezogen worden. Die davon ausgehende Genehmigungsfiktion wirke nicht nur gegen den endgültigen, sondern auch gegen den vorläufigen Insolvenzverwalter, unabhängig davon, welche Befugnisse diesem vom Insolvenzgericht verliehen worden seien; denn eine Einschränkung könne den Vorschriften der Insolvenzordnung nicht entnommen werden.

II.


8
Diese Erwägungen tragen die Klageabweisung nicht.
9
1. Die Beklagte kann dem Klagebegehren allerdings nicht entgegenhalten , der Insolvenzverwalter handele mit dem Widerspruch gegen die Belastungsbuchungen rechts- und sittenwidrig, weil der Schuldnerin keine sachlichen Einwendungen gegen die den Lastschriften zugrunde liegenden Forderungen zuständen, so dass er das, was er verlange, alsbald als Schadensersatz zurückgewähren müsse (dolo agit-Einwand, § 242 BGB).
10
a) Dieser Einwand scheitert im Streitfall schon daran, dass selbst die Schuldnerin, hätte sie die Genehmigung der streitgegenständlichen Lastschriften verweigert, nicht rechtswidrig gehandelt hätte. Die gemäß Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken geltenden Widerspruchsfristen endeten für alle hier maßgeblichen Rechnungsabschlüsse erst zu einem Zeitpunkt, als die Schuldnerin schon zahlungsunfähig war und den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt hatte. Dies ist unstreitig und ergibt sich im Übrigen aus den Berichten des Klägers, auf die sich die Beklagte bezogen hat. Der zahlungsunfähige Schuldner , der bereits Insolvenzantrag gestellt hat, handelt in der Regel weder rechtsnoch sittenwidrig, wenn er bewusst davon absieht, die nicht bevorrechtigte For- derung eines Gläubigers noch zu befriedigen. Da er durch seinen Insolvenzantrag nach außen kundgetan hat, er halte die Eröffnung des Insolvenzverfahren für notwendig, entspricht es dem dort geltenden Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung , dass er grundsätzlich keine Forderungen erfüllt und deshalb auch keine Lastschriften im Einzugsermächtigungsverfahren mehr genehmigt. Für Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften ohne eine natürliche Person als persönlich haftenden Gesellschafter hat dies der Gesetzgeber durch das bereits ab Eintritt der Zahlungsunfähigkeit normierte Zahlungsverbot besonders deutlich zum Ausdruck gebracht (§ 92 Abs. 3 AktG, § 64 Abs. 2 GmbHG, § 130a Abs. 2, § 161 Abs. 2, § 177a Satz 1 HGB). Dieses Verbot erstreckt sich auch auf die Genehmigung von Lastschriften, die wirtschaftlich einer Zahlung auf konventionellem Wege entsprechen (vgl. Scholz/K. Schmidt, GmbHG 9. Aufl. § 64 Rn. 23; Michalski/Nerlich, GmbHG § 64 Rn. 41; SchulzeOsterloh in Baumbach/Hueck, GmbHG 18. Aufl. § 64 Rn. 79; Roth/Altmeppen, GmbHG 5. Aufl. § 64 Rn. 80; LG Köln GmbHR 1990, 136, 137).
11
b) Der erkennende Senat hat zudem in drei Urteilen vom 4. November 2004 entschieden, dass sowohl der endgültige als auch der vorläufige "starke" oder mit Zustimmungsvorbehalt ausgestattete Insolvenzverwalter die Genehmigung von Belastungsbuchungen im Einzugsermächtigungsverfahren verweigern darf, unabhängig davon, ob dem Schuldner eine sachliche Einwendung gegen den Anspruch zusteht oder dieser die Genehmigung verweigern will (IX ZR 22/03, BGHZ 161, 49 ff; IX ZR 82/03, ZInsO 2005, 40; IX ZR 28/04, EWiR 2005, 227; ebenso BGH, Urt. v. 21. September 2006 - IX ZR 173/02, WM 2006, 2092, 2093). An dieser Auffassung hält der Senat fest. Sie hat in der Rechtsprechung und der insolvenzrechtlichen Literatur ganz überwiegend Zustimmung gefunden (vgl. KG ZInsO 2004, 1361, 1362; OLG Dresden ZInsO 2005, 1272, 1274; OLG München ZIP 2007, 807, 809; FK-InsO/Schmerbach, 4. Aufl. § 21 Rn. 42c, § 22 Rn. 16; HK-InsO/Kirchhof, 4. Aufl. § 22 Rn. 50, § 24 Rn. 6; Hess, Insolvenzrecht Bd. I § 80 Rn. 254 ff, § 82 Rn. 65 f; Graf-Schlicker/ Voß, InsO § 22 Rn. 18; Andres/Leithaus, InsO §§ 60, 61 Rn. 8; Dahl NZI 2005, 102; Feuerborn ZIP 2005, 604, 605; Flitsch BB 2005, 17; Gantenberg EWiR 2005, 227; Gundlach/Frenzel EWiR 2005, 121; Ringstmeier BGH-Report 2005, 270; Ringstmeier/Homann NZI 2005, 492; Spliedt ZIP 2005, 1260 ff und NZI 2007, 72 ff; Schmidt ZInsO 2006, 1233, 1235). Die in der Literatur an den genannten Urteilen geübte Kritik vermag nicht zu überzeugen, weil sie entweder die Genehmigungstheorie zu Unrecht in Frage stellt (Langenbucher, Festschrift für Mailänder, S. 21, 24 ff; Piekenbrock KTS 2007, 179, 217 ff), von einem unzutreffenden Begriff der Erfüllung ausgeht (Baumbach/Hopt, HGB 32. Aufl. [7] Bankgeschäfte Rn. D/8; Staudinger/Olzen, BGB Neubearb. 2006 vor §§ 362 ff Rn. 75; Bork ZIP 2004, 2446 ff; Jungmann WM 2007, 1633 ff; Meder JZ 2005, 1089, 1094 f; Nobbe/Ellenberger WM 2006, 1885 ff; Peschke ZInsO 2006, 470 ff) oder Inhalt und Umfang der rechtlichen Befugnisse des Insolvenzverwalters nicht hinreichend berücksichtigt (Hadding WM 2005, 1549, 1553 ff; van Gelder, in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 3. Aufl. § 59 Rn. 5).
12
Die aa) Senatsurteile zur Widerspruchsbefugnis im Einzugsermächtigungsverfahren nach Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters über das Vermögen des Schuldners haben die vom Bundesgerichtshof nunmehr seit drei Jahrzehnten in ständiger Rechtsprechung vertretene Genehmigungstheorie (vgl. BGHZ 69, 82, 85; 74, 309, 312; 95, 103, 106; 144, 349, 353; 162, 294, 303; 167, 171, 174; BGH, Urt. v. 14. Februar 1989 - XI ZR 141/88, WM 1989, 520, 521; v. 10. Januar 1996 - XII ZR 271/94, WM 1996, 335, 337) zur Grundlage. Danach wird die Belastung des Schuldnerkontos erst durch die Genehmigung des Schuldners wirksam. Die dem Gläubiger erteilte Einzugsermächtigung enthält keine Befugnis, das Weisungsrecht des Schuldners gegenüber seiner Bank auszuüben, sondern nur die Gestattung, das von der Kreditwirtschaft entwickelte technische Verfahren des Lastschrifteinzugs zu benutzen (BGH, Urt. v. 14. Februar 1989, aaO; v. 11. April 2006 - XI ZR 220/05, BGHZ 167, 171, 173 f). Nur eine solche Auslegung der Lastschriftabrede ist sachgerecht, weil für den Schuldner von der Interessenlage her kein Anlass besteht, dem Gläubiger durch die Einzugsermächtigung mehr Rechte einzuräumen, als jenem bei Abwicklung des Zahlungsverkehrs durch Überweisung oder im Abbuchungsverfahren zustehen. An der Genehmigungstheorie ist daher entgegen den zitierten Äußerungen im Schrifttum - in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des XI. Zivilsenats - festzuhalten.
13
bb) Da die Belastung des Schuldnerkontos erst durch die Genehmigung des Schuldners wirksam wird, ist die Forderung des Gläubigers auch nach der Gutschrift auf dessen Konto und der Belastungsbuchung auf dem Schuldnerkonto noch nicht erfüllt; vielmehr hat der Gläubiger gegen den Schuldner weiterhin den Erfüllungsanspruch, der nunmehr auf Genehmigung der Belastung gerichtet ist. Dabei handelt es sich lediglich um einen schuldrechtlichen Anspruch , der mit Verfahrenseröffnung zu einer Insolvenzforderung im Sinne von § 38 InsO wird (BGHZ 161, 49, 54 f); diese ist, weil nicht auf Zahlung von Geld gerichtet, gemäß § 45 InsO umzurechnen. Alle Versuche, die Erfüllungswirkung im Rechtsverhältnis zwischen Schuldner und Gläubiger auf einen früheren Zeitpunkt zu verlegen (vgl. insbesondere Bork, Festschrift für Gerhardt S. 69, 76; Nobbe/Ellenberger, aaO S. 1888), scheitern daran, dass vor der Genehmigung durch den Schuldner nichts aus dessen Vermögen abgeflossen ist und die Gutschrift auf dem Gläubigerkonto dem Schuldner auch nicht aus anderen Gründen als Leistung zugerechnet werden kann; denn die Einzugsermächtigung begründet keine Befugnis, über das Konto des Schuldners zugunsten des Gläubi- gers zu verfügen (BGH, Urt. v. 11. April 2006 - XI ZR 220/05, BGHZ 167, 171, 173 ff). Die in das Verfahren eingeschalteten Banken erfüllen nicht als Dritte im Sinne von § 267 BGB die Verbindlichkeit des Schuldners; denn ihnen fehlt der Wille, mit der Gutschrift selbst die Verbindlichkeit eines anderen zu tilgen (vgl. BGHZ 46, 319, 325; 75, 299, 303). Sie treten erkennbar lediglich als Leistungsmittler auf (van Gelder, in Schimansky/Bunte/Lwowski, BankrechtsHandbuch 3. Aufl. § 58 Rn. 176; Häuser WM 1991, 1, 5).
14
Zwar gestattet die Vertragsfreiheit es den Beteiligten, gleichwohl im Valutaverhältnis zu vereinbaren, Erfüllung solle schon vor der Genehmigung durch den Schuldner eintreten. Ein übereinstimmender Parteiwille dieses Inhalts kann aus der Lastschriftabrede allgemein, ohne konkrete Anhaltspunkte im Einzelfall, jedoch nicht abgeleitet werden, weil es nicht dem berechtigten Interesse des Gläubigers entspricht, eine Leistung als Erfüllung gelten zu lassen, von der er nicht sicher sein kann, dass er sie behalten darf (vgl. BGH, Beschl. v. 23. Januar 1996 - XI ZR 75/95, WM 1996, 438, 439), und die er selbst nach Ablauf der Sechs-Wochen-Frist gemäß Abschn. III Nr. 2 des Lastschriftabkommens der Schuldnerbank im Wege des Bereicherungsausgleichs zurückgewähren muss, wenn der Schuldner die Genehmigung versagt (vgl. BGHZ 167, 171, 176). Auf der anderen Seite erfordert es auch das berechtigte Interesse des Schuldners, der sich durch die Einzugsermächtigung der Gefahr vom Gläubiger veranlasster unberechtigter Belastungen seines Kontos ausgesetzt hat, dass dieser nicht eine Erfüllung seiner Forderung gegen den Willen des Schuldners ohne staatliche Zwangsmittel durchsetzen kann. Die Ansicht, dass die Lastschrift im Regelfall ohne Genehmigung des Schuldners keine Erfüllung bewirkt, beruht daher auf einer sachgerechten Bewertung der Interessen von Gläubiger und Schuldner.
15
c) Aus den in BGHZ 161, 49, 54 f dargelegten Gründen ist die Gläubigerforderung durch die Gutschrift auch nicht auflösend bedingt erfüllt worden. Selbst die Annahme einer auflösenden Bedingung würde indes nicht die Rechtsstellung des Gläubigers - und erst recht nicht diejenige der Schuldnerbank - verbessern, weil er auch dann kein insolvenzfestes Recht erworben hätte. Beim Erwerb bedingter Rechte ist insolvenzrechtlich entscheidend, ob der Gläubiger bereits eine Rechtsstellung erlangt hat, die ihm aufgrund alleiniger Entscheidung des Schuldners nicht mehr entzogen werden kann (BGHZ 155, 87, 93; BGH, Urt. v. 17. November 2005 - IX ZR 162/04, NZI 2006, 229, 230). Dies ist bei einer Lastschrift im Einzugsermächtigungsverfahren schon deshalb nicht der Fall, weil der Schuldner die Genehmigung ohne weiteres versagen kann, die rechtliche Wirksamkeit des Widerspruchs also von keinen weiteren Voraussetzungen als der Erklärung selbst abhängig ist.
16
d) Selbst wenn man indes eine Erfüllung der Gläubigerforderung ohne eine den Vermögensabfluss bewirkende Genehmigung des Schuldners bejahen wollte, hätte dies keinen Einfluss auf die Rechtsstellung der Schuldnerbank im Insolvenzverfahren; denn deren Aufwendungsersatzanspruch aus § 684 Satz 2 BGB, der grundsätzlich erst mit Genehmigung des Schuldners entsteht (vgl. BGHZ 144, 349, 353; 167, 171, 174), ist damit weder erfüllt noch etwa insolvenzfest begründet worden. Die Erfüllung des Gläubigeranspruchs würde somit nichts daran ändern, dass der Schuldnerbank lediglich eine Insolvenzforderung - sei es auf Erteilung der Genehmigung, sei es unmittelbar auf Erstattung des Aufwands - zustände.
17
e) Der Auffassung des Senats zum Umfang der Widerspruchsbefugnis des vorläufigen und des endgültigen Insolvenzverwalters wird von einzelnen Kritikern entgegengehalten, der Insolvenzverwalter habe nicht mehr Rechte als der Schuldner; er übernehme daher das Vertragsverhältnis in dem Rechtszustand , den dieses vor seiner Bestellung habe. Sei der Schuldner zur Genehmigung verpflichtet, wäre ein von ihm erklärter Widerspruch sittenwidrig, so bewirke ein Widerspruch durch den Verwalter keine "sittliche Läuterung" (vgl. van Gelder, aaO § 59 Rn. 5; Hadding WM 2005, 1549, 1553 ff; Nobbe/Ellenberger, aaO S. 1890). Diese Auffassung verkennt die rechtlichen Auswirkungen des im Insolvenzrecht schon vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens geltenden Gläubigergleichbehandlungsgrundsatzes (zu dessen zeitlicher Geltung vgl. BGHZ 162, 143, 149 m.w.N.) auf die Rechtsstellung des Verwalters.
18
aa) Zwar hat der Bundesgerichtshof mehrfach ausgesprochen, dass der Verwalter innerhalb eines Vertragsverhältnisses nicht mehr und keine anderen Rechte geltend machen könne als der Schuldner (vgl. BGHZ 44, 1, 4; 56, 228, 230 f; 106, 169, 175; BGH, Urt. v. 17. Dezember 1998 - IX ZR 151/98, WM 1999, 229 ff). Diese Rechtsprechung ist jedoch für die Frage der Widerspruchsbefugnis ohne Bedeutung. Da der Schuldner mit der Genehmigung einen Anspruch des Gläubigers erfüllt, der im Insolvenzverfahren lediglich eine einfache Insolvenzforderung darstellt, geht es darum, ob der Insolvenzverwalter verpflichtet ist, eine solche Forderung anstelle des Schuldners auszugleichen. Dies ist zweifelsfrei zu verneinen, weil er einer nicht insolvenzgesicherten Forderung keine Vorzugsstellung gegenüber ranggleichen Forderungen einräumen darf. Dies gilt selbst dann, wenn man mit Hadding (aaO S. 1553 ff) - zu Unrecht - den Anspruch auf Erteilung der Genehmigung als einen solchen auf Unterlassung des Widerspruchs behandeln würde; denn auch Unterlassungsansprüche, die nicht dinglich abgesichert sind und kein Aussonderungsrecht begründen, sind bloße Insolvenzforderungen und binden daher den Verwalter nicht (BGHZ 155, 371 ff).
19
Die bb) Befugnis, die Genehmigung zu versagen, steht auch dem schwachen, mit Zustimmungsvorbehalt (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO) bestellten Insolvenzverwalter zu. Das folgt aus Wortlaut und Zweck von § 21 InsO. Gemäß Absatz 1 Satz 1 der Vorschrift hat das Insolvenzgericht alle Maßnahmen zu treffen, die erforderlich erscheinen, um bis zur Entscheidung über den Eröffnungsantrag eine den Gläubigern nachteilige Veränderung der Vermögenslage des Schuldners zu verhüten. Als eine der zu diesem Zweck in Betracht kommenden Maßnahmen nennt Absatz 2 der Bestimmung die Anordnung , dass Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind. Verfügungen in diesem Sinne sind alle Rechtshandlungen, die auf das Vermögen des Schuldners unmittelbar einwirken ; daher werden auch alle Zahlungen des Schuldners erfasst (BGHZ 151, 353, 361; HK-InsO/Kirchhof, aaO § 24 Rn. 5). Dasselbe gilt demzufolge für Genehmigungen im Einzugsermächtigungsverfahren, weil der Anspruch des Gläubigers erfüllt und ein Aufwendungsersatzanspruch der Zahlstelle gegen den Schuldner begründet wird (HK-InsO/Kirchhof, aaO § 21 Rn. 17, § 24 Rn. 6; Fischer , Festschrift für Gerhardt, S. 223, 233; OLG Karlsruhe ZIP 2007, 286, 287).
20
cc) Wie der Senat bereits im Urteil vom 4. November 2004 im Einzelnen begründet hat, benachteiligt dieses Ergebnis den einzelnen Gläubiger nicht unbillig (vgl. BGHZ 161, 49, 57 f). Der hier zutage tretende Gegensatz zwischen seinen Interessen und denjenigen der Gläubigergesamtheit lässt sich durchaus sachgerecht lösen, jedoch nicht auf dem Weg einer insolvenzrechtlich unhaltbaren rechtlichen Konstruktion, sondern vielmehr dadurch, dass an das konkludente Genehmigen des Schuldners - insbesondere bei regelmäßig wiederkehrenden Lastschriften aus Dauerschuldverhältnissen - keine zu hohen Anforderungen gestellt werden.

21
2. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts gelten die Belastungsbuchungen auch nicht gemäß Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken als genehmigt.
22
a) Nach dieser Bestimmung hat der Kunde Einwendungen gegen eine Belastungsbuchung aus einer Lastschrift, für die er dem Gläubiger eine Einzugsermächtigung erteilt hat, spätestens vor Ablauf von sechs Wochen nach Zugang des Rechnungsabschlusses zu erheben, in dem die Belastungsbuchung enthalten ist, sofern er sie nicht zuvor schon genehmigt hat. Das Unterlassen rechtzeitiger Einwendungen gilt als Genehmigung der Belastung. Diese den Vorgaben des XI. Zivilsenats des BGH im Urteil vom 6. Juni 2000 (BGHZ 144, 349, 355 f) entsprechende Klausel ist wirksam in den Girovertrag zwischen der Schuldnerin als Unternehmerin (§ 14 BGB) und der Beklagten einbezogen worden (§ 307 Abs. 1 und 2, § 310 Abs. 1 BGB).
23
b) § 305 BGB sieht die Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen des Verwenders nur für dessen Vertragspartner vor. Dies ist schon nach dem Wortlaut von § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB eindeutig und im Übrigen allgemein anerkannt. Eine Einbeziehung von AGB zu Lasten Dritter ist danach rechtlich nicht möglich (Staudinger/Schlosser, BGB Bearb. 2006 § 305 Rn. 167; Ulmer in Ulmer /Brandner/Henssen, AGB-Recht 10. Aufl. § 305 BGB Rn. 168a). Daraus folgt, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen, die Gegenstand des Vertrages zwischen Gläubiger und Schuldner geworden sind, gegenüber dem vorläufigen und endgültigen Insolvenzverwalter rechtliche Bedeutung nur erlangen können, soweit dieser in die vertraglichen Rechte und Pflichten des Schuldners eingetreten ist.
24
Diese Voraussetzungen sind, bezogen auf einen mit Zustimmungsvorbehalt bestellten vorläufigen Insolvenzverwalter (§ 22 Abs. 2, § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO), nicht gegeben. Die Genehmigung der Lastschrift durch den Schuldner als Hauptgeschäft des Vertragspartners, dessen Erklärung im Rahmen von § 308 Nr. 5 BGB klauselmäßig fingiert werden kann, und die Zustimmung zu dieser Verfügung des Schuldners durch den vorläufigen Insolvenzverwalter sind formal und funktional zu unterscheiden. Der Zustimmungsvorbehalt bewirkt lediglich, dass der vorläufige Insolvenzverwalter die Wirksamkeit rechtsgeschäftlicher Verfügungen des Schuldners zu verhindern vermag. Aufgrund einer solche Anordnung des Insolvenzgerichts sind Verfügungen des Schuldners ohne Zustimmung des vorläufigen Verwalters absolut unwirksam (§ 24 Abs. 1, § 81 Abs. 1 InsO). Ein in der beschriebenen Weise ausgestatteter vorläufiger Verwalter kann auf die Vertragsabwicklung in der Weise Einfluss nehmen, dass er die Verringerung des Schuldnervermögens, insbesondere durch Erfüllung von Verbindlichkeiten, verhindert (BGHZ 151, 353, 361 f). Dagegen ist er rechtlich nicht in der Lage, den Schuldner gegen dessen Willen zu Rechtshandlungen anzuhalten oder ihn daran zu hindern, Verpflichtungsgeschäfte einzugehen, aus denen Insolvenzforderungen entstehen (BGHZ 151, aaO; HK-InsO/Kirchhof, aaO § 22 Rn. 48). Ebenso wenig hat er die Rechtsmacht , anstelle des Schuldners im eigenen Namen zu handeln. Der vorläufige Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt kann daher aus eigenem Recht - also ohne Einwilligung des Schuldners - eine Belastungsbuchung nicht genehmigen. Seine Befugnis beschränkt sich in diesem Bereich darauf, die Gläubigergesamtheit vor einer Vermögensminderung der Masse durch den Schuldner oder Dritte zu schützen. Aus diesen Gründen kann er - anders als der vorläufige Insolvenzverwalter, auf den die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis übergegangen ist (§ 22 Abs. 1 InsO) - grundsätzlich keine Masseverbindlichkeiten begründen (§ 55 Abs. 2 InsO; vgl. BGHZ 151, 353 ff). Damit hat er insge- samt keine Rechtsstellung erlangt, die es rechtfertigen könnte, dass er Rechtswirkungen , die ohne sein Zutun eintreten, gegen sich gelten lassen muss (ebenso Ganter WM 2005, 1557, 1562; Ringstmeier/Homann NZI 2005, 492, 493; Spliedt NZI 2007, 72, 78).
25
Dagegen 3. wirkt Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken im Rechtsverhältnis zwischen der Schuldnerbank und dem vorläufigen "starken" sowie dem endgültigen Insolvenzverwalter in gleicher Weise wie gegenüber der Schuldnerin, solange jene uneingeschränkt verfügungsberechtigt war. Im Streitfall entsteht jedoch aus dieser Rechtsfolge - mit Ausnahme der am 1. und 2. Oktober vorgenommenen Lastschriftbuchungen - kein Einwand gegen die Klageforderung.
26
a) Außerhalb des oben zu 1 e erörterten Bereichs tritt der Insolvenzverwalter in die Rechtslage des Vertrages bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein, soweit sich nicht aus den Vorschriften der §§ 103 ff InsO ein anderes ergibt. Er muss deshalb in diesem Rahmen die dem Schuldner ungünstigen vertraglichen Nebenabreden gegen sich gelten lassen (vgl. BGHZ 56, 228, 230 f; BGH, Urt. v. 17. Dezember 1998 - IX ZR 151/98, WM 1999, 229 ff). Zwar erlischt das Giroverhältnis mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß §§ 115, 116 InsO; in dem dadurch entstandenen Abwicklungsverhältnis ist die Verwaltungs - und Verfügungsbefugnis jedoch ebenfalls vom Schuldner auf den Insolvenzverwalter übergegangen. Daher kann er nicht genehmigte Lastschriften widerrufen, muss aber - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - auch die von Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken ausgehenden Rechtswirkungen gegen sich gelten lassen, sofern die Allgemeinen Geschäftsbedingungen, was im Streitfall nicht zweifelhaft ist, wirksam in das Giroverhältnis einbezogen worden sind (ebenso Knees/Kröger ZInsO 2006, 393, 394).
27
Gegenüber dem Kläger als endgültigem Insolvenzverwalter äußert die Fiktion der Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken jedoch keine Rechtswirkungen, weil der maßgebliche 6-Wochen-Zeitraum nach Erteilung der Rechnungsabschlüsse für August, September und Oktober 2002 abgelaufen war, bevor das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet wurde. Die Frage der Wirkung von Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken richtet sich entsprechend dem Inhalt der Klausel nach der Rechtsstellung des Insolvenzverwalters in den jeweiligen 6-Wochen-Zeiträumen.
28
b) Wird ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt und dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt, geht die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf den vorläufigen Verwalter über (§ 22 Abs. 1 Satz 1 InsO), der damit - unter Vorwegnahme der Rechtsfolge des § 80 Abs. 1 InsO - weitgehend die Befugnisse eines endgültigen Verwalters erhält. Seine insolvenzspezifischen Gestaltungsmöglichkeiten sind allerdings eingeschränkt, weil er weder das Wahlrecht des Insolvenzverwalters nach § 103 InsO hat noch die §§ 115 bis 117 InsO im Eröffnungsverfahren anwendbar sind. Da die Genehmigung der Belastungsbuchung eine Verfügung im Sinne des § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 22 Abs. 1 Satz 1 InsO ist und der vorläufige "starke" Verwalter insoweit uneingeschränkt in die Rechtsstellung des Schuldners vor dem Erlass von Verfügungsbeschränkungen einrückt, ersetzt nunmehr die Genehmigung des vorläufigen Verwalters diejenige des Schuldners. Infolgedessen ist es sachgerecht, den vorläufigen "starken" Verwalter auch hinsichtlich der Genehmigungsfunktion den wirksam vereinbarten Geschäftsbedingungen zu unterwerfen.
29
Auch daraus erwächst der Beklagten indes kein nennenswerter Einwand. Die 6-Wochen-Frist nach Zugang der Rechnungsabschlüsse für August und September 2002 war schon abgelaufen, als der Kläger zum "starken" vorläufigen Verwalter bestellt wurde. Nach diesem Zeitpunkt endete lediglich der Genehmigungszeitraum , welcher den Rechnungsabschluss für den Monat Oktober betrifft, also die Belastungsbuchungen vom 1. und 2. Oktober 2002 enthält. Er ging der Schuldnerin am 6. November 2002 zu, so dass die 6-WochenFrist erst am 18. Dezember 2002 endete. An die Zulassung dieses in zweiter Instanz nachgeholten Vortrags durch das Berufungsgericht ist der Senat gebunden (vgl. BGH, Beschl. v. 22. Januar 2004 - V ZR 187/03, NJW 2004, 1458). Daher besteht keine Veranlassung, auf die - den Senat nicht überzeugende - ausführliche Kritik des Berufungsurteils an der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs einzugehen, wonach unstreitiges neues Vorbringen immer zugelassen werden muss (vgl. BGHZ 161, 138; BGH, Urt. v. 19. Oktober 2005 - IV ZR 89/05, NJW 2006, 298, 299; v. 19. Januar 2006 - III ZR 105/05, NJWRR 2006, 630; v. 21. Februar 2006 - VIII ZR 61/04, NJW-RR 2006, 755).

III.


30
Berufungsgericht Das hat weiter ausgeführt: Der Verwirkungseinwand (§ 242 BGB) der Beklagten greife durch. Der Kläger habe alsbald nach seiner Bestellung zum vorläufigen Insolvenzverwalter Kenntnis von allen Belastungsbuchungen erhalten. Mehr als zwei Jahre nach Vornahme der Lastschriften habe die Beklagte nicht mehr mit einem Widerruf zu rechnen brauchen. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass der Kläger mit Schreiben vom 7. Oktober 2002 das Konto "mit sofortiger Wirkung" nur für zukünftige Lastschriften gesperrt habe , ohne sich eine Überprüfung schon erfolgter Lastschriften vorzubehalten.

31
Dagegen habe der Kläger die Belastungsbuchungen weder ausdrücklich noch konkludent genehmigt. Die rein tatsächliche Weiterbenutzung des Kontos enthalte keinen Anknüpfungspunkt für eine rechtsgeschäftliche Erklärung, zumal der zwischen der Beklagten und der Schuldnerin geschlossene Girovertrag gemäß §§ 115, 116 InsO mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens geendet habe.

IV.


32
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Verwirkung rechtlich zutreffend sind; denn die Beklagte macht zu Recht geltend, dass der Kläger die Belastungsbuchungen aus den streitgegenständlichen Lastschriften als endgültiger Insolvenzverwalter konkludent genehmigt hat.
33
1. Im bloßen Schweigen auf die zugegangenen Kontoauszüge, die die Lastschriften enthielten, liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs keine rechtsgeschäftliche Erklärung; es kann daher nicht als Genehmigung der Buchungen gewertet werden (BGHZ 73, 207, 209 f; 95, 103, 108; 144, 349, 354; BGH, Urt. v. 12. Juni 1997 - IX ZR 110/96, WM 1997, 1658, 1660).
34
2. Im Schrifttum wird teilweise die Ansicht vertreten, die widerspruchslose Fortsetzung des Zahlungsverkehrs auf dem mit den Buchungen belasteten Konto über einen längeren Zeitraum hinweg enthalte eine konkludente Genehmigung (vgl. Jungmann NZI 2005, 84, 88; Knees/Fischer ZInsO 2004, 5, 6; Kuder ZInsO 2004, 1356, 1358; Nobbe/Ellenberger WM 2006, 1885, 1886 f; Sonnenhol WM 2002, 1259, 1263). In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Frage bisher nicht grundsätzlich geklärt (vgl. BGHZ 144, 349, 354 f). Sie bedarf auch im Streitfall keiner umfassenden Erörterung. Jedenfalls aufgrund der hier unstreitig gegebenen Umstände durfte die Beklagte das Verhalten des Klägers als konkludente Genehmigung der Lastschriften verstehen. Die abweichende Auffassung des Berufungsgerichts beruht darauf, dass es die im Streitfall gegebenen besonderen tatsächlichen Umstände nicht in seine Würdigung einbezogen hat.
35
a) Der Kläger hat mit Schreiben vom 7. Oktober 2002 der Beklagten seine Bestellung zum vorläufigen Insolvenzverwalter angezeigt und gleichzeitig erklärt: "Die bei Ihnen geführten Girokonten bitte ich im Hinblick auf die Sicherungsbefugnis mit sofortiger Wirkung für Lastschriften zu sperren und ebenso Daueraufträge, Einzugs- und Abbuchungsermächtigungen unbezahlt zurückzugeben." Dieses Schreiben enthielt zwar, für sich genommen, keine Genehmigung der schon auf Tageskontoauszügen gebuchten Lastschriften. Es war jedoch geeignet, für die Zukunft die Erwartung zu begründen, der Kläger werde sich noch in vergleichbarer Weise äußern, wenn er deren Beseitigung verlangen , die Genehmigung also versagen wolle.
36
b) Das weitere Verhalten des Klägers als endgültiger Insolvenzverwalter war in dem Sinne zu deuten, dass er insoweit keine Einwendungen mehr erheben , die Lastschriften also genehmigen wollte.
37
Der Kläger hat das Girokonto mehr als ein Jahr über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens hinaus zum Empfang von Zahlungen der Kunden der Schuldnerin sowie zur Abwicklung von Geschäftsbeziehungen genutzt. Zwar trifft es zu, dass über dieses Konto grundsätzlich keine Zahlungen auf Forde- rungen von Gläubigern mehr erfolgt sind. Vielmehr hatte die Beklagte an den Kläger wöchentlich das auf dem Konto zwischenzeitlich aufgelaufene Guthaben zu überweisen. Dieses entstand aber in wesentlichem Umfang, wie die von der Beklagten vorgelegte Kontenverdichtung belegt, aus Lastschriftrückgaben betreffenden Gutschriften. Diese waren dem Kläger bekannt; denn er hat unstreitig die entsprechenden Kontoauszüge erhalten. Die Beklagte hat auf diese Weise dem Kläger über ein Jahr lang in kurzen zeitlichen Abständen alle auf dem Konto eingegangenen Guthaben überwiesen, bis der Kläger ihr mit Schreiben vom 9. Februar 2004 erklärte, das Konto könne geschlossen werden, was in der Folgezeit auch geschah.
38
Hätte der Kläger sich die Möglichkeit offen halten wollen, den streitgegenständlichen Lastschriften zu widersprechen, dann wäre die geschilderte Verfahrensweise und erst recht die nach Erhalt von mehr als 900.000 € geäußerte Bitte um Schließung des Kontos nicht verständlich. Vielmehr hätte es sich dann geradezu aufgedrängt, auch die streitgegenständlichen Lastschriften zu widerrufen, um so im Wege der Abwicklung dieses Kontos noch einen deutlich höheren Betrag zugunsten der Masse zu erlangen. Das vom Kläger gewählte Verfahren ergab folglich nur dann einen Sinn, wenn er die früheren Lastschriften nicht beanstanden wollte. Dies rechtfertigt es, in der Art und Weise der weiteren Nutzung des Kontos eine konkludente Genehmigung der Belastungen zu sehen.
39
c) Diese Wertung ist zudem im Hinblick auf den Aufgabenbereich und die daraus folgende typische Verhaltensweise des Insolvenzverwalters geboten. Nach Verfahrenseröffnung gehört es zu seinen elementaren Aufgaben, das gesamte zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen sofort in Besitz und Verwaltung zu nehmen (§ 148 Abs. 1 InsO). Jeder sachgerecht arbeitende Insolvenz- verwalter wird daher - wenn dies nicht schon im Eröffnungsverfahren geschehen ist - alsbald ermitteln, in welchem Umfang es geboten ist, Lastschriften, die der Schuldner noch nicht genehmigt hat, zu widersprechen. Das wird nicht ohne weiteres pauschal geschehen können, weil möglicherweise mit einzelnen Gläubigern , die bereit sind, die Geschäftsbeziehung fortzusetzen, Vereinbarungen getroffen werden müssen, aus denen Masseschulden entstehen.
40
In jedem Fall ist schon wegen der wirtschaftlichen Bedeutung der Genehmigung von Lastschriften eine alsbaldige Entscheidung dieser Frage im Interesse der Masse geboten. Dies gilt erst recht bei einem Unternehmen von der Größe der Schuldnerin, wo eine beträchtliche Zahl von Lastschriftbuchungen aus kritischer Zeit vorliegt. Ein sachgerecht arbeitender Verwalter, der beabsichtigt , durch Widerruf von Lastschriften Vorteile für die Masse zu erzielen, wird daher unverzüglich nach seiner Bestellung dieser Frage nachgehen und keinesfalls mehrere Wochen in dieser Sache untätig bleiben. Veranlasst er dagegen wie der Kläger über einen weitaus längeren Zeitraum in dieser Hinsicht nichts, so kann dies sowohl vom Gläubiger als auch der Schuldnerbank in der Regel nur als Genehmigung der Lastschriften verstanden werden.
41
d) Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht, die Beklagte habe sein Verhalten schon deshalb nicht als Genehmigung verstehen dürfen, weil eine solche insolvenzzweckwidrig und damit unwirksam gewesen wäre. Diese Erwägung verhilft der Revision selbst dann nicht zum Erfolg, wenn man annimmt - wofür mangels entsprechenden Vortrags die notwendige Tatsachengrundlage fehlt -, dass die Genehmigung jeder einzelnen der streitgegenständlichen Lastschriften dem Insolvenzzweck widersprach.
42
Allerdings sind solche Rechtshandlungen des Verwalters, welche der gleichmäßigen Befriedigung aller Insolvenzgläubiger klar und eindeutig zuwiderlaufen , unwirksam; sie verpflichten die Masse nicht (BGHZ 150, 353, 360; BGH, Urt. v. 28. Oktober 1993 - IX ZR 21/93, NJW 1994, 323, 326). Dies trifft indes nur dann zu, wenn der Widerspruch zum Insolvenzzweck evident war und sich dem Geschäftspartner aufgrund der Umstände des Einzelfalls ohne weiteres begründete Zweifel an der Vereinbarkeit der Handlung mit dem Zweck des Insolvenzverfahrens aufdrängen mussten, ihm somit der Sache nach zumindest grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist (BGHZ 150, 353, 354, 361). Diese Voraussetzungen waren zu dem für die Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt nicht gegeben ; denn vor dem Bekanntwerden der Senatsurteile vom 4. November 2004 (aaO) vertrat die ganz überwiegende Meinung in Rechtsprechung und Literatur die Ansicht, der Insolvenzverwalter mache sich schadensersatzpflichtig, wenn er die Genehmigung einer Lastschrift verweigere, obwohl sachliche Einwände des Schuldners nicht bestehen. Daher durfte die Beklagte das beschriebene Verhalten des Klägers nach Treu und Glauben in dem Sinne deuten, dass er die streitgegenständlichen Lastschriften genehmigte. An diesem objektiven Erklärungswert seines Verhaltens muss der Kläger sich festhalten lassen und kann es nicht nachträglich aufgrund besserer Erkenntnis korrigieren.

V.


43
Die Klage ist auch nicht unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Insolvenzanfechtung begründet.
44
1. Die Insolvenzanfechtung der Genehmigung wäre nur gegenüber dem Gläubiger als Empfänger der Leistung möglich gewesen; denn für Insolvenzanfechtungen im Mehrpersonenverhältnis gelten die bereicherungsrechtlichen Grundsätze entsprechend (BGHZ 142, 284, 287 m.w.N.).
45
2. Im Übrigen ist die Klage gegen die Beklagte erst am 21. Juli 2005, also nach Ablauf der im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch geltenden und deshalb rechtlich maßgeblichen zweijährigen Verjährungsfrist des § 146 Abs. 1 InsO (Art. 229 § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 i.V.m. § 6 Abs. 3 EGBGB), bei Gericht eingegangen. Die Beklagte hat sich auf Verjährung berufen.

VI.


46
Die Voraussetzungen für eine Vorlage der Sache an den Großen Senat für Zivilsachen gemäß § 132 GVG sind nicht gegeben. Die Entscheidung steht - ebenso wie die Senatsurteile vom 4. November 2004 (aaO) - in Einklang mit der Rechtsprechung des für das Bankrecht zuständigen XI. Zivilsenats. Sie zieht lediglich die notwendigen insolvenzrechtlichen Schlussfolgerungen aus der früher vom II. und nunmehr vom XI. Zivilsenat zu Recht vertretenen Genehmigungstheorie.
47
Soweit der Senat schon ein rechts- und sittenwidriges Verhalten der Schuldnerin verneint hat, steht dies nicht in Widerspruch zur bisher ergangenen Rechtsprechung. Das Urteil BGHZ 74, 300 betrifft das Verhalten eines Schuldners , der sich nicht in der Insolvenz befand. Das Urteil BGHZ 101, 153 beruht entscheidend darauf, dass der Widerspruch dazu missbraucht wurde, den Betrag einem anderen Gläubiger zuzuwenden.
48
Entgegen der Meinung von Nobbe/Ellenberger (aaO, S. 1890 f) besteht auch keine entscheidungserhebliche Divergenz zum Urteil des II. Zivilsenats vom 28. Mai 1979 (BGHZ 74, 309, 315). Der dort enthaltene Satz, die Gutschrift , die der Zahlungsempfänger erlange, stehe unter der auflösenden Bedingung des Widerspruchs des Zahlungspflichtigen, war für die ergangene Entscheidung zweifelsfrei nicht tragend. Im Übrigen würde sich auch bei Annahme einer auflösend bedingten Erfüllung - wie oben zu II 1 c ausgeführt - an der Widerspruchsbefugnis des vorläufigen Insolvenzverwalters und erst recht an der Entscheidung dieses Rechtsstreits nichts ändern.
Fischer Raebel Vill
Cierniak Lohmann
Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 26.01.2006 - 22 O 14187/05 -
OLG München, Entscheidung vom 26.10.2006 - 19 U 2327/06 -

Das Bundessozialgericht ist an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, außer wenn in bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 258/12
Verkündet am:
29. Januar 2015
Kluckow
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Zahlt die Bank des Schuldners nach der irrtümlichen Rückbuchung einer schon genehmigten
Lastschrift den Lastschriftbetrag vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens
an den zum Einzug von Forderungen ermächtigten, mitbestimmenden vorläufigen
Insolvenzverwalter aus, gilt ihr bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Rückzahlung
nach der Verfahrenseröffnung nicht als Masseverbindlichkeit.
BGH, Urteil vom 29. Januar 2015 - IX ZR 258/12 - OLG Frankfurt am Main
LG Fulda
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. Januar 2015 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die
Richter Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Fischer, Grupp und die Richterin Möhring

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 14. Zivilsenats in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 16. Oktober 2012 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin, eine österreichische GmbH, betreibt für die österreichische A. (A. ) das LKW-Mautsystem in Österreich. Sie beauftragte im Jahr 2006 die L. GmbH & Co. KG (fortan: Schuldnerin) mit dem Vertrieb von Mautwerten in Deutschland. Die vertraglichen Vereinbarungen sahen vor, dass Barzahlungen der Kunden von der Schuldnerin im Namen und im Auftrag der A. entgegengenommen und spätestens am zweiten auf den Zahlungstag folgenden Tag von der Klägerin auf der Grundlage von bei der Schuldnerin erstellten Sammelbelegen von einem Konto der Schuldnerin bei einer deutschen Bank eingezogen wurden. Am 25. Juli 2008 wurde die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin beantragt und der Beklagte zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Das Insolvenzgericht ordnete einen Zustimmungsvorbehalt an und ermächtigte den Beklagten, Bankguthaben und sonstige Forderungen der Schuldnerin einzuziehen und Gelder entgegenzunehmen. Auf Verlangen des Beklagten buchte die Bank der Schuldnerin Lastschrifteinzüge im Gesamtbetrag von 65.181,06 € zurück, welche die Klägerin für den Zeitraum vom 27. Mai bis zum 31. Juli 2008 veranlasst hatte. Am 1. Oktober 2008 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt.
2
Die Klägerin hat sich Ansprüche der A. abtreten lassen und verlangt vom Beklagten aus der Insolvenzmasse Zahlung von 65.181,06 € nebst Zinsen. Da mit der Klage zunächst nur ein Teilbetrag von 5.001 € geltend gemacht worden war, erhob der Beklagte Widerklage mit dem Antrag, festzustellen , dass keine weitergehende Zahlungspflicht des Beklagten bestehe. Nach Erweiterung der Klage auf den Betrag von 65.181,06 € hat er die Feststellung der Erledigung der Widerklage beantragt. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht den zu zahlenden Betrag auf 63.784,94 € ermäßigt. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Abweisung der Klage und die Feststellung der Erledigung seiner Widerklage.

Entscheidungsgründe:


3
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


4
Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die Klageforderung sei in Höhe von 63.784,94 € aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB begründet. Gegen die Aktivlegitimation der Klägerin bestünden keine Bedenken, weil die der Klägerin vertraglich eingeräumte Einzugsermächtigung auch für die streitgegenständlichen Ansprüche wegen ungerechtfertigter Bereicherung gelte und die A. eventuelle Ansprüche gegen den Beklagten an die Klägerin abgetreten habe. Die Insolvenzmasse sei durch die Rückbuchung auf Kosten der A. ungerechtfertigt bereichert, weil die Lastschriften bereits konkludent genehmigt gewesen seien und der Beklagte deshalb mit seinem Lastschriftwiderspruch unberechtigt in eine rechtlich gesicherte Position der A. eingegriffen habe. Der Anspruch wegen ungerechtfertigter Bereicherung sei eine Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO. Die Regelung in § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO gelte nicht nur für Fälle nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 und 2 InsO, sondern auch für einen Bereicherungsanspruch nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO, sofern er - wie hier - durch eine Handlung des vorläufigen Insolvenzverwalters entstanden sei. Dass dem Beklagten nicht, wie von § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO vorausgesetzt, die Verfügungsbefugnis übertragen gewesen sei, stehe nicht entgegen, weil der Beklagte bei der Rückforderung der Lastschriftbeträge von der ihm erteilten Einzelermächtigung zum Ein- zug von Forderungen und zur Entgegennahme von Geld Gebrauch gemacht habe.

II.


5
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
6
1. Der vom Berufungsgericht wegen der Rückbuchung und Auszahlung der eingezogenen Lastschriftbeträge angenommene Bereicherungsanspruch der Klägerin oder der A. besteht nicht.
7
a) Ohne Erfolg wendet sich die Revision allerdings gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Schuldnerin habe die Lastschriftbuchungen im Umfang von insgesamt 63.784,94 € bereits konkludent genehmigt gehabt, als der Beklagte dem Lastschrifteinzug widersprach und die Rückbuchung verlangte.
8
aa) Feststellungen zu einer konkludent erklärten Genehmigung sind als Ergebnis einer tatrichterlichen Auslegung im Revisionsverfahren nur beschränkt darauf überprüfbar, ob gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze , Denkgesetze oder Verfahrensvorschriften verletzt worden sind. Zu klären ist dabei auch, ob alle erheblichen Umstände vom Tatrichter umfassend gewürdigt worden sind (BGH, Urteil vom 1. Dezember 2011 - IX ZR 58/11, WM 2012, 160 Rn. 10; vom 3. April 2012 - XI ZR 39/11, WM 2012, 933 Rn. 21, jeweils mwN).
9
bb) Nach diesem Maßstab sind die Feststellungen des Berufungsgerichts zur Frage einer konkludenten Genehmigung nicht zu beanstanden. Das Beru- fungsgericht hat seiner Beurteilung die in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannten Auslegungsgrundsätze zugrunde gelegt. Eine konkludente Genehmigung von Lastschriftbuchungen kommt danach in Betracht, wenn es sich für die Zahlstelle erkennbar um regelmäßig wiederkehrende Lastschriften aus einer laufenden Geschäftsbeziehung handelt, die der Kontoinhaber in der Vergangenheit bereits einmal genehmigt hat. Erhebt der Schuldner in Kenntnis eines erneuten Lastschrifteinzugs, der sich im Rahmen der bereits genehmigten Lastschriftbuchungen bewegt, gegen diesen nach einer angemessenen Überlegungsfrist keine Einwendungen, so kann auf Seiten der Zahlstelle die berechtigte Erwartung entstehen, auch diese Belastungsbuchung solle Bestand haben (BGH, Urteil vom 27. September 2009 - XI ZR 215/10, WM 2011, 2041 Rn. 17 mwN). Dabei muss es sich nicht um eine Reihe von im Wesentlichen gleichbleibenden Zahlungen handeln. Werden im unternehmerischen Verkehr fortlaufend Forderungen in unterschiedlicher Höhe im Rahmen von laufenden Geschäftsbeziehungen mittels Lastschrift im Einzugsermächtigungsverfahren eingezogen, so kommt eine konkludente Genehmigung einer Lastschriftbuchung auch dann in Betracht, wenn sie sich innerhalb einer Schwankungsbreite von bereits zuvor genehmigten Lastschriftbuchungen bewegt oder diese nicht wesentlich über- oder unterschreitet (BGH, Urteil vom 8. November 2011 - XI ZR 158/10, WM 2011, 2358 Rn. 20; vom 1. Dezember 2011 - IX ZR 58/11, WM 2012, 160 Rn. 11, jeweils mwN). Beruhen Lastschriftbuchungen erkennbar auf Zahlungspflichten, deren variierende Höhe der Schuldner gegenüber der für die Einziehung zuständigen Stelle erklärt hat, besteht aus Sicht der kontoführenden Bank für den Schuldner nicht die Notwendigkeit zu einer umfassenden Überprüfung. Als Überprüfungsfrist kann eine Frist von drei Tagen genügen. Da diesen Buchungen eine konkrete Anmeldung des Schuldners zugrunde liegt, kommt eine konkludente Genehmigung auch dann in Betracht, wenn sich die einzelnen Beträge nicht innerhalb der Schwankungsbreite voran- gegangener Lastschriftbuchungen bewegen (BGH, Urteil vom 1. Dezember 2011, aaO Rn. 12; vom 3. April 2012 - XI ZR 39/11, WM 2012, 933 Rn. 47 f; vom 28. Juni 2012 - IX ZR 219/10, BGHZ 194, 1 Rn. 8). Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht beachtet. Dass es bei der Würdigung des konkreten Sachverhalts nicht alle erheblichen Umstände einbezogen hätte, zeigt die Revision nicht auf. Solches ist auch nicht erkennbar.
10
b) Der Umstand, dass die im Rahmen des Lastschrifteinzugs erfolgten Belastungsbuchungen der Schuldnerbank auf dem Konto der Schuldnerin noch vor den gegenläufigen Erklärungen des Beklagten von der Schuldnerin genehmigt worden waren, führt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nach der Rückbuchung der eingezogenen Beträge jedoch nicht zu einem Anspruch der Klägerin oder der A. gegen den Beklagten wegen ungerechtfertigter Bereicherung der Insolvenzmasse. Die Schuldnerin hat durch die Rückbuchung der Lastschrifteinzüge auf ihrem Bankkonto keine Forderung gegen ihre Bank zurückerlangt, sondern lediglich eine Buchposition. Diese Buchposition ist nicht durch Genehmigung der Klägerin zum Forderungserwerb erstarkt. Sie beruht nicht auf einer Leistung der Klägerin und geht auch nicht auf deren Kosten. Die infolge unbegründeter Rückbuchung eines wirksamen Lastschrifteinzugs entstandene Buchposition des Schuldners gegenüber seiner Bank kann deshalb nicht als ungerechtfertigte Vermögensverschiebung im Valutaverhältnis rückgängig gemacht werden (BGH, Urteil vom 20. Juli 2010 - IX ZR 37/09, BGHZ 186, 242 Rn. 30; vom 28. Juni 2012, aaO Rn. 12 ff). Entsprechendes gilt, wenn - wie der Beklagte behauptet - die auf das Konto der Schuldnerin zurückgebuchten Beträge an den Beklagten ausbezahlt worden sein sollten. Auch in diesem Fall hat die Insolvenzmasse nichts auf Kosten der Klägerin oder der A. erlangt.
11
2. Mangels ausreichender Feststellungen des Berufungsgerichts kann nicht abschließend beurteilt werden, ob die angefochtene Entscheidung aus anderen Gründen im Ergebnis richtig ist (§ 561 ZPO). Sollte der von der Schuldnerbank zurückgebuchte Betrag entsprechend der hiermit erlangten bloßen Buchposition erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an den Beklagten ausgezahlt worden sein, hätte die Klägerin aus abgetretenem Recht der Schuldnerbank einen gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO aus der Insolvenzmasse zu befriedigenden Anspruch gegen den Beklagten aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB in der vom Berufungsgericht zuerkannten Höhe.
12
a) Die Klägerin hat durch mehrere Abtretungen unter anderem auch diejenigen Ansprüche erworben, welche der Bank der Schuldnerin gegen die Masse oder den Beklagten zustehen, weil dieser den streitgegenständlichen Lastschriftbuchungen widersprach und ihre Rückbuchung veranlasste. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass diese Ansprüche mit Vereinbarung vom 5./8. Juli 2011 von der Schuldnerbank (C. AG) an die Bank der Klägerin (S. AG) abgetreten wurden und sodann mit Vereinbarung vom 11. Juli 2011 von der Bank der Klägerin andie A. und - bereits am 6./8. Juli 2011 vereinbart - von der A. an die Klägerin.
13
b) Ein Anspruch der Schuldnerbank gegen den Beklagten auf Zahlung des zurückgebuchten Betrags aus der Insolvenzmasse in dem vom Berufungsgericht angenommenen Umfang bestand, wenn die Schuldnerbank den zurückgebuchten Betrag nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an den Beklagten ausgezahlt hat.
14
aa) Die Versagung der Genehmigung einer Lastschriftbuchung durch einen vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt geht ins Leere, wenn die Buchung - wie hier - bereits zuvor wirksam genehmigt wurde. In diesem Fall ist im Deckungsverhältnis zwischen der Schuldnerbank und dem Schuldner bereits vor der Erklärung des vorläufigen Insolvenzverwalters der Aufwendungsersatzanspruch der Schuldnerbank in Höhe des Lastschriftbetrages entstanden und die von ihr vorgenommene Belastungsbuchung des Schuldnerkontos mit Rechtsgrund erfolgt. Indem die Schuldnerbank aufgrund des Widerspruchs des vorläufigen Insolvenzverwalters den Lastschriftbetrag dem Konto wieder gutschreibt, will sie ihrer girovertraglichen Pflicht zur Kontoberichtigung nachkommen, die aber wegen der zuvor konkludent erteilten Genehmigung nicht besteht. Die Rückbuchung begründet unter diesen Umständen keine Forderung des Schuldners gegen seine Bank, sondern lediglich eine Buchposition. Diese kann von der Schuldnerbank berichtigt werden. Ein auf Zahlung gerichteter Anspruch der Schuldnerbank gegen den Schuldner oder den Insolvenzverwalter entsteht erst, wenn die Schuldnerbank den zurückgebuchten Betrag auszahlt (BGH, Urteil vom 1. März 2011 - XI ZR 320/09, WM 2011, 743 Rn. 19; vom 27. September 2011 - XI ZR 328/09, WM 2011, 2259 Rn. 20 f mwN). Sofern im Streitfall eine solche Auszahlung nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt sein sollte, handelte es sich bei dem dann bestehenden Anspruch der Schuldnerbank auf Rückzahlung wegen ungerechtfertigter Bereicherung nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO um eine Masseverbindlichkeit.
15
bb) Wurde der zurückgebuchte Lastschriftbetrag hingegen bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an die Schuldnerin oder an den Beklagten ausgezahlt, ist der Anspruch auf Rückzahlung eine bloße Insolvenzforderung.
16
(1) § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO ist auf diesen Fall nicht anwendbar. Denn diese Norm setzt voraus, dass die Bereicherung erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Masse zugeflossen ist (BGH, Urteil vom 20. September 2007 - IX ZR 91/06, WM 2007, 2299 Rn. 9; vom 7. Mai 2009 - IX ZR 61/08, ZIP 2009, 1477 Rn. 12; vom 13. Januar 2011 - IX ZR 233/09, ZInsO 2011, 388 Rn. 10).
17
(2) Auch § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO verleiht dem Rückzahlungsanspruch nicht die Qualität einer Masseverbindlichkeit. Nach dieser Norm gelten Verbindlichkeiten , die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter begründet worden sind, auf den die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergegangen ist, nach der Eröffnung des Verfahrens als Masseverbindlichkeit. Eine unmittelbare Anwendung der Bestimmung scheidet aus, weil das Insolvenzgericht bei der Bestellung des Beklagten zum vorläufigen Insolvenzverwalter dem Schuldner kein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt hat (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 1 InsO), weshalb die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners nicht auf den Beklagten übergegangen ist (§ 22 Abs. 1 Satz 1 InsO), sondern lediglich die Wirksamkeit von Verfügungen des Schuldners von der Zustimmung des Beklagten abhängig gemacht hat (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 InsO).
18
Auch eine entsprechende Anwendung von § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO auf Rechtshandlungen eines solchen bloß mitbestimmenden vorläufigen Insolvenzverwalters kommt nicht in Betracht. Masseverbindlichkeiten kann dieser nur begründen, wenn ihm vom Insolvenzgericht die Ermächtigung erteilt worden ist, einzelne, im Voraus genau festgelegte Verpflichtungen zu Lasten der späteren Insolvenzmasse einzugehen (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 2002 - IX ZR 195/01, BGHZ 151, 353, 363 ff; vom 20. September 2007 - IX ZR 91/06, WM 2007, 2299 Rn. 9; vom 7. Mai 2009 - IX ZR 61/08, ZIP 2009, 1477 Rn. 13; vom 13. Januar 2011, aaO Rn. 9; vgl. auch BGH, Urteil vom 8. März 2012 - IX ZR 78/11, WM 2012, 706 Rn. 27). Eine diesen Anforderungen genügende Einzelermächtigung liegt im Streitfall nicht vor. Stellt man darauf ab, dass der Bereicherungsanspruch der Schuldnerbank eine Folge des Widerspruchs des Beklagten gegen die Lastschriftbuchungen war, fehlt es von vorneherein an einer hierauf bezogenen Einzelermächtigung. Widerspricht ein mitbestimmender vorläufiger Insolvenzverwalter einer Lastschriftbuchung, verweigert er damit seine Zustimmung zu der zunächst unberechtigt erfolgten Belastung des Schuldnerkontos. Hierzu ist er bereits aufgrund des Zustimmungsvorbehalts nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 InsO berechtigt. Einer gesonderten Ermächtigung zum Widerspruch bedarf es nicht, und eine solche wurde auch nicht erteilt.
19
Bei der Entgegennahme einer Auszahlung der von der Schuldnerbank zurückgebuchten Beträge vor der Verfahrenseröffnung handelte der Beklagte zwar auf der Grundlage einer Einzelermächtigung. Die vom Insolvenzgericht ausgesprochene Ermächtigung des Beklagten, Bankguthaben und sonstige Forderungen der Schuldnerin einzuziehen sowie eingehende Gelder entgegenzunehmen , war ausreichend bestimmt und auch sonst wirksam (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 2002 - IX ZR 195/01, BGHZ 151, 353, 365, 367). Es handelte sich bei dieser Ermächtigung aber nicht um eine Ermächtigung zur Eingehung von Verbindlichkeiten zu Lasten der späteren Masse im Sinne der Rechtsprechung des erkennenden Senats (BGH, Urteil vom 20. September 2007 - IX ZR 91/06, WM 2007, 2299 Rn. 1, 9). Unter der Geltung der Konkursordnung konnte der Sequester keine Masseverbindlichkeiten begründen. Abweichend hiervon räumt § 55 Abs. 2 InsO ein solches Recht dem verfügungsbefugten vorläufigen Insolvenzverwalter ein. Damit soll insbesondere Geschäftspartnern des insolventen Unternehmens ein Anreiz gegeben werden, die Geschäftsbeziehungen mit ei- nem vorläufigen Insolvenzverwalter fortzusetzen sowie ihm Geld- und Warenkredit zu gewähren (BGH, Urteil vom 18. Juli 2002, aaO S. 359 mwN). Wird kein allgemeines Verfügungsverbot, sondern nur ein Zustimmungsvorbehalt angeordnet, ist der vorläufige Insolvenzverwalter rechtlich nicht in der Lage, selbständig Geschäfte abzuschließen. Ein Vertrauen der Geschäftspartner kann sich in diesem Fall nur an Einzelermächtigungen ausrichten. Solche kann das Insolvenzgericht nach § 22 Abs. 2 InsO erteilen, soweit sie erforderlich sind, um auch einem nicht verfügungsbefugten vorläufigen Verwalter die Erfüllung seiner Aufgaben zu ermöglichen. Aus Gründen der Rechtsklarheit und des gebotenen Schutzes des Vertragspartners muss allerdings aus der jeweiligen Ermächtigung selbst unmissverständlich zu erkennen sein, mit welchen Befugnissen der vorläufige Insolvenzverwalter ausgestattet ist (BGH, Urteil vom 18. Juli 2002, aaO S. 367). Deshalb muss sich aus der Ermächtigung auch eindeutig ergeben, ob und in welchem Umfang der vorläufige Verwalter Verbindlichkeiten zu Lasten der späteren Masse begründen kann. Die allgemeine Ermächtigung zum Einzug von Forderungen genügt dem nicht. Sie verleiht dem vorläufigen Verwalter nur die Verfügungsmacht über die Forderungen des Schuldners und bewirkt , dass die Forderungen durch die Zahlung an den vorläufigen Verwalter erlöschen. Auf die Begründung von Masseverbindlichkeiten erstreckt sich eine solche Ermächtigung nicht. Der Senat hat deshalb schon in dem Grundsatzurteil vom 18. Juli 2002 (aaO S. 365) zwischen einer Ermächtigung zum Forderungseinzug und Ermächtigungen zur Eingehung von Verpflichtungen zu Lasten der Insolvenzmasse unterschieden.
20
(3) Eine andere Frage ist es, ob im Falle der Anordnung eines allgemeinen Verfügungsverbots der Anspruch eines Gläubigers wegen einer während des Eröffnungsverfahrens eingetretenen ungerechtfertigten Bereicherung gemäß § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit gilt. Diese im Schrifttum umstrittene (vgl. MünchKommInsO /Hefermehl, 3. Aufl., § 55 Rn. 212 mwN) Frage braucht hier nicht beantwortet zu werden.
21
c) Mithin kommt es im Streitfall entscheidend darauf an, ob die zu Unrecht zurückgebuchten Lastschriftbeträge nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an den Beklagten ausgezahlt wurden. Dazu enthält das Berufungsurteil keine eindeutige Feststellung. Bei der Darstellung des Sachverhalts ist nur von der Rückbuchung der Lastschriften die Rede. Im Rahmen der Begründung wird ausgeführt, die Rückbelastungen seien vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Masse gelangt. Ob damit eine Auszahlung gemeint ist, lässt sich dem Urteil nicht entnehmen. Auch aus dem vom Berufungsurteil in Bezug genommenen Tatbestand des Urteils des Landgerichts ergibt sich insoweit nichts.

III.


22
Das angefochtene Urteil ist danach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an dasBerufungsgericht zurückzuverweisen, das die erforderlichen Feststellungen zu treffen haben wird (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Kayser Gehrlein Fischer
Grupp Möhring
Vorinstanzen:
LG Fulda, Entscheidung vom 30.09.2011 - 7 O 13/11 -
OLG Frankfurt in Kassel, Entscheidung vom 16.10.2012 - 14 U 222/11 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 215/10 Verkündet am:
27. September 2011
Weber,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat gemäß § 128 Abs. 2 ZPO im
schriftlichen Verfahren, in dem Schriftsätze bis zum 28. Juli 2011 eingereicht
werden konnten, durch den Vorsitzenden Richter Wiechers und die Richter
Dr. Ellenberger, Maihold, Dr. Matthias und Pamp

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 2. Juni 2010 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger begehrt als Insolvenzverwalter über das Vermögen des Kaufmanns W. K. (im Folgenden: Schuldner) von der beklagten Bank die Auszahlung von Beträgen, die im Wege des Einzugsermächtigungsverfahrens von dem Girokonto des Schuldners abgebucht worden sind.
2
Der Schuldner, der als Einzelkaufmann ein Sportartikel- und Bekleidungsgeschäft betrieb, unterhielt bei der Beklagten ein von ihm auf Guthaben- basis geführtes Girokonto, für das vierteljährliche Rechnungsabschlüsse vereinbart waren. Nach den für diesen Girovertrag geltenden damaligen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten (im Folgenden: AGB) galt eine Lastschrift als genehmigt, wenn der Bankkunde nicht vor Ablauf von sechs Wochen nach Zugang des von der Bank erteilten Rechnungsabschlusses, in dessen Saldo die Belastungsbuchung enthalten ist, Einwendungen gegen diese erhebt. Die Beklagte belastete das Girokonto des Schuldners zwischen dem 1. und dem 21. April 2008 unter anderem mit den streitigen 11 Lastschriften in Höhe von insgesamt 7.282,44 €.
3
Mit Beschluss des Amtsgerichts H. vom 30. Mai 2008 wurde der Kläger zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt über das Vermögen des Schuldners bestellt. In einem Schreiben vom 5. Juni 2008, das der Beklagten am 12. Juni 2008 zuging, widersprach er sämtlichen noch ungenehmigten im Einzugsermächtigungsverfahren erfolgten Lastschriften. Die Beklagte schrieb daraufhin dem Girokonto einen Großteil der davon betroffenen Buchungen gut. Eine Rückbuchung der streitigen Lastschriften verweigerte sie, da die betroffenen Gläubigerbanken zu einer entsprechenden Rückbelastung nicht bereit waren.
4
Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 7.282,54 € nebst Zinsen verurteilt. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

5
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

6
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
7
Der Kläger habe mit Schreiben vom 5. Juni 2008 den streitigen Lastschriftbuchungen wirksam widersprochen. Diese seien vom Schuldner nicht zuvor konkludent genehmigt worden. Die Fortsetzung des üblichen Zahlungsverkehrs durch den Schuldner stelle keine konkludente Genehmigung vorangehender Lastschriftbuchungen dar, da damit erhebliche Rechtsunsicherheit einhergehen würde. Aktiver Zahlungsverkehr besitze keinen über den einzelnen Vorgang hinausgehenden Erklärungswert. Auch angesichts der Regelung in den AGB zur Fiktion einer Genehmigung erst sechs Wochen nach Rechnungsabschluss habe die Beklagte die schweigende Weiternutzung des Kontos nicht als Genehmigung vorangegangener Lastschriftbuchungen auffassen können. Etwas anderes gelte möglicherweise, wenn die weitere Nutzung des Kontos gezielt an Lastschriftbuchungen ausgerichtet worden sei. Solche Umstände seien vorliegend jedoch nicht ersichtlich. Dafür reiche die Führung des Kontos im Guthaben nicht aus. Zudem habe es sich bei den konkreten Einzahlungen auf das Konto nach dem unbestrittenen Vortrag des Klägers um die Tageseinnahmen aus dem Ladengeschäft des Schuldners gehandelt. Letztlich spreche auch das Verhalten der Beklagten, sich um eine Rückbuchung sämtlicher Lastschriftbuchungen vom 1. bis 12. Juni 2008 zu bemühen, dagegen, dass sie die weitere Nutzung des Kontos als konkludente Genehmigung von Lastschriftbuchungen verstanden habe.

II.

8
Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Feststellungen des Berufungsgerichts zum Fehlen einer konkludenten Genehmigung der Lastschriftbuchungen durch den Schuldner sind nicht rechtsfehlerfrei, sodass ungeklärt ist, ob der spätere Lastschriftenwiderruf des Klägers wirksam war.
9
1. Rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen , dass ein vorläufiger Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt in der Lage ist, eine Genehmigung der Lastschrift durch den Schuldner und den Eintritt der Genehmigungsfiktion zu verhindern, indem er - wie der Kläger am 5. Juni 2008 - solchen Belastungsbuchungen widerspricht (siehe Senatsurteile vom 20. Juli 2010 - XI ZR 236/07, BGHZ 186, 269 Rn. 11, vom 23. November 2010 - XI ZR 370/08, WM 2011, 63 Rn. 13 und vom 25. Januar 2011 - XI ZR 171/09, WM 2011, 454 Rn. 11, jeweils mwN). Ein Widerruf des Insolvenzverwalters bleibt jedoch wirkungslos, soweit zuvor Lastschriftbuchungen von dem Lastschriftschuldner genehmigt worden sind (Senatsurteile vom 20. Juli 2010 - XI ZR 236/07, BGHZ 186, 269 Rn. 41 und vom 22. Februar 2011 - XI ZR 261/09, WM 2011, 688 Rn. 11).
10
2. Keinen Bestand hat hingegen die Feststellung des Berufungsgerichts, der Schuldner habe die streitbefangenen Lastschriften nicht durch schlüssiges Verhalten genehmigt.
11
a) Zwar trifft es zu, dass die kontoführende Bank nicht allein einer weiteren Nutzung eines Girokontos entnehmen kann, der Kontoinhaber billige vorausgehende Lastschriftbuchungen und den um die früheren Lastschriftbuchungen geminderten Kontostand (vgl. Senatsurteile vom 20. Juli 2010 - XI ZR 236/07, BGHZ 186, 269 Rn. 45, 47, vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 562/07, WM 2010, 2307 Rn. 19 und vom 23. November 2010 - XI ZR 370/08, WM 2011, 63 Rn. 17).
12
b) Das Berufungsgericht hat weiter rechtsfehlerfrei der Tatsache, dass der Schuldner sein Girokonto ausschließlich im Guthaben geführt hat, im vorliegenden Fall nicht den Erklärungswert einer konkludenten Genehmigung der streitigen Lastschriften zugebilligt.
13
Zwar kann nach der neueren Senatsrechtsprechung die Sicherung der Einlösung konkreter Lastschriften durch zeitnahe Dispositionen des Kontoinhabers - jedenfalls nach Ablauf einer angemessenen Prüfungsfrist - die berechtigte Überzeugung der kontoführenden Bank begründen, der Schuldner wolle die jeweiligen Forderungen der Lieferanten uneingeschränkt erfüllen und die entsprechenden Lastschriftbuchungen würden deswegen Bestand haben (Senatsurteile vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 562/07, WM 2010, 2307 Rn. 23 und vom 22. Februar 2011 - XI ZR 261/09, WM 2011, 688 Rn. 24). Dies liegt nahe, wenn der Kontoinhaber aufgrund einer mit der kontoführenden Bank getroffenen Vereinbarung gehalten ist, das betreffende Konto ausschließlich im Guthaben zu führen. Erhöht er in einem solchen Fall den Kontostand durch Bareinzahlungen oder Überweisungen, damit weitere Lastschriften eingelöst werden können, so kann dies für eine konkludente Genehmigung dieser Lastschriften sprechen.
14
Das Berufungsgericht hat jedoch - von der Revision nicht angegriffen - weder eine solche Absprache noch andere, der Beklagten erkennbare Umstände festgestellt, die den Schuldner gezwungen haben könnten, das Konto auf Guthabenbasis zu führen. Damit kam der Kontoführung im Guthaben aus der maßgeblichen Sicht der Bank (vgl. dazu Senatsurteil vom 1. März 2011 - XI ZR 320/09, WM 2011, 743 Rn. 14) nicht ohne Weiteres der objektive Erklärungswert zu, ausgeführte Lastschriftbuchungen seien vom Kontoinhaber konkludent genehmigt worden.
15
c) Rechtsfehlerhaft ist jedoch das Berufungsgericht davon ausgegangen, die Regelung in den AGB zur Fiktion einer Genehmigung mit Ablauf von sechs Wochen nach Zugang des Rechnungsabschlusses stehe der Annahme einer konkludenten Genehmigung vor Ablauf dieser Frist entgegen. Nach Erlass des Berufungsurteils hat der Senat entschieden, dass eine konkludente ebenso wie eine ausdrückliche Genehmigung bereits vor Ablauf der in den Geschäftsbedingungen geregelten Widerrufsfrist in Betracht kommen kann, da Regelungszweck dieser Klausel gerade die möglichst frühzeitige Klärung des Bestands von Lastschriftbuchungen ist (Senatsurteile vom 20. Juli 2010 - XI ZR 236/07, BGHZ 186, 269 Rn. 43, vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 562/07, WM 2010, 2307 Rn. 14 ff., vom 23. November 2010 - XI ZR 370/08, WM 2011, 63 Rn. 15 und vom 25. Januar 2011 - XI ZR 171/09, WM 2011, 454 Rn. 14 ff.).
16
d) Schließlich schöpft das Berufungsgericht den ihm von den Parteien zur Frage einer konkludenten Genehmigung von Lastschriftbuchungen unterbreiteten Sachverhalt nicht aus. Feststellungen zu einer konkludent erklärten Genehmigung sind zwar als Ergebnis tatrichterlicher Auslegung im Revisionsverfahren nur beschränkt darauf überprüfbar, ob gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze oder Verfahrensvorschriften verletzt worden sind. Zu untersuchen ist jedoch, ob alle erheblichen Umstände umfassend gewürdigt worden sind (Senatsurteil vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 562/07, WM 2010, 2307 Rn. 20 mwN). Dieser Überprüfung hält die tatsächliche Würdigung des Berufungsgerichts nicht stand.
17
Eine konkludente Genehmigung kommt - wie der Senat ebenfalls nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat - dann in Betracht, wenn es sich für die Zahlstelle erkennbar um regelmäßig wiederkehrende Lastschriften aus Dauerschuldverhältnissen, laufenden Geschäftsbeziehungen oder zum Einzug von wiederkehrenden Steuervorauszahlungen und Sozialversicherungsbeiträgen handelt. Erhebt der Schuldner in Kenntnis eines erneuten Lastschrifteinzugs , der sich im Rahmen des bereits Genehmigten bewegt, nach einer angemessenen Überlegungsfrist keine Einwendungen, so kann aufseiten der Zahlstelle die berechtigte Erwartung entstehen, die neue Belastungsbuchung solle Bestand haben. Dies gilt jedenfalls, wenn das Konto im unternehmerischen Geschäftsverkehr geführt wird, da dann die Zahlstelle damit rechnen kann, dass Kontobewegungen zeitnah nachvollzogen und überprüft werden (vgl. Senatsurteile vom 20. Juli 2010 - XI ZR 236/07, BGHZ 186, 269 Rn. 48, vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 562/07, WM 2010, 2307 Rn. 21, vom 23. November 2010 - XI ZR 370/08, WM 2011, 63 Rn. 16 und vom 3. Mai 2011 - XI ZR 152/09, WM 2011, 1267 Rn. 11).
18
Nach diesen Grundsätzen kommt eine konkludente Genehmigung der streitigen Lastschriften durch den Schuldner in Betracht. Die Revision weist zutreffend darauf hin, dass die Beklagte in der Berufungsbegründung zu Zahlungen für regelmäßig in Anspruch genommene Dienstleistungen vorgetragen hat. Dem ist das Berufungsgericht nicht nachgegangen, insbesondere sind die vorgelegten Kontoauszüge, die durch Bezugnahme in die Gründe des Berufungsurteils aufgenommen worden sind, nicht daraufhin ausgewertet worden, ob den streitigen Lastschriften solche Dauerschuldverhältnisse zugrunde liegen. Ebenso fehlen Feststellungen zu der zwischen den Parteien streitigen Frage, ob sich die abgebuchten Beträge innerhalb der Schwankungsbreite von bereits zuvor genehmigter Lastschriften bewegt (vgl. Senatsurteil vom 3. Mai 2011 - XI ZR 152/09, WM 2011, 1267 Rn. 11) oder diese nicht wesentlich über- oder unterschritten haben.

III.

19
Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur abschließenden Entscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 ZPO).
20
1. Das Berufungsgericht wird nach gegebenenfalls ergänzendem Vortrag der Parteien die fehlenden Feststellungen zu einer konkludenten Genehmigung der Lastschriftbuchungen zu treffen haben. Dabei steht der Annahme einer konkludenten Genehmigung nicht von vornherein entgegen, dass die Beklagte den Widerspruch des Klägers teilweise beachtet hat. Entscheidend ist der durch normative Auslegung zu ermittelnde objektive Erklärungswert des Verhaltens des Erklärenden im Zeitpunkt der Kenntnisnahme durch den Erklärungsempfänger. Es kommt damit nicht darauf an, ob die kontoführende Bank - zumal zu einem späteren Zeitpunkt - subjektiv von einer Genehmigung ausgegangen ist (Senatsurteile vom 1. März 2011 - XI ZR 320/09, WM 2011, 743 Rn. 14 und vom 26. Juli 2011 - XI ZR 197/10, WM 2011, 1553 Rn. 16, 18).
21
Späteres Verhalten der Partei eines Rechtsgeschäfts belegt zudem weder unmittelbar den Inhalt eines früheren Rechtsgeschäfts noch die Wahrnehmung dieser Partei bei dessen Vornahme. Es kann allerdings Rückschlüsse auf den tatsächlichen Willen und das Verständnis der am Rechtsgeschäft Beteiligten im Zeitpunkt der Erklärung zulassen (vgl. BGH, Urteile vom 28. Juni 1971 - III ZR 103/68, WM 1971, 1513, 1515, vom 6. Juli 2005 - VIII ZR 136/04, WM 2005, 1895, 1897 und vom 7. Dezember 2006 - VII ZR 166/05, WM 2007, 1293 Rn. 18). Mithin bedarf es tatrichterlicher Klärung, ob im konkreten Fall die Beachtung eines vom Insolvenzverwalter erklärten Lastschriftwiderrufs durch die finanzierende Bank hinreichend sicher darauf schließen lässt, diese habe das Verhalten des Schuldners im Zusammenhang mit der Lastschriftbuchung nicht als konkludente Genehmigung verstanden. Dabei ist zu bedenken, dass das spätere Handeln der Bank nach einem Widerspruch des Insolvenzverwalters auch von dem Bestreben bestimmt sein kann, wegen der Insolvenz ihres Kunden drohende wirtschaftliche Nachteile zu begrenzen (Senatsurteil vom 26. Juli 2011 - XI ZR 197/10, WM 2011, 1553 Rn. 19).
22
2. Die Zurückverweisung bietet Gelegenheit, die von der Revision angesprochene Differenz zwischen dem im Klageantrag und dem im landgerichtlichen Urteil genannten Zahlungsbetrag zu klären.

Wiechers Ellenberger Maihold Matthias Pamp

Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 26.06.2009 - 418 O 155/08 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 02.06.2010 - 13 U 127/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 158/10 Verkündet am:
8. November 2011
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein Rechnungsabschluss, der die Frist in Lauf setzen soll, nach deren Ende von dem
mitgeteilten Saldo umfasste Lastschriftbuchungen als genehmigt gelten, muss für
den Kontoinhaber das Ziel der kontoführenden Bank, einen abschließenden Saldo
festzustellen, klar erkennen lassen. Eine ausdrückliche Bezeichnung als Rechnungsoder
Periodenabschluss ist nicht erforderlich, wenn die Abrechnung aus der objektiven
Sicht des Kontoinhabers erkennbar abschließend ist.
BGH, Urteil vom 8. November 2011 - XI ZR 158/10 - OLG Köln
LG Bonn
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8. November 2011 durch den Vorsitzenden Richter Wiechers und die Richter
Dr. Joeres, Maihold, Dr. Matthias und Pamp

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 7. April 2010 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger begehrt als Insolvenzverwalter über das Vermögen der R. GmbH (im Folgenden: Schuldnerin) von der beklagten Bank die Auszahlung von Beträgen, die im Wege des Einzugsermächtigungsverfahrens von einem bei der Beklagten geführten Girokonto der Schuldnerin abgebucht worden sind.
2
Die Schuldnerin unterhielt bei der Beklagten ein Girokonto, für das vierteljährliche Rechnungsabschlüsse vereinbart waren. Nach den auf diesen Girovertrag anzuwendenden damaligen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten (im Folgenden: AGB) galt die Genehmigung einer Lastschriftbuchung spätestens als erteilt, wenn der Bankkunde nicht vor Ablauf von sechs Wochen nach Zugang eines von der Bank erteilten Rechnungsabschlusses, in dessen Saldo die Belastungsbuchung enthalten war, Einwendungen gegen diese erhob. Auf diese Genehmigungswirkung hatte die Bank bei Erteilung des Rechnungsabschlusses gesondert hinzuweisen.
3
Mit Beschluss des Amtsgerichts - Insolvenzgerichts - D. vom 20. Dezember 2007 wurde der Kläger zum Sachverständigen im Insolvenzeröffnungsverfahren über das Vermögen der Schuldnerin berufen. Die Beklagte belastete das Girokonto der Schuldnerin zwischen dem 1. Januar und dem 27. Februar 2008 unter anderem mit streitigen Einzugslastschriften in Höhe von insgesamt 9.768,26 €, wovon 346 € später wieder gutgeschrieben wurden. Im März 2008 wurde das Konto der Schuldnerin aufgelöst. Die Beklagte teilte der Schuldnerin mit Schreiben vom 11. März 2008 die Kontoauflösung mit und machte eine Gesamtforderung von 40,59 € geltend, da sich das Konto in dieser Höhe im Soll befunden habe. Dem Schreiben war ein Schlusskontoaus- zug Nr. vom 10. März 2011 beigefügt, in dem anteilige Zinsen, Porti und Kontoführungsgebühren für den verstrichenen Teil des laufenden Quartals ausgewiesen waren. Der Zugang des Schreibens nebst Kontoauszug bei der Schuldnerin ist zwischen den Parteien streitig.
4
Am 30. April 2008 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Er widersprach in einem Schreiben vom 12. Juni 2008 an die Beklagte sämtlichen Einzugslastschriften aus dem ersten Quartal 2008. Die Beklagte verweigerte die vom Kläger begehrte Rückbuchung dieser streitigen Lastschriften sowie die Überweisung eines sich daraus ergebenden Saldos auf ein Konto des Klägers.
5
Das Landgericht hat die Beklagte unter Berücksichtigung der Gutschrift und des abschließenden Debets zur Zahlung von 9.381,67 € nebst Zinsen verurteilt. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.


Entscheidungsgründe:


6
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

7
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
8
Die Voraussetzungen einer Genehmigungsfiktion nach den AGB der Beklagten hätten nicht vorgelegen, da das Schreiben der Beklagten vom 11. März 2008 nebst beigefügtem Kontoauszug Nr. - unabhängig von der streitigen Frage des Zugangs - nicht hinreichend als Rechnungsabschluss im Sinne von § 355 Abs. 1 HGB erkennbar gewesen sei. Dafür genüge die Übersendung eines "Tagessaldos" nicht, der lediglich einen Überblick und die Zinsberechnung erleichtern solle. Anders sei das, wenn Tagesauszüge durch den Zusatz "(Jahres -, Halbjahres-, Vierteljahres-) Abschluss" gekennzeichnet seien. Dieser Zusatz sei auf dem übersandten Kontoauszug nicht vorhanden. Die Mitteilung der Kontoauflösung sowie des alten und neuen Kontostands lasse nicht erkennen, dass ein Rechnungsabschluss mit Saldoanerkenntnisangebot unterbreitet werden sollte. Das gelte auch unter Berücksichtigung der dem Auszug angefügten Anlage, in der Zinsen, Porti und Entgelte für das abgelaufene Quartal angegeben seien sowie deren Gesamtsumme ausgewiesen und in den Kontoauszug eingestellt sei. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass das Konto aufgelöst und die Abrechnung damit ersichtlich abschließend habe sein sollen. Ohne entsprechende Kennzeichnung sei eine Schlussabrechnung nicht als Rechnungsabschluss anzusehen. Auch der auf der Rückseite abgedruckte Hinweis auf die Genehmigungsfiktion für Lastschriftbuchungen ergebe nichts anderes. Vielmehr sei im Hinblick auf die weitreichenden Folgen eine eindeutige Kennzeichnung als Rechnungsabschluss zu erwarten und geboten.
9
Die Belastungsbuchungen seien von der Schuldnerin nicht konkludent genehmigt worden. Die Fortsetzung des Zahlungsverkehrs durch die Schuldne- rin bis zur Kontoauflösung im März 2008 stelle keine konkludente Genehmigung vorangehender Lastschriftbuchungen dar, da der Kontoinhaber das Konto für die Erfüllung fälliger Verbindlichkeiten denknotwendig weiterbenutzen müsse. Mangels zusätzlicher Anhaltspunkte reiche die weitere Nutzung des Kontos durch die Schuldnerin für die Annahme einer konkludenten Genehmigung nicht aus, da es sich um eine Fortführung von nur zehn Wochen gehandelt habe. Die Tatsache, dass der Kontoinhaber dem sich unter Berücksichtigung der Lastschriftbuchungen ergebenden Kontostand bei seinem weiteren Zahlungsverhalten zunächst Rechnung getragen habe, lasse nicht den sicheren Schluss zu, dass er sich entschieden habe, den fraglichen Belastungen nicht zu widersprechen. Zu den Belastungsbuchungen habe die Beklagte zwar vorgetragen, es handle sich "zu einem großen Teil" um solche im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen , die monatlich zum gleichen Zeitpunkt und - allerdings nur "teilweise" - in gleicher Höhe eingezogen worden seien. Diese Angaben reichten jedoch sowohl mangels näherer Spezifizierung als auch mangels weiterer, für eine Genehmigung sprechender Anhaltspunkte nicht aus, um eine solche annehmen zu können, zumal selbst bei monatlich in gleicher Höhe zu leistenden Zahlungen von Monat zu Monat ein Umstand eintreten könne, der dem Kontoinhaber Anlass zum Widerspruch gebe.
10
Der Kläger habe schließlich bei Versagung der Genehmigung für die streitigen Lastschriften nicht rechtsmissbräuchlich gehandelt.

II.

11
Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Feststellungen des Berufungsgerichts zum Fehlen einer konkludenten Genehmigung der Lastschriftbuchungen durch die Schuldnerin und eines Rechnungsabschlusses im März 2008 sind nicht rechtsfehlerfrei, sodass ungeklärt ist, ob der Kläger im Juni 2008 die streitigen Lastschriften wirksam widerrufen konnte.
12
1. Rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen , dass ein Insolvenzverwalter in der Lage ist, eine Genehmigung der Lastschrift durch den Kontoinhaber und den Eintritt der Genehmigungsfiktion zu verhindern, indem er - wie der Kläger am 12. Juni 2008 - solchen Belastungsbuchungen widerspricht (siehe Senatsurteile vom 20. Juli 2010 - XI ZR 236/07, BGHZ 186, 269 Rn. 11, vom 23. November 2010 - XI ZR 370/08, WM 2011, 63 Rn. 13 und vom 25. Januar 2011 - XI ZR 171/09, WM 2011, 454 Rn. 11, jeweils mwN). Ein Widerruf des Insolvenzverwalters bleibt jedoch wirkungslos, wenn die Lastschriftbuchungen zuvor durch Eintritt der in den AGB vorgesehenen Fiktion einer Genehmigung wirksam geworden oder von dem Lastschriftschuldner genehmigt worden sind (Senatsurteile vom 20. Juli 2010 - XI ZR 236/07, BGHZ 186, 269 Rn. 41 und vom 22. Februar 2011 - XI ZR 261/09, WM 2011, 688 Rn. 11).
13
2. Keinen Bestand hat jedoch die Feststellung des Berufungsgerichts, die Schuldnerin habe die streitbefangenen Lastschriften nicht durch schlüssiges Verhalten genehmigt.
14
a) Zwar trifft es zu, dass eine kontoführende Bank allein der weiteren Nutzung eines Girokontos nicht entnehmen kann, der Kontoinhaber billige vorausgehende Lastschriftbuchungen und den um die früheren Lastschriftbuchungen geminderten Kontostand (vgl. Senatsurteile vom 20. Juli 2010 - XI ZR 236/07, BGHZ 186, 269 Rn. 45, 47, vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 562/07, WM 2010, 2307 Rn. 19 und vom 23. November 2010 - XI ZR 370/08, WM 2011, 63 Rn. 17).
15
b) Jedoch schöpft das Berufungsgericht im Weiteren den von den Parteien zur Frage einer konkludenten Genehmigung von Lastschriftbuchungen vorgetragenen Sachverhalt nicht aus. Feststellungen zu einer konkludent erklärten Genehmigung sind zwar als Ergebnis tatrichterlicher Auslegung im Revisionsverfahren nur beschränkt darauf überprüfbar, ob gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze oder Verfahrensvorschriften verletzt worden sind (BGH, Urteil vom 23. September 2009 - VIII ZR 300/08, NJW 2010, 1133 Rn. 12 mwN). Zu untersuchen ist jedoch, ob alle erheblichen Umstände umfassend gewürdigt worden sind (Senat, Urteil vom 13. Januar 2009 - XI ZR 66/08, WM 2009, 402 Rn. 25 mwN). Dieser Überprüfung halten die Feststellungen des Berufungsgerichts nicht stand.
16
aa) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann die Tatsache, dass der Kontoinhaber bei seinem weiteren Zahlungsverhalten dem Kontostand Rechnung trägt, der sich unter Berücksichtigung der Lastschriftbuchungen ergibt, den Schluss rechtfertigen, dass er diesen Lastschriftbuchungen nicht widersprechen will. Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat, kann jedenfalls im - hier vorliegenden - unternehmerischen Geschäftsverkehr , in dem Lastschriftbuchungen vom Schuldner im Allgemeinen laufend nachvollzogen werden, etwa die Tatsache, dass ein Kontoinhaber in Kenntnis erfolgter Abbuchungen durch konkrete Einzahlungen oder Überweisungen zeitnah ausreichende Kontodeckung für weitere Dispositionen sicherstellt, im Einzelfall für eine konkludente Genehmigung bereits gebuchter Lastschriften sprechen , da sich der Kontoinhaber andernfalls auf leichterem Wege Liquidität hätte verschaffen können, indem er älteren, seiner Ansicht nach unberechtigten Belastungsbuchungen widerspricht (vgl. dazu Senatsurteile vom 23. November 2010 - XI ZR 370/08, WM 2011, 63 Rn. 20, vom 25. Januar 2011 - XI ZR 171/09, WM 2011, 454 Rn. 21, vom 22. Februar 2011 - XI ZR 261/09, WM 2011, 688 Rn. 25 und vom 28. Juni 2011 - XI ZR 197/10, WM 2011, 1553 Rn. 15).
17
Danach könnten die vom Berufungsgericht festgestellten 8 Einzahlungen und 31 Gutschrifteinlösungen, die nach Darstellung der Revision in etwa den Abgängen angepasst waren, aus der maßgeblichen objektiven Sicht der beklagten Bank als konkludente Genehmigungen konkreter Lastschriften aufzufassen sein. Feststellungen dazu hat das Berufungsgericht - auf Grundlage seiner Rechtsauffassung konsequent - nicht getroffen.
18
bb) Eine konkludente Genehmigung kommt - wie der Senat ebenfalls nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat - weiter in Betracht, wenn es sich für die Zahlstelle erkennbar um regelmäßig wiederkehrende Lastschriften aus Dauerschuldverhältnissen, laufenden Geschäftsbeziehungen oder zum Einzug von wiederkehrenden Steuervorauszahlungen und Sozialversicherungsbeiträgen handelt. Erhebt der Schuldner in Kenntnis eines erneuten Lastschrifteinzugs , der sich im Rahmen des bereits Genehmigten bewegt, nach einer angemessenen Überlegungsfrist keine Einwendungen, so kann aufseiten der Zahlstelle die berechtigte Erwartung entstehen, die neue Belastungsbuchung solle Bestand haben. Dies gilt jedenfalls, wenn das Konto im unternehmerischen Geschäftsverkehr geführt wird, da dann die Zahlstelle damit rechnen kann, dass Kontobewegungen zeitnah nachvollzogen und überprüft werden (vgl. Senatsurteile vom 20. Juli 2010 - XI ZR 236/07, BGHZ 186, 269 Rn. 48, vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 562/07, WM 2010, 2307 Rn. 21, vom 23. November 2010 - XI ZR 370/08, WM 2011, 63 Rn. 16, vom 3. Mai 2011 - XI ZR 152/09, WM 2011, 1267 Rn. 11 und vom 20. September 2011 - XI ZR 215/10, WM 2011, 2041 Rn. 17).
19
Nach diesen Grundsätzen könnten die streitigen Lastschriften von der Schuldnerin konkludent genehmigt worden sein. Die Revision weist zutreffend darauf hin, dass die Beklagte die Empfänger von Lastschriftzahlungen für regelmäßig in Anspruch genommene Leistungen teilweise namentlich genannt habe und sich weitere, etwa Sozialversicherungsträger, aus den Kontoauszügen ergäben. Dem ist das Berufungsgericht nicht nachgegangen.
20
Einer konkludenten Genehmigung steht dabei - anders als das Berufungsgericht annimmt - nicht entgegen, dass laufende Lastschriftzahlungen nur "teilweise" in monatlich gleicher Höhe erfolgt seien. Es reicht vielmehr aus, dass sich die abgebuchten Beträge innerhalb der Schwankungsbreite bereits zuvor genehmigter Lastschriften bewegen (vgl. Senatsurteil vom 3. Mai 2011 - XI ZR 152/09, WM 2011, 1267 Rn. 11) oder diese nicht wesentlich über- oder unterschritten haben (BGH, Urteile vom 27. September 2011 - XI ZR 328/09, zur Veröffentlichung vorgesehen, Umdruck Rn. 22 und - XI ZR 215/10, WM 2011, 2041 Rn. 18).
21
3. Ebenso hat die weitere Annahme des Berufungsgerichts keinen Bestand , der mit Schreiben vom 11. März 2008 übersandte Kontoauszug Nr. stelle keinen Rechnungsabschluss dar, der gemäß dem auf der Rückseite abgedruckten Hinweis nach Ablauf von sechs Wochen die Fiktion einer Genehmigung in ihm abgerechneter Lastschriftbuchungen auslösen könne.
22
Ausführungen zum Vorliegen eines Rechnungsabschlusses sind als Auslegung einer Vertragserklärung zwar grundsätzlich Sache des Tatrichters. Dessen Auslegung bindet das Revisionsgericht aber dann nicht, wenn sie gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze, allgemeine Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt (st. Rspr., siehe etwa Senat , Urteil vom 6. Oktober 1998 - XI ZR 36/98, BGHZ 139, 357, 366; BGH, Ur- teile vom 17. Januar 2007 - VIII ZR 37/06, WM 2007, 562 Rn. 15 und vom 6. November 2007 - VI ZR 182/06, WM 2008, 202 Rn. 19, jeweils mwN). Das ist hier der Fall.
23
a) Das Berufungsgericht geht rechtsfehlerfrei davon aus, dass bei einem Rechnungsabschluss das Ziel der kontoführenden Bank, einen abschließenden Saldo für die betreffende Abrechnungsperiode festzustellen, für den Kontoinhaber klar erkennbar sein muss. Dies kann beispielsweise durch einen Zusatz "(Jahres-, Halbjahres-, Vierteljahres-) Abschluss" erfolgen. Die Zusendung eines Tagesauszugs allein reicht hingegen ebenso wenig aus, wie die eines sonstigen Postensaldos, in den periodisch abzurechnende Gebühren und Zinsen aufgenommen worden sind (BGH, Urteil vom 24. April 1985 - I ZR 176/83, WM 1985, 936, 937).
24
b) Das Berufungsgericht überspannt jedoch die Anforderungen an einen Rechnungsabschluss, wenn es vom kontoführenden Institut die Verwendung einer solchen Bezeichnung verlangt, obwohl nach seiner Feststellung die fragliche Kontoabrechnung der Beklagten ersichtlich abschließend war. Da ein Rechnungsabschluss nicht formgebunden ist, reicht es aus, dass eine Abrechnung , die die kontokorrentunterworfenen Ansprüche erfasst und saldiert, aufgrund weiterer Anhaltspunkte aus der objektiven Sicht des Kontoinhabers als Rechnungsabschluss erkennbar ist. Sachlich geht auch das Berufungsgericht davon aus, dass in der Schlussabrechnung vom 10. März 2008 - wie erforderlich - die in das Kontokorrent des Girovertrags bis zu dessen Beendigung fallenden Ansprüche des Kunden und der Bank vollständig verrechnet worden sind und als Ergebnis ein Saldo festgestellt ist (vgl. dazu Bunte in Schimansky/ Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 12 Rn. 6). Kann der Bankkunde eine solche Kontoabrechnung aus objektiver Empfängersicht als Rechnungsabschluss erkennen, beginnt die in den AGB vorgesehene Frist von sechs Wochen, nach deren Ablauf von dem mitgeteilten Saldo umfasste Lastschriftbuchungen als genehmigt gelten. Eine ausdrückliche Bezeichnung als "(Jahres-, Halbjahres-, Vierteljahres-) Abschluss" oder als Rechnungs- oder Periodenabschluss ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nach den AGB nicht zwingend. Es reicht vielmehr aus, dass - wovon das Berufungsgericht ausgeht - die Abrechnung erkennbar abschließend ist.
25
Das Berufungsgericht geht davon aus, dass das Konto aufgelöst wurde, der am 10. März 2008 erstellte Kontoauszug Nr. alle bis dahin abzurechnenden Forderungen enthielt und nach dem angefügten Schreiben vom 11. März 2008 erkennbar abschließend war. Darüber hinausgehende Feststellungen kommen nicht in Betracht, sodass der Senat den Erklärungswert, der dem mit dem Schreiben vom 11. März 2008 übersandten Kontoauszug Nr. zukommt, selbst beurteilen kann (vgl. BGH, Urteil vom 25. September 1975 - VII ZR 179/73, BGHZ 65, 107, 112 und vom 24. Juni 1988 - V ZR 49/87, NJW 1988, 2878, 2879). Danach stellte dieser Kontoauszug aus der maßgeblichen objektiven Sicht der Schuldnerin den letzten Rechnungsabschluss der Beklagten über das beendete Kontokorrent dar. Jedenfalls im - hier vorliegenden - kaufmännischen Geschäftsverkehr ist eine Schlussabrechnung, die einer Kontoauflösung unmittelbar nachfolgt und alle wechselseitigen Forderungen bis zur Beendigung des Kontokorrents, insbesondere den anteiligen Betrag von Kontoführungsgebühren aus dem laufenden Quartal enthält, aus objektiver Sicht des Kontoinhabers als letzter Rechnungsabschluss der Bank anzusehen. Für die Annahme, es könne sich um einen einfachen Tagesauszug gehandelt haben, der lediglich als Postensaldo gelten soll, bestand angesichts der vollständigen Abrechnung des Kontokorrents und des den Kontoauszug begleitenden Schreibens vom 11. März 2008, in dem die Beendigung der gesamten Geschäftsbeziehung mitgeteilt wurde, kein Raum. Ein ordentlicher Periodenabschluss kam ohnehin nicht in Betracht, da das Kontokorrent mit Kontoauflösung während einer Abrechnungsperiode endete und der abschließende Saldo sofort fällig war, sodass ein Rechnungsabschluss - wie hier der Auszug Nr. - nur die bis zur Kontoauflösung angefallenen wechselseitigen Ansprüche erfassen konnte. Dementsprechend hat die Beklagte in dem Schreiben vom 11. März 2008 für den sich aus dem Rechnungsabschluss ergebenden Saldo Verzugszinsen und nicht mehr die vereinbarten Überziehungszinsen gefordert.
26
Im konkreten Fall tritt hinzu, dass die Beklagte den sich nach Rechnungsabschluss ergebenden Saldo an eine Inkassogesellschaft zediert, diese Zession in dem genannten Schreiben offen gelegt und danach ihre Forderung gegen die Schuldnerin als ausgeglichen gekennzeichnet hat. Daraus konnte die Schuldnerin als Kontoinhaberin zusätzlich erkennen, dass die Beklagte zur Feststellung des Saldos einen letzten Rechnungsabschluss aller in das Kontokorrent fallender Forderungen erstellen wollte.
27
Da für das Revisionsverfahren dem Vortrag der Beklagten folgend von einem Zugang des am 10. März 2008 erstellten Kontoauszuges spätestens am 14. März 2008 auszugehen ist, wäre die Genehmigungsfiktion für die streitigen Lastschriften mit Ablauf des 25. April 2008 und damit vor dem Widerruf des Klägers eingetreten.

III.

28
Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur abschließenden Entscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 ZPO).
Wiechers Joeres Maihold Matthias Pamp
Vorinstanzen:
LG Bonn, Entscheidung vom 03.03.2009 - 3 O 317/08 -
OLG Köln, Entscheidung vom 07.04.2010 - 13 U 57/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 58/11
Verkündet am:
1. Dezember 2011
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Erhebt der Schuldner gegen die Einziehung eines wiederkehrenden Sozialversicherungsbeitrags
innerhalb einer Überlegungsfrist von vierzehn Tagen ab Zugang
des Kontoauszugs, der die Abbuchung ausweist, keine Einwendungen, kann die
Zahlstelle davon ausgehen, dass die Lastschrift genehmigt ist.
BGH, Urteil vom 1. Dezember 2011 - IX ZR 58/11 - LG Hamburg
AG Hamburg-Barmbek
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. Dezember 2011 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die
Richter Raebel, Dr. Pape, Grupp und die Richterin Möhring

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Hamburg vom 25. März 2011 aufgehoben.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Barmbek vom 7. Oktober 2010 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten beider Rechtsmittel zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der F. GmbH (fortan: Schuldnerin). Diese unterhielt bei der G. eG (fortan: Bank) ein Girokonto, für das die Schuldnerin und die Bank einen vierteljährlichen Rechnungsabschluss vereinbart hatten. Der Geschäftsbeziehung zu der Schuldnerin lagen die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bank zugrunde.
2
Die beklagte Krankenkasse zog am 23. Dezember 2008 - wie schon in den Monaten zuvor ohne Beanstandungen der Schuldnerin - Sozialversiche- rungsbeiträge aufgrund der ihr erteilten Einzugsermächtigung vom Konto der Schuldnerin ein. Der Kontoabschluss für das vierte Quartal 2008, den die Bank am 30. Dezember 2008 erstellte, ging der Schuldnerin am 2. Januar 2009 zu. Am 19. Januar 2009 beantragte die Schuldnerin die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen. Hierauf bestellte das Insolvenzgericht den Kläger am 22. Januar 2009 zum vorläufigen Insolvenzverwalter und ordnete einen Zustimmungsvorbehalt an. Der Kläger informierte die Beklagte mit Schreiben vom 5. Februar 2009 über den Insolvenzantrag der Schuldnerin. Am 10. Februar 2009 erklärte er gegenüber der Bank die Genehmigung aller Abbuchungen vom Konto der Schuldnerin. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens focht er die genehmigten Leistungen vom 23. Dezember 2008 an und forderte die Beklagte zur Rückzahlung des eingezogenen Betrages von 877,19 € auf.
3
Das Amtsgericht hat die im Februar 2010 erhobene Anfechtungsklage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landgericht die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung verurteilt. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klagabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


4
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückweisung der Berufung.

I.


5
Das Berufungsgericht meint, die Klage sei begründet, der Kläger habe einen Anspruch auf Rückgewähr aus §§ 143, 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO. Es könne offenbleiben, ob die Genehmigung der Belastungsbuchung aufgrund des Ablaufs der Sechs-Wochen-Frist gemäß Nr. 7 Abs. 3 der AGB der Bank nach Zugang des Kontoabschlusses am 2. Januar 2009 eingetreten sei, oder ob sie durch die Genehmigungserklärung bewirkt worden sei, die der Kläger als vorläufiger Insolvenzverwalter mit Schreiben vom 10. Februar 2009 am 11. Februar 2009 gegenüber der kontoführenden Bank abgegeben habe. In jedem Fall sei sie nach Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und Kenntniserlangung der Beklagten von dem Insolvenzantrag der Schuldnerin erfolgt. Zwar komme eine konkludente Genehmigung zu einem früheren Zeitpunkt in Betracht, wenn der Lastschriftschuldner in Kenntnis der Belastung dieser nach Ablauf einer angemessenen Prüffrist nicht widerspreche und frühere Abbuchungen in vergleichbarer Höhe genehmigt habe. Von einem solchen Fall könne aber schon deshalb nicht ausgegangen werden, weil es zuvor im November 2008 nur eine Abbuchung in Höhe von 877,19 € gegeben habe. Im Übrigen hätten sich die Abbuchungen der Beklagten in einem Bereich zwischen 590 und 1.009 € bewegt.

II.


6
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
7
1. Rechtsfehlerfrei geht das Berufungsgericht davon aus, dass auf der Grundlage der für die streitige Lastschrift geltenden Genehmigungstheorie die im Einzugsermächtigungsverfahren erfolgte Lastschriftbuchung erst mit Genehmigung wirksam wird und dass neben einer Genehmigung der Lastschrift durch eine ausdrückliche Erklärung oder aufgrund der Genehmigungsfiktion nach den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bank auch eine konkludente Genehmigung in Betracht kommt (BGH, Urteil vom 20. Juli 2010 - XI ZR 236/07, BGHZ 186, 269 Rn. 48; vom 26. Oktober 2010 - IX ZR 562/07, ZInsO 2010, 2393 Rn. 11 ff; vom 25. Januar 2011 - XI ZR 171/09, ZIP 2011, 482 Rn. 11 ff; vom 25. Januar 2011 - IX ZR 172/09, BKR 2011, 127 Rn. 11 ff; vom 1. März 2011 - XI ZR 320/09, ZIP 2011, 826 Rn. 13 f; vom 3. Mai 2011 - XI ZR 152/09, ZInsO 2011, 1308 Rn. 9 ff; vom 26. Juli 2011 - XI ZR 197/10, ZInsO 2011, 1546 Rn. 11; vom 27. September 2011 - XI ZR 215/10, ZInsO 2011, 1980 Rn. 12). Nach dieser Rechtsprechung kann im unternehmerischen Geschäftsverkehr von einer konkludenten Genehmigung der Lastschriftbuchung dann ausgegangen werden, wenn es sich für die Zahlstelle erkennbar um regelmäßig wiederkehrende Lastschriften aus Dauerschuldverhältnissen, laufenden Geschäftsbeziehungen oder um den Einzug von wiederkehrenden Steuervorauszahlungen und Sozialversicherungsbeiträgen handelt. Erhebt der Schuldner in Kenntnis eines erneuten Lastschrifteneinzugs, der sich im Rahmen des bereits Genehmigten bewegt, nach Kenntnis der Belastung seines Kontos und Ablauf einer angemessenen Überlegungsfrist keine Einwendungen, so kann auf Seiten der Zahlstelle die berechtigte Erwartung entstehen, die neue Belastungsbuchung solle Bestand haben. Wird das Konto im unternehmerischen Geschäftsverkehr geführt, kann die Zahlstelle damit rechnen, dass Kontobewegungen zeitnah nachvollzogen und überprüft werden (vgl. zur Genehmigung der Lastschrift vom Konto eines Verbrauchers BGH, Urteil vom 3. Mai 2011, aaO Rn. 11).
8
Soweit die Revisionserwiderung meint, eine konkludente Genehmigung sei vorliegend ausgeschlossen, weil die Zahlstelle den Schuldner aufgefordert habe, etwaige Einwendungen gegen den Kontoabschluss binnen einer Frist von sechs Wochen geltend zu machen, so dass sie erst nach Ablauf dieser Frist das Verhalten des Schuldner als endgültige Genehmigung habe bewerten können , greift dieser Einwand nicht durch. Die vorliegend von der Bank in Nr. 7 Abs. 3 Satz 1 AGB verwendete Klausel verlangt, dass der Kunde „spätestens“ vor Ablauf von sechs Wochen seine Einwendungen gegen die Belastung erhebt. Die Regelung lässt damit die Möglichkeit eines früheren Widerspruchs ebenso zu wie eine frühere Genehmigung der Lastschrift. Dem Regelungszweck der Klausel, möglichst früh Klarheit über den endgültigen Bestand von Lastschriften zu haben, widerspräche es, ein Verhalten des Kontoinhabers, mit dem dieser erkennbar den Bestand einer Belastungsbuchung bestätigt, vor Ablauf von sechs Wochen seit Mitteilung des entsprechenden Rechnungsabschlusses nicht als konkludente Genehmigung einer Lastschriftbuchung anzusehen (vgl. BGH, Urteil vom 25. Januar 2011 - IX ZR 172/09, aaO Rn. 12 ff; vom 25. Januar 2011 - IX ZR 171/09, aaO Rn. 12 ff).
9
2. Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht auch insofern beachtet, als es davon ausgegangen ist, dass bei ständig wiederkehrenden Lastschriftabbuchungen von Sozialversicherungsbeiträgen grundsätzlich eine konkludente Genehmigung durch den Schuldner in Betracht kommt. Es hat sich bei seiner Entscheidung jedoch ausschließlich darauf beschränkt, die Höhe der Zahlungen aus den vergangenen Monaten miteinander zu vergleichen und aufgrund ihrer unterschiedlichen Höhe eine konkludente Genehmigung zu verneinen. Damit wird der gesamte Tatsachenstoff nicht ausgeschöpft.
10
a) Feststellungen des Berufungsgerichts zu einer konkludent erklärten Genehmigung sind als Ergebnis tatrichterlicher Auslegung im Revisionsverfahren nur beschränkt darauf überprüfbar, ob gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze oder Verfahrensvorschriften verletzt worden sind (BGH, Urteil vom 23. September 2009 - VIII ZR 300/08, NJW 2010, 1133 Rn. 12 mwN; vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 562/07, ZInsO 2010, 2393 Rn. 20). Zu untersuchen ist hierbei auch, ob alle erheblichen Umstände umfassend gewürdigt sind (BGH, Urteil vom 13. Januar 2009 - XI ZR 66/08, WM 2009, 402 Rn. 25; vom 26. Oktober 2010 aaO). Einer solchen Überprüfung halten die Ausführungen des Berufungsgerichts nicht Stand.
11
b) Schon die Auffassung des Berufungsgerichts, es müsse sich um eine Reihe gleichbleibender Zahlungen handeln, um eine konkludente Genehmigung annehmen zu können, ist mit der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht zu vereinbaren (vgl. zuletzt BGH, Urteil vom 27. September 2011 - XI ZR 328/09, WM 2011, 2259 Rn. 22; vom 25. Oktober 2011 - XI ZR 368/09, Rn. 13 z.V.b.). Nach dieser Rechtsprechung genügt es, dass sich die Lastschriftbuchung, um deren konkludente Genehmigung es geht, im Rahmen der bereits genehmigten Lastschrifteinzüge bewegt und sich nicht wesentlich von den vorherigen genehmigten Lastschriften unterscheidet. Werden fortlaufend Forderungen in unterschiedlicher Höhe im Rahmen von laufenden Geschäftsbeziehungen im unternehmerischen Verkehr mittels Lastschrift im Einzugsermächtigungsverfahren eingezogen, so kommt eine konkludente Genehmigung einer Lastschriftbuchung auch dann in Betracht, wenn sie sich innerhalb einer Schwankungsbreite von bereits zuvor genehmigten Lastschriftbuchungen bewegt oder diese nicht wesentlich über- oder unterschreitet (BGH,Urteil vom 27. September 2011, aaO). Entsprechendes gilt für die Einziehung von Sozialversicherungsbeiträgen , um die es vorliegend geht. Betrachtet man unter Be- rücksichtigung dieser Grundsätze die unbestritten gebliebene Aufstellung der Beklagten aus dem Schriftsatz vom 26. August 2010, die elf Zahlungen zwischen 590,82 € und 1.009,27 € ausweist, so handelt es sich um Beträge, die innerhalb einer rechtlich unerheblichen Schwankungsbreite liegen. Lässt man den Betrag von 1.009,27 € außer Acht, so liegen die einzelnen Zahlungsbeträge weniger als 300 € auseinander. Schon dies spricht für die Annahme, dass es sich um wiederkehrende Zahlungen handelt, denen der Schuldner nicht widersprochen hat und die sich in einem Bereich halten, der die Annahme einer konkludenten Genehmigung nahelegen kann. Für eine solche Genehmigung spricht ferner, dass die Beträge regelmäßig zum Monatsende in der Zeit zwischen dem 23. und 28. des Monats eingezogen worden sind, so dass sich der Bank der Eindruck periodisch wiederkehrender Beträge in annähernd gleicher Höhe aufdrängen musste.
12
Das Berufungsgericht lässt bei seiner Würdigung unberücksichtigt, dass es sich bei den eingezogenen Beträgen um solche gehandelt hat, deren Höhe jeweils vom Schuldner selbst aufgrund der Regelung des § 28f Abs. 3 SGB IV rechtsverbindlich gegenüber der Beklagten erklärt worden ist. Gerade im Hinblick auf diesen Gesichtspunkt kann bei einem unternehmerisch tätigen Schuldner erwartet werden, dass er die Belastungsbuchungen zeitnah überprüft und unverzüglich Widerspruch erhebt, sofern er feststellt, dass die Höhe der eingezogenen Beträge von seiner Anmeldung abweicht (vgl. BGH, Urteil vom 1. März 2011, aaO Rn. 13).
13
Bei einer Gesamtwürdigung dieser Umstände konnten weder der Kontoinhaber noch das kontoführende Kreditinstitut davon ausgehen, das Verhalten des Kontoinhabers werde vor Ablauf der Sechs-Wochen-Frist keine den Bestand der Lastschrift betreffenden Rechtsfolgen auslösen (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juli 2010, aaO Rn. 43; vom 26. Oktober 2010, aaO Rn. 17; vom 25. Januar 2011 - XI ZR 171/09, aaO Rn. 18). Für die Bank musste sich vielmehr der Eindruck aufdrängen, der Schuldner genehmige die Lastschrift, sofern er nicht innerhalb einer angemessenen Überlegungsfrist nach Zugang des Kontoauszugs Einwendungen gegen den Lastschrifteinzug erhob. Die konkludente Genehmigung kann deshalb allein wegen der unterschiedlichen Höhe der eingezogenen Beträge nicht verneint werden.

III.


14
Das Berufungsurteil ist demnach aufzuheben. Da die Aufhebung nur wegen Rechtsverletzung bei der Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO), hat der Senat in der Sache selbst zu entscheiden. Unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils ist die klagabweisende Entscheidung des Amtsgerichts wiederherzustellen.
15
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Bank bei monatlichen und im Wesentlichen gleich hohen Lastschriftabbuchungen vom Konto eines Verbrauchers in der Regel spätestens dann, wenn dieser bereits die Mitteilung von zwei Folgeabbuchungen erhalten hat, davon ausgehen, dass in Bezug auf die mindestens zwei Monate zurückliegende Abbuchung keine Einwendungen erhoben werden (BGH, Urteil vom 3. Mai 2011, aaO Rn. 12). Wie lang die Überlegungsfrist unternehmerisch tätiger Schuldner zu bemessen ist, ist bislang offen geblieben. Für diese ist es verkehrsüblich, dass sie Lastschriften , die typischerweise auf einer von ihnen selbst abgefassten sozialversicherungsrechtlichen Anmeldung beruhen, mit einer Überlegungsfrist von allen- falls vierzehn Tagen widersprechen. Ein solcher typischer Vorgang wird für die Schuldnerbank durch die Person des Gläubigers, die Spanne der Einziehungsbeträge und die regelmäßig wiederkehrenden Einziehungstermine erkennbar. Lässt der Schuldner diese Frist in Kenntnis der Abbuchung verstreichen, kann die Bank davon ausgehen, dass Einwendungen nicht mehr erhoben werden sollen. Dies gilt auch im vorliegenden Fall, in dem der Lastschrifteinzug auf der Anmeldung von Sozialversicherungsbeiträgen nach § 28f Abs. 3 SGB IV beruht.
16
Entgegen der von dem Kläger in der Revisionsverhandlung vertretenen Auffassung ist es ohne Bedeutung, dass die streitige Lastschrift bei Zugang des Rechnungsabschlusses für das vierte Quartal 2008 möglicherweise noch nicht genehmigt war. Es handelt sich um unterschiedliche Genehmigungsgegenstände ; dem Quartalsabschluss kann unbeschadet schon erfolgter Einzelgenehmigungen aus anderen Gründen widersprochen werden.
17
2. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass sämtliche Lastschriften regelmäßige Verbindlichkeiten der Schuldnerin bei der beklagten Krankenkasse betrafen, die bereits seit mehreren Monaten zu den gleichen Terminen eingezogen worden waren. Die Schuldnerin hatte in der Vergangenheit keiner dieser Lastschriften widersprochen. Nachdem es sich bei den von der Beklagten durch Lastschrift eingezogenen Beträgen um solche gehandelt hat, deren Höhe aufgrund der von der Schuldnerin selbst abgegebenen Meldungen bestimmt worden ist, kann davon ausgegangen werden, dass nach Ablauf von vierzehn Tagen seit Kenntnis der Abbuchung, die hier mit Zugang des Kontoabschlusses am 2. Januar 2009 vermittelt worden ist, ein Widerspruch der Schuldnerin nicht mehr zu erwarten war. Ein solcher Widerspruch ist bis zur Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung am 22. Januar 2009 nicht erfolgt. Der streitige Lastschrifteinzug der Beklagten war deshalb der Anfechtung nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO aufgrund der bereits vor Insolvenzantragstellung eingetretenen konkludenten Genehmigung entzogen. Der für das Vorliegen der Anfechtungsvoraussetzungen maßgebliche Genehmigungszeitpunkt lag vor der am 19. Januar 2009 erfolgten Antragstellung der Schuldnerin. Anhaltspunkte dafür, dass § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO oder andere Anfechtungstatbestände eingreifen könnten, gibt es nicht. Dass die Schuldnerin schon vor dem 19. Januar 2009 zahlungsunfähig war und die Beklagte hiervon Kenntnis hatte, hat der Kläger nicht vorgetragen.
Kayser Raebel Pape Grupp Möhring
Vorinstanzen:
AG Hamburg-Barmbek, Entscheidung vom 07.10.2010 - 822 C 66/10 -
LG Hamburg, Entscheidung vom 25.03.2011 - 303 S 17/10 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 39/11 Verkündet am:
3. April 2012
Weber,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Zur Frage einer konkludenten Genehmigung bereits gebuchter Einzugsermächtigungslastschriften
bei Zuführung neuer Liquidität durch den Schuldner (Fortführung
der Senatsurteile vom 26. Juli 2011 - XI ZR 36/10, NZI 2011, 679 Rn. 17 und
vom 25. Oktober 2011 - XI ZR 368/09, WM 2011, 2316 Rn. 15).

b) Zum Einwand der Deckungsanfechtung bei Genehmigung von Einzugsermächtigungslastschriften.
BGH, Urteil vom 3. April 2012 - XI ZR 39/11 - OLG München
LG München I
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. April 2012 durch den Vorsitzenden Richter Wiechers und die Richter
Dr. Ellenberger, Dr. Grüneberg, Maihold und Dr. Matthias

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 20. Dezember 2010 insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht zum Nachteil der Beklagten erkannt hat. Auf die Anschlussrevision des Klägers wird das Urteil weiter insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts München I, 22. Zivilkammer , vom 22. Januar 2009 in Höhe eines Betrages von 3.065,19 € nebst Zinsen zurückgewiesen hat. Die weitergehende Anschlussrevision des Klägers wird zurückgewiesen. Im Kostenpunkt wird das Urteil mit Ausnahme der Entscheidung zu den Kosten der beiden Nebenintervenientinnen aufgehoben. Der Kläger hat auch die weiteren außergerichtlichen Kosten der Nebenintervenientin zu 2) zu tragen. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die weiteren Kosten des Revisionsverfahrens - an den 17. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger begehrt als Insolvenzverwalter über das Vermögen der A. AG (im Folgenden: Schuldnerin) von der beklagten Bank die Auszahlung von Lastschriftbeträgen, die von einem bei der Beklagten geführten Girokonto der Schuldnerin im Wege des Einzugsermächtigungsverfahrens abgebucht worden sind.
2
Die Schuldnerin unterhielt bei der Beklagten ein Girokonto. Die dem Kontovertrag zugrunde liegenden damaligen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten (im Folgenden: AGB) sahen in Nr. 7 Abs. 1 AGB einen Rechnungsabschluss jeweils zum Ende eines Kalenderquartals vor. Nach Nr. 7 Abs. 3 AGB galt die Genehmigung einer Lastschriftbuchung spätestens als erteilt , wenn der Bankkunde nicht vor Ablauf von sechs Wochen nach Zugang eines von der Bank erteilten Rechnungsabschlusses, in dessen Saldo die Belastungsbuchung enthalten war, Einwendungen gegen diese erhob. Auf diese Genehmigungswirkung war bei Erteilung des Rechnungsabschlusses gesondert hinzuweisen.
3
Die Beklagte belastete das Girokonto der Schuldnerin zwischen dem 1. November 2007 und dem 7. Januar 2008 unter anderem mit Einzugslastschriften in der noch streitigen Höhe von 238.570,55 €. Sie erstellte einen auf den 31. Dezember 2007 datierten Rechnungsabschluss für das 4. Quartal 2007, der einen Hinweis auf die Genehmigungsfiktion nach Nr. 7 Abs. 3 AGB enthielt. Der von der Beklagten behauptete Zugang dieses Rechnungsabschlusses am 3. Januar 2008 ist streitig.
4
Am 7. Januar 2008 stellte die Schuldnerin Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Mit Beschluss vom selben Tag wurde der Kläger zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt über das Vermögen der Schuldnerin bestellt. Er zeigte der Beklagten mit Telefax vom 9. Januar 2008 seine Bestellung an und verlangte, die Konten der Schuldnerin mit sofortiger Wirkung für Lastschriften zu sperren. In diesem Schreiben lautet es u.a. weiter: "Unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 04.11.2004 (Az.: IX ZR 22/03, abgedruckt in …) bitte ich um eine Aufstellung der noch ungenehmigten Belastungsbuchungen aufgrund von Einzugsermächtigungen." Am 11. Januar 2008 antwortete die Beklagte darauf mit "Fehlanzeige". Am 26. März 2008 verweigerte der Kläger gegenüber der Beklagten seine "Zustimmung zu etwaigen Genehmigungen sämtlicher Lastschriften auf den vorgenannten Konten ab dem 01.11.2007 bis zum 07.01.2008", soweit diese Lastschriften im Wege des Einzugsermächtigungsverfahrens erfolgt seien, und bat um Auskehrung des sich ergebenden Guthabens. Am 1. April 2008 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Die Beklagte lehnte es ab, die streitigen Lastschriften zurückzubuchen und ein sich daraus ergebendes Guthaben an den Kläger auszuzahlen.
5
Die Klage auf Zahlung von 241.249,83 € nebst Zinsen ist vom Landgericht abgewiesen worden. Auf die Berufung des Klägers, der die Klage in Höhe von 2.679,28 € zurückgenommen hat, ist die Beklagte unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung zur Zahlung von 88.787,53 € nebst Zinsen verurteilt worden. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter, während der Kläger mit der Anschlussrevision seinen Zahlungsantrag aufrechterhält, soweit dieser erfolglos geblieben ist.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision der Beklagten ist begründet. Die Anschlussrevision des Klägers hat zu einem geringen Teil Erfolg. Die Rechtsmittel führen zur teilweisen Aufhebung des angefochtenen Urteils und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

7
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, die in WM 2011, 566 ff. veröffentlicht worden ist, im Wesentlichen ausgeführt:
8
In Höhe des zugesprochenen Betrages habe der Kläger den streitigen Lastschriftbuchungen wirksam widersprochen, sodass die Beklagte keinen Aufwendungsersatzanspruch nach § 670 BGB erworben habe. Die zugrunde liegenden Lastschriften seien nicht zuvor nach Nr. 7 Abs. 3 AGB genehmigt worden. Für Lastschriften, die ab dem 1. Januar 2008 gebucht worden seien, habe die Beklagte einen Rechnungsabschluss nicht behauptet. Dem Rechnungsabschluss für das 4. Quartal 2007 habe der Kläger in seinem Schreiben vom 9. Januar 2008 wirksam widersprochen. Daraus habe sich für die Beklagte erkennbar ergeben, dass der Kläger noch nicht genehmigte Lastschriften nicht mehr habe genehmigen wollen.
9
Einzahlungen oder Überweisungen der Schuldnerin auf das Girokonto belegten keine vorangehende Genehmigung, da ein Zusammenhang mit konkreten Lastschriften nicht ersichtlich sei. Eine rechtzeitige konkludente Genehmigung von Lastschriftbuchungen durch die Schuldnerin sei allerdings anzunehmen , soweit diesen regelmäßig wiederkehrende, nach Grund und Höhe vergleichbare und in der Vergangenheit bereits genehmigte Lastschriften aus laufenden Geschäftsbeziehungen zugrunde gelegen hätten und innerhalb einer den Umständen des Einzelfalls angepassten Prüfungs- und Überlegungsfrist, die in diesen Fällen in Anlehnung an § 121 BGB, § 377 HGB drei Bankarbeitstage betrage, keine Einwendungen erhoben worden seien. Soweit Lastschriften erkennbar auf eigenen Anmeldungen der Schuldnerin beruhten, wie vorliegend Beitragszahlungen zu Sozialversicherungen und Steuerzahlungen, habe die Beklagte im unternehmerischen Verkehr zudem erwarten können, dass die Schuldnerin auch eine erstmalige Lastschrift dieser Art innerhalb von drei Bankarbeitstagen auf ihre Übereinstimmung mit der Anmeldung prüfe.
10
Eine konkludente Genehmigung streitiger Lastschriftbuchungen scheide aus, soweit diese Überlegungsfrist bis zur Bestellung des Klägers zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt am 7. Januar 2008 bzw. bei Zugang des Telefax des Klägers vom 9. Januar 2008 noch nicht abgelaufen sei. Gleiches gelte auch im Rahmen einer laufenden Geschäftsbeziehung für Belastungsbuchungen , denen verschiedene Rechtsgründe oder einzelfallbezogene Anlässe mit unterschiedlichen Abbuchungsbeträgen zugrunde lägen, wie dies insbesondere bei Reisekosten der Fall sei. Hingegen gewährleiste bei Telefonkosten die Abrechnung nach einem einheitlichen Tarifwerk und aufgrund automatisierter Verbindungsdatenerfassung eine ausreichende Richtigkeitsgarantie, um für die Schuldnerbank erkennbar zu machen, dass Einwendungen gegen entsprechende Lastschriften nur binnen kurzer Überlegungsfrist erhoben würden.
11
Soweit nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für eine konkludente Genehmigung einzelner Lastschriften weiterhin sprechen könne, dass der Schuldner in Kenntnis laufender Abbuchungen durch konkrete Einzahlungen oder Überweisungen erst ausreichende Kontodeckung sichergestellt habe, ohne die die kontoführende Bank die Lastschriften nicht ausgeführt hätte, fehle Vortrag der Beklagten. Diese habe zwar für den streitbefangenen Zeitraum Umbuchungen der Schuldnerin von einem Geldmarktkonto auf das Girokonto dargelegt, dabei jedoch keinen Zusammenhang mit Lastschriften aufgezeigt, die nach ihrer Größenordnung oder gemäß einer Absprache Anlass für vorsorgliche Geldumbuchungen der Schuldnerin gewesen sein könnten.

II.

12
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
13
A. Revision der Beklagten
14
Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Mangels rechtsfehlerfreier Feststellungen zur konkludenten Genehmigung von Lastschriftbuchungen ist ungeklärt , ob ein Auszahlungsanspruch des Klägers infolge eines Widerspruchs gegen Lastschriften besteht.
15
1. Rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen , dass ein vorläufiger Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt in der Lage ist, die Genehmigung von Lastschriften zu verhindern, indem er entsprechenden Belastungsbuchungen widerspricht (siehe Senatsurteile vom 10. Juni 2008 - XI ZR 283/07, BGHZ 177, 69 Rn. 32 ff., vom 20. Juli 2010 - XI ZR 236/07, BGHZ 186, 269 Rn. 11, vom 23. November 2010 - XI ZR 370/08, WM 2011, 63 Rn. 13 und vom 25. Januar 2011 - XI ZR 171/09, WM 2011, 454 Rn. 11). Ein Widerspruch des Insolvenzverwalters bleibt indes wirkungslos, soweit zuvor Lastschriftbuchungen von dem Schuldner genehmigt worden sind (Senatsurteile vom 20. Juli 2010 - XI ZR 236/07, BGHZ 186, 269 Rn. 41 und vom 22. Februar 2011 - XI ZR 261/09, WM 2011, 688 Rn. 11).
16
2. Das Berufungsgericht hat aber rechtsfehlerhaft eine fingierte Genehmigung nach Nr. 7 Abs. 3 AGB mit der Begründung verneint, bereits das Telefax des Klägers vom 9. Januar 2008 sei als konkludenter Widerspruch gegen die streitigen Lastschriften auszulegen.
17
a) Die Annahme des Berufungsgerichts, mit der Bitte, alle noch nicht genehmigten Lastschriftbuchungen zusammenzustellen, habe der Kläger in schlüssiger Weise deren Genehmigung versagt, verstößt gegen Denkgesetze und ist deswegen revisionsrechtlich überprüfbar. Hätte nämlich der Kläger mit diesem Schreiben bereits sämtlichen Lastschriften widersprechen wollen, hätte es der von ihm erbetenen Aufstellung gerade nicht bedurft. Das hat auch die Beklagte, wie ihre Antwort "Fehlanzeige" erkennen lässt, tatsächlich nicht anders verstanden. Die gleichzeitige Aufforderung, die Konten der Schuldnerin für weitere Lastschriften mit sofortiger Wirkung zu sperren, begründet ebenfalls nur die Erwartung, der Kläger werde sich in vergleichbarer Weise noch dazu äußern , ob er bereits gebuchten Lastschriften die Genehmigung versage und deren Beseitigung fordere (vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 2007 - IX ZR 217/06, BGHZ 174, 84 Rn. 35).
18
Der Würdigung des Berufungsgerichts steht überdies der eigene Sachvortrag des Klägers entgegen, an dem er bis zu dem - ihm eine andere Sachverhaltswürdigung nahelegenden - richterlichen Hinweis vom 1. Juli 2009 festgehalten hat. Nach seiner Darstellung wollte er zur Vermeidung von Risiken für das Schuldnervermögen - etwa durch Nichtzahlung von Versicherungsprämien - anhand der von ihm erbetenen Aufstellung zunächst eine Einzelprüfung aller Lastschriftbuchungen vornehmen. Eine solche Einlassung einer Partei be- legt zwar nicht unmittelbar den Inhalt einer vorgerichtlich abgegebenen Erklärung , sie lässt aber - wie hier - Rückschlüsse auf den tatsächlichen Willen und das Verständnis im Zeitpunkt der Erklärung zu (vgl. BGH, Urteile vom 6. Juli 2005 - VIII ZR 136/04, WM 2005, 1895, 1897, vom 7. Dezember 2006 - VII ZR 166/05, WM 2007, 1293 Rn. 18 und vom 16. März 2009 - II ZR 68/08, WM 2009, 861 Rn. 16 mwN).
19
b) Nach dem Vortrag der Beklagten, von dem für die Revision auszugehen ist, hat die Schuldnerin den Rechnungsabschluss vom 31. Dezember 2007 noch im Januar 2008 erhalten. Da der Kläger nach den insoweit nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts einen ausdrücklichen Widerspruch erst in seinem Schreiben vom 26. März 2008 erklärt hat, wären für bis dahin ungenehmigte Lastschriften, deren Buchung in das 4. Quartal 2007 fällt, die Voraussetzungen der Genehmigungsfiktion nach Nr. 7 Abs. 3 AGB erfüllt, die auch gegenüber einem vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt wirkt (Senatsurteil vom 10. Juni 2008 - XI ZR 283/07, BGHZ 177, 69 Rn. 32 ff.; BGH, Urteil vom 30. September 2010 - IX ZR 178/09, WM 2010, 2023 Rn. 19).
20
3. Auf Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen hat das Berufungsgericht weiter rechtsfehlerhaft angenommen, die Lastschriften seien, soweit der Klage stattgegeben worden ist, nicht zuvor durch schlüssiges Verhalten der Schuldnerin genehmigt worden.
21
Tatrichterliche Feststellungen zu einer konkludent erklärten Genehmigung sind zwar im Revisionsverfahren nur beschränkt darauf überprüfbar, ob gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze oder Verfahrensvorschriften verletzt worden sind. Zu klären ist aber, ob alle erheblichen Umstände vom Tatrichter umfassend gewürdigt worden sind (Se- natsurteile vom 20. Juli 2010 - XI ZR 236/07, BGHZ 186, 269 Rn. 44, vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 562/07, WM 2010, 2307 Rn. 20 und vom 8. November 2011 - XI ZR 158/10, WM 2011, 2358 Rn. 15, jeweils mwN). Dieser Überprüfung halten die Ausführungen des Berufungsgerichtes nicht in vollem Umfang stand.
22
a) Zutreffend ist allerdings die Auffassung des Berufungsgerichts, die kontoführende Bank könne allein der weiteren Nutzung eines Girokontos nicht entnehmen, der Kontoinhaber billige vorausgehende Lastschriften und den um die früheren Lastschriftbuchungen geminderten Kontostand (vgl. Senatsurteile vom 20. Juli 2010 - XI ZR 236/07, BGHZ 186, 269 Rn. 45, 47, vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 562/07, WM 2010, 2307 Rn. 19, vom 23. November 2010 - XI ZR 370/08, WM 2011, 63 Rn. 17 und vom 8. November 2011 - XI ZR 158/10, WM 2011, 2358 Rn. 14).
23
b) Weiter hat das Berufungsgericht auf Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen eine konkludente Genehmigung der zugunsten der S. und der L. gebuchten streitigen Lastschriften rechtsfehlerfrei nicht bereits darin gesehen, dass es sich um regelmäßige, im Wesentlichen gleich hohe Lastschriften gehandelt hat. Aus der maßgeblichen Sicht der kontoführenden Bank können nämlich wiederkehrende Lastschriften aus Dauerschuldverhältnissen oder laufenden Geschäftsbeziehungen im unternehmerischen Verkehr nach Ablauf einer angemessenen Überlegungsfrist grundsätzlich nur dann die berechtigte Erwartung begründen, auch eine neue Belastungsbuchung solle Bestand haben, wenn sich diese innerhalb der Schwankungsbreite bereits zuvor genehmigter Lastschriftbuchungen bewegt oder diese nicht wesentlich über- oder unterschreitet (Senatsurteile vom 1. März 2011 - XI ZR 320/09, WM 2011, 743 Rn. 13, vom 27. September 2011 - XI ZR 328/09, WM 2011, 2259 Rn. 22, vom 25. Oktober 2011 - XI ZR 368/09, WM 2011, 2316 Rn. 13 und vom 8. November 2011 - XI ZR 158/10, WM 2011, 2358 Rn. 20 sowie BGH, Urteil vom 1. Dezember 2011 - IX ZR 58/11, WM 2012, 160 Rn. 11). Das trifft nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts für die hier fraglichen Buchungsvorgänge , die ohne erkennbare Regelmäßigkeit anlassbezogen anfielen, nicht zu.
24
c) Im Ergebnis nicht zu beanstanden ist, dass das Berufungsgericht eine konkludente Genehmigung der am 4. Januar 2008 gebuchten Lastschrift zugunsten der I. verneint hat, weil die - vom Berufungsgericht mit drei Bankarbeitstagen angenommene - angemessene Überlegungsfrist vor Eingang des Telefax des Klägers vom 9. Januar 2008 nicht verstrichen ist. Unabhängig von dessen Auslegung kannte die Beklagte damit die Bestellung des Klägers zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt. Danach kam auch aus ihrer Sicht eine konkludente Genehmigung von Lastschriftbuchungen durch die Schuldnerin nicht mehr in Betracht.
25
Der Schuldner kann ohne Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters Lastschriftbuchungen weder ausdrücklich noch konkludent genehmigen, da er nach der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters mit Zustimmungsvorbehalt nicht mehr allein verfügen kann (§ 24 Abs. 1, § 81 Abs. 1 InsO). Die Beklagte kann sich auf fehlende Kenntnis von dieser Verfügungsbeschränkung (§ 24 Abs. 1, § 82 InsO) jedenfalls seit deren Mitteilung im Telefax vom 9. Januar 2008 nicht berufen, sodass sie nach diesem Zeitpunkt für Leistungen an Lastschriftgläubiger keinen zulasten des Kontos der Schuldnerin wirkenden Aufwendungsersatzanspruch aufgrund deren - konkludenter - Genehmigung mehr erwerben konnte (vgl. dazu BGH, Urteil vom 15. Dezember 2005 - IX ZR 227/04, WM 2006, 194, 195; Obermüller/Kuder, Insolvenzrecht in der Bankpraxis , 8. Aufl., Rn. 3.728).
26
d) Rechtsfehlerhaft verneint das Berufungsgericht auf Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen hingegen konkludente Genehmigungen der im streitbefangenen Zeitraum zugunsten der B. und der At. gebuchten Lastschriften.
27
Zu Recht beanstandet die Revision die Auffassung des Berufungsgerichts , für die ab dem 4. Quartal 2007 regelmäßig wiederkehrenden Abbuchungen fehlten Darlegungen der Beklagten zu früheren Lastschriften in vergleichbarer Höhe. Da nicht Lastschriftbuchungen aus dem gesamten Quartal, sondern nur aus dem Zeitraum zwischen Anfang November 2007 und dem 7. Januar 2008 infrage stehen, reicht es aus, dass aus den betreffenden Buchungsgruppen die jeweils ersten Lastschriften vor dem streitigen Zeitraum eingezogen worden sind. Aus den vom Berufungsgericht für Anfang Oktober 2007 festgestellten Belastungsbuchungen ergibt sich, dass die Schuldnerin damals Lastschriften in vergleichbarer Höhe nicht widersprochen hat.
28
Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung ist nicht erforderlich, dass der erste Lastschrifteinzug auf Grundlage eines Rechnungsabschlusses nach Nr. 7 Abs. 3 AGB genehmigt worden ist. Sogar bei einem Verbraucher, bei dem anders als bei einem Unternehmer die kontoführende Bank nicht ohne weiteres von einer zeitnahen Überprüfung der Kontobewegungen ausgehen kann, ist bei monatlichen, im Wesentlichen gleich hohen und dem Kontoinhaber mitgeteilten Lastschriftbuchungen davon auszugehen, dass mindestens zwei Monate zurückliegende Abbuchungen nicht mehr beanstandet werden (Senat, Urteil vom 3. Mai 2011 - XI ZR 152/09, WM 2011, 1267 Rn. 12). Im hier vorliegenden unternehmerischen Geschäftsverkehr kann die kontoführende Bank weitergehend damit rechnen, dass die Kontobewegungen zeitnah nachvollzogen und überprüft werden (vgl. Senatsurteile vom 20. Juli 2010 - XI ZR 236/07, BGHZ 186, 269 Rn. 48 aE, vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 562/07, WM 2010, 2307 Rn. 21 und vom 3. Mai 2011 - XI ZR 152/09, WM 2011, 1267 Rn. 11). Damit kommt die jeweils Anfang Oktober 2007 gebuchte Lastschrift als Grundlage für konkludente Genehmigungen der auf denselben Dauerschuldverhältnissen beruhenden Lastschriften für November und Dezember 2007 in Betracht, soweit sie diese nicht wesentlich über- oder unterschritten hat.
29
e) Unabhängig davon hat das Berufungsgericht zur konkludenten Genehmigung aller Lastschriftbuchungen, für die es dem Kläger einen Auszahlungsanspruch zugesprochen hat, den Sachverhalt nicht ausgeschöpft. Zutreffend weist die Revision darauf hin, dass die von der Beklagten dargelegte laufende Überwachung der Kontoführung durch die Schuldnerin im fraglichen Zeitraum und die ihrer Behauptung nach in diesem Zusammenhang von der Schuldnerin dem Girokonto - zur Sicherstellung weiterer Dispositionen bzw. zur Vermeidung von Kontoüberziehungen - zugeführte Liquidität den Erklärungswert einer konkludenten Genehmigung haben können.
30
aa) Stellt der Schuldner in Kenntnis erfolgter Abbuchungen durch liquiditätsschaffende Maßnahmen ausreichende Kontodeckung für weitere Kontodispositionen sicher, kann ebenso wie bei einer Abstimmung von zukünftigen Kontoverfügungen mit der Bank aus deren Sicht der Schluss gerechtfertigt sein, bereits gebuchte Lastschriften würden Bestand haben, da sich der Kunde andernfalls auf leichterem Wege Liquidität hätte verschaffen können, indem er diesen seiner Ansicht nach unberechtigten Belastungsbuchungen widerspricht (vgl. Senatsurteile vom 23. November 2010 - XI ZR 370/08, WM 2011, 63 Rn. 20, vom 25. Januar 2011 - XI ZR 171/09, WM 2011, 454 Rn. 21 und vom 26. Juli 2011 - XI ZR 36/10, NZI 2011, 679 Rn. 16 f.). Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat, liegt eine konkludente Genehmigung durch Maßnahmen der Liquiditätsschaffung für vorausgegangene Abbuchungen dann nahe, wenn der Kontoinhaber aufgrund einer Absprache mit der kontofüh- renden Bank gehalten war, das betreffende Konto auf Guthabenbasis zu führen (Senatsurteile vom 26. Juli 2011 - XI ZR 36/10, NZI 2011, 679 Rn. 17 und vom 25. Oktober 2011 - XI ZR 368/09, WM 2011, 2316 Rn. 15).
31
bb) Nach dem mangels gegenteiliger Feststellungen revisionsrechtlich zu unterstellenden Vortrag der Beklagten hat die Schuldnerin immer dann, wenn eine Unterdeckung des Geschäftskontos drohte, Überweisungen von einem Geldmarktkonto vorgenommen. Das betrifft sieben sechsstellige Umbuchungen im 4. Quartal 2007 und eine sechsstellige Umbuchung am 7. Januar 2008. Diesem Umstand hat das Berufungsgericht mit dem Argument, die Umbuchungen hätten nach dem Vortrag der Beklagten in keinem betragsmäßig konkreten Zusammenhang mit künftigen Lastschriften gestanden, zu Unrecht keine Bedeutung beigemessen. Eines solchen Zusammenhanges bedarf es nämlich für die Annahme einer konkludenten Genehmigung von Belastungsbuchungen durch nachfolgende liquiditätsschaffende Umbuchungen nicht. Ausreichend ist vielmehr , dass das Schuldnerverhalten aus der objektiven Sicht der beklagten Bank frühere Lastschriften als genehmigt erscheinen lässt, weil der Schuldner gegebenenfalls durch einen Widerspruch eine - teilweise - Kontodeckung hätte sicherstellen können.
32
Durfte die Insolvenzschuldnerin, wie die Revision unter Hinweis auf Vortrag der Beklagten geltend macht, das bei der Beklagten unterhaltene Girokonto nur auf Guthabenbasis führen, dann musste sie die Buchungen täglich überwachen und negative Tagessalden sofort ausgleichen. Jedenfalls in dem hier gegebenen unternehmerischen Geschäftsverkehr kann in einem solchen Fall die von der Schuldnerin veranlasste Zuführung neuer Liquidität aus Sicht der Bank den objektiven Erklärungswert besitzen, die Schuldnerin habe bereits alle für sie günstigeren Möglichkeiten, einschließlich des Widerspruchs gegen voran- gehende Lastschriftbuchungen, geprüft und sei folglich mit den gebuchten Lastschriften einverstanden.
33
cc) Danach kann die konkludente Genehmigung von Lastschriftbuchungen mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht abschließend verneint werden. Ob die Schuldnerin die aus den vorgelegten Kontoauszügen ersichtlichen acht sechsstelligen Umbuchungen im Zeitraum November 2007 bis Januar 2008 vorgenommen hat, um weitere Kontodispositionen zu ermöglichen , insbesondere weil sie gehalten war, das Konto auf Guthabenbasis zu führen , und dies aus Sicht der Bank den objektiven Erklärungswert einer Genehmigung vorausgehender Lastschriften hat, ist vom Berufungsgericht auf Grundlage seiner Rechtsauffassung konsequent nicht geklärt worden.
34
B. Die Anschlussrevision des Klägers ist nur zu einem geringen Teil begründet.
35
1. Entgegen deren Auffassung scheidet ein Zahlungsanspruch des Klägers auf Grundlage einer Insolvenzanfechtung nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder § 132 Abs. 2 InsO aus Rechtsgründen aus.
36
a) Der Anspruch aus §§ 143, 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO richtet sich nicht gegen die Beklagte als Zahlungsmittlerin im Lastschriftverfahren.
37
aa) Gegner einer Anfechtung nach §§ 130, 131 InsO ist ein Insolvenzgläubiger , an den der Insolvenzschuldner geleistet hat (BGH, Urteile vom 29. November 2007 - IX ZR 121/06, BGHZ 174, 314 Rn. 14 und vom 29. September 2011 - IX ZR 202/10, WM 2012, 85 Rn. 11). Die Beklagte ist hingegen lediglich als Zahlstelle für die im Einzugsermächtigungsverfahren ausgeführten Lastschriften eingeschaltet worden und hat technisch die entsprechende Zu- wendung an die Gläubiger bewirkt. Die Beklagte war damit Zahlungsmittlerin, die sich darauf beschränkt hat, ihren Verpflichtungen aus dem Giro- bzw. Zahlungsdienstevertrag nachzukommen (vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 2007 - IX ZR 217/06, BGHZ 174, 84 Rn. 13; Obermüller/Kuder, Insolvenzrecht in der Bankpraxis, 8. Aufl. Rn. 3.680; Ellenberger in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 58 Rn. 53).
38
Bei Zahlung im Einzugsermächtigungsverfahren handelt es sich ebenso wie bei einer Banküberweisung um eine mittelbare Zuwendung des Schuldners, die insolvenzrechtlich zu behandeln ist, als habe die Bank als zwischengeschaltete Leistungsmittlerin an den Schuldner geleistet und dieser seinen Gläubiger befriedigt (vgl. BGH, Urteile vom 16. September 1999 - IX ZR 204/98, BGHZ 142, 284, 287 und vom 25. Oktober 2007 - IX ZR 217/06, BGHZ 174, 84 Rn. 13 und Rn. 44). Insoweit steht die vom Schuldner dem Gläubiger mittelbar gewährte Leistung, sofern sie für diesen als Schuldnerleistung erkennbar ist, anfechtungsrechtlich einer unmittelbaren gleich (BGH, Urteile vom 19. März 1998 - IX ZR 22/97, WM 1998, 968, 975, insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 138, 291 ff., vom 16. September 1999 - IX ZR 204/98, BGHZ 142, 284, 288, vom 23. Oktober 2003 - IX ZR 252/01, BGHZ 156, 350, 355 f., vom 29. November 2007 - IX ZR 121/06, BGHZ 174, 314 Rn. 14 und vom 6. Oktober 2009 - IX ZR 191/05, BGHZ 182, 317 Rn. 14). Leistungsempfänger und damit Anfechtungsgegner im Lastschrifteinzugsverfahren ist folglich der Gläubiger und nicht die Bank als Leistungsmittler, sodass die Deckungsanfechtung einer Lastschriftgenehmigung - entgegen der Auffassung der Anschlussrevision - auf das Rechtsverhältnis zum Lastschriftgläubiger beschränkt ist (vgl. BGH, Urteile vom 16. September 1999 - IX ZR 204/98, BGHZ 142, 284, 287 f., vom 25. Oktober 2007 - IX ZR 217/06, BGHZ 174, 84 Rn. 44 und vom 29. November 2007 - IX ZR 121/06, BGHZ 174, 314 Rn. 14).
39
bb) Aus der von der Anschlussrevision in Anspruch genommenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 19. März 1998 (IX ZR 22/97, WM 1998, 968, 975) ergibt sich nichts anderes. Dort war durch eine Überweisung der Zahlstelle nicht nur eine Leistung der Schuldnerin an den Empfänger bewirkt, sondern zugleich eine Schuld des Empfängers aus einem Kreditverhältnis mit der als Zahlstelle fungierenden Bank getilgt worden. Damit hatte die Zahlstelle ihrerseits durch eine mittelbare Zuwendung einen eigenen anfechtbaren wirtschaftlichen Vorteil erlangt. Demgegenüber hat sich die Beklagte im vorliegenden Fall auf ihre Funktion als Zahlstelle beschränkt und deshalb durch die Genehmigung der Lastschriften nur einen dem Zahlungsbetrag entsprechenden Aufwendungsersatzanspruch nach § 670 BGB gegen die Schuldnerin erworben (vgl. BGH, Urteil vom 16. September 1999 - IX ZR 204/98, BGHZ 142, 284, 289; Uhlenbruck/Hirte, Insolvenzordnung, 13. Aufl., § 129 Rn. 87 f.; MünchKommInsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 129 Rn. 49 f.).
40
b) Entgegen der Ansicht der Anschlussrevision findet auf die vorliegenden Zahlungsvorgänge § 132 Abs. 2 InsO keine Anwendung. Die Vorschrift soll als Auffangtatbestand Anfechtungslagen regeln, die nicht bereits von den §§ 130, 131 InsO erfasst sind (Andres/Leithaus, Insolvenzordnung, 2. Aufl., § 132 Rn. 1; MünchKommInsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 132 Rn. 5; Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, InsO, Bearb. 11/2008, § 132 Rn. 41; Uhlenbruck/Hirte, Insolvenzordnung, 13. Aufl., § 132 Rn. 12). Deswegen wird § 132 Abs. 2 InsO von den §§ 130, 131 InsO verdrängt, soweit die Deckungshandlung der Sicherung oder Befriedigung eines Insolvenzgläubigers dient (FK-InsO/Dauernheim, 5. Aufl., § 132 Rn. 2; Henckel, Insolvenzanfechtung, § 132 Rn. 6; Uhlenbruck/ Hirte, Insolvenzordnung, 13. Aufl., § 129 Rn. 87; Lind in Cranshaw/Paulus/ Michel, Bankenkommentar zum Insolvenzrecht, § 132 InsO Rn. 1; LSZ-Zeuner, InsO, 3. Aufl., § 132 Rn. 2; MünchKommInsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 129 Rn. 49, § 132 Rn. 5 und Rn. 20; Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, InsO, Bearb.
11/2008, § 132 Rn. 8 Rn. 42). Die kontoführende Bank, die sich auf ihre Funktion als Zahlstelle im Einzugsermächtigungslastschriftverfahren beschränkt, wickelt - wie hier die Beklagte - Leistungen des Insolvenzschuldners an Insolvenzgläubiger ab, die diesen gegenüber nach §§ 130, 131 InsO anfechtbar sein können. Sie ist deswegen als Zahlungsmittler auch nach § 132 Abs. 2 InsO keiner Anfechtung ausgesetzt.
41
c) Auf die Frage, ob in den Vorinstanzen ausreichend zu den tatsächlichen Voraussetzungen der §§ 130, 132 InsO vorgetragen worden ist, und die Verfahrensrüge der Anschlussrevision, das Berufungsgericht hätte andernfalls dem Kläger gemäß § 139 ZPO einen entsprechenden Hinweis erteilen müssen, kommt es somit nicht an.
42
2. Das Berufungsgericht hat es entgegen der Ansicht der Anschlussrevision in nicht zu beanstandender tatrichterlicher Würdigung im vorliegenden Fall für die Annahme einer konkludenten Genehmigung genügen lassen, dass die Schuldnerin in laufender Geschäftsbeziehung regelmäßig wiederkehrenden oder auf eigenen Anmeldungen beruhenden Lastschriften nicht innerhalb einer Überlegungsfrist von drei Bankarbeitstagen widersprochen hat.
43
a) Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass es sich bei der angemessenen Überlegungsfrist, nach deren Ablauf eine konkludente Genehmigung von Lastschriftbuchungen durch den Schuldner in Betracht kommt, nicht um einen starren Zeitraum handelt, sondern um eine nach den Umständen des konkreten Einzelfalls zu beurteilende Prüffrist (vgl. Ellenberger in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 58 Rn. 84; Gantenberg/Grochowski, EWiR 2011, 191, 192), nach deren Ablauf die kontoführende Bank damit rechnen kann, der Schuldner habe anhand ihm vorliegender Kontoauszüge die Lastschriftbuchungen auf ihre sachliche Richtigkeit kon- trolliert (vgl. Senatsurteil vom 1. März 2011 - XI ZR 320/09, WM 2011, 743 Rn. 13).
44
aa) Die Auffassung des Berufungsgerichts, im konkreten Fall erscheine aus Sicht der Beklagten unter Berücksichtigung der im unternehmerischen Verkehr der Schuldnerin erfolgten Buchungsvorgänge ein Zeitraum von drei Bankarbeitstagen für die Prüfung der streitigen Lastschriften angemessen, ist als tatrichterliche Würdigung revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Dabei ist die von der Anschlussrevision gerügte Bezugnahme des Berufungsgerichts auf § 121 BGB, § 377 HGB nicht entscheidend. Das Berufungsgericht hat nämlich diese Normen nicht unmittelbar angewandt, sondern lediglich auf Wertungen zurückgegriffen, die in anderem Zusammenhang Obliegenheiten zu einer zeitnahen Anspruchsprüfung zeitlich konkretisieren. Nach Nr. 11 Abs. 4 AGB ist ein Kontoinhaber gehalten, Kontoauszüge laufend zu prüfen und Einwendungen unverzüglich geltend zu machen, womit die Klausel nach allgemeinem Verständnis eine bereits aufgrund der §§ 242, 254 BGB bestehende allgemeine Obliegenheit des Bankkunden umfasst (Senatsurteil vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 562/07, WM 2010, 2307 Rn. 17; vgl. Bunte in Schimansky/Bunte/ Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 16 Rn. 28 mwN). Die vom Berufungsgericht aus der Perspektive der kontoführenden Bank mit drei Bankarbeitstagen bemessene Prüffrist ist - entgegen der Auffassung der Anschlussrevision - aus revisionsrechtlicher Sicht als Würdigung im Einzelfall nicht unangemessen knapp und verstößt nicht gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungsgrundsätze. Da bei regelmäßig wiederkehrenden Lastschriften in vergleichbarer Höhe aus Dauerschuldverhältnissen oder laufenden Geschäftsbeziehungen für die Folgebuchungen erkennbar keine Grundsatzprüfung ihrer sachlichen Berechtigung mehr erforderlich ist, sondern der Schuldner lediglich den Empfänger und gegebenenfalls die sich innerhalb einer bestimmten Größenordnung haltende Höhe des Lastschriftbetrages im Blick haben muss, be- ruht die vom Berufungsgericht für den kaufmännischen Geschäftsverkehr der Schuldnerin im konkreten Fall angenommene Überlegungsfrist nicht auf sachfremden Erwägungen.
45
bb) Wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, ist dabei ohne Bedeutung, ob die Schuldnerin innerhalb dieser Überlegungsfrist die betroffenen Kontobewegungen tatsächlich überprüft hat, da eine kontoführende Bank jedenfalls im hier gegebenen unternehmerischen Geschäftsverkehr aus objektiver Sicht damit rechnen kann, dass Kontobewegungen vom Schuldner zeitnah nachvollzogen und überprüft werden (Senatsurteil vom 1. März 2011 - XI ZR 320/09, WM 2011, 743 Rn. 13).
46
b) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht weiter angenommen, Lastschriften , denen von der Schuldnerin selbst angemeldete Forderungen zugrunde gelegen hätten, seien aus Sicht der Beklagten nach Ablauf einer Überlegungsfrist von drei Bankarbeitstagen auch dann als konkludent genehmigt anzusehen , wenn sich diese Lastschriften nicht in derselben Größenordnung wie bereits früher gebuchte bewegten.
47
Beruhen Lastschriftbuchungen erkennbar auf Zahlungspflichten, deren variierende Höhe - wie bei den hier betroffenen Sozialversicherungsbeiträgen und Steuerzahlungen - der Schuldner gegenüber der für die Einziehung zuständigen Stelle erklärt hat, besteht aus Sicht der kontoführenden Bank für den Schuldner nicht die Notwendigkeit zu einer umfassenden Überprüfung. Da diesen Buchungen eine konkrete Anmeldung des Schuldners zugrunde liegt, kommt eine konkludente Genehmigung auch dann in Betracht, wenn sich die einzelnen Beträge nicht innerhalb der Schwankungsbreite vorangegangener Lastschriftbuchungen bewegen. Aus objektiver Sicht kann bei vom Schuldner angemeldeten Forderungen nämlich die berechtigte Erwartung bestehen, es bestünden regelmäßig keine Bedenken gegen die materielle Berechtigung der angemeldeten Forderungen und der Schuldner werde unverzüglich Widerspruch erheben, sofern er feststellen sollte, dass die eingezogenen Beträge oder der Zahlungsempfänger von seiner Anmeldung abweicht (vgl. BGH, Urteil vom 1. Dezember 2011 - IX ZR 58/11, WM 2012, 160 Rn. 12; FG Münster, ZIP 2011, 2212, 2213 f.; Gantenberg/Grochowski, EWiR 2011, 191, 192).
48
Im unternehmerischen Geschäftsverkehr erfordert in einem solchen Fall die unverzügliche Prüfung allenfalls vierzehn Tage (BGH, Urteil vom 1. Dezember 2011 - IX ZR 58/11, WM 2012, 160 Rn. 15). Wenn das Tatsachengericht - wie hier - aufgrund einer Würdigung der konkreten Umstände aus Sicht der kontoführenden Bank eine kürzere Frist für ausreichend ansieht, so liegt dem ebenfalls kein Verstoß gegen Denkgesetze oder Erfahrungsgrundsätze zugrunde.
49
c) Entgegen der Auffassung der Anschlussrevision hat das Berufungsgericht weiter rechtsfehlerfrei eine konkludente Genehmigung von Lastschriften für Telekommunikationsleistungen, hier von T. und V. , angenommen. Nach den tatrichterlichen Feststellungen handelt es sich um regelmäßig wiederkehrende Abbuchungen aus laufenden Geschäftsbeziehungen , denen die Schuldnerin bereits in der Vergangenheit nicht widersprochen hat. Soweit sich diese Belastungsbuchungen nicht ohnehin innerhalb einer Schwankungsbreite zuvor genehmigter Lastschriftbuchungen bewegt oder diese nicht wesentlich über- oder unterschritten haben (vgl. dazu Senatsurteil vom 8. November 2011 - XI ZR 158/10, WM 2011, 2358 Rn. 20 mwN), rechtfertigt die unangegriffene tatrichterliche Feststellung, es handele sich bei Telefonkosten um Beträge, die aus einem einheitlichen Tarifwerk folgten und bei denen aufgrund der automatisierten Erfassungsweise regelmäßig keine detaillierte Einzelprüfung erforderlich sei, aus Sicht der Beklagten die Erwartung, die Schuldnerin werde solchen Buchungen ebenfalls binnen kurzer Überlegungsfrist widersprechen. Dass diese Würdigung durch das Berufungsgericht gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungsgrundsätze verstoßen würde, legt die Anschlussrevision nicht dar und ist auch sonst nicht ersichtlich.
50
3. Ohne Erfolg beanstandet die Anschlussrevision, das Berufungsgericht habe eine konkludente Genehmigung regelmäßiger Lastschriften zugunsten der W. angenommen, obwohl in den der Schuldnerin erteilten Kontoauszügen ein Lastschriftgläubiger nicht namentlich angegeben gewesen sei. Nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts war eine entsprechende Zuordnung dieser Lastschriften beiden Parteien im Verfahren unproblematisch möglich. Weshalb diese Zuordnung der Beklagten - oder gar der Schuldnerin - nicht schon zum Buchungszeitpunkt möglich gewesen sein sollte, zeigt die Anschlussrevision nicht auf.
51
4. Keinen Bestand hat das Berufungsurteil auf Grundlage bisher getroffener Feststellungen hingegen zur konkludenten Genehmigung von Lastschriften , die am 2. Januar 2008 gebucht worden sind, da die für deren Prüfung vom Berufungsgericht mit drei Bankarbeitstagen angenommene Frist möglicherweise nicht verstrichen war, bevor die Beklagte Kenntnis von der Anordnung des Zustimmungsvorbehalts erlangt hat. Nach Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters mit Zustimmungsvorbehalt kann der Insolvenzschuldner nicht mehr allein verfügen (§ 21 Abs. 2 Nr. 2, § 24 Abs. 1, § 81 Abs. 1 Satz 1 InsO), sodass er ohne Zustimmung des Verwalters Lastschriftbuchungen weder ausdrücklich noch konkludent genehmigen kann. Zwar kann sich die kontoführende Bank auf den Schutz von § 24 Abs. 1, § 82 InsO berufen, solange ihr diese Verfügungsbeschränkung unbekannt ist (vgl. BGH, Urteil vom 15. Dezember 2005 - IX ZR 227/04, WM 2006, 194, 195; Obermüller/Kuder, Insolvenzrecht in der Bankpraxis, 8. Aufl. Rn. 3.728). Feststellungen dazu, ob die Beklagte erst durch das Telefax vom 9. Januar 2008 oder zu einem früheren Zeitpunkt von der Verfügungsbeschränkung der Schuldnerin Kenntnis erlangt hat, hat das Berufungsgericht aber nicht getroffen. Damit ist ungeklärt, ob hinsichtlich der am 2. Januar 2008 ausgeführten Lastschriften die vom Berufungsgericht angesetzte Überlegungsfrist gewahrt worden ist. Im Einzelnen handelt es sich um die Buchungen zugunsten der Al. in Höhe von 416 €, des Ve. in Höhe von 470,34 €, des U. in Höhe von 640 €, der W. in Höhe von 475,05 €, der V. in Höhe von 42,09 €, 57,66 €, 64,46 € und 301,09 € sowie der K. in Höhe von 598,50 €. Deswegen hätte das Berufungsgericht in Höhe eines Gesamtbetrags von 3.065,19 € mit der von ihm gegebenen Begründung die Zahlungsklage nicht abweisen dürfen.
52
5. Die von der Anschlussrevision in der mündlichen Verhandlung aufgeworfene Frage, ob der Kläger eine Genehmigungsfiktion nach Nr. 7 Abs. 3 AGB wegen eines Irrtums über die Rechtslage wirksam angefochten hätte, bedarf keiner Klärung, da das Berufungsurteil nicht auf eine fiktive Genehmigung gestützt ist und deren tatsächliche Voraussetzungen ebenso wie die einer irrtumsbedingten Anfechtung nicht geklärt sind.

III.

53
Das Berufungsurteil ist danach im vorbezeichneten Umfang aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO).
54
1. Da weitere tatsächliche Feststellungen zu den Umständen der Zuführung von Liquidität auf dem Schuldnerkonto erforderlich sind und den Parteien hierzu im weiteren Verfahren Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben sein wird, ist die Sache nicht zur abschließenden Entscheidung reif. Sie ist deswegen im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
55
Das gilt auch für Lastschriften in einer Gesamthöhe von 3.065,19 €, die das Berufungsgericht auf Grundlage seiner Feststellungen rechtsfehlerhaft als genehmigt angesehen hat. Zwar ist insoweit - wie oben dargestellt - bislang ungeklärt , ob eine der Schuldnerin zukommende angemessene Überlegungsfrist bis zur Kenntniserlangung der Beklagten von der Bestellung des Klägers zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt verstrichen ist. Darauf kommt es jedoch nicht an, wenn nach Bareinzahlungen oder - wie hier von der Beklagten vorgetragen - Umbuchungen des Schuldners, um das Konto vereinbarungsgemäß im Guthaben zu führen oder künftige Kontodispositionen zu ermöglichen, eine nachfolgende Prüfung bereits gebuchter Lastschriften nicht zu erwarten ist. Hat nämlich der Schuldner unter Berücksichtigung des konkreten Kontostands aktiv Liquidität zugeführt, kann jedenfalls im unternehmerischen Verkehr die berechtigte Erwartung der Bank begründet sein, er habe bereits vor Bereitstellung frischen Geldes den für ihn vorteilhafteren Widerspruch gegen ältere Buchungen geprüft.
56
2. Im weiteren Verfahren besteht Gelegenheit, die fehlende Begründung zu der Lastschrift vom 7. Dezember 2007 in Höhe von 463 € zugunsten des F. nachzuholen, die anders als eine gleich hohe, am 6. Dezember 2007 gebuchte und sogleich stornierte Lastschrift nicht von der teilweisen Klagerücknahme erfasst worden ist. Weiter können Unklarheiten bei der Buchung vom 15. November 2006 zugunsten von T. (1.138,37 € oder 1.139,72 €) und bei der Summe der Telekommunikationskosten (6.790,73 € oder 6.791,28 €) ausgeräumt werden.
57
3. Der Senat hat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht.

Wiechers Ellenberger Grüneberg Maihold Matthias

Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 22.01.2009 - 22 O 12551/08 -
OLG München, Entscheidung vom 20.12.2010 - 19 U 2126/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 219/10 Verkündet am:
28. Juni 2012
Kluckow
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Bucht die Schuldnerbank nach Widerspruch eines alleinhandelnden (starken) vorläufigen Insolvenzverwalters eine Lastschrift
zurück, die der Schuldner bereits vor Auferlegung des allgemeinen Verfügungsverbots genehmigt hatte, so kann
der betroffene Gläubiger aus der Insolvenzmasse keine nochmalige Zahlung verlangen. Den überhöhten Forderungsausweis
gegenüber seiner Bank nach unwirksamer Lastschriftrückbuchung hat der Schuldner nicht auf Kosten des
Gläubigers erlangt. Diesem bleibt es überlassen, gegenüber seiner Bank die fehlerhafte Kontenberichtigung rückgängig
zu machen (im Anschluss an BGHZ 186, 242 Rn. 30).
Der Rückgabeanspruch des Leasinggebers ist auch dann nur eine Insolvenzforderung, wenn der Schuldner oder der
starke vorläufige Insolvenzverwalter aufgrund gerichtlicher Ermächtigung während des Verfahrens zur Eröffnung der
Insolvenz über das Vermögen des Leasingnehmers Leasinggut zur Fortführung des Schuldnerunternehmens eingesetzt
haben. Dasselbe gilt für einen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der Rückgabepflicht.

a) Setzen der Schuldner oder ein starker vorläufiger Insolvenzverwalter über sein Vermögen bisher geleaste Gegenstände
aufgrund insolvenzgerichtlicher Ermächtigung bis zur Entscheidung über den Insolvenzantrag zur Fortführung
des Schuldnerunternehmens ein, so hat der Eigentümer zu beweisen, dass nach Rückerhalt festgestellte Schäden
während des hoheitlich begründeten Nutzungsverhältnisses entstanden sind, wenn er nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens
über das Vermögen des vormaligen Leasingnehmers einen Entschädigungsanspruch für den dadurch erlittenen
Wertverlust gegen die Insolvenzmasse erhebt.

b) Der Nutzer ist verpflichtet, zu Beginn des durch die Ermächtigung des Insolvenzgerichts begründeten Nutzungsverhältnisses
den Zustand des weiter genutzten vormaligen Leasinggutes festzuhalten.

c) Verletzt der insolvenzgerichtlich ermächtigte Nutzer seine Pflicht, den Zustand der genutzten Sachen festzuhalten, ist
dem durch eine Beweiserleichterung zugunsten des Eigentümers Rechnung zu tragen, wenn der Nutzer in diesem
Fall bestreitet, dass Schäden während des hoheitlich begründeten Nutzungsverhältnisses entstanden sind.
BGH, Urteil vom 28. Juni 2012 - IX ZR 219/10 - OLG Celle
LG Hildesheim
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 28. Juni 2012 durch die Richter Vill, Raebel, Dr. Pape, Grupp und die Richterin
Möhring

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 28. Oktober 2010 aufgehoben, soweit zu seinem Nachteil erkannt worden ist.
Die Berufung der Klägerin gegen das Teilurteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Hildesheim vom 30. Juni 2009 wird zurückgewiesen.
Im Umfang der weitergehenden Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die R. GmbH hatte bei der Klägerin zahlreiche Kraftfahrzeuge geleast. Am 5. Februar 2008 zog die Klägerin für 176 Verträge im Einzugsermächtigungsverfahren Leasingraten von zusammen 268.085,64 € durch Lastschrift von einem Bankkonto der Leasingnehmerin ein. Am 28. Februar 2008 erfuhr die Klägerin von Zahlungsschwierigkeiten der Leasingnehmerin und kündigte sämtliche Verträge fristlos. Am 5. März 2008 beantragte die Leasingnehmerin die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Das Insolvenzgericht erlegte ihr noch am selben Tag ein allgemeines Verfügungsverbot auf, bestellte den späteren Beklagten zum (starken) vorläufigen Insolvenzverwalter , beauftragte ihn mit der Fortführung des Unternehmens und ordnete neben einem Vollstreckungsverbot an, dass bewegliche Sachen und Forderungen , an denen bei Verfahrenseröffnung ein Absonderungsrecht bestehe oder deren Aussonderung verlangt werden könne, von der Gläubigerin nicht verwertet oder eingezogen, sondern zur Fortführung des Unternehmens der Antragstellerin eingesetzt werden durften, soweit sie hierfür von erheblicher Bedeutung waren.
2
Der Beklagte widersprach als vorläufiger Insolvenzverwalter den Lastschriftbuchungen vom 5. Februar 2008, die der Klägerin infolgedessen am 17. März 2008 rückbelastet wurden. In dieser Zeit korrespondierte der Beklagte als vorläufiger Insolvenzverwalter mit der Klägerin außerdem wegen der Bedingungen einer weiteren Nutzung von 37 Sattelzugmaschinen des bisher geleasten Fahrzeugbestandes während des Eröffnungsverfahrens. Die Klägerin erklärte sich schließlich mit der angebotenen Nutzungsentschädigung von zwei Dritteln der vertraglichen Leasingraten einverstanden und verlangte die Rückgabe der Fahrzeuge nach Nutzungsende mit allen Papieren und Schlüsseln an ihre Gebrauchtwagenzentrale in Hildesheim.
3
Am 1. Mai 2008 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Leasingnehmerin eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter ernannt, welcher sogleich die Masseunzulänglichkeit anzeigte. Die Klägerin ließ ab Mitte Mai 2008 durch ein beauftragtes Unternehmen zum Preise von 12.395 € netto die vom vorläufigen Insolvenzverwalter weiter genutzten Zugmaschinen sicher stellen, da eine Rückgabe bis dahin unterblieben war. Nach dem Rückerhalt stellte die Klägerin Schäden an den Zugmaschinen fest, die sie mit 121.610 € bezifferte und auf die Nutzung durch den Beklagten als vorläufigen Insolvenzverwalter zurückführte.
4
Wegen der genannten Lastschriftrückbuchung, der Sicherstellungskosten und der behaupteten Schäden an den vom vorläufigen Insolvenzverwalter weiter genutzten 37 Sattelzugmaschinen nimmt die Klägerin die Insolvenzmasse ihrer vormaligen Leasingnehmerin als Massegläubigerin in Anspruch. Das Landgericht hat die Klage durch Teil- und Schlussurteil insgesamt abgewiesen. Auf entsprechenden Hilfsantrag der Klägerin hat das Oberlandesgericht festgestellt , dass der Klägerin in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der vormaligen Leasingnehmerin eine Masseforderung von 402.090,64 € zustehe. Hiergegen wendet sich die vom Senat zugelassene Revision des beklagten Insolvenzverwalters.

Entscheidungsgründe:


5
Die Revision des Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Zurückweisung der klägerischen Berufung gegen das landgerichtliche Teilurteil, durch das die Klage wegen der Rückbuchung der eingezogenen Leasingraten und der aufgewendeten Sicherstellungskosten von 12.395 € nebst Zinsen abgewiesen worden ist. Im Übrigen ist die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, um den Sachverhalt zu dem Ersatzanspruch der Klägerin für die nach Rückerhalt festgestellten Fahrzeugschäden weiter aufzuklären.

I.


6
Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Masse wegen Rückbuchung der Lastschriften.
7
1. Das Berufungsgericht hat der Klägerin einen Zahlungsanspruch auf Erstattung der zurückgebuchten Leasingraten gegen die Masse gemäß § 826 BGB zuerkannt. Die Insolvenzschuldnerin habe diese Lastschriften bereits durch schlüssiges Verhalten genehmigt gehabt, als der vorläufige Insolvenzverwalter ihnen widersprach. Zur Anfechtung sei der Beklagte nicht befugt gewesen , weil es sich um kongruente Bardeckungen nach den §§ 130, 142 InsO gehandelt habe. Für den Tatbestand der Vorsatzanfechtung sei nichts dargetan. Das hält rechtlicher Prüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.
8
2. Nicht zu beanstanden ist allerdings die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, dass die Leasingnehmerin schon vor Auferlegung des allgemeinen Verfügungsverbots am 5. März 2008 den Lastschrifteinzug der Leasingraten vom 5. Februar 2008 durch schlüssiges Verhalten genehmigt hatte, so dass der Widerspruch des vorläufigen Insolvenzverwalters wirkungslos bleibt (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juli 2010 - XI ZR 236/07, BGHZ 186, 269 Rn. 41). Im unternehmerischen Geschäftsverkehr darf die Schuldnerbank eine schlüssige Genehmigung regelmäßig wiederkehrender Lastschriften aus Dauerschuldverhältnissen eines Kunden bereits nach Ablauf von zwei Wochen annehmen. Das gilt nicht nur für Sozialversicherungsbeiträge oder andere Zahlungen, die typischerweise auf einer von dem Schuldner selbst abgegebenen Anmeldung beruhen (vgl. dazu BGH, Urteil vom 1. Dezember 2011 - IX ZR 58/11, WM 2012, 160 Rn. 15). Denn auch beim Lastschrifteinzug namhafter monatlicher Geschäftsraummieten oder Leasingraten - wie hier - wird von Firmenkunden im Bankverkehr mit einer kurzfristigen Überprüfung der Buchungen gerechnet (BGH, Urteile vom 27. September 2011 - XI ZR 215/10, ZInsO 2011, 1980 Rn. 17; - XI ZR 328/09, WM 2011, 2259 Rn. 15 f).
9
Mit diesem objektiven Tatbestand hat das Berufungsgericht jedoch noch nicht die Voraussetzungen einer vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung der Klägerin festgestellt, derentwegen es die Masse zu Schadensersatzzahlungen verpflichtet hat. Die vom XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs noch in seinem Urteil vom 10. Juni 2008 (XI ZR 283/07, BGHZ 177, 69 Rn. 17, 19) bei schuldrechtlich grundlosem Widerspruch des vorläufigen Insolvenzverwalters gegen Lastschriften bejahte Erfüllung des objektiven und subjektiven Deliktstatbestandes , auf die sich das Berufungsgericht gestützt hat, ist durch die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs überholt, obwohl ein solcher Anspruch bei insolvenzrechtlich unberechtigtem Widerspruch des (vorläufigen) Insolvenzverwalters auch weiterhin in Betracht kommt (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juli 2010 - IX ZR 37/09, BGHZ 186, 242 Rn. 27).
10
Das Berufungsgericht hat nicht berücksichtigt, dass die Voraussetzungen für Lastschriftgenehmigungen durch schlüssiges Verhalten von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im März 2008, als der vorläufige Insolvenzverwalter dem Einzug der Klägerin widersprach, noch nicht hinreichend geklärt waren. Nach der seinerzeit vorliegenden Rechtsprechung brauchte der vorläufige Insolvenzverwalter daher nicht damit zu rechnen, durch seinen Widerspruch die Wirkungen eines bereits abgeschlossenen Erklärungstatbestandes zu stören. Das Berufungsgericht hat trotz seiner Annahme eines aus § 826 BGB folgenden Schadensersatzanspruchs der Klägerin gegen die Masse einen Schä- digungsvorsatz des vorläufigen Insolvenzverwalters gar nicht geprüft und festgestellt. Hierfür fehlte auch die tatsächliche Grundlage.
11
Auf die in einer Anzahl von Leasingverträgen enthaltene Klausel, nach Ablauf von zehn Tagen zum Widerspruch gegen den Lastschrifteinzug der Leasingraten nicht mehr berechtigt zu sein, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Der vorläufige Insolvenzverwalter hat den Standpunkt vertreten, diese Klausel sei nach den §§ 307, 308 Nr. 5 BGB unwirksam, was auch das landgerichtliche Teilurteil angenommen hat und wofür einiges spricht. Das genügt, um insoweit den Schädigungsvorsatz und die Sittenwidrigkeit des Vorgehens zu verneinen, ohne dass es einer abschließenden Prüfung der Klauselwirksamkeit bedarf. Damit kann die auf § 826 BGB gestützte Feststellung einer Masseschuld gegen den Beklagten insgesamt nicht aufrechterhalten bleiben.
12
3. Diese Feststellung erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig. Eine Zahlungspflicht der Masse nach § 55 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Satz 1 InsO aufgrund der vom vorläufigen Insolvenzverwalter bewirkten Rückbuchung der Lastschriften kommt nicht in Betracht. In dieser Rückbuchung lag keine wirksame Verfügung über das Bankguthaben der Klägerin. Die Schuldnerin hat hierdurch keine Forderung gegen ihre Bank zurückerlangt, sondern lediglich eine Buchposition (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juli 2010, aaO Rn. 30; vom 27. September 2011 - XI ZR 328/09, aaO Rn. 20).
13
Diese Buchposition ist nicht durch Genehmigung der Klägerin zum Forderungserwerb erstarkt. Die auf Zahlung, hilfsweise auf Feststellung einer Zahlungspflicht gerichtete Klage enthält keine Erklärung gegenüber der ersten Zahlstelle, auf die es für die Abwicklung des Lastschriftverkehrs entscheidend ankommt (vgl. BGH, Urteil vom 13. Oktober 2011 - IX ZR 115/10, WM 2011, 2130 Rn. 12).
14
Es liegt auch nicht nahe, dass die Klägerin trotz der Widerspruchsklausel in einem Teil ihrer Verträge mit der Unwirksamkeit der Rückbuchungen überhaupt gerechnet hat. Die Buchposition, welche die Masse gegen die Schuldnerbank erlangt hat, beruht nicht auf einer Leistung der Klägerin. Sie geht auch nicht auf deren Kosten. Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 20. Juli 2010 (aaO) dargelegt, die infolge unbegründeter Rückbuchung eines wirksamen Lastschrifteinzugs entstandene Buchposition des Schuldners gegenüber seiner Bank könne nicht als ungerechtfertigte Vermögensverschiebung im Valutaverhältnis rückgängig gemacht werden. Der Gläubiger kann in diesem Fall von seiner Bank girovertraglich weiterhin Erfüllung der durch den wirksamen Lastschrifteinzug begründeten Forderung verlangen. Die Gläubigerbank ist verpflichtet , die ihrem Kunden zu Unrecht entzogene Buchposition durch berichtigten Kontenausweis seines Forderungsbestandes wiederherzustellen. Daran ist auch nach erneuter Prüfung festzuhalten.
15
Die Frage, ob die Klägerin nach den §§ 130, 143 InsO zur anfechtungsrechtlichen Rückgewähr der wirksam eingezogenen Leasingraten verpflichtet sein kann, ist für den Streitgegenstand nicht entscheidungserheblich. Eine entsprechende Widerklage ist nicht erhoben worden.

II.


16
Die Klägerin hat keinen Zahlungsanspruch gegen die Masse für die von ihr aufgewendeten Sicherstellungskosten von netto 12.395 €.
17
1. Das Berufungsgericht hat der Klägerin in diesem Punkt einen Anspruch gegen die Masse zuerkannt, weil der Beklagte zur Herausgabe der zunächst weiter genutzten 37 Sattelzugmaschinen auf seine Kosten verpflichtet gewesen sei. Die Rückgabeansprüche aus § 985 BGB oder § 546 BGB seien Bringschulden des Verpflichteten. Der Beklagte sei als Leasingnehmer der Klägerin anzusehen, weil er mit ihr über die Weiternutzung der Sattelzugmaschinen verhandelt, aber keine abweichende Vereinbarung über die Abholung der Fahrzeuge erzielt habe. Die Frage, ob der vorläufige Insolvenzverwalter die Verträge der Insolvenzschuldnerin fortgeführt oder neue Verträge mit der Klägerin geschlossen hat, ist als nicht entscheidungserheblich offengeblieben. Das hält rechtlicher Prüfung insgesamt nicht stand.
18
2. Mit seinem schuldrechtlichen Ansatz hat das Berufungsgericht, wie die Revision zutreffend rügt, die Rechtsgrundlage für die Weiternutzung der 37 Sattelzugmaschinen durch den vorläufigen Insolvenzverwalter verkannt. Das Berufungsgericht hat seiner Entscheidung inhaltlich § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO zugrundegelegt , ohne hierbei die vom Insolvenzgericht erteilte Ermächtigung nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 Satz 1 Teilsatz 1 InsO in Betracht zu ziehen. Diese Ermächtigung war zwar unwirksam, weil sie sich in einer formularmäßigen Wiedergabe des Gesetzeswortlautes erschöpfte, ohne sich mit der betriebswesentlichen Bedeutung des weiteren Einsatzes bestimmter geleaster Fahrzeuge auseinanderzusetzen (BGH, Urteil vom 3. Dezember 2009 - IX ZR 7/09, BGHZ 183, 269 Rn. 23; vom 8. März 2012 - IX ZR 78/11, WM 2012, 706 Rn. 10). Der vorläufige Insolvenzverwalter und die Klägerin durften aber gleichwohl, jedenfalls vor dem Bekanntwerden des Senatsurteils vom 3. Dezember 2009 (aaO), auf die Wirksamkeit dieser Ermächtigung vertrauen (aaO Rn. 25). Die Verhandlungen des vorläufigen Insolvenzverwalters mit der Klägerin bezweckten daher keine Neubegründung der von der Klägerin nach unstreitigem Sachverhalt gegenüber der Schuldnerin gekündigten Leasingverträge, sondern nur eine Übereinkunft über die Höhe der gesetzlich zu zahlenden Nutzungsausfallentschädigung unter teilweiser Einbeziehung des Wertverlustausgleichs nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 Satz 1 Teilsätze 2 und 3 in Verbindung mit einer entsprechenden Anwendung von § 169 Satz 2 InsO. Der vorläufige Insolvenzverwalter hat im Zuge dieser Verhandlungen trotz Drängens der Klägerin die Rückgabe der von ihm weiter genutzten 37 Zugmaschinen nicht als eigene Verpflichtung übernommen. Eine Masseverbindlichkeit gemäß § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO war von daher nicht entstanden.
19
Aber auch nach § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO gilt hier nichts anderes. Die Revision verweist in diesem Zusammenhang mit Recht auf das Senatsurteil vom 18. April 2002 (IX ZR 161/01, BGHZ 150, 305, 312). Der Senat hat sich dort auf das Urteil des VIII. Zivilsenats vom 6. November 1978 bezogen (VIII ZR 179/77, BGHZ 72, 263, 265 f). Der mietvertraglich vereinbarte Anspruch des Vermieters auf Erstattung der ihm durch die Abholung der Mietsache entstandenen Kosten sollte danach auch dann eine einfache Konkursforderung bleiben, wenn der Mietvertrag erst nach Konkurseröffnung durch Kündigung beendet und die Mietsache danach abgeholt worden ist. Dieser Grundsatz ist auf die Auslegung von § 55 Abs. 2 Satz 2 InsO zu übertragen. Gegenleistung für die Gebrauchsüberlassung des Leasinggebers in der Zeit einer Betriebsfortführung durch den (vorläufigen) Insolvenzverwalter sind im Regelfall die Leasingraten. An deren Stelle tritt im Sonderfall einer Ermächtigung gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 Satz 1 Teilsatz 1 InsO die im Weiteren bestimmte Nutzungsausfallentschädigung und der Ausgleich von Wertverlust. Die Verpflichtung zur Herausgabe des Leasinggutes war aufschiebend bedingt von Anfang an in den Verträgen enthalten und hätte hier die Insolvenzschuldnerin in gleicher Weise getroffen. Der Anspruch der Klägerin auf Erstattung von Ersatzvornahmekosten für die unterbliebene Rückführung ihrer Sattelzugmaschinen war keine Gegenleistung der in die Masse geflossenen Vorteile des Einsatzes dieser Fahrzeuge zum Zwecke der Betriebsfortführung. Es handelte sich vielmehr um Abwicklungskosten der von der Klägerin beendeten Leasingverträge. Eine allgemeine insolvenzrechtliche Verpflichtung der Masse, die Abholungskosten des Aussonderungsgutes zu tragen, besteht im Gegensatz zu den entsprechenden Verpflichtungen des Schuldners aus § 546 BGB, die nur Insolvenzforderungen begründen, nicht (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 2001 - IX ZR 327/99, BGHZ 148, 252, 255 f; vom 21. Dezember 2006 - IX ZR 66/05, NZI 2007, 287 Rn. 11; MünchKommInsO /Ganter, 2. Aufl., § 47 Rn. 463; HK-InsO/Lohmann, 6. Aufl., § 47 Rn. 30).

III.


20
Die Feststellung einer Ersatzpflicht der Masse für die von der Klägerin unwidersprochen behaupteten Gebrauchsschäden an den vom vorläufigen Insolvenzverwalter weiter genutzten 37 Sattelzugmaschinen in Höhe von 121.610 € kann mit den vom Berufungsgericht herangezogenen Tatsachen nicht aufrechterhalten bleiben. Der Rechtsstreit ist in diesem Punkt noch nicht zur Endentscheidung reif.
21
1. Das Berufungsgericht hat die Schadensersatzpflicht der Masse in Anwendung von § 546a Abs. 2, § 280 Abs. 1 BGB festgestellt. Der Beklagte dürfe sich nicht darauf berufen, dass die Schäden gleich welcher Art nicht im Zeitraum seiner Nutzung entstanden seien. Die Klägerin trage zwar nach allgemeinen Regeln die Beweislast dafür, dass die Schäden während der Nutzungszeit des vorläufigen Insolvenzverwalters entstanden seien. Eine entsprechende Beweissicherung sei ihr jedoch nicht möglich gewesen, weil der vorläufige Insolvenzverwalter die Fahrzeuge direkt von der bisherigen Leasingnehmerin übernommen habe und der Klägerin die Standorte der Fahrzeuge zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt gewesen seien. Deshalb sei hier der vorläufige Insolvenzverwalter verpflichtet gewesen, den Zustand der Fahrzeuge begutachten zu lassen, als er sie übernommen habe. Zumindest habe er der Klägerin diese Möglichkeit einräumen müssen, dies jedoch unterlassen. Dagegen wendet sich die Revision teilweise zu Recht mit Sach- und Verfahrensrügen.
22
2. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft die weitere Nutzung von 37 Sattelzugmaschinen der Klägerin durch den vorläufigen Insolvenzverwalter als Fall der Nichtrückgabe von Leasinggut nach Beendigung des Rechtsverhältnisses gewertet. Die Vorschrift des § 546a Abs. 1 BGB lässt keine Masseforderung entstehen, wenn das Insolvenzgericht den vorläufigen Insolvenzverwalter nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 Satz 1 Halbsatz 1 InsO ermächtigt, geleastes Anlagevermögen für die Fortführung des schuldnerischen Unternehmens einzusetzen. Diese hoheitliche, das Eigentum des Leasinggebers verfassungskonform beschränkende Ermächtigung (vgl. BVerfGK, WM 2012, 900, 901 f) begründet ein besonderes privatrechtliches Nutzungsverhältnis zwischen dem starken vorläufigen Insolvenzverwalter, ansonsten dem Schuldner, und dem in Anspruch genommenen Leasinggeber. Aus diesem gesetzlichen Schuldverhältnis kann der herangezogene Eigentümer von dem Begünstigten Ersatz des gewöhnlichen Wertverlustes durch laufende Zahlungen fordern, solange ihm noch keine Nutzungsausfallentschädigung in Form von Zinsen nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 Satz 1 Teilsatz 2 in entsprechender Anwendung von § 169 Satz 2 InsO zusteht. Darin erschöpft sich aber der gesetzliche Wertersatzanspruch nicht. Dieser gewährt als Kapitalentschädigung auch einen Ersatz für übermäßige , vom betrieblichen Zweck her nicht gedeckte Nutzungen, für Verbrauch, Beschädigung oder Zerstörung der kraft insolvenzgerichtlicher Ermächtigung weiter genutzten Sachen (BGH, Urteil vom 8. März 2012 - IX ZR 78/11, WM 2012, 706 Rn. 22 f).
23
Erfasst werden von dem Entschädigungsanspruch also auch die hier geltend gemachten Ansprüche wegen Beschädigung der vom vorläufigen Insolvenzverwalter genutzten Fahrzeuge, die mit der ausgehandelten Entschädigung für den Wertverlust des gewöhnlichen Gebrauchs noch nicht abgegolten sind. Bei diesem Anspruch handelt es sich nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der vormaligen Leasingnehmerin um Masseverbindlichkeiten gemäß § 55 Abs. 2 InsO (BGH, Urteil vom 8. März 2012, aaO Rn. 26 f). Die Klägerin kann in dieser Hinsicht auch nicht deshalb schlechter stehen, weil die Ermächtigung des Insolvenzgerichts mangels individuellkonkreter Anordnung unwirksam ist (BGH, Urteil vom 3. Dezember 2009 - IX ZR 7/09, BGHZ 183, 269 Rn. 24 f; vom 8. März 2012, aaO Rn. 10). Unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt ist das Berufungsurteil somit im Ergebnis nicht zu beanstanden.
24
Zutreffend hat das Berufungsgericht auch angenommen, dass bereits bestehende Schadensersatzansprüche der Klägerin wegen Beschädigung der geleasten Fahrzeuge gegen die Schuldnerin nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über deren Vermögen bloße Insolvenzforderungen wären, welche die ausgesprochene Feststellung einer Masseschuld nicht rechtfertigen könnten (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 2001, aaO S. 256 f). Im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist das Berufungsgericht ferner davon aus- gegangen, dem Eigentümer oder Vermieter obliege der Beweis, dass ein nach Rückgabe der Mietsache festgestellter Schaden während des Mietgebrauchs, also im Obhuts- und Gefahrenbereich des Mieters, entstanden sei, was auch für andere Nutzungsverhältnisse gilt (vgl. BGH, Urteil vom 11. Dezember 1991 - VIII ZR 31/91, BGHZ 116, 279, 289 zum Kfz-Leasing; vom 18. Mai 1994 - XII ZR 188/92, BGHZ 126, 124, 127 ff; vom 19. Oktober 1995 - IX ZR 82/94, BGHZ 131, 95, 103 f; vom 3. November 2004 - VIII ZR 28/04, NJW-RR 2005, 381, 382 unter II. 1.; vom 10. November 2004 - XII ZR 71/01, NJW-RR 2005, 235 unter II. 1.).
25
Hier hat die Klägerin nach diesem Grundsatz die streitige Tatsache zu beweisen, dass die schadensursächlichen Handlungen von dem vorläufigen Insolvenzverwalter zu vertreten sind, weil der Schadensersatzanspruch nur dadurch den geltend gemachten Rang einer Masseschuld erhält. Jedoch sind beweisrechtlich die Besonderheiten zu berücksichtigen, die sich durch das aufgrund insolvenzgerichtlicher Ermächtigung hoheitlich begründete Nutzungsverhältnis zwischen dem vorläufigen Insolvenzverwalter und der Klägerin ergeben.
26
In ähnlicher Lage hat der Bundesgerichtshof dem Eigentümer einer Mietwohnung gegenüber der Ordnungsbehörde eine Beweiserleichterung zugebilligt , die den vormaligen Mieter in die zuvor von ihm gemietete Wohnung wieder eingewiesen hatte, welche schließlich unter Hinterlassung von Schäden geräumt wurde, wobei streitig war, ob die Schäden dem Mietgebrauch oder der öffentlichen Nutzung der Einweisungszeit zuzurechnen waren. Grundlage dieser Beweiserleichterung war die vom Bundesgerichtshof bejahte Obhutspflicht der Behörde, den ordnungsmäßigen Gebrauch der Wohnung durch die eingewiesenen Personen zu überwachen. Zu dieser Überwachung gehöre es, den Zustand der hoheitlich in Anspruch genommenen Wohnung bei der Wiederein- weisung bisheriger Mieter festzuhalten, vergleichbar den Feststellungen, wie sie bei Beginn eines Mietverhältnisses getroffen werden und sich der Eigentümer üblicherweise vom Mieter schriftlich bestätigen lässt (BGH, Urteil vom 9. November 1995 - III ZR 226/94, NJW 1996, 315, 317 unter II. 2.). Diese Erwägungen können auf Nutzungsverhältnisse, die durch insolvenzgerichtliche Ermächtigung gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 Satz 1 Teilsatz 1 InsO zustande kommen , trotz der bestehenden Unterschiede im Kern entsprechend angewendet werden. Mangels eines öffentlich-rechtlichen Nutzungsverhältnisses zwischen dem in Anspruch genommenen Eigentümer und dem lediglich zur Weiternutzung ermächtigenden Insolvenzgericht ist dieses mit keiner Obhutspflicht belastet , den ordnungsmäßigen Gebrauch des von ihm ermächtigten Nutzers zu überwachen. Diese Obhutspflicht trifft vielmehr den von der Ermächtigung des Insolvenzgerichts begünstigten Nutzer selbst. Sie unterscheidet sich während des hoheitlich begründeten Nutzungsverhältnisses nicht von den Schutzpflichten eines Mieters oder Leasingnehmers, übermäßige Abnutzung und Schäden des gebrauchten Gutes zu vermeiden und bei einer Schadenszufügung durch außenstehende Dritte womöglich Beweise zu sichern. Zu Beginn des hoheitlich begründeten Nutzungsverhältnisses befindet sich der gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 Satz 1 Teilsatz 1 InsO hoheitlich ermächtigte Nutzer aber in einer verstärkten Pflichtenstellung. Während der Eigentümer beim Abschluss eines Mietoder Leasingvertrags es in der Hand hat, die in seinem Beweisinteresse nützlichen Maßnahmen zu treffen, um den Zustand der Miet- oder Leasingsachen bei Gebrauchsüberlassung festzuhalten, hängt es zu Beginn des insolvenzgerichtlich begründeten Nutzungsverhältnisses von der Entscheidung des ermächtigten Nutzers ab, ob er dem hoheitlich in Anspruch genommenen Eigentümer zumutbare Gelegenheit zur Feststellung des Zustands der weiter genutzten vormaligen Miet- oder Leasingsache einräumt. Andererseits vertraut auch der Eigentümer in diesen Fällen seine Sachen nicht zwecks Einnahmeerzielung im Rahmen der Vertragsfreiheit einem Nutzer an, sondern es wird ihm hoheitlich im öffentlichen Interesse ein Nutzer aufgedrängt.
27
Wem als Nutzer durch eine solche hoheitliche Inanspruchnahme ein Sondervorteil eingeräumt wird, den trifft, anders als einen Mieter oder Leasingnehmer , im Interesse des in seinem Recht beschränkten Eigentümers selbst eine Feststellungslast, den Zustand der vormaligen Miet- oder Leasingsachen bei Beginn des hoheitlich begründeten Nutzungsverhältnisses festzuhalten. Das hat das Berufungsgericht im Ergebnis richtig gesehen, wobei es sich allerdings zu seinem eigenen rechtlichen Ansatz in Widerspruch gesetzt hat.
28
Bei einem rechtsgeschäftlich begründeten oder verlängerten Nutzungsverhältnis zwischen dem vorläufigen Insolvenzverwalter und der Klägerin, von dem das Berufungsgericht ausgegangen ist, hätte die Grundlage für beweisrechtliche Folgerungen, die es gezogen hat, gefehlt. Denn die Klägerin hätte es dann im Rahmen ihrer Vertragsfreiheit in der Hand gehabt, wie im Normalfall einer Vermietung oder eines Leasing die Wahrung ihres Beweisinteresses zu sichern. Nur die insolvenzgerichtliche Ermächtigung gab dem vorläufigen Insolvenzverwalter die rechtliche und tatsächliche Macht, sich über dieses Interesse hinwegzusetzen.
29
Im Ergebnis verfehlt sind jedoch die beweisrechtlichen Folgen, die das Berufungsgericht aus den Feststellungsschwierigkeiten gezogen hat, in welche die Klägerin geraten ist. Zwar hat der Beklagte sich das Verhalten des vorläufigen Insolvenzverwalters als Insolvenzverwalter zurechnen zu lassen. Das führt jedoch nicht dazu, dass nunmehr, wie vom Berufungsgericht angenommen, unwiderleglich zugunsten der Klägerin vermutet würde, die Beschädigungen an den weiter genutzten 37 Sattelzugmaschinen seien während dieses hoheitlich begründeten Nutzungsverhältnisses zu dem starken vorläufigen Insolvenzverwalter eingetreten. Für eine solche, von der Klägerin verfochtene Vermutung fehlt jede gesetzliche Stütze im materiellen Recht oder im Prozessrecht. Selbst eine Umkehr der Beweislast tritt unter den gegebenen Verhältnissen wie bei jeder Beweisvereitelung nicht ohne weiteres ein. Vielmehr kann und muss der Klägerin lediglich eine Beweiserleichterung für den ihr obliegenden Nachweis der Schadensverursachung gewährt werden (vgl. BGH, Urteil vom 9. November 1995, aaO).
30
Aufgrund dieser Beweiserleichterung ist das pauschale Vorbringen der Klägerin aus dem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 23. Juli 2009 und der dortige Beweisantritt vorbehaltlich der fehlenden ladungsfähigen Anschrift des benannten Zeugen zunächst ausreichend. Der Beklagte hat sich unter Protest gegen die Beweislast in seinem Schriftsatz vom 1. März 2010 auf die über ihn zu ladenden, namentlich nicht benannten Lkw-Fahrer bezogen zum Beweis seiner Gegenbehauptung, die streitgegenständlichen Schäden wären nicht erst während der hoheitlich begründeten Weiternutzung der 37 Sattelzugmaschinen durch ihn als vorläufigen Insolvenzverwalter eingetreten. Auf diese Zeugen kann sich zum umgekehrten Beweisthema auch die Klägerin beziehen. Erst nach Durchführung der Beweisaufnahme wird sich beurteilen lassen, inwieweit bei der Beweiswürdigung die nach dem Verhalten des vorläufigen Insolvenz- verwalters der Klägerin gebührende Beweiserleichterung zu ihren Gunsten wirkt und ein nicht voll erbrachter Beweis danach als geführt anzusehen ist.
Vill Raebel Pape
Grupp Möhring

Vorinstanzen:
LG Hildesheim, Entscheidung vom 30.06.2009 - 10 O 174/08 -
OLG Celle, Entscheidung vom 28.10.2010 - 5 U 123/09 -

(1) Geht einem Kaufmanne, dessen Gewerbebetrieb die Besorgung von Geschäften für andere mit sich bringt, ein Antrag über die Besorgung solcher Geschäfte von jemand zu, mit dem er in Geschäftsverbindung steht, so ist er verpflichtet, unverzüglich zu antworten; sein Schweigen gilt als Annahme des Antrags. Das gleiche gilt, wenn einem Kaufmann ein Antrag über die Besorgung von Geschäften von jemand zugeht, dem gegenüber er sich zur Besorgung solcher Geschäfte erboten hat.

(2) Auch wenn der Kaufmann den Antrag ablehnt, hat er die mitgesendeten Waren auf Kosten des Antragstellers, soweit er für diese Kosten gedeckt ist und soweit es ohne Nachteil für ihn geschehen kann, einstweilen vor Schaden zu bewahren.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 258/12
Verkündet am:
29. Januar 2015
Kluckow
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Zahlt die Bank des Schuldners nach der irrtümlichen Rückbuchung einer schon genehmigten
Lastschrift den Lastschriftbetrag vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens
an den zum Einzug von Forderungen ermächtigten, mitbestimmenden vorläufigen
Insolvenzverwalter aus, gilt ihr bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Rückzahlung
nach der Verfahrenseröffnung nicht als Masseverbindlichkeit.
BGH, Urteil vom 29. Januar 2015 - IX ZR 258/12 - OLG Frankfurt am Main
LG Fulda
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. Januar 2015 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die
Richter Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Fischer, Grupp und die Richterin Möhring

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 14. Zivilsenats in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 16. Oktober 2012 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin, eine österreichische GmbH, betreibt für die österreichische A. (A. ) das LKW-Mautsystem in Österreich. Sie beauftragte im Jahr 2006 die L. GmbH & Co. KG (fortan: Schuldnerin) mit dem Vertrieb von Mautwerten in Deutschland. Die vertraglichen Vereinbarungen sahen vor, dass Barzahlungen der Kunden von der Schuldnerin im Namen und im Auftrag der A. entgegengenommen und spätestens am zweiten auf den Zahlungstag folgenden Tag von der Klägerin auf der Grundlage von bei der Schuldnerin erstellten Sammelbelegen von einem Konto der Schuldnerin bei einer deutschen Bank eingezogen wurden. Am 25. Juli 2008 wurde die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin beantragt und der Beklagte zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Das Insolvenzgericht ordnete einen Zustimmungsvorbehalt an und ermächtigte den Beklagten, Bankguthaben und sonstige Forderungen der Schuldnerin einzuziehen und Gelder entgegenzunehmen. Auf Verlangen des Beklagten buchte die Bank der Schuldnerin Lastschrifteinzüge im Gesamtbetrag von 65.181,06 € zurück, welche die Klägerin für den Zeitraum vom 27. Mai bis zum 31. Juli 2008 veranlasst hatte. Am 1. Oktober 2008 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt.
2
Die Klägerin hat sich Ansprüche der A. abtreten lassen und verlangt vom Beklagten aus der Insolvenzmasse Zahlung von 65.181,06 € nebst Zinsen. Da mit der Klage zunächst nur ein Teilbetrag von 5.001 € geltend gemacht worden war, erhob der Beklagte Widerklage mit dem Antrag, festzustellen , dass keine weitergehende Zahlungspflicht des Beklagten bestehe. Nach Erweiterung der Klage auf den Betrag von 65.181,06 € hat er die Feststellung der Erledigung der Widerklage beantragt. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht den zu zahlenden Betrag auf 63.784,94 € ermäßigt. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Abweisung der Klage und die Feststellung der Erledigung seiner Widerklage.

Entscheidungsgründe:


3
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


4
Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die Klageforderung sei in Höhe von 63.784,94 € aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB begründet. Gegen die Aktivlegitimation der Klägerin bestünden keine Bedenken, weil die der Klägerin vertraglich eingeräumte Einzugsermächtigung auch für die streitgegenständlichen Ansprüche wegen ungerechtfertigter Bereicherung gelte und die A. eventuelle Ansprüche gegen den Beklagten an die Klägerin abgetreten habe. Die Insolvenzmasse sei durch die Rückbuchung auf Kosten der A. ungerechtfertigt bereichert, weil die Lastschriften bereits konkludent genehmigt gewesen seien und der Beklagte deshalb mit seinem Lastschriftwiderspruch unberechtigt in eine rechtlich gesicherte Position der A. eingegriffen habe. Der Anspruch wegen ungerechtfertigter Bereicherung sei eine Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO. Die Regelung in § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO gelte nicht nur für Fälle nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 und 2 InsO, sondern auch für einen Bereicherungsanspruch nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO, sofern er - wie hier - durch eine Handlung des vorläufigen Insolvenzverwalters entstanden sei. Dass dem Beklagten nicht, wie von § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO vorausgesetzt, die Verfügungsbefugnis übertragen gewesen sei, stehe nicht entgegen, weil der Beklagte bei der Rückforderung der Lastschriftbeträge von der ihm erteilten Einzelermächtigung zum Ein- zug von Forderungen und zur Entgegennahme von Geld Gebrauch gemacht habe.

II.


5
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
6
1. Der vom Berufungsgericht wegen der Rückbuchung und Auszahlung der eingezogenen Lastschriftbeträge angenommene Bereicherungsanspruch der Klägerin oder der A. besteht nicht.
7
a) Ohne Erfolg wendet sich die Revision allerdings gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Schuldnerin habe die Lastschriftbuchungen im Umfang von insgesamt 63.784,94 € bereits konkludent genehmigt gehabt, als der Beklagte dem Lastschrifteinzug widersprach und die Rückbuchung verlangte.
8
aa) Feststellungen zu einer konkludent erklärten Genehmigung sind als Ergebnis einer tatrichterlichen Auslegung im Revisionsverfahren nur beschränkt darauf überprüfbar, ob gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze , Denkgesetze oder Verfahrensvorschriften verletzt worden sind. Zu klären ist dabei auch, ob alle erheblichen Umstände vom Tatrichter umfassend gewürdigt worden sind (BGH, Urteil vom 1. Dezember 2011 - IX ZR 58/11, WM 2012, 160 Rn. 10; vom 3. April 2012 - XI ZR 39/11, WM 2012, 933 Rn. 21, jeweils mwN).
9
bb) Nach diesem Maßstab sind die Feststellungen des Berufungsgerichts zur Frage einer konkludenten Genehmigung nicht zu beanstanden. Das Beru- fungsgericht hat seiner Beurteilung die in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannten Auslegungsgrundsätze zugrunde gelegt. Eine konkludente Genehmigung von Lastschriftbuchungen kommt danach in Betracht, wenn es sich für die Zahlstelle erkennbar um regelmäßig wiederkehrende Lastschriften aus einer laufenden Geschäftsbeziehung handelt, die der Kontoinhaber in der Vergangenheit bereits einmal genehmigt hat. Erhebt der Schuldner in Kenntnis eines erneuten Lastschrifteinzugs, der sich im Rahmen der bereits genehmigten Lastschriftbuchungen bewegt, gegen diesen nach einer angemessenen Überlegungsfrist keine Einwendungen, so kann auf Seiten der Zahlstelle die berechtigte Erwartung entstehen, auch diese Belastungsbuchung solle Bestand haben (BGH, Urteil vom 27. September 2009 - XI ZR 215/10, WM 2011, 2041 Rn. 17 mwN). Dabei muss es sich nicht um eine Reihe von im Wesentlichen gleichbleibenden Zahlungen handeln. Werden im unternehmerischen Verkehr fortlaufend Forderungen in unterschiedlicher Höhe im Rahmen von laufenden Geschäftsbeziehungen mittels Lastschrift im Einzugsermächtigungsverfahren eingezogen, so kommt eine konkludente Genehmigung einer Lastschriftbuchung auch dann in Betracht, wenn sie sich innerhalb einer Schwankungsbreite von bereits zuvor genehmigten Lastschriftbuchungen bewegt oder diese nicht wesentlich über- oder unterschreitet (BGH, Urteil vom 8. November 2011 - XI ZR 158/10, WM 2011, 2358 Rn. 20; vom 1. Dezember 2011 - IX ZR 58/11, WM 2012, 160 Rn. 11, jeweils mwN). Beruhen Lastschriftbuchungen erkennbar auf Zahlungspflichten, deren variierende Höhe der Schuldner gegenüber der für die Einziehung zuständigen Stelle erklärt hat, besteht aus Sicht der kontoführenden Bank für den Schuldner nicht die Notwendigkeit zu einer umfassenden Überprüfung. Als Überprüfungsfrist kann eine Frist von drei Tagen genügen. Da diesen Buchungen eine konkrete Anmeldung des Schuldners zugrunde liegt, kommt eine konkludente Genehmigung auch dann in Betracht, wenn sich die einzelnen Beträge nicht innerhalb der Schwankungsbreite voran- gegangener Lastschriftbuchungen bewegen (BGH, Urteil vom 1. Dezember 2011, aaO Rn. 12; vom 3. April 2012 - XI ZR 39/11, WM 2012, 933 Rn. 47 f; vom 28. Juni 2012 - IX ZR 219/10, BGHZ 194, 1 Rn. 8). Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht beachtet. Dass es bei der Würdigung des konkreten Sachverhalts nicht alle erheblichen Umstände einbezogen hätte, zeigt die Revision nicht auf. Solches ist auch nicht erkennbar.
10
b) Der Umstand, dass die im Rahmen des Lastschrifteinzugs erfolgten Belastungsbuchungen der Schuldnerbank auf dem Konto der Schuldnerin noch vor den gegenläufigen Erklärungen des Beklagten von der Schuldnerin genehmigt worden waren, führt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nach der Rückbuchung der eingezogenen Beträge jedoch nicht zu einem Anspruch der Klägerin oder der A. gegen den Beklagten wegen ungerechtfertigter Bereicherung der Insolvenzmasse. Die Schuldnerin hat durch die Rückbuchung der Lastschrifteinzüge auf ihrem Bankkonto keine Forderung gegen ihre Bank zurückerlangt, sondern lediglich eine Buchposition. Diese Buchposition ist nicht durch Genehmigung der Klägerin zum Forderungserwerb erstarkt. Sie beruht nicht auf einer Leistung der Klägerin und geht auch nicht auf deren Kosten. Die infolge unbegründeter Rückbuchung eines wirksamen Lastschrifteinzugs entstandene Buchposition des Schuldners gegenüber seiner Bank kann deshalb nicht als ungerechtfertigte Vermögensverschiebung im Valutaverhältnis rückgängig gemacht werden (BGH, Urteil vom 20. Juli 2010 - IX ZR 37/09, BGHZ 186, 242 Rn. 30; vom 28. Juni 2012, aaO Rn. 12 ff). Entsprechendes gilt, wenn - wie der Beklagte behauptet - die auf das Konto der Schuldnerin zurückgebuchten Beträge an den Beklagten ausbezahlt worden sein sollten. Auch in diesem Fall hat die Insolvenzmasse nichts auf Kosten der Klägerin oder der A. erlangt.
11
2. Mangels ausreichender Feststellungen des Berufungsgerichts kann nicht abschließend beurteilt werden, ob die angefochtene Entscheidung aus anderen Gründen im Ergebnis richtig ist (§ 561 ZPO). Sollte der von der Schuldnerbank zurückgebuchte Betrag entsprechend der hiermit erlangten bloßen Buchposition erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an den Beklagten ausgezahlt worden sein, hätte die Klägerin aus abgetretenem Recht der Schuldnerbank einen gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO aus der Insolvenzmasse zu befriedigenden Anspruch gegen den Beklagten aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB in der vom Berufungsgericht zuerkannten Höhe.
12
a) Die Klägerin hat durch mehrere Abtretungen unter anderem auch diejenigen Ansprüche erworben, welche der Bank der Schuldnerin gegen die Masse oder den Beklagten zustehen, weil dieser den streitgegenständlichen Lastschriftbuchungen widersprach und ihre Rückbuchung veranlasste. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass diese Ansprüche mit Vereinbarung vom 5./8. Juli 2011 von der Schuldnerbank (C. AG) an die Bank der Klägerin (S. AG) abgetreten wurden und sodann mit Vereinbarung vom 11. Juli 2011 von der Bank der Klägerin andie A. und - bereits am 6./8. Juli 2011 vereinbart - von der A. an die Klägerin.
13
b) Ein Anspruch der Schuldnerbank gegen den Beklagten auf Zahlung des zurückgebuchten Betrags aus der Insolvenzmasse in dem vom Berufungsgericht angenommenen Umfang bestand, wenn die Schuldnerbank den zurückgebuchten Betrag nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an den Beklagten ausgezahlt hat.
14
aa) Die Versagung der Genehmigung einer Lastschriftbuchung durch einen vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt geht ins Leere, wenn die Buchung - wie hier - bereits zuvor wirksam genehmigt wurde. In diesem Fall ist im Deckungsverhältnis zwischen der Schuldnerbank und dem Schuldner bereits vor der Erklärung des vorläufigen Insolvenzverwalters der Aufwendungsersatzanspruch der Schuldnerbank in Höhe des Lastschriftbetrages entstanden und die von ihr vorgenommene Belastungsbuchung des Schuldnerkontos mit Rechtsgrund erfolgt. Indem die Schuldnerbank aufgrund des Widerspruchs des vorläufigen Insolvenzverwalters den Lastschriftbetrag dem Konto wieder gutschreibt, will sie ihrer girovertraglichen Pflicht zur Kontoberichtigung nachkommen, die aber wegen der zuvor konkludent erteilten Genehmigung nicht besteht. Die Rückbuchung begründet unter diesen Umständen keine Forderung des Schuldners gegen seine Bank, sondern lediglich eine Buchposition. Diese kann von der Schuldnerbank berichtigt werden. Ein auf Zahlung gerichteter Anspruch der Schuldnerbank gegen den Schuldner oder den Insolvenzverwalter entsteht erst, wenn die Schuldnerbank den zurückgebuchten Betrag auszahlt (BGH, Urteil vom 1. März 2011 - XI ZR 320/09, WM 2011, 743 Rn. 19; vom 27. September 2011 - XI ZR 328/09, WM 2011, 2259 Rn. 20 f mwN). Sofern im Streitfall eine solche Auszahlung nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt sein sollte, handelte es sich bei dem dann bestehenden Anspruch der Schuldnerbank auf Rückzahlung wegen ungerechtfertigter Bereicherung nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO um eine Masseverbindlichkeit.
15
bb) Wurde der zurückgebuchte Lastschriftbetrag hingegen bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an die Schuldnerin oder an den Beklagten ausgezahlt, ist der Anspruch auf Rückzahlung eine bloße Insolvenzforderung.
16
(1) § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO ist auf diesen Fall nicht anwendbar. Denn diese Norm setzt voraus, dass die Bereicherung erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Masse zugeflossen ist (BGH, Urteil vom 20. September 2007 - IX ZR 91/06, WM 2007, 2299 Rn. 9; vom 7. Mai 2009 - IX ZR 61/08, ZIP 2009, 1477 Rn. 12; vom 13. Januar 2011 - IX ZR 233/09, ZInsO 2011, 388 Rn. 10).
17
(2) Auch § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO verleiht dem Rückzahlungsanspruch nicht die Qualität einer Masseverbindlichkeit. Nach dieser Norm gelten Verbindlichkeiten , die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter begründet worden sind, auf den die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergegangen ist, nach der Eröffnung des Verfahrens als Masseverbindlichkeit. Eine unmittelbare Anwendung der Bestimmung scheidet aus, weil das Insolvenzgericht bei der Bestellung des Beklagten zum vorläufigen Insolvenzverwalter dem Schuldner kein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt hat (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 1 InsO), weshalb die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners nicht auf den Beklagten übergegangen ist (§ 22 Abs. 1 Satz 1 InsO), sondern lediglich die Wirksamkeit von Verfügungen des Schuldners von der Zustimmung des Beklagten abhängig gemacht hat (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 InsO).
18
Auch eine entsprechende Anwendung von § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO auf Rechtshandlungen eines solchen bloß mitbestimmenden vorläufigen Insolvenzverwalters kommt nicht in Betracht. Masseverbindlichkeiten kann dieser nur begründen, wenn ihm vom Insolvenzgericht die Ermächtigung erteilt worden ist, einzelne, im Voraus genau festgelegte Verpflichtungen zu Lasten der späteren Insolvenzmasse einzugehen (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 2002 - IX ZR 195/01, BGHZ 151, 353, 363 ff; vom 20. September 2007 - IX ZR 91/06, WM 2007, 2299 Rn. 9; vom 7. Mai 2009 - IX ZR 61/08, ZIP 2009, 1477 Rn. 13; vom 13. Januar 2011, aaO Rn. 9; vgl. auch BGH, Urteil vom 8. März 2012 - IX ZR 78/11, WM 2012, 706 Rn. 27). Eine diesen Anforderungen genügende Einzelermächtigung liegt im Streitfall nicht vor. Stellt man darauf ab, dass der Bereicherungsanspruch der Schuldnerbank eine Folge des Widerspruchs des Beklagten gegen die Lastschriftbuchungen war, fehlt es von vorneherein an einer hierauf bezogenen Einzelermächtigung. Widerspricht ein mitbestimmender vorläufiger Insolvenzverwalter einer Lastschriftbuchung, verweigert er damit seine Zustimmung zu der zunächst unberechtigt erfolgten Belastung des Schuldnerkontos. Hierzu ist er bereits aufgrund des Zustimmungsvorbehalts nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 InsO berechtigt. Einer gesonderten Ermächtigung zum Widerspruch bedarf es nicht, und eine solche wurde auch nicht erteilt.
19
Bei der Entgegennahme einer Auszahlung der von der Schuldnerbank zurückgebuchten Beträge vor der Verfahrenseröffnung handelte der Beklagte zwar auf der Grundlage einer Einzelermächtigung. Die vom Insolvenzgericht ausgesprochene Ermächtigung des Beklagten, Bankguthaben und sonstige Forderungen der Schuldnerin einzuziehen sowie eingehende Gelder entgegenzunehmen , war ausreichend bestimmt und auch sonst wirksam (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 2002 - IX ZR 195/01, BGHZ 151, 353, 365, 367). Es handelte sich bei dieser Ermächtigung aber nicht um eine Ermächtigung zur Eingehung von Verbindlichkeiten zu Lasten der späteren Masse im Sinne der Rechtsprechung des erkennenden Senats (BGH, Urteil vom 20. September 2007 - IX ZR 91/06, WM 2007, 2299 Rn. 1, 9). Unter der Geltung der Konkursordnung konnte der Sequester keine Masseverbindlichkeiten begründen. Abweichend hiervon räumt § 55 Abs. 2 InsO ein solches Recht dem verfügungsbefugten vorläufigen Insolvenzverwalter ein. Damit soll insbesondere Geschäftspartnern des insolventen Unternehmens ein Anreiz gegeben werden, die Geschäftsbeziehungen mit ei- nem vorläufigen Insolvenzverwalter fortzusetzen sowie ihm Geld- und Warenkredit zu gewähren (BGH, Urteil vom 18. Juli 2002, aaO S. 359 mwN). Wird kein allgemeines Verfügungsverbot, sondern nur ein Zustimmungsvorbehalt angeordnet, ist der vorläufige Insolvenzverwalter rechtlich nicht in der Lage, selbständig Geschäfte abzuschließen. Ein Vertrauen der Geschäftspartner kann sich in diesem Fall nur an Einzelermächtigungen ausrichten. Solche kann das Insolvenzgericht nach § 22 Abs. 2 InsO erteilen, soweit sie erforderlich sind, um auch einem nicht verfügungsbefugten vorläufigen Verwalter die Erfüllung seiner Aufgaben zu ermöglichen. Aus Gründen der Rechtsklarheit und des gebotenen Schutzes des Vertragspartners muss allerdings aus der jeweiligen Ermächtigung selbst unmissverständlich zu erkennen sein, mit welchen Befugnissen der vorläufige Insolvenzverwalter ausgestattet ist (BGH, Urteil vom 18. Juli 2002, aaO S. 367). Deshalb muss sich aus der Ermächtigung auch eindeutig ergeben, ob und in welchem Umfang der vorläufige Verwalter Verbindlichkeiten zu Lasten der späteren Masse begründen kann. Die allgemeine Ermächtigung zum Einzug von Forderungen genügt dem nicht. Sie verleiht dem vorläufigen Verwalter nur die Verfügungsmacht über die Forderungen des Schuldners und bewirkt , dass die Forderungen durch die Zahlung an den vorläufigen Verwalter erlöschen. Auf die Begründung von Masseverbindlichkeiten erstreckt sich eine solche Ermächtigung nicht. Der Senat hat deshalb schon in dem Grundsatzurteil vom 18. Juli 2002 (aaO S. 365) zwischen einer Ermächtigung zum Forderungseinzug und Ermächtigungen zur Eingehung von Verpflichtungen zu Lasten der Insolvenzmasse unterschieden.
20
(3) Eine andere Frage ist es, ob im Falle der Anordnung eines allgemeinen Verfügungsverbots der Anspruch eines Gläubigers wegen einer während des Eröffnungsverfahrens eingetretenen ungerechtfertigten Bereicherung gemäß § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit gilt. Diese im Schrifttum umstrittene (vgl. MünchKommInsO /Hefermehl, 3. Aufl., § 55 Rn. 212 mwN) Frage braucht hier nicht beantwortet zu werden.
21
c) Mithin kommt es im Streitfall entscheidend darauf an, ob die zu Unrecht zurückgebuchten Lastschriftbeträge nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an den Beklagten ausgezahlt wurden. Dazu enthält das Berufungsurteil keine eindeutige Feststellung. Bei der Darstellung des Sachverhalts ist nur von der Rückbuchung der Lastschriften die Rede. Im Rahmen der Begründung wird ausgeführt, die Rückbelastungen seien vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Masse gelangt. Ob damit eine Auszahlung gemeint ist, lässt sich dem Urteil nicht entnehmen. Auch aus dem vom Berufungsurteil in Bezug genommenen Tatbestand des Urteils des Landgerichts ergibt sich insoweit nichts.

III.


22
Das angefochtene Urteil ist danach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an dasBerufungsgericht zurückzuverweisen, das die erforderlichen Feststellungen zu treffen haben wird (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Kayser Gehrlein Fischer
Grupp Möhring
Vorinstanzen:
LG Fulda, Entscheidung vom 30.09.2011 - 7 O 13/11 -
OLG Frankfurt in Kassel, Entscheidung vom 16.10.2012 - 14 U 222/11 -

In Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist insbesondere unwirksam

1.
(Annahme- und Leistungsfrist)eine Bestimmung, durch die sich der Verwender unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Fristen für die Annahme oder Ablehnung eines Angebots oder die Erbringung einer Leistung vorbehält; ausgenommen hiervon ist der Vorbehalt, erst nach Ablauf der Widerrufsfrist nach § 355 Absatz 1 und 2 zu leisten;
1a.
(Zahlungsfrist)eine Bestimmung, durch die sich der Verwender eine unangemessen lange Zeit für die Erfüllung einer Entgeltforderung des Vertragspartners vorbehält; ist der Verwender kein Verbraucher, ist im Zweifel anzunehmen, dass eine Zeit von mehr als 30 Tagen nach Empfang der Gegenleistung oder, wenn dem Schuldner nach Empfang der Gegenleistung eine Rechnung oder gleichwertige Zahlungsaufstellung zugeht, von mehr als 30 Tagen nach Zugang dieser Rechnung oder Zahlungsaufstellung unangemessen lang ist;
1b.
(Überprüfungs- und Abnahmefrist)eine Bestimmung, durch die sich der Verwender vorbehält, eine Entgeltforderung des Vertragspartners erst nach unangemessen langer Zeit für die Überprüfung oder Abnahme der Gegenleistung zu erfüllen; ist der Verwender kein Verbraucher, ist im Zweifel anzunehmen, dass eine Zeit von mehr als 15 Tagen nach Empfang der Gegenleistung unangemessen lang ist;
2.
(Nachfrist)eine Bestimmung, durch die sich der Verwender für die von ihm zu bewirkende Leistung abweichend von Rechtsvorschriften eine unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Nachfrist vorbehält;
3.
(Rücktrittsvorbehalt)die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, sich ohne sachlich gerechtfertigten und im Vertrag angegebenen Grund von seiner Leistungspflicht zu lösen; dies gilt nicht für Dauerschuldverhältnisse;
4.
(Änderungsvorbehalt)die Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist;
5.
(Fingierte Erklärungen)eine Bestimmung, wonach eine Erklärung des Vertragspartners des Verwenders bei Vornahme oder Unterlassung einer bestimmten Handlung als von ihm abgegeben oder nicht abgegeben gilt, es sei denn, dass
a)
dem Vertragspartner eine angemessene Frist zur Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung eingeräumt ist und
b)
der Verwender sich verpflichtet, den Vertragspartner bei Beginn der Frist auf die vorgesehene Bedeutung seines Verhaltens besonders hinzuweisen;
6.
(Fiktion des Zugangs)eine Bestimmung, die vorsieht, dass eine Erklärung des Verwenders von besonderer Bedeutung dem anderen Vertragsteil als zugegangen gilt;
7.
(Abwicklung von Verträgen)eine Bestimmung, nach der der Verwender für den Fall, dass eine Vertragspartei vom Vertrag zurücktritt oder den Vertrag kündigt,
a)
eine unangemessen hohe Vergütung für die Nutzung oder den Gebrauch einer Sache oder eines Rechts oder für erbrachte Leistungen oder
b)
einen unangemessen hohen Ersatz von Aufwendungen verlangen kann;
8.
(Nichtverfügbarkeit der Leistung)die nach Nummer 3 zulässige Vereinbarung eines Vorbehalts des Verwenders, sich von der Verpflichtung zur Erfüllung des Vertrags bei Nichtverfügbarkeit der Leistung zu lösen, wenn sich der Verwender nicht verpflichtet,
a)
den Vertragspartner unverzüglich über die Nichtverfügbarkeit zu informieren und
b)
Gegenleistungen des Vertragspartners unverzüglich zu erstatten;
9.
(Abtretungsausschluss)eine Bestimmung, durch die die Abtretbarkeit ausgeschlossen wird
a)
für einen auf Geld gerichteten Anspruch des Vertragspartners gegen den Verwender oder
b)
für ein anderes Recht, das der Vertragspartner gegen den Verwender hat, wenn
aa)
beim Verwender ein schützenswertes Interesse an dem Abtretungsausschluss nicht besteht oder
bb)
berechtigte Belange des Vertragspartners an der Abtretbarkeit des Rechts das schützenswerte Interesse des Verwenders an dem Abtretungsausschluss überwiegen;
Buchstabe a gilt nicht für Ansprüche aus Zahlungsdiensterahmenverträgen und die Buchstaben a und b gelten nicht für Ansprüche auf Versorgungsleistungen im Sinne des Betriebsrentengesetzes.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 283/07
Verkündet am:
10. Juni 2008
Herrwerth
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
AGB-Banken Nr. 7 Abs. 3

a) Zum Widerspruchsrecht eines (vorläufigen) Insolvenzverwalters gegen eine im
Einzugsermächtigungsverfahren vorgenommenen Lastschriftabbuchung auf
dem Schuldnerkonto.

b) Die Regelung in Nr. 7 Abs. 3 AGBG-Banken, nach der es als Genehmigung gilt,
wenn ein Bankkunde Einwendungen gegen eine Belastungsbuchung, für die er
dem Gläubiger eine Einzugsermächtigung erteilt hat, nicht spätestens vor Ablauf
von sechs Wochen nach Zugang des Rechnungsabschlusses erhebt, ist
wirksam.

c) Ein vorläufiger Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt muss einer im
Einzugsermächtigungsverfahren erfolgten Belastungsbuchung auf dem Schuldnerkonto
innerhalb der Frist der Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken widersprechen, um
ein Eintreten der Genehmigungsfiktion zu verhindern (Abweichung von BGH,
Urteile vom 25. Oktober 2007 - IX ZR 217/06, WM 2007, 2246, 2249 Tz. 24, zur
Veröffentlichung in BGHZ 174, 84 vorgesehen, und vom 29. Mai 2008 - IX ZR
42/07, WM 2008, 1327, 1328 Tz. 9).

d) Auch im Falle der Genehmigungsfiktion nach Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken ist für
die Frage der Bardeckung im Rahmen des § 142 InsO der Zeitpunkt des Lastschrifteinzugs
maßgebend (Anschluss an BGH, Urteil vom 29. Mai 2008 - IX ZR
42/07, WM 2008, 1327, 1329 Tz. 15 f.).
BGH, Urteil vom 10. Juni 2008 - XI ZR 283/07 - LG Köln
AG Köln
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Juni 2008 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Nobbe und die Richter
Dr. Müller, Dr. Ellenberger, Maihold und Dr. Matthias

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 25. April 2007 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger nimmt als Insolvenzverwalter über das Vermögen der D. T. GmbH (nachfolgend: Schuldnerin) die beklagte Bank auf Rückzahlung eines im Einzugsermächtigungsverfahren eingezogenen Lastschriftbetrages in Anspruch.
2
Die Schuldnerin schloss im September 2003 einen Leasingvertrag über einen Pkw mit der Beklagten und erteilte dieser eine Einzugsermächtigung für ihre fälligen Forderungen. Ihr Girokonto, für das die Geltung der AGB-Banken und monatliche Rechnungsabschlüsse vereinbart waren, unterhielt die Schuldnerin bei der H. Sparkasse. Am 20. September 2005 wurde die fällige Leasingrate für Oktober 2005 in Höhe von 566,08 € von dem - debitorisch geführten - Konto der Schuldnerin bei ihrer Bank (nachfolgend: Schuldnerbank) abgebucht und der Beklagten kurz danach vorbehaltlos gutgeschrieben. Das geleaste Fahrzeug wurde von der Schuldnerin im Monat Oktober vertragsgemäß genutzt.
3
Mit Beschluss vom 31. Oktober 2005 bestellte das Insolvenzgericht den Kläger zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt. Der Kläger widersprach mit Telefax vom 11. November 2005 gegenüber der Beklagten dem Lastschrifteinzug von September 2005 und forderte Rückzahlung. Gegenüber der Schuldnerbank wurde weder von der Schuldnerin noch von dem Kläger ein Widerspruch erklärt, weil dies wegen des negativen Kontosaldos nicht zu einem Auszahlungsanspruch zugunsten der Masse geführt hätte. Am 27. Januar 2006 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Als solcher lehnte er in der Folgezeit die Erfüllung des Leasingvertrages gemäß § 103 InsO ab.
4
Das Amtsgericht hat die Klage auf Zahlung von 566,08 € nebst Zinsen abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


5
Die Revision ist unbegründet.

I.


6
Das Berufungsgericht (ZIP 2007, 1547 = NZI 2007, 469) hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
7
Dem Kläger stehe kein Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 oder 2 BGB zu. Die Beklagte habe die Gutschrift auf ihrem Konto durch Leistung der Schuldnerin mit Rechtsgrund erlangt. Dabei könne dahinstehen, ob mit der vorbehaltlosen Gutschrift auf dem Konto der Beklagten bereits Erfüllung der Leasingrate für Oktober 2005 eingetreten sei. Jedenfalls sei die Belastungsbuchung auf dem Konto der Schuldnerin bei der Schuldnerbank genehmigt und damit auf der Grundlage der so genannten Genehmigungstheorie deren Zahlungspflicht aus dem Leasingvertrag erfüllt worden. Die Genehmigung ergebe sich aus Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken, weil gegenüber der Schuldnerbank innerhalb der relevanten Frist keine Einwendungen durch die Schuldnerin oder den Kläger erhoben worden seien. Obwohl es sich bei Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken um eine schuldrechtliche Vereinbarung zwischen Schuldnerbank und Schuldnerin handele, komme ihr bei der Bestimmung der Leistungsbeziehungen im Lastschriftverfahren eine gewisse Außenwirkung gegenüber dem Lastschriftgläubiger zu. Schließlich stünden der Anwendung dieser Regelung auch keine Bedenken aus insolvenzrechtlicher Sicht entgegen. Hinsichtlich der "Zurechenbarkeit" der Belastungsbuchung rücke der vorläufige Insolvenzverwalter in die Rechtsstellung des Schuldners ein. Er könne und müsse der Lastschrift rechtzeitig widersprechen, um den Eintritt der Genehmigungsfiktion zu verhindern.
8
Ein Rückgewähranspruch des Klägers ergebe sich auch nicht aus § 143 Abs. 1 InsO. Es fehle an einem Anfechtungsgrund. Eine Anfechtung nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO sei gemäß § 142 InsO ausgeschlossen, weil für die Leistung der Schuldnerin unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung - die fortlaufende Gebrauchsüberlassung des Leasingobjekts - in deren Vermögen gelangt sei. Diese beiden Leistungen seien durch Parteivereinbarung verknüpft, kongruent und objektiv gleichwertig. Darüber hinaus sei auch der erforderliche enge zeitliche Zusammenhang gegeben. Insoweit sei wegen der Rückwirkung der Genehmigung nach § 184 Abs. 1 BGB auf den Buchungszeitpunkt abzustellen , zumal im Rahmen von § 142 InsO bei einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise für den Gläubiger der Zeitpunkt der Einlösung der Lastschrift wesentlich sei.

II.


9
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung im Ergebnis stand.
10
1. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass dem Kläger kein bereicherungsrechtlicher Anspruch aus § 812 Abs. 1 BGB gegen die Beklagte zusteht, weil die Beklagte mit der vorbehaltlosen Gutschrift der Leasingrate auf ihrem Konto eine Leistung der Schuldnerin erhalten hat (§§ 362 Abs. 1, 364 Abs. 1 BGB), die aufgrund des Leasingvertrages mit Rechtsgrund erfolg ist.
11
a) Dabei kommt der vom Berufungsgericht maßgebendes Gewicht beigemessene Frage, ob die Schuldnerin oder der Kläger im Deckungsverhältnis zur Schuldnerbank die Belastungsbuchung auf dem Girokonto der Schuldnerin genehmigt haben, Bedeutung nur dann zu, wenn eine solche Genehmigung Auswirkungen auf das Valutaverhältnis zwischen der Schuldnerin und der Beklagten hat und nicht schon mit vorbehaltloser Gutschrift der Leasingrate Erfüllung der Schuld aus dem Leasingvertrag eingetreten ist.

12
aa) Die Frage, wie die Rechtsbeziehungen zwischen den am Lastschriftverkehr Beteiligten beim Einzugsermächtigungsverfahren rechtlich einzuordnen sind, ist streitig (vgl. zum Streitstand van Gelder, in: Schimansky/ Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 3. Aufl. § 57 Rdn. 5-56d), was nicht zuletzt aus der Entstehungsgeschichte des Lastschriftverfahrens herrührt.
13
(1) Das Lastschriftverfahren ist ein von der deutschen Kreditwirtschaft entwickeltes System zur schnellen und besonders kostengünstigen Abwicklung von Zahlungsvorgängen im bargeldlosen Zahlungsverkehr (vgl. van Gelder aaO § 56 Rdn. 1, 11 ff.). Wegen seiner Einfachheit und seiner besonderen Eignung für eine elektronische Abwicklung hat sich das Einzugsermächtigungsverfahren, über das rund die Hälfte des bargeldlosen Zahlungsverkehrs in Deutschland abgewickelt wird (van Gelder aaO § 56 Rdn. 48), durchgesetzt. Auch der Staat verpflichtet mittlerweile beispielsweise Kfz-Halter und Umsatzsteuerpflichtige, ihre Steuerschuld mittels Einzugsermächtigungsverfahren zu begleichen.
14
(2) Die Besonderheit des Einzugsermächtigungsverfahrens besteht darin , dass der Gläubiger die Initiative zur Bezahlung seiner Forderung ergreift, indem er seine Bank beauftragt, den Geldbetrag einzuziehen. Diese leitet den Auftrag an die Schuldnerbank weiter, die den Betrag vom Schuldnerkonto abbucht und der Gläubigerbank zuleitet, ohne dazu vom Schuldner eine Weisung erhalten zu haben. Wegen dieser weisungslosen Belastung seines Kontos steht dem Schuldner gegenüber der Schuldnerbank aus dem Girovertrag bis zu seiner Genehmigung ein Widerspruchsrecht zu. Widerspricht der Schuldner, ohne zuvor genehmigt zu haben, muss die Schuldnerbank die Buchung berichtigen und gibt die Lastschrift im Interbankenverhältnis zurück. Die Gläubigerbank belastet sodann das Gläubigerkonto wieder mit dem zuvor gutgeschriebenen Be- trag einschließlich Rücklastschriftgebühren. Das so ablaufende, durch das Lastschriftabkommen am 1. Januar 1964 eingeführte Verfahren funktionierte bereits viele Jahre reibungslos, bevor in Rechtsprechung und Literatur eine dogmatische Erklärung versucht wurde. Der Streit über die juristische Einordnung der Rechtsbeziehungen im Lastschriftverfahren entzündet sich vor allem an der Einordnung des Widerspruchsrechts des Schuldners im Deckungsverhältnis zu der Schuldnerbank und der Wirkung eines Widerspruchs auf das Valutaverhältnis zwischen Schuldner und Gläubiger.
15
(3) In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat sich nach einer Zeit nicht ganz eindeutiger Entscheidungen (vgl. BGHZ 69, 82, 85; 74, 300, 305; 74, 309, 312) die so genannte Genehmigungstheorie durchgesetzt, zu der sich erstmals der erkennende Senat mit Urteil vom 14. Februar 1989 (XI ZR 141/88, WM 1989, 520, 521) ausdrücklich bekannt hat (nachfolgend st.Rspr. des Bundesgerichtshofs: u.a. BGHZ 144, 349, 353 f.; 161, 49, 53 ff.; 162, 294, 303; 167, 171, 174 Tz. 12 ff.; BGH, Urteile vom 10. Januar 1996 - XII ZR 271/94, WM 1996, 335, 337 und vom 25. Oktober 2007 - IX ZR 217/06, WM 2007, 2246, 2247 Tz. 12, zur Veröffentlichung in BGHZ 174, 84 vorgesehen ). Nach dieser ist die für die Belastung des Schuldnerkontos im Deckungsverhältnis erforderliche Genehmigung des Schuldners auch maßgeblich für die Erfüllung im Valutaverhältnis.
16
(a) Die Entscheidung der Rechtsprechung für die Genehmigungstheorie lag unter anderem auch darin begründet, dass sie für den Regelfall zu sachgerechten Ergebnissen bei auftretenden Fehlern im Einzugsermächtigungsverfahren kam. Allerdings besteht ein Schwachpunkt der Genehmigungstheorie darin, dass bis zur Genehmigung der Belastungsbuchung im Deckungsverhältnis auch im Valutaverhältnis über einen längeren Zeitraum in der Schwebe ist, ob Erfüllung der dem Lastschrifteinzug zugrunde liegenden Schuld eingetreten ist oder nicht (vgl. dazu van Gelder aaO § 57 Rdn. 53). Dieser Schwebezustand eröffnet dem Schuldner die Möglichkeit zum Missbrauch des Widerspruchs. Das Missbrauchspotential erforderte es, den Schuldner bei einem rechtsmissbräuchlichen Widerspruch, der nicht auf anerkennenswerten Gründen beruht, einer Schadenersatzpflicht nach § 826 BGB auszusetzen (vgl. van Gelder aaO § 58 Rdn. 95 ff.). Durch dieses von der Rechtsprechung (BGHZ 74, 309, 312 ff.; 101, 153, 156 f.; BGH, Urteil vom 29. Mai 2001 - VI ZR 114/00, WM 2001, 1458, 1459 f.) geschaffene Korrektiv konnte die Schwäche der Genehmigungstheorie bis zum 4. November 2004 ausgeglichen werden. Bis zu diesem Zeitpunkt entsprach es ganz herrschender Meinung im Rechtsprechung und Literatur , dass in der Insolvenz des Schuldners auch der (vorläufige) Insolvenzverwalter an die durch § 826 BGB determinierte Rechtsstellung des Schuldners gebunden sei und berechtigten Lastschrifteinzügen nicht widersprechen dürfe (vgl. van Gelder aaO § 59 Rdn. 15, 15 d; ders. WM 2001 Sonderbeilage Nr. 7 S. 11; jeweils m.w. Nachw.).
17
(b) Mit seiner am 4. November 2004 begründeten neuen Rechtsprechung ist der IX. Zivilsenat (BGHZ 161, 49 ff.; IX ZR 82/03, ZinsO 2005, 40 und IX ZR 28/04, EWiR 2005, 227; bestätigt durch Urteile vom 21. September 2006 - IX ZR 173/02, WM 2006, 2092, 2093 Tz. 9, vom 25. Oktober 2007 - IX ZR 217/06, WM 2007, 2246, 2247 Tz. 11 ff., zur Veröffentlichung in BGHZ 174, 84 vorgesehen, und vom 29. Mai 2008 - IX ZR 42/07, WM 2008, 1327, 1328 Tz. 9) von dieser ganz herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur abgewichen , wie er selbst eingeräumt hat (BGH, Urteil vom 25. Oktober 2007 - IX ZR 217/06, WM 2007, 2246, 2251 Tz. 42, zur Veröffentlichung in BGHZ 174, 84 vorgesehen). Der IX. Zivilsenat wendet die Genehmigungstheorie nunmehr schematisch bereits nach Beantragung des Insolvenzverfahrens an und kommt so zu dem Ergebnis, dass der (vorläufige) Insolvenzverwalter einem Lastschrifteinzug bei noch nicht erfolgter Genehmigung des Schuldners selbst dann widersprechen kann, wenn der Widerspruch durch den Schuldner eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung (§ 826 BGB) des Gläubigers oder der beteiligten Banken darstellen würde. Nach der Rechtsprechung des IX. Zivilsenats tritt der (vorläufige) Insolvenzverwalter in diesem Punkt nicht in die "Fußstapfen" des Schuldners (vgl. dazu Haas, in: Aktuelle insolvenzrechtliche Probleme der Kreditwirtschaft, Anlegerschutz bei strukturierten Produkten, Bankrechtstag 2007, S. 3, 10 ff.), so dass er während des Schwebezustandes nahezu ohne Einschränkung widersprechen kann. Deswegen versagt das Korrektiv des § 826 BGB der Genehmigungstheorie im beantragten Insolvenzverfahren.
18
Da eine ausdrückliche Genehmigung bei Einzugsermächtigungslastschriften regelmäßig nicht erfolgt, kommt es für die Dauer des Schwebezustandes im Deckungsverhältnis und im Valutaverhältnis (und damit die Widerspruchsmöglichkeit des (vorläufigen) Insolvenzverwalters) auf die Genehmigungsfiktion nach Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken (bzw. Nr. 7 Abs. 4 AGBSparkassen ) an, so dass in der Regel bis zu viereinhalb Monate zurückliegenden Lastschriften im Deckungsverhältnis widersprochen werden kann. Betroffen davon sind insbesondere auch Einziehungen von Mieten und Entgelten für Strom, Gas und Wasser sowie Telefongebühren, die Umsatzsteuervorauszahlungen etc. (zu den existenzbedrohenden Folgen des Lastschriftwiderspruchs für den Schuldner anschaulich AG München ZIP 2008, 592, 596 unter Ziffer V.). Da die Genehmigungsfiktion nach der Ansicht des IX. Zivilsenats gegenüber dem vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt keine Wirkung entfalten soll und der Schuldner wegen des Verfügungsverbots auch nicht mehr selbst genehmigen kann (Urteile vom 25. Oktober 2007 - IX ZR 217/06, WM 2007, 2246, 2249 Tz. 24, zur Veröffentlichung in BGHZ 174, 84 vorgesehen , und vom 29. Mai 2008 - IX ZR 42/07, WM 2008, 1327, 1328 Tz. 9), würde sich der Schwebezustand noch einmal um den oftmals mehrere Monate betragenden Zeitraum verlängern, indem ein solcher Verwalter bestellt war.
19
c) Der erkennende Senat vermag sich der Ansicht des IX. Zivilsenats nicht anzuschließen. Der IX. Zivilsenat lässt unberücksichtigt, dass die Regelung des § 826 BGB als spezielle Ausprägung des die gesamte Zivilrechtsordnung beherrschenden Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) uneingeschränkt auch für (vorläufige) Insolvenzverwalter gilt. Dem (vorläufigen) Insolvenzverwalter stehen innerhalb von Vertragsverhältnissen nicht mehr und keine anderen Rechte zu als dem Schuldner (vgl. BGHZ 44, 1, 4; 56, 228, 230 f.; 106, 169, 175; 144, 349, 351; BGH, Urteil vom 17. Dezember 1998 - IX ZR 151/98, WM 1999, 229, 230). Er darf deshalb keine Handlungen vornehmen , durch die der Schuldner eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung nach § 826 BGB begehen würde. Durch die Beantragung eines Insolvenzverfahrens , das möglicherweise abgelehnt wird, wird sittenwidriges nicht plötzlich zu anständigem Verhalten. Daher ist auch der vorläufige Insolvenzverwalter an die rechtliche Verpflichtung des Schuldners gebunden, sittenwidrige Lastschriftwidersprüche zu unterlassen (OLG Hamm WM 1985, 1139, 1141; van Gelder aaO § 59 Rdn. 5; Hadding WM 2005, 1549, 1553 ff.; Nobbe/Ellenberger WM 2006, 1885, 1890 m.w. Nachw.). Das Insolvenzrecht rechtfertigt es nicht, das Grundinstrumentarium des BGB "für Zwecke des Insolvenzverfahrens" umzuinterpretieren (Bork ZIP 2008, 1041, 1046, 1047) und das Einzugsermächtigungsverfahren in der Insolvenz des Schuldners zu einem Instrument der Massemehrung umzufunktionieren (vgl. AG München ZIP 2008, 592, 596).
20
bb) Sollte die neue Rechtsprechung des IX. Zivilsenats - entgegen der hier vertretenen Ansicht - insolvenzrechtlich die zwingende Folge der Genehmigungstheorie sein, wird zur Erhaltung der Akzeptanz des besonders kostengünstigen Einzugsermächtigungsverfahrens, dem für die Abwicklung des Zahlungsverkehrs herausragende Bedeutung zukommt, auch bei Gläubigern und Banken und um dem Willen der Parteien im Valutaverhältnis Rechnung zu tragen , zu überlegen sein, ob für das Valutaverhältnis an der Genehmigungstheorie auch in Zukunft noch festgehalten werden kann. Für eine Aufgabe dieser Theorie können alsdann gewichtige Gründe sprechen:
21
(1) Das Lastschriftverfahren ist ein technisches Verfahren, durch das die bei einer Geldschuld erforderliche Bargeldhingabe durch den Schuldner ersetzt wird. Rechtliche Vorgaben für das Valutaverhältnis werden durch das Verfahren und das Lastschriftabkommen nicht gemacht. Wenn der Schuldner im Deckungsverhältnis berechtigt ist, der Kontobelastung zu widersprechen, hat das rechtlich nicht notwendigerweise Auswirkungen auf die Erfüllungsabsprache im Valutaverhältnis. Dass die Schuldnerbank ohne Weisung des Schuldners auf dessen Konto zugreift und deswegen - wenn keine Genehmigung des Schuldners erfolgt - keinen Aufwendungsersatzanspruch gegen diesen hat und die Belastungsbuchung rückgängig machen muss, hat rechtlich nichts mit der Erfüllungsabrede im Valutaverhältnis zu tun. Es handelt sich um unterschiedliche Vertragsverhältnisse und Leistungsbeziehungen, die rechtlich eigenständig zu betrachten sind (Haas aaO S. 3, 36; Nobbe/Ellenberger WM 2006, 1885, 1889; Piekenbrock KTS 2007, 179, 187; Spliedt NZI 2007, 72, 74).
22
(2) Im Valutaverhältnis ist der Parteiwille von Gläubiger und Schuldner, die die Lastschriftabrede getroffen haben, das maßgebliche Anknüpfungskriterium für die Frage, wann Erfüllung einer Schuld eingetreten ist. Kein Lastschrift- gläubiger will dem Schuldner noch bis zu viereinhalb Monaten nach der vorbehaltlosen Gutschrift des ihm zustehenden Betrages Kredit gewähren. Kein Lastschriftschuldner geht bei Mietschulden oder ähnlich termingerecht zu zahlenden Verpflichtungen davon aus, dass seine Verpflichtung trotz Belastung seines Kontos noch nach Monaten nicht erfüllt ist. Bei lebensnaher Betrachtung spricht daher vieles für einen Willen der Parteien der Lastschriftabrede, dass bei vorbehaltloser Gutschrift eine fällige und einredefreie Forderung des Gläubigers auch erfüllt sein soll (§§ 133, 157 BGB - AG München ZIP 2008, 592, 593; Bork in Festschrift für Gerhardt S. 69, 76; Jungmann WM 2007, 1633, 1638 f.; ders. ZIP 2008, 295, 297; Nobbe KTS 2007, 397, 410; Nobbe/Ellenberger WM 2006, 1885, 1888 ff.).
23
(3) Ein solches Ergebnis würde sich auch aus dem Vergleich zum Überweisungsverkehr rechtfertigen. Dort tritt Erfüllung mit der Gutschrift auf dem Gläubigerkonto ein. Dem Gläubiger sollen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht mehr - aber auch nicht weniger - Rechte beim Lastschriftverfahren eingeräumt werden als beim Überweisungsverkehr und bei der Barzahlung (vgl. BGHZ 69, 82, 85; Senatsurteil vom 14. Februar 1989 - XI ZR 141/88, WM 1989, 520, 521; AG München ZIP 2008, 592, 595 f.).
24
(4) Die für eine Erfüllung erforderliche Leistungshandlung des Schuldners und der Leistungserfolg liegen vor. Durch die im Valutaverhältnis getroffene Lastschriftabrede wird die Zahlungsverpflichtung des Schuldners zur Holschuld (BGH, Urteil vom 7. Dezember 1983 - VIII ZR 257/82, NJW 1984, 871, 872). Der Schuldner hat das aus seiner Sicht zur Erfüllung Erforderliche somit getan, wenn er den Leistungsgegenstand zur Abholung durch den Gläubiger bereithält, d.h. im Lastschriftverfahren dafür sorgt, dass ausreichend Deckung auf seinem Konto vorhanden ist (Senat BGHZ 69, 361, 366; 162, 294, 302 f.; MünchKommBGB/Wenzel 5. Aufl. § 362 Rdn. 24; Ermann/Graf von Westphalen , BGB 12. Aufl. § 676 f. Rdn. 55). Die Einziehung ist Sache des Gläubigers (Palandt/Heinrichs, BGB 67. Aufl. § 270 Rdn. 4 m.w. Nachw.). In dem Moment, in dem der Gläubiger sich die Gutschrift auf sein Konto holt, hat er das, was er nach der Parteivereinbarung als Erfüllung haben sollte und wollte, das heißt, der Leistungserfolg ist eingetreten (AG München ZIP 2008, 592, 593; Nobbe KTS 2007, 397, 410; Nobbe/Ellenberger WM 2006, 1885, 1888), denn nach der der Lastschriftabrede zugrunde liegenden - rechtlich zulässigen (§ 364 Abs. 1 BGB) - Vereinbarung zwischen Gläubiger und Schuldner soll der Gläubiger den vorbehaltlos gutgeschriebenen Betrag endgültig behalten dürfen (vgl. Senatsbeschluss vom 23. Januar 1996 - XI ZR 75/95, WM 1996, 438, 439; BGH, Urteil vom 28. Oktober 1998 - VIII ZR 157/97, WM 1999, 11 f.). Die Widerspruchsmöglichkeit im Deckungsverhältnis ändert an dieser die Erfüllung betreffenden Vereinbarung der Parteien nichts. Dass der Schuldner die Belastungsbuchung im Deckungsverhältnis genehmigen muss, betrifft den Aufwendungsersatzanspruch der Schuldnerbank gegen den Schuldner, hat aber keinen zwingenden Einfluss auf die Erfüllungsvereinbarung im Valutaverhältnis.
25
b) Indes bedarf es einer abschließenden Entscheidung darüber, ob aus den vorgenannten Gründen unter teilweiser Aufgabe der Genehmigungstheorie von einer Erfüllung im Valutaverhältnis auszugehen ist (Erfüllungstheorie), hier nicht, da auch auf der Grundlage der Genehmigungstheorie ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte aus § 812 Abs. 1 BGB nicht besteht.
26
aa) Der Schuldnerin ist die Gutschrift der Leasingrate auf dem Konto der Beklagten auch dann als Leistung zuzurechnen, da von einer Genehmigung der Belastungsbuchung vom 20. September 2005 auszugehen ist.
27
Zwar hat die Schuldnerin die Belastungsbuchung nach den Feststellungen des Berufungsgerichts weder ausdrücklich noch konkludent (vgl. dazu Senat BGHZ 144, 349, 354; BGH, Urteil vom 25. Oktober 2007 - IX ZR 217/06, WM 2007, 2246, 2250 Tz. 34 ff., zur Veröffentlichung in BGHZ 174, 84 vorgesehen ; OLG München ZIP 2005, 2102 f.; LG Siegen ZIP 2006, 1459 f.; LG Berlin ZInsO 2007, 384, 385) genehmigt. Die Genehmigung gilt aber - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - nach Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken als erteilt, da die Schuldnerin und der Kläger der Belastungsbuchung nicht innerhalb der vorgesehenen Frist gegenüber der Schuldnerbank widersprochen haben.
28
(1) Diese den Vorgaben des Senats (BGHZ 144, 349, 355 f.) entsprechende Klausel, die nach den Feststellungen des Berufungsgerichts in den Girovertrag zwischen der Schuldnerbank und der Schuldnerin einbezogen war, ist wirksam. Ein Verstoß gegen § 308 Nr. 5 BGB, der auch im kaufmännischen Verkehr gilt (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB 67. Aufl. § 308 Rdn. 30 m.w. Nachw.) liegt nicht vor (OLG Karlsruhe ZIP 2007, 286, 287; OLG München ZIP 2006, 2122; Baumbach/Hopt, HGB 33. Aufl. (8) AGB-Banken Nr. 7 Rdn. 8; Casper, in: Derleder/Knops/Bamberger, Handbuch zum deutschen und europäischen Bankrecht § 3 Rdn. 35; Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht 10. Aufl. Anh. § 310 BGB Rdn. 97; Kuder, Die Zahlstelle in der Insolvenz des Lastschriftschuldners im Einzugsermächtigungsverfahren S. 53; Peschke, Die Insolvenz des Girokontoinhabers S. 118; Schebesta, Die AGB der Volksbanken und Raiffeisenbanken, Fassung April 2002 Rdn. 267; Becher/Gößmann BKR 2002, 519, 521; Knees/Fischer ZinsO 2004, 5, 6; Nobbe/Ellenberger WM 2006, 1885, 1887; Sonnenhol WM 2002, 1259, 1263; Spliedt ZIP 2005, 1260, 1262; Toussaint EWiR 2006, 705 f.; a.A. Lachmann, Gläubigerrechte in Krise und Insolvenz Rdn. 1438; Fehl DZWIR 2004, 257, 258; Rattunde/Berner DZWIR 2003, 185, 189). Die Klausel erfasst nur Lastschriften, für die der Kontoinhaber tatsächlich eine Einzugsermächtigung erteilt hat. Die vorgesehene Frist von sechs Wochen ist angemessen und der Bankkunde wird durch den besonderen Hinweis auf die Folge seines Schweigens bei Erteilung des Rechnungsabschlusses hinreichend geschützt (vgl. Senatsurteil vom 26. Januar 1999 - XI ZR 93/98, WM 1999, 539).
29
(2) Entgegen der Ansicht der Revision ist Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken, wenn die Genehmigungstheorie zugrunde gelegt wird, im Valutaverhältnis zwischen der Schuldnerin und der Beklagten zu berücksichtigen, obwohl es sich um eine schuldrechtliche Vereinbarung im Deckungsverhältnis zwischen der Schuldnerin und der Schuldnerbank handelt, an der die Beklagte nicht beteiligt war. Zwar werden durch ein Schuldverhältnis grundsätzlich nur die an ihm Beteiligten berechtigt und verpflichtet. Dritte werden nicht einbezogen (Staudinger /Olzen, BGB Neubearb. 2005 § 241 Rdn. 293, 297; Palandt/Heinrichs, BGB 67. Aufl. Einl. v. § 241 Rdn. 5). Wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, gilt dies aber nicht uneingeschränkt für die Bestimmung der Leistungsverhältnisse in Fällen der Leistung kraft Anweisung. In diesen Fällen, wie etwa bei Zahlung durch Überweisung, ist für das Vorliegen einer Leistung des Anweisenden an den Anweisungsempfänger maßgeblich, ob im Verhältnis zwischen Anweisendem und Angewiesenem eine wirksame Anweisung oder jedenfalls der zurechenbare Rechtsschein einer solchen bestand (vgl. Senat BGHZ 147, 145, 149; 158, 1, 5, 7; 167, 171, 172 f. Tz. 9; Senatsurteil vom 21. Juni 2005 - XI ZR 152/04, WM 2005, 1564, 1565). Dementsprechend kann sich im Einzugsermächtigungsverfahren die zurechenbare Anweisung des Zahlungspflichtigen an die Zahlstelle nicht nur aus einer tatsächlich erklärten, sondern auch aus einer nach Nr. 7 Abs. 3 Satz 3 AGB-Banken fingierten Genehmigung ergeben (vgl. Senat BGHZ 167, 171, 176 Tz. 18).
30
(3) Der Genehmigungsfiktion nach Nr. 7 Abs. 3 Satz 3 AGB-Banken steht ferner nicht entgegen, dass der Kläger vor Ablauf der in Nr. 7 Abs. 3 Satz 1 AGB-Banken bestimmten Widerrufsfrist zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt bestimmt worden war.
31
(a) Zwar bedurfte die Genehmigung der Belastungsbuchung durch die Schuldnerin der Zustimmung des Klägers (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 InsO). Die Genehmigung der Belastungsbuchung ist eine Verfügung im Sinne dieser Vorschrift, weil erst durch sie die von der Schuldnerbank als Nichtberechtigte vorgenommene und deshalb zunächst unwirksame Verfügung im Deckungsverhältnis wirksam wird (vgl. RGZ 152, 380, 383; LG Oldenburg NZI 2007, 53, 54; Ermann/Palm, BGB 12. Aufl. Einl. § 104 Rdn. 19; Palandt/ Heinrichs/Ellenberger, BGB 67. Aufl. Überbl. v. § 104 Rdn. 16; i.E. ebenso, z.T. mit anderer Begründung BGH, Urteil vom 25. Oktober 2007 - IX ZR 217/06, WM 2007, 2246, 2248 f. Tz. 19, zur Veröffentlichung in BGHZ 174, 84 ff. vorgesehen ; OLG Karlsruhe ZIP 2007, 286, 287; Dahl NZI 2005, 102; Gero Fischer, in: Festschrift für Gerhardt S. 223, 233; Michel/Birkenhauer BP 2007, 554, 556; Schröder ZinsO 2006, 1, 2; Spliedt ZIP 2005, 1260, 1262; a.A. Hadding WuB I D 2.-2.06).
32
(b) Entgegen der Ansicht der Revision bindet Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken auch den vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt. Will er einer - erklärten oder fingierten - Genehmigung einer Belastungsbuchung durch den Schuldner nicht zustimmen, so hat er sich wie der Schuldner selbst rechtzeitig gegenüber der Schuldnerbank zu erklären. Anderenfalls muss auch er die Genehmigungsfiktion gegen sich gelten lassen (OLG München ZIP 2006, 2122, 2123; OLG Karlsruhe ZIP 2007, 286, 287; LG Freiburg, Urteil vom 10. November 2006 - 2 O 158/06, juris Tz. 31; Kuder, Die Zahlstelle in der Insolvenz des Lastschriftschuldners im Einzugsermächtigungsverfahren S. 73; Burghardt WM 2006, 1892, 1893 Fn. 12, 1894; Fritsche DZWIR 2005, 265, 273; Jungmann WuB I D 2.-3.07; Knees/Fischer ZinsO 2004, 5, 8; Knees/Kröger ZinsO 2006, 393, 394; Michel/Birkenhauer BP 2007, 554, 556; Nobbe KTS 2007, 397, 407 f.).
33
(c) Der vom IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs vertretenen gegenteiligen Auffassung (BGH, Urteile vom 25. Oktober 2007 - IX ZR 217/06, WM 2007, 2246, 2249 Tz. 24, zur Veröffentlichung in BGHZ 174, 84 vorgesehen , und vom 29. Mai 2008 - IX ZR 42/07, WM 2008, 1327, 1328 Tz. 9; ebenso Kuleisa, in: Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht 2. Aufl. § 82 Rdn. 22; MünchKommInsO/Haarmeyer, 2. Aufl. § 21 Rdn. 58; Dahl NZI 2005, 102; Gero Fischer, in: Festschrift für Gerhardt S. 223, 233 f.; Ganter WM 2005, 1557, 1562 f.; Langenbucher, in: Festschrift für Mailänder S. 21, 25 Fn. 25; Ringstmeier BGHReport 2005, 270, 271; Ringstmeier/Homann NZI 2005, 492, 493; Schröder ZinsO 2006, 1, 3; ohne Differenzierung zwischen starkem und schwachem vorläufigen Insolvenzverwalter: Ernestus, in: Mohrbutter /Ringstmeier, Handbuch der Insolvenzverwaltung 8. Aufl. § 4 Rdn. 119; Rattunde /Berner DZWIR 2003, 185, 189 f.; Schmidt ZinsO 2006, 1233, 1236; Spliedt NZI 2007, 72, 78; Stritz DZWIR 2005, 18, 21; Welsch DZWIR 2006, 221, 223) vermag der Senat nicht zuzustimmen.
34
aa) Der Insolvenzverwalter, auch ein vorläufiger, tritt in die bestehende Rechtslage ein und ist grundsätzlich an die vom Schuldner getroffenen Abreden gebunden (BGHZ 44, 1, 4; 56, 228, 230 f.; 106, 169, 175; 144, 349, 351; 161, 49, 53; BGH, Urteil vom 25. Oktober 2007 - IX ZR 217/06, WM 2007, 2246, 2249 Tz. 26, zur Veröffentlichung in BGHZ 174, 84 vorgesehen). Eine Ausnah- me hiervon ergibt sich für den vorliegenden Fall weder aus Bestimmungen der Insolvenzordnung noch aus übergeordneten Zwecken des Insolvenzverfahrens. Die §§ 103 ff. InsO können nicht herangezogen werden, weil diese Vorschriften vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht anwendbar sind (BGH, Urteile vom 25. Oktober 2007, WM 2007, 2256, 2250 Tz. 28, zur Veröffentlichung in BGHZ 174, 84 vorgesehen, und vom 8. November 2007 - IX ZR 53/04, WM 2007, 2331 f. Tz. 9). Gleiches gilt für die Vorschriften über die Insolvenzanfechtung nach §§ 129 ff. InsO.
35
(bb) Die Bindung des vorläufigen Insolvenzverwalters an die Genehmigungsfiktion läuft auch nicht etwa dem Zweck des Insolvenzverfahrens, einer gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung (§ 1 Satz 1 InsO; BGHZ 154, 190, 197), zuwider (a.A. Ernestus, in: Mohrbutter/Ringstmeier, Handbuch der Insolvenzverwaltung 8. Aufl. § 4 Rdn. 119). Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken schließt die Erklärung des Widerspruchs bzw. die Verweigerung der Zustimmung durch den vorläufigen Insolvenzverwalter nicht aus, sondern setzt ihr nur im Interesse der Funktionsfähigkeit des Lastschriftverfahrens eine zeitliche Grenze. Seine grundsätzliche insolvenzrechtliche Kompetenz, über die Genehmigung der Belastungsbuchung zu entscheiden, wird dem vorläufigen Insolvenzverwalter damit nicht genommen.
36
Ferner ist die Genehmigung einer Lastschrift nicht zwingend nachteilig für die Insolvenzmasse: Wurde die Lastschrift - wie hier - von einem debitorisch geführten Konto eingezogen, kann es günstiger sein, die Lastschrift zu genehmigen und die Zahlung unmittelbar gegenüber dem Gläubiger anzufechten (vgl. Dahl NZI 2005, 102; Ganter WM 2005, 1557, 1561 f.; Ringstmeier BGHReport 2005, 270; siehe auch BGH, Urteil vom 25. Oktober 2007 - IX ZR 217/06, WM 2007, 2246, 2251 Tz. 39, zur Veröffentlichung in BGHZ 174, 84 vorgese- hen), weil der Widerspruch gegen die Belastungsbuchung lediglich zu deren Beseitigung, nicht aber zu einem Auszahlungsanspruch des Insolvenzverwalters führt (BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2002 - IX ZR 125/02, WM 2002, 2408, 2409). Unter Berücksichtigung dessen hat der Kläger nach eigenen Angaben von einem Widerspruch gegenüber der Schuldnerbank abgesehen.
37
(cc) Auch der IX. Zivilsenat nimmt an, dass Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken im Rechtsverhältnis zwischen der Schuldnerbank und einem vorläufigen "starken" sowie dem endgültigen Insolvenzverwalter in gleicher Weise wirkt wie gegenüber dem Schuldner, solange jener uneingeschränkt verfügungsberechtigt war (BGH, Urteil vom 25. Oktober 2007 - IX ZR 217/06, WM 2007, 2246, 2249 Tz. 25, zur Veröffentlichung in BGHZ 174, 84 vorgesehen). Dann kann aber für einen vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt nichts anderes gelten. Denn seine Bestellung ist - wie die Möglichkeit der individuellen Bestimmung seiner Pflichten (und seiner Befugnisse; vgl. BGHZ 151, 353, 366) nach § 22 Abs. 2 InsO sowie die einheitliche Behandlung der Verfügungsbeschränkungen des § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 InsO in § 24 Abs. 1 InsO zeigen - nicht etwas grundlegend anderes, sondern ein "Weniger" im Vergleich zur Einsetzung eines vorläufigen Insolvenzverwalters mit Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis und darf deshalb nicht zu einer weitergehenden Rechtsfolge führen (vgl. Jaeger/Gerhardt, InsO § 21 Rdn. 14, 24; Kuder, Die Zahlstelle in der Insolvenz des Lastschriftschuldners im Einzugsermächtigungsverfahren S. 72; MünchKommInsO/Haarmeyer, 2. Aufl. § 21 Rdn. 65, § 22 Rdn. 15 f., 28; Fritsche DZWIR 2005, 265, 268 f.).
38
(dd) Bei der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters mit Zustimmungsvorbehalt wird das Verfügungsrecht des Schuldners aufgeteilt. Das Recht des Insolvenzverwalters, auf die Wirksamkeit rechtsgeschäftlicher Verfü- gungen des Schuldners Einfluss zu nehmen, ist aus dessen bisheriger Rechtsstellung abgespalten (OLG München ZIP 2006, 2122, 2123; OLG Karlsruhe ZIP 2007, 286, 287; Nobbe KTS 2007, 397, 408). Auch der vorläufige Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt ist, wie auch der IX. Zivilsenat in seinem Urteil vom 25. Oktober 2007 (IX ZR 217/06, WM 2007, 2246, 2249 Tz. 24, zur Veröffentlichung in BGHZ 174, 84 vorgesehen) anerkennt, ohne weiteres in der Lage, die Wirksamkeit rechtsgeschäftlicher Verfügungen des Schuldners zu verhindern. Bei einer Genehmigung einer Einzugsermächtigungslastschrift durch den Schuldner geschieht dies dadurch, dass der vorläufige Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt der darin liegenden Verfügung widerspricht. In gleicher Weise kann er auch den Eintritt der Genehmigungsfiktion nach Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken verhindern. Nichts spricht danach dafür, den vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt im Hinblick auf Nr. 7 Abs. 3 AGBBanken anders zu behandeln als den vorläufigen "starken" Insolvenzverwalter. Dass nur letzterer in der Lage ist, aus eigenem Recht eine Einzugsermächtigungslastschrift wirksam zu genehmigen, ist ohne Belang. Im Rahmen der Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken kommt es nur darauf an, dass der vorläufige Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt die Genehmigungsfiktion vermeiden kann. Ebenso wie der Kläger mit Telefax vom 11. November 2006 an die Beklagte dem Einzug von Lastschriften widersprochen hat, hätte er dies auch gegenüber der Schuldnerbank tun können und müssen. Es gibt keinen vernünftigen Grund, dem endgültigen Insolvenzverwalter, der mit den vorläufigen in aller Regel personenidentisch ist, das Recht einzuräumen, nach vielen Monaten einer Lastschrift auf dem Konto des Schuldners wirksam widersprechen zu können, obwohl auch der vorläufige Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt dies hätte wirksam tun können. Ein solches Sonderprivatrecht für vorläufige Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt entbehrt jeder Grundlage.
39
(c) Eine Vorlage der Rechtsfrage an den Großen Senat für Zivilsachen gemäß § 132 Abs. 2 GVG ist nicht geboten. Die abweichende Rechtsmeinung des IX. Zivilsenats in seinen Urteilen vom 25. Oktober 2007 und 29. Mai 2008 (IX ZR 217/06, WM 2007, 2246, 2249 Tz. 24, zur Veröffentlichung in BGHZ 174, 84 vorgesehen, sowie IX ZR 42/07, WM 2008, 1327, 1328 Tz. 9) war für diese Entscheidungen nicht tragend (vgl. zu diesem Erfordernis BGHZ 55, 137, 146; 157, 350, 360). Der IX. Zivilsenat hat das Bestehen des jeweils geltend gemachten Anspruchs im Ergebnis deshalb verneint und die Revision zurückgewiesen, weil die Kläger die in Rede stehenden Belastungsbuchungen als endgültige Insolvenzverwalter konkludent bzw. ausdrücklich genehmigt hatte. Er hätte deshalb die Frage, ob Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken auch für den vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt gilt, nicht beantworten müssen.
40
bb) Die Leistung der Schuldnerin an die Beklagte ist auch mit Rechtsgrund erfolgt, weil hierdurch der Anspruch der Beklagten auf Zahlung der fälligen Leasingrate für Oktober 2005 aus dem Leasingvertrag erfüllt worden ist.
41
2. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis auch zutreffend einen Anspruch des Klägers aus § 143 Abs. 1 InsO verneint, weil ein Bargeschäft nach § 142 InsO vorliegt, das eine Anfechtung nach § 130 InsO ausschließt.
42
a) Unter Zugrundelegung der Erfüllungstheorie für das Valutaverhältnis liegt ein Bargeschäft im Sinne von § 142 InsO vor, weil mit vorbehaltlos gewordener Gutschrift der dem Konto der Schuldnerin am 20. September 2005 belasteten fälligen Leasingrate für Oktober 2005 erfüllt worden ist, die das angemessene Entgelt für die von der Schuldnerin gezogene Nutzung des Fahrzeugs für denselben Zeitraum darstellt.

43
aa) Entgegen der Ansicht der Revision ist die Anwendung von § 142 InsO nicht deswegen ausgeschlossen, weil Leistung und Gegenleistung von der Schuldnerin und der Beklagten nicht zeitabschnittsweise ausgetauscht worden seien. Bei einer länger dauernden Vertragsbeziehung setzt § 142 InsO voraus, dass die jeweiligen Leistungen und Gegenleistungen zeitlich oder gegenständlich teilbar sind und zeitnah - entweder in Teilen oder abschnittsweise - ausgetauscht werden (BGHZ 167, 190, 201 Tz. 34). Die Revision verkennt, dass das hier der Fall ist.
44
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt bei zeitnaher Zahlung von Miet- oder Pachtzinsen ein Bargeschäft vor (BGHZ 151, 353, 370). Gleiches gilt für die Zahlung von Leasingraten, die Miet- und Pachtzahlungen vergleichbar sind (BGHZ 71, 189, 193 f.; 151, 353, 358; BGH, Urteile vom 24. November 1993 - VIII ZR 240/92, WM 1994, 242, 243 und vom 1. März 2007 - IX ZR 81/05, WM 2007, 840 Tz. 9; Amtliche Begründung zu § 126 RegEInsO , BT-Drucks. 12/2443 S. 148; Tintelnot, in: Kübler/Prütting, InsO § 108 Rdn. 18; Goetsch, in: Breutigam/Blersch/Goetsch, Insolvenzrecht § 103 Rd. 4, 36, 50, § 108 Rdn. 13; Jaeger/Henckel, InsO § 47 Rdn. 67; Hess, Insolvenzrecht § 108 Rdn. 32 f.; MünchKommInsO/Eckert, 2. Aufl. § 108 Rdn. 28; Smid, InsO 2. Aufl. § 108 Rdn. 10). Nach Ziffer IV. 1. des Leasingvertrages waren von der Schuldnerin monatliche Raten als Gegenleistung für die Gebrauchsüberlassung des Fahrzeuges zu erbringen. Es liegt daher eine Rechtslage vor, die der bei Miet- und Pachtzahlungen vergleichbar ist.
45
bb) Bei der am 20. September 2005 abgebuchten Leasingrate handelt es sich auch um eine kongruente Befriedigung der Beklagten. Eine kongruente Deckung liegt auch dann vor, wenn eine fällige Schuld nicht bar, sondern per Überweisung, Scheck oder Lastschrift gezahlt wird (vgl. Nobbe KTS 2007, 397, 416 m.w. Nachw.). Der Anspruch der Beklagten aus dem Leasingvertrag auf Zahlung der hier in Rede stehenden Leasingrate für Oktober 2005 war am 20. September 2005 fällig, wovon beide Parteien auch in der Revisionsinstanz ausgehen. Das entspricht der Regelung in Ziffer V. 1. des Leasingvertrages. Da die Rate bei Fälligkeit mit Erfüllungswirkung eingezogen worden ist und der Beklagten auch für die tatsächlich gewährte Nutzung des Fahrzeuges zustand, liegt eine kongruente Leistung vor, die nicht angefochten werden kann.
46
b) An diesem Ergebnis ändert sich nichts, wenn man - wie das Berufungsgericht - der Entscheidung die Genehmigungstheorie zugrunde legt. Auch auf der Grundlage der Genehmigungstheorie liegt ein Bargeschäft (§ 142 InsO) vor. Im Falle der gemäß Nr. 7 Abs. 3 AGB-Banken fingierten Genehmigung der Belastungsbuchung vom 20. September 2005 ist der Leistungsaustausch bereits mit der vorbehaltlosen Gutschrift der fälligen Leasingrate erfolgt.
47
Genehmigt der Schuldner die Belastungsbuchung, ist für die Feststellung des Leistungsaustauschs im Rahmen von § 142 InsO - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - nicht der Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung , sondern der des Lastschrifteinzugs maßgeblich (BGH, Urteil vom 29. Mai 2008 - IX ZR 42/07, WM 2008, 1327, 1329 Tz. 15; MünchKomm /Kirchhof, InsO 2. Aufl. § 142 Rdn. 17; Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis 7. Aufl. Rdn. 3.457; Schröder ZinsO 2006, 1, 3 f.; a.A. LG Oldenburg NZI 2007, 53, 54; Jaeger/Henckel, InsO § 142 Rdn. 16; Kuleisa, in: Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht 2. Aufl. § 82 Rdn. 24; Zeuner, Die Anfechtung in der Insolvenz 2. Aufl. § 2 Rdn. 53; Welsch DZWIR 2006, 221, 225). Denn im Fall der Genehmigung der Belastungsbuchung durch den Zahlungspflichtigen steht die Zahlung per Lastschrift der Barzahlung wirtschaftlich gleich.
Der Beklagten, die hier sowohl erste Inkassostelle also auch Zahlungsempfängerin war, stand der Betrag ab Einlösung der Lastschrift zur Verfügung (vgl. van Gelder, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 3. Aufl. § 56 Rdn. 41 ff., § 58 Rdn. 14, 168; Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht 3. Aufl. Rdn. 4.429, 4.463; Soergel/Häuser/Welter, BGB 12. Aufl. § 675 Rdn. 206 f.; Böhm BKR 2005, 366, 369; Rottnauer WM 1995, 272, 273), und das Vermögen der Schuldnerin als Zahlungspflichtigen ist bereits mit der Belastungsbuchung, hier also seit dem 20. September 2005, vermindert, weil die Zahlstelle wegen der nach § 184 Abs. 1 BGB auf den Zeitpunkt der Belastungsbuchung rückwirkenden Genehmigung einen Aufwendungsersatzanspruch gegen den Schuldner aus § 670 BGB erwirbt (vgl. Senat BGHZ 144, 349, 353 f.; 162, 294, 303; 167, 171, 174 Tz. 13; Senatsurteil vom 14. Februar 1989 - XI ZR 141/88, WM 1989, 520, 521; Bork, in: Festschrift für Gerhardt S. 69, 73; MünchKommBGB /Hüffer, 4. Aufl. § 783 Rdn. 62; Hadding WM 1978, 1366, 1369; Nobbe/Ellenberger WM 2006, 1885, 1886; Stritz DZWIR 2005, 18, 20). Kraft der gesetzlichen Rückwirkungsfiktion gilt die Zahlung des Schuldners nicht nur tatsächlich , sondern auch rechtlich als im Zeitpunkt des Lastschrifteinzugs als erbracht. War der Leistungsaustausch danach mit dem Lastschrifteinzug rechtsverbindlich abgeschlossen, ist folgerichtig auch im Rahmen des § 142 InsO eine Bardeckung erfolgt (BGH, Urteil vom 29. Mai 2008 - IX ZR 42/07, WM 2008, 1327, 1329 Tz. 16; Bork, in: Festschrift für Gerhardt S. 69, 73).

III.


48
Nach alledem war die Revision zurückzuweisen.
Nobbe Ellenberger Müller
Richter am Bundesgerichtshof Maihold Matthias ist wegen Urlaubs gehindert, seine Unterschriftbeizufügen. Nobbe
Vorinstanzen:
AG Köln, Entscheidung vom 16.11.2006 - 121 C 341/06 -
LG Köln, Entscheidung vom 25.04.2007 - 13 S 375/06 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 258/12
Verkündet am:
29. Januar 2015
Kluckow
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Zahlt die Bank des Schuldners nach der irrtümlichen Rückbuchung einer schon genehmigten
Lastschrift den Lastschriftbetrag vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens
an den zum Einzug von Forderungen ermächtigten, mitbestimmenden vorläufigen
Insolvenzverwalter aus, gilt ihr bereicherungsrechtlicher Anspruch auf Rückzahlung
nach der Verfahrenseröffnung nicht als Masseverbindlichkeit.
BGH, Urteil vom 29. Januar 2015 - IX ZR 258/12 - OLG Frankfurt am Main
LG Fulda
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. Januar 2015 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die
Richter Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Fischer, Grupp und die Richterin Möhring

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 14. Zivilsenats in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 16. Oktober 2012 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin, eine österreichische GmbH, betreibt für die österreichische A. (A. ) das LKW-Mautsystem in Österreich. Sie beauftragte im Jahr 2006 die L. GmbH & Co. KG (fortan: Schuldnerin) mit dem Vertrieb von Mautwerten in Deutschland. Die vertraglichen Vereinbarungen sahen vor, dass Barzahlungen der Kunden von der Schuldnerin im Namen und im Auftrag der A. entgegengenommen und spätestens am zweiten auf den Zahlungstag folgenden Tag von der Klägerin auf der Grundlage von bei der Schuldnerin erstellten Sammelbelegen von einem Konto der Schuldnerin bei einer deutschen Bank eingezogen wurden. Am 25. Juli 2008 wurde die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin beantragt und der Beklagte zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Das Insolvenzgericht ordnete einen Zustimmungsvorbehalt an und ermächtigte den Beklagten, Bankguthaben und sonstige Forderungen der Schuldnerin einzuziehen und Gelder entgegenzunehmen. Auf Verlangen des Beklagten buchte die Bank der Schuldnerin Lastschrifteinzüge im Gesamtbetrag von 65.181,06 € zurück, welche die Klägerin für den Zeitraum vom 27. Mai bis zum 31. Juli 2008 veranlasst hatte. Am 1. Oktober 2008 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt.
2
Die Klägerin hat sich Ansprüche der A. abtreten lassen und verlangt vom Beklagten aus der Insolvenzmasse Zahlung von 65.181,06 € nebst Zinsen. Da mit der Klage zunächst nur ein Teilbetrag von 5.001 € geltend gemacht worden war, erhob der Beklagte Widerklage mit dem Antrag, festzustellen , dass keine weitergehende Zahlungspflicht des Beklagten bestehe. Nach Erweiterung der Klage auf den Betrag von 65.181,06 € hat er die Feststellung der Erledigung der Widerklage beantragt. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht den zu zahlenden Betrag auf 63.784,94 € ermäßigt. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Abweisung der Klage und die Feststellung der Erledigung seiner Widerklage.

Entscheidungsgründe:


3
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


4
Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die Klageforderung sei in Höhe von 63.784,94 € aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 BGB begründet. Gegen die Aktivlegitimation der Klägerin bestünden keine Bedenken, weil die der Klägerin vertraglich eingeräumte Einzugsermächtigung auch für die streitgegenständlichen Ansprüche wegen ungerechtfertigter Bereicherung gelte und die A. eventuelle Ansprüche gegen den Beklagten an die Klägerin abgetreten habe. Die Insolvenzmasse sei durch die Rückbuchung auf Kosten der A. ungerechtfertigt bereichert, weil die Lastschriften bereits konkludent genehmigt gewesen seien und der Beklagte deshalb mit seinem Lastschriftwiderspruch unberechtigt in eine rechtlich gesicherte Position der A. eingegriffen habe. Der Anspruch wegen ungerechtfertigter Bereicherung sei eine Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO. Die Regelung in § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO gelte nicht nur für Fälle nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 und 2 InsO, sondern auch für einen Bereicherungsanspruch nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO, sofern er - wie hier - durch eine Handlung des vorläufigen Insolvenzverwalters entstanden sei. Dass dem Beklagten nicht, wie von § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO vorausgesetzt, die Verfügungsbefugnis übertragen gewesen sei, stehe nicht entgegen, weil der Beklagte bei der Rückforderung der Lastschriftbeträge von der ihm erteilten Einzelermächtigung zum Ein- zug von Forderungen und zur Entgegennahme von Geld Gebrauch gemacht habe.

II.


5
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
6
1. Der vom Berufungsgericht wegen der Rückbuchung und Auszahlung der eingezogenen Lastschriftbeträge angenommene Bereicherungsanspruch der Klägerin oder der A. besteht nicht.
7
a) Ohne Erfolg wendet sich die Revision allerdings gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die Schuldnerin habe die Lastschriftbuchungen im Umfang von insgesamt 63.784,94 € bereits konkludent genehmigt gehabt, als der Beklagte dem Lastschrifteinzug widersprach und die Rückbuchung verlangte.
8
aa) Feststellungen zu einer konkludent erklärten Genehmigung sind als Ergebnis einer tatrichterlichen Auslegung im Revisionsverfahren nur beschränkt darauf überprüfbar, ob gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze , Denkgesetze oder Verfahrensvorschriften verletzt worden sind. Zu klären ist dabei auch, ob alle erheblichen Umstände vom Tatrichter umfassend gewürdigt worden sind (BGH, Urteil vom 1. Dezember 2011 - IX ZR 58/11, WM 2012, 160 Rn. 10; vom 3. April 2012 - XI ZR 39/11, WM 2012, 933 Rn. 21, jeweils mwN).
9
bb) Nach diesem Maßstab sind die Feststellungen des Berufungsgerichts zur Frage einer konkludenten Genehmigung nicht zu beanstanden. Das Beru- fungsgericht hat seiner Beurteilung die in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannten Auslegungsgrundsätze zugrunde gelegt. Eine konkludente Genehmigung von Lastschriftbuchungen kommt danach in Betracht, wenn es sich für die Zahlstelle erkennbar um regelmäßig wiederkehrende Lastschriften aus einer laufenden Geschäftsbeziehung handelt, die der Kontoinhaber in der Vergangenheit bereits einmal genehmigt hat. Erhebt der Schuldner in Kenntnis eines erneuten Lastschrifteinzugs, der sich im Rahmen der bereits genehmigten Lastschriftbuchungen bewegt, gegen diesen nach einer angemessenen Überlegungsfrist keine Einwendungen, so kann auf Seiten der Zahlstelle die berechtigte Erwartung entstehen, auch diese Belastungsbuchung solle Bestand haben (BGH, Urteil vom 27. September 2009 - XI ZR 215/10, WM 2011, 2041 Rn. 17 mwN). Dabei muss es sich nicht um eine Reihe von im Wesentlichen gleichbleibenden Zahlungen handeln. Werden im unternehmerischen Verkehr fortlaufend Forderungen in unterschiedlicher Höhe im Rahmen von laufenden Geschäftsbeziehungen mittels Lastschrift im Einzugsermächtigungsverfahren eingezogen, so kommt eine konkludente Genehmigung einer Lastschriftbuchung auch dann in Betracht, wenn sie sich innerhalb einer Schwankungsbreite von bereits zuvor genehmigten Lastschriftbuchungen bewegt oder diese nicht wesentlich über- oder unterschreitet (BGH, Urteil vom 8. November 2011 - XI ZR 158/10, WM 2011, 2358 Rn. 20; vom 1. Dezember 2011 - IX ZR 58/11, WM 2012, 160 Rn. 11, jeweils mwN). Beruhen Lastschriftbuchungen erkennbar auf Zahlungspflichten, deren variierende Höhe der Schuldner gegenüber der für die Einziehung zuständigen Stelle erklärt hat, besteht aus Sicht der kontoführenden Bank für den Schuldner nicht die Notwendigkeit zu einer umfassenden Überprüfung. Als Überprüfungsfrist kann eine Frist von drei Tagen genügen. Da diesen Buchungen eine konkrete Anmeldung des Schuldners zugrunde liegt, kommt eine konkludente Genehmigung auch dann in Betracht, wenn sich die einzelnen Beträge nicht innerhalb der Schwankungsbreite voran- gegangener Lastschriftbuchungen bewegen (BGH, Urteil vom 1. Dezember 2011, aaO Rn. 12; vom 3. April 2012 - XI ZR 39/11, WM 2012, 933 Rn. 47 f; vom 28. Juni 2012 - IX ZR 219/10, BGHZ 194, 1 Rn. 8). Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht beachtet. Dass es bei der Würdigung des konkreten Sachverhalts nicht alle erheblichen Umstände einbezogen hätte, zeigt die Revision nicht auf. Solches ist auch nicht erkennbar.
10
b) Der Umstand, dass die im Rahmen des Lastschrifteinzugs erfolgten Belastungsbuchungen der Schuldnerbank auf dem Konto der Schuldnerin noch vor den gegenläufigen Erklärungen des Beklagten von der Schuldnerin genehmigt worden waren, führt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nach der Rückbuchung der eingezogenen Beträge jedoch nicht zu einem Anspruch der Klägerin oder der A. gegen den Beklagten wegen ungerechtfertigter Bereicherung der Insolvenzmasse. Die Schuldnerin hat durch die Rückbuchung der Lastschrifteinzüge auf ihrem Bankkonto keine Forderung gegen ihre Bank zurückerlangt, sondern lediglich eine Buchposition. Diese Buchposition ist nicht durch Genehmigung der Klägerin zum Forderungserwerb erstarkt. Sie beruht nicht auf einer Leistung der Klägerin und geht auch nicht auf deren Kosten. Die infolge unbegründeter Rückbuchung eines wirksamen Lastschrifteinzugs entstandene Buchposition des Schuldners gegenüber seiner Bank kann deshalb nicht als ungerechtfertigte Vermögensverschiebung im Valutaverhältnis rückgängig gemacht werden (BGH, Urteil vom 20. Juli 2010 - IX ZR 37/09, BGHZ 186, 242 Rn. 30; vom 28. Juni 2012, aaO Rn. 12 ff). Entsprechendes gilt, wenn - wie der Beklagte behauptet - die auf das Konto der Schuldnerin zurückgebuchten Beträge an den Beklagten ausbezahlt worden sein sollten. Auch in diesem Fall hat die Insolvenzmasse nichts auf Kosten der Klägerin oder der A. erlangt.
11
2. Mangels ausreichender Feststellungen des Berufungsgerichts kann nicht abschließend beurteilt werden, ob die angefochtene Entscheidung aus anderen Gründen im Ergebnis richtig ist (§ 561 ZPO). Sollte der von der Schuldnerbank zurückgebuchte Betrag entsprechend der hiermit erlangten bloßen Buchposition erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an den Beklagten ausgezahlt worden sein, hätte die Klägerin aus abgetretenem Recht der Schuldnerbank einen gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO aus der Insolvenzmasse zu befriedigenden Anspruch gegen den Beklagten aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB in der vom Berufungsgericht zuerkannten Höhe.
12
a) Die Klägerin hat durch mehrere Abtretungen unter anderem auch diejenigen Ansprüche erworben, welche der Bank der Schuldnerin gegen die Masse oder den Beklagten zustehen, weil dieser den streitgegenständlichen Lastschriftbuchungen widersprach und ihre Rückbuchung veranlasste. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass diese Ansprüche mit Vereinbarung vom 5./8. Juli 2011 von der Schuldnerbank (C. AG) an die Bank der Klägerin (S. AG) abgetreten wurden und sodann mit Vereinbarung vom 11. Juli 2011 von der Bank der Klägerin andie A. und - bereits am 6./8. Juli 2011 vereinbart - von der A. an die Klägerin.
13
b) Ein Anspruch der Schuldnerbank gegen den Beklagten auf Zahlung des zurückgebuchten Betrags aus der Insolvenzmasse in dem vom Berufungsgericht angenommenen Umfang bestand, wenn die Schuldnerbank den zurückgebuchten Betrag nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an den Beklagten ausgezahlt hat.
14
aa) Die Versagung der Genehmigung einer Lastschriftbuchung durch einen vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt geht ins Leere, wenn die Buchung - wie hier - bereits zuvor wirksam genehmigt wurde. In diesem Fall ist im Deckungsverhältnis zwischen der Schuldnerbank und dem Schuldner bereits vor der Erklärung des vorläufigen Insolvenzverwalters der Aufwendungsersatzanspruch der Schuldnerbank in Höhe des Lastschriftbetrages entstanden und die von ihr vorgenommene Belastungsbuchung des Schuldnerkontos mit Rechtsgrund erfolgt. Indem die Schuldnerbank aufgrund des Widerspruchs des vorläufigen Insolvenzverwalters den Lastschriftbetrag dem Konto wieder gutschreibt, will sie ihrer girovertraglichen Pflicht zur Kontoberichtigung nachkommen, die aber wegen der zuvor konkludent erteilten Genehmigung nicht besteht. Die Rückbuchung begründet unter diesen Umständen keine Forderung des Schuldners gegen seine Bank, sondern lediglich eine Buchposition. Diese kann von der Schuldnerbank berichtigt werden. Ein auf Zahlung gerichteter Anspruch der Schuldnerbank gegen den Schuldner oder den Insolvenzverwalter entsteht erst, wenn die Schuldnerbank den zurückgebuchten Betrag auszahlt (BGH, Urteil vom 1. März 2011 - XI ZR 320/09, WM 2011, 743 Rn. 19; vom 27. September 2011 - XI ZR 328/09, WM 2011, 2259 Rn. 20 f mwN). Sofern im Streitfall eine solche Auszahlung nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt sein sollte, handelte es sich bei dem dann bestehenden Anspruch der Schuldnerbank auf Rückzahlung wegen ungerechtfertigter Bereicherung nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO um eine Masseverbindlichkeit.
15
bb) Wurde der zurückgebuchte Lastschriftbetrag hingegen bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an die Schuldnerin oder an den Beklagten ausgezahlt, ist der Anspruch auf Rückzahlung eine bloße Insolvenzforderung.
16
(1) § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO ist auf diesen Fall nicht anwendbar. Denn diese Norm setzt voraus, dass die Bereicherung erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Masse zugeflossen ist (BGH, Urteil vom 20. September 2007 - IX ZR 91/06, WM 2007, 2299 Rn. 9; vom 7. Mai 2009 - IX ZR 61/08, ZIP 2009, 1477 Rn. 12; vom 13. Januar 2011 - IX ZR 233/09, ZInsO 2011, 388 Rn. 10).
17
(2) Auch § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO verleiht dem Rückzahlungsanspruch nicht die Qualität einer Masseverbindlichkeit. Nach dieser Norm gelten Verbindlichkeiten , die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter begründet worden sind, auf den die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergegangen ist, nach der Eröffnung des Verfahrens als Masseverbindlichkeit. Eine unmittelbare Anwendung der Bestimmung scheidet aus, weil das Insolvenzgericht bei der Bestellung des Beklagten zum vorläufigen Insolvenzverwalter dem Schuldner kein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt hat (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 1 InsO), weshalb die Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners nicht auf den Beklagten übergegangen ist (§ 22 Abs. 1 Satz 1 InsO), sondern lediglich die Wirksamkeit von Verfügungen des Schuldners von der Zustimmung des Beklagten abhängig gemacht hat (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 InsO).
18
Auch eine entsprechende Anwendung von § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO auf Rechtshandlungen eines solchen bloß mitbestimmenden vorläufigen Insolvenzverwalters kommt nicht in Betracht. Masseverbindlichkeiten kann dieser nur begründen, wenn ihm vom Insolvenzgericht die Ermächtigung erteilt worden ist, einzelne, im Voraus genau festgelegte Verpflichtungen zu Lasten der späteren Insolvenzmasse einzugehen (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 2002 - IX ZR 195/01, BGHZ 151, 353, 363 ff; vom 20. September 2007 - IX ZR 91/06, WM 2007, 2299 Rn. 9; vom 7. Mai 2009 - IX ZR 61/08, ZIP 2009, 1477 Rn. 13; vom 13. Januar 2011, aaO Rn. 9; vgl. auch BGH, Urteil vom 8. März 2012 - IX ZR 78/11, WM 2012, 706 Rn. 27). Eine diesen Anforderungen genügende Einzelermächtigung liegt im Streitfall nicht vor. Stellt man darauf ab, dass der Bereicherungsanspruch der Schuldnerbank eine Folge des Widerspruchs des Beklagten gegen die Lastschriftbuchungen war, fehlt es von vorneherein an einer hierauf bezogenen Einzelermächtigung. Widerspricht ein mitbestimmender vorläufiger Insolvenzverwalter einer Lastschriftbuchung, verweigert er damit seine Zustimmung zu der zunächst unberechtigt erfolgten Belastung des Schuldnerkontos. Hierzu ist er bereits aufgrund des Zustimmungsvorbehalts nach § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2 InsO berechtigt. Einer gesonderten Ermächtigung zum Widerspruch bedarf es nicht, und eine solche wurde auch nicht erteilt.
19
Bei der Entgegennahme einer Auszahlung der von der Schuldnerbank zurückgebuchten Beträge vor der Verfahrenseröffnung handelte der Beklagte zwar auf der Grundlage einer Einzelermächtigung. Die vom Insolvenzgericht ausgesprochene Ermächtigung des Beklagten, Bankguthaben und sonstige Forderungen der Schuldnerin einzuziehen sowie eingehende Gelder entgegenzunehmen , war ausreichend bestimmt und auch sonst wirksam (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 2002 - IX ZR 195/01, BGHZ 151, 353, 365, 367). Es handelte sich bei dieser Ermächtigung aber nicht um eine Ermächtigung zur Eingehung von Verbindlichkeiten zu Lasten der späteren Masse im Sinne der Rechtsprechung des erkennenden Senats (BGH, Urteil vom 20. September 2007 - IX ZR 91/06, WM 2007, 2299 Rn. 1, 9). Unter der Geltung der Konkursordnung konnte der Sequester keine Masseverbindlichkeiten begründen. Abweichend hiervon räumt § 55 Abs. 2 InsO ein solches Recht dem verfügungsbefugten vorläufigen Insolvenzverwalter ein. Damit soll insbesondere Geschäftspartnern des insolventen Unternehmens ein Anreiz gegeben werden, die Geschäftsbeziehungen mit ei- nem vorläufigen Insolvenzverwalter fortzusetzen sowie ihm Geld- und Warenkredit zu gewähren (BGH, Urteil vom 18. Juli 2002, aaO S. 359 mwN). Wird kein allgemeines Verfügungsverbot, sondern nur ein Zustimmungsvorbehalt angeordnet, ist der vorläufige Insolvenzverwalter rechtlich nicht in der Lage, selbständig Geschäfte abzuschließen. Ein Vertrauen der Geschäftspartner kann sich in diesem Fall nur an Einzelermächtigungen ausrichten. Solche kann das Insolvenzgericht nach § 22 Abs. 2 InsO erteilen, soweit sie erforderlich sind, um auch einem nicht verfügungsbefugten vorläufigen Verwalter die Erfüllung seiner Aufgaben zu ermöglichen. Aus Gründen der Rechtsklarheit und des gebotenen Schutzes des Vertragspartners muss allerdings aus der jeweiligen Ermächtigung selbst unmissverständlich zu erkennen sein, mit welchen Befugnissen der vorläufige Insolvenzverwalter ausgestattet ist (BGH, Urteil vom 18. Juli 2002, aaO S. 367). Deshalb muss sich aus der Ermächtigung auch eindeutig ergeben, ob und in welchem Umfang der vorläufige Verwalter Verbindlichkeiten zu Lasten der späteren Masse begründen kann. Die allgemeine Ermächtigung zum Einzug von Forderungen genügt dem nicht. Sie verleiht dem vorläufigen Verwalter nur die Verfügungsmacht über die Forderungen des Schuldners und bewirkt , dass die Forderungen durch die Zahlung an den vorläufigen Verwalter erlöschen. Auf die Begründung von Masseverbindlichkeiten erstreckt sich eine solche Ermächtigung nicht. Der Senat hat deshalb schon in dem Grundsatzurteil vom 18. Juli 2002 (aaO S. 365) zwischen einer Ermächtigung zum Forderungseinzug und Ermächtigungen zur Eingehung von Verpflichtungen zu Lasten der Insolvenzmasse unterschieden.
20
(3) Eine andere Frage ist es, ob im Falle der Anordnung eines allgemeinen Verfügungsverbots der Anspruch eines Gläubigers wegen einer während des Eröffnungsverfahrens eingetretenen ungerechtfertigten Bereicherung gemäß § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeit gilt. Diese im Schrifttum umstrittene (vgl. MünchKommInsO /Hefermehl, 3. Aufl., § 55 Rn. 212 mwN) Frage braucht hier nicht beantwortet zu werden.
21
c) Mithin kommt es im Streitfall entscheidend darauf an, ob die zu Unrecht zurückgebuchten Lastschriftbeträge nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an den Beklagten ausgezahlt wurden. Dazu enthält das Berufungsurteil keine eindeutige Feststellung. Bei der Darstellung des Sachverhalts ist nur von der Rückbuchung der Lastschriften die Rede. Im Rahmen der Begründung wird ausgeführt, die Rückbelastungen seien vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Masse gelangt. Ob damit eine Auszahlung gemeint ist, lässt sich dem Urteil nicht entnehmen. Auch aus dem vom Berufungsurteil in Bezug genommenen Tatbestand des Urteils des Landgerichts ergibt sich insoweit nichts.

III.


22
Das angefochtene Urteil ist danach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an dasBerufungsgericht zurückzuverweisen, das die erforderlichen Feststellungen zu treffen haben wird (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Kayser Gehrlein Fischer
Grupp Möhring
Vorinstanzen:
LG Fulda, Entscheidung vom 30.09.2011 - 7 O 13/11 -
OLG Frankfurt in Kassel, Entscheidung vom 16.10.2012 - 14 U 222/11 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 39/11 Verkündet am:
3. April 2012
Weber,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Zur Frage einer konkludenten Genehmigung bereits gebuchter Einzugsermächtigungslastschriften
bei Zuführung neuer Liquidität durch den Schuldner (Fortführung
der Senatsurteile vom 26. Juli 2011 - XI ZR 36/10, NZI 2011, 679 Rn. 17 und
vom 25. Oktober 2011 - XI ZR 368/09, WM 2011, 2316 Rn. 15).

b) Zum Einwand der Deckungsanfechtung bei Genehmigung von Einzugsermächtigungslastschriften.
BGH, Urteil vom 3. April 2012 - XI ZR 39/11 - OLG München
LG München I
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. April 2012 durch den Vorsitzenden Richter Wiechers und die Richter
Dr. Ellenberger, Dr. Grüneberg, Maihold und Dr. Matthias

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 20. Dezember 2010 insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht zum Nachteil der Beklagten erkannt hat. Auf die Anschlussrevision des Klägers wird das Urteil weiter insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts München I, 22. Zivilkammer , vom 22. Januar 2009 in Höhe eines Betrages von 3.065,19 € nebst Zinsen zurückgewiesen hat. Die weitergehende Anschlussrevision des Klägers wird zurückgewiesen. Im Kostenpunkt wird das Urteil mit Ausnahme der Entscheidung zu den Kosten der beiden Nebenintervenientinnen aufgehoben. Der Kläger hat auch die weiteren außergerichtlichen Kosten der Nebenintervenientin zu 2) zu tragen. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die weiteren Kosten des Revisionsverfahrens - an den 17. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger begehrt als Insolvenzverwalter über das Vermögen der A. AG (im Folgenden: Schuldnerin) von der beklagten Bank die Auszahlung von Lastschriftbeträgen, die von einem bei der Beklagten geführten Girokonto der Schuldnerin im Wege des Einzugsermächtigungsverfahrens abgebucht worden sind.
2
Die Schuldnerin unterhielt bei der Beklagten ein Girokonto. Die dem Kontovertrag zugrunde liegenden damaligen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten (im Folgenden: AGB) sahen in Nr. 7 Abs. 1 AGB einen Rechnungsabschluss jeweils zum Ende eines Kalenderquartals vor. Nach Nr. 7 Abs. 3 AGB galt die Genehmigung einer Lastschriftbuchung spätestens als erteilt , wenn der Bankkunde nicht vor Ablauf von sechs Wochen nach Zugang eines von der Bank erteilten Rechnungsabschlusses, in dessen Saldo die Belastungsbuchung enthalten war, Einwendungen gegen diese erhob. Auf diese Genehmigungswirkung war bei Erteilung des Rechnungsabschlusses gesondert hinzuweisen.
3
Die Beklagte belastete das Girokonto der Schuldnerin zwischen dem 1. November 2007 und dem 7. Januar 2008 unter anderem mit Einzugslastschriften in der noch streitigen Höhe von 238.570,55 €. Sie erstellte einen auf den 31. Dezember 2007 datierten Rechnungsabschluss für das 4. Quartal 2007, der einen Hinweis auf die Genehmigungsfiktion nach Nr. 7 Abs. 3 AGB enthielt. Der von der Beklagten behauptete Zugang dieses Rechnungsabschlusses am 3. Januar 2008 ist streitig.
4
Am 7. Januar 2008 stellte die Schuldnerin Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Mit Beschluss vom selben Tag wurde der Kläger zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt über das Vermögen der Schuldnerin bestellt. Er zeigte der Beklagten mit Telefax vom 9. Januar 2008 seine Bestellung an und verlangte, die Konten der Schuldnerin mit sofortiger Wirkung für Lastschriften zu sperren. In diesem Schreiben lautet es u.a. weiter: "Unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 04.11.2004 (Az.: IX ZR 22/03, abgedruckt in …) bitte ich um eine Aufstellung der noch ungenehmigten Belastungsbuchungen aufgrund von Einzugsermächtigungen." Am 11. Januar 2008 antwortete die Beklagte darauf mit "Fehlanzeige". Am 26. März 2008 verweigerte der Kläger gegenüber der Beklagten seine "Zustimmung zu etwaigen Genehmigungen sämtlicher Lastschriften auf den vorgenannten Konten ab dem 01.11.2007 bis zum 07.01.2008", soweit diese Lastschriften im Wege des Einzugsermächtigungsverfahrens erfolgt seien, und bat um Auskehrung des sich ergebenden Guthabens. Am 1. April 2008 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Die Beklagte lehnte es ab, die streitigen Lastschriften zurückzubuchen und ein sich daraus ergebendes Guthaben an den Kläger auszuzahlen.
5
Die Klage auf Zahlung von 241.249,83 € nebst Zinsen ist vom Landgericht abgewiesen worden. Auf die Berufung des Klägers, der die Klage in Höhe von 2.679,28 € zurückgenommen hat, ist die Beklagte unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung zur Zahlung von 88.787,53 € nebst Zinsen verurteilt worden. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter, während der Kläger mit der Anschlussrevision seinen Zahlungsantrag aufrechterhält, soweit dieser erfolglos geblieben ist.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision der Beklagten ist begründet. Die Anschlussrevision des Klägers hat zu einem geringen Teil Erfolg. Die Rechtsmittel führen zur teilweisen Aufhebung des angefochtenen Urteils und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

7
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, die in WM 2011, 566 ff. veröffentlicht worden ist, im Wesentlichen ausgeführt:
8
In Höhe des zugesprochenen Betrages habe der Kläger den streitigen Lastschriftbuchungen wirksam widersprochen, sodass die Beklagte keinen Aufwendungsersatzanspruch nach § 670 BGB erworben habe. Die zugrunde liegenden Lastschriften seien nicht zuvor nach Nr. 7 Abs. 3 AGB genehmigt worden. Für Lastschriften, die ab dem 1. Januar 2008 gebucht worden seien, habe die Beklagte einen Rechnungsabschluss nicht behauptet. Dem Rechnungsabschluss für das 4. Quartal 2007 habe der Kläger in seinem Schreiben vom 9. Januar 2008 wirksam widersprochen. Daraus habe sich für die Beklagte erkennbar ergeben, dass der Kläger noch nicht genehmigte Lastschriften nicht mehr habe genehmigen wollen.
9
Einzahlungen oder Überweisungen der Schuldnerin auf das Girokonto belegten keine vorangehende Genehmigung, da ein Zusammenhang mit konkreten Lastschriften nicht ersichtlich sei. Eine rechtzeitige konkludente Genehmigung von Lastschriftbuchungen durch die Schuldnerin sei allerdings anzunehmen , soweit diesen regelmäßig wiederkehrende, nach Grund und Höhe vergleichbare und in der Vergangenheit bereits genehmigte Lastschriften aus laufenden Geschäftsbeziehungen zugrunde gelegen hätten und innerhalb einer den Umständen des Einzelfalls angepassten Prüfungs- und Überlegungsfrist, die in diesen Fällen in Anlehnung an § 121 BGB, § 377 HGB drei Bankarbeitstage betrage, keine Einwendungen erhoben worden seien. Soweit Lastschriften erkennbar auf eigenen Anmeldungen der Schuldnerin beruhten, wie vorliegend Beitragszahlungen zu Sozialversicherungen und Steuerzahlungen, habe die Beklagte im unternehmerischen Verkehr zudem erwarten können, dass die Schuldnerin auch eine erstmalige Lastschrift dieser Art innerhalb von drei Bankarbeitstagen auf ihre Übereinstimmung mit der Anmeldung prüfe.
10
Eine konkludente Genehmigung streitiger Lastschriftbuchungen scheide aus, soweit diese Überlegungsfrist bis zur Bestellung des Klägers zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt am 7. Januar 2008 bzw. bei Zugang des Telefax des Klägers vom 9. Januar 2008 noch nicht abgelaufen sei. Gleiches gelte auch im Rahmen einer laufenden Geschäftsbeziehung für Belastungsbuchungen , denen verschiedene Rechtsgründe oder einzelfallbezogene Anlässe mit unterschiedlichen Abbuchungsbeträgen zugrunde lägen, wie dies insbesondere bei Reisekosten der Fall sei. Hingegen gewährleiste bei Telefonkosten die Abrechnung nach einem einheitlichen Tarifwerk und aufgrund automatisierter Verbindungsdatenerfassung eine ausreichende Richtigkeitsgarantie, um für die Schuldnerbank erkennbar zu machen, dass Einwendungen gegen entsprechende Lastschriften nur binnen kurzer Überlegungsfrist erhoben würden.
11
Soweit nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für eine konkludente Genehmigung einzelner Lastschriften weiterhin sprechen könne, dass der Schuldner in Kenntnis laufender Abbuchungen durch konkrete Einzahlungen oder Überweisungen erst ausreichende Kontodeckung sichergestellt habe, ohne die die kontoführende Bank die Lastschriften nicht ausgeführt hätte, fehle Vortrag der Beklagten. Diese habe zwar für den streitbefangenen Zeitraum Umbuchungen der Schuldnerin von einem Geldmarktkonto auf das Girokonto dargelegt, dabei jedoch keinen Zusammenhang mit Lastschriften aufgezeigt, die nach ihrer Größenordnung oder gemäß einer Absprache Anlass für vorsorgliche Geldumbuchungen der Schuldnerin gewesen sein könnten.

II.

12
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
13
A. Revision der Beklagten
14
Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Mangels rechtsfehlerfreier Feststellungen zur konkludenten Genehmigung von Lastschriftbuchungen ist ungeklärt , ob ein Auszahlungsanspruch des Klägers infolge eines Widerspruchs gegen Lastschriften besteht.
15
1. Rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen , dass ein vorläufiger Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt in der Lage ist, die Genehmigung von Lastschriften zu verhindern, indem er entsprechenden Belastungsbuchungen widerspricht (siehe Senatsurteile vom 10. Juni 2008 - XI ZR 283/07, BGHZ 177, 69 Rn. 32 ff., vom 20. Juli 2010 - XI ZR 236/07, BGHZ 186, 269 Rn. 11, vom 23. November 2010 - XI ZR 370/08, WM 2011, 63 Rn. 13 und vom 25. Januar 2011 - XI ZR 171/09, WM 2011, 454 Rn. 11). Ein Widerspruch des Insolvenzverwalters bleibt indes wirkungslos, soweit zuvor Lastschriftbuchungen von dem Schuldner genehmigt worden sind (Senatsurteile vom 20. Juli 2010 - XI ZR 236/07, BGHZ 186, 269 Rn. 41 und vom 22. Februar 2011 - XI ZR 261/09, WM 2011, 688 Rn. 11).
16
2. Das Berufungsgericht hat aber rechtsfehlerhaft eine fingierte Genehmigung nach Nr. 7 Abs. 3 AGB mit der Begründung verneint, bereits das Telefax des Klägers vom 9. Januar 2008 sei als konkludenter Widerspruch gegen die streitigen Lastschriften auszulegen.
17
a) Die Annahme des Berufungsgerichts, mit der Bitte, alle noch nicht genehmigten Lastschriftbuchungen zusammenzustellen, habe der Kläger in schlüssiger Weise deren Genehmigung versagt, verstößt gegen Denkgesetze und ist deswegen revisionsrechtlich überprüfbar. Hätte nämlich der Kläger mit diesem Schreiben bereits sämtlichen Lastschriften widersprechen wollen, hätte es der von ihm erbetenen Aufstellung gerade nicht bedurft. Das hat auch die Beklagte, wie ihre Antwort "Fehlanzeige" erkennen lässt, tatsächlich nicht anders verstanden. Die gleichzeitige Aufforderung, die Konten der Schuldnerin für weitere Lastschriften mit sofortiger Wirkung zu sperren, begründet ebenfalls nur die Erwartung, der Kläger werde sich in vergleichbarer Weise noch dazu äußern , ob er bereits gebuchten Lastschriften die Genehmigung versage und deren Beseitigung fordere (vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 2007 - IX ZR 217/06, BGHZ 174, 84 Rn. 35).
18
Der Würdigung des Berufungsgerichts steht überdies der eigene Sachvortrag des Klägers entgegen, an dem er bis zu dem - ihm eine andere Sachverhaltswürdigung nahelegenden - richterlichen Hinweis vom 1. Juli 2009 festgehalten hat. Nach seiner Darstellung wollte er zur Vermeidung von Risiken für das Schuldnervermögen - etwa durch Nichtzahlung von Versicherungsprämien - anhand der von ihm erbetenen Aufstellung zunächst eine Einzelprüfung aller Lastschriftbuchungen vornehmen. Eine solche Einlassung einer Partei be- legt zwar nicht unmittelbar den Inhalt einer vorgerichtlich abgegebenen Erklärung , sie lässt aber - wie hier - Rückschlüsse auf den tatsächlichen Willen und das Verständnis im Zeitpunkt der Erklärung zu (vgl. BGH, Urteile vom 6. Juli 2005 - VIII ZR 136/04, WM 2005, 1895, 1897, vom 7. Dezember 2006 - VII ZR 166/05, WM 2007, 1293 Rn. 18 und vom 16. März 2009 - II ZR 68/08, WM 2009, 861 Rn. 16 mwN).
19
b) Nach dem Vortrag der Beklagten, von dem für die Revision auszugehen ist, hat die Schuldnerin den Rechnungsabschluss vom 31. Dezember 2007 noch im Januar 2008 erhalten. Da der Kläger nach den insoweit nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts einen ausdrücklichen Widerspruch erst in seinem Schreiben vom 26. März 2008 erklärt hat, wären für bis dahin ungenehmigte Lastschriften, deren Buchung in das 4. Quartal 2007 fällt, die Voraussetzungen der Genehmigungsfiktion nach Nr. 7 Abs. 3 AGB erfüllt, die auch gegenüber einem vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt wirkt (Senatsurteil vom 10. Juni 2008 - XI ZR 283/07, BGHZ 177, 69 Rn. 32 ff.; BGH, Urteil vom 30. September 2010 - IX ZR 178/09, WM 2010, 2023 Rn. 19).
20
3. Auf Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen hat das Berufungsgericht weiter rechtsfehlerhaft angenommen, die Lastschriften seien, soweit der Klage stattgegeben worden ist, nicht zuvor durch schlüssiges Verhalten der Schuldnerin genehmigt worden.
21
Tatrichterliche Feststellungen zu einer konkludent erklärten Genehmigung sind zwar im Revisionsverfahren nur beschränkt darauf überprüfbar, ob gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze oder Verfahrensvorschriften verletzt worden sind. Zu klären ist aber, ob alle erheblichen Umstände vom Tatrichter umfassend gewürdigt worden sind (Se- natsurteile vom 20. Juli 2010 - XI ZR 236/07, BGHZ 186, 269 Rn. 44, vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 562/07, WM 2010, 2307 Rn. 20 und vom 8. November 2011 - XI ZR 158/10, WM 2011, 2358 Rn. 15, jeweils mwN). Dieser Überprüfung halten die Ausführungen des Berufungsgerichtes nicht in vollem Umfang stand.
22
a) Zutreffend ist allerdings die Auffassung des Berufungsgerichts, die kontoführende Bank könne allein der weiteren Nutzung eines Girokontos nicht entnehmen, der Kontoinhaber billige vorausgehende Lastschriften und den um die früheren Lastschriftbuchungen geminderten Kontostand (vgl. Senatsurteile vom 20. Juli 2010 - XI ZR 236/07, BGHZ 186, 269 Rn. 45, 47, vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 562/07, WM 2010, 2307 Rn. 19, vom 23. November 2010 - XI ZR 370/08, WM 2011, 63 Rn. 17 und vom 8. November 2011 - XI ZR 158/10, WM 2011, 2358 Rn. 14).
23
b) Weiter hat das Berufungsgericht auf Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen eine konkludente Genehmigung der zugunsten der S. und der L. gebuchten streitigen Lastschriften rechtsfehlerfrei nicht bereits darin gesehen, dass es sich um regelmäßige, im Wesentlichen gleich hohe Lastschriften gehandelt hat. Aus der maßgeblichen Sicht der kontoführenden Bank können nämlich wiederkehrende Lastschriften aus Dauerschuldverhältnissen oder laufenden Geschäftsbeziehungen im unternehmerischen Verkehr nach Ablauf einer angemessenen Überlegungsfrist grundsätzlich nur dann die berechtigte Erwartung begründen, auch eine neue Belastungsbuchung solle Bestand haben, wenn sich diese innerhalb der Schwankungsbreite bereits zuvor genehmigter Lastschriftbuchungen bewegt oder diese nicht wesentlich über- oder unterschreitet (Senatsurteile vom 1. März 2011 - XI ZR 320/09, WM 2011, 743 Rn. 13, vom 27. September 2011 - XI ZR 328/09, WM 2011, 2259 Rn. 22, vom 25. Oktober 2011 - XI ZR 368/09, WM 2011, 2316 Rn. 13 und vom 8. November 2011 - XI ZR 158/10, WM 2011, 2358 Rn. 20 sowie BGH, Urteil vom 1. Dezember 2011 - IX ZR 58/11, WM 2012, 160 Rn. 11). Das trifft nach den revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts für die hier fraglichen Buchungsvorgänge , die ohne erkennbare Regelmäßigkeit anlassbezogen anfielen, nicht zu.
24
c) Im Ergebnis nicht zu beanstanden ist, dass das Berufungsgericht eine konkludente Genehmigung der am 4. Januar 2008 gebuchten Lastschrift zugunsten der I. verneint hat, weil die - vom Berufungsgericht mit drei Bankarbeitstagen angenommene - angemessene Überlegungsfrist vor Eingang des Telefax des Klägers vom 9. Januar 2008 nicht verstrichen ist. Unabhängig von dessen Auslegung kannte die Beklagte damit die Bestellung des Klägers zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt. Danach kam auch aus ihrer Sicht eine konkludente Genehmigung von Lastschriftbuchungen durch die Schuldnerin nicht mehr in Betracht.
25
Der Schuldner kann ohne Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters Lastschriftbuchungen weder ausdrücklich noch konkludent genehmigen, da er nach der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters mit Zustimmungsvorbehalt nicht mehr allein verfügen kann (§ 24 Abs. 1, § 81 Abs. 1 InsO). Die Beklagte kann sich auf fehlende Kenntnis von dieser Verfügungsbeschränkung (§ 24 Abs. 1, § 82 InsO) jedenfalls seit deren Mitteilung im Telefax vom 9. Januar 2008 nicht berufen, sodass sie nach diesem Zeitpunkt für Leistungen an Lastschriftgläubiger keinen zulasten des Kontos der Schuldnerin wirkenden Aufwendungsersatzanspruch aufgrund deren - konkludenter - Genehmigung mehr erwerben konnte (vgl. dazu BGH, Urteil vom 15. Dezember 2005 - IX ZR 227/04, WM 2006, 194, 195; Obermüller/Kuder, Insolvenzrecht in der Bankpraxis , 8. Aufl., Rn. 3.728).
26
d) Rechtsfehlerhaft verneint das Berufungsgericht auf Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen hingegen konkludente Genehmigungen der im streitbefangenen Zeitraum zugunsten der B. und der At. gebuchten Lastschriften.
27
Zu Recht beanstandet die Revision die Auffassung des Berufungsgerichts , für die ab dem 4. Quartal 2007 regelmäßig wiederkehrenden Abbuchungen fehlten Darlegungen der Beklagten zu früheren Lastschriften in vergleichbarer Höhe. Da nicht Lastschriftbuchungen aus dem gesamten Quartal, sondern nur aus dem Zeitraum zwischen Anfang November 2007 und dem 7. Januar 2008 infrage stehen, reicht es aus, dass aus den betreffenden Buchungsgruppen die jeweils ersten Lastschriften vor dem streitigen Zeitraum eingezogen worden sind. Aus den vom Berufungsgericht für Anfang Oktober 2007 festgestellten Belastungsbuchungen ergibt sich, dass die Schuldnerin damals Lastschriften in vergleichbarer Höhe nicht widersprochen hat.
28
Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung ist nicht erforderlich, dass der erste Lastschrifteinzug auf Grundlage eines Rechnungsabschlusses nach Nr. 7 Abs. 3 AGB genehmigt worden ist. Sogar bei einem Verbraucher, bei dem anders als bei einem Unternehmer die kontoführende Bank nicht ohne weiteres von einer zeitnahen Überprüfung der Kontobewegungen ausgehen kann, ist bei monatlichen, im Wesentlichen gleich hohen und dem Kontoinhaber mitgeteilten Lastschriftbuchungen davon auszugehen, dass mindestens zwei Monate zurückliegende Abbuchungen nicht mehr beanstandet werden (Senat, Urteil vom 3. Mai 2011 - XI ZR 152/09, WM 2011, 1267 Rn. 12). Im hier vorliegenden unternehmerischen Geschäftsverkehr kann die kontoführende Bank weitergehend damit rechnen, dass die Kontobewegungen zeitnah nachvollzogen und überprüft werden (vgl. Senatsurteile vom 20. Juli 2010 - XI ZR 236/07, BGHZ 186, 269 Rn. 48 aE, vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 562/07, WM 2010, 2307 Rn. 21 und vom 3. Mai 2011 - XI ZR 152/09, WM 2011, 1267 Rn. 11). Damit kommt die jeweils Anfang Oktober 2007 gebuchte Lastschrift als Grundlage für konkludente Genehmigungen der auf denselben Dauerschuldverhältnissen beruhenden Lastschriften für November und Dezember 2007 in Betracht, soweit sie diese nicht wesentlich über- oder unterschritten hat.
29
e) Unabhängig davon hat das Berufungsgericht zur konkludenten Genehmigung aller Lastschriftbuchungen, für die es dem Kläger einen Auszahlungsanspruch zugesprochen hat, den Sachverhalt nicht ausgeschöpft. Zutreffend weist die Revision darauf hin, dass die von der Beklagten dargelegte laufende Überwachung der Kontoführung durch die Schuldnerin im fraglichen Zeitraum und die ihrer Behauptung nach in diesem Zusammenhang von der Schuldnerin dem Girokonto - zur Sicherstellung weiterer Dispositionen bzw. zur Vermeidung von Kontoüberziehungen - zugeführte Liquidität den Erklärungswert einer konkludenten Genehmigung haben können.
30
aa) Stellt der Schuldner in Kenntnis erfolgter Abbuchungen durch liquiditätsschaffende Maßnahmen ausreichende Kontodeckung für weitere Kontodispositionen sicher, kann ebenso wie bei einer Abstimmung von zukünftigen Kontoverfügungen mit der Bank aus deren Sicht der Schluss gerechtfertigt sein, bereits gebuchte Lastschriften würden Bestand haben, da sich der Kunde andernfalls auf leichterem Wege Liquidität hätte verschaffen können, indem er diesen seiner Ansicht nach unberechtigten Belastungsbuchungen widerspricht (vgl. Senatsurteile vom 23. November 2010 - XI ZR 370/08, WM 2011, 63 Rn. 20, vom 25. Januar 2011 - XI ZR 171/09, WM 2011, 454 Rn. 21 und vom 26. Juli 2011 - XI ZR 36/10, NZI 2011, 679 Rn. 16 f.). Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat, liegt eine konkludente Genehmigung durch Maßnahmen der Liquiditätsschaffung für vorausgegangene Abbuchungen dann nahe, wenn der Kontoinhaber aufgrund einer Absprache mit der kontofüh- renden Bank gehalten war, das betreffende Konto auf Guthabenbasis zu führen (Senatsurteile vom 26. Juli 2011 - XI ZR 36/10, NZI 2011, 679 Rn. 17 und vom 25. Oktober 2011 - XI ZR 368/09, WM 2011, 2316 Rn. 15).
31
bb) Nach dem mangels gegenteiliger Feststellungen revisionsrechtlich zu unterstellenden Vortrag der Beklagten hat die Schuldnerin immer dann, wenn eine Unterdeckung des Geschäftskontos drohte, Überweisungen von einem Geldmarktkonto vorgenommen. Das betrifft sieben sechsstellige Umbuchungen im 4. Quartal 2007 und eine sechsstellige Umbuchung am 7. Januar 2008. Diesem Umstand hat das Berufungsgericht mit dem Argument, die Umbuchungen hätten nach dem Vortrag der Beklagten in keinem betragsmäßig konkreten Zusammenhang mit künftigen Lastschriften gestanden, zu Unrecht keine Bedeutung beigemessen. Eines solchen Zusammenhanges bedarf es nämlich für die Annahme einer konkludenten Genehmigung von Belastungsbuchungen durch nachfolgende liquiditätsschaffende Umbuchungen nicht. Ausreichend ist vielmehr , dass das Schuldnerverhalten aus der objektiven Sicht der beklagten Bank frühere Lastschriften als genehmigt erscheinen lässt, weil der Schuldner gegebenenfalls durch einen Widerspruch eine - teilweise - Kontodeckung hätte sicherstellen können.
32
Durfte die Insolvenzschuldnerin, wie die Revision unter Hinweis auf Vortrag der Beklagten geltend macht, das bei der Beklagten unterhaltene Girokonto nur auf Guthabenbasis führen, dann musste sie die Buchungen täglich überwachen und negative Tagessalden sofort ausgleichen. Jedenfalls in dem hier gegebenen unternehmerischen Geschäftsverkehr kann in einem solchen Fall die von der Schuldnerin veranlasste Zuführung neuer Liquidität aus Sicht der Bank den objektiven Erklärungswert besitzen, die Schuldnerin habe bereits alle für sie günstigeren Möglichkeiten, einschließlich des Widerspruchs gegen voran- gehende Lastschriftbuchungen, geprüft und sei folglich mit den gebuchten Lastschriften einverstanden.
33
cc) Danach kann die konkludente Genehmigung von Lastschriftbuchungen mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht abschließend verneint werden. Ob die Schuldnerin die aus den vorgelegten Kontoauszügen ersichtlichen acht sechsstelligen Umbuchungen im Zeitraum November 2007 bis Januar 2008 vorgenommen hat, um weitere Kontodispositionen zu ermöglichen , insbesondere weil sie gehalten war, das Konto auf Guthabenbasis zu führen , und dies aus Sicht der Bank den objektiven Erklärungswert einer Genehmigung vorausgehender Lastschriften hat, ist vom Berufungsgericht auf Grundlage seiner Rechtsauffassung konsequent nicht geklärt worden.
34
B. Die Anschlussrevision des Klägers ist nur zu einem geringen Teil begründet.
35
1. Entgegen deren Auffassung scheidet ein Zahlungsanspruch des Klägers auf Grundlage einer Insolvenzanfechtung nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder § 132 Abs. 2 InsO aus Rechtsgründen aus.
36
a) Der Anspruch aus §§ 143, 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO richtet sich nicht gegen die Beklagte als Zahlungsmittlerin im Lastschriftverfahren.
37
aa) Gegner einer Anfechtung nach §§ 130, 131 InsO ist ein Insolvenzgläubiger , an den der Insolvenzschuldner geleistet hat (BGH, Urteile vom 29. November 2007 - IX ZR 121/06, BGHZ 174, 314 Rn. 14 und vom 29. September 2011 - IX ZR 202/10, WM 2012, 85 Rn. 11). Die Beklagte ist hingegen lediglich als Zahlstelle für die im Einzugsermächtigungsverfahren ausgeführten Lastschriften eingeschaltet worden und hat technisch die entsprechende Zu- wendung an die Gläubiger bewirkt. Die Beklagte war damit Zahlungsmittlerin, die sich darauf beschränkt hat, ihren Verpflichtungen aus dem Giro- bzw. Zahlungsdienstevertrag nachzukommen (vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 2007 - IX ZR 217/06, BGHZ 174, 84 Rn. 13; Obermüller/Kuder, Insolvenzrecht in der Bankpraxis, 8. Aufl. Rn. 3.680; Ellenberger in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 58 Rn. 53).
38
Bei Zahlung im Einzugsermächtigungsverfahren handelt es sich ebenso wie bei einer Banküberweisung um eine mittelbare Zuwendung des Schuldners, die insolvenzrechtlich zu behandeln ist, als habe die Bank als zwischengeschaltete Leistungsmittlerin an den Schuldner geleistet und dieser seinen Gläubiger befriedigt (vgl. BGH, Urteile vom 16. September 1999 - IX ZR 204/98, BGHZ 142, 284, 287 und vom 25. Oktober 2007 - IX ZR 217/06, BGHZ 174, 84 Rn. 13 und Rn. 44). Insoweit steht die vom Schuldner dem Gläubiger mittelbar gewährte Leistung, sofern sie für diesen als Schuldnerleistung erkennbar ist, anfechtungsrechtlich einer unmittelbaren gleich (BGH, Urteile vom 19. März 1998 - IX ZR 22/97, WM 1998, 968, 975, insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 138, 291 ff., vom 16. September 1999 - IX ZR 204/98, BGHZ 142, 284, 288, vom 23. Oktober 2003 - IX ZR 252/01, BGHZ 156, 350, 355 f., vom 29. November 2007 - IX ZR 121/06, BGHZ 174, 314 Rn. 14 und vom 6. Oktober 2009 - IX ZR 191/05, BGHZ 182, 317 Rn. 14). Leistungsempfänger und damit Anfechtungsgegner im Lastschrifteinzugsverfahren ist folglich der Gläubiger und nicht die Bank als Leistungsmittler, sodass die Deckungsanfechtung einer Lastschriftgenehmigung - entgegen der Auffassung der Anschlussrevision - auf das Rechtsverhältnis zum Lastschriftgläubiger beschränkt ist (vgl. BGH, Urteile vom 16. September 1999 - IX ZR 204/98, BGHZ 142, 284, 287 f., vom 25. Oktober 2007 - IX ZR 217/06, BGHZ 174, 84 Rn. 44 und vom 29. November 2007 - IX ZR 121/06, BGHZ 174, 314 Rn. 14).
39
bb) Aus der von der Anschlussrevision in Anspruch genommenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 19. März 1998 (IX ZR 22/97, WM 1998, 968, 975) ergibt sich nichts anderes. Dort war durch eine Überweisung der Zahlstelle nicht nur eine Leistung der Schuldnerin an den Empfänger bewirkt, sondern zugleich eine Schuld des Empfängers aus einem Kreditverhältnis mit der als Zahlstelle fungierenden Bank getilgt worden. Damit hatte die Zahlstelle ihrerseits durch eine mittelbare Zuwendung einen eigenen anfechtbaren wirtschaftlichen Vorteil erlangt. Demgegenüber hat sich die Beklagte im vorliegenden Fall auf ihre Funktion als Zahlstelle beschränkt und deshalb durch die Genehmigung der Lastschriften nur einen dem Zahlungsbetrag entsprechenden Aufwendungsersatzanspruch nach § 670 BGB gegen die Schuldnerin erworben (vgl. BGH, Urteil vom 16. September 1999 - IX ZR 204/98, BGHZ 142, 284, 289; Uhlenbruck/Hirte, Insolvenzordnung, 13. Aufl., § 129 Rn. 87 f.; MünchKommInsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 129 Rn. 49 f.).
40
b) Entgegen der Ansicht der Anschlussrevision findet auf die vorliegenden Zahlungsvorgänge § 132 Abs. 2 InsO keine Anwendung. Die Vorschrift soll als Auffangtatbestand Anfechtungslagen regeln, die nicht bereits von den §§ 130, 131 InsO erfasst sind (Andres/Leithaus, Insolvenzordnung, 2. Aufl., § 132 Rn. 1; MünchKommInsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 132 Rn. 5; Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, InsO, Bearb. 11/2008, § 132 Rn. 41; Uhlenbruck/Hirte, Insolvenzordnung, 13. Aufl., § 132 Rn. 12). Deswegen wird § 132 Abs. 2 InsO von den §§ 130, 131 InsO verdrängt, soweit die Deckungshandlung der Sicherung oder Befriedigung eines Insolvenzgläubigers dient (FK-InsO/Dauernheim, 5. Aufl., § 132 Rn. 2; Henckel, Insolvenzanfechtung, § 132 Rn. 6; Uhlenbruck/ Hirte, Insolvenzordnung, 13. Aufl., § 129 Rn. 87; Lind in Cranshaw/Paulus/ Michel, Bankenkommentar zum Insolvenzrecht, § 132 InsO Rn. 1; LSZ-Zeuner, InsO, 3. Aufl., § 132 Rn. 2; MünchKommInsO/Kirchhof, 2. Aufl., § 129 Rn. 49, § 132 Rn. 5 und Rn. 20; Schoppmeyer in Kübler/Prütting/Bork, InsO, Bearb.
11/2008, § 132 Rn. 8 Rn. 42). Die kontoführende Bank, die sich auf ihre Funktion als Zahlstelle im Einzugsermächtigungslastschriftverfahren beschränkt, wickelt - wie hier die Beklagte - Leistungen des Insolvenzschuldners an Insolvenzgläubiger ab, die diesen gegenüber nach §§ 130, 131 InsO anfechtbar sein können. Sie ist deswegen als Zahlungsmittler auch nach § 132 Abs. 2 InsO keiner Anfechtung ausgesetzt.
41
c) Auf die Frage, ob in den Vorinstanzen ausreichend zu den tatsächlichen Voraussetzungen der §§ 130, 132 InsO vorgetragen worden ist, und die Verfahrensrüge der Anschlussrevision, das Berufungsgericht hätte andernfalls dem Kläger gemäß § 139 ZPO einen entsprechenden Hinweis erteilen müssen, kommt es somit nicht an.
42
2. Das Berufungsgericht hat es entgegen der Ansicht der Anschlussrevision in nicht zu beanstandender tatrichterlicher Würdigung im vorliegenden Fall für die Annahme einer konkludenten Genehmigung genügen lassen, dass die Schuldnerin in laufender Geschäftsbeziehung regelmäßig wiederkehrenden oder auf eigenen Anmeldungen beruhenden Lastschriften nicht innerhalb einer Überlegungsfrist von drei Bankarbeitstagen widersprochen hat.
43
a) Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass es sich bei der angemessenen Überlegungsfrist, nach deren Ablauf eine konkludente Genehmigung von Lastschriftbuchungen durch den Schuldner in Betracht kommt, nicht um einen starren Zeitraum handelt, sondern um eine nach den Umständen des konkreten Einzelfalls zu beurteilende Prüffrist (vgl. Ellenberger in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 58 Rn. 84; Gantenberg/Grochowski, EWiR 2011, 191, 192), nach deren Ablauf die kontoführende Bank damit rechnen kann, der Schuldner habe anhand ihm vorliegender Kontoauszüge die Lastschriftbuchungen auf ihre sachliche Richtigkeit kon- trolliert (vgl. Senatsurteil vom 1. März 2011 - XI ZR 320/09, WM 2011, 743 Rn. 13).
44
aa) Die Auffassung des Berufungsgerichts, im konkreten Fall erscheine aus Sicht der Beklagten unter Berücksichtigung der im unternehmerischen Verkehr der Schuldnerin erfolgten Buchungsvorgänge ein Zeitraum von drei Bankarbeitstagen für die Prüfung der streitigen Lastschriften angemessen, ist als tatrichterliche Würdigung revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Dabei ist die von der Anschlussrevision gerügte Bezugnahme des Berufungsgerichts auf § 121 BGB, § 377 HGB nicht entscheidend. Das Berufungsgericht hat nämlich diese Normen nicht unmittelbar angewandt, sondern lediglich auf Wertungen zurückgegriffen, die in anderem Zusammenhang Obliegenheiten zu einer zeitnahen Anspruchsprüfung zeitlich konkretisieren. Nach Nr. 11 Abs. 4 AGB ist ein Kontoinhaber gehalten, Kontoauszüge laufend zu prüfen und Einwendungen unverzüglich geltend zu machen, womit die Klausel nach allgemeinem Verständnis eine bereits aufgrund der §§ 242, 254 BGB bestehende allgemeine Obliegenheit des Bankkunden umfasst (Senatsurteil vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 562/07, WM 2010, 2307 Rn. 17; vgl. Bunte in Schimansky/Bunte/ Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 4. Aufl., § 16 Rn. 28 mwN). Die vom Berufungsgericht aus der Perspektive der kontoführenden Bank mit drei Bankarbeitstagen bemessene Prüffrist ist - entgegen der Auffassung der Anschlussrevision - aus revisionsrechtlicher Sicht als Würdigung im Einzelfall nicht unangemessen knapp und verstößt nicht gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungsgrundsätze. Da bei regelmäßig wiederkehrenden Lastschriften in vergleichbarer Höhe aus Dauerschuldverhältnissen oder laufenden Geschäftsbeziehungen für die Folgebuchungen erkennbar keine Grundsatzprüfung ihrer sachlichen Berechtigung mehr erforderlich ist, sondern der Schuldner lediglich den Empfänger und gegebenenfalls die sich innerhalb einer bestimmten Größenordnung haltende Höhe des Lastschriftbetrages im Blick haben muss, be- ruht die vom Berufungsgericht für den kaufmännischen Geschäftsverkehr der Schuldnerin im konkreten Fall angenommene Überlegungsfrist nicht auf sachfremden Erwägungen.
45
bb) Wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, ist dabei ohne Bedeutung, ob die Schuldnerin innerhalb dieser Überlegungsfrist die betroffenen Kontobewegungen tatsächlich überprüft hat, da eine kontoführende Bank jedenfalls im hier gegebenen unternehmerischen Geschäftsverkehr aus objektiver Sicht damit rechnen kann, dass Kontobewegungen vom Schuldner zeitnah nachvollzogen und überprüft werden (Senatsurteil vom 1. März 2011 - XI ZR 320/09, WM 2011, 743 Rn. 13).
46
b) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht weiter angenommen, Lastschriften , denen von der Schuldnerin selbst angemeldete Forderungen zugrunde gelegen hätten, seien aus Sicht der Beklagten nach Ablauf einer Überlegungsfrist von drei Bankarbeitstagen auch dann als konkludent genehmigt anzusehen , wenn sich diese Lastschriften nicht in derselben Größenordnung wie bereits früher gebuchte bewegten.
47
Beruhen Lastschriftbuchungen erkennbar auf Zahlungspflichten, deren variierende Höhe - wie bei den hier betroffenen Sozialversicherungsbeiträgen und Steuerzahlungen - der Schuldner gegenüber der für die Einziehung zuständigen Stelle erklärt hat, besteht aus Sicht der kontoführenden Bank für den Schuldner nicht die Notwendigkeit zu einer umfassenden Überprüfung. Da diesen Buchungen eine konkrete Anmeldung des Schuldners zugrunde liegt, kommt eine konkludente Genehmigung auch dann in Betracht, wenn sich die einzelnen Beträge nicht innerhalb der Schwankungsbreite vorangegangener Lastschriftbuchungen bewegen. Aus objektiver Sicht kann bei vom Schuldner angemeldeten Forderungen nämlich die berechtigte Erwartung bestehen, es bestünden regelmäßig keine Bedenken gegen die materielle Berechtigung der angemeldeten Forderungen und der Schuldner werde unverzüglich Widerspruch erheben, sofern er feststellen sollte, dass die eingezogenen Beträge oder der Zahlungsempfänger von seiner Anmeldung abweicht (vgl. BGH, Urteil vom 1. Dezember 2011 - IX ZR 58/11, WM 2012, 160 Rn. 12; FG Münster, ZIP 2011, 2212, 2213 f.; Gantenberg/Grochowski, EWiR 2011, 191, 192).
48
Im unternehmerischen Geschäftsverkehr erfordert in einem solchen Fall die unverzügliche Prüfung allenfalls vierzehn Tage (BGH, Urteil vom 1. Dezember 2011 - IX ZR 58/11, WM 2012, 160 Rn. 15). Wenn das Tatsachengericht - wie hier - aufgrund einer Würdigung der konkreten Umstände aus Sicht der kontoführenden Bank eine kürzere Frist für ausreichend ansieht, so liegt dem ebenfalls kein Verstoß gegen Denkgesetze oder Erfahrungsgrundsätze zugrunde.
49
c) Entgegen der Auffassung der Anschlussrevision hat das Berufungsgericht weiter rechtsfehlerfrei eine konkludente Genehmigung von Lastschriften für Telekommunikationsleistungen, hier von T. und V. , angenommen. Nach den tatrichterlichen Feststellungen handelt es sich um regelmäßig wiederkehrende Abbuchungen aus laufenden Geschäftsbeziehungen , denen die Schuldnerin bereits in der Vergangenheit nicht widersprochen hat. Soweit sich diese Belastungsbuchungen nicht ohnehin innerhalb einer Schwankungsbreite zuvor genehmigter Lastschriftbuchungen bewegt oder diese nicht wesentlich über- oder unterschritten haben (vgl. dazu Senatsurteil vom 8. November 2011 - XI ZR 158/10, WM 2011, 2358 Rn. 20 mwN), rechtfertigt die unangegriffene tatrichterliche Feststellung, es handele sich bei Telefonkosten um Beträge, die aus einem einheitlichen Tarifwerk folgten und bei denen aufgrund der automatisierten Erfassungsweise regelmäßig keine detaillierte Einzelprüfung erforderlich sei, aus Sicht der Beklagten die Erwartung, die Schuldnerin werde solchen Buchungen ebenfalls binnen kurzer Überlegungsfrist widersprechen. Dass diese Würdigung durch das Berufungsgericht gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungsgrundsätze verstoßen würde, legt die Anschlussrevision nicht dar und ist auch sonst nicht ersichtlich.
50
3. Ohne Erfolg beanstandet die Anschlussrevision, das Berufungsgericht habe eine konkludente Genehmigung regelmäßiger Lastschriften zugunsten der W. angenommen, obwohl in den der Schuldnerin erteilten Kontoauszügen ein Lastschriftgläubiger nicht namentlich angegeben gewesen sei. Nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts war eine entsprechende Zuordnung dieser Lastschriften beiden Parteien im Verfahren unproblematisch möglich. Weshalb diese Zuordnung der Beklagten - oder gar der Schuldnerin - nicht schon zum Buchungszeitpunkt möglich gewesen sein sollte, zeigt die Anschlussrevision nicht auf.
51
4. Keinen Bestand hat das Berufungsurteil auf Grundlage bisher getroffener Feststellungen hingegen zur konkludenten Genehmigung von Lastschriften , die am 2. Januar 2008 gebucht worden sind, da die für deren Prüfung vom Berufungsgericht mit drei Bankarbeitstagen angenommene Frist möglicherweise nicht verstrichen war, bevor die Beklagte Kenntnis von der Anordnung des Zustimmungsvorbehalts erlangt hat. Nach Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters mit Zustimmungsvorbehalt kann der Insolvenzschuldner nicht mehr allein verfügen (§ 21 Abs. 2 Nr. 2, § 24 Abs. 1, § 81 Abs. 1 Satz 1 InsO), sodass er ohne Zustimmung des Verwalters Lastschriftbuchungen weder ausdrücklich noch konkludent genehmigen kann. Zwar kann sich die kontoführende Bank auf den Schutz von § 24 Abs. 1, § 82 InsO berufen, solange ihr diese Verfügungsbeschränkung unbekannt ist (vgl. BGH, Urteil vom 15. Dezember 2005 - IX ZR 227/04, WM 2006, 194, 195; Obermüller/Kuder, Insolvenzrecht in der Bankpraxis, 8. Aufl. Rn. 3.728). Feststellungen dazu, ob die Beklagte erst durch das Telefax vom 9. Januar 2008 oder zu einem früheren Zeitpunkt von der Verfügungsbeschränkung der Schuldnerin Kenntnis erlangt hat, hat das Berufungsgericht aber nicht getroffen. Damit ist ungeklärt, ob hinsichtlich der am 2. Januar 2008 ausgeführten Lastschriften die vom Berufungsgericht angesetzte Überlegungsfrist gewahrt worden ist. Im Einzelnen handelt es sich um die Buchungen zugunsten der Al. in Höhe von 416 €, des Ve. in Höhe von 470,34 €, des U. in Höhe von 640 €, der W. in Höhe von 475,05 €, der V. in Höhe von 42,09 €, 57,66 €, 64,46 € und 301,09 € sowie der K. in Höhe von 598,50 €. Deswegen hätte das Berufungsgericht in Höhe eines Gesamtbetrags von 3.065,19 € mit der von ihm gegebenen Begründung die Zahlungsklage nicht abweisen dürfen.
52
5. Die von der Anschlussrevision in der mündlichen Verhandlung aufgeworfene Frage, ob der Kläger eine Genehmigungsfiktion nach Nr. 7 Abs. 3 AGB wegen eines Irrtums über die Rechtslage wirksam angefochten hätte, bedarf keiner Klärung, da das Berufungsurteil nicht auf eine fiktive Genehmigung gestützt ist und deren tatsächliche Voraussetzungen ebenso wie die einer irrtumsbedingten Anfechtung nicht geklärt sind.

III.

53
Das Berufungsurteil ist danach im vorbezeichneten Umfang aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO).
54
1. Da weitere tatsächliche Feststellungen zu den Umständen der Zuführung von Liquidität auf dem Schuldnerkonto erforderlich sind und den Parteien hierzu im weiteren Verfahren Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben sein wird, ist die Sache nicht zur abschließenden Entscheidung reif. Sie ist deswegen im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
55
Das gilt auch für Lastschriften in einer Gesamthöhe von 3.065,19 €, die das Berufungsgericht auf Grundlage seiner Feststellungen rechtsfehlerhaft als genehmigt angesehen hat. Zwar ist insoweit - wie oben dargestellt - bislang ungeklärt , ob eine der Schuldnerin zukommende angemessene Überlegungsfrist bis zur Kenntniserlangung der Beklagten von der Bestellung des Klägers zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt verstrichen ist. Darauf kommt es jedoch nicht an, wenn nach Bareinzahlungen oder - wie hier von der Beklagten vorgetragen - Umbuchungen des Schuldners, um das Konto vereinbarungsgemäß im Guthaben zu führen oder künftige Kontodispositionen zu ermöglichen, eine nachfolgende Prüfung bereits gebuchter Lastschriften nicht zu erwarten ist. Hat nämlich der Schuldner unter Berücksichtigung des konkreten Kontostands aktiv Liquidität zugeführt, kann jedenfalls im unternehmerischen Verkehr die berechtigte Erwartung der Bank begründet sein, er habe bereits vor Bereitstellung frischen Geldes den für ihn vorteilhafteren Widerspruch gegen ältere Buchungen geprüft.
56
2. Im weiteren Verfahren besteht Gelegenheit, die fehlende Begründung zu der Lastschrift vom 7. Dezember 2007 in Höhe von 463 € zugunsten des F. nachzuholen, die anders als eine gleich hohe, am 6. Dezember 2007 gebuchte und sogleich stornierte Lastschrift nicht von der teilweisen Klagerücknahme erfasst worden ist. Weiter können Unklarheiten bei der Buchung vom 15. November 2006 zugunsten von T. (1.138,37 € oder 1.139,72 €) und bei der Summe der Telekommunikationskosten (6.790,73 € oder 6.791,28 €) ausgeräumt werden.
57
3. Der Senat hat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch gemacht.

Wiechers Ellenberger Grüneberg Maihold Matthias

Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 22.01.2009 - 22 O 12551/08 -
OLG München, Entscheidung vom 20.12.2010 - 19 U 2126/09 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 58/11
Verkündet am:
1. Dezember 2011
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Erhebt der Schuldner gegen die Einziehung eines wiederkehrenden Sozialversicherungsbeitrags
innerhalb einer Überlegungsfrist von vierzehn Tagen ab Zugang
des Kontoauszugs, der die Abbuchung ausweist, keine Einwendungen, kann die
Zahlstelle davon ausgehen, dass die Lastschrift genehmigt ist.
BGH, Urteil vom 1. Dezember 2011 - IX ZR 58/11 - LG Hamburg
AG Hamburg-Barmbek
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. Dezember 2011 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die
Richter Raebel, Dr. Pape, Grupp und die Richterin Möhring

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Hamburg vom 25. März 2011 aufgehoben.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Barmbek vom 7. Oktober 2010 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten beider Rechtsmittel zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der F. GmbH (fortan: Schuldnerin). Diese unterhielt bei der G. eG (fortan: Bank) ein Girokonto, für das die Schuldnerin und die Bank einen vierteljährlichen Rechnungsabschluss vereinbart hatten. Der Geschäftsbeziehung zu der Schuldnerin lagen die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bank zugrunde.
2
Die beklagte Krankenkasse zog am 23. Dezember 2008 - wie schon in den Monaten zuvor ohne Beanstandungen der Schuldnerin - Sozialversiche- rungsbeiträge aufgrund der ihr erteilten Einzugsermächtigung vom Konto der Schuldnerin ein. Der Kontoabschluss für das vierte Quartal 2008, den die Bank am 30. Dezember 2008 erstellte, ging der Schuldnerin am 2. Januar 2009 zu. Am 19. Januar 2009 beantragte die Schuldnerin die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen. Hierauf bestellte das Insolvenzgericht den Kläger am 22. Januar 2009 zum vorläufigen Insolvenzverwalter und ordnete einen Zustimmungsvorbehalt an. Der Kläger informierte die Beklagte mit Schreiben vom 5. Februar 2009 über den Insolvenzantrag der Schuldnerin. Am 10. Februar 2009 erklärte er gegenüber der Bank die Genehmigung aller Abbuchungen vom Konto der Schuldnerin. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens focht er die genehmigten Leistungen vom 23. Dezember 2008 an und forderte die Beklagte zur Rückzahlung des eingezogenen Betrages von 877,19 € auf.
3
Das Amtsgericht hat die im Februar 2010 erhobene Anfechtungsklage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landgericht die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung verurteilt. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klagabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


4
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückweisung der Berufung.

I.


5
Das Berufungsgericht meint, die Klage sei begründet, der Kläger habe einen Anspruch auf Rückgewähr aus §§ 143, 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO. Es könne offenbleiben, ob die Genehmigung der Belastungsbuchung aufgrund des Ablaufs der Sechs-Wochen-Frist gemäß Nr. 7 Abs. 3 der AGB der Bank nach Zugang des Kontoabschlusses am 2. Januar 2009 eingetreten sei, oder ob sie durch die Genehmigungserklärung bewirkt worden sei, die der Kläger als vorläufiger Insolvenzverwalter mit Schreiben vom 10. Februar 2009 am 11. Februar 2009 gegenüber der kontoführenden Bank abgegeben habe. In jedem Fall sei sie nach Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und Kenntniserlangung der Beklagten von dem Insolvenzantrag der Schuldnerin erfolgt. Zwar komme eine konkludente Genehmigung zu einem früheren Zeitpunkt in Betracht, wenn der Lastschriftschuldner in Kenntnis der Belastung dieser nach Ablauf einer angemessenen Prüffrist nicht widerspreche und frühere Abbuchungen in vergleichbarer Höhe genehmigt habe. Von einem solchen Fall könne aber schon deshalb nicht ausgegangen werden, weil es zuvor im November 2008 nur eine Abbuchung in Höhe von 877,19 € gegeben habe. Im Übrigen hätten sich die Abbuchungen der Beklagten in einem Bereich zwischen 590 und 1.009 € bewegt.

II.


6
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
7
1. Rechtsfehlerfrei geht das Berufungsgericht davon aus, dass auf der Grundlage der für die streitige Lastschrift geltenden Genehmigungstheorie die im Einzugsermächtigungsverfahren erfolgte Lastschriftbuchung erst mit Genehmigung wirksam wird und dass neben einer Genehmigung der Lastschrift durch eine ausdrückliche Erklärung oder aufgrund der Genehmigungsfiktion nach den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bank auch eine konkludente Genehmigung in Betracht kommt (BGH, Urteil vom 20. Juli 2010 - XI ZR 236/07, BGHZ 186, 269 Rn. 48; vom 26. Oktober 2010 - IX ZR 562/07, ZInsO 2010, 2393 Rn. 11 ff; vom 25. Januar 2011 - XI ZR 171/09, ZIP 2011, 482 Rn. 11 ff; vom 25. Januar 2011 - IX ZR 172/09, BKR 2011, 127 Rn. 11 ff; vom 1. März 2011 - XI ZR 320/09, ZIP 2011, 826 Rn. 13 f; vom 3. Mai 2011 - XI ZR 152/09, ZInsO 2011, 1308 Rn. 9 ff; vom 26. Juli 2011 - XI ZR 197/10, ZInsO 2011, 1546 Rn. 11; vom 27. September 2011 - XI ZR 215/10, ZInsO 2011, 1980 Rn. 12). Nach dieser Rechtsprechung kann im unternehmerischen Geschäftsverkehr von einer konkludenten Genehmigung der Lastschriftbuchung dann ausgegangen werden, wenn es sich für die Zahlstelle erkennbar um regelmäßig wiederkehrende Lastschriften aus Dauerschuldverhältnissen, laufenden Geschäftsbeziehungen oder um den Einzug von wiederkehrenden Steuervorauszahlungen und Sozialversicherungsbeiträgen handelt. Erhebt der Schuldner in Kenntnis eines erneuten Lastschrifteneinzugs, der sich im Rahmen des bereits Genehmigten bewegt, nach Kenntnis der Belastung seines Kontos und Ablauf einer angemessenen Überlegungsfrist keine Einwendungen, so kann auf Seiten der Zahlstelle die berechtigte Erwartung entstehen, die neue Belastungsbuchung solle Bestand haben. Wird das Konto im unternehmerischen Geschäftsverkehr geführt, kann die Zahlstelle damit rechnen, dass Kontobewegungen zeitnah nachvollzogen und überprüft werden (vgl. zur Genehmigung der Lastschrift vom Konto eines Verbrauchers BGH, Urteil vom 3. Mai 2011, aaO Rn. 11).
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Soweit die Revisionserwiderung meint, eine konkludente Genehmigung sei vorliegend ausgeschlossen, weil die Zahlstelle den Schuldner aufgefordert habe, etwaige Einwendungen gegen den Kontoabschluss binnen einer Frist von sechs Wochen geltend zu machen, so dass sie erst nach Ablauf dieser Frist das Verhalten des Schuldner als endgültige Genehmigung habe bewerten können , greift dieser Einwand nicht durch. Die vorliegend von der Bank in Nr. 7 Abs. 3 Satz 1 AGB verwendete Klausel verlangt, dass der Kunde „spätestens“ vor Ablauf von sechs Wochen seine Einwendungen gegen die Belastung erhebt. Die Regelung lässt damit die Möglichkeit eines früheren Widerspruchs ebenso zu wie eine frühere Genehmigung der Lastschrift. Dem Regelungszweck der Klausel, möglichst früh Klarheit über den endgültigen Bestand von Lastschriften zu haben, widerspräche es, ein Verhalten des Kontoinhabers, mit dem dieser erkennbar den Bestand einer Belastungsbuchung bestätigt, vor Ablauf von sechs Wochen seit Mitteilung des entsprechenden Rechnungsabschlusses nicht als konkludente Genehmigung einer Lastschriftbuchung anzusehen (vgl. BGH, Urteil vom 25. Januar 2011 - IX ZR 172/09, aaO Rn. 12 ff; vom 25. Januar 2011 - IX ZR 171/09, aaO Rn. 12 ff).
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2. Diese Grundsätze hat das Berufungsgericht auch insofern beachtet, als es davon ausgegangen ist, dass bei ständig wiederkehrenden Lastschriftabbuchungen von Sozialversicherungsbeiträgen grundsätzlich eine konkludente Genehmigung durch den Schuldner in Betracht kommt. Es hat sich bei seiner Entscheidung jedoch ausschließlich darauf beschränkt, die Höhe der Zahlungen aus den vergangenen Monaten miteinander zu vergleichen und aufgrund ihrer unterschiedlichen Höhe eine konkludente Genehmigung zu verneinen. Damit wird der gesamte Tatsachenstoff nicht ausgeschöpft.
10
a) Feststellungen des Berufungsgerichts zu einer konkludent erklärten Genehmigung sind als Ergebnis tatrichterlicher Auslegung im Revisionsverfahren nur beschränkt darauf überprüfbar, ob gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze oder Verfahrensvorschriften verletzt worden sind (BGH, Urteil vom 23. September 2009 - VIII ZR 300/08, NJW 2010, 1133 Rn. 12 mwN; vom 26. Oktober 2010 - XI ZR 562/07, ZInsO 2010, 2393 Rn. 20). Zu untersuchen ist hierbei auch, ob alle erheblichen Umstände umfassend gewürdigt sind (BGH, Urteil vom 13. Januar 2009 - XI ZR 66/08, WM 2009, 402 Rn. 25; vom 26. Oktober 2010 aaO). Einer solchen Überprüfung halten die Ausführungen des Berufungsgerichts nicht Stand.
11
b) Schon die Auffassung des Berufungsgerichts, es müsse sich um eine Reihe gleichbleibender Zahlungen handeln, um eine konkludente Genehmigung annehmen zu können, ist mit der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht zu vereinbaren (vgl. zuletzt BGH, Urteil vom 27. September 2011 - XI ZR 328/09, WM 2011, 2259 Rn. 22; vom 25. Oktober 2011 - XI ZR 368/09, Rn. 13 z.V.b.). Nach dieser Rechtsprechung genügt es, dass sich die Lastschriftbuchung, um deren konkludente Genehmigung es geht, im Rahmen der bereits genehmigten Lastschrifteinzüge bewegt und sich nicht wesentlich von den vorherigen genehmigten Lastschriften unterscheidet. Werden fortlaufend Forderungen in unterschiedlicher Höhe im Rahmen von laufenden Geschäftsbeziehungen im unternehmerischen Verkehr mittels Lastschrift im Einzugsermächtigungsverfahren eingezogen, so kommt eine konkludente Genehmigung einer Lastschriftbuchung auch dann in Betracht, wenn sie sich innerhalb einer Schwankungsbreite von bereits zuvor genehmigten Lastschriftbuchungen bewegt oder diese nicht wesentlich über- oder unterschreitet (BGH,Urteil vom 27. September 2011, aaO). Entsprechendes gilt für die Einziehung von Sozialversicherungsbeiträgen , um die es vorliegend geht. Betrachtet man unter Be- rücksichtigung dieser Grundsätze die unbestritten gebliebene Aufstellung der Beklagten aus dem Schriftsatz vom 26. August 2010, die elf Zahlungen zwischen 590,82 € und 1.009,27 € ausweist, so handelt es sich um Beträge, die innerhalb einer rechtlich unerheblichen Schwankungsbreite liegen. Lässt man den Betrag von 1.009,27 € außer Acht, so liegen die einzelnen Zahlungsbeträge weniger als 300 € auseinander. Schon dies spricht für die Annahme, dass es sich um wiederkehrende Zahlungen handelt, denen der Schuldner nicht widersprochen hat und die sich in einem Bereich halten, der die Annahme einer konkludenten Genehmigung nahelegen kann. Für eine solche Genehmigung spricht ferner, dass die Beträge regelmäßig zum Monatsende in der Zeit zwischen dem 23. und 28. des Monats eingezogen worden sind, so dass sich der Bank der Eindruck periodisch wiederkehrender Beträge in annähernd gleicher Höhe aufdrängen musste.
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Das Berufungsgericht lässt bei seiner Würdigung unberücksichtigt, dass es sich bei den eingezogenen Beträgen um solche gehandelt hat, deren Höhe jeweils vom Schuldner selbst aufgrund der Regelung des § 28f Abs. 3 SGB IV rechtsverbindlich gegenüber der Beklagten erklärt worden ist. Gerade im Hinblick auf diesen Gesichtspunkt kann bei einem unternehmerisch tätigen Schuldner erwartet werden, dass er die Belastungsbuchungen zeitnah überprüft und unverzüglich Widerspruch erhebt, sofern er feststellt, dass die Höhe der eingezogenen Beträge von seiner Anmeldung abweicht (vgl. BGH, Urteil vom 1. März 2011, aaO Rn. 13).
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Bei einer Gesamtwürdigung dieser Umstände konnten weder der Kontoinhaber noch das kontoführende Kreditinstitut davon ausgehen, das Verhalten des Kontoinhabers werde vor Ablauf der Sechs-Wochen-Frist keine den Bestand der Lastschrift betreffenden Rechtsfolgen auslösen (vgl. BGH, Urteil vom 20. Juli 2010, aaO Rn. 43; vom 26. Oktober 2010, aaO Rn. 17; vom 25. Januar 2011 - XI ZR 171/09, aaO Rn. 18). Für die Bank musste sich vielmehr der Eindruck aufdrängen, der Schuldner genehmige die Lastschrift, sofern er nicht innerhalb einer angemessenen Überlegungsfrist nach Zugang des Kontoauszugs Einwendungen gegen den Lastschrifteinzug erhob. Die konkludente Genehmigung kann deshalb allein wegen der unterschiedlichen Höhe der eingezogenen Beträge nicht verneint werden.

III.


14
Das Berufungsurteil ist demnach aufzuheben. Da die Aufhebung nur wegen Rechtsverletzung bei der Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO), hat der Senat in der Sache selbst zu entscheiden. Unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils ist die klagabweisende Entscheidung des Amtsgerichts wiederherzustellen.
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1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Bank bei monatlichen und im Wesentlichen gleich hohen Lastschriftabbuchungen vom Konto eines Verbrauchers in der Regel spätestens dann, wenn dieser bereits die Mitteilung von zwei Folgeabbuchungen erhalten hat, davon ausgehen, dass in Bezug auf die mindestens zwei Monate zurückliegende Abbuchung keine Einwendungen erhoben werden (BGH, Urteil vom 3. Mai 2011, aaO Rn. 12). Wie lang die Überlegungsfrist unternehmerisch tätiger Schuldner zu bemessen ist, ist bislang offen geblieben. Für diese ist es verkehrsüblich, dass sie Lastschriften , die typischerweise auf einer von ihnen selbst abgefassten sozialversicherungsrechtlichen Anmeldung beruhen, mit einer Überlegungsfrist von allen- falls vierzehn Tagen widersprechen. Ein solcher typischer Vorgang wird für die Schuldnerbank durch die Person des Gläubigers, die Spanne der Einziehungsbeträge und die regelmäßig wiederkehrenden Einziehungstermine erkennbar. Lässt der Schuldner diese Frist in Kenntnis der Abbuchung verstreichen, kann die Bank davon ausgehen, dass Einwendungen nicht mehr erhoben werden sollen. Dies gilt auch im vorliegenden Fall, in dem der Lastschrifteinzug auf der Anmeldung von Sozialversicherungsbeiträgen nach § 28f Abs. 3 SGB IV beruht.
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Entgegen der von dem Kläger in der Revisionsverhandlung vertretenen Auffassung ist es ohne Bedeutung, dass die streitige Lastschrift bei Zugang des Rechnungsabschlusses für das vierte Quartal 2008 möglicherweise noch nicht genehmigt war. Es handelt sich um unterschiedliche Genehmigungsgegenstände ; dem Quartalsabschluss kann unbeschadet schon erfolgter Einzelgenehmigungen aus anderen Gründen widersprochen werden.
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2. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass sämtliche Lastschriften regelmäßige Verbindlichkeiten der Schuldnerin bei der beklagten Krankenkasse betrafen, die bereits seit mehreren Monaten zu den gleichen Terminen eingezogen worden waren. Die Schuldnerin hatte in der Vergangenheit keiner dieser Lastschriften widersprochen. Nachdem es sich bei den von der Beklagten durch Lastschrift eingezogenen Beträgen um solche gehandelt hat, deren Höhe aufgrund der von der Schuldnerin selbst abgegebenen Meldungen bestimmt worden ist, kann davon ausgegangen werden, dass nach Ablauf von vierzehn Tagen seit Kenntnis der Abbuchung, die hier mit Zugang des Kontoabschlusses am 2. Januar 2009 vermittelt worden ist, ein Widerspruch der Schuldnerin nicht mehr zu erwarten war. Ein solcher Widerspruch ist bis zur Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung am 22. Januar 2009 nicht erfolgt. Der streitige Lastschrifteinzug der Beklagten war deshalb der Anfechtung nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO aufgrund der bereits vor Insolvenzantragstellung eingetretenen konkludenten Genehmigung entzogen. Der für das Vorliegen der Anfechtungsvoraussetzungen maßgebliche Genehmigungszeitpunkt lag vor der am 19. Januar 2009 erfolgten Antragstellung der Schuldnerin. Anhaltspunkte dafür, dass § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO oder andere Anfechtungstatbestände eingreifen könnten, gibt es nicht. Dass die Schuldnerin schon vor dem 19. Januar 2009 zahlungsunfähig war und die Beklagte hiervon Kenntnis hatte, hat der Kläger nicht vorgetragen.
Kayser Raebel Pape Grupp Möhring
Vorinstanzen:
AG Hamburg-Barmbek, Entscheidung vom 07.10.2010 - 822 C 66/10 -
LG Hamburg, Entscheidung vom 25.03.2011 - 303 S 17/10 -

(1) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundessozialgericht die Revision zurück. Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Gesetzesverletzung, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision ebenfalls zurückzuweisen.

(2) Ist die Revision begründet, so hat das Bundessozialgericht in der Sache selbst zu entscheiden. Sofern dies untunlich ist, kann es das angefochtene Urteil mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Gericht zurückverweisen, welches das angefochtene Urteil erlassen hat.

(3) Die Entscheidung über die Revision braucht nicht begründet zu werden, soweit das Bundessozialgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 202 in Verbindung mit § 547 der Zivilprozeßordnung und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(4) Verweist das Bundessozialgericht die Sache bei der Sprungrevision nach § 161 zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück, so kann es nach seinem Ermessen auch an das Landessozialgericht zurückverweisen, das für die Berufung zuständig gewesen wäre. Für das Verfahren vor dem Landessozialgericht gelten dann die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit auf eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung beim Landessozialgericht anhängig geworden wäre.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen.