Oberlandesgericht Bamberg Endurteil, 08. März 2018 - 1 U 180/16

bei uns veröffentlicht am08.03.2018
vorgehend
Landgericht Aschaffenburg, 13 O 484/14, 01.09.2016

Gericht

Oberlandesgericht Bamberg

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts Aschaffenburg vom 01.09.2016, Az. 13 O 484/14, wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Aschaffenburg ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger macht als Insolvenzverwalter über das Vermögen der T GmbH (Schuldnerin) nach Insolvenzanfechtung Rückforderungsansprüche gegen den Beklagten geltend.

1. Zwischen der Schuldnerin und dem Beklagten bestand ein Chartervertrag über die TMS mit einer täglichen Charter in Höhe von 2.805,28 €. Spätestens seit Juli 2010 geriet die Schuldnerin mit der Zahlung der Rechnungen des Beklagten in Verzug. Der Beklagte stundete der Schuldnerin die Monatscharter für Juli 2010. Die Charter für den Monat November 2010 wurde nur noch teilweise bezahlt. Ab Dezember 2010 wurde keine Charter mehr entrichtet. Auf die vorhergehende Charter für die Monate September und Oktober 2010 wurden Akontozahlungen geleistet. Bis Ende des Jahres 2010 liefen Rückstände der Schuldnerin beim Beklagten in einer Gesamthöhe von 206.590,76 € auf. Mit Beschluss des Amtsgerichts H vom 29.04.2011 wurde dann über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet. In dem Insolvenzverfahren hat der Beklagte 274.167,52 € angemeldet.

Der Beklagte hat in dem Zeitraum vom 01.11.2010 bis 25.01.2011 von der Schuldnerin Zahlungen in Höhe von insgesamt 264.266,93 € erhalten. Im Einzelnen leistete die Schuldnerin wie folgt:

Zahlungsdatum

Zahlungsbetrag

Rechnungszeitraum

01.11.2010

29.627,13 €

September 2010

11.11.2010

50.560,57 €

September 2010

23.11.2010

30.000,00 €

Oktober 2010

24.11.2010

1.000,00 €

Oktober 2010

30.11.2010

20.002,49 €

Oktober 2010

03.12.2010

25.000,00 €

Oktober 2010

16.12.2010

25.002,49 €

Oktober 2010

03.01.2011

50.074,25 €

November 2010

12.01.2011

1.000 00 €

November 2010

12.01.2011

4.000,00 €

November 2010

18.01.2011

3.000,00 €

November 2010

25.01.2011

25.000,00 €

November 2010

Diesen Betrag verlangt der Kläger von dem Beklagten zurück. Er behauptet, zur Zeit der vorgenannten Zahlungen sei die Schuldnerin nicht mehr in der Lage gewesen, ihre fälligen Verbindlichkeiten innerhalb angemessener Zeit zu bedienen. Der Beklagte habe von der wirtschaftlich bedrängten Lage der Schuldnerin gewusst, da diese ihm bereits zuvor mitgeteilt habe, dass er aufgrund der schlechten Marktlage fällige Zahlungen nicht mehr in einer Summe und auch nur verzögert bekommen könne. Die wirtschaftlich schwierige Situation sei auch bei einer dem Beklagten bekannten Besprechung mit der Mutter des Beklagten am 16.08.2010 thematisiert worden.

Der Beklagte hat erstinstanzlich Klageabweisung beantragt. Er hat behauptet, er habe erstmals bei einer Besprechung am 31.01.2011 von den nicht mehr zu bedienenden Verbindlichkeiten der Schuldnerin erfahren. Das Zahlungsverhalten der Schuldnerin zuvor sei durchaus üblich gewesen. Im Übrigen hat der Beklagte die Auffassung vertreten, es handele sich um Bargeschäfte im Sinne des § 142 InsO. Soweit die Zahlung durch eine Schwestergesellschaft der Schuldnerin erfolgt sei (Zahlung vom 09.12.2010 über 25.000,00 €), sei eine Anfechtung der Zahlung ohnehin nicht möglich.

2. Das Landgericht hat der Klage mit Ausnahme eines Teils der begehrten Zinsen stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe die streitgegenständlichen Zahlungen wirksam angefochten. Die Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 InsO lägen vor. Die Schuldnerin habe mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz gehandelt. Hiervon habe der Beklagte Kenntnis gehabt. Ein Bargeschäft gemäß § 142 InsO liege nicht vor.

Wegen der Einzelheiten, auch hinsichtlich des genauen Wortlauts der Anträge, wird ergänzend auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

3. Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner zulässigen Berufung, mit der er weiterhin Klageabweisung erstrebt. Er hält an seiner erstinstanzlich vertretenen Auffassung fest, dass die Voraussetzungen des § 133 InsO nicht vorlägen. Es fehle bereits an einer objektiven Gläubigerbenachteiligung, weil dem Beklagten das Pfandrecht des Frachtführers (§ 440 HGB) zur Seite gestanden habe und im Übrigen die Grundsätze des Bargeschäftes eine Gläubigerbenachteiligung entfallen ließen. Der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin sei nicht hinreichend dargelegt. Es fehle jeglicher Sachvortrag zum behaupteten Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin. Diese habe noch über offene Kreditlinien verfügt und sei durch den Eintritt eines Investors im Dezember 2010 gestärkt gewesen. Jedenfalls sei dem Beklagten zum Zeitpunkt der angefochtenen Zahlungen die drohende Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin nicht bekannt gewesen.

Der Beklagte beantragt,

Unter Abänderung des am 01. September 2016 verkündeten Urteils des Landgerichts Aschaffenburg (Az. 13 O 484/14) wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger beantragt,

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Aschaffenburg wird zurückgewiesen.

Der Kläger verteidigt das Ersturteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags. Insbesondere meint er, der Beklagte könne sich nicht auf den Inhalt des Insolvenzgutachtens vom 28.04.2011 (Anlage BK 12) berufen.

II.

Die gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen gemäß §§ 517, 519, 529 ZPO zulässige Berufung des Beklagten bleibt in der Sache ohne Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht einen Anspruch des Klägers gegen den Beklagten auf Zahlung von 264.266,93 € gemäß §§ 143 Abs. 1 Satz 1,129 Abs. 1,133 Abs. 1 InsO angenommen.

1. Gemäß § 133 Abs. 1 InsO ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

a. Mit den zwischen dem 01.11.2010 und dem 25.01.2011 erfolgten Zahlungen der Schuldnerin an den Beklagten in Höhe von insgesamt 264.266,93 € liegen für die Insolvenzschuldnerin wirksame Handlungen im Rechtsverkehr vor. Dieses gilt auch, soweit die Zahlung in Höhe von 25.000,00 € am 03.12.2010 sowie 50.560,57 € am 10.11.2010 durch die ... mbH erfolgte. Bei dieser handelte es sich um eine Schwestergesellschaft der Schuldnerin, die ihrerseits durch die Zahlung im Innenverhältnis zur Leistenden von einer Verbindlichkeit befreit wurde. Gemäß den vorgelegten Aufträgen (Anlage K3) handelt die ... mbH dabei im Auftrag der Insolvenzschuldnerin, die Zahlungen wurden verrechnet (vgl. Verrechnungsliste Anlage K35).

b. Zur Überzeugung des Senats handelte die Schuldnerin bei Veranlassung der streitgegenständlichen Zahlungen auch mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz.

Der Benachteiligungsvorsatz ist gegeben, wenn der Schuldner bei Vornahme der Rechtshandlung (§ 140 InsO) die Benachteiligung der Gläubiger im Allgemeinen als Erfolg seiner Rechtshandlung gewollt oder als mutmaßliche Folge - sei es auch als unvermeidliche Nebenfolge eines an sich erstrebten anderen Vorteils - erkannt Und gebilligt hat. Ein Schuldner, der seine Zahlungsunfähigkeit kennt, handelt in aller Regel mit Benachteiligungsvorsatz. Dessen Vorliegen ist jedoch schon dann zu vermuten, wenn der Schuldner seine drohende Zahlungsunfähigkeit kennt (BGH, Urteil v. 30.06.2011, Az. IX ZR 134/10).

Entscheidend ist daher die (drohende) Zahlungsunfähigkeit des Schuldners. Diese richtet sich nach § 17 Abs. 2 InsO. Danach ist der Schuldner zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat. In diesem Fall ist die Aufstellung einer Liquiditätsbilanz entbehrlich.

Zahlungseinstellung ist dasjenige äußere Verhalten des Schuldners, in dem sich typischerweise eine Zahlungsunfähigkeit ausdrückt. Es muss. sich also mindestens für die beteiligten Verkehrskreise der berechtigte Eindruck aufdrängen, dass der Schuldner nicht in der Lage ist, seinen fälligen, eingeforderten Zahlungsverpflichtungen zu genügen. Die tatsächliche Nichtzahlung eines erheblichen Teils der fälligen Verbindlichkeiten reicht für die Annahme einer Zahlungseinstellung aus, auch wenn noch geleistete Zahlungen beträchtlich sind, aber im Verhältnis zu den fälligen Gesamtschulden nicht den wesentlichen Teil ausmachen. Sogar die Nichtzahlung einer einzigen Verbindlichkeit kann eine Zahlungseinstellung begründen, wenn die Forderung von insgesamt nicht unbeträchtlicher Höhe ist. Haben im fraglichen Zeitpunkt fällige Verbindlichkeiten bestanden, die bis zur Verfahrenseröffnung nicht mehr beglichen worden sind, ist regelmäßig von Zahlungseinstellung auszugehen (std. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss v. 26.02.2013, Az. II ZR 54/12 m.w.N.J.

Nach diesen Maßstäben rechtfertigen die von dem Berufungsgericht festgestellten Beweisanzeichen die Annahme einer Zahlungseinstellung (§ 17 Abs. 2 Satz 2 InsO) des Schuldners.

(1) Zum Stichtag 01.11.2010 wurde durch den Kläger die Forderung der C AG vorgetragen mit 171.726,64 € (vgl. Bl. 174 ff.). Diese wurde gemäß § 175 Abs. 1 InsO zur Insolvenztabelle angemeldet und gemäß § 178 Abs. 1 InsO festgestellt. Die Eintragung der Forderung in die Tabelle wirkt vorliegend gemäß § 178 Abs. 3 InsO gegenüber dem Insolvenzverwalter und allen Insolvenzgläubigern wie ein rechtskräftiges Urteil. Der gesetzgeberische Wille zielt dabei ausdrücklich auf eine Gleichstellung eines rechtskräftigen Urteils im Erkenntnisverfahren und der Feststellung einer Forderung zur Tabelle im Insolvenzverfahren ab (BGH, Urteil v. 23.05.2017, Az. XI ZR 219/16). Daher ist das Bestreiten des Bestandes der Forderung durch den Beklagten unbehelflich.

Es handelt sich bei der Forderung der C AG auch um eine nicht geringfügige  Verbindlichkeit. Auf ein bestimmtes Verhältnis der im Zeitpunkt der angefochtenen Zahlung durchgehend bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens offenen Forderung zur Höhe der Gesamtverbindlichkeiten des Insolvenzschuldners ist in diesem Zusammenhang nicht abzustellen. Im Fall der endgültigen Nichtzahlung einer fälligen Forderung ist nicht die andernfalls erforderliche Abgrenzung der Zahlungsunfähigkeit von einer bloßen Zahlungsstockung entscheidend, sondern bereits die teilweise endgültige Zahlungseinstellung begründet regelmäßig ein Indiz für eine Zahlungseinstellung (BGH, Urteil v. 30.06.2011, Az. IX ZR 134/10).

Vorliegend ist weiterhin zu berücksichtigen, dass die Insolvenzschuldnerin im Oktober und November 2010 Forderungen der weiterhin vertraglich gebundenen Partikuliere zumindest teilweise, wenn auch absprachewidrig wie bei dem Beklagten verspätetet und in Raten, beglich, während sie in Bezug auf die Insolvenzgläubigerin C .. AG aufgrund der durch diese erfolgte Kündigung der Charterverträge die Zahlungen endgültig einstellte. Dieses weist darauf hin, dass die Insolvenzschuldnerin zu diesem Zeitpunkt bereits taktisch nur noch diejenigen Zahlungen leistete, welche zur Fortführung des Betriebs unabdingbar waren, während sonstige Forderungen nicht mehr bedient wurden.

(2) Auch das Zahlungsverhalten der Schuldnerin gegenüber dem Beklagten dokumentiert deren Unfähigkeit, jedenfalls zum Zeitpunkt der ersten angefochtenen Zahlung am 01.11.2010 fällige Forderungen vertragsgerecht zu begleichen. Noch bei einem Treffen von Vertretern der Insolvenzschuldnerin mit der Mutter des Beklagten in Hamburg am 16.08.2010 bat die Insolvenzschuldnerin um einen Zahlungsaufschub von einem Monat, mit dem sich der Beklagte ausdrücklich lediglich für die Juli-Charter (fällig am 15.08.2010) einverstanden erklärte. Trotz eines Schreibens des Beklagten vom 17.08.2010, in welchem der Beklagte den Ausnahmecharakter der Stundung der Juli-Charter betonte, leistete die Insolvenzschuldner auch in der Folgezeit nur verspätet und nicht vollständig Zahlung (vgl. Schreiben des anwaltlichen Vertreters des Beklagten vom 24.01.2011, Anlage K34). Eigene Erklärungen des Schuldners, fällige Verbindlichkeiten nicht begleichen zu können, deuten auf eine Zahlungseinstellung hin, auch wenn sie mit einer Stundungsbitte versehen sind (BGH, Urteil v. 01.07.2010, Az. IX ZR 70/08; Urteil v. 15.03.2012, Az. IX ZR 239/09). Ersichtlich schob die Insolvenzschuldnerin aufgrund der fortlaufend verspäteten Begleichung ihrer Verbindlichkeiten einen Forderungsrückstand vor sich her und operierte am Rande des finanzwirtschaftlichen Abgrunds, was im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung als weiteres Indiz einer Zahlungseinstellung zu werten ist.

(3) Es sind ferner im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtbewertung keine Umstände ersichtlich, die der Annahme einer Zahlungseinstellung entgegenstehen.

(a) Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich nicht, dass der Einstieg eines weiteren Gesellschafters bzw. Kreditgebers (V . BV) im Dezember 2010 mit einer Kreditsumme von 3.000.000,00 € sowie einer Kapitalerhöhung der Insolvenzschuldnerin um 214.000,00 € die Liquidität erheblich verbesserte. Der Kläger hat nachvollziehbar vorgetragen, dass der Kredit allein zur Ablösung einer anderen fälligen Kreditverbindlichkeit genutzt wurde und zudem durch eine Globalzession gesichert war. Es steht fest, dass der Kredit gerade nicht genutzt wurde, um aktuelle Verbindlichkeiten (unter anderem auch der Insolvenzschuldnerin beim Beklagten) zu tilgen. Soweit durch die Staatsanwaltschaft Hamburg im Rahmen eines Vermerks (Anlage BK 13) vom Einstieg eines Kreditgebers auf die zu diesem Zeitpunkt gegebene Bonität der Insolvenzschuldnerin geschlossen wurde, entbehrt dieses einer nachvollziehbaren Begründung. So ist bereits auffällig, dass das im Dezember zur Verfügung gestellte Darlehen zur Ablösung eines anderen Darlehens diente und durch eine Globalzession sämtlicher neu erworbener Forderungen der Schuldnerin abgesichert war. Zudem kam es mit Beginn Dezember 2010 zu einer weitgehenden Zahlungseinstellung der Insolvenzschuldnerin, die beispielsweise durch die Forderung der B. B.V. dokumentiert ist (Anlage K 32). Hinsichtlich der für diese Gläubigerin ab dem 01.12.2010 fälligen fast täglichen Rechnungen kam es entgegen der vorherigen Praxis zu einem vollständigen Zahlungsausfall. Nachdem es sich um einen für den Fortbetrieb des Geschäfts der Insolvenzschuldnerin notwendigen Gläubiger handelte, dokumentiert sich nochmals die Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin. Aus welchem Grund der Einstieg eines Kapitalgebers unter diesen Umständen die Bonität der Insolvenzschuldnerin nachweisen soll, erschließt sich dem Senat nicht. Vielmehr liegt es wesentlich näher, dass ein bereits in der Unternehmensgruppe der Insolvenzschuldnerin engagierter Kreditgeber letzte Anstrengungen zur Rettung seines Darlehens unternahm, ohne dass ihm die wahre wirtschaftliche Lage bewusst war.

(b) Die Argumentation der Insolvenzschuldnerin, welche sich der Beklagte zu eigen machte, eines quasi natürlichen Liquiditätsengpass im Sommer, der bei besserem Wintergeschäft ohne die ab dem 13.01.2011 erfolgte Rheinsperre wieder hätte behoben werden können, verfängt nicht. Dem steht bereits entgegen, dass die von der Insolvenzschuldnerin ab der zum 15.09.2010 fälligen Charter für den Monat August anders als in den Vorjahren erstmals eigenmächtig in Anspruch genommene Stundung bzw. Ratenzahlung auch nach Angaben des Beklagten vom gewöhnlichen Geschäftsgang abwich. Gleiches gilt für die endgültige Nichtzahlung der Förderung der C. AG im Oktober 2010. Nachdem ab Dezember 2010 zudem laufende Verbindlichkeiten weitgehend nicht mehr beglichen wurden, scheidet die Sperre des Rheins ab dem 13.01.2011 als Grund für die eingetretene Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin aus.

(c) Dem Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin steht auch nicht ein etwaig bestehendes Frachtführerpfandrecht des Beklagten im Zeitpunkt der jeweils angefochtenen Zahlungen entgegen. Dieses wäre seinerseits nach §§ 130, 132,133 ZPO anfechtbar erworben, nachdem zu den Zeitpunkten der Ladevorgänge fällige Forderungen des Beklagten gegen die Insolvenzschuldnerin in nicht unbeträchtlicher Höhe bestanden (zur Anfechtbarkeit eines Frachtführerpfandrechts vgl. BGH, Urteil v. 21.04.2005, Az. IX ZR 24/04). Es kann nicht zum Nachteil der späteren Insolvenzgläubiger gehen, wenn im anfechtbaren Zeitraum der Zahlungsunfähigkeit die Schuldnerin als Absender und der Beklagte als Frachtführer Sicherheiten für den Frachtführer schaffen. Das laufend geschaffene Frachtführerpfandrecht gemäß § 440 HGB kann daher nicht als Indiz gegen die Zahlungsunfähigkeit des Auftragsgebers und damit gegen dessen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz herangezogen werden.

(d) Schließlich scheidet die Benachteiligungsabsicht auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer bargeschäftsähnliche Handlung gemäß § 142 InsO aus. Unter dem Gesichtspunkt des Bargeschäfts werden gemäß § 142 InsO Leistungen privilegiert, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in das Schuldnervermögen gelangt ist. Leistung und Gegenleistung müssen beim Bargeschäft zwar nicht Zug um Zug erbracht werden. Allerdings setzt das in der Vorschrift enthaltene Tatbestandsmerkmal „unmittelbar“ voraus, dass Leistung und Gegenleistung in einem engen zeitlichen Zusammenhang ausgetauscht werden (BT-Drucks. 12/2443 S. 167). Der Gesichtspunkt der bloßen Vermögensumschichtung greift nur, wenn der Leistungsaustausch in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang vorgenommen wird. Der hierfür unschädliche Zeitraum lässt sich nicht allgemein festlegen. Er hängt wesentlich von der Art der ausgetauschten Leistungen und davon ab, in welcher Zeitspanne sich der Austausch nach den Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs vollzieht. Eine Kreditgewährung schließt, weil es notwendigerweise an einem engen zeitlichen Zusammenhang des Leistungsaustausches mangelt, ein Bargeschäft aus (BGH, Urteil v. 16.11.2006, Az. IX ZR 239/04). Danach fehlt es jedenfalls an einem unmittelbaren Leistungsaustausch, wenn monatlich fällige Lohnzahlungen zwei Monate nach Beendigung der damit korrespondierenden Arbeitstätigkeit erbracht werden (BGH, Urteil v. 10.07.2014, Az. IX ZR 192/13). Die bei der Beurteilung eines Bargeschäfts zugrunde zu legenden allgemeinen geschäftlichen Gepflogenheiten beurteilen sich nach den Gebräuchen solventer Partner und werden nicht durch verspätete Zahlungen insolvenzgefährdeter Unternehmen beeinflusst, die unter Liquiditätsengpässen leiden. Andernfalls wäre jeder Leistungsaustausch in der Krise als Bargeschäft zu bewerten, weil liquiditätsschwache Unternehmen typischerweise verzögert zahlen (BGH, Urteil v. 10.07.2014, Az. IX ZR 192/13).

§ 142 InsO ist indes ausgeschlossen, wenn die verzögerte Zahlung auf Basis einer Stundung bzw. Kreditierung beruht (BGH, std. Rspr., vgl. BGH, Urteil v. 13.04.2006, Az. IX ZR 158/05). An einem engen zeitlichen Zusammenhang des Leistungsaustausches fehlt es nämlich grundsätzlich bereits dann, wenn dem Schuldner in Form einer Kreditgewährung oder Stundung ein Zahlungsaufschub gewährt wird. Die anfechtungsrechtliche Begünstigung von Bargeschäften, die wegen der vom Gläubiger vereinbarungsgemäß erbrachten Gegenleistung keine Vermögensverschiebung zulasten des Gemeinschuldners, sondern eine bloße Vermögensumschichtung zur Folge haben, soll dem Schuldner die Fortsetzung und Abwicklung von verkehrsüblichen Umsatzgeschäften in der wirtschaftlichen Krise ermöglichen. Der Gesichtspunkt der bloßen Vermögensumschichtung greift aber nur, wenn der Leistungsaustausch in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang und vereinbarungsgemäß vorgenommen wird. Für die Privilegierung einer Be friedigungsmöglichkeit, die der Gläubiger aufgrund einer von der ursprünglichen Vereinbarung abweichenden Art der Erfüllung der geschuldeten Forderung erhält, gibt es weder rechtlich noch wirtschaftlich eine Veranlassung. Dabei unterliegt es der unter Berücksichtigung der konkreten Erfüllungsmöglichkeiten und der verkehrsüblichen Leistungsbräuche vorzunehmenden Beurteilung im konkreten Einzelfall, ob es sich bei der Gewährung eines Zahlungsaufschubs um eine Form der Kreditgewährung handelt oder nur um eine geringfügige Verzögerung des Leistungsaustausches, die so unbedeutend ist, dass sie der Annahme eines Bargeschäftes nicht entgegensteht (BGH, Urteil v. 19.12.2002, Az. IX ZR 377/99; Karsten Schmitt - Ganter/Weinland, InsO, 19. Aufl. 2016, § 1542 Rn. 45; Uhlenbruck - Ede/Hirte, InsO, 14. Aufl. 2015, § 142 Rn. 27).

Vorliegend ergibt sich sowohl aus den Angaben der Zeugin St als auch dem Schreiben des anwaltlichen Vertreters des Beklagten vom 24.01.2011 (Anlage K 34), dass für Juli 2010 eine Stundung für einen Monat zum 15. des Folgemonats vereinbart wurde, welche im Anschluss von der Insolvenzschuldnerin eigenmächtig fortgesetzt wurde, wobei der Beklagte hiermit ausdrücklich nicht einverstanden war. Es handelte sich daher nicht um eine „übliche“ leichte Zahlungsverzögerung, die den Unmittelbarkeitszusammenhang noch nicht berührt. Indem gegen den Willen des Beklagten als Gläubiger mit dessen Wissen verspätete Zahlungen erfolgten, wird der Benachteiligungsvorsatz des Insolvenzschuldners sowie die Kenntnis des Beklagten von diesem wiederum vermutet.

Diese wiederholte, absprachewidrige und eigenmächtige in Anspruch genommene Stundung durch den Schuldner ist auch nicht mit Dauerschuldverhältnissen bei Vorleistungspflicht (Anwaltshonorar, Arbeitnehmervergütung) vergleichbar, bei denen eine Zahlung bis zu 30 Tage über die eigentliche Fälligkeit hinaus noch als zeitnah angesehen wird (BGH, Urteil v 10.07.2014, Az. IX ZR 192/13). Die Parteien hatten bereits eine „verlängerte“ Fälligkeit bis zum 15. des Folgemonats vereinbart, und die verspäteten Zahlungen erfolgten trotz einer entgegengesetzten konkreten Absprache. Diese wurde bereits bzgl. der Verlängerung des Zahiungsziels der Charter für Juli 2010 um einen Monat auch durch den Beklagten als (nicht § 142 InsO unterfallende) Stundung bezeichnet. Deren stillschweigende Fortsetzung ohne konkrete Absprache kann dann nicht zur bargeschäftsähnlichen Handlung werden.

c. Auf Basis der getroffenen Feststellungen hat das Landgericht auch zutreffend den Nachweis der Kenntnis des Beklagten vom Benachteiligungsvorsatz der Insolvenzschuldnerin angenommen.

(1) Kennt der Gläubiger die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, so weiß er auch, dass Leistungen aus dessen Vermögen die Befriedigungsmöglichkeit anderer Gläubiger vereiteln oder zumindest erschweren und verzögern. Mithin ist ein solcher Gläubiger zugleich regelmäßig über den Benachteiligungsvorsatz im Bilde. Dies gilt insbesondere, wenn der Schuldner gewerblich tätig ist, weil der Gläubiger in diesem Fall mit weiteren Gläubigern des Schuldners mit ungedeckten Ansprüchen rechnen muss (BGH, Urteil vom 18.01.2018, Az. IX ZR 144/16). Auch kennt ein Gläubiger die Zahlungseinstellung und damit den Benachteiligungsvorsatz schon dann, wenn er selbst bei Leistungsempfang seine Ansprüche ernsthaft eingefordert hat, diese verhältnismäßig hoch sind und er weiß, dass der Schuldner nicht in der Lage ist, die Forderungen zu erfüllen (BGH, Urteil v. 25.02.2016, Az. IX ZR 109/15; Urteil vom 18. Januar 2018, Az. IX ZR 144/16).

(2) Entsprechend kann sich der Beklagte nicht darauf berufen, dass er vor dem Hintergrund der ihm gegenüber bestehenden laufenden Zahlungsrückstände der Insolvenzschuldnerin nicht von vergleichbarem Zahlungsverhalten der Insolvenzschuldnerin gegenüber anderen Partikulieren wusste, da bei gewerblicher Tätigkeit des Schuldners stets vom Vorliegen weiterer Gläubiger auszugehen ist. Zu Recht hat das Landgericht auch darauf verwiesen, dass dem Beklagten in jedem Fall auch die vergleichbare Zahlungssituation gegenüber der; St GbR bekannt war, nachdem es sich bei den Gesellschaftern um seinen Vater sowie seinen Bruder handelt und die Mutter des Klägers die Buchhaltung beiden Firmen führt.

Für die Kenntnis des Beklagten von der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin und damit deren Benachteiligungsvorsatz bei Vornahme der angefochtenen Zahlungen spricht die Stundungsvereinbarung vom 16.08.2010, welche die Schuldnerin absprachewidrig fortsetzte. Zwar kam es auch bis Juni 2010 zu verspäteten Zahlungen. Allerdings wurden die betreffenden Rechnungen bis zu diesem Zeitpunkt stets in einer Summe, danach nur noch in Raten gezahlt. Ein Gläubiger, dem der Schuldner nach Eintritt der Zahlungseinstellung Ratenzahlungen zur Abwendung der allein aus seiner Forderung herzuleitenden Insolvenz anbietet, kann indes regelmäßig nicht davon ausgehen, dass die Forderungen anderer Gläubiger, mit denen bei einem gewerblich tätigen Schuldner immer zu rechnen ist (BGH, Beschluss v. 06.12.2012, Az. IX ZB 264/11; Urteil v. 25.02.2016, IX ZR 109/15), in vergleichbarer Weise bedient werden wie seine eigenen. Er kann sich nicht der Erkenntnis verschließen, dass andere Gläubiger davon absehen, in gleicher Weise wie er Druck auf den Schuldner auszuüben, um ihre Forderungen einzutreiben.. Vielmehr muss er damit rechnen, dass andere Gläubiger die schleppende Zahlungsweise des Schuldners und damit die Nichtbegleichung ihrer Forderungen hinnehmen. Darum entspricht es einer allgemeinen Lebenserfah rung, dass ein Schuldner - um sein wirtschaftliches Überleben zu sichern - unter dem Druck eines besonders auf Zahlung drängenden Gläubigers Zahlungen bevorzugt an diesen leistet, um ihn zum Stillhalten oder - wie vorliegend - zur Fortsetzung der Transportaufträge zu bewegen. Vor diesem Hintergrund verbietet sich im Regelfall ein Schluss des Gläubigers dahin, dass der Schuldner seine Zahlungen auch im Allgemeinen wieder aufgenommen habe.

Auch gemäß den Angaben der Zeugin St erfolgten Zahlungen nur noch auf Anforderungen, wobei in der Woche vor dem Treffen am 16.08.2010 eine telefonisch zugesagte Zahlung ganz ausgeblieben war. Wenn im Rahmen der Besprechung dann durch einen Vertreter der Schuldnerin mitgeteilt wurde, dass kein Geld da sei und Zahlungen vorläufig eingestellt seien, steht dies letztlich einer Mitteilung der Zahlungsunfähigkeit gleich.

Auch das nachfolgende Zahlungsverhalten der Schuldnerin war nicht geeignet, beim Beklagten die Vorstellung hervorzurufen, es habe sich im August 2010 lediglich um eine vorübergehende Zahlungsstockung gehandelt. Nach Angaben der Zeugin St. musste entweder der Beklagte oder sie selbst bei der Schuldnerin anrufen, wenn Geld aus stand. Von sich aus leistete die Schuldnerin keinerlei Zahlungen mehr. Auch auf die Anforderungen erfolgten jedoch nur Teilzahlungen in glatter Höhe. Dem Beklagten war bekannt, dass er mit der zu transportierten Fracht in Anbetracht des Frachtführerpfandrechts (§ 440 HGB) ein Druckmittel in der Hand hatte und die Schuldnerin daher letztlich auf Anforderung zahlen musste. Wenn diese trotzdem entgegen der vertraglichen Vereinbarung und dem ausdrücklich geäußerten Willen des Beklagten als Gläubiger nur Raten zahlte, musste sich diesem aufdrängen, dass sich sein Vertragspartner in derartigen Zahlungsschwierigkeiten befand, dass laufende Verbindlichkeiten nicht mehr bedient werden konnten.

Unter Gesamtwürdigung der vorbezeichneten Umstände konnte sich der Beklagte aus Sicht eines redlich Denkenden, der vom Gedanken des eigenen Vorteils unbeeinflusst ist, angesichts der ihm bekannten Tatsachen der Einsicht nicht verschließen, dass die Schuldnerin ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen konnte und zahlungsunfähig war (vgl. BGH, Urteil v., 19.02.2009, Az. IX ZR 62/08). Der Senat konnte im Rahmen der Anhörung des Beklagten aus eigener Anschauung den Eindruck gewinnen, dass dieser aufgrund der wirtschaftlichen Abhängigkeit von der Schuldnerin als einziger Auftraggeberin bei gleichzeitig hohem eigenen Investitionsvolumen geneigt war, letztlich wider besseren Wissens vor deren offenkundig überhand nehmenden finanziellen Schwierigkeiten die Augen zu verschließen.

III.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

2. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

3. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen dafür nicht vorliegen (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine revisionsgerichtliche Entscheidung. Über klärungsfähige und klärungsbedürftige Rechtsfragen hat der Senat hier nicht zu befinden. Der Streitfall ist geprägt durch die ihm eigenen Besonderheiten im Tatsachenbereich. Streitentscheidend sind Fragen der Beweiswürdigung.

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In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt e

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(1) Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit. (2) Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner sei

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(1) Eine Leistung des Schuldners, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt, ist nur anfechtbar, wenn die Voraussetzungen des § 133 Absatz 1 bis 3 gegeben sind und der andere Teil erkannt hat, dass der Schuldner un

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(1) Eine Leistung des Schuldners, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt, ist nur anfechtbar, wenn die Voraussetzungen des § 133 Absatz 1 bis 3 gegeben sind und der andere Teil erkannt hat, dass der Schuldner unlauter handelte.

(2) Der Austausch von Leistung und Gegenleistung ist unmittelbar, wenn er nach Art der ausgetauschten Leistungen und unter Berücksichtigung der Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs in einem engen zeitlichen Zusammenhang erfolgt. Gewährt der Schuldner seinem Arbeitnehmer Arbeitsentgelt, ist ein enger zeitlicher Zusammenhang gegeben, wenn der Zeitraum zwischen Arbeitsleistung und Gewährung des Arbeitsentgelts drei Monate nicht übersteigt. Der Gewährung des Arbeitsentgelts durch den Schuldner steht die Gewährung dieses Arbeitsentgelts durch einen Dritten nach § 267 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gleich, wenn für den Arbeitnehmer nicht erkennbar war, dass ein Dritter die Leistung bewirkt hat.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

(1) Eine Leistung des Schuldners, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt, ist nur anfechtbar, wenn die Voraussetzungen des § 133 Absatz 1 bis 3 gegeben sind und der andere Teil erkannt hat, dass der Schuldner unlauter handelte.

(2) Der Austausch von Leistung und Gegenleistung ist unmittelbar, wenn er nach Art der ausgetauschten Leistungen und unter Berücksichtigung der Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs in einem engen zeitlichen Zusammenhang erfolgt. Gewährt der Schuldner seinem Arbeitnehmer Arbeitsentgelt, ist ein enger zeitlicher Zusammenhang gegeben, wenn der Zeitraum zwischen Arbeitsleistung und Gewährung des Arbeitsentgelts drei Monate nicht übersteigt. Der Gewährung des Arbeitsentgelts durch den Schuldner steht die Gewährung dieses Arbeitsentgelts durch einen Dritten nach § 267 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gleich, wenn für den Arbeitnehmer nicht erkennbar war, dass ein Dritter die Leistung bewirkt hat.

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

(1) Der Frachtführer hat für alle Forderungen aus dem Frachtvertrag ein Pfandrecht an dem ihm zur Beförderung übergebenen Gut des Absenders oder eines Dritten, der der Beförderung des Gutes zugestimmt hat. An dem Gut des Absenders hat der Frachtführer auch ein Pfandrecht für alle unbestrittenen Forderungen aus anderen mit dem Absender abgeschlossenen Fracht-, Seefracht-, Speditions- und Lagerverträgen. Das Pfandrecht nach den Sätzen 1 und 2 erstreckt sich auf die Begleitpapiere.

(2) Das Pfandrecht besteht, solange der Frachtführer das Gut in seinem Besitz hat, insbesondere solange er mittels Konnossements, Ladescheins oder Lagerscheins darüber verfügen kann.

(3) Das Pfandrecht besteht auch nach der Ablieferung fort, wenn der Frachtführer es innerhalb von drei Tagen nach der Ablieferung gerichtlich geltend macht und das Gut noch im Besitz des Empfängers ist.

(4) Die in § 1234 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichnete Androhung des Pfandverkaufs sowie die in den §§ 1237 und 1241 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorgesehenen Benachrichtigungen sind an den nach § 418 oder § 446 verfügungsberechtigten Empfänger zu richten. Ist dieser nicht zu ermitteln oder verweigert er die Annahme des Gutes, so haben die Androhung und die Benachrichtigung gegenüber dem Absender zu erfolgen.

(1) Die Berufung findet gegen die im ersten Rechtszug erlassenen Endurteile statt.

(2) Die Berufung ist nur zulässig, wenn

1.
der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder
2.
das Gericht des ersten Rechtszuges die Berufung im Urteil zugelassen hat.

(3) Der Berufungskläger hat den Wert nach Absatz 2 Nr. 1 glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf er nicht zugelassen werden.

(4) Das Gericht des ersten Rechtszuges lässt die Berufung zu, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und
2.
die Partei durch das Urteil mit nicht mehr als 600 Euro beschwert ist.
Das Berufungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

Die Berufungsfrist beträgt einen Monat; sie ist eine Notfrist und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen:

1.
die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
2.
neue Tatsachen, soweit deren Berücksichtigung zulässig ist.

(2) Auf einen Mangel des Verfahrens, der nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, wird das angefochtene Urteil nur geprüft, wenn dieser nach § 520 Abs. 3 geltend gemacht worden ist. Im Übrigen ist das Berufungsgericht an die geltend gemachten Berufungsgründe nicht gebunden.

(1) Was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muß zur Insolvenzmasse zurückgewährt werden. Die Vorschriften über die Rechtsfolgen einer ungerechtfertigten Bereicherung, bei der dem Empfänger der Mangel des rechtlichen Grundes bekannt ist, gelten entsprechend. Eine Geldschuld ist nur zu verzinsen, wenn die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs oder des § 291 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen; ein darüber hinausgehender Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen eines erlangten Geldbetrags ist ausgeschlossen.

(2) Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist. Dies gilt nicht, sobald er weiß oder den Umständen nach wissen muß, daß die unentgeltliche Leistung die Gläubiger benachteiligt.

(3) Im Fall der Anfechtung nach § 135 Abs. 2 hat der Gesellschafter, der die Sicherheit bestellt hatte oder als Bürge haftete, die dem Dritten gewährte Leistung zur Insolvenzmasse zu erstatten. Die Verpflichtung besteht nur bis zur Höhe des Betrags, mit dem der Gesellschafter als Bürge haftete oder der dem Wert der von ihm bestellten Sicherheit im Zeitpunkt der Rückgewähr des Darlehens oder der Leistung auf die gleichgestellte Forderung entspricht. Der Gesellschafter wird von der Verpflichtung frei, wenn er die Gegenstände, die dem Gläubiger als Sicherheit gedient hatten, der Insolvenzmasse zur Verfügung stellt.

(1) Anfechtbar ist eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen, vorgenommen hat, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wußte, daß die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und daß die Handlung die Gläubiger benachteiligte.

(2) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, beträgt der Zeitraum nach Absatz 1 Satz 1 vier Jahre.

(3) Hat die Rechtshandlung dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht, welche dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, tritt an die Stelle der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nach Absatz 1 Satz 2 die eingetretene. Hatte der andere Teil mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem in sonstiger Weise eine Zahlungserleichterung gewährt, wird vermutet, dass er zur Zeit der Handlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht kannte.

(4) Anfechtbar ist ein vom Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138) geschlossener entgeltlicher Vertrag, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn der Vertrag früher als zwei Jahre vor dem Eröffnungsantrag geschlossen worden ist oder wenn dem anderen Teil zur Zeit des Vertragsschlusses ein Vorsatz des Schuldners, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

(1) Eine Rechtshandlung gilt als in dem Zeitpunkt vorgenommen, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten.

(2) Ist für das Wirksamwerden eines Rechtsgeschäfts eine Eintragung im Grundbuch, im Schiffsregister, im Schiffsbauregister oder im Register für Pfandrechte an Luftfahrzeugen erforderlich, so gilt das Rechtsgeschäft als vorgenommen, sobald die übrigen Voraussetzungen für das Wirksamwerden erfüllt sind, die Willenserklärung des Schuldners für ihn bindend geworden ist und der andere Teil den Antrag auf Eintragung der Rechtsänderung gestellt hat. Ist der Antrag auf Eintragung einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf die Rechtsänderung gestellt worden, so gilt Satz 1 mit der Maßgabe, daß dieser Antrag an die Stelle des Antrags auf Eintragung der Rechtsänderung tritt.

(3) Bei einer bedingten oder befristeten Rechtshandlung bleibt der Eintritt der Bedingung oder des Termins außer Betracht.

(1) Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit.

(2) Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZR 54/12
vom
26. Februar 2013
in dem Rechtsstreit
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. Februar 2013 durch den
Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bergmann und die Richterin Caliebe sowie die
Richter Dr. Drescher, Born und Sunder

beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 11. Januar 2012 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.300.000 € festgesetzt.

Gründe:


1
I. Der Kläger ist Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der i. GmbH (Schuldnerin), das auf Eigenantrag vom 25. Mai 2005 am 1. August 2005 eröffnet wurde. Er nimmt den Beklagten als Geschäftsführer der Schuldnerin auf Ersatz von 1.300.000 € nebst Zinsen wegen Zahlungen nach Insolvenzreife in Anspruch (§ 64 Abs. 2 Satz 1 GmbHG in der bis zum 31. Oktober 2008 geltenden Fassung). In erster Linie stützt er seine Klage auf Zahlungen im Zeitraum vom 6. Oktober 2004 bis zum 24. Mai 2005 i.H.v. 1.075.926,30 € und von August bis September 2004 i.H.v. 224.073,70 €. Die Parteien streiten im Wesentlichen um die Frage, ob und gegebenenfalls wann die Schuldnerin bereits vor Stellung des Insolvenzantrags zahlungsunfähig i.S.d. § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO war.
2
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers.
3
II. Die Beschwerde ist begründet und führt unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Das Berufungsgericht hat in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt (§ 544 Abs. 7 ZPO).
4
1. Das Berufungsgericht hat Vorbringen des Klägers zu Tatsachen, die auf eine die Vermutung der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin begründende Zahlungseinstellung i.S.d. § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO hindeuten, in seiner Entscheidung nicht gewürdigt, was den Umständen nach darauf schließen lässt, dass es dieses Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen und erwogen hat.
5
a) Das Berufungsgericht hat seine Würdigung, nach der die Klage bereits unschlüssig ist, darauf gestützt, dass der Kläger eine schon vor dem tatsächlichen Insolvenzantrag eingetretene Zahlungsunfähigkeit nicht dargelegt habe. Dabei hat es sich ausschließlich mit dem umfangreichen Vorbringen des Klägers zur Darlegung der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin i.S.d. § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO anhand einer Liquiditätsbilanz zu den Stichtagen 1. Februar und 1. September 2004 auseinandergesetzt. Dies deutet darauf hin, dass das Berufungsgericht ein nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entscheidungserhebliches Vorbringen des Klägers übersehen hat.
6
Die Darlegung der Zahlungsunfähigkeit anhand einer Liquiditätsbilanz ist entbehrlich, wenn eine Zahlungseinstellung (§ 17 Abs. 2 Satz 2 InsO) die gesetzliche Vermutung der Zahlungsunfähigkeit begründet (BGH, Urteil vom 20. November 2001 - IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178, 184 f.; Urteil vom 12. Oktober 2006 - IX ZR 228/03, ZIP 2006, 2222 Rn. 28; Urteil vom 21. Juni 2007 - IX ZR 231/04, ZIP 2007, 1469 Rn. 27). Zahlungseinstellung ist dasjenige äußere Verhalten des Schuldners, in dem sich typischerweise eine Zahlungsunfähigkeit ausdrückt. Es muss sich also mindestens für die beteiligten Verkehrskreise der berechtigte Eindruck aufdrängen, dass der Schuldner nicht in der Lage ist, seinen fälligen, eingeforderten Zahlungsverpflichtungen zu genügen. Die tatsächliche Nichtzahlung eines erheblichen Teils der fälligen Verbindlichkeiten reicht für die Annahme einer Zahlungseinstellung aus, auch wenn noch geleistete Zahlungen beträchtlich sind, aber im Verhältnis zu den fälligen Gesamtschulden nicht den wesentlichen Teil ausmachen. Sogar die Nichtzahlung einer einzigen Verbindlichkeit kann eine Zahlungseinstellung begründen, wenn die Forderung von insgesamt nicht unbeträchtlicher Höhe ist. Haben im fraglichen Zeitpunkt fällige Verbindlichkeiten bestanden, die bis zur Verfahrenseröffnung nicht mehr beglichen worden sind, ist regelmäßig von Zahlungseinstellung auszugehen (BGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - IX ZR 134/10, ZIP 2011, 1416 Rn. 12, 15; Urteil vom 24. Januar 2012 - II ZR 119/10, ZIP 2012, 723 Rn. 13; Urteil vom 27. März 2012 - II ZR 171/10, ZIP 2012, 1174 Rn. 25; Urteil vom 29. März 2012 - IX ZR 40/10, WM 2012, 998 Rn. 15; Versäumnisurteil vom 19. Juni 2012 - II ZR 243/11, ZIP 2012, 1557 Rn. 24; Urteil vom 10. Januar 2013 - IX ZR 13/12, ZIP 2013, 174 Rn. 16 - Göttinger Gruppe).
7
b) Der Kläger hat bereits im Verfahren erster Instanz vorgetragen, dass im Zeitraum der streitgegenständlichen Zahlungen fällige Verbindlichkeiten erhebli- chen Umfangs bestanden hätten, die bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht ausgeglichen worden seien. Dieses Vorbringen hat der Kläger auf den Hinweis des Berufungsgerichts vom 5. September 2011 hin zumindest im Hinblick auf die bis einschließlich September 2004 fälligen Verbindlichkeiten wiederholt. Mit diesem Vorbringen setzt sich das Urteil nicht auseinander. Aus dem Berufungsurteil wird auch nicht deutlich, dass das Vorbringen vom Rechtsstandpunkt des Berufungsgerichts aus betrachtet unerheblich war.
8
2. Der Verfahrensfehler ist entscheidungserheblich. Der Kläger hat unter Angabe des jeweiligen Gläubigers, des Rechnungsdatums und des Fälligkeitsdatums bis August 2004 fällige Verbindlichkeiten in Höhe von mehr als 15.000 € behauptet, die bis zur Verfahrenseröffnung nicht ausgeglichen wurden. Diese Verbindlichkeiten wuchsen nach den Angaben des Klägers bis Ende September 2004 auf ca. 25.000 € und bis Ende Oktober 2004 auf über 43.000 € an. Diese Beträge können angesichts der vom Berufungsgericht festgestellten Gesamtverbindlichkeiten von rund 400.000 € zum 1. September 2004 nicht als unerheblich angesehen werden.
9
III. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
10
1. Das Berufungsgericht wird sich mit der Wirksamkeit der fristlosen Kündigung der Geschäftsbeziehung durch die D. Bank mit Schreiben vom 27. Februar 2003 auseinandersetzen müssen. Kommt das Berufungsgericht zu dem Ergebnis, dass die Kündigung berechtigt war, können die Verbindlichkeiten der Schuldnerin gegenüber der D. Bank nicht deswegen unberücksichtigt bleiben, weil der Kläger die Saldenstände zu den einzelnen Darlehen nicht ausreichend dargelegt hat oder nicht erkennbar ist, ob und in welchem Umfang die mit der Kündigung fälligen Verbindlichkeiten zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch offen waren. Nach den oben dargestellten Grundsätzen ist allein der Umstand, dass ein wesentlicher Teil der zum Jahresende 2003 bestehenden Verbindlichkeiten gegenüber der D. Bank nicht (vollständig) ausgeglichen wurde, ein erhebliches Indiz für eine Zahlungseinstellung.
11
Nach der Bilanz der Schuldnerin zum 31. Dezember 2003, vorgelegt als Anlage K 24, bzw. den Vorjahreszahlen der vom Beklagten als Anlage B 14 vorgelegten Bilanz zum 31. Dezember 2004 haben zum Jahresende 2003 Verbindlichkeiten der Schuldnerin gegenüber der D. Bank im Umfang von rund 310.000 € bestanden. Die vom Kläger unter Bezugnahme auf die Anlage BB 10 behaupteten Kreditsalden zum 1. Januar 2004 weichen hiervon zwar geringfügig ab. Aus dem Gesamtzusammenhang ist jedoch zu ersehen, dass ein wesentlicher Teil der zum Jahresende 2003 fälligen Kreditsalden bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht zurückgezahlt wurde. Dies gilt insbesondere für den auf dem Konto Nr. …1 eingeräumten Kredit, der am 1. Januar 2004 i.H.v. 170.324,12 € zur Rückzahlung fällig war und zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung noch i.H.v. 131.018,57 € bestand.
12
2. Für die Frage der Zahlungseinstellung kommt es daher auch nicht entscheidend auf den im Februar 2004 gewährten Zahlungsaufschub an, weil die Verbindlichkeiten zu diesem Zeitpunkt bereits mehr als drei Wochen offen standen. Im Zusammenhang mit dem Zahlungsaufschub hat das Berufungsgericht im Übrigen verkannt, dass es für die Fälligkeit der Verbindlichkeiten im insolvenzrechtlichen Sinne nach Ablauf des 30. Juni 2004 keiner erneuten Zahlungsaufforderung bedurfte. Von der Nichtzahlung einer nach § 271 Abs. 1 BGB fälligen Forderung darf zwar nicht schematisch auf die Zahlungsunfähigkeit geschlossen werden. Eine Forderung ist vielmehr nur dann zu berücksichtigen, wenn eine Gläubigerhandlung feststeht, aus der sich der Wille, vom Schuldner Erfüllung zu verlangen, im Allgemeinen ergibt. Hierfür genügen sämtliche fälligkeitsbegründenden Handlungen des Gläubigers, gleich ob die Fälligkeit aus der ursprüng- lichen Vertragsabrede oder aus einer nach Erbringung der Leistung übersandten Rechnung herrührt. Eine zusätzliche Rechtshandlung im Sinne eines Einforderns ist daneben entbehrlich. Dieses Merkmal dient allein dem Zweck, solche fälligen Forderungen bei der Prüfung der Zahlungsunfähigkeit auszuschließen, die rein tatsächlich - also auch ohne rechtlichen Bindungswillen oder erkennbare Erklärung - gestundet sind (BGH, Beschluss vom 19. Juli 2007 - IX ZB 36/07, BGHZ 173, 286 Rn. 18 f.; Urteil vom 20. Dezember 2007 - IX ZR 93/06, ZIP 2008, 420 Rn. 25 f.; Urteil vom 14. Mai 2009 - IX ZR 63/08, BGHZ 181, 132 Rn. 22; Beschluss vom 14. Juli 2011 - IX ZB 57/11, ZIP 2011, 1875 Rn. 9; Urteil vom 22. November 2012 - IX ZR 62/10, ZIP 2013, 79 Rn. 8).
13
Die D. Bank hatte sich bereits mit Schreiben vom 2. März 2004 alle Maßnahmen zur Beitreibung ihrer Forderungen nach Ablauf des 30. Juni 2004 vorbehalten und damit ihren Willen, Zahlung zu verlangen, unmissverständlich bekundet. Dies wird das Berufungsgericht in seiner tatrichterlichen Würdigung zu berücksichtigen haben. Zu würdigen ist - wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat - auch, dass die Ausführung weiterer Überweisungen und die Zulassung von Kontobelastungen ein Anhaltspunkt dafür sind, dass die D. Bank der Schuldnerin wieder Kredit eingeräumt hat und damit zugleich von ihrem Erfüllungsverlangen Abstand genommen haben könnte. In Widerspruch dazu steht es allerdings, dass die D. Bank das Kontokorrentverhältnis ungeachtet dessen nicht fortgesetzt hat, sondern - wie aus der Anlage BB 10 zu ersehen - weiter vom Verzug der Schuldnerin ausgegangen ist (vgl. zur Fortsetzung eines Kontokorrentverhältnisses: BGH, Urteil vom 20. Mai 2003 - XI ZR 235/02, ZIP 2003, 1435, 1436). Näher zu begründen wäre auch, warum einzelne weitere Belastungen auf dem Konto Nr. …0 die Fälligkeit sämtlicher Verbindlichkeiten aus der Geschäftsverbindung in Frage stellen sollen.
14
3. Sollte das Berufungsgericht die Überzeugung von einer Zahlungseinstellung i.S.d. § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO gewinnen, steht es dem Beklagten offen, die Vermutung der Zahlungsunfähigkeit zu widerlegen, indem er etwa konkret vorträgt und gegebenenfalls beweist, dass eine Liquiditätsbilanz im maßgebenden Zeitraum für die Schuldnerin eine Deckungslücke von weniger als 10 % ausgewiesen hat (BGH, Urteil vom 24. Mai 2005 - IX ZR 123/04, BGHZ 163, 134, 144 ff.; Urteil vom 30. Juni 2011 - IX ZR 134/10, ZIP 2011, 1416 Rn. 20; Urteil vom 15. März 2012 - IX ZR 239/09, ZIP 2012, 735 Rn. 18).
Bergmann Caliebe Drescher Born Sunder
Vorinstanzen:
LG Hannover, Urteil vom 4. April 2011 - 1 O 28/09
OLG Celle, Urteil vom 11. Januar 2012 - 9 U 65/11

(1) Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit.

(2) Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.

(1) Der Insolvenzverwalter hat jede angemeldete Forderung mit den in § 174 Abs. 2 und 3 genannten Angaben in eine Tabelle einzutragen. Die Tabelle ist mit den Anmeldungen sowie den beigefügten Urkunden innerhalb des ersten Drittels des Zeitraums, der zwischen dem Ablauf der Anmeldefrist und dem Prüfungstermin liegt, in der Geschäftsstelle des Insolvenzgerichts zur Einsicht der Beteiligten niederzulegen.

(2) Hat ein Gläubiger eine Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung, aus einer vorsätzlich pflichtwidrig verletzten gesetzlichen Unterhaltspflicht oder aus einer Steuerstraftat nach den §§ 370, 373 oder § 374 der Abgabenordnung angemeldet, so hat das Insolvenzgericht den Schuldner auf die Rechtsfolgen des § 302 und auf die Möglichkeit des Widerspruchs hinzuweisen.

(1) Eine Forderung gilt als festgestellt, soweit gegen sie im Prüfungstermin oder im schriftlichen Verfahren (§ 177) ein Widerspruch weder vom Insolvenzverwalter noch von einem Insolvenzgläubiger erhoben wird oder soweit ein erhobener Widerspruch beseitigt ist. Ein Widerspruch des Schuldners steht der Feststellung der Forderung nicht entgegen.

(2) Das Insolvenzgericht trägt für jede angemeldete Forderung in die Tabelle ein, inwieweit die Forderung ihrem Betrag und ihrem Rang nach festgestellt ist oder wer der Feststellung widersprochen hat. Auch ein Widerspruch des Schuldners ist einzutragen. Auf Wechseln und sonstigen Schuldurkunden ist vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle die Feststellung zu vermerken.

(3) Die Eintragung in die Tabelle wirkt für die festgestellten Forderungen ihrem Betrag und ihrem Rang nach wie ein rechtskräftiges Urteil gegenüber dem Insolvenzverwalter und allen Insolvenzgläubigern.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 219/16 Verkündet am:
23. Mai 2017
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2017:230517UXIZR219.16.0

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 23. Mai 2017 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Ellenberger, die Richter Dr. Joeres und Dr. Matthias sowie die Richterinnen Dr. Menges und Dr. Dauber
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 27. April 2016 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zu ihrem Nachteil erkannt worden ist. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 27. April 2016 aufgehoben , soweit die Klage hinsichtlich des Anspruches der Klägerin auf Zahlung von 394.856,91 € nebst ausgerechneter Zinsen seit dem 16. April 2007 sowie des ausgerechneten Zinsanspruches für das Jahr 2001 in Höhe von 16.381,21 € abgewiesen worden ist. Im Übrigen wird die Revision der Klägerin zurückgewiesen. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer selbstschuldnerischen Höchstbetragsbürgschaft in Anspruch.
2
Die Klägerin ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts. Sie unterstützt das Land Brandenburg bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben, insbesondere bei Maßnahmen im Bereich der Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur. In Erfüllung der gesetzlich zugewiesenen Aufgaben gewährte die Klägerin mit Bescheid vom 12. April 2000 der L. GmbH (im Folgenden: L. GmbH) eine zweckgebundene Zuwendung in Höhe von 1.748.000 DM (= 893.738,21 €) zur Finanzierung von 23% der zuwendungsfähigen Investitionen des Projekts "Erweiterung der Veredelungskapazitäten der LA. " in G. . Im Zuwendungsbescheid wurde der L. GmbH auferlegt, die geförderte Betriebsstätte für mindestens fünf Jahre über den Investitionszeitraum , der sich vom 1. Januar 1999 bis zum 31. Dezember 2001 erstreckte, hinaus zu betreiben. Bestandteile des Bescheides waren die Anlage 1 ("Finanzierungsplan /Besondere Nebenbestimmungen") und "Allgemeine Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P)". Anlage 1 enthält unter anderem die Auflage, dass nach Abschluss der Investition die Schaffung und Besetzung von 16 Arbeitsplätzen (davon 12 für Frauen) zu den bestehenden 100 Arbeitsplätzen (davon 29 für Frauen) nachzuweisen und für einen Zeitraum von fünf Jahren nach Abschluss des Vorhabens die durchgängige Besetzung der Stellen zu gewährleisten ist (Nr. 2.3.5), sowie einen Widerrufsvorbehalt , auch für die Vergangenheit, für den Fall der wesentlichen Verschlechterung der Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit des Zuwendungsempfängers innerhalb der Bindungsfristen, insbesondere der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens (Nr. 2.4.1).
3
Auf Antrag der L. GmbH wurde der Investitions- und Durchführungszeitraum durch die Änderungsbescheide vom 5. November 2001 und vom 7. November 2002 verlängert. Mit Kaufvertrag vom 10. Dezember 2003 veräußerte die L. GmbH ihre Assets an die P. GmbH. Diese veräußerte die Assets durch Kaufvertrag vom 11. Dezember 2003 an die später in eine GmbH umgewandelte La. AG (im Folgenden: LA. AG). In beiden Verträgen erklärte sich die jeweilige Käuferin mit dem Beitritt in den Förderantrag und den sich daraus ergebenden Verpflichtungen unter Freistellung der jeweiligen Verkäuferin einverstanden.
4
Mit Schreiben vom 22. Januar 2004 teilte die LA. AG der Klägerin mit, dass Investitionsbeginn der 24. Januar 2000 gewesen sei. Durch Zuwendungsbescheid vom 5. Mai 2004 wurde die LA. AG, deren alleinige Aktionärin die Beklagte war, unter erneuter Verlängerung des Investitions- bzw. Durchführungszeitraums und gleichzeitiger Reduzierung der Arbeitsplatzauflage auf 80, die für einen Zeitraum von 7,25 Jahren nach Abschluss des Vorhabens zu gewährleisten waren, anstelle der L. GmbH als Zuwendungsempfängerin in das Förderverhältnis aufgenommen.
5
Durch Bescheid vom 18. April 2005 wies die Klägerin die LA. AG darauf hin, dass aufgrund der nochmaligen Verlängerung des Investitionszeitraumes die Bindefristen für die Wirtschaftsgüter bis zum 30. September 2010 und für die Dauerarbeitsplätze bis zum 30. Dezember 2012 verlängert worden seien.
6
Mit Schreiben vom 11. Juni 2004 dankte die LA. AG der Klägerin für die Änderung des Zuwendungsbescheides vom 12. April 2000 und reichte eine Erklärung der Beklagten vom 27. Mai 2004 ein, durch die diese zur Sicherung der Forderungen aus dem Subventionsverhältnis, insbesondere möglicher zukünfti- ger Erstattungsansprüche, eine Höchstbetragsbürgschaft bis zu einem Betrag von 1.072.486 € einschließlich Zinsen und Kosten übernahm.
7
Insgesamt wurden durch die L. GmbH und die LA. AG Fördermittel in Höhe von 587.368,91 € abgerufen.
8
Am 13. Dezember 2007 erließ die Klägerin gegenüber der LA. AG einen Feststellungs- und Leistungsbescheid, mit dem sie den Zuwendungsbescheid vom 12. April 2000, zuletzt geändert am 18. April 2005, infolge des Eintritts einer auflösenden Bedingung für teilweise unwirksam erklärte und einen zu erstattenden Betrag in Höhe von 394.856,91 € festsetzte. Zur Begründung führte die Klägerin aus, dass der maximal mögliche Subventionswert überschritten worden sei. Der Erstattungsbetrag sei ab dem 16. April 2007 mit 3% über dem jeweiligen Diskontsatz bzw. Basiszinssatz zu verzinsen. Der festgesetzte Erstattungsbetrag sei spätestens zehn Tage nach Eintritt der Unanfechtbarkeit des Bescheides zu überweisen. Die LA. AG legte Widerspruch gegen diesen Bescheid ein und erhob gegen den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 20. Januar 2009 Klage vor dem Verwaltungsgericht, die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der LA. AG am 1. August 2009 durch den Insolvenzverwalter der LA. AG zurückgenommen wurde.
9
Durch Bescheid vom 8. September 2009 widerrief die Klägerin gegenüber dem Insolvenzverwalter den Zuwendungsbescheid vom 12. April 2000 rückwirkend zum Bewilligungszeitpunkt vollständig und forderte Rückzahlung weiterer 192.512 € nebst Zinsen. Zur Begründung führte die Klägerin insbesondere an, dass infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die LA. AG nicht mehr in der Lage sei, die Arbeitsplatzauflagen sowie den Zuwendungszweck, die Fortsetzung der Betriebstätigkeit bis zum 30. Januar 2012, zu erfüllen.
10
Die Klägerin meldete in der Folgezeit ihre Forderung bei dem Insolvenzverwalter zur Tabelle an. Eine Forderung in Höhe von 587.368,91 € nebst Zinsen in Höhe von 224.721,87 € wurde zur Tabelle festgestellt.
11
Die Klägerin forderte die Beklagte mit Schreiben vom 21. September 2011 erfolglos zur Zahlung bis zum 21. Oktober 2011 auf.
12
Das Landgericht hat der auf Zahlung von 587.368,91 € nebst Zinsen in Höhe von 224.721,87 € für den Zeitraum vom 15. Februar 2001 bis zum 31. Juli 2009 sowie weiterer Verzugszinsen gerichteten Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Verurteilung in Höhe von 192.512 € nebst Zinsen ab dem Jahr 2002 aufrechterhalten und die Klage im Übrigen abgewiesen.
13
Die Klägerin verfolgt mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision ihren Anspruch auf Zahlung weiterer 394.856,91 € nebst Zinsen und ausgerechneter Zinsen für das Jahr 2001 in Höhe von 16.381,21 € weiter; die Beklagte begehrt mit ihrer vom Berufungsgericht ebenfalls zugelassenen Revision die vollständige Klagabweisung.

Entscheidungsgründe:

14
Die Revision der Klägerin hat im Wesentlichen, die der Beklagten in vollem Umfang Erfolg. Die Revisionen führen in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zur Aufhebung des Berufungsurteils.

I.

15
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner in juris veröffentlichten Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
16
Die Beklagte habe die Bürgschaft wirksam übernommen. Sie könne sich nicht darauf berufen, dass die Insolvenz der Zuwendungsempfängerin und ein hierauf gestützter Widerrufsgrund nicht in ihrem Erwartungshorizont als Bürgin gelegen hätten. Ob die entsprechende Vertragsklausel überraschend im Sinne des § 305c BGB gewesen sei, könne dahinstehen, da dies nicht die Unwirksamkeit der Bürgschaft zur Folge hätte, sondern nur zu einer Beschränkung der Bürgenhaftung auf Erstattungsansprüche führte, die auf einer Aufhebung des Zuwendungsbescheides aus vom Zuwendungsempfänger zu verantwortenden oder zu beeinflussenden Gründen beruhten. Um solche Fälle handele es sich bei den Bescheiden der Klägerin vom 13. Dezember 2007 und vom 8. September

2009.

17
Weiter scheitere eine Inanspruchnahme der beklagten Bürgin nicht wegen Fehlens einer wirksamen Hauptschuld. Die Beklagte hafte für Erstattungsansprüche der Klägerin nur insoweit, als die Klägerin die Zuwendungsempfängerin bei fehlerfreier Ermessensausübung durch einen rechtmäßigen Verwaltungsakt tatsächlich in Anspruch genommen hätte.
18
Entgegen der Auffassung der Beklagten bestünden gegen die formelle Rechtmäßigkeit des Feststellungs- und Leistungsbescheides vom 13. Dezember 2007 und des Widerrufsbescheides vom 8. September 2009 keine durchgreifenden Bedenken. Beide Bescheide seien zu Recht gegenüber der LA. AG ergangen. Mit Erlass des Änderungsbescheides vom 5. Mai 2004 habe ein Wechsel des Subventionsempfängers stattgefunden, so dass anstelle der L. GmbH als ursprünglicher Zuwendungsempfängerin die LA. AG in das Zuwendungsverhältnis mit der Klägerin eingetreten sei. Die Klägerin habe mit dem Änderungsbescheid eindeutig zu erkennen gegeben, dass an die Stelle der ursprünglichen Zuwendungsempfängerin die LA. AG treten solle. Aus dem Wortlaut dieses Bescheides ergebe sich nicht, dass die LA. AG nur für die Zukunft in das Subventionsverhältnis eintreten solle. In dem an die LA. AG gerichteten Änderungsbescheid hätten der Investitions- bzw. Durchführungszeitraum und die Verteilung der Zuwendung auf die Haushaltsjahre nicht nur den Zeitraum nach dem Zuwendungsempfängerwechsel umfasst. Auch der Umfang der seitens der Klägerin für die weitere Auszahlung verlangten Bürgschaft bis zu einem Höchstbetrag von 1.072.486 € lasse keinen Zweifel daran, dass die LA. AG umfassend in das Zuwendungsverhältnis habe eintreten sollen. Dem lasse sich nicht entgegenhalten, dass zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 5. Mai 2004 ein Großteil der bewilligten Zuschüsse bereits an die L. GmbH ausgezahlt gewesen sei. Diese Zuschüsse seien wirtschaftlich der LA. AG zugeflossen, weil diese die mit den Fördermitteln angeschafften Wirtschaftsgüter erworben habe. Die LA. AG habe sich im Kaufvertrag vom 11. Dezember 2003 ausdrücklich mit dem von der L. GmbH beantragten Eintritt der Erwerberin in das Förderverhältnis und den sich daraus ergebenden Verpflichtungen unter Freistellung der Verkäuferin einverstanden erklärt. Aufgrund der im Kaufvertrag enthaltenen Übersicht über die bis dahin ausgezahlten Fördermittel und der beigefügten Liste der geförderten Wirtschaftsgüter bestehe kein Zweifel daran, dass der LA. AG der Erwerb dieser Wirtschaftsgüter mit den Fördermitteln bekannt gewesen sei. Die L. GmbH habe den Wechsel des Zuwendungsempfängers beantragt. Dieser habe auch dem Willen der übrigen Beteiligten , insbesondere dem der LA. AG entsprochen. Diese habe sich für die Änderung des Zuwendungsbescheides bei der Klägerin bedankt, die Bürgschaft der Beklagten übermittelt und gegen den Bescheid vom 5. Mai 2004 keinen Wi- derspruch eingelegt. Als begünstigender Verwaltungsakt stehe der Bescheid vom 5. Mai 2004 nicht unter dem Vorbehalt des Gesetzes.
19
Die Beklagte könne mit ihren materiell-rechtlichen Einwendungen gegen den an sich rechtswidrigen Feststellungs- und Leistungsbescheid vom 13. Dezember 2007 nicht durchdringen. Er sei innerhalb der Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfGBbg (i.d.F. vom 4. August 1998, GVBl. I S. 178) ergangen. Ein Ermessensnichtgebrauch infolge Annahme einer auflösenden Bedingung lasse die Haftung der Beklagten nicht entfallen. Bei fehlerfreier Ermessensausübung hätte die Klägerin den Förderbescheid gegenüber der LA. AG in gleichem Umfang widerrufen.
20
Die Beklagte könne ihrer Inanspruchnahme auch nicht mit Erfolg entgegenhalten , der rückwirkend zum Bewilligungszeitpunkt erfolgte Widerruf des Zuwendungsbescheids mit Bescheid vom 8. September 2009 sei nicht rechtmäßig gewesen. Wenngleich die Klägerin sich auf den Widerrufsgrund der Nichterreichung des Zuwendungszwecks nicht habe berufen können und in Bezug auf die Nichterfüllung einer Auflage ihrer Begründungspflicht in dem Widerrufsbescheid nicht fehlerfrei nachgekommen sei, stehe ihr Ermessensfehler der Inanspruchnahme der beklagten Bürgin nicht entgegen, weil bei fehlerfreier Ermessensausübung der Widerruf gleichermaßen erfolgt wäre. Die LA. AG habe die Auflage, eine bestimmte Anzahl an Dauerarbeitsplätzen für einen Zeitraum von 7,25 Jahren nach Abschluss der Investition zu gewährleisten, nicht erfüllt. Die Frist von 7,25 Jahren sei frühestens am 30. Juni 2012 abgelaufen. Die Arbeitsplätze seien unstreitig nicht über das Jahr 2010 hinaus besetzt worden. Lägen damit die Voraussetzungen des § 49 Abs. 3 Nr. 2 VwVfG i.V.m. § 1 VwVfGBbg (i.d.F. vom 7. Juli 2009, GVBl. I S. 262) vor, sei der Klägerin lediglich vorzuwerfen, ihre Ermessensentscheidung nicht hinreichend begründet zu haben. Den Anforderungen an die Begründungspflicht im Falle eines intendier- ten Ermessens habe die Klägerin nicht genügt, indem sie die Möglichkeit eines Teilwiderrufs zwar erwogen, aber lediglich formelhaft abgelehnt habe. Die Ermessensfehlerhaftigkeit führe jedoch nur dazu, dass im vorliegenden Verfahren geprüft werden müsse, ob und in welcher Höhe die Klägerin den Zuwendungsbescheid bei fehlerfreier Ermessensausübung unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Falles tatsächlich widerrufen hätte. Konkrete Umstände , die einen lediglich teilweisen Widerruf gerechtfertigt hätten, lägen nicht vor. Die LA. AG habe das Ziel für die Vorhaltung der Dauerarbeitsplätze um fast 40% verfehlt. Da die Verlängerung der Vorhaltezeit mit einer Reduzierung der geforderten Dauerarbeitsplätze einhergegangen und die LA. AG auch insoweit gescheitert sei, sei für einen teilweisen Widerruf kein Raum.
21
Eine gesicherte Hauptforderung stehe der Klägerin allerdings insoweit nicht zu, als sie für den Zeitraum vor dem 16. April 2007 aus einem 192.512 € übersteigenden Betrag keine Zinsen verlangen könne. Mit dem Feststellungsund Leistungsbescheid vom 13. Dezember 2007 habe die Klägerin den Zuwendungsbescheid lediglich rückwirkend zum 16. April 2007 widerrufen. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerrufsbescheides vom 8. September 2009 sei der Zuwendungsbescheid vom 12. April 2000 mithin bereits teilweise in Höhe von 394.856,91 € unwirksam gewesen, weshalb der Widerrufsbescheid einschließlich der dort geregelten Verzinsungspflicht nur noch Zuwendungen in Höhe von 192.512 € habe erfassen können.
22
Die Beklagte könne wegen Verjährung die Zahlung von Zinsen für das Jahr 2001 sowie die Zahlung von 394.856,91 € nebst Zinsen hieraus seit dem 16. April 2007 verweigern. Im Übrigen greife die Verjährungseinrede nicht durch.
23
Die Hauptforderung der Klägerin gegen die LA. AG aus § 49a Abs. 1 VwVfGBbg auf Zahlung von 394.856,91 € sei nach den allgemeinen Verjährungsregeln der §§ 195 ff. BGB nicht verjährt. Sie sei mit Erlass des Feststellungs - und Leistungsbescheides vom 13. Dezember 2007 entstanden, da bei Vorliegen eines Widerrufsgrundes erst die behördliche Erklärung des Widerrufs den Rückforderungsanspruch auslöse. Die Regelverjährung habe daher mit Ablauf des 31. Dezember 2007 begonnen und sei sogleich durch den Feststellungs - und Leistungsbescheid gehemmt worden. Die Hemmung habe mit Rücknahme der Klage im Jahre 2009 geendet. Infolge der Unanfechtbarkeit des Bescheides betrage die Verjährungsfrist nun 30 Jahre (§ 53 Abs. 1 und 2 VwVfGBbg). Auch der Anspruch der Klägerin gegen die LA. AG auf Zahlung von 192.512 € sei nicht verjährt. Die für den Verjährungsbeginn gemäß § 199 Abs. 1 BGB erforderlichen Umstände lägen unzweifelhaft erst seit dem Jahre 2009 vor. Die dreijährige Verjährungsfrist habe daher erst am 31. Dezember 2009 zu laufen begonnen und sei bereits mit Anmeldung der Forderung zur Tabelle gehemmt worden. Überdies sei die dreijährige Verjährungsfrist durch die Feststellung zur Tabelle durch eine 30jährige ersetzt worden.
24
Die Zinsansprüche der Klägerin seien nur in geringem Umfang verjährt. Nicht verjährt sei der Zinsanspruch in Höhe von 3 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 394.856,91 € seit dem 16. April 2007. Dieser sei erst im Jahr 2007 entstanden und mit dem Feststellungs- und Leistungsbescheid vom 13. Dezember 2007 dem Grunde nach festgestellt worden, wodurch die Zinsforderung gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 VwVfGBbg gehemmt worden sei. Auch die Ansprüche auf Zinsen aus 192.512 € seit dem 1. Januar 2002 seien nicht verjährt. Jedenfalls habe die Anmeldung der Forderung zur Tabelle am 18. September 2009 zur Hemmung der Verjährung geführt. Zu diesem Zeitpunkt sei die Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen gewesen. Die für den Verjährungsbeginn erforderliche Kenntnis habe die Klägerin nicht vor Eröffnung des Insol- venzverfahrens am 1. August 2009 gehabt. Der Zinsanspruch für das Jahr 2001 sei hingegen verjährt. Insoweit seien die §§ 197, 201 BGB in der bis zum 31. Dezember 2001 gültigen Fassung anzuwenden. Die Zinsansprüche seien aufgrund des Widerrufsbescheides vom 8. September 2009 rückwirkend, nämlich sukzessive mit dem jeweils verzinsten Zeitraum entstanden, so dass für die Ansprüche aus dem Jahr 2001 die vierjährige Verjährungsfrist am 31. Dezember 2005 abgelaufen sei.
25
Die Einrede der Verjährung der Bürgschaftsforderung greife durch, soweit die Inanspruchnahme für die mit Feststellungs- und Leistungsbescheid vom 13. Dezember 2007 geltend gemachten Ansprüche auf Rückerstattung von 394.856,91 € nebst Zinsen in Rede stehe. Der Klägerin sei es verwehrt, sich auf die im Feststellungs- und Leistungsbescheid getroffene Bestimmung zu berufen , wonach der Erstattungsbetrag spätestens zehn Tage nach Eintritt der Unanfechtbarkeit des Bescheides zu überweisen sei. Der mit Erlass des Bescheides entstandene Rückforderungsanspruch sei grundsätzlich sofort fällig gewesen. Die eingelegten Rechtsbehelfe seien ohne Einfluss auf die Fälligkeit gewesen. Demgegenüber führe die in Rede stehende Bestimmung zu einem die beklagte Bürgin belastenden Hinausschieben der Fälligkeit und sei ihr gegenüber gemäß § 767 Abs. 1 Satz 3 BGB nicht wirksam. Es handle sich nicht um eine zulässige kurzfristige Stundung einer bereits fälligen Forderung. Mit der Anknüpfung des Fälligkeitszeitpunktes an die Unanfechtbarkeit des Bescheides habe die Klägerin die Fälligkeit auf nahezu unbestimmte Zeit hinausgeschoben und hierdurch das von der beklagten Bürgin zu tragende Insolvenzrisiko erheblich erhöht. Im vorliegenden Fall habe es 19 ½ Monate gedauert, bis der Bescheid unanfechtbar geworden sei. Mit einer derartigen Erweiterung ihrer Bürgenhaftung infolge des Hinausschiebens der Fälligkeit der Rückerstattung habe die Beklagte nicht rechnen müssen. Dieser Sichtweise lasse sich nicht entgegenhalten , dass es im Interesse der Klägerin, aber auch der Hauptschuldnerin liege, letztere nur mit bestandskräftigen Erstattungsforderungen zu belasten. Diese Wirkung hätte die Klägerin auch dadurch erzielen können, dass sie der LA. AG eine etwas längere Zahlungsfrist als die Widerspruchsfrist von einem Monat eingeräumt hätte, da die Klägerin während des Rechtsbehelfsverfahrens aufgrund der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage den Bescheid nicht habe vollstrecken können.

II.

26
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.
A. Revision der Beklagten
27
Die Revision der Beklagten ist begründet.
28
Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Anspruch der Klägerin gemäß § 765 Abs. 1 BGB gegen die Beklagte als Bürgin für den mit Widerrufsbescheid vom 8. September 2009 geltend gemachten Erstattungsanspruch in Höhe von 192.512 € nebst Zinsen nicht bejaht werden.
29
1. Rechtsfehlerfrei ist allerdings die Auffassung des Berufungsgerichts, dass durch die Erklärung der Beklagten vom 27. Mai 2004 ihre Verpflichtung als Bürgin wirksam begründet worden ist und Erstattungsansprüche der Klägerin aus dem Widerrufsbescheid vom 8. September 2009 gegen die LA. AG grundsätzlich vom Sicherungszweck dieser Bürgschaft umfasst werden.
30
a) Der Wortlaut der in der Bürgschaftserklärung vom 27. Mai 2004 enthaltenen Zweckerklärung umfasst sämtliche Ansprüche der Klägerin gegen die LA. AG aus dem Subventionsverhältnis, insbesondere mögliche zukünftige Erstattungsansprüche. Dazu gehört der Erstattungsanspruch der Klägerin aus dem Bescheid vom 8. September 2009.
31
b) Dies gilt auch dann, wenn die Bürgschaftserklärung von der Klägerin vorformuliert worden ist. Davon ist im Revisionsverfahren mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts zugunsten der Beklagten auszugehen. Die Zweckerklärung ist weder nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam noch nach § 305c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil geworden.
32
aa) Die Sicherungszweckerklärung ist nicht mit dem wesentlichen Grundgedanken des § 767 Abs. 1 Satz 3 BGB unvereinbar (vgl. dazu BGH, Urteil vom 13. November 1997 - IX ZR 289/96, BGHZ 137, 153, 155 f. mwN). Mögliche Ansprüche der Klägerin sind an genau definierte Voraussetzungen gebunden, so dass die Verbindlichkeiten der Hauptschuldnerin aus dem Subventionsverhältnis nicht allein vom Handeln Dritter bestimmt werden. Überdies handelt es sich bei den von der Zweckerklärung umfassten Ansprüchen gerade um diejenigen, die Veranlassung gegeben haben, die Bürgschaft abzugeben.
33
bb) Es war für die Beklagte als Bürgin auch nicht überraschend, dass die Sicherungszweckerklärung der Bürgschaft auch Erstattungsansprüche der Klägerin umfasst, die auf der Rückforderung von Subventionen beruhen, die an die L. GmbH ausgezahlt worden sind und für die die LA. AG nun haften soll. Dies folgt daraus, dass eine Höchstbetragsbürgschaft über 1.072.486 € von der Klägerin verlangt wurde. Dies entspricht aus Sicht der Beklagten ohne weiteres der Gesamtsumme der gewährten Subventionen in Höhe von 893.738,21 € nebst Zinsen und Kosten.
34
2. Rechtsfehlerhaft ist hingegen die Begründung, mit der das Berufungsgericht einen durch die Bürgschaft gesicherten Erstattungsanspruch der Klägerin gegen die Hauptschuldnerin in Höhe von 192.512 € nebst zugesprochener Zinsen aufgrund des Widerrufsbescheides vom 8. September 2009 bejaht hat. Der Widerrufsbescheid vom 8. September 2009 war rechtswidrig. Die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts tragen nicht die Schlussfolgerung, dass die Klägerin die Hauptschuldnerin bei fehlerfreier Ermessensausübung durch einen rechtmäßigen Verwaltungsakt tatsächlich in dieser Höhe in Anspruch genommen hätte.
35
a) Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 28. April 2009 - XI ZR 86/08, WM 2009, 1180 Rn. 32 ff.) sichert die Bürgschaft der Beklagten nicht jede durch einen wirksamen Widerrufsbescheid begründete Erstattungsforderung der Klägerin. Das Berufungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Beklagte nach dem Sicherungszweck der - für das Revisionsverfahren unterstellt - formularmäßigen Bürgschaft, deren Allgemeine Geschäftsbedingungen offensichtlich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus Verwendung finden und deshalb vom Senat selbständig ausgelegt werden können (Senatsurteil vom 28. April 2009, aaO, Rn. 35 mwN), für Erstattungsansprüche nur insoweit haftet, als die Klägerin die Zuwendungsempfängerin bei fehlerfreier Ermessensausübung durch einen rechtmäßigen Verwaltungsakt tatsächlich in Anspruch genommen hätte.
36
Dass die Beklagte als Bürgin das Ausfallrisiko der Zuwendungsempfängerin nur bei rechtmäßigen Aufhebungsentscheidungen absichert, ergibt sich insbesondere aus der Interessenlage der Parteien. Auch wenn der öffentlichrechtliche Erstattungsanspruch gegenüber der Zuwendungsempfängerin allein deshalb besteht, weil der zugrunde liegende Widerrufsbescheid wirksam ist, kann ein nach zivilrechtlichen Grundsätzen haftender Bürge berechtigterweise davon ausgehen, dass er nur solche Ansprüche absichert, die auf materiell rechtmäßigen Aufhebungsentscheidungen beruhen (Senatsurteil vom 28. April 2009 - XI ZR 86/08, WM 2009, 1180 Rn. 37). Allein dies entspricht dem zivilrechtlichen Haftungssystem, in dem der Bürge selbst durch die Rechtskraft eines dem Gläubiger günstigen Urteils gegen den Hauptschuldner nicht gehindert ist, Einwendungen gegen die Hauptschuld zu erheben. Auch die Klägerin als Bewilligungsbehörde kann, wenn sie den Erstattungsanspruch im Wege des Privatrechts absichert, bei verständiger Würdigung nicht davon ausgehen, dass dieses Sicherungsmittel Ansprüche aus Widerrufsbescheiden auch insoweit erfasst, als diese rechtswidrig sind (Senatsurteil vom 28. April 2009, aaO).
37
b) Entgegen den Angriffen der Revision ist das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die LA. AG aufgrund des Eintritts in das Zuwendungsverhältnis als Schuldnerin des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs in Anspruch genommen werden konnte. Die LA. AG hat durch Vereinbarung mit der P. GmbH die von dieser von der L. GmbH übernommene Erstattungsverpflichtung aus dem Zuwendungsverhältnis übernommen. Entsprechend hat die Klägerin durch Bescheid vom 5. Mai 2004 die LA. AG als neue Zuwendungsempfängerin mit Rückwirkung festgestellt. Damit ist die LA. AG vor Übernahme der Bürgschaft Schuldnerin der öffentlich-rechtlichen Erstattungsverpflichtung geworden, so dass der Erstattungsanspruch durch Widerruf des Zuwendungsbescheids ihr gegenüber zur Entstehung gebracht werden konnte (BVerwG, Urteile vom 3. März 2011 - 3 C 13/10, juris Rn. 14 und vom 3. März 2011 - 3 C 19/10, juris Rn. 18). Die insoweit erhobenen Verfahrensrügen hat der Senat geprüft und für nicht durchgreifend erachtet (§ 564 Satz 1 ZPO).
38
c) Rechtsfehlerhaft ist hingegen die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte könne ihrer Inanspruchnahme nicht die Rechtswidrigkeit des Wi- derrufsbescheids vom 8. September 2009 entgegenhalten. Der Bescheid vom 8. September 2009 ist rechtswidrig, weil kein Widerrufsgrund vorlag und die Klägerin ihr Widerrufsermessen nicht rechtsfehlerfrei ausgeübt hat.
39
aa) Gemäß § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 2 VwVfG kann ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden, wenn die Leistung nicht mehr für den bestimmten Zweck verwendet wird oder mit dem Bewilligungsbescheid eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat. Nach dem Bewilligungsbescheid vom 12. April 2000 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 5. Mai 2004 und Ziffer 2.3.3 der Besonderen Nebenbestimmungen des Zuwendungsbescheids ist für einen Zeitraum von fünf Jahren nach Ende des Investitionszeitraumes die geförderte Betriebsstätte weiter zu betreiben und für einen Zeitraum von 7,25 Jahren die durchgängige Besetzung von 80 Arbeitsplätzen zu gewährleisten. Die Klägerin hat den Widerruf der Subventionen im Bescheid vom 8. September 2009 auf die Verfehlung des Zuwendungszwecks und den Verstoß gegen die Arbeitsplatzauflage gestützt, da die LA. AG infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen diese Fördervoraussetzungen nicht mehr erfüllen könne.
40
Diese Begründung ist rechtsfehlerhaft, da nach den bisherigen Feststellungen im Zeitpunkt der Widerrufsentscheidung keiner der von der Klägerin zur Begründung herangezogenen Widerrufsgründe im Sinne des § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 VwVfG vorlag.
41
(1) Die Frage, auf welche Sach- und Rechtslage abzustellen ist, richtet sich nach dem jeweils einschlägigen materiellen Recht (vgl. BVerwG, NVwZ 1991, 360 und NVwZ-RR 1992, 52; OVG Greifswald, NVwZ-RR 2002, 805, 806; Thüringer OVG, Urteil vom 23. Juli 2002 - 2 KO 591/01, juris Rn. 49). Im Streit ist hier die Frage, ob der Widerrufsgrund der Zweckverfehlung und der Nichterfüllung einer Nebenbestimmung im Sinne von § 49 Abs. 3 VwVfG vorlag, der einen Widerruf der gewährten Zuwendung ermöglichen würde. Zu prüfen ist also, ob im Zeitpunkt des Widerrufs die hierfür erforderlichen Voraussetzungen gegeben waren (vgl. BVerwGE 105, 55, 58; OVG Greifswald, NVwZ-RR 2002, 805, 806). Bereits aufgrund des Änderungsbescheids vom 5. Mai 2004 wurde der Investitionszeitraum bis zum 31. März 2005 verlängert und die LA. AG damit verpflichtet, die Betriebsstätte mindestens bis zum 31. März 2010 fortzuführen und die Arbeitsplätze bis zum 30. Juni 2012 zu gewährleisten. Die jeweiligen Fristen waren demnach zum Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht abgelaufen , eine retrospektive Beurteilung durch die Klägerin war also nicht möglich. Darüber hinaus hat die LA. AG nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Beklagten die Betriebsstätte noch über den 8. September 2009 hinaus fortgeführt und die Arbeitsplätze gewährleistet. Die LA. AG hatte demnach zum Zeitpunkt des Widerrufs weder gegen den Zuwendungszweck verstoßen noch die Auflage nach Ziffer 2.3.3 der Besonderen Nebenbestimmungen des Zuwendungsbescheids verletzt. Keiner der im Widerrufsbescheid vom 8. September 2009 angeführten Widerrufsgründe lag zu diesem Zeitpunkt bereits vor.
42
(2) Soweit die Klägerin darauf abhebt, dass aufgrund der Insolvenz der Zuwendungszweck nicht erreicht und die Mindestvorhaltefristen für Dauerarbeitsplätze nicht eingehalten werden konnten, ist dies allein kein hinreichender Widerrufsgrund nach § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 VwVfG. Denn allein die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Zuwendungsempfängers kann einen Widerruf nicht rechtfertigen, solange nicht feststeht, ob der Betrieb durch den Insolvenzverwalter oder einen anderen fortgeführt wird und dadurch die Zweckbindungsfristen doch noch erreicht werden können (Senats- urteil vom 28. April 2009 - XI ZR 86/08, WM 2009, 1180 Rn. 42 mwN). Ob zum Zeitpunkt des Widerrufs aufgrund objektiver Fakten bereits sicher oder sehr wahrscheinlich war, dass die Bindungsfristen von der LA. AG nicht eingehalten werden können, hat weder die Klägerin vorgetragen noch das Berufungsgericht festgestellt. Eine entsprechende, auf Fakten beruhende Prognose fehlt. Dass der angenommene Fall später tatsächlich eingetreten ist, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Insbesondere können im Verwaltungsstreitverfahren nur solche Gründe nachgeschoben werden, die bei Erlass des Verwaltungsaktes oder des Widerspruchsbescheides bereits vorlagen (BVerwGE 105, 55, 59 mwN).
43
bb) Überdies hat die Klägerin ihr Widerrufsermessen nicht rechtsfehlerfrei ausgeübt.
44
(1) Die haushaltsrechtlichen Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zwingen bei Vorliegen von Widerrufsgründen im Regelfall zum Widerruf einer Subvention, sofern nicht außergewöhnliche Umstände des Einzelfalls eine andere Entscheidung möglich erscheinen lassen (sog. intendiertes Ermessen; Senatsurteil vom 28. April 2009 - XI ZR 86/08, WM 2009, 1180 Rn. 41 mwN). Allein der Hinweis auf das - stets bestehende - öffentliche Interesse an einer wirtschaftlichen und sparsamen Haushaltsführung entbindet die Behörde jedoch nicht von der Pflicht, die ihre Ermessensentscheidung tragenden Gründe darzulegen. Auch im Fall der regelmäßig vorgesehenen vollständigen Aufhebung hat sie jedenfalls die Gründe offen zu legen, aufgrund derer sie das Vorliegen eines Ausnahmefalls verneint (Senatsurteil vom 28. April 2009, aaO, mwN). Bei Verstößen gegen Auflagen ist auch bei Förderbescheiden als zwingende Ermessensschranke der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Im Rahmen der Ermessensausübung ist daher das Gewicht des Pflichtverstoßes zu berücksichtigen , so dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bei objektiv geringfü- gigen Auflagenverstößen einem Widerruf des gesamten Bescheides entgegenstehen kann (Senatsurteil vom 28. April 2009, aaO, mwN).
45
(2) Diesen Anforderungen genügen die Ermessenserwägungen der Klägerin im Widerrufsbescheid vom 8. September 2009 nicht. Dabei kommt es nicht darauf an, ob ein vollständiger Widerruf ermessensfehlerfrei hätte ergehen können. Der Widerrufsbescheid der Klägerin ist bereits deshalb ermessensfehlerhaft , weil aus den angestellten Erwägungen nicht erkennbar wird, dass ein nur teilweiser Widerruf überhaupt ernsthaft in Betracht gezogen wurde (Senatsurteil vom 28. April 2009 - XI ZR 86/08, WM 2009, 1180 Rn. 42). Zur Begründung der vollständigen Aufhebung werden lediglich formelhaft die Ziele der Subvention und das Erfordernis der Gleichbehandlung aller Antragsteller genannt , hinter denen das Interesse der Zuwendungsempfängerin am Behalt der Zuwendung zurückzutreten habe. Eine Würdigung der Umstände des Einzelfalls fehlt. Wie bereits ausgeführt, kann die Klägerin insbesondere nicht darauf abstellen, dass bereits aufgrund der Insolvenz die Mindestvorhaltefristen für Dauerarbeitsplätze und die Fristen zur Führung der Betriebsstätte nicht eingehalten werden können, da sie sich mit dem Umstand der Betriebsfortführung nach Insolvenzeröffnung nicht im Rahmen einer Prognose auseinandergesetzt hat.
46
(3) Auch die vom Berufungsgericht angestellten Ermessenserwägungen stellen sich nicht als fehlerfreie Ermessensausübung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles im Zeitpunkt der Widerrufsentscheidung dar. Das Berufungsgericht beurteilt die Möglichkeit eines teilweisen Widerrufs ex post danach, wie lange letztendlich die Arbeitsplätze erhalten und die Betriebsstätte fortgeführt worden sind. Erforderlich ist aber eine Ermessensentscheidung aus Sicht der Klägerin ex ante. Auch das Berufungsgericht versäumt es, sich mit einer Prognose für die über den Zeitpunkt der Eröffnung des Regelin- solvenzverfahrens hinaus andauernde Fortführung der Betriebsstätte und Gewährleistung der 80 Dauerarbeitsplätze auseinander zu setzen. Nur wenn bereits am 8. September 2009 objektive Anhaltspunkte das Verfehlen der Pflicht zur Fortführung der Betriebsstätte bis zum Ablauf der fünfjährigen Mindestfrist oder der Pflicht zur Gewährleistung der Arbeitsplätze bis zum Ablauf der diesbezüglichen Frist als sicher oder hinreichend wahrscheinlich erscheinen ließen, kommt ein vollständiger oder teilweiser Widerruf unter diesen Gesichtspunkten überhaupt in Betracht. Hierzu fehlen jegliche Feststellungen. Solche Anhaltspunkte liegen auch nicht auf der Hand. Insbesondere hat das Berufungsgericht unangegriffen festgestellt, dass die LA. AG schlussendlich die Pflicht zur fünfjährigen Fortführung der Betriebsstätte - jedenfalls bei Zugrundelegung einer Bindungsfrist bis zum 31. März 2010 - erfüllt hat.
47
d) Der Klägerin steht aufgrund der bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts auch kein Anspruch auf Zinsen aus 192.512 € zu. Da der Widerrufsbescheid rechtswidrig ist, ist auch die Verzinsungspflicht rechtswidrig und deshalb trotz der Bestandkraft des Bescheides nicht vom Sicherungszweck der Bürgschaft umfasst. Die Klägerin kann von der Beklagten die geltend gemachten Zinsen nach § 765 Abs. 1 BGB nur und soweit verlangen, wie die Klägerin den Zuwendungsbescheid am 8. September 2009 rechtmäßig widerrufen und eine entsprechende Verzinsung angeordnet hätte. Ob und in welchem Umfang dies der Fall war, lässt sich den bisherigen Feststellungen nicht entnehmen.
B. Revision der Klägerin
48
Die Revision der Klägerin hat ebenfalls weitgehend Erfolg.
49
Das Berufungsgericht ist bei revisionsrechtlich zu unterstellendem Bestehen der Hauptforderung rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, die Bürgschaftsforderung der Klägerin gemäß § 765 Abs. 1 BGB auf Zahlung von 394.856,91 € nebst Zinsen und die Zinsforderung der Klägerin gegenüber der Hauptschuldnerin aus dem Jahr 2001 seien verjährt. Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist hingegen die Würdigung des Berufungsgerichts, der Klägerin stünden keine Zinsen für den Zeitraum vor dem 16. April 2007 für einen 192.512 € übersteigenden Betrag zu, da sie insoweit den Zuwendungsbescheid nicht widerrufen hat.
50
1. a) Die Frist für die Verjährung der Bürgschaftsforderung gegen die Beklagte beträgt nach § 195 BGB drei Jahre. Diese Frist beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Bürgschaftsanspruch der Klägerin entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Der Anspruch der Klägerin aus der selbstschuldnerischen Bürgschaft der Beklagten entsteht zeitgleich mit der Fälligkeit des gesicherten Anspruches, soweit die Parteien nicht ein anderes vereinbart haben (Senatsurteile vom 29. Januar 2008 - XI ZR 160/07, BGHZ 175, 161 Rn. 24 und vom 23. September 2008 - XI ZR 395/07, WM 2008, 2165 Rn. 10).
51
Nach dem Feststellungs- und Leistungsbescheid vom 13. Dezember 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Januar 2009 wurde der gesicherte Anspruch, nämlich der Erstattungsanspruch der Klägerin aus diesem Bescheid, zehn Tage nach Eintritt der Unanfechtbarkeit des Bescheides, also im Laufe des Jahres 2009 fällig, nachdem der Insolvenzverwalter über das Vermögen der LA. AG die verwaltungsgerichtliche Klage zurückgenommen hatte. Somit entstand der zugunsten der Klägerin revisionsrechtlich zu unterstel- lende Anspruch aus der von der Beklagten übernommenen Bürgschaft ebenfalls im Laufe des Jahres 2009, so dass die Verjährungsfrist am 1. Januar 2010 begann und am 31. Dezember 2012 endete. Die am 28. Dezember 2012 eingereichte Klage wurde der Beklagten demnächst im Sinne des § 167 ZPO zugestellt , so dass die Verjährungsfrist rechtzeitig nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB gehemmt worden und der Anspruch nicht verjährt ist. Entsprechendes gilt für die seit dem 16. April 2007 angefallenen Zinsen aus 394.856,91 €. Die Fälligkeitsregelung im Feststellungs- und Leistungsbescheid vom 13. Dezember 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Januar 2009 bezog sich aus objektivem Empfängerhorizont heraus neben der Hauptforderung auch auf die daneben beanspruchten Zinsen.
52
b) Entgegen der rechtsfehlerhaften Auffassung des Berufungsgerichts kann sich die Klägerin gegenüber der Beklagten auf diesen Fälligkeitszeitpunkt berufen. § 767 Abs. 1 Satz 3 BGB greift nicht ein. Es liegt keine nachträgliche Erweiterung der Haftung der Beklagten aufgrund einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung zwischen der LA. AG und der Klägerin vor.
53
aa) Der Einwand der nachträglichen Erweiterung der Hauptschuld aus § 767 Abs. 1 Satz 3 BGB greift, was das Berufungsgericht verkannt hat, nach dessen eindeutigem Wortlaut nur bei rechtsgeschäftlichen Erweiterungen der Hauptschuld ein, die nach Übernahme der Bürgschaft zwischen Gläubiger und Hauptschuldner vereinbart werden (Senatsurteil vom 27. Januar 2004 - XI ZR 111/03, WM 2004, 724, 725). Die Fälligkeit des gesicherten Erstattungsanspruches wurde aber nicht zwischen der Klägerin und der LA. AG nach Übernahme der Bürgschaft durch die Beklagte vereinbart, sondern von der Klägerin im Wege des Verwaltungsaktes einseitig von Anfang an auf zehn Tage nach Unanfechtbarkeit des Bescheides vom 13. Dezember 2007 festgesetzt. Der Tatbestand des § 767 Abs. 1 Satz 3 BGB ist damit nicht erfüllt.
54
bb) Eine analoge Anwendung dieser Norm kommt nicht in Betracht. § 767 Abs. 1 Satz 3 BGB bezweckt zwar nicht nur, den Bürgen vor einer späteren Erhöhung seiner Verpflichtung, der er nicht zugestimmt hat, zu schützen, sondern soll auch verhindern, dass Gläubiger und Hauptschuldner durch eine nachträgliche Absprache das Haftungsrisiko des Bürgen in einer Weise verschärfen , die für ihn bei Abschluss des Bürgschaftsvertrages nicht erkennbar war (BGH, Urteil vom 3. November 2005 - IX ZR 181/04, BGHZ 165, 28, 34 mwN). Dennoch ist der vorliegende Fall nicht mit den von § 767 Abs. 1 Satz 3 BGB erfassten Fällen vergleichbar. Konstitutives Tatbestandsmerkmal des § 767 Abs. 1 Satz 3 BGB ist die nachträgliche Veränderung der Hauptschuld zum Nachteil des Bürgen. Eine solche liegt aber hier nicht vor. Indem die Klägerin im Bescheid vom 13. Dezember 2007 festgelegt hat, dass der Erstattungsbetrag spätestens zehn Tage nach Unanfechtbarkeit dieses Bescheides zu bezahlen ist, hat sie die Fälligkeit nicht im Wege der bei Begründung der Forderung getroffenen Stundungsabrede hinausgeschoben (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 2. April 2004 - V ZR 105/03, WM 2004, 2183, 2184 und Senatsurteil vom 12. März 2013 - XI ZR 227/12, BGHZ 197, 21 Rn. 18), sondern originär auf diesen Zeitpunkt festgelegt. Gemäß § 49a Abs. 1 Satz 2 VwVfgBbg ist der Erstattungsanspruch durch Verwaltungsakt festzusetzen und damit geltend zu machen. Mit dieser Festsetzung wird der Anspruch in der Regel auch fällig (OVG Sachsen, Urteil vom 18. Oktober 2012 - 1 A 511/12, juris Rn. 41), insbesondere haben - wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt - Widerspruch und Anfechtungsklage auf die Fälligkeit der Forderung keine Auswirkungen (Senatsbeschluss vom 18. November 2013 - XI ZR 28/12, juris Rn. 16 und 17 mwN). Vom Grundsatz der sofortigen Fälligkeit des festgesetzten Erstattungsanspruches ist aber dann eine Ausnahme zu machen, wenn die festsetzende Behörde etwas anderes anordnet (vgl. zu § 271 BGB: BGH, Urteil vom 2. April 2004 - V ZR 105/03, WM 2004, 2183). So liegt der Fall hier. Die Regelung der Fälligkeit ist originärer Teil des gesicherten Anspruches und keine nachträgliche Abänderung , wie von § 767 Abs. 1 Satz 3 BGB gefordert.
55
2. Der Anspruch der Klägerin gegen die LA. AG auf Zahlung von Zinsen in Höhe von 16.381,21 € für das Jahr 2001 ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht verjährt. Die Beklagte kann sich auf Grund der Feststellung der eingeklagten Forderung der Klägerin nebst Zinsen zur Tabelle im Insolvenzverfahren über das Vermögen der LA. AG nicht mehr gemäß § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB auf den vom Berufungsgericht angenommenen Ablauf der ursprünglichen Regelverjährung der Zinsverbindlichkeit berufen. § 768 Abs. 2 BGB greift nicht zu ihren Gunsten ein, da ein einem Einredeverzicht nach § 768 Abs. 2 BGB vergleichbares Verhalten des Insolvenzverwalters der Hauptschuldnerin , das zur Feststellung zur Insolvenztabelle geführt hat, nicht behauptet worden ist.
56
a) Gemäß § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Bürge gegenüber dem Gläubiger neben seinen eigenen Einreden aus dem Bürgschaftsverhältnis auch die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden geltend machen, sofern diese Einreden dem Hauptschuldner selbst noch zustehen. Verliert der Hauptschuldner eine Einrede, verliert sie auch der Bürge - mit Ausnahme der Fälle des § 768 Abs. 2 BGB (Senatsurteil vom 14. Juni 2016 - XI ZR 242/15, WM 2016, 1826 Rn. 16 mwN, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen, und BGH, Urteil vom 12. März 1980 - VIII ZR 115/79, BGHZ 76, 222, 229). Für die Frage, ob dem Hauptschuldner eine Einrede im Sinne des § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB zusteht , kommt es auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung an (Senatsurteil vom 14. Juni 2016, aaO Rn. 17).
57
b) Im vorliegenden Verfahren stand der Hauptschuldnerin zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung im vorliegenden Prozess die Ein- rede der Verjährung nicht mehr zu. Dies folgt aus der Feststellung der von der Klägerin zur Tabelle angemeldeten Forderung im Insolvenzverfahren über das Vermögen der LA. AG.
58
aa) Fehlen - wie hier - spezielle Verjährungsvorschriften des einschlägigen Verwaltungsrechts, sind die Verjährungsvorschriften des BGB entsprechend anzuwenden. Dabei ist nach dem Gesamtzusammenhang der für den jeweiligen Anspruch maßgebenden Rechtsvorschriften und der Interessenlage zu beurteilen, welche Verjährungsregelung als die sachnächste analog heranzuziehen ist (BVerwG, NVwZ-RR 2012, 972 Rn. 41 mwN). Für die Verjährung von Erstattungszinsen nach § 49a Abs. 3 VwVfG waren bis zum 31. Dezember 2001 die §§ 197 und 201 BGB in der bis dahin gültigen Fassung anwendbar. Ansprüche auf Rückstände von Zinsen verjährten in vier Jahren vom Schluss des Jahres an, in welchem der Zinsanspruch entstand. Seit dem 1. Januar 2002 sind die §§ 195 ff. BGB in der seitdem geltenden Fassung analog anzuwenden (BVerwG, NVwZ 2011, 949 Rn. 49 f., NVwZ-RR 2012, 972 Rn. 42 und NVwZ-RR 2013, 489 Rn. 19). Danach beträgt die Regelverjährungsfrist drei Jahre nach § 195 BGB und 30 Jahre, wenn ein Fall des § 197 BGB vorliegt. Nach Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB finden die Vorschriften über die Verjährung in der neuen Fassung auf die am 1. Januar 2002 bestehenden und noch nicht verjährten Ansprüche Anwendung. Hinsichtlich der Verjährungsfrist bestimmt diese Norm, dass, wenn die neue Frist kürzer ist als die bisherige, die kürzere neue Frist ab dem 1. Januar 2002 läuft, dass Verjährung jedoch spätestens mit dem Ablauf der bisherigen längeren Frist eintritt.
59
bb) Die Eintragung der Forderung in die Tabelle wirkt vorliegend gemäß § 178 Abs. 3 InsO gegenüber dem Insolvenzverwalter und allen Insolvenzgläubigern wie ein rechtskräftiges Urteil. Mangels Widerspruchs der Hauptschuldnerin kann die Klägerin nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens gemäß § 202 Abs. 1 InsO unmittelbar aus der Eintragung in die Tabelle vollstrecken. § 197 Abs. 1 Nr. 5 BGB ist damit analog anwendbar. Dementsprechend hat die Feststellung der Forderung der Klägerin nebst Zinsen zur Insolvenztabelle zur Folge , dass nach § 197 Abs. 1 Nr. 5 BGB analog die 30jährige Verjährungsfrist an die Stelle der bis zur Titulierung maßgeblichen Verjährungsfrist tritt (Palandt/ Ellenberger, BGB, 76. Aufl., § 197 Rn. 8). Die Hauptschuldnerin kann sich daher der Klägerin gegenüber - wie auch im Falle einer rechtskräftigen Verurteilung der Hauptschuldnerin in einem Erkenntnisverfahren (vgl. Senatsurteil vom 14. Juni 2016 - XI ZR 242/15, WM 2016, 1826 Rn. 20 mwN) - nicht mehr auf den Ablauf der Regelverjährungsfrist aus § 195 BGB analog berufen. Ihr steht die Einrede nicht mehr im Sinne des § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB zu, so dass auch die Beklagte als Bürgin sie nicht mehr geltend machen kann. Dafür, dass die Hauptschuldnerin bis zum Schluss der mündlichen Tatsachenverhandlung im vorliegenden Verfahren die Einrede der Verjährung erneut, etwa durch eine entsprechende Parteivereinbarung, erlangt hätte (vgl. BGH, Urteile vom 13. November 1998 - V ZR 29/98, WM 1999, 549, 550 und vom 26. Juli 2005 - X ZR 109/03, WM 2006, 1124, 1126), sind keine Anhaltspunkte vorgetragen oder ersichtlich.
60
cc) Dieses Ergebnis ergibt sich aus dem Zusammenspiel der drei materiell -rechtlichen Bestimmungen des § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB, des § 178 Abs. 3 InsO und des § 197 Abs. 1 Nr. 5 BGB. Der gesetzgeberische Wille zielt ausdrücklich auf eine Gleichstellung eines rechtskräftigen Urteils im Erkenntnisverfahren und der Feststellung einer Forderung zur Tabelle im Insolvenzverfahren ab. Dass der Verlust der Einrede auch für den Bürgen weder gegen das Verbot der Fremddisposition noch den Grundsatz der fehlenden Rechtskrafterstreckung eines für den Hauptschuldner nachteiligen Prozessergebnisses zu Lasten des Bürgen verstößt und der Akzessorietätsgrundsatz diesem Ergebnis auch nicht im Hinblick auf § 767 Abs. 1 Satz 1 BGB entgegensteht, hat der Se- nat bereits in seinem Urteil vom 14. Juni 2016 (XI ZR 242/15, WM 2016, 1826 Rn. 21 ff. mwN) entschieden.
61
c) Die Beklagte kann sich auch nicht aufgrund einer analogen Anwendung des § 768 Abs. 2 BGB auf die Verjährung der Hauptverbindlichkeit berufen. Ein einem Einredeverzicht nach § 768 Abs. 2 BGB vergleichbares Verhalten des Insolvenzverwalters über das Vermögen der LA. AG oder der Hauptschuldnerin ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Allein der Umstand, dass die Forderung der Klägerin zur Tabelle festgestellt worden ist und daher nach § 178 Abs. 1 Satz 1 InsO weder vom Insolvenzverwalter noch von einem Insolvenzgläubiger bestritten wurde, genügt hierfür nicht.
62
aa) Zwar verliert der Bürge eine Einrede nicht dadurch, dass der Hauptschuldner auf sie verzichtet (§ 768 Abs. 2 BGB). Dies gilt auch für die Verjährungseinrede , und zwar unabhängig davon, ob die Verjährung im Zeitpunkt des Verzichts bereits eingetreten war oder nicht (Senatsurteile vom 18. September 2007 - XI ZR 447/06, WM 2007, 2230 Rn. 18, vom 14. Juli 2009 - XI ZR 18/08, BGHZ 182, 76 Rn. 20 und vom 14. Juni 2016 - XI ZR 242/15, WM 2016, 1826 Rn. 35). Dabei ist § 768 Abs. 2 BGB auf jedes Prozessverhalten des Hauptschuldners entsprechend anzuwenden, das einem rechtsgeschäftlichen Verzicht gleichkommt, wie etwa auf das Nichterheben der Verjährungseinrede (BGH, Urteil vom 12. März 1980 - VIII ZR 115/79, BGHZ 76, 222, 230), die Säumnis (BGH, Urteil vom 12. März 1980, aaO) oder das Anerkenntnis (Senatsurteil vom 18. September 2007 - XI ZR 447/06, WM 2007, 2230 Rn. 18).
63
bb) Hingegen erfüllt im Streitfall das bloße Nichtbestreiten einer zur Tabelle angemeldeten Forderung durch den Insolvenzverwalter mit der Folge der Feststellung im Prüftermin den Tatbestand des § 768 Abs. 2 BGB selbst dann nicht, wenn die Forderung tatsächlich verjährt gewesen sein sollte und der In- solvenzverwalter rechtsirrig die Einrede nicht erhoben hat. Die darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat nicht dargelegt, dass das Nichtbestreiten der angemeldeten Forderung auf eine verzichtsgleiche Motivation des Insolvenzverwalters zurückzuführen ist (vgl. Senatsurteil vom 14. Juni 2016 - XI ZR 242/15, WM 2016, 1826 Rn. 38). Anhaltspunkte dafür, dass der Insolvenzverwalter wider besseres Wissen gehandelt hat, sind weder ersichtlich noch vorgetragen.
64
3. Ohne Erfolg bleibt hingegen der Angriff der Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin könne für die Zeit vor dem 16. April 2007 für einen 192.512 € übersteigenden Betrag keine Zinsen verlangen.
65
Die Klägerin hat in der Begründung ihres Bescheides vom 8. September 2009 den Widerruf ausdrücklich auf den Betrag von 192.512 € bezogen und auch nur insoweit eine Verzinsungspflicht angeordnet. Aus Sicht der Zuwendungsempfängerin geht die Klägerin demnach davon aus, dass noch widerrufliche Zuwendungen in Höhe von 192.512 € vorliegen, die die Klägerin vollständig widerrufen will. Dies ist auch nachvollziehbar, da die Klägerin den restlichen Betrag von 394.856,91 € bereits mit Bescheid vom 13. Dezember 2007 widerrufen hatte. Sie hatte also aus Sicht der LA. AG keinen Anlass, diese Zuwendung erneut zu widerrufen. Dass damit der ursprüngliche Zuwendungsbescheid weiterhin einen Behaltensgrund für Zuwendungen in Höhe von 394.856,91 € für den Zeitraum bis zum 16. April 2007 bildet, steht dieser Auslegung nicht entgegen.

III.

66
Das angefochtene Urteil ist daher mit Ausnahme der rechtskräftigen Abweisung des Zinsanspruches der Klägerin für den Zeitraum vor dem 16. April 2007 aus einem 192.512 € übersteigenden Betrag, die aufrechterhalten bleibt, aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache insoweit nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur weiteren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
67
Das Berufungsgericht wird, nachdem die Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Sachvortrag hatten, die erforderlichen Feststellungen zu treffen haben, ob und in welcher Höhe die Klägerin den Förderbescheid gegenüber der Zuwendungsempfängerin bei fehlerfreier Ermessensausübung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles tatsächlich für unwirksam erklärt bzw. widerrufen hätte. Nur für den Fall, dass sich die tatsächlich getroffene Entscheidung nicht im Rahmen des der Klägerin eingeräumten Ermessens gehalten hätte , ist darauf abzustellen, welche Entscheidung richtigerweise hätte ergehen müssen (Senatsurteil vom 28. April 2009 - XI ZR 86/08, WM 2009, 1180 Rn. 45; BGH, Urteil vom 15. November 2007 - IX ZR 34/04, WM 2008, 41 Rn. 16).
Ellenberger Joeres Matthias Menges Dauber

Vorinstanzen:
LG Potsdam, Entscheidung vom 30.04.2014 - 11 O 237/12 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 27.04.2016 - 4 U 76/14 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 70/08
Verkündet am:
1. Juli 2010
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. Juli 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter und die Richter
Raebel, Prof. Dr. Kayser, Dr. Pape und Grupp

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 14. März 2008 aufgehoben, soweit die Klage in Höhe von 76.919,74 € abgewiesen worden ist.
In diesem Umfang wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der I. GmbH (nachfolgend Schuldnerin). Das Insolvenzverfahren wurde am 23. Dezember 2003 auf Antrag der Schuldnerin vom 27. November 2003 wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung eröffnet.
2
Die Schuldnerin geriet seit April 2003 gegenüber der beklagten Krankenkasse mit der Zahlung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen in Rückstand. Die Lastschrift über die am 15. April 2003 fälligen Gesamtsozialversicherungsbeiträge für März 2003 in Höhe von 32.939,74 € wurde nicht eingelöst. Mit Schreiben vom 24. April 2003 teilte die Schuldnerin der Beklagten mit, aufgrund hoher eigener Außenstände einen Liquiditätsengpass zu haben, und bat um Zustimmung zur Bezahlung der Beiträge für März in vier Raten bis zum 21. Mai 2003. In einem anschließenden Telefongespräch am 28. April 2003 vereinbarten die Schuldnerin und die Beklagte, dass die Arbeitnehmeranteile in Höhe von 16.939,75 € sofort und die Arbeitgeberanteile in drei monatlichen Raten zu je 5.333,33 € zum 15. Mai, 15. Juni und 15. Juli 2003 gezahlt werden sollten. Die Zahlung der Arbeitnehmeranteile erfolgte per Scheck, der der Beklagten am 5. Mai 2003 gutgeschrieben wurde. Auch hinsichtlich der weiteren Raten übersandte die Schuldnerin der Beklagten zu den jeweiligen Fälligkeitsterminen Schecks, die ebenfalls eingelöst wurden. Die Lastschrift der am 15. Mai 2003 fälligen Beiträge für April 2003 in Höhe von 32.465,76 € wurde termingerecht eingelöst. Wegen der am 15. Juni 2003 fälligen Beiträge für Mai 2003 stellte die Schuldnerin wiederum einen Stundungsantrag. Hierauf forderte die Beklagte die Schuldnerin mit Schreiben vom 2. Juli 2003 zur umgehenden Begleichung der Arbeitnehmeranteile in Höhe von 16.857,57 € auf und stundete die Arbeitgeberanteile in drei Monatsraten zu je 5.619,19 €, jeweils fällig zum 30. des Monats , beginnend ab 30. Juli 2003. Entsprechend dieser Aufforderung leistete die Schuldnerin an die Beklagte mit einem am 8. Juli 2003 eingelösten Scheck 16.857,57 €. Weitere Teilzahlungen, die insgesamt einen Betrag von 61.953,47 € ergaben, leistete die Schuldnerin in der Zeit vom 22. Juli bis zum 1. Oktober 2003.
3
Der Kläger hat die Zahlungen gemäß § 130 Abs. 1, § 133 Abs. 1 InsO angefochten und Rückzahlung von insgesamt 138.873,21 € verlangt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ihr auf das Rechtsmittel des Klägers im Hinblick auf die nach dem 8. Juli 2003 erbrachten Zahlungen stattgegeben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Anspruch in Höhe der noch nicht zurückerstatteten Zahlungen von insgesamt 76.919,74 € weiter, welche die Schuldnerin in der Zeit zwischen dem 5. Mai und dem 8. Juli 2003 erbracht hat.

Entscheidungsgründe:


4
Die Revision hat Erfolg; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


5
Berufungsgericht Das meint, ein Rückgewähranspruch betreffend die Zahlung vom 5. Mai 2003 bestehe nicht, weil sich die Schuldnerin lediglich mit dem gestundeten Beitrag für März 2003 in Rückstand befunden habe. Ein derart geringer Rückstand reiche für sich allein gesehen nicht aus, um die Kenntnis der Beklagten von der Zahlungseinstellung oder der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin zu begründen. Weitere Umstände, aus denen eine solche Kenntnis abgeleitet werden könnte, hätten nicht vorgelegen.
6
Hinsichtlich der am 15. Mai, 16. Juni und 8. Juli 2003 geleisteten Zahlungen scheitere ein Rückgewähranspruch bereits an der fehlenden Gläubigerbe- nachteiligung. Die Zahlungen seien nach dem eigenen Vortrag des Klägers mittels einer lediglich geduldeten Kontoüberziehung erfolgt. Dies reiche für eine Benachteiligung der Gläubiger nicht aus. Dass die kontoführende Bank für ihren Darlehensanspruch über bessere Sicherheiten verfügt habe als die Beklagte, habe der Kläger nicht vorgetragen.

II.


7
Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand.
8
1. Die Auffassung des Berufungsgerichts, aufgrund des geringen Rückstands zum 5. Mai 2003 könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte von der drohenden Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin Kenntnis gehabt habe, schöpft den Sachverhalt nicht aus.
9
Anfechtung Eine wegen vorsätzlicher Benachteiligung der Gläubiger nach § 133 Abs. 1 InsO setzt voraus, dass der Anfechtungsgegner zur Zeit der angefochtenen Handlung den Vorsatz des Schuldners, seine Gläubiger zu benachteiligen, kannte. Diese Kenntnis wird nach § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO vermutet, wenn der Anfechtungsgegner wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die jeweilige Handlung die Gläubiger benachteiligte. Die subjektiven Tatbestandsmerkmale der Vorsatzanfechtung können - weil es sich um innere, dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsachen handelt - meist nur mittelbar aus objektiven Tatsachen hergeleitet werden. Soweit dabei Rechtsbegriffe wie die Zahlungsunfähigkeit betroffen sind, muss deren Kenntnis außerdem oft aus der Kenntnis von Anknüpfungstatsachen erschlossen werden. Der Kenntnis von der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit steht auch im Rahmen des § 133 Abs. 1 InsO die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf eine drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit hinweisen (BGH, Urt. v. 24. Mai 2007 - IX ZR 97/06, NZI 2007, 512, 514 Rn. 25; v. 20. November 2008 - IX ZR 188/07, NZI 2009, 168, 169 Rn. 10 m.w.N.; v. 13. August 2009 - IX ZR 159/06, NZI 2009, 768 f Rn. 8). Es genügt daher, dass der Anfechtungsgegner die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen bei zutreffender rechtlicher Bewertung die (drohende) Zahlungsunfähigkeit zweifelsfrei folgt (BGHZ 180, 63, 66 f Rn. 13 m.w.N.). Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass solche Tatsachen nur mehr oder weniger gewichtige Beweisanzeichen darstellen, die eine Gesamtwürdigung nicht entbehrlich machen und nicht schematisch im Sinne einer vom anderen Teil zu widerlegenden Vermutung angewandt werden dürfen. Die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung hat der Tatrichter gemäß § 286 ZPO unter Würdigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls auf der Grundlage des Gesamtergebnisses der Verhandlung und einer etwaigen Beweisaufnahme zu prüfen (BGH, Urt. v. 13. August 2009 aaO m.w.H.).
10
Gemessen an diesen Grundsätzen hat das Berufungsgericht wesentliche Teile des Sachverhalts außer Acht gelassen. Schon die Feststellung, einziger Anhaltspunkt für eine (drohende) Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin sei der Zahlungsrückstand für März 2003 gewesen, greift zu kurz. Das Berufungsgericht hat unberücksichtigt gelassen, dass die Lastschrift zum 15. April 2003 zurückgegeben worden ist. Die Rückgabe von Lastschriften stellt ein erhebliches Beweisanzeichen für eine drohende Zahlungsunfähigkeit dar. Auch mit dem Schreiben der Schuldnerin vom 24. April 2003 hat sich das Berufungsgericht nicht ausreichend befasst. Diesem Schreiben war zu entnehmen, dass die Schuldnerin nicht in der Lage war, ihre fälligen Verbindlichkeiten innerhalb von drei Wochen vollständig zu befriedigen. Diese Erklärung konnte möglicherwei- se, auch wenn sie mit einer Stundungsbitte versehen war, dahin verstanden werden, dass die Schuldnerin selbst der Auffassung war, zahlungsunfähig zu sein (vgl. BGH, Urt. v. 4. Oktober 2001 - IX ZR 81/99, ZIP 2001, 2097, 2098; v. 12. Oktober 2006 - IX ZR 228/03, ZIP 2006, 2222, 2223 Rn. 15; v. 20. Dezember 2007 - IX ZR 93/06, ZIP 2008, 420, 422 Rn. 21 m.w.H.). Da sich der Stundungszeitraum auf mehr als drei Wochen erstreckte (vgl. BGHZ 163, 134, 139 f; BGH, Urt. v. 12. Oktober 2006 aaO S. 2224 Rn. 27 f), hätte das Berufungsgericht eine bloße Zahlungsstockung nur annehmen dürfen, wenn der gestundete Betrag "geringfügig" gewesen wäre. Ob es sich bei dem Rückstand von 32.939,74 € um einen "geringfügigen" Betrag handelte, wie das Berufungsgericht meint, konnte es ohne abschließende Feststellungen zur objektiven Zahlungsunfähigkeit am 5. Mai 2003, die es ausdrücklich offen gelassen hat, nicht beurteilen. Absolut betrachtet ist ein Betrag in der genannten Höhe schwerlich geringfügig. Aus der Sicht der Beklagten war das möglicherweise nicht anders. Da der Anfechtungsgegner im Allgemeinen in die fälligen Gesamtverbindlichkeiten des Schuldners keinen Einblick hat, muss - soweit es um seine Kenntnis von der zumindest drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners geht - darauf abgestellt werden, ob sich die schleppende oder ganz ausbleibende Tilgung seiner Forderung bei einer Gesamtbetrachtung der für den Anfechtungsgegner ersichtlichen Umstände, insbesondere unter Berücksichtigung der Art der Forderung , der Person des Schuldners und dem Zuschnitt seines Geschäftsbetriebs , als ausreichendes Indiz für eine zumindest drohende Zahlungsunfähigkeit darstellt (BGH, Urt. v. 13. August 2009 aaO S. 769 Rn. 10; Ganter WM 2009, 1441, 1445). Die Beklagte hat nicht behauptet, angenommen zu haben, dass sie die einzige Gläubigerin der Schuldnerin sei. Im Regelfall hat jemand, der gewerblich tätig ist, auch noch andere Gläubiger (BGHZ 155, 75, 84; BGH, Urt. v. 20. November 2008 - IX ZR 188/07, WM 2009, 274, 275 Rn. 10; v. 18. Dezember 2008 - IX ZR 79/07, WM 2009, 615, 617 Rn. 16). Es kommt hin- zu, dass im Allgemeinen Sozialversicherungsträger - wie die Beklagte - von Unternehmern , die sich in finanzieller Bedrängnis befinden, vor anderen Gläubigern bedient werden.
11
Unter Missachtung des rechtlichen Gehörs des Klägers hat es das Berufungsgericht abgelehnt, über den Inhalt des Telefongesprächs am 28. April 2003 Beweis zu erheben. Der Kläger hat hinreichend substantiiert behauptet, aus diesem Gespräch hätten sich für die Beklagte weitere Hinweise auf die (drohende) Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin ergeben. Entsprechendes lag schon deshalb nahe, weil nach dem Ergebnis des Gesprächs die Stundung eines Teils der am 15. April 2003 fälligen Beiträge auf drei Monate ausgedehnt wurde, der Liquiditätsengpass der Schuldner mithin noch länger anhielt, als es die Stundungsbitte vom 24. April 2003 nahelegte.
12
2. Soweit das Berufungsgericht eine Gläubigerbenachteiligung durch die weiteren Zahlungen vom 15. Mai, 16. Juni und 8. Juli 2003 abgelehnt hat, weil diese jeweils aus einer bloß geduldeten Überziehung des Kontos erfolgt seien, widerspricht die Entscheidung der - zum Zeitpunkt des Erlasses des Berufungsurteils allerdings noch nicht ergangenen - Entscheidung des Senats vom 6. Oktober 2009 (BGHZ 182, 317), mit welcher die im Berufungsurteil zitierte Entscheidung BGHZ 170, 276 aufgegeben worden ist. Nach der neueren Rechtsprechung des Senats kommt die Anfechtung einer mittelbaren Zuwendung durch den Insolvenzverwalter auch dann in Betracht, wenn der Schuldner neue Gelder aus einer lediglich geduldeten Kontoüberziehung schöpft und diese infolge seiner Rechtshandlung einem Gläubiger direkt zu fließen. Unerheblich ist, ob aus der Einräumung des Überziehungskredits für die Masse ein pfändbarer Anspruch gegen die Bank entsteht oder durch die Valutierung von Sicherheiten ein entsprechender Rückübertragungsanspruch verloren geht.

13
Dem steht - abweichend von der Auffassung der Revisionserwiderung - das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 25. Januar 2010 (II ZR 258/08, ZIP 2010, 470) nicht entgegen. Die Entscheidung ist zur Haftung des Geschäftsführers gemäß § 64 Abs. 2 GmbH a.F. ergangen und nicht zur Insolvenzanfechtung. Sie gibt dem Senat deshalb keine Veranlassung, seine Rechtsprechung zu § 129 Abs. 1 InsO erneut zu ändern.

III.


14
Das angefochtene Urteil ist danach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO); die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird die Voraussetzungen eines Anfechtungsanspruchs nach § 133 Abs. 1 InsO insgesamt erneut zu prüfen und die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen hierfür zu treffen haben. Bezüglich der Zahlungen vom 15. Mai, 16. Juni und 8. Juli 2003 hat es von einer objektiven Gläubigerbenachteiligung auszugehen. Sollte es im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung (vgl. BGH, Urt. v. 13. August 2009, aaO S. 769 Rn. 10 ff) die Kenntnis des - noch festzustellenden - Gläubi- gerbenachteiligungsvorsatzes der Schuldnerin auf Seiten der Beklagten weiterhin für zweifelhaft halten, wird es den weiteren Beweisantritten nachgehen müssen.
Ganter Raebel Kayser
Pape Grupp
Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 12.01.2007 - 303 O 209/06 -
OLG Hamburg, Entscheidung vom 14.03.2008 - 1 U 19/07 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 239/09
Verkündet am:
15. März 2012
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Vermutung der Zahlungsunfähigkeit nach § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO kann nicht
durch den Nachweis der Zahlungsunwilligkeit des Schuldners widerlegt werden; erforderlich
ist der Nachweis der Zahlungsfähigkeit.
BGH, Urteil vom 15. März 2012 - IX ZR 239/09 - OLG Düsseldorf
LG Kleve
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. März 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, den Richter
Vill, die Richterin Lohmann und die Richter Dr. Fischer und Dr. Pape

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 19. November 2009 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Verwalter in dem auf Antrag des Beklagten vom 28. November 2006 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der W. GmbH (nachfolgend: Schuldnerin). Er nimmt den Beklagten im Wege der Insolvenzanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO auf Rückgewähr von Steuerzahlungen in Höhe von 1.608.583,95 € in Anspruch, welche die Schuldnerin in 21 Fällen in der Zeit zwischen dem 7. April 2003 und dem 1. Februar 2006 an das Finanzamt geleistet hat.
2
Das Landgericht hat der Klage bis auf einen geringen Teil der Zinsforderung stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat sie auf Berufung des Beklagten insgesamt abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Aufhebung des Berufungsurteils und die Zurückweisung der Berufung.

Entscheidungsgründe:


3
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


4
Das Berufungsgericht hat gemeint, die Kenntnis des beklagten Landes von einem etwaigen Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes der Schuldnerin sei bereits nicht gemäß § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO zu vermuten, jedenfalls habe das beklagte Land eine solche Vermutung widerlegt. Von einer dem Beklagten bekannten Zahlungseinstellung bereits zum Zeitpunkt der ersten streitgegenständlichen Zahlung vom 7. April 2003 könne ausgegangen werden. Die zu diesem Zeitpunkt bei dem Beklagten bestehenden Steuerschulden von mehr als 1,2 Mio. € stellten einen erheblichen Teil der damaligen fälligen Verbindlichkeiten dar, weil das Finanzamt nach dem eigenen Vortrag des beklagten Landes der einzige größere Gläubiger der Schuldnerin gewesen sei. Die einmal eingetretene Zahlungseinstellung sei auch nicht dadurch wieder beseitigt worden, dass die Schuldnerin, wie hierfür erforderlich, ihre Zahlungen insgesamt wieder aufgenommen hätte. Die tatsächlich noch geleisteten Zahlungen stünden dem nicht entgegen.
5
Das beklagte Land habe aber aus der ihm bekannten Zahlungseinstellung der Schuldnerin bei natürlicher Betrachtungsweise nicht den Schluss gezogen , dass die Schuldnerin nicht in der Lage sei, die fälligen Zahlungen zu erbringen, also zahlungsunfähig sei. Vielmehr habe das beklagte Land aufgrund der im Rahmen einer Steuerfahndung bekannt gewordenen Tatsachen davon ausgehen dürfen und sei davon ausgegangen, dass die Schuldnerin lediglich zahlungsunwillig sei. Diese Tatsachen ergäben sich insbesondere aus einem Bescheid und aus einem Schreiben des Finanzamts.

II.


6
Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung in wesentlichen Punkten nicht stand. Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann die Kenntnis des Beklagten vom Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin nicht verneint werden.
7
1. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht die Vermutungswirkung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO verneint. Zutreffend ist es allerdings davon ausgegangen , dass die Kenntnis vom Benachteiligungsvorsatz des Schuldners nach § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO vermutet wird, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und dass die Handlung die Gläubiger benachteiligte.
8
a) Die Zahlungsunfähigkeit wird gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO vermutet , wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat. Diese Vermutung gilt auch im Rahmen des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO (BGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - IX ZR 134/10, WM 2011, 1429 Rn. 10 mwN).
9
Das Berufungsgericht hat zunächst unterstellt und dann zutreffend festgestellt , dass die Schuldnerin bei der ersten streitgegenständlichen Zahlung vom 7. April 2003 in Höhe von 234.272,30 € ihre Zahlungen bereits eingestellt hatte, weil sie dem Finanzamt zu diesem Zeitpunkt mehr als 1,2 Mio. € schuldete , die seit langem fällig waren und die einen erheblichen Teil der damals fälligen Verbindlichkeiten der Schuldnerin darstellten. Zahlungseinstellung ist dasjenige nach außen hervortretende Verhalten des Schuldners, in dem sich typischerweise ausdrückt, dass er nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen (BGH, Urteil vom 20. November 2001 - IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178, 184 f). Es muss sich mindestens für die beteiligten Verkehrskreise der berechtigte Eindruck aufdrängen, dass der Schuldner außerstande ist, seinen fälligen Zahlungsverpflichtungen zu genügen. Die tatsächliche Nichtzahlung eines erheblichen Teils der fälligen Verbindlichkeiten reicht für eine Zahlungseinstellung aus. Das gilt selbst dann, wenn tatsächlich noch geleistete Zahlungen beträchtlich sind, aber im Verhältnis zu den fälligen Gesamtschulden nicht den wesentlichen Teil ausmachen (BGH, Urteil vom 21. Juni 2007 - IX ZR 231/04, WM 2007, 1616 Rn. 29; vom 11. Februar 2010 - IX ZR 104/07, WM 2010, 711 Rn. 42; vom 30. Juni 2011, aaO Rn. 12). Eine Darlegung und Feststellung der genannten Höhe der gegen den Schuldner bestehenden Verbindlichkeiten oder gar einer Unterdeckung von mindestens 10 v.H. bedarf es nicht (BGH, Urteil vom 30. Juni 2011, aaO Rn. 13 mwN). Unter den gegebenen Umständen besteht demnach kein Zweifel, dass die Schuldnerin ihre Zahlungen am 7. April 2003 eingestellt hatte.
10
Eine eingetretene Zahlungseinstellung kann nur wieder beseitigt werden, indem der Schuldner alle Zahlungen wieder aufnimmt. Dies hat derjenige zu beweisen, der sich darauf beruft (BGH, Urteil vom 21. Juni 2007, aaO Rn. 32 mwN). Dies war hier nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht der Fall.
11
Lag damit eine fortdauernde Zahlungseinstellung vor, begründet dies die gesetzliche Vermutung der Zahlungsunfähigkeit, die vom Prozessgegner zu widerlegen ist (BGH, Urteil vom 12. Oktober 2006 - IX ZR 228/03, ZIP 2006, 2222 Rn. 12; vom 21. Juni 2007, aaO Rn. 27).
12
b) Dass der Beklagte von der Existenz anderer Gläubiger wusste, ergibt sich schon aus dem Umstand, dass die Schuldnerin gewerblich tätig war. Daher wusste der Beklagte auch von der Gläubigerbenachteiligung (vgl. BGH, Urteil vom 27. Mai 2003 - IX ZR 169/02, BGHZ 155, 75, 86; HK-InsO/Kreft, 6. Aufl., § 133 Rn. 22). Aus dem Einspruchsbescheid des Finanzamts des Beklagten vom 16. September 2004 ergibt sich im Übrigen die Kenntnis von der Existenz anderer Gläubiger.
13
2. Der Beklagte hat nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen die Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO nicht widerlegt.
14
a) Die Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO bewirkt eine Umkehr der Beweislast. Ist der Vermutungstatbestand des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO gegeben , obliegt dem Anfechtungsgegner der Gegenbeweis. Dieser hat sich auf die Vermutungsfolge zu beziehen, also die Kenntnis des Anfechtungsgegners vom Benachteiligungsvorsatz des Schuldners im Zeitpunkt der Vornahme der angefochtenen Rechtshandlung. Der Anfechtungsgegner muss deshalb darlegen und beweisen, dass entweder der Schuldner nicht mit Benachteiligungsvorsatz handelte oder dass er, der Anfechtungsgegner, nichts von dem Anfechtungsvorsatz wusste (BGH, Urteil vom 24. Mai 2007 - IX ZR 97/06, WM 2007, 1579 Rn. 7).
15
Ist der Schuldner zum Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlung zahlungsunfähig , handelt er nur dann nicht mit dem Vorsatz, die Gesamtheit der Gläubiger zu benachteiligen, wenn er aufgrund konkreter Umstände mit einer baldigen Überwindung der Krise rechnen kann (BGH, Urteil vom 24. Mai 2007, aaO Rn. 8).
16
b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann, wenn der Anfechtungsgegner im Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung die Zahlungseinstellung des Schuldners und die Gläubigerbenachteiligung kennt, der Gegenbeweis nicht allein dadurch geführt werden, dass der Beklagte darlegt und beweist , er sei von einer Zahlungseinstellung des Schuldners infolge Zahlungsunwilligkeit ausgegangen.
17
Der Kenntnis der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit steht im Rahmen des § 133 Abs. 1 InsO die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit schließen lassen (BGH, Urteil vom 8. Oktober 2009 - IX ZR 173/07, ZIP 2009, 2253 Rn. 10 mwN). Es genügt daher, dass der Anfechtungsgegner die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen bei zutreffender rechtlicher Beurteilung die drohende Zahlungsunfähigkeit zweifelsfrei hervorgeht (BGH, aaO). Der Beklagte kann sich deshalb nicht darauf berufen, er habe von der ihm bekannten Zahlungseinstellung nicht auf Zahlungsunfähigkeit geschlossen.
18
Eine Zahlungseinstellung kann zwar auch auf Zahlungsunwilligkeit beruhen. Die im Insolvenzrecht unerhebliche Zahlungsunwilligkeit liegt aber nur vor, wenn gleichzeitig Zahlungsfähigkeit gegeben ist (HK-InsO/Kirchhof, 6. Aufl. § 17 Rn. 13). Lag eine Zahlungseinstellung vor, wird gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO gesetzlich vermutet, dass nicht lediglich Zahlungsunwilligkeit, sondern Zahlungsunfähigkeit vorliegt. Die Zahlungsunfähigkeit kann vom Prozessgegner widerlegt werden. Dazu ist es dem beklagten Land unbenommen, der auf eine Zahlungseinstellung gestützten Annahme der Zahlungsunfähigkeit etwa durch den Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens oder auf Vernehmung vom Zeugen zum Nachweis entgegenzutreten, dass eine Liquiditätsbilanz im maßgebenden Zeitraum für den Schuldner eine Deckungslücke von weniger als 10 v.H. auswies (BGH, Urteil vom 24. Mai 2005 - IX ZR 123/04, BGHZ 163, 134, 144 ff; vom 30. Juni 2011, aaO Rn. 20). Diesen Beweis hat der Beklagte angetreten. Er ist jedoch nicht erhoben worden.
19
Nur wenn Zahlungsfähigkeit gegeben war, kann eine für das Anfechtungsrecht unerhebliche Zahlungsunwilligkeit vorgelegen haben. Die Feststellung der anfechtungsrechtlich unerheblichen Zahlungsunwilligkeit setzt deshalb die Feststellung der Zahlungsfähigkeit voraus. Letztere hat das Berufungsgericht bislang nicht festgestellt. Sie ist vom Beklagten zu beweisen.
20
3. Die vom Berufungsgericht festgestellten Beweisanzeichen bilden im Übrigen keine tragfähige Grundlage für die Annahme, abgesehen von der Zahlungsfähigkeit habe jedenfalls eine Zahlungsunwilligkeit der Schuldnerin vorgelegen.
21
a) Der Einspruchsbescheid des Finanzamts vom 16. September 2004 ist zwar als Urkunde ein zulässiges Beweismittel (§ 415 ff ZPO). Er erbringt aber über die Richtigkeit seiner Begründung weder nach § 415 ZPO (öffentliche Urkunde über die vor einer Behörde abgegebene Erklärung) noch nach § 417 ZPO Beweis, weil nach dieser Vorschrift nur bewiesen wird, dass die Entscheidung erlassen wurde, nicht aber ihre inhaltliche Richtigkeit (Hk-ZPO/Eichele, 4. Aufl., § 417 Rn. 3). Auch § 418 ZPO begründet insoweit keine Beweiskraft, weil mit dieser Vorschrift nur Zeugnisurkunden gemeint sind (MünchKommZPO /Schreiber, 3. Aufl., § 418 Rn. 2, 4). Die zur Beurkundung berufene Amtsperson muss die bekundete Tatsache entweder selbst verwirklicht oder aufgrund eigener Wahrnehmung zuverlässig festgestellt haben (BVerfG, NJW-RR 1992, 1084, 1085; BGH, Beschluss vom 6. Mai 2004 - IX ZB 43/03, WM 2004, 1391, 1392; vom 15. September 2009 - XI ZB 29/08 Rn. 8).
22
Auf Seite 5 der Einspruchsentscheidung wird ausgeführt, es könne im Streitfall nicht davon ausgegangen werden, dass die Schuldnerin nicht über die erforderlichen Mittel verfüge, um die Steuerschulden zu begleichen, weil die Schuldnerin nach den dem Finanzamt vorliegenden Unterlagen in den letzten Jahren über ausreichende laufende Einnahmen zur Tilgung der Rückstände verfügt habe. Hierbei seien nicht die heutigen finanziellen Verhältnisse, sondern diejenigen in den gesetzlichen Fälligkeitszeitpunkten maßgebend. Bei dieser Aussage handelt es sich lediglich um eine Wertung auf der Grundlage nicht offengelegter Beweismittel, für die nicht einmal konkrete Sachverhaltsangaben gemacht werden. Die Aussage bezieht sich zudem auf die Fälligkeitszeitpunkte der offenen Steuerforderungen, die fast ausnahmslos in den Jahren 2001 und 2002 lagen, also in einem Zeitraum lange vor der ersten streitgegenständlichen Zahlung.
23
Soweit auf Seite 2 des Einspruchsbescheides dargelegt wird, eine in den Jahren 2001 und 2002 durchgeführte Prüfung der Steuerfahndung habe erge- ben, dass erhebliche unversteuerte Zahlungen in den Privatbereich und anonyme Transfers von Vermögenswerten in das Ausland festgestellt worden seien , entbehrt diese Aussage jeder näheren Konkretisierung. Die genannten Umstände aus den Jahren 2001 und 2002 besagen zudem nichts zur Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin ab April 2003.
24
Soweit schließlich auf Seite 6 dieses Bescheides ausgeführt wird, es müsse davon ausgegangen werden, die Schuldnerin habe andere Gläubiger bevorzugt und über Einnahmen in nicht unerheblicher Höhe verfügt, bezieht sich auch dies ersichtlich auf frühere Zeiträume. Zudem sind auch dies lediglich Wertungen und Vermutungen ohne nachprüfbare Tatsachengrundlage.
25
Die Urkunde ist deshalb entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ungeeignet, die behauptete Zahlungsunwilligkeit zu beweisen. Der Bescheid spricht im Gegenteil dafür, dass das Finanzamt auch im Zeitpunkt seines Erlasses für den fraglichen Zeitraum von Zahlungsunfähigkeit ausging, nämlich wegen der angeführten hohen fälligen Steuerrückstände seit über drei Jahren, fehlender Sicherheiten und der selbst angenommenen Gefährdung der Steueransprüche. Die Stundung wurde deshalb abgelehnt und die weitere Einziehung im Vollstreckungs- beziehungsweise Insolvenzverfahren angekündigt.
26
b) In dem Schreiben des Finanzamts vom 12. August 2003 wurde die Schuldnerin zwar danach gefragt, warum die Mittel zur Zahlung der vereinnahmten Umsatzsteuer nicht zur Verfügung stünden und warum Mittel, die zur Zahlung der bestehenden Umsatzsteuerrückstände vorgesehen gewesen seien , anderweitig verwendet worden seien. Derartige Fragen besagen jedoch nichts zu einer Zahlungsunwilligkeit trotz bestehender Zahlungsfähigkeit.
27
c) Eigene Erklärungen des Schuldners, fällige Verbindlichkeiten nicht begleichen zu können, deuten auf eine Zahlungseinstellung hin, auch wenn sie, wie hier, mit einer Stundungsbitte versehen sind (BGH, Urteil vom 12. Oktober 2006 - IX ZR 228/03, ZIP 2006, 2222 Rn. 15). Derartige, hier mehrfach gegenüber dem Finanzamt des Beklagten abgegebene Erklärungen können diese Indizwirkungen entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht wegen anderweitiger Erkenntnisse des Anfechtungsgegners abgesprochen werden, wenn sich diese in Wertungen erschöpfen, ohne dass der Anfechtungsgegner den maßgeblichen ermittelten Sachverhalt dargelegt, unter Beweis stellt und diese Umstände erforderlichenfalls festgestellt werden.

III.


28
Das angefochtene Urteil kann daher keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben und an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dieses wird zu prüfen haben, ob dem Beklagten mit den von ihm angebotenen Beweismitteln der Gegenbeweis zu der gesetzlichen Vermutung des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO gelingt. Sofern dies nicht der Fall ist, sind die übrigen Anfechtungsvoraussetzungen zu prüfen.
Kayser Vill Lohmann
Fischer Pape

Vorinstanzen:
LG Kleve, Entscheidung vom 20.08.2008 - 2 O 326/07 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 19.11.2009 - I-12 U 143/08 -

Die vorbereitenden Schriftsätze sollen enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und ihrer gesetzlichen Vertreter nach Namen, Stand oder Gewerbe, Wohnort und Parteistellung; die Bezeichnung des Gerichts und des Streitgegenstandes; die Zahl der Anlagen;
1a.
die für eine Übermittlung elektronischer Dokumente erforderlichen Angaben, sofern eine solche möglich ist;
2.
die Anträge, welche die Partei in der Gerichtssitzung zu stellen beabsichtigt;
3.
die Angabe der zur Begründung der Anträge dienenden tatsächlichen Verhältnisse;
4.
die Erklärung über die tatsächlichen Behauptungen des Gegners;
5.
die Bezeichnung der Beweismittel, deren sich die Partei zum Nachweis oder zur Widerlegung tatsächlicher Behauptungen bedienen will, sowie die Erklärung über die von dem Gegner bezeichneten Beweismittel;
6.
die Unterschrift der Person, die den Schriftsatz verantwortet, bei Übermittlung durch einen Telefaxdienst (Telekopie) die Wiedergabe der Unterschrift in der Kopie.

(1) Der Frachtführer hat für alle Forderungen aus dem Frachtvertrag ein Pfandrecht an dem ihm zur Beförderung übergebenen Gut des Absenders oder eines Dritten, der der Beförderung des Gutes zugestimmt hat. An dem Gut des Absenders hat der Frachtführer auch ein Pfandrecht für alle unbestrittenen Forderungen aus anderen mit dem Absender abgeschlossenen Fracht-, Seefracht-, Speditions- und Lagerverträgen. Das Pfandrecht nach den Sätzen 1 und 2 erstreckt sich auf die Begleitpapiere.

(2) Das Pfandrecht besteht, solange der Frachtführer das Gut in seinem Besitz hat, insbesondere solange er mittels Konnossements, Ladescheins oder Lagerscheins darüber verfügen kann.

(3) Das Pfandrecht besteht auch nach der Ablieferung fort, wenn der Frachtführer es innerhalb von drei Tagen nach der Ablieferung gerichtlich geltend macht und das Gut noch im Besitz des Empfängers ist.

(4) Die in § 1234 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichnete Androhung des Pfandverkaufs sowie die in den §§ 1237 und 1241 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorgesehenen Benachrichtigungen sind an den nach § 418 oder § 446 verfügungsberechtigten Empfänger zu richten. Ist dieser nicht zu ermitteln oder verweigert er die Annahme des Gutes, so haben die Androhung und die Benachrichtigung gegenüber dem Absender zu erfolgen.

(1) Eine Leistung des Schuldners, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt, ist nur anfechtbar, wenn die Voraussetzungen des § 133 Absatz 1 bis 3 gegeben sind und der andere Teil erkannt hat, dass der Schuldner unlauter handelte.

(2) Der Austausch von Leistung und Gegenleistung ist unmittelbar, wenn er nach Art der ausgetauschten Leistungen und unter Berücksichtigung der Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs in einem engen zeitlichen Zusammenhang erfolgt. Gewährt der Schuldner seinem Arbeitnehmer Arbeitsentgelt, ist ein enger zeitlicher Zusammenhang gegeben, wenn der Zeitraum zwischen Arbeitsleistung und Gewährung des Arbeitsentgelts drei Monate nicht übersteigt. Der Gewährung des Arbeitsentgelts durch den Schuldner steht die Gewährung dieses Arbeitsentgelts durch einen Dritten nach § 267 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gleich, wenn für den Arbeitnehmer nicht erkennbar war, dass ein Dritter die Leistung bewirkt hat.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 192/13
Verkündet am:
10. Juli 2014
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Ist der Arbeitnehmer vorleistungspflichtig, genießen Lohnzahlungen seines insolventen Arbeitgebers
, die binnen 30 Tagen nach Fälligkeit bewirkt werden, das Bargeschäftsprivileg.
Die einen Benachteiligungsvorsatz und seine Kenntnis nahelegenden Beweisanzeichen
können zurücktreten, wenn der Schuldner eine kongruente Leistung Zug um Zug gegen eine
zur Fortführung seines eigenen Unternehmens unentbehrliche Gegenleistung erbracht hat,
die den Gläubigern im allgemeinen nützt. Zu den für die Unternehmensfortführung unverzichtbaren
Gegenleistungen gehört auch die Tätigkeit der Arbeitnehmer.
Wird eine Gehaltsforderung an einen Gesellschafter nach den Grundsätzen des Bargeschäfts
gedeckt, liegt darin keine Befriedigung einer einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich
entsprechende Forderung.
BGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - IX ZR 192/13 - LG Siegen
AG Siegen
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. Mai 2014 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richter
Prof. Dr. Gehrlein, Vill, Dr. Fischer und Grupp

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Siegen vom 29. Juli 2013 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger ist Verwalter in dem auf den Eigenantrag vom 24. März 2011 über das Vermögen der e. GmbH (nachfolgend : Schuldnerin) am 21. April 2011 eröffneten Insolvenzverfahren.
2
Der Beklagte war am Stammkapital der Schuldnerin über 25.000 € mit einem Geschäftsanteil von 8.250 € beteiligt. Außerdem war er bei der Schuldnerin versehen mit einer Kontovollmacht als kaufmännischer Leiter für den Unternehmensbereich zentrale Dienste zu einem nach dem Inhalt des Dienstvertrages spätestens am zehnten Tag des Folgemonats fälligen Gehalt von 5.500 € angestellt. Nachdem das Arbeitsentgelt für die Monate November und Dezember 2010 nicht vollständig entrichtet worden war, überwies die Schuldnerin am 5. Januar 2011 einen Betrag von 2.000 € an den Beklagten.
3
Der Kläger nimmt den Beklagten im Wege der Insolvenzanfechtung auf Erstattung dieser Zahlung in Anspruch. Das Amtsgericht hat der Klage in Anwendung von § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:


4
Die zulässige Revision ist nicht begründet.
5
Die Berufung des Beklagten gegen das Ersturteil war als Prozessvoraussetzung des Revisionsverfahrens (BGH, Urteil vom 8. April 1991 - II ZR 35/90, NJW-RR 1991, 1186, 1187) zulässig. Den Begründungsanforderungen ist noch genügt. Der Beklagte hat sich mit dem die Erstentscheidung selbständig tragenden Merkmal einer Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin (§ 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO) in noch hinreichender Weise auseinandergesetzt.

I.


6
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die zugunsten des Beklagten bewirkte Zahlung unterliege als Bargeschäft (§ 142 InsO) nicht der Anfechtung nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei ein Bargeschäft gegeben, wenn der Arbeitgeber in der Krise Arbeitsentgelt für von dem Arbeitnehmer in den vorhergehenden drei Monaten erbrachte Arbeitsleistungen zahle. Der Beklagte sei für die Schuldnerin noch im Dezember 2010 tätig gewesen. Die Zahlung für seine Arbeitsleistung im Dezember habe er am 5. Januar 2011 im Wege eines Baraustauschs erhalten. Auch eine Vorsatzanfechtung (§ 133 Abs. 1 InsO) greife nicht durch. Dabei könne dahin stehen, ob die Schuldnerin im Zahlungszeitpunkt zahlungsunfähig gewesen sei oder ihr Zahlungsunfähigkeit gedroht habe. Jedenfalls fehle es an einem Benachteiligungsvorsatz. Ein Schuldner handele nicht mit Benachteiligungsvorsatz , wenn er eine kongruente Gegenleistung für die von ihm empfangene Leistung erbringe, welche zur Fortführung seines Unternehmens nötig sei und damit den Gläubigern allgemein nütze. Ebenso verhalte es sich bei kongruenten Gehaltszahlungen, weil die im Gegenzug erbrachte Arbeitsleistung im Interesse der Gläubiger zur Fortführung des Betriebs notwendig sei. Deshalb könne hier aus einer behaupteten Zahlungsunfähigkeit nicht auf einen Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin geschlossen werden.
7
Diese Ausführungen halten im Ergebnis rechtlicher Prüfung stand.

II.


8
Die Klageforderung kann nicht auf § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO gestützt werden. Dabei bedarf es keiner Prüfung, ob die Schuldnerin zahlungsunfähig war und der Beklagte dies erkannt hat, weil das Bargeschäftsprivileg des § 142 InsO durchgreift.
9
1. Unter dem Gesichtspunkt des Bargeschäfts (§ 142 InsO) werden Leistungen der Anfechtung entzogen, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in das Schuldnervermögen gelangt ist. Dieser Ausnahmeregelung liegt der wirtschaftliche Gesichtspunkt zugrunde, dass ein Schuldner, der sich in der Krise befindet, praktisch vom Geschäftsverkehr ausgeschlossen würde, wenn selbst die von ihm abgeschlossenen wertäquivalenten Bargeschäfte der Anfechtung unterlägen. In diesem Fall findet wegen des ausgleichenden Vermögenswertes keine Vermögensverschiebung zu Lasten des Schuldners, sondern eine bloße Vermögensumschichtung statt (BGH, Urteil vom 23. September 2010 - IX ZR 212/09, WM 2010, 1986 Rn. 24).
10
2. Eine Bardeckung ist gemäß § 142 InsO eine Leistung des Schuldners, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt. Durch die Worte "für die" wird ausgedrückt, dass eine Bardeckung nur vorliegt, wenn Leistung und Gegenleistung durch Parteivereinbarung miteinander verknüpft sind. Nur eine der Parteivereinbarung entsprechende Leistung ist kongruent und geeignet, den Bargeschäftseinwand auszufüllen (BGH, Urteil vom 23. September 2010, aaO Rn. 26).
11
Im Streitfall entspricht die Zahlung der Schuldnerin der Parteiabrede. Nach dem Inhalt des Arbeitsvertrages stand dem Beklagten ein monatlicher Vergütungsanspruch von 5.500 € gegen die Schuldnerin zu. Tatsächlich hat die Schuldnerin auf die Lohnforderung für den Monat Dezember 2010 am 5. Januar 2011 einen Teilbetrag von 2.000 € gezahlt. Diese Teilzahlung steht mit der Par- teivereinbarung in Einklang.
12
3. Die für ein Bargeschäft erforderliche Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung ist ebenfalls gegeben. Voraussetzung eines Bargeschäfts ist, dass der Leistung des Schuldners eine gleichwertige Gegenleistung gegenübersteht. Nur dann ist das Geschäft für die (spätere) Masse wirtschaftlich neutral (BGH, Urteil vom 11. Oktober 2007 - IX ZR 195/04, WM 2008, 222 Rn. 9).

13
Die von der Schuldnerin geleistete Zahlung glich die von dem Beklagten während des abgelaufenen Monats erbrachte Arbeitstätigkeit aus. Diese hatte für die Schuldnerin, die ihren Geschäftsbetrieb im fraglichen Zeitraum fortsetzte, praktischen Nutzen. Dabei ist davon auszugehen, dass der Beklagte als kaufmännischer Leiter des Unternehmens mit 5.500 € monatlich angemessen vergütet wurde. Anzeichen dafür, dass die geschuldete Vergütung in einem Missverhältnis zu dem übertragenen Verantwortungsbereich stand, sind nicht ersichtlich (vgl. BGH, Urteil vom 2. Februar 2006 - IX ZR 67/02, BGHZ 166, 125 Rn. 48). Überdies hat die Schuldnerin auf das dem Beklagten monatlich geschuldete Entgelt in Höhe von 5.500 € lediglich einen Teilbetrag über 2.000 € erbracht. Mit Rücksicht auf den Gesetzeszweck des § 142 InsO ist es unschädlich , falls der Schuldnerin infolge der über den gesamten Monat erbrachten Arbeitstätigkeit des Beklagten im Vergleich zu der von ihr erbrachten Teilzahlung ein höherer Wert zugeflossen sein sollte (MünchKomm-InsO/Kirchhof, 3. Aufl., § 142 Rn. 9; HK-InsO/Kreft, 7. Aufl., § 142 Rn. 7; Ehricke in Kübler /Prütting/Bork, InsO, 2008, § 142 Rn. 4; HmbKomm-InsO/Rogge/Leptien, 4. Aufl., § 142 Rn. 10; Gehrlein in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 2. Aufl., § 142 Rn. 18; Ganter, ZIP 2012, 2037, 2038). Der Behauptung des Beklagten, während der Monate November und Dezember 2010 durchgängig gearbeitet zu haben, ist der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten.
14
4. Der für ein Bargeschäft notwendige enge zeitliche Zusammenhang von Leistung und Gegenleistung ist im Streitfall gegeben.
15
a) Unter dem Gesichtspunkt des Bargeschäfts werden gemäß § 142 InsO Leistungen privilegiert, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in das Schuldnervermögen gelangt ist. Leistung und Gegenleistung müs- sen beim Bargeschäft zwar nicht Zug um Zug erbracht werden. Allerdings setzt das in der Vorschrift enthaltene Tatbestandsmerkmal "unmittelbar" voraus, dass Leistung und Gegenleistung in einem engen zeitlichen Zusammenhang ausgetauscht werden (BT-Drucks. 12/2443 S. 167). Der Gesichtspunkt der bloßen Vermögensumschichtung greift nur, wenn der Leistungsaustausch in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang vorgenommen wird (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2002 - IX ZR 377/99, WM 2003, 524, 528). Der hierfür unschädliche Zeitraum lässt sich nicht allgemein festlegen. Er hängt wesentlich von der Art der ausgetauschten Leistungen und davon ab, in welcher Zeitspanne sich der Austausch nach den Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs vollzieht (BGH, Urteil vom 13. April 2006 - IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190 Rn. 31; vom 21. Juni 2007 - IX ZR 231/04, WM 2007, 1616 Rn. 51; vom 11. Februar 2010 - IX ZR 104/07, WM 2010, 711 Rn. 31). Eine sich in "verspäteten Entgeltzahlungen" (BAG, Urteil vom 6. Oktober 2011 - 6 AZR 262/10, BAGE 139, 235 Rn. 15) ausdrückende Kreditgewährung schließt, weil es notwendigerweise an einem engen zeitlichen Zusammenhang des Leistungsaustausches mangelt, ein Bargeschäft aus (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2002, aaO; vom 16. November 2006 - IX ZR 239/04, WM 2007, 170 Rn. 15). Danach fehlt es jedenfalls an einem unmittelbaren Leistungsaustausch, wenn monatlich fällige Lohnzahlungen zwei Monate nach Beendigung der damit korrespondierenden Arbeitstätigkeit erbracht werden (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 2002 - IX ZR 480/00, WM 2002, 1808, 1809).
16
b) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liegt hingegen bereits ein Bargeschäft vor, wenn der Arbeitgeber in der Krise Arbeitsentgelt für Arbeitsleistungen zahlt, die der Arbeitnehmer in den vorhergehenden drei Monaten erbracht hat (Urteil vom 6. Oktober 2011, aaO Rn. 15 ff). Dieser im insolvenzrechtlichen Schrifttum - soweit ersichtlich - einhellig kritisierten Auslegung des § 142 InsO (vgl. Huber, EWiR 2011, 817; ders., ZInsO 2013, 1049 ff; Ganter, ZIP 2012, 2037 ff; Plathner/Sajogo, ZInsO 2012, 581 ff; Jacobs/ Doebert, ZInsO 2012, 618 ff; Brinkmann, ZZP 125 (2012), 197, 208 f; Smid, DZWIR 2013, 89, 110 f) vermag der Senat nicht zuzustimmen.
17
aa) Soweit sich das Bundesarbeitsgericht darauf beruft, „dass in nicht wenigen Branchen eine verzögerte Zahlung der Vergütung schon fast die Regel ist“ (Urteil vom 6. Oktober 2011, aaO Rn. 17), wird diese Würdigung schon im Ansatz dem Gesetzeszweck des § 142 InsO nicht gerecht, weil selbst ein verbreiteter Verstoß gegen Fälligkeitszeitpunkte nicht geeignet sein kann, die daran anknüpfenden Rechtsfolgen zu beseitigen. Die bei der Beurteilung eines Bargeschäfts zugrunde zu legenden allgemeinen geschäftlichen Gepflogenheiten beurteilen sich nach den Gebräuchen solventer Partner und werden nicht durch verspätete Zahlungen insolvenzgefährdeter Unternehmen beeinflusst, die unter Liquiditätsengpässen leiden (Jacobs/Doebert, aaO S. 622; Ganter, aaO S. 2038, 2043). Andernfalls wäre jeder Leistungsaustausch in der Krise als Bargeschäft zu bewerten, weil liquiditätsschwache Unternehmen typischerweise verzögert zahlen (Brinkmann, aaO S. 208 f).
18
bb) Davon abgesehen wird der Befund branchenübergreifender Zahlungsverzögerungen nicht durch verifizierbare Tatsachen - anhand von empirischem Material oder auch nur anhand von Medienberichten - untermauert (vgl. Brinkmann, aaO; Plathner/Sajogo, aaO S. 584). Es fehlt nicht nur jede Konkretisierung , um welche Branchen es sich handelt (Jacobs/Doebert, aaO S. 623); überdies wird der festgestellte Zeitraum der Zahlungsverzögerungen nicht näher präzisiert. Schließlich ist der von dem Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 6. Oktober 2011, aaO Rn. 17) angeführte Beleg (Bandte in FS Beuthien, 2009, S. 401, 405) inhaltlich unergiebig. Ein allgemein verbreiteter Missstand verspäteter Lohnzahlung wäre von den über die Verhältnisse am Arbeitsmarkt wohl unterrichteten Gewerkschaften sicherlich längst öffentlichkeitswirksam angeprangert worden. Bei dieser Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden , dass sich innerhalb des Arbeitslebens die allgemeine Gepflogenheit einer um drei Monate verspäteten Lohnzahlung herausgebildet hätte. Im Gegenteil begleichen die den Geschäftsverkehr prägenden wirtschaftlich gesunden Unternehmen , deren Zahl die in einer Krise befindlichen Betriebe im Gemeinwohlinteresse erfreulicherweise weit übersteigt, die Arbeitslöhne in aller Regel bei Fälligkeit.
19
cc) Die weitere Erwägung des Bundesarbeitsgerichts, durch die Zahlung rückständigen Lohns werde "erkauft", dass Arbeitnehmer zwecks Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs "bei der Stange bleiben" (BAG, Urteil vom 6. Oktober 2011, aaO Rn. 18), vermag die Annahme eines Bargeschäfts ebenfalls nicht zu tragen. In der Fortsetzung ihrer Arbeitstätigkeit liegt keine berücksichtigungsfähige Gegenleistung der Arbeitnehmer, weil die künftigen Leistungen ihrerseits wieder in Rechnung gestellt werden (BGH, Urteil vom 30. Januar 1986 - IX ZR 79/85, BGHZ 97, 87, 94; vom 23. September 2010 - IX ZR 212/09, WM 2010, 1986 Rn. 33; Ganter, aaO S. 2043 f).
20
c) Die Arbeitnehmer einseitig begünstigende Auslegung des § 142 InsO durch das Bundesarbeitsgericht ist zudem mit der Bindung der Gerichte an Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG) nicht vereinbar (vgl. Huber, ZInsO 2013, 1049, 1054 f; Kreft, ZIP 2013, 241, 250 f).
21
aa) Der Gesetzgeber hat mit der Schaffung der Insolvenzordnung - wie bereits das Vorblatt der Gesetzesbegründung betont - die allgemeinen Kon- kursvorrechte einschließlich derjenigen der Arbeitnehmer ausdrücklich beseitigt (BT-Drucks. 12/2443 Vorblatt B. 6.).
22
(1) Aufgrund dieser Gesetzesänderung waren nach Auffassung des Gesetzgebers für Arbeitnehmer keine sozialen Härten zu erwarten, weil für die Lohnausfälle der letzten drei Monate vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens Ausfallgeld gezahlt wird (BT-Drucks., aaO, sowie S. 90). Lohnrückstände der Arbeitnehmer sollten durch das für die letzten drei Monate des Arbeitsverhältnisses vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens gewährte Ausfallgeld gesichert werden (BT-Drucks., aaO S. 96). Bei der Streichung der Konkursvorrechte ließ sich der Gesetzgeber von der allgemeinen Erwägung leiten, dass sich die Entscheidung über den Vor- oder Nachrang einer Gläubigerklasse nicht auf hinreichend überzeugende soziale Gesichtspunkte stützen lässt (BT-Drucks. 12/2443, S. 90). Wörtlich hat er insoweit ausgeführt (BT-Drucks., aaO): "Eine dem sozialen Schutzbedürfnis im Einzelfall gemäße Einordnung von Gläubigerklassen in einen Privilegienkatalog erscheint unmöglich. Jeder Vorrechtskatalog ist letztlich willkürlich. Schon das geltende Konkursrecht räumt keineswegs allen anerkanntermaßen sozial schutzwürdigen Gruppen ein Vorrecht ein. Anders als im Recht der Einzelvollstreckung in das Arbeitseinkommen (§§ 850 d, 850 f Abs. 2 ZPO) sind beispielsweise Unterhalts- und Deliktsgläubiger im Konkursverfahren nicht privilegiert. Das Bundesverfassungsgericht hat die Fragwürdigkeit jedes Privilegienkatalogs in seinem Beschluss zum Vorrecht für Sozialplanforderungen (BVerfGE 65, 182) nachdrücklich herausgearbeitet."
23
(2) In der angeführten Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht die Einordnung von Sozialplanabfindungen als Konkursforderungen im Range vor § 61 Abs. 1 Nr. 1 KO kraft Richterrechts als mit der Verfassung (Art. 20 Abs. 3 GG) unvereinbar beanstandet (BVerfGE 65, 182, 190 ff.). Dabei hat es betont, dass jedes Konkursvorrecht eine Ausnahme vom Gebot der Gleichbehandlung aller Konkursgläubiger bildet. Soweit ein Vorrecht nicht gesetzlich begründet ist, muss es deshalb nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts bei der Regelung bleiben, dass Forderungen gegen den Gemeinschuldner einfache Konkursforderungen im Range des § 61 Abs. 1 Nr. 6 KO sind (BVerfGE 65, aaO S. 191). Da die Regelung nach Wortlaut, Systematik und Sinn abschließend ist, besteht keine verfassungsrechtlich anzuerkennende Regelungslücke , die es dem Richter erlaubt, für bestimmte Forderungen eine Privilegierung außerhalb dieses geschlossenen Systems zu begründen (BVerfGE 65, aaO S. 191 f).
24
bb) Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts setzt sich aus sozialpolitischen Gründen (vgl. bereits BVerfGE 65, aaO S. 194) - wie nicht zuletzt die Gesetzesinitiativen, sie durch eine Änderung des Insolvenzanfechtungsrechts zu legalisieren, belegen (Huber, ZInsO 2013, 1049, 1054 f) - über die Schranken richterlicher Rechtsfortbildung hinweg, indem sie Arbeitnehmern unter Verzicht auf das Tatbestandsmerkmal "unmittelbar" mit Hilfe einer vom Wortlaut des § 142 InsO nicht mehr getragenen Auslegung im Gewand des Bargeschäftsprivilegs das vom Gesetzgeber ausdrücklich beseitigte Konkursvorrecht gewährt. Eine eindeutige gesetzgeberische Entscheidung darf der Richter nicht nach eigenen rechtspolitischen Vorstellungen durch eine abweichende judikative Lösung ersetzen (vgl. Kreft, ZIP 2013, 241, 250). Da § 142 InsO eine Ausnahmeregelung darstellt, ist aus rechtsmethodischen Gründen für eine erweiternde Auslegung von vornherein kein Raum (vgl. BGH, Urteil vom 23. September 2010 - IX ZR 212/09, WM 2010, 1986 Rn. 35; Ganter, ZIP 2012, 2037, 2038).

25
(1) Infolge der Beseitigung jeglicher Vorrechte einzelner Gläubiger durch die Insolvenzordnung sind Arbeitnehmer und sonstige Gläubiger uneingeschränkt gleich zu behandeln (Huber, aaO S. 1051, 1054; Lütcke, NZI 2014, 350, 351). Das Gebot der Gleichbehandlung als "Magna carta des Insolvenzrechts" (Huber, aaO) hat allgemeine Geltung und ist darum ebenfalls im Rahmen der Insolvenzanfechtung zu beachten (vgl. Huber, aaO S. 1054; Jacobs/ Doebert, ZInsO 2012, 618, 627; Plathner/Sajogo, ZInsO 2012, 581, 584; Lütcke, aaO). Die aus wohl erwogenen Gründen entfallenen Vorrechte können nicht in der Weise wiederbegründet werden, dass einzelnen Gläubigern wie Arbeitnehmern ein vom Gesetz nicht vorgesehener Schutz gegen Ansprüche aus Insolvenzanfechtung eröffnet wird, um contra legem durch Ausbildung eines "Sonderinsolvenzrechts für Arbeitnehmer" (Brinkmann, ZZP 125 (2012), 197, 201) den Rechtszustand der früheren Konkursordnung wiederherzustellen (Brinkmann, aaO S. 212). Ein bevorrechtigter Zugriff auf das Schuldnervermögen kann einzelnen Gläubigern nur von Gesetzes wegen eingeräumt werden (vgl. BT-Drucks. 12/2443 S. 90), wie dies etwa durch die Umsetzung einer EURichtlinie geschieht, welche die bevorrechtigte Behandlung von Versicherungsforderungen bei Insolvenz eines Versicherungsunternehmens vorsieht (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juli 2011 - IX ZR 210/10, WM 2011, 1483 Rn. 7). Würde den Gerichten gestattet, die Anfechtungsvoraussetzungen im Blick auf unterschiedliche Gläubigergruppen jeweils zu differenzieren, liefe dies letztlich auf eine Zuteilung der Masse aufgrund richterlicher Billigkeitsentscheidung hinaus.
26
(2) Jede Ausweitung der Rangordnung und jedes Mehr an Forderungen in vorgehenden Rangstellen bewirkt - wie das Bundesverfassungsgericht zu § 61 Abs. 1 KO überzeugend ausgeführt hat - eine Minderung der den nach- rangigen, insbesondere letztrangigen Gläubigern verbleibenden Haftungsmasse , die regelmäßig schon durch ausgedehnte Sicherungsrechte der Geld- und Warenkreditgeber geschmälert ist. Deshalb ist zu betonen, dass jede Bevorzugung einzelner Forderungen zwangsläufig zu Lasten anderer Gläubiger geht und regelmäßig auch zu neuen Unstimmigkeiten bei der Verfahrensabwicklung führt (BVerfGE 65, 182, 192). Die Insolvenzanfechtung beruht auf dem Gerechtigkeitsgebot , das Ausfallrisiko solidarisch und gleichmäßig auf sämtliche Gläubiger einschließlich der Arbeitnehmer zu verteilen (Ries, ZInsO 2007, 1037). Folgerichtig kann es auch im Verhältnis zu Arbeitnehmern nicht Aufgabe des Insolvenzverfahrens sein, werthaltige Rechte einzelner Beteiligter zu Gunsten von Arbeitnehmern in Frage zu stellen (BT-Drucks. 12/2443 S. 96).
27
(3) Viele Kleinunternehmer, etwa handwerkliche Familienbetriebe, befinden sich in einer Arbeitnehmern vergleichbaren wirtschaftlichen Lage, ohne - bei zutreffendem Verständnis - der auf § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO gestützten Anfechtung von verspätet erlangten Werklohnzahlungen mit dem Hinweis auf einen Baraustausch (§ 142 InsO) begegnen zu können. In ihrer Branche gesuchte Arbeitnehmer werden einen vorübergehenden Lohnausfall vielfach leichter verkraften können als etwa ein (Klein-)Unternehmen Umsatzausfälle, die auf der Insolvenz eines langjährigen Hauptabnehmers beruhen. Dies gilt umso mehr für unterhalb des Vorstands als Arbeitnehmer angesiedelte Führungskräfte , die durch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts - will man nicht innerhalb der Gruppe der Arbeitnehmer rechtsschöpferisch differenzieren - ebenfalls geschützt werden. Sachgerechte Gründe für die unterschiedliche Behandlung dieser Gläubigergruppen sind nicht ersichtlich (vgl. BVerfGE 65, aaO S. 194). Mit der einseitigen Bevorzugung der Arbeitnehmer ist außerdem zwingend eine Verminderung der auf die sonstigen Gläubiger entfallenden Insolvenzquote verknüpft. Wie die Erfahrung lehrt, können insolvenzbedingte Forde- rungsausfälle Folgeinsolvenzen auslösen, die als Kettenreaktion für die Arbeitnehmer der nun betroffenen Unternehmen zu Lohnausfällen führen. Diese Konsequenz ist stets zu bedenken, wenn eine Beschränkung des Insolvenzanfechtungsrechts ins Auge gefasst wird.
28
cc) Aus den vorstehenden Erwägungen kann entgegen der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 29. Januar 2014 - 6 AZR 345/12, ZIP 2014, 628 Rn. 15 ff) auch ein etwaiges Existenzminimum des Arbeitnehmers nicht mittels einer beschränkenden Auslegung der §§ 129 ff InsO anfechtungsfrei gestellt werden.
29
(1) Es ist nicht Aufgabe der Gläubigergemeinschaft, sondern des Staates , etwaige durch eine Insolvenz zu Lasten bestimmter Gläubiger hervorgerufene unzumutbare Härten auszugleichen (vgl. Vollrath, ZInsO 2011, 1665, 1675; Ganter, ZIP 2012, 2037, 2044; Plathner/Sajogo, ZInsO 2012, 581, 584; Jacobs/Doebert, ZInsO 2012, 618, 627; Huber, ZInsO 2013, 1049, 1053; Lütcke, NZI 2014, 350, 351). Zum Nachteil der Arbeitnehmer bestehende sozialrechtliche Schutzlücken sind innerhalb dieses Regelungswerks durch ergänzende Vorschriften etwa zum Bezug von Insolvenzgeld zu schließen (Brinkmann , ZZP 125 (2012), 197, 215 f). Hingegen können nicht der Gläubigergesamtheit sich in einer Quotenminderung manifestierende Sonderopfer, wovon der Gesetzgeber selbst Gesellschafter verschont (BT-Drucks. 16/9737 S. 59), zugunsten von Mitgläubigern ohne gesetzliche Grundlage im Wege richterlicher Rechtsfortbildung aufgebürdet werden (vgl. BT-Drucks. 12/2443 S. 96; Huber, aaO S. 1054). Das Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes enthält infolge seiner Weite und Unbestimmtheit keine unmittelbaren Handlungsanweisungen, die durch die Gerichte ohne gesetzliche Grundlage in einfaches Recht umgesetzt werden könnten (BVerfGE 65, 182, 193). Darum ist es den Gläubigern nicht zumutbar (Brinkmann, ZZP 125 (2012), 197, 209; Lütcke, aaO), durch einen Quotenverzicht Lücken der Insolvenzgeldzahlung zugunsten von Arbeitnehmern als Mitgläubigern aufzufüllen (in diesem Sinne BAG, Urteil vom 6. Oktober 2011 - 6 AZR 262/10, BAGE 139, 235 Rn. 15 ff) oder deren Existenzminimum zu sichern (in diesem Sinne BAG, Urteil vom 29. Januar 2014 - 6 AZR 345/12, ZIP 2014, 628 Rn. 15 ff). Scheidet ein Schutz der Arbeitsplatzinteressen gegen den Markt aus (BT-Drucks. 12/2443, aaO), kann ihnen auch im Verhältnis zu anderen Gläubigern nicht einfach kraft Richterrechts der Vorrang eingeräumt werden (Jacobs/Doebert, ZInsO 2012, 618, 623).
30
(2) Die Argumentation des Bundesarbeitsgerichts läuft bei lebensnaher Betrachtung auf das Ergebnis hinaus, die Anfechtung generell zu versagen, wenn das damit verbundene Ergebnis für den Arbeitnehmer wirtschaftlich untragbar ist. Das Sozialstaatsprinzip kann bereits im Ansatz nicht zur Korrektur jeglicher hart oder unbillig erscheinenden Einzelregelungen dienen (BVerfGE 66, 234, 248; 67, 231, 239; 69, 272, 315). Davon abgesehen lässt die Würdigung die Interessen der vor Verfahrenseröffnung nicht befriedigten, regelmäßig die Mehrheit bildenden Gläubiger des Schuldners außer Betracht, die durch einen vollständigen Forderungsausfall ebenfalls untragbare Härten erleiden können (vgl. Ries, ZInsO 2007, 1037, 1038; Lütcke, aaO S. 352). Hier schafft die Insolvenzanfechtung den gebotenen Ausgleich, indem Zahlungen zur Masse gezogen und zur anteiligen Befriedigung sämtlicher - unzumutbar belasteter - Gläubiger einschließlich des Anfechtungsgegners verwendet werden (Ries, aaO S. 1037; Lütcke, aaO S. 351). Zahlt ein Arbeitgeber etwa nur an bestimmte , für die Produktion besonders wichtige Arbeitnehmer Lohn, erscheint es sachgerecht, die weggegebenen Mittel durch eine Anfechtung für sämtliche Arbeitnehmer gleichmäßig verfügbar zu machen. Muss sich ein Arbeitnehmer mangels eines Vorrechts nach Verfahrenseröffnung ohne Rücksicht auf die Be- friedigung seines Existenzminimums mit der Quote abfinden, so leuchtet nicht ein, dass er eine anfechtbar erworbene Zahlung unter dem Gesichtspunkt des Existenzminimums behalten darf (vgl. BVerfGE 65, 182, 194).
31
d) Im Streitfall sind die Voraussetzungen eines Bargeschäfts (§ 142 InsO) gegeben, weil die monatlich geschuldete Lohnzahlung innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit erfolgte.
32
aa) Unter welchen zeitlichen Voraussetzungen verspätete Entgeltzahlungen des Arbeitgebers das Bargeschäftsprivileg genießen, wird im Schrifttum unterschiedlich beantwortet. Vereinzelt wird ein Bargeschäft bereits dann ausgeschlossen , wenn die Vergütung nicht nur einige Tage verspätet (Zwanziger, BB 2007, 42, 43) oder nicht einigermaßen pünktlich (Klinck, AP InsO § 130 Nr. 1 unter III.) gezahlt wird. Als zeitliche Grenze des Bargeschäftscharakters einer verspäteten Lohnzahlung wird ferner eine Frist von drei Wochen genannt (Huber, NJW 2009, 1928, 1929; Vollrath, ZInsO 2011, 1665, 1666; Wegener, NZI 2009, 225).
33
Bei länger währenden Vertragsbeziehungen ist nach der Rechtsprechung des Senats für die Annahme eines Bargeschäfts zu verlangen, dass die jeweiligen Leistungen und Gegenleistungen zeitlich oder gegenständlich teilbar sind und zeitnah - entweder in Teilen oder abschnittsweise - ausgetauscht werden. Wenn zwischen dem Beginn einer anwaltlichen Tätigkeit und der Erbringung einer Gegenleistung mehr als 30 Tage liegen, ist ein Bargeschäft zu verneinen. Bei Anforderung eines Vorschusses ist eine anfechtungsrechtliche Bargeschäftsausnahme anzunehmen, wenn in regelmäßigen Abständen Vorschüsse eingefordert werden, die in etwa dem Wert einer zwischenzeitlich entfalteten oder in den nächsten 30 Tagen noch zu erbringenden Tätigkeit entsprechen.
Ferner kann vereinbart werden, Teilleistungen gegen entsprechende Vergütungen zu erbringen (BGH, Urteil vom 13. April 2006 - IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190 Rn. 34 ff.; vom 6. Dezember 2007 - IX ZR 113/06, WM 2008, 229 Rn. 20; Beschluss vom 18. September 2008 - IX ZR 134/05, NZG 2008, 902 Rn. 2; Urteil vom 15. Dezember 2011 - IX ZR 118/11, WM 2012, 276 Rn. 25).
34
bb) Diese aus § 286 Abs. 3 BGB für die Annahme eines Bargeschäfts bei der Zahlung der Anwaltsvergütung hergeleiteten Grundsätze können mit der Modifizierung, dass die Frist von 30 Tagen nicht ab Beginn der Tätigkeit, sondern ab Fälligkeit der Vergütung zu berechnen ist, auf die Gewährung von Arbeitsentgelten bei monatlicher Lohnzahlung übertragen werden.
35
(1) Die Vergütung der Arbeitnehmer ist gemäß § 614 Satz 1 BGB nach Leistung der Dienste zu entrichten. Ist die Vergütung nach Zeitabschnitten bemessen , muss sie gemäß § 614 Satz 2 BGB nach dem Ablauf jedes einzelnen Zeitabschnitts beglichen werden. Bei monatlicher Vergütung ist dies grundsätzlich der erste Tag des Folgemonats (MünchKomm-BGB/Müller-Glöge, 6. Aufl., § 614 Rn. 11). Allerdings kann der Fälligkeitszeitpunkt durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung kollektivvertraglich abweichend - etwa auf den fünfzehnten Tag des Folgemonats (Jacobs/Doebert, ZInsO 2012, 618, 622) - bestimmt werden (MünchKomm-BGB/Müller-Glöge, aaO § 614 Rn. 2). Dem allgemeinen Rechtsverkehr entsprechen - wie auch im Streitfall - monatliche Lohnzahlungen, die ebenfalls monatlich abzurechnen und auszuführen sind (Jacobs/Doebert, aaO S. 623 mwN; Wagner in Kummer/Schäfer/Wagner, Insolvenzanfechtung, 2. Aufl., Rn. O 83).

36
(2) Die Rechtsprechung zum Unmittelbarkeitserfordernis bei der Vergütung anwaltlicher Dienstleistungen kann nicht unbesehen auf Arbeitnehmer übertragen werden. Arbeitnehmer unterliegen gemäß § 614 Satz 1 BGB regelmäßig einer Vorleistungspflicht (Jacobs/Doebert, aaO S. 622; Lütcke, NZI 2014, 350, 352) und haben nach § 614 Satz 2 BGB bei entsprechender Bemessung Anspruch auf eine Vergütung nach Zeitabschnitten (Ganter, ZIP 2014, 2037, 2040, 2044). Im Falle einer Vorleistungspflicht kann im Blick auf den engen zeitlichen Zusammenhang von Leistung und Gegenleistung nicht auf den Beginn der Tätigkeit des Arbeitnehmers abgestellt werden, weil ihm zu diesem Zeitpunkt noch kein Vergütungsanspruch zusteht (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 2002 - IX ZR 480/00, WM 2002, 1808, 1809). Für diese Bewertung spricht die weitere Erwägung, dass eine Vergütung nach Zeitabschnitten von einer Woche oder einem Monat ihrer Natur nach einen Baraustausch nahelegt (Ganter, aaO).
37
(3) Da der Vorleistung des Arbeitnehmers keine Kreditfunktion zukommt (Staudinger/Richardi, BGB, 2005, § 614 Rn. 11), beurteilt sich die Unmittelbarkeit der Lohnzahlung nach dem Zeitraum zwischen der Fälligkeit des Vergütungsanspruchs und seiner tatsächlichen Erfüllung (Wagner in Kummer /Schäfer/Wagner, aaO; Jacobs/Doebert, aaO; Lütcke, NZI 2014, 350, 352). Mit dieser Maßgabe kann die Rechtsprechung zum Baraustausch bei anwaltlichen Beratungsleistungen auf Arbeitnehmer übertragen werden. Danach ist der für ein Bargeschäft erforderliche Unmittelbarkeitszusammenhang noch gegeben , wenn im Falle einer monatlichen Vorleistungspflicht die Entgeltzahlung innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit vorgenommen wird (Bork, ZIP 2007, 2337, 2338 f; Ries, ZInsO 2007, 1037, 1038; Pieper, ZInsO 2009, 1425, 1431; Laws, ZInsO 2009, 1465, 1470; Ganter, aaO S. 2040, 2044; Brinkmann, ZZP 125 (2012), 197, 208; Jacobs/Doebert, aaO S. 624; Wagner in Kummer/Schäfer /Wagner, aaO; ErfK/Müller-Glöge, 11. Aufl., InsO, Einführung Rn. 24; anders im Sinne des BAG nunmehr ders., aaO 14. Aufl., Rn. 24 b). Für die Beurteilung als Bargeschäft ist es unschädlich, wenn der Fälligkeitszeitpunkt entsprechend den tarifvertraglichen Übungen anstelle des ersten Tages nicht länger als bis zum fünfzehnten Tag des Folgemonats hinausgeschoben wird (Jacobs /Doebert, aaO S. 622). Ist die Vergütung nach kürzeren Zeitabschnitten zu leisten, scheidet ein Bargeschäft aus, wenn zum Zeitpunkt der Zahlung bereits der Lohn für den nächsten Zeitabschnitt fällig war (Ries, aaO; Bork aaO; Jacobs /Doebert, aaO S. 623; Pieper, aaO; Ganter, aaO S. 2044; Lütcke, NZI 2014, 350, 352).
38
cc) Nach diesen Grundsätzen liegt im Streitfall eine Bardeckung (§ 142 InsO) vor.
39
Die monatliche Vergütung des Beklagten war von der Schuldnerin vertragsgemäß bis zum zehnten Tag des Folgemonats zu begleichen. Im Zeitpunkt der durch die Schuldnerin am 5. Januar 2011 bewirkten Zahlung standen die Gehälter des Beklagten für die Monate November und Dezember 2010 teilweise offen. Im Falle einer Zahlung auf das Gehalt für den Monat Dezember 2010, die noch vor dem spätesten Fälligkeitszeitpunkt des 10. Januar 2011 erfolgt wäre, läge ohne weiteres ein Bargeschäft vor. Nicht anders verhielte es sich, wenn mit der Zahlung das Gehalt für den Monat November 2010 getilgt werden sollte. Infolge der für dieses Gehalt zum 10. Dezember 2010 begründeten Fälligkeit wäre auch bei einer am 5. Januar 2011 erfolgten Begleichung der für ein Bargeschäft unschädliche Zeitraum von 30 Tagen noch nicht verstrichen. Vor diesem Hintergrund bedarf es nicht der Prüfung, ob die bei der Zahlung vom 5. Januar 2011 auf den Monat Dezember 2010 gerichtete Tilgungsbestimmung (§ 366 Abs. 1 BGB) selbständig anfechtbar ist.

III.


40
Sonstige Anfechtungstatbestände greifen ebenfalls nicht durch.
41
1. Soweit das Berufungsgericht eine Vorsatzanfechtung aus § 133 Abs. 1 InsO abgelehnt hat, ist seine Würdigung revisionsrechtlich jedenfalls im Ergebnis nicht zu beanstanden.
42
a) Es konnte davon ausgehen, dass die Zahlung der Schuldnerin, ohne nähere Feststellungen zu einer tatsächlich bestehenden Zahlungsunfähigkeit treffen zu müssen, nicht von einem Benachteiligungsvorsatz getragen war.
43
aa) Dem Beweisanzeichen der erkannten Zahlungsunfähigkeit ist - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - im Streitfall keine ausschlaggebende Bedeutung beizumessen. Die Indizwirkung der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit wie auch der Inkongruenz kann im Einzelfall ausgeschlossen sein, wenn die Umstände ergeben, dass der Schuldner von einer anfechtungsrechtlich unbedenklichen Willensrichtung geleitet war und das Bewusstsein der Benachteiligung anderer Gläubiger infolgedessen in den Hintergrund getreten ist. Dies kann einmal gelten, wenn die Rechtshandlung Bestandteil eines ernsthaften, letztlich aber gescheiterten Sanierungsversuchs war (BGH, Urteil vom 8. Dezember 2011 - IX ZR 156/09, WM 2012, 146 Rn. 11, 18; vom 21. Februar 2013 - IX ZR 52/10, WM 2013, 763 Rn. 11; vom 3. April 2014 - IX ZR 201/13, WM 2014, 1009 Rn. 40).

44
bb) Zum anderen kann dem Schuldner im Falle einer bargeschäftsähnlichen Lage infolge des gleichwertigen Leistungsaustauschs die dadurch eintretende mittelbare Gläubigerbenachteiligung nicht bewusst geworden sein (Kayser, WM 2013, 293, 298; NJW 2014, 422, 427). Darum handelt ein Schuldner in der Regel nicht mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz, wenn er eine kongruente Leistung Zug um Zug gegen eine zur Fortführung seines eigenen Unternehmens unentbehrliche Gegenleistung erbracht hat, die den Gläubigern im allgemeinen nützt (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 1997 - IX ZR 234/96, ZIP 1997, 1551, 1553; Beschluss vom 16. Juli 2009 - IX ZR 28/07, NZI 2009, 723 Rn. 2; vom 6. Februar 2014 - IX ZR 221/11, ZInsO 2014, 496 Rn. 3). Zu den für die Betriebsfortführung unverzichtbaren Gegenleistungen gehört auch die Tätigkeit der Arbeitnehmer, deren Mitwirkung für jede betriebliche Wertschöpfung unabdingbar ist. Deswegen scheidet regelmäßig ein Benachteiligungsvorsatz aus, wenn durch Gehaltszahlungen im Zuge eines Baraustauschs die für die Betriebsfortführung unerlässliche Gegenleistung der Arbeitstätigkeit entgolten wird (BAG, Urteil vom 29. Januar 2014 - 6 AZR 345/12, ZIP 2014, 628 Rn. 84 ff, 89). Nach den hier getroffenen Feststellungen fehlt es an einem Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin, weil diese dem Beklagten Gehaltszahlungen im Rahmen eines bargeschäftlichen Leistungsaustauschs gewährt hat.
45
b) Überdies hat der Kläger nicht den Nachweis geführt, dass der Beklagte eine auch nur drohende Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin und damit deren Benachteiligungsvorsatz erkannt hat (§ 133 Abs. 1 Satz 2 InsO). Nach den tatrichterlichen Feststellungen war der Beklagte nicht mit der Wahrnehmung von Geschäftsführungsaufgaben betraut, die ihm nähere Einblicke in die Vermögenslage der Schuldnerin verschafft hätte (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2012 - IX ZR 205/11, WM 2012, 2343 Rn. 7). Ferner hat er zugunsten der Schuldnerin eine selbstschuldnerische Bürgschaft über 55.000 € übernommen und durch Klage vom 16. Februar 2010 gegenüber der Schuldnerin seine offenen Lohnrückstände vor dem Arbeitsgericht verfolgt. Die ein erhebliches Risiko bergende Bereitschaft, eine selbstschuldnerische Bürgschaft einzugehen, spricht nachdrücklich gegen eine Kenntnis des Beklagten von einer Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin, sondern deutet vielmehr darauf hin, dass er nicht von ihrer existenziellen Gefährdung ausging. Ebenso liegt fern, dass der Schuldner eine Klage gegen das als insolvent erkannte Unternehmen gerichtet hätte, die von vornherein keinen wirtschaftlichen Erfolg versprochen, sondern durch das Ingangsetzen eines aussichtslosen Verfahrens lediglich eine zusätzliche Kostenbelastung hervorgerufen hätte.
46
2. Ein Anfechtungsanspruch folgt auch nicht aus § 133 Abs. 2 Satz 1 InsO. Nach dieser Vorschrift ist ein von dem Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138 InsO) geschlossener entgeltlicher Vertrag anfechtbar, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden.
47
a) Da es sich bei der Schuldnerin um eine GmbH handelt, ist der zu mehr als ein Viertel an ihrem Kapital beteiligte Beklagte gemäß § 138 Abs. 2 Nr. 1 InsO als nahestehende Person anzusehen. Der Vertragsbegriff des § 133 Abs. 2 InsO ist weit auszulegen (BGH, Urteil vom 1. Juli 2010 - IX ZR 58/09, NZI 2010, 738 Rn. 9). Auch reine Erfüllungsgeschäfte werden zu den entgeltlichen Verträgen gerechnet. Bei ihnen besteht das Entgelt in der Befreiung von der Schuld (BGH, Urteil vom 12. Juli 1990 - IX ZR 245/89, BGHZ 112, 136, 138; Urteil vom 15. Februar 1990 - IX ZR 149/88, ZIP 1990, 459, 460).
48
b) Jedoch fehlt es an der weiteren Voraussetzung einer unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung. Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn die Rechtshandlung des Schuldners die Zugriffsmöglichkeiten der Gläubigergesamtheit unmittelbar verschlechtert, ohne dass weitere Umstände hinzutreten müssen (BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012 - IX ZR 130/10, WM 2013, 333 Rn. 27). Durch einen Vertrag, auf Grund dessen der Schuldner für das, was er aufgibt, eine vollwertige Gegenleistung erhält, werden die Gläubiger auch dann nicht unmittelbar benachteiligt, wenn diese Gegenleistung infolge eines weiteren , nicht zu dem Gesamttatbestand des Rechtsgeschäfts gehörenden Umstandes in dem Zeitpunkt nicht mehr in dem Vermögen des Schuldners vorhanden ist, in dem die von ihm zu erbringende Leistung endgültig aus seinem Vermögen herausgeht (BGH, Urteil vom 9. Februar 1955 - IV ZR 173/54, WM 1955, 404, 406; RGZ 116, 134, 137 f). Mithin scheidet bei einem Baraustausch, wie er hier gegeben ist, schon mit Rücksicht auf die zuvor erbrachte Arbeitsleistung eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung aus (vgl. MünchKomm-InsO/ Kayser, 3. Aufl., § 133 Rn. 41; Gehrlein in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 2. Aufl., § 133 Rn. 42).
49
3. Schließlich ist eine Anfechtung nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO nicht begründet. Mit der Lohnzahlung wurde keine einem Darlehen wirtschaftlich entsprechende Forderung befriedigt.
50
a) Die Anfechtbarkeit nach dieser Vorschrift erfasst sowohl die Befriedigung von Gesellschafterdarlehen als auch ihnen wirtschaftlich entsprechender Forderungen. Ungeachtet des Entstehungsgrundes sind einem Darlehen alle aus Austauschgeschäften herrührende Forderungen gleich zu achten, die der Gesellschaft rechtlich oder rein faktisch gestundet wurden, weil jede Stundung bei wirtschaftlicher Betrachtung eine Darlehensgewährung bewirkt (MünchKomm -InsO/Ehricke, aaO § 39 Rn. 43; MünchKomm-InsO/Gehrlein, aaO § 135 Rn. 18; Preuß in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2013, § 39 Rn. 81). Stehen gelas- sene Gehaltsansprüche eines Gesellschafters können darum wirtschaftlich einem Darlehen entsprechen (BGH, Urteil vom 16. Februar 2009 - II ZR 120/07, BGHZ 180, 38 Rn. 24; BAG, Urteil vom 27. März 2014 - 6 AZR 204/12, ZIP 2014, 927 Rn. 30 ff).
51
b) Im Streitfall ist weder eine Stundung noch ein Stehenlassen einer Lohnforderung gegeben. Vielmehr wurde die Lohnzahlung an den Beklagten bargeschäftlich (§ 142 InsO) abgewickelt. In diesem Fall kommt eine Stundungswirkung nicht in Betracht (vgl. Preuß in Kübler/Prütting/Bork, aaO, § 39 Rn. 81; Ahrens in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 2. Aufl., § 39 Rn. 36).
Kayser Gehrlein Vill
Fischer Grupp
Vorinstanzen:
AG Siegen, Entscheidung vom 05.04.2012 - 14 C 2967/11 -
LG Siegen, Entscheidung vom 29.07.2013 - 3 S 35/12 -

(1) Eine Leistung des Schuldners, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt, ist nur anfechtbar, wenn die Voraussetzungen des § 133 Absatz 1 bis 3 gegeben sind und der andere Teil erkannt hat, dass der Schuldner unlauter handelte.

(2) Der Austausch von Leistung und Gegenleistung ist unmittelbar, wenn er nach Art der ausgetauschten Leistungen und unter Berücksichtigung der Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs in einem engen zeitlichen Zusammenhang erfolgt. Gewährt der Schuldner seinem Arbeitnehmer Arbeitsentgelt, ist ein enger zeitlicher Zusammenhang gegeben, wenn der Zeitraum zwischen Arbeitsleistung und Gewährung des Arbeitsentgelts drei Monate nicht übersteigt. Der Gewährung des Arbeitsentgelts durch den Schuldner steht die Gewährung dieses Arbeitsentgelts durch einen Dritten nach § 267 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gleich, wenn für den Arbeitnehmer nicht erkennbar war, dass ein Dritter die Leistung bewirkt hat.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 158/05
Verkündetam:
13. April 2006
Preuß
Justizangestellte
alsUrkundsbeamtin
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
BRAGO §§ 16, 17, 18

a) Ist eine Angelegenheit beendigt, sind die dafür verdienten Anwaltsgebühren fällig,
selbst wenn der Auftrag - der auch noch andere Angelegenheiten umfasst - insgesamt
noch nicht erledigt ist. Ein Vorschussanspruch besteht insoweit nicht mehr.

b) Soweit an einen Rechtsanwalt Vorschusszahlungen in einer abgeschlossenen Angelegenheit
erfolgen, für die bereits der Vergütungsanspruch fällig geworden, jedoch
nicht geltend gemacht ist, sind die Leistungen inkongruent.

c) Erbringt ein Rechtsanwalt Vorleistungen, die der inzwischen in der Krise befindliche
Mandant mehr als 30 Tage später vergütet, handelt es sich nicht mehr um ein
anfechtungsrechtlich privilegiertes Bargeschäft.

d) Hat der insolvente Mandant durch die Gewährung von Vorschüssen vorgeleistet,
gilt für das Vorliegen eines Bargeschäfts derselbe Maßstab wie bei einer Vorleistung
des Rechtsanwalts.

e) Wird ein Insolvenzeröffnungsantrag mit der Bitte eingereicht, das Insolvenzgericht
möge dessen Bearbeitung noch kurzfristig zurückstellen, ist er dennoch bereits mit
der Einreichung wirksam gestellt.
BGH, Urteil vom 13. April 2006 - IX ZR 158/05 - OLG Braunschweig
LG Göttingen
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. April 2006 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Fischer, die Richter
Dr. Ganter, Raebel, Kayser und die Richterin Lohmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 4. August 2005 aufgehoben.
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Göttingen vom 21. September 2004 wird zurückgewiesen , soweit der Beklagte verurteilt worden ist, an den Kläger 18.286,16 € zuzüglich Zinsen zu zahlen.
Im Übrigen wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Beklagte war seit Anfang/Mitte Oktober 2001 für die in finanziellen Schwierigkeiten befindliche A. GmbH (fortan: Schuldnerin) anwaltlich tätig. Als Honorar erhielt er von der Schuldnerin zunächst - jeweils in bar - am 1. November 2001 DM 5.000 (= € 2.556,46) und am 8. November 2001 DM 10.000 (= € 5.112,92).
2
Am 9. November 2001 stellte der Geschäftsführer der Schuldnerin im Beisein des Beklagten beim Amtsgericht - Insolvenzgericht - einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wegen Zahlungsunfähigkeit. Nach dem Vortrag des Beklagten geschah dies mit dem Ersuchen, den Antrag erst zu bearbeiten , wenn bis zum 12. November 2001 eine erwartete Kapitaleinlage der französischen Muttergesellschaft ausbleiben sollte.
3
Am 12. November 2001 erhielt der Beklagte - wiederum in bar - von der Schuldnerin eine weitere Zahlung in Höhe von DM 35.764,62 (= € 18.286,16). Über den Gesamtbetrag von DM 50.764,62 (= € 25.955,54) existiert eine auf den 12. November 2001 datierte Rechnung des Beklagten.
4
Zu der Kapitaleinlage kam es nicht. Das Insolvenzverfahren wurde am 1. Februar 2002 eröffnet. Der zum Insolvenzverwalter bestellte Kläger nimmt den Beklagten im Wege der Insolvenzanfechtung auf Rückzahlung des erhaltenen Honorars in Anspruch. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat sie abgewiesen. Mit seiner zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Anspruch weiter.

Entscheidungsgründe:


5
Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und teilweise zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils, im Übrigen zur Zurückverweisung.

I.


6
Berufungsgericht Das hat ausgeführt, eine Anfechtung wegen inkongruenter Deckung scheide aus. Sämtliche drei Zahlungen seien kongruent gewesen. Es habe sich um Vorschusszahlungen gehandelt, auf die der Beklagte einen fälligen Anspruch gehabt habe. Der Beklagte habe einen umfassenden Auftrag zur Abwendung der Insolvenz und anwaltlichen Begleitung im Insolvenzantragsverfahren gehabt. Jedenfalls bis zum 20. Dezember 2001 sei dieser Auftrag noch nicht erledigt gewesen. Eine Anfechtung wegen kongruenter Deckung komme gleichfalls nicht in Betracht, weil alle drei Vorschusszahlungen als Bargeschäfte anzusehen seien. Eine vorsätzliche Gläubigerbenachteiligung scheitere daran, dass die Schuldnerin nicht mit dem entsprechenden Vorsatz gehandelt habe.

II.


7
Die Revision ist unbeschränkt zugelassen. Der Urteilsausspruch enthält insoweit keine Einschränkungen. Solche können sich zwar auch aus den Entscheidungsgründen ergeben (BGHZ 153, 358, 360; BGH, Urt. v. 23. September 2004 - IX ZR 137/03, NJW-RR 2005, 494, 495; v. 15. Dezember 2005 - IX ZR 227/04, ZIP 2006, 138, 139). Dafür ist jedoch erforderlich, dass sich diesen mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen lässt, das Berufungsgericht habe die revisionsrechtliche Nachprüfung nur wegen eines abtrennbaren Teils seiner Entscheidung eröffnen wollen (BGH, Urt. v. 12. Juni 2000 - XII ZR 159/98, WM 2000, 1967, 1968; v. 20. Mai 2003 - XI ZR 248/02, NJW 2003, 2529; v. 15. Dezember 2005 aaO). Davon kann im Streitfall nicht ausgegangen werden. Das Berufungsgericht hat die Revision wegen der Frage zugelassen, "ob zugunsten des anfechtenden Insolvenzverwalters bei ... der Vorsatzanfechtung Beweiserleichterungen Platz greifen, und zwar insbesondere dann, wenn das Bargeschäft nach einer beiden Seiten ... bekannten Stellung eines Insolvenzeröffnungsantrages vorgenommen worden ist". Dies könnte darauf hindeuten, dass lediglich im Hinblick auf die Zahlung vom 12. November 2001 die Revision zugelassen werden sollte. Indes hat das Berufungsgericht außerdem darauf hingewiesen, es müssten höchstrichterliche Leitlinien zu der Frage entwickelt werden, unter welchen Umständen Zahlungen an einen Berater insolvenzfest seien, der gerade wegen einer Krise des Auftraggebers mandatiert werde und somit zwangsläufig diese Krise kenne. Diese Frage betrifft sämtliche streitgegenständlichen Zahlungen.

III.


8
Soweit der Kläger die Rückzahlung des am 12. November 2001 entrichteten Betrages verlangt, führt die Revision zur Wiederherstellung des der Klage stattgebenden erstinstanzlichen Urteils. Insofern ist die Klage ohne weiteres aus § 133 Abs. 1 InsO begründet.
9
1. Anfechtbar ist danach eine Rechtshandlung, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder danach mit dem Vorsatz vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen , wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der andere Teil wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und die Handlung die Gläubiger benachteiligte.
10
2. Diese Voraussetzungen sind für die Zahlung vom 12. November 2001 erfüllt.
11
a) Die Zahlung erfolgte nach Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
12
Der Antrag wurde am 9. November 2001 gestellt. Ob zwischen dem antragstellenden Geschäftsführer der Schuldnerin und dem Insolvenzrichter abgesprochen wurde, die Bearbeitung des Antrags bis zum 12. November 2001 zurückzustellen , ist unerheblich. Das Insolvenzgericht kann einem Wunsch des Antragstellers entsprechen, die Behandlung des Antrags kurzfristig zurückzustellen (Jaeger/Gerhardt, InsO § 13 Rn. 33; Uhlenbruck, InsO 12. Aufl. § 13 Rn. 4; HK-InsO/Kirchhof, 4. Aufl. § 13 Rn. 4; FK-InsO/Schmerbach, 4. Aufl. § 14 Rn. 21; kritisch MünchKomm-InsO/Schmahl, § 13 Rn. 61). Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Antrag erst mit dem Zeitpunkt als gestellt gilt, zu dem das Insolvenzgericht mit seiner Bearbeitung beginnt. Bittet der Antragsteller um kurzfristige Zurückstellung der Behandlung, ist dies regelmäßig nur eine unverbindliche Anregung, welche die Wirksamkeit des Antrags nicht berührt. Ein Insolvenzantrag , der nur mit der Maßgabe gestellt würde, dass er zunächst nicht bearbeitet wird, wäre unzulässig. Der Insolvenzantrag kann weder bedingt noch befristet gestellt werden (AG Köln NZI 2000, 284; Jaeger/Gerhardt, aaO; MünchKommInsO /Schmahl, §13 Rn.60; Uhlenbruck, aaO; Kübler/ Prütting/Pape, InsO § 13 Rn. 71; HK-InsO/Kirchhof, aaO). Dafür, dass der - von einem Rechtskundigen, nämlich dem Beklagten, begleitete - Geschäftsführer der Schuldnerin hier einen unzulässigen Antrag hat stellen wollen, gibt es keinen Anhalt.
13
b) Die Schuldnerin zahlte an den Beklagten mit dem Vorsatz, ihre Gläubiger zu benachteiligen.
14
aa) Der Benachteiligungsvorsatz ist gegeben, wenn der Schuldner bei Vornahme der Rechtshandlung (§ 140 InsO) die Benachteiligung der Gläubiger im Allgemeinen als Erfolg seiner Rechtshandlung gewollt oder als mutmaßliche Folge - sei es auch als unvermeidliche Nebenfolge eines an sich erstrebten anderen Vorteils - erkannt und gebilligt hat (BGHZ 155, 75, 84; 162, 143, 153; zur früheren Rechtsprechung vgl. BGHZ 124, 76, 81 f; 131, 189, 195). Ein Schuldner , der seine Zahlungsunfähigkeit kennt, handelt in aller Regel mit Benachteiligungsvorsatz (BGHZ 155, 75, 83 f; 162, 143, 153). Dessen Vorliegen ist jedoch schon dann zu vermuten, wenn der Schuldner seine drohende Zahlungsunfähigkeit kennt. Dies ergibt sich mittelbar aus § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO. Da für den anderen Teil die Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners vermutet wird, wenn er wusste, dass dessen Zahlungsunfähigkeit drohte, können für den Schuldner selbst keine strengeren Anforderungen gelten (HK-InsO/Kreft, aaO § 133 Rn. 10; vgl. auch MünchKomm-InsO/ Kirchhof, § 133 Rn. 26; Bork ZIP 2004, 1684, 1691 f).
15
bb) Bei der Zahlung am 12. November 2001 kannte die Schuldnerin ihre Zahlungsunfähigkeit. Zumindest wusste sie, dass die Zahlungsunfähigkeit droh- te. Der Geschäftsführer der Schuldnerin hat ausweislich des vom Insolvenzgericht aufgenommenen Protokolls bei der Stellung des Insolvenzantrags am 9. November 2001 erklärt: "Die Firma ist m.E. zahlungsunfähig. Die fälligen Verbindlichkeiten belaufen sich auf ca. 2,9 Mio. DM, die nicht beglichen werden können." Überdies lag der Schuldnerin das Gutachten eines Wirtschaftsprüfers vor, der bereits für den 22. Oktober 2001 festgestellt hatte, dass die Schuldnerin überschuldet sei und Zahlungsunfähigkeit drohe.
16
Zu Unrecht hält das Berufungsgericht die eigene, bei der Stellung des Insolvenzantrags offenbarte Einschätzung der Schuldnerin nicht für entscheidend , weil die seinerzeit noch ausstehende Einlage der französischen Muttergesellschaft und die von dieser übernommenen Bürgschaften ausgereicht hätten , die Verbindlichkeiten der Schuldnerin zu decken. Die alsbaldige Zurverfügungstellung dieser Sicherheiten war - wie die weitere Entwicklung ergeben hat - nicht gewährleistet. Im Übrigen waren sie zur Deckung der Verbindlichkeiten der Schuldnerin nicht ausreichend, und davon ist diese selbst ausgegangen , weil sie ansonsten nicht bereits zum damaligen Zeitpunkt den Insolvenzantrag gestellt hätte.
17
Umstände, cc) welche die Vermutung des Gläubigerbenachteiligungsvorsatzes hätten entkräften können, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Solche sind auch nicht ersichtlich.
18
c) Da der Beklagte denselben Kenntnisstand wie die Schuldnerin hatte, ist schließlich auch davon auszugehen, dass er deren Gläubigerbenachteiligungsabsicht gekannt hat.

IV.


19
Hinsichtlich der beiden vorausgegangenen Zahlungen vom 1. und 8. November 2001 ist das Berufungsurteil ebenso wenig haltbar; insoweit ist der Rechtsstreit jedoch noch nicht zur Endentscheidung reif.
20
1. Die Annahme des Berufungsgerichts, eine Anfechtung nach § 131 InsO scheide aus, weil die Zahlungen als Vorschüsse auf Grund eines umfassenden Auftrags zur anwaltlichen Beratung und Begleitung und somit als kongruent anzusehen seien, hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Nach derzeitiger Sach- und Rechtslage kann nicht davon ausgegangen werden, dass es sich um Vorschüsse gehandelt und der Beklagte einen dahingehenden Anspruch gehabt hat.
21
a) Unzutreffend ist allerdings die Meinung der Revision, die Annahme eines umfassenden (Dauer-) Mandats stehe im Widerspruch zu der von dem Beklagten vorgelegten, mit dem Datum des 12. November 2001 versehenen Rechnung. Falls diese die Abrechnung verschiedener Angelegenheiten enthält (dazu sogleich Näheres unter b), steht dies dem Vorliegen eines einheitlichen Auftrags nicht entgegen; ein Auftrag kann sich auf mehrere Angelegenheiten beziehen (Fraunholz in Riedel/Sußbauer, BRAGO 8. Aufl. § 13 Rn. 5; Hartmann , Kostengesetze 33. Aufl. § 13 BRAGO Rn. 15).
22
b) Indes kommt es nicht auf den Auftrag an, weil sowohl die Gebührenals auch die Vorschussforderung des Rechtsanwalts auf die jeweilige Angelegenheit - und nicht auf den Auftrag - bezogen ist. Die Gebühren entgelten die Tätigkeit des Rechtsanwalts vom Auftrag bis zur Erledigung der Angelegenheit (§ 13 Abs. 1 BRAGO); in derselben Angelegenheit kann der Rechtsanwalt die Gebühren nur einmal fordern (§ 13 Abs. 2 BRAGO). Das Recht auf Vorschüsse (§ 17 BRAGO) dient der Sicherung des späteren Vergütungsanspruchs des vorleistungspflichtigen Rechtsanwalts (BGH, Urt. v. 29. September 1988 - 1 StR 332/88, AnwBl. 1989, 227, 228; v. 11. Dezember 2003 - IX ZR 109/00, BGHR BRAGO § 17 - Rahmengebühren 1).
23
Der Beklagte ist in vier verschiedenen Angelegenheiten tätig geworden. Die von ihm vorgelegte, mit dem Datum vom 12. November 2001 versehene Honorarrechnung enthält die jeweils getrennten, lediglich in einer Schlussrechnungssumme zusammengefassten Abrechnungen verschiedener, konkret bezeichneter Angelegenheiten. Im einzelnen sind in der Rechnung vier Angelegenheiten aufgeführt: "(1) Besprechung und Verhandlung mit Insolvenzverwalter B. betreffend Kaufpreisreduzierung ... , (2) Überprüfung und Beratung Mietverträge ..., (3) Beratung in arbeitsvertraglichen Angelegenheiten (nicht übernommene Mitarbeiter pp.) ..., (4) beratende Tätigkeit im Übrigen bis zur Antragstellung, Antragstellung im Insolvenzverfahren und Besprechung mit dem Insolvenzverwalter ...". Dies hat der Beklagte dahin erläutert, die Tätigkeit laut Nr. (1) habe den Erwerb des Unternehmens der Schuldnerin von dem früheren , ebenfalls insolvent gewordenen Unternehmensträger betroffen. Unter der Nr. (2) seien Verhandlungen mit der Grundstückseigentümerin abgerechnet worden, die den Zweck gehabt hätten, durch Herabsetzung des Mietzinses für die von der Schuldnerin angemieteten Räume "Luft" für die Fortführung des Unternehmens zu schaffen. Gegenstand der Abrechnung unter der Nr. (4) seien Verhandlungen mit der französischen Muttergesellschaft gewesen, um diese zur Erfüllung der von ihr übernommenen Patronatsverpflichtungen anzuhalten.
24
Inkongruent c) waren die Zahlungen an den Beklagten, wenn er - bezogen auf eine konkrete Angelegenheit - keinen fälligen Anspruch darauf gehabt hat.
25
aa) Gemäß § 16 Satz 1 BRAGO wird die Vergütung des Rechtsanwalts fällig, wenn der Auftrag erledigt oder die Angelegenheit beendigt ist. Ist eine Angelegenheit beendigt, sind die dafür verdienten Gebühren fällig, selbst wenn der Auftrag - der auch noch andere Angelegenheiten umfasst - insgesamt noch nicht erledigt ist (Fraunholz aaO § 16 Rn. 8). Den Vorschussanspruch erwirbt der Rechtsanwalt zwar bereits mit Abschluss des Anwaltsvertrages (BGHSt 35, 357 = NJW 1988, 1167). Er erlischt jedoch, sobald der Vergütungsanspruch fällig geworden ist (vgl. auch Hartmann, aaO § 17 Rn. 8: Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses ). Dies ist mit der Beendigung der Angelegenheit der Fall (§ 16 Satz 1 Alt. 2 BRAGO).
26
Soweit Vorschusszahlungen in bereits abgeschlossenen Angelegenheiten erfolgt sind, sind die Leistungen somit ohne weiteres inkongruent. Sofern an Stelle des Vorschussanspruchs ein Vergütungsanspruch bestand und möglicherweise auch bereits fällig war, ändert dies nichts an der Inkongruenz, wenn der Vergütungsanspruch mangels einer dem Auftraggeber mitgeteilten Berechnung noch nicht eingefordert werden konnte (§ 18 Abs. 1 Satz 1 BRAGO). Inkongruent sind ferner Zahlungen, die auf einen Vergütungsanspruch geleistet worden sind, der noch nicht fällig war, weil die Erledigung der Angelegenheit noch ausstand.
27
bb) Da die Rechnung vom 12. November 2001 mehrere Angelegenheiten betraf, durfte das Berufungsgericht sich nicht mit der Feststellung begnügen, der Beklagte sei jedenfalls bis zum 20. Dezember 2001 für die Schuldnerin tätig gewesen, und dabei offen lassen, in welcher Angelegenheit er nach dem 12. November 2001 noch gearbeitet hat. Es bedarf der Feststellung, auf welche der in der Rechnung vom 12. November 2001 abgerechneten Angelegenheiten die jeweiligen Zahlungen erfolgt sind. Weiter muss festgestellt werden, ob die Angelegenheit, in der gezahlt worden ist, im Zeitpunkt der Zahlung noch nicht abgeschlossen, der aus der fraglichen Angelegenheit erwachsene Vergütungsanspruch somit noch nicht fällig war, so dass (nur) ein Vorschuss verlangt werden konnte. Solche Feststellungen fehlen, desgleichen ausreichender Vortrag.
28
d) Sollte die erneute tatrichterliche Prüfung ergeben, dass die Zahlungen inkongruent sind, so liegen auch die weiteren Voraussetzungen des § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO vor. Die Zahlungen sind im letzten Monat vor der Stellung des Insolvenzantrags erfolgt und haben dem Beklagten, der im Insolvenzverfahren bloßer Insolvenzgläubiger gewesen wäre, volle Befriedigung verschafft. Falls die Zahlungen unter die Bargeschäftsausnahme (§ 142 InsO) fallen sollten (dazu unten 2a), wird die Anfechtung nach § 131 InsO dadurch nicht ausgeschlossen. Nach der Rechtsprechung des Senats werden Rechtsgeschäfte nur dann als Bargeschäfte anerkannt, wenn die Leistung des Schuldners kongruent ist (BGHZ 150, 122, 130; BGH, Urt. v. 17. Juni 2004 - IX ZR 124/03, WM 2004, 1576, 1577; vgl. auch zur Konkursordnung BGHZ 123, 320, 328 f; zur Gesamtvollstreckungsordnung BGH, Urt. v. 3. Dezember 1998 - IX ZR 313/97, NJW 1999, 645, 646).
29
2. Werden die Zahlungen nicht von § 131 InsO erfasst, kann eine Anfechtung nach § 130 Abs. 1 InsO eingreifen; § 142 InsO steht möglicherweise nicht entgegen.
30
a) Unter dem Gesichtspunkt des Bargeschäfts (§ 142 InsO) werden Leistungen privilegiert, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in das Schuldnervermögen gelangt ist. Dieser Ausnahmeregelung liegt der wirtschaftliche Gesichtspunkt zugrunde, dass ein Schuldner, der sich in der Krise befindet, praktisch vom Geschäftsverkehr ausgeschlossen würde, wenn selbst die von ihm abgeschlossenen wertäquivalenten Bargeschäfte der Anfechtung unterlägen (Amtliche Begründung zu § 161 RegE-InsO, BT-Drucks. 12/2443 S. 167).
31
Leistung und Gegenleistung müssen beim Bargeschäft nicht Zug um Zug erbracht werden (so noch RGZ 100, 62, 64). Dem Erfordernis der Unmittelbarkeit entsprechen auch solche Geschäfte, bei denen Leistung und Gegenleistung in einem engen zeitlichen Zusammenhang ausgetauscht werden (Amtliche Begründung zu § 161 RegE-InsO, aaO; MünchKomm-InsO/Kirchhof, § 142 Rn. 15; HK-InsO/Kreft, aaO § 142 Rn. 5; Uhlenbruck/Hirte, aaO § 142 Rn. 13). Der für ein Bargeschäft unschädliche Zeitraum lässt sich kaum allgemein festlegen. Er hängt wesentlich von der Art der ausgetauschten Leistungen und davon ab, in welcher Zeitspanne sich der Austausch nach den Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs vollzieht (HK-InsO/Kreft, aaO § 142 Rn. 5; Lwowski/ Wunderlich, Festschrift für Kirchhof 2003 S. 301, 308).
32
Es ist anerkannt, dass die Erfüllung beliebiger gegenseitiger Verträge unter die Bargeschäftsausnahme fallen kann (MünchKomm-InsO/Kirchhof, § 142 Rn. 4; HK-InsO/Kreft, aaO § 142 Rn. 3). Auch länger dauernde Vertragsbeziehungen scheiden nicht von vornherein als Bargeschäft aus. Insbesondere können Dienstleistungen eines Steuerberaters oder Rechtsanwalts Bargeschäfte sein (vgl. BGHZ 28, 344, 347 f; 77, 250, 252 f; BGH, Urt. v. 28. Januar 1988 - IX ZR 102/87, WM 1988, 472, 474; v. 18. Juli 2002 - IX ZR 480/00, NJW 2002, 3252 f; vgl. auch Kirchhof ZInsO 2005, 340, 343 f). Anwaltliche Dienstleistungen können sich über einen längeren Zeitraum hinziehen. Selbst wenn es sich nicht um Dauermandate handelt, sind Zeitspannen von Monaten oder gar Jahren nicht selten.
33
Dies wäre unter dem Gesichtspunkt des engen zeitlichen Zusammenhangs unproblematisch, wenn auf den Zeitraum zwischen der Beendigung der Dienstleistung und der Zahlung des Honorars abzustellen wäre (so Lwowski/Wunderlich, aaO S. 312; ähnlich Kirchhof ZInsO 2005, 340, 344). Dies ist jedoch unzutreffend. Zwar hat der Rechtsanwalt, der von dem Mandanten alsbald nach Fälligkeit der Vergütung bezahlt wird, dem Mandanten keinen Kredit durch Stundung gewährt. Dass im Falle einer Kreditgewährung ein Bargeschäft nicht in Betracht kommt, rechtfertigt jedoch nicht den Umkehrschluss, ein Bargeschäft liege immer dann vor, wenn kein Kredit gewährt werde. Der Dienstleistende erbringt eine Vorleistung, wenn seine Vergütung erst nach Beendigung seiner Dienste fällig wird. Im Allgemeinen hat, wer an den Schuldner Vorleistungen erbracht hat, wegen seines Anspruchs auf die Gegenleistung nur eine Insolvenzforderung (BGHZ 135, 25, 27). Die dem § 142 InsO zugrundeliegende gesetzgeberische Erwägung, dass dem in der Krise befindlichen Schuldner eine weitere Teilnahme am Geschäftsverkehr ermöglicht werden soll, falls dies die Gläubigergesamtheit nicht beeinträchtigt, betrifft nicht Fälle, in denen über längere Zeit vorgeleistet wird. Wer beispielsweise für den Schuldner ein Gebäude errichtet und sich darauf einlässt, dass der Werklohn insgesamt erst nach Abschluss der Bauarbeiten zu entrichten ist, kann sich, wenn der Schuldner ihn in der Krise bezahlt, nicht darauf berufen, der Bauvertrag sei ein Bargeschäft gewesen. Mit Dienstverträgen verhält es sich nicht anders. Der Bundesgerichtshof hat deshalb bei der Prüfung, ob der Vertrag über die Dienstleistung eines anwaltlichen oder steuerlichen Beraters ein privilegiertes Bargeschäft darstellt, grundsätzlich auf den Zeitraum zwischen der Annahme des Auftrags oder dem Beginn der Tätigkeit und der Gegenleistung abgestellt (BGHZ 28, 334, 348; BGH, Urt. v. 18. Juli 2002 aaO S. 3253 - in dem zuletzt genannten Fall konnte er offen lassen, ob dieser Zeitraum zu lang war, weil der Gläubiger dem Schuldner auch zu dem späteren Zeitpunkt der Fälligkeit die Gegenleistung gestundet hatte).
34
Bei länger währenden Vertragsbeziehungen ist für die Annahme eines Bargeschäfts zu verlangen, dass die jeweiligen Leistungen und Gegenleistungen zeitlich oder gegenständlich teilbar sind und zeitnah - entweder in Teilen oder abschnittsweise - ausgetauscht werden. So können Zahlungen, mit denen ein Bauunternehmer nach Baufortschritt entlohnt wird, Bargeschäfte sein, falls der Abstand zwischen den einzelnen Raten nicht zu groß wird. Entsprechendes gilt für die Saldierung von Soll- und Habenbuchungen im Rahmen eines debitorisch geführten Kontos; hier ist der erforderliche unmittelbare Leistungsaustausch gegeben, wenn zwischen den Buchungen weniger als zwei Wochen vergehen; die Abrechnungsperiode des Kontokorrents wäre zu lang (BGHZ 150, 122, 131; BGH, Urt. v. 25. Februar 1999 - IX ZR 353/98, NJW 1999, 3264, 3265 f; v. 25. Januar 2001 - IX ZR 6/00, NJW 2001, 1650, 1651 f).
35
Wenn zwischen dem Beginn der anwaltlichen Tätigkeit und der Erbringung einer Gegenleistung mehr als 30 Tage liegen, liegt kein Bargeschäft mehr vor. Dies entspricht der Verzugsfrist (§ 286 Abs. 3 BGB), die hier in Ermangelung anderer Anhaltspunkte als Maßstab für einen unmittelbaren Leistungsaustausch dienen kann. Rechtsanwälte werden dadurch nicht unangemessen benachteiligt. Denn sie können jederzeit Vorschüsse verlangen.
36
Allerdings sind die Voraussetzungen eines Bargeschäfts wiederum nicht erfüllt, wenn der Rechtsanwalt einen Vorschuss in einer Höhe geltend macht, der die wertäquivalente Vergütung für die nächsten 30 Tage überschreitet. Dies gilt ungeachtet des Umstands, dass die Gebührentatbestände möglicherweise bereits verwirklicht sind. Es ist einem Rechtsanwalt, der in den Genuss der Bargeschäftsausnahme kommen will, möglich und zumutbar, in regelmäßigen Abständen Vorschüsse einzufordern, die in etwa dem Wert seiner inzwischen entfalteten oder der in den nächsten 30 Tagen noch zu erbringenden Tätigkeit entsprechen. Ferner kann vereinbart werden, Teilleistungen gegen entsprechende Vergütung zu erbringen.
37
b) Stellt man nur darauf ab, wann der Beklagte seine Tätigkeit begonnen hat, wäre der Rahmen des engen zeitlichen Zusammenhangs wohl noch gewahrt. Der erste Vorschuss wurde dem Beklagten höchstens drei bis vier Wochen nach der Aufnahme seiner Tätigkeit bezahlt, der zweite Vorschuss eine Woche später.
38
Indessen lässt sich dies derzeit nicht abschließend beurteilen, weil nicht feststeht, auf welche Angelegenheit gezahlt worden ist, wann der Beklagte mit der Bearbeitung dieser Angelegenheit begonnen und wann er sie beendet hat. Zugunsten der Revision muss deshalb unterstellt werden, dass alle Zahlungen in einer Angelegenheit erbracht worden sind, die ihn bis zuletzt beschäftigt hat. Das Ende der Tätigkeit hat nach dem Vortrag des Beklagten "nicht vor dem 20. Dezember 2001" gelegen. Die erste Zahlung ist dann zumindest fast sieben Wochen, die zweite zumindest fast sechs Wochen und die Dritte immerhin noch mehr als fünf Wochen zuvor erfolgt. Dies wäre zu lang, wobei wiederum nicht unberücksichtigt bleiben kann, dass die Arbeiten "Anfang/Mitte Oktober 2001" aufgenommen worden sind. Sie erstreckten sich insgesamt also über einen Zeitraum von mehr als zwei Monaten.
39
In diesem Zusammenhang wird im Schrifttum diskutiert, ob der Maßstab des engen zeitlichen Zusammenhangs weniger streng ist, wenn der Schuldner (hier durch die Gewährung von Vorschüssen) vorgeleistet hat, als bei einer Vorleistung des Gegners, der somit dem Schuldner Kredit gewährt hat. Teilweise wird dies bejaht (MünchKomm-InsO/Kirchhof, § 142 Rn. 16). Andere lehnen dies ab (HK-InsO/Kreft, 4. Aufl. § 142 Rn. 6; Uhlenbruck//Hirte, InsO 12. Aufl. § 142 Rn. 15; Kübler/Prütting/Paulus, InsO § 142 Rn. 7). Zutreffend ist die zuletzt genannte Ansicht. Dass wegen des Normzwecks der Zeitraum zwischen Leistung und Gegenleistung größer sein könne, wenn der Schuldner selbst vorleiste (so MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO), trifft nicht zu. Für eine Privilegierung des Gegners besteht kein Anlass, wenn der Schuldner seinerseits vorgeleistet hat. Denn dies ist für die künftige Masse sogar nachteiliger als der umgekehrte Fall. Außerdem könnte die anfechtungsrechtliche Privilegierung der Kreditgewährung durch den Schuldner für einen Geschäftspartner, der einen Anspruch auf Vorschuss hat (andernfalls kommt ein Bargeschäft ohnehin nicht in Betracht), Anreiz bieten, möglichst frühzeitig auf einem solchen zu bestehen. Im Interesse der Gläubigergesamtheit liegt dies nicht.
40
3. Sofern danach die Voraussetzungen eines Bargeschäfts nicht erfüllt sind, kommt es für die Anfechtbarkeit der beiden ersten Zahlungen darauf an, ob die Schuldnerin zur Zeit der jeweiligen Zahlung zahlungsunfähig war und der Beklagte zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit gekannt hat (§ 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO). Dazu hat das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen getroffen.

V.


41
Die Sache ist somit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dies gibt den Parteien Gelegenheit, unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen ihr Vorbringen zu ergänzen. Das Berufungsgericht wird sodann zu prüfen haben, ob die beiden ersten Zahlungen als Vorschuss angefordert und vereinnahmt worden sind und ob zu den fraglichen Zeitpunkten ein entsprechender Vorschussanspruch bestanden hat und fällig gewesen ist. Soweit die Schuldnerin auf fällige Forderungen geleistet hat, wird sich das Berufungsgericht erneut dem Problem des Bargeschäfts zuwenden und klären müssen , ob zwischen der Aufnahme der Bearbeitung der Angelegenheit, in der gezahlt worden ist, und der Zahlung oder zwischen dieser und der Erledigung der jeweiligen Angelegenheit ein enger zeitlicher Zusammen- hang bestanden hat. Falls es danach noch auf eine Anfechtung nach § 133 InsO ankommt, wird sich das Berufungsgericht auch nochmals mit deren Voraussetzungen befassen müssen.
Fischer Ganter Raebel
Kayser Lohmann
Vorinstanzen:
LG Göttingen, Entscheidung vom 21.09.2004 - 8 O 16/04 -
OLG Braunschweig, Entscheidung vom 04.08.2005 - 8 U 177/04 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 192/13
Verkündet am:
10. Juli 2014
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Ist der Arbeitnehmer vorleistungspflichtig, genießen Lohnzahlungen seines insolventen Arbeitgebers
, die binnen 30 Tagen nach Fälligkeit bewirkt werden, das Bargeschäftsprivileg.
Die einen Benachteiligungsvorsatz und seine Kenntnis nahelegenden Beweisanzeichen
können zurücktreten, wenn der Schuldner eine kongruente Leistung Zug um Zug gegen eine
zur Fortführung seines eigenen Unternehmens unentbehrliche Gegenleistung erbracht hat,
die den Gläubigern im allgemeinen nützt. Zu den für die Unternehmensfortführung unverzichtbaren
Gegenleistungen gehört auch die Tätigkeit der Arbeitnehmer.
Wird eine Gehaltsforderung an einen Gesellschafter nach den Grundsätzen des Bargeschäfts
gedeckt, liegt darin keine Befriedigung einer einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich
entsprechende Forderung.
BGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - IX ZR 192/13 - LG Siegen
AG Siegen
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 22. Mai 2014 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richter
Prof. Dr. Gehrlein, Vill, Dr. Fischer und Grupp

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Siegen vom 29. Juli 2013 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger ist Verwalter in dem auf den Eigenantrag vom 24. März 2011 über das Vermögen der e. GmbH (nachfolgend : Schuldnerin) am 21. April 2011 eröffneten Insolvenzverfahren.
2
Der Beklagte war am Stammkapital der Schuldnerin über 25.000 € mit einem Geschäftsanteil von 8.250 € beteiligt. Außerdem war er bei der Schuldnerin versehen mit einer Kontovollmacht als kaufmännischer Leiter für den Unternehmensbereich zentrale Dienste zu einem nach dem Inhalt des Dienstvertrages spätestens am zehnten Tag des Folgemonats fälligen Gehalt von 5.500 € angestellt. Nachdem das Arbeitsentgelt für die Monate November und Dezember 2010 nicht vollständig entrichtet worden war, überwies die Schuldnerin am 5. Januar 2011 einen Betrag von 2.000 € an den Beklagten.
3
Der Kläger nimmt den Beklagten im Wege der Insolvenzanfechtung auf Erstattung dieser Zahlung in Anspruch. Das Amtsgericht hat der Klage in Anwendung von § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:


4
Die zulässige Revision ist nicht begründet.
5
Die Berufung des Beklagten gegen das Ersturteil war als Prozessvoraussetzung des Revisionsverfahrens (BGH, Urteil vom 8. April 1991 - II ZR 35/90, NJW-RR 1991, 1186, 1187) zulässig. Den Begründungsanforderungen ist noch genügt. Der Beklagte hat sich mit dem die Erstentscheidung selbständig tragenden Merkmal einer Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin (§ 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO) in noch hinreichender Weise auseinandergesetzt.

I.


6
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die zugunsten des Beklagten bewirkte Zahlung unterliege als Bargeschäft (§ 142 InsO) nicht der Anfechtung nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sei ein Bargeschäft gegeben, wenn der Arbeitgeber in der Krise Arbeitsentgelt für von dem Arbeitnehmer in den vorhergehenden drei Monaten erbrachte Arbeitsleistungen zahle. Der Beklagte sei für die Schuldnerin noch im Dezember 2010 tätig gewesen. Die Zahlung für seine Arbeitsleistung im Dezember habe er am 5. Januar 2011 im Wege eines Baraustauschs erhalten. Auch eine Vorsatzanfechtung (§ 133 Abs. 1 InsO) greife nicht durch. Dabei könne dahin stehen, ob die Schuldnerin im Zahlungszeitpunkt zahlungsunfähig gewesen sei oder ihr Zahlungsunfähigkeit gedroht habe. Jedenfalls fehle es an einem Benachteiligungsvorsatz. Ein Schuldner handele nicht mit Benachteiligungsvorsatz , wenn er eine kongruente Gegenleistung für die von ihm empfangene Leistung erbringe, welche zur Fortführung seines Unternehmens nötig sei und damit den Gläubigern allgemein nütze. Ebenso verhalte es sich bei kongruenten Gehaltszahlungen, weil die im Gegenzug erbrachte Arbeitsleistung im Interesse der Gläubiger zur Fortführung des Betriebs notwendig sei. Deshalb könne hier aus einer behaupteten Zahlungsunfähigkeit nicht auf einen Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin geschlossen werden.
7
Diese Ausführungen halten im Ergebnis rechtlicher Prüfung stand.

II.


8
Die Klageforderung kann nicht auf § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO gestützt werden. Dabei bedarf es keiner Prüfung, ob die Schuldnerin zahlungsunfähig war und der Beklagte dies erkannt hat, weil das Bargeschäftsprivileg des § 142 InsO durchgreift.
9
1. Unter dem Gesichtspunkt des Bargeschäfts (§ 142 InsO) werden Leistungen der Anfechtung entzogen, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in das Schuldnervermögen gelangt ist. Dieser Ausnahmeregelung liegt der wirtschaftliche Gesichtspunkt zugrunde, dass ein Schuldner, der sich in der Krise befindet, praktisch vom Geschäftsverkehr ausgeschlossen würde, wenn selbst die von ihm abgeschlossenen wertäquivalenten Bargeschäfte der Anfechtung unterlägen. In diesem Fall findet wegen des ausgleichenden Vermögenswertes keine Vermögensverschiebung zu Lasten des Schuldners, sondern eine bloße Vermögensumschichtung statt (BGH, Urteil vom 23. September 2010 - IX ZR 212/09, WM 2010, 1986 Rn. 24).
10
2. Eine Bardeckung ist gemäß § 142 InsO eine Leistung des Schuldners, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt. Durch die Worte "für die" wird ausgedrückt, dass eine Bardeckung nur vorliegt, wenn Leistung und Gegenleistung durch Parteivereinbarung miteinander verknüpft sind. Nur eine der Parteivereinbarung entsprechende Leistung ist kongruent und geeignet, den Bargeschäftseinwand auszufüllen (BGH, Urteil vom 23. September 2010, aaO Rn. 26).
11
Im Streitfall entspricht die Zahlung der Schuldnerin der Parteiabrede. Nach dem Inhalt des Arbeitsvertrages stand dem Beklagten ein monatlicher Vergütungsanspruch von 5.500 € gegen die Schuldnerin zu. Tatsächlich hat die Schuldnerin auf die Lohnforderung für den Monat Dezember 2010 am 5. Januar 2011 einen Teilbetrag von 2.000 € gezahlt. Diese Teilzahlung steht mit der Par- teivereinbarung in Einklang.
12
3. Die für ein Bargeschäft erforderliche Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung ist ebenfalls gegeben. Voraussetzung eines Bargeschäfts ist, dass der Leistung des Schuldners eine gleichwertige Gegenleistung gegenübersteht. Nur dann ist das Geschäft für die (spätere) Masse wirtschaftlich neutral (BGH, Urteil vom 11. Oktober 2007 - IX ZR 195/04, WM 2008, 222 Rn. 9).

13
Die von der Schuldnerin geleistete Zahlung glich die von dem Beklagten während des abgelaufenen Monats erbrachte Arbeitstätigkeit aus. Diese hatte für die Schuldnerin, die ihren Geschäftsbetrieb im fraglichen Zeitraum fortsetzte, praktischen Nutzen. Dabei ist davon auszugehen, dass der Beklagte als kaufmännischer Leiter des Unternehmens mit 5.500 € monatlich angemessen vergütet wurde. Anzeichen dafür, dass die geschuldete Vergütung in einem Missverhältnis zu dem übertragenen Verantwortungsbereich stand, sind nicht ersichtlich (vgl. BGH, Urteil vom 2. Februar 2006 - IX ZR 67/02, BGHZ 166, 125 Rn. 48). Überdies hat die Schuldnerin auf das dem Beklagten monatlich geschuldete Entgelt in Höhe von 5.500 € lediglich einen Teilbetrag über 2.000 € erbracht. Mit Rücksicht auf den Gesetzeszweck des § 142 InsO ist es unschädlich , falls der Schuldnerin infolge der über den gesamten Monat erbrachten Arbeitstätigkeit des Beklagten im Vergleich zu der von ihr erbrachten Teilzahlung ein höherer Wert zugeflossen sein sollte (MünchKomm-InsO/Kirchhof, 3. Aufl., § 142 Rn. 9; HK-InsO/Kreft, 7. Aufl., § 142 Rn. 7; Ehricke in Kübler /Prütting/Bork, InsO, 2008, § 142 Rn. 4; HmbKomm-InsO/Rogge/Leptien, 4. Aufl., § 142 Rn. 10; Gehrlein in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 2. Aufl., § 142 Rn. 18; Ganter, ZIP 2012, 2037, 2038). Der Behauptung des Beklagten, während der Monate November und Dezember 2010 durchgängig gearbeitet zu haben, ist der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten.
14
4. Der für ein Bargeschäft notwendige enge zeitliche Zusammenhang von Leistung und Gegenleistung ist im Streitfall gegeben.
15
a) Unter dem Gesichtspunkt des Bargeschäfts werden gemäß § 142 InsO Leistungen privilegiert, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in das Schuldnervermögen gelangt ist. Leistung und Gegenleistung müs- sen beim Bargeschäft zwar nicht Zug um Zug erbracht werden. Allerdings setzt das in der Vorschrift enthaltene Tatbestandsmerkmal "unmittelbar" voraus, dass Leistung und Gegenleistung in einem engen zeitlichen Zusammenhang ausgetauscht werden (BT-Drucks. 12/2443 S. 167). Der Gesichtspunkt der bloßen Vermögensumschichtung greift nur, wenn der Leistungsaustausch in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang vorgenommen wird (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2002 - IX ZR 377/99, WM 2003, 524, 528). Der hierfür unschädliche Zeitraum lässt sich nicht allgemein festlegen. Er hängt wesentlich von der Art der ausgetauschten Leistungen und davon ab, in welcher Zeitspanne sich der Austausch nach den Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs vollzieht (BGH, Urteil vom 13. April 2006 - IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190 Rn. 31; vom 21. Juni 2007 - IX ZR 231/04, WM 2007, 1616 Rn. 51; vom 11. Februar 2010 - IX ZR 104/07, WM 2010, 711 Rn. 31). Eine sich in "verspäteten Entgeltzahlungen" (BAG, Urteil vom 6. Oktober 2011 - 6 AZR 262/10, BAGE 139, 235 Rn. 15) ausdrückende Kreditgewährung schließt, weil es notwendigerweise an einem engen zeitlichen Zusammenhang des Leistungsaustausches mangelt, ein Bargeschäft aus (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2002, aaO; vom 16. November 2006 - IX ZR 239/04, WM 2007, 170 Rn. 15). Danach fehlt es jedenfalls an einem unmittelbaren Leistungsaustausch, wenn monatlich fällige Lohnzahlungen zwei Monate nach Beendigung der damit korrespondierenden Arbeitstätigkeit erbracht werden (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 2002 - IX ZR 480/00, WM 2002, 1808, 1809).
16
b) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liegt hingegen bereits ein Bargeschäft vor, wenn der Arbeitgeber in der Krise Arbeitsentgelt für Arbeitsleistungen zahlt, die der Arbeitnehmer in den vorhergehenden drei Monaten erbracht hat (Urteil vom 6. Oktober 2011, aaO Rn. 15 ff). Dieser im insolvenzrechtlichen Schrifttum - soweit ersichtlich - einhellig kritisierten Auslegung des § 142 InsO (vgl. Huber, EWiR 2011, 817; ders., ZInsO 2013, 1049 ff; Ganter, ZIP 2012, 2037 ff; Plathner/Sajogo, ZInsO 2012, 581 ff; Jacobs/ Doebert, ZInsO 2012, 618 ff; Brinkmann, ZZP 125 (2012), 197, 208 f; Smid, DZWIR 2013, 89, 110 f) vermag der Senat nicht zuzustimmen.
17
aa) Soweit sich das Bundesarbeitsgericht darauf beruft, „dass in nicht wenigen Branchen eine verzögerte Zahlung der Vergütung schon fast die Regel ist“ (Urteil vom 6. Oktober 2011, aaO Rn. 17), wird diese Würdigung schon im Ansatz dem Gesetzeszweck des § 142 InsO nicht gerecht, weil selbst ein verbreiteter Verstoß gegen Fälligkeitszeitpunkte nicht geeignet sein kann, die daran anknüpfenden Rechtsfolgen zu beseitigen. Die bei der Beurteilung eines Bargeschäfts zugrunde zu legenden allgemeinen geschäftlichen Gepflogenheiten beurteilen sich nach den Gebräuchen solventer Partner und werden nicht durch verspätete Zahlungen insolvenzgefährdeter Unternehmen beeinflusst, die unter Liquiditätsengpässen leiden (Jacobs/Doebert, aaO S. 622; Ganter, aaO S. 2038, 2043). Andernfalls wäre jeder Leistungsaustausch in der Krise als Bargeschäft zu bewerten, weil liquiditätsschwache Unternehmen typischerweise verzögert zahlen (Brinkmann, aaO S. 208 f).
18
bb) Davon abgesehen wird der Befund branchenübergreifender Zahlungsverzögerungen nicht durch verifizierbare Tatsachen - anhand von empirischem Material oder auch nur anhand von Medienberichten - untermauert (vgl. Brinkmann, aaO; Plathner/Sajogo, aaO S. 584). Es fehlt nicht nur jede Konkretisierung , um welche Branchen es sich handelt (Jacobs/Doebert, aaO S. 623); überdies wird der festgestellte Zeitraum der Zahlungsverzögerungen nicht näher präzisiert. Schließlich ist der von dem Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 6. Oktober 2011, aaO Rn. 17) angeführte Beleg (Bandte in FS Beuthien, 2009, S. 401, 405) inhaltlich unergiebig. Ein allgemein verbreiteter Missstand verspäteter Lohnzahlung wäre von den über die Verhältnisse am Arbeitsmarkt wohl unterrichteten Gewerkschaften sicherlich längst öffentlichkeitswirksam angeprangert worden. Bei dieser Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden , dass sich innerhalb des Arbeitslebens die allgemeine Gepflogenheit einer um drei Monate verspäteten Lohnzahlung herausgebildet hätte. Im Gegenteil begleichen die den Geschäftsverkehr prägenden wirtschaftlich gesunden Unternehmen , deren Zahl die in einer Krise befindlichen Betriebe im Gemeinwohlinteresse erfreulicherweise weit übersteigt, die Arbeitslöhne in aller Regel bei Fälligkeit.
19
cc) Die weitere Erwägung des Bundesarbeitsgerichts, durch die Zahlung rückständigen Lohns werde "erkauft", dass Arbeitnehmer zwecks Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs "bei der Stange bleiben" (BAG, Urteil vom 6. Oktober 2011, aaO Rn. 18), vermag die Annahme eines Bargeschäfts ebenfalls nicht zu tragen. In der Fortsetzung ihrer Arbeitstätigkeit liegt keine berücksichtigungsfähige Gegenleistung der Arbeitnehmer, weil die künftigen Leistungen ihrerseits wieder in Rechnung gestellt werden (BGH, Urteil vom 30. Januar 1986 - IX ZR 79/85, BGHZ 97, 87, 94; vom 23. September 2010 - IX ZR 212/09, WM 2010, 1986 Rn. 33; Ganter, aaO S. 2043 f).
20
c) Die Arbeitnehmer einseitig begünstigende Auslegung des § 142 InsO durch das Bundesarbeitsgericht ist zudem mit der Bindung der Gerichte an Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG) nicht vereinbar (vgl. Huber, ZInsO 2013, 1049, 1054 f; Kreft, ZIP 2013, 241, 250 f).
21
aa) Der Gesetzgeber hat mit der Schaffung der Insolvenzordnung - wie bereits das Vorblatt der Gesetzesbegründung betont - die allgemeinen Kon- kursvorrechte einschließlich derjenigen der Arbeitnehmer ausdrücklich beseitigt (BT-Drucks. 12/2443 Vorblatt B. 6.).
22
(1) Aufgrund dieser Gesetzesänderung waren nach Auffassung des Gesetzgebers für Arbeitnehmer keine sozialen Härten zu erwarten, weil für die Lohnausfälle der letzten drei Monate vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens Ausfallgeld gezahlt wird (BT-Drucks., aaO, sowie S. 90). Lohnrückstände der Arbeitnehmer sollten durch das für die letzten drei Monate des Arbeitsverhältnisses vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens gewährte Ausfallgeld gesichert werden (BT-Drucks., aaO S. 96). Bei der Streichung der Konkursvorrechte ließ sich der Gesetzgeber von der allgemeinen Erwägung leiten, dass sich die Entscheidung über den Vor- oder Nachrang einer Gläubigerklasse nicht auf hinreichend überzeugende soziale Gesichtspunkte stützen lässt (BT-Drucks. 12/2443, S. 90). Wörtlich hat er insoweit ausgeführt (BT-Drucks., aaO): "Eine dem sozialen Schutzbedürfnis im Einzelfall gemäße Einordnung von Gläubigerklassen in einen Privilegienkatalog erscheint unmöglich. Jeder Vorrechtskatalog ist letztlich willkürlich. Schon das geltende Konkursrecht räumt keineswegs allen anerkanntermaßen sozial schutzwürdigen Gruppen ein Vorrecht ein. Anders als im Recht der Einzelvollstreckung in das Arbeitseinkommen (§§ 850 d, 850 f Abs. 2 ZPO) sind beispielsweise Unterhalts- und Deliktsgläubiger im Konkursverfahren nicht privilegiert. Das Bundesverfassungsgericht hat die Fragwürdigkeit jedes Privilegienkatalogs in seinem Beschluss zum Vorrecht für Sozialplanforderungen (BVerfGE 65, 182) nachdrücklich herausgearbeitet."
23
(2) In der angeführten Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht die Einordnung von Sozialplanabfindungen als Konkursforderungen im Range vor § 61 Abs. 1 Nr. 1 KO kraft Richterrechts als mit der Verfassung (Art. 20 Abs. 3 GG) unvereinbar beanstandet (BVerfGE 65, 182, 190 ff.). Dabei hat es betont, dass jedes Konkursvorrecht eine Ausnahme vom Gebot der Gleichbehandlung aller Konkursgläubiger bildet. Soweit ein Vorrecht nicht gesetzlich begründet ist, muss es deshalb nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts bei der Regelung bleiben, dass Forderungen gegen den Gemeinschuldner einfache Konkursforderungen im Range des § 61 Abs. 1 Nr. 6 KO sind (BVerfGE 65, aaO S. 191). Da die Regelung nach Wortlaut, Systematik und Sinn abschließend ist, besteht keine verfassungsrechtlich anzuerkennende Regelungslücke , die es dem Richter erlaubt, für bestimmte Forderungen eine Privilegierung außerhalb dieses geschlossenen Systems zu begründen (BVerfGE 65, aaO S. 191 f).
24
bb) Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts setzt sich aus sozialpolitischen Gründen (vgl. bereits BVerfGE 65, aaO S. 194) - wie nicht zuletzt die Gesetzesinitiativen, sie durch eine Änderung des Insolvenzanfechtungsrechts zu legalisieren, belegen (Huber, ZInsO 2013, 1049, 1054 f) - über die Schranken richterlicher Rechtsfortbildung hinweg, indem sie Arbeitnehmern unter Verzicht auf das Tatbestandsmerkmal "unmittelbar" mit Hilfe einer vom Wortlaut des § 142 InsO nicht mehr getragenen Auslegung im Gewand des Bargeschäftsprivilegs das vom Gesetzgeber ausdrücklich beseitigte Konkursvorrecht gewährt. Eine eindeutige gesetzgeberische Entscheidung darf der Richter nicht nach eigenen rechtspolitischen Vorstellungen durch eine abweichende judikative Lösung ersetzen (vgl. Kreft, ZIP 2013, 241, 250). Da § 142 InsO eine Ausnahmeregelung darstellt, ist aus rechtsmethodischen Gründen für eine erweiternde Auslegung von vornherein kein Raum (vgl. BGH, Urteil vom 23. September 2010 - IX ZR 212/09, WM 2010, 1986 Rn. 35; Ganter, ZIP 2012, 2037, 2038).

25
(1) Infolge der Beseitigung jeglicher Vorrechte einzelner Gläubiger durch die Insolvenzordnung sind Arbeitnehmer und sonstige Gläubiger uneingeschränkt gleich zu behandeln (Huber, aaO S. 1051, 1054; Lütcke, NZI 2014, 350, 351). Das Gebot der Gleichbehandlung als "Magna carta des Insolvenzrechts" (Huber, aaO) hat allgemeine Geltung und ist darum ebenfalls im Rahmen der Insolvenzanfechtung zu beachten (vgl. Huber, aaO S. 1054; Jacobs/ Doebert, ZInsO 2012, 618, 627; Plathner/Sajogo, ZInsO 2012, 581, 584; Lütcke, aaO). Die aus wohl erwogenen Gründen entfallenen Vorrechte können nicht in der Weise wiederbegründet werden, dass einzelnen Gläubigern wie Arbeitnehmern ein vom Gesetz nicht vorgesehener Schutz gegen Ansprüche aus Insolvenzanfechtung eröffnet wird, um contra legem durch Ausbildung eines "Sonderinsolvenzrechts für Arbeitnehmer" (Brinkmann, ZZP 125 (2012), 197, 201) den Rechtszustand der früheren Konkursordnung wiederherzustellen (Brinkmann, aaO S. 212). Ein bevorrechtigter Zugriff auf das Schuldnervermögen kann einzelnen Gläubigern nur von Gesetzes wegen eingeräumt werden (vgl. BT-Drucks. 12/2443 S. 90), wie dies etwa durch die Umsetzung einer EURichtlinie geschieht, welche die bevorrechtigte Behandlung von Versicherungsforderungen bei Insolvenz eines Versicherungsunternehmens vorsieht (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juli 2011 - IX ZR 210/10, WM 2011, 1483 Rn. 7). Würde den Gerichten gestattet, die Anfechtungsvoraussetzungen im Blick auf unterschiedliche Gläubigergruppen jeweils zu differenzieren, liefe dies letztlich auf eine Zuteilung der Masse aufgrund richterlicher Billigkeitsentscheidung hinaus.
26
(2) Jede Ausweitung der Rangordnung und jedes Mehr an Forderungen in vorgehenden Rangstellen bewirkt - wie das Bundesverfassungsgericht zu § 61 Abs. 1 KO überzeugend ausgeführt hat - eine Minderung der den nach- rangigen, insbesondere letztrangigen Gläubigern verbleibenden Haftungsmasse , die regelmäßig schon durch ausgedehnte Sicherungsrechte der Geld- und Warenkreditgeber geschmälert ist. Deshalb ist zu betonen, dass jede Bevorzugung einzelner Forderungen zwangsläufig zu Lasten anderer Gläubiger geht und regelmäßig auch zu neuen Unstimmigkeiten bei der Verfahrensabwicklung führt (BVerfGE 65, 182, 192). Die Insolvenzanfechtung beruht auf dem Gerechtigkeitsgebot , das Ausfallrisiko solidarisch und gleichmäßig auf sämtliche Gläubiger einschließlich der Arbeitnehmer zu verteilen (Ries, ZInsO 2007, 1037). Folgerichtig kann es auch im Verhältnis zu Arbeitnehmern nicht Aufgabe des Insolvenzverfahrens sein, werthaltige Rechte einzelner Beteiligter zu Gunsten von Arbeitnehmern in Frage zu stellen (BT-Drucks. 12/2443 S. 96).
27
(3) Viele Kleinunternehmer, etwa handwerkliche Familienbetriebe, befinden sich in einer Arbeitnehmern vergleichbaren wirtschaftlichen Lage, ohne - bei zutreffendem Verständnis - der auf § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO gestützten Anfechtung von verspätet erlangten Werklohnzahlungen mit dem Hinweis auf einen Baraustausch (§ 142 InsO) begegnen zu können. In ihrer Branche gesuchte Arbeitnehmer werden einen vorübergehenden Lohnausfall vielfach leichter verkraften können als etwa ein (Klein-)Unternehmen Umsatzausfälle, die auf der Insolvenz eines langjährigen Hauptabnehmers beruhen. Dies gilt umso mehr für unterhalb des Vorstands als Arbeitnehmer angesiedelte Führungskräfte , die durch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts - will man nicht innerhalb der Gruppe der Arbeitnehmer rechtsschöpferisch differenzieren - ebenfalls geschützt werden. Sachgerechte Gründe für die unterschiedliche Behandlung dieser Gläubigergruppen sind nicht ersichtlich (vgl. BVerfGE 65, aaO S. 194). Mit der einseitigen Bevorzugung der Arbeitnehmer ist außerdem zwingend eine Verminderung der auf die sonstigen Gläubiger entfallenden Insolvenzquote verknüpft. Wie die Erfahrung lehrt, können insolvenzbedingte Forde- rungsausfälle Folgeinsolvenzen auslösen, die als Kettenreaktion für die Arbeitnehmer der nun betroffenen Unternehmen zu Lohnausfällen führen. Diese Konsequenz ist stets zu bedenken, wenn eine Beschränkung des Insolvenzanfechtungsrechts ins Auge gefasst wird.
28
cc) Aus den vorstehenden Erwägungen kann entgegen der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 29. Januar 2014 - 6 AZR 345/12, ZIP 2014, 628 Rn. 15 ff) auch ein etwaiges Existenzminimum des Arbeitnehmers nicht mittels einer beschränkenden Auslegung der §§ 129 ff InsO anfechtungsfrei gestellt werden.
29
(1) Es ist nicht Aufgabe der Gläubigergemeinschaft, sondern des Staates , etwaige durch eine Insolvenz zu Lasten bestimmter Gläubiger hervorgerufene unzumutbare Härten auszugleichen (vgl. Vollrath, ZInsO 2011, 1665, 1675; Ganter, ZIP 2012, 2037, 2044; Plathner/Sajogo, ZInsO 2012, 581, 584; Jacobs/Doebert, ZInsO 2012, 618, 627; Huber, ZInsO 2013, 1049, 1053; Lütcke, NZI 2014, 350, 351). Zum Nachteil der Arbeitnehmer bestehende sozialrechtliche Schutzlücken sind innerhalb dieses Regelungswerks durch ergänzende Vorschriften etwa zum Bezug von Insolvenzgeld zu schließen (Brinkmann , ZZP 125 (2012), 197, 215 f). Hingegen können nicht der Gläubigergesamtheit sich in einer Quotenminderung manifestierende Sonderopfer, wovon der Gesetzgeber selbst Gesellschafter verschont (BT-Drucks. 16/9737 S. 59), zugunsten von Mitgläubigern ohne gesetzliche Grundlage im Wege richterlicher Rechtsfortbildung aufgebürdet werden (vgl. BT-Drucks. 12/2443 S. 96; Huber, aaO S. 1054). Das Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes enthält infolge seiner Weite und Unbestimmtheit keine unmittelbaren Handlungsanweisungen, die durch die Gerichte ohne gesetzliche Grundlage in einfaches Recht umgesetzt werden könnten (BVerfGE 65, 182, 193). Darum ist es den Gläubigern nicht zumutbar (Brinkmann, ZZP 125 (2012), 197, 209; Lütcke, aaO), durch einen Quotenverzicht Lücken der Insolvenzgeldzahlung zugunsten von Arbeitnehmern als Mitgläubigern aufzufüllen (in diesem Sinne BAG, Urteil vom 6. Oktober 2011 - 6 AZR 262/10, BAGE 139, 235 Rn. 15 ff) oder deren Existenzminimum zu sichern (in diesem Sinne BAG, Urteil vom 29. Januar 2014 - 6 AZR 345/12, ZIP 2014, 628 Rn. 15 ff). Scheidet ein Schutz der Arbeitsplatzinteressen gegen den Markt aus (BT-Drucks. 12/2443, aaO), kann ihnen auch im Verhältnis zu anderen Gläubigern nicht einfach kraft Richterrechts der Vorrang eingeräumt werden (Jacobs/Doebert, ZInsO 2012, 618, 623).
30
(2) Die Argumentation des Bundesarbeitsgerichts läuft bei lebensnaher Betrachtung auf das Ergebnis hinaus, die Anfechtung generell zu versagen, wenn das damit verbundene Ergebnis für den Arbeitnehmer wirtschaftlich untragbar ist. Das Sozialstaatsprinzip kann bereits im Ansatz nicht zur Korrektur jeglicher hart oder unbillig erscheinenden Einzelregelungen dienen (BVerfGE 66, 234, 248; 67, 231, 239; 69, 272, 315). Davon abgesehen lässt die Würdigung die Interessen der vor Verfahrenseröffnung nicht befriedigten, regelmäßig die Mehrheit bildenden Gläubiger des Schuldners außer Betracht, die durch einen vollständigen Forderungsausfall ebenfalls untragbare Härten erleiden können (vgl. Ries, ZInsO 2007, 1037, 1038; Lütcke, aaO S. 352). Hier schafft die Insolvenzanfechtung den gebotenen Ausgleich, indem Zahlungen zur Masse gezogen und zur anteiligen Befriedigung sämtlicher - unzumutbar belasteter - Gläubiger einschließlich des Anfechtungsgegners verwendet werden (Ries, aaO S. 1037; Lütcke, aaO S. 351). Zahlt ein Arbeitgeber etwa nur an bestimmte , für die Produktion besonders wichtige Arbeitnehmer Lohn, erscheint es sachgerecht, die weggegebenen Mittel durch eine Anfechtung für sämtliche Arbeitnehmer gleichmäßig verfügbar zu machen. Muss sich ein Arbeitnehmer mangels eines Vorrechts nach Verfahrenseröffnung ohne Rücksicht auf die Be- friedigung seines Existenzminimums mit der Quote abfinden, so leuchtet nicht ein, dass er eine anfechtbar erworbene Zahlung unter dem Gesichtspunkt des Existenzminimums behalten darf (vgl. BVerfGE 65, 182, 194).
31
d) Im Streitfall sind die Voraussetzungen eines Bargeschäfts (§ 142 InsO) gegeben, weil die monatlich geschuldete Lohnzahlung innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit erfolgte.
32
aa) Unter welchen zeitlichen Voraussetzungen verspätete Entgeltzahlungen des Arbeitgebers das Bargeschäftsprivileg genießen, wird im Schrifttum unterschiedlich beantwortet. Vereinzelt wird ein Bargeschäft bereits dann ausgeschlossen , wenn die Vergütung nicht nur einige Tage verspätet (Zwanziger, BB 2007, 42, 43) oder nicht einigermaßen pünktlich (Klinck, AP InsO § 130 Nr. 1 unter III.) gezahlt wird. Als zeitliche Grenze des Bargeschäftscharakters einer verspäteten Lohnzahlung wird ferner eine Frist von drei Wochen genannt (Huber, NJW 2009, 1928, 1929; Vollrath, ZInsO 2011, 1665, 1666; Wegener, NZI 2009, 225).
33
Bei länger währenden Vertragsbeziehungen ist nach der Rechtsprechung des Senats für die Annahme eines Bargeschäfts zu verlangen, dass die jeweiligen Leistungen und Gegenleistungen zeitlich oder gegenständlich teilbar sind und zeitnah - entweder in Teilen oder abschnittsweise - ausgetauscht werden. Wenn zwischen dem Beginn einer anwaltlichen Tätigkeit und der Erbringung einer Gegenleistung mehr als 30 Tage liegen, ist ein Bargeschäft zu verneinen. Bei Anforderung eines Vorschusses ist eine anfechtungsrechtliche Bargeschäftsausnahme anzunehmen, wenn in regelmäßigen Abständen Vorschüsse eingefordert werden, die in etwa dem Wert einer zwischenzeitlich entfalteten oder in den nächsten 30 Tagen noch zu erbringenden Tätigkeit entsprechen.
Ferner kann vereinbart werden, Teilleistungen gegen entsprechende Vergütungen zu erbringen (BGH, Urteil vom 13. April 2006 - IX ZR 158/05, BGHZ 167, 190 Rn. 34 ff.; vom 6. Dezember 2007 - IX ZR 113/06, WM 2008, 229 Rn. 20; Beschluss vom 18. September 2008 - IX ZR 134/05, NZG 2008, 902 Rn. 2; Urteil vom 15. Dezember 2011 - IX ZR 118/11, WM 2012, 276 Rn. 25).
34
bb) Diese aus § 286 Abs. 3 BGB für die Annahme eines Bargeschäfts bei der Zahlung der Anwaltsvergütung hergeleiteten Grundsätze können mit der Modifizierung, dass die Frist von 30 Tagen nicht ab Beginn der Tätigkeit, sondern ab Fälligkeit der Vergütung zu berechnen ist, auf die Gewährung von Arbeitsentgelten bei monatlicher Lohnzahlung übertragen werden.
35
(1) Die Vergütung der Arbeitnehmer ist gemäß § 614 Satz 1 BGB nach Leistung der Dienste zu entrichten. Ist die Vergütung nach Zeitabschnitten bemessen , muss sie gemäß § 614 Satz 2 BGB nach dem Ablauf jedes einzelnen Zeitabschnitts beglichen werden. Bei monatlicher Vergütung ist dies grundsätzlich der erste Tag des Folgemonats (MünchKomm-BGB/Müller-Glöge, 6. Aufl., § 614 Rn. 11). Allerdings kann der Fälligkeitszeitpunkt durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung kollektivvertraglich abweichend - etwa auf den fünfzehnten Tag des Folgemonats (Jacobs/Doebert, ZInsO 2012, 618, 622) - bestimmt werden (MünchKomm-BGB/Müller-Glöge, aaO § 614 Rn. 2). Dem allgemeinen Rechtsverkehr entsprechen - wie auch im Streitfall - monatliche Lohnzahlungen, die ebenfalls monatlich abzurechnen und auszuführen sind (Jacobs/Doebert, aaO S. 623 mwN; Wagner in Kummer/Schäfer/Wagner, Insolvenzanfechtung, 2. Aufl., Rn. O 83).

36
(2) Die Rechtsprechung zum Unmittelbarkeitserfordernis bei der Vergütung anwaltlicher Dienstleistungen kann nicht unbesehen auf Arbeitnehmer übertragen werden. Arbeitnehmer unterliegen gemäß § 614 Satz 1 BGB regelmäßig einer Vorleistungspflicht (Jacobs/Doebert, aaO S. 622; Lütcke, NZI 2014, 350, 352) und haben nach § 614 Satz 2 BGB bei entsprechender Bemessung Anspruch auf eine Vergütung nach Zeitabschnitten (Ganter, ZIP 2014, 2037, 2040, 2044). Im Falle einer Vorleistungspflicht kann im Blick auf den engen zeitlichen Zusammenhang von Leistung und Gegenleistung nicht auf den Beginn der Tätigkeit des Arbeitnehmers abgestellt werden, weil ihm zu diesem Zeitpunkt noch kein Vergütungsanspruch zusteht (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 2002 - IX ZR 480/00, WM 2002, 1808, 1809). Für diese Bewertung spricht die weitere Erwägung, dass eine Vergütung nach Zeitabschnitten von einer Woche oder einem Monat ihrer Natur nach einen Baraustausch nahelegt (Ganter, aaO).
37
(3) Da der Vorleistung des Arbeitnehmers keine Kreditfunktion zukommt (Staudinger/Richardi, BGB, 2005, § 614 Rn. 11), beurteilt sich die Unmittelbarkeit der Lohnzahlung nach dem Zeitraum zwischen der Fälligkeit des Vergütungsanspruchs und seiner tatsächlichen Erfüllung (Wagner in Kummer /Schäfer/Wagner, aaO; Jacobs/Doebert, aaO; Lütcke, NZI 2014, 350, 352). Mit dieser Maßgabe kann die Rechtsprechung zum Baraustausch bei anwaltlichen Beratungsleistungen auf Arbeitnehmer übertragen werden. Danach ist der für ein Bargeschäft erforderliche Unmittelbarkeitszusammenhang noch gegeben , wenn im Falle einer monatlichen Vorleistungspflicht die Entgeltzahlung innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit vorgenommen wird (Bork, ZIP 2007, 2337, 2338 f; Ries, ZInsO 2007, 1037, 1038; Pieper, ZInsO 2009, 1425, 1431; Laws, ZInsO 2009, 1465, 1470; Ganter, aaO S. 2040, 2044; Brinkmann, ZZP 125 (2012), 197, 208; Jacobs/Doebert, aaO S. 624; Wagner in Kummer/Schäfer /Wagner, aaO; ErfK/Müller-Glöge, 11. Aufl., InsO, Einführung Rn. 24; anders im Sinne des BAG nunmehr ders., aaO 14. Aufl., Rn. 24 b). Für die Beurteilung als Bargeschäft ist es unschädlich, wenn der Fälligkeitszeitpunkt entsprechend den tarifvertraglichen Übungen anstelle des ersten Tages nicht länger als bis zum fünfzehnten Tag des Folgemonats hinausgeschoben wird (Jacobs /Doebert, aaO S. 622). Ist die Vergütung nach kürzeren Zeitabschnitten zu leisten, scheidet ein Bargeschäft aus, wenn zum Zeitpunkt der Zahlung bereits der Lohn für den nächsten Zeitabschnitt fällig war (Ries, aaO; Bork aaO; Jacobs /Doebert, aaO S. 623; Pieper, aaO; Ganter, aaO S. 2044; Lütcke, NZI 2014, 350, 352).
38
cc) Nach diesen Grundsätzen liegt im Streitfall eine Bardeckung (§ 142 InsO) vor.
39
Die monatliche Vergütung des Beklagten war von der Schuldnerin vertragsgemäß bis zum zehnten Tag des Folgemonats zu begleichen. Im Zeitpunkt der durch die Schuldnerin am 5. Januar 2011 bewirkten Zahlung standen die Gehälter des Beklagten für die Monate November und Dezember 2010 teilweise offen. Im Falle einer Zahlung auf das Gehalt für den Monat Dezember 2010, die noch vor dem spätesten Fälligkeitszeitpunkt des 10. Januar 2011 erfolgt wäre, läge ohne weiteres ein Bargeschäft vor. Nicht anders verhielte es sich, wenn mit der Zahlung das Gehalt für den Monat November 2010 getilgt werden sollte. Infolge der für dieses Gehalt zum 10. Dezember 2010 begründeten Fälligkeit wäre auch bei einer am 5. Januar 2011 erfolgten Begleichung der für ein Bargeschäft unschädliche Zeitraum von 30 Tagen noch nicht verstrichen. Vor diesem Hintergrund bedarf es nicht der Prüfung, ob die bei der Zahlung vom 5. Januar 2011 auf den Monat Dezember 2010 gerichtete Tilgungsbestimmung (§ 366 Abs. 1 BGB) selbständig anfechtbar ist.

III.


40
Sonstige Anfechtungstatbestände greifen ebenfalls nicht durch.
41
1. Soweit das Berufungsgericht eine Vorsatzanfechtung aus § 133 Abs. 1 InsO abgelehnt hat, ist seine Würdigung revisionsrechtlich jedenfalls im Ergebnis nicht zu beanstanden.
42
a) Es konnte davon ausgehen, dass die Zahlung der Schuldnerin, ohne nähere Feststellungen zu einer tatsächlich bestehenden Zahlungsunfähigkeit treffen zu müssen, nicht von einem Benachteiligungsvorsatz getragen war.
43
aa) Dem Beweisanzeichen der erkannten Zahlungsunfähigkeit ist - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - im Streitfall keine ausschlaggebende Bedeutung beizumessen. Die Indizwirkung der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit wie auch der Inkongruenz kann im Einzelfall ausgeschlossen sein, wenn die Umstände ergeben, dass der Schuldner von einer anfechtungsrechtlich unbedenklichen Willensrichtung geleitet war und das Bewusstsein der Benachteiligung anderer Gläubiger infolgedessen in den Hintergrund getreten ist. Dies kann einmal gelten, wenn die Rechtshandlung Bestandteil eines ernsthaften, letztlich aber gescheiterten Sanierungsversuchs war (BGH, Urteil vom 8. Dezember 2011 - IX ZR 156/09, WM 2012, 146 Rn. 11, 18; vom 21. Februar 2013 - IX ZR 52/10, WM 2013, 763 Rn. 11; vom 3. April 2014 - IX ZR 201/13, WM 2014, 1009 Rn. 40).

44
bb) Zum anderen kann dem Schuldner im Falle einer bargeschäftsähnlichen Lage infolge des gleichwertigen Leistungsaustauschs die dadurch eintretende mittelbare Gläubigerbenachteiligung nicht bewusst geworden sein (Kayser, WM 2013, 293, 298; NJW 2014, 422, 427). Darum handelt ein Schuldner in der Regel nicht mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz, wenn er eine kongruente Leistung Zug um Zug gegen eine zur Fortführung seines eigenen Unternehmens unentbehrliche Gegenleistung erbracht hat, die den Gläubigern im allgemeinen nützt (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 1997 - IX ZR 234/96, ZIP 1997, 1551, 1553; Beschluss vom 16. Juli 2009 - IX ZR 28/07, NZI 2009, 723 Rn. 2; vom 6. Februar 2014 - IX ZR 221/11, ZInsO 2014, 496 Rn. 3). Zu den für die Betriebsfortführung unverzichtbaren Gegenleistungen gehört auch die Tätigkeit der Arbeitnehmer, deren Mitwirkung für jede betriebliche Wertschöpfung unabdingbar ist. Deswegen scheidet regelmäßig ein Benachteiligungsvorsatz aus, wenn durch Gehaltszahlungen im Zuge eines Baraustauschs die für die Betriebsfortführung unerlässliche Gegenleistung der Arbeitstätigkeit entgolten wird (BAG, Urteil vom 29. Januar 2014 - 6 AZR 345/12, ZIP 2014, 628 Rn. 84 ff, 89). Nach den hier getroffenen Feststellungen fehlt es an einem Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin, weil diese dem Beklagten Gehaltszahlungen im Rahmen eines bargeschäftlichen Leistungsaustauschs gewährt hat.
45
b) Überdies hat der Kläger nicht den Nachweis geführt, dass der Beklagte eine auch nur drohende Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin und damit deren Benachteiligungsvorsatz erkannt hat (§ 133 Abs. 1 Satz 2 InsO). Nach den tatrichterlichen Feststellungen war der Beklagte nicht mit der Wahrnehmung von Geschäftsführungsaufgaben betraut, die ihm nähere Einblicke in die Vermögenslage der Schuldnerin verschafft hätte (vgl. BGH, Urteil vom 15. November 2012 - IX ZR 205/11, WM 2012, 2343 Rn. 7). Ferner hat er zugunsten der Schuldnerin eine selbstschuldnerische Bürgschaft über 55.000 € übernommen und durch Klage vom 16. Februar 2010 gegenüber der Schuldnerin seine offenen Lohnrückstände vor dem Arbeitsgericht verfolgt. Die ein erhebliches Risiko bergende Bereitschaft, eine selbstschuldnerische Bürgschaft einzugehen, spricht nachdrücklich gegen eine Kenntnis des Beklagten von einer Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin, sondern deutet vielmehr darauf hin, dass er nicht von ihrer existenziellen Gefährdung ausging. Ebenso liegt fern, dass der Schuldner eine Klage gegen das als insolvent erkannte Unternehmen gerichtet hätte, die von vornherein keinen wirtschaftlichen Erfolg versprochen, sondern durch das Ingangsetzen eines aussichtslosen Verfahrens lediglich eine zusätzliche Kostenbelastung hervorgerufen hätte.
46
2. Ein Anfechtungsanspruch folgt auch nicht aus § 133 Abs. 2 Satz 1 InsO. Nach dieser Vorschrift ist ein von dem Schuldner mit einer nahestehenden Person (§ 138 InsO) geschlossener entgeltlicher Vertrag anfechtbar, durch den die Insolvenzgläubiger unmittelbar benachteiligt werden.
47
a) Da es sich bei der Schuldnerin um eine GmbH handelt, ist der zu mehr als ein Viertel an ihrem Kapital beteiligte Beklagte gemäß § 138 Abs. 2 Nr. 1 InsO als nahestehende Person anzusehen. Der Vertragsbegriff des § 133 Abs. 2 InsO ist weit auszulegen (BGH, Urteil vom 1. Juli 2010 - IX ZR 58/09, NZI 2010, 738 Rn. 9). Auch reine Erfüllungsgeschäfte werden zu den entgeltlichen Verträgen gerechnet. Bei ihnen besteht das Entgelt in der Befreiung von der Schuld (BGH, Urteil vom 12. Juli 1990 - IX ZR 245/89, BGHZ 112, 136, 138; Urteil vom 15. Februar 1990 - IX ZR 149/88, ZIP 1990, 459, 460).
48
b) Jedoch fehlt es an der weiteren Voraussetzung einer unmittelbaren Gläubigerbenachteiligung. Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn die Rechtshandlung des Schuldners die Zugriffsmöglichkeiten der Gläubigergesamtheit unmittelbar verschlechtert, ohne dass weitere Umstände hinzutreten müssen (BGH, Urteil vom 20. Dezember 2012 - IX ZR 130/10, WM 2013, 333 Rn. 27). Durch einen Vertrag, auf Grund dessen der Schuldner für das, was er aufgibt, eine vollwertige Gegenleistung erhält, werden die Gläubiger auch dann nicht unmittelbar benachteiligt, wenn diese Gegenleistung infolge eines weiteren , nicht zu dem Gesamttatbestand des Rechtsgeschäfts gehörenden Umstandes in dem Zeitpunkt nicht mehr in dem Vermögen des Schuldners vorhanden ist, in dem die von ihm zu erbringende Leistung endgültig aus seinem Vermögen herausgeht (BGH, Urteil vom 9. Februar 1955 - IV ZR 173/54, WM 1955, 404, 406; RGZ 116, 134, 137 f). Mithin scheidet bei einem Baraustausch, wie er hier gegeben ist, schon mit Rücksicht auf die zuvor erbrachte Arbeitsleistung eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung aus (vgl. MünchKomm-InsO/ Kayser, 3. Aufl., § 133 Rn. 41; Gehrlein in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 2. Aufl., § 133 Rn. 42).
49
3. Schließlich ist eine Anfechtung nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO nicht begründet. Mit der Lohnzahlung wurde keine einem Darlehen wirtschaftlich entsprechende Forderung befriedigt.
50
a) Die Anfechtbarkeit nach dieser Vorschrift erfasst sowohl die Befriedigung von Gesellschafterdarlehen als auch ihnen wirtschaftlich entsprechender Forderungen. Ungeachtet des Entstehungsgrundes sind einem Darlehen alle aus Austauschgeschäften herrührende Forderungen gleich zu achten, die der Gesellschaft rechtlich oder rein faktisch gestundet wurden, weil jede Stundung bei wirtschaftlicher Betrachtung eine Darlehensgewährung bewirkt (MünchKomm -InsO/Ehricke, aaO § 39 Rn. 43; MünchKomm-InsO/Gehrlein, aaO § 135 Rn. 18; Preuß in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2013, § 39 Rn. 81). Stehen gelas- sene Gehaltsansprüche eines Gesellschafters können darum wirtschaftlich einem Darlehen entsprechen (BGH, Urteil vom 16. Februar 2009 - II ZR 120/07, BGHZ 180, 38 Rn. 24; BAG, Urteil vom 27. März 2014 - 6 AZR 204/12, ZIP 2014, 927 Rn. 30 ff).
51
b) Im Streitfall ist weder eine Stundung noch ein Stehenlassen einer Lohnforderung gegeben. Vielmehr wurde die Lohnzahlung an den Beklagten bargeschäftlich (§ 142 InsO) abgewickelt. In diesem Fall kommt eine Stundungswirkung nicht in Betracht (vgl. Preuß in Kübler/Prütting/Bork, aaO, § 39 Rn. 81; Ahrens in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 2. Aufl., § 39 Rn. 36).
Kayser Gehrlein Vill
Fischer Grupp
Vorinstanzen:
AG Siegen, Entscheidung vom 05.04.2012 - 14 C 2967/11 -
LG Siegen, Entscheidung vom 29.07.2013 - 3 S 35/12 -

(1) Eine Leistung des Schuldners, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt, ist nur anfechtbar, wenn die Voraussetzungen des § 133 Absatz 1 bis 3 gegeben sind und der andere Teil erkannt hat, dass der Schuldner unlauter handelte.

(2) Der Austausch von Leistung und Gegenleistung ist unmittelbar, wenn er nach Art der ausgetauschten Leistungen und unter Berücksichtigung der Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs in einem engen zeitlichen Zusammenhang erfolgt. Gewährt der Schuldner seinem Arbeitnehmer Arbeitsentgelt, ist ein enger zeitlicher Zusammenhang gegeben, wenn der Zeitraum zwischen Arbeitsleistung und Gewährung des Arbeitsentgelts drei Monate nicht übersteigt. Der Gewährung des Arbeitsentgelts durch den Schuldner steht die Gewährung dieses Arbeitsentgelts durch einen Dritten nach § 267 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gleich, wenn für den Arbeitnehmer nicht erkennbar war, dass ein Dritter die Leistung bewirkt hat.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 144/16
Verkündet am:
18. Januar 2018
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Schweigt der Schuldner einer erheblichen, seit mehr als neun Monaten fälligen Forderung
nach anwaltlicher Mahnung und Androhung gerichtlicher Maßnahmen bis
zum Erlass eines Vollstreckungsbescheids und bietet er erst nach dessen Rechtskraft
die Begleichung der Forderung in nicht näher bestimmten Teilbeträgen aus seinem
laufenden Geschäftsbetrieb an, hat der Gläubiger die Zahlungseinstellung des
Schuldners erkannt.
BGH, Urteil vom 18. Januar 2018 - IX ZR 144/16 - KG Berlin
LG Berlin
ECLI:DE:BGH:2018:180118UIXZR144.16.0

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 18. Januar 2018 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Prof. Dr. Pape, Grupp und die Richterin Möhring

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 14. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 17. Juni 2016 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Verwalter in dem auf den Eigenantrag vom 3. Juni 2010 über das Vermögen der L. AG (nachfolgend: Schuldnerin) am 16. Juli 2010 eröffneten Insolvenzverfahren. Die Beklagte vermittelt Gewerbeimmobilien.
2
Im Jahr 2008 unterhielt die Schuldnerin in Düsseldorf, Hamburg und Frankfurt insgesamt vier Restaurants. Sie beabsichtigte, ihren Betrieb um ein fünftes Restaurant in Berlin zu erweitern. Zu diesem Zweck ließ sie sich von der Beklagten im Juli 2008 Gewerberäume nachweisen. Hierfür berechnete die Beklagte der Schuldnerin am 13. November 2008 eine Courtage in Höhe von 117.810 €, die zum 1. Dezember 2008 fällig war. Auf diese Rechnung zahlte die Schuldnerin an die Beklagte bis zum 17. September 2009 einen Betrag von 39.270 €. Nach Aufforderung zur Zahlung weiterer 78.540 € und anwaltlicher Androhung gerichtlicher Maßnahmen mit Schreiben vom 17. September2009 erging am 3. November 2009 gegen die Schuldnerin ein Vollstreckungsbescheid über 83.889,92 €. Hierauf kündigte diese der Beklagten gegenüber an, nunmehr Teilleistungen auf die Schuld erbringen zu wollen, die aus dem laufenden Berliner Geschäftsbetrieb, dessen Aufnahme sich verzögert habe, erfolgen sollten. Nach dieser Ankündigung zahlte sie am 23. Dezember 2009 einen Betrag von 20.000 €, am 26. Januar 2010 einen Betrag von 20.000 €, am 23. März 2010 einen Betrag von 10.000 € und in der Zeit vom 20. April bis 20. Mai 2010 an 20 Tagen jeweils einen Betrag von 500 €.
3
Die unter dem Gesichtspunkt der Vorsatz- und Deckungsanfechtung erhobene Klage auf Rückgewähr der in der Zeit vom 23. Dezember 2009 bis zum 20. Mai 2010 geleisteten Beträge ist im ersten Rechtszug erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat das Rechtsmittel des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner vom Bundesgerichtshof zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


4
Die Revision des Klägers führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

I.


5
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dem Kläger stehe gegen die Beklagte kein Anspruch aus § 143 Abs. 1 Satz 1, §§ 129, 133 Abs. 1 InsO zu. Die Behauptung des Klägers, die Beklagte habe erkannt, dass die Schuldnerin die Zahlungen in der Zeit vom 23. Dezember 2009 bis zum 20. Mai 2010 mit dem Vorsatz erbracht habe, ihre Gläubiger zu benachteiligen, sei nicht erwiesen. Ein Gläubiger kenne den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners, wenn er selbst bei Leistungsempfang seine Ansprüche ernsthaft eingefordert habe, diese verhältnismäßig hoch seien und er wisse, dass der Schuldner nicht in der Lage sei, die Forderungen zu erfüllen. Ersatzweise reiche es auch aus, wenn der Schuldner selbst erkläre, zahlungsunfähig zu sein, oder der Leistungsempfänger Hilfstatsachen von solcher Beweiskraft kenne, dass sich daraus eindeutig eine Zahlungseinstellung ergebe.
6
Ein solcher Fall liege nicht vor. Die vom Kläger vorgetragenen Hilfstatsachen ließen weder für sich genommen noch in einer Gesamtschau den Schluss zu, die Beklagte habe den Vorsatz der Schuldnerin, ihre Gläubiger zu benachteiligen , gekannt. Das Gesamtbild eines "am Rand des finanzwirtschaftlichen Abgrunds operierenden Schuldners" ergebe sich nicht. Die Beklagte habe zwar gewusst, dass die offen gebliebene Verbindlichkeit von 78.540 € (wohl) nicht gering gewesen sei, es habe sich aber nicht um betriebsnotwendige oder fortlaufende Verbindlichkeiten gehandelt. Eine nur schleppende Tilgung der Forderung , die ebenfalls ein Beweisanzeichen für die Kenntnis sein könne, liege nicht vor. Auch wenn die Titulierung einer Forderung, gegen die der Schuldner nichts einzuwenden habe, ein Beweisanzeichen sein könne, stelle der Erlass des Vollstreckungsbescheids keine Zäsur dar. Der Zeitablauf sei nur in Zusammenhang mit der Einschaltung eines Inkassounternehmens von Bedeutung. Dass es der Schuldnerin gelungen sei, nach der Titulierung über einen Zeitraum von vier Monaten insgesamt 50.000 € zu zahlen, spreche für deren Zahlungsfähigkeit. Insoweit sei zu würdigen, dass der Restaurantbetrieb wegen baulicher Verzögerungen erst sehr viel später als geplant habe eröffnet werden können und sich die Schuldnerin von der Beklagten eine "Starthilfe" erbeten habe. Dies deute eher auf eine Priorisierung hin. Deshalb sei es auch nicht von Bedeutung, dass die Zahlungen nach dem Vortrag des Klägers von unterschiedlichen Konten bei verschiedenen Kreditinstituten erfolgt seien, was für "strategische Zahlungen" sprechen könne.

II.


7
Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung in wesentlichen Punkten nicht stand. Die Begründung, mit der das Berufungsgericht die Voraussetzungen eines Anfechtungsanspruchs aus § 133 Abs. 1 InsO verneint hat, beruht auf einer unvollständigen Auswertung des maßgeblichen Sachvortrags.
8
1. Die angefochtenen Ratenzahlungen stellen Rechtshandlungen der Schuldnerin dar, die selbstbestimmt darüber entschieden hat, die ihr im Vollstreckungsbescheid auferlegte Zahlungspflicht durch Teilzahlungen zu erfüllen. Infolge des Vermögensabflusses haben die Rechtshandlungen eine Gläubigerbenachteiligung (§ 129 Abs. 1 InsO) ausgelöst (vgl. BGH, Urteil vom 7. Mai 2015 - IX ZR 95/14, ZInsO 2015, 1262 Rn. 8 mwN; vom 25. Februar 2016 - IX ZR 109/15, ZInsO 2016, 628 Rn. 9).

9
2. Die aus revisionsrechtlicher Sicht zum Zeitpunkt der jeweiligen Rechtshandlungen zahlungsunfähige Schuldnerin hat die Zahlungen mit einem von der Beklagten erkannten Benachteiligungsvorsatz vorgenommen.
10
a) Die subjektiven Tatbestandsmerkmale der Vorsatzanfechtung können - weil es sich um innere, dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsachen handelt - meist nur mittelbar aus objektiven Tatsachen hergeleitet werden (BGH, Urteil vom 13. August 2009 - IX ZR 159/06, ZInsO 2009, 1901 Rn. 8 mwN; vom 25. Februar 2016 - IX ZR 109/15, ZInsO 2016, 628 Rn. 11, ständige Rspr.). Ein Schuldner, der zahlungsunfähig ist und seine Zahlungsunfähigkeit kennt, handelt in aller Regel mit Benachteiligungsvorsatz. In diesem Fall weiß der Schuldner, dass sein Vermögen nicht ausreicht, um sämtliche Gläubiger zu befriedigen. Kennt der Gläubiger die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, so weiß er auch, dass Leistungen aus dessen Vermögen die Befriedigungsmöglichkeit anderer Gläubiger vereiteln oder zumindest erschweren und verzögern. Mithin ist ein solcher Gläubiger zugleich regelmäßig über den Benachteiligungsvorsatz im Bilde. Dies gilt insbesondere, wenn der Schuldner gewerblich tätig ist, weil der Gläubiger in diesem Fall mit weiteren Gläubigern des Schuldners mit ungedeckten Ansprüchen rechnen muss (BGH, Urteil vom 6. Dezember 2012 - IX ZR 3/12, ZInsO 2013, 190 Rn. 15; vom 24. Oktober 2013 - IX ZR 104/13, ZInsO 2013, 2378 Rn. 11; vom 25. Februar 2016, aaO Rn. 11 mwN).
11
b) Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob die Schuldnerin zum Zeitpunkt der von ihr erbrachten Teilzahlungen bereits zahlungsunfähig war oder die Zahlungsunfähigkeit erst später eingetreten ist. Nach dem unter Beweis gestellten Vortrag des Klägers gab es am 30. September 2009 zwar bereits fällige offene Verbindlichkeiten in Höhe von 1.477.176,53 €, die bis zum 4. März 2010 auf 1.632.005,29 € angewachsen sind, was für eine Zahlungseinstellung sprechen könnte. Nachdem das Berufungsgericht die Feststellung der Zahlungseinstellung zum Zeitpunkt der angefochtenen Zahlungen aber für entbehrlich gehalten hat und die Beklagte diese bestreitet, muss revisionsrechtlich davon ausgegangen werden, dass die Schuldnerin zum 30. September 2009 ihre Zahlungen eingestellt hatte und nach § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO ihre Zahlungsunfähigkeit vermutet wurde. Ausgehend von dieser Annahme kann nach dem weiteren revisionsrechtlich zu unterstellenden Sachverhalt die Kenntnis vom Benachteiligungsvorsatz bei der Beklagten nicht verneint werden.
12
c) Zwar beschränkt sich die revisionsgerichtliche Kontrolle der vom Berufungsgericht zur Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes getroffenen Feststellungen darauf, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozessstoff umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (BGH, Urteil vom 25. Februar 2016, aaO Rn. 12 mwN). Einer solchen Überprüfung hält die Würdigung des Berufungsgerichts jedoch nicht stand. Das Berufungsgericht hat maßgebliche, aus Sicht der Beklagten auf eine Zahlungseinstellung der Schuldnerin deutende Beweisanzeichen nicht beachtet und bei seiner Würdigung, die unterbliebene Zahlung der Schuldnerin habe aus der Sicht eines Außenstehenden anstelle einer Zahlungsunfähigkeit auf der fehlenden Betriebsnotwendigkeit der Bezahlung der Maklercourtage und der verzögerten Aufnahme des Restaurantbetriebs der Schuldnerin in Berlin beruht, gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen. Dies gilt auch für die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte habe davon ausgehen können, die Schuldnerin habe der Begleichung ihrer Forderung nur keine Priorität eingeräumt.
13
aa) Das monatelange völlige Schweigen der Schuldnerin auf die Rechnung der Beklagten kann schon für sich genommen ein Indiz für eine Zahlungseinstellung begründen (BGH, Urteil vom 25. Februar 2016, aaO Rn. 13 mwN).
14
(1) Die Forderung der Beklagten war der Schuldnerin am 13. November 2008 in Rechnung gestellt worden und am 1. Dezember 2008 fällig. Bis zum 30. September 2009 hatte die Schuldnerin eine Zahlung in Höhe von 39.270 € erbracht, wobei die Beklagte die ausstehende Bezahlung der Restforderung auf bauliche Verzögerungen bei der Einrichtung des Restaurantbetriebes in Berlin zurückführte. Ob die Schuldnerin zu der ausstehenden Begleichung der ganz erheblichen Forderung überhaupt eine Erklärung abgab und ob es vor Einschaltung eines RechtsanwaltsMahnungen gab, ist nicht festgestellt. Jedenfalls ließ die Beklagte am 17. September 2009 die Schuldnerin anwaltlich mahnen und drohte die Einleitung gerichtlicher Maßnahmen an. Durch diese nachdrückliche Zahlungsaufforderung mit der Androhung von Zwangsmaßnahmen entfaltete die Beklagte einen erheblichen Zahlungsdruck. Dieser gab der Schuldnerin allen Anlass, sich zur Vermeidung der angekündigten kostenträchtigen gerichtlichen Maßnahmen wegen der Begleichung der Forderung, mit der sie sich nunmehr seit neuneinhalb Monaten in Verzug befand und der sie keine Einwendungen entgegenzusetzen hatte, schleunigst mit der Beklagten in Verbindung zu setzen. Stattdessen ließ es die Schuldnerin bis zum Erlass des Vollstreckungsbescheids am 3. November 2009 kommen. Dies stellt im Blick auf die besonderen zeitlichen Abläufe (insoweit anders als in BGH, Urteil vom 22. Juni 2017, ZInsO 2017, 1616) entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts eine Zäsur dar, aus der die Beklagte Rückschlüsse auf die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin ziehen musste. Nachdem die Schuldnerin angesichts des intensiven Zahlungsverlangens mit der alsbaldigen Geltendmachung gerichtlicher Schritte rechnen musste, deutete ihr monatelanges Schweigen gerade aus der Sicht der Beklagten nach aller Erfahrung nicht - wie das Berufungsgericht meint - auf zeitnah überwindbare Anlaufschwierigkeiten bei der Einrichtung des Restaurantbetriebs in Berlin hin, sondern auf schwerwiegende Liquiditätsprobleme. Im Falle fortbestehender Zahlungsfähigkeit hätte es der Interessenlage der Schuldnerin entsprochen, nach Erhalt des anwaltlichen Mahnschreibens entweder begründete Einwendungen gegen die Forderung zu erheben oder diese zur Vermeidung einer zu befürchtenden kostenträchtigen gerichtlichen Inanspruchnahme umgehend zu tilgen. Mit Anlaufschwierigkeiten des Restaurantbetriebs in Berlin war der inzwischen seit fast einem Jahr ausstehende Ausgleich der Forderung und das fast zwei Monate dauernde Schweigen der Schuldnerin zwischen der anwaltlichen Mahnung und dem Erwirken des Vollstreckungsbescheides am 3. November 2009 nach aller Erfahrung nicht zu erklären. Als im Wirtschaftsverkehr allein realistische Schlussfolgerung begründete der knapp einjährige Zahlungsverzug der Schuldnerin, die keine Einwendungen gegen die Forderung erhob, die Annahme unüberwindlicher Zahlungsschwierigkeiten. Die in dem einjährigen Herausschieben der Forderung zum Ausdruck kommende schlechte Zahlungsmoral verdeutlichte entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts , dass die Schuldnerin am Rande des finanzwirtschaftlichen Abgrunds operierte (vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 2016, aaO Rn. 14; MünchKomm-InsO/Eilenberger, 3. Aufl., § 17 Rn. 30). Mit Anlaufschwierigkeit bei der Einrichtung des Betriebs in Berlin war das Zahlungsverhalten der Schuldnerin ohnehin - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - nicht zu erklären, weil die Schuldnerin über vier weitere Restaurants in anderen deutschen Großstädten verfügte, hinsichtlich derer die Beklagte keine Umstände geltend gemacht hat, die auf kurzfristig überwindbare Liquiditätsprobleme hindeuteten.
15
(2) Entgegen der weiteren Würdigung des Berufungsgerichts ließ sich auch das prozessuale Verhalten der Schuldnerin, die sich gegen den Mahnbescheid nicht verteidigte und es zum Erlass eines Vollstreckungsbescheids kommen ließ, bevor sie Teilzahlungen anbot und diese Ende Dezember 2009 aufnahm, nicht auf zeitlich überschaubare bauliche Probleme zurückführen. Durch das weitere Schweigen auf die Androhung gerichtlicher Maßnahmen bis zum Erlass des Vollstreckungsbescheids waren erhebliche zusätzliche Kosten angefallen, die ein zahlungsfähiger Schuldner durch Begleichung der begründeten Forderung vermieden hätte. Auch insofern offenbarte die monatelange völlige Untätigkeit der Schuldnerin und die Inkaufnahme des von vornherein aussichtslosen gerichtlichen Verfahrens, dass sie mangels flüssiger Zahlungsmittel lediglich Zeit zu gewinnen suchte. Mit dem Angebot, Teilzahlungen zu erbringen , offenbarte die Schuldnerin entgegen der Würdigung des Berufungsgerichts , das einfach unterstellt hat, die Schuldnerin hätte die Forderung der Beklagten nicht erfüllt, weil sie diese nicht für vordringlich gehalten hat, sehr wohl, dass sie zum baldigen Ausgleich der Forderung nicht in der Lage war. Dies musste die Beklagte insbesondere aus der Ankündigung entnehmen, die Zahlungen nur aus den laufenden Einnahmen des Berliner Restaurants tätigen zu können. Die Schuldnerin kam damit aus der Warte der Beklagten nur der Vollstreckung aus dem Vollstreckungsbescheid, die nach der Titulierung der Forderung ernsthaft drohte, zuvor. Ihr Unvermögen, im Falle einer Vollstreckung den Gesamtbetrag zu zahlen, ergab sich ohne weiteres aus der Ankündigung, Teilzahlungen in unbestimmter Höhe nur aus dem laufenden Geschäftsbetrieb erbringen zu können.
16
bb) Ein weiteres Indiz einer Zahlungseinstellung verkörperte sich in dem für die Beklagte infolge des Zeitablaufs zutage getretenen Unvermögen der Schuldnerin, die erhebliche Verbindlichkeit der Beklagten zu tilgen.

17
(1) Ein Gläubiger kennt die Zahlungseinstellung schon dann, wenn er selbst bei Leistungsempfang seine Ansprüche ernsthaft eingefordert hat, diese verhältnismäßig hoch sind und er weiß, dass der Schuldner nicht in der Lage ist, die Forderungen zu erfüllen (BGH, Urteil vom 25. Februar 2016, aaO Rn. 17 mwN). Aus Rechtsgründen genügt es, wenn die Zahlungseinstellung auf Grund der Nichtbezahlung nur einer - nicht unwesentlichen - Forderung dem Anfechtungsgegner bekannt wird (BGH, Urteil vom 11. Februar 2010 - IX ZR 104/07, ZInsO 2010, 673 Rn. 39 mwN). In dieser Weise verhält es sich im Streitfall.
18
(2) Die Beklagte hatte ihre noch immer hohe Restforderung von mehr als 78.540 € über einen längeren Zeitraum von mehr als neun Monaten ab der ersten Rechnungsstellung vergeblich eingefordert. Ob es sich dabei um eine betriebsnotwendige oder fortlaufende Forderung handelte, ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ohne Bedeutung. Gleichwohl war die Schuldnerin ersichtlich außerstande, die Verbindlichkeit zu tilgen. Selbst die Einschaltung eines Rechtsanwalts und die Betreibung des Mahnverfahrens sowie der Antrag auf Erlass eines Vollstreckungsbescheids konnten die Schuldnerin nicht zur Zahlung bewegen. Angesichts der zeitlichen Gegebenheiten gestattete bereits die schlichte Nichtbegleichung der offenen Forderung, deren Berechtigung zu keinem Zeitpunkt im Zweifel stand, den Schluss auf eine Zahlungseinstellung (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Juli 2012 - IX ZB 264/11, ZInsO 2012, 1418 Rn. 9; Urteil vom 25. Februar 2016 - IX ZR 109/15, ZInsO 2016, 628 Rn. 18). Mit dem Fall, dass sich der Schuldner einer geringfügigen Forderung gegenüber dem Gerichtsvollzieher zum Abschluss einer Zahlungsvereinbarung bereiterklärt und diese dann auch einhält (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juli 2017 - IX ZR 178/16, ZInsO 2017, 1881), ist dies nicht vergleichbar. Aus der mehr als einjährigen Zahlungsverzögerung konnte und musste die Beklagte entnehmen, dass die Schuldnerin nicht in der Lage war, ihre Verbindlichkeiten zurückzuführen (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 2007 - IX ZR 93/06, ZInsO 2008, 273 Rn. 35; vom 25. Februar 2016, aaO Rn. 18). Da die Beklagte mit weiteren Gläubigern der gewerblich tätigen Schuldnerin rechnen musste, war sie über deren Zahlungseinstellung unterrichtet (vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 2016, aaO Rn. 18). Dies folgt schon aus dem Umstand, dass ihr die Schuldnerin erklärt hatte, die Teilzahlungen nur aus den laufenden Einnahmen des Restaurantbetriebs in Berlin erbringen zu können. Hieraus musste die Beklagte entnehmen , dass die Schuldnerin, welche auch die Kosten dieses Betriebes aus diesen Einnahmen bestreiten musste, am finanziellen Abgrund stand. Sie war entweder nicht in der Lage, ihre Miete, den Wareneinkauf und das Personal zu bezahlen, wenn sie die Forderung der Beklagten durch Einmalzahlung aus den Einnahmen beglich, oder sie konnte ihre laufenden Kosten decken und nur den verbleibenden Rest zur ratenweisen Rückführung der Maklerforderung einsetzen.
19
cc) Schließlich offenbarte sich in dem als alternativlos unterbreiteten Vorschlag der Schuldnerin, Teilzahlungen aus dem Restaurantbetrieb in Berlin zu erbringen, gegenüber der Beklagten ein zusätzliches Indiz einer Zahlungseinstellung.
20
(1) Die Bitte des Schuldners auf Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung ist, wenn sie sich im Rahmen der Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs hält, als solche kein Indiz für eine Zahlungseinstellung oder Zahlungsunfähigkeit. Die Bitte um eine Ratenzahlungsvereinbarung kann auf den verschiedensten Gründen beruhen, die mit einer Zahlungseinstellung nichts zu tun haben, etwa der Erzielung von Zinsvorteilen oder der Vermeidung von Kosten und Mühen im Zusammenhang mit der Aufnahme eines ohne weiteres erlang- baren Darlehens (BGH, Beschluss vom 16. April 2015 - IX ZR 6/14, ZInsO 2015, 898 Rn. 3; Urteil vom 25. Februar 2016, aaO Rn. 20). Eine Bitte um Ratenzahlung ist jedoch ein Indiz für eine Zahlungseinstellung, wenn sie vom Schuldner mit der Erklärung verbunden wird, seine fälligen Verbindlichkeiten (anders) nicht begleichen zu können (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - IX ZR 134/10, ZInsO 2011, 1410 Rn. 17; Beschluss vom 16. April 2015, aaO Rn. 4 mwN).
21
(2) In dieser Weise verhält es sich im Streitfall. Die Schuldnerin war die Begleichung der Forderung über viele Monate schuldig geblieben und gut neun Monate nach Fälligkeit hatte die Beklagte ohne Erfolg die Zahlung der rückständigen Rechnungen durch einen Rechtsanwalt angemahnt. Danach hatte die Beklagte den Rechtsanwalt mit dem Forderungseinzug betraut. Mangels Zahlung der Schuldnerin hatte die Beklagte einen Vollstreckungsbescheid erwirkt , auf den die Schuldnerin nicht zahlte. Die erst nach Offenbarwerden der Zahlungsschwierigkeiten erfolgte Ankündigung, nunmehr Teilzahlungen auf die Forderung aus den Einnahmen des Restaurantbetriebs in Berlin in nicht näher bezeichneter Höhe und Zeit leisten zu wollen, entspricht nicht den üblichen Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs. Ebenso entspricht es entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht diesen Gepflogenheiten, einem Gläubiger, dessen Forderung seit über einem Jahr rückständig ist, eine Starthilfe abzuverlangen. Ein solches Ansinnen kann vielmehr nur als erzwungene weitere Stundung zugunsten eines insolventen Schuldners - eine Stundungsvereinbarung haben die Schuldnerin und die Beklagte nicht getroffen - verstanden werden. Kein redlicher Schuldner lässt sich, ohne die geltend gemachte Forderung sachlich abwehren zu wollen, gerichtlich in Anspruch nehmen, nur um die Zahlung hinauszuzögern und dem Gläubiger ein Teilzahlungsangebot abzuringen. Das Verlangen einer Starthilfe von einem Gläubiger, mit dem der Schuldner sonst in keiner Geschäftsbeziehung steht, kann ebenfalls nicht als Erscheinung des normalen Geschäftsverkehrs angesehen werden, sondern erscheint auf dem Hintergrund eines mehr als einjährigen Zahlungsverzugs höchst ungewöhnlich. Dabei fällt ins Gewicht, dass die Schuldnerin nach Titulierung der Forderung nicht einmal in der Lage war, die Forderung innerhalb von drei Monaten zu tilgen, und schließlich nur noch tägliche Zahlungen von jeweils 500 € erbringen konnte, ohne die Forderung vollständig auszugleichen.
22
(3) Im Blick auf diese Art der Schuldentilgung deutet - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - auch der Umstand, dass die Teilzahlungen über bei unterschiedlichen Kreditinstituten unterhaltene Konten erfolgten, darauf hin, dass es sich um strategische Zahlungen der Schuldnerin handelte, die sich zur Schonung der schwindenden Liquidität auf Teilzahlungen über gerade eine hinreichende Deckung ausweisende Konten beschränkte, was eine Zahlungseinstellung erkennen ließ (vgl. BGH, Urteil vom 7. Mai 2015 - IX ZR 95/14, ZInsO 2015, 1262 Rn. 21 mwN). Dass die Zahlungen über unterschiedliche Konten erfolgten, war mit der Ankündigung, sie aus den Einnahmen eines der Restaurants leisten zu wollen, nicht in Einklang zu bringen. Vor diesem Hintergrund ging es der Schuldnerin angesichts des monatelangen Zahlungsrückstands entgegen der Würdigung des Berufungsgerichts ersichtlich nicht darum, verfügbare Finanzmittel anderweitig einzusetzen. Vielmehr konnte die angesichts der Titulierung der Forderung erfolgte einseitige Ankündigung der Schuldnerin, nunmehr Teilzahlungen in ungenannter Höhe und innerhalb einer nicht näher bestimmten Zeit aus den Einnahmen des Restaurantbetriebs in Berlin erbringen zu wollen, nur dahin verstanden werden, ihre fälligen Verbindlichkeiten anders nicht begleichen zu können (vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 2016, aaO Rn. 21). Einer ausdrücklich erklärten Erfüllungsverweigerung oder eines sonstigen Verhaltens der Schuldnerin, das ihre Zahlungsunfähigkeit dokumentierte, bedurfte es nicht (BGH, Urteil vom 22. November 1990 - IX ZR 103/90, ZIP 1991, 39, 40).
23
dd) Bei dieser Sachlage haben sich mehrere Beweisanzeichen verwirklicht , die aus Sicht der Beklagten nur auf eine Zahlungseinstellung der Schuldnerin und damit auf einen Benachteiligungsvorsatz hindeuteten (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - IX ZR 134/10, ZInsO 2011, 1410 Rn. 18; vom 25. Februar 2016, aaO Rn. 22). Nach der fruchtlosen monatelangen Beitreibung ihrer erheblichen Forderung und der Ankündigung von Teilzahlungen angesichts der drohenden Vollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid konnte sich die Beklagte der Tatsache nicht verschließen, dass die Schuldnerin zahlungsunfähig war und eine bevorzugte Befriedigung der Beklagten zum Nachteil anderer Gläubiger zumindest billigend in Kauf nahm. Die Entscheidung des Berufungsgerichts kann deshalb keinen Bestand haben.

III.


24
Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Eine eigene Sachentscheidung (§ 563 Abs. 3 ZPO) kann der Senat auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts mangels Feststellung der Zahlungsunfähigkeit /Zahlungseinstellung nicht treffen. Hinsichtlich der Zahlungen, welche die Schuldnerin in der Zeit vom 23. März 2010 bis zum 20. Mai 2010 geleistet hat, wird sich das Berufungsgericht auch mit den Voraussetzungen des § 130 InsO zu befassen haben, den es bislang nicht in den Blick genommen hat.
Kayser Gehrlein Pape
Grupp Möhring
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 13.07.2015 - 36 O 23/14 -
KG Berlin, Entscheidung vom 17.06.2016 - 14 U 79/15 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 109/15
Verkündet am:
25. Februar 2016
Kluckow
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Schweigt der Schuldner einer erheblichen Forderung während eines monatelangen
Zeitraums auf Rechnungen und Mahnungen und bietet er nach Einschaltung eines
Inkassounternehmens und Erwirken eines Mahnbescheids in dem auf seinen Widerspruch
eingeleiteten gerichtlichen Verfahren die ratenweise Zahlung der Gesamtforderung
einschließlich der Zinsen und der angefallenen Kosten an, hat der Gläubiger
die Zahlungseinstellung des Schuldners, dessen Zahlungsverzug nicht mit einer fortdauernden
Anspruchsprüfung erklärt werden kann, erkannt.
BGH, Urteil vom 25. Februar 2016 - IX ZR 109/15 - LG Aachen
AG Aachen
ECLI:DE:BGH:2016:250216UIXZR109.15.0

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 25. Februar 2016 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Grupp, die Richterin Möhring und den Richter Dr. Schoppmeyer

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Klägers werden das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 10. April 2015 und das Urteil des Amtsgerichts Aachen vom 5. November 2014 aufgehoben.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.500 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 25. Februar 2011 zu bezahlen. Wegen der Zinsmehrforderung wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Verwalter in dem auf den Antrag vom 7. Dezember 2010 über das Vermögen der C. GmbH (nachfolgend: Schuldnerin) am 24. Februar 2011 eröffneten Insolvenzverfahren.
2
Die Schuldnerin beauftragte die Beklagte im Rahmen einer ständigen Geschäftsbeziehung mit einem Materialtransport von Eschweiler nach Antwerpen. Für diese Leistung stellte die Beklagte der Schuldnerin vereinbarungsgemäß am 30. Juni und 31. August 2009 insgesamt den Betrag von 16.195,70 € in Rechnung. Ohne Erfolg mahnte die Beklagte am 22. Juli, 29. Juli, 5. August und 23. September 2009 gegenüber der Schuldnerin die Zahlung an.
3
Ein von der Beklagten mit dem Forderungseinzug betrautes Inkassounternehmen erwirkte im Anschluss an eine weitere fruchtlose Mahnung vom 8. Oktober 2009 gegen die Schuldnerin am 19. November 2009 einen Mahnbescheid. In dem auf den Widerspruch der Schuldnerin eingeleiteten streitigen Verfahren machte die Beklagte geltend, dass die Schuldnerin keine Einwände gegen die Forderung erhoben habe. Die Schuldnerin zeigte ihre Verteidigungsbereitschaft an und teilte dem Gericht im weiteren Verlauf mit, der Beklagten ein Vergleichsangebot unterbreitet zu haben. Im Rahmen eines am 21. April 2010 festgestellten gerichtlichen Vergleichs verpflichtete sich die Schuldnerin, in monatlichen Raten von 1.500 €, beginnend ab dem 15. April 2010, an die Beklagte 16.195,70 € nebst Zinsen und Rechtsverfolgungskosten zu zahlen. Die Schuldnerin entrichtete am 12. April, 14. Mai und 29. Juni 2010 jeweils 1.500 € an die Beklagte.
4
Mit vorliegender Klage nimmt der Kläger unter dem Gesichtspunkt der Vorsatzanfechtung die Beklagte auf Erstattung der empfangenen Zahlungen über 4.500 € in Anspruch. Die Vordergerichte haben die Klage abgewiesen. Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:


5
Die Revision hat Erfolg und führt zur Verurteilung der Beklagten.

I.


6
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, es fehle an der von § 133 Abs. 1 InsO vorausgesetzten Kenntnis der Beklagten von dem Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin. Die Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes werde gemäß § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO vermutet, wenn der Gläubiger gewusst habe, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohe und die Handlung die Gläubiger benachteilige. Die Beklagte habe im Zeitpunkt der Entgegennahme der Ratenzahlungen nicht zwingend auf eine wenigstens drohende Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin schließen müssen. Für die Nichtzahlung seien andere Ursachen als eine Zahlungsunfähigkeit in Betracht gekommen. Es habe die Möglichkeit bestanden, dass die Schuldnerin die Prüfung der Berechtigung der geltend gemachten Forderung noch nicht abgeschlossen gehabt habe. Hiermit lasse sich auch das prozessuale Verhalten, die Erhebung des Widerspruchs und die Mitteilung der Verteidigungsbereitschaft, erklären. Dies gelte umso mehr, als zwischen der Fälligkeit der Forderungen und den angefochtenen Rechtshandlungen ein noch überschaubarer Zeitraum gelegen habe.
7
Aus der getroffenen Ratenzahlungsvereinbarung habe die Beklagte zwar schließen können, dass die Schuldnerin interessiert gewesen sei, die Gesamtfälligkeit der Forderung abzuwenden. Auch diese Erkenntnis deute nicht zwingend auf eine wenigstens drohende Zahlungsunfähigkeit hin. Der Abschluss von Ratenzahlungsvereinbarungen im Vergleichswege sei in der Rechtspraxis gängige Übung und biete auch dem Schuldner, dem nicht die Zahlungsunfähigkeit drohe, erhebliche Vorteile.

II.


8
Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand. Die Klage ist in der Hauptsache gemäß § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO begründet. Die Beklagte hat im Wissen um die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin deren Benachteiligungsvorsatz erkannt.
9
1. Die angefochtenen Ratenzahlungen stellen Rechtshandlungen der Schuldnerin dar, die selbstbestimmt darüber entschieden hat, ob sie die im Vergleichswege übernommenen Verpflichtungen durch Banküberweisungen erfüllt. Infolge des Vermögensabflusses haben die Rechtshandlungen eine Gläubigerbenachteiligung (§ 129 Abs. 1 InsO) ausgelöst (BGH, Urteil vom 7. Mai 2015 - IX ZR 95/14, WM 2015, 1202 Rn. 8 mwN).
10
2. Die Schuldnerin hat die Zahlungen mit einem von der Beklagten erkannten Benachteiligungsvorsatz vorgenommen.
11
a) Die subjektiven Tatbestandsmerkmale der Vorsatzanfechtungkönnen - weil es sich um innere, dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsachen handelt - meist nur mittelbar aus objektiven Tatsachen hergeleitet werden (BGH, Urteil vom 13. August 2009 - IX ZR 159/06, WM 2009, 1943 Rn. 8). Ein Schuldner, der zahlungsunfähig ist und seine Zahlungsunfähigkeit kennt, handelt in aller Regel mit Benachteiligungsvorsatz. In diesem Fall weiß der Schuldner , dass sein Vermögen nicht ausreicht, um sämtliche Gläubiger zu befriedi- gen. Kennt der Gläubiger die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, so weiß er auch, dass Leistungen aus dessen Vermögen die Befriedigungsmöglichkeit anderer Gläubiger vereiteln oder zumindest erschweren und verzögern. Mithin ist ein solcher Gläubiger zugleich regelmäßig über den Benachteiligungsvorsatz im Bilde. Dies gilt insbesondere, wenn der Schuldner gewerblich tätig ist, weil der Gläubiger in diesem Fall mit weiteren Gläubigern des Schuldners mit ungedeckten Ansprüchen rechnen muss (BGH, Urteil vom 6. Dezember 2012 - IX ZR 3/12, WM 2013, 174 Rn. 15; vom 19. September 2013 - IX ZR 4/13, WM 2013, 2074 Rn. 14; vom 24. Oktober 2013 - IX ZR 104/13, WM 2013, 2231 Rn. 11). Nach den unbeanstandeten Feststellungen der Vordergerichte war der Schuldnerin , die offene Verbindlichkeiten von mehr als 100.000 € vor sich herschob, während des gesamten Zahlungszeitraums ihre Zahlungsunfähigkeit bewusst. Dies gestattet den Schluss auf ihren Benachteiligungsvorsatz.
12
b) Die Beklagte hat entgegen der Würdigung des Berufungsgerichts die aus einer Zahlungseinstellung herrührende Zahlungsunfähigkeit (§ 17 Abs. 2 Satz 2 InsO) und damit den Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin erkannt. Zwar beschränkt sich die revisionsgerichtliche Kontrolle der vom Berufungsgericht zur Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes getroffenen Feststellungen darauf, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozessstoff umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (BGH, Urteil vom 7. November 2013 - IX ZR 49/13, WM 2013, 2272 Rn. 8; vom 10. Juli 2014 - IX ZR 280/13, WM 2014, 1868 Rn. 18; vom 12. Februar 2015 - IX ZR 180/12, WM 2015, 591 Rn. 15). Einer solchen Überprüfung hält die Würdigung des Berufungsgerichts jedoch nicht stand. Das Berufungsgericht hat maßgebliche, aus Sicht der Beklagten auf eine Zahlungseinstellung der Schuldnerin deutende Beweisanzeichen nicht beachtet und bei seiner Würdigung, die unterbliebene Zahlung der Schuldnerin habe aus der Sicht eines Außenstehenden anstelle einerZahlungsunfähigkeit auf der noch andauernden Prüfung der Berechtigung der Forderung beruhen können, gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen.
13
aa) Das monatelange völlige Schweigen der Schuldnerin auf die Rechnungen und vielfältigen Mahnungen der Beklagten begründete schon für sich genommen ein Indiz für eine Zahlungseinstellung (BGH, Beschluss vom 21. August 2013 - 1 StR 665/12, NJW 2014, 164 Rn. 15; RG JW 1926, 591 Nr. 12; Jaeger/Müller, InsO, 2004, § 17 Rn. 32; MünchKomm-GmbHG/ Wißmann, 2. Aufl., § 84 Rn. 150; Otte in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2011, § 15a InsO Rn. 68).
14
(1) Die Forderungen der Beklagten waren der Schuldnerin am 30. Juni und 31. August 2009 in Rechnung gestellt worden. Ferner hatte die Beklagte am 22. Juli, 29. Juli, 5. August und 23. September 2009 Mahnungen an die Schuldnerin gerichtet. Durch die zeitlich engmaschigen Rechnungs- und Mahnschreiben hatte die Beklagte einen erheblichen Zahlungsdruck gegenüber der Schuldnerin entfaltet, welcher dieser Anlass gab, die Begründetheit der erhobenen Forderung zur Vermeidung der mit einem Verzug verbundenen Rechtsnachteile schleunigst zu prüfen. Da die Schuldnerin angesichts des intensiven Zahlungsverlangens mit der alsbaldigen Geltendmachung gerichtlicher Schritte rechnen musste, deutete ihr monatelanges Schweigen gerade aus der Sicht der Beklagten nach aller Erfahrung nicht - wie das Berufungsgericht meint - auf eine andauernde Forderungsprüfung, sondern auf schwerwiegende Liquiditätsprobleme hin. Im Falle fortbestehender Zahlungsfähigkeit hätte es der Interessenlage der Schuldnerin entsprochen, nach alsbaldiger Prüfung entweder begründete Einwendungen gegen die Forderung zu erheben oder diese zur Vermeidung einer zu befürchtenden kostenträchtigen gerichtlichen Inanspruchnahme umgehend zu tilgen. Mit einer Prüfung der Forderung, der ein einfacher, leicht feststellbarer Leistungsvorgang zugrunde lag, war das fast fünf Monate währende Schweigen der Schuldnerin zwischen der ersten Rechnungsstellung und dem Erwirken des Mahnbescheides am 19. November 2009 zumal vor dem Hintergrund der ständigen, bislang störungsfreien Geschäftsbeziehung der Parteien nach aller Erfahrung nicht zu erklären. Als im Wirtschaftsverkehr allein realistische Schlussfolgerung begründete der mehrmonatige Zahlungsverzug der Schuldnerin, die keine Einwendungen gegen die Forderung erhob, die Annahme unüberwindlicher Zahlungsschwierigkeiten. Die in dem ständigen Schieben der Forderung zum Ausdruck kommende schlechte Zahlungsmoral verdeutlichte , dass die Schuldnerin am Rande des finanzwirtschaftlichen Abgrunds operierte (MünchKomm-InsO/Eilenberger, 3. Aufl., § 17 Rn. 30).
15
(2) Entgegen der weiteren Würdigung des Berufungsgerichts ließ sich auch das prozessuale Verhalten der Schuldnerin, die gegen den Mahnbescheid Widerspruch erhob und sodann im Vergleichsweg eine uneingeschränkt dem Verlangen der Beklagten entsprechende Ratenzahlungsvereinbarung anbot, nicht auf eine Prüfung der Forderung zurückführen. Durch die Einleitung des Mahnverfahrens und den Übergang in das streitige Verfahren waren erhebliche zusätzliche Kosten angefallen, die ein zahlungsfähiger Schuldner durch Begleichung der begründeten Forderung vermieden hätte. Vielmehr offenbarte die monatelange völlige Untätigkeit der Schuldnerin und die Inkaufnahme des von vornherein aussichtslosen Rechtsstreits, dass sie mangels flüssiger Zahlungsmittel lediglich Zeit zu gewinnen suchte. Mit dem Angebot auf Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung kam die Schuldnerin aus der Warte der Beklagten einer streitigen Verurteilung zur Zahlung des Gesamtbetrages zuvor, den sie im Falle einer Vollstreckung ersichtlich nicht hätte aufbringen können.

16
bb) Ein weiteres Indiz einer Zahlungseinstellung verkörperte sich in dem für die Beklagte infolge des Zeitablaufs zutage getretenen Unvermögen der Schuldnerin, die erhebliche Verbindlichkeit der Beklagten zu tilgen.
17
(1) Ein Gläubiger kennt die Zahlungseinstellung schon dann, wenn er selbst bei Leistungsempfang seine Ansprüche ernsthaft eingefordert hat, diese verhältnismäßig hoch sind und er weiß, dass der Schuldner nicht in der Lage ist, die Forderungen zu erfüllen (BGH, Urteil vom 30. April 2015 - IX ZR 149/14, WM 2015, 1339 Rn. 9). Aus Rechtsgründen genügt es, wenn die Zahlungseinstellung auf Grund der Nichtbezahlung nur einer - nicht unwesentlichen - Forderung dem Anfechtungsgegner bekannt wird (BGH, Urteil vom 11. Februar 2010 - IX ZR 104/07, WM 2010, 711 Rn. 39). In dieser Weise verhält es sich im Streitfall.
18
(2) Die Beklagte hatte ihre recht hohe Forderung von mehr als 16.000 € über einen längeren - nicht, wie das Berufungsgericht ausführt, überschaubaren - Zeitraum von mehr als neun Monaten ab der ersten Rechnungsstellung vergeblich eingefordert. Gleichwohl war die Schuldnerin ersichtlich außerstande , die Verbindlichkeit zu tilgen. Selbst die Einschaltung eines Inkassounternehmens und die Betreibung des Mahnverfahrens sowie die Einleitung des streitigen gerichtlichen Verfahrens konnten die Schuldnerin, die keine Einwendungen gegen die Berechtigung der Forderung erhob, nicht zur Zahlung bewegen. Angesichts der zeitlichen Gegebenheiten gestattete bereits die schlichte Nichtbegleichung der offenen Forderung den Schluss auf eine Zahlungseinstellung (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Juli 2012 - IX ZB 264/11, ZInsO 2012, 1418 Rn. 9). Daraus konnte und musste die Beklagte entnehmen, dass die Schuldnerin nicht in der Lage war, ihre Verbindlichkeiten zurückzuführen (BGH, Urteil vom 20. Dezember 2007 - IX ZR 93/06, WM 2008, 452 Rn. 35). Da die Beklagte mit weiteren Gläubigern der gewerblich tätigen Schuldnerin rechnen musste, war sie über deren Zahlungseinstellung unterrichtet (vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 2012 - IX ZR 117/11, WM 2012, 2251 Rn. 30).
19
cc) Schließlich offenbarte sich in dem Vorschlag der Schuldnerin auf Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung gegenüber der Beklagten ein zusätzliches Indiz einer Zahlungseinstellung.
20
(1) Die Bitte des Schuldners auf Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung ist, wenn sie sich im Rahmen der Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs hält, als solche kein Indiz für eine Zahlungseinstellung oder Zahlungsunfähigkeit. Die Bitte um eine Ratenzahlungsvereinbarung kann auf den verschiedensten Gründen beruhen, die mit einer Zahlungseinstellung nichts zu tun haben, etwa der Erzielung von Zinsvorteilen oder der Vermeidung von Kosten und Mühen im Zusammenhang mit der Aufnahme eines ohne weiteres erlangbaren Darlehens (vgl. BGH, Beschluss vom 16. April 2015 - IX ZR 6/14, WM 2015, 933 Rn. 3).
21
(2) Eine Bitte um Ratenzahlung ist jedoch ein Indiz für eine Zahlungseinstellung , wenn sie vom Schuldner mit der Erklärung verbunden wird, seine fälligen Verbindlichkeiten (anders) nicht begleichen zu können (vgl. BGH, aaO Rn. 4 mwN; Urteil vom 30. Juni 2011 - IX ZR 134/10, WM 2011, 1429 Rn. 17). In dieser Weise verhält es sich im Streitfall. Die Beklagte hatte gegenüber der Schuldnerin über viele Monate wiederholt und ohne Erfolg die Zahlung der rückständigen Rechnungen angemahnt. Danach hatte die Beklagte ein Inkassounternehmen mit dem Forderungseinzug betraut. Mangels Zahlung der Schuldnerin hatte die Beklagte einen Mahnbescheid erwirkt und auf den Wider- spruch der Schuldnerin das streitige gerichtliche Verfahren beschritten. Die erst im Rahmen des Rechtsstreits nach Offenbarwerden der Zahlungsschwierigkeiten geschlossene Ratenzahlungsvereinbarung entspricht nicht den üblichen Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs. Kein redlicher Schuldner lässt sich, ohne die geltend gemachte Forderung sachlich abwehren zu wollen, verklagen, nur um die Zahlung hinauszuzögern und dem Kläger eine Ratenzahlungsvereinbarung abzuringen. Dabei fällt ins Gewicht, dass die Schuldnerin zunächst nur monatliche Raten in Höhe von 1.000 € ab dem 15. Mai 2010 angeboten hatte und offenbar erst auf Verlangen der Beklagten die Raten verbunden mit einem Zahlungsbeginn ab dem 15. April 2010 auf 1.500 € erhöht wurden. Vor diesem Hintergrund ging es der Schuldnerin angesichts des monatelangen Zahlungsrückstands entgegen der Würdigung des Berufungsgerichts ersichtlich nicht darum, verfügbare Finanzmittel anderweitig einzusetzen. Vielmehr konnte die angesichts ihres unabwendbaren prozessualen Unterliegens geäußerte Bitte der Schuldnerin um eine möglichst geringe und zeitlich hinausgeschobene Ratenzahlung nur dahin verstanden werden, ihre fälligen Verbindlichkeiten anders nicht begleichen zu können (vgl. BGH, Beschluss vom 24. September 2015 - IX ZR 308/14, WM 2015, 2107 Rn. 3). Einer Erfüllungsverweigerung oder eines sonstigen Verhaltens der Schuldnerin, das ihre Zahlungsunfähigkeit dokumentierte, bedurfte es nicht (BGH, Urteil vom 22. November 1990 - IX ZR 103/90, ZIP 1991, 39, 40).
22
dd) Bei dieser Sachlage haben sich mehrere Beweisanzeichen verwirklicht , die aus Sicht der Beklagten klar auf eine Zahlungseinstellung der Schuldnerin und damit auf einen Benachteiligungsvorsatz hindeuteten (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - IX ZR 134/10, WM 2011, 1429 Rn. 18). Nach der fruchtlosen monatelangen Beitreibung ihrer erheblichen Forderung und dem Abschluss der Ratenzahlungsvereinbarung in einem für die Schuldnerin von vornherein verlorenen Rechtsstreit konnte sich die Beklagte der Tatsache nicht verschließen , dass die Schuldnerin zahlungsunfähig war und eine bevorzugte Befriedigung der Beklagten zum Nachteil anderer Gläubiger zumindest billigend in Kauf nahm.
23
3. Die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin und die Kenntnis der Beklagten wurden nicht durch die zwischen ihnen im Vergleichswege getroffene Ratenzahlungsvereinbarung beseitigt.
24
a) Die hier verwirklichte Zahlungseinstellung (§ 17 Abs. 2 Satz 2 InsO) konnte nur beseitigt werden, indem die Schuldnerin ihre Zahlungen im Allgemeinen wieder aufnahm. Dies hat derjenige zu beweisen, der sich darauf beruft. Hat der anfechtende Verwalter - wie hier - für einen bestimmten Zeitpunkt den ihm obliegenden Beweis der Zahlungseinstellung des Schuldners geführt, muss der Anfechtungsgegner grundsätzlich beweisen, dass diese Voraussetzung zwischenzeitlich wieder entfallen ist. Für den nachträglichen Wegfall der subjektiven Anfechtungsvoraussetzung der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit gilt Entsprechendes. Ein Gläubiger, der von der einmal eingetretenen Zahlungsunfähigkeit des Schuldners wusste, hat darzulegen und zu beweisen, warum er später davon ausging, der Schuldner habe seine Zahlungen möglicherweise allgemein wieder aufgenommen (BGH, Urteil vom 6. Dezember 2012 - IX ZR 3/12, WM 2013, 174 Rn. 33 mwN).
25
b) Diesen Beweisanforderungen hat die Beklagte weder in objektiver noch in subjektiver Hinsicht genügt.
26
aa) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bestanden gegen die Schuldnerin im hier maßgeblichen Zahlungszeitraum durchweg Forderun- gen in Höhe von mehr als 100.000 €. Angesichts dieser unbeglichenen Verbindlichkeiten wurde die Zahlungseinstellung der Schuldnerin mangels einer allgemeinen Zahlungsaufnahme allein durch die vereinbarungsgemäße Erfüllung der Ratenzahlungen nicht behoben (BGH, Urteil vom 6. Dezember 2012, aaO Rn. 36).
27
bb) Ebenso ließ die ratenweise Tilgung ihrer eigenen Forderung die Kenntnis der Beklagten von der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin nicht entfallen.
28
(1) Die Schlussfolgerung des Anfechtungsgegners, wonach die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners zwischenzeitlich behoben ist, muss von einer ihm nachträglich bekannt gewordenen Veränderung der Tatsachengrundlage und nicht von einem bloßen "Gesinnungswandel" getragen sein. Als erstes dürfen die Umstände, welche die Kenntnis des Anfechtungsgegners begründen, nicht mehr gegeben sein. Der Fortfall der Umstände allein bewirkt nicht zwingend den Verlust der Kenntnis. Vielmehr ist auf der Grundlage aller von den Parteien vorgetragenen Umstände des Einzelfalls zu würdigen, ob eine Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit bei Vornahme der Rechtshandlung nicht mehr bestand (BGH, Urteil vom 27. März 2008 - IX ZR 98/07, WM 2008, 840 Rn. 10 ff, 16; vom 19. Mai 2011 - IX ZR 9/10, WM 2011, 1085 Rn. 15; vom 6. Dezember 2012, aaO Rn. 39; vom 17. Dezember 2015 - IX ZR 61/14, WM 2016, 172 Rn. 27).
29
(2) Hier kann schon eine nachträgliche Änderung der Tatsachengrundlage nicht festgestellt werden. Aus Sicht der Beklagten hatten sich keine Umstände verwirklicht, die darauf hindeuteten, dass die Schuldnerin ihre Zahlungsfähigkeit zurückgewonnen und ihre Zahlungen vollständig wieder aufgenommen hätte. Konkrete Tatsachen, denen zufolge sich die Liquiditätslage der Schuldnerin verbessert hatte, waren der Beklagten nicht bekannt geworden (vgl. BGH, Urteil vom 27. März 2008, aaO Rn. 19). Auch hatte die Schuldnerin gegenüber der Beklagten keine Erklärungen abgegeben, die das Vertrauen auf ihre wirtschaftliche Gesundung rechtfertigten (vgl. BGH, Urteil vom 27. März 2008, aaO Rn. 20; vom 20. November 2008 - IX ZR 188/07, WM 2009, 274 Rn. 13 f). Vielmehr unterstrich die Bitte um Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung die fortbestehende Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin, die sich zu einem vollen Forderungsausgleich außerstande erklärte. Mithin konnte die Beklagte aufgrund des Vergleichsschlusses nicht von einer Zahlungsfähigkeit der Schuldnerin ausgehen.
30
(3) Da die Schuldnerin ein gewerbliches Unternehmen betrieb, war es für die Beklagte zudem offensichtlich, dass außer ihr weitere Gläubiger vorhanden waren, deren Forderungen nicht in vergleichbarer Weise bedient wurden wie ihre eigenen. Die Beklagte konnte sich nicht der Erkenntnis verschließen, dass andere Gläubiger davon absahen, in gleicher Weise wie sie durch Mahnungen, Erwirken eines Mahnbescheids und Einleitung eines streitigen gerichtlichen Verfahrens erheblichen Druck auf die Schuldnerin zwecks Eintreibung ihrer Forderungen auszuüben. Vielmehr musste die Beklagte damit rechnen, dass andere Gläubiger die schleppende Zahlungsweise der Schuldnerin und damit die Nichtbegleichung ihrer Forderungen hinnehmen würden. Darum entspricht es einer allgemeinen Lebenserfahrung, dass Schuldner - um ihr wirtschaftliches Überleben zu sichern - unter dem Druck eines besonders auf Zahlung drängenden Gläubigers Zahlungen bevorzugt an diesen leisten, um ihn zum Stillhalten zu bewegen. Vor diesem Hintergrund verbietet sich im Regelfall ein Schluss des Gläubigers dahin, dass - nur weil er selbst Zahlungen erhalten hat - der Schuldner seine Zahlungen auch im allgemeinen wieder aufgenommen habe (vgl. BGH, Urteil vom 6. Dezember 2012, aaO Rn. 42 mwN).

III.


31
Das Berufungsurteil ist demnach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Aufhebung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist, kann der Senat selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Der Erstattungsanspruch des Klägers beläuft sich gemäß § 143 Abs. 1 Satz 1, § 133 Abs. 1 InsO auf 4.500 €. Zinsen sind dem Kläger gemäß § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO, § 819 Abs. 1, § 818 Abs. 4, § 291 Satz 1, § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB ab dem Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung zuzuerkennen (BGH, Urteil vom 1. Februar 2007 - IX ZR 96/04, BGHZ 171, 38 Rn. 11 ff).
Kayser Gehrlein Grupp
Möhring Schoppmeyer
Vorinstanzen:
AG Aachen, Entscheidung vom 05.11.2014 - 101 C 363/13 -
LG Aachen, Entscheidung vom 10.04.2015 - 6 S 119/14 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 144/16
Verkündet am:
18. Januar 2018
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Schweigt der Schuldner einer erheblichen, seit mehr als neun Monaten fälligen Forderung
nach anwaltlicher Mahnung und Androhung gerichtlicher Maßnahmen bis
zum Erlass eines Vollstreckungsbescheids und bietet er erst nach dessen Rechtskraft
die Begleichung der Forderung in nicht näher bestimmten Teilbeträgen aus seinem
laufenden Geschäftsbetrieb an, hat der Gläubiger die Zahlungseinstellung des
Schuldners erkannt.
BGH, Urteil vom 18. Januar 2018 - IX ZR 144/16 - KG Berlin
LG Berlin
ECLI:DE:BGH:2018:180118UIXZR144.16.0

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 18. Januar 2018 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Prof. Dr. Pape, Grupp und die Richterin Möhring

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 14. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 17. Juni 2016 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Verwalter in dem auf den Eigenantrag vom 3. Juni 2010 über das Vermögen der L. AG (nachfolgend: Schuldnerin) am 16. Juli 2010 eröffneten Insolvenzverfahren. Die Beklagte vermittelt Gewerbeimmobilien.
2
Im Jahr 2008 unterhielt die Schuldnerin in Düsseldorf, Hamburg und Frankfurt insgesamt vier Restaurants. Sie beabsichtigte, ihren Betrieb um ein fünftes Restaurant in Berlin zu erweitern. Zu diesem Zweck ließ sie sich von der Beklagten im Juli 2008 Gewerberäume nachweisen. Hierfür berechnete die Beklagte der Schuldnerin am 13. November 2008 eine Courtage in Höhe von 117.810 €, die zum 1. Dezember 2008 fällig war. Auf diese Rechnung zahlte die Schuldnerin an die Beklagte bis zum 17. September 2009 einen Betrag von 39.270 €. Nach Aufforderung zur Zahlung weiterer 78.540 € und anwaltlicher Androhung gerichtlicher Maßnahmen mit Schreiben vom 17. September2009 erging am 3. November 2009 gegen die Schuldnerin ein Vollstreckungsbescheid über 83.889,92 €. Hierauf kündigte diese der Beklagten gegenüber an, nunmehr Teilleistungen auf die Schuld erbringen zu wollen, die aus dem laufenden Berliner Geschäftsbetrieb, dessen Aufnahme sich verzögert habe, erfolgen sollten. Nach dieser Ankündigung zahlte sie am 23. Dezember 2009 einen Betrag von 20.000 €, am 26. Januar 2010 einen Betrag von 20.000 €, am 23. März 2010 einen Betrag von 10.000 € und in der Zeit vom 20. April bis 20. Mai 2010 an 20 Tagen jeweils einen Betrag von 500 €.
3
Die unter dem Gesichtspunkt der Vorsatz- und Deckungsanfechtung erhobene Klage auf Rückgewähr der in der Zeit vom 23. Dezember 2009 bis zum 20. Mai 2010 geleisteten Beträge ist im ersten Rechtszug erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat das Rechtsmittel des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner vom Bundesgerichtshof zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


4
Die Revision des Klägers führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

I.


5
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dem Kläger stehe gegen die Beklagte kein Anspruch aus § 143 Abs. 1 Satz 1, §§ 129, 133 Abs. 1 InsO zu. Die Behauptung des Klägers, die Beklagte habe erkannt, dass die Schuldnerin die Zahlungen in der Zeit vom 23. Dezember 2009 bis zum 20. Mai 2010 mit dem Vorsatz erbracht habe, ihre Gläubiger zu benachteiligen, sei nicht erwiesen. Ein Gläubiger kenne den Benachteiligungsvorsatz des Schuldners, wenn er selbst bei Leistungsempfang seine Ansprüche ernsthaft eingefordert habe, diese verhältnismäßig hoch seien und er wisse, dass der Schuldner nicht in der Lage sei, die Forderungen zu erfüllen. Ersatzweise reiche es auch aus, wenn der Schuldner selbst erkläre, zahlungsunfähig zu sein, oder der Leistungsempfänger Hilfstatsachen von solcher Beweiskraft kenne, dass sich daraus eindeutig eine Zahlungseinstellung ergebe.
6
Ein solcher Fall liege nicht vor. Die vom Kläger vorgetragenen Hilfstatsachen ließen weder für sich genommen noch in einer Gesamtschau den Schluss zu, die Beklagte habe den Vorsatz der Schuldnerin, ihre Gläubiger zu benachteiligen , gekannt. Das Gesamtbild eines "am Rand des finanzwirtschaftlichen Abgrunds operierenden Schuldners" ergebe sich nicht. Die Beklagte habe zwar gewusst, dass die offen gebliebene Verbindlichkeit von 78.540 € (wohl) nicht gering gewesen sei, es habe sich aber nicht um betriebsnotwendige oder fortlaufende Verbindlichkeiten gehandelt. Eine nur schleppende Tilgung der Forderung , die ebenfalls ein Beweisanzeichen für die Kenntnis sein könne, liege nicht vor. Auch wenn die Titulierung einer Forderung, gegen die der Schuldner nichts einzuwenden habe, ein Beweisanzeichen sein könne, stelle der Erlass des Vollstreckungsbescheids keine Zäsur dar. Der Zeitablauf sei nur in Zusammenhang mit der Einschaltung eines Inkassounternehmens von Bedeutung. Dass es der Schuldnerin gelungen sei, nach der Titulierung über einen Zeitraum von vier Monaten insgesamt 50.000 € zu zahlen, spreche für deren Zahlungsfähigkeit. Insoweit sei zu würdigen, dass der Restaurantbetrieb wegen baulicher Verzögerungen erst sehr viel später als geplant habe eröffnet werden können und sich die Schuldnerin von der Beklagten eine "Starthilfe" erbeten habe. Dies deute eher auf eine Priorisierung hin. Deshalb sei es auch nicht von Bedeutung, dass die Zahlungen nach dem Vortrag des Klägers von unterschiedlichen Konten bei verschiedenen Kreditinstituten erfolgt seien, was für "strategische Zahlungen" sprechen könne.

II.


7
Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung in wesentlichen Punkten nicht stand. Die Begründung, mit der das Berufungsgericht die Voraussetzungen eines Anfechtungsanspruchs aus § 133 Abs. 1 InsO verneint hat, beruht auf einer unvollständigen Auswertung des maßgeblichen Sachvortrags.
8
1. Die angefochtenen Ratenzahlungen stellen Rechtshandlungen der Schuldnerin dar, die selbstbestimmt darüber entschieden hat, die ihr im Vollstreckungsbescheid auferlegte Zahlungspflicht durch Teilzahlungen zu erfüllen. Infolge des Vermögensabflusses haben die Rechtshandlungen eine Gläubigerbenachteiligung (§ 129 Abs. 1 InsO) ausgelöst (vgl. BGH, Urteil vom 7. Mai 2015 - IX ZR 95/14, ZInsO 2015, 1262 Rn. 8 mwN; vom 25. Februar 2016 - IX ZR 109/15, ZInsO 2016, 628 Rn. 9).

9
2. Die aus revisionsrechtlicher Sicht zum Zeitpunkt der jeweiligen Rechtshandlungen zahlungsunfähige Schuldnerin hat die Zahlungen mit einem von der Beklagten erkannten Benachteiligungsvorsatz vorgenommen.
10
a) Die subjektiven Tatbestandsmerkmale der Vorsatzanfechtung können - weil es sich um innere, dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsachen handelt - meist nur mittelbar aus objektiven Tatsachen hergeleitet werden (BGH, Urteil vom 13. August 2009 - IX ZR 159/06, ZInsO 2009, 1901 Rn. 8 mwN; vom 25. Februar 2016 - IX ZR 109/15, ZInsO 2016, 628 Rn. 11, ständige Rspr.). Ein Schuldner, der zahlungsunfähig ist und seine Zahlungsunfähigkeit kennt, handelt in aller Regel mit Benachteiligungsvorsatz. In diesem Fall weiß der Schuldner, dass sein Vermögen nicht ausreicht, um sämtliche Gläubiger zu befriedigen. Kennt der Gläubiger die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, so weiß er auch, dass Leistungen aus dessen Vermögen die Befriedigungsmöglichkeit anderer Gläubiger vereiteln oder zumindest erschweren und verzögern. Mithin ist ein solcher Gläubiger zugleich regelmäßig über den Benachteiligungsvorsatz im Bilde. Dies gilt insbesondere, wenn der Schuldner gewerblich tätig ist, weil der Gläubiger in diesem Fall mit weiteren Gläubigern des Schuldners mit ungedeckten Ansprüchen rechnen muss (BGH, Urteil vom 6. Dezember 2012 - IX ZR 3/12, ZInsO 2013, 190 Rn. 15; vom 24. Oktober 2013 - IX ZR 104/13, ZInsO 2013, 2378 Rn. 11; vom 25. Februar 2016, aaO Rn. 11 mwN).
11
b) Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob die Schuldnerin zum Zeitpunkt der von ihr erbrachten Teilzahlungen bereits zahlungsunfähig war oder die Zahlungsunfähigkeit erst später eingetreten ist. Nach dem unter Beweis gestellten Vortrag des Klägers gab es am 30. September 2009 zwar bereits fällige offene Verbindlichkeiten in Höhe von 1.477.176,53 €, die bis zum 4. März 2010 auf 1.632.005,29 € angewachsen sind, was für eine Zahlungseinstellung sprechen könnte. Nachdem das Berufungsgericht die Feststellung der Zahlungseinstellung zum Zeitpunkt der angefochtenen Zahlungen aber für entbehrlich gehalten hat und die Beklagte diese bestreitet, muss revisionsrechtlich davon ausgegangen werden, dass die Schuldnerin zum 30. September 2009 ihre Zahlungen eingestellt hatte und nach § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO ihre Zahlungsunfähigkeit vermutet wurde. Ausgehend von dieser Annahme kann nach dem weiteren revisionsrechtlich zu unterstellenden Sachverhalt die Kenntnis vom Benachteiligungsvorsatz bei der Beklagten nicht verneint werden.
12
c) Zwar beschränkt sich die revisionsgerichtliche Kontrolle der vom Berufungsgericht zur Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes getroffenen Feststellungen darauf, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozessstoff umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (BGH, Urteil vom 25. Februar 2016, aaO Rn. 12 mwN). Einer solchen Überprüfung hält die Würdigung des Berufungsgerichts jedoch nicht stand. Das Berufungsgericht hat maßgebliche, aus Sicht der Beklagten auf eine Zahlungseinstellung der Schuldnerin deutende Beweisanzeichen nicht beachtet und bei seiner Würdigung, die unterbliebene Zahlung der Schuldnerin habe aus der Sicht eines Außenstehenden anstelle einer Zahlungsunfähigkeit auf der fehlenden Betriebsnotwendigkeit der Bezahlung der Maklercourtage und der verzögerten Aufnahme des Restaurantbetriebs der Schuldnerin in Berlin beruht, gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen. Dies gilt auch für die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte habe davon ausgehen können, die Schuldnerin habe der Begleichung ihrer Forderung nur keine Priorität eingeräumt.
13
aa) Das monatelange völlige Schweigen der Schuldnerin auf die Rechnung der Beklagten kann schon für sich genommen ein Indiz für eine Zahlungseinstellung begründen (BGH, Urteil vom 25. Februar 2016, aaO Rn. 13 mwN).
14
(1) Die Forderung der Beklagten war der Schuldnerin am 13. November 2008 in Rechnung gestellt worden und am 1. Dezember 2008 fällig. Bis zum 30. September 2009 hatte die Schuldnerin eine Zahlung in Höhe von 39.270 € erbracht, wobei die Beklagte die ausstehende Bezahlung der Restforderung auf bauliche Verzögerungen bei der Einrichtung des Restaurantbetriebes in Berlin zurückführte. Ob die Schuldnerin zu der ausstehenden Begleichung der ganz erheblichen Forderung überhaupt eine Erklärung abgab und ob es vor Einschaltung eines RechtsanwaltsMahnungen gab, ist nicht festgestellt. Jedenfalls ließ die Beklagte am 17. September 2009 die Schuldnerin anwaltlich mahnen und drohte die Einleitung gerichtlicher Maßnahmen an. Durch diese nachdrückliche Zahlungsaufforderung mit der Androhung von Zwangsmaßnahmen entfaltete die Beklagte einen erheblichen Zahlungsdruck. Dieser gab der Schuldnerin allen Anlass, sich zur Vermeidung der angekündigten kostenträchtigen gerichtlichen Maßnahmen wegen der Begleichung der Forderung, mit der sie sich nunmehr seit neuneinhalb Monaten in Verzug befand und der sie keine Einwendungen entgegenzusetzen hatte, schleunigst mit der Beklagten in Verbindung zu setzen. Stattdessen ließ es die Schuldnerin bis zum Erlass des Vollstreckungsbescheids am 3. November 2009 kommen. Dies stellt im Blick auf die besonderen zeitlichen Abläufe (insoweit anders als in BGH, Urteil vom 22. Juni 2017, ZInsO 2017, 1616) entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts eine Zäsur dar, aus der die Beklagte Rückschlüsse auf die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin ziehen musste. Nachdem die Schuldnerin angesichts des intensiven Zahlungsverlangens mit der alsbaldigen Geltendmachung gerichtlicher Schritte rechnen musste, deutete ihr monatelanges Schweigen gerade aus der Sicht der Beklagten nach aller Erfahrung nicht - wie das Berufungsgericht meint - auf zeitnah überwindbare Anlaufschwierigkeiten bei der Einrichtung des Restaurantbetriebs in Berlin hin, sondern auf schwerwiegende Liquiditätsprobleme. Im Falle fortbestehender Zahlungsfähigkeit hätte es der Interessenlage der Schuldnerin entsprochen, nach Erhalt des anwaltlichen Mahnschreibens entweder begründete Einwendungen gegen die Forderung zu erheben oder diese zur Vermeidung einer zu befürchtenden kostenträchtigen gerichtlichen Inanspruchnahme umgehend zu tilgen. Mit Anlaufschwierigkeiten des Restaurantbetriebs in Berlin war der inzwischen seit fast einem Jahr ausstehende Ausgleich der Forderung und das fast zwei Monate dauernde Schweigen der Schuldnerin zwischen der anwaltlichen Mahnung und dem Erwirken des Vollstreckungsbescheides am 3. November 2009 nach aller Erfahrung nicht zu erklären. Als im Wirtschaftsverkehr allein realistische Schlussfolgerung begründete der knapp einjährige Zahlungsverzug der Schuldnerin, die keine Einwendungen gegen die Forderung erhob, die Annahme unüberwindlicher Zahlungsschwierigkeiten. Die in dem einjährigen Herausschieben der Forderung zum Ausdruck kommende schlechte Zahlungsmoral verdeutlichte entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts , dass die Schuldnerin am Rande des finanzwirtschaftlichen Abgrunds operierte (vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 2016, aaO Rn. 14; MünchKomm-InsO/Eilenberger, 3. Aufl., § 17 Rn. 30). Mit Anlaufschwierigkeit bei der Einrichtung des Betriebs in Berlin war das Zahlungsverhalten der Schuldnerin ohnehin - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - nicht zu erklären, weil die Schuldnerin über vier weitere Restaurants in anderen deutschen Großstädten verfügte, hinsichtlich derer die Beklagte keine Umstände geltend gemacht hat, die auf kurzfristig überwindbare Liquiditätsprobleme hindeuteten.
15
(2) Entgegen der weiteren Würdigung des Berufungsgerichts ließ sich auch das prozessuale Verhalten der Schuldnerin, die sich gegen den Mahnbescheid nicht verteidigte und es zum Erlass eines Vollstreckungsbescheids kommen ließ, bevor sie Teilzahlungen anbot und diese Ende Dezember 2009 aufnahm, nicht auf zeitlich überschaubare bauliche Probleme zurückführen. Durch das weitere Schweigen auf die Androhung gerichtlicher Maßnahmen bis zum Erlass des Vollstreckungsbescheids waren erhebliche zusätzliche Kosten angefallen, die ein zahlungsfähiger Schuldner durch Begleichung der begründeten Forderung vermieden hätte. Auch insofern offenbarte die monatelange völlige Untätigkeit der Schuldnerin und die Inkaufnahme des von vornherein aussichtslosen gerichtlichen Verfahrens, dass sie mangels flüssiger Zahlungsmittel lediglich Zeit zu gewinnen suchte. Mit dem Angebot, Teilzahlungen zu erbringen , offenbarte die Schuldnerin entgegen der Würdigung des Berufungsgerichts , das einfach unterstellt hat, die Schuldnerin hätte die Forderung der Beklagten nicht erfüllt, weil sie diese nicht für vordringlich gehalten hat, sehr wohl, dass sie zum baldigen Ausgleich der Forderung nicht in der Lage war. Dies musste die Beklagte insbesondere aus der Ankündigung entnehmen, die Zahlungen nur aus den laufenden Einnahmen des Berliner Restaurants tätigen zu können. Die Schuldnerin kam damit aus der Warte der Beklagten nur der Vollstreckung aus dem Vollstreckungsbescheid, die nach der Titulierung der Forderung ernsthaft drohte, zuvor. Ihr Unvermögen, im Falle einer Vollstreckung den Gesamtbetrag zu zahlen, ergab sich ohne weiteres aus der Ankündigung, Teilzahlungen in unbestimmter Höhe nur aus dem laufenden Geschäftsbetrieb erbringen zu können.
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bb) Ein weiteres Indiz einer Zahlungseinstellung verkörperte sich in dem für die Beklagte infolge des Zeitablaufs zutage getretenen Unvermögen der Schuldnerin, die erhebliche Verbindlichkeit der Beklagten zu tilgen.

17
(1) Ein Gläubiger kennt die Zahlungseinstellung schon dann, wenn er selbst bei Leistungsempfang seine Ansprüche ernsthaft eingefordert hat, diese verhältnismäßig hoch sind und er weiß, dass der Schuldner nicht in der Lage ist, die Forderungen zu erfüllen (BGH, Urteil vom 25. Februar 2016, aaO Rn. 17 mwN). Aus Rechtsgründen genügt es, wenn die Zahlungseinstellung auf Grund der Nichtbezahlung nur einer - nicht unwesentlichen - Forderung dem Anfechtungsgegner bekannt wird (BGH, Urteil vom 11. Februar 2010 - IX ZR 104/07, ZInsO 2010, 673 Rn. 39 mwN). In dieser Weise verhält es sich im Streitfall.
18
(2) Die Beklagte hatte ihre noch immer hohe Restforderung von mehr als 78.540 € über einen längeren Zeitraum von mehr als neun Monaten ab der ersten Rechnungsstellung vergeblich eingefordert. Ob es sich dabei um eine betriebsnotwendige oder fortlaufende Forderung handelte, ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ohne Bedeutung. Gleichwohl war die Schuldnerin ersichtlich außerstande, die Verbindlichkeit zu tilgen. Selbst die Einschaltung eines Rechtsanwalts und die Betreibung des Mahnverfahrens sowie der Antrag auf Erlass eines Vollstreckungsbescheids konnten die Schuldnerin nicht zur Zahlung bewegen. Angesichts der zeitlichen Gegebenheiten gestattete bereits die schlichte Nichtbegleichung der offenen Forderung, deren Berechtigung zu keinem Zeitpunkt im Zweifel stand, den Schluss auf eine Zahlungseinstellung (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Juli 2012 - IX ZB 264/11, ZInsO 2012, 1418 Rn. 9; Urteil vom 25. Februar 2016 - IX ZR 109/15, ZInsO 2016, 628 Rn. 18). Mit dem Fall, dass sich der Schuldner einer geringfügigen Forderung gegenüber dem Gerichtsvollzieher zum Abschluss einer Zahlungsvereinbarung bereiterklärt und diese dann auch einhält (vgl. BGH, Urteil vom 6. Juli 2017 - IX ZR 178/16, ZInsO 2017, 1881), ist dies nicht vergleichbar. Aus der mehr als einjährigen Zahlungsverzögerung konnte und musste die Beklagte entnehmen, dass die Schuldnerin nicht in der Lage war, ihre Verbindlichkeiten zurückzuführen (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 2007 - IX ZR 93/06, ZInsO 2008, 273 Rn. 35; vom 25. Februar 2016, aaO Rn. 18). Da die Beklagte mit weiteren Gläubigern der gewerblich tätigen Schuldnerin rechnen musste, war sie über deren Zahlungseinstellung unterrichtet (vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 2016, aaO Rn. 18). Dies folgt schon aus dem Umstand, dass ihr die Schuldnerin erklärt hatte, die Teilzahlungen nur aus den laufenden Einnahmen des Restaurantbetriebs in Berlin erbringen zu können. Hieraus musste die Beklagte entnehmen , dass die Schuldnerin, welche auch die Kosten dieses Betriebes aus diesen Einnahmen bestreiten musste, am finanziellen Abgrund stand. Sie war entweder nicht in der Lage, ihre Miete, den Wareneinkauf und das Personal zu bezahlen, wenn sie die Forderung der Beklagten durch Einmalzahlung aus den Einnahmen beglich, oder sie konnte ihre laufenden Kosten decken und nur den verbleibenden Rest zur ratenweisen Rückführung der Maklerforderung einsetzen.
19
cc) Schließlich offenbarte sich in dem als alternativlos unterbreiteten Vorschlag der Schuldnerin, Teilzahlungen aus dem Restaurantbetrieb in Berlin zu erbringen, gegenüber der Beklagten ein zusätzliches Indiz einer Zahlungseinstellung.
20
(1) Die Bitte des Schuldners auf Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung ist, wenn sie sich im Rahmen der Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs hält, als solche kein Indiz für eine Zahlungseinstellung oder Zahlungsunfähigkeit. Die Bitte um eine Ratenzahlungsvereinbarung kann auf den verschiedensten Gründen beruhen, die mit einer Zahlungseinstellung nichts zu tun haben, etwa der Erzielung von Zinsvorteilen oder der Vermeidung von Kosten und Mühen im Zusammenhang mit der Aufnahme eines ohne weiteres erlang- baren Darlehens (BGH, Beschluss vom 16. April 2015 - IX ZR 6/14, ZInsO 2015, 898 Rn. 3; Urteil vom 25. Februar 2016, aaO Rn. 20). Eine Bitte um Ratenzahlung ist jedoch ein Indiz für eine Zahlungseinstellung, wenn sie vom Schuldner mit der Erklärung verbunden wird, seine fälligen Verbindlichkeiten (anders) nicht begleichen zu können (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - IX ZR 134/10, ZInsO 2011, 1410 Rn. 17; Beschluss vom 16. April 2015, aaO Rn. 4 mwN).
21
(2) In dieser Weise verhält es sich im Streitfall. Die Schuldnerin war die Begleichung der Forderung über viele Monate schuldig geblieben und gut neun Monate nach Fälligkeit hatte die Beklagte ohne Erfolg die Zahlung der rückständigen Rechnungen durch einen Rechtsanwalt angemahnt. Danach hatte die Beklagte den Rechtsanwalt mit dem Forderungseinzug betraut. Mangels Zahlung der Schuldnerin hatte die Beklagte einen Vollstreckungsbescheid erwirkt , auf den die Schuldnerin nicht zahlte. Die erst nach Offenbarwerden der Zahlungsschwierigkeiten erfolgte Ankündigung, nunmehr Teilzahlungen auf die Forderung aus den Einnahmen des Restaurantbetriebs in Berlin in nicht näher bezeichneter Höhe und Zeit leisten zu wollen, entspricht nicht den üblichen Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs. Ebenso entspricht es entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht diesen Gepflogenheiten, einem Gläubiger, dessen Forderung seit über einem Jahr rückständig ist, eine Starthilfe abzuverlangen. Ein solches Ansinnen kann vielmehr nur als erzwungene weitere Stundung zugunsten eines insolventen Schuldners - eine Stundungsvereinbarung haben die Schuldnerin und die Beklagte nicht getroffen - verstanden werden. Kein redlicher Schuldner lässt sich, ohne die geltend gemachte Forderung sachlich abwehren zu wollen, gerichtlich in Anspruch nehmen, nur um die Zahlung hinauszuzögern und dem Gläubiger ein Teilzahlungsangebot abzuringen. Das Verlangen einer Starthilfe von einem Gläubiger, mit dem der Schuldner sonst in keiner Geschäftsbeziehung steht, kann ebenfalls nicht als Erscheinung des normalen Geschäftsverkehrs angesehen werden, sondern erscheint auf dem Hintergrund eines mehr als einjährigen Zahlungsverzugs höchst ungewöhnlich. Dabei fällt ins Gewicht, dass die Schuldnerin nach Titulierung der Forderung nicht einmal in der Lage war, die Forderung innerhalb von drei Monaten zu tilgen, und schließlich nur noch tägliche Zahlungen von jeweils 500 € erbringen konnte, ohne die Forderung vollständig auszugleichen.
22
(3) Im Blick auf diese Art der Schuldentilgung deutet - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - auch der Umstand, dass die Teilzahlungen über bei unterschiedlichen Kreditinstituten unterhaltene Konten erfolgten, darauf hin, dass es sich um strategische Zahlungen der Schuldnerin handelte, die sich zur Schonung der schwindenden Liquidität auf Teilzahlungen über gerade eine hinreichende Deckung ausweisende Konten beschränkte, was eine Zahlungseinstellung erkennen ließ (vgl. BGH, Urteil vom 7. Mai 2015 - IX ZR 95/14, ZInsO 2015, 1262 Rn. 21 mwN). Dass die Zahlungen über unterschiedliche Konten erfolgten, war mit der Ankündigung, sie aus den Einnahmen eines der Restaurants leisten zu wollen, nicht in Einklang zu bringen. Vor diesem Hintergrund ging es der Schuldnerin angesichts des monatelangen Zahlungsrückstands entgegen der Würdigung des Berufungsgerichts ersichtlich nicht darum, verfügbare Finanzmittel anderweitig einzusetzen. Vielmehr konnte die angesichts der Titulierung der Forderung erfolgte einseitige Ankündigung der Schuldnerin, nunmehr Teilzahlungen in ungenannter Höhe und innerhalb einer nicht näher bestimmten Zeit aus den Einnahmen des Restaurantbetriebs in Berlin erbringen zu wollen, nur dahin verstanden werden, ihre fälligen Verbindlichkeiten anders nicht begleichen zu können (vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 2016, aaO Rn. 21). Einer ausdrücklich erklärten Erfüllungsverweigerung oder eines sonstigen Verhaltens der Schuldnerin, das ihre Zahlungsunfähigkeit dokumentierte, bedurfte es nicht (BGH, Urteil vom 22. November 1990 - IX ZR 103/90, ZIP 1991, 39, 40).
23
dd) Bei dieser Sachlage haben sich mehrere Beweisanzeichen verwirklicht , die aus Sicht der Beklagten nur auf eine Zahlungseinstellung der Schuldnerin und damit auf einen Benachteiligungsvorsatz hindeuteten (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - IX ZR 134/10, ZInsO 2011, 1410 Rn. 18; vom 25. Februar 2016, aaO Rn. 22). Nach der fruchtlosen monatelangen Beitreibung ihrer erheblichen Forderung und der Ankündigung von Teilzahlungen angesichts der drohenden Vollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid konnte sich die Beklagte der Tatsache nicht verschließen, dass die Schuldnerin zahlungsunfähig war und eine bevorzugte Befriedigung der Beklagten zum Nachteil anderer Gläubiger zumindest billigend in Kauf nahm. Die Entscheidung des Berufungsgerichts kann deshalb keinen Bestand haben.

III.


24
Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Eine eigene Sachentscheidung (§ 563 Abs. 3 ZPO) kann der Senat auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts mangels Feststellung der Zahlungsunfähigkeit /Zahlungseinstellung nicht treffen. Hinsichtlich der Zahlungen, welche die Schuldnerin in der Zeit vom 23. März 2010 bis zum 20. Mai 2010 geleistet hat, wird sich das Berufungsgericht auch mit den Voraussetzungen des § 130 InsO zu befassen haben, den es bislang nicht in den Blick genommen hat.
Kayser Gehrlein Pape
Grupp Möhring
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 13.07.2015 - 36 O 23/14 -
KG Berlin, Entscheidung vom 17.06.2016 - 14 U 79/15 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 264/11
vom
12. Juli 2012
in dem Insolvenzeröffnungsverfahren
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Fischer, Grupp und die
Richterin Möhring
am 12. Juli 2012

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel des Gläubigers werden die Beschlüsse der 12. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 23. August 2011 und des Amtsgerichts Potsdam vom 26. Juli 2011 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsmittelverfahren - an das Amtsgericht Potsdam zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Das Finanzamt (fortan: Gläubiger) hat wegen offenstehender Steuerforderungen einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des K. (fortan: Schuldner) gestellt. Das Insolvenzgericht hat den Antrag als unzulässig zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg gehabt. Mit der Rechtsbeschwerde will der Gläubiger weiterhin die Eröffnung des Insolvenzverfahrens erreichen.

II.


2
Der angefochtene Beschluss ist nicht mit Gründen versehen; bereits dies nötigt zu seiner Aufhebung (§ 4 InsO, § 576 Abs. 3, § 547 Nr. 6, § 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO).
3
Beschlüsse, die der Rechtsbeschwerde unterliegen (§§ 6, 7, 34 Abs. 1 InsO, Art. 103f EGInsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO), müssen den maßgeblichen Sachverhalt, über den entschieden wird, wiedergeben. Denn das Rechtsbeschwerdegericht hat grundsätzlich von demjenigen Sachverhalt auszugehen , den das Beschwerdegericht festgestellt hat (§ 577 Abs. 2 Satz 4, § 559 ZPO). Fehlen tatsächliche Feststellungen, so ist es zu einer rechtlichen Überprüfung nicht in der Lage. Ausführungen des Beschwerdegerichts, die eine solche Überprüfung nicht ermöglichen, sind keine Gründe im zivilprozessualen Sinne. Dies hat das Rechtsbeschwerdegericht auch ohne Rüge von Amts wegen zu berücksichtigen (BGH, Beschluss vom 26. April 2012 - IX ZB 34/11, Rn. 9; vom 21. Juli 2011 - IX ZB 148/10, NZI 2011, 714 Rn. 6; vom 15. Dezember 2011 - IX ZB 217/10, Rn. 3).
4
Das Landgericht hat seinen Rechtsausführungen keinen Sachverhalt vorangestellt. Eine ausdrückliche Bezugnahme auf die erstinstanzliche Entscheidung ist nicht erfolgt und wäre auch unbehelflich, weil auch die Entscheidung des Insolvenzgerichts keine hinreichenden, aus sich heraus verständlichen Tatbestandsangaben enthält. Im Übrigen bezöge eine solche Verweisung sich nicht auf den Vortrag des Gläubigers im Beschwerdeverfahren. Insoweit gilt im Beschwerdeverfahren nichts anderes als gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO im Berufungsverfahren (BGH, Beschluss vom 9. März 2006 - IX ZB 17/05, NZI 2006, 481 Rn. 7). Auch aus den Rechtsausführungen in der Beschwerdeentscheidung wie auch in der amtsgerichtlichen Entscheidung kann der maßgebliche Sachverhalt nicht hinreichend sicher erschlossen werden.

III.


5
Aufgrund des fehlenden Sachverhalts ist der Senat zu einer eigenen Sachentscheidung nicht in der Lage. Die Sache ist deswegen gemäß § 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO zurückzuverweisen, und zwar an das Insolvenzgericht. Das hält der Senat für sachgerecht, weil eine erschöpfende Prüfung der Zulässigkeit des Eröffnungsantrags sowie der Eröffnungsvoraussetzungen bislang noch nicht stattgefunden hat (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Juli 2004 - IX ZB 161/03, BGHZ 160,176, 185).
6
Für den weiteren Verfahrensgang weist der Senat auf Folgendes hin:
7
1. Grundsätzlich ist der Insolvenzantrag eines Finanzamtes nur zulässig , wenn Steuerbescheide und gegebenenfalls etwaige Steueranmeldungen des Schuldners (§§ 150, 167 AO, 18 UStG; vgl. Rau/Dürrwächter/Stadie, UStG, 2011, § 18 Rn. 113) vorgelegt werden. Eine Liste der in der Vollstreckung befindlichen Rückstände reicht regelmäßig nicht aus. Eine Glaubhaftmachung der Forderungen durch das Finanzamt durch Vorlage der Bescheide oder der Steueranmeldungen kann ausnahmsweise entbehrlich sein, wenn das Finanzamt die ausstehenden Steuern genau beschreibt und der Schuldner diese Forderungen nicht bestreitet (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Juli 2009 - IX ZB 86/09, ZInsO 2009, 1533 Rn. 3; vom 13. Juni 2006 - IX ZB 214/05, ZInsO 2006, 828 Rn. 8 ff).
8
2. Bei der Frage, ob der Steuerschuldner nach den beiden erfolgten Zahlungsaufforderungen Steuerschulden zurückgeführt hat, wird das Amtsgericht den hierzu wegen eines unterlassenen gerichtlichen Hinweises (Art. 103 Abs. 1 GG) erst im Rechtsbeschwerdeverfahren erfolgten neuen Sachvortrag des Gläubigers berücksichtigen müssen, dass die Geltendmachung nur der Umsatzsteuerforderungen im Insolvenzantrag nicht auf einer Zahlung des Steuerschuldners, sondern darauf beruht, dass für die Eintreibung der rückständigen Einkommensteuer nunmehr ein anderesFinanzamt zuständig ist.
9
3. Die Glaubhaftmachung des Insolvenzgrundes muss nicht notwendig durch Vorlage einer Bescheinigung über einen fruchtlosen Vollstreckungsversuch oder durch die Erklärung des Finanzamtes, erfolglos gegen den Steuerschuldner vollstreckt zu haben, erfolgen. Der antragstellende Gläubiger kann den Eröffnungsgrund auch auf andere Weise glaubhaft machen (BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2008 - IX ZB 7/08, WuM 2009, 144 Rn. 3). Die schlichte Nichtbegleichung einer unbestrittenen Forderung kann im Einzelfall eine weitere Glaubhaftmachung entbehrlich machen (vgl. BGH, Beschluss vom 28. April 2008 - II ZR 51/07, ZInsO 2008, 1019 Rn. 5; FKInsO /Schmerbach, 6. Aufl., § 14 Rn. 125; Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl., § 14 Rn. 81). Ein Indiz für die fehlende Zahlungsfähigkeit kann sein, wenn der Schuldner auf Zahlungsaufforderungen durch das Finanzamt nicht reagiert und dem angekündigten Vollstreckungsversuch weder entgegentritt noch den Zugang zur Wohnung ermöglicht.
Kayser Gehrlein Fischer
Grupp Möhring

Vorinstanzen:
AG Potsdam, Entscheidung vom 26.07.2011 - 35 IN 556/11 -
LG Potsdam, Entscheidung vom 23.08.2011 - 12 T 406/11 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 109/15
Verkündet am:
25. Februar 2016
Kluckow
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Schweigt der Schuldner einer erheblichen Forderung während eines monatelangen
Zeitraums auf Rechnungen und Mahnungen und bietet er nach Einschaltung eines
Inkassounternehmens und Erwirken eines Mahnbescheids in dem auf seinen Widerspruch
eingeleiteten gerichtlichen Verfahren die ratenweise Zahlung der Gesamtforderung
einschließlich der Zinsen und der angefallenen Kosten an, hat der Gläubiger
die Zahlungseinstellung des Schuldners, dessen Zahlungsverzug nicht mit einer fortdauernden
Anspruchsprüfung erklärt werden kann, erkannt.
BGH, Urteil vom 25. Februar 2016 - IX ZR 109/15 - LG Aachen
AG Aachen
ECLI:DE:BGH:2016:250216UIXZR109.15.0

Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 25. Februar 2016 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richter Prof. Dr. Gehrlein, Grupp, die Richterin Möhring und den Richter Dr. Schoppmeyer

für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel des Klägers werden das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 10. April 2015 und das Urteil des Amtsgerichts Aachen vom 5. November 2014 aufgehoben.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 4.500 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 25. Februar 2011 zu bezahlen. Wegen der Zinsmehrforderung wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Verwalter in dem auf den Antrag vom 7. Dezember 2010 über das Vermögen der C. GmbH (nachfolgend: Schuldnerin) am 24. Februar 2011 eröffneten Insolvenzverfahren.
2
Die Schuldnerin beauftragte die Beklagte im Rahmen einer ständigen Geschäftsbeziehung mit einem Materialtransport von Eschweiler nach Antwerpen. Für diese Leistung stellte die Beklagte der Schuldnerin vereinbarungsgemäß am 30. Juni und 31. August 2009 insgesamt den Betrag von 16.195,70 € in Rechnung. Ohne Erfolg mahnte die Beklagte am 22. Juli, 29. Juli, 5. August und 23. September 2009 gegenüber der Schuldnerin die Zahlung an.
3
Ein von der Beklagten mit dem Forderungseinzug betrautes Inkassounternehmen erwirkte im Anschluss an eine weitere fruchtlose Mahnung vom 8. Oktober 2009 gegen die Schuldnerin am 19. November 2009 einen Mahnbescheid. In dem auf den Widerspruch der Schuldnerin eingeleiteten streitigen Verfahren machte die Beklagte geltend, dass die Schuldnerin keine Einwände gegen die Forderung erhoben habe. Die Schuldnerin zeigte ihre Verteidigungsbereitschaft an und teilte dem Gericht im weiteren Verlauf mit, der Beklagten ein Vergleichsangebot unterbreitet zu haben. Im Rahmen eines am 21. April 2010 festgestellten gerichtlichen Vergleichs verpflichtete sich die Schuldnerin, in monatlichen Raten von 1.500 €, beginnend ab dem 15. April 2010, an die Beklagte 16.195,70 € nebst Zinsen und Rechtsverfolgungskosten zu zahlen. Die Schuldnerin entrichtete am 12. April, 14. Mai und 29. Juni 2010 jeweils 1.500 € an die Beklagte.
4
Mit vorliegender Klage nimmt der Kläger unter dem Gesichtspunkt der Vorsatzanfechtung die Beklagte auf Erstattung der empfangenen Zahlungen über 4.500 € in Anspruch. Die Vordergerichte haben die Klage abgewiesen. Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:


5
Die Revision hat Erfolg und führt zur Verurteilung der Beklagten.

I.


6
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, es fehle an der von § 133 Abs. 1 InsO vorausgesetzten Kenntnis der Beklagten von dem Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin. Die Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes werde gemäß § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO vermutet, wenn der Gläubiger gewusst habe, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohe und die Handlung die Gläubiger benachteilige. Die Beklagte habe im Zeitpunkt der Entgegennahme der Ratenzahlungen nicht zwingend auf eine wenigstens drohende Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin schließen müssen. Für die Nichtzahlung seien andere Ursachen als eine Zahlungsunfähigkeit in Betracht gekommen. Es habe die Möglichkeit bestanden, dass die Schuldnerin die Prüfung der Berechtigung der geltend gemachten Forderung noch nicht abgeschlossen gehabt habe. Hiermit lasse sich auch das prozessuale Verhalten, die Erhebung des Widerspruchs und die Mitteilung der Verteidigungsbereitschaft, erklären. Dies gelte umso mehr, als zwischen der Fälligkeit der Forderungen und den angefochtenen Rechtshandlungen ein noch überschaubarer Zeitraum gelegen habe.
7
Aus der getroffenen Ratenzahlungsvereinbarung habe die Beklagte zwar schließen können, dass die Schuldnerin interessiert gewesen sei, die Gesamtfälligkeit der Forderung abzuwenden. Auch diese Erkenntnis deute nicht zwingend auf eine wenigstens drohende Zahlungsunfähigkeit hin. Der Abschluss von Ratenzahlungsvereinbarungen im Vergleichswege sei in der Rechtspraxis gängige Übung und biete auch dem Schuldner, dem nicht die Zahlungsunfähigkeit drohe, erhebliche Vorteile.

II.


8
Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nicht stand. Die Klage ist in der Hauptsache gemäß § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO begründet. Die Beklagte hat im Wissen um die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin deren Benachteiligungsvorsatz erkannt.
9
1. Die angefochtenen Ratenzahlungen stellen Rechtshandlungen der Schuldnerin dar, die selbstbestimmt darüber entschieden hat, ob sie die im Vergleichswege übernommenen Verpflichtungen durch Banküberweisungen erfüllt. Infolge des Vermögensabflusses haben die Rechtshandlungen eine Gläubigerbenachteiligung (§ 129 Abs. 1 InsO) ausgelöst (BGH, Urteil vom 7. Mai 2015 - IX ZR 95/14, WM 2015, 1202 Rn. 8 mwN).
10
2. Die Schuldnerin hat die Zahlungen mit einem von der Beklagten erkannten Benachteiligungsvorsatz vorgenommen.
11
a) Die subjektiven Tatbestandsmerkmale der Vorsatzanfechtungkönnen - weil es sich um innere, dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsachen handelt - meist nur mittelbar aus objektiven Tatsachen hergeleitet werden (BGH, Urteil vom 13. August 2009 - IX ZR 159/06, WM 2009, 1943 Rn. 8). Ein Schuldner, der zahlungsunfähig ist und seine Zahlungsunfähigkeit kennt, handelt in aller Regel mit Benachteiligungsvorsatz. In diesem Fall weiß der Schuldner , dass sein Vermögen nicht ausreicht, um sämtliche Gläubiger zu befriedi- gen. Kennt der Gläubiger die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, so weiß er auch, dass Leistungen aus dessen Vermögen die Befriedigungsmöglichkeit anderer Gläubiger vereiteln oder zumindest erschweren und verzögern. Mithin ist ein solcher Gläubiger zugleich regelmäßig über den Benachteiligungsvorsatz im Bilde. Dies gilt insbesondere, wenn der Schuldner gewerblich tätig ist, weil der Gläubiger in diesem Fall mit weiteren Gläubigern des Schuldners mit ungedeckten Ansprüchen rechnen muss (BGH, Urteil vom 6. Dezember 2012 - IX ZR 3/12, WM 2013, 174 Rn. 15; vom 19. September 2013 - IX ZR 4/13, WM 2013, 2074 Rn. 14; vom 24. Oktober 2013 - IX ZR 104/13, WM 2013, 2231 Rn. 11). Nach den unbeanstandeten Feststellungen der Vordergerichte war der Schuldnerin , die offene Verbindlichkeiten von mehr als 100.000 € vor sich herschob, während des gesamten Zahlungszeitraums ihre Zahlungsunfähigkeit bewusst. Dies gestattet den Schluss auf ihren Benachteiligungsvorsatz.
12
b) Die Beklagte hat entgegen der Würdigung des Berufungsgerichts die aus einer Zahlungseinstellung herrührende Zahlungsunfähigkeit (§ 17 Abs. 2 Satz 2 InsO) und damit den Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin erkannt. Zwar beschränkt sich die revisionsgerichtliche Kontrolle der vom Berufungsgericht zur Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes getroffenen Feststellungen darauf, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozessstoff umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (BGH, Urteil vom 7. November 2013 - IX ZR 49/13, WM 2013, 2272 Rn. 8; vom 10. Juli 2014 - IX ZR 280/13, WM 2014, 1868 Rn. 18; vom 12. Februar 2015 - IX ZR 180/12, WM 2015, 591 Rn. 15). Einer solchen Überprüfung hält die Würdigung des Berufungsgerichts jedoch nicht stand. Das Berufungsgericht hat maßgebliche, aus Sicht der Beklagten auf eine Zahlungseinstellung der Schuldnerin deutende Beweisanzeichen nicht beachtet und bei seiner Würdigung, die unterbliebene Zahlung der Schuldnerin habe aus der Sicht eines Außenstehenden anstelle einerZahlungsunfähigkeit auf der noch andauernden Prüfung der Berechtigung der Forderung beruhen können, gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen.
13
aa) Das monatelange völlige Schweigen der Schuldnerin auf die Rechnungen und vielfältigen Mahnungen der Beklagten begründete schon für sich genommen ein Indiz für eine Zahlungseinstellung (BGH, Beschluss vom 21. August 2013 - 1 StR 665/12, NJW 2014, 164 Rn. 15; RG JW 1926, 591 Nr. 12; Jaeger/Müller, InsO, 2004, § 17 Rn. 32; MünchKomm-GmbHG/ Wißmann, 2. Aufl., § 84 Rn. 150; Otte in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2011, § 15a InsO Rn. 68).
14
(1) Die Forderungen der Beklagten waren der Schuldnerin am 30. Juni und 31. August 2009 in Rechnung gestellt worden. Ferner hatte die Beklagte am 22. Juli, 29. Juli, 5. August und 23. September 2009 Mahnungen an die Schuldnerin gerichtet. Durch die zeitlich engmaschigen Rechnungs- und Mahnschreiben hatte die Beklagte einen erheblichen Zahlungsdruck gegenüber der Schuldnerin entfaltet, welcher dieser Anlass gab, die Begründetheit der erhobenen Forderung zur Vermeidung der mit einem Verzug verbundenen Rechtsnachteile schleunigst zu prüfen. Da die Schuldnerin angesichts des intensiven Zahlungsverlangens mit der alsbaldigen Geltendmachung gerichtlicher Schritte rechnen musste, deutete ihr monatelanges Schweigen gerade aus der Sicht der Beklagten nach aller Erfahrung nicht - wie das Berufungsgericht meint - auf eine andauernde Forderungsprüfung, sondern auf schwerwiegende Liquiditätsprobleme hin. Im Falle fortbestehender Zahlungsfähigkeit hätte es der Interessenlage der Schuldnerin entsprochen, nach alsbaldiger Prüfung entweder begründete Einwendungen gegen die Forderung zu erheben oder diese zur Vermeidung einer zu befürchtenden kostenträchtigen gerichtlichen Inanspruchnahme umgehend zu tilgen. Mit einer Prüfung der Forderung, der ein einfacher, leicht feststellbarer Leistungsvorgang zugrunde lag, war das fast fünf Monate währende Schweigen der Schuldnerin zwischen der ersten Rechnungsstellung und dem Erwirken des Mahnbescheides am 19. November 2009 zumal vor dem Hintergrund der ständigen, bislang störungsfreien Geschäftsbeziehung der Parteien nach aller Erfahrung nicht zu erklären. Als im Wirtschaftsverkehr allein realistische Schlussfolgerung begründete der mehrmonatige Zahlungsverzug der Schuldnerin, die keine Einwendungen gegen die Forderung erhob, die Annahme unüberwindlicher Zahlungsschwierigkeiten. Die in dem ständigen Schieben der Forderung zum Ausdruck kommende schlechte Zahlungsmoral verdeutlichte , dass die Schuldnerin am Rande des finanzwirtschaftlichen Abgrunds operierte (MünchKomm-InsO/Eilenberger, 3. Aufl., § 17 Rn. 30).
15
(2) Entgegen der weiteren Würdigung des Berufungsgerichts ließ sich auch das prozessuale Verhalten der Schuldnerin, die gegen den Mahnbescheid Widerspruch erhob und sodann im Vergleichsweg eine uneingeschränkt dem Verlangen der Beklagten entsprechende Ratenzahlungsvereinbarung anbot, nicht auf eine Prüfung der Forderung zurückführen. Durch die Einleitung des Mahnverfahrens und den Übergang in das streitige Verfahren waren erhebliche zusätzliche Kosten angefallen, die ein zahlungsfähiger Schuldner durch Begleichung der begründeten Forderung vermieden hätte. Vielmehr offenbarte die monatelange völlige Untätigkeit der Schuldnerin und die Inkaufnahme des von vornherein aussichtslosen Rechtsstreits, dass sie mangels flüssiger Zahlungsmittel lediglich Zeit zu gewinnen suchte. Mit dem Angebot auf Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung kam die Schuldnerin aus der Warte der Beklagten einer streitigen Verurteilung zur Zahlung des Gesamtbetrages zuvor, den sie im Falle einer Vollstreckung ersichtlich nicht hätte aufbringen können.

16
bb) Ein weiteres Indiz einer Zahlungseinstellung verkörperte sich in dem für die Beklagte infolge des Zeitablaufs zutage getretenen Unvermögen der Schuldnerin, die erhebliche Verbindlichkeit der Beklagten zu tilgen.
17
(1) Ein Gläubiger kennt die Zahlungseinstellung schon dann, wenn er selbst bei Leistungsempfang seine Ansprüche ernsthaft eingefordert hat, diese verhältnismäßig hoch sind und er weiß, dass der Schuldner nicht in der Lage ist, die Forderungen zu erfüllen (BGH, Urteil vom 30. April 2015 - IX ZR 149/14, WM 2015, 1339 Rn. 9). Aus Rechtsgründen genügt es, wenn die Zahlungseinstellung auf Grund der Nichtbezahlung nur einer - nicht unwesentlichen - Forderung dem Anfechtungsgegner bekannt wird (BGH, Urteil vom 11. Februar 2010 - IX ZR 104/07, WM 2010, 711 Rn. 39). In dieser Weise verhält es sich im Streitfall.
18
(2) Die Beklagte hatte ihre recht hohe Forderung von mehr als 16.000 € über einen längeren - nicht, wie das Berufungsgericht ausführt, überschaubaren - Zeitraum von mehr als neun Monaten ab der ersten Rechnungsstellung vergeblich eingefordert. Gleichwohl war die Schuldnerin ersichtlich außerstande , die Verbindlichkeit zu tilgen. Selbst die Einschaltung eines Inkassounternehmens und die Betreibung des Mahnverfahrens sowie die Einleitung des streitigen gerichtlichen Verfahrens konnten die Schuldnerin, die keine Einwendungen gegen die Berechtigung der Forderung erhob, nicht zur Zahlung bewegen. Angesichts der zeitlichen Gegebenheiten gestattete bereits die schlichte Nichtbegleichung der offenen Forderung den Schluss auf eine Zahlungseinstellung (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Juli 2012 - IX ZB 264/11, ZInsO 2012, 1418 Rn. 9). Daraus konnte und musste die Beklagte entnehmen, dass die Schuldnerin nicht in der Lage war, ihre Verbindlichkeiten zurückzuführen (BGH, Urteil vom 20. Dezember 2007 - IX ZR 93/06, WM 2008, 452 Rn. 35). Da die Beklagte mit weiteren Gläubigern der gewerblich tätigen Schuldnerin rechnen musste, war sie über deren Zahlungseinstellung unterrichtet (vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 2012 - IX ZR 117/11, WM 2012, 2251 Rn. 30).
19
cc) Schließlich offenbarte sich in dem Vorschlag der Schuldnerin auf Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung gegenüber der Beklagten ein zusätzliches Indiz einer Zahlungseinstellung.
20
(1) Die Bitte des Schuldners auf Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung ist, wenn sie sich im Rahmen der Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs hält, als solche kein Indiz für eine Zahlungseinstellung oder Zahlungsunfähigkeit. Die Bitte um eine Ratenzahlungsvereinbarung kann auf den verschiedensten Gründen beruhen, die mit einer Zahlungseinstellung nichts zu tun haben, etwa der Erzielung von Zinsvorteilen oder der Vermeidung von Kosten und Mühen im Zusammenhang mit der Aufnahme eines ohne weiteres erlangbaren Darlehens (vgl. BGH, Beschluss vom 16. April 2015 - IX ZR 6/14, WM 2015, 933 Rn. 3).
21
(2) Eine Bitte um Ratenzahlung ist jedoch ein Indiz für eine Zahlungseinstellung , wenn sie vom Schuldner mit der Erklärung verbunden wird, seine fälligen Verbindlichkeiten (anders) nicht begleichen zu können (vgl. BGH, aaO Rn. 4 mwN; Urteil vom 30. Juni 2011 - IX ZR 134/10, WM 2011, 1429 Rn. 17). In dieser Weise verhält es sich im Streitfall. Die Beklagte hatte gegenüber der Schuldnerin über viele Monate wiederholt und ohne Erfolg die Zahlung der rückständigen Rechnungen angemahnt. Danach hatte die Beklagte ein Inkassounternehmen mit dem Forderungseinzug betraut. Mangels Zahlung der Schuldnerin hatte die Beklagte einen Mahnbescheid erwirkt und auf den Wider- spruch der Schuldnerin das streitige gerichtliche Verfahren beschritten. Die erst im Rahmen des Rechtsstreits nach Offenbarwerden der Zahlungsschwierigkeiten geschlossene Ratenzahlungsvereinbarung entspricht nicht den üblichen Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs. Kein redlicher Schuldner lässt sich, ohne die geltend gemachte Forderung sachlich abwehren zu wollen, verklagen, nur um die Zahlung hinauszuzögern und dem Kläger eine Ratenzahlungsvereinbarung abzuringen. Dabei fällt ins Gewicht, dass die Schuldnerin zunächst nur monatliche Raten in Höhe von 1.000 € ab dem 15. Mai 2010 angeboten hatte und offenbar erst auf Verlangen der Beklagten die Raten verbunden mit einem Zahlungsbeginn ab dem 15. April 2010 auf 1.500 € erhöht wurden. Vor diesem Hintergrund ging es der Schuldnerin angesichts des monatelangen Zahlungsrückstands entgegen der Würdigung des Berufungsgerichts ersichtlich nicht darum, verfügbare Finanzmittel anderweitig einzusetzen. Vielmehr konnte die angesichts ihres unabwendbaren prozessualen Unterliegens geäußerte Bitte der Schuldnerin um eine möglichst geringe und zeitlich hinausgeschobene Ratenzahlung nur dahin verstanden werden, ihre fälligen Verbindlichkeiten anders nicht begleichen zu können (vgl. BGH, Beschluss vom 24. September 2015 - IX ZR 308/14, WM 2015, 2107 Rn. 3). Einer Erfüllungsverweigerung oder eines sonstigen Verhaltens der Schuldnerin, das ihre Zahlungsunfähigkeit dokumentierte, bedurfte es nicht (BGH, Urteil vom 22. November 1990 - IX ZR 103/90, ZIP 1991, 39, 40).
22
dd) Bei dieser Sachlage haben sich mehrere Beweisanzeichen verwirklicht , die aus Sicht der Beklagten klar auf eine Zahlungseinstellung der Schuldnerin und damit auf einen Benachteiligungsvorsatz hindeuteten (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - IX ZR 134/10, WM 2011, 1429 Rn. 18). Nach der fruchtlosen monatelangen Beitreibung ihrer erheblichen Forderung und dem Abschluss der Ratenzahlungsvereinbarung in einem für die Schuldnerin von vornherein verlorenen Rechtsstreit konnte sich die Beklagte der Tatsache nicht verschließen , dass die Schuldnerin zahlungsunfähig war und eine bevorzugte Befriedigung der Beklagten zum Nachteil anderer Gläubiger zumindest billigend in Kauf nahm.
23
3. Die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin und die Kenntnis der Beklagten wurden nicht durch die zwischen ihnen im Vergleichswege getroffene Ratenzahlungsvereinbarung beseitigt.
24
a) Die hier verwirklichte Zahlungseinstellung (§ 17 Abs. 2 Satz 2 InsO) konnte nur beseitigt werden, indem die Schuldnerin ihre Zahlungen im Allgemeinen wieder aufnahm. Dies hat derjenige zu beweisen, der sich darauf beruft. Hat der anfechtende Verwalter - wie hier - für einen bestimmten Zeitpunkt den ihm obliegenden Beweis der Zahlungseinstellung des Schuldners geführt, muss der Anfechtungsgegner grundsätzlich beweisen, dass diese Voraussetzung zwischenzeitlich wieder entfallen ist. Für den nachträglichen Wegfall der subjektiven Anfechtungsvoraussetzung der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit gilt Entsprechendes. Ein Gläubiger, der von der einmal eingetretenen Zahlungsunfähigkeit des Schuldners wusste, hat darzulegen und zu beweisen, warum er später davon ausging, der Schuldner habe seine Zahlungen möglicherweise allgemein wieder aufgenommen (BGH, Urteil vom 6. Dezember 2012 - IX ZR 3/12, WM 2013, 174 Rn. 33 mwN).
25
b) Diesen Beweisanforderungen hat die Beklagte weder in objektiver noch in subjektiver Hinsicht genügt.
26
aa) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bestanden gegen die Schuldnerin im hier maßgeblichen Zahlungszeitraum durchweg Forderun- gen in Höhe von mehr als 100.000 €. Angesichts dieser unbeglichenen Verbindlichkeiten wurde die Zahlungseinstellung der Schuldnerin mangels einer allgemeinen Zahlungsaufnahme allein durch die vereinbarungsgemäße Erfüllung der Ratenzahlungen nicht behoben (BGH, Urteil vom 6. Dezember 2012, aaO Rn. 36).
27
bb) Ebenso ließ die ratenweise Tilgung ihrer eigenen Forderung die Kenntnis der Beklagten von der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin nicht entfallen.
28
(1) Die Schlussfolgerung des Anfechtungsgegners, wonach die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners zwischenzeitlich behoben ist, muss von einer ihm nachträglich bekannt gewordenen Veränderung der Tatsachengrundlage und nicht von einem bloßen "Gesinnungswandel" getragen sein. Als erstes dürfen die Umstände, welche die Kenntnis des Anfechtungsgegners begründen, nicht mehr gegeben sein. Der Fortfall der Umstände allein bewirkt nicht zwingend den Verlust der Kenntnis. Vielmehr ist auf der Grundlage aller von den Parteien vorgetragenen Umstände des Einzelfalls zu würdigen, ob eine Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit bei Vornahme der Rechtshandlung nicht mehr bestand (BGH, Urteil vom 27. März 2008 - IX ZR 98/07, WM 2008, 840 Rn. 10 ff, 16; vom 19. Mai 2011 - IX ZR 9/10, WM 2011, 1085 Rn. 15; vom 6. Dezember 2012, aaO Rn. 39; vom 17. Dezember 2015 - IX ZR 61/14, WM 2016, 172 Rn. 27).
29
(2) Hier kann schon eine nachträgliche Änderung der Tatsachengrundlage nicht festgestellt werden. Aus Sicht der Beklagten hatten sich keine Umstände verwirklicht, die darauf hindeuteten, dass die Schuldnerin ihre Zahlungsfähigkeit zurückgewonnen und ihre Zahlungen vollständig wieder aufgenommen hätte. Konkrete Tatsachen, denen zufolge sich die Liquiditätslage der Schuldnerin verbessert hatte, waren der Beklagten nicht bekannt geworden (vgl. BGH, Urteil vom 27. März 2008, aaO Rn. 19). Auch hatte die Schuldnerin gegenüber der Beklagten keine Erklärungen abgegeben, die das Vertrauen auf ihre wirtschaftliche Gesundung rechtfertigten (vgl. BGH, Urteil vom 27. März 2008, aaO Rn. 20; vom 20. November 2008 - IX ZR 188/07, WM 2009, 274 Rn. 13 f). Vielmehr unterstrich die Bitte um Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung die fortbestehende Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin, die sich zu einem vollen Forderungsausgleich außerstande erklärte. Mithin konnte die Beklagte aufgrund des Vergleichsschlusses nicht von einer Zahlungsfähigkeit der Schuldnerin ausgehen.
30
(3) Da die Schuldnerin ein gewerbliches Unternehmen betrieb, war es für die Beklagte zudem offensichtlich, dass außer ihr weitere Gläubiger vorhanden waren, deren Forderungen nicht in vergleichbarer Weise bedient wurden wie ihre eigenen. Die Beklagte konnte sich nicht der Erkenntnis verschließen, dass andere Gläubiger davon absahen, in gleicher Weise wie sie durch Mahnungen, Erwirken eines Mahnbescheids und Einleitung eines streitigen gerichtlichen Verfahrens erheblichen Druck auf die Schuldnerin zwecks Eintreibung ihrer Forderungen auszuüben. Vielmehr musste die Beklagte damit rechnen, dass andere Gläubiger die schleppende Zahlungsweise der Schuldnerin und damit die Nichtbegleichung ihrer Forderungen hinnehmen würden. Darum entspricht es einer allgemeinen Lebenserfahrung, dass Schuldner - um ihr wirtschaftliches Überleben zu sichern - unter dem Druck eines besonders auf Zahlung drängenden Gläubigers Zahlungen bevorzugt an diesen leisten, um ihn zum Stillhalten zu bewegen. Vor diesem Hintergrund verbietet sich im Regelfall ein Schluss des Gläubigers dahin, dass - nur weil er selbst Zahlungen erhalten hat - der Schuldner seine Zahlungen auch im allgemeinen wieder aufgenommen habe (vgl. BGH, Urteil vom 6. Dezember 2012, aaO Rn. 42 mwN).

III.


31
Das Berufungsurteil ist demnach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Aufhebung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist, kann der Senat selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Der Erstattungsanspruch des Klägers beläuft sich gemäß § 143 Abs. 1 Satz 1, § 133 Abs. 1 InsO auf 4.500 €. Zinsen sind dem Kläger gemäß § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO, § 819 Abs. 1, § 818 Abs. 4, § 291 Satz 1, § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB ab dem Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung zuzuerkennen (BGH, Urteil vom 1. Februar 2007 - IX ZR 96/04, BGHZ 171, 38 Rn. 11 ff).
Kayser Gehrlein Grupp
Möhring Schoppmeyer
Vorinstanzen:
AG Aachen, Entscheidung vom 05.11.2014 - 101 C 363/13 -
LG Aachen, Entscheidung vom 10.04.2015 - 6 S 119/14 -

(1) Der Frachtführer hat für alle Forderungen aus dem Frachtvertrag ein Pfandrecht an dem ihm zur Beförderung übergebenen Gut des Absenders oder eines Dritten, der der Beförderung des Gutes zugestimmt hat. An dem Gut des Absenders hat der Frachtführer auch ein Pfandrecht für alle unbestrittenen Forderungen aus anderen mit dem Absender abgeschlossenen Fracht-, Seefracht-, Speditions- und Lagerverträgen. Das Pfandrecht nach den Sätzen 1 und 2 erstreckt sich auf die Begleitpapiere.

(2) Das Pfandrecht besteht, solange der Frachtführer das Gut in seinem Besitz hat, insbesondere solange er mittels Konnossements, Ladescheins oder Lagerscheins darüber verfügen kann.

(3) Das Pfandrecht besteht auch nach der Ablieferung fort, wenn der Frachtführer es innerhalb von drei Tagen nach der Ablieferung gerichtlich geltend macht und das Gut noch im Besitz des Empfängers ist.

(4) Die in § 1234 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichnete Androhung des Pfandverkaufs sowie die in den §§ 1237 und 1241 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorgesehenen Benachrichtigungen sind an den nach § 418 oder § 446 verfügungsberechtigten Empfänger zu richten. Ist dieser nicht zu ermitteln oder verweigert er die Annahme des Gutes, so haben die Androhung und die Benachrichtigung gegenüber dem Absender zu erfolgen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 62/08 Verkündet am:
19. Februar 2009
Preuß
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Weiß ein Arbeitnehmer, dem der Arbeitgeber in der Krise noch Zahlungen
auf rückständige Lohnforderungen erbringt, dass der Arbeitgeber außerdem
noch anderen Arbeitnehmern Lohn schuldig ist, rechtfertigt allein diese
Kenntnis nicht den Schluss auf die Zahlungsunfähigkeit oder Zahlungseinstellung
des Arbeitgebers.

b) Ist der Gläubiger ein Arbeitnehmer des Schuldners ohne Einblick in die Liquiditäts
- oder Zahlungslage des Unternehmens, trifft ihn in der ihm bekannten
Krise insoweit keine Erkundigungspflicht.
BGH, Urteil vom 19. Februar 2009 - IX ZR 62/08 - LG Mühlhausen
AG Nordhausen
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 19. Februar 2009 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter und die
Richter Raebel, Prof. Dr. Kayser, Dr. Fischer und Grupp

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Mühlhausen vom 27. März 2008 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger ist Verwalter in dem auf Gläubigerantrag vom 2. August 2004 am 14. Oktober 2004 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen des W. S. (fortan: Schuldner). Dieser betrieb unter der Firma E. ein Unternehmen mit ca. 40 Arbeitnehmern. Der Beklagte war bei ihm bis Mitte August 2004 als Elektroinstallateur beschäftigt. Ab Herbst 2003 geriet der Schuldner mit den Lohn- und Gehaltszahlungen zunehmend in Rückstand. Spätestens ab Mai 2004 war er zahlungsunfähig. Der Beklagte erhielt den restlichen Lohn für den Monat Februar 2004 sowie anteiligen Lohn für den Monat März 2004, insgesamt 1.500 €, am 14. Mai 2004, den restlichen Lohn für März 2004 sowie Lohn für April 2004, insgesamt 2.350,03 €, am 27. Juli 2004.
2
Der Rechtsvorgänger des Klägers im Amt des Insolvenzverwalters hat beide Zahlungen vor dem Arbeitsgericht als kongruente Deckung angefochten. Das Arbeitsgericht hat den Rechtsstreit an das Amtsgericht verwiesen. Zur Begründung hat es unter anderem ausgeführt, bei der Anfechtungsbefugnis handele es sich um ein mit dem Amt des Insolvenzverwalters verbundenes eigenständiges Recht. Dessen Ausübung erfolge nicht in Rechtsnachfolge des Arbeitgebers , dem ein solches Recht nie zugestanden habe, sondern ausschließlich in der Funktion des Verwalters der Gläubigerinteressen. Daraus ergebe sich die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte. Das Amtsgericht hat die Anfechtung der Zahlung aus Mai 2004 als unbegründet angesehen, der Klage hinsichtlich der Zahlung vom 27. Juli 2004 hingegen stattgegeben. Gegen dieses Urteil hat der Beklagte Berufung eingelegt. Im Berufungsverfahren hat der Kläger seine Klage ergänzend auf die Vorsatzanfechtung gestützt. Das Berufungsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit der zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe:


3
Die zulässige Revision ist unbegründet.

I.


4
In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist der Senat an den von den Vorinstanzen angenommenen Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gemäß § 17a Abs. 5 GVG gebunden (vgl. BGH, Beschl. v. 29. Juli 2004 - III ZB 2/04, NJW-RR 2005, 142, 143; Hk-ZPO/Rathmann, 2. Aufl. § 17a GVG Rn. 17; Zöl- ler/Lückemann, ZPO 27. Aufl. § 17a GVG Rn. 18). Er hat deshalb nicht nachzuprüfen , ob die Vorinstanzen ihre Zuständigkeit mit Recht angenommen haben.

II.


5
1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der vom Kläger erhobene insolvenzrechtliche Rückgewähranspruch (§ 143 InsO), soweit er auf die Zahlung des Schuldners vom 27. Juli 2004 gestützt wird. Hierzu meint das Berufungsgericht : Der Anfechtungstatbestand der kongruenten Deckung (§ 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 InsO) liege nicht vor. Er erfordere neben den hier gegebenen objektiven Voraussetzungen, dass dem Anfechtungsgegner bei Erhalt der Leistung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners bekannt gewesen sei. Unmittelbare positive Kenntnis habe der Beklagte unstreitig nicht gehabt. An einer positiven Kenntnis von Umständen, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit schließen ließen (§ 130 Abs. 2 InsO), fehle es ebenfalls.
6
Hierfür genüge allerdings die Kenntnis von Tatsachen, an welche die Berufs - und Geschäftskreise des Anfechtungsgegners mit ihrer Verkehrserfahrung die Erwartung knüpften, der Schuldner werde seine fälligen Zahlungsverpflichtungen nicht erbringen können. Wichtiges Indiz für die Zahlungsunfähigkeit sei die Zahlungseinstellung. Sie mache die Zahlungsunfähigkeit nach außen erkennbar. Diese sei dem Anfechtungsgegner bekannt, wenn er wisse, dass ein Schuldner von seinen als fällig eingeforderten Geldschulden einen nicht unwesentlichen Teil nicht erfüllen könne und auch keine konkrete Aussicht bestehe, hierfür ausreichende Geldmittel in den nächsten drei Wochen zu erlangen.
7
Dem Beklagten seien indes bei Gesamtschau aller Umstände Ende Juli 2004 keine ausreichenden Tatsachen bekannt gewesen, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners schließen ließen. Die dem Beklagten bekannten Lohnrückstände - auch diejenigen gegenüber den übrigen Beschäftigten - seien allein kein hinreichendes Indiz, wenn dem Arbeitnehmer die Grundlage für die Beurteilung fehle, ob die Ansprüche einen wesentlichen Teil der fälligen Verbindlichkeiten ausmachten. Träten bei Lohnzahlungen Verzögerungen ein, könnten Arbeitnehmer zunächst von vorübergehenden Zahlungsschwierigkeiten oder Zahlungsstockungen ausgehen. Dies komme auch dem Beklagten zugute. Weitere Umstände, die ein anderes Bild ergäben, seien im Streitfall nicht hinzugetreten. Von den übrigen Verbindlichkeiten des Schuldners , wie sie aus der von dem Kläger im Anfechtungsprozess eingereichten Forderungsaufstellung ersichtlich seien, habe der Beklagte keine Kenntnis gehabt.
8
Die von dem Kläger in den Prozess eingeführten Presseveröffentlichungen von Juni 2004 erwähnten die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht ausdrücklich. In dem Artikel vom 3. Juni 2004 werde nur wegen ausstehender Zahlungen eines wichtigen Auftraggebers, der Krankenhausstiftung "St. J. ", pauschal von einer Gefährdung von Arbeitsplätzen unter anderem in dem Unternehmen des Schuldners gesprochen. In der Presseveröffentlichung vom 10. Juni 2004 werde sodann von einer "Teillösung" durch Zahlung einer Liquiditätshilfe sowie angekündigter beschleunigter Prüfung der Schlussrechnung durch die Krankenhausstiftung berichtet. In dem Artikel vom 11. Juni 2004 sei dann davon die Rede gewesen, dass die Mitarbeiter des Schuldners vorerst "aufatmen" könnten, weil es eine Zwischenlösung gebe. Bis zum Zeitpunkt der angefochtenen Zahlung habe es keine weiteren Pressemitteilungen mehr gegeben, so dass die Presseberichterstattung insgesamt nicht den Schluss rechtfertige, die angekündigte Zwischenlösung habe sich zerschlagen.
9
Eine Erkundigungspflicht treffe den Beklagten, der als Elektroinstallateur keinen Einblick in die Geschäftsunterlagen des Schuldners gehabt habe, nicht. Soweit der Kläger behauptet, der Beklagte habe aufgrund seiner Teilnahme an den wöchentlichen Arbeitsberatungen "über die Situation Bescheid" gewusst, fehle es an einem für eine Beweisaufnahme geeigneten konkreten Vortrag, welche Informationen der Schuldner bei dieser Gelegenheit an die Arbeitnehmer weitergegeben habe. Die bloße Behauptung, dass dort die wirtschaftliche Situation mit den Arbeitnehmern "diskutiert" worden sei, reiche als Grundlage für die Vernehmung der angebotenen Zeugen nicht aus.
10
Für eine Anfechtung der Lohnzahlungen nach § 133 Abs. 1 InsO fehle es bereits an einem Vortrag zu dem Benachteiligungsvorsatz des Schuldners und der Kenntnis des Beklagten.
11
2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung stand.
12
a) Aus den Gründen des Verkehrsschutzes wird der Gläubiger der Deckungsanfechtung nach § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO erst ausgesetzt, wenn er die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners im maßgeblichen Zeitpunkt (§ 140 InsO) kennt. Dies hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei verneint.
13
aa) Kennt der Gläubiger die Zahlungseinstellung, ist gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO auch seine Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit anzunehmen. Denn die dort formulierte Vermutung gilt auch im Rahmen des Insolvenzanfechtungsrechts (BGHZ 149, 178, 184; BGH, Urt. v. 12. Oktober 2006 - IX ZR 228/03, ZIP 2006, 2222, 2223; MünchKomm-ZPO/Kirchhof, 2. Aufl. § 130 Rn. 31). Kenntnis bedeutet im Allgemeinen ein für sicher gehaltenes Wissen. Der Gläubiger kennt die Zahlungsunfähigkeit oder die Zahlungseinstellung als komplexe Rechtsbegriffe nur, wenn er die Liquidität oder das Zahlungsverhalten des Schuldners wenigstens laienhaft bewerten kann. Nach § 130 Abs. 2 InsO steht der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder des Eröffnungsantrags die Kenntnis von Umständen gleich, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit oder den Eröffnungsantrag schließen lassen. Was mit dieser Regelung gemeint ist, erschließt sich aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift nur lückenhaft (vgl. BGHZ 149, 178, 185). Sicher ist nur, dass diese Formulierung, anders als noch der Regierungsentwurf (vgl. BT-Drucks. 12/2443 S. 32), die grob fahrlässige Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit nicht genügen lassen will. In dem Bericht des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages heißt es zu der beschlossenen Fassung , im Interesse der Rechtssicherheit dürfe die Anfechtbarkeit von Geschäften , bei denen der Vertragspartner des Schuldners nichts anderes als die geschuldete Leistung erhalte, nicht zu weit ausgedehnt werden; zudem sei der "unscharfe Begriff" der groben Fahrlässigkeit zu vermeiden (vgl. BT-Drucks. 12/7302 S. 173 zu § 145 Abs. 1, 2). Vorausgesetzt wird demgemäß, dass der Insolvenzgläubiger die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen bei zutreffender rechtlicher Bewertung die Zahlungsunfähigkeit zweifelsfrei folgt. Dann vermag er sich nicht mit Erfolg darauf zu berufen, dass er den an sich zwingenden Schluss von den Tatsachen auf den Rechtsbegriff selbst nicht gezogen habe (vgl. BGHZ 149, 178, 185; HK-InsO/Kreft, 5. Aufl. § 130 Rn. 25; Jaeger /Henckel, InsO § 130 Rn. 121; FK-InsO/Dauernheim, 5. Aufl. § 130 Rn. 34).
14
Die Kenntnis einzelner Tatsachen, die für eine Zahlungseinstellung oder Zahlungsunfähigkeit sprechen, kann deshalb nicht genügen, wenn sie nur die ungewisse Möglichkeit einer Zahlungsunfähigkeit befürchten lassen (vgl. MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO § 130 Rn. 33). Der zwingende Schluss aus den Indiztatsachen auf die Zahlungsunfähigkeit kann vielmehr nur gezogen werden, wenn sich ein redlich Denkender, der vom Gedanken auf den eigenen Vorteil nicht beeinflusst ist, angesichts der ihm bekannten Tatsachen der Einsicht nicht verschließen kann, der Schuldner sei zahlungsunfähig (Jaeger/ Henckel, aaO § 130 Rn. 121; HK-InsO/Kreft, aaO § 130 Rn. 29; vgl. auch BGHZ 133, 246, 250, zu § 990 BGB). Mischen sich in die Vorstellungen des Gläubigers - wenngleich möglicherweise irrtümlich - Tatsachen, die bei einer Gesamtbetrachtung den Schluss auf die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht zwingend nahe legen, fehlt dem Gläubiger die entsprechende Kenntnis. Bewertet er hingegen das ihm vollständig bekannte Tatsachenbild, das objektiv die Annahme der Zahlungsunfähigkeit gebietet, falsch, kann er sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er diesen Schluss nicht gezogen habe (BGHZ 149, 178, 185; MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO § 130 Rn. 34).
15
bb) Das Berufungsgericht hat weder die dem Beklagten bekannten Lohnrückstände noch die der Zahlung vorausgegangene Presseberichterstattung für die Annahme ausreichen lassen, der Beklagte habe Tatsachen gekannt, die den Schluss, der Schuldner habe sich nur im Stadium einer Zahlungsstockung befunden, nicht mehr zugelassen hätten. Dies hält sich im Rahmen einer tatrichterlich vertretbaren Würdigung.
16
(1) Der Beklagte kannte allerdings im Juli 2004 die Höhe seiner eigenen Forderungen von mehreren Monatslöhnen und wusste, dass der Schuldner zumindest gegenüber einem Großteil der übrigen Beschäftigten seit Herbst 2003 mit der Erfüllung von Lohn- und Gehaltszahlungen ebenfalls - in unterschiedlichem Umfang - in Rückstand geraten war. Nach der Rechtsprechung des Senats , auf die sich die Revision ausdrücklich bezieht, deutet gerade die Nichtzahlung von Löhnen und Sozialversicherungsbeiträgen, die typischerweise nur dann nicht bei Fälligkeit ausgeglichen werden, wenn die erforderlichen Geldmittel hierfür nicht vorhanden sind, auf die Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens hin (BGHZ 149, 178, 187; BGH, Beschl. v. 13. Juni 2006 - IX ZB 238/05, ZIP 2006, 1457, 1458; Urt. v. 12. Oktober 2006 - IX ZR 228/03, aaO S. 2224).
17
Diese Rechtsprechung betrifft allerdings institutionelle Gläubiger oder Gläubiger mit "Insiderkenntnissen". Demgegenüber wird der Überblick eines Arbeitnehmers, insbesondere wenn er weder in der Finanzbuchhaltung des Unternehmens eingesetzt ist noch Leitungsaufgaben im kaufmännischen Bereich wahrzunehmen hat, in aller Regel begrenzt sein und nur Schlussfolgerungen allgemeiner Art wie diejenige auf Zahlungsschwierigkeiten, Zahlungsstockungen oder eine Tendenz zum Vermögensverfall zulassen (vgl. MünchKommInsO /Kirchhof, aaO § 130 Rn. 35; Bork ZIP 2007, 2337, 2338; a.A. Zwanziger BB 2007, 42, 45). Die Vorschrift des § 130 Abs. 2 InsO verlangt hingegen Kenntnisse von den konkreten Umständen, die ein eindeutiges Urteil über die Liquiditätsgesamtlage des Unternehmens ermöglichen. Andernfalls erfasste die Vorschrift entgegen dem zu respektierenden Willen des Gesetzgebers auch Fahrlässigkeitstatbestände.
18
Danach verschaffte die vom Berufungsgericht festgestellte Kenntnis von den Lohnrückständen dem Beklagten nicht den erforderlichen Gesamtüberblick über die Liquiditäts- oder Zahlungslage des schuldnerischen Unternehmens. Insbesondere war für ihn nicht erkennbar, ob die Lohnrückstände gegenüber allen Arbeitnehmern gleich ausgeprägt waren und welchen Anteil die Lohnrück- stände an den insgesamt fälligen und eingeforderten Geldschulden hatten. Dies ist aber für die Annahme zwingend auf Zahlungsunfähigkeit schließen lassender Tatsachen erforderlich, weil der Gläubiger wissen muss, dass der Schuldner von seinen als fällig eingeforderten Verbindlichkeiten einen nicht unwesentlichen Teil derzeit nicht erfüllen kann und auch keine konkreten Aussichten hat, hierfür ausreichende und verwendbare Geldmittel in den nächsten drei Wochen zu erlangen (vgl. BGHZ 163, 134, 144 f; BGH, Urt. v. 12. Oktober 2006 - IX ZR 228/03, aaO S. 2223).
19
Dass der Beklagte von rückständigen Sozialversicherungsbeiträgen wusste, hat das Amtsgericht nicht feststellen können; Gegenteiliges lässt sich auch dem Berufungsurteil nicht entnehmen. Das Berufungsgericht erwähnt im Gegenteil den Vortrag des Beklagten, er sei im maßgebenden Zeitraum als Elektroinstallateur auf verschiedenen großen Baustellen ununterbrochen eingesetzt gewesen und deshalb von einer guten Auftragslage ausgegangen. Materiallieferungen seien wie üblich auf Rechnung erfolgt. Ferner seien sogar Neueinstellungen vorgenommen worden. Die Belieferung auf Rechnung und die Neueinstellungen hat der Kläger zwar bestritten. Davon unberührt bleibt jedoch, dass der Beklagte - etwa vom Hörensagen - überzeugt gewesen sein kann, dass es sich so verhielt, wie von ihm angegeben. Dass auf den Baustellen immer ausreichend Material vorhanden gewesen sei, hat der Kläger nicht in Abrede gestellt.
20
(2) Entgegen der Auffassung der Revision kommt es auf den unter Beweis gestellten Verlauf der wöchentlichen Arbeitsberatungen im zeitlichen Zusammenhang mit der angefochtenen Lohnzahlung nicht an. Der Kläger hat hierzu in den Tatsacheninstanzen behauptet, aus den Arbeitsberatungen habe der Beklagte nicht nur von den beträchtlichen Zahlungsrückständen gegenüber der gesamten Belegschaft erfahren, sondern auch Kenntnis von den Außenständen des Schuldners von über 1 Mio. € erhalten. Dies kann als wahr unterstellt werden. Eine zweifelsfreie Bewertung dahin, dass der Schuldner sich bereits im Zustand der Zahlungsunfähigkeit bewege, ließ diese Angabe aus Sicht des Beklagten nicht zu. Etwas anderes gälte etwa dann, wenn der Schuldner auf einer Betriebsversammlung den anwesenden Beschäftigten den sicheren Eindruck vermittelt hätte, er sei nicht zahlungsfähig. Einen derartigen Verlauf einer Betriebsversammlung oder Arbeitsberatung in Anwesenheit des Beklagten hat das Berufungsgericht nicht festzustellen vermocht. Dies wird von der Revision in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht gerügt. Ein solcher Verlauf wäre auch sehr ungewöhnlich. Erfahrungsgemäß wird die Unternehmensleitung, sofern sie die Belegschaft nicht auf einen unmittelbar bevorstehenden eigenen Insolvenzantrag vorbereiten will, bestrebt sein, trotz der unübersehbaren Schwierigkeiten im Unternehmen eine positive Grundstimmung zu vermitteln.
21
(3) Rechtsfehlerfrei ist auch die weitere Begründung des Berufungsgerichts , aus der Presseberichterstattung über die Abwicklung des Bauvorhabens "Krankenhausstiftung" ergäben sich keine Umstände, nach denen die Schlussfolgerung auf die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners zwingend sei. Allerdings können, wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, redaktionelle Presseberichte , die keine amtlichen Verlautbarungen enthalten, durchaus Umstände sein, die den Verdacht der Zahlungsunfähigkeit begründen (BGH, Urt. v. 19. Juli 2001 - IX ZR 36/99, ZIP 2001, 1641, 1642). Dies gilt insbesondere, wenn nach ihrem Inhalt - beispielsweise einem Bericht über gesperrte Kreditlinien oder vorübergehende Maßnahmen zur Sicherung der Kredite der Banken - der notwendige kurzfristige Sanierungserfolg des Unternehmens in Frage steht. Nach der Rechtsprechung des Senats können derartige Berichte für einen Großgläubiger wie das Finanzamt oder die Sozialkasse eine Beobachtungs- und Erkun- digungspflicht auslösen (vgl. BGH, Urt. v. 19. Juli 2001 - IX ZR 36/99, aaO S. 1643).
22
Derartige Pflichten treffen den Beklagten als Arbeitnehmer hingegen nicht. Zum einen gehört er nicht zum Kreis der institutionellen Gläubiger, die schon im fiskalischen Allgemeininteresse oder im Interesse der Versichertengemeinschaft die weitere Entwicklung eines krisenbehafteten Unternehmens zu verfolgen haben. Zum anderen hat der Senat die Erkundigungspflicht in der genannten Entscheidung im Anwendungsbereich des § 10 Abs. 1 Nr. 4 GesO bejaht. Nach jener Vorschrift reichte es aus, dass die Zahlungsunfähigkeit dem Gläubiger den Umständen nach bekannt sein musste. Dies deutete auf grobe Fahrlässigkeit hin (vgl. Jaeger/Henckel, aaO § 130 Rn. 121; K. Schmidt, Insolvenzgesetze 17. Aufl. § 10 GesO Anm. 2d). Gegenüber diesem Maßstab enthält § 130 Abs. 2 InsO erhöhte Anforderungen, die - jedenfalls für einen außenstehenden Kleingläubiger - jede Erkundigungspflicht nach Tatsachen ausschließen (vgl. MünchKomm-InsO/Kirchhof, aaO § 130 Rn. 34).
23
Die Presseberichte selbst hat das Berufungsgericht rechtlich unangreifbar gewürdigt. Insbesondere der die Berichtsfolge abschließende Artikel vom 11. Juni 2004, nach dem die Arbeitnehmer des Schuldners "aufatmen" könnten, weil die von dem Auftraggeber in Rechnung gestellten zusätzlichen Kosten von 1,1 Mio. € wegen der durch einen Dritten verursachten Bauverzögerung mit Hochdruck geprüft würden und aus Kulanz vorab eine Liquiditätsbeihilfe gewährt werde, ließ Raum für die Annahme des Beklagten, der nachträgliche Ausgleich seiner Forderungen sei möglich geworden, weil die positive Prognose des Presseartikels eingetreten sei.
24
b) Frei von Rechtsfehlern hat das Berufungsgericht die Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO verneint. Insoweit fehlt es jedenfalls an der hierfür erforderlichen Kenntnis des Beklagten von einem Benachteiligungsvorsatz des Schuldners. Gemäß § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO wird diese Kenntnis vermutet, wenn der Anfechtungsgegner bei Vornahme der Handlung wusste, dass die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners drohte und die Handlung die Gläubiger benachteiligte. Der Beklagte ist jedoch bei Erhalt der Lohnzahlung unwiderlegt davon ausgegangen , die Krankenhausstiftung sei ihren Zahlungspflichten nachgekommen, so dass sich die finanziellen Schwierigkeiten des Schuldners erledigt hätten. Die Vermutungsregelung greift unter diesen Voraussetzungen nicht ein. Der Beklagte hatte von einem - unterstellten - Benachteiligungsvorsatz des Schuldners keine Kenntnis.
Ganter Raebel Kayser
Fischer Grupp
Vorinstanzen:
AG Nordhausen, Entscheidung vom 20.09.2007 - 27 C 482/07 -
LG Mühlhausen, Entscheidung vom 27.03.2008 - 1 S 181/07 -

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.