Bundessozialgericht Urteil, 24. Feb. 2011 - B 14 AS 49/10 R

bei uns veröffentlicht am24.02.2011

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 9. Mai 2008 aufgehoben, der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung an das Landessozialgericht zurückverwiesen, soweit der Rechtsstreit den Zeitraum vom 1. Juni 2006 bis 31. Mai 2007 umfasst.

Tatbestand

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Die Klägerin begehrt von der Beklagten höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung.

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Die 1958 geborene, alleinstehende Klägerin bezog von der Beklagten als Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) laufend eine Regelleistung in Höhe von 345 Euro ua für die Zeit vom 1.6.2006 bis zum 30.11.2006 (Bescheid vom 3.5.2006), vom 1.12.2006 bis zum 31.5.2007 (Bescheid vom 28.11.2006) und vom 1.6.2007 bis zum 30.11.2007 (Bescheid vom 25.4.2007), daneben bezog sie von dem Rhein-Neckar-Kreis Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II. Vom 13.9.2007 bis zum 16.12.2007 befand sie sich in Haft, woraufhin die Beklagte die Bewilligung von Leistungen mit Wirkung vom 13.9.2007 aufhob (Bescheid vom 28.9.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7.1.2008; hiergegen ist eine Klage vor dem Sozialgericht (SG) Mannheim anhängig ). Außerdem hob die Beklagte die Entscheidung vom 25.4.2007 über die Bewilligung von Leistungen im September 2007 wegen der Inhaftierung gemäß § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 4 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch in Höhe von 208,20 Euro auf und forderte diesen Betrag von der Klägerin zurück(Bescheid vom 11.1.2008). Mit Bescheid vom 20.12.2007 bewilligte die Beklagte erneut Leistungen in Höhe von 347 Euro monatlich vom 17.12.2007 bis zum 31.5.2008 (für Dezember 2007 anteilig für die Zeit ab 17.12.2007).

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Am 30.5.2006 legte die Klägerin bei der Beklagten eine ärztliche Bescheinigung zur Anerkennung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung von Dr. W/Dr. B vor, wonach sie wegen einer Allergie gegen Konservierungsstoffe ausschließlich biologische Kost von Biobauern benötige. Nach Einholung einer Stellungnahme des ärztlichen Dienstes vom 13.11.2006, wonach ein Mehrbedarf für Ernährung wegen der vorliegenden Gesundheitsstörungen nicht erforderlich sei, lehnte die Beklagte die Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung ab (Bescheid vom 21.12.2006; Widerspruchsbescheid vom 8.1.2007). Die Klage zum SG Mannheim, mit der die Klägerin einen ernährungsbedingten Mehrbedarf von mindestens 200 Euro monatlich geltend gemacht hatte, blieb ohne Erfolg (Urteil vom 28.11.2007). Zur Begründung hat das SG ausgeführt, die Klägerin sei aufgrund ihrer durch zwei Allergiepässe nachgewiesenen Allergie zwar in ihrer Lebensführung eingeschränkt und müsse ihre Ernährungsgewohnheiten entsprechend anpassen. Für die Stoffe, auf die die Klägerin allergisch reagiere, bestehe aber eine gesetzliche Kennzeichnungspflicht, sodass sie sich ohne Zusatzkosten geeignete Lebensmittel aus dem Warenangebot heraussuchen könne. Dass die Klägerin bei unbehandelten Produkten, die überhaupt nicht durch Zusatzstoffe verändert seien, auf besondere Kost angewiesen sei, habe sie weder dargetan noch sei dies ersichtlich. Mangelerscheinungen seien offenbar nicht aufgetreten, wie sich aus den beigezogenen medizinischen Unterlagen ergebe. Das vorgelegte Attest, wonach "biologische Kost vom Biobauern ausschließlich" angezeigt sei, sei nicht nachvollziehbar, denn nicht konservierte Lebensmittel könnten nicht nur beim Biobauern, sondern in jedem Supermarkt erworben werden.

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Mit ihrer Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg trug die Klägerin unter Wiederholung ihres Vorbringens vor, die bisherigen ärztlichen Gutachten seien unzureichend, da sie alle keine Angaben über ihr Untergewicht enthielten. Es bedeute einen erhöhten Kostenaufwand, wenn sie auf nicht konservierte Lebensmittel zurückgreifen müsse. Hierzu sei ein Gutachten einzuholen, wenn nötig mithilfe eines Ernährungsberaters.

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Mit Urteil vom 9.5.2008 änderte das LSG das Urteil des SG und verurteilte die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 25.4.2007 für die Zeit vom 1.7.2007 bis zum 31.8.2007 zur Zahlung von weiteren 2 Euro monatlich und für die Zeit vom 1.9.2007 bis zum 12.9.2007 zur Zahlung von 1 Euro. Den Bescheid vom 28.9.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.1.2008 und des Bescheides vom 11.1.2008 hob es auf, soweit der Erstattungsbetrag auf mehr als 207 Euro festgesetzt worden sei. Die weitergehende Berufung und die Klage der Klägerin blieben ohne Erfolg. Streitgegenstand sei der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf höhere Leistungen für die Zeit vom 30.5.2006 bis zum 31.5.2008. Die Beklagte habe über den geltend gemachten Mehrbedarf nicht isoliert mit Bescheid vom 21.12.2006 entscheiden dürfen, da eine Beschränkung des Streitgegenstands auf Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung nicht zulässig sei. Gegenstand des Verfahrens seien vielmehr sämtliche Bescheide, die die dem Antrag folgenden Bewilligungszeiträume beträfen (Bescheide vom 3.5.2006, vom 28.11.2006, vom 25.4.2007 und vom 20.12.2007). Gegenstand nach § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) seien ebenfalls die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 28.9.2007 und vom 11.1.2008, mit denen die Beklagte in Änderung des Bescheides vom 25.4.2007 im Hinblick auf die Inhaftierung der Klägerin vom 13.9.2007 bis zum 16.12.2007 die ihr gewährten Leistungen mit Wirkung für die Vergangenheit und die Zukunft aufgehoben habe. Ein Anspruch auf höhere Leistungen ergebe sich nur in geringfügiger Höhe, weil der Klägerin für die Zeit vom 1.7.2007 bis zum 13.9.2007 eine Regelleistung in Höhe von 347 Euro statt lediglich 345 Euro zustehe. Ein Anspruch auf den begehrten Mehrbedarf ergebe sich aus den vom SG ausgeführten Gründen nicht. Im Übrigen werde die Auffassung des SG durch eine von ihm eingeholte telefonische Auskunft des Dr. T bestätigt, über die der Senat die Klägerin zuvor schriftlich in Kenntnis gesetzt hatte. Vor dem Hintergrund dieser Auskunft halte der Senat den maßgeblichen Sachverhalt für geklärt, weshalb kein Anlass zu weiteren Ermittlungen insbesondere durch Einholung eines Sachverständigengutachtens bestehe. Die Klage gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid sei unbegründet, da die Voraussetzungen für die Aufhebung der Leistungen mit Wirkung für die Vergangenheit vorlägen, was das LSG unter Bezugnahme auf den Inhalt beigezogener Akten im Einzelnen ausgeführt hat.

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Mit der vom Senat zugelassenen Revision macht die Klägerin geltend, das LSG habe in unzulässiger Weise unter dem Gesichtspunkt des "Heraufholens von Prozessresten" den Streitstoff erweitert. Ihr sei so eine Tatsacheninstanz abgeschnitten worden. Es habe ferner mit der Bezugnahme auf eine vom SG eingeholte telefonische Auskunft des Dr. T gegen das Verbot der antizipierten Beweiswürdigung verstoßen. Die Verwertung einer telefonischen Auskunft verstoße gegen das Prinzip der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme. Indem das LSG unter Hinweis auf diese, vom SG eingeholte Auskunft den Beweisantrag der Klägerin abgelehnt habe, habe es gegen § 103 SGG verstoßen. Sie habe wegen der verspäteten Zusendung einer Fahrkarte an dem Termin vor dem Berufungsgericht nicht teilnehmen können. Insoweit habe das Berufungsgericht auch ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.

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Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 9. Mai 2008 und das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 28. November 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 21. Dezember 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Januar 2007 aufzuheben und die Bescheide der Beklagten vom 3. Mai 2006 und vom 28. November 2006 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 1. Juni 2006 bis zum 31. Mai 2007 einen Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von monatlich 200 Euro zu gewähren.

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Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

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Ein Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung bestehe nur, wenn wegen einer Erkrankung aus medizinischen Gründen zwingend eine besondere Ernährung einzuhalten sei und diese teurer sei als eine sogenannte Vollkost. Bei einer Allergie gegen Stoffe aus der Gruppe der "paraben mix" würden keine besonderen Lebensmittel erforderlich, sondern lediglich eine Vollkost. Das Allergen könne durch gezielten Einkauf gut vermieden werden. Dies habe auch die Untersuchung durch ihren ärztlichen Dienst ergeben.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Klägerin hat im Sinne der Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LSG, soweit er den Zeitraum vom 1.6.2006 bis zum 31.5.2007 betrifft, Erfolg. Bei Auslegung des klägerischen Vorbringens vor dem SG richtet sich das im Wege der Anfechtungs- und Leistungsklage verfolgte Begehren allein auf höhere laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung in diesem Zeitraum. Soweit das LSG dennoch über Ansprüche für folgende Bewilligungsabschnitte entschieden hat, hat es den Streitgegenstand verkannt und damit § 123 SGG verletzt. Sein Urteil war schon deshalb insoweit aufzuheben (vgl § 170 Abs 2 Satz 1 SGG; hierzu unter 1). Die Feststellungen des LSG lassen im Übrigen keine abschließende Entscheidung darüber zu, ob der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch besteht und ihr im Zeitraum vom 1.6.2006 bis zum 31.5.2007 über die Regelleistung in Höhe von 345 Euro hinaus ein Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung nach § 21 Abs 5 SGB II zusteht(vgl § 170 Abs 2 Satz 2 SGG; hierzu unter 2).

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1. Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens waren bei zutreffender Auslegung des klägerischen Vortrags von Klageerhebung an ausschließlich Ansprüche auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in der Zeit vom 30.5.2006 (Einreichung des Attests bei der Beklagten) bis zum 31.5.2007, soweit sie von der Beklagten erbracht werden (vgl § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB II), wobei die Klägerin Ansprüche für den 30. und 31.5.2006 im Revisionsverfahren zuletzt nicht mehr geltend gemacht hat.

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Nach § 123 SGG entscheidet das Gericht über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein. Bei unklaren Anträgen muss das Gericht mit den Beteiligten klären, was gewollt ist, und darauf hinwirken, dass sachdienliche und klare Anträge gestellt werden (§ 106 Abs 1, § 112 Abs 2 Satz 2 SGG). Im Übrigen muss dann, wenn der Wortlaut eines Antrags nicht eindeutig ist, im Wege der Auslegung festgestellt werden, welches das erklärte Prozessziel ist. In entsprechender Anwendung der Auslegungsregel des § 133 Bürgerliches Gesetzbuch ist nicht am Wortlaut der Erklärung zu haften; die Auslegung von Anträgen richtet sich vielmehr danach, was als Leistung möglich ist, wenn jeder verständige Antragsteller mutmaßlich seinen Antrag bei entsprechender Beratung angepasst hätte und keine Gründe zur Annahme eines abweichenden Verhaltens vorliegen. Im Zweifel ist davon auszugehen, dass der Kläger alles zugesprochen haben möchte, was ihm aufgrund des Sachverhalts zusteht (stRspr, zuletzt etwa BSG SozR 4-2600 § 43 Nr 3).

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a) Auf dieser Grundlage ist das LSG im Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin mit ihrem Klageantrag höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung begehrt. Die Gewährung eines Mehrbedarfs wegen kostenaufwändiger Ernährung allein kann nicht zulässiger Streitgegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein. Die Regelungen der Beklagten über die laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (mit Ausnahme der Kosten der Unterkunft, über die vorliegend vom zuständigen Landkreis in getrennter Trägerschaft entschieden worden ist) lassen sich in rechtlich zulässiger Weise nicht in weitere Streitgegenstände aufspalten (vgl etwa BSGE 104, 48 = SozR 4-1500 § 71 Nr 2, jeweils RdNr 11; BSG SozR 4-4200 § 21 Nr 9 RdNr 11).

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b) Unzutreffend ist allerdings die weitergehende Auslegung durch das LSG, damit habe die Klägerin (in zulässiger Weise) einerseits den gesamten Zeitraum vom 30.5.2006 bis zur Entscheidung des SG am 28.11.2007 und andererseits auch den anschließenden Zeitraum bis zum 31.5.2008, über den das LSG kraft Klage zu entscheiden gehabt habe, zur gerichtlichen Überprüfung gestellt. Lediglich sofern der Träger der Grundsicherung Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gänzlich ablehnt, kann zulässiger Streitgegenstand des gerichtlichen Verfahrens - je nach Klageantrag - die gesamte bis zur Entscheidung verstrichene Zeit sein (stRspr seit BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1, jeweils RdNr 30). Ist dagegen - wie hier - lediglich die Höhe der laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts streitig, kann einer Entscheidung des Trägers der Grundsicherung wegen der in § 41 Abs 1 Satz 4 SGB II vorgesehenen abschnittsweisen Bewilligung von Leistungen grundsätzlich keine Bindungswirkung für künftige Bewilligungsabschnitte zukommen(so ausdrücklich zum Mehrbedarf BSG Urteil vom 22.3.2010 - B 4 AS 59/09 R - SozR 4-4200 § 21 Nr 9 RdNr 16). Der Bescheid der Beklagten vom 21.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.1.2007 lässt zwar eine ausdrückliche Bezugnahme auf einen bestimmten Bewilligungsabschnitt nicht erkennen. Dies allein lässt aber - aus der insoweit für die Auslegung maßgeblichen Sicht eines verständigen Beteiligten, der in Kenntnis der tatsächlichen Zusammenhänge den wirklichen Willen der Behörde erkennen kann (BSGE 67, 104, 110 = SozR 3-1300 § 32 Nr 2 S 11) -nicht den Schluss zu, die Beklagte habe abschließend für die Zukunft über den geltend gemachten Mehrbedarf entscheiden wollen. Vernünftigerweise ergibt sich für den Bescheidempfänger in diesem Fall vielmehr die Auslegung, die rechtlich die einzig zulässige ist, mithin eine (ablehnende) Regelung der Beklagten über eine höhere Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung des geltend gemachten Mehrbedarfs nur für solche Bewilligungsabschnitte, die im Zeitpunkt der Behördenentscheidung in der Vergangenheit bzw der Gegenwart lagen. Nur auf diesen Zeitraum bezieht sich damit der im Wege der Auslegung gewonnene Klageantrag.

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c) Gegenstand des Verfahrens sind damit neben dem ausdrücklich angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 21.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.1.2007 der Bescheid vom 3.5.2006 betreffend den Bewilligungsabschnitt vom 1.6.2006 bis zum 30.11.2006 und der Bescheid vom 28.11.2006 betreffend den Bewilligungsabschnitt vom 1.12.2006 bis zum 31.5.2007. Diese Bescheide regeln für den jeweiligen Bewilligungsabschnitt die laufenden, von der Beklagten zu erbringenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und bilden deshalb mit dem ausdrücklich angefochtenen Bescheid eine Einheit.

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Die übrigen Bescheide, die die anschließenden Bewilligungszeiträume ab dem 1.6.2007 regeln, sind entgegen der Annahme des LSG aus den dargestellten Gründen nicht nach § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden(vgl bereits BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1, jeweils RdNr 30). Dem Vorbringen der Klägerin in den Instanzen lässt sich auch nicht entnehmen, sie hätte wegen der Zeiträume ab dem 1.6.2007 im Wege der Klageerweiterung eine Klage gegen Folgebescheide erheben wollen unabhängig davon, ob insoweit die Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine Klageänderung und die dann geänderte Klage vorgelegen hätten (dazu BSG aaO). Sie hat insbesondere den Bescheid vom 28.9.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.1.2008 gesondert mit einer Klage zum SG Mannheim (Az S 8 AS 90/08) angefochten. Im Revisionsverfahren hat sie schließlich - nunmehr rechtskundig vertreten - den Leistungsantrag ausdrücklich begrenzt und wegen der Zeiträume ab dem 1.6.2007 lediglich die Aufhebung des Urteils des LSG beantragt, soweit ihr nicht weitergehende Leistungen zugesprochen worden sind.

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Da bei verständiger Würdigung des klägerischen Vortrags Ansprüche für Zeiträume nach dem 31.5.2007 nicht Streitgegenstand des Verfahrens vor dem SG waren und das SG zutreffend nur für Zeiträume davor eine Entscheidung getroffen hat, ist unerheblich, in welchem Umfang ein so genanntes "Heraufholen von Prozessresten" zulässig sein kann. Das Berufungsurteil war für Zeiträume nach dem 31.5.2007 schon deshalb aufzuheben, weil das LSG unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu einer Entscheidung über Folgebescheide befugt war (vgl etwa BSG SozR 4-2700 § 9 Nr 13).

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2. Die Revision im Übrigen ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet. Die Feststellungen des LSG lassen keine abschließende Entscheidung darüber zu, ob der Klägerin im streitigen Zeitraum über die Regelleistung in Höhe von 345 Euro hinaus ein Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung nach § 21 Abs 5 SGB II zusteht.

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a) Die Beklagte ist nach den zum 1.1.2011 in Kraft getretenen Änderungen des SGB II durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 3.8.2010 (BGBl I 1112) weiterhin passiv legitimiert. Im Rhein-Neckar-Kreis, in dem die Klägerin ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, werden die Aufgaben nach dem SGB II nach wie vor in getrennter Trägerschaft wahrgenommen; eine gemeinsame Einrichtung zur Aufgabenwahrnehmung (vgl § 44b Abs 1 Satz 1 SGB II in der seither geltenden Fassung) ist bislang noch nicht gebildet. Dies ist übergangsweise noch bis Ende des Jahres 2011 zulässig (vgl § 76 Abs 1 SGB II).

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b) Ein Anspruch insbesondere für den zweiten streitigen Bewilligungsabschnitt scheitert nicht daran, dass die Klägerin lediglich am 30.5.2006 gegenüber der Beklagten ausdrücklich auf den geltend gemachten Mehrbedarf hingewiesen hat. Ausreichend ist, dass sie wegen der Folgezeiträume, für die ein Fortzahlungsantrag rechtzeitig gestellt worden ist (dazu BSG Urteil vom 18.1.2011 - B 4 AS 99/10 R, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen), angegeben hat, maßgebliche Änderungen in ihren persönlichen Verhältnissen hätten sich nicht ergeben. Ein Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung, bei dem es sich um eine laufende Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts handelt, muss nicht gesondert beantragt werden (vgl nur Urteil des Senats vom 6.5.2010 - B 14 AS 3/09 R - SozR 4-4200 § 28 Nr 3 RdNr 14 mwN).

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c) Nach § 21 Abs 5 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, einen Mehrbedarf in angemessener Höhe. Das Gesetz begründet damit beim medizinischen Erfordernis kostenaufwändiger Ernährung einen Rechtsanspruch des Hilfebedürftigen. Voraussetzung ist eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die eine Ernährung erforderlich macht, deren Kosten höher ("aufwändiger") sind als dies für Personen ohne eine solche Einschränkung der Fall ist (vgl Düring in Gagel, SGB II/SGB III, Stand November 2010, § 21 SGB II RdNr 31; O. Loose in GK-SGB II, Stand Juli 2010, § 21 RdNr 34 f; Münder in ders, SGB II, 3. Aufl 2009, § 21 RdNr 25). Ein solches besonderes, medizinisch begründetes Ernährungsbedürfnis führt zu einem Anspruch auf einen Mehrbedarf in angemessener Höhe (zum Ganzen bereits BSGE 100, 83 = SozR 4-4200 § 20 Nr 6, jeweils RdNr 39 und BSG SozR 4-4200 § 21 Nr 2 RdNr 24).

22

Das LSG hat sich zur Begründung seiner ablehnenden Entscheidung im Hinblick auf den begehrten Mehrbedarf unter Hinweis auf § 153 Abs 2 SGG "voll umfänglich" den Entscheidungsgründen des SG im angefochtenen Urteil angeschlossen. Damit ist dem Erfordernis an eine Begründung des Urteils aus § 136 Abs 1 Nr 6 SGG(dazu zuletzt Urteil des Senats vom 15.4.2008 - B 14/11b AS 3/07AS 3/07 R - Juris RdNr 13) noch Genüge getan. Ein Berufungsgericht kann dann pauschal auf die Begründung des angefochtenen Urteils nach § 153 Abs 2 SGG verweisen, wenn es dem Urteil des SG nichts hinzuzufügen hat und es keinen neuen Vortrag tatsächlicher oder rechtlicher Art gibt(BSGE 87, 95, 99 f = SozR 3-2500 § 35 Nr 1 mwN). So liegt der Fall hier. Der klägerische Vortrag im Berufungsverfahren ist gegenüber dem Vortrag im Klageverfahren unverändert. Dies schließt insbesondere die Beweisanträge ein, die die Klägerin bereits in der ersten Instanz hinreichend zum Ausdruck gebracht hat.

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Die damit in Bezug genommenen Feststellungen des SG genügen jedoch zur abschließenden Entscheidung über den geltend gemachten Mehrbedarf nicht. Im Ausgangspunkt zutreffend geht das SG davon aus, dass bei der Klägerin als gesundheitliche Beeinträchtigung, die Auswirkungen auf ihre Ernährungsweise hat, eine Allergie gegen Paraben besteht. Es handelt sich nach den Feststellungen des SG insoweit um eine Allergie gegen para-Hydroxybenzoesäure (kurz PHB-Ester; auch Parahydroxybenzoat), die insbesondere in Kosmetika und bestimmten Lebensmitteln häufig als Konservierungsmittel eingesetzt werden. Zutreffend hat das SG schließlich unter Bezugnahme auf die Verordnung über Anforderungen an Zusatzstoffe und das Inverkehrbringen von Zusatzstoffen für technologische Zwecke (vom 29.1.1998 , zuletzt geändert mit Verordnung vom 11.6.2009 ) dargelegt, dass die entsprechenden Konservierungsstoffe (also die Verbindungen, die Parahydroxybenzoat enthalten) bei ihrer Verwendung in der Lebensmittelverarbeitung eine Kennzeichnungspflicht auslösen.

24

Die dargestellten Ausgangsannahmen konnte das SG allesamt als allgemeinkundige Tatsachen bei seiner Entscheidung zugrunde legen. Allgemeinkundige Tatsachen sind solche, von denen verständige und erfahrene Menschen regelmäßig ohne weiteres Kenntnis haben oder von denen sie sich aus allgemein zugänglichen, zuverlässigen Quellen unschwer überzeugen können oder auch solche, die in einem größeren oder kleineren Bezirk einer beliebig großen Menge bekannt sind oder wahrnehmbar waren und über die man sich aus zuverlässigen Quellen ohne besondere Fachkunde unterrichten kann (vgl BSG Urteil vom 5.3.2002 - B 2 U 27/01 R - ZfS 2002, 237). Die Klassifizierung von Parahydroxybenzoat als Konservierungsmittel, das in den Zusatzstoffen E 214 bis E 219 nach der Anlage Liste B Teil I zur Verordnung über Anforderungen an Zusatzstoffe und das Inverkehrbringen von Zusatzstoffen für technologische Zwecke enthalten ist, ist eine solche allgemeinkundige Tatsache. Entsprechende Informationen sind etwa über die Internetpräsenz des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz allgemein verfügbar (http://www.aktionsplan-allergien.de; Suchbegriff "Parabene"). Über besondere Sachkunde musste das Gericht insoweit nicht verfügen.

25

Die auf Grundlage dieser Ausgangsannahmen getroffene abschließende Würdigung des SG, die Klägerin könne durch aufmerksames und lediglich zeitaufwändiges, aber nicht kostenintensives Verbraucherverhalten das Allergen gut vermeiden, sodass die erforderliche Ernährungsweise sich nicht als kostenaufwändig darstelle, ist dagegen weder eine allgemeinkundige Tatsache im dargestellte Sinne noch wird aus dem Urteil sonst erkennbar, worauf das SG diese Schlussfolgerung stützt. Die Annahme, auch bei strikter Vermeidung von Lebensmitteln, die Parahydroxybenzoat enthielten, würden keine weitergehenden Kosten im Hinblick auf eine ausgewogene Ernährung entstehen, kann nicht als allgemeines Erfahrungswissen des Gerichts unterstellt werden. Es ist durchaus denkbar, dass eine so große Anzahl von Lebensmitteln vermieden bzw ersetzt werden muss, dass dies nicht kostenneutral erfolgen kann. Auch aus der ärztlichen Stellungnahme des medizinischen Dienstes der Beklagten wird nicht erkennbar, auf welchen ernährungswissenschaftlichen Erfahrungen und Grundannahmen sie beruht. Dies gilt schließlich auch für die vom LSG ergänzend in Bezug genommene telefonische Auskunft eines Dr. T Ohnehin kann nach der älteren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts eine sachkundige Einschätzung zum streitigen Sachverhalt im sozialgerichtlichen Verfahren regelmäßig nur durch Begutachtung durch einen Sachverständigen (§ 106 Abs 3 Nr 5 SGG) oder seine Anhörung im Termin zur mündlichen Verhandlung bzw - in eng begrenzten, geeigneten Fällen - im Wege der Vernehmung durch den Kammervorsitzenden erfolgen (vgl § 106 Abs 3 Nr 4 SGG; dazu bereits BSGE 2, 197, 199). Ob daneben die Verwertung einer telefonisch von einem Arzt eingeholten Auskunft iS des § 106 Abs 3 Nr 3 SGG in jedem Fall ausscheidet(so ausdrücklich BSG, aaO und im Anschluss Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 106 RdNr 11), kann offen bleiben. Entscheidend ist vorliegend auch insoweit, dass unklar geblieben ist, über welche Sachkunde Dr. T verfügte und auf welche medizinischen und ernährungswissenschaftlichen Grundlagen er seine Aussagen stützt.

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Das LSG wird nach Zurückverweisung des Rechtsstreits eine gutachterliche Stellungnahme (ggf nach Aktenlage) einholen müssen, wobei der Sachverständige in erster Linie über besondere Kenntnisse auf ernährungswissenschaftlichem Gebiet verfügen sollte. Erst wenn geklärt ist, wie konsequent die Klägerin die fraglichen Konservierungsstoffe vermeiden muss, um gesundheitliche Beeinträchtigungen auszuschließen, wie häufig die fraglichen, von der Klägerin ggf strikt zu vermeidenden Konservierungsmittel eingesetzt werden, welche Möglichkeiten bestehen, auf andere Lebensmittel auszuweichen bzw auf welche Lebensmittel bei einer ausgewogenen Ernährung verzichtet werden kann, kann entschieden werden, ob und ggf welche Mehrkosten für eine solche Ernährungsweise entstehen.

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Das LSG wird auch über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden haben.

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Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 112


(1) Der Vorsitzende eröffnet und leitet die mündliche Verhandlung. Sie beginnt nach Aufruf der Sache mit der Darstellung des Sachverhalts. (2) Sodann erhalten die Beteiligten das Wort. Der Vorsitzende hat das Sach- und Streitverhältnis mit den Be

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 76 Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende


(1) Nimmt im Gebiet eines kommunalen Trägers nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 mehr als eine Arbeitsgemeinschaft nach § 44b in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung die Aufgaben nach diesem Buch wahr, kann insoweit abweichend von § 44b Absa

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Bundessozialgericht Urteil, 24. Feb. 2011 - B 14 AS 49/10 R zitiert oder wird zitiert von 25 Urteil(en).

Bundessozialgericht Urteil, 24. Feb. 2011 - B 14 AS 49/10 R zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundessozialgericht Urteil, 18. Jan. 2011 - B 4 AS 99/10 R

bei uns veröffentlicht am 18.01.2011

Tenor Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 11. Mai 2010 wird zurückgewiesen.

Bundessozialgericht Urteil, 06. Mai 2010 - B 14 AS 3/09 R

bei uns veröffentlicht am 06.05.2010

Tatbestand 1 Die Kläger begehren höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für den Zeitraum vom 29.3. bis 30.1

Bundessozialgericht Urteil, 22. März 2010 - B 4 AS 59/09 R

bei uns veröffentlicht am 22.03.2010

Tatbestand 1 Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger einen Mehrbedarf für erwerbsfähige behinderte Hilfebedürftige für die Zeit vom 1.1
22 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundessozialgericht Urteil, 24. Feb. 2011 - B 14 AS 49/10 R.

Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 25. Juli 2018 - L 13 R 729/16

bei uns veröffentlicht am 25.07.2018

Tenor I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 11. August 2016 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 25. März 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Mai 20

Bundessozialgericht Urteil, 19. Juni 2018 - B 2 U 9/17 R

bei uns veröffentlicht am 19.06.2018

Tenor Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 30. November 2016 wird zurückgewiesen.

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 20. Juli 2017 - L 7 AS 2130/14

bei uns veröffentlicht am 20.07.2017

Tenor Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 10. April 2014 wird zurückgewiesen.Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten. Tatbestand   1 Der Kläger begehrt di

Sozialgericht Neubrandenburg Urteil, 16. Dez. 2015 - S 12 AS 2131/11

bei uns veröffentlicht am 16.12.2015

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet. Tatbestand 1 Die Klägerin bezieht vom Beklagten Leistungen nach dem SGB II. Mit Schreiben vom 05.08.2010 beantragte sie die Übernahme von Kosten für Arz

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Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

Das Gericht entscheidet über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein.

(1) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundessozialgericht die Revision zurück. Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Gesetzesverletzung, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision ebenfalls zurückzuweisen.

(2) Ist die Revision begründet, so hat das Bundessozialgericht in der Sache selbst zu entscheiden. Sofern dies untunlich ist, kann es das angefochtene Urteil mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Gericht zurückverweisen, welches das angefochtene Urteil erlassen hat.

(3) Die Entscheidung über die Revision braucht nicht begründet zu werden, soweit das Bundessozialgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 202 in Verbindung mit § 547 der Zivilprozeßordnung und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(4) Verweist das Bundessozialgericht die Sache bei der Sprungrevision nach § 161 zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück, so kann es nach seinem Ermessen auch an das Landessozialgericht zurückverweisen, das für die Berufung zuständig gewesen wäre. Für das Verfahren vor dem Landessozialgericht gelten dann die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit auf eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung beim Landessozialgericht anhängig geworden wäre.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen.

(1) Mehrbedarfe umfassen Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 7, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind.

(2) Bei werdenden Müttern wird nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, ein Mehrbedarf von 17 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt.

(3) Bei Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs, wenn sie mit einem Kind unter sieben Jahren oder mit zwei oder drei Kindern unter 16 Jahren zusammenleben, oder
2.
in Höhe von 12 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs für jedes Kind, wenn sich dadurch ein höherer Prozentsatz als nach der Nummer 1 ergibt, höchstens jedoch in Höhe von 60 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Regelbedarfs.

(4) Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit Behinderungen, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches mit Ausnahme der Leistungen nach § 49 Absatz 3 Nummer 2 und 5 des Neunten Buches sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 112 des Neunten Buches erbracht werden, wird ein Mehrbedarf von 35 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt. Satz 1 kann auch nach Beendigung der dort genannten Maßnahmen während einer angemessenen Übergangszeit, vor allem einer Einarbeitungszeit, angewendet werden.

(5) Bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, wird ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt.

(6) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht; bei einmaligen Bedarfen ist weitere Voraussetzung, dass ein Darlehen nach § 24 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.

(6a) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(7) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und deshalb keine Bedarfe für zentral bereitgestelltes Warmwasser nach § 22 anerkannt werden. Der Mehrbedarf beträgt für jede im Haushalt lebende leistungsberechtigte Person jeweils

1.
2,3 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 Nummer 2, Absatz 3 oder 4,
2.
1,4 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 oder § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten im 15. Lebensjahr,
3.
1,2 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres oder
4.
0,8 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) Die Summe des insgesamt anerkannten Mehrbedarfs nach den Absätzen 2 bis 5 darf die Höhe des für erwerbsfähige Leistungsberechtigte maßgebenden Regelbedarfs nicht übersteigen.

(1) Ist die Revision unbegründet, so weist das Bundessozialgericht die Revision zurück. Ergeben die Entscheidungsgründe zwar eine Gesetzesverletzung, stellt sich die Entscheidung selbst aber aus anderen Gründen als richtig dar, so ist die Revision ebenfalls zurückzuweisen.

(2) Ist die Revision begründet, so hat das Bundessozialgericht in der Sache selbst zu entscheiden. Sofern dies untunlich ist, kann es das angefochtene Urteil mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Gericht zurückverweisen, welches das angefochtene Urteil erlassen hat.

(3) Die Entscheidung über die Revision braucht nicht begründet zu werden, soweit das Bundessozialgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 202 in Verbindung mit § 547 der Zivilprozeßordnung und, wenn mit der Revision ausschließlich Verfahrensmängel geltend gemacht werden, für Rügen, auf denen die Zulassung der Revision beruht.

(4) Verweist das Bundessozialgericht die Sache bei der Sprungrevision nach § 161 zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück, so kann es nach seinem Ermessen auch an das Landessozialgericht zurückverweisen, das für die Berufung zuständig gewesen wäre. Für das Verfahren vor dem Landessozialgericht gelten dann die gleichen Grundsätze, wie wenn der Rechtsstreit auf eine ordnungsgemäß eingelegte Berufung beim Landessozialgericht anhängig geworden wäre.

(5) Das Gericht, an das die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen ist, hat seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Revisionsgerichts zugrunde zu legen.

(1) Träger der Leistungen nach diesem Buch sind:

1.
die Bundesagentur für Arbeit (Bundesagentur), soweit Nummer 2 nichts Anderes bestimmt,
2.
die kreisfreien Städte und Kreise für die Leistungen nach § 16a, für das Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 und 2 und die Leistungen nach § 27 Absatz 3, soweit diese Leistungen für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet werden, für die Leistungen nach § 24 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 und 2 sowie für die Leistungen nach § 28, soweit durch Landesrecht nicht andere Träger bestimmt sind (kommunale Träger).
Zu ihrer Unterstützung können sie Dritte mit der Wahrnehmung von Aufgaben beauftragen; sie sollen einen Außendienst zur Bekämpfung von Leistungsmissbrauch einrichten.

(2) Die Länder können bestimmen, dass und inwieweit die Kreise ihnen zugehörige Gemeinden oder Gemeindeverbände zur Durchführung der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 genannten Aufgaben nach diesem Gesetz heranziehen und ihnen dabei Weisungen erteilen können; in diesen Fällen erlassen die Kreise den Widerspruchsbescheid nach dem Sozialgerichtsgesetz. § 44b Absatz 1 Satz 3 bleibt unberührt. Die Sätze 1 und 2 gelten auch in den Fällen des § 6a mit der Maßgabe, dass eine Heranziehung auch für die Aufgaben nach § 6b Absatz 1 Satz 1 erfolgen kann.

(3) Die Länder Berlin, Bremen und Hamburg werden ermächtigt, die Vorschriften dieses Gesetzes über die Zuständigkeit von Behörden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende dem besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzupassen.

Das Gericht entscheidet über die vom Kläger erhobenen Ansprüche, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein.

(1) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende Angaben tatsächlicher Art ergänzt sowie alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(2) Der Vorsitzende hat bereits vor der mündlichen Verhandlung alle Maßnahmen zu treffen, die notwendig sind, um den Rechtsstreit möglichst in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen.

(3) Zu diesem Zweck kann er insbesondere

1.
um Mitteilung von Urkunden sowie um Übermittlung elektronischer Dokumente ersuchen,
2.
Krankenpapiere, Aufzeichnungen, Krankengeschichten, Sektions- und Untersuchungsbefunde sowie Röntgenbilder beiziehen,
3.
Auskünfte jeder Art einholen,
4.
Zeugen und Sachverständige in geeigneten Fällen vernehmen oder, auch eidlich, durch den ersuchten Richter vernehmen lassen,
5.
die Einnahme des Augenscheins sowie die Begutachtung durch Sachverständige anordnen und ausführen,
6.
andere beiladen,
7.
einen Termin anberaumen, das persönliche Erscheinen der Beteiligten hierzu anordnen und den Sachverhalt mit diesen erörtern.

(4) Für die Beweisaufnahme gelten die §§ 116, 118 und 119 entsprechend.

(1) Der Vorsitzende eröffnet und leitet die mündliche Verhandlung. Sie beginnt nach Aufruf der Sache mit der Darstellung des Sachverhalts.

(2) Sodann erhalten die Beteiligten das Wort. Der Vorsitzende hat das Sach- und Streitverhältnis mit den Beteiligten zu erörtern und dahin zu wirken, daß sie sich über erhebliche Tatsachen vollständig erklären sowie angemessene und sachdienliche Anträge stellen.

(3) Die Anträge können ergänzt, berichtigt oder im Rahmen des § 99 geändert werden.

(4) Der Vorsitzende hat jedem Beisitzer auf Verlangen zu gestatten, sachdienliche Fragen zu stellen. Wird eine Frage von einem Beteiligten beanstandet, so entscheidet das Gericht endgültig.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

(1) Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts besteht für jeden Kalendertag. Der Monat wird mit 30 Tagen berechnet. Stehen die Leistungen nicht für einen vollen Monat zu, wird die Leistung anteilig erbracht.

(2) Berechnungen werden auf zwei Dezimalstellen durchgeführt, wenn nichts Abweichendes bestimmt ist. Bei einer auf Dezimalstellen durchgeführten Berechnung wird die letzte Dezimalstelle um eins erhöht, wenn sich in der folgenden Dezimalstelle eine der Ziffern 5 bis 9 ergeben würde.

(3) Über den Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ist in der Regel für ein Jahr zu entscheiden (Bewilligungszeitraum). Der Bewilligungszeitraum soll insbesondere in den Fällen regelmäßig auf sechs Monate verkürzt werden, in denen

1.
über den Leistungsanspruch vorläufig entschieden wird (§ 41a) oder
2.
die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung unangemessen sind.
Die Festlegung des Bewilligungszeitraums erfolgt einheitlich für die Entscheidung über die Leistungsansprüche aller Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft. Wird mit dem Bescheid über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht auch über die Leistungen zur Deckung der Bedarfe nach § 28 Absatz 2, 4, 6 und 7 entschieden, ist die oder der Leistungsberechtigte in dem Bescheid über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts darauf hinzuweisen, dass die Entscheidung über Leistungen zur Deckung der Bedarfe nach § 28 Absatz 2, 4, 6 und 7 gesondert erfolgt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger einen Mehrbedarf für erwerbsfähige behinderte Hilfebedürftige für die Zeit vom 1.12.2006 bis 31.5.2007 beanspruchen kann.

2

Der 1960 geborene Kläger lebt mit seiner Ehefrau in einer Bedarfsgemeinschaft. Ihm ist rückwirkend ab dem 1.4.2009 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt worden. Der Kläger ist schwerbehindert mit einen GdB von 90. Das Merkzeichen G ist nicht zuerkannt. Bei der Leistungsgewährung wurde dem Kläger bis zum 30.11.2006 ein Mehrbedarf nach § 21 Abs 4 SGB II in Höhe von zuletzt 109 Euro gewährt.

3

Am 29.5.2006 schlossen die Beteiligten eine Eingliederungsvereinbarung, in der sich die Beklagte zu "Übernahmekosten IFD (= Integrationsfachdienst) , ebenso Kostenübernahme bei möglichen Bildungsgutscheinen", der Kläger zu "Kontakt herstellen zu IFD bis 10.6.2006, Aufnahme in Betreuung nachweisen, Bereitschaft Fortbildungsmaßnahmen nach Vorschlag IFD oder ARGE Köln wahrnehmen" verpflichtete. Der Kläger wurde in der Zeit vom 1.7.2006 bis zum 30.6.2007 vom IFD betreut, wobei er nach Vereinbarung zweimal je Monat dort vorsprach.

4

Mit Bescheid vom 1.12.2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 311 Euro sowie Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 205,95 Euro. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein, den die Beklagte mit der Begründung zurückwies, es seien keine Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 SGB IX erbracht worden. Lediglich die Beratung und Vermittlung iS des § 33 Abs 3 Nr 1 SGB IX reichten nicht aus.

5

Das SG hat die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, dem Kläger einen Mehrbedarf in Höhe von 109 Euro monatlich für die Zeit vom 1.12.2005 bis 31.5.2007 zu gewähren (Urteil vom 16.5.2008). Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Der Kläger habe den Streitgegenstand in zulässiger Weise auf den Mehrbedarf wegen Behinderung beschränkt. Bei der einjährigen Betreuung durch den IFD handele es sich um eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben iS des § 21 Abs 4 Satz 1 SGB II. Nach § 33 Abs 3 Nr 1 SGB IX umfassten die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben Hilfen zur Erhaltung oder Erlangung eines Arbeitsplatzes einschließlich Leistungen zur Beratung und Vermittlung, Trainingsmaßnahmen und Mobilitätshilfen. Für eine Ausnahme der Beratung und Vermittlung von den Leistungen des § 33 Abs 3 SGB IX bestehe entgegen der Ansicht der Bundesagentur für Arbeit (BA) in den Durchführungsanweisungen kein Raum. Zum einen verweise § 21 Abs 4 SGB II in seinem Wortlaut pauschal auf § 33 SGB IX. Zum anderen könnten auch durch Beratung und Vermittlung tatsächlich vermehrte Ausgaben entstehen, zB für Bewerbungen, Fahrkosten und andere Aktivitäten. Allerdings sei unerheblich, ob tatsächlich ein Mehrbedarf durch zusätzliche Kosten angefallen sei, denn § 21 Abs 4 SGB II gewähre pauschalierend eine Erhöhung der Regelleistung. Die Beratung und Vermittlung des Klägers durch den IFD sei auch tatsächlich auf die Erlangung eines Arbeitsplatzes gerichtet gewesen. Sofern für das Tatbestandsmerkmal "erbracht werden" über den Wortlaut hinaus eine Leistungsbewilligung vorausgesetzt werde, könne auf die Eingliederungsvereinbarung zurückgegriffen werden. Der Kläger habe den IFD auch tatsächlich aufgesucht.

6

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 21 Abs 4 SGB II. Das LSG habe nicht berücksichtigt, dass die Beklagte den IFD nicht beauftragt habe. Die fehlende Beauftragung sei von entscheidender rechtlicher Bedeutung. Aus § 109 Abs 1 SGB IX in der ab 1.1.2005 geltenden Fassung folge, dass der IFD nicht mehr von der BA bei ihrer Vermittlungsarbeit als Dritter nach § 37 SGB III eingeschaltet werden könne. Soweit die BA oder andere Rehabilitationsträger die Dienste des IFD in Anspruch nehmen würden, täten sie dies auf der Grundlage der "gemeinsamen Empfehlung" nach § 113 SGB IX. Eine Beauftragung sei nach Auskunft des IFD nicht erfolgt. Folglich sei auch nicht davon auszugehen, dass es sich hier um eine Maßnahme handeln könne, die sich im Bereich der Eingliederungsleistungen für erwerbsfähige Behinderte bewege.

7

Die Beklagte beantragt;

das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 16.7.2009 und das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 16.5.2008 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 1.12.2006 und den Widerspruchsbescheid vom 20.6.2007 abzuweisen.

8

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

9

Er ist der Auffassung, das es sich bei den Beratungs- und Vermittlungsleistungen um eine Maßnahme der Wiedereingliederung iS des § 33 SGB IX gehandelt habe, sodass ein Mehrbedarf nach § 21 Abs 4 SGB II gerechtfertigt sei.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision der Beklagten ist iS der Zurückverweisung an das LSG begründet.

11

Der Streitgegenstand des Revisionsverfahrens wird durch den Bescheid vom 1.12.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20.6.2007 begrenzt. Der genannte Bescheid trifft eine Regelung für die Leistungsbewilligung in der Zeit vom 1.12.2006 bis 31.5.2007. Der Kläger hat den Streitgegenstand zusätzlich insoweit in zulässiger Weise beschränkt, als Kosten der Unterkunft nicht in Streit stehen. Jedoch lassen sich darüber hinaus - entgegen der Auffassung des LSG - die weiteren Regelungen der Beklagten zu den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht in rechtlich zulässiger Weise in unterschiedliche Streitgegenstände aufspalten (vgl zuletzt BSG 18.2.2010 - B 4 AS 28/09 R - RdNr 11 mwN) . Die Höhe der weiteren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ist deshalb unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt zu prüfen. Das LSG wird im wiedereröffneten Berufungsverfahren die erforderlichen Feststellungen nachzuholen haben.

12

Der Senat kann jedoch auch hinsichtlich der Voraussetzungen des vom Kläger beanspruchten Mehrbedarfs auf der Grundlage der vom LSG getroffenen Feststellungen nicht abschließend entscheiden. Der Kläger kann einen Mehrbedarf nach § 21 Abs 4 SGB II in Höhe von 30 vH der nach § 20 SGB II maßgebenden Regelleistung nur beanspruchen, wenn er im streitigen Zeitraum an einer regelförmigen Maßnahme teilgenommen hat.

13

Nach § 21 Abs 4 Satz 1 SGB II erhalten erwerbsfähige behinderte Hilfebedürftige, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 SGB IX sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben nach § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 3 SGB XII erbracht werden, einen Mehrbedarf von 35 vH der nach § 20 maßgebenden Regelleistung. Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen dieser Normen insofern, als er zum Kreis der erwerbsfähigen behinderten Hilfebedürftigen gehört. Ob das vom Kläger in Anspruch genommene Vermittlungs- und Beratungsangebot des IFD den im Rahmen des § 21 Abs 4 SGB II zu stellenden Anforderungen genügt, kann derzeit nicht beurteilt werden.

14

Unbeachtlich ist insoweit allerdings die von der Beklagten problematisierte Frage der Beauftragung bzw Kostenträgerschaft für die hier fraglichen Leistungen der Vermittlung und Beratung. Denn den in § 21 SGB II geregelten Mehrbedarfen liegt übereinstimmend der Gedanke zu Grunde, dass bei bestimmten Gruppen von Hilfebedürftigen und besonderen Bedarfssituationen von vornherein feststeht, dass der in der Regelleistung pauschalierte Bedarf den besonderen Verhältnissen nicht gerecht wird (Behrend in jurisPK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 21 RdNr 15; Lang/Knickrehm in Eicher/Spellbrink, 2. Aufl 2008, § 21 RdNr 4) . Trotz der pauschalierenden Betrachtungsweise der Norm setzen die Mehrbedarfe allein bei der Situation des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen an, dem in Fällen bestimmter festgelegter Bedarfslagen zusätzliche Leistungen gewährt werden sollen. Dies schließt es aus, hinsichtlich des Anspruchs auf den Mehrbedarf nach § 21 Abs 4 SGB II auf die Frage der Beauftragung bzw Kostenträgerschaft abzustellen. Denn bei der Beauftragung bzw Kostenträgerschaft handelt es sich um Umstände, die außerhalb der Sphäre des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen liegen und seine Bedarfslage nicht beeinflussen. Auch soweit die hier fraglichen Vermittlungs- und Beratungsleistungen aus den Mitteln der Ausgleichsabgabe finanziert worden sein sollten (vgl § 113 SGB IX) , steht allein dies einer Leistungsgewährung nicht entgegen.

15

Ausgehend vom genannten Zweck der Mehrbedarfe ist ferner nicht zwingend erforderlich, dass die fragliche Leistungsgewährung auf Bewilligungsbescheiden des Grundsicherungsträger beruht. Der 11b. Senat hat zur Anwendung des § 21 Abs 4 SGB II bereits entschieden, dass für die Erfüllung des Merkmals "erbracht werden" zu fordern ist, dass eine in der Regelung bezeichnete Eingliederungsmaßnahme tatsächlich durchgeführt wird (BSGE 101,79 = SozR 4-3500 § 54 Nr 1, jeweils RdNr 22) . Darüber hinaus ist unerheblich, ob die Leistung durch den Grundsicherungsträger durch Verwaltungsakt bewilligt worden ist (vgl aber auch Münder in LPK - SGB II, 3. Aufl 2009, § 21 RdNr 21) . Ausreichend ist vielmehr, dass die Leistungsgewährung auf Veranlassung des Grundsicherungsträgers erfolgt. Letzteres ist der Fall, wenn - wie vorliegend - dem Hilfebedürftigen in einer Eingliederungsvereinbarung tatsächlich aufgegeben wird, an einer Eingliederungsmaßnahme teilzunehmen.

16

Andererseits kann der Kläger einen Anspruch auf den Mehrbedarf auch nicht daraus herleiten, dass ihm im vorangehenden Bewilligungsabschnitt ein derartiger Anspruch nach § 21 Abs 4 SGB II zugebilligt worden war. Bereits für die Arbeitslosenhilfe hatte das BSG mit Rücksicht auf den einjährigen Bewilligungszeitraum erkannt, dass für einen neuen Bewilligungsabschnitt alle Voraussetzungen der Leistung dem Grunde und der Höhe nach neu zu überprüfen waren (BSG SozR 4-4300 § 200 Nr 2; Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, E 010 RdNr 65) . Für die Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II gilt angesichts des Bewilligungszeitraums nach § 41 Abs 1 Satz 4 und 5 SGB II nichts anderes, denn auch hier soll die zeitliche Beschränkung der Bewilligung eine regelmäßige Überprüfung der Anspruchsvoraussetzungen ermöglichen (Eicher in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 41 RdNr 6; Hängelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, § 41 RdNr 11) .

17

Der Anspruch des Klägers setzt jedoch die Teilnahme an einer regelförmigen besonderen Maßnahme voraus, die grundsätzlich geeignet ist, einen Mehrbedarf beim Betroffenen auszulösen (so ausdrücklich bereits BSGE 101, 79 = SozR 4-3500 § 54 Nr 1, jeweils RdNr 22) . Diese einschränkende Auslegung folgt aus dem Wortlaut und dem aus der Entstehungsgeschichte der Norm herzuleitenden spezifischen Sinn und Zweck des Mehrbedarfs.

18

Allerdings ergibt sich noch kein Hinweis auf das Erfordernis einer regelförmigen Maßnahme aus dem Wortlaut des § 21 Abs 4 Satz 1 SGB II, denn danach wird darauf abgestellt, dass "Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 des Neunten Buches sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 54 Abs 1 Satz 1 Nr 1 bis 3 des Zwölften Buches erbracht werden". Eine Begrenzung des aufgeführten Leistungsspektrums folgt jedoch aus Satz 2 der Vorschrift, denn danach wird eine weitere Gewährung dieses Mehrbedarfs während einer angemessenen Übergangszeit nach Beendigung der in Satz 1 "genannten Maßnahmen" eröffnet. Die Formulierung des Satzes 2 weist dementsprechend aus, dass sich die Leistungserbringung innerhalb eines organi-satorischen Rahmens vollziehen muss, der eine Bezeichnung als "Maßnahme" rechtfertigt.

19

Dieses Ergebnis wird durch den aus der Entstehungsgeschichte herzuleitenden Zweck der Regelung bestätigt. Vorgängervorschrift für § 21 Abs 4 SGB II war die in § 23 Abs 3 BSHG getroffene Regelung (vgl BT-Drucks 15/1516 S 57), nach dessen Satz 1 für Behinderte, die das 15. Lebensjahr vollendet haben und denen Eingliederungshilfe nach § 40 Abs 1 Nr 3 bis 5 BSHG gewährt wird, ein Mehrbedarf von 40 vH des maßgebenden Regelsatzes anerkannt wurde, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf bestand. Durch den Verweis auf § 40 Abs 1 Satz 1 Nr 3 (idF durch Art 67 des Gesetzes vom 19.6.2001, BGBl I 1046) waren bereits die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 SGB IX sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben erfasst. § 23 Abs 3 BSHG geht wiederum zurück auf das Zweite Gesetz zur Verbesserung der Haushaltsstruktur vom 22.12.1981 ( 2. Haushaltsstrukturgesetz, BGBl I 1523 ) und schloss eine Lücke, die ansonsten durch die Aufhebung der Mehrbedarfsregelung im Rahmen der Eingliederungshilfe entstanden wäre (vgl Schellhorn/Jirasek/Seipp, Kommentar zum BSHG, 11. Aufl 1984, § 23 RdNr 15). Das zuvor geltende Recht der Eingliederungshilfe hatte in § 41 Abs 2 Satz 2 BSHG (idF des Bundessozialhilfegesetzes vom 30.6.1961, BGBl I 815) vorgesehen, dass für Behinderte, die nicht mehr im volksschulpflichtigen Alter waren, für den laufenden Lebensunterhalt ein Mehrbedarf von mindestens 50 vH des maßgebenden Regelsatzes anzuerkennen war, wenn der Lebensunterhalt nach Regelsätzen zu bemessen war. Sie lehnte sich an die Regelungen über die Ausbildungsbeihilfe an ( vgl BT-Drucks 3/1799 S 46 zu § 39) , die in der Parallelregelung des § 33 Abs 2 Satz 2 BSHG ebenfalls einen entsprechenden Mehrbedarf vorgesehen hatte. Diese enge Anlehnung der Sätze an die Ausbildungsbeihilfe belegt, dass der Mehrbedarf an strukturierte Maßnahmen geknüpft war, die über bloße Kontaktaufnahmen mit Beratung hinausgehen mussten und jedenfalls vom Grundsatz her geeignet waren, einen zusätzlichen Bedarf hervorzurufen.

20

Es kann nicht beurteilt werden, ob die danach zu stellenden erforderlichen Anforderungen an den organisatorischen Mindestrahmen der Eingliederungsmaßnahme durch die dem Kläger gewährten Beratungs- und Vermittlungsleistungen ausgefüllt werden. Das LSG hat lediglich festgestellt, dass der Kläger vom IFD bei der Arbeitssuche unterstützt wurde und ihm auch tatsächlich Angebote vermittelt worden sind. Ferner habe der Kläger den IFD zweimal monatlich aufgesucht. Ob es sich ausschließlich um Vermittlungsleistungen handelte und ob sich diese Leistungen innerhalb der Spannbreite dessen hielten, was auch nicht behinderten erwerbsfähigen Hilfebedürftigen im Rahmen der Vermittlung und Beratung durch den Grundsicherungsträger abverlangt wird, kann anhand dieser Feststellungen nicht beurteilt werden.

21

Das LSG wird dementsprechend aufzuklären haben, ob sich die Vermittlungs- und Beratungstätigkeit in einem organisatorischen Mindestrahmen vollzogen hat, der die Zuerkennung des Mehrbedarfs wegen der Teilnahme an einer Maßnahme rechtfertigt. Es kann hierbei auf die Grundsätze zurückgreifen, die vom BSG zum Begriff der förderungsfähigen Maßnahme im Recht der Weiterbildungsförderung entwickelt worden sind (vgl etwa BSG SozR 4150 Art 1 § 2 Nr 4) . Die Anforderungen würden danach nicht erfüllt, wenn lediglich kurze Gespräche durchgeführt worden sein sollten, wie sie auch im Rahmen der "regulären" Arbeitsvermittlung durch den Grundsicherungsträger mit jedem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen geführt werden. Eine Mehrheit von Teilnehmern ist demgegenüber nicht erforderlich (BSG SozR 4100 § 41 Nr 34) . Unerheblich ist mit Rücksicht auf die dem Mehrbedarf zugrunde liegende Betrachtungsweise schließlich auch, ob die Leistung im konkreten Einzelfall geeignet war, zusätzliche Aufwendungen beim Kläger auszulösen.

22

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

(1) Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt.

(2) Eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts ist dem Gericht mitzuteilen, bei dem das Verfahren anhängig ist.

(1) Mehrbedarfe umfassen Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 7, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind.

(2) Bei werdenden Müttern wird nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, ein Mehrbedarf von 17 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt.

(3) Bei Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs, wenn sie mit einem Kind unter sieben Jahren oder mit zwei oder drei Kindern unter 16 Jahren zusammenleben, oder
2.
in Höhe von 12 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs für jedes Kind, wenn sich dadurch ein höherer Prozentsatz als nach der Nummer 1 ergibt, höchstens jedoch in Höhe von 60 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Regelbedarfs.

(4) Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit Behinderungen, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches mit Ausnahme der Leistungen nach § 49 Absatz 3 Nummer 2 und 5 des Neunten Buches sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 112 des Neunten Buches erbracht werden, wird ein Mehrbedarf von 35 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt. Satz 1 kann auch nach Beendigung der dort genannten Maßnahmen während einer angemessenen Übergangszeit, vor allem einer Einarbeitungszeit, angewendet werden.

(5) Bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, wird ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt.

(6) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht; bei einmaligen Bedarfen ist weitere Voraussetzung, dass ein Darlehen nach § 24 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.

(6a) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(7) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und deshalb keine Bedarfe für zentral bereitgestelltes Warmwasser nach § 22 anerkannt werden. Der Mehrbedarf beträgt für jede im Haushalt lebende leistungsberechtigte Person jeweils

1.
2,3 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 Nummer 2, Absatz 3 oder 4,
2.
1,4 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 oder § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten im 15. Lebensjahr,
3.
1,2 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres oder
4.
0,8 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) Die Summe des insgesamt anerkannten Mehrbedarfs nach den Absätzen 2 bis 5 darf die Höhe des für erwerbsfähige Leistungsberechtigte maßgebenden Regelbedarfs nicht übersteigen.

(1) Zur einheitlichen Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende bilden die Träger im Gebiet jedes kommunalen Trägers nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 eine gemeinsame Einrichtung. Die gemeinsame Einrichtung nimmt die Aufgaben der Träger nach diesem Buch wahr; die Trägerschaft nach § 6 sowie nach den §§ 6a und 6b bleibt unberührt. Die gemeinsame Einrichtung ist befugt, Verwaltungsakte und Widerspruchsbescheide zu erlassen. Die Aufgaben werden von Beamtinnen und Beamten sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wahrgenommen, denen entsprechende Tätigkeiten zugewiesen worden sind.

(2) Die Träger bestimmen den Standort sowie die nähere Ausgestaltung und Organisation der gemeinsamen Einrichtung durch Vereinbarung. Die Ausgestaltung und Organisation der gemeinsamen Einrichtung sollen die Besonderheiten der beteiligten Träger, des regionalen Arbeitsmarktes und der regionalen Wirtschaftsstruktur berücksichtigen. Die Träger können die Zusammenlegung mehrerer gemeinsamer Einrichtungen zu einer gemeinsamen Einrichtung vereinbaren.

(3) Den Trägern obliegt die Verantwortung für die rechtmäßige und zweckmäßige Erbringung ihrer Leistungen. Sie haben in ihrem Aufgabenbereich nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 oder 2 gegenüber der gemeinsamen Einrichtung ein Weisungsrecht; dies gilt nicht im Zuständigkeitsbereich der Trägerversammlung nach § 44c. Die Träger sind berechtigt, von der gemeinsamen Einrichtung die Erteilung von Auskunft und Rechenschaftslegung über die Leistungserbringung zu fordern, die Wahrnehmung der Aufgaben in der gemeinsamen Einrichtung zu prüfen und die gemeinsame Einrichtung an ihre Auffassung zu binden. Vor Ausübung ihres Weisungsrechts in Angelegenheiten grundsätzlicher Bedeutung befassen die Träger den Kooperationsausschuss nach § 18b. Der Kooperationsausschuss kann innerhalb von zwei Wochen nach Anrufung eine Empfehlung abgeben.

(4) Die gemeinsame Einrichtung kann einzelne Aufgaben auch durch die Träger wahrnehmen lassen. Im Übrigen gelten die §§ 88 bis 92 des Zehnten Buches für die gemeinsamen Einrichtungen im Aufgabenbereich dieses Buches entsprechend.

(5) Die Bundesagentur stellt der gemeinsamen Einrichtung Angebote an Dienstleistungen zur Verfügung.

(6) Die Träger teilen der gemeinsamen Einrichtung alle Tatsachen und Feststellungen mit, von denen sie Kenntnis erhalten und die für die Leistungen erforderlich sind.

(1) Nimmt im Gebiet eines kommunalen Trägers nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 mehr als eine Arbeitsgemeinschaft nach § 44b in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung die Aufgaben nach diesem Buch wahr, kann insoweit abweichend von § 44b Absatz 1 Satz 1 mehr als eine gemeinsame Einrichtung gebildet werden.

(2) Bei Wechsel der Trägerschaft oder der Organisationsform tritt der zuständige Träger oder die zuständige Organisationsform an die Stelle des bisherigen Trägers oder der bisherigen Organisationsform; dies gilt auch für laufende Verwaltungs- und Gerichtsverfahren. Die Träger teilen sich alle Tatsachen mit, die zur Vorbereitung eines Wechsels der Organisationsform erforderlich sind. Sie sollen sich auch die zu diesem Zweck erforderlichen Sozialdaten in automatisierter und standardisierter Form übermitteln.

Tenor

Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 11. Mai 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II im Zeitraum vom 1. bis 25.9.2008.

2

Die Kläger bezogen im Zeitraum vom 1.3. bis 31.8.2008 existenzsichernde Leistungen nach dem SGB II. In einem Schreiben vom 4.7.2008 wies der Beklagte die Kläger darauf hin, dass der Leistungsbezug am 31.8.2008 ende und - da Leistungen nur auf Antrag gewährt werden könnten - ein Fortzahlungsantrag rechtzeitig vor dem Ablauf des Bewilligungsabschnitts gestellt werden müsse. Ein Antragsformular fügte er bei.

3

Der Fortzahlungsantrag der Kläger ging am 26.9.2008 bei dem Beklagten ein. Darauf bewilligte er den Klägern ab diesem Tag SGB II-Leistungen bis zum 28.2.2009. Der Widerspruch der Kläger, mit dem sie Leistungen bereits ab dem 1.9.2008 begehren, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 18.2.2009).

4

SG Gelsenkirchen und LSG Nordrhein-Westfalen haben die Entscheidung des Beklagten bestätigt (Urteile des SG vom 11.12.2009 und des LSG vom 11.5.2010). Das LSG hat zur Begründung ausgeführt, dass die Kläger keinen Anspruch auf Leistungen im Zeitraum vor der Antragstellung hätten, denn Alg II bzw Sozialgeld werde nach dem Wortlaut des § 37 SGB II nur auf Antrag gewährt. Insoweit komme es nicht darauf an, ob es sich um einen Erst- oder einen Fortzahlungsantrag handele. § 37 SGB II differenziere nach der Gesetzesbegründung insoweit nicht. Verfahrensrechtlich bleibe ein einmal gestellter Antrag nur so lange bestehen, bis er beschieden worden sei, sodass für den nächsten Bewilligungsabschnitt auch ein neuer Antrag erforderlich werde. Diese Rechtsanwendung werde durch die Rechtsprechung des BSG bestätigt, wonach Folgezeiträume nicht nach § 96 SGG Gegenstand des Rechtsstreits über einen vorhergehenden Bewilligungsabschnitt sein könnten. Die Rechtsprechung des BSG zum SGB III (Alhi) hinsichtlich der Fortwirkung der Antragstellung über den Bewilligungsabschnitt hinaus könne nicht auf das SGB II übertragen werden. Der Antrag habe im SGB III materiell-rechtliche Wirkung gehabt, was im SGB II nicht der Fall sei. Habe der Antrag im SGB II jedoch nur verfahrensrechtliche Funktion, verliere er seine Wirkung mit der Beendigung des Verwaltungsverfahrens. Ebenso sei die Entbehrlichkeit eines Folgeantrags, wie der 8. Senat des BSG sie für das Recht der Grundsicherung im Alter und wegen Erwerbsminderung angenommen habe, nicht auf das SGB II übertragbar. Dort sei von einem geringen Anpassungs- oder Änderungsbedarf nach Ablauf des Bewilligungszeitraums auszugehen. Insoweit unterscheide sich die Situation im SGB II - allein schon aufgrund der Einbeziehung der gesamten Bedarfsgemeinschaft - grundlegend. Sie führe zu einem schnellen und häufigen Wechsel des Bedarfs. Eine Antragstellung der Kläger vor dem 1.9.2008 sei nicht nachgewiesen und eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand komme nicht in Betracht, da hier keine gesetzliche Frist versäumt worden sei. Auch im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs kämen die Kläger nicht zu dem Leistungsanspruch im streitigen Zeitraum, denn eine Nebenpflichtverletzung des Beklagten sei weder geltend gemacht, noch liege sie vor.

5

Die Kläger haben die vom LSG zugelassene Revision eingelegt und rügen eine Verletzung von § 37 SGB II. Nach dem Wortlaut des § 37 SGB II sei eine erneute Antragstellung nicht erforderlich. Systematisch sei das SGB II auf Dauerleistungen angelegt, die nicht durch den Ablauf eines Bewilligungsabschnitts unterbrochen würden. Sinn und Zweck der Leistungsbewilligung in Abschnitten sei die daraus erwachsende Möglichkeit, den Einfluss des Leistungsträgers auf die Vermittlung des Hilfebedürftigen zu stärken. Dazu bedürfe es der regelhaften Unterbrechung in Bewilligungszeiträume jedoch nicht. Den praktischen Schwierigkeiten könne mit den Vorschriften zur mangelnden Mitwirkung nach §§ 60 ff SGB I Rechnung getragen werden.

6

Die Kläger beantragen,
die Urteile des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 11. Dezember 2009 und des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 11. Mai 2010 aufzuheben sowie den Bescheid vom 29. September 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Februar 2009 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, ihnen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in gesetzlicher Höhe auch für den Zeitraum vom 1. September bis 25. September 2008 zu gewähren.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält die Ausführungen des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision ist unbegründet.

10

Die Entscheidung des LSG ist nicht zu beanstanden. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II im Zeitraum vom 1. bis 25.9.2008. Es mangelt insoweit an einem Leistungsantrag nach § 37 Abs 1 SGB II für den streitigen Zeitraum. Es war vorliegend auch nicht auf das Antragserfordernis zu verzichten, weil eine Fortzahlung von Leistungen im direkten Anschluss an einen vorhergehenden Bewilligungszeitraum begehrt wird (3.). Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG ist der Zugang eines Antrags bei dem Beklagten für den Leistungsabschnitt ab dem 1.9.2008 nicht vor dem 26.9.2008 nachgewiesen (4.). Den Klägern ist insoweit auch weder eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 27 SGB X einzuräumen (5.), noch steht ihnen ein Anspruch auf Leistungen aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zu (6.).

11

1. Das beklagte Jobcenter ist gemäß § 70 Nr 1 SGG beteiligtenfähig. Es steht insoweit einer juristischen Person des öffentlichen Rechts gleich. Bei dem Jobcenter (§ 6d SGB II idF des Gesetzes vom 3.8.2010, BGBl I 1112) handelt es sich um eine gemeinsame Einrichtung (§ 44b Abs 1 Satz 1 SGB II idF des Gesetzes vom 3.8.2010, BGBl I 1112), die mit Wirkung vom 1.1.2011 kraft Gesetzes als (teil-)rechtsfähige öffentlich-rechtliche Gesellschaft sui generis entstanden ist (Luik, jurisPR-SozR 24/2010 Anm 1). Die gemeinsame Einrichtung ist im Rahmen der gesetzlichen Aufgabenzuweisung Trägerin von Rechten und Pflichten und nimmt die Aufgaben der Träger wahr, indem sie insbesondere Verwaltungsakte und Widerspruchsbescheide erlässt (§ 44b Abs 1 Satz 1 und 2 SGB II). Gemäß § 76 Abs 3 Satz 1 SGB II tritt die gemeinsame Einrichtung als Rechtsnachfolger an die Stelle der bisherigen beklagten Arbeitsgemeinschaft (ARGE). Nach dieser Vorschrift tritt bei einem Wechsel der Trägerschaft oder der Organisationsform der zuständige Träger oder die zuständige Organisationsform an die Stelle des bisherigen Trägers oder der bisherigen Organisationsform; dies gilt insbesondere für laufende Verwaltungs- und Gerichtsverfahren. Dieser kraft Gesetzes eintretende Beteiligtenwechsel wegen der Weiterentwicklung der Organisation des SGB II stellt keine im Revisionsverfahren unzulässige Klageänderung iS von §§ 99, 168 Satz 1 SGG dar (vgl BSG Urteil vom 9.12.1987 - 10 RKg 5/85 = BSGE 62, 269 , 270 f = SozR 1200 § 48 Nr 14; BSG Urteil vom 18.7.2007 - B 12 P 4/06 R = BSGE 99, 15, 16 = SozR 4-3300 § 55 Nr 1; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, 9. Aufl 2008, § 168 RdNr 2c). Das Passivrubrum war entsprechend von Amts wegen zu berichtigen.

12

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Vorschrift des § 44b SGB II idF des Gesetzes vom 3.8.2010 (BGBl I 1112) bestehen nicht. Der verfassungsändernde Gesetzgeber hat die "Leistungserbringung aus einer Hand" mit dem Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Art 91e GG) vom 21.7.2010 (BGBl I 944) in zulässiger Weise verfassungsrechtlich verankert (Henneke in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, Kommentar zum Grundgesetz, 12. Aufl 2011, Art 91e, RdNr 43; Volkmann in: v Mangoldt/Klein/Starck, Kommentar zum Grundgesetz, Band 3, 6. Aufl 2010, Art 91e GG, RdNr 3 f; unklar Hermes in Dreier, Grundgesetzkommentar, 5. Aufl 2010, Art 91e RdNr 26 ff). Der Gesetzgeber hat sich bei der einfach-gesetzlichen Ausgestaltung innerhalb des von Art 91e Abs 1 und 3 GG eröffneten Gestaltungsspielraums bewegt (vgl Henneke, aaO, RdNr 46 ff; Volkmann, aaO, RdNr 6 f).

13

2. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid vom 29.9.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.2.2009, mit dem der Beklagte den Klägern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 26.9.2008 bis 28.2.2009 bewilligt hat. Die Kläger haben diesen Bescheid hinsichtlich des Leistungsbeginns angefochten und machen einen Anspruch auf Alg II und Sozialgeld auch für den Zeitraum vom 1.9.2008 an, dem ersten Tag nach dem Ende der Bewilligung durch den Bescheid vom 10.4.2008, bis zum 25.9.2008 zutreffend im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage geltend.

14

3. Der Beklagte ist nicht verpflichtet, den Klägern im streitigen Zeitraum Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zu gewähren. Es fehlt insoweit bereits an einem Antrag.

15

Nach § 37 Abs 1 SGB II werden Leistungen auf Antrag und zudem nicht für Zeiten vor der Antragstellung erbracht(§ 37 Abs 2 Satz 1 SGB II). Die gesetzlich geregelte einzige Ausnahme hiervon besteht, wenn die Anspruchsvoraussetzungen an einem Tag eintreten, an dem der zuständige Träger von Leistungen nach dem SGB II nicht geöffnet hat. Dann wirkt ein unverzüglich gestellter Antrag auf diesen Tag zurück (§ 37 Abs 2 Satz 2 SGB II). Das Antragserfordernis gilt auch nicht nur für das erstmalige Begehren der Leistungsgewährung, sondern ebenso im Fortzahlungsfalle (s auch: LSG Baden-Württemberg Urteil vom 26.3.2010 - L 12 AS 1857/09, Revision anhängig beim BSG unter B 14 AS 55/10 R; LSG Berlin-Brandenburg Urteil vom 13.3.2009 - L 14 B 2368/08 AS PKH, ZFSH/SGB 2009, 221; SG Reutlingen Urteil vom 17.3.2008 - S 12 AS 2203/06; so wohl auch LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 18.9.2008 - L 9 B 39/08 AS, RdNr 17; aA SG Reutlingen Urteil vom 13.12.2007 - S 3 AS 3000/07). Dieses folgt aus Wortlaut, Gesetzesbegründung, systematischem Zusammenhang sowie Sinn und Zweck der Regelung.

16

Aus dem Wortlaut des § 37 SGB II lässt sich eine unterschiedliche Behandlung von Erst- und Fortzahlungsanträgen nicht entnehmen. Die Regelung stellt allgemein auf das Erfordernis der Antragstellung als Voraussetzung für den Leistungsbeginn ab. In der Begründung zum Gesetzentwurf wird betont, dass der Antrag auf Leistungen konstitutive Wirkung habe, sodass Leistungen erst ab Antragstellung zustünden (BT-Drucks 15/1516, S 62). Ein Hinweis darauf, dass insoweit zwischen dem erstmaligen Leistungsbegehren und einem Anspruch auf die Fortzahlung zu differenzieren sei, findet sich nicht.

17

Das Antragserfordernis im Fortzahlungsfall wird vielmehr durch Überlegungen zur Systematik des Verhältnisses von Alg II-/Sozialgeldanspruch und Antrag bestätigt. Die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II erfolgt für in der Regel 6 Monate (§ 41 Abs 1 Satz 4 SGB II) und kann auf einen Zeitraum bis zu einem Jahr ausgedehnt werden. Die Befristung erfolgt zum einen, um die Grundsicherungsleistungen wegen des Ziels der Eingliederung in den Arbeitsmarkt von vornherein nur auf den hierfür unerlässlichen Zeitraum zu begrenzen (vgl BSG Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R, BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15). Es handelt sich insoweit - wie auch bei der Alhi (vgl hierzu BSG Urteil vom 23.11.2006 - B 11b AS 9/06 R, SozR 4-4300 § 428 Nr 3) - nicht um eine rentenähnliche Dauerleistung. Zum anderen können durch die Befristung Änderungen der Verhältnisse - insbesondere bedingt durch wechselnde Einkommensverhältnisse und Veränderungen in der Bedarfsgemeinschaft - verfahrensrechtlich und verwaltungstechnisch leichter bearbeitet und erfasst werden (vgl BSG Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R, BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15; vgl hierzu auch Eicher in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 41 RdNr 2 ). In diesen Zweck der Befristung der Leistungen fügt es sich systematisch zwingend ein, die Leistungsgewährung von der Antragstellung abhängig zu machen (BSG Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R, BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15). Insoweit gibt es jedoch keinen Unterschied zwischen der Situation der Erstantragstellung und der beanspruchten Folgebewilligung. Ebenso wie eine Leistungspflicht des SGB II-Leistungsträgers nicht vor einem Kontakt - es reicht ein formloser Antrag - zwischen dem Leistungsberechtigten und ihm entsteht, entfällt sie ohne Antrag vollständig, wenn keine Fortzahlung von Alg II oder Sozialgeld begehrt wird. Eine nachrangige weitere Leistungsverpflichtung des Grundsicherungsträgers entsteht - anders als nach dem BSHG/SGB XII -, selbst wenn weiter Hilfebedürftigkeit gegeben ist, nicht. Zwar kann Hilfebedürftigkeit als Leistungsvoraussetzung über den Bewilligungszeitraum hinaus und unabhängig von der Antragstellung vorliegen (BSG Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R, BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15). Anders als im Sozialhilferecht ist der Zeitpunkt des Leistungsbeginns im SGB II jedoch nicht von der Kenntnis der Hilfebedürftigkeit abhängig, sondern bedarf des konstitutiven Akts des Antrags. Mit diesem konstitutiven Akt wird das Verwaltungsverfahren in Gang gesetzt - ab diesem Zeitpunkt hat der Leistungsträger die Verpflichtung, das Bestehen des Leistungsanspruchs zu prüfen und zu bescheiden (BSG Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R, BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15; s auch BSG Urteil vom 22.3.2010 - B 4 AS 62/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 38). Der Antrag hat insoweit Türöffnerfunktion. Die konstitutive Wirkung des Antrags im SGB II und die nur formal befristete Leistungsgewährung sind auch die entscheidenden Gesichtspunkte, warum die Rechtsprechung des 8. Senat das BSG für das Recht der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, bei dem die Leistung ebenfalls von einem Antrag abhängig ist (§ 41 SGB XII), nicht in die Grundsicherung für Arbeitsuchende übertragen werden kann.

18

Der 8. Senat des BSG hat einen Fortzahlungsantrag im Recht der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ua deswegen nicht für erforderlich befunden (BSG Urteil vom 29.9.2009 - B 8 SO 13/08 R, BSGE 104, 207 = SozR 4-3530 § 6 Nr 1),weil nur der Erstantrag materiell-rechtliche Anspruchsvoraussetzung für die Grundsicherungsleistungen im Alter und bei Erwerbsminderung sei. Mit der ersten Antragstellung sei diese Anspruchsvoraussetzung erfüllt und danach gehe der Gesetzgeber von weitgehend gleichbleibenden Verhältnissen aus, sodass sich insoweit ein Fortzahlungsantrag erübrige. Der einjährige Bewilligungszeitraum des § 6 Satz 1 GSiG sei davon getragen, dass die Rentenanpassungen jährlich erfolgten und eine Mitwirkungspflicht des Hilfeempfängers nur bei der Meldung von Veränderungen seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse bestehe(BT-Drucks 14/4595, S 30, 71). Zudem seien dem Leistungsträger die gesundheitlichen und Einkommensverhältnisse auch bekannt. Anders als im SGB II hat er im Zweifel ohnehin von Amts wegen (Kenntnis von Hilfebedürftigkeit) zu prüfen, ob ein Anspruch auf die nachrangige Sozialhilfeleistung besteht. Die rechtliche Ausgangslage, wie oben dargelegt, ist damit im SGB II eine grundlegend andere. Insoweit verfängt auch nicht die Argumentation, ein einmal gestellter Antrag auf Alg II/Sozialgeld entfalte für den nächsten Bewilligungszeitraum weitere Wirkung, weil er als zeitlich unbefristeter Antrag durch die nur befristete Leistungsgewährung noch nicht verbraucht sei.

19

Hat ein Antrag verfahrensrechtliche, hier konstitutive Bedeutung, so hängt von der Antragstellung zwar der Zeitpunkt des Leistungsbeginns ab. Der Antrag erschöpft sich jedoch zugleich auch mit seiner Bescheidung. Die Verwaltung ist mit der Bescheidung - im Sinne der Funktion des Antrags - tätig geworden und hat ab dem Zeitpunkt der Antragstellung das Vorliegen der Leistungsvoraussetzungen geprüft, Leistungen bewilligt oder abgelehnt (vgl BSG Urteil vom 28.10.2010 - B 14 AS 56/08 R, SozR 4-4200 § 37 Nr 1). Der Antrag ist bereits aus diesem Grunde auch nicht insoweit unverbraucht geblieben. Zwar ist der Antrag so auszulegen, dass das Begehren des Antragstellers möglichst weitgehend zum Tragen kommt (Grundsatz der Meistbegünstigung, vgl BSG Urteil vom 23.3.2010 - B 14 AS 6/09 R, SozR 4-4200 § 37 Nr 2; BSG Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 75/08 R , SozR 4-4200 § 7 Nr 13 mwN; vgl zum Klageantrag BSG Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R, BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, jeweils RdNr 11). Als beantragt sind dementsprechend alle Leistungen anzusehen, die nach Lage des Falles ernsthaft in Betracht kommen (vgl Link in Eicher/Spellbrink aaO; Striebinger in Gagel, SGB II, Stand Dezember 2009, § 37 RdNr 34). Unter Berücksichtigung des § 41 Abs 1 Satz 4 SGB II umfasst dieses im Regelfall jedoch nur Leistungen bis zu einem Zeitraum von sechs Monaten. Selbst nach § 41 Abs 1 Satz 5 SGB II, der den Bewilligungszeitraum auf bis zu zwölf Monate bei Berechtigten verlängert, bei denen eine Veränderung der Verhältnisse nicht zu erwarten ist, ist jedoch eine Begrenzung vorgesehen. Der Gesetzgeber geht mithin davon aus, dass außer in Ausnahmefällen der Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung sowohl dem Grunde, als auch der Höhe nach einem so vielfältigen Wandel unterliegt, dass es geboten ist, die Leistungen immer nur für einen begrenzten Zeitraum zu gewähren und alsdann - auf Veranlassung des Hilfebedürftigen - einer erneuten Prüfung zu unterziehen.

20

Hieraus folgt auch, dass die Rechtsprechung des BSG zum Anspruch auf Fortzahlung der Alhi ohne Fortzahlungsantrag nicht ins SGB II übernommen werden kann. Zum Recht der Alhi hat das BSG mehrfach entschieden, dass Arbeitslosmeldung und Antrag auf Alhi nach Ablauf eines Bewilligungszeitraums nicht seine Wirkung verlören (vgl Urteil vom 29.1.2001 - B 7 AL 16/00 R, BSGE 87, 262 = SozR 3-4300 § 196 Nr 1; BSG Urteil vom 29.11.1990 - 7 RAr 6/90, BSGE 68, 42 = SozR 3-4100 § 139a Nr 1; BSG Urteil vom 12.12.1985 - 7 RAr 75/84, SozR 4100 § 134 Nr 29; zustimmend der 11. Senat des BSG Urteil vom 29.6.2000 - B 11 AL 99/99 R , SozR 3-4100 § 152 Nr 10), weil es sich bei Alg und Alhi im Falle ununterbrochener Arbeitslosigkeit mit Fortbestand der übrigen Anspruchsvoraussetzungen grundsätzlich um einen einheitlichen und fortwährenden Anspruch handele (BSG Urteil vom 12.12.1985 - 7 RAr 75/84, SozR 4100 § 134 Nr 29). Die Bewilligung erfolge zwar nur für einen begrenzten Zeitraum (damals noch § 139a Abs 1 AFG, später § 190 Abs 3 Satz 1 SGB III) und danach sei das weitere Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen einer erneuten Überprüfung zu unterziehen (zu § 139a Abs 2 AFG: BSG Urteil vom 29.11.1990 - 7 RAr 6/90, BSGE 68, 42 = SozR 3-4100 § 139a Nr 1; später § 190 Abs 3 Satz 2 SGB III). Eines neuen Antrags bedurfte es dazu jedoch - anders als im SGB II - nicht, denn die materiell-rechtliche Anspruchsvoraussetzung der Antragstellung/Arbeitslosmeldung war bereits erfüllt und der einheitliche Anspruch auf Alg/Alhi - sofern die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen weiterhin gegeben waren - wurden durch den Ablauf des Bewilligungsabschnitts nicht berührt.

21

Schließlich belegen auch Sinn und Zweck des § 37 Abs 1 SGB II das Antragserfordernis für eine Fortzahlung von Leistungen im Anschluss an einen vorhergehenden Bewilligungszeitraum. Durch eine Antragstellung bringt der Leistungsberechtigte zum Ausdruck, dass sich aus seiner Sicht die tatsächliche und rechtliche Lage nicht grundlegend geändert habe und er weiterhin Leistungen zur Existenzsicherung benötige. Er fordert damit die Verwaltung im Sinne der konstitutiven Wirkung dieses Begehrens auf zu überprüfen, ob und ggf in welchem Umfang für den nächsten Bewilligungsabschnitt Leistungen zu gewähren sind. Soweit die Kläger geltend machen, dass dem Leistungsträger bei Fortwirkung des Erstantrags im Falle der Überzahlung die Instrumentarien insbesondere der Aufhebung wegen einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse nach § 48 SGB X zur Verfügung stünden, vermag der Senat hierin kein Argument gegen das Erfordernis eines Fortzahlungsantrags zu erkennen. Vielmehr soll die Anwendung dieser Vorschrift mit Rücksicht auf die sich im Grundsicherungsbereich häufig ändernden Lebens- und Wirtschaftsverhältnisse begrenzt werden. Nur aufgrund der Begrenzung der Bewilligungszeiträume mit dem Erfordernis eines Fortzahlungsantrags können Änderungsverfügungen selbst und deren Frequenz für den Leistungsträger und den Leistungsempfänger überschaubar bleiben (vgl hierzu BSG Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R, BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr 15).

22

4. Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) ist der Fortzahlungsantrag im vorliegenden Fall am 26.9.2008 bei dem Beklagten eingegangen; die Kläger haben die Feststellungen des LSG nicht mit zulässigen Verfahrensrügen angegriffen. Es ist daher nach § 37 Abs 2 Satz 1 SGB II von diesem Datum als Leistungsbeginn auszugehen.

23

5. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 27 SGB X ist den Klägern nicht zu gewähren. Nach § 27 Abs 1 SGB X ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Überwiegend wird in der Rechtsprechung der Instanzgerichte die Auffassung vertreten, dass es sich bei § 37 SGB II nicht um eine gesetzliche Frist handele(s nur LSG Baden-Württemberg Urteil vom 26.11.2008 - L 2 AS 6052/07; LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 17.4.2008 - L 9 AS 69/07; Hessisches LSG Urteil vom 18.12.2009 - L 7 AS 413/09, anhängig beim BSG unter B 4 AS 29/10 R). Dem folgt der Senat, denn § 37 SGB II setzt keine Frist fest, sondern regelt lediglich das Verhältnis zwischen Leistungsbeginn und Antragstellung. Die Antragstellung selbst ist nicht an eine Frist gebunden und der Ausschluss der Leistungsgewährung vor dem Tag der Antragstellung stellt keine materiell-rechtliche Ausschlussfrist dar (vgl hierzu auch Eicher in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 40 RdNr 106b).

24

6. Die Kläger können die Leistungen für den streitigen Zeitraum auch nicht über einen sozial-rechtlichen Herstellungsanspruch erhalten. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch hat zur Voraussetzung (vgl ua BSG Urteil vom 31.10.2007 - B 14/11b AS 63/06 R, SozR 4-1200 § 14 Nr 10), dass der Sozialleistungsträger eine ihm aufgrund des Gesetzes oder eines Sozialrechtsverhältnisses obliegende Pflicht, insbesondere zur Beratung und Auskunft (§§ 14, 15 SGB I), verletzt hat. Ferner ist erforderlich, dass zwischen der Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Schließlich muss der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können. Die Korrektur durch den Herstellungsanspruch darf dem jeweiligen Gesetzeszweck nicht widersprechen (vgl zum Lohnsteuerklassenwechsel BSG Urteil vom 1.4.2004 - B 7 AL 52/03 R, BSGE 92, 267 , 279 = SozR 4-4300 § 137 Nr 1 mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Im vorliegenden Fall mangelt es bereits an einer Pflichtverletzung des Beklagten. Zwar kann es eine sich aus dem speziellen Sozialrechtsverhältnis des SGB II ergebende Pflicht des Grundsicherungsträgers sein, den Hilfebedürftigen vor dem Ablauf des letzten Bewilligungszeitraums über das Erfordernis eines Fortzahlungsantrags zu beraten (s hierzu Entscheidung des Senats vom selben Tag B 4 AS 29/10 R). Gleichwohl besteht hier kein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch. Der Beklagte ist seiner Verpflichtung zur Unterrichtung der Kläger - wie er in den Fachlichen Hinweisen der BA unter Ziffer 37.11a dargelegt worden ist - nachgekommen. Die Kläger haben von dem Beklagten - nach den Feststellungen des LSG - mit Schreiben vom 4.7.2008 einen Hinweis auf das Ende des Bewilligungszeitraumes erhalten, ihnen wurde ein Fortzahlungsantragsformular übersandt und sie wurden auf das Erfordernis der Antragstellung für die Weiterbewilligung (vor Ablauf des Bewilligungszeitraumes) hingewiesen. Die Kläger haben die Feststellungen des LSG insoweit nicht angegriffen. Der Beklagte hat damit alles objektiv Erforderliche zur Beratung der Kläger getan.

25

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Tatbestand

1

Die Kläger begehren höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für den Zeitraum vom 29.3. bis 30.11.2007. Streitig ist dabei, ob dem im streitigen Zeitraum drei bzw vier Jahre alten Kläger zu 4 ein Mehrbedarf gemäß § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 4 SGB II nach Anerkennung des Merkzeichens "G" zusteht.

2

Die Kläger zu 1 und 2 sind die Eltern des 1998 geborenen Klägers zu 3 und des am 21.5.2003 geborenen Klägers zu 4. Die Kläger standen im streitgegenständlichen Zeitraum im Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bei dem Beklagten. Der Kläger zu 4 leidet an einer allgemeinen Entwicklungsstörung mit motorischer Unruhe, Aufmerksamkeitsdefizit, Verdauungsstörungen, Zöliakie, Wachstumsstörung und infektabhängigem Asthma bronchiale. Durch Bescheid des Versorgungsamtes G vom 11.5.2007 ist er ab dem 29.3.2007 als Schwerbehinderter mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 70 und den Merkzeichen "G" und "B" anerkannt. Der Kläger zu 1 ging im streitigen Zeitraum einer Erwerbstätigkeit nach, aus der er monatlich wechselndes Nettoarbeitseinkommen bei einem gleichbleibenden Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von 1340 Euro erzielte.

3

Der Beklagte bewilligte zunächst durch Bescheid vom 30.10.2006 den Klägern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit von Dezember 2006 bis zum 31.5.2007. In der Folgezeit bis zum 13.4.2007 erließ der Beklagte insgesamt fünf Änderungsbescheide, in denen er jeweils nach Vorlage von Lohnabrechnungen durch den Kläger zu 1 eine Neuberechnung unter Berücksichtigung des wechselnden Einkommens vornahm. Der Beklagte erließ sodann am 7.5.2007 einen weiteren Änderungsbescheid, in dem er die Leistungen für sämtliche Monate von Dezember 2006 bis Mai 2007 neu berechnete. Der Beklagte ging dabei von einem monatlichen Bedarf der Bedarfsgemeinschaft in Höhe von 1673,66 Euro aus. Dabei legte er für die Kläger zu 1 und 2 jeweils eine Regelleistung von 311 Euro gemäß § 20 Abs 3 SGB II und für die Kläger zu 3 und 4 eine Regelleistung gemäß § 28 Abs 1 Nr 1 SGB II in Höhe von jeweils 207 Euro zu Grunde. Außerdem berücksichtigte er bei dem Kläger zu 4 einen Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung in Höhe von monatlich 66,74 Euro. Die angemessenen Kosten der Unterkunft gemäß § 22 Abs 1 SGB II wurden in Höhe von monatlich 571,19 Euro festgesetzt. Als Einkommen wurde neben dem Kindergeld für die Kläger zu 3 und 4 in Höhe von insgesamt 308 Euro das vom Kläger zu 1 erzielte Nettoarbeitsentgelt in Höhe von 1115 Euro (März 2007), 1075,27 Euro (April 2007) und 1200 Euro (Mai 2007) jeweils abzüglich eines Freibetrags in Höhe von 294 Euro berücksichtigt. Außerdem berücksichtigte der Beklagte in den Monaten März und April 2007 aus einer im Dezember 2006 erfolgten Überzahlung 127,86 Euro bzw 127,88 Euro als Einkommen. Am 18.6.2007 erließ der Beklagte einen weiteren Änderungsbescheid, in dem er eine Neuberechnung für den Monat Mai 2007 vornahm, bei der er nunmehr ein Nettoarbeitsentgelt von 1207,76 Euro bei dem Kläger zu 1 zu Grunde legte.

4

Der Beklagte bewilligte durch Bescheid vom 17.4.2007 den Klägern Leistungen für den Zeitraum vom 1.6. bis 30.11.2007. Dabei legte er für den Monat Juni 2007 für die Bedarfsgemeinschaft einen Gesamtbedarf von 1673,66 Euro zu Grunde. Für die Zeit ab dem 1.7. bis zum 30.11.2007 ging er von einem Gesamtbedarf in Höhe von 1680,12 Euro monatlich aus. Der um 6,46 Euro erhöhte Bedarf ergab sich aus der ab dem 1.7.2007 um jeweils 1 Euro erhöhten Regelleistung sowie dem um 2,46 Euro höheren Bedarf für Unterkunft und Heizung. Der Beklagte ging dabei von einem erzielten Nettoarbeitseinkommen des Klägers zu 1 in Höhe von 1200 Euro abzüglich eines Freibetrags in Höhe von 294 Euro aus. In der Folgezeit erließ der Beklagte für den Leistungszeitraum vom 1.6. bis 30.11.2007 insgesamt acht Änderungsbescheide, in denen er eine Neuberechnung unter Berücksichtigung des vom Kläger zu 1 monatlich in wechselnder Höhe erzielten Einkommens vornahm (Juni: 1141,59 Euro, Juli: 1054,82 Euro, August: 1078,72 Euro, September: 1183,22 Euro, Oktober: 923,63 Euro, November: 1148,55 Euro).

5

Am 18.5.2007 legten die Kläger bei dem Beklagten den Bescheid des Versorgungsamts Gelsenkirchen vom 11.5.2007 vor, mit dem dieses bei dem Kläger zu 4 einen GdB von 70 sowie die Erfüllung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Merkzeichen "G" und "B" rückwirkend zum 29.3.2007 festgestellt hatte. Die Kläger beantragten deshalb die Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für den Kläger zu 4. Der Beklagte lehnte durch Bescheid vom 14.8.2007 den Antrag auf Gewährung eines Mehrbedarfs für schwerbehinderte Menschen mit dem Merkzeichen "G" ab. Der Kläger zu 4 werde gerade erst fünf Jahre alt. Der Mehrbedarf sei für Kinder unter 15 Jahren nicht vorgesehen. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 24.8.2007).

6

Hiergegen haben die Kläger Klage zum Sozialgericht (SG) Gelsenkirchen erhoben, das diese durch Urteil vom 19.2.2008 abgewiesen hat. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, die Klage sei bezüglich der Zeiträume ab dem 1.6.2007 bereits unzulässig. Der Regelungsgegenstand eines Bescheides über Mehrbedarf beschränke sich jeweils auf den bei der Antragstellung geltenden Bewilligungsbescheid über die laufenden Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Bei Beantragung des Mehrbedarfs am 18.5.2007 sei maßgebend der Bewilligungsbescheid für die Zeit vom 1.12.2006 bis 31.5.2007 gewesen. Die Kläger müssten sich bezüglich eines Mehrbedarfs für die Zeit ab dem 1.6.2007 gegen die für diesen Zeitraum ergangenen weiteren Bescheide über die laufenden Leistungen wenden. Im Übrigen lägen die Voraussetzungen für einen Mehrbedarf nach § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 4 SGB II in der Person des Klägers zu 4 nicht vor. Bei dem Kläger zu 4 handele es sich von vornherein um eine nicht erwerbsfähige Person iS des SGB II, für die § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 4 SGB II nicht einschlägig sei.

7

Die Berufung der Kläger hat das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen durch Urteil vom 11.12.2008 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es zunächst ausgeführt, streitiger Zeitraum sei hier der Zeitraum vom 29.3. bis zum 30.11.2007. Der Beklagte habe mit dem angefochtenen Bescheid vom 14.8.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.8.2007 eine Regelung hinsichtlich des gesamten streitigen Zeitraums getroffen. Es bestehe jedoch kein Anspruch der Kläger auf höhere Leistungen. Der monatliche Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft, die angemessenen Kosten der Unterkunft und die Nebeneinkommen des Klägers zu 1 seien für den gesamten Zeitraum zutreffend berücksichtigt und berechnet worden. Darüber hinaus bestehe kein weiterer Bedarf. Der im Jahre 2003 geborene Kläger zu 4 habe insbesondere keinen Anspruch auf Berücksichtigung eines Mehrbedarfs nach § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 4 SGB II. Der Kläger zu 4 sei keine "nicht erwerbsfähige Person" im Sinne dieser Vorschrift. Der Begriff der Erwerbsfähigkeit sei in § 8 Abs 1 SGB II definiert. Hiernach sei erwerbsfähig, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außer Stande sei, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Hieraus ergebe sich im Umkehrschluss auch eine Definition der Nichterwerbsfähigkeit, die im Wesentlichen dem Begriff der vollen Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) entspreche, auf den die Parallelvorschrift für die Sozialhilfe (§ 30 Abs 1 Nr 2 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) abstelle. Das Vorliegen von Nichterwerbsfähigkeit iS von § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 4 SGB II setze mithin voraus, dass es an der Fähigkeit zur Erwerbstätigkeit unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes gerade auf Grund von Krankheit oder Behinderung mangele. So verhalte es sich bei dem im streitigen Zeitpunkt vierjährigen Kläger zu 4 gerade nicht, denn dieser sei von vornherein außer Stande, erwerbstätig zu sein. Dies ergebe sich jedoch nicht daraus, dass er krank oder behindert sei. Vielmehr sei jedes, auch ein völlig gesundes vierjähriges Kind, nicht erwerbsfähig.

8

Schon aus Gleichheitsgründen sei es geboten, den Mehrbedarf in § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 4 SGB II unter denselben Voraussetzungen zu gewähren wie denjenigen im Sozialhilferecht nach § 30 Abs 1 Nr 2 SGB XII. Für den Bereich des SGB XII sei aber unstreitig, dass nur Personen, die im Sinne des Rentenversicherungsrechts voll erwerbsgemindert seien, den Mehrbedarf erhalten können. Auch unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des Mehrbedarfs für Nichterwerbsfähige mit dem Merkzeichen "G" im SGB II komme ein anderes Ergebnis nicht in Betracht.

9

Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihrer Revision. Sie rügen eine Verletzung des § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 4 SGB II. Zur Begründung führen sie aus, die Beschränkung der Gewährung des Mehrbedarfszuschlags auf Personen, die älter als 15 Jahre sind, überzeuge nicht. Unter den Begriff des nicht erwerbsfähigen Angehörigen iS des § 28 Abs 1 Satz 1 SGB II fielen auch Minderjährige, sodass es keinen Grund gebe, den in § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 4 SGB II enthaltenen Begriff der "nicht erwerbsfähigen Person" anders auszulegen. Insbesondere könne keine Altersgrenze in die Vorschrift hineingelesen werden. Dies ergebe sich auch aus einem Vergleich der in Nr 2 und Nr 4 des § 28 SGB II geregelten Mehrbedarfe. Während in § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 2 SGB II ausdrücklich geregelt sei, dass der darin enthaltene Mehrbedarf nur Personen zustehe, die das 15. Lebensjahr vollendet hätten, fehle eine entsprechende Regelung in § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 4 SGB II. Es gebe keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass dies ein gesetzgeberisches Versehen sei. In der Gesetzesbegründung zu § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 2 SGB II werde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Mehrbedarf erst nach Vollendung des 15. Lebensjahres zustehen solle (BT-Drucks 16/1410, S 25 zu Buchst a). Wenn der Gesetzgeber eine überschaubare Vorschrift abändere und in einer Ziffer gezielt eine Altersgrenze einfüge, so sei davon auszugehen, dass er die identische bzw die vom LSG hineininterpretierte Altersgrenze in die übernächste Ziffer ebenfalls eingefügt hätte, wenn eine solche Altersgrenze beabsichtigt gewesen wäre. Im Übrigen gehe die Gewährung der Mehrbedarfe im SGB II so weit, dass sogar solche Personen, die prinzipiell vom Leistungsbezug ausgeschlossen seien, durch den Mehrbedarf wieder in das SGB II-Leistungssystem insgesamt einbezogen werden können. Dies gelte insbesondere für den Mehrbedarf für Alleinerziehende, der auch die Situation des Kindes berühre, sodass der Leistungsausschluss des § 7 Abs 5 SGB II nicht greife mit der Konsequenz, dass das minderjährige Kind aus dem Leistungssystem des SGB XII in dasjenige des SGB II gelangen könne. Der Mehrbedarf könne demnach einen eigenen Anspruch auf Arbeitslosengeld II (Alg II) begründen. Von daher überzeuge der Hinweis des LSG auf die strukturellen Unterschiede zwischen SGB II und SGB XII nicht. Der Begriff "nicht erwerbsfähige Person" beziehe sich im SGB II allgemein auf Bezieher von Sozialgeld, worunter gerade nicht zwingend erwerbsunfähige Menschen im medizinischen Sinne fallen würden. Alle Menschen, also auch Kinder bis zum 15. Geburtstag, hätten einen Anspruch auf Zuschlag nach § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 4 SGB II, wenn sie schwerbehindert mit Merkzeichen "G" oder "aG" seien. Nur durch die Gewährung solcher Mehrbedarfe für schwerbehinderte Kinder könne das Existenzminimum und der gesteigerte Bedarf von schwerbehinderten Kindern und damit ein Leben im Rahmen des soziokulturellen Existenzminimums (Art 1 Grundgesetz) sichergestellt werden. Im Übrigen müsse die vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seinem Urteil vom 9.2.2010 (1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09) geschaffene Härtefallregelung auf ihn Anwendung finden.

10

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 11. Dezember 2008 und des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 19. Februar 2008 aufzuheben. Den Bescheid des Beklagten vom 14. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. August 2007 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, unter Änderung aller Bewilligungs- und Änderungsbescheide für den Zeitraum vom 29. März bis zum 30. November 2007 den Klägern zusätzlich Leistungen in Höhe von 17 % der für den Kläger zu 4 maßgeblichen Regelleistung wegen eines Mehrbedarfs nach § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 4 SGB II zu bewilligen.

11

Der Beklagte beantragt,

die Revision der Kläger zurückzuweisen.

12

Er beruft sich auf das angefochtene Urteil des LSG.

Entscheidungsgründe

13

Die Revision der Kläger ist nicht begründet. Zu Recht hat das LSG entschieden, dass den Klägern keine höheren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für den Kläger zu 4 gemäß § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 4 SGB II(idF, die die Norm des § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 4 SGB II durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006, BGBl I 1706 erhalten hat) zustehen (vgl unter 2.). Zu Recht hat das LSG entschieden, dass der im Jahre 2003 geborene Kläger zu 4 keinen Anspruch auf einen Mehrbedarf gemäß § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 4 SGB II (alter Fassung) hat, weil er keine "nicht erwerbsfähige Person" im Sinne dieser Vorschrift ist (vgl unter 3.). Dem Kläger zu 4 steht auch der vom BVerfG am 9.2.2010 (aaO) geschaffene Anspruch auf Leistungen zur Sicherstellung eines unabweisbaren laufenden, nicht nur einmaligen besonderen Bedarfs nicht zu (hierzu unter 4.).

14

1. Streitiger Zeitraum ist der Zeitraum vom 29.3. bis zum 30.11.2007. Das Versorgungsamt hat durch Bescheid vom 11.5.2007 rückwirkend ab dem 29.3.2007 das Vorliegen des Merkzeichens "G" beim Kläger zu 4 festgestellt. Die Kläger haben zwar umgehend (am 18.5.2007) unter Vorlage dieses Bescheids einen "Antrag" bei dem Beklagten gestellt. Eines solchen Antrags hätte es jedoch im Lichte des § 37 SGB II nicht bedurft. Wie der Senat zuletzt entschieden hat (Urteil vom 23.3.2010 - B 14 AS 6/09 R) ist der Antrag im SGB II jeweils so auszulegen, dass das Begehren des Antragstellers möglichst weitgehend zum Tragen kommt (Grundsatz der Meistbegünstigung, vgl Urteil des Senats vom 2.7.2009 - B 14 AS 75/08 R und Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217, 230 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1 RdNr 11). Als beantragt sind dementsprechend alle Leistungen anzusehen, die nach Lage des Falls ernsthaft in Betracht kommen. Das sind bei einem Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts regelmäßig alle im ersten und zweiten Unterabschnitt des zweiten Abschnitts des dritten Kapitels SGB II genannten Leistungen. Mit dem Antrag wird mithin ein Hilfebedarf geltend gemacht, der alle Leistungen umfasst, die der Sicherung des Lebensunterhalts in Form des Alg II dienen. Auch bei dem Mehrbedarf nach § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 4 SGB II handelt es sich um eine Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts. Diese Leistung muss von daher nicht gesondert beantragt werden. Ein solches Erfordernis lässt sich jedenfalls § 37 SGB II nicht entnehmen.

15

Das LSG hat auch zu Recht die Kläger zu 1 bis 4 als Kläger geführt. Im Rahmen des Leistungssystems des SGB II gemäß § 7 iVm §§ 9 ff SGB II kann eine Leistungserhöhung auf Seiten des Klägers zu 4 in Form eines zusätzlichen Mehrbedarfs die Rechtsansprüche sämtlicher Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft auf Leistungen nach dem SGB II ggf erhöhen. Insofern wäre es nicht zweckdienlich gewesen, lediglich den Kläger zu 4 als Kläger zu führen.

16

2. Sämtliche streitgegenständliche Bescheide des Beklagten sind rechtmäßig und waren nicht gemäß §§ 44 ff SGB X (iVm § 40 Abs 1 SGB II) aufzuheben. Das LSG hat dabei zunächst zu Recht festgestellt, dass den Klägern zu 1 bis 4 für den streitigen Zeitraum vom 29.3. bis zum 1.11.2007 Leistungen nach den §§ 19 ff SGB II in richtiger Höhe bewilligt worden sind. Insofern bestehen gegen die in den einzelnen Bescheiden und für die einzelnen Zeiträume aufgeführten Berechnungen des LSG keine rechtlichen Bedenken. Im Übrigen liegen auch keine Angriffe der Revision gegen die Bedarfsermittlung und die Berücksichtigung des Einkommens des Klägers zu 1 seitens des Beklagten vor. Hinsichtlich der Höhe der Regelleistung der Kläger zu 3 und 4 (207 Euro gemäß § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 1 SGB II) folgt aus der Entscheidung des BVerfG vom 9.2.2010 (aaO), dass diese von der Höhe her - für den streitigen Zeitraum - nicht zu beanstanden sind.

17

Entgegen der Rechtsansicht der Revision sind durch die Bewilligung des Merkzeichens "G" für den im streitigen Zeitraum drei- bzw vierjährigen Kläger zu 4 die Bewilligungsbescheide auch nicht durch eine nachträglich eintretende wesentliche Änderung der Verhältnisse rechtswidrig geworden (§ 48 Abs 1 Satz 1 SGB X). Ebenso sind die nach diesem Zeitpunkt erlassenen Bescheide nicht ursprünglich rechtswidrig (§ 44 Abs 1 Satz 1 SGB X). Zu Recht hat das LSG nämlich entschieden, dass die Ablehnung eines Mehrbedarfs gemäß § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 4 SGB II aF rechtmäßig war, sodass auch unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt an der Rechtmäßigkeit der Bewilligungs- bzw Änderungsbescheide nicht zu zweifeln ist.

18

3. Den Klägern stehen im streitigen Zeitraum keine höheren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für den Kläger zu 4 gemäß § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 4 SGB II aF zu.

19

a) Nach § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 4 SGB II aF erhalten nicht erwerbsfähige Personen einen Mehrbedarf von 17 vH der nach § 20 SGB II maßgebenden Regelleistung, wenn sie Inhaber eines Ausweises nach § 69 Abs 5 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) mit dem Merkzeichen "G" sind. Der Kläger zu 4 war keine "nicht erwerbsfähige Person" im Sinne dieser Vorschrift, weil aus der Gesetzgebungsgeschichte und der systematischen Stellung der Norm folgt, dass Kinder unter 15 Jahren grundsätzlich nicht begünstigt werden sollten. Die Norm wurde gemeinsam mit § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 2 SGB II durch das sogenannte Fortentwicklungsgesetz vom 20.7.2006 zum 1.8.2006 neu gefasst (BGBl I 1706). Der Gesetzgeber wollte damit dem Gleichbehandlungsgrundsatz entsprechen und die Leistungen für behinderte Menschen im SGB II an die Leistungen für behinderte Menschen im SGB XII anpassen (BT-Drucks 16/1410, S 25). Vor dem 1. 8. 2006 gab es für Sozialgeldbezieher im SGB II keinen Mehrbedarf bei Nichterwerbsfähigkeit und gleichzeitiger Innehabung eines Nachteilsausgleichs "G". Aus der Übernahme der im Wesentlichen identischen Regelung aus § 30 Abs 1 Nr 2 SGB XII folgt, dass die Gewährung des Mehrbedarfs grundsätzlich unter den gleichen Voraussetzungen wie im SGB XII erfolgen sollte. Wie das LSG zutreffend ausgeführt hat, ist für den Bereich des SGB XII aber unstreitig gewesen, dass nur Personen, die im Sinne des Rentenversicherungsrechts voll erwerbsgemindert sind, den Mehrbedarf erhalten können (vgl nur Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 2. Aufl 2008, § 30 RdNr 13 ff; Falterbaum in Hauck/Noftz, SGB XII, K § 30 RdNr 10, 13. Lieferung, Stand 6/08).

20

§ 30 Abs 1 Nr 2 SGB XII entspricht im wesentlichen der Vorgängervorschrift in § 23 Abs 1 Nr 2 Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Auch zu dieser Norm war bereits unstreitig, dass der Bezug des Mehrbedarfs das Vorliegen von voller Erwerbsminderung bzw Erwerbsunfähigkeit nach dem SGB VI voraussetzte (vgl Hofmann in LPK BSHG, 6. Aufl 2003, § 23 RdNr 16). Mit dem Mehrbedarf für Erwerbsunfähige im BSHG sollte damals ein Ausgleich dafür geschaffen werden, dass der Erwerbsunfähige im Gegensatz zum arbeitsfähigen Hilfeempfänger auch unter Einsatz besonderer Tatkraft nicht in der Lage ist, durch eigene Arbeit etwas hinzuzuverdienen und sich dadurch ein über den notwendigen Bedarf hinausgehendes und zum Teil anrechnungsfreies Einkommen verschaffen kann (Dauber in Mergler/Zink, BSHG, 4. Aufl, 36. Lieferung, Stand März 2004, § 23 RdNr 19). Die Regelung des § 23 Abs 1 Nr 2 BSHG wurde in § 30 Abs 1 Nr 2 SGB XII ohne weitere Begründung fortgeführt. An diese Vorgaben wollte der Gesetzgeber des SGB II anknüpfen (BT-Drucks 16/1410, S 25). Vor dem Hintergrund dieser Gesetzgebungsgeschichte kommt ein Mehrbedarf für ein vierjähriges Kind nicht in Betracht, weil es auch im gesunden Zustand rechtlich und tatsächlich nicht in der Lage ist, sich etwas hinzuzuverdienen.

21

Entgegen der Revision folgt auch aus der ebenfalls durch das Fortentwicklungsgesetz vom 20.7.2006 mit Wirkung zum 1.8.2006 vorgenommenen Änderung des § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 2 SGB II kein anderes Ergebnis. § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 2 SGB II wurde durch dieses Gesetz dahingehend geändert, dass Leistungen für Mehrbedarfe nach § 21 Abs 4 SGB II nur an behinderte Menschen gezahlt werden können, die das 15. Lebensjahr vollendet haben. Vor der Änderung zum 1.8.2006 enthielt die Vorschrift keinerlei Altersbeschränkungen. Soweit die Revision aus der gleichzeitigen Einführung des § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 2 und des § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 4 SGB II den Schluss zieht, aus einer fehlenden Altersbegrenzung in § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 4 SGB II müsse gefolgert werden, dass der Mehrbedarf nach Nr 4 allen Personen ohne jede Altersbeschränkung gewährt werden müsse, überzeugt dies nicht. Das LSG hat zutreffend darauf hingewiesen, dass der Mehrbedarf nach § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 2 SGB II anders als der Mehrbedarf nach Nr 4 gerade nicht auf das Tatbestandsmerkmal der Nichterwerbsfähigkeit abstelle, sondern die Norm lediglich von "behinderten Menschen" spreche. Damit folgt er der Regelung in § 30 Abs 4 SGB XII. Auch diese Regelung enthält eine Beschränkung auf Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet haben. Bei der Ergänzung des § 28 SGB II hat der Gesetzgeber ausdrücklich betont(BT-Drucks 16/1410, S 25), dass er im Bereich des SGB II keine weitergehende Leistungsgewährung beabsichtige als im Bereich des SGB XII. Die Einfügung einer entsprechenden Einschränkung hinsichtlich des Alters in § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 4 SGB II war mithin entbehrlich, weil bei diesem Mehrbedarf auch nach dem SGB XII der entsprechende Mehrbedarf nur bei Überschreitung der Altersgrenze nach § 41 Abs 2 SGB VI bzw beim Vorliegen voller Erwerbsminderung nach dem SGB VI gewährt wurde.

22

b) Der Senat sieht sich in seiner Auslegung des Begriffs "nicht erwerbsfähige Person" iS des § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 4 SGB II (idF des Fortentwicklungsgesetzes, aaO) durch die weitere Rechtsentwicklung bestätigt. Durch das Gesetz zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21.12.2008 (BGBl I 2917) wurde mit Wirkung vom 1.1.2009 § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 4 SGB II nochmals geändert. Die Norm enthält nunmehr eine Klarstellung im Sinne der hier vorgenommenen Auslegung. § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 4 SGB II lautet nunmehr: "Nicht erwerbsfähige Personen, die voll erwerbsgemindert nach dem Sechsten Buch sind, erhalten einen Mehrbedarf von 17 vom Hundert der nach § 20 maßgebenden Regelleistung, …." Zur Begründung dieser Neuregelung hat der Gesetzgeber ausgeführt (BT-Drucks 16/10810, S 49 zu Nr 11 Buchst bb), mit der Ergänzung in § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 4 werde die mit dem Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende verfolgte Gleichbehandlung von Menschen mit Behinderungen im SGB II und SGB XII sichergestellt. Der dort geregelte Mehrbedarf werde - wie im SGB XII - nur bei nicht erwerbsfähigen Personen berücksichtigt, die voll erwerbsgemindert nach dem SGB VI sind. Eine Berücksichtigung des Mehrbedarfs bei Angehörigen der Bedarfsgemeinschaft, die auf Grund ihres Alters zwar nicht erwerbsfähig iS des SGB II, aber nicht voll erwerbsgemindert nach dem SGB VI sind, sei ausgeschlossen (BT-Drucks 16/10810, aaO). Der Gesetzgeber hat diese Ergänzung des § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 4 SGB II ausdrücklich nicht als Neuregelung im Sinne einer konstitutiven Änderung definiert. Vielmehr hat er in seiner Gesetzesbegründung zum Ausdruck gebracht, dass es sich insofern um eine Klarstellung handelt, die den - bereits oben herausgestellten - Grundsatz der Gleichbehandlung von Menschen mit Behinderungen im SGB II und SGB XII, der durch das Fortentwicklungsgesetz eingeleitet wurde, sicherstellen soll. § 28 Abs 1 Satz 3 Nr 4 SGB II im Sinne des Gesetzes zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente hat damit lediglich klarstellende Funktion.

23

4. Dem Kläger zu 4 steht auch der vom BVerfG (Urteil vom 9.2.2010, aaO) geschaffene Anspruch auf Leistungen zur Sicherstellung eines unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen, besonderen Bedarfs nicht zu. Der Senat kann dabei ausdrücklich offen lassen, ob dieser Anspruch für Zeiträume, die vor dem der Entscheidung des BVerfG liegen, überhaupt gegeben ist. Dies hat der 4. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) in seinem Urteil vom 18.2.2010 (B 4 AS 29/09 R, RdNr 34 ff) ausdrücklich bejaht (anders offenbar BVerfG Urteil vom 24.3.2010 - 1 BvR 395/09) und mithin auch eine rückwirkende Anwendung des neuen verfassungsrechtlichen Härteanspruchs im SGB II für möglich gehalten. Die Feststellungen der Vorinstanzen lassen jedenfalls nicht erkennen, dass die tatsächlichen Voraussetzungen eines solchen Härtefallanspruchs in der streitigen Zeit vorgelegen haben. Ermittlungen "ins Blaue hinein" sind insoweit auch nach der Rechtsprechung des 4. Senats des BSG (aaO, RdNr 32) nicht geboten, sodass eine Rückverweisung an das LSG zu weiteren Tatsachenfeststellungen nicht in Betracht kam.

24

Hierbei war auch zu berücksichtigen, dass nach dem Willen des BVerfG der neue Anspruch erst dann entsteht, wenn der Bedarf so erheblich ist, dass die Gesamtsumme der dem Hilfebedürftigen gewährten Leistung - einschließlich der Leistungen Dritter und unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten des Hilfebedürftigen - das menschenwürdige Existenzminimum nicht mehr gewährleistet (BVerfG Urteil vom 9.2.2010, Umdruck S 74; RdNr 208). Das BVerfG geht davon aus, dass dieser zusätzliche Anspruch angesichts seiner engen Tatbestandsvoraussetzungen nur in seltenen Fällen entstehen dürfte (BVerfG, aaO). Der Kläger zu 4 war im streitigen Zeitraum drei bzw vier Jahre alt. Ihm war bereits ein monatlicher Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung gemäß § 21 Abs 4 SGB II zuerkannt worden. Mit Anerkennung des Merkzeichens "G" stand ihm als Empfänger von Leistungen nach dem SGB II die Möglichkeit offen, ohne jede Eigenbeteiligung am öffentlichen Personennahverkehr teilzunehmen (§ 145 Abs 1 SGB IX; der Erwerb einer Wertmarke war gemäß § 145 Abs 1 Satz 5 Nr 2 SGB IX nicht erforderlich; vgl auch Bieritz-Harder in HK-SGB IX, 3. Aufl, § 145 RdNr 16). Weitere Gesichtspunkte, die einen besonderen Härtefall im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG begründen könnten, sind nicht ersichtlich oder vorgetragen.

25

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz.

(1) Mehrbedarfe umfassen Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 7, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind.

(2) Bei werdenden Müttern wird nach der zwölften Schwangerschaftswoche bis zum Ende des Monats, in welchen die Entbindung fällt, ein Mehrbedarf von 17 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt.

(3) Bei Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist ein Mehrbedarf anzuerkennen

1.
in Höhe von 36 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs, wenn sie mit einem Kind unter sieben Jahren oder mit zwei oder drei Kindern unter 16 Jahren zusammenleben, oder
2.
in Höhe von 12 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Bedarfs für jedes Kind, wenn sich dadurch ein höherer Prozentsatz als nach der Nummer 1 ergibt, höchstens jedoch in Höhe von 60 Prozent des nach § 20 Absatz 2 maßgebenden Regelbedarfs.

(4) Bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit Behinderungen, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 des Neunten Buches mit Ausnahme der Leistungen nach § 49 Absatz 3 Nummer 2 und 5 des Neunten Buches sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 112 des Neunten Buches erbracht werden, wird ein Mehrbedarf von 35 Prozent des nach § 20 maßgebenden Regelbedarfs anerkannt. Satz 1 kann auch nach Beendigung der dort genannten Maßnahmen während einer angemessenen Übergangszeit, vor allem einer Einarbeitungszeit, angewendet werden.

(5) Bei Leistungsberechtigten, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, wird ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt.

(6) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht; bei einmaligen Bedarfen ist weitere Voraussetzung, dass ein Darlehen nach § 24 Absatz 1 ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.

(6a) Soweit eine Schülerin oder ein Schüler aufgrund der jeweiligen schulrechtlichen Bestimmungen oder schulischen Vorgaben Aufwendungen zur Anschaffung oder Ausleihe von Schulbüchern oder gleichstehenden Arbeitsheften hat, sind sie als Mehrbedarf anzuerkennen.

(7) Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und deshalb keine Bedarfe für zentral bereitgestelltes Warmwasser nach § 22 anerkannt werden. Der Mehrbedarf beträgt für jede im Haushalt lebende leistungsberechtigte Person jeweils

1.
2,3 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 1 oder Satz 2 Nummer 2, Absatz 3 oder 4,
2.
1,4 Prozent des für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 oder § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten im 15. Lebensjahr,
3.
1,2 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres oder
4.
0,8 Prozent des Regelbedarfs nach § 23 Nummer 1 bei Leistungsberechtigten bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres.
Höhere Aufwendungen sind abweichend von Satz 2 nur zu berücksichtigen, soweit sie durch eine separate Messeinrichtung nachgewiesen werden.

(8) Die Summe des insgesamt anerkannten Mehrbedarfs nach den Absätzen 2 bis 5 darf die Höhe des für erwerbsfähige Leistungsberechtigte maßgebenden Regelbedarfs nicht übersteigen.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

(1) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
den Ort und Tag der mündlichen Verhandlung,
4.
die Urteilsformel,
5.
die gedrängte Darstellung des Tatbestands,
6.
die Entscheidungsgründe,
7.
die Rechtsmittelbelehrung.

(2) Die Darstellung des Tatbestands kann durch eine Bezugnahme auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze und auf die zu Protokoll erfolgten Feststellungen ersetzt werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand richtig und vollständig ergibt. In jedem Fall sind jedoch die erhobenen Ansprüche genügend zu kennzeichnen und die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel ihrem Wesen nach hervorzuheben.

(3) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsaktes oder des Widerspruchsbescheides folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(4) Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so bedarf es des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe nicht, wenn Kläger, Beklagter und sonstige rechtsmittelberechtigte Beteiligte auf Rechtsmittel gegen das Urteil verzichten.

(1) Für das Verfahren vor den Landessozialgerichten gelten die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug mit Ausnahme der §§ 91, 105 entsprechend, soweit sich aus diesem Unterabschnitt nichts anderes ergibt.

(2) Das Landessozialgericht kann in dem Urteil über die Berufung von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.

(3) Das Urteil ist von den Mitgliedern des Senats zu unterschreiben. Ist ein Mitglied verhindert, so vermerkt der Vorsitzende, bei dessen Verhinderung der dienstälteste beisitzende Berufsrichter, dies unter dem Urteil mit Angabe des Hinderungsgrunds.

(4) Das Landessozialgericht kann, außer in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1, die Berufung durch Beschluß zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher zu hören. § 158 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5) Der Senat kann in den Fällen des § 105 Abs. 2 Satz 1 durch Beschluss die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet.

(1) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende Angaben tatsächlicher Art ergänzt sowie alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(2) Der Vorsitzende hat bereits vor der mündlichen Verhandlung alle Maßnahmen zu treffen, die notwendig sind, um den Rechtsstreit möglichst in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen.

(3) Zu diesem Zweck kann er insbesondere

1.
um Mitteilung von Urkunden sowie um Übermittlung elektronischer Dokumente ersuchen,
2.
Krankenpapiere, Aufzeichnungen, Krankengeschichten, Sektions- und Untersuchungsbefunde sowie Röntgenbilder beiziehen,
3.
Auskünfte jeder Art einholen,
4.
Zeugen und Sachverständige in geeigneten Fällen vernehmen oder, auch eidlich, durch den ersuchten Richter vernehmen lassen,
5.
die Einnahme des Augenscheins sowie die Begutachtung durch Sachverständige anordnen und ausführen,
6.
andere beiladen,
7.
einen Termin anberaumen, das persönliche Erscheinen der Beteiligten hierzu anordnen und den Sachverhalt mit diesen erörtern.

(4) Für die Beweisaufnahme gelten die §§ 116, 118 und 119 entsprechend.