Bundesgerichtshof Urteil, 24. Aug. 2016 - VIII ZR 182/15

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:240816UVIIIZR182.15.0
bei uns veröffentlicht am24.08.2016
vorgehend
Amtsgericht Bautzen, 20 C 701/12, 21.11.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VIII ZR 182/15 Verkündet am:
24. August 2016
Ermel,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ein rechtsschutzwürdiges Eigeninteresse des Zedenten einer unentgeltlich abgetretenen
Forderung, diese im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft gerichtlich
geltend zu machen, wird durch sein bloßes Interesse an einer technischen
Erleichterung der Prozessführung nicht begründet.
BGH, Urteil vom 24. August 2016 - VIII ZR 182/15 - LG Görlitz
AG Bautzen
ECLI:DE:BGH:2016:240816UVIIIZR182.15.0

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO mit Schriftsatzfrist bis zum 1. August 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Milger, die Richterinnen Dr. Hessel und Dr. Fetzer sowie die Richter Dr. Bünger und Kosziol

für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Görlitz vom 29. Juli 2015 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen , dass die Klage als unzulässig abgewiesen wird. Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die dem Sohn ihres Verwalters, dem Zeugen H. , gestattete, unter der aus ihrem Gesellschaftsnamen abgeleiteten Bezeichnung "l. " ein Benutzerkonto auf der Internetplattform eBay einzurichten.
2
Der Beklagte stellte Ende Januar 2012 ein gebrauchtes, mit Fünfganggetriebe und Kickstarter ausgestattetes Motorrad Yamaha für zehn Tage zur In- ternetauktion bei eBay mit einem Startpreis von 1 € ein. Als Artikelmerkmale trug er fälschlich "Dreiganggetriebe" und "Elektrostarter" ein. Am 26. Januar 2012 - neun Tage vor dem Ende der Auktion - nahm der Zeuge H. das Angebot unter dem Benutzernamen "l. " an, wobei er ein Maximalgebot von 1.234,57 € abgab. Wenige Minuten später brach der Beklagte die Auktion ab und strich das Angebot der Klägerin, die die einzige Bieterin war. Der Beklagte korrigierte die Artikelmerkmale und stellte das Motorrad nach wenigen Stunden erneut bei eBay ein.
3
Mit Anwaltsschreiben vom 5. Juli 2012 verlangte die Klägerin vergeblich die Übereignung des Motorrades, das der Beklagte zwischenzeitlich anderweitig veräußert hatte.
4
Mit der Behauptung, das Motorrad sei 4.900 € wert gewesen, nimmt die Klägerin den Beklagten auf Schadensersatz in Höhe von 4.899 € nebst Zinsen und Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Anspruch. Am 15. August 2012 - vor der am 31. August 2012 erfolgten Zustellung der Klage - trat die Klägerin dem Zeugen H. ihre Ansprüche aus den von ihm vorgenommenen eBay-Geschäften unentgeltlich ab.
5
Das Amtsgericht hat der Klage zum Teil stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landgericht die Klage insgesamt abgewiesen; die Berufung der Klägerin hat es zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Zahlungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

7
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seines Urteils im Wesentlichen ausgeführt:
8
Der Klägerin, die unbeschadet der vor Eintritt der Rechtshängigkeit erfolgten Abtretung der erhobenen Forderung an den Zeugen H. in gewillkürter Prozessstandschaft berechtigt sei, die abgetretene Forderung weiter zu verfolgen , stehe kein Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten zu.
9
Das Schadensersatzverlangen sei, wie sich aus den Gesamtumständen des hier vorliegenden Ausnahmefalles ergebe, rechtsmissbräuchlich. Der Zeuge H. sei als sogenannter "Abbruchjäger" tätig geworden; ihm sei es vor allem darum gegangen, dass der Beklagte sein Angebot frühzeitig abbreche, um Schadensersatzforderungen gegen diesen geltend machen zu können. Dies sei der Klägerin analog § 166 Abs. 1 BGB zuzurechnen.
10
Der Zeuge H. , der sich in der Vergangenheit noch nicht hinter der von seinem Vater verwalteten Klägerin "versteckt" habe, habe nach den Feststellungen des Landgerichts Passau in seinem Urteil vom 6. Oktober 2014 (4 O 933/13; nicht veröffentlicht) im Sommer 2011 bei eBay Gebote in Höhe von 215.000 € abgegeben und vier Gerichtsverfahren eingeleitet, in denen er Pro- zesskostenhilfe beantragt habe. Zwar sei das Urteil des Landgerichts Passau in zweiter Instanz abgeändert worden (OLG München, Urteil vom 9. April 2015 - 8 U 3969/14; nicht veröffentlicht); hinsichtlich der Tatsachenfeststellungen habe das Oberlandesgericht jedoch auf das erstinstanzliche Urteil Bezug genommen.
11
Zwar begründe die einem "Abbruchjäger" eigene Absicht allein noch keinen Rechtsmissbrauch. Im gegebenen Fall komme jedoch hinzu, dass die Klägerin die Möglichkeit gehabt hätte, ihr Gebot zu wiederholen, nachdem der Beklagte das Motorrad zum zweiten Mal zum Verkauf bei eBay eingestellt habe. Der Zeuge H. habe bestätigt, davon Kenntnis erlangt zu haben. Durch einen Neuerwerb hätte die Klägerin der - naheliegenden - Wahrscheinlichkeit entgegengewirkt , dass der Beklagte das Motorrad einem Dritten übereigne.
12
Der Annahme eines Rechtsmissbrauchs stehe nicht entgegen, dass die Klägerin zunächst Herausgabe des Motorrades und erst anschließend Schadensersatz verlangt habe. Vielmehr habe sie - in der Annahme, der Beklagte werde das Motorrad zwischenzeitlich anderweitig veräußern - bis zur gerichtlichen Inanspruchnahme mehr als ein halbes Jahr gewartet.

II.

13
Für die Entscheidung des Rechtsstreits kommt es auf die Ausführungen des Berufungsgerichts zum aufgrund einer Häufung aussagekräftiger Indizien ohne erkennbaren Rechtsfehler bejahten Rechtsmissbrauch (§ 242 BGB) nicht an.
14
Die Klage ist bereits als unzulässig abzuweisen, weil die nach § 51 Abs. 1 ZPO erforderliche Prozessführungsbefugnis der Klägerin nicht gegeben ist. Dem steht das Verschlechterungsverbot nicht entgegen (BGH, Urteile vom 12. Oktober 2000 - III ZR 242/98, BGHZ 145, 316, 331; vom 22. Januar 1997 - VIII ZR 339/95, WM 1997, 1713 unter II 3; vom 25. Mai 2005 - VIII ZR 301/03, NJW-RR 2006, 138 unter II; vom 10. Dezember 2013 - XI ZR 508/12, NJW-RR 2014, 653 Rn. 29).
15
1. Da die Abtretung der Ansprüche vor der Zustellung der Klage erfolgt ist, greift die gesetzliche Prozessführungsbefugnis des § 265 ZPO nicht ein.
16
2. Die Klägerin ist - anders als das Berufungsgericht angenommen hat - auch nicht kraft gewillkürter Prozessstandschaft befugt, die an den Zeugen H. abgetretenen Ansprüche gerichtlich geltend zu machen.
17
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt eine gewillkürte Prozessstandschaft eine wirksame Ermächtigung des Prozessstandschafters zur gerichtlichen Verfolgung der Ansprüche des Rechtsinhabers sowie ein eigenes schutzwürdiges Interesse des Ermächtigten an dieser Rechtsverfolgung voraus. Ein solches ist gegeben, wenn die Entscheidung Einfluss auf die eigene Rechtslage hat, und kann auch wirtschaftlicher Natur sein (vgl. BGH, Urteile vom 23. September 1992 - I ZR 251/90, BGHZ 119, 237, 242; vom 24. Februar 1994 - VII ZR 34/93, BGHZ 125, 196, 199; vom 10. November 1999 - VIII ZR 78/98, NJW 2000, 738 unter II 1; vom 13. November 2001 - X ZR 134/00, BGHZ 145, 165, 167 f.; vom 13. Februar 2008 - VIII ZR 105/07, NJW 2008, 1218 Rn. 13; vom 27. November 2014 - I ZR 124/11, GRUR 2015, 672 Rn. 87; vom 11. Mai 2016 - XII ZR 147/14, WM 2016, 1302 Rn. 16).
18
b) Diese Sachurteilsvoraussetzungen, die in jeder Lage des Verfahrens, auch in der Revisionsinstanz, von Amts wegen zu prüfen sind (BGH, Urteile vom 10. November 1999 - VIII ZR 78/98, aaO; vom 25. Mai 2005 - VIII ZR 301/03, aaO unter II 1; vom 21. September 2011 - VIII ZR 118/10, NZG 2011, 1305 Rn. 13; vom 11. Mai 2016 - XII ZR 147/14, aaO Rn. 16 mwN), sind im Streitfall nicht erfüllt. Auch wenn der Zeuge H. , der mit der Prozessführung durch die Klägerin ersichtlich einverstanden ist, diese durch konkludentes Handeln dazu ermächtigt haben mag, fehlt es an einem rechtsschutzwürdigen Eigeninteresse der Klägerin an der Prozessführung. Zwar kann auch der Verkäufer einer Forderung ein eigenes berechtigtes Interesse daran haben, die abgetretene Forderung gerichtlich geltend zu machen (vgl. BGH, Urteile vom 3. November 1978 - I ZR 150/76, NJW 1979, 924 unter II 2; vom 23. September 1993 - III ZR 54/92, NVwZ 1994, 405 unter I; Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Aufl., Vor § 50 Rn. 49). Die Klägerin hat dem Zeugen H. ihre Rechte aus vorgenommenen eBay-Geschäften jedoch nicht verkauft, sondern unentgeltlich übertragen.
19
Ein berechtigtes Interesse der Klägerin an der Prozessführung ergibt sich auch nicht, wie das Berufungsgericht möglicherweise gemeint hat, aus der von ihr in erster Instanz erklärten Bereitschaft zu einem Klägerwechsel, sofern der Beklagte dem zustimme. Auch wenn es nicht zu einem von der Klägerin unter Umständen beabsichtigten Parteiwechsel auf Klägerseite gekommen ist, begründet eine bloße technische Erleichterung ihrer weiteren Prozessführung noch kein rechtsschutzwürdiges Eigeninteresse (vgl. BGH, Urteil vom 5. Februar 2009 - III ZR 164/08, NJW 2009, 1213 Rn. 21, insoweit in BGHZ 179, 329 nicht abgedruckt). Dr. Milger Dr. Hessel Dr. Fetzer Dr. Bünger Kosziol
Vorinstanzen:
AG Bautzen, Entscheidung vom 21.11.2014 - 20 C 701/12 -
LG Görlitz, Entscheidung vom 29.07.2015 - 2 S 213/14 -

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 128 Grundsatz der Mündlichkeit; schriftliches Verfahren


(1) Die Parteien verhandeln über den Rechtsstreit vor dem erkennenden Gericht mündlich. (2) Mit Zustimmung der Parteien, die nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage widerruflich ist, kann das Gericht eine Entscheidung ohne mündliche V

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 166 Willensmängel; Wissenszurechnung


(1) Soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, kommt nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht. (2) H

Zivilprozessordnung - ZPO | § 265 Veräußerung oder Abtretung der Streitsache


(1) Die Rechtshängigkeit schließt das Recht der einen oder der anderen Partei nicht aus, die in Streit befangene Sache zu veräußern oder den geltend gemachten Anspruch abzutreten. (2) Die Veräußerung oder Abtretung hat auf den Prozess keinen Einf

Zivilprozessordnung - ZPO | § 51 Prozessfähigkeit; gesetzliche Vertretung; Prozessführung


(1) Die Fähigkeit einer Partei, vor Gericht zu stehen, die Vertretung nicht prozessfähiger Parteien durch andere Personen (gesetzliche Vertreter) und die Notwendigkeit einer besonderen Ermächtigung zur Prozessführung bestimmt sich nach den Vorschrift

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(1) Die Fähigkeit einer Partei, vor Gericht zu stehen, die Vertretung nicht prozessfähiger Parteien durch andere Personen (gesetzliche Vertreter) und die Notwendigkeit einer besonderen Ermächtigung zur Prozessführung bestimmt sich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts, soweit nicht die nachfolgenden Paragraphen abweichende Vorschriften enthalten.

(2) Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters steht dem Verschulden der Partei gleich.

(3) Hat eine nicht prozessfähige Partei, die eine volljährige natürliche Person ist, wirksam eine andere natürliche Person schriftlich mit ihrer gerichtlichen Vertretung bevollmächtigt, so steht diese Person einem gesetzlichen Vertreter gleich, wenn die Bevollmächtigung geeignet ist, gemäß § 1814 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Erforderlichkeit einer Betreuung entfallen zu lassen.

(1) Die Parteien verhandeln über den Rechtsstreit vor dem erkennenden Gericht mündlich.

(2) Mit Zustimmung der Parteien, die nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage widerruflich ist, kann das Gericht eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung treffen. Es bestimmt alsbald den Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, und den Termin zur Verkündung der Entscheidung. Eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ist unzulässig, wenn seit der Zustimmung der Parteien mehr als drei Monate verstrichen sind.

(3) Ist nur noch über die Kosten oder Nebenforderungen zu entscheiden, kann die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(4) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, kommt nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht.

(2) Hat im Falle einer durch Rechtsgeschäft erteilten Vertretungsmacht (Vollmacht) der Vertreter nach bestimmten Weisungen des Vollmachtgebers gehandelt, so kann sich dieser in Ansehung solcher Umstände, die er selbst kannte, nicht auf die Unkenntnis des Vertreters berufen. Dasselbe gilt von Umständen, die der Vollmachtgeber kennen musste, sofern das Kennenmüssen der Kenntnis gleichsteht.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Die Fähigkeit einer Partei, vor Gericht zu stehen, die Vertretung nicht prozessfähiger Parteien durch andere Personen (gesetzliche Vertreter) und die Notwendigkeit einer besonderen Ermächtigung zur Prozessführung bestimmt sich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts, soweit nicht die nachfolgenden Paragraphen abweichende Vorschriften enthalten.

(2) Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters steht dem Verschulden der Partei gleich.

(3) Hat eine nicht prozessfähige Partei, die eine volljährige natürliche Person ist, wirksam eine andere natürliche Person schriftlich mit ihrer gerichtlichen Vertretung bevollmächtigt, so steht diese Person einem gesetzlichen Vertreter gleich, wenn die Bevollmächtigung geeignet ist, gemäß § 1814 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Erforderlichkeit einer Betreuung entfallen zu lassen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 242/98 Verkündet am:
12. Oktober 2000
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
------------------------------------
Kurkölnische Bergordnung von 1669; BBergG §§ 34, 42, 43; BGB § 242 Cd

a) Zur Auslegung des Begriffs "Marmor" in der kurkölnischen Bergordnung
von 1669 (im Anschluß an RGZ 147, 161).

b) Der Grundstückseigentümer ist beim Abbau von Grundeigentümerbodenschätzen
berechtigt, nach Maßgabe des § 42 BBergG bergfreie Mineralien
mitzugewinnen. Die §§ 34 und 43 BBergG gelten entsprechend.

c) Stoßen Grundeigentümer-Abbau und Bergbau auf verliehenes Mineral an
derselben Stelle des Grubenfeldes zusammen, ohne daß ein getrennter
Abbau möglich ist, kommt regelmäßig dem zeitlich früher aufgenommenen
Betrieb der Vorrang zu. Die Entscheidung, ob beide Bodenschätze nur gemeinschaftlich
gewonnen werden können, ist der zuständigen Verwaltungsbehörde
vorbehalten.

d) Voraussetzung für die zulässige Mitgewinnung eines anderen Bodenschatzes
durch den Bergwerkseigentümer ist ein ernsthaft auf die Förderung des
verliehenen Minerals gerichteter Betrieb. Bergbau, der unter dem Deckmantel
des Abbaus regaler Mineralien ausschließlich darauf gerichtet wird,
Grundeigentümerbodenschätze zu gewinnen, ist unzulässige Rechtsausübung.
BGH, Urteil vom 12. Oktober 2000 - III ZR 242/98 - OLG Hamm
LG Arnsberg
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 12. Oktober 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die
Richter Dr. Wurm, Dr. Kapsa, Dörr und Galke

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 11. August 1998 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als Klage und Widerklage folgende Grundstücke betreffen: Mutungsfeld Hillenberg, Gemarkung Warstein, lfd. Nr. 6 Flur 6 Flurstück 217, Mutungsfeld St. Maria, Gemarkung Kallenhardt, lfd. Nr. 37 Flur 12 Flurstück 141/10 Mutungsfeld Sophia, Gemarkung Suttrop, lfd. Nr. 6 Flur 16 Flurstück 69, Mutungsfelder Elisabeth und Flinz, Gemarkung Suttrop, lfd. Nr. 17 Flur 15 Flurstück 74, Mutungsfeld Eva I, Gemarkung Kallenhardt, lfd. Nr. 39 bis 48 Flur 13 Flurstücke 205, 83/2, 86, 87, 204, 88, 90 bis 93.
Der Widerklageantrag zu 1 wird, soweit über ihn noch nicht rechtskräftig entschieden ist, als unzulässig abgewiesen.
Im übrigen wird - unter Zurückweisung der weitergehenden Revision - im Umfang der Aufhebung die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Die Parteien nehmen wechselseitig für sich das Recht zum Abbau von Kalkgesteinen auf einer Reihe von Grundstücken im Raum Warstein-Kallenhardt in Anspruch.
Durch Urkunden vom 1. und 28. Oktober 1863 sowie vom 10. Mai, 8. Juni und 2. November 1864 verlieh das Königliche Oberbergamt Bonn dem Kaufmann P. und den Mitgliedern einer Gesellschaft P. & Co. nach den Vorschriften der kurkölnischen Bergordnung vom 2./4. Januar 1669 das Bergwerkseigentum an den Bergwerken Hillenberg, St. Maria, Sophia, Flinz, Elisabeth und Eva I "zur Gewinnung alles darin vorkommenden Marmors". Nach Inkrafttreten des Bundesberggesetzes wurde den damaligen Rechtsinhabern unter dem 9. und 11. August 1982 sowie dem 22. September 1988 die Auf-
rechterhaltung des Bergwerkseigentums durch das Landesoberbergamt Nordrhein -Westfalen bestätigt. Die Beklagte hat teils das Bergwerkseigentum oder eine Grunddienstbarkeit hieran erworben, teils nach ihrer Behauptung das Gewinnungsrecht gepachtet. Die am Revisionsverfahren beteiligten Klägerinnen zu 3 bis 5 (künftig: Klägerinnen) sind Eigentümerinnen oder Pächterinnen einzelner Feldgrundstücke und betreiben dort Kalksteinbrüche.
Das Recht zur Gewinnung von Marmor auf den Feldern Hillenberg, Sophia und Elisabeth war bereits Gegenstand eines mit umgekehrten Parteirollen bis zum Reichsgericht geführten Vorprozesses (RGZ 147, 161; erster sogenannter "Marmorprozeß"). Die seinerzeit von einer Pächterin der Bergwerkseigentümerin erhobene Klage - im wesentlichen auf Feststellung ihrer ausschließlichen Abbauberechtigung in den verliehenen Marmorfeldern - blieb in allen Instanzen erfolglos.
Mit der vorliegenden Klage begehren die Klägerinnen im Hauptantrag Feststellung ihrer Berechtigung, auf näher bezeichneten Parzellen innerhalb der oben genannten Bergwerksfelder Gestein jeglicher Art abzubauen, ohne daß die auf Marmor gerichteten, behaupteten Bergrechte der Beklagten entgegenständen. Das Landgericht hat, nachdem in einem ersten Berufungsverfahren das Berufungsgericht die Zulässigkeit des Zivilrechtsweges rechtskräftig bejaht hatte (Nichtannahmebeschluß des Senats vom 25. Mai 1992 - III ZR 146/90), der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht ebenso zurückgewiesen wie deren in zweiter Instanz erhobene Widerklage auf Feststellung, daß die Beklagte (dort) ausschließlich berechtigt sei, Gestein jeglicher Art abzubauen, hilfsweise, sie neben den Klägerinnen zum Abbau berechtigt sei und diese gegen ihren Widerspruch kein Recht auf An-
eignung des Marmors hätten. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihre zweitinstanzlichen Anträge weiter. Der Senat hat die Revision nur hinsichtlich einzelner im Tenor aufgeführter Grundstücke angenommen.

Entscheidungsgründe


Im Umfang der Annahme hat das Rechtsmittel überwiegend Erfolg. Mit Ausnahme des Hauptantrags der Widerklage, der unzulässig ist und mit diesem Inhalt abgewiesen bleibt, führt die Revision zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

A.


Das Oberlandesgericht hält die Feststellungsklage der Klägerinnen auch im Hinblick auf die Behauptung der Beklagten, die streitbefangenen Grundstücke seien zum Teil im Rahmen des rechtlich Möglichen bereits vollständig ausgebeutet oder für einen Abbau ungeeignet, uneingeschränkt für zulässig. Das erforderliche Feststellungsinteresse habe das Gericht bereits im ersten Berufungsurteil bindend (analog § 565 Abs. 2 ZPO) bejaht. Im übrigen könne die streitige Ausbeutung angesichts der von der Beklagten in der Vergangenheit geltend gemachten Rechtsverletzungen seitens der Klägerinnen deren Feststellungsinteresse ohnehin nicht entgegenstehen.
Die Klagen seien auch begründet. Das Recht der Beklagten zur Gewinnung von Marmor stehe einer Berechtigung der Klägerinnen zum Abbau jeglichen auf den hier noch interessierenden Parzellen anstehenden Gesteins nicht entgegen, weil in diesen nach den Ergebnissen des vom Berufungsgericht beauftragten Sachverständigen Dr. S. kein Marmor vorkomme. Marmor im Sinne der streitigen Verleihung sei Kalkstein, der sich für eine Verwendung zu künstlerischen oder kunstgewerblichen Zwecken eigne. Das aber setze, wie der Sachverständige überzeugend dargelegt habe, jedenfalls nach den heutigen handels- und produktionsbedingten Anforderungen Schneidbarkeit des Gesteins in großen Blöcken voraus, d.h. Gewinnbarkeit in quaderförmigen Blökken von mindestens 0,4 m³Rauminhalt. Schneidbares Material solcher Qualität sei jedoch in keinem der Steinbrüche vorhanden. Aus diesem Grunde könne auch die Widerklage keinen Erfolg haben.

B.


Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision in entscheidenden Punkten nicht stand.

I.


Zur Klage
1. Mit Recht hat das Berufungsgericht allerdings die von den Klägerinnen erhobene Feststellungsklage für zulässig gehalten.

a) Soweit es um das von der Beklagten angezweifelte Feststellungsinteresse (§ 256 Abs. 1 ZPO) geht, genügt es zwar nicht, auf die Bindungswirkung des ersten Berufungsurteils entsprechend § 565 Abs. 2 ZPO zu verweisen; denn diese Bindung bezieht sich nur auf den jeweiligen Aufhebungsgrund (BGHZ 132, 6, 10; BGH, Beschluß vom 21. Februar 1995 - KZA 29/94 - NJW-RR 1998, 1260 f.) und entfällt ohnedies bei einer Ä nderung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. BGH, Urteil vom 27. November 1991 - VIII ZR 225/90 - NJW-RR 1992, 611, 612). Das rechtlich geschützte Interesse der Klägerinnen an einer alsbaldigen gerichtlichen Klärung des Streitverhältnisses folgt aber ohne weiteres aus der mit der Widerklage noch im Prozeß aufgestellten Rechtsbehauptung der Beklagten, die streitbefangenen Grundstücke allein ausbeuten zu dürfen.

b) Ebensowenig steht die - vom Berufungsgericht nicht erörterte - Rechtskraft der Urteile im ersten Marmorprozeß einer Zulässigkeit der neuen Feststellungsklage entgegen. Freilich verbietet die materielle Rechtskraft gerichtlicher Entscheidungen (§ 322 ZPO) nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich jede neue Verhandlung und Entscheidung über denselben Streitgegenstand (BGHZ 93, 287, 288 f.; 123, 30, 33 f.; BGH, Urteil
vom 17. März 1995 - V ZR 178/93 - NJW 1995, 1757). Inwieweit sich im Streitfall die materielle Rechtskraft der früheren Urteile nach § 325 Abs. 1 ZPO auf die Parteien des heutigen Rechtsstreits erstreckt, weil diese entweder Rechtsnachfolger der Parteien des Vorprozesses oder der damaligen Bergwerkseigentümerin , deren Abbaurecht Grundlage des ersten Marmorprozesses war, geworden sind oder weil sie ihren unmittelbaren Besitz von einer dieser Parteien oder ihren Rechtsnachfolgern ableiten, ist weitgehend ungeklärt, aber auch nicht entscheidend. Zeitlich werden jedenfalls die Grenzen der Rechtskraft durch den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bestimmt (vgl. § 767 Abs. 2 ZPO). Infolgedessen kann es bei der in die Zukunft greifenden Feststellung eines dauernden Rechtsverhältnisses, wie hier, weder der unterlegenen Partei noch - bei entsprechendem Rechtsschutzinteresse - ihrem Gegner (oder deren Rechtsnachfolgern) verwehrt sein, in einem Zweitprozeß geltend zu machen, die Rechtslage habe sich seitdem wesentlich geändert (vgl. dazu RGZ 46, 65, 67 f.; 147, 385, 390; Habscheid, ZZP 78 [1965], 401, 448 ff.; MünchKomm/Gottwald, ZPO, § 322 Rn. 128, 145; Zöller/Vollkommer, ZPO, 21. Aufl., vor § 322 Rn. 53 m.w.N.). Die Beklagte vertritt aber gerade die Auffassung , das am 1. Januar 1982 in Kraft getretene Bundesberggesetz regele den Konflikt zwischen Grundstückseigentümer und Bergwerkseigentümer nunmehr anders als vom Reichsgericht entschieden.
2. Entgegen der Meinung des Berufungsgerichts kann die mit der Klage in erster Linie begehrte Feststellung, das Marmorgewinnungsrecht der Beklagten stehe dem Abbau von Kalkstein seitens der Klägerinnen nicht entgegen, nicht schon deshalb getroffen werden, weil jede Berechtigung der Beklagten zur Förderung von Marmor mangels Vorkommens dieses Minerals auf den streitigen Grundstücken mindestens heute gegenstandslos sei.


a) Rechtsfehlerfrei nimmt das Berufungsgericht zunächst an, das in den Jahren 1863 und 1864 noch auf der Grundlage der kurkölnischen Bergordnung von 1669 verliehene Bergwerkseigentum zur Gewinnung von Marmor sei trotz der späteren Rechtsänderungen durch das Allgemeine Berggesetz für die Preußischen Staaten vom 24. Juni 1865 (PreußAllgBergG) und das Bundesberggesetz , die beide Marmor nicht mehr als bergfreien Bodenschatz kennen, ihn vielmehr den Grundeigentümermineralien zurechnen, bestehengeblieben (§§ 1, 222 PreußAllgBergG; 3, 149 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, 150 Abs. 2, 154 Abs. 1 BBergG). Nicht zu beanstanden ist ferner die im wesentlichen auf tatrichterlicher Würdigung beruhende Feststellung, das aus dem Bergwerkseigentum folgende Gewinnungsrecht könne gegenwärtig die Beklagte - aus eigenem oder abgeleitetem Recht - geltend machen. Das zieht auch die Revisionserwiderung nicht in Zweifel.

b) Dem Berufungsgericht ist weiter darin zuzustimmen, daß weder die Verleihungsurkunden der Jahre 1863 und 1864 noch die das Bergwerkseigentum bestätigenden Bescheide des Landesoberbergamts Nordrhein-Westfalen aus den Jahren 1982 und 1988 verbindliche Aussagen über das Vorhandensein von Marmor innerhalb der Bergwerksfelder treffen. Die von der Revision hiergegen vorgebrachten Rügen sind unbegründet; sie unterscheiden nicht genügend zwischen den Voraussetzungen derartiger Bescheide und ihrem Gegenstand oder Inhalt, wobei dahingestellt bleiben mag, ob es sich bei solchen Bestätigungen überhaupt um Verwaltungsakte handelt, wie die Revision meint (ablehnend BVerwGE 85, 223, 245; OVG Münster im Urteil vom 30. September 1997 - 21 A 3785/96, Umdruck S. 7 ff.). Nur an den Inhalt der im Verwaltungsakt getroffenen Regelungen sind aufgrund dessen Tatbestands-
wirkung auch die Zivilgerichte gebunden (vgl. etwa BGH, Urteil vom 25. Oktober 1990 - IX ZR 13/90 - NJW 1991, 700, 701). "Geregelt" wurden hier aber allenfalls die Einräumung und das Fortbestehen eines Abbaurechts auf Marmor, während das im Verleihungsverfahren zusätzlich geprüfte und in den ausgestellten Urkunden erwähnte lagerartige Marmorvorkommen lediglich zu den tatbestandlichen Voraussetzungen der Verleihung gehört. Eine Bindung an tatsächliche Feststellungen solcher Art (Feststellungswirkung) tritt nur ganz ausnahmsweise ein (vgl. zum Ganzen Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, 11. Aufl., § 20 Rn. 47, 64 f.) und findet im Streitfall keinerlei rechtliche Grundlage.

c) Im Ansatz zu Recht hat darum das Berufungsgericht eine Auslegung des in Teil II Art. 5 Abs. 2 der kurkölnischen Bergordnung (abgedruckt bei Brassert, Bergordnungen der preußischen Lande, 1858, S. 525) und den Verleihungsurkunden verwendeten Rechtsbegriffs "Marmor" für erforderlich gehalten. Hingegen ist der von ihm ermittelte Begriffsinhalt, der als Anwendung revisiblen Landesrechts (§ 549 Abs. 1 ZPO) - ohne Rücksicht darauf, daß dieses Gesetz inzwischen außer Kraft getreten ist (vgl. BGHZ 24, 253, 255) - sowie als Auslegung behördlicher Akte (vgl. dazu BGHZ 86, 104, 110; BGH, Urteil vom 19. März 1998 - IX ZR 120/97 - NJW 1998, 2139) der freien Nachprüfung des Revisionsgerichts unterliegt, von Rechtsfehlern beeinflußt. Auszugehen ist vielmehr nach wie vor von dem Marmorbegriff des Reichsgerichts im ersten Marmorprozeß (RGZ 147, 161, 166 ff.), den der Senat für zutreffend hält und den er übernimmt. Das fordern nicht zuletzt die Gebote von Rechtssicherheit und Vertrauensschutz, die hier insbesondere unter dem Gesichtspunkt des eigentumsrechtlichen Bestandsschutzes zu beachten sind und die auch im allgemeinen ein Festhalten an der einmal eingeschlagenen Rechtsentwicklung
verlangen. Ein Abgehen von der Kontinuität einer anerkannten Rechtsprechung kann darum nur ausnahmsweise hingenommen werden, wenn deutlich überwiegende oder sogar schlechthin zwingende Gründe dafür sprechen (BGHZ 85, 64, 66; 106, 34, 37; 125, 218, 222). Im Streitfall sind solche Gründe nicht erkennbar.
aa) Die kurkölnische Bergordnung definiert den Begriff "Marmor" nicht und setzt ihn als bekannt voraus. Marmorbergwerke werden lediglich in Teil II Art. 5 Abs. 2 im Zusammenhang mit der Abgabe eines Zehnten erwähnt. Die Vorschrift lautet:
"Und dieweilen nicht allein die Marmor- und Alabaster-Brüch, sondern auch alle Mühlenstein- und dergleichen Hauptbrüch in Unseren Landen, wo selbige nur anzutreffen, dessgleichen auch die Schiefersteinbrüch den Bergwercken ankleben, einverleibet und mit incorporirt seynd; Als sollen nicht desto weniger Unser Zehendtner und Bergwercks-Bedienten den Zehenden davon quartalig einfordern und unfehlbar entrichtet nehmen; keinem aber soll zugelassen sein, dergleichen Brüche auffzuräumen, weniger seiner Partirung damit zu treiben, es seye dan, dass er selbige vor Unserem Bergambt ördentlich gemutet und Inhalt Unserer Bergordtnung sich desswegen gebührender massen bestättigen lassen."
bb) In Ermangelung chemischer Abgrenzungsmöglichkeiten ist Marmor nach der Entscheidung des Reichsgerichts "Kalkstein ..., der sich für die Verwendung zu künstlerischen oder kunstgewerblichen Zwecken eignet. Diese Begriffsbestimmung schließt die Erfordernisse des schönen Aussehens und der Schneid-, Schleif- und Polierbarkeit sowie die Freiheit von Verunreinigungen und Umbildungen, die zu der bezeichneten Verwendung untauglich machen , ein. Dagegen kann das Erfordernis der Gewinnbarkeit in Blöcken von bestimmter Größe nur insoweit aufgestellt werden, daß die Brauchbarkeit für
künstlerische oder kunstgewerbliche Zwecke noch gewahrt sein muß" (RGZ aaO S. 168 f.).
cc) Das Berufungsgericht will von dieser weiten Definition insofern abweichen , als es für (technischen) Marmor eine Gewinnbarkeit des Kalksteins in quaderförmigen Blöcken von mindestens 0,4 m³ Rauminhalt verlangt. Es entnimmt diese Voraussetzung - gestützt auf ein von ihm eingeholtes Gutachten des Sachverständigen Dr. S. - einerseits der auch vom Reichsgericht hervorgehobenen Schneidfähigkeit, die ein Sägen in großen quaderförmigen Platten erfordere, und andererseits - hilfsweise - der heutigen Verkehrsübung. In beiden Punkten vermag ihm der Senat nicht zu folgen. Er hält vielmehr an der Definition des Reichsgerichts fest. Danach kommt es auf eine Verwendbarkeit in der Innen- oder Außenarchitektur, die fachtechnisch weitaus im Vordergrund stehen mag, nicht an. Ebensowenig spielen wirtschaftliche Fragen eine Rolle, insbesondere die Abbauwürdigkeit der Lagerstätten. Sie wurden, soweit sie in rechtlicher Hinsicht von Bedeutung sind, im Verleihungsverfahren geprüft und sind mit diesem abgeschlossen. Das vom Berufungsgericht eingeholte und für seine Rechtsauffassung hauptsächlich herangezogene Gutachten des Sachverständigen Dr. S. basiert aber neben einer fachlich-technischen Sichtweise, die lediglich architektonischen Zwecken Raum läßt und den insbesondere bei kunstgewerblichen Gegenständen an das Ausgangsmaterial zu stellenden geringeren Anforderungen an die Blockgröße kaum Beachtung schenkt, betont auf wirtschaftlichen Überlegungen, die dem Sachverständigen durch den ergänzenden Beweisbeschluß des Berufungsgerichts vom 17. Dezember 1996 auch nahegelegt worden waren. Nichts anderes gilt für die vom Berufungsgericht und dem Sachverständigen Dr. S. zitierten Fundstellen aus der Fachliteratur , soweit sich diese überhaupt mit einer Verwendung der gewonnenen
Blöcke befassen. Was schließlich die vom Berufungsgericht hilfsweise einbezogenen heutigen Marktverhältnisse betrifft, so kann es auf eine etwaige Ä nderung der Handelsgewohnheiten gleichfalls nicht ankommen. Für den rechtlichen Marmorbegriff maßgebend sind die Verhältnisse zum Verleihungszeitpunkt und auch nur die technische Eignung des gewonnenen Kalksteins mindestens zu den erwähnten Gegenständen des Kunstgewerbes, nicht dessen Absetzbarkeit unter Marktgesichtspunkten oder die Abbauwürdigkeit der Lagerstätten zur Marmorgewinnung. Daran geht auch der vom Berufungsgericht gezogene Vergleich mit einem durch Naturkatastrophen oder andere gewaltsame äußere Ereignisse nachträglich zerstörten Gestein vorbei.

d) Unter diesem Blickwinkel hat das Berufungsgericht das Vorkommen von Marmor auf den noch streitigen Parzellen nicht geprüft. Für die Revisionsinstanz ist dies daher zugunsten der Beklagten zu unterstellen. Mit der gegebenen Begründung kann das Berufungsurteil nach alledem nicht bestehenbleiben.
3. Eine eigene Sachentscheidung des Revisionsgerichts kommt nicht in Betracht. Nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand stellt sich weder das angefochtene Urteil jedenfalls deswegen als richtig dar (§ 563 ZPO), weil die Klägerinnen vor einem Marmorgewinnungsrecht der Beklagten vorrangig zum Abbau jeglichen auf den streitigen Flächen anstehenden Kalksteins berechtigt wären, noch kann der Senat gegenteilig - im Sinne einer Klageabweisung - entscheiden (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO).

a) aa) Das aufrechterhaltene Bergwerkseigentum gewährt der Beklagten im Grundsatz gemäß §§ 8 Abs. 1 Nr. 1, 9 Abs. 1, 151 Abs. 1 Nr. 1 und 2,
154 Abs. 1 BBergG das ausschließliche Recht, Marmor in den Bergwerksfeldern aufzusuchen, zu gewinnen und das Eigentum daran zu erwerben sowie nach Maßgabe des § 42 BBergG - Notwendigkeit gemeinschaftlicher Gewinnung nach Entscheidung der Bergbehörde - dort andere Bodenschätze (beibrechende Mineralien) mitzugewinnen und das Eigentum daran zu erwerben. Zu diesen anderen Bodenschätzen gehören auch die dem Grundeigentümer gehörenden Mineralien, ohne Rücksicht darauf, ob es sich um die in § 3 Abs. 4 BBergG genannten grundeigenen Bodenschätze oder um vom Bundesberggesetz nicht erfaßte sonstige Rohstoffe (Grundeigentümerbodenschätze) handelt, wie den hier in Rede stehenden Kalkstein (vgl. Boldt/Weller, BBergG, § 8 Rn. 12, § 42 Rn. 1).
In erster Linie ist allerdings zum Abbau der auf seinem Grundstück anstehenden Grundeigentümerbodenschätze kraft seines Eigentumsrechts - vorbehaltlich der Rechte anderer - der Grundstückseigentümer befugt (§§ 903, 905 BGB), unbeschadet der zusätzlichen - nach öffentlichem Recht zu entscheidenden - Frage, inwieweit er dazu noch einer behördlichen Genehmigung - hier nach dem Abgrabungsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen - bedarf (vgl. dazu Senatsurteil BGHZ 90, 17, 21 f.). Dieses Recht schließt, wenn ein getrennter Abbau nicht möglich ist, auch die Befugnis zu einer mindestens tatsächlichen Mitgewinnung regaler Mineralien ein (RGZ 147, 161, 172). Das ist für grundeigene Bodenschätze nach § 3 Abs. 4 BBergG - auch soweit es sich darüber hinaus um den Eigentumserwerb an mitgewonnenen Rohstoffen handelt - heute in den §§ 34 und 43 BBergG ausdrücklich anerkannt und näher geregelt (dazu Boldt/Weller, § 42 Rn. 11, § 43 Rn. 2), kann aber für Grundeigentümerbodenschätze nicht anders gelten (so auch Boldt/Weller, § 43 Rn. 1; Kühne, ZfB 126 [1985], 178, 183 f.). Ein sachlicher Grund für eine unterschied-
liche Behandlung ist nicht erkennbar. Denn ebenso wie ein Bergbau auf verliehene Mineralien oder grundeigene Bodenschätze könnte auch die Gewinnung von Grundeigentümerbodenschätzen ohne eine Mitgewinnung damit häufig eng verwachsener beibrechender Mineralien erschwert oder sogar gänzlich unmöglich werden. Der Zweck des Mitgewinnungsrechts liegt aber gerade darin, Bergbau nicht dadurch zu behindern, daß ihm Mineralien im Wege stehen , die dem Betreiber nicht verliehen sind, und dieses Ziel ist unabhängig davon , ob das Gesetz - auch aus Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten - die Rohstoffgewinnung bergrechtlichen Regelungen oder anderen Vorschriften unterstellt. Dem Willen des Gesetzgebers widerspricht dieses Ergebnis nicht, es wird vielmehr mittelbar durch die Gesetzgebungsgeschichte bestätigt. Während § 3 des Regierungsentwurfs eines Bundesberggesetzes von 1975 (BR-Drucks. 350/75) noch von einem weiten Begriff grundeigener Bodenschätze ausging, der alle nicht bergfreien Mineralien umfaßte, so daß die dem heutigen § 43 BBergG entsprechende Regelung in § 48 dieses Entwurfs sich auch auf die jetzigen Grundeigentümerbodenschätze bezog, wurde im späteren Regierungsentwurf 1977 der Begriff grundeigener Bodenschätze auf den heutigen Bedeutungsinhalt verengt (§§ 3, 41 f. des Entwurfs, BT-Drucks. 8/1315). Das geschah aber augenscheinlich allein mit Rücksicht auf Zuständigkeiten der Länder im Bereich des Naturschutzes, der Landschaftspflege, des Wasserrechts und des Baurechts und der deswegen zum vorangegangenen Entwurf angemeldeten Bedenken des Bundesrats (vgl. Boldt/Weller, § 3 Rn. 1), nicht jedoch mit dem Ziel, das Mitgewinnungsrecht des Grundeigentümers gegenüber dem Vorentwurf zu beschränken. Einwände waren insoweit im Gesetzgebungsverfahren auch nicht erhoben worden.
bb) Zwischen den widerstreitenden, jeweils auf das Gewinnungsrecht des anderen übergreifenden Rechten des Grundeigentümers und des Bergwerkseigentümers entsteht damit, wenn beide an denselben Punkten zusammentreffen und - wie hier zumindest unterstellt werden muß - ein getrennter Abbau der Mineralien nicht möglich ist, ein vom Bundesberggesetz nicht voll gelöster Konflikt. Das Gesetz sieht zwar in derartigen Fällen die Entscheidung der zuständigen Bergbehörde vor, ob mehrere Bodenschätze bei planmäßiger Durchführung der Gewinnung aus bergtechnischen oder sicherheitstechnischen Gründen nur gemeinschaftlich gewonnen werden können (§ 42); damit wird im Einzelfall das Mitgewinnungsrecht konkretisiert. Die Vorschrift enthält jedoch keine Regelung über ein Rangverhältnis mehrerer an derselben Stelle konkurrierender Berechtigter. Eine allgemeine Vorzugsstellung des Bergbaus vor dem Recht des Grundstückseigentümers zum Abbau der ihm gehörenden Mineralien über die gesetzlich besonders normierten Konfliktfälle hinaus, für die sich in neuerer Zeit - freilich noch zum früheren Rechtszustand - insbesondere Turner ausgesprochen hat (ZfB 106 [1965], 321, 331; ders. ZfB 108 [1967], 251, 252 ff.), findet in den Vorschriften des Bundesberggesetzes keine zureichende Stütze und ist heute darum ebensowenig anzuerkennen wie unter Geltung des preußischen Allgemeinen Berggesetzes (hierzu RGZ 147, 161, 170; H. Schulte, ZfB 113 [1972], 166, 170 f.; Boldt/Weller, § 42 Rn. 10). Ein derartiges Vorzugsrecht des Bergwerkseigentümers folgt auch nicht aus der besonderen gesamtwirtschaftlichen Bedeutung des Abbaus bergfreier Mineralien und dem Allgemeininteresse an der Gewinnung solcher Bodenschätze. Das Bundesberggesetz stellt vielmehr, wie sich aus den §§ 34 und 114 Abs. 2 Nr. 2 ergibt, mindestens bei grundeigenen Bodenschätzen den privaten Grundeigentümerbergbau der Gewinnung bergfreier Mineralien im Rang gleich (Boldt/Weller aaO). Aus den oben zu aa) dargestellten Gründen ist dies aber
auf den Abbau der vom Bundesberggesetz sonst nicht erfaßten Grundeigentümerbodenschätze zu übertragen.
cc) Ein Zusammenstoß von Grundeigentümer-Abbau und Bergbau auf verliehenes Mineral an demselben Ort des Grubenfeldes findet nach Ansicht des Reichsgerichts seine natürliche Lösung durch Anerkennung des auch sonst im Recht vielfach maßgebenden Grundsatzes des zeitlichen Vorrangs (RGZ 147, 161, 171 f.; ebenso bereits Werneburg, ZfB 70 [1929], 181, 194 f.). Schrifttum und Praxis sind dem weitgehend gefolgt (Boldt/Weller, § 42 Rn. 9 f.; Dietzsch, ZfB 107 [1966], 404, 406, 418; Miesbach/Engelhardt, Bergrecht, Art. 206 BayBergG - § 148 ABG Anm. 5 b; Oberbergamt Bad Ems, ZfB 100 [1959], 325, 330 f.; a.A. Turner aaO). Der Senat schließt sich dieser Auffassung an. Nur eine solche Lösung vermag angesichts der Ranggleichheit beider Gewinnungsrechte und des somit Vertrauensschutz für die erfolgten Investitionen fordernden Bestandsinteresses für den früher aufgenommenen Betrieb den auftretenden Interessenkonflikt befriedigend zu lösen.
dd) Auf dieser Grundlage kann die Feststellungsklage der Klägerinnen Erfolg haben, wenn und soweit sie auf den streitigen Flächen bereits Kalksteinabbau betreiben und mit diesen Unternehmen Priorität vor einer von der Beklagten erst beabsichtigten Gewinnung von Marmor genießen. Das gilt allerdings nur vorbehaltlich einer von der zuständigen Behörde noch zu treffenden Entscheidung nach den §§ 42 und 43 BBergG. Diese Vorschriften behalten die Feststellung, daß beide Bodenschätze bei planmäßiger Durchführung der Gewinnung aus bergtechnischen oder sicherheitstechnischen Gründen nur gemeinschaftlich gewonnen werden können, einer Entscheidung der Verwaltungsbehörde vor. Erst diese konkretisiert das in den §§ 8 Abs. 1 Nr. 1, 9
Abs. 1 und 151 Abs. 1 Nr. 2 BBergG lediglich allgemein umschriebene Mitgewinnungsrecht (Begründung zu § 41 des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. 8/1315, S. 101; Piens/Schulte/Graf Vitzthum, BBergG, § 42 Rn. 4). Ein solcher Vorbehalt ist auch von den Zivilgerichten zu beachten. Er gilt hier entsprechend für die Mitgewinnung regaler Mineralien bei der Förderung von Grundeigentümerbodenschätzen.
Zur Priorität des Abbaus hat das Berufungsgericht - anders als das Oberlandesgericht im ersten Marmorprozeß - keine Feststellungen getroffen. Das wird, sollte die Klage nicht schon aus den nachstehend zu b) erörterten Gründen begründet erscheinen, nachzuholen sein.

b) Nach dem tatsächlichen Vorbringen der Klägerinnen, dessen Richtigkeit das Berufungsgericht ebenfalls nicht geprüft hat, dem aber die Beklagte jedenfalls im Kern offenbar nicht entgegengetreten ist, geht es der Beklagten gar nicht um die Gewinnung von Marmor. Sie will vielmehr, nicht anders als die Klägerinnen, das Mineral zertrümmert als Kalkstein zur Verwendung in der Baustoffindustrie abbauen. Träfe dies zu, so verfehlte das lediglich zur Marmorgewinnung verliehene und von der Beklagten jetzt ausgeübte Recht seinen Zweck. Das Bergwerkseigentum gewährt primär nur die Befugnis, die in der Verleihungsurkunde bezeichneten Bodenschätze aufzusuchen und zu gewinnen (§§ 8 Abs. 1 Nr. 1, 9 Abs. 1 BBergG) und kann als Sonderrecht auch nur mit dieser Zielsetzung das Grundeigentum beschränken. Andere Bodenschätze dürfen mit Blick hierauf und nach zudem ausdrücklicher Bestimmung des Gesetzes lediglich mitgewonnen werden. Vorausgesetzt ist darum - obwohl im allgemeinen die tatsächliche Verwendung des gewonnenen Minerals der Entscheidung des Unternehmers überlassen bleiben muß - ein ernsthaft auf den
Abbau des verliehenen Minerals und nicht unter dem bloßen Deckmantel eines derartigen Bergbaus ein planmäßig und ausschließlich auf die Gewinnung der prinzipiell dem Grundeigentum zugeordneten Bodenschätze gerichteter Betrieb (vgl. VG Arnsberg ZfB 138 [1997], 171, 186; Isay, AllgBergG, 2. Aufl., § 57 Rn. 1 a; Turner, ZfB 108 [1967], 45, 65; H. Wilde, Kollisionen mehrerer Mineralgewinnungsrechte , Diss. 1970, S. 70, 79 f.; so auch der Erlaß des Preußischen Ministers für öffentliche Arbeiten vom 27. Mai 1882, ZfB 24 [1883], 16, 21 für die Gewinnung von Strontianit bei vorgegebenem Abbau von Schwefelkies ; Rekursbescheid des Hessischen Innenministeriums vom 1. Juli 1910, ZfB 51 [1910], 646, 650 für die allein beabsichtigte Gewinnung von Schwerspat aufgrund einer auf Eisenerz verliehenen Bergwerksberechtigung; in RGZ 147, 161, 170 insoweit offengelassen, bejaht hingegen aaO S. 171 f. für den umgekehrten Fall eines Grundeigentümerbergbaus zur ausschließlichen Gewinnung verliehener Mineralien). Ohne jenes Primärziel, das jedenfalls zum Teil oder als Endzweck (etwa nach der Abtragung von Deckschichten) nachvollziehbar angestrebt werden müßte, wäre das verliehene Gewinnungsrecht in der Hand der Beklagten nicht schutzwürdig, seine Ausübung gegen den Willen der Grundstückseigentümer damit unzulässige Rechtsausübung.
Durch die Zurückverweisung erhalten die Parteien Gelegenheit, auch unter diesem Gesichtspunkt noch ergänzend vorzutragen.

II.


Zur Widerklage
1. Die Widerklage ist in ihrem Hauptantrag, mit dem die Beklagte die Feststellung begehrt, zum Abbau jeder Art von Gestein (auf den streitigen Grundstücken ) ausschließlich berechtigt zu sein, unzulässig. Angesichts der bereits von den Klägerinnen mit umgekehrtem Klageziel erhobenen Feststellungsklage , sie seien selbst berechtigt, dort jegliches Gestein abzubauen, ohne daß Bergrechte der Beklagten entgegenständen, fehlt dem Widerklageantrag zumindest das notwendige Feststellungsinteresse (§ 256 Abs. 1 ZPO). Das ist auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu beachten (§ 559 Abs. 2 ZPO; vgl. BGH, Urteil vom 13. April 1989 - IX ZR 148/88 - WM 1989, 927, 928).
Der in erster Linie zur Entscheidung gestellte Klageantrag enthält eine Kombination von bejahender (soweit es um eigene Abbaurechte der Klägerinnen geht) und verneinender (in bezug auf entgegenstehende Rechte der Beklagten ) Feststellungsklage. Im ganzen ist er darauf gerichtet, die entgegengesetzten Gewinnungsrechte der Parteien zu klären, und erstrebt damit auch das kontradiktorische Gegenteil zu der mit dem Widerklageantrag aufgestellten Rechtsbehauptung der Beklagten.
Eine positive Feststellungs(wider)klage, die einer bereits erhobenen negativen Feststellungsklage entgegentritt, ist - insofern anders als eine spätere Leistungs(wider)klage (vgl. hierzu nur BGH, Urteil vom 19. Dezember 1995 - VI ZR 15/95 - NJW 1996, 1128) - grundsätzlich unzulässig, sei es wegen anderweitiger Rechtshängigkeit (§ 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO; dafür etwa Rosenberg/
Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht, 15. Aufl., §§ 93 IV 2, 100 III 1 c; Baltzer, Die negative Feststellungsklage aus § 256 I ZPO, 1980, S. 149 ff.), sei es in Ermangelung eines zusätzlichen berechtigten Interesses (so RG JW 1936, 2400, 2401, 2403); denn bereits die Abweisung der negativen Feststellungsklage als unbegründet stellt das Bestehen des geleugneten Rechts positiv fest (Zöller/Vollkommer, § 322 Rn. 11 m.w.N.). Anders liegt es nur dann, wenn eine eigene Feststellungsklage für den (Wider-)Kläger weitere Vorteile mit sich bringt, die er allein mit einer Abweisung der vom Gegner erhobenen Feststellungsklage nicht erreichen könnte, wie insbesondere eine Unterbrechung der Verjährung (dazu Macke, NJW 1990, 1651; a.A. [allgemein für Vorrang der positiven Feststellungsklage]: Musielak/Foerste, ZPO, 2. Aufl., § 256 Rn. 17). Solche besonderen Vorteile der Beklagten sind im Streitfall indessen nicht ersichtlich.
Durch die Abweisung als unzulässig statt als unbegründet wird die Beklagte prozessual nicht schlechter gestellt. Schon deswegen steht das Verbot der reformatio in peius (§ 559 Abs. 1 ZPO) nicht entgegen (vgl. auch BGH, Urteil vom 5. März 1990 - II ZR 86/89 - NJW-RR 1990, 739, 740; Urteil vom 11. Mai 2000 - I ZR 28/98 - Umdruck S. 14, für BGHZ bestimmt).
2. Für die Hilfsanträge der Widerklage gelten diese prozessualen Bedenken angesichts ihrer etwas abweichenden Zielsetzung und Fassung nicht. Materiellrechtlich hängt die Entscheidung indessen weitgehend von den Antworten
auf die oben zur Klage erörterten Fragen ab. Auch insoweit ist daher unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
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29
Soweit der Kläger in gewillkürter Prozessstandschaft für seine Ehefrau vorgeht, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden, weil die Aufhebung des Urteils nur wegen einer Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Insoweit ist die Berufung des Klägers, was ohne Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot geschehen kann (Senatsurteil vom 13. Januar 2009 - XI ZR 66/08, WM 2009, 402 Rn. 24 ff., 34; BGH, Urteil vom 5. März 2009 - IX ZR 141/07, WM 2009, 918 Rn. 15; Urteil vom 10. Dezember 1998 - III ZR 2/98, WM 1999, 753, 754, insoweit nicht abgedruckt in BGHZ 140, 208 ff.), mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Vollstreckungsabwehrklage als unzulässig abzuweisen ist.

(1) Die Rechtshängigkeit schließt das Recht der einen oder der anderen Partei nicht aus, die in Streit befangene Sache zu veräußern oder den geltend gemachten Anspruch abzutreten.

(2) Die Veräußerung oder Abtretung hat auf den Prozess keinen Einfluss. Der Rechtsnachfolger ist nicht berechtigt, ohne Zustimmung des Gegners den Prozess als Hauptpartei an Stelle des Rechtsvorgängers zu übernehmen oder eine Hauptintervention zu erheben. Tritt der Rechtsnachfolger als Nebenintervenient auf, so ist § 69 nicht anzuwenden.

(3) Hat der Kläger veräußert oder abgetreten, so kann ihm, sofern das Urteil nach § 325 gegen den Rechtsnachfolger nicht wirksam sein würde, der Einwand entgegengesetzt werden, dass er zur Geltendmachung des Anspruchs nicht mehr befugt sei.

13
Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann die Zulässigkeit des Hilfsantrags nicht verneint werden. Die - auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu prüfenden (Senatsurteil vom 10. November 1999 - VIII ZR 78/98, NJW 2000, 738 unter II 1 mwN) - Voraussetzungen der gewillkürten Prozessstandschaft liegen nach dem revisionsrechtlich zu unterstellenden Vortrag des Klägers vor.

Tenor

Die Revision gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 19. November 2014 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft von der Beklagten als Betreiberin einer Cafébar in einem Einkaufszentrum Zahlung von rückständigen Werbebeiträgen für das Jahr 2013 an die R. L. Werbegemeinschaft GbR (nachfolgend: Werbegemeinschaft).

2

Die Beklagte schloss im Februar 2010 als Mieterin mit der R. L. GmbH & Co. KG, die bei Vertragsschluss durch die Klägerin vertreten wurde, einen vorformulierten und von der Vermieterseite gestellten Mietvertrag über Gewerberäume zum Betrieb eines Cafés. Zeitgleich schloss die Beklagte mit der Klägerin und mit der zu diesem Zeitpunkt noch nicht gegründeten Werbegemeinschaft, die ebenfalls durch die Klägerin vertreten wurde, einen vorformulierten Werbegemeinschafts-Vertrag ab, der unter anderem folgende Regelungen enthält:

"§ 1 Beitritt zur Werbegemeinschaft

1. Der Mieter tritt hiermit der in der R. L. bestehenden Werbegemeinschaft in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts auf der Grundlage des als Anlage beigefügten Gesellschaftsvertrages mit Wirkung zu dem mit dem Vermieter des Einkaufszentrums vereinbarten Mietbeginn bei und verpflichtet sich gegenüber der Werbegemeinschaft und der E. [Klägerin] die Mitgliedschaft während der Dauer des Mietvertrages aufrecht zu erhalten.

2. Sollte zum Zeitpunkt des Beginns des Mietverhältnisses noch keine Werbegemeinschaft bestehen, verpflichtet sich der Mieter gegenüber der E. [Klägerin], der danach auf der Grundlage des als Anlage beigefügten Gesellschaftsvertrages noch zu gründenden Werbegemeinschaft des Einkaufszentrums beizutreten und seine Mitgliedschaft in der Werbegemeinschaft während der Dauer des Mietvertrages aufrechtzuerhalten.

Der Mieter erteilt der E. [Klägerin] hiermit die unwiderrufliche Vollmacht, in seinem Namen den Beitritt zur Werbegemeinschaft zu erklären. Die E. [Klägerin] wird von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. (...)

§ 2 Werbebeitrag

1. Der Mieter verpflichtet sich, 1 % des in dem Mietobjekt erzielten jährlichen Umsatzes (...), mindestens jedoch € 3,60 monatlich pro m² angemieteter Ladenfläche als Werbebeitrag an die E. [Klägerin] oder ein anderes von der Werbegemeinschaft mit der Geschäftsbesorgung beauftragtes Unternehmen zu Zwecken der Gemeinschaftswerbung für das Einkaufszentrum zu zahlen. Dieser Werbebeitrag soll jedoch den 1,5-fachen Wert des Mindestwerbebeitrages bzw. des gemäß Ziffer 2 beschlossenen Werbebeitrages nicht überschreiten. (...)"

3

Nach § 6 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags wird die Höhe der Mindestwerbekostenbeiträge von der Gesellschafterversammlung mit einfacher Stimmenmehrheit beschlossen. Die Beiträge werden gemäß § 6 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags von den Gesellschaftern im Verhältnis der Größe ihrer Ladenfläche geleistet und sind nach § 6 Abs. 5 Satz 1 des Gesellschaftsvertrags halbjährlich am 1. Januar und am 1. Juli im Voraus zu zahlen. § 6 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrags sieht vor, dass ein Gesellschafter, der seine Mitgliedschaft in der Werbegemeinschaft kündigt, verpflichtet bleibt, für die Dauer seines Mietverhältnisses bzw. bis zu seinem Auszug aus den angemieteten Räumlichkeiten die Mindestwerbebeiträge an die Gesellschaft zu zahlen.

4

Die Werbegemeinschaft wurde am 2. Juli 2010 gegründet. Zwischen ihr und der Klägerin besteht ein Geschäftsbesorgungsvertrag, in dem die Klägerin ermächtigt wird, die zu entrichtenden Beitragszahlungen im eigenen Namen, erforderlichenfalls auch gerichtlich, geltend zu machen. Die Beklagte hat am 14. August 2013 ihre Mitgliedschaft in der Werbegemeinschaft gekündigt.

5

Das Amtsgericht hat der Klage auf Zahlung der Werbebeiträge für die beiden Halbjahre 2013 in Höhe von jeweils 1.542,24 € nebst Zinsen stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision möchte sie weiterhin die Abweisung der Klage erreichen.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

7

Trotz der zwischenzeitlichen Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten ist das Verfahren nicht nach § 240 Satz 1 ZPO unterbrochen. Das Amtsgericht hat die Wirksamkeit des Eröffnungsbeschlusses bis zum Eintritt von dessen Rechtskraft ausgesetzt. Ob § 4 InsO iVm § 570 Abs. 2 ZPO eine solche Entscheidung des Insolvenzgerichts, insbesondere noch vor Einlegung einer Beschwerde des Schuldners gegen den Eröffnungsbeschluss, überhaupt ermöglicht (vgl. hierzu MünchKommInsO/Ganter/Lohmann 3. Aufl. § 6 Rn. 51; Jaeger/Gerhardt InsO § 6 Rn. 33; Uhlenbruck/Papa InsO 14. Aufl. § 34 Rn. 22), kann vorliegend dahinstehen. Die Aussetzungsentscheidung des Amtsgerichts ist jedenfalls nicht nichtig und daher vom Prozessgericht grundsätzlich auch dann als gültig hinzunehmen, wenn sie verfahrensfehlerhaft ergangen sein sollte (vgl. BGH Urteil vom 17. Februar 2004 - IX ZR 135/03 - NJW-RR 2004, 1047, 1048).

II.

8

Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

9

Die Zulässigkeit der Prozessstandschaft sei zwischen den Parteien nicht mehr im Streit, nachdem die Berufung die entsprechende Feststellung des Amtsgerichts nicht gerügt habe.

10

Zu Recht habe das Amtsgericht die Beklagte zur Zahlung der Werbebeiträge verurteilt. Beide von der Beklagten unterzeichneten Verträge seien rechtswirksam.

11

Der Beitritt der Beklagten zur Werbegemeinschaft sei nicht deshalb unwirksam, weil die Höhe der Beiträge intransparent und letztlich unbegrenzt sei. Die Regelung in § 2 der Beitrittsvereinbarung trage dem Transparenzgebot ausreichend Rechnung, wonach der Beklagten zumindest ein grobes Bild über die zusätzlich anfallenden Kosten verschafft werden müsse. Auch eine Höchstgrenze lasse sich der Regelung entnehmen.

12

Ein Umgehungstatbestand nach § 306 a BGB liege nicht vor. Der Bundesgerichtshof habe eine vergleichbare Klausel in einem Mietvertrag nicht deshalb für unwirksam erachtet, weil sich der Mieter dort parallel zum Mietvertrag zum Beitritt zu einer Werbegemeinschaft in der Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts verpflichtet habe. Der Bundesgerichtshof habe vielmehr die Klausel wegen eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot für unwirksam gehalten. Darüber hinaus habe der Bundesgerichtshof eine unangemessene Benachteiligung des Mieters darin gesehen, dass die Werbegemeinschaft nach Wahl des Vermieters auch in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegründet werden konnte, weil dies weitgehende Haftungsrisiken für den Mieter zur Folge habe. Diese unwirksame mietvertragliche Regelung werde jedoch durch den abgeschlossenen Werbegemeinschaftsvertrag nicht im Sinne des § 306 a BGB umgangen. Die Beklagte habe sich nicht im Rahmen eines Mietvertrags durch eine Formularklausel in die Hände eines Dritten begeben, der allein über den Beitritt und die gewählte Gesellschaftsform entscheiden könne. Sie habe vielmehr selbst und in Kenntnis der konkreten Gesellschaftsform sowie der auf sie zukommenden Belastungen zusammen mit dem Mietvertrag die Beitrittsvereinbarung unterschrieben. Dem stehe auch nicht die bestrittene Behauptung der Beklagten entgegen, die Klägerin schließe beide Verträge ausschließlich gemeinsam. Es sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nämlich gerade nicht ungewöhnlich, dass es den Mietern in Einkaufszentren vertraglich zur Pflicht gemacht werde, einer Werbegemeinschaft beizutreten.

13

Nachdem bei Gewerberaummietverträgen auch die zehnjährige Vertragslaufzeit für die Vermietung rechtlich nicht zu beanstanden sei, habe das Amtsgericht im Ergebnis zu Recht die Beklagte trotz ihrer Kündigung zur Zahlung der Beiträge für das Jahr 2013 verurteilt.

III.

14

Diese Ausführungen halten im Ergebnis der rechtlichen Überprüfung stand.

15

1. Zu Recht geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Klägerin prozessführungsbefugt ist.

16

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf jemand ein fremdes Recht aufgrund einer ihm von dem Berechtigten erteilten Ermächtigung im eigenen Namen im Prozess verfolgen, sofern er hieran ein eigenes schutzwürdiges Interesse hat (sog. gewillkürte Prozessstandschaft; vgl. BGH Urteil vom 10. November 1999 - VIII ZR 78/98 - NJW 2000, 738 f. mwN). Die Frage der Zulässigkeit einer gewillkürten Prozessstandschaft betrifft eine Prozessvoraussetzung, die in jeder Lage des Verfahrens, auch in der Revisionsinstanz, von Amts wegen zu prüfen ist. Dabei ist das Revisionsgericht nicht an die Feststellungen des Berufungsgerichts gebunden (Senatsurteil vom 25. Juli 2012 - XII ZR 22/11 - NJW 2012, 3032 Rn. 16 mwN).

17

b) Die Werbegemeinschaft hat die Klägerin in § 7 Abs. 3 des Geschäftsbesorgungsvertrags vom 26. August 2010 ausdrücklich zur gerichtlichen Geltendmachung ihrer Ansprüche gegen die Mitglieder der Werbegemeinschaft auf Leistung der Werbebeiträge ermächtigt.

18

c) Die Klägerin hat auch ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Durchsetzung des geltend gemachten Anspruchs gegen die Beklagte auf Leistung der Werbebeiträge.

19

Die Klägerin wurde von der Werbegemeinschaft mit der Durchführung von Werbe- und Verkaufsförderungsmaßnahmen für das gesamte Einkaufszentrum beauftragt (§ 1 Abs. 1 lit. a des Geschäftsbesorgungsvertrags). Die hierfür notwendigen finanziellen Mittel werden ihr dadurch zur Verfügung gestellt, dass die Werbegemeinschaft die von ihren Mitgliedern geleisteten Werbebeiträge an die Klägerin zahlt (§ 2 Abs. 1 des Geschäftsbesorgungsvertrags). Nach § 4 Abs. 2 des Geschäftsbesorgungsvertrags hat die Klägerin in eigener Verantwortung zu prüfen, ob die von ihr durchzuführenden Maßnahmen durch den Wirtschaftsplan und die Etatmittel gedeckt sind. Im Hinblick auf diese Regelungen des Geschäftsbesorgungsvertrags wirkt sich die gerichtliche Geltendmachung von offenen Mitgliedsbeiträgen durch die Klägerin unmittelbar auf deren wirtschaftliche Situation aus. Dies begründet ein eigenes rechtliches und wirtschaftliches Interesse der Klägerin an der Rechtsverfolgung. Im Übrigen ist die Klägerin selbst Gesellschafterin der Werbegemeinschaft (§ 5.1 des Gesellschaftsvertrags). Die Grundsätze der gewillkürten Prozessstandschaft gelten auch dann, wenn ein Gesellschafter ermächtigt wird, einen Anspruch der Gesellschaft bürgerlichen Rechts im eigenen Namen und auf eigene Rechnung geltend zu machen (vgl. BGH Urteil vom 12. Oktober 1987 - II ZR 21/87 - NJW 1988, 1585, 1586).

20

2. Die Beklagte ist auch nach § 706 BGB iVm § 6.5 des Gesellschaftsvertrags zur Zahlung der von der Werbegemeinschaft für das Jahr 2013 beschlossenen Werbebeiträge verpflichtet.

21

a) Die Revision hält den Beitritt der Beklagten zu der Werbegemeinschaft im Hinblick auf das Senatsurteil vom 12. Juli 2006 (XII ZR 39/04 - NJW 2006, 3057 f.) für unwirksam. In dieser Entscheidung hat der Senat eine mietvertragliche Regelung, durch die ein Mieter verpflichtet wird, einer Werbegemeinschaft für ein Einkaufszentrum beizutreten, die auch in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegründet werden konnte, für unwirksam angesehen, weil der Mieter dadurch wegen der hiermit verbundenen Haftungsrisiken unangemessen benachteiligt wird. Ob dies auch dann gilt, wenn - wie hier - der Mietvertrag keine entsprechende Beitrittsverpflichtung für den Mieter vorsieht, und ob eine gleichwohl erfolgte Beitrittserklärung - wie die Revision meint - als Umgehungsgeschäft nach § 306 a BGB unwirksam ist, kann jedoch dahinstehen. Denn sollte der Beitritt der Beklagten zur Werbegemeinschaft unwirksam sein, würde die Beklagte die streitgegenständlichen Werbebeiträge nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft schulden.

22

Diese finden nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch bei einem fehlerhaften Beitritt zu einer Personengesellschaft Anwendung (vgl. BGHZ 153, 214 = NJW 2003, 1252, 1254 mwN und BGH Urteil vom 14. Oktober 1991 - II ZR 212/90 - NJW 1992, 1501, 1502 mwN). Der fehlerhaft vollzogene Beitritt ist damit regelmäßig nicht von Anfang an unwirksam, sondern kann nur mit Wirkung für die Zukunft durch eine von dem Gesellschafter erklärte Kündigung geltend gemacht werden. Der Gesellschafter, der sich auf den Mangel berufen will, hat aber das Recht, sich jederzeit im Wege der außerordentlichen Kündigung von seiner Beteiligung für die Zukunft zu lösen (BGH Urteil vom 18. Juli 2013 - IX ZR 198/10 - NJW 2014, 305 Rn. 13). Bis zum Zugang der Kündigungserklärung ist der vollzogene Beitritt grundsätzlich voll wirksam, so dass sich die Rechte und Pflichten der Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrag richten (vgl. BGH Urteil vom 14. Oktober 1991 - II ZR 212/90 - NJW 1992, 1501, 1502). Daher bleibt der Gesellschafter bis zur Kündigung auch zur Leistung der von ihm nach dem Gesellschaftsvertrag zu erbringenden Beiträge verpflichtet. Ein Beitritt ist dann vollzogen, wenn Rechtstatsachen geschaffen worden sind, an denen die Rechtsordnung nicht vorbeigehen kann. Dies ist der Fall, wenn der Beitretende Beiträge geleistet oder gesellschaftsvertragliche Rechte ausgeübt hat (BGH Urteil vom 27. Juni 2000 - XI ZR 174/99 - NJW 2000, 3558, 3560 mwN).

23

Danach finden die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft im vorliegenden Fall Anwendung. Die Beklagte hat an der Gründungsversammlung der Werbegemeinschaft teilgenommen und zumindest zeitweise Werbebeiträge geleistet. Ihr Beitritt zu der Werbegemeinschaft ist damit vollzogen, so dass sie sich jedenfalls so behandeln lassen muss, als wäre sie wirksam der Werbegemeinschaft beigetreten. Entgegen der Auffassung der Revision stehen im vorliegenden Fall der rechtlichen Anerkennung eines möglicherweise fehlerhaften Beitritts der Beklagten zu der Werbegemeinschaft auch keine gewichtigen Interessen der Allgemeinheit oder bestimmter schutzwürdiger Personen entgegen (vgl. hierzu BGHZ 153, 214 = NJW 2003, 1252, 1254).

24

b) Die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung der von der Werbegemeinschaft festgesetzten Werbebeiträge besteht trotz der von ihr mit Schreiben vom 14. August 2013 erklärten Kündigung für das gesamte Jahr 2013.

25

Die Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses durch einen Gesellschafter nach § 723 Abs. 1 Satz 2 BGB ist als Gestaltungsakt in Bezug auf die Gesellschaftsgrundlagen grundsätzlich an alle Gesellschafter zu richten. Sie ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung und setzt daher den Zugang an alle Mitgesellschafter voraus (Staudinger/Habermeier BGB [2003] § 723 Rn. 9). Ein Zugang gegenüber den vertretungsberechtigten Gesellschaftern reicht grundsätzlich nicht aus, weil sich deren Vertretungsbefugnis regelmäßig nicht auf Geschäfte erstreckt, die die Geschäftsgrundlage der Gesellschaft betreffen (vgl. OLG Celle NZG 2000, 586; Staudinger/Habermeier BGB [2003] § 723 Rn. 9). Der Zugang gegenüber dem geschäftsführenden Gesellschafter ist nur dann ausreichend, wenn der Gesellschaftsvertrag diesen zur Entgegennahme von Kündigungserklärungen ermächtigt (MünchKommBGB/Schäfer 6. Aufl. § 723 Rn. 11) oder wenn er die an die Gesellschaft gerichteten Kündigungserklärungen von sich aus an die übrigen Gesellschafter zur Kenntnisnahme weiter leitet (vgl. BGH Urteil vom 11. Januar 1993 - II ZR 227/91 - NJW 1993, 1002; OLG Celle NZG 2000, 586).

26

Danach ist die von der Beklagten erklärte Kündigung unwirksam. Nach § 5.3 Satz 4 des Gesellschaftsvertrags ist eine Kündigung des Gesellschafterverhältnisses gegenüber der Geschäftsführung der Werbegemeinschaft zu erklären. Vorliegend wurde die Kündigung jedoch durch Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 14. August 2013 nur gegenüber den Prozessbevollmächtigten der Klägerin ausgesprochen. Diese waren ebenso wenig wie die Klägerin selbst zur Vertretung der geschäftsführenden Gesellschafter der Werbegemeinschaft berechtigt. Dass die Kündigungserklärung an die geschäftsführenden Gesellschafter oder gar an alle Gesellschafter weitergeleitet worden wäre, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt, ohne dass dies von der Revision gerügt wird.

Dose                     Schilling                        Günter

             Botur                          Guhling

21
2. Der Kläger ist nicht - wie er erstmals in der Revisionsinstanz geltend macht - kraft gewillkürter Prozessstandschaft befugt, die an seine Ehefrau abgetretenen Ansprüche gegen die Beklagte zu 3 geltend zu machen. Gewillkürte Prozessstandschaft liegt vor, wenn der Prozessführende ermächtigt ist, den geltend gemachten Anspruch im eigenen Namen einzuklagen und ein eigenes rechtliches Interesse an der Prozessführung hat (Senatsurteil vom 11. März 1999 - III ZR 205/97 - NJW 1999, 1717 unter II. 1.; BGHZ 38, 281, 283; 94, 117, 121; 96, 151, 152 f; 100, 217, 218; 125, 196. 199; BGH, Urteil vom 2. Oktober 1987 - V ZR 182/86 - NJW-RR 1988, 126, 127 unter II.; jeweils m.w.N.). Ob die Ehefrau des Klägers diesem die Ermächtigung zur Prozessführung durch konkludentes Handeln erteilt hat (vgl. dazu BGHZ 94 aaO S. 122; BGH, Urteil vom 3. Juli 2002 - XII ZR 234/99 - NJW-RR 2002, 1377 unter 4.), kann dahinstehen. Jedenfalls fehlt es an dem erforderlichen rechtlichen Interesse des Klägers an der Prozessführung. Ein rechtsschutzwürdiges Eigeninteresse an der Prozessführung ist gegeben, wenn die Entscheidung Einfluss auf die eigene Rechtslage des Prozessführungsbefugten hat (BGH, Urteil vom 2. Oktober 1987 aaO unter 2. a; Zöller/Vollkommer aaO vor § 50 Rn. 44 m.w.N.). Interessen der Prozesswirtschaftlichkeit und der technischen Erleichterung der Prozessführung genügen dazu nicht (BGHZ 78, 1, 4; BGH, Urteil vom 3. Juli 2002 aaO unter 2. a; Zöller/Vollkommer aaO Rn. 44, 50 m.w.N.). Der Kläger beruft sich auf Gründe der Prozessökonomie, indem er darauf verweist, es sei sinnvoll, dass er das von ihm vor der Abtretung eingeleitete Verfahren weiterführe. Ein rechtliches Interesse des Klägers an der Prozessführung ergibt sich auch nicht daraus , dass die geltend gemachten Ansprüche einem Lebenssachverhalt entstammen , an dem nur er, aber nicht seine Ehefrau beteiligt war. Die Sachnähe mag eine Prozessführung durch den Kläger sinnvoll erscheinen lassen, hat aber keine Auswirkungen auf seine Rechtsstellung.