Bundesgerichtshof Urteil, 23. Mai 2017 - XI ZR 219/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:230517UXIZR219.16.0
bei uns veröffentlicht am23.05.2017
vorgehend
Landgericht Potsdam, 11 O 237/12, 30.04.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 219/16 Verkündet am:
23. Mai 2017
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2017:230517UXIZR219.16.0

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 23. Mai 2017 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Ellenberger, die Richter Dr. Joeres und Dr. Matthias sowie die Richterinnen Dr. Menges und Dr. Dauber
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 27. April 2016 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zu ihrem Nachteil erkannt worden ist. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 27. April 2016 aufgehoben , soweit die Klage hinsichtlich des Anspruches der Klägerin auf Zahlung von 394.856,91 € nebst ausgerechneter Zinsen seit dem 16. April 2007 sowie des ausgerechneten Zinsanspruches für das Jahr 2001 in Höhe von 16.381,21 € abgewiesen worden ist. Im Übrigen wird die Revision der Klägerin zurückgewiesen. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer selbstschuldnerischen Höchstbetragsbürgschaft in Anspruch.
2
Die Klägerin ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts. Sie unterstützt das Land Brandenburg bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben, insbesondere bei Maßnahmen im Bereich der Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur. In Erfüllung der gesetzlich zugewiesenen Aufgaben gewährte die Klägerin mit Bescheid vom 12. April 2000 der L. GmbH (im Folgenden: L. GmbH) eine zweckgebundene Zuwendung in Höhe von 1.748.000 DM (= 893.738,21 €) zur Finanzierung von 23% der zuwendungsfähigen Investitionen des Projekts "Erweiterung der Veredelungskapazitäten der LA. " in G. . Im Zuwendungsbescheid wurde der L. GmbH auferlegt, die geförderte Betriebsstätte für mindestens fünf Jahre über den Investitionszeitraum , der sich vom 1. Januar 1999 bis zum 31. Dezember 2001 erstreckte, hinaus zu betreiben. Bestandteile des Bescheides waren die Anlage 1 ("Finanzierungsplan /Besondere Nebenbestimmungen") und "Allgemeine Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P)". Anlage 1 enthält unter anderem die Auflage, dass nach Abschluss der Investition die Schaffung und Besetzung von 16 Arbeitsplätzen (davon 12 für Frauen) zu den bestehenden 100 Arbeitsplätzen (davon 29 für Frauen) nachzuweisen und für einen Zeitraum von fünf Jahren nach Abschluss des Vorhabens die durchgängige Besetzung der Stellen zu gewährleisten ist (Nr. 2.3.5), sowie einen Widerrufsvorbehalt , auch für die Vergangenheit, für den Fall der wesentlichen Verschlechterung der Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit des Zuwendungsempfängers innerhalb der Bindungsfristen, insbesondere der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens (Nr. 2.4.1).
3
Auf Antrag der L. GmbH wurde der Investitions- und Durchführungszeitraum durch die Änderungsbescheide vom 5. November 2001 und vom 7. November 2002 verlängert. Mit Kaufvertrag vom 10. Dezember 2003 veräußerte die L. GmbH ihre Assets an die P. GmbH. Diese veräußerte die Assets durch Kaufvertrag vom 11. Dezember 2003 an die später in eine GmbH umgewandelte La. AG (im Folgenden: LA. AG). In beiden Verträgen erklärte sich die jeweilige Käuferin mit dem Beitritt in den Förderantrag und den sich daraus ergebenden Verpflichtungen unter Freistellung der jeweiligen Verkäuferin einverstanden.
4
Mit Schreiben vom 22. Januar 2004 teilte die LA. AG der Klägerin mit, dass Investitionsbeginn der 24. Januar 2000 gewesen sei. Durch Zuwendungsbescheid vom 5. Mai 2004 wurde die LA. AG, deren alleinige Aktionärin die Beklagte war, unter erneuter Verlängerung des Investitions- bzw. Durchführungszeitraums und gleichzeitiger Reduzierung der Arbeitsplatzauflage auf 80, die für einen Zeitraum von 7,25 Jahren nach Abschluss des Vorhabens zu gewährleisten waren, anstelle der L. GmbH als Zuwendungsempfängerin in das Förderverhältnis aufgenommen.
5
Durch Bescheid vom 18. April 2005 wies die Klägerin die LA. AG darauf hin, dass aufgrund der nochmaligen Verlängerung des Investitionszeitraumes die Bindefristen für die Wirtschaftsgüter bis zum 30. September 2010 und für die Dauerarbeitsplätze bis zum 30. Dezember 2012 verlängert worden seien.
6
Mit Schreiben vom 11. Juni 2004 dankte die LA. AG der Klägerin für die Änderung des Zuwendungsbescheides vom 12. April 2000 und reichte eine Erklärung der Beklagten vom 27. Mai 2004 ein, durch die diese zur Sicherung der Forderungen aus dem Subventionsverhältnis, insbesondere möglicher zukünfti- ger Erstattungsansprüche, eine Höchstbetragsbürgschaft bis zu einem Betrag von 1.072.486 € einschließlich Zinsen und Kosten übernahm.
7
Insgesamt wurden durch die L. GmbH und die LA. AG Fördermittel in Höhe von 587.368,91 € abgerufen.
8
Am 13. Dezember 2007 erließ die Klägerin gegenüber der LA. AG einen Feststellungs- und Leistungsbescheid, mit dem sie den Zuwendungsbescheid vom 12. April 2000, zuletzt geändert am 18. April 2005, infolge des Eintritts einer auflösenden Bedingung für teilweise unwirksam erklärte und einen zu erstattenden Betrag in Höhe von 394.856,91 € festsetzte. Zur Begründung führte die Klägerin aus, dass der maximal mögliche Subventionswert überschritten worden sei. Der Erstattungsbetrag sei ab dem 16. April 2007 mit 3% über dem jeweiligen Diskontsatz bzw. Basiszinssatz zu verzinsen. Der festgesetzte Erstattungsbetrag sei spätestens zehn Tage nach Eintritt der Unanfechtbarkeit des Bescheides zu überweisen. Die LA. AG legte Widerspruch gegen diesen Bescheid ein und erhob gegen den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 20. Januar 2009 Klage vor dem Verwaltungsgericht, die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der LA. AG am 1. August 2009 durch den Insolvenzverwalter der LA. AG zurückgenommen wurde.
9
Durch Bescheid vom 8. September 2009 widerrief die Klägerin gegenüber dem Insolvenzverwalter den Zuwendungsbescheid vom 12. April 2000 rückwirkend zum Bewilligungszeitpunkt vollständig und forderte Rückzahlung weiterer 192.512 € nebst Zinsen. Zur Begründung führte die Klägerin insbesondere an, dass infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die LA. AG nicht mehr in der Lage sei, die Arbeitsplatzauflagen sowie den Zuwendungszweck, die Fortsetzung der Betriebstätigkeit bis zum 30. Januar 2012, zu erfüllen.
10
Die Klägerin meldete in der Folgezeit ihre Forderung bei dem Insolvenzverwalter zur Tabelle an. Eine Forderung in Höhe von 587.368,91 € nebst Zinsen in Höhe von 224.721,87 € wurde zur Tabelle festgestellt.
11
Die Klägerin forderte die Beklagte mit Schreiben vom 21. September 2011 erfolglos zur Zahlung bis zum 21. Oktober 2011 auf.
12
Das Landgericht hat der auf Zahlung von 587.368,91 € nebst Zinsen in Höhe von 224.721,87 € für den Zeitraum vom 15. Februar 2001 bis zum 31. Juli 2009 sowie weiterer Verzugszinsen gerichteten Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Verurteilung in Höhe von 192.512 € nebst Zinsen ab dem Jahr 2002 aufrechterhalten und die Klage im Übrigen abgewiesen.
13
Die Klägerin verfolgt mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision ihren Anspruch auf Zahlung weiterer 394.856,91 € nebst Zinsen und ausgerechneter Zinsen für das Jahr 2001 in Höhe von 16.381,21 € weiter; die Beklagte begehrt mit ihrer vom Berufungsgericht ebenfalls zugelassenen Revision die vollständige Klagabweisung.

Entscheidungsgründe:

14
Die Revision der Klägerin hat im Wesentlichen, die der Beklagten in vollem Umfang Erfolg. Die Revisionen führen in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zur Aufhebung des Berufungsurteils.

I.

15
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner in juris veröffentlichten Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
16
Die Beklagte habe die Bürgschaft wirksam übernommen. Sie könne sich nicht darauf berufen, dass die Insolvenz der Zuwendungsempfängerin und ein hierauf gestützter Widerrufsgrund nicht in ihrem Erwartungshorizont als Bürgin gelegen hätten. Ob die entsprechende Vertragsklausel überraschend im Sinne des § 305c BGB gewesen sei, könne dahinstehen, da dies nicht die Unwirksamkeit der Bürgschaft zur Folge hätte, sondern nur zu einer Beschränkung der Bürgenhaftung auf Erstattungsansprüche führte, die auf einer Aufhebung des Zuwendungsbescheides aus vom Zuwendungsempfänger zu verantwortenden oder zu beeinflussenden Gründen beruhten. Um solche Fälle handele es sich bei den Bescheiden der Klägerin vom 13. Dezember 2007 und vom 8. September

2009.

17
Weiter scheitere eine Inanspruchnahme der beklagten Bürgin nicht wegen Fehlens einer wirksamen Hauptschuld. Die Beklagte hafte für Erstattungsansprüche der Klägerin nur insoweit, als die Klägerin die Zuwendungsempfängerin bei fehlerfreier Ermessensausübung durch einen rechtmäßigen Verwaltungsakt tatsächlich in Anspruch genommen hätte.
18
Entgegen der Auffassung der Beklagten bestünden gegen die formelle Rechtmäßigkeit des Feststellungs- und Leistungsbescheides vom 13. Dezember 2007 und des Widerrufsbescheides vom 8. September 2009 keine durchgreifenden Bedenken. Beide Bescheide seien zu Recht gegenüber der LA. AG ergangen. Mit Erlass des Änderungsbescheides vom 5. Mai 2004 habe ein Wechsel des Subventionsempfängers stattgefunden, so dass anstelle der L. GmbH als ursprünglicher Zuwendungsempfängerin die LA. AG in das Zuwendungsverhältnis mit der Klägerin eingetreten sei. Die Klägerin habe mit dem Änderungsbescheid eindeutig zu erkennen gegeben, dass an die Stelle der ursprünglichen Zuwendungsempfängerin die LA. AG treten solle. Aus dem Wortlaut dieses Bescheides ergebe sich nicht, dass die LA. AG nur für die Zukunft in das Subventionsverhältnis eintreten solle. In dem an die LA. AG gerichteten Änderungsbescheid hätten der Investitions- bzw. Durchführungszeitraum und die Verteilung der Zuwendung auf die Haushaltsjahre nicht nur den Zeitraum nach dem Zuwendungsempfängerwechsel umfasst. Auch der Umfang der seitens der Klägerin für die weitere Auszahlung verlangten Bürgschaft bis zu einem Höchstbetrag von 1.072.486 € lasse keinen Zweifel daran, dass die LA. AG umfassend in das Zuwendungsverhältnis habe eintreten sollen. Dem lasse sich nicht entgegenhalten, dass zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 5. Mai 2004 ein Großteil der bewilligten Zuschüsse bereits an die L. GmbH ausgezahlt gewesen sei. Diese Zuschüsse seien wirtschaftlich der LA. AG zugeflossen, weil diese die mit den Fördermitteln angeschafften Wirtschaftsgüter erworben habe. Die LA. AG habe sich im Kaufvertrag vom 11. Dezember 2003 ausdrücklich mit dem von der L. GmbH beantragten Eintritt der Erwerberin in das Förderverhältnis und den sich daraus ergebenden Verpflichtungen unter Freistellung der Verkäuferin einverstanden erklärt. Aufgrund der im Kaufvertrag enthaltenen Übersicht über die bis dahin ausgezahlten Fördermittel und der beigefügten Liste der geförderten Wirtschaftsgüter bestehe kein Zweifel daran, dass der LA. AG der Erwerb dieser Wirtschaftsgüter mit den Fördermitteln bekannt gewesen sei. Die L. GmbH habe den Wechsel des Zuwendungsempfängers beantragt. Dieser habe auch dem Willen der übrigen Beteiligten , insbesondere dem der LA. AG entsprochen. Diese habe sich für die Änderung des Zuwendungsbescheides bei der Klägerin bedankt, die Bürgschaft der Beklagten übermittelt und gegen den Bescheid vom 5. Mai 2004 keinen Wi- derspruch eingelegt. Als begünstigender Verwaltungsakt stehe der Bescheid vom 5. Mai 2004 nicht unter dem Vorbehalt des Gesetzes.
19
Die Beklagte könne mit ihren materiell-rechtlichen Einwendungen gegen den an sich rechtswidrigen Feststellungs- und Leistungsbescheid vom 13. Dezember 2007 nicht durchdringen. Er sei innerhalb der Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfGBbg (i.d.F. vom 4. August 1998, GVBl. I S. 178) ergangen. Ein Ermessensnichtgebrauch infolge Annahme einer auflösenden Bedingung lasse die Haftung der Beklagten nicht entfallen. Bei fehlerfreier Ermessensausübung hätte die Klägerin den Förderbescheid gegenüber der LA. AG in gleichem Umfang widerrufen.
20
Die Beklagte könne ihrer Inanspruchnahme auch nicht mit Erfolg entgegenhalten , der rückwirkend zum Bewilligungszeitpunkt erfolgte Widerruf des Zuwendungsbescheids mit Bescheid vom 8. September 2009 sei nicht rechtmäßig gewesen. Wenngleich die Klägerin sich auf den Widerrufsgrund der Nichterreichung des Zuwendungszwecks nicht habe berufen können und in Bezug auf die Nichterfüllung einer Auflage ihrer Begründungspflicht in dem Widerrufsbescheid nicht fehlerfrei nachgekommen sei, stehe ihr Ermessensfehler der Inanspruchnahme der beklagten Bürgin nicht entgegen, weil bei fehlerfreier Ermessensausübung der Widerruf gleichermaßen erfolgt wäre. Die LA. AG habe die Auflage, eine bestimmte Anzahl an Dauerarbeitsplätzen für einen Zeitraum von 7,25 Jahren nach Abschluss der Investition zu gewährleisten, nicht erfüllt. Die Frist von 7,25 Jahren sei frühestens am 30. Juni 2012 abgelaufen. Die Arbeitsplätze seien unstreitig nicht über das Jahr 2010 hinaus besetzt worden. Lägen damit die Voraussetzungen des § 49 Abs. 3 Nr. 2 VwVfG i.V.m. § 1 VwVfGBbg (i.d.F. vom 7. Juli 2009, GVBl. I S. 262) vor, sei der Klägerin lediglich vorzuwerfen, ihre Ermessensentscheidung nicht hinreichend begründet zu haben. Den Anforderungen an die Begründungspflicht im Falle eines intendier- ten Ermessens habe die Klägerin nicht genügt, indem sie die Möglichkeit eines Teilwiderrufs zwar erwogen, aber lediglich formelhaft abgelehnt habe. Die Ermessensfehlerhaftigkeit führe jedoch nur dazu, dass im vorliegenden Verfahren geprüft werden müsse, ob und in welcher Höhe die Klägerin den Zuwendungsbescheid bei fehlerfreier Ermessensausübung unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Falles tatsächlich widerrufen hätte. Konkrete Umstände , die einen lediglich teilweisen Widerruf gerechtfertigt hätten, lägen nicht vor. Die LA. AG habe das Ziel für die Vorhaltung der Dauerarbeitsplätze um fast 40% verfehlt. Da die Verlängerung der Vorhaltezeit mit einer Reduzierung der geforderten Dauerarbeitsplätze einhergegangen und die LA. AG auch insoweit gescheitert sei, sei für einen teilweisen Widerruf kein Raum.
21
Eine gesicherte Hauptforderung stehe der Klägerin allerdings insoweit nicht zu, als sie für den Zeitraum vor dem 16. April 2007 aus einem 192.512 € übersteigenden Betrag keine Zinsen verlangen könne. Mit dem Feststellungsund Leistungsbescheid vom 13. Dezember 2007 habe die Klägerin den Zuwendungsbescheid lediglich rückwirkend zum 16. April 2007 widerrufen. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerrufsbescheides vom 8. September 2009 sei der Zuwendungsbescheid vom 12. April 2000 mithin bereits teilweise in Höhe von 394.856,91 € unwirksam gewesen, weshalb der Widerrufsbescheid einschließlich der dort geregelten Verzinsungspflicht nur noch Zuwendungen in Höhe von 192.512 € habe erfassen können.
22
Die Beklagte könne wegen Verjährung die Zahlung von Zinsen für das Jahr 2001 sowie die Zahlung von 394.856,91 € nebst Zinsen hieraus seit dem 16. April 2007 verweigern. Im Übrigen greife die Verjährungseinrede nicht durch.
23
Die Hauptforderung der Klägerin gegen die LA. AG aus § 49a Abs. 1 VwVfGBbg auf Zahlung von 394.856,91 € sei nach den allgemeinen Verjährungsregeln der §§ 195 ff. BGB nicht verjährt. Sie sei mit Erlass des Feststellungs - und Leistungsbescheides vom 13. Dezember 2007 entstanden, da bei Vorliegen eines Widerrufsgrundes erst die behördliche Erklärung des Widerrufs den Rückforderungsanspruch auslöse. Die Regelverjährung habe daher mit Ablauf des 31. Dezember 2007 begonnen und sei sogleich durch den Feststellungs - und Leistungsbescheid gehemmt worden. Die Hemmung habe mit Rücknahme der Klage im Jahre 2009 geendet. Infolge der Unanfechtbarkeit des Bescheides betrage die Verjährungsfrist nun 30 Jahre (§ 53 Abs. 1 und 2 VwVfGBbg). Auch der Anspruch der Klägerin gegen die LA. AG auf Zahlung von 192.512 € sei nicht verjährt. Die für den Verjährungsbeginn gemäß § 199 Abs. 1 BGB erforderlichen Umstände lägen unzweifelhaft erst seit dem Jahre 2009 vor. Die dreijährige Verjährungsfrist habe daher erst am 31. Dezember 2009 zu laufen begonnen und sei bereits mit Anmeldung der Forderung zur Tabelle gehemmt worden. Überdies sei die dreijährige Verjährungsfrist durch die Feststellung zur Tabelle durch eine 30jährige ersetzt worden.
24
Die Zinsansprüche der Klägerin seien nur in geringem Umfang verjährt. Nicht verjährt sei der Zinsanspruch in Höhe von 3 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 394.856,91 € seit dem 16. April 2007. Dieser sei erst im Jahr 2007 entstanden und mit dem Feststellungs- und Leistungsbescheid vom 13. Dezember 2007 dem Grunde nach festgestellt worden, wodurch die Zinsforderung gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 VwVfGBbg gehemmt worden sei. Auch die Ansprüche auf Zinsen aus 192.512 € seit dem 1. Januar 2002 seien nicht verjährt. Jedenfalls habe die Anmeldung der Forderung zur Tabelle am 18. September 2009 zur Hemmung der Verjährung geführt. Zu diesem Zeitpunkt sei die Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen gewesen. Die für den Verjährungsbeginn erforderliche Kenntnis habe die Klägerin nicht vor Eröffnung des Insol- venzverfahrens am 1. August 2009 gehabt. Der Zinsanspruch für das Jahr 2001 sei hingegen verjährt. Insoweit seien die §§ 197, 201 BGB in der bis zum 31. Dezember 2001 gültigen Fassung anzuwenden. Die Zinsansprüche seien aufgrund des Widerrufsbescheides vom 8. September 2009 rückwirkend, nämlich sukzessive mit dem jeweils verzinsten Zeitraum entstanden, so dass für die Ansprüche aus dem Jahr 2001 die vierjährige Verjährungsfrist am 31. Dezember 2005 abgelaufen sei.
25
Die Einrede der Verjährung der Bürgschaftsforderung greife durch, soweit die Inanspruchnahme für die mit Feststellungs- und Leistungsbescheid vom 13. Dezember 2007 geltend gemachten Ansprüche auf Rückerstattung von 394.856,91 € nebst Zinsen in Rede stehe. Der Klägerin sei es verwehrt, sich auf die im Feststellungs- und Leistungsbescheid getroffene Bestimmung zu berufen , wonach der Erstattungsbetrag spätestens zehn Tage nach Eintritt der Unanfechtbarkeit des Bescheides zu überweisen sei. Der mit Erlass des Bescheides entstandene Rückforderungsanspruch sei grundsätzlich sofort fällig gewesen. Die eingelegten Rechtsbehelfe seien ohne Einfluss auf die Fälligkeit gewesen. Demgegenüber führe die in Rede stehende Bestimmung zu einem die beklagte Bürgin belastenden Hinausschieben der Fälligkeit und sei ihr gegenüber gemäß § 767 Abs. 1 Satz 3 BGB nicht wirksam. Es handle sich nicht um eine zulässige kurzfristige Stundung einer bereits fälligen Forderung. Mit der Anknüpfung des Fälligkeitszeitpunktes an die Unanfechtbarkeit des Bescheides habe die Klägerin die Fälligkeit auf nahezu unbestimmte Zeit hinausgeschoben und hierdurch das von der beklagten Bürgin zu tragende Insolvenzrisiko erheblich erhöht. Im vorliegenden Fall habe es 19 ½ Monate gedauert, bis der Bescheid unanfechtbar geworden sei. Mit einer derartigen Erweiterung ihrer Bürgenhaftung infolge des Hinausschiebens der Fälligkeit der Rückerstattung habe die Beklagte nicht rechnen müssen. Dieser Sichtweise lasse sich nicht entgegenhalten , dass es im Interesse der Klägerin, aber auch der Hauptschuldnerin liege, letztere nur mit bestandskräftigen Erstattungsforderungen zu belasten. Diese Wirkung hätte die Klägerin auch dadurch erzielen können, dass sie der LA. AG eine etwas längere Zahlungsfrist als die Widerspruchsfrist von einem Monat eingeräumt hätte, da die Klägerin während des Rechtsbehelfsverfahrens aufgrund der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage den Bescheid nicht habe vollstrecken können.

II.

26
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.
A. Revision der Beklagten
27
Die Revision der Beklagten ist begründet.
28
Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Anspruch der Klägerin gemäß § 765 Abs. 1 BGB gegen die Beklagte als Bürgin für den mit Widerrufsbescheid vom 8. September 2009 geltend gemachten Erstattungsanspruch in Höhe von 192.512 € nebst Zinsen nicht bejaht werden.
29
1. Rechtsfehlerfrei ist allerdings die Auffassung des Berufungsgerichts, dass durch die Erklärung der Beklagten vom 27. Mai 2004 ihre Verpflichtung als Bürgin wirksam begründet worden ist und Erstattungsansprüche der Klägerin aus dem Widerrufsbescheid vom 8. September 2009 gegen die LA. AG grundsätzlich vom Sicherungszweck dieser Bürgschaft umfasst werden.
30
a) Der Wortlaut der in der Bürgschaftserklärung vom 27. Mai 2004 enthaltenen Zweckerklärung umfasst sämtliche Ansprüche der Klägerin gegen die LA. AG aus dem Subventionsverhältnis, insbesondere mögliche zukünftige Erstattungsansprüche. Dazu gehört der Erstattungsanspruch der Klägerin aus dem Bescheid vom 8. September 2009.
31
b) Dies gilt auch dann, wenn die Bürgschaftserklärung von der Klägerin vorformuliert worden ist. Davon ist im Revisionsverfahren mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts zugunsten der Beklagten auszugehen. Die Zweckerklärung ist weder nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam noch nach § 305c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil geworden.
32
aa) Die Sicherungszweckerklärung ist nicht mit dem wesentlichen Grundgedanken des § 767 Abs. 1 Satz 3 BGB unvereinbar (vgl. dazu BGH, Urteil vom 13. November 1997 - IX ZR 289/96, BGHZ 137, 153, 155 f. mwN). Mögliche Ansprüche der Klägerin sind an genau definierte Voraussetzungen gebunden, so dass die Verbindlichkeiten der Hauptschuldnerin aus dem Subventionsverhältnis nicht allein vom Handeln Dritter bestimmt werden. Überdies handelt es sich bei den von der Zweckerklärung umfassten Ansprüchen gerade um diejenigen, die Veranlassung gegeben haben, die Bürgschaft abzugeben.
33
bb) Es war für die Beklagte als Bürgin auch nicht überraschend, dass die Sicherungszweckerklärung der Bürgschaft auch Erstattungsansprüche der Klägerin umfasst, die auf der Rückforderung von Subventionen beruhen, die an die L. GmbH ausgezahlt worden sind und für die die LA. AG nun haften soll. Dies folgt daraus, dass eine Höchstbetragsbürgschaft über 1.072.486 € von der Klägerin verlangt wurde. Dies entspricht aus Sicht der Beklagten ohne weiteres der Gesamtsumme der gewährten Subventionen in Höhe von 893.738,21 € nebst Zinsen und Kosten.
34
2. Rechtsfehlerhaft ist hingegen die Begründung, mit der das Berufungsgericht einen durch die Bürgschaft gesicherten Erstattungsanspruch der Klägerin gegen die Hauptschuldnerin in Höhe von 192.512 € nebst zugesprochener Zinsen aufgrund des Widerrufsbescheides vom 8. September 2009 bejaht hat. Der Widerrufsbescheid vom 8. September 2009 war rechtswidrig. Die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts tragen nicht die Schlussfolgerung, dass die Klägerin die Hauptschuldnerin bei fehlerfreier Ermessensausübung durch einen rechtmäßigen Verwaltungsakt tatsächlich in dieser Höhe in Anspruch genommen hätte.
35
a) Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 28. April 2009 - XI ZR 86/08, WM 2009, 1180 Rn. 32 ff.) sichert die Bürgschaft der Beklagten nicht jede durch einen wirksamen Widerrufsbescheid begründete Erstattungsforderung der Klägerin. Das Berufungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Beklagte nach dem Sicherungszweck der - für das Revisionsverfahren unterstellt - formularmäßigen Bürgschaft, deren Allgemeine Geschäftsbedingungen offensichtlich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus Verwendung finden und deshalb vom Senat selbständig ausgelegt werden können (Senatsurteil vom 28. April 2009, aaO, Rn. 35 mwN), für Erstattungsansprüche nur insoweit haftet, als die Klägerin die Zuwendungsempfängerin bei fehlerfreier Ermessensausübung durch einen rechtmäßigen Verwaltungsakt tatsächlich in Anspruch genommen hätte.
36
Dass die Beklagte als Bürgin das Ausfallrisiko der Zuwendungsempfängerin nur bei rechtmäßigen Aufhebungsentscheidungen absichert, ergibt sich insbesondere aus der Interessenlage der Parteien. Auch wenn der öffentlichrechtliche Erstattungsanspruch gegenüber der Zuwendungsempfängerin allein deshalb besteht, weil der zugrunde liegende Widerrufsbescheid wirksam ist, kann ein nach zivilrechtlichen Grundsätzen haftender Bürge berechtigterweise davon ausgehen, dass er nur solche Ansprüche absichert, die auf materiell rechtmäßigen Aufhebungsentscheidungen beruhen (Senatsurteil vom 28. April 2009 - XI ZR 86/08, WM 2009, 1180 Rn. 37). Allein dies entspricht dem zivilrechtlichen Haftungssystem, in dem der Bürge selbst durch die Rechtskraft eines dem Gläubiger günstigen Urteils gegen den Hauptschuldner nicht gehindert ist, Einwendungen gegen die Hauptschuld zu erheben. Auch die Klägerin als Bewilligungsbehörde kann, wenn sie den Erstattungsanspruch im Wege des Privatrechts absichert, bei verständiger Würdigung nicht davon ausgehen, dass dieses Sicherungsmittel Ansprüche aus Widerrufsbescheiden auch insoweit erfasst, als diese rechtswidrig sind (Senatsurteil vom 28. April 2009, aaO).
37
b) Entgegen den Angriffen der Revision ist das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die LA. AG aufgrund des Eintritts in das Zuwendungsverhältnis als Schuldnerin des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs in Anspruch genommen werden konnte. Die LA. AG hat durch Vereinbarung mit der P. GmbH die von dieser von der L. GmbH übernommene Erstattungsverpflichtung aus dem Zuwendungsverhältnis übernommen. Entsprechend hat die Klägerin durch Bescheid vom 5. Mai 2004 die LA. AG als neue Zuwendungsempfängerin mit Rückwirkung festgestellt. Damit ist die LA. AG vor Übernahme der Bürgschaft Schuldnerin der öffentlich-rechtlichen Erstattungsverpflichtung geworden, so dass der Erstattungsanspruch durch Widerruf des Zuwendungsbescheids ihr gegenüber zur Entstehung gebracht werden konnte (BVerwG, Urteile vom 3. März 2011 - 3 C 13/10, juris Rn. 14 und vom 3. März 2011 - 3 C 19/10, juris Rn. 18). Die insoweit erhobenen Verfahrensrügen hat der Senat geprüft und für nicht durchgreifend erachtet (§ 564 Satz 1 ZPO).
38
c) Rechtsfehlerhaft ist hingegen die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte könne ihrer Inanspruchnahme nicht die Rechtswidrigkeit des Wi- derrufsbescheids vom 8. September 2009 entgegenhalten. Der Bescheid vom 8. September 2009 ist rechtswidrig, weil kein Widerrufsgrund vorlag und die Klägerin ihr Widerrufsermessen nicht rechtsfehlerfrei ausgeübt hat.
39
aa) Gemäß § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 2 VwVfG kann ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden, wenn die Leistung nicht mehr für den bestimmten Zweck verwendet wird oder mit dem Bewilligungsbescheid eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat. Nach dem Bewilligungsbescheid vom 12. April 2000 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 5. Mai 2004 und Ziffer 2.3.3 der Besonderen Nebenbestimmungen des Zuwendungsbescheids ist für einen Zeitraum von fünf Jahren nach Ende des Investitionszeitraumes die geförderte Betriebsstätte weiter zu betreiben und für einen Zeitraum von 7,25 Jahren die durchgängige Besetzung von 80 Arbeitsplätzen zu gewährleisten. Die Klägerin hat den Widerruf der Subventionen im Bescheid vom 8. September 2009 auf die Verfehlung des Zuwendungszwecks und den Verstoß gegen die Arbeitsplatzauflage gestützt, da die LA. AG infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen diese Fördervoraussetzungen nicht mehr erfüllen könne.
40
Diese Begründung ist rechtsfehlerhaft, da nach den bisherigen Feststellungen im Zeitpunkt der Widerrufsentscheidung keiner der von der Klägerin zur Begründung herangezogenen Widerrufsgründe im Sinne des § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 VwVfG vorlag.
41
(1) Die Frage, auf welche Sach- und Rechtslage abzustellen ist, richtet sich nach dem jeweils einschlägigen materiellen Recht (vgl. BVerwG, NVwZ 1991, 360 und NVwZ-RR 1992, 52; OVG Greifswald, NVwZ-RR 2002, 805, 806; Thüringer OVG, Urteil vom 23. Juli 2002 - 2 KO 591/01, juris Rn. 49). Im Streit ist hier die Frage, ob der Widerrufsgrund der Zweckverfehlung und der Nichterfüllung einer Nebenbestimmung im Sinne von § 49 Abs. 3 VwVfG vorlag, der einen Widerruf der gewährten Zuwendung ermöglichen würde. Zu prüfen ist also, ob im Zeitpunkt des Widerrufs die hierfür erforderlichen Voraussetzungen gegeben waren (vgl. BVerwGE 105, 55, 58; OVG Greifswald, NVwZ-RR 2002, 805, 806). Bereits aufgrund des Änderungsbescheids vom 5. Mai 2004 wurde der Investitionszeitraum bis zum 31. März 2005 verlängert und die LA. AG damit verpflichtet, die Betriebsstätte mindestens bis zum 31. März 2010 fortzuführen und die Arbeitsplätze bis zum 30. Juni 2012 zu gewährleisten. Die jeweiligen Fristen waren demnach zum Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht abgelaufen , eine retrospektive Beurteilung durch die Klägerin war also nicht möglich. Darüber hinaus hat die LA. AG nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Beklagten die Betriebsstätte noch über den 8. September 2009 hinaus fortgeführt und die Arbeitsplätze gewährleistet. Die LA. AG hatte demnach zum Zeitpunkt des Widerrufs weder gegen den Zuwendungszweck verstoßen noch die Auflage nach Ziffer 2.3.3 der Besonderen Nebenbestimmungen des Zuwendungsbescheids verletzt. Keiner der im Widerrufsbescheid vom 8. September 2009 angeführten Widerrufsgründe lag zu diesem Zeitpunkt bereits vor.
42
(2) Soweit die Klägerin darauf abhebt, dass aufgrund der Insolvenz der Zuwendungszweck nicht erreicht und die Mindestvorhaltefristen für Dauerarbeitsplätze nicht eingehalten werden konnten, ist dies allein kein hinreichender Widerrufsgrund nach § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 VwVfG. Denn allein die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Zuwendungsempfängers kann einen Widerruf nicht rechtfertigen, solange nicht feststeht, ob der Betrieb durch den Insolvenzverwalter oder einen anderen fortgeführt wird und dadurch die Zweckbindungsfristen doch noch erreicht werden können (Senats- urteil vom 28. April 2009 - XI ZR 86/08, WM 2009, 1180 Rn. 42 mwN). Ob zum Zeitpunkt des Widerrufs aufgrund objektiver Fakten bereits sicher oder sehr wahrscheinlich war, dass die Bindungsfristen von der LA. AG nicht eingehalten werden können, hat weder die Klägerin vorgetragen noch das Berufungsgericht festgestellt. Eine entsprechende, auf Fakten beruhende Prognose fehlt. Dass der angenommene Fall später tatsächlich eingetreten ist, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Insbesondere können im Verwaltungsstreitverfahren nur solche Gründe nachgeschoben werden, die bei Erlass des Verwaltungsaktes oder des Widerspruchsbescheides bereits vorlagen (BVerwGE 105, 55, 59 mwN).
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bb) Überdies hat die Klägerin ihr Widerrufsermessen nicht rechtsfehlerfrei ausgeübt.
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(1) Die haushaltsrechtlichen Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zwingen bei Vorliegen von Widerrufsgründen im Regelfall zum Widerruf einer Subvention, sofern nicht außergewöhnliche Umstände des Einzelfalls eine andere Entscheidung möglich erscheinen lassen (sog. intendiertes Ermessen; Senatsurteil vom 28. April 2009 - XI ZR 86/08, WM 2009, 1180 Rn. 41 mwN). Allein der Hinweis auf das - stets bestehende - öffentliche Interesse an einer wirtschaftlichen und sparsamen Haushaltsführung entbindet die Behörde jedoch nicht von der Pflicht, die ihre Ermessensentscheidung tragenden Gründe darzulegen. Auch im Fall der regelmäßig vorgesehenen vollständigen Aufhebung hat sie jedenfalls die Gründe offen zu legen, aufgrund derer sie das Vorliegen eines Ausnahmefalls verneint (Senatsurteil vom 28. April 2009, aaO, mwN). Bei Verstößen gegen Auflagen ist auch bei Förderbescheiden als zwingende Ermessensschranke der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Im Rahmen der Ermessensausübung ist daher das Gewicht des Pflichtverstoßes zu berücksichtigen , so dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bei objektiv geringfü- gigen Auflagenverstößen einem Widerruf des gesamten Bescheides entgegenstehen kann (Senatsurteil vom 28. April 2009, aaO, mwN).
45
(2) Diesen Anforderungen genügen die Ermessenserwägungen der Klägerin im Widerrufsbescheid vom 8. September 2009 nicht. Dabei kommt es nicht darauf an, ob ein vollständiger Widerruf ermessensfehlerfrei hätte ergehen können. Der Widerrufsbescheid der Klägerin ist bereits deshalb ermessensfehlerhaft , weil aus den angestellten Erwägungen nicht erkennbar wird, dass ein nur teilweiser Widerruf überhaupt ernsthaft in Betracht gezogen wurde (Senatsurteil vom 28. April 2009 - XI ZR 86/08, WM 2009, 1180 Rn. 42). Zur Begründung der vollständigen Aufhebung werden lediglich formelhaft die Ziele der Subvention und das Erfordernis der Gleichbehandlung aller Antragsteller genannt , hinter denen das Interesse der Zuwendungsempfängerin am Behalt der Zuwendung zurückzutreten habe. Eine Würdigung der Umstände des Einzelfalls fehlt. Wie bereits ausgeführt, kann die Klägerin insbesondere nicht darauf abstellen, dass bereits aufgrund der Insolvenz die Mindestvorhaltefristen für Dauerarbeitsplätze und die Fristen zur Führung der Betriebsstätte nicht eingehalten werden können, da sie sich mit dem Umstand der Betriebsfortführung nach Insolvenzeröffnung nicht im Rahmen einer Prognose auseinandergesetzt hat.
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(3) Auch die vom Berufungsgericht angestellten Ermessenserwägungen stellen sich nicht als fehlerfreie Ermessensausübung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles im Zeitpunkt der Widerrufsentscheidung dar. Das Berufungsgericht beurteilt die Möglichkeit eines teilweisen Widerrufs ex post danach, wie lange letztendlich die Arbeitsplätze erhalten und die Betriebsstätte fortgeführt worden sind. Erforderlich ist aber eine Ermessensentscheidung aus Sicht der Klägerin ex ante. Auch das Berufungsgericht versäumt es, sich mit einer Prognose für die über den Zeitpunkt der Eröffnung des Regelin- solvenzverfahrens hinaus andauernde Fortführung der Betriebsstätte und Gewährleistung der 80 Dauerarbeitsplätze auseinander zu setzen. Nur wenn bereits am 8. September 2009 objektive Anhaltspunkte das Verfehlen der Pflicht zur Fortführung der Betriebsstätte bis zum Ablauf der fünfjährigen Mindestfrist oder der Pflicht zur Gewährleistung der Arbeitsplätze bis zum Ablauf der diesbezüglichen Frist als sicher oder hinreichend wahrscheinlich erscheinen ließen, kommt ein vollständiger oder teilweiser Widerruf unter diesen Gesichtspunkten überhaupt in Betracht. Hierzu fehlen jegliche Feststellungen. Solche Anhaltspunkte liegen auch nicht auf der Hand. Insbesondere hat das Berufungsgericht unangegriffen festgestellt, dass die LA. AG schlussendlich die Pflicht zur fünfjährigen Fortführung der Betriebsstätte - jedenfalls bei Zugrundelegung einer Bindungsfrist bis zum 31. März 2010 - erfüllt hat.
47
d) Der Klägerin steht aufgrund der bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts auch kein Anspruch auf Zinsen aus 192.512 € zu. Da der Widerrufsbescheid rechtswidrig ist, ist auch die Verzinsungspflicht rechtswidrig und deshalb trotz der Bestandkraft des Bescheides nicht vom Sicherungszweck der Bürgschaft umfasst. Die Klägerin kann von der Beklagten die geltend gemachten Zinsen nach § 765 Abs. 1 BGB nur und soweit verlangen, wie die Klägerin den Zuwendungsbescheid am 8. September 2009 rechtmäßig widerrufen und eine entsprechende Verzinsung angeordnet hätte. Ob und in welchem Umfang dies der Fall war, lässt sich den bisherigen Feststellungen nicht entnehmen.
B. Revision der Klägerin
48
Die Revision der Klägerin hat ebenfalls weitgehend Erfolg.
49
Das Berufungsgericht ist bei revisionsrechtlich zu unterstellendem Bestehen der Hauptforderung rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, die Bürgschaftsforderung der Klägerin gemäß § 765 Abs. 1 BGB auf Zahlung von 394.856,91 € nebst Zinsen und die Zinsforderung der Klägerin gegenüber der Hauptschuldnerin aus dem Jahr 2001 seien verjährt. Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist hingegen die Würdigung des Berufungsgerichts, der Klägerin stünden keine Zinsen für den Zeitraum vor dem 16. April 2007 für einen 192.512 € übersteigenden Betrag zu, da sie insoweit den Zuwendungsbescheid nicht widerrufen hat.
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1. a) Die Frist für die Verjährung der Bürgschaftsforderung gegen die Beklagte beträgt nach § 195 BGB drei Jahre. Diese Frist beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Bürgschaftsanspruch der Klägerin entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Der Anspruch der Klägerin aus der selbstschuldnerischen Bürgschaft der Beklagten entsteht zeitgleich mit der Fälligkeit des gesicherten Anspruches, soweit die Parteien nicht ein anderes vereinbart haben (Senatsurteile vom 29. Januar 2008 - XI ZR 160/07, BGHZ 175, 161 Rn. 24 und vom 23. September 2008 - XI ZR 395/07, WM 2008, 2165 Rn. 10).
51
Nach dem Feststellungs- und Leistungsbescheid vom 13. Dezember 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Januar 2009 wurde der gesicherte Anspruch, nämlich der Erstattungsanspruch der Klägerin aus diesem Bescheid, zehn Tage nach Eintritt der Unanfechtbarkeit des Bescheides, also im Laufe des Jahres 2009 fällig, nachdem der Insolvenzverwalter über das Vermögen der LA. AG die verwaltungsgerichtliche Klage zurückgenommen hatte. Somit entstand der zugunsten der Klägerin revisionsrechtlich zu unterstel- lende Anspruch aus der von der Beklagten übernommenen Bürgschaft ebenfalls im Laufe des Jahres 2009, so dass die Verjährungsfrist am 1. Januar 2010 begann und am 31. Dezember 2012 endete. Die am 28. Dezember 2012 eingereichte Klage wurde der Beklagten demnächst im Sinne des § 167 ZPO zugestellt , so dass die Verjährungsfrist rechtzeitig nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt worden und der Anspruch nicht verjährt ist. Entsprechendes gilt für die seit dem 16. April 2007 angefallenen Zinsen aus 394.856,91 €. Die Fälligkeitsregelung im Feststellungs- und Leistungsbescheid vom 13. Dezember 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Januar 2009 bezog sich aus objektivem Empfängerhorizont heraus neben der Hauptforderung auch auf die daneben beanspruchten Zinsen.
52
b) Entgegen der rechtsfehlerhaften Auffassung des Berufungsgerichts kann sich die Klägerin gegenüber der Beklagten auf diesen Fälligkeitszeitpunkt berufen. § 767 Abs. 1 Satz 3 BGB greift nicht ein. Es liegt keine nachträgliche Erweiterung der Haftung der Beklagten aufgrund einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung zwischen der LA. AG und der Klägerin vor.
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aa) Der Einwand der nachträglichen Erweiterung der Hauptschuld aus § 767 Abs. 1 Satz 3 BGB greift, was das Berufungsgericht verkannt hat, nach dessen eindeutigem Wortlaut nur bei rechtsgeschäftlichen Erweiterungen der Hauptschuld ein, die nach Übernahme der Bürgschaft zwischen Gläubiger und Hauptschuldner vereinbart werden (Senatsurteil vom 27. Januar 2004 - XI ZR 111/03, WM 2004, 724, 725). Die Fälligkeit des gesicherten Erstattungsanspruches wurde aber nicht zwischen der Klägerin und der LA. AG nach Übernahme der Bürgschaft durch die Beklagte vereinbart, sondern von der Klägerin im Wege des Verwaltungsaktes einseitig von Anfang an auf zehn Tage nach Unanfechtbarkeit des Bescheides vom 13. Dezember 2007 festgesetzt. Der Tatbestand des § 767 Abs. 1 Satz 3 BGB ist damit nicht erfüllt.
54
bb) Eine analoge Anwendung dieser Norm kommt nicht in Betracht. § 767 Abs. 1 Satz 3 BGB bezweckt zwar nicht nur, den Bürgen vor einer späteren Erhöhung seiner Verpflichtung, der er nicht zugestimmt hat, zu schützen, sondern soll auch verhindern, dass Gläubiger und Hauptschuldner durch eine nachträgliche Absprache das Haftungsrisiko des Bürgen in einer Weise verschärfen , die für ihn bei Abschluss des Bürgschaftsvertrages nicht erkennbar war (BGH, Urteil vom 3. November 2005 - IX ZR 181/04, BGHZ 165, 28, 34 mwN). Dennoch ist der vorliegende Fall nicht mit den von § 767 Abs. 1 Satz 3 BGB erfassten Fällen vergleichbar. Konstitutives Tatbestandsmerkmal des § 767 Abs. 1 Satz 3 BGB ist die nachträgliche Veränderung der Hauptschuld zum Nachteil des Bürgen. Eine solche liegt aber hier nicht vor. Indem die Klägerin im Bescheid vom 13. Dezember 2007 festgelegt hat, dass der Erstattungsbetrag spätestens zehn Tage nach Unanfechtbarkeit dieses Bescheides zu bezahlen ist, hat sie die Fälligkeit nicht im Wege der bei Begründung der Forderung getroffenen Stundungsabrede hinausgeschoben (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 2. April 2004 - V ZR 105/03, WM 2004, 2183, 2184 und Senatsurteil vom 12. März 2013 - XI ZR 227/12, BGHZ 197, 21 Rn. 18), sondern originär auf diesen Zeitpunkt festgelegt. Gemäß § 49a Abs. 1 Satz 2 VwVfgBbg ist der Erstattungsanspruch durch Verwaltungsakt festzusetzen und damit geltend zu machen. Mit dieser Festsetzung wird der Anspruch in der Regel auch fällig (OVG Sachsen, Urteil vom 18. Oktober 2012 - 1 A 511/12, juris Rn. 41), insbesondere haben - wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt - Widerspruch und Anfechtungsklage auf die Fälligkeit der Forderung keine Auswirkungen (Senatsbeschluss vom 18. November 2013 - XI ZR 28/12, juris Rn. 16 und 17 mwN). Vom Grundsatz der sofortigen Fälligkeit des festgesetzten Erstattungsanspruches ist aber dann eine Ausnahme zu machen, wenn die festsetzende Behörde etwas anderes anordnet (vgl. zu § 271 BGB: BGH, Urteil vom 2. April 2004 - V ZR 105/03, WM 2004, 2183). So liegt der Fall hier. Die Regelung der Fälligkeit ist originärer Teil des gesicherten Anspruches und keine nachträgliche Abänderung , wie von § 767 Abs. 1 Satz 3 BGB gefordert.
55
2. Der Anspruch der Klägerin gegen die LA. AG auf Zahlung von Zinsen in Höhe von 16.381,21 € für das Jahr 2001 ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht verjährt. Die Beklagte kann sich auf Grund der Feststellung der eingeklagten Forderung der Klägerin nebst Zinsen zur Tabelle im Insolvenzverfahren über das Vermögen der LA. AG nicht mehr gemäß § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB auf den vom Berufungsgericht angenommenen Ablauf der ursprünglichen Regelverjährung der Zinsverbindlichkeit berufen. § 768 Abs. 2 BGB greift nicht zu ihren Gunsten ein, da ein einem Einredeverzicht nach § 768 Abs. 2 BGB vergleichbares Verhalten des Insolvenzverwalters der Hauptschuldnerin , das zur Feststellung zur Insolvenztabelle geführt hat, nicht behauptet worden ist.
56
a) Gemäß § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Bürge gegenüber dem Gläubiger neben seinen eigenen Einreden aus dem Bürgschaftsverhältnis auch die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden geltend machen, sofern diese Einreden dem Hauptschuldner selbst noch zustehen. Verliert der Hauptschuldner eine Einrede, verliert sie auch der Bürge - mit Ausnahme der Fälle des § 768 Abs. 2 BGB (Senatsurteil vom 14. Juni 2016 - XI ZR 242/15, WM 2016, 1826 Rn. 16 mwN, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen, und BGH, Urteil vom 12. März 1980 - VIII ZR 115/79, BGHZ 76, 222, 229). Für die Frage, ob dem Hauptschuldner eine Einrede im Sinne des § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB zusteht , kommt es auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung an (Senatsurteil vom 14. Juni 2016, aaO Rn. 17).
57
b) Im vorliegenden Verfahren stand der Hauptschuldnerin zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung im vorliegenden Prozess die Ein- rede der Verjährung nicht mehr zu. Dies folgt aus der Feststellung der von der Klägerin zur Tabelle angemeldeten Forderung im Insolvenzverfahren über das Vermögen der LA. AG.
58
aa) Fehlen - wie hier - spezielle Verjährungsvorschriften des einschlägigen Verwaltungsrechts, sind die Verjährungsvorschriften des BGB entsprechend anzuwenden. Dabei ist nach dem Gesamtzusammenhang der für den jeweiligen Anspruch maßgebenden Rechtsvorschriften und der Interessenlage zu beurteilen, welche Verjährungsregelung als die sachnächste analog heranzuziehen ist (BVerwG, NVwZ-RR 2012, 972 Rn. 41 mwN). Für die Verjährung von Erstattungszinsen nach § 49a Abs. 3 VwVfG waren bis zum 31. Dezember 2001 die §§ 197 und 201 BGB in der bis dahin gültigen Fassung anwendbar. Ansprüche auf Rückstände von Zinsen verjährten in vier Jahren vom Schluss des Jahres an, in welchem der Zinsanspruch entstand. Seit dem 1. Januar 2002 sind die §§ 195 ff. BGB in der seitdem geltenden Fassung analog anzuwenden (BVerwG, NVwZ 2011, 949 Rn. 49 f., NVwZ-RR 2012, 972 Rn. 42 und NVwZ-RR 2013, 489 Rn. 19). Danach beträgt die Regelverjährungsfrist drei Jahre nach § 195 BGB und 30 Jahre, wenn ein Fall des § 197 BGB vorliegt. Nach Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB finden die Vorschriften über die Verjährung in der neuen Fassung auf die am 1. Januar 2002 bestehenden und noch nicht verjährten Ansprüche Anwendung. Hinsichtlich der Verjährungsfrist bestimmt diese Norm, dass, wenn die neue Frist kürzer ist als die bisherige, die kürzere neue Frist ab dem 1. Januar 2002 läuft, dass Verjährung jedoch spätestens mit dem Ablauf der bisherigen längeren Frist eintritt.
59
bb) Die Eintragung der Forderung in die Tabelle wirkt vorliegend gemäß § 178 Abs. 3 InsO gegenüber dem Insolvenzverwalter und allen Insolvenzgläubigern wie ein rechtskräftiges Urteil. Mangels Widerspruchs der Hauptschuldnerin kann die Klägerin nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens gemäß § 202 Abs. 1 InsO unmittelbar aus der Eintragung in die Tabelle vollstrecken. § 197 Abs. 1 Nr. 5 BGB ist damit analog anwendbar. Dementsprechend hat die Feststellung der Forderung der Klägerin nebst Zinsen zur Insolvenztabelle zur Folge , dass nach § 197 Abs. 1 Nr. 5 BGB analog die 30jährige Verjährungsfrist an die Stelle der bis zur Titulierung maßgeblichen Verjährungsfrist tritt (Palandt/ Ellenberger, BGB, 76. Aufl., § 197 Rn. 8). Die Hauptschuldnerin kann sich daher der Klägerin gegenüber - wie auch im Falle einer rechtskräftigen Verurteilung der Hauptschuldnerin in einem Erkenntnisverfahren (vgl. Senatsurteil vom 14. Juni 2016 - XI ZR 242/15, WM 2016, 1826 Rn. 20 mwN) - nicht mehr auf den Ablauf der Regelverjährungsfrist aus § 195 BGB analog berufen. Ihr steht die Einrede nicht mehr im Sinne des § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB zu, so dass auch die Beklagte als Bürgin sie nicht mehr geltend machen kann. Dafür, dass die Hauptschuldnerin bis zum Schluss der mündlichen Tatsachenverhandlung im vorliegenden Verfahren die Einrede der Verjährung erneut, etwa durch eine entsprechende Parteivereinbarung, erlangt hätte (vgl. BGH, Urteile vom 13. November 1998 - V ZR 29/98, WM 1999, 549, 550 und vom 26. Juli 2005 - X ZR 109/03, WM 2006, 1124, 1126), sind keine Anhaltspunkte vorgetragen oder ersichtlich.
60
cc) Dieses Ergebnis ergibt sich aus dem Zusammenspiel der drei materiell -rechtlichen Bestimmungen des § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB, des § 178 Abs. 3 InsO und des § 197 Abs. 1 Nr. 5 BGB. Der gesetzgeberische Wille zielt ausdrücklich auf eine Gleichstellung eines rechtskräftigen Urteils im Erkenntnisverfahren und der Feststellung einer Forderung zur Tabelle im Insolvenzverfahren ab. Dass der Verlust der Einrede auch für den Bürgen weder gegen das Verbot der Fremddisposition noch den Grundsatz der fehlenden Rechtskrafterstreckung eines für den Hauptschuldner nachteiligen Prozessergebnisses zu Lasten des Bürgen verstößt und der Akzessorietätsgrundsatz diesem Ergebnis auch nicht im Hinblick auf § 767 Abs. 1 Satz 1 BGB entgegensteht, hat der Se- nat bereits in seinem Urteil vom 14. Juni 2016 (XI ZR 242/15, WM 2016, 1826 Rn. 21 ff. mwN) entschieden.
61
c) Die Beklagte kann sich auch nicht aufgrund einer analogen Anwendung des § 768 Abs. 2 BGB auf die Verjährung der Hauptverbindlichkeit berufen. Ein einem Einredeverzicht nach § 768 Abs. 2 BGB vergleichbares Verhalten des Insolvenzverwalters über das Vermögen der LA. AG oder der Hauptschuldnerin ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Allein der Umstand, dass die Forderung der Klägerin zur Tabelle festgestellt worden ist und daher nach § 178 Abs. 1 Satz 1 InsO weder vom Insolvenzverwalter noch von einem Insolvenzgläubiger bestritten wurde, genügt hierfür nicht.
62
aa) Zwar verliert der Bürge eine Einrede nicht dadurch, dass der Hauptschuldner auf sie verzichtet (§ 768 Abs. 2 BGB). Dies gilt auch für die Verjährungseinrede , und zwar unabhängig davon, ob die Verjährung im Zeitpunkt des Verzichts bereits eingetreten war oder nicht (Senatsurteile vom 18. September 2007 - XI ZR 447/06, WM 2007, 2230 Rn. 18, vom 14. Juli 2009 - XI ZR 18/08, BGHZ 182, 76 Rn. 20 und vom 14. Juni 2016 - XI ZR 242/15, WM 2016, 1826 Rn. 35). Dabei ist § 768 Abs. 2 BGB auf jedes Prozessverhalten des Hauptschuldners entsprechend anzuwenden, das einem rechtsgeschäftlichen Verzicht gleichkommt, wie etwa auf das Nichterheben der Verjährungseinrede (BGH, Urteil vom 12. März 1980 - VIII ZR 115/79, BGHZ 76, 222, 230), die Säumnis (BGH, Urteil vom 12. März 1980, aaO) oder das Anerkenntnis (Senatsurteil vom 18. September 2007 - XI ZR 447/06, WM 2007, 2230 Rn. 18).
63
bb) Hingegen erfüllt im Streitfall das bloße Nichtbestreiten einer zur Tabelle angemeldeten Forderung durch den Insolvenzverwalter mit der Folge der Feststellung im Prüftermin den Tatbestand des § 768 Abs. 2 BGB selbst dann nicht, wenn die Forderung tatsächlich verjährt gewesen sein sollte und der In- solvenzverwalter rechtsirrig die Einrede nicht erhoben hat. Die darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat nicht dargelegt, dass das Nichtbestreiten der angemeldeten Forderung auf eine verzichtsgleiche Motivation des Insolvenzverwalters zurückzuführen ist (vgl. Senatsurteil vom 14. Juni 2016 - XI ZR 242/15, WM 2016, 1826 Rn. 38). Anhaltspunkte dafür, dass der Insolvenzverwalter wider besseres Wissen gehandelt hat, sind weder ersichtlich noch vorgetragen.
64
3. Ohne Erfolg bleibt hingegen der Angriff der Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin könne für die Zeit vor dem 16. April 2007 für einen 192.512 € übersteigenden Betrag keine Zinsen verlangen.
65
Die Klägerin hat in der Begründung ihres Bescheides vom 8. September 2009 den Widerruf ausdrücklich auf den Betrag von 192.512 € bezogen und auch nur insoweit eine Verzinsungspflicht angeordnet. Aus Sicht der Zuwendungsempfängerin geht die Klägerin demnach davon aus, dass noch widerrufliche Zuwendungen in Höhe von 192.512 € vorliegen, die die Klägerin vollständig widerrufen will. Dies ist auch nachvollziehbar, da die Klägerin den restlichen Betrag von 394.856,91 € bereits mit Bescheid vom 13. Dezember 2007 widerrufen hatte. Sie hatte also aus Sicht der LA. AG keinen Anlass, diese Zuwendung erneut zu widerrufen. Dass damit der ursprüngliche Zuwendungsbescheid weiterhin einen Behaltensgrund für Zuwendungen in Höhe von 394.856,91 € für den Zeitraum bis zum 16. April 2007 bildet, steht dieser Auslegung nicht entgegen.

III.

66
Das angefochtene Urteil ist daher mit Ausnahme der rechtskräftigen Abweisung des Zinsanspruches der Klägerin für den Zeitraum vor dem 16. April 2007 aus einem 192.512 € übersteigenden Betrag, die aufrechterhalten bleibt, aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache insoweit nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur weiteren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
67
Das Berufungsgericht wird, nachdem die Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Sachvortrag hatten, die erforderlichen Feststellungen zu treffen haben, ob und in welcher Höhe die Klägerin den Förderbescheid gegenüber der Zuwendungsempfängerin bei fehlerfreier Ermessensausübung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles tatsächlich für unwirksam erklärt bzw. widerrufen hätte. Nur für den Fall, dass sich die tatsächlich getroffene Entscheidung nicht im Rahmen des der Klägerin eingeräumten Ermessens gehalten hätte , ist darauf abzustellen, welche Entscheidung richtigerweise hätte ergehen müssen (Senatsurteil vom 28. April 2009 - XI ZR 86/08, WM 2009, 1180 Rn. 45; BGH, Urteil vom 15. November 2007 - IX ZR 34/04, WM 2008, 41 Rn. 16).
Ellenberger Joeres Matthias Menges Dauber

Vorinstanzen:
LG Potsdam, Entscheidung vom 30.04.2014 - 11 O 237/12 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 27.04.2016 - 4 U 76/14 -

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

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(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

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Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 204 Hemmung der Verjährung durch Rechtsverfolgung


(1) Die Verjährung wird gehemmt durch1.die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils,1a.die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 305c Überraschende und mehrdeutige Klauseln


(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 49 Widerruf eines rechtmäßigen Verwaltungsaktes


(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste

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Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächs

Zivilprozessordnung - ZPO | § 564 Keine Begründung der Entscheidung bei Rügen von Verfahrensmängeln


Die Entscheidung braucht nicht begründet zu werden, soweit das Revisionsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 547.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 197 Dreißigjährige Verjährungsfrist


(1) In 30 Jahren verjähren, soweit nicht ein anderes bestimmt ist,1.Schadensersatzansprüche, die auf der vorsätzlichen Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung beruhen,2.Herausgabeansprüche

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(1) Ist eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen, so kann der Gläubiger die Leistung sofort verlangen, der Schuldner sie sofort bewirken. (2) Ist eine Zeit bestimmt, so ist im Zweifel anzunehmen, dass der Gläu

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 49a Erstattung, Verzinsung


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Insolvenzordnung - InsO | § 178 Voraussetzungen und Wirkungen der Feststellung


(1) Eine Forderung gilt als festgestellt, soweit gegen sie im Prüfungstermin oder im schriftlichen Verfahren (§ 177) ein Widerspruch weder vom Insolvenzverwalter noch von einem Insolvenzgläubiger erhoben wird oder soweit ein erhobener Widerspruch bes

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 765 Vertragstypische Pflichten bei der Bürgschaft


(1) Durch den Bürgschaftsvertrag verpflichtet sich der Bürge gegenüber dem Gläubiger eines Dritten, für die Erfüllung der Verbindlichkeit des Dritten einzustehen. (2) Die Bürgschaft kann auch für eine künftige oder eine bedingte Verbindlichkeit ü

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 768 Einreden des Bürgen


(1) Der Bürge kann die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden geltend machen. Stirbt der Hauptschuldner, so kann sich der Bürge nicht darauf berufen, dass der Erbe für die Verbindlichkeit nur beschränkt haftet. (2) Der Bürge verliert eine Einred

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 201 Beginn der Verjährungsfrist von festgestellten Ansprüchen


Die Verjährung von Ansprüchen der in § 197 Abs. 1 Nr. 3 bis 6 bezeichneten Art beginnt mit der Rechtskraft der Entscheidung, der Errichtung des vollstreckbaren Titels oder der Feststellung im Insolvenzverfahren, nicht jedoch vor der Entstehung des An

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 767 Umfang der Bürgschaftsschuld


(1) Für die Verpflichtung des Bürgen ist der jeweilige Bestand der Hauptverbindlichkeit maßgebend. Dies gilt insbesondere auch, wenn die Hauptverbindlichkeit durch Verschulden oder Verzug des Hauptschuldners geändert wird. Durch ein Rechtsgeschäft, d

Insolvenzordnung - InsO | § 202 Zuständigkeit bei der Vollstreckung


(1) Im Falle des § 201 ist das Amtsgericht, bei dem das Insolvenzverfahren anhängig ist oder anhängig war, ausschließlich zuständig für Klagen: 1. auf Erteilung der Vollstreckungsklausel;2. durch die nach der Erteilung der Vollstreckungsklausel bestr

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Bundesgerichtshof Urteil, 23. Mai 2017 - XI ZR 219/16 zitiert oder wird zitiert von 11 Urteil(en).

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Bundesgerichtshof Urteil, 29. Jan. 2008 - XI ZR 160/07

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Bundesgerichtshof Urteil, 26. Juli 2005 - X ZR 109/03

bei uns veröffentlicht am 26.07.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 109/03 Verkündet am: 26. Juli 2005 Weschenfelder Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein B

Bundesgerichtshof Urteil, 28. Apr. 2009 - XI ZR 86/08

bei uns veröffentlicht am 28.04.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 86/08 Verkündet am: 28. April 2009 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 27. Jan. 2004 - XI ZR 111/03

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 111/03 Verkündet am: 27. Januar 2004 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes

Bundesgerichtshof Urteil, 18. Sept. 2007 - XI ZR 447/06

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 447/06 Verkündet am: 18. September 2007 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja __

Bundesgerichtshof Urteil, 02. Apr. 2004 - V ZR 105/03

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 18/08 Verkündet am: 14. Juli 2009 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 14. Juni 2016 - XI ZR 242/15

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES Urteil XI ZR 242/15 Verkündet am: 14. Juni 2016 Herrwerth, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja BGB § 197 Abs.

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 03. März 2011 - 3 C 13/10

bei uns veröffentlicht am 03.03.2011

Tatbestand 1 Der beklagte Freistaat nimmt den Kläger aufgrund eines Schuldbeitritts für die Rückzahlung einer Zuwendung in Anspruch, die er einem Wirtschaftsunternehmen

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 03. März 2011 - 3 C 19/10

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Tatbestand 1 Der beklagte Freistaat nimmt den Kläger aufgrund eines Schuldbeitritts für die Rückzahlung einer Zuwendung in Anspruch, die er einem Wirtschaftsunternehmen
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 23. Mai 2017 - XI ZR 219/16.

Oberlandesgericht Bamberg Endurteil, 08. März 2018 - 1 U 180/16

bei uns veröffentlicht am 08.03.2018

Tenor 1. Die Berufung des Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts Aschaffenburg vom 01.09.2016, Az. 13 O 484/14, wird zurückgewiesen. 2. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. 3. Das Urteil ist

Referenzen

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.

(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,

1.
wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist;
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat;
3.
wenn die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde;
4.
wenn die Behörde auf Grund einer geänderten Rechtsvorschrift berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, soweit der Begünstigte von der Vergünstigung noch keinen Gebrauch gemacht oder auf Grund des Verwaltungsaktes noch keine Leistungen empfangen hat, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde;
5.
um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.
§ 48 Abs. 4 gilt entsprechend.

(3) Ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden,

1.
wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird;
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.
§ 48 Abs. 4 gilt entsprechend.

(4) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Behörde keinen anderen Zeitpunkt bestimmt.

(5) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(6) Wird ein begünstigender Verwaltungsakt in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 3 bis 5 widerrufen, so hat die Behörde den Betroffenen auf Antrag für den Vermögensnachteil zu entschädigen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen schutzwürdig ist. § 48 Abs. 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend. Für Streitigkeiten über die Entschädigung ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

(1) In 30 Jahren verjähren, soweit nicht ein anderes bestimmt ist,

1.
Schadensersatzansprüche, die auf der vorsätzlichen Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung beruhen,
2.
Herausgabeansprüche aus Eigentum, anderen dinglichen Rechten, den §§ 2018, 2130 und 2362 sowie die Ansprüche, die der Geltendmachung der Herausgabeansprüche dienen,
3.
rechtskräftig festgestellte Ansprüche,
4.
Ansprüche aus vollstreckbaren Vergleichen oder vollstreckbaren Urkunden,
5.
Ansprüche, die durch die im Insolvenzverfahren erfolgte Feststellung vollstreckbar geworden sind, und
6.
Ansprüche auf Erstattung der Kosten der Zwangsvollstreckung.

(2) Soweit Ansprüche nach Absatz 1 Nr. 3 bis 5 künftig fällig werdende regelmäßig wiederkehrende Leistungen zum Inhalt haben, tritt an die Stelle der Verjährungsfrist von 30 Jahren die regelmäßige Verjährungsfrist.

Die Verjährung von Ansprüchen der in § 197 Abs. 1 Nr. 3 bis 6 bezeichneten Art beginnt mit der Rechtskraft der Entscheidung, der Errichtung des vollstreckbaren Titels oder der Feststellung im Insolvenzverfahren, nicht jedoch vor der Entstehung des Anspruchs. § 199 Abs. 5 findet entsprechende Anwendung.

(1) Für die Verpflichtung des Bürgen ist der jeweilige Bestand der Hauptverbindlichkeit maßgebend. Dies gilt insbesondere auch, wenn die Hauptverbindlichkeit durch Verschulden oder Verzug des Hauptschuldners geändert wird. Durch ein Rechtsgeschäft, das der Hauptschuldner nach der Übernahme der Bürgschaft vornimmt, wird die Verpflichtung des Bürgen nicht erweitert.

(2) Der Bürge haftet für die dem Gläubiger von dem Hauptschuldner zu ersetzenden Kosten der Kündigung und der Rechtsverfolgung.

(1) Durch den Bürgschaftsvertrag verpflichtet sich der Bürge gegenüber dem Gläubiger eines Dritten, für die Erfüllung der Verbindlichkeit des Dritten einzustehen.

(2) Die Bürgschaft kann auch für eine künftige oder eine bedingte Verbindlichkeit übernommen werden.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

(1) Für die Verpflichtung des Bürgen ist der jeweilige Bestand der Hauptverbindlichkeit maßgebend. Dies gilt insbesondere auch, wenn die Hauptverbindlichkeit durch Verschulden oder Verzug des Hauptschuldners geändert wird. Durch ein Rechtsgeschäft, das der Hauptschuldner nach der Übernahme der Bürgschaft vornimmt, wird die Verpflichtung des Bürgen nicht erweitert.

(2) Der Bürge haftet für die dem Gläubiger von dem Hauptschuldner zu ersetzenden Kosten der Kündigung und der Rechtsverfolgung.

32
a) Bereits der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Befugnis der Klägerin, einen Widerrufsbescheid zu erlassen, ist im Zivilrechtsverhältnis zur Beklagten kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht.

Tatbestand

1

Der beklagte Freistaat nimmt den Kläger aufgrund eines Schuldbeitritts für die Rückzahlung einer Zuwendung in Anspruch, die er einem Wirtschaftsunternehmen gewährt hatte, an dem der Kläger als Mitgesellschafter beteiligt ist. Das Berufungsgericht hat der Klage stattgegeben, weil die Inanspruchnahme des Klägers nicht durch Leistungsbescheide hätte erfolgen dürfen.

2

Mit Zuwendungsbescheid vom 29. Juni 1995, geändert durch Bescheid vom  13. Dezember 1995, gewährte der Beklagte der Fa. SAMAG S. Werkzeugmaschinen GmbH für die Erweiterung der Betriebsstätte unter Schaffung von 40 zusätzlichen Dauerarbeitsplätzen aus Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe (GA) "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" und des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) einen Zuschuss von 14,96 % der förderfähigen Investitionskosten, höchstens von 2 360 000 DM, der in drei Tranchen in den Jahren 1995, 1996 und 1997 abgerufen werden konnte. Für die Zuwendung wurde eine Zweckbindungsfrist von drei Jahren festgelegt, beginnend mit der Auszahlung der letzten Tranche. Der Zuschuss musste nebst Zinsen unter anderem dann zurückgezahlt werden, wenn der Förderzweck innerhalb der Zweckbindungsfrist nicht erreicht würde. Der Zuschuss wurde bis September 1996 in Höhe von 1 685 892 DM ausbezahlt. Am 12. Dezember 1996 wurde über das Vermögen der Gesellschaft das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet. Daraufhin widerrief der Beklagte den Zuwendungsbescheid mit Bescheid vom 27. Januar 1997 und forderte 1 685 892 DM nebst 6 % Jahreszinsen vom Tag des Widerrufs an von der Gemeinschuldnerin zurück. Am selben Tage meldete er die Rückforderung im Gesamtvollstreckungsverfahren an.

3

Der Kläger ist an der Gesellschaft mit einem Anteil von 41,6 % beteiligt. Im Zuwendungsbescheid war bestimmt worden, dass sich neben der Gesellschaft auch deren Gesellschafter persönlich zur anteiligen Rückzahlung der Zuwendung verpflichten, wenn der Bescheid wegen Zweckverfehlung widerrufen werden müsste. Mit "öffentlich-rechtlichem Vertrag" vom 29. Juni/10. Juli 1995 hatte der Kläger mit dem Beklagten einen entsprechenden "öffentlich-rechtlichen Schuldbeitritt" vereinbart. Der Schuldbeitritt sollte Zinsen und Kosten einschließen, aber anteilig auf den Teil der Forderung begrenzt sein, der dem Gesellschaftsanteil des Klägers entspricht. Insoweit sollte der Kläger gesamtschuldnerisch neben der Gesellschaft haften; der Beklagte sollte nicht verpflichtet sein, vor der Inanspruchnahme des Klägers andere Befriedigungsmöglichkeiten zu nutzen. Weiter war vereinbart:

"Mit dem Wirksamwerden des Schuldbeitritts wird der (Kläger) neben dem Zuwendungsempfänger und evtl. weiteren Beitretenden zum Pflichtigen der öffentlich-rechtlichen Beziehung zwischen (Beklagtem) und Zuwendungsempfänger aus dem genannten Subventionsrechtsverhältnis. Dies hat zur Folge, dass der (Beklagte) den (Kläger) mittels Leistungsbescheid in Anspruch nehmen kann."

4

Der Beklagte gab dem Kläger den an die Gesellschaft gerichteten Widerrufsbescheid bekannt. Mit Schreiben vom 18. März 1997 hörte er ihn zu seiner Absicht an, gegen ihn einen Leistungsbescheid in anteiliger Höhe der offenen Rückforderung zu erlassen. Die anschließenden Verhandlungen verliefen ergebnislos. Daraufhin erließ der Beklagte am 10. Dezember 2004 den vorliegend angefochtenen Leistungsbescheid, in dem er den Kläger zur Zahlung von 358 584,85 € (das entspricht 41,6 % von 1 685 892 DM) zuzüglich 6 % Zinsen seit 27. Januar 1997 - derzeit 169 311,81 € - aufforderte.

5

Der Kläger hat Klage gegen den Leistungsbescheid und den zugrunde liegenden Widerrufsbescheid erhoben. Zur Begründung hat er vorgebracht: Der Widerruf sei nur für den Zuwendungsbescheid vom 29. Juni 1995, nicht aber für den - allein maßgeblichen - Änderungsbescheid vom 13. Dezember 1995 erklärt worden und gehe deshalb ins Leere. Ferner sei der Schuldbeitritt nach § 6 des Verbraucherkreditgesetzes nichtig, weil ihm die wesentlichen Konditionen des Hauptgeschäfts nicht mitgeteilt worden seien. Ein Haftungsanspruch des Beklagten sei auch verwirkt, weil er den wirtschaftlichen Zusammenbruch des Hauptschuldners schuldhaft mitverursacht habe. Des Weiteren stünden dem Haftungsanspruch Einreden entgegen; zum einen handele der Beklagte einem vereinbarten Moratorium zuwider, zum anderen sei der Anspruch verjährt.

6

Mit Urteil vom 21. März 2007 hat das Verwaltungsgericht Weimar den Leistungsbescheid des Beklagten vom 10. Dezember 2004 aufgehoben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Für eine Anfechtung des Widerrufsbescheides fehle dem Kläger das Rechtsschutzbedürfnis, weil er alle Einwendungen und Einreden des Gesamtschuldners auch gegen seine eigene Inanspruchnahme vorbringen könne. Die Anfechtung des Leistungsbescheids hingegen sei zulässig und begründet. Dem Beklagten fehle die Befugnis, seinen Anspruch gegen den Kläger durch Verwaltungsakt geltend zu machen.

7

Das Oberverwaltungsgericht Weimar hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Es hat offen gelassen, ob der Kläger durch den mit dem Beklagten geschlossen Vertrag der Rückzahlungsschuld des Unternehmens beigetreten sei oder lediglich eine Bürgschaft übernommen habe. Im einen wie im anderen Falle setze seine Inanspruchnahme durch Leistungsbescheid eine hierauf bezogene gesetzliche Grundlage voraus. Diese könne nicht in § 49a Abs. 1 ThürVwVfG gesehen werden; die dortige Ermächtigung beziehe sich nur auf den Subventionsempfänger, nicht auf einen mithaftenden Dritten. Der Kläger habe sich der Inanspruchnahme durch Leistungsbescheid auch nicht unterworfen. Es müsse schon bezweifelt werden, ob die einschlägige Klausel des Vertrages eine solche Unterwerfung begründen und nicht lediglich auf die beiderseits - irrtümlich - angenommene Rechtslage hinweisen sollte. Jedenfalls sei die Klausel unwirksam, weil sie einer unzulässigen Umgehung von § 61 ThürVwVfG gleichkomme. Wollten die Parteien eines öffentlich-rechtlichen Vertrages die Vollstreckung aus dem Vertrage erleichtern, seien sie auf die von § 61 ThürVwVfG vorgesehene Möglichkeit der Unterwerfung des Schuldners unter die sofortige Zwangsvollstreckung beschränkt.

8

Der Beklagte rügt mit der Revision, das Berufungsgericht habe verkannt, dass § 49a Abs. 1 Satz 2 ThürVwVfG auch zur Inanspruchnahme eines mithaftenden Dritten durch den Leistungsbescheid ermächtige. Im Übrigen habe sich der Kläger durch den Schuldbeitritt selbst in ein Subordinationsverhältnis gestellt und der Inanspruchnahme durch Leistungsbescheid ausdrücklich unterworfen. Das stelle keine Umgehung von § 61 ThürVwVfG dar, schon weil die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung viel einschneidendere Folgen habe.

9

Der Kläger verteidigt das Berufungsurteil. Er hält die Vereinbarung über die Zulässigkeit eines Leistungsbescheides auch nach § 59 Abs. 2 Nr. 1 ThürVwVfG für nichtig, weil die Zuerkennung einer Verwaltungsaktsbefugnis nicht möglicher Inhalt eines Verwaltungsakts sei.

10

Der Vertreter des Bundesinteresses sieht die gesetzliche Grundlage für den angefochtenen Leistungsbescheid in § 49a Abs. 1 Satz 2 ThürVwVfG, der zwar nicht unmittelbar, wohl aber analog auf mithaftende Bürgen und Schuldübernehmer anzuwenden sei.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Abweisung der Klage in vollem Umfang.

12

1. Das Berufungsgericht hat zugunsten des Beklagten unterstellt, der Kläger sei der Erstattungsschuld der Gesellschaft beigetreten, und hat auch für diesen Fall angenommen, dass dem angefochtenen Leistungsbescheid die erforderliche gesetzliche Grundlage fehle. Das verletzt revisibles Recht (vgl. § 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO). Wer für eine Erstattungsschuld i.S.d. § 49a Abs. 1 Satz 1 ThürVwVfG infolge Schuldbeitritts haftet, kann nach § 49a Abs. 1 Satz 2 ThürVwVfG durch Leistungsbescheid in Anspruch genommen werden.

13

a) Der Beklagte hatte der Gesellschaft durch Verwaltungsakt eine Zuwendung als sog. verlorenen Zuschuss bewilligt. Wird ein solcher Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen, so verlieren erbrachte Leistungen ihren Rechtsgrund; sie sind zu erstatten. Der Erstattungsanspruch ist im Wege des Leistungsbescheides geltend zu machen. Dies besagt § 49a Abs. 1 ThürVwVfG ausdrücklich.

14

Die Vorschrift ermächtigt die Behörde dazu, den Erstattungsanspruch gegen jeden Erstattungsschuldner mit den Mitteln hoheitlicher Verwaltung geltend zu machen. Voraussetzung ist hiernach nur, dass der Erstattungsanspruch besteht und dass er sich gegen den Adressaten des Leistungsbescheides richtet. Voraussetzung ist nicht, dass der Erstattungsschuldner auch der Zuwendungsempfänger ist. Es genügt, dass der Erstattungsanspruch seine Wurzel in der Zuwendung hat. Natürlich kommt der Zuwendungsempfänger in erster Linie als Erstattungsschuldner in Betracht. Sofern neben ihm oder an seiner Stelle aber Dritte die Erstattung schulden, ermächtigt § 49a Abs. 1 ThürVwVfG auch zu deren Inanspruchnahme (ebenso Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG-Kommentar, 7. Auflage 2008, Rn. 31 f. zu § 49a VwVfG; a.A. Knack/Henneke, VwVfG-Kommentar, 9. Auflage 2010, Rn. 10 zu § 49a VwVfG; zweideutig Kopp/Ramsauer, VwVfG-Kommentar, 11. Auflage 2010, Rn. 10a zu § 49a VwVfG). Hierbei ist gleichgültig, ob der Dritte - etwa als Rechtsnachfolger - an die Stelle des Zuwendungsempfängers getreten ist oder gesamtschuldnerisch neben diesem für die Erstattung haftet. Ebenso wenig kommt es auf den Rechtsgrund für die gesamtschuldnerische Mithaftung an; insofern unterscheidet sich die Rechtslage nach den Verwaltungsverfahrensgesetzen von derjenigen nach §§ 191, 192 AO.

15

Das Berufungsgericht möchte den Anwendungsbereich des § 49a Abs. 1 ThürVwVfG demgegenüber auf die Inanspruchnahme des Zuwendungsempfängers beschränken. Dazu besteht kein Anlass. Aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt sich diese Einschränkung nicht. Richtig ist zwar, dass der Gesetzgeber offenbar allein den Zuwendungsempfänger im Auge hatte. Das wird nicht nur durch die Gesetzesbegründung zu § 44a der Bundeshaushaltsordnung i.d.F. vom 14. Juli 1980 belegt, auf den § 49a VwVfG zurückgeht (vgl. BTDrucks 8/3785 S. 5 f.), sondern auch durch systematisch zugehörige weitere Vorschriften wie § 49a Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 2 ThürVwVfG, die den Begünstigten ansprechen, sowie durch die ergänzende Vorschrift des § 50 Abs. 3 Satz 2 SGB X, demzufolge die Festsetzung der zu erstattenden Leistung mit der Aufhebung des Verwaltungsakts verbunden werden soll, die regelmäßig - wenn auch, wie der Erbfall zeigt, nicht zwingend - an den Begünstigten zu richten ist. Diesen Gesichtspunkten stehen aber Sinn und Zweck der Vorschrift gegenüber, auf die der Vertreter des Bundesinteresses mit Recht hinweist und welche die vom Berufungsgericht befürwortete einschränkende Auslegung verbieten. Die Verwaltung soll im Interesse der wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel berechtigt und grundsätzlich sogar verpflichtet sein, zu Unrecht ausgereichte Subventionen möglichst rasch und effektiv wieder einzuziehen. Das naheliegende Mittel hierzu ist der Leistungsbescheid. Das Gesetzesziel würde aber nur unvollkommen erreicht, dürfte die Verwaltung dieses Mittel nur gegenüber dem Begünstigten einsetzen, nicht hingegen gegenüber Dritten, die gleichermaßen erstattungspflichtig sind.

16

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Auslegung des § 49a Abs. 1 ThürVwVfG bestehen nicht. Durch die hoheitliche Inanspruchnahme wird der seinerseits erstattungspflichtige Dritte nicht unzumutbar beschwert. Er wird nicht grundlos in Anspruch genommen; in Rede stehen nur die verfahrensrechtlichen Möglichkeiten der Durchsetzung einer ohnehin bestehenden Erstattungspflicht. Allein damit, dass dies auf hoheitliche Weise - durch Leistungsbescheid - erfolgt, ist aber kein ins Gewicht fallender Nachteil verbunden. Hierzu müssen nicht sämtliche Eingriffswirkungen der Handlungsform Verwaltungsakt in den Blick genommen werden (dazu etwa OVG Lüneburg, Urteil vom 15. März 1988 - 10 A 14/87 - NVwZ 1989, 880; Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O. Rn. 25 ff. zu § 35 VwVfG; Knack/Henneke, a.a.O. Rn. 40 vor § 35 VwVfG; Druschel, Die Verwaltungsaktbefugnis, Diss. Halle-Wittenberg 1999, S. 30 ff.); es genügt der Vergleich mit der alternativen Leistungsklage. Richtig ist, dass der Leistungsbescheid gegenüber der Leistungsklage für die Verwaltung den Vorteil mit sich bringt, sich selbst einen vollstreckbaren Titel verschaffen zu dürfen; der Gegner muss demzufolge im Streitfalle die Prozessrolle des Klägers, nicht des Beklagten einnehmen. Sollte hierin überhaupt ein Nachteil zu sehen sein (zweifelnd bereits Senatsurteil vom 24. Januar 1992 - BVerwG 3 C 33.86 - BVerwGE 89, 345 <350>), so stünden dem doch erhebliche Vorteile gegenüber. Ein Leistungsbescheid kann nur auf der Grundlage eines Verwaltungsverfahrens ergehen, in dem der Betroffene gesetzlich bestimmte Verfahrensrechte wie insbesondere das Recht auf Anhörung genießt; und er unterliegt im vom Bundesgesetzgeber vorgesehenen Regelfall gemäß § 68 VwGO der Überprüfung in einem Widerspruchsverfahren durch eine zumeist höhere Behörde (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 1986 - 9a RV 10/85 - BSGE 60, 209 <212 f.>; zustimmend Martens, NVwZ 1993, 27 <28 f.>; vgl. ähnlich Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O. Rn. 28 zu § 35 VwVfG). Das führt dazu, dass Einwände des Betroffenen schon im Leistungsbescheid Berücksichtigung finden, so dass es der - zeitaufwendigen und teuren - Inanspruchnahme der Gerichte oft gar nicht mehr bedarf. Schließlich verursacht der Leistungsbescheid als solcher weit geringere Kosten als ein Leistungsurteil.

17

b) Wer einer öffentlich-rechtlichen Erstattungsverpflichtung beitritt, wird selbst in gleicher Weise zur Erstattung verpflichtet.

18

Der Beitretende übernimmt durch den Schuldbeitritt eine Haftung, die inhaltlich mit der Erstattungsverpflichtung des Zuwendungsempfängers identisch ist. Er wird dadurch selbst Schuldner der öffentlich-rechtlichen Erstattungsforderung und möglicher Adressat eines auf § 49a Abs. 1 ThürVwVfG gestützten Leistungsbescheides. Insofern liegt es nicht anders als in der gesetzlichen Folge einer Vermögensübernahme nach § 419 BGB a.F. Dies hat der Senat für die Pflicht zur Erstattung von Ausgleichsleistungen nach dem Lastenausgleichsgesetz bereits entschieden (Urteil vom 29. März 1984 - BVerwG 3 C 18.83 - Buchholz 427.7 § 40 RepG Nr. 2; Beschluss vom 26. Juli 2007 - BVerwG 3 B 5.07 - Buchholz 427.3 § 349 LAG). Das findet entgegen der Ansicht des Klägers seine Begründung nicht in Besonderheiten des Lastenausgleichsrechts, sondern gilt allgemein (vgl. ebenso BSG, Urteil vom 3. September 1986 - 9a RV 10/85 - BSGE 60, 209 <210>).

19

Wie die Vermögensübernahme nach § 419 BGB a.F. kraft Gesetzes, so bewirkt der Schuldbeitritt kraft Vertrages eine Schuldmitübernahme; er schafft eine gesamtschuldnerische Haftung des Beitretenden neben dem ursprünglichen Schuldner für die gegen diesen zur Zeit des Beitritts bestehenden - ggf. künftigen oder bedingten - Ansprüche des Gläubigers. Der Beitritt schafft keinen neuen Anspruch, sondern setzt den Anspruch gegen den Haupt- oder Urschuldner voraus und begründet für diesen Anspruch lediglich die Mithaftung des Beitretenden. Der Anspruch gegen den Beitretenden ist damit inhaltlich identisch mit dem Anspruch gegen den Haupt- oder Urschuldner. Er teilt dessen Rechtsnatur; ist dieser öffentlich-rechtlich, so gehört auch die Haftschuld des Beitretenden dem öffentlichen Recht an (Urteil vom 22. April 1970 - BVerwG 5 C 11.68 - BVerwGE 35, 170 <172>; unter Bezugnahme hierauf BGH, Urteil vom 22. Juni 1978 - III ZR 109/76 - BGHZ 72, 56 <59 f.>, ebenso dann Urteil vom 16. Oktober 2007 - XI ZR 132/06 - BGHZ 174, 39 und Beschluss vom 17. September 2008 - III ZB 19/08 - WM 2008, 2153). Er teilt dann aber auch dessen verfahrensrechtliche Implikationen; der Gläubiger kann seinen Anspruch auch dem mithaftenden Dritten gegenüber in gleicher Weise geltend machen wie gegenüber dem Haupt- oder Urschuldner selbst. Wohnt dem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch eine hoheitliche Komponente inne, so gilt dies jedem Erstattungspflichtigen gegenüber (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 1986 - 9a RV 10/85 - BSGE 60, 209 <210>).

20

Damit unterscheidet sich der Schuldbeitritt von der Bürgschaft. Die Bürgschaft begründet eine von der Verbindlichkeit des Hauptschuldners verschiedene, eigene Verbindlichkeit des Bürgen, für die Erfüllung durch den Hauptschuldner einzustehen. Sie ist keine bloße Haftungsübernahme. Ihr Rechtscharakter bestimmt sich nicht aus der Art der Hauptschuld. Sie trägt ihren Rechtsgrund vielmehr in dem Sinne in sich, dass sie keiner weiteren Rechtfertigung mehr bedarf (BGH, Urteil vom 16. Februar 1984 - IX ZR 45/83 - BGHZ 90, 187 <189 f.>). Typisch für die Bürgschaft ist deshalb ein auf die Person des Schuldners bezogenes Sicherungsinteresse des Dritten, während Motiv für den Schuldbeitritt typischerweise ein spezifisches Eigeninteresse des Dritten am Hauptschuldverhältnis ist (BGH, Urteil vom 25. September 1980 - VII ZR 301/79 - NJW 1981, 47). Damit ist nicht entschieden, ob eine Bürgschaft stets privatrechtlicher Natur ist, wie der Bundesgerichtshof annimmt (so - ihm folgend - auch VGH München, Urteil vom 23. November 1989 - 22 B 88.3677 - NJW 1990, 1006 m. zust. Anm. Arndt), oder, weil und sofern sie einem öffentlichen Zweck dient, auch als öffentlich-rechtliche zu qualifizieren sein kann (so Jochum in: Festschrift für Kriele, 1997, S. 1193 <1208>). Auch mag bezweifelt werden, ob eine öffentlich-rechtliche Besicherung, die wegen Nichtbeachtung des § 57 VwVfG formnichtig ist, in eine formgültige privatrechtliche Bürgschaft umgedeutet werden kann (so BGH, Urteil vom 16. Oktober 2007 a.a.O. und Beschluss vom 17. September 2008 a.a.O.). Das Bundesverwaltungsgericht hat zu diesen Fragen bislang nicht Stellung genommen. Es hat lediglich entschieden, dass eine Bürgschaft, mit der eine ihrerseits privatrechtliche Darlehensschuld besichert wurde, privatrechtlicher Natur ist (Urteil vom 30. Oktober 1997 - BVerwG 3 C 8.97 - BVerwGE 105, 302 <305>; anders zuvor Urteil vom 22. April 1970 - BVerwG 5 C 11.68 - BVerwGE 35, 170 <171 f.>). Für eine Besicherung eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs durch Bürgschaft folgt hieraus nichts. Erst recht folgt hieraus nichts zu der weiteren Frage, ob der aus einer öffentlich-rechtlichen Bürgschaft Verpflichtete im Wege des Leistungsbescheides herangezogen werden dürfte. § 49a Abs. 1 VwVfG ermächtigt hierzu jedenfalls nicht.

21

c) Dass der Schuldbeitritt durch Vertrag erfolgt, steht dem Bisherigen nicht entgegen. Richtig ist, dass durch Vertrag begründete Pflichten grundsätzlich nicht durch den Erlass von Verwaltungsakten durchgesetzt werden dürfen, wenn nicht eine zusätzliche gesetzliche Grundlage dies erlaubt (Urteile vom 13. Februar 1976 - BVerwG 4 C 44.74 - BVerwGE 50, 171, vom 26. Oktober 1979 - BVerwG 7 C 106.77 - BVerwGE 59, 60 und vom 24. Januar 1992 - BVerwG 3 C 33.86 - BVerwGE 89, 345). Eine solche gesetzliche Grundlage bietet aber § 49a Abs. 1 ThürVwVfG. Auf sie zurückzugreifen, wird auch durch die Vertragsform nicht wiederum ausgeschlossen. Es ist gerade Gegenstand des Vertrages, dass der Dritte die Erstattungsverpflichtung des Zuwendungsempfängers einschließlich ihrer öffentlichen Rechtsnatur und ihrer hoheitlichen Implikationen übernimmt. Deshalb wurde in dem Umstand, dass die Schuldmitübernahme durch Vertrag begründet wird und werden muss, niemals ein Hindernis gesehen.

22

Aus § 61 ThürVwVfG ergibt sich nichts anderes. Hiernach kann sich jeder Vertragschließende der sofortigen Vollstreckung aus einem subordinationsrechtlichen öffentlich-rechtlichen Vertrag unterwerfen. Daraus lässt sich nicht schließen, dass die Zwangsvollstreckung nach den Vorschriften der Prozessordnungen die einzige zulässige Form der zwangsweisen Durchsetzung vertraglicher Ansprüche sei. Die Vorschrift besagt lediglich, dass ohne eine solche Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung die Vollstreckung unmittelbar aus dem Vertrag selbst unzulässig ist. Ihr lässt sich aber nicht entnehmen, dass über die vertraglichen Ansprüche nicht auch ein Leistungsbescheid ergehen und dieser alsdann mit den Mitteln der Verwaltungsvollstreckung durchgesetzt werden dürfte. Auch auf diesem Wege wird nicht auf ein zusätzliches Erkenntnisverfahren verzichtet; es tritt nur an die Stelle der Leistungsklage ein Verwaltungsakt mit der Möglichkeit der gerichtlichen Überprüfung.

23

Keiner Entscheidung bedarf, ob sich der Vertragspartner der Behörde in einem subordinationsrechtlichen öffentlich-rechtlichen Vertrag der Durchsetzung in diesem Vertrage übernommener Pflichten durch Leistungsbescheid auch dann wirksam unterwerfen könnte, wenn das Gesetz eine Befugnis der Behörde zum Erlass eines solchen Leistungsbescheides nicht vorsähe (verneinend Kopp/Ramsauer, a.a.O. Rn. 6 zu § 61 VwVfG; Sachs, a.a.O. Rn. 74 zu § 44 VwVfG; allgemein Sachs, "Volenti non fit iniuria", VerwArch 1985, 398).

24

2. Das Berufungsurteil ist auch nicht aus anderen Gründen richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Der angefochtene Leistungsbescheid erweist sich vielmehr als rechtmäßig. Dazu bedarf es keiner  weiteren tatsächlichen Feststellungen.

25

a) Der Kläger ist der bedingten künftigen öffentlich-rechtlichen Erstattungsverpflichtung der Gesellschaft beigetreten. Sein Vertrag mit dem Beklagten enthält einen Schuldbeitritt und nicht lediglich die Übernahme einer Bürgschaft. Hierfür ist nicht nur die ausdrückliche Bezeichnung im Vertrage maßgeblich, sondern auch der Umstand, dass der Kläger als - zudem im Unternehmen mitarbeitender - Gesellschafter persönlich an der Gewährung der Subvention und an der Erfüllung des damit verbundenen Subventionszwecks interessiert war; wie erwähnt, ist der entscheidende Unterschied des Schuldbeitritts zur Bürgschaft darin zu sehen, dass den Beitretenden ein spezifisches Eigeninteresse am Hauptschuldverhältnis leitet, während beim Bürgen ein auf die Person des Schuldners bezogenes Sicherungsinteresse im Vordergrund steht (BGH, Urteil vom 25. September 1980 - VII ZR 301/79 - NJW 1981, 47). Dahinter tritt die Bedeutung einer eher bürgschaftstypischen, einem Verzicht auf die Einrede der Vorausklage ähnelnden Vereinbarung, dass der Beklagte vor der Inanspruchnahme der Klägerin keine anderen Befriedigungsmöglichkeiten nutzen muss, zurück.

26

Der Schuldbeitritt ist wirksam vereinbart worden. Die Schriftform (§ 57 ThürVwVfG) wurde gewahrt. Dass der Vertrag nicht den späteren Verminderungen des Zuwendungsbetrages angepasst wurde, schadet nicht; dadurch wurde die Verpflichtung des Klägers nur verringert. Der Hinweis des Klägers auf das Verbraucherkreditgesetz (heute §§ 491 ff. BGB) geht fehl; dessen besondere Vorschriften gelten schon deshalb nicht, weil das Subventionsverhältnis weder auf einem privatrechtlichen Vertrag beruhte noch überhaupt ein Kreditgeschäft war (BGH, Urteil vom 16. Oktober 2007 - XI ZR 132/06 - BGHZ 174, 39 ).

27

Der Vertrag hält auch der Inhaltsprüfung stand. Namentlich steht die Verpflichtung des Klägers in sachlichem Zusammenhang mit der dem Unternehmen gewährten Zuwendung und deren öffentlichem Zweck und ist auch den Umständen nach nicht unangemessen (vgl. § 56 Abs. 1 ThürVwVfG). Ferner ist nicht ersichtlich, dass die persönliche Haftung für den Kläger wirtschaftlich unzumutbar sein könnte, zumal sie auf einen seinem Gesellschaftsanteil entsprechenden Teil der möglichen Erstattungsforderung beschränkt wurde.

28

b) Der Erstattungsanspruch des Beklagten ist entstanden und fällig.

29

Wie erwähnt, setzt die Rechtmäßigkeit eines auf § 49a Abs. 1 ThürVwVfG gestützten Leistungsbescheides voraus, dass die zu erstattende Leistung aufgrund eines Bewilligungsbescheides erbracht und dieser später aufgehoben, widerrufen oder infolge Eintritts einer auflösenden Bedingung unwirksam wurde. Auf den Widerspruch oder die Klage des in Anspruch genommenen Dritten hin ist zu prüfen, ob diese Voraussetzungen vorliegen. Wurde der Bewilligungsbescheid dem Zuwendungsempfänger gegenüber zurückgenommen oder widerrufen, so ist zusätzlich die Rechtmäßigkeit des Rücknahme- oder Widerrufsbescheides zu prüfen. Dabei mag offen bleiben, ob der Dritte dahingehende Einwendungen schon gegen den Rücknahme- oder Widerrufsbescheid selbst geltend machen darf (die Klagebefugnis verneint etwa VG Meiningen, Urteil vom 15. November 2000 - 2 K 353/98.Me - ThürVBl 2001, 111 <113>) und zur Vermeidung von Rechtsnachteilen geltend machen muss oder ob er sie - ggf. ungeachtet einer etwaigen Unanfechtbarkeit des Rücknahme- oder Widerrufsbescheides - auch oder allein gegen den Leistungsbescheid vorbringen kann (vgl. OVG Frankfurt/Oder, Beschluss vom 12. August 1998 - 4 B 31/98 - NJW 1998, 3513 unter Berufung auf § 62 Satz 2 VwVfG i.V.m. § 417 Abs. 1 Satz 1 BGB). Der Widerrufsbescheid ist hier jedenfalls rechtmäßig. Wie das Verwaltungsgericht unwidersprochen näher dargelegt hat, wurde der Zuwendungszweck innerhalb der Zweckbindungsfrist nicht erreicht; damit lag ein Widerrufsgrund vor (§ 49 Abs. 3 Satz 1 ThürVwVfG). Der begünstigten Gesellschaft stand ferner kein Vertrauensschutz zur Seite. Schließlich hat der Beklagte sein Widerrufsermessen fehlerfrei ausgeübt, indem er auf seine Pflicht zur sparsamen und nur zweckentsprechenden Verwendung öffentlicher Haushaltsmittel verwiesen hat; da besondere Umstände des Einzelfalles nicht vorliegen, erübrigten sich weitere Erwägungen (sog. intendiertes Ermessen, vgl. Urteil vom 16. Juni 1997 - BVerwG 3 C 22.96 - BVerwGE 105, 55; stRspr). Auch gegen die Zinsforderung bestehen keine Einwände.

30

c) Die Inanspruchnahme des Klägers war schließlich rechtmäßig. Die Gesellschaft hat die Erstattungsforderung ihrerseits nicht beglichen. Bei Erlass des hier angefochtenen Leistungsbescheids waren auch weder die Haupt- noch die Zinsforderung verjährt. Hinsichtlich der Hauptforderung ergibt sich dies schon daraus, dass die Verjährungsfrist insofern dreißig Jahre beträgt (Urteil vom 11. Dezember 2008 - BVerwG 3 C 37.07 - BVerwGE 132, 324 m.w.N.; Teilurteil vom 21. Oktober 2010 - BVerwG 3 C 4.10 - ), hinsichtlich der Zinsen jedenfalls aus dem Umstand, dass zwischen den Beteiligten Verhandlungen über die Erstattungsforderung schwebten (§ 203 BGB, vgl. § 202 Abs. 1 BGB a.F.). Daher kann offen bleiben, welche Bedeutung dem Umstand zukommt, dass der Kläger auch der Zinsschuld der Gesellschaft beigetreten und auch dieser Zinsanspruch der Gesellschaft gegenüber unanfechtbar festgesetzt ist (vgl. § 53 Abs. 2 ThürVwVfG).

Tatbestand

1

Der beklagte Freistaat nimmt den Kläger aufgrund eines Schuldbeitritts für die Rückzahlung einer Zuwendung in Anspruch, die er einem Wirtschaftsunternehmen gewährt hatte, an dem der Kläger als Mitgesellschafter beteiligt war. Das Berufungsgericht hat der Klage stattgegeben, weil die Inanspruchnahme des Klägers nicht durch Leistungsbescheide hätte erfolgen dürfen.

2

Mit Zuwendungsbescheid vom 30. Dezember 1997, unter anderem geändert mit Bescheid vom 8. April 1998, bewilligte der Beklagte der Fa. Sanitätshaus W. & E. Orthopädietechnik GmbH für die Erweiterung einer Betriebsstätte zur Maßanfertigung von Prothesen, Orthesen und Bandagen aus Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe (GA) "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" und des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) einen Zuschuss von 45,71 % der bis Ende 1999 anfallenden förderfähigen Investitionskosten, höchstens von 960 000 DM (= 490 840,21 €). Die Zuwendung stand unter der "Bedingung", innerhalb von drei Jahren nach Auszahlung nachzuweisen, dass mehr als die Hälfte des Gesamtumsatzes aus der Maßanfertigung von Prothesen, Orthesen und Bandagen im überregionalen Bereich erzielt würden. Der Zuschuss wurde bis Ende 1999 in Höhe von 708 403 DM (= 362 200,70 €) ausgezahlt. Da das Unternehmen den geforderten überregionalen Umsatz nicht zu erreichen vermochte, widerrief der Beklagte den Zuwendungsbescheid mit Bescheid vom 6. März 2003 und forderte 362 200,70 € nebst Zinsen seit dem jeweiligen Tag der Auszahlung zurück.

3

Der Kläger ist an der Gesellschaft mit einem Anteil von 11,75 % beteiligt. Im Zuwendungsbescheid war bestimmt worden, dass sich neben der Gesellschaft auch deren Gesellschafter persönlich zur anteiligen Rückzahlung der Zuwendung verpflichten, wenn der Bescheid wegen Zweckverfehlung widerrufen werden müsse. Mit "öffentlich-rechtlichem Vertrag" vom 8./9. April 1998 hatte der Kläger mit dem Beklagten einen entsprechenden "öffentlich-rechtlichen Schuldbeitritt" vereinbart. Der Beitritt sollte Zinsen und Kosten einschließen, aber auf 125 000 DM (= 63 911,49 €) begrenzt sein. Insoweit sollte der Kläger gesamtschuldnerisch neben der Gesellschaft haften; der Beklagte sollte nicht verpflichtet sein, vor der Inanspruchnahme des Klägers andere Befriedigungsmöglichkeiten zu nutzen. Weiter war vereinbart:

"Mit dem Wirksamwerden des Schuldbeitritts wird der (Kläger) neben dem Zuwendungsempfänger und evtl. weiteren Beitretenden zum Pflichtigen der öffentlich-rechtlichen Beziehung zwischen (Beklagtem) und Zuwendungsempfänger aus dem genannten Subventionsrechtsverhältnis. Dies hat zur Folge, dass der (Beklagte) den (Kläger) mittels Leistungsbescheid in Anspruch nehmen kann."

5

Der Beklagte gab dem Kläger von dem an die Gesellschaft gerichteten Widerrufsbescheid Kenntnis. Nach vorheriger Anhörung forderte er ihn mit Leistungsbescheid vom 29. September 2003 zur Zahlung von 47 158,52 € - einem Anteil an der Hauptforderung, der dem Verhältnis des Schuldbeitrittsbetrages zum ursprünglichen Subventionsbetrag entspricht - zuzüglich 6 % Zinsen seit dem Widerruf auf.

6

Dagegen richtet sich die Klage. Zu deren Begründung hat der Kläger vorgetragen: Die Subvention sei rechtswidrig gewährt worden, weil sie dem gemeinschaftsrechtlichen Beihilfeverbot widerspreche und weder notifiziert noch von der Europäischen Kommission genehmigt worden sei. Ferner liege der behauptete Widerrufsgrund nicht vor. Des Weiteren gehe der Schuldbeitritt ins Leere: Nach dessen Vereinbarung sei der Zuwendungsbescheid ohne sein Wissen mehrfach geändert worden; der Zuwendungsbescheid sei nur in seiner letzten Fassung vom 13. Dezember 1999 widerrufen worden, auf die sich der Schuldbeitritt nicht beziehe. Der Verzicht auf die Einrede der Vorausklage sei ebenso unwirksam wie die Unkündbarkeit des Schuldbeitritts, zumal er bereits im Jahre 2000 aus der Gesellschaft ausgeschieden sei. Schließlich habe der Beklagte beim Erlass des angefochtenen Leistungsbescheides ermessensfehlerhaft gehandelt, indem er ihn in voller Höhe in Anspruch nehme, die Gesellschaft selbst aber verschone und anderen Gesellschaftern, die der Rückzahlungsschuld ebenfalls beigetreten seien, durch Vergleich einen großen Anteil ihrer Verbindlichkeit erlasse.

7

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht das erstinstanzliche Urteil geändert und den angefochtenen Leistungsbescheid aufgehoben. Es hat offen gelassen, ob der Kläger durch den mit dem Beklagten geschlossen Vertrag der Rückzahlungsschuld der Gesellschaft beigetreten sei oder lediglich eine Bürgschaft übernommen habe. Im einen wie im anderen Falle setze seine Inanspruchnahme durch Leistungsbescheid eine hierauf bezogene gesetzliche Grundlage voraus. Diese könne nicht in § 49a Abs. 1 ThürVwVfG gesehen werden; die dortige Ermächtigung beziehe sich nur auf den Subventionsempfänger, nicht auf einen mithaftenden Dritten. Der Kläger habe sich der Inanspruchnahme durch Leistungsbescheid auch nicht unterworfen. Es müsse schon bezweifelt werden, ob die einschlägige Klausel des Vertrages eine solche Unterwerfung begründen und nicht lediglich auf eine beiderseits angenommene Rechtslage hinweisen sollte. Jedenfalls sei die Klausel unwirksam, weil sie einer unzulässigen Umgehung von § 61 ThürVwVfG gleichkomme. Wollten die Parteien eines öffentlich-rechtlichen Vertrages die Vollstreckung aus dem Vertrage erleichtern, seien sie auf die von § 61 ThürVwVfG vorgesehene Möglichkeit der Unterwerfung des Schuldners unter die sofortige Zwangsvollstreckung beschränkt.

8

Der Beklagte rügt mit der Revision, das Berufungsgericht habe verkannt, dass § 49a Abs. 1 Satz 2 ThürVwVfG auch zur Inanspruchnahme eines mithaftenden Dritten durch Leistungsbescheid ermächtige. Im Übrigen habe sich der Kläger durch den Schuldbeitritt selbst in ein Subordinationsverhältnis gestellt und der Inanspruchnahme durch Leistungsbescheid ausdrücklich unterworfen. Das stelle keine Umgehung von § 61 ThürVwVfG dar, schon weil die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung viel einschneidendere Folgen habe.

9

Der Kläger verteidigt das Berufungsurteil. Er hält die Vertragsklausel über die Zulässigkeit eines Leistungsbescheides zudem für eine unzulässige allgemeine Geschäftsbedingung des Beklagten.

10

Der Vertreter des Bundesinteresses sieht die gesetzliche Grundlage für den angefochtenen Leistungsbescheid in § 49a Abs. 1 Satz 2 ThürVwVfG, der zwar nicht unmittelbar, wohl aber analog auf mithaftende Bürgen und Schuldübernehmer anzuwenden sei.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen - klagabweisenden - Urteils.

12

1. Das Berufungsgericht hat zugunsten des Beklagten unterstellt, der Kläger sei der Erstattungsschuld der Gesellschaft beigetreten, und hat auch für diesen Fall angenommen, dass dem angefochtenen Leistungsbescheid die erforderliche gesetzliche Grundlage fehle. Das verletzt revisibles Recht (vgl. § 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO). Wer für eine Erstattungsschuld i.S.d. § 49a Abs. 1 Satz 1 ThürVwVfG infolge Schuldbeitritts haftet, kann nach § 49a Abs. 1 Satz 2 ThürVwVfG durch Leistungsbescheid in Anspruch genommen werden.

13

a) Der Beklagte hatte der Gesellschaft durch Verwaltungsakt eine Zuwendung als sog. verlorenen Zuschuss bewilligt. Wird ein solcher Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen, so verlieren erbrachte Leistungen ihren Rechtsgrund; sie sind zu erstatten. Der Erstattungsanspruch ist im Wege des Leistungsbescheides geltend zu machen. Dies besagt § 49a Abs. 1 ThürVwVfG ausdrücklich.

14

Die Vorschrift ermächtigt die Behörde dazu, den Erstattungsanspruch gegen jeden Erstattungsschuldner mit den Mitteln hoheitlicher Verwaltung geltend zu machen. Voraussetzung ist hiernach nur, dass der Erstattungsanspruch besteht und dass er sich gegen den Adressaten des Leistungsbescheides richtet. Voraussetzung ist nicht, dass der Erstattungsschuldner auch der Zuwendungsempfänger ist. Es genügt, dass der Erstattungsanspruch seine Wurzel in der Zuwendung hat. Natürlich kommt der Zuwendungsempfänger in erster Linie als Erstattungsschuldner in Betracht. Sofern neben ihm oder an seiner Stelle aber Dritte die Erstattung schulden, ermächtigt § 49a Abs. 1 ThürVwVfG auch zu deren Inanspruchnahme (ebenso Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG-Kommentar, 7. Auflage 2008, Rn. 31 f. zu § 49a VwVfG; a.A. Knack/Henneke, VwVfG-Kommentar, 9. Auflage 2010, Rn. 10 zu § 49a VwVfG; zweideutig Kopp/Ramsauer, VwVfG-Kommentar, 11. Auflage 2010, Rn. 10a zu § 49a VwVfG). Hierbei ist gleichgültig, ob der Dritte - etwa als Rechtsnachfolger - an die Stelle des Zuwendungsempfängers getreten ist oder gesamtschuldnerisch neben diesem für die Erstattung haftet. Ebenso wenig kommt es auf den Rechtsgrund für die gesamtschuldnerische Mithaftung an; insofern unterscheidet sich die Rechtslage nach den Verwaltungsverfahrensgesetzen von derjenigen nach §§ 191, 192 AO.

15

Das Berufungsgericht möchte den Anwendungsbereich des § 49a Abs. 1 ThürVwVfG demgegenüber auf die Inanspruchnahme des Zuwendungsempfängers beschränken. Dazu besteht kein Anlass. Aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt sich diese Einschränkung nicht. Richtig ist zwar, dass der Gesetzgeber offenbar allein den Zuwendungsempfänger im Auge hatte. Das wird nicht nur durch die Gesetzesbegründung zu § 44a der Bundeshaushaltsordnung i.d.F. vom 14. Juli 1980 belegt, auf den § 49a VwVfG zurückgeht (vgl. BTDrucks 8/3785 S. 5 f.), sondern auch durch systematisch zugehörige weitere Vorschriften wie § 49a Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 2 ThürVwVfG, die den Begünstigten ansprechen, sowie durch die ergänzende Vorschrift des § 50 Abs. 3 Satz 2 SGB X, demzufolge die Festsetzung der zu erstattenden Leistung mit der Aufhebung des Verwaltungsakts verbunden werden soll, die regelmäßig - wenn auch, wie der Erbfall zeigt, nicht zwingend - an den Begünstigten zu richten ist. Diesen Gesichtspunkten stehen aber Sinn und Zweck der Vorschrift gegenüber, auf die der Vertreter des Bundesinteresses mit Recht hinweist und welche die vom Berufungsgericht befürwortete einschränkende Auslegung verbieten. Die Verwaltung soll im Interesse der wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung öffentlicher Mittel berechtigt und grundsätzlich sogar verpflichtet sein, zu Unrecht ausgereichte Subventionen möglichst rasch und effektiv wieder einzuziehen. Das naheliegende Mittel hierzu ist der Leistungsbescheid. Das Gesetzesziel würde aber nur unvollkommen erreicht, dürfte die Verwaltung dieses Mittel nur gegenüber dem Begünstigten einsetzen, nicht hingegen gegenüber Dritten, die gleichermaßen erstattungspflichtig sind.

16

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Auslegung des § 49a Abs. 1 ThürVwVfG bestehen nicht. Durch die hoheitliche Inanspruchnahme wird der seinerseits erstattungspflichtige Dritte nicht unzumutbar beschwert. Er wird nicht grundlos in Anspruch genommen; in Rede stehen nur die verfahrensrechtlichen Möglichkeiten der Durchsetzung einer ohnehin bestehenden Erstattungspflicht. Allein damit, dass dies auf hoheitliche Weise - durch Leistungsbescheid - erfolgt, ist aber kein ins Gewicht fallender Nachteil verbunden. Hierzu müssen nicht sämtliche Eingriffswirkungen der Handlungsform Verwaltungsakt in den Blick genommen werden (dazu etwa OVG Lüneburg, Urteil vom 15. März 1988 - 10 A 14/87 - NVwZ 1989, 880; Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O. Rn. 25 ff. zu § 35 VwVfG; Knack/Henneke, a.a.O. Rn. 40 vor § 35 VwVfG; Druschel, Die Verwaltungsaktbefugnis, Diss. Halle-Wittenberg 1999, S. 30 ff.); es genügt der Vergleich mit der alternativen Leistungsklage. Richtig ist, dass der Leistungsbescheid gegenüber der Leistungsklage für die Verwaltung den Vorteil mit sich bringt, sich selbst einen vollstreckbaren Titel verschaffen zu dürfen; der Gegner muss demzufolge im Streitfalle die Prozessrolle des Klägers, nicht des Beklagten einnehmen. Sollte hierin überhaupt ein Nachteil zu sehen sein (zweifelnd bereits Senatsurteil vom 24. Januar 1992 - BVerwG 3 C 33.86 - BVerwGE 89, 345 <350>), so stünden dem doch erhebliche Vorteile gegenüber. Ein Leistungsbescheid kann nur auf der Grundlage eines Verwaltungsverfahrens ergehen, in dem der Betroffene gesetzlich bestimmte Verfahrensrechte wie insbesondere das Recht auf Anhörung genießt; und er unterliegt im vom Bundesgesetzgeber vorgesehenen Regelfall gemäß § 68 VwGO der Überprüfung in einem Widerspruchsverfahren durch eine zumeist höhere Behörde (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 1986 - 9a RV 10/85 - BSGE 60, 209 <212 f.>; zustimmend Martens, NVwZ 1993, 27 <28 f.>; vgl. ähnlich Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O. Rn. 28 zu § 35 VwVfG). Das führt dazu, dass Einwände des Betroffenen schon im Leistungsbescheid Berücksichtigung finden, so dass es der - zeitaufwendigen und teuren - Inanspruchnahme der Gerichte oft gar nicht mehr bedarf. Schließlich verursacht der Leistungsbescheid als solcher weit geringere Kosten als ein Leistungsurteil.

17

b) Wer einer öffentlich-rechtlichen Erstattungsverpflichtung beitritt, wird selbst in gleicher Weise zur Erstattung verpflichtet.

18

Der Beitretende übernimmt durch den Schuldbeitritt eine Haftung, die inhaltlich mit der Erstattungsverpflichtung des Zuwendungsempfängers identisch ist. Er wird dadurch selbst Schuldner der öffentlich-rechtlichen Erstattungsforderung und möglicher Adressat eines auf § 49a Abs. 1 ThürVwVfG gestützten Leistungsbescheides. Insofern liegt es nicht anders als in der gesetzlichen Folge einer Vermögensübernahme nach § 419 BGB a.F. Dies hat der Senat für die Pflicht zur Erstattung von Ausgleichsleistungen nach dem Lastenausgleichsgesetz bereits entschieden (Urteil vom 29. März 1984 - BVerwG 3 C 18.83 - Buchholz 427.7 § 40 RepG Nr. 2; Beschluss vom 26. Juli 2007 - BVerwG 3 B 5.07 - Buchholz 427.3 § 349 LAG). Das findet entgegen der Ansicht des Klägers seine Begründung nicht in Besonderheiten des Lastenausgleichsrechts, sondern gilt allgemein (vgl. ebenso BSG, Urteil vom 3. September 1986 - 9a RV 10/85 - BSGE 60, 209 <210>).

19

Wie die Vermögensübernahme nach § 419 BGB a.F. kraft Gesetzes, so bewirkt der Schuldbeitritt kraft Vertrages eine Schuldmitübernahme; er schafft eine gesamtschuldnerische Haftung des Beitretenden neben dem ursprünglichen Schuldner für die gegen diesen zur Zeit des Beitritts bestehenden - ggf. künftigen oder bedingten - Ansprüche des Gläubigers. Der Beitritt schafft keinen neuen Anspruch, sondern setzt den Anspruch gegen den Haupt- oder Urschuldner voraus und begründet für diesen Anspruch lediglich die Mithaftung des Beitretenden. Der Anspruch gegen den Beitretenden ist damit inhaltlich identisch mit dem Anspruch gegen den Haupt- oder Urschuldner. Er teilt dessen Rechtsnatur; ist dieser öffentlich-rechtlich, so gehört auch die Haftschuld des Beitretenden dem öffentlichen Recht an (Urteil vom 22. April 1970 - BVerwG 5 C 11.68 - BVerwGE 35, 170 <172>; unter Bezugnahme hierauf BGH, Urteil vom 22. Juni 1978 - III ZR 109/76 - BGHZ 72, 56 <59 f.>, ebenso dann Urteil vom 16. Oktober 2007 - XI ZR 132/06 - BGHZ 174, 39 und Beschluss vom 17. September 2008 - III ZB 19/08 - WM 2008, 2153). Er teilt dann aber auch dessen verfahrensrechtliche Implikationen; der Gläubiger kann seinen Anspruch auch dem mithaftenden Dritten gegenüber in gleicher Weise geltend machen wie gegenüber dem Haupt- oder Urschuldner selbst. Wohnt dem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch eine hoheitliche Komponente inne, so gilt dies jedem Erstattungspflichtigen gegenüber (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 1986 - 9a RV 10/85 - BSGE 60, 209 <210>).

20

Damit unterscheidet sich der Schuldbeitritt von der Bürgschaft. Die Bürgschaft begründet eine von der Verbindlichkeit des Hauptschuldners verschiedene, eigene Verbindlichkeit des Bürgen, für die Erfüllung durch den Hauptschuldner einzustehen. Sie ist keine bloße Haftungsübernahme. Ihr Rechtscharakter bestimmt sich nicht aus der Art der Hauptschuld. Sie trägt ihren Rechtsgrund vielmehr in dem Sinne in sich, dass sie keiner weiteren Rechtfertigung mehr bedarf (BGH, Urteil vom 16. Februar 1984 - IX ZR 45/83 - BGHZ 90, 187 <189 f.>). Typisch für die Bürgschaft ist deshalb ein auf die Person des Schuldners bezogenes Sicherungsinteresse des Dritten, während Motiv für den Schuldbeitritt typischerweise ein spezifisches Eigeninteresse des Dritten am Hauptschuldverhältnis ist (BGH, Urteil vom 25. September 1980 - VII ZR 301/79 - NJW 1981, 47). Damit ist nicht entschieden, ob eine Bürgschaft stets privatrechtlicher Natur ist, wie der Bundesgerichtshof annimmt (so - ihm folgend - auch VGH München, Urteil vom 23. November 1989 - 22 B 88.3677 - NJW 1990, 1006 m. zust. Anm. Arndt), oder, weil und sofern sie einem öffentlichen Zweck dient, auch als öffentlich-rechtliche zu qualifizieren sein kann (so Jochum in: Festschrift für Kriele, 1997, S. 1193 <1208>). Auch mag bezweifelt werden, ob eine öffentlich-rechtliche Besicherung, die wegen Nichtbeachtung des § 57 VwVfG formnichtig ist, in eine formgültige privatrechtliche Bürgschaft umgedeutet werden kann (so BGH, Urteil vom 16. Oktober 2007 a.a.O. und Beschluss vom 17. September 2008 a.a.O.). Das Bundesverwaltungsgericht hat zu diesen Fragen bislang nicht Stellung genommen. Es hat lediglich entschieden, dass eine Bürgschaft, mit der eine ihrerseits privatrechtliche Darlehensschuld besichert wurde, privatrechtlicher Natur ist (Urteil vom 30. Oktober 1997 - BVerwG 3 C 8.97 - BVerwGE 105, 302 <305>; anders zuvor Urteil vom 22. April 1970 - BVerwG 5 C 11.68 - BVerwGE 35, 170 <171 f.>). Für eine Besicherung eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs durch Bürgschaft folgt hieraus nichts. Erst recht folgt hieraus nichts zu der weiteren Frage, ob der aus einer öffentlich-rechtlichen Bürgschaft Verpflichtete im Wege des Leistungsbescheides herangezogen werden dürfte. § 49a Abs. 1 VwVfG ermächtigt hierzu jedenfalls nicht.

21

c) Dass der Schuldbeitritt durch Vertrag erfolgt, steht dem Bisherigen nicht entgegen. Richtig ist, dass durch Vertrag begründete Pflichten grundsätzlich nicht durch den Erlass von Verwaltungsakten durchgesetzt werden dürfen, wenn nicht eine zusätzliche gesetzliche Grundlage dies erlaubt (Urteile vom 13. Februar 1976 - BVerwG 4 C 44.74 - BVerwGE 50, 171, vom 26. Oktober 1979 - BVerwG 7 C 106.77 - BVerwGE 59, 60 und vom 24. Januar 1992 - BVerwG 3 C 33.86 - BVerwGE 89, 345). Eine solche gesetzliche Grundlage bietet aber § 49a Abs. 1 ThürVwVfG. Auf sie zurückzugreifen, wird auch durch die Vertragsform nicht wiederum ausgeschlossen. Es ist gerade Gegenstand des Vertrages, dass der Dritte die Erstattungsverpflichtung des Zuwendungsempfängers einschließlich ihrer öffentlichen Rechtsnatur und ihrer hoheitlichen Implikationen übernimmt. Deshalb wurde in dem Umstand, dass die Schuldmitübernahme durch Vertrag begründet wird und werden muss, niemals ein Hindernis gesehen.

22

Aus § 61 ThürVwVfG ergibt sich nichts anderes. Hiernach kann sich jeder Vertragschließende der sofortigen Vollstreckung aus einem subordinationsrechtlichen öffentlich-rechtlichen Vertrag unterwerfen. Daraus lässt sich nicht schließen, dass die Zwangsvollstreckung nach den Vorschriften der Prozessordnungen die einzige zulässige Form der zwangsweisen Durchsetzung vertraglicher Ansprüche sei. Die Vorschrift besagt lediglich, dass ohne eine solche Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung die Vollstreckung unmittelbar aus dem Vertrag selbst unzulässig ist. Ihr lässt sich aber nicht entnehmen, dass über die vertraglichen Ansprüche nicht auch ein Leistungsbescheid ergehen und dieser alsdann mit den Mitteln der Verwaltungsvollstreckung durchgesetzt werden dürfte. Auch auf diesem Wege wird nicht auf ein zusätzliches Erkenntnisverfahren verzichtet, es tritt nur an die Stelle der Leistungsklage ein Verwaltungsakt mit der Möglichkeit der gerichtlichen Überprüfung.

23

Keiner Entscheidung bedarf, ob sich der Vertragspartner der Behörde in einem subordinationsrechtlichen öffentlich-rechtlichen Vertrag der Durchsetzung in diesem Vertrage übernommener Pflichten durch Leistungsbescheid auch dann wirksam unterwerfen könnte, wenn das Gesetz eine Befugnis der Behörde zum Erlass eines solchen Leistungsbescheides nicht vorsähe (verneinend Kopp/Ramsauer, a.a.O. Rn. 6 zu § 61 VwVfG; Sachs, a.a.O. Rn. 74 zu § 44 VwVfG; allgemein Sachs, "Volenti non fit iniuria", VerwArch 1985, 398).

24

2. Das Berufungsurteil ist auch nicht aus anderen Gründen richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Der angefochtene Leistungsbescheid erweist sich vielmehr als rechtmäßig. Dafür bedarf es keiner weiteren tatsächlichen Feststellungen.

25

a) Der Kläger ist der bedingten künftigen öffentlich-rechtlichen Erstattungsverpflichtung der Gesellschaft beigetreten. Sein Vertrag mit dem Beklagten enthält einen Schuldbeitritt und nicht lediglich die Übernahme einer Bürgschaft. Hierfür ist nicht nur die ausdrückliche Bezeichnung im Vertrage maßgeblich, sondern auch der Umstand, dass der Kläger als - zudem im Unternehmen mitarbeitender - Gesellschafter persönlich an der Gewährung der Subvention und an der Erfüllung des damit verbundenen Subventionszwecks interessiert war; wie erwähnt, ist der entscheidende Unterschied des Schuldbeitritts zur Bürgschaft darin zu sehen, dass den Beitretenden ein spezifisches Eigeninteresse am Hauptschuldverhältnis leitet, während beim Bürgen ein auf die Person des Schuldners bezogenes Sicherungsinteresse im Vordergrund steht (BGH, Urteil vom 25. September 1980 - VII ZR 301/79 - NJW 1981, 47). Dahinter tritt die Bedeutung einer eher bürgschaftstypischen, einem Verzicht auf die Einrede der Vorausklage ähnelnden Vereinbarung, dass der Beklagte vor der Inanspruchnahme der Klägerin keine anderen Befriedigungsmöglichkeiten nutzen muss, zurück.

26

Der Schuldbeitritt ist wirksam vereinbart worden. Die Schriftform (§ 57 ThürVwVfG) wurde gewahrt. Dass der Vertrag nicht den späteren Verminderungen des Zuwendungsbetrages angepasst wurde, schadet nicht; dadurch wurde die Verpflichtung des Klägers nur verringert.

27

Der Vertrag hält auch der Inhaltsprüfung stand. Namentlich steht die Verpflichtung des Klägers in sachlichem Zusammenhang mit der dem Unternehmen gewährten Zuwendung und deren öffentlichem Zweck und ist auch den Umständen nach nicht unangemessen (vgl. § 56 Abs. 1 ThürVwVfG). Ferner ist nicht ersichtlich, dass die persönliche Haftung für den Kläger wirtschaftlich unzumutbar sein könnte, zumal sie auf einen seinem Gesellschaftsanteil entsprechenden Teil der möglichen Erstattungsforderung beschränkt wurde. Hierfür bedarf es keiner Erörterung der Frage, inwiefern die Maßstäbe, die der Bundesgerichtshof für eine sittenwidrige Überforderung eines Gesellschafters mit bloßer Minderheitsbeteiligung durch eine Bürgschaftsübernahme entwickelt hat (vgl. etwa BGH, Urteil vom 10. Dezember 2002 - XI ZR 82/02 - NJW 2003, 967 m.w.N.; VG Weimar, Urteil vom 4. Oktober 2000 - 8 K 2185/99.We - ThürVBl 2001, 91), auf die Würdigung eines öffentlich-rechtlichen Besicherungsvertrages übertragen werden können. Neben §§ 56, 59 ThürVwVfG findet § 307 BGB (= § 9 AGB-Gesetz a.F.) keine Anwendung mehr (Urteil vom 6. März 1986 - BVerwG 2 C 41.85 - BVerwGE 74, 78 <83>).

28

Schließlich ist der Schuldbeitritt nicht deshalb rechtswidrig, weil das Subventionsverhältnis selbst rechtswidrig wäre. Der Kläger meint zwar, die Zuwendung sei unter Verstoß gegen Art. 87, 88 EG (heute Art. 107, 108 AEUV) gewährt worden und daher gemeinschaftsrechtswidrig gewesen. Es kann dahinstehen, welche Folgen dies für die Wirksamkeit des Beitritts zu der Erstattungsverpflichtung des Subventionsempfängers gehabt hätte. Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass die Zuwendung von der Europäischen Kommission genehmigt wurde. Der behauptete Verstoß gegen europäisches Gemeinschaftsrecht liegt daher nicht vor.

29

b) Der Erstattungsanspruch des Beklagten ist entstanden und fällig.

30

Wie erwähnt, setzt die Rechtmäßigkeit eines auf § 49a Abs. 1 ThürVwVfG gestützten Leistungsbescheides voraus, dass die zu erstattende Leistung aufgrund eines Bewilligungsbescheides erbracht und dieser später aufgehoben, widerrufen oder infolge Eintritts einer auflösenden Bedingung unwirksam wurde. Auf den Widerspruch oder die Klage des in Anspruch genommenen Dritten hin ist zu prüfen, ob diese Voraussetzungen vorliegen. Wurde der Bewilligungsbescheid dem Zuwendungsempfänger gegenüber zurückgenommen oder widerrufen, so ist zusätzlich die Rechtmäßigkeit des Rücknahme- oder Widerrufsbescheides zu prüfen. Dabei mag offen bleiben, ob der Dritte dahingehende Einwendungen schon gegen den Rücknahme- oder Widerrufsbescheid selbst geltend machen darf (die Klagebefugnis verneint etwa VG Meiningen, Urteil vom 15. November 2000 - 2 K 353/98.Me - ThürVBl 2001, 111 <113>) und zur Vermeidung von Rechtsnachteilen geltend machen muss oder ob er sie - ggf. ungeachtet einer etwaigen Unanfechtbarkeit des Rücknahme- oder Widerrufsbescheides - auch oder allein gegen den Leistungsbescheid vorbringen kann (vgl. OVG Frankfurt/Oder, Beschluss vom 12. August 1998 - 4 B 31/98 - NJW 1998, 3513 unter Berufung auf § 62 Satz 2 VwVfG i.V.m. § 417 Abs. 1 Satz 1 BGB). Der Widerrufsbescheid ist hier jedenfalls rechtmäßig. Wie das Verwaltungsgericht unwidersprochen näher dargelegt hat, wurde der Zuwendungszweck innerhalb der Zweckbindungsfrist nicht erreicht; damit lag ein Widerrufsgrund vor (§ 49 Abs. 3 Satz 1 ThürVwVfG). Der begünstigten Gesellschaft stand ferner kein Vertrauensschutz zur Seite. Schließlich hat der Beklagte sein Widerrufsermessen fehlerfrei ausgeübt, indem er auf seine Pflicht zur sparsamen und nur zweckentsprechenden Verwendung öffentlicher Haushaltsmittel verwiesen hat; da besondere Umstände des Einzelfalles nicht vorliegen, erübrigten sich weitere Erwägungen (sog. intendiertes Ermessen, vgl. Urteil vom 16. Juni 1997 - BVerwG 3 C 22.96 - BVerwGE 105, 55; stRspr). Auch gegen die Zinsforderung bestehen keine Einwände.

31

c) Die Inanspruchnahme des Klägers war schließlich rechtmäßig. Die Gesellschaft hat die Erstattungsforderung ihrerseits nicht beglichen. Die Inanspruchnahme des Klägers leidet auch nicht an Ermessensfehlern.

32

Nach § 49a Abs. 1 Satz 1 ThürVwVfG "sind" die rechtsgrundlos erbrachten Zuwendungen zu erstatten. Es ist zweifelhaft, ob der Behörde damit zwingend vorgeschrieben ist, die Erstattung zu verlangen - wodurch haushaltsrechtliche Möglichkeiten der Stundung, der Niederschlagung oder des Erlasses unbenommen blieben -, oder ob sie hiervon nach ihrem Ermessen absehen könnte (vgl. Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O. Rn. 37 zu § 49a VwVfG m.w.N.). Die Frage bedarf hier keiner abschließenden Erörterung. Selbst wenn der Vorschrift eine Verpflichtung der Behörde zu entnehmen wäre, den Erstattungsanspruch überhaupt geltend zu machen, so ließe dies doch jedenfalls ihre Befugnis und ihre Verpflichtung unberührt, bei der Inanspruchnahme mithaftender Dritter den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten.

33

Der Kläger hat zum einen geltend gemacht, der Beklagte greife auf die Haftschuldner zurück, obwohl er die Zuwendungsempfängerin selbst verschone. Daraus allein lässt sich kein Ermessensfehler ersehen. Dieses Vorgehen findet seinen Grund zwanglos darin, dass der Erstattungsanspruch beim Kläger leichter durchsetzbar erscheint. Dem Kläger steht der Rückgriff gegen die Gesellschaft aus übergegangener öffentlich-rechtlicher Forderung offen (vgl. § 426 BGB).

34

Zum anderen hat der Kläger behauptet, der Beklagte habe ihn schlechter gestellt als die anderen Schuldübernehmer; diesen habe er einen Großteil der Schuld erlassen. Auch dies kann die Rechtmäßigkeit des gegen ihn gerichteten Leistungsbescheides nicht berühren. Ob eine durch Bescheid festgesetzte Geldleistungsschuld erlassen wird, ist erst Gegenstand des Beitreibungsverfahrens, hat seinen Grund allein in einer Härte für den jeweiligen Schuldner und wäre auch beim Kläger unbenommen. Dass der Erlass gegenüber anderen Gesamtschuldnern die eigene Rechtsstellung des Klägers verschlechtern könnte, ist ausgeschlossen. Eine solche Verschlechterung droht auch nicht beim Innenregress. Weil ohnehin jeder Beitrittsschuldner nur mit einem seinem Gesellschaftsanteil entsprechenden Anteil an der Schuld des Unternehmens haftet, scheidet ein Innenregress unter den Beitrittsschuldnern aus; jeder Erlass einem von ihnen gegenüber kommt nur ihm selbst und mittelbar dem Unternehmen zugute, lässt aber die Stellung der anderen Beitrittsschuldner unberührt.

Die Entscheidung braucht nicht begründet zu werden, soweit das Revisionsgericht Rügen von Verfahrensmängeln nicht für durchgreifend erachtet. Dies gilt nicht für Rügen nach § 547.

(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.

(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,

1.
wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist;
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat;
3.
wenn die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde;
4.
wenn die Behörde auf Grund einer geänderten Rechtsvorschrift berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, soweit der Begünstigte von der Vergünstigung noch keinen Gebrauch gemacht oder auf Grund des Verwaltungsaktes noch keine Leistungen empfangen hat, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde;
5.
um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.
§ 48 Abs. 4 gilt entsprechend.

(3) Ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden,

1.
wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird;
2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.
§ 48 Abs. 4 gilt entsprechend.

(4) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Behörde keinen anderen Zeitpunkt bestimmt.

(5) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(6) Wird ein begünstigender Verwaltungsakt in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 3 bis 5 widerrufen, so hat die Behörde den Betroffenen auf Antrag für den Vermögensnachteil zu entschädigen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen schutzwürdig ist. § 48 Abs. 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend. Für Streitigkeiten über die Entschädigung ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.

32
a) Bereits der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Befugnis der Klägerin, einen Widerrufsbescheid zu erlassen, ist im Zivilrechtsverhältnis zur Beklagten kein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht.

(1) Durch den Bürgschaftsvertrag verpflichtet sich der Bürge gegenüber dem Gläubiger eines Dritten, für die Erfüllung der Verbindlichkeit des Dritten einzustehen.

(2) Die Bürgschaft kann auch für eine künftige oder eine bedingte Verbindlichkeit übernommen werden.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

24
Der nunmehr für das Bürgschaftsrecht zuständige erkennende Senat , der die Frage in seinem Urteil vom 8. Mai 2007 (XI ZR 278/06, WM 2007, 1241, 1242 Tz. 13) offen gelassen hat, schließt sich, jedenfalls für den vorliegenden Fall der selbstschuldnerischen Bürgschaft, der Auffassung an, dass die Fälligkeit der Bürgschaftsforderung mit der Fälligkeit der Hauptschuld eintritt und nicht von einer Leistungsaufforderung des Gläubigers abhängig ist. Das Gesetz sieht eine Leistungsaufforderung des Gläubigers als Entstehungs- oder Fälligkeitsvoraussetzung der Bürgschaftsforderung nicht vor. Die Forderung aus der Bürgschaft gehört nicht zu den so genannten verhaltenen Ansprüchen (vgl. Staudinger/ Frank Peters, BGB Neubearb. 2004 § 199 Rdn. 9), deren Verjährung kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung (vgl. § 604 Abs. 5, § 695 Satz 2, § 696 Satz 3 BGB) erst mit ihrer Geltendmachung oder unter weiteren Voraussetzungen beginnt. Der Gesetzgeber ist bei der Neufassung des § 771 BGB durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) vielmehr ausdrücklich davon ausgegangen, dass „der Anspruch des Gläubigers gegen den Bürgen gleichzeitig mit der Hauptforderung“ entsteht (Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages vom 9. Oktober 2001, BT-Drucks. 14/7052, S. 206). Auch der Grundsatz der Akzessorietät, d.h. der Abhängigkeit der Forderung aus der Bürgschaft von der Hauptschuld im Hinblick auf Entstehung, Durchsetzbarkeit und Erlöschen, spricht dafür, dass die Fälligkeit der Bürgschaftsforderung mit der Fälligkeit der Hauptschuld eintritt. Außerdem dient das Rechtsinstitut der Verjährung dem Schutz des Schuldners und der Herstellung des Rechtsfriedens nach Ablauf der Verjährungsfrist. Mit dieser Schutzintention wäre es unvereinbar, die Fälligkeit der Bürgschaftsforderung von einer Leistungsaufforderung des Gläubigers abhängig zu machen und diesem damit die Möglichkeit zu eröffnen, den Verjährungsbeginn und die Notwendigkeit verjährungsunterbrechender Maßnahmen beliebig hinauszuzögern.

Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt.

(1) Die Verjährung wird gehemmt durch

1.
die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils,
1a.
die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen Anspruch, den ein Gläubiger zu dem zu der Klage geführten Klageregister wirksam angemeldet hat, wenn dem angemeldeten Anspruch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage,
2.
die Zustellung des Antrags im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger,
3.
die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls im Europäischen Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. EU Nr. L 399 S. 1),
4.
die Veranlassung der Bekanntgabe eines Antrags, mit dem der Anspruch geltend gemacht wird, bei einer
a)
staatlichen oder staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle oder
b)
anderen Streitbeilegungsstelle, wenn das Verfahren im Einvernehmen mit dem Antragsgegner betrieben wird;
die Verjährung wird schon durch den Eingang des Antrags bei der Streitbeilegungsstelle gehemmt, wenn der Antrag demnächst bekannt gegeben wird,
5.
die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozess,
6.
die Zustellung der Streitverkündung,
6a.
die Zustellung der Anmeldung zu einem Musterverfahren für darin bezeichnete Ansprüche, soweit diesen der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen des Musterverfahrens und wenn innerhalb von drei Monaten nach dem rechtskräftigen Ende des Musterverfahrens die Klage auf Leistung oder Feststellung der in der Anmeldung bezeichneten Ansprüche erhoben wird,
7.
die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens,
8.
den Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens,
9.
die Zustellung des Antrags auf Erlass eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung, oder, wenn der Antrag nicht zugestellt wird, dessen Einreichung, wenn der Arrestbefehl, die einstweilige Verfügung oder die einstweilige Anordnung innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zugestellt wird,
10.
die Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren oder im Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren,
10a.
die Anordnung einer Vollstreckungssperre nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, durch die der Gläubiger an der Einleitung der Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs gehindert ist,
11.
den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens,
12.
die Einreichung des Antrags bei einer Behörde, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird; dies gilt entsprechend für bei einem Gericht oder bei einer in Nummer 4 bezeichneten Streitbeilegungsstelle zu stellende Anträge, deren Zulässigkeit von der Vorentscheidung einer Behörde abhängt,
13.
die Einreichung des Antrags bei dem höheren Gericht, wenn dieses das zuständige Gericht zu bestimmen hat und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben oder der Antrag, für den die Gerichtsstandsbestimmung zu erfolgen hat, gestellt wird, und
14.
die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.

(2) Die Hemmung nach Absatz 1 endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Die Hemmung nach Absatz 1 Nummer 1a endet auch sechs Monate nach der Rücknahme der Anmeldung zum Klageregister. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.

(3) Auf die Frist nach Absatz 1 Nr. 6a, 9, 12 und 13 finden die §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.

(1) Für die Verpflichtung des Bürgen ist der jeweilige Bestand der Hauptverbindlichkeit maßgebend. Dies gilt insbesondere auch, wenn die Hauptverbindlichkeit durch Verschulden oder Verzug des Hauptschuldners geändert wird. Durch ein Rechtsgeschäft, das der Hauptschuldner nach der Übernahme der Bürgschaft vornimmt, wird die Verpflichtung des Bürgen nicht erweitert.

(2) Der Bürge haftet für die dem Gläubiger von dem Hauptschuldner zu ersetzenden Kosten der Kündigung und der Rechtsverfolgung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 111/03 Verkündet am:
27. Januar 2004
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Ver-
handlung vom 27. Januar 2004 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe
und die Richter Dr. Bungeroth, Dr. Müller, Dr. Wassermann und Dr. Appl

für Recht erkannt:
Die Revision der Kläger gegen das Urteil des 25. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 14. Februar 2003 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Revisionsverfahrens.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Kläger nehmen die beklagte Bank aus einer Bürgschaft gemäß § 7 Makler- und Bauträgerverordnung (im folgenden: MaBV) in Anspruch. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Mit notariellem Vertrag vom 16. Dezember 1996 erwarben die Kläger von der Y. GmbH (im folgenden: Y. ) in einem größeren Wohn/Geschäftsräume-Komplex zum Preis von jeweils 576.585 DM zwei noch zu erstellende Gewerbeeinheiten, in denen später Arztpraxen betrieben werden sollten. Der Kaufpreis sollte entsprechend dem Baufortschritt in sechs Raten gezahlt werden. Der Y. war das
Recht eingeräumt, die sofortige Zahlung des Kaufpreises gegen Vorlage einer beim beurkundenden Notar zu hinterlegenden Bankbürgschaft gemäß § 7 MaBV zu verlangen. Weiter waren die schlüsselfertige Herstellung der Arztpraxen bis zum 31. März 1997 sowie eine Mietgarantie durch die Y. für einen Zeitraum von fünf Jahren ab Übergabe vereinbart.
Die Y. übergab dem Notar am 27. Dezember 1996 eine selbstschuldnerische unbefristete Bürgschaft auf erstes Anfordern der Beklagten über 1.148.326,68 DM zur Sicherung aller etwaigen Ansprüche der Kläger auf Rückgewähr oder Auszahlung des von diesen gezahlten Kaufpreises. Der Bürgschaftstext enthält, bezugnehmend auf den notariellen Bauträgervertrag, unter anderem folgende Klauseln:
"Die Bürgschaft erlischt, ... wenn nach Erfüllung der Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 MaBV das Vertragsobjekt vollständig fertiggestellt ist. Nach Erlöschen ist uns diese Bürgschaft unaufgefordert zurückzugeben."
Die Kläger zahlten daraufhin den vollen Kaufpreis.
Im Juni 1997 übersandte der Notar den Klägern ein Schreiben des mit der Bauleitung beauftragten Architektenbüros, daß Bezugsfertigkeit und vollständige Fertigstellung des Gebäudekomplexes zum 13. Juni 1997 erreicht worden sei. Die Kläger bestreiten den Zugang. Mit Schreiben vom 3. Juli 1997 überreichte der Notar der Beklagten die Bürgschaftsurkunde "zur weiteren Verwendung". Am 28. August/1. September
1997 schlossen die Kläger - was der Beklagten bekannt war - einen auf fünf Jahre befristeten und auf den 1. April 1997 rückdatierten Mietvertrag für beide Gewerbeeinheiten mit der von der Y. beauftragten A. GmbH, die die Räume an Ärzte untervermieten sollte. Mietzinszahlungen erfolgten nur bis April 1998. Im Oktober 2000 wurde die inzwischen in Vermögensverfall geratene Y. im Handelsregister gelöscht.
Im Januar 2001 nahmen die Kläger die Beklagte aus der Bürgschaft in Anspruch mit der Behauptung, eine der beiden Arztpraxen sei noch nicht fertiggestellt. Noch vor Abschluß des notariellen Vertrages und vor Begebung der Bürgschaft hätten sie mit der Y. mündlich vereinbart , daß der Innenausbau der zweiten Praxis erst erfolgen solle, nachdem - was noch nicht geschehen sei - ein Mieter für das Objekt gefunden worden sei. Der bisherige Baufortschritt rechtfertige nicht die Zahlung der vierten bis sechsten Rate in Höhe von insgesamt 282.526,65 DM. Im Wege der Teilklage verlangen die Kläger Zahlung von 150.000 DM zuzüglich Zinsen und begehren die Feststellung, daß die Beklagte verpflichtet sei, ihnen einen eventuell darüber hinausgehenden Fertigstellungsaufwand zu ersetzen.
Die Beklagte hält ihre Inanspruchnahme nach Ablauf von 3 1/2 Jahren für rechtsmißbräuchlich. Aufgrund der gesamten Umstände habe sie von einer Fertigstellung des Objekts und einem Erlöschen der Bürgschaft ausgehen dürfen. Bei rechtzeitiger Unterrichtung durch die Kläger hätte sie die ihr von der Y. gestellten Sicherheiten nicht freigegeben.
Die Klage ist in beiden Instanzen erfolglos geblieben. Mit der - zugelassenen - Revision verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision der Kläger ist nicht begründet.

I.


Das Berufungsgericht hat eine Bürgenhaftung der Beklagten verneint und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:
Der von den Klägern geltend gemachte Anspruch sei zwar grundsätzlich von der streitgegenständlichen Bürgschaft umfaßt und durch deren Rückgabe durch den Notar nicht erloschen. Der Bürgschaftsforderung stehe jedoch der Einwand des § 767 Abs. 1 Satz 3 BGB entgegen, da die Hauptschuld durch ein Rechtsgeschäft zwischen den Klägern und der Hauptschuldnerin erweitert worden sei. Eine Haftungserweiterung liege nicht nur vor, wenn die Hauptschuld summenmäßig erhöht werde, sondern auch dann, wenn sich das Haftungsrisiko des Bürgen wegen einer inhaltlichen Änderung der Hauptschuld vergrößere. Hier habe der zu sichernde Anspruch der Kläger durch die mündliche Zusatzabrede zum Bauträgervertrag, den Innenausbau erst nach Vermietung der Praxis fertigzustellen, eine Erweiterung erfahren. Durch diese die Fertigstellung des Ausbaus auf unbestimmte Zeit nach dem ursprünglich vereinbarten Fertigstellungstermin hinausschiebende Abrede sei das Haftungsrisiko
für die Beklagte unzulässig vergrößert worden; denn für sie habe bei einer späteren Inanspruchnahme aus der Bürgschaft die Gefahr bestanden , ihren Regreßanspruch gegen die Hauptschuldnerin nicht mehr realisieren zu können.
Im übrigen stelle sich die nunmehr erhobene Forderung der Kläger auch als treuwidrig dar, weil diese das Bauvorhaben über mehr als drei Jahre hinweg nicht ernstlich betrieben und die Beklagte von der angeblich getroffenen Zusatzabrede pflichtwidrig nicht informiert hätten. Der Beklagten stehe deshalb ein Schadensersatzanspruch in Höhe des von den Klägern geltend gemachten Betrages zu mit der Folge, daß die Kläger die begehrte Leistung wieder an die Beklagte zurückzugewähren hätten.

II.


Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung im Ergebnis, nicht aber in allen Teilen der Begründung stand. Die Inanspruchnahme der Beklagten aus der Bürgschaft verstößt gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB).
1. Ein Anspruch der Kläger auf Rückgewähr eines Teils der von ihnen erbrachten Vorauszahlung wegen teilweiser Nichterfüllung des Bauträgervertrages durch die Hauptschuldnerin wird durch die von der Beklagten übernommene selbstschuldnerische Bürgschaft gemäß § 7 MaBV gesichert (vgl. Senatsurteile BGHZ 151, 147, 151, vom 21. Januar 2003 - XI ZR 145/02, WM 2003, 485, 486 und vom 11. März 2003 - XI ZR
196/02, BKR 2003, 427, 428, jeweils m.w.Nachw.). Nicht zu beanstanden ist auch die Ansicht des Berufungsgerichts, die Beklagte sei nicht durch die Rückgabe der Bürgschaftsurkunde durch den Notar aus ihrer Bürgenhaftung entlassen worden. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung, dem Begleitschreiben des Notars, einer Individualerklärung, sei eine Willenserklärung, für die Kläger werde auf die Bürgschaft verzichtet , nicht zu entnehmen, läßt einen Rechtsfehler nicht erkennen. Die Revisionserwiderung beschränkt sich darauf, ihre Auslegung in unzulässiger Weise an die Stelle derer des Berufungsgerichts zu setzen.
2. Nicht gefolgt werden kann aber der Ansicht des Berufungsgerichts , der Bürgschaftsforderung stehe der Einwand des § 767 Abs. 1 Satz 3 BGB entgegen, da die Hauptschuld durch ein Rechtsgeschäft zwischen den Klägern und der Hauptschuldnerin erweitert worden sei. Dieser Einwand greift nach dem eindeutigen Wortlaut des § 767 Abs. 1 Satz 3 BGB nur bei rechtsgeschäftlichen Erweiterungen der Hauptschuld, die nach Übernahme der Bürgschaft zwischen Gläubiger und Hauptschuldner vereinbart werden. Vor Annahme der Bürgschaftserklärung durch den Gläubiger getroffene haftungserweiternde Vereinbarungen werden von § 767 Abs. 1 Satz 3 BGB nicht erfaßt (BGH, Urteil vom 30. November 1977 - VIII ZR 69/76, WM 1978, 266, 267; MünchKomm/ Habersack, BGB 4. Aufl. § 767 Rdn. 10, 17).
Nach dem im Tatbestand des Berufungsurteils wiedergegebenen Vorbringen der Kläger haben sie die mündliche Nebenabrede über die Verpflichtung der Hauptschuldnerin zur Fertigstellung des Innenausbaus einer der Gewerbeeinheiten erst nach deren Vermietung bereits bei Abschluß des Bauträgervertrages am 16. Dezember 1996 und damit vor
dem Bürgschaftsvertrag vom 27. Dezember 1996 getroffen. Dies hat das Berufungsgericht, wie die Revision zu Recht rügt, unberücksichtigt gelassen. Auf § 767 Abs. 1 Satz 3 BGB kann sich die Beklagte daher nicht mit Erfolg berufen.
3. Als durchgreifend erweist sich dagegen ihr Einwand, die Geltendmachung der Bürgschaftsforderung durch die Kläger verstoße gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB).
Die Kläger und die Y. haben bei der Begründung der Hauptschuld ohne Wissen der Beklagten eine Vereinbarung getroffen, die ein höheres Bürgenrisiko zur Folge hatte, als es zwischen den Beteiligten des Bürgschaftsvertrages vereinbart war. Zwar sind beide Vertragspartner zunächst bei Abschluß des Bauträgervertrages davon ausgegangen, daß bis zum vertraglich vereinbarten Fertigstellungstermin, dem 31. März 1997, ein Mieter gefunden und die Gewerbeeinheit fertig ausgebaut sein würde. Spätestens im Sommer 1997, als die Kläger - weil noch immer kein solventer Mieter gefunden war - in Anbetracht der getroffenen Zusatzabrede auf die zu diesem Zeitpunkt ohne weiteres mögliche Fertigstellung der Arztpraxis tatsächlich auf unbestimmte Zeit verzichteten, hat sich das Haftungsrisiko der Beklagten erhöht und schließlich auch realisiert.
Allerdings war die Bürgschaft ihrem Wortlaut nach unbefristet. Gleichwohl enthielt sie ein Zeitmoment, weil sie spätestens mit Fertigstellung des Vertragsobjektes erlöschen sollte. Als Fertigstellungstermin war in dem notariellen Vertrag, auf den sich die Bürgschaftsurkunde ausdrücklich bezieht, der 31. März 1997 vorgesehen. Auch wenn - in er-
ster Linie vom Bauträger verursachte - Verzögerungen der Fertigstellung eines Bauvorhabens die Verpflichtung des Bürgen aus einer gemäß § 7 MaBV übernommenen, unbefristeten Bürgschaft nicht entfallen lassen, kann sich die Inanspruchnahme des Bürgen im Einzelfall als rechtsmißbräuchlich erweisen. So liegt es hier.
Durch den tatsächlichen Verzicht auf die ohne weiteres mögliche Fertigstellung der Arztpraxis im Sommer 1997 bis zum Finden eines ihnen genehmen, zahlungskräftigen und zahlungswilligen Mieters haben die Kläger - selbst abgesichert durch einen fünfjährigen Mietvertrag über die unfertige Praxis mit der A. GmbH - im eigenen Interesse den Fertigstellungszeitpunkt von einem völlig außerhalb des Bauvorhabens liegenden Umstand abhängig gemacht. Eine zeitliche Verlängerung der Bürgenhaftung, die es dem Auftraggeber ermöglichen soll, aus einer Vermietung seiner Immobilie optimalen Nutzen zu ziehen, entspricht nicht dem durch eine MaBV-Bürgschaft gesicherten typischen Fertigstellungsrisiko und ist für den Bürgen, der von einer solchen Abrede keine Kenntnis hat, nicht interessengerecht. In der Rechtsprechung wird ein Hinausschieben der Fälligkeit einer verbürgten Forderung, insbesondere eine Verlängerung der Bauausführungsfrist, deshalb als Erweiterung der Verpflichtung des Bürgen im Sinne des § 767 Abs. 1 Satz 3 BGB angesehen (vgl. BGH, Urteil vom 6. April 2000 - IX ZR 2/98, WM 2000, 1141, 1143; OLG Hamm NZBau 2000, 471). Eine Verschiebung des Fertigstellungszeitpunkts auf unbestimmte Zeit führt erfahrungsgemäß wegen zwischenzeitlicher Preissteigerungen für Bauleistungen zu einer Erhöhung der Kosten für die Fertigstellung, die für den Umfang des verbürgten Rückgewähranspruchs von Bedeutung sind. Darüber hinaus erhöht sich bei einer Verlängerung der Bürgenhaftung das von dem Bürgen zu tra-
gende Insolvenzrisiko des Schuldners und damit die Gefahr, Regreßansprüche aus § 774 Abs. 1 BGB nicht mehr realisieren zu können.
Daß sich durch den tatsächlichen Verzicht auf die fristgerechte Fertigstellung des Bauvorhabens und die damit einhergehende zeitliche Ausdehnung der Bürgenhaftung das Risiko der Beklagten nicht nur abstrakt , sondern hier auch tatsächlich erhöht hat, liegt auf der Hand. Ohne die zwischen den Klägern und der Y. getroffene Zusatzabrede wäre das Bauvorhaben im Sommer 1997 fertiggestellt worden, so daß es zu einer Inanspruchnahme der Beklagten als Bürgin nicht gekommen wäre.
Davon ausgehend widerspräche es dem Grundsatz von Treu und Glauben, die von der Zusatzabrede nicht informierte Beklagte, die im guten Glauben auf das Erlöschen der Bürgschaft seit Sommer 1997 keine Avalprovisionen mehr vereinnahmt und die ihr von der Y. gestellten Sicherheiten freigegeben hat, nunmehr für die von den Klägern im eigenen Interesse hinausgeschobene Fertigstellung der Arztpraxis haften zu lassen.

III.


Die Revision der Kläger war daher zurückzuweisen.
Nobbe Bungeroth Müller
Wassermann Appl

(1) Für die Verpflichtung des Bürgen ist der jeweilige Bestand der Hauptverbindlichkeit maßgebend. Dies gilt insbesondere auch, wenn die Hauptverbindlichkeit durch Verschulden oder Verzug des Hauptschuldners geändert wird. Durch ein Rechtsgeschäft, das der Hauptschuldner nach der Übernahme der Bürgschaft vornimmt, wird die Verpflichtung des Bürgen nicht erweitert.

(2) Der Bürge haftet für die dem Gläubiger von dem Hauptschuldner zu ersetzenden Kosten der Kündigung und der Rechtsverfolgung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 105/03 Verkündet am:
2. April 2004
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
DDR-KommVerf § 44 Abs. 6
Der Umstand allein, daß eine Gemeinde durch einen Vertrag eine Verpflichtung eingeht
, die teilweise oder ganz erst in späteren Haushaltsjahren zu erfüllen ist, führt
nicht zur Genehmigungsbedürftigkeit nach § 44 Abs. 6 DDR-KommVerf. Dasselbe
gilt für eine Stundung, die dem Zweck dient, die Zug-um-Zug-Abwicklung der gegenseitigen
Pflichten eines Grundstückskaufvertrages sicher zu stellen.
Eine Stundungsabrede liegt nicht vor, wenn die Vertragsparteien den Zahlungszeitpunkt
so festlegen, daß eine Zug-um-Zug-Abwicklung der beiderseitigen Pflichten
gewährleistet ist.
BGH, Urt. v. 2. April 2004 - V ZR 105/03 - KG Berlin
LG Berlin
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. April 2004 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel, die Richter Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, Dr. Gaier und die Richterin
Dr. Stresemann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 17. Februar 2003 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der Zivilkammer 9 des Landgerichts Berlin vom 5. Dezember 2000 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren trägt die Beklagte.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Mit notariellem Vertrag vom 24. Juni 1993 kaufte die Beklagte von der Namensvorgängerin der Klägerin mehrere Grundstücke zu einem Kaufpreis von 492.752 DM. Besitz, Nutzen und Lasten gingen mit Vertragsschluß auf die Beklagte über. Der Kaufpreis sollte binnen zwei Wochen nach Zugang der Mitteilung des Notars gezahlt werden, daß eine Auflassungsvormerkung eingetra-
gen sei und die Voraussetzungen für die Eigentumsumschreibung vorlägen. Bis zur Fälligkeit war der Kaufpreis mit 8 % zu verzinsen. Die Beklagte verpflichtete sich, auf den Kaufgrundstücken durch eine Wohnbebauung insgesamt 5.386.210 DM zu investieren. Diese Zusage ist durch eine Vertragsstrafe in Höhe von 30 % der nicht aufgewendeten Investitionssumme gesichert.
Mit Schreiben vom 8. Juni 1995 teilte der Notar mit, daß die Fälligkeitsvoraussetzungen gegeben seien. Die Beklagte zahlte Anfang 1996 lediglich einen Teilbetrag von 29.000 DM und blieb den Restkaufpreis ebenso schuldig wie die versprochenen Investitionen.
Die Klägerin verlangt im Wege der Teilklage 200.000 DM nebst Zinsen als Kaufpreis und 100.000 DM nebst Zinsen als Vertragsstrafe. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Kammergericht hat sie abgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht hält den notariellen Kaufvertrag, auf den die Klage gestützt wird, für schwebend unwirksam, da es an der erforderlichen Genehmigung durch die Rechtsaufsichtsbehörde fehle. Der Vertrag sei nach § 44 Abs. 6
DDR-KommVerf genehmigungsbedürftig, da er wirtschaftlich der Eingehung einer Kreditverpflichtung gleichkomme. Das zeige sich daran, daß der Beklagten der Kaufpreis über einen längeren Zeitraum gestundet worden sei. Sie habe daher im laufenden Haushaltsjahr eine Leistung erhalten, während sie die von ihr geschuldete Leistung erst zu einem späteren Zeitpunkt habe erbringen müssen. Darin liege eine Kreditierung.

II.


Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Prüfung ni cht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts unterliegt der Kaufvertrag der Parteien nicht dem Genehmigungserfordernis des § 44 Abs. 6 DDR-KommVerf.
1. Zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings von einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise aus und sieht den Zweck des Genehmigungserfordernisses darin, die Gemeinde vor der Eingehung einer langfristigen Leistungsverpflichtung mit erheblichen Belastungen für künftige Haushaltsjahre zu schützen (vgl. auch Schneider/Dreßler/Lüll, Hess. Gemeindeordnung, Stand: Dezember 2003, § 103 Anm. 15; Grundlach, LKV 2001, 203, 205, für § 100 Abs. 5 SachsAnhGO). Daraus darf indes, entgegen der Annahme des Berufungsgerichts , nicht gefolgert werden, daß jede Verpflichtung, die eine Gemeinde zur Erlangung einer Leistung im laufenden Haushaltsjahr eingeht und die teilweise oder ganz erst in späteren Haushaltsjahren zu erfüllen ist, einer genehmigungsbedürftigen Kreditverpflichtung gleichkommt. Dies kann so sein (wie Grundlach aaO zutreffend anmerkt), muß aber nicht so sein. Das zeigt schon,
daß Gemeinden Verpflichtungsermächtigungen zu Lasten späterer Haushaltsjahre im Haushalt veranschlagen können, die die Grundlage für die Eingehung von Verpflichtungen bieten, die nicht in demselben Haushaltsjahr zu erfüllen sind (§ 43 DDR-KommVerf). Solche Fälle werden von § 44 Abs. 6 DDRKommVerf nicht generell erfaßt. Entscheidend ist vielmehr die vertragliche Gestaltung im Einzelfall.
2. Nicht tragfähig ist auch die Annahme des Berufungsge richts, die Klägerin habe der Beklagten den Kaufpreis gestundet und ihr damit einen Kredit gewährt. Auch insoweit gilt, daß die Vereinbarung einer Stundung geschuldeter Beträge, etwa aus Kaufverträgen, wie auch die Vereinbarung von Ratenzahlungen den Tatbestand eines einer Kreditaufnahme gleichkommenden Rechtsgeschäfts erfüllen kann. Entscheidend sind jedoch die Umstände des Einzelfalls (vgl. Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung Baden Württemberg, Stand: Januar 1987, § 87 Rdn. 80). Danach fehlt es hier an den für eine Kreditierung charakteristischen Merkmalen.

a) Unzutreffend ist schon, daß die Zahlungsvereinbarung in dem Kaufvertrag eine Stundung des Kaufpreises, also ein Hinausschieben der Fälligkeit (BGH, Beschl. v. 25. März 1998, VIII ZR 298/97, NJW 1998, 2060, 2061 m.w.N.), zum Inhalt hat. Das Berufungsgericht schließt dies aus dem Umstand, daß die Fälligkeit abweichend von § 271 Abs. 1 BGB nicht sofort, d.h. mit Vertragsschluß , sondern nach Vorliegen bestimmter zur Umschreibung des Eigentums erforderlicher Voraussetzungen eintreten sollte. Dies verkennt jedoch den Regelungsgehalt des § 271 BGB. Die Norm enthält subsidiäre Regelungen. Sie greift nur ein, wenn eine Leistungszeit nicht in anderer Weise bestimmt ist (MünchKomm-BGB/Krüger, 4. Aufl., Band 2 a, § 271 Rdn. 5, 31). Hier haben
die Parteien eine Fälligkeitsbestimmung vorgenommen. Sie schiebt den Leistungszeitpunkt nicht hinaus, sondern regelt ihn.
Zwar kann eine Stundungsabrede auch sogleich bei Vertra gsschluß getroffen werden (Esser/Schmidt, Schuldrecht Band 1, Teilband 1, 8. Aufl., § 15 II 2). Sie muß aber ein Hinausschieben der Fälligkeit über den nach dem Vertrag an sich naheliegenden und üblichen Zeitpunkt hinaus zum Inhalt haben , etwa wenn die Vertragsparteien die Fälligkeit abweichend von dem Grundsatz der Zug-um-Zug-Leistung regeln (vgl. MünchKomm-BGB/Krüger, § 271 Rdn. 21). Das ist hier gerade nicht der Fall. Vielmehr dient die Bestimmung des Zahlungszeitpunkts der Abwicklung der beiderseitigen Leistungspflichten aus dem Grundstückskaufvertrag, dessen Besonderheit darin besteht, daß die Erfüllung der Eigentumsverschaffungspflicht regelmäßig nicht sogleich möglich ist, sondern, schon wegen der notwendigen Mitwirkung des Grundbuchamts , Zeit benötigt.

b) Selbst wenn man aber von einer Stundungsabrede ausg eht, liegt darin keine Kreditierung des Kaufpreises, die die Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag , wirtschaftlich betrachtet, in die Nähe einer Kreditverpflichtung rücken.
Dagegen spricht zum einen der Zweck der Fälligkeitsbestimm ung, die Zug-um-Zug-Abwicklung der gegenseitigen Verpflichtungen den Eigentümlichkeiten eines Grundstückskaufvertrages anzupassen und den beiderseitigen Risiken Rechnung zu tragen. Sie weicht inhaltlich im Ergebnis nicht wesentlich von dem ab, was auch bei sofortiger Fälligkeit des Kaufpreises, dann aufgrund von § 320 Abs. 1 BGB, gelten würde. Die Beklagte könnte die Zahlung bis zur Eigentumsübertragung verweigern. Das Bestehen der Einrede hinderte den
Verzugseintritt (MünchKomm-BGB/Emmerich, § 320 Rdn. 46 m.w.N.). Zinsen sind weder nach §§ 291, 641 BGB (vgl. BGHZ 55, 198; 61, 42, 46) noch nach § 353 HGB geschuldet (Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 320 Rdn. 12). Die Beklagte hat daher durch die Vertragsgestaltung keine Kreditmittel erhalten, die ihr anderenfalls nicht zugestanden hätten. Zudem blieb die Beklagte nach der gewählten Vertragsgestaltung ohnehin noch vorleistungspflichtig, da die Auflassung erst nach nachgewiesener Zahlung vorzunehmen war.
3. Einen kreditähnlichen Charakter hat auch nicht die V ereinbarung über den vorgezogenen Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten. Darin liegt zwar an sich eine Vorleistung der Klägerin, für die als Gegenleistung und als Ausgleich für die der Beklagten schon überlassenen Nutzungsmöglichkeit eine Verzinsung - Nutzungszins (vgl. Senat, Urt. v. 26. Mai 2000, V ZR 49/99, NJW-RR 2001, 195) - vereinbart war. Obwohl diese Gegenleistung erst zusammen mit dem Kaufpreis, also erhebliche Zeit nach dem Übergang von Besitz und Nutzen, zu erbringen war, liegt darin keine Kreditierung des Nutzungszinses. Dies belegt ein Vergleich mit der gesetzlichen Regelung über die Fälligkeit des Mietzinses. Sowohl nach der im vorliegenden Fall noch geltenden (Art. 229 § 3 Nr. 7 EGBGB) Regelung in § 551 Abs. 1 BGB a.F. wie auch nach der Neuregelung des § 579 Abs. 1 Satz 1 BGB ist die Miete für ein Grundstück, wenn nicht Zeitabschnitte vereinbart sind, am Ende der Mietzeit zu entrichten. Wenn die Parteien die Fälligkeit des Nutzungszinses, der wirtschaftlich einem Mietzins gleicht, in ähnlicher Weise, nämlich auf das Ende der Nutzungszeit, die nicht durch den Kaufpreis abgedeckt ist, gelegt haben, so haben sie damit eine dem Gesetz entsprechende Fälligkeitsbestimmung vorgenommen. Eine Kreditierung des Nutzungsentgelts kann darin nicht erblickt werden.
Soweit die Revisionserwiderung die Zinsvereinbarung als Hinweis für ein kreditähnliches Geschäft wertet (vgl. auch Kunze/Bronner/Katz aaO, § 87 Rdn. 77), verkennt sie, daß die Zinsen nicht die Gegenleistung für eine vom dispositiven Recht abweichende Stundung darstellen (was für ein Kreditgeschäft sprechen könnte), sondern ein Entgelt für die gewährte Nutzungsmöglichkeit sind. 4. Daß die mit dem Kaufvertrag übernommenen Investiti onsverpflichtungen möglicherweise die Leistungsfähigkeit der Beklagten überschreiten, führt entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung nicht zur Genehmigungsbedürftigkeit nach § 44 Abs. 6 DDR-KommVerf. Die Norm schützt die Gemeinden nicht generell vor der Eingehung von Geschäften, die sie finanziell überfordern. Sie schützt sie nur vor einer unüberlegten Kreditaufnahme und vor dem Abschluß kreditähnlicher Verträge. Bei großen Investitionen sind sie allein durch das Haushaltsrecht, insbesondere durch die Bestimmungen über die Veranschlagung von Verpflichtungsermächtigungen gebunden. Genehmigungserfordernisse für vertragliche Bindungen bestehen indes nicht. Auch der Umstand, daß die Beklagte zur Erfüllung der in dem Vertrag übernommenen Verpflichtungen möglicherweise einen Kredit aufnehmen muß, macht das Rechtsgeschäft selbst, wie das Berufungsgericht auch nicht verkannt hat, nicht zu einem kreditähnlichen und damit genehmigungsbedürftigen Geschäft. Die Genehmigungserfordernisse in den Gemeindeordnungen der Länder sind auf bestimmte, im einzelnen festgelegte Geschäfte begrenzt. Sie stellen einen besonders starken Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung dar (BGH, Urt. v. 10. Juni 1999, IX ZR 409/97, NJW 1999, 3335, 3336). Sie bedürfen deswegen und wegen ihrer Auswirkungen auf das Privatrecht, die Belange des Verkehrsschutzes und der Rechtssicherheit berühren, einer Rechtsgrundlage, aus der die Fälle der Genehmigungsbedürftigkeit deutlich erkennbar sind (BGH aaO,
3337). Damit ist ein Genehmigungserfordernis, das darauf abstellt, ob die Gemeinde im konkreten Fall zur Erfüllung der eingegangenen Vertragspflichten einen Kredit aufnehmen muß, nicht vereinbar (zutreffend OLG Thüringen, OLGR 2001, 539; aA, ohne Begründung, OLG Rostock, NJW-RR 1994, 661, 662). Denn es müßte in jedem Einzelfall geprüft werden, ob die jeweilige Haushaltslage die Erfüllung des Vertrages erlaubt oder die nachträgliche - selbst auch genehmigungspflichtige - Kreditaufnahme erfordert. Für den Vertragspartner läge darin eine Ungewißheit, die verläßliche Planungen ausschließt und ihm nicht zugemutet werden kann. Entscheidend kann daher nur der Charakter des Rechtsgeschäfts selbst sein, nicht die Frage nach der Notwendigkeit einer Finanzierung im Einzelfall.
5. Die Berechtigung der geltend gemachten Forderunge n selbst, einen wirksamen Vertrag vorausgesetzt, stellt die Revisionserwiderung nicht in Frage. Rechtsfehler sind in dem zusprechenden Urteil des Landgerichts, das sich bezüglich der Ausführungen zur Vertragsstrafe auf dem Boden der Senatsrechtsprechung (Urt. v. 3. April 1998, V ZR 6/97, NJW 1998, 2600) bewegt, insoweit auch nicht ersichtlich.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Krüger Klein Gaier Stresemann

(1) Ist eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen, so kann der Gläubiger die Leistung sofort verlangen, der Schuldner sie sofort bewirken.

(2) Ist eine Zeit bestimmt, so ist im Zweifel anzunehmen, dass der Gläubiger die Leistung nicht vor dieser Zeit verlangen, der Schuldner aber sie vorher bewirken kann.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 105/03 Verkündet am:
2. April 2004
K a n i k,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
DDR-KommVerf § 44 Abs. 6
Der Umstand allein, daß eine Gemeinde durch einen Vertrag eine Verpflichtung eingeht
, die teilweise oder ganz erst in späteren Haushaltsjahren zu erfüllen ist, führt
nicht zur Genehmigungsbedürftigkeit nach § 44 Abs. 6 DDR-KommVerf. Dasselbe
gilt für eine Stundung, die dem Zweck dient, die Zug-um-Zug-Abwicklung der gegenseitigen
Pflichten eines Grundstückskaufvertrages sicher zu stellen.
Eine Stundungsabrede liegt nicht vor, wenn die Vertragsparteien den Zahlungszeitpunkt
so festlegen, daß eine Zug-um-Zug-Abwicklung der beiderseitigen Pflichten
gewährleistet ist.
BGH, Urt. v. 2. April 2004 - V ZR 105/03 - KG Berlin
LG Berlin
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. April 2004 durch den Vizepräsidenten des Bundesgerichtshofes
Dr. Wenzel, die Richter Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein, Dr. Gaier und die Richterin
Dr. Stresemann

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 17. Februar 2003 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der Zivilkammer 9 des Landgerichts Berlin vom 5. Dezember 2000 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren trägt die Beklagte.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Mit notariellem Vertrag vom 24. Juni 1993 kaufte die Beklagte von der Namensvorgängerin der Klägerin mehrere Grundstücke zu einem Kaufpreis von 492.752 DM. Besitz, Nutzen und Lasten gingen mit Vertragsschluß auf die Beklagte über. Der Kaufpreis sollte binnen zwei Wochen nach Zugang der Mitteilung des Notars gezahlt werden, daß eine Auflassungsvormerkung eingetra-
gen sei und die Voraussetzungen für die Eigentumsumschreibung vorlägen. Bis zur Fälligkeit war der Kaufpreis mit 8 % zu verzinsen. Die Beklagte verpflichtete sich, auf den Kaufgrundstücken durch eine Wohnbebauung insgesamt 5.386.210 DM zu investieren. Diese Zusage ist durch eine Vertragsstrafe in Höhe von 30 % der nicht aufgewendeten Investitionssumme gesichert.
Mit Schreiben vom 8. Juni 1995 teilte der Notar mit, daß die Fälligkeitsvoraussetzungen gegeben seien. Die Beklagte zahlte Anfang 1996 lediglich einen Teilbetrag von 29.000 DM und blieb den Restkaufpreis ebenso schuldig wie die versprochenen Investitionen.
Die Klägerin verlangt im Wege der Teilklage 200.000 DM nebst Zinsen als Kaufpreis und 100.000 DM nebst Zinsen als Vertragsstrafe. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Kammergericht hat sie abgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


I.


Das Berufungsgericht hält den notariellen Kaufvertrag, auf den die Klage gestützt wird, für schwebend unwirksam, da es an der erforderlichen Genehmigung durch die Rechtsaufsichtsbehörde fehle. Der Vertrag sei nach § 44 Abs. 6
DDR-KommVerf genehmigungsbedürftig, da er wirtschaftlich der Eingehung einer Kreditverpflichtung gleichkomme. Das zeige sich daran, daß der Beklagten der Kaufpreis über einen längeren Zeitraum gestundet worden sei. Sie habe daher im laufenden Haushaltsjahr eine Leistung erhalten, während sie die von ihr geschuldete Leistung erst zu einem späteren Zeitpunkt habe erbringen müssen. Darin liege eine Kreditierung.

II.


Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Prüfung ni cht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts unterliegt der Kaufvertrag der Parteien nicht dem Genehmigungserfordernis des § 44 Abs. 6 DDR-KommVerf.
1. Zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings von einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise aus und sieht den Zweck des Genehmigungserfordernisses darin, die Gemeinde vor der Eingehung einer langfristigen Leistungsverpflichtung mit erheblichen Belastungen für künftige Haushaltsjahre zu schützen (vgl. auch Schneider/Dreßler/Lüll, Hess. Gemeindeordnung, Stand: Dezember 2003, § 103 Anm. 15; Grundlach, LKV 2001, 203, 205, für § 100 Abs. 5 SachsAnhGO). Daraus darf indes, entgegen der Annahme des Berufungsgerichts , nicht gefolgert werden, daß jede Verpflichtung, die eine Gemeinde zur Erlangung einer Leistung im laufenden Haushaltsjahr eingeht und die teilweise oder ganz erst in späteren Haushaltsjahren zu erfüllen ist, einer genehmigungsbedürftigen Kreditverpflichtung gleichkommt. Dies kann so sein (wie Grundlach aaO zutreffend anmerkt), muß aber nicht so sein. Das zeigt schon,
daß Gemeinden Verpflichtungsermächtigungen zu Lasten späterer Haushaltsjahre im Haushalt veranschlagen können, die die Grundlage für die Eingehung von Verpflichtungen bieten, die nicht in demselben Haushaltsjahr zu erfüllen sind (§ 43 DDR-KommVerf). Solche Fälle werden von § 44 Abs. 6 DDRKommVerf nicht generell erfaßt. Entscheidend ist vielmehr die vertragliche Gestaltung im Einzelfall.
2. Nicht tragfähig ist auch die Annahme des Berufungsge richts, die Klägerin habe der Beklagten den Kaufpreis gestundet und ihr damit einen Kredit gewährt. Auch insoweit gilt, daß die Vereinbarung einer Stundung geschuldeter Beträge, etwa aus Kaufverträgen, wie auch die Vereinbarung von Ratenzahlungen den Tatbestand eines einer Kreditaufnahme gleichkommenden Rechtsgeschäfts erfüllen kann. Entscheidend sind jedoch die Umstände des Einzelfalls (vgl. Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung Baden Württemberg, Stand: Januar 1987, § 87 Rdn. 80). Danach fehlt es hier an den für eine Kreditierung charakteristischen Merkmalen.

a) Unzutreffend ist schon, daß die Zahlungsvereinbarung in dem Kaufvertrag eine Stundung des Kaufpreises, also ein Hinausschieben der Fälligkeit (BGH, Beschl. v. 25. März 1998, VIII ZR 298/97, NJW 1998, 2060, 2061 m.w.N.), zum Inhalt hat. Das Berufungsgericht schließt dies aus dem Umstand, daß die Fälligkeit abweichend von § 271 Abs. 1 BGB nicht sofort, d.h. mit Vertragsschluß , sondern nach Vorliegen bestimmter zur Umschreibung des Eigentums erforderlicher Voraussetzungen eintreten sollte. Dies verkennt jedoch den Regelungsgehalt des § 271 BGB. Die Norm enthält subsidiäre Regelungen. Sie greift nur ein, wenn eine Leistungszeit nicht in anderer Weise bestimmt ist (MünchKomm-BGB/Krüger, 4. Aufl., Band 2 a, § 271 Rdn. 5, 31). Hier haben
die Parteien eine Fälligkeitsbestimmung vorgenommen. Sie schiebt den Leistungszeitpunkt nicht hinaus, sondern regelt ihn.
Zwar kann eine Stundungsabrede auch sogleich bei Vertra gsschluß getroffen werden (Esser/Schmidt, Schuldrecht Band 1, Teilband 1, 8. Aufl., § 15 II 2). Sie muß aber ein Hinausschieben der Fälligkeit über den nach dem Vertrag an sich naheliegenden und üblichen Zeitpunkt hinaus zum Inhalt haben , etwa wenn die Vertragsparteien die Fälligkeit abweichend von dem Grundsatz der Zug-um-Zug-Leistung regeln (vgl. MünchKomm-BGB/Krüger, § 271 Rdn. 21). Das ist hier gerade nicht der Fall. Vielmehr dient die Bestimmung des Zahlungszeitpunkts der Abwicklung der beiderseitigen Leistungspflichten aus dem Grundstückskaufvertrag, dessen Besonderheit darin besteht, daß die Erfüllung der Eigentumsverschaffungspflicht regelmäßig nicht sogleich möglich ist, sondern, schon wegen der notwendigen Mitwirkung des Grundbuchamts , Zeit benötigt.

b) Selbst wenn man aber von einer Stundungsabrede ausg eht, liegt darin keine Kreditierung des Kaufpreises, die die Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag , wirtschaftlich betrachtet, in die Nähe einer Kreditverpflichtung rücken.
Dagegen spricht zum einen der Zweck der Fälligkeitsbestimm ung, die Zug-um-Zug-Abwicklung der gegenseitigen Verpflichtungen den Eigentümlichkeiten eines Grundstückskaufvertrages anzupassen und den beiderseitigen Risiken Rechnung zu tragen. Sie weicht inhaltlich im Ergebnis nicht wesentlich von dem ab, was auch bei sofortiger Fälligkeit des Kaufpreises, dann aufgrund von § 320 Abs. 1 BGB, gelten würde. Die Beklagte könnte die Zahlung bis zur Eigentumsübertragung verweigern. Das Bestehen der Einrede hinderte den
Verzugseintritt (MünchKomm-BGB/Emmerich, § 320 Rdn. 46 m.w.N.). Zinsen sind weder nach §§ 291, 641 BGB (vgl. BGHZ 55, 198; 61, 42, 46) noch nach § 353 HGB geschuldet (Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 320 Rdn. 12). Die Beklagte hat daher durch die Vertragsgestaltung keine Kreditmittel erhalten, die ihr anderenfalls nicht zugestanden hätten. Zudem blieb die Beklagte nach der gewählten Vertragsgestaltung ohnehin noch vorleistungspflichtig, da die Auflassung erst nach nachgewiesener Zahlung vorzunehmen war.
3. Einen kreditähnlichen Charakter hat auch nicht die V ereinbarung über den vorgezogenen Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten. Darin liegt zwar an sich eine Vorleistung der Klägerin, für die als Gegenleistung und als Ausgleich für die der Beklagten schon überlassenen Nutzungsmöglichkeit eine Verzinsung - Nutzungszins (vgl. Senat, Urt. v. 26. Mai 2000, V ZR 49/99, NJW-RR 2001, 195) - vereinbart war. Obwohl diese Gegenleistung erst zusammen mit dem Kaufpreis, also erhebliche Zeit nach dem Übergang von Besitz und Nutzen, zu erbringen war, liegt darin keine Kreditierung des Nutzungszinses. Dies belegt ein Vergleich mit der gesetzlichen Regelung über die Fälligkeit des Mietzinses. Sowohl nach der im vorliegenden Fall noch geltenden (Art. 229 § 3 Nr. 7 EGBGB) Regelung in § 551 Abs. 1 BGB a.F. wie auch nach der Neuregelung des § 579 Abs. 1 Satz 1 BGB ist die Miete für ein Grundstück, wenn nicht Zeitabschnitte vereinbart sind, am Ende der Mietzeit zu entrichten. Wenn die Parteien die Fälligkeit des Nutzungszinses, der wirtschaftlich einem Mietzins gleicht, in ähnlicher Weise, nämlich auf das Ende der Nutzungszeit, die nicht durch den Kaufpreis abgedeckt ist, gelegt haben, so haben sie damit eine dem Gesetz entsprechende Fälligkeitsbestimmung vorgenommen. Eine Kreditierung des Nutzungsentgelts kann darin nicht erblickt werden.
Soweit die Revisionserwiderung die Zinsvereinbarung als Hinweis für ein kreditähnliches Geschäft wertet (vgl. auch Kunze/Bronner/Katz aaO, § 87 Rdn. 77), verkennt sie, daß die Zinsen nicht die Gegenleistung für eine vom dispositiven Recht abweichende Stundung darstellen (was für ein Kreditgeschäft sprechen könnte), sondern ein Entgelt für die gewährte Nutzungsmöglichkeit sind. 4. Daß die mit dem Kaufvertrag übernommenen Investiti onsverpflichtungen möglicherweise die Leistungsfähigkeit der Beklagten überschreiten, führt entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung nicht zur Genehmigungsbedürftigkeit nach § 44 Abs. 6 DDR-KommVerf. Die Norm schützt die Gemeinden nicht generell vor der Eingehung von Geschäften, die sie finanziell überfordern. Sie schützt sie nur vor einer unüberlegten Kreditaufnahme und vor dem Abschluß kreditähnlicher Verträge. Bei großen Investitionen sind sie allein durch das Haushaltsrecht, insbesondere durch die Bestimmungen über die Veranschlagung von Verpflichtungsermächtigungen gebunden. Genehmigungserfordernisse für vertragliche Bindungen bestehen indes nicht. Auch der Umstand, daß die Beklagte zur Erfüllung der in dem Vertrag übernommenen Verpflichtungen möglicherweise einen Kredit aufnehmen muß, macht das Rechtsgeschäft selbst, wie das Berufungsgericht auch nicht verkannt hat, nicht zu einem kreditähnlichen und damit genehmigungsbedürftigen Geschäft. Die Genehmigungserfordernisse in den Gemeindeordnungen der Länder sind auf bestimmte, im einzelnen festgelegte Geschäfte begrenzt. Sie stellen einen besonders starken Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung dar (BGH, Urt. v. 10. Juni 1999, IX ZR 409/97, NJW 1999, 3335, 3336). Sie bedürfen deswegen und wegen ihrer Auswirkungen auf das Privatrecht, die Belange des Verkehrsschutzes und der Rechtssicherheit berühren, einer Rechtsgrundlage, aus der die Fälle der Genehmigungsbedürftigkeit deutlich erkennbar sind (BGH aaO,
3337). Damit ist ein Genehmigungserfordernis, das darauf abstellt, ob die Gemeinde im konkreten Fall zur Erfüllung der eingegangenen Vertragspflichten einen Kredit aufnehmen muß, nicht vereinbar (zutreffend OLG Thüringen, OLGR 2001, 539; aA, ohne Begründung, OLG Rostock, NJW-RR 1994, 661, 662). Denn es müßte in jedem Einzelfall geprüft werden, ob die jeweilige Haushaltslage die Erfüllung des Vertrages erlaubt oder die nachträgliche - selbst auch genehmigungspflichtige - Kreditaufnahme erfordert. Für den Vertragspartner läge darin eine Ungewißheit, die verläßliche Planungen ausschließt und ihm nicht zugemutet werden kann. Entscheidend kann daher nur der Charakter des Rechtsgeschäfts selbst sein, nicht die Frage nach der Notwendigkeit einer Finanzierung im Einzelfall.
5. Die Berechtigung der geltend gemachten Forderunge n selbst, einen wirksamen Vertrag vorausgesetzt, stellt die Revisionserwiderung nicht in Frage. Rechtsfehler sind in dem zusprechenden Urteil des Landgerichts, das sich bezüglich der Ausführungen zur Vertragsstrafe auf dem Boden der Senatsrechtsprechung (Urt. v. 3. April 1998, V ZR 6/97, NJW 1998, 2600) bewegt, insoweit auch nicht ersichtlich.

III.


Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
Wenzel Krüger Klein Gaier Stresemann

(1) Für die Verpflichtung des Bürgen ist der jeweilige Bestand der Hauptverbindlichkeit maßgebend. Dies gilt insbesondere auch, wenn die Hauptverbindlichkeit durch Verschulden oder Verzug des Hauptschuldners geändert wird. Durch ein Rechtsgeschäft, das der Hauptschuldner nach der Übernahme der Bürgschaft vornimmt, wird die Verpflichtung des Bürgen nicht erweitert.

(2) Der Bürge haftet für die dem Gläubiger von dem Hauptschuldner zu ersetzenden Kosten der Kündigung und der Rechtsverfolgung.

(1) Der Bürge kann die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden geltend machen. Stirbt der Hauptschuldner, so kann sich der Bürge nicht darauf berufen, dass der Erbe für die Verbindlichkeit nur beschränkt haftet.

(2) Der Bürge verliert eine Einrede nicht dadurch, dass der Hauptschuldner auf sie verzichtet.

16
a) Gemäß § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Bürge gegenüber dem Gläubiger neben seinen eigenen Einreden aus dem Bürgschaftsverhältnis auch die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden geltend machen. Er kann dies aber nur insoweit tun, wie diese Einreden dem Hauptschuldner selbst noch zustehen. Verliert der Hauptschuldner eine Einrede (etwa die Einrede der Stundung oder die der fehlenden Fälligkeit durch Zeitablauf), verliert sie auch der Bürge - mit Ausnahme der Fälle des § 768 Abs. 2 BGB (BGH, Urteil vom 12. März 1980 - VIII ZR 115/79, BGHZ 76, 222, 229; Palandt/Sprau, BGB, 75. Aufl., § 768 Rn. 6; MünchKommBGB/Habersack, 6. Aufl., § 768 Rn. 4; BeckOK-BGB/Rohe, Stand: 1. Mai 2016, § 768 Rn. 6).

(1) Der Bürge kann die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden geltend machen. Stirbt der Hauptschuldner, so kann sich der Bürge nicht darauf berufen, dass der Erbe für die Verbindlichkeit nur beschränkt haftet.

(2) Der Bürge verliert eine Einrede nicht dadurch, dass der Hauptschuldner auf sie verzichtet.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen oder widerrufen worden oder infolge Eintritts einer auflösenden Bedingung unwirksam geworden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten. Die zu erstattende Leistung ist durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen.

(2) Für den Umfang der Erstattung mit Ausnahme der Verzinsung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung entsprechend. Auf den Wegfall der Bereicherung kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit er die Umstände kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte, die zur Rücknahme, zum Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes geführt haben.

(3) Der zu erstattende Betrag ist vom Eintritt der Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes an mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich zu verzinsen. Von der Geltendmachung des Zinsanspruchs kann insbesondere dann abgesehen werden, wenn der Begünstigte die Umstände, die zur Rücknahme, zum Widerruf oder zur Unwirksamkeit des Verwaltungsaktes geführt haben, nicht zu vertreten hat und den zu erstattenden Betrag innerhalb der von der Behörde festgesetzten Frist leistet.

(4) Wird eine Leistung nicht alsbald nach der Auszahlung für den bestimmten Zweck verwendet, so können für die Zeit bis zur zweckentsprechenden Verwendung Zinsen nach Absatz 3 Satz 1 verlangt werden. Entsprechendes gilt, soweit eine Leistung in Anspruch genommen wird, obwohl andere Mittel anteilig oder vorrangig einzusetzen sind. § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 bleibt unberührt.

(1) In 30 Jahren verjähren, soweit nicht ein anderes bestimmt ist,

1.
Schadensersatzansprüche, die auf der vorsätzlichen Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung beruhen,
2.
Herausgabeansprüche aus Eigentum, anderen dinglichen Rechten, den §§ 2018, 2130 und 2362 sowie die Ansprüche, die der Geltendmachung der Herausgabeansprüche dienen,
3.
rechtskräftig festgestellte Ansprüche,
4.
Ansprüche aus vollstreckbaren Vergleichen oder vollstreckbaren Urkunden,
5.
Ansprüche, die durch die im Insolvenzverfahren erfolgte Feststellung vollstreckbar geworden sind, und
6.
Ansprüche auf Erstattung der Kosten der Zwangsvollstreckung.

(2) Soweit Ansprüche nach Absatz 1 Nr. 3 bis 5 künftig fällig werdende regelmäßig wiederkehrende Leistungen zum Inhalt haben, tritt an die Stelle der Verjährungsfrist von 30 Jahren die regelmäßige Verjährungsfrist.

Die Verjährung von Ansprüchen der in § 197 Abs. 1 Nr. 3 bis 6 bezeichneten Art beginnt mit der Rechtskraft der Entscheidung, der Errichtung des vollstreckbaren Titels oder der Feststellung im Insolvenzverfahren, nicht jedoch vor der Entstehung des Anspruchs. § 199 Abs. 5 findet entsprechende Anwendung.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

(1) In 30 Jahren verjähren, soweit nicht ein anderes bestimmt ist,

1.
Schadensersatzansprüche, die auf der vorsätzlichen Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung beruhen,
2.
Herausgabeansprüche aus Eigentum, anderen dinglichen Rechten, den §§ 2018, 2130 und 2362 sowie die Ansprüche, die der Geltendmachung der Herausgabeansprüche dienen,
3.
rechtskräftig festgestellte Ansprüche,
4.
Ansprüche aus vollstreckbaren Vergleichen oder vollstreckbaren Urkunden,
5.
Ansprüche, die durch die im Insolvenzverfahren erfolgte Feststellung vollstreckbar geworden sind, und
6.
Ansprüche auf Erstattung der Kosten der Zwangsvollstreckung.

(2) Soweit Ansprüche nach Absatz 1 Nr. 3 bis 5 künftig fällig werdende regelmäßig wiederkehrende Leistungen zum Inhalt haben, tritt an die Stelle der Verjährungsfrist von 30 Jahren die regelmäßige Verjährungsfrist.

(1) Eine Forderung gilt als festgestellt, soweit gegen sie im Prüfungstermin oder im schriftlichen Verfahren (§ 177) ein Widerspruch weder vom Insolvenzverwalter noch von einem Insolvenzgläubiger erhoben wird oder soweit ein erhobener Widerspruch beseitigt ist. Ein Widerspruch des Schuldners steht der Feststellung der Forderung nicht entgegen.

(2) Das Insolvenzgericht trägt für jede angemeldete Forderung in die Tabelle ein, inwieweit die Forderung ihrem Betrag und ihrem Rang nach festgestellt ist oder wer der Feststellung widersprochen hat. Auch ein Widerspruch des Schuldners ist einzutragen. Auf Wechseln und sonstigen Schuldurkunden ist vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle die Feststellung zu vermerken.

(3) Die Eintragung in die Tabelle wirkt für die festgestellten Forderungen ihrem Betrag und ihrem Rang nach wie ein rechtskräftiges Urteil gegenüber dem Insolvenzverwalter und allen Insolvenzgläubigern.

(1) Im Falle des § 201 ist das Amtsgericht, bei dem das Insolvenzverfahren anhängig ist oder anhängig war, ausschließlich zuständig für Klagen:

1.
auf Erteilung der Vollstreckungsklausel;
2.
durch die nach der Erteilung der Vollstreckungsklausel bestritten wird, daß die Voraussetzungen für die Erteilung eingetreten waren;
3.
durch die Einwendungen geltend gemacht werden, die den Anspruch selbst betreffen.

(2) Gehört der Streitgegenstand nicht zur Zuständigkeit der Amtsgerichte, so ist das Landgericht ausschließlich zuständig, zu dessen Bezirk das Insolvenzgericht gehört.

(1) In 30 Jahren verjähren, soweit nicht ein anderes bestimmt ist,

1.
Schadensersatzansprüche, die auf der vorsätzlichen Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung beruhen,
2.
Herausgabeansprüche aus Eigentum, anderen dinglichen Rechten, den §§ 2018, 2130 und 2362 sowie die Ansprüche, die der Geltendmachung der Herausgabeansprüche dienen,
3.
rechtskräftig festgestellte Ansprüche,
4.
Ansprüche aus vollstreckbaren Vergleichen oder vollstreckbaren Urkunden,
5.
Ansprüche, die durch die im Insolvenzverfahren erfolgte Feststellung vollstreckbar geworden sind, und
6.
Ansprüche auf Erstattung der Kosten der Zwangsvollstreckung.

(2) Soweit Ansprüche nach Absatz 1 Nr. 3 bis 5 künftig fällig werdende regelmäßig wiederkehrende Leistungen zum Inhalt haben, tritt an die Stelle der Verjährungsfrist von 30 Jahren die regelmäßige Verjährungsfrist.

16
a) Gemäß § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Bürge gegenüber dem Gläubiger neben seinen eigenen Einreden aus dem Bürgschaftsverhältnis auch die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden geltend machen. Er kann dies aber nur insoweit tun, wie diese Einreden dem Hauptschuldner selbst noch zustehen. Verliert der Hauptschuldner eine Einrede (etwa die Einrede der Stundung oder die der fehlenden Fälligkeit durch Zeitablauf), verliert sie auch der Bürge - mit Ausnahme der Fälle des § 768 Abs. 2 BGB (BGH, Urteil vom 12. März 1980 - VIII ZR 115/79, BGHZ 76, 222, 229; Palandt/Sprau, BGB, 75. Aufl., § 768 Rn. 6; MünchKommBGB/Habersack, 6. Aufl., § 768 Rn. 4; BeckOK-BGB/Rohe, Stand: 1. Mai 2016, § 768 Rn. 6).

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

(1) Der Bürge kann die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden geltend machen. Stirbt der Hauptschuldner, so kann sich der Bürge nicht darauf berufen, dass der Erbe für die Verbindlichkeit nur beschränkt haftet.

(2) Der Bürge verliert eine Einrede nicht dadurch, dass der Hauptschuldner auf sie verzichtet.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
X ZR 109/03 Verkündet am:
26. Juli 2005
Weschenfelder
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Eine rechtskräftige Verurteilung zur Herausgabe kann Bindungswirkung in einem
Folgeprozeß entfalten, für den es als Vorfrage darauf ankommt, ob die zur
Herausgabe verurteilte Partei die Herausgabe verweigern darf. Das Herausgabeurteil
stellt für den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bindend
fest, daß der herausgabepflichtigen Partei kein gesetzliches oder vertragliches
Recht zur Verweigerung der Herausgabe zustand. Das gleiche gilt für den Zeitraum
zwischen Rechtshängigkeit der Herausgabeklage und Schluß der mündlichen
Verhandlung, in der über sie entschieden wurde, sofern in diesem Zeitraum
keine relevanten Änderungen eingetreten sind und geltend gemacht werden
(Fortentwicklung von BGH, Urt. v. 20. Februar 1998 - V ZR 319/96, NJW
1998, 1709; Urt. v. 9. Juli 1982 - V ZR 64/81, NJW 1983, 164; Urt. v. 20. Juni
1984 - IVa ZR 34/83, NJW 1985, 1553).
BGH, Urt. v. 26. Juli 2005 - X ZR 109/03 - OLG Köln
LG Aachen
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 26. Juli 2005 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, die
Richter Scharen, Keukenschrijver, die Richterin Mühlens und den Richter
Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:
Unter Zurückweisung der Revision im übrigen wird das am 2. Juli 2003 verkündete Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage gegen die Beklagte in Höhe von 22.041,52 € nebst Zinsen abgewiesen worden ist.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 88,15 € nebst 4 % Zinsen seit dem 13. Mai 2000 zu zahlen.
Im übrigen wird der Rechtsstreit zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadensersatz, weil ihm nach erfolglosen Reparaturversuchen über einen Zeitraum von rund eineinhalb Jahren sein Geländewagen Chevrolet Blazer nicht herausgegeben worden sei. Außerdem verlangt er Ersatz für Mängelbeseitigungskosten.
Nachdem die Beklagte 1997 und 1998 bereits mehrere Reparatur- und Wartungsarbeiten an dem Fahrzeug durchgeführt hatte, ließ es der Kläger am 31. März 1998 erneut zu der Beklagten schleppen, die sodann weitere Arbeiten vornahm und darüber am 20. und 22. Mai 1998 Rechnungen ausstellte. In der Folgezeit weigerte sich die Beklagte, das Fahrzeug an den Kläger herauszugeben , und berief sich auf ein Werkunternehmerpfandrecht wegen verschiedener Forderungen, die sich nach ihrer Auffassung auf 3.309,95 DM sowie 630,61 DM beliefen. Als Ergebnis eines im April 2001 in der Berufungsinstanz durch Vergleich beendeten Rechtsstreits (LG Aachen 6 S 269/99) hat der Kläger mehr als die Hälfte des Gesamtbetrags dieser Forderungen an die Beklagte gezahlt.
Das Landgericht Aachen hat den Beklagten im Verfahren 12 O 535/98 verurteilt, das Fahrzeug an den Kläger herauszugeben. Gegen dieses am 21. September 1999 verkündete Urteil wurden keine Rechtsmittel eingelegt. Das Gericht ging davon aus, daß der Beklagten gegen den Kläger wegen der ersten Forderung von 3.309,95 DM kein Werkunternehmerpfandrecht zugestanden habe. Denn das Fahrzeug sei nach den ihr zugrundeliegenden Arbeiten an den Kläger herausgegeben worden und es fehle an einem treuwidrigen
oder betrügerischen Verhalten des Klägers bezüglich eines von ihm vor Aushändigung des Fahrzeugs im Februar 1998 der Beklagten übergebenen Schecks, da die Nichteinlösung eines nicht verfrüht hingegebenen Schecks hierfür nicht ausreichend sei. Aus der restlichen Forderung von 630,61 DM beziehe sich ein Teilbetrag von 108,61 DM auf Abschleppkosten der K. GmbH, so daß es insoweit an einer Forderung der jetzigen Beklagten fehle. Wegen der restlichen 522,-- DM scheide ein Werkunternehmerpfandrecht jedenfalls nach Treu und Glauben aus. Denn der Kläger habe die mit der Beklagten vereinbarte Bedingung für die Herausgabe des Fahrzeugs durch Hinterlegung der Forderungsbeträge erfüllt. Nach Rechtskraft der Entscheidung 12 O 535/98 wurde das Fahrzeug im November 1999 an den Kläger herausgegeben.
Der Kläger verlangt Erstattung von monatlich 2.436,-- DM einschließlich Mehrwertsteuer für die behauptete Anmietung eines Astra Kombi von Mai 1998 bis November 1999, insgesamt also 46.284,-- DM. Er sei seit Juni 1998 ständig von einer baldigen Herausgabe des Fahrzeugs ausgegangen. Außerdem fordert der Kläger Erstattung der von ihm behaupteten Aufwendungen zur Instandsetzung und Wiederherstellung des vor April 1998 bestandenen Zustandes des Fahrzeugs, die sich aus zahlreichen Positionen zusammensetzen.
Das Landgericht hat die Klage nach umfangreicher Beweisaufnahme überwiegend abgewiesen. Gegen das Urteil des Landgerichts haben beide Parteien Berufung eingelegt. Der Kläger hat beantragt, die Beklagte über den vom Landgericht zuerkannten Betrag in Höhe von 3.660,80 € zur Zahlung weiterer 21.120,39 € zu verurteilen.
Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Klage auf die Berufung der Beklagten insgesamt abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Zahlungsantrag weiter. Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat weitgehend Erfolg.
I. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht Ansprüche des Klägers wegen verspäteter Herausgabe seines Fahrzeugs durch die Beklagte abgelehnt.
1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, Schadensersatzansprüche des Klägers ergäben sich nicht aus den §§ 631 Abs. 1, 284, 286 Abs. 1 BGB a.F., weil sich die Beklagte mit ihrer Pflicht zur Herausgabe des Fahrzeugs nicht in Verzug befunden habe. Die Beklagte sei nicht zur Herausgabe verpflichtet gewesen , weil der Kläger die Forderungsbeträge für die von der Beklagten erbrachten Leistungen nicht entsprechend den zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen hinterlegt habe. An dieser Beurteilung sieht sich das Berufungsgericht nicht durch die Rechtskraft des Urteils im Verfahren LG Aachen 12 O 535/98 gehindert, in dem die Beklagte zur Herausgabe des Fahrzeugs an den Kläger verurteilt worden ist. Denn die Entscheidung über Einreden gegen den Klageanspruch erwachse nicht in Rechtskraft. Die Rechtskraft eines Herausgabeurteils entfalte materiell-rechtliche Wirkungen lediglich für Ansprüche auf Herausgabe von Nutzungen und auf Schadensersatz nach den §§ 987, 989
BGB. Ansprüche des Klägers aus den §§ 990, 989 BGB schieden aus, weil die Beklagte - anders als vom Landgericht im Herausgabeprozeß angenommen - zum Besitz berechtigt gewesen sei.
Bei § 989 BGB sieht sich das Berufungsgericht zwar an das Herausgabeurteil des Landgerichts Aachen gebunden. Im Rahmen dieser Vorschrift dürfe also nicht mehr erneut überprüft werden, ob der Beklagten tatsächlich kein Recht zum Besitz zustand. Nach § 989 BGB könne der Ersatz des Vorenthaltungsschadens aber nicht verlangt werden.
2. Mit diesen Ausführungen verkennt das Berufungsgericht die Bindungswirkung des rechtskräftigen Herausgabeurteils im Verfahren LG Aachen 12 O 535/98.
Entsprechend den Feststellungen von Landgericht und Berufungsgericht kommt ein Verzug der Beklagten ab Anfang Oktober 1998 in Betracht. Denn ab diesem Zeitpunkt hatte der Kläger eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß er die Herausgabe seines Fahrzeugs verlangt (vgl. BGH, Urt. v. 10.03.1998 - X ZR 70/96, NJW 1998, 2132). Ein Verzug der Beklagten wäre zu diesem Zeitpunkt zwar nicht eingetreten, wenn dieser ein Zurückbehaltungsrecht, ein Werkunternehmerpfandrecht oder ein vertraglich vereinbartes Besitzrecht an dem Fahrzeug zugestanden hätte. Der Annahme eines solchen Besitzrechts steht aber für die Zeit ab Rechtshängigkeit der Herausgabeklage bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung in jener Sache das Urteil des LG Aachen 12 O 535/98 entgegen. Die Klägerin hat weder geltend gemacht, daß sich für sie ein derartiges Recht erst aus nach Rechtshängigkeit eingetretenen Umständen ergeben hätte noch ist das dem Herausgabeurteil zu entnehmen. Mit
der Rechtskraft des Herausgabeurteils steht daher fest, daß der Beklagten ab Rechtshängigkeit der Herausgabeklage, dem 25. November 1998, bis zum 12. August 1999, der mündlichen Verhandlung im Herausgabeprozeß, kein Recht zum Besitz zustand (BGH, Urt. v. 20.02.1998 - V ZR 319/96, NJW 1998, 1709; Urt. v. 09.07.1982 - V ZR 64/81, NJW 1983, 164; Urt. v. 20.06.1984 - IVa ZR 34/83, NJW 1985, 1553). Eine andere zeitliche Abgrenzung der Bindungswirkung ist nur geboten, wenn sich der für ein Recht zur Verweigerung der Hauptsache relevante Sachverhalt zwischen Eintritt der Rechtshängigkeit und mündlicher Verhandlung ändert. Zwar behandeln die zitierten Urteile sachenrechtliche Ansprüche auf Herausgabe von Nutzungen gemäß § 987 BGB. Die dort getroffenen Aussagen zu den zeitlichen Grenzen der Rechtskraft des Herausgabeurteils gelten jedoch davon unabhängig allgemein und erfassen insbesondere alle vertraglichen Besitzrechte. Daher hätte das Berufungsgericht jedenfalls für den Zeitraum vom 25. November 1998 bis zum 12. August 1999 von einem Verzug der Beklagten mit der Herausgabe des klägerischen Fahrzeugs ausgehen müssen.
Der Herausgabeanspruch war im Vorprozeß ausgeurteilter Streitgegenstand und keine Einrede. Es ist auch kein Grund ersichtlich, warum die Rechtskraft des Herausgabeurteils im Folgeprozeß nur für Ansprüche auf Herausgabe von Nutzungen und auf Schadensersatz nach den §§ 987, 989 BGB Bedeutung haben soll. Der rechtskräftig zuerkannte Anspruch auf Herausgabe beinhaltet, daß dem Beklagten kein Recht zur Verweigerung der Herausgabe zustehen kann. Ließe man ein anderes Ergebnis zu, könnte die Entscheidung in einem Folgeprozeß der Sache nach auf eine Verweigerung der Herausgabepflicht und damit auf das kontradiktorische Gegenteil des im Vorprozeß zuerkannten Anspruchs gestützt werden. Das wäre mit der Rechtskraft des im Vorprozeß
ergangenen Urteils unvereinbar (BGHZ 123, 137; BGH, Urt. v. 13.11.1998 - V ZR 29/98, NJW-RR 1999, 376).
Alle rechtlichen Gesichtspunkte, die das Berufungsgericht zur Verneinung eines Verzugs der Beklagten heranzieht, stünden dem rechtskräftig festgestellten Herausgabeanspruch des Klägers entgegen. Sowohl das Werkunternehmerpfandrecht des § 647 BGB, dessen Vorliegen das Berufungsgericht dahinstehen läßt, wie auch ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB und eine Vereinbarung der Parteien würden die Beklagte zur Verweigerung der Herausgabe berechtigen, was mit der rechtskräftig festgestellten Pflicht zur Herausgabe unvereinbar wäre. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, daß sich dem Herausgabeurteil nicht entnehmen läßt, ob es auf einen vertraglichen oder gesetzlichen Herausgabeanspruch gestützt ist.
Die Rechtskraft des Herausgabeurteils schließt zwar nicht aus, daß die zur Herausgabe verurteilte Partei zu einem späteren Zeitpunkt ein Recht zur Verweigerung der Herausgabe erwirbt. Fehlen jedoch in diesem Zeitraum eingetretene , dafür relevante Änderungen, die geltend g emacht werden, stellt das Herausgabeurteil aber rechtskräftig fest, daß ihr ab Rechtshängigkeit des Herausgabeanspruchs und bis zu dem für das Urteil maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt , dem Schluß der mündlichen Verhandlung am 12. August 1999, kein solches Recht zustand. Dafür, daß die Beklagte es danach erworben haben könnte, ergeben sich aus den Feststellungen des Berufungsgerichts keinerlei Anhaltspunkte; es wird von ihr auch nicht behauptet.
Keine Rechtskraftwirkung des Urteils im Vorprozeß besteht allerdings für die Zeit von Anfang Oktober 1998, dem ersten eindeutigen Herausgabeverlan-
gen, bis zur Rechtshängigkeit der Herausgabeklage am 25. November 1998. Das Berufungsgericht ist insoweit durch das Herausgabeurteil nicht gehindert, einen Verzug der Beklagten zu verneinen. Allerdings sind nach den Feststellungen des Berufungsgerichts keine Anhaltspunkte ersichtlich, die für die Zeit vor und nach Rechtshängigkeit diesbezüglich eine unterschiedliche Bewertung nahelegen.
3. Auf dieser rechtlichen Grundlage ergibt sich für die einzelnen vom Kläger geltend gemachten Schadenspositionen folgendes:

a) Mietwagenkosten
Soweit die Beklagte die Herausgabe des Fahrzeugs unberechtigt verweigert hat, haftet sie gemäß §§ 631, 286 BGB a.F. für die Kosten der Anmietung eines mit dem klägerischen Fahrzeug gleichwertigen Ersatzwagens. Dieser Anspruch ist, anders als das Landgericht entschieden hat, nicht auf drei Monate beschränkt. Die Anschaffung eines Ersatzfahrzeugs war dem Kläger schon deshalb nicht unter dem Aspekt der Schadensminderungspflicht zuzumuten, weil er jederzeit erwarten konnte, daß die Klägerin ihrer Herausgabepflicht nachkommen werde. Auf den Zeitwert des Fahrzeugs des Klägers kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.
Feststellungen zur ersatzfähigen Höhe der Mietwagenkosten hat das Berufungsgericht von seinem Rechtsstandpunkt aus zutreffend nicht getroffen; dies wird nachzuholen sein.

b) TÜV-Prüfung und Abgasuntersuchung

Die Kosten der TÜV-Prüfung und Abgasuntersuchung sind nicht als Verzugsschaden ersatzfähig. Sie hat jeder Fahrzeugeigentümer regelmäßig zu tragen. Der Kläger kann sie nicht zusätzlich zu den Mietwagenkosten verlangen.

c) Batteriearbeiten, Ölwechsel, Kerzen, Klemmen, Abschleppkosten
Die Revision meint, die Beklagte hafte für diese Positionen unter dem Gesichtspunkt des Verzugs und der in § 287 Satz 2 BGB a.F. angeordneten Zufallshaftung. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist jedoch nicht ersichtlich, daß diese Arbeiten aufgrund des Verzugs der Beklagten erforderlich wurden. Selbst wenn man einen Eintritt des Verzugs bereits ab Anfang Oktober 1998 annehmen würde, hätte das Fahrzeug zuvor bereits seit dem 31. März 1998, also mindestens sechs Monate, auf dem Gelände der Beklagten gestanden. Damit können die Ursachen der fraglichen Arbeiten nicht sicher dem Zeitraum ab Eintritt des Verzugs zugeordnet werden. § 287 Satz 2 BGB a.F. ordnete eine Zufallshaftung nur für während des Verzugs eingetretene Schäden an. Frei von Rechtsfehlern hat das Berufungsgericht ferner berücksichtigt , daß Öl- und Kerzenwechsel auch bei regulärer Nutzung regelmäßig erforderlich werden. Die Ausführungen des Berufungsgerichts zu diesen Schadenspositionen sind daher im Ergebnis richtig, auch wenn sie unzutreffend an den Eintritt der Rechtshängigkeit statt an den Eintritt des Verzugs anknüpfen.
Die geltend gemachten Abschleppkosten sind, wie sich aus der vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Rechnung (GA 45) ergibt, im Zusammenhang mit dem Transport des Fahrzeugs zur Durchführung der vorstehenden Arbeiten entstanden. Sie sind damit kein Folgeschaden der verzögerten Herausgabe.

d) Kabel, Scheinwerfereinsatz (Nebellampen)
Die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, daß bei den Positionen "Kabel" und "Scheinwerfereinsatz" kein Zusammenhang mit der langen Standzeit des Fahrzeugs bei der Beklagten dargelegt sei, ist nicht zu beanstanden ; die tatsächlichen Feststellungen tragen insoweit keine Verzugshaftung der Beklagten.

e) Chromfelgen, Frontgrill, Dichtungen, Wischerblätter
Eine Haftung der Beklagten für diese Positionen lehnt das Berufungsgericht unter Hinweis auf die Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen ab.
Danach sei der Rost an Chromfelgen und Frontgrill auf eine schon vor dem Abstellen des Fahrzeugs bei der Beklagten bestehende Beschädigung zurückzuführen. Damit scheidet eine Verzugshaftung der Beklagten für diese Schäden aus. Die Revision verkennt erneut, daß es hier nicht um eine Zufallshaftung für während des Verzugs eingetretene Schäden geht.
Die Scheibenwischer hätten nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auch bei Benutzung des Fahrzeugs infolge normalen Verschleißes erneuert werden müssen; hinsichtlich der festgestellten Vermoosungen an den Dichtungen schließlich habe die Möglichkeit einer Reinigung mittels Hochdruckreiniger bestanden. Auf der Basis dieser sachverständigen Ausführungen hat das Berufungsgericht insoweit rechtsfehlerfrei eine Haftung der Beklagten verneint.

f) Hagelschaden

Hinsichtlich des Hagelschadens dürfte es zwar an einem Verschulden der Beklagten fehlen, weil sie nicht gehalten war, das Fahrzeug des Klägers in einer Garage abzustellen. Allerdings kommt hier eine Zufallshaftung gemäß § 287 BGB a.F. in Frage, falls der Hagelschaden während des Verzugs der Beklagten eingetreten sein sollte. Dazu wird das Berufungsgericht Feststellungen nachholen müssen.

g) Aufbereitung/Politur sowie Glühbirnen
Das Berufungsgericht lehnt einen Anspruch des Klägers auf Ersatz dieser Positionen ab, weil eine dem Zeitraum ab Rechtshängigkeit zuzuordnende Verschlechterung insoweit ebenfalls nicht feststellbar sei und Pflegearbeiten grundsätzlich auch bei regulärer Benutzung des Fahrzeugs durchgeführt werden müßten. Die Revision erhebt hiergegen keine substantiierten Einwände. Zwar kommt es wiederum nicht auf den Zeitpunkt der Rechtshängigkeit, sondern auf denjenigen des Verzugseintritts an. Die Ausführungen des Berufungsgerichts gelten dafür aber entsprechend und sind nicht zu beanstanden.

h) Rechnung des Parteigutachters
Im Hinblick auf die Bindungswirkung des rechtskräftigen Urteils LG Aachen 12 O 535/98 steht fest, daß die Beklagte dem Kläger das Fahrzeug jedenfalls vom 25. November 1998 bis November 1999, also mindestens etwa ein Jahr, unberechtigt vorenthielt. Die Begutachtung des Fahrzeugs zur Feststellung eventueller Ansprüche gegen die Beklagte ist daher als angemessene
Rechtsverfolgung unter dem Aspekt des Verzugsschadens von der Beklagten zu ersetzen.

i) Nockenwelle
Die Kosten der Arbeiten an der Nockenwelle hält das Berufungsgericht schon deshalb nicht für ersatzfähig, weil sie von der vergleichsweisen Regelung im Verfahren AG Geilenkirchen 10 C 564/98 (LG Aachen 6 S 269/99) erfaßt würden. Die Revision greift diese Beurteilung nicht an. Sie läßt auch keinen Rechtsfehler erkennen.

j) Kosten der Arbeiten am Getriebe
Den Ersatz der Kosten der Getriebereparatur will das Berufungsgericht dem Kläger nicht zusprechen, weil er es versäumt habe, sich die Aussage des Zeugen R. zu eigen zu machen. Dieser hatte bei seiner erstinstanzlichen Vernehmung bekundet, bei den früheren Arbeiten der Beklagten am Getriebe sei zwar das Getriebe, nicht jedoch auch der Ölkühler erneuert worden, so daß das Getriebe wieder habe kaputtgehen müssen. Danach war naheliegend , dem Kläger einen werkvertraglichen Anspruch auf Beseitigung des Getriebeschadens zuzubilligen. Dies hat das Berufungsgericht abgelehnt, weil der Kläger versäumt habe, sich die Aussage des Zeugen R. zu eigen zu machen. Insbesondere habe er im Rahmen eines Schriftsatzes vom 27. November 2002 ausführlich zur Beweisaufnahme Stellung genommen, ohne sich zum Inhalt der Aussage des Zeugen R. zu äußern.
Diese Würdigung ist verfehlt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist davon auszugehen, daß sich eine Partei die bei einer Beweisaufnahme zutage tretenden Umstände, soweit sie ihre Rechtsposition zu stützen geeignet sind, hilfsweise zu eigen macht (BGH, Urt. v. 03.04.2001
- VI ZR 203/00, NJW 2001, 2177, 2178; Urt. v. 08.01.1991 - VI ZR 102/90, NJW 1991, 1541, 1542). Entgegen dem Berufungsgericht sind Gründe, die zu einer anderen Beurteilung führen, nicht ersichtlich. Darüber hinaus trifft die vom Berufungsgericht vertretene Ansicht nicht zu, daß dann, wenn eine Partei zu einer ihr günstigen Zeugenaussage in einer ausführlichen Stellungnahme zum Beweisergebnis schweigt, die zitierte Rechtsprechung keine Anwendung findet. Sie gilt auch für solche Fälle.
Die Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger habe in einem Schriftsatz vom 27. November 2002 (richtig: 2001, Bl. 300 ff. der Akte) ausführlich zur Beweisaufnahme Stellung genommen, ist durch den Akteninhalt nicht gedeckt. Bl. 300 ff. der Akte enthalten einen Schriftsatz des Klägers, in dem ausschließlich zum Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Stellung genommen wird. Die fragliche Aussage des Zeugen R. findet sich auf Bl. 212 f.. Auf Bl. 267 ff. folgt dann die Stellungnahme der Beklagten zum Ergebnis der Beweisaufnahme. Damit fehlt bereits die tatsächliche Grundlage für die rechtliche Argumentation des Berufungsgerichts.
II. Im Ergebnis ist das Berufungsurteil somit aufzuheben hinsichtlich der Entscheidung über die Mietwagenkosten (20.374,50 €), des Hagelschadens (945,89 €), des Honorars des privaten Sachverständigen (88,15 €) sowie der Getriebearbeiten (632,98 €). Von diesen Positionen ist allein das Honorar des Sachverständigen zur Endentscheidung reif. Die Beklagte hat es dem Kläger zu
ersetzen. Im übrigen ist der Rechtsstreit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens überlassen bleibt.
Melullis Scharen Keukenschrijver
Mühlens Kirchhoff

(1) Der Bürge kann die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden geltend machen. Stirbt der Hauptschuldner, so kann sich der Bürge nicht darauf berufen, dass der Erbe für die Verbindlichkeit nur beschränkt haftet.

(2) Der Bürge verliert eine Einrede nicht dadurch, dass der Hauptschuldner auf sie verzichtet.

(1) Eine Forderung gilt als festgestellt, soweit gegen sie im Prüfungstermin oder im schriftlichen Verfahren (§ 177) ein Widerspruch weder vom Insolvenzverwalter noch von einem Insolvenzgläubiger erhoben wird oder soweit ein erhobener Widerspruch beseitigt ist. Ein Widerspruch des Schuldners steht der Feststellung der Forderung nicht entgegen.

(2) Das Insolvenzgericht trägt für jede angemeldete Forderung in die Tabelle ein, inwieweit die Forderung ihrem Betrag und ihrem Rang nach festgestellt ist oder wer der Feststellung widersprochen hat. Auch ein Widerspruch des Schuldners ist einzutragen. Auf Wechseln und sonstigen Schuldurkunden ist vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle die Feststellung zu vermerken.

(3) Die Eintragung in die Tabelle wirkt für die festgestellten Forderungen ihrem Betrag und ihrem Rang nach wie ein rechtskräftiges Urteil gegenüber dem Insolvenzverwalter und allen Insolvenzgläubigern.

(1) In 30 Jahren verjähren, soweit nicht ein anderes bestimmt ist,

1.
Schadensersatzansprüche, die auf der vorsätzlichen Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung beruhen,
2.
Herausgabeansprüche aus Eigentum, anderen dinglichen Rechten, den §§ 2018, 2130 und 2362 sowie die Ansprüche, die der Geltendmachung der Herausgabeansprüche dienen,
3.
rechtskräftig festgestellte Ansprüche,
4.
Ansprüche aus vollstreckbaren Vergleichen oder vollstreckbaren Urkunden,
5.
Ansprüche, die durch die im Insolvenzverfahren erfolgte Feststellung vollstreckbar geworden sind, und
6.
Ansprüche auf Erstattung der Kosten der Zwangsvollstreckung.

(2) Soweit Ansprüche nach Absatz 1 Nr. 3 bis 5 künftig fällig werdende regelmäßig wiederkehrende Leistungen zum Inhalt haben, tritt an die Stelle der Verjährungsfrist von 30 Jahren die regelmäßige Verjährungsfrist.

(1) Für die Verpflichtung des Bürgen ist der jeweilige Bestand der Hauptverbindlichkeit maßgebend. Dies gilt insbesondere auch, wenn die Hauptverbindlichkeit durch Verschulden oder Verzug des Hauptschuldners geändert wird. Durch ein Rechtsgeschäft, das der Hauptschuldner nach der Übernahme der Bürgschaft vornimmt, wird die Verpflichtung des Bürgen nicht erweitert.

(2) Der Bürge haftet für die dem Gläubiger von dem Hauptschuldner zu ersetzenden Kosten der Kündigung und der Rechtsverfolgung.

16
a) Gemäß § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Bürge gegenüber dem Gläubiger neben seinen eigenen Einreden aus dem Bürgschaftsverhältnis auch die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden geltend machen. Er kann dies aber nur insoweit tun, wie diese Einreden dem Hauptschuldner selbst noch zustehen. Verliert der Hauptschuldner eine Einrede (etwa die Einrede der Stundung oder die der fehlenden Fälligkeit durch Zeitablauf), verliert sie auch der Bürge - mit Ausnahme der Fälle des § 768 Abs. 2 BGB (BGH, Urteil vom 12. März 1980 - VIII ZR 115/79, BGHZ 76, 222, 229; Palandt/Sprau, BGB, 75. Aufl., § 768 Rn. 6; MünchKommBGB/Habersack, 6. Aufl., § 768 Rn. 4; BeckOK-BGB/Rohe, Stand: 1. Mai 2016, § 768 Rn. 6).

(1) Der Bürge kann die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden geltend machen. Stirbt der Hauptschuldner, so kann sich der Bürge nicht darauf berufen, dass der Erbe für die Verbindlichkeit nur beschränkt haftet.

(2) Der Bürge verliert eine Einrede nicht dadurch, dass der Hauptschuldner auf sie verzichtet.

(1) Eine Forderung gilt als festgestellt, soweit gegen sie im Prüfungstermin oder im schriftlichen Verfahren (§ 177) ein Widerspruch weder vom Insolvenzverwalter noch von einem Insolvenzgläubiger erhoben wird oder soweit ein erhobener Widerspruch beseitigt ist. Ein Widerspruch des Schuldners steht der Feststellung der Forderung nicht entgegen.

(2) Das Insolvenzgericht trägt für jede angemeldete Forderung in die Tabelle ein, inwieweit die Forderung ihrem Betrag und ihrem Rang nach festgestellt ist oder wer der Feststellung widersprochen hat. Auch ein Widerspruch des Schuldners ist einzutragen. Auf Wechseln und sonstigen Schuldurkunden ist vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle die Feststellung zu vermerken.

(3) Die Eintragung in die Tabelle wirkt für die festgestellten Forderungen ihrem Betrag und ihrem Rang nach wie ein rechtskräftiges Urteil gegenüber dem Insolvenzverwalter und allen Insolvenzgläubigern.

(1) Der Bürge kann die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden geltend machen. Stirbt der Hauptschuldner, so kann sich der Bürge nicht darauf berufen, dass der Erbe für die Verbindlichkeit nur beschränkt haftet.

(2) Der Bürge verliert eine Einrede nicht dadurch, dass der Hauptschuldner auf sie verzichtet.

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Entgegen der Ansicht der Revision fällt auch der Verzicht des Hauptschuldners auf künftige Einreden unter § 768 Abs. 2 BGB. Nichts spricht dafür, den Verzicht auf künftige Einreden aus dem Anwendungsbereich des § 768 Abs. 2 BGB herauszunehmen. Ob im Zeitpunkt eines rechtsgeschäftlichen Verjährungsverzichts des Hauptschuldners die Hauptschuld bereits verjährt ist oder nicht, ist nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung unerheblich. Nach § 768 Abs. 2 BGB kann der Hauptschuldner die Haftung des Bürgen nicht durch den Verzicht auf Einreden verschärfen. Die Vorschrift ist Ausdruck des Verbots der Fremddisposition, das für den Bürgschaftsvertrag vertragswesentlich ist. Die Haftung des Bürgen darf nach diesem Grundsatz nicht über den bei Bürgschaftsübernahme überschaubaren Umfang hinaus zu seinen Lasten erweitert werden (vgl. dazu BGHZ 130, 19, 32 f.; 137, 153, 158; 153, 293, 297). Dazu gehört, dass der Bürge entsprechend der akzessorischen Natur der Bürgschaft alle dem Hauptschuldner nach dem ursprünglich verbürgten Hauptschuldvertrag gebührenden Einreden geltend machen kann, ohne dass ihm ein vom Hauptschuldner nach der Bürgschaftsübernahme erklärter Einredeverzicht zum Nachteil gereichen kann (Staudinger/Horn, BGB Bearb. 1997 § 768 Rdn. 1, 3). Nach Sinn und Zweck dieser Regelung ist es dem Bürgen gegenüber deshalb auch unwirksam, wenn der Hauptschuldner durch sein Handeln eine neue oder längere Verjährungsfrist eröffnet, indem er etwa im Prozess mit dem Gläubiger die Verjährungseinrede nicht erhebt und deshalb rechtskräftig verurteilt wird (vgl. BGHZ 76, 222, 229 f.; Staudinger/Horn BGB Bearb. 1997 § 768 Rdn. 4; MünchKommBGB/Habersack 4. Aufl. § 768 Rdn. 11) oder die Hauptschuld anerkennt (OLG Düsseldorf MDR 1975, 1019; MünchKommBGB/Habersack 4. Aufl. § 767 Rdn. 12, § 768 Rdn. 8; Schmitz, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 2. Aufl. § 91 Rdn. 65; a.A. OLG München WM 2006, 684, 687). Dabei ist es unerheblich , ob diese den Bürgen benachteiligenden Handlungen vor oder nach Ablauf der Verjährungsfrist vorgenommen werden. Gleiches gilt für einen ausdrücklich erklärten Verjährungsverzicht, der unter Geltung des § 202 BGB n.F. - wie ausgeführt - auch schon vor Eintritt der Verjährung wirksam erklärt werden kann.
20
a) Richtig ist, dass der Bürge nach § 768 Abs. 2 BGB eine Einrede nicht dadurch verliert, dass der Hauptschuldner auf sie verzichtet, und dass dies auch für die Einrede der Verjährung gilt, und zwar unabhängig davon, ob die Verjährung im Zeitpunkt des Verzichts bereits eingetreten war oder nicht (Senat , Urteil vom 18. September 2007 - XI ZR 447/06, WM 2007, 2230, Tz. 18 m.w.N.).
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a) Gemäß § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Bürge gegenüber dem Gläubiger neben seinen eigenen Einreden aus dem Bürgschaftsverhältnis auch die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden geltend machen. Er kann dies aber nur insoweit tun, wie diese Einreden dem Hauptschuldner selbst noch zustehen. Verliert der Hauptschuldner eine Einrede (etwa die Einrede der Stundung oder die der fehlenden Fälligkeit durch Zeitablauf), verliert sie auch der Bürge - mit Ausnahme der Fälle des § 768 Abs. 2 BGB (BGH, Urteil vom 12. März 1980 - VIII ZR 115/79, BGHZ 76, 222, 229; Palandt/Sprau, BGB, 75. Aufl., § 768 Rn. 6; MünchKommBGB/Habersack, 6. Aufl., § 768 Rn. 4; BeckOK-BGB/Rohe, Stand: 1. Mai 2016, § 768 Rn. 6).

(1) Der Bürge kann die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden geltend machen. Stirbt der Hauptschuldner, so kann sich der Bürge nicht darauf berufen, dass der Erbe für die Verbindlichkeit nur beschränkt haftet.

(2) Der Bürge verliert eine Einrede nicht dadurch, dass der Hauptschuldner auf sie verzichtet.

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Entgegen der Ansicht der Revision fällt auch der Verzicht des Hauptschuldners auf künftige Einreden unter § 768 Abs. 2 BGB. Nichts spricht dafür, den Verzicht auf künftige Einreden aus dem Anwendungsbereich des § 768 Abs. 2 BGB herauszunehmen. Ob im Zeitpunkt eines rechtsgeschäftlichen Verjährungsverzichts des Hauptschuldners die Hauptschuld bereits verjährt ist oder nicht, ist nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung unerheblich. Nach § 768 Abs. 2 BGB kann der Hauptschuldner die Haftung des Bürgen nicht durch den Verzicht auf Einreden verschärfen. Die Vorschrift ist Ausdruck des Verbots der Fremddisposition, das für den Bürgschaftsvertrag vertragswesentlich ist. Die Haftung des Bürgen darf nach diesem Grundsatz nicht über den bei Bürgschaftsübernahme überschaubaren Umfang hinaus zu seinen Lasten erweitert werden (vgl. dazu BGHZ 130, 19, 32 f.; 137, 153, 158; 153, 293, 297). Dazu gehört, dass der Bürge entsprechend der akzessorischen Natur der Bürgschaft alle dem Hauptschuldner nach dem ursprünglich verbürgten Hauptschuldvertrag gebührenden Einreden geltend machen kann, ohne dass ihm ein vom Hauptschuldner nach der Bürgschaftsübernahme erklärter Einredeverzicht zum Nachteil gereichen kann (Staudinger/Horn, BGB Bearb. 1997 § 768 Rdn. 1, 3). Nach Sinn und Zweck dieser Regelung ist es dem Bürgen gegenüber deshalb auch unwirksam, wenn der Hauptschuldner durch sein Handeln eine neue oder längere Verjährungsfrist eröffnet, indem er etwa im Prozess mit dem Gläubiger die Verjährungseinrede nicht erhebt und deshalb rechtskräftig verurteilt wird (vgl. BGHZ 76, 222, 229 f.; Staudinger/Horn BGB Bearb. 1997 § 768 Rdn. 4; MünchKommBGB/Habersack 4. Aufl. § 768 Rdn. 11) oder die Hauptschuld anerkennt (OLG Düsseldorf MDR 1975, 1019; MünchKommBGB/Habersack 4. Aufl. § 767 Rdn. 12, § 768 Rdn. 8; Schmitz, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 2. Aufl. § 91 Rdn. 65; a.A. OLG München WM 2006, 684, 687). Dabei ist es unerheblich , ob diese den Bürgen benachteiligenden Handlungen vor oder nach Ablauf der Verjährungsfrist vorgenommen werden. Gleiches gilt für einen ausdrücklich erklärten Verjährungsverzicht, der unter Geltung des § 202 BGB n.F. - wie ausgeführt - auch schon vor Eintritt der Verjährung wirksam erklärt werden kann.

(1) Der Bürge kann die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden geltend machen. Stirbt der Hauptschuldner, so kann sich der Bürge nicht darauf berufen, dass der Erbe für die Verbindlichkeit nur beschränkt haftet.

(2) Der Bürge verliert eine Einrede nicht dadurch, dass der Hauptschuldner auf sie verzichtet.

16
a) Gemäß § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Bürge gegenüber dem Gläubiger neben seinen eigenen Einreden aus dem Bürgschaftsverhältnis auch die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden geltend machen. Er kann dies aber nur insoweit tun, wie diese Einreden dem Hauptschuldner selbst noch zustehen. Verliert der Hauptschuldner eine Einrede (etwa die Einrede der Stundung oder die der fehlenden Fälligkeit durch Zeitablauf), verliert sie auch der Bürge - mit Ausnahme der Fälle des § 768 Abs. 2 BGB (BGH, Urteil vom 12. März 1980 - VIII ZR 115/79, BGHZ 76, 222, 229; Palandt/Sprau, BGB, 75. Aufl., § 768 Rn. 6; MünchKommBGB/Habersack, 6. Aufl., § 768 Rn. 4; BeckOK-BGB/Rohe, Stand: 1. Mai 2016, § 768 Rn. 6).

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.