vorgehend
Amtsgericht Niebüll, 18 C 29/10, 09.02.2011
Landgericht Itzehoe, 11 S 14/11, 31.05.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 168/13
Verkündet am:
4. April 2014
Langendörfer-Kunz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Macht die Wohnungseigentümergemeinschaft Beitrags- oder
Schadensersatzansprüche gegen einen einzelnen Wohnungseigentümer
gerichtlich geltend, sind die ihr entstehenden Prozesskosten gemäß § 16 Abs.
2 WEG von allen Wohnungseigentümern zu tragen; eine Freistellung des
obsiegenden Wohnungseigentümers gemäß § 16 Abs. 8 WEG kommt nicht in
Betracht.
Der Wirtschaftsplan kann nach der Beschlussfassung über die
Jahresabrechnung durch einen Zweitbeschluss ersetzt werden, wenn Zweifel
an seiner Wirksamkeit bestehen; nichts anderes gilt für den Beschluss über
die Erhebung einer Sonderumlage als Ergänzung des Wirtschaftsplans.
BGH, Urteil vom 4. April 2014 - V ZR 168/13 - LG Itzehoe
AG Niebüll
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. April 2014 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, den Richter
Dr. Roth, die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland und den Richter
Dr. Kazele

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe vom 31. Mai 2013 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der auf der Eigentümerversammlung vom 1. Mai 2010 zu TOP 3 gefasste Beschluss für ungültig erklärt und die Nichtigkeit der zu TOP 13 und 14 gefassten Beschlüsse festgestellt worden ist. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Niebüll vom 9. Februar 2011 wird zurückgewiesen, soweit sie den auf der Eigentümerversammlung vom 1. Mai 2010 zu TOP 3 gefassten Beschluss zum Gegenstand hat. Im Übrigen wird die Sache im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Die Anschlussrevision des Klägers wird als unzulässig verworfen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft, in deren Anlage ein Hotel betrieben wird. In der Eigentümerversammlung vom 5. Mai 2007 wurde beschlossen, eine Sonderumlage für Brandschutzmaßnahmen zu erheben. Am 17. Mai 2008 wurde ein Beschluss über die Erhebung einer weiteren Sonderumlage für die Sanierung der Hotelküche gefasst. Beide Maßnahmen wurden vor dem Jahr 2009 durchgeführt. Alle Wohnungseigentümer mit Ausnahme des Klägers zahlten ihren Anteil an den Sonderumlagen. Eine gegen den hiesigen Kläger gerichtete Klage der Wohnungseigentümergemeinschaft auf Zahlung des auf seine Wohneinheit entfallenden Anteils wies das Landgericht in einem Vorprozess mit (rechtskräftigem) Urteil vom 4. Februar 2010 ab, weil es die beiden Beschlüsse über die Erhebung der Sonderumlagen wegen mangelnder Bestimmtheit als nichtig ansah; die Kosten erlegte es der Wohnungseigentümergemeinschaft auf.
2
In der Eigentümerversammlung vom 1. Mai 2010 wurde unter anderem die Jahresabrechnung für das Jahr 2009 beschlossen, in der die Kosten des geschilderten Rechtsstreits auf alle Wohnungseigentümer anteilig verteilt wurden (TOP 3). Ein Antrag des Klägers auf Abberufung des Verwalters wurde abgelehnt (TOP 10). Sodann wurden im Hinblick auf die Entscheidung des Landgerichts vom 4. Februar 2010 erneut Beschlüsse über die Erhebung der Sonderumlagen für die Brandschutzmaßnahmen (TOP 13) und für die Küchensanierung (TOP 14) jeweils auf der Basis der Miteigentumsanteile gefasst.
3
Die unter anderem gegen die genannten Beschlüsse gerichtete Anfechtungsklage des Klägers hat das Amtsgericht abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landgericht den zu TOP 3 gefassten Beschluss insoweit für ungültig erklärt, als der Kläger in der Jahreseinzelabrechnung anteilig mit den Kosten des Rechtsstreits belastet worden ist. Die zu TOP 13 und 14 gefassten Beschlüsse hat es für nichtig erklärt; im Hinblick auf TOP 10 hat es die Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgen die Beklagten ihre Schlussanträge zu TOP 3, 13 und 14 weiter. Der Kläger will mit der Anschlussrevision erreichen, dass der zu TOP 10 gefasste Beschluss für nichtig erklärt wird. Beide Parteien beantragen jeweils die Zurückweisung des gegnerischen Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


A.


4
Das Berufungsgericht meint, der Kläger dürfe in der Jahreseinzelabrechnung (TOP 3) nicht anteilig mit den Kosten des Rechtsstreits belastet werden. Als Vorschussleistung seien die Prozesskosten zwar nach § 16 Abs. 2 WEG auf die Wohnungseigentümer zu verteilen. Für die endgültige Kostenverteilung gelte indes der Vorrang der Kostenentscheidung des Gerichts; danach habe die Wohnungseigentümergemeinschaft die Kosten zu tragen und dürfe den Kläger nicht anteilig heranziehen. Ein Anspruch auf Abberufung des Verwalters (TOP 10) setze einen wichtigen Grund voraus, den der Kläger nicht ausreichend unter Beweis gestellt habe. Die hinsichtlich der Sonderumlagen gefassten Beschlüsse (TOP 13 und 14) seien nichtig, weil keine Beschlusskompetenz bestehe, für abgerechnete und bereits bezahlte Maßnahmen eine Sonderumlage zu beschließen; insoweit könne eine Zahlungspflicht nur durch die Jahreseinzelabrechnung begründet werden.

B.


I. Revision der Beklagten
5
6
1. Die Revision ist im Hinblick auf die zu TOP 3, 13 und 14 gefassten Beschlüsse statthaft. In den Entscheidungsgründen führt das Berufungsgericht aus, die Fragen der Beteiligung an den Kosten eines Rechtsstreits und der Beschlusskompetenz für Beschlüsse über Sonderumlagen nach Ablauf des Wirtschaftsjahres hätten grundsätzliche Bedeutung, so dass insoweit die Revision zuzulassen sei. Diese Rechtsfragen werfen die zu TOP 3, 13 und 14 gefassten Beschlüsse auf. Die Beschränkung ist wirksam, weil sie sich auf einen abtrennbaren Teil des Prozessstoffs bezieht (vgl. dazu MünchKommZPO /Krüger, 4. Aufl., Rn. 39 mwN). Die Revision ist auch im Übrigen zulässig.
2. In der Sache ist das Rechtsmittel vollen Umfangs begründet.
7
8
a) Rechtsfehlerhaft erklärt das Berufungsgericht den zu TOP 3 gefassten Beschluss insoweit für ungültig, als der Kläger in der Jahreseinzelabrechnung mit Prozesskosten belastet worden ist. Die Frage, ob die Kosten eines Rechtsstreits, den die Wohnungseigentümergemeinschaft gegen einen einzelnen Wohnungseigentümer führt, als Kosten der Verwaltung auf alle Wohnungseigentümer umzulegen sind oder ob der beklagte Wohnungseigentümer hiervon auszunehmen ist, wird allerdings uneinheitlich beantwortet. Dabei geht es zum einen um die Aufbringung der Mittel zur Erfüllung eines Kostenerstattungsanspruchs des obsiegenden Wohnungseigentümers. Zum anderen ist auch die - hier allein relevante - Heranziehung des beklagten Wohnungseigentümers im Hinblick auf die dem Verband selbst entstehenden Prozesskosten umstritten.
9
aa) Insoweit wird vertreten, der beklagte Wohnungseigentümer müsse sich an diesen Kosten nicht beteiligen und sei - auch von etwaigen Vorschusszahlungen - in seiner Einzelabrechnung freizustellen (Hügel, ZWE 2008, 265, 267 ff.). Obsiegt der Verband, ist danach die spätere Kostenerstattung durch den beklagten Wohnungseigentümer nur den übrigen (die Kosten verauslagenden) Wohnungseigentümern gutzuschreiben. Obsiegt dagegen der Wohnungseigentümer, bleibt er weiterhin freigestellt.
10
bb) Nach Ansicht des Berufungsgerichts sind zwar die Vorschüsse durch alle Wohnungseigentümer aus dem Verwaltungsvermögen aufzubringen und zunächst von allen Wohnungseigentümern zu tragen. Für die endgültige Verteilung der Kosten soll jedoch die gerichtliche Kostenentscheidung maßgeblich sein (so auch LG Bonn, ZMR 2011, 985, 986 f.; Jennißen in Jennißen, WEG, 3. Aufl., § 16 Rn. 165 ff.; ders., NZM 2007, 510, 511).
11
cc) Nach überwiegender Ansicht handelt es sich dagegen um Kosten der Verwaltung im Sinne von § 16 Abs. 2 WEG, an denen sich die Wohnungseigentümer ausnahmslos beteiligen müssen. Teils wird dies nur dann angenommen, wenn die Kosten - wie hier - aus der Verfolgung von Beitragsund Schadensersatzansprüchen herrühren (Spielbauer in Spielbauer, WEG, 2. Aufl., § 16 Rn. 78; Niedenführ in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 10. Aufl., § 16 Rn. 87; Bärmann/Seuß/Wanderer, Praxis des Wohnungseigentums, 6. Aufl., Teil C Rn. 1677). Vertreten wird aber auch, dass Kosten der Rechtsverfolgung durch den Verband gegen einzelne Wohnungseigentümer stets § 16 Abs. 2 WEG unterfallen (LG München I, NJW-RR 2013, 1285 ff.; Becker in Bärmann, WEG, 12. Aufl., § 16 Rn. 171; ebenso im Ergebnis Riecke/Schmid/Elzer, WEG, 3. Aufl., § 16 Rn. 318a). Danach kommt eine Freistellung des beklagten Wohnungseigentümers nicht in Betracht. Obsiegt der Verband in dem Prozess, wird die von dem Beklagten geschuldete Kostenerstattung allen Wohnungseigentümern - also auch dem Beklagten - gutgeschrieben. Obsiegt dagegen der Wohnungseigentümer, hat er zwar einen Anspruch auf Erstattung seiner außergerichtlichen Kosten; seinen Anteil an den Kosten der Wohnungseigentümergemeinschaft hat er jedoch - wie die übrigen Wohnungseigentümer auch - endgültig zu tragen.
12
dd) Der Senat teilt die zuletzt genannte Auffassung jedenfalls insoweit, als die Kosten darauf beruhen, dass der Verband gemeinschaftliche Beitragsoder Schadensersatzansprüche geltend macht; dies entspricht seiner Rechtsprechung zu § 16 Abs. 2 und 5 WEG in der bis zum 30. Juni 2007 geltenden Fassung (Senat, Beschluss vom 15. März 2007 - V ZB 1/06, BGHZ 171, 335 Rn. 25). Die Neufassung von § 16 Abs. 5 WEG - nunmehr in § 16 Abs. 8 WEG - gibt keinen Anlass, hiervon abzurücken.
13
(1) Gegen die Einordnung solcher Prozesskosten als Kosten der Verwaltung im Sinne von § 16 Abs. 2 WEG spricht allerdings der Wortlaut des § 16 Abs. 8 WEG. Danach sind die Kosten eines Rechtsstreits gemäß § 43 WEG nur insoweit Kosten der Verwaltung gemäß § 16 Abs. 2 WEG, als sie die durch eine Streitwertvereinbarung verursachten Mehrkosten betreffen. Die Norm bedarf jedoch einer teleologischen Reduktion, weil ihr Anwendungsbereich unbeabsichtigt zu weit gefasst worden ist. Dass die Kosten aller in § 43 WEG aufgeführten Rechtsstreitigkeiten nicht zu den Kosten der Verwaltung zählen sollten, ist auszuschließen. § 43 Nr. 5 WEG erfasst nämlich auch Außenstreitigkeiten, bei denen der Verband durch Dritte verklagt wird; insoweit ist kein Grund dafür ersichtlich, die Kosten nicht als solche der Verwaltung anzusehen. Auch die in § 43 Nr. 2 WEG aufgeführten Streitigkeiten über Rechte und Pflichten zwischen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und Wohnungseigentümern unterfallen jedenfalls dann nicht § 16 Abs. 8 WEG, wenn der Verband gemeinschaftliche Beitrags- oder Schadensersatzansprüche geltend macht.
14
(2) Die Gesetzesbegründung steht dieser Auslegung nicht entgegen. Dort wird lediglich ausgeführt, dass die Neufassung des § 16 Abs. 8 WEG nur hinsichtlich der durch eine Streitwertvereinbarung verursachten Mehrkosten eine Änderung gegenüber dem zuvor geltenden Recht herbeiführen sollte (BTDrucks. 16/887, 26). Dass auch unter der Geltung von § 16 Abs. 5 WEG aF die bei der Verfolgung von gemeinschaftlichen Beitrags- und Schadensersatzansprüchen anfallenden Prozesskosten von allen Wohnungseigentümern zu tragen waren, entsprach jedoch schon vor der - zeitlich nach der Gesetzesbegründung ergangenen - Entscheidung des Senats vom 15. März 2007 (V ZB 1/06, BGHZ 171, 335 ff.) der überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur (BayObLG, ZMR 2004, 763 für Wohngeldverfahren; Staudinger/Bub, BGB [2005], § 16 WEG Rn. 182 mwN).
15
(3) Nach Sinn und Zweck erfasst § 16 Abs. 8 WEG jedenfalls nicht Prozesskosten der genannten Art. Denn die Finanzierungsverantwortung für die Gemeinschaft obliegt den Wohnungseigentümern als gemeinschaftliche Aufgabe; insoweit dürfen sie sich des Verwaltungsvermögens bedienen (so zutreffend Becker in Bärmann, WEG, 12. Aufl., § 16 Rn. 172). Dagegen bezieht sich § 16 Abs. 8 WEG in erster Linie auf Streitigkeiten, bei denen die Wohnungseigentümer teils auf der Kläger- und teils auf der Beklagtenseite stehen. Die Norm soll - wie zuvor § 16 Abs. 5 WEG aF - verhindern, dass Konflikte innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft auf Kosten aller Wohnungseigentümer ausgetragen werden (so zu § 16 Abs. 5 WEG aF Senat, Beschluss vom 15. März 2007 - V ZB 1/06, BGHZ 171, 335 Rn. 22); sie soll aber nicht dazu führen, dass die mit der gerichtlichen Verfolgung von Beitragsansprüchen verbundenen Risiken nur einzelne Wohnungseigentümer zu tragen haben.
16
(4) Die in dem Urteil des Landgerichts vom 4. Februar 2010 enthaltene Kostenentscheidung, auf die sich das Berufungsgericht stützt, führt zu keinem anderen Ergebnis. Sie bezieht sich auf das Verhältnis der Parteien untereinander und regelt nicht, wer im Innenverhältnis die Kosten des unterlegenen Verbands tragen muss. Dass dem obsiegenden Wohnungseigentümer die Finanzierungskosten der Gemeinschaft für den Prozess anteilig endgültig zur Last fallen, beruht auf seiner Zugehörigkeit zu dem klagenden Verband.
17
(5) Ob die Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft allgemein zur Folge hat, dass deren Prozesskosten von den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich aufgebracht werden müssen, bedarf keiner Entscheidung; ebenso kann offenbleiben, ob der obsiegende Wohnungseigentümer aufgrund der Kostenentscheidung des Gerichts von der Finanzierung seines Anspruchs auf Erstattung außergerichtlicher Kosten ausgenommen werden muss (zu § 16 Abs. 5 WEG aF Senat, Beschluss vom 15. März 2007 - V ZB 1/06, BGHZ 171, 335 Rn. 17).
18
b) Auch die zu TOP 13 und 14 gefassten Beschlüsse erklärt das Berufungsgericht zu Unrecht für ungültig. Die Wohnungseigentümer durften die Erhebung der Sonderumlagen für die Finanzierung der Brandschutzmaßnahmen und die Sanierung der Hotelküche beschließen, nachdem das Landgericht in seinem Urteil vom 4. Februar 2010 die im Jahr 2007 bzw. 2008 gefassten Beschlüsse inzident geprüft und jeweils als ungültig angesehen hatte.
19
aa) Richtig ist zwar, dass eine Sonderumlage eine Ergänzung des Wirtschaftsplans für das laufende Wirtschaftsjahr darstellt, die der Deckung besonderer oder unvorhergesehener Ausgaben dient (vgl. nur Senat, Urteil vom 13. Januar 2012 - V ZR 129/11, NJW-RR 2012, 343 Rn. 12, 15). Hier sollte aber jeweils eine wirksame Rechtsgrundlage für die von den übrigen Wohnungseigentümern bereits entrichteten Beiträge und die noch ausstehenden Beiträge des Klägers geschaffen werden. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts enthält die Jahresabrechnung regelmäßig nicht diese Rechtsgrundlage.
20
bb) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats wirkt der Beschluss über die Jahresabrechnung anspruchsbegründend nur hinsichtlich des auf den einzelnen Wohnungseigentümer entfallenden Betrages, welcher die in dem Wirtschaftsplan für das abgelaufene Jahr beschlossenen Vorschüsse übersteigt (sog. Abrechnungsspitze); im Hinblick auf Zahlungsverpflichtungen, die durch frühere Beschlüsse entstanden sind, hat er dagegen nur bestätigende und rechtsverstärkende Wirkung. Insbesondere führt der Beschluss über die Jahresabrechnung nicht zu einer Verdoppelung des Rechtsgrunds für rückständige Vorschüsse in dem Sinne, dass sie sowohl auf Grund des Beschlusses über den Wirtschaftsplan als auch auf Grund des Beschlusses über die Jahresabrechnung geschuldet wären. Bei den in § 28 Abs. 2 WEG geregelten Vorschüssen der Wohnungseigentümer handelt es sich nicht um gewöhnliche Abschlagszahlungen, für die charakteristisch ist, dass sie von dem Gläubiger nicht mehr verlangt werden können, sobald eine Berechnung der eigentlichen Forderung vorliegt. Die Jahresabrechnung dient nicht der Ermittlung des „eigentlichen“ Beitragsanspruchs, sondern nur der Anpassung der laufend zu erbringenden Vorschüsse an die tatsächlichen Kosten (ausführlich Senat, Urteil vom 1. Juni 2012 - V ZR 171/11, NJW 2012, 2797 Rn. 20 ff. mwN).

21
cc) Weil die Jahresabrechnung danach nicht an die Stelle des Wirtschaftsplans tritt, kann dieser nach der Beschlussfassung über die Jahresabrechnung in einem folgenden Wirtschaftsjahr durch einen Zweitbeschluss ersetzt werden, wenn Zweifel an seiner Wirksamkeit bestehen (vgl. Jacoby, ZWE 2011, 61, 64; allgemein Senat, Beschlüsse vom 20. Dezember 1990 - V ZB 8/90, BGHZ 113, 197, 200 und vom 23. August 2001 - V ZB 10/01, BGHZ 148, 335, 350). Nichts anderes gilt für den Beschluss über eine Sonderumlage als Ergänzung des Wirtschaftsplans. Nachdem das Landgericht die Beschlüsse über die Sonderumlagen bei der Entscheidung über die Zahlungsklage des Verbands inzident als nichtig angesehen hatte, mussten die Wohnungseigentümer davon ausgehen, dass ihre Zahlungen auf die Sonderumlagen ohne Rechtsgrundlage erfolgt waren und es an einem verpflichtenden Schuldgrund fehlte. Dies durften sie beheben, indem sie - wie geschehen - der Sache nach inhaltsgleiche Beschlüsse fassten.
22
3. Die Sache ist nur im Hinblick auf den zu TOP 3 gefassten Beschluss entscheidungsreif (§ 563 Abs. 3 ZPO). Insoweit ist auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Amtsgerichts wiederherzustellen, mit dem die Klage abgewiesen worden ist.
23
Soweit die Revision dagegen TOP 13 und TOP 14 zum Gegenstand hat, ist das Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Denn aus dem von dem Berufungsgericht in Bezug genommenen Urteil des Amtsgerichts ergibt sich, dass die Klage auch auf Anfechtungsgründe gestützt worden ist. Zu diesen hat das Berufungsgericht - von seinem rechtlichen Standpunkt aus folgerichtig - bislang keine Feststellungen getroffen.
24
II. Anschlussrevision des Klägers
25
Die Anschlussrevision ist unzulässig.
26
1. Im Hinblick auf den zu TOP 10 gefassten Beschluss ist die Revision nicht zugelassen. Eine Anschlussrevision ist gemäß § 554 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO zwar auch dann statthaft, wenn die Revision nicht zugelassen worden ist, und kann trotz einer beschränkten Zulassung der Revision auch dann wirksam eingelegt werden, wenn sie nicht den Streitgegenstand betrifft, auf den sich die Zulassung bezieht (BGH, Urteil vom 24. Juni 2003 - KZR 32/02, BGHZ 155, 189, 191 f.; Urteil vom 26. Juli 2004 - VIII ZR 281/03, NJW 2004, 3174, 3176). Es kann aber kein Streitstoff eingeführt werden, der mit dem Gegenstand der Revision weder in einem rechtlichen noch in einem wirtschaftlichen Zusammenhang steht (ausführlich BGH, Urteil vom 22. November 2007 - I ZR 74/05, BGHZ 174, 244 Rn. 40 f.).
27
2. Den erforderlichen Zusammenhang der Streitgegenstände legt die Anschlussrevision nicht dar. Sie hat den Anspruch auf Abberufung des Verwalters zum Gegenstand. Aus dem in Bezug genommenen Klägervortrag aus den Vorinstanzen ergibt sich nicht, dass die geltend gemachten Abberufungsgründe in einem Zusammenhang mit den in der Eigentümerversammlung zu TOP 3, 13 und 14 gefassten Beschlüssen über die Jahresabrechnung und die Erhebung der Sonderumlagen stehen. Dem allgemein gehaltenen Vorwurf, der Verwalter stehe „im Lager der Vertragspartner der Wohnungseigentümergemeinschaft“,lässt sich schon kein konkreter Bezug zu den Maßnahmen entnehmen, deren Finanzierung die Sonderumlagen dienen sollten.
Stresemann Roth Brückner
Weinland Kazele

Vorinstanzen:
AG Niebüll, Entscheidung vom 09.02.2011 - 18 C 29/10 -
LG Itzehoe, Entscheidung vom 31.05.2013 - 11 S 14/11 -

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WEG: Gerichtskosten müssen von allen Wohnungseigentümern getragen werden

03.07.2014

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(1) Jedem Wohnungseigentümer gebührt ein seinem Anteil entsprechender Bruchteil der Früchte des gemeinschaftlichen Eigentums und des Gemeinschaftsvermögens. Der Anteil bestimmt sich nach dem gemäß § 47 der Grundbuchordnung im Grundbuch eingetragenen Verhältnis der Miteigentumsanteile. Jeder Wohnungseigentümer ist zum Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums nach Maßgabe des § 14 berechtigt.

(2) Die Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, insbesondere der Verwaltung und des gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums, hat jeder Wohnungseigentümer nach dem Verhältnis seines Anteils (Absatz 1 Satz 2) zu tragen. Die Wohnungseigentümer können für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten eine von Satz 1 oder von einer Vereinbarung abweichende Verteilung beschließen.

(3) Für die Kosten und Nutzungen bei baulichen Veränderungen gilt § 21.

(1) Die Wohnungseigentümer beschließen über die Vorschüsse zur Kostentragung und zu den nach § 19 Absatz 2 Nummer 4 oder durch Beschluss vorgesehenen Rücklagen. Zu diesem Zweck hat der Verwalter jeweils für ein Kalenderjahr einen Wirtschaftsplan aufzustellen, der darüber hinaus die voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben enthält.

(2) Nach Ablauf des Kalenderjahres beschließen die Wohnungseigentümer über die Einforderung von Nachschüssen oder die Anpassung der beschlossenen Vorschüsse. Zu diesem Zweck hat der Verwalter eine Abrechnung über den Wirtschaftsplan (Jahresabrechnung) aufzustellen, die darüber hinaus die Einnahmen und Ausgaben enthält.

(3) Die Wohnungseigentümer können beschließen, wann Forderungen fällig werden und wie sie zu erfüllen sind.

(4) Der Verwalter hat nach Ablauf eines Kalenderjahres einen Vermögensbericht zu erstellen, der den Stand der in Absatz 1 Satz 1 bezeichneten Rücklagen und eine Aufstellung des wesentlichen Gemeinschaftsvermögens enthält. Der Vermögensbericht ist jedem Wohnungseigentümer zur Verfügung zu stellen.

(1) Jedem Wohnungseigentümer gebührt ein seinem Anteil entsprechender Bruchteil der Früchte des gemeinschaftlichen Eigentums und des Gemeinschaftsvermögens. Der Anteil bestimmt sich nach dem gemäß § 47 der Grundbuchordnung im Grundbuch eingetragenen Verhältnis der Miteigentumsanteile. Jeder Wohnungseigentümer ist zum Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums nach Maßgabe des § 14 berechtigt.

(2) Die Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, insbesondere der Verwaltung und des gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums, hat jeder Wohnungseigentümer nach dem Verhältnis seines Anteils (Absatz 1 Satz 2) zu tragen. Die Wohnungseigentümer können für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten eine von Satz 1 oder von einer Vereinbarung abweichende Verteilung beschließen.

(3) Für die Kosten und Nutzungen bei baulichen Veränderungen gilt § 21.

(1) Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer hat ihren allgemeinen Gerichtsstand bei dem Gericht, in dessen Bezirk das Grundstück liegt. Bei diesem Gericht kann auch die Klage gegen Wohnungseigentümer im Fall des § 9a Absatz 4 Satz 1 erhoben werden.

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1.
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2.
Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten zwischen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und Wohnungseigentümern,
3.
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4.
Beschlussklagen gemäß § 44.

(1) Jedem Wohnungseigentümer gebührt ein seinem Anteil entsprechender Bruchteil der Früchte des gemeinschaftlichen Eigentums und des Gemeinschaftsvermögens. Der Anteil bestimmt sich nach dem gemäß § 47 der Grundbuchordnung im Grundbuch eingetragenen Verhältnis der Miteigentumsanteile. Jeder Wohnungseigentümer ist zum Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums nach Maßgabe des § 14 berechtigt.

(2) Die Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, insbesondere der Verwaltung und des gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums, hat jeder Wohnungseigentümer nach dem Verhältnis seines Anteils (Absatz 1 Satz 2) zu tragen. Die Wohnungseigentümer können für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten eine von Satz 1 oder von einer Vereinbarung abweichende Verteilung beschließen.

(3) Für die Kosten und Nutzungen bei baulichen Veränderungen gilt § 21.

(1) Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer hat ihren allgemeinen Gerichtsstand bei dem Gericht, in dessen Bezirk das Grundstück liegt. Bei diesem Gericht kann auch die Klage gegen Wohnungseigentümer im Fall des § 9a Absatz 4 Satz 1 erhoben werden.

(2) Das Gericht, in dessen Bezirk das Grundstück liegt, ist ausschließlich zuständig für

1.
Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander,
2.
Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten zwischen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und Wohnungseigentümern,
3.
Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten des Verwalters einschließlich solcher über Ansprüche eines Wohnungseigentümers gegen den Verwalter sowie
4.
Beschlussklagen gemäß § 44.

(1) Jedem Wohnungseigentümer gebührt ein seinem Anteil entsprechender Bruchteil der Früchte des gemeinschaftlichen Eigentums und des Gemeinschaftsvermögens. Der Anteil bestimmt sich nach dem gemäß § 47 der Grundbuchordnung im Grundbuch eingetragenen Verhältnis der Miteigentumsanteile. Jeder Wohnungseigentümer ist zum Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums nach Maßgabe des § 14 berechtigt.

(2) Die Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, insbesondere der Verwaltung und des gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums, hat jeder Wohnungseigentümer nach dem Verhältnis seines Anteils (Absatz 1 Satz 2) zu tragen. Die Wohnungseigentümer können für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten eine von Satz 1 oder von einer Vereinbarung abweichende Verteilung beschließen.

(3) Für die Kosten und Nutzungen bei baulichen Veränderungen gilt § 21.

12
(1) Eine ordnungsgemäße Beschlussfassung kann es allerdings im Einzelfall erfordern, den Wohnungseigentümern unabhängig von der ausreichenden Bezeichnung des Gegenstands der Beschlussfassung in der Einladung eine Unterlage zur Verfügung zu stellen, um ihnen eine inhaltliche Befassung mit dem Beschlussgegenstand zu ermöglichen (Elzer in Jennißen, WEG, 2. Aufl., § 23 Rn. 54 aE). Das mag etwa bei der Beschlussfassung über die Jahresabrechnung und den Wirtschaftsplan geboten sein (vgl. Elzer in Jennißen, aaO, § 24 Rn. 93). Bei dem Beschluss über eine Sonderumlage kann es ähnlich liegen, weil er der Sache nach die Beitragspflichten der Wohnungseigentümer aus dem geltenden Wirtschaftsplan ändert. Wann das der Fall ist, muss hier allerdings nicht allgemein entschieden werden.

(1) Die Wohnungseigentümer beschließen über die Vorschüsse zur Kostentragung und zu den nach § 19 Absatz 2 Nummer 4 oder durch Beschluss vorgesehenen Rücklagen. Zu diesem Zweck hat der Verwalter jeweils für ein Kalenderjahr einen Wirtschaftsplan aufzustellen, der darüber hinaus die voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben enthält.

(2) Nach Ablauf des Kalenderjahres beschließen die Wohnungseigentümer über die Einforderung von Nachschüssen oder die Anpassung der beschlossenen Vorschüsse. Zu diesem Zweck hat der Verwalter eine Abrechnung über den Wirtschaftsplan (Jahresabrechnung) aufzustellen, die darüber hinaus die Einnahmen und Ausgaben enthält.

(3) Die Wohnungseigentümer können beschließen, wann Forderungen fällig werden und wie sie zu erfüllen sind.

(4) Der Verwalter hat nach Ablauf eines Kalenderjahres einen Vermögensbericht zu erstellen, der den Stand der in Absatz 1 Satz 1 bezeichneten Rücklagen und eine Aufstellung des wesentlichen Gemeinschaftsvermögens enthält. Der Vermögensbericht ist jedem Wohnungseigentümer zur Verfügung zu stellen.

20
aa) Der Beschluss über die Jahresabrechnung wirkt anspruchsbegründend nur hinsichtlich des auf den einzelnen Wohnungseigentümer entfallenden Betrages, welcher die in dem Wirtschaftsplan für das abgelaufene Jahr beschlossenen Vorschüsse übersteigt (sog. Abrechnungsspitze; vgl. Senat, Beschluss vom 30. November 1995 - V ZB 16/95, BGHZ 131, 228, 231 f.; Be- schluss vom 23. September 1999 - V ZB 17/99, BGHZ 142, 290, 296; Urteil vom 4. Dezember 2009 - V ZR 44/09, NJW 2010, 2127, 2128 Rn. 13). Zahlungsverpflichtungen , die durch frühere Beschlüsse entstanden sind, bleiben hierdurch unberührt. Dies gilt insbesondere für die in dem Wirtschaftsplan des abzurechnenden Jahres beschlossenen und damit nach § 28 Abs. 2 WEG geschuldeten Vorschüsse (vgl. Senat, Beschluss vom 30. November 1995 - V ZB 16/95, aaO; Urteil vom 9. März 2012 - V ZR 147/11 ZfIR 2012, 365) und unabhängig davon, ob zwischenzeitlich ein Eigentümerwechsel stattgefunden hat (unzutreffend daher: OLG Hamm, NJW-RR 2009, 1388).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 10/01
vom
23. August 2001
in der Wohnungseigentumssache
Nachschlagewerk: ja
BGHR ja
BGHZ: ja

a) Die Veräußerung des Wohnungseigentums während eines rechtshängigen Wohnungseigentumsverfahrens
läßt die Verfahrensführungsbefugnis des
Veräußerers unberührt. Einer formellen Beteiligung des Erwerbers durch das Gericht
bedarf es nicht.

b) Der Feststellung und Bekanntgabe des Beschlußergebnisses durch den Vorsitzenden
der Wohnungseigentümerversammlung kommt grundsätzlich konstitutive
Bedeutung zu. Es handelt sich im Regelfall um eine Voraussetzung für das
rechtswirksame Zustandekommen eines Eigentümerbeschlusses.

c) Die formal einwandfrei zustande gekommene Ablehnung eines Beschlußantrages
durch die Wohnungseigentümer hat Beschlußqualität. Ein solcher Negativbeschluß
ist kein Nichtbeschluß.
BGH, Beschluß vom 23. August 2001 - V ZB 10/01 - OLG Köln
LG Aachen
AG Eschweiler
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 23. August 2001 durch den
Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die Richter Schneider, Prof. Dr. Krüger,
Dr. Klein und Dr. Gaier

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel der Antragsgegner werden die Beschlüsse des Amtsgerichts Eschweiler vom 4. Februar 2000 und der 2. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 30. November 2000 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der zu Tagesordnungspunkt 13 gefaßte Eigentümerbeschluß vom 21. August 1997 für ungültig erklärt worden ist.
Der Antrag, diesen Eigentümerbeschluß für ungültig zu erklären, wird abgewiesen.
Von den Gerichtskosten der ersten Instanz tragen die Antragsteller 2/3 und die Antragsgegner 1/3. Die Gerichtskosten der Beschwerdeinstanz werden den Antragstellern zu 17/20 und den Antragsgegnern zu 3/20 auferlegt. Die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens tragen die Antragsteller. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Geschäftswert wird für die erste Instanz, unter Abänderung der Wertfestsetzung im angefochtenen Beschluß, auf 60.782,53 DM und für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 35.000 DM festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragsteller waren Wohnungseigentümer einer Wohnungseigentumsanlage. Sie haben, wie auch die Beteiligten zu 2, im Laufe des vorliegenden Verfahrens ihre Miteigentumsanteile veräußert.
Am 9. Juli 1996 stimmte die Wohnungseigentümerversammlung zu Tagesordnungspunkt 8 über die von den Antragstellern eingebrachten Beschlußanträge zur Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen wegen Baumängeln am Gemeinschaftseigentum ab. In der vom damaligen Verwalter erstellten Versammlungsniederschrift ist als Abstimmungsergebnis zu dem als "Hilfsantrag" bezeichneten Antrag, Wohnungseigentümer, die bestimmte Mängel am Gemeinschaftseigentum als vorhanden ansähen und hiervon betroffen seien, sollten den Bauträger auf eigene Kosten in Anspruch nehmen, "85/430 Ja-Stimmen und 245/430 (richtig: 345/430) Enthaltungen" sowie die weitere Feststellung vermerkt: "Über den Hilfsantrag konnte kein gültiger Beschluß gefaßt werden".
Die Antragsteller beantragten daraufhin beim zuständigen Amtsgericht die Feststellung, daß ihr Hilfsantrag von der Eigentümerversammlung angenommen worden sei, sowie hilfsweise die Aufhebung des Beschlusses der Eigentümerversammlung und ihre Ermächtigung zur Geltendmachung von Minderungsansprüchen gegenüber dem Bauträger. Im April 1997 erklärten die Antragsteller diesen Antrag für erledigt, worauf das Amtsgericht durch rechtskräftig gewordenen Beschluß vom 28. August 1998 die Erledigung der Hauptsache feststellte.

Am 21. August 1997 beschloß die Versammlung der Wohnungseigentümer zu Tagesordnungspunkt 13 gegen die Stimmen der Antragsteller:
"Niemand soll ... ermächtigt werden, eventuelle Mängel des Gemeinschaftseigentums alleine und im eigenen Namen geltend zu machen. Die Eigentümergemeinschaft beabsichtigt auch zum jetzigen Zeitpunkt nicht, ein Wahlrecht hinsichtlich event. in Betracht kommender Gewährleistungsansprüche auszuüben (Nachbesserung und Mängelbeseitigung , Minderung oder Schadenersatz)... Auf dieser Grundlage stellt die Gemeinschaft nochmals klar, daß in der Versammlung vom 9. Juli 1996 zu dem insoweitigen Hilfsantrag der Eheleute M. (scil. der Antragsteller) kein Beschluß gefaßt worden ist."
Das Amtsgericht hat unter anderem diesen Beschluß antragsgemäß für ungültig erklärt. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegner hat das Landgericht zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht Köln möchte die hiergegen gerichtete sofortige weitere Beschwerde zurückweisen. Es sieht sich hieran jedoch durch die Entscheidungen des Oberlandesgerichts Hamm vom 7. Juni 1979 (OLGZ 1979, 296) und vom 28. Dezember 1989 (OLGZ 1990, 180) gehindert und hat deshalb die Sache mit Beschluß vom 16. Februar 2001 (ZMR 2001, 387 = ZWE 2001, 280) dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

II.


Die Vorlage ist statthaft (§§ 43 Abs. 1, 45 Abs. 1 WEG i.V.m. § 28 Abs. 2 FGG).
Das vorlegende Gericht ist der Ansicht, wegen des klaren positiven Abstimmungsergebnisses zum Beschlußantrag vom 9. Juli 1996 bestehe für die in dem angefochtenen Beschluß enthaltene Klarstellung, daß seinerzeit kein Beschluß über den Hilfsantrag zustande gekommen sei, kein begründeter Anlaß. Der fehlerhaften Feststellung des Beschlußergebnisses durch den Versammlungsleiter komme keine konstitutive, sondern nur deklaratorische Bedeutung zu. Sie ändere nichts an der Annahme des Hilfsantrags, wie sich aus der im Wege objektiver Auslegung anhand der Versammlungsniederschrift zu ermittelnden Stimmenmehrheit ergebe. Demgegenüber vertritt das Oberlandesgericht Hamm in auf weitere Beschwerden ergangenen Entscheidungen (OLGZ 1979, 296 und OLGZ 1990, 180) die Auffassung, die Entscheidung des Versammlungsleiters , der die Annahme oder Ablehnung eines gestellten Antrags verkündet habe, stelle die Beschlußfassung vorläufig verbindlich fest und könne nur in einem Beschlußanfechtungsverfahren nach § 23 Abs. 4 WEG beseitigt werden. Eine Ausnahme - auf die das Oberlandesgericht Hamm seine Entscheidungen allerdings nicht stützt - bestehe nur dann, wenn die Sachlage so eindeutig sei, daß auch ohne Verkündung durch den Vorsitzenden eine eindeutig protokollarisch festgelegte Willensäußerung der Eigentümerversammlung vorliege. Die Divergenz beider Auffassungen rechtfertigt die Vorlage. Hierbei ist der Senat an die Auffassung des vorlegenden Gerichts, es könne ohne Beantwortung der streitigen Rechtsfrage über die sofortige weitere Beschwerde nicht entscheiden, bei Prüfung der Zulässigkeit der Vorlage gebun-
den (st. Rspr., vgl. Senat, BGHZ 99, 90, 92; 109, 396, 398; 113, 374, 376; 116, 392, 394).

III.


Die sofortige weitere Beschwerde (Rechtsbeschwerde) ist zulässig (§§ 45 Abs. 1, 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG; §§ 27, 29 FGG) und hat in der Sache Erfolg. Soweit der in der Wohnungseigentümerversammlung vom 21. August 1997 zu Tagesordnungspunkt 13 gefaßte Beschluß für ungültig erklärt wurde, können die Entscheidungen der Vorinstanzen nicht aufrecht erhalten bleiben.
1. Im Ergebnis zu Recht sind das Beschwerdegericht und das vorlegende Gericht davon ausgegangen, daß die Veräußerung des Wohnungseigentums nach Einleitung des Anfechtungsverfahrens weder die aktive noch die passive Verfahrensführungsbefugnis entfallen läßt. Ob dies aus dem Fortbestehen der materiell-rechtlichen Sachlegitimation oder aus der entsprechenden Anwendung des § 265 Abs. 2 ZPO herzuleiten ist, bedarf hierbei keiner Entscheidung.

a) Zu den Folgen eines Eigentümerwechsels während eines rechtshängigen Verfahrens kann weder dem Wohnungseigentumsgesetz noch dem Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (vgl. § 43 Abs. 1 WEG) eine ausdrückliche Regelung entnommen werden. Die Bestimmungen der Zivilprozeßordnung sind jedoch im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit - soweit eine entsprechende Anwendung nicht ohnehin ausdrücklich vorgesehen ist - dann entsprechend heranzuziehen, wenn eine Regelungslücke besteht, die eine Anwendung von Normen der Zivilprozeßordnung ungeachtet
der Besonderheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gebietet (vgl. BGH, Beschl. v. 14. Dezember 1989, IX ZB 40/89, NJW 1990, 1794, 1795). Danach kommt eine analoge Anwendung des § 265 Abs. 2 ZPO in Betracht, wenn Wohnungseigentum während der Rechtshängigkeit eines Wohnungseigentumsverfahrens veräußert wird (vgl. BayObLGZ 1983, 73, 76; BayObLG, WE 1995, 279, 280; Bärmann/Pick/Merle, WEG, 8. Aufl., § 43 Rdn. 113; Staudinger/Wenzel, BGB, 12. Aufl., vor § 43 WEG Rdn. 39; Weitnauer/Hauger, WEG, 8. Aufl., Anh. § 43 Rdn. 8; Niedenführ/Schulze, WEG, 5. Aufl., vor § 43 Rdn. 104).

b) Die für eine analoge Anwendung erforderliche Vergleichbarkeit des zur Beurteilung stehenden Sachverhalts mit dem, den der Gesetzgeber geregelt hat (vgl. BGHZ 105, 140, 143), ist zu bejahen. § 265 Abs. 2 ZPO dient - zumindest auch - der Prozeßökonomie (vgl. MünchKomm-ZPO/Lüke, 2. Aufl., § 265 Rdn. 3; Stein/Jonas/Schumann, ZPO, 21. Aufl., § 265 Rdn. 9; Zöller /Greger, ZPO, 22. Aufl., § 265 Rdn. 1), indem nach Veräußerung der im Streit befangenen Sache der bisherige Rechtsstreit trotz Verlusts der Sachlegitimation fortgeführt werden kann, falls das abschließende Urteil nach § 325 ZPO auch gegen den Rechtsnachfolger wirkt. Der Veräußerer verliert seine Stellung als Partei nicht und führt den Rechtsstreit als gesetzlicher Prozeßstandschafter im eigenen Namen für den Rechtsnachfolger weiter (vgl. MünchKomm-ZPO/Lüke, aaO, § 265 Rdn. 69; Stein/Jonas/Schumann, aaO, § 265 Rdn. 39). Eine Erstreckung der Rechtskraft kennt nach § 45 Abs. 2 Satz 2 WEG auch das Wohnungseigentumsverfahren (vgl. Staudinger/Wenzel, aaO, § 45 WEG Rdn. 59). Ist der Erwerber des Wohnungseigentums von dem Verfahren materiell betroffen, so kann danach die materielle Rechtskraft der richterlichen Entscheidung auch gegen ihn wirken (vgl. Staudinger/Wenzel, aaO, § 45 WEG Rdn. 59; Weitnauer/Hauger, aaO, § 43 Rdn. 37). Vergleichbar
der Interessenlage im Zivilprozeß besteht ferner auch im Wohnungseigentumsverfahren ein Interesse aller Beteiligten an einer ökonomischen Verfahrensgestaltung. Der Gesetzgeber wäre daher bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei Erlaß des § 265 Abs. 2 ZPO, auch für das Wohnungseigentumsverfahren zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen und hätte die Vorteile der durch § 45 Abs. 2 Satz 2 WEG eröffneten Rechtskrafterstreckung im Wege der Verfahrensstandschaft bei einem Eigentümerwechsel im Wohnungseigentumsverfahren ebenfalls genutzt.

c) Zur Begründung der fortbestehenden Verfahrensführungsbefugnis bedarf es allerdings dann keiner entsprechenden Anwendung des § 265 Abs. 2 ZPO, wenn der Verlust des Eigentums die Sachlegitimation und damit auch das Rechtsschutzinteresse eines Beteiligten nicht entfallen läßt (Staudinger/Wenzel , aaO, vor § 43 WEG Rdn. 39, 64). Bleibt etwa der Antragsteller, wie im Regelfall , an den angefochtenen Eigentümerbeschluß gebunden, so ist er aus materiell-rechtlichen Gründen anfechtungsbefugt und damit auch berechtigt, das Verfahren nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG (weiter) zu betreiben (vgl. Suilmann , Das Beschlußmängelverfahren im Wohnungseigentumsrecht, 1994 [künftig: Beschlußmängelverfahren], S. 148; a.A. Weitnauer/Hauger, aaO, § 43 Rdn. 39; Müller, Festschrift für Merle, 2000, S. 235, 241). Ob dies vorliegend für die Antragsteller gilt, die sich etwa durch den angefochtenen Beschluß weiterhin daran gehindert sehen können, ihre von der Veräußerung des Wohnungseigentums nicht berührten Ansprüche wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum geltend zu machen, bedarf keiner Entscheidung.
Wie die analoge Anwendung des § 265 Abs. 2 ZPO zwingt nämlich auch das unveränderte Anfechtungsrecht des Veräußerers das Gericht nicht zu einer förmlichen Beteiligung des Sondernachfolgers am Verfahren (a.A. Suilmann , Beschlußmängelverfahren, S. 148 f). Ist der Sondernachfolger von dem Verfahren materiell nicht betroffen, erübrigt sich seine formelle Beteiligung schon aus diesem Grund (vgl. Bärmann/Pick/Merle, aaO, § 43 Rdn. 118). Ist der Sondernachfolger dagegen materiell betroffen, so erstreckt sich - wie ausgeführt - die materielle Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung nach § 45 Abs. 2 Satz 2 WEG auch auf ihn. Danach ist die entsprechende Anwendung des § 265 Abs. 2 ZPO zwar nicht zur Begründung der Verfahrensführungsbefugnis des Veräußerers, wohl aber insoweit gerechtfertigt, als dort ein Fall der gesetzlichen Prozeßstandschaft geregelt ist.
In Fällen, in denen sowohl der Veräußerer als auch sein Rechtsnachfolger materiell betroffen sind, hat dies zur Folge, daß der bisherige Wohnungseigentümer das Verfahren einerseits für sich selbst, zum anderen aber auch für den Erwerber als dessen Verfahrensstandschafter führt. Diese Situation steht der Vergleichbarkeit und damit der Heranziehung des § 265 Abs. 2 ZPO nicht entgegen. Sie ist nämlich auch im unmittelbaren Anwendungsbereich der Vorschrift möglich, wenn etwa die im Streit befangene Sache nur teilweise veräußert wird (vgl. Zöller/Greger, aaO, § 266 Rdn. 3b für den vergleichbaren Fall bei § 266 ZPO). Ebensowenig kann eingewandt werden, die materielle Rechtskraft nach § 45 Abs. 2 Satz 2 WEG erstrecke sich nur auf die auch formell am Verfahren Beteiligten (so Bärmann/Pick/Merle, aaO, § 45 Rdn. 116; a.A. Weitnauer/Hauger, aaO, § 43 Rdn. 37; Niedenführ/Schulze, aaO, § 45 Rdn. 62) oder setze voraus, daß ihnen die Entscheidung förmlich zugestellt wurde und sie Gelegenheit hatten, Rechtsmittel einzulegen (so Staudin-
ger/Wenzel, aaO, § 45 Rdn. 59). Selbst wenn dies zutreffen sollte, wäre in Fällen wie hier eine formelle Beteiligung des Sondernachfolgers oder eine Zustellung an ihn wegen der gesetzlichen Verfahrensstandschaft - selbst unter dem Gesichtspunkt der Gewährung rechtlichen Gehörs (vgl. MünchKommZPO /Lüke, aaO, § 265 Rdn. 70) - nicht erforderlich. Dem Erwerber bleibt zudem auch im Wohnungseigentumsverfahren die Möglichkeit, dem Verfahren als Nebenintervenient entsprechend §§ 66 ff ZPO beizutreten (vgl. Staudinger /Wenzel, aaO, vor §§ 43 ff WEG Rdn. 52).

d) Hiernach macht es für das weitere Verfahren im Regelfall keinen Unterschied , ob die Verfahrensführungsbefugnis nach einem Eigentümerwechsel aus dem Fortbestehen materiell-rechtlicher Bindungen oder der entsprechenden Anwendung des § 265 Abs. 2 ZPO herzuleiten ist. Im vorliegenden Fall bedarf diese Frage daher auch für die Antragsgegner, die ihr Wohnungseigentum veräußert haben, keiner Entscheidung.
2. Der Antrag auf Ungültigerklärung ist jedoch nicht zulässig. Den Antragstellern fehlt für die Anfechtung des (Zweit-)Beschlusses vom 21. August 1997 das Rechtsschutzinteresse; denn er ist inhaltsgleich zu der Willensbildung der Wohnungseigentümer in der Versammlung vom 9. Juli 1996 zum damaligen Tagesordnungspunkt 8, die entgegen der Ansicht der Vorinstanzen als - inzwischen bestandskräftiger - (Erst-)Beschluß anzusehen ist.
3. Entgegen der Auffassung des vorlegenden Gerichts ist der Hilfsantrag der Antragsteller in der Eigentümerversammlung vom 9. Juli 1996 nicht angenommen , sondern abgelehnt worden. Allerdings kommt auch dieser Ablehnung
eines Antrags Beschlußqualität zu, es handelt sich um einen Negativbeschluß und nicht um einen "Nichtbeschluß".

a) Der unter anderem von dem vorlegenden Gericht vertretenen Ansicht, maßgeblich für den Beschlußinhalt sei das tatsächliche (hier positive) Abstimmungsergebnis , während der Ergebnisfeststellung durch den Versammlungsleiter mangels gesetzlicher Regelung eine rechtliche Bedeutung nicht zukomme und daher nur deklaratorischen Charakter habe (ebenso BayObLGZ 1984, 213, 216; 1995, 407, 411; BayObLG, NZM 1998, 866, 867; 917, 918; 1999, 712; ZWE 2001, 267; ZMR 2001, 365; KG, OLGZ 1979, 28, 30; 1989, 423, 424; differenzierend dagegen in OLGZ 1993, 52, 56; OLG Schleswig, DWE 1987, 31; Staudinger/Bub, aaO, § 23 Rdn. 174; Soergel/Stürner, BGB, 12. Aufl., WEG § 23 Rdn. 6 a; Wangemann, WuM 1989, 53, 55; ders., Die Eigentümerversammlung nach WEG, 1994 [künftig: Eigentümerversammlung], Rdn. A 68; Patermann, ZMR 1991, 361, 363; Huff, WE 1999, 210, 211; Ormanschick , WE 2000, 223; Drabek, ZWE 2000, 395, 400; Rinke, ZMR 2001, 389 f), vermag der Senat nicht zu folgen. Ebensowenig kann die Auffassung überzeugen , die eine Feststellung des Beschlußergebnisses durch den Verwalter zwar nicht für erforderlich hält, einer gleichwohl getroffenen Feststellung aber (lediglich ) inhaltsfixierende Wirkung beilegt und sie daher für vorläufig verbindlich erachtet (so im Grundsatz KG, OLGZ 1990, 421, 423; NJW-RR 1991, 213, 214; WE 1992, 283; MünchKomm-BGB/Röll, 3. Aufl., § 23 WEG Rdn. 16; Staudinger /Wenzel, aaO, § 43 WEG Rdn. 36; Weitnauer/Lüke, aaO, § 23 Rdn. 13; Niedenführ/Schulze, aaO, § 23 Rdn. 7; Suilmann, Beschlußmängelverfahren, S. 10 f; Becker/Gregor, ZWE 2001, 245, 250). Vielmehr kommt der Feststellung und Bekanntgabe des Beschlußergebnisses durch den Versammlungsleiter darüber hinaus grundsätzlich konstitutive Bedeutung zu. Es handelt sich im
Regelfall um eine Voraussetzung für das rechtswirksame Zustandekommen eines Eigentümerbeschlusses (ebenso Merle, Bestellung und Abberufung des Verwalters nach § 26 WEG, 1977, S. 41 ff; Bärmann/Pick/Merle, aaO, § 23 Rdn. 34; Sauren, WEG, 3. Aufl., § 23 Rdn. 3; Bärmann/Seuß, Praxis des Wohnungseigentums , 4. Aufl., 1997, Rdn. 267; Prüfer, Schriftliche Beschlüsse, gespaltene Jahresabrechnungen, 2001, S. 55 f; Deckert, Festschrift für Seuß, 1987, S. 101, 105; Merle, PiG 6, 65, 72; ders., PiG 17, 267, 270; ders. PiG 18, 125, 132; ders. PiG 25, 119, 127 = WE 1987, 138, 141; Bub, ZWE 2000, 194, 202; Wenzel, Festschrift für Merle, 2000, S. 353, 357 = [aktualisiert] ZWE 2000, 382, 384; Hadding, ZWE 2001, 179, 184 f; wohl auch OLG Hamm, OLGZ 1979, 296, 297; 1990, 180, 183; RGRK-Augustin, BGB, 12. Aufl., § 23 WEG Rdn. 20; Palandt/Bassenge, BGB, 60. Aufl., § 23 WEG Rdn. 13; Rau, ZMR 2000, 119, 120).
aa) Diese Auffassung findet ihre gesetzliche Grundlage in § 24 Abs. 6 WEG, wonach über die in der Versammlung "gefaßten Beschlüsse" eine Niederschrift aufzunehmen ist. Der Vorsitzende der Eigentümerversammlung hat mithin dafür zu sorgen, daß neben dem Abstimmungsergebnis auch das hieraus nach den maßgeblichen rechtlichen Regeln hergeleitete Beschlußergebnis zutreffend in die Niederschrift aufgenommen wird, und dies gemäß § 24 Abs. 6 Satz 2 WEG durch seine Unterschrift zu bestätigen. Das setzt die Feststellung voraus, daß eine gemeinschaftsinterne Willensbildung stattgefunden und zu einem bestimmten Ergebnis geführt hat. Aus dem Fehlen einer ausdrücklichen und durch die Nichtigkeitsfolge sanktionierten gesetzlichen Anordnung zur Beschlußfeststellung wie etwa in §§ 130 Abs. 2, 241 Nr. 2 AktG kann deshalb nicht geschlossen werden, die Wohnungseigentümerversammlung bedürfe keines Vorsitzenden und das Beschlußergebnis keiner Feststellung durch ihn
(Wenzel, ZWE 2000, 382, 384; Hadding, ZWE 2001, 179, 185; a.A. Suilmann, Beschlußmängelverfahren, S. 9 f). Fehlt bei einer Eigentümerversammlung entgegen § 24 Abs. 5 WEG ausnahmsweise ein Vorsitzender, was nur bei kleinsten Wohnanlagen vorstellbar ist, kommt es darauf an, ob sich die Wohnungseigentümer über ein aus dem Abstimmungsergebnis gefolgertes Beschlußergebnis einig sind. Die Einigung hat dann die Wirkung einer Feststellung durch einen Versammlungsleiter (vgl. Zöllner, Festschrift für Lutter, 2000, S. 821, 828 zum GmbH-Recht).
bb) Da § 24 Abs. 6 WEG die Feststellung des Beschlußergebnisses voraussetzt, kann dieser nicht lediglich der Charakter eines Rechtsscheintatbestandes zukommen, der nur aus dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes eine Anfechtung ermöglicht. Vielmehr findet hierin die gesetzgeberische Wertung Ausdruck, daß sowohl die mit der Feststellung der Zahl gültiger Ja- und Nein-Stimmen abschließende Prüfung der Gültigkeit der abgegebenen Stimmen als auch die rechtliche Beurteilung des Abstimmungsergebnisses nicht bei den Wohnungseigentümern verbleiben soll, sondern dem Versammlungsleiter obliegt und seine Einschätzung aus Gründen der Rechtssicherheit für die Wohnungseigentümer (vorläufig) verbindlich ist. Da nach § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG die Anfechtung von Eigentümerbeschlüssen nur innerhalb der kurzen Frist von einem Monat seit der Beschlußfassung möglich ist, sind die Anfechtungsberechtigten darauf angewiesen, von einem bestimmten Beschlußergebnis als maßgebend ausgehen zu können. Das dient der notwendigen Rechtssicherheit der Wohnungseigentümer, insbesondere derjenigen, die an der Versammlung nicht teilgenommen haben (Bub, ZWE 2000, 194, 202; Wenzel, ZWE 2000, 382, 385), wie auch der Sondernachfolger. Wäre nämlich eine förmliche Feststellung nicht erforderlich, müßten die Wohnungseigentümer auf
eigenes Risiko zunächst eine Interpretation und Bewertung des Abstimmungsergebnisses innerhalb laufender Anfechtungsfrist vornehmen. Mit der danach notwendigen Ermittlung des objektivierten Beschlußwillens sind die Wohnungseigentümer jedoch regelmäßig überfordert. Sowohl die Ermittlung des richtigen Abstimmungsergebnisses als auch seine Beurteilung anhand der rechtlichen Mehrheitserfordernisse setzen Rechtskenntnisse voraus, die von den Eigentümern weder erwartet werden können noch verlangt werden dürfen. So hinge die Gewährung von Rechtsschutz in Fällen des Stimmrechtsmißbrauchs (vgl. dazu BayObLG, NZM 1999, 712) von einer Kenntnis der einschlägigen Grundsätze oder in Fällen wie dem vorliegenden davon ab, ob einem Wohnungseigentümer bekannt ist, in welcher Weise Stimmenthaltungen rechtlich zu werten sind. Das läßt sich mit dem berechtigten Interesse aller Beteiligter an Rechtssicherheit nicht vereinbaren (Bärmann/Pick/Merle, aaO, § 23 Rdn. 36; Merle, PiG 18, 125, 139; ders., PiG 25, 119, 129; Suilmann, WE 1998, 512; Bub, aaO; Wenzel, ZWE 2000, 382, 386). Die Beschlußfeststellung hat daher nicht nur inhaltsfixierende, sondern auch konstitutive Wirkung (a.A. Becker/Gregor, ZWE 2001, 245, 251).
cc) Ein Vergleich mit der Rechtslage bei Personenvereinigungen bestätigt die Richtigkeit dieser Ansicht. Der Feststellung und Verkündung des Beschlußergebnisses durch den Versammlungsleiter kommt überall dort konstitutive und inhaltsfixierende Bedeutung zu, wo ein fehlerhafter Beschluß nur im Wege eines fristgebundenen Beschlußanfechtungsverfahrens beseitigt werden kann. So wird für Beschlüsse der Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften die konstitutive und das Ergebnis fixierende Wirkung nicht aus § 130 Abs. 2 AktG, sondern aus der kurzen Anfechtungsfrist des § 246 Abs. 1 AktG hergeleitet. Wegen der Frist von lediglich einem Monat müssen die Anfech-
tungsberechtigten von einem bestimmten Beschlußergebnis als maßgebend ausgehen können (BGH, Urt. v. 26. Mai 1975, II ZR 34/74, NJW 1975, 2101; vgl. auch BGHZ 76, 191, 197). In gleicher Weise regelt § 51 Abs. 1 GenG die Anfechtung von Beschlüssen der Generalversammlung, weshalb der Feststellung des Beschlußergebnisses durch den Versammlungsleiter auch im Genossenschaftsrecht konstitutive und v erbindliche Wirkung beigelegt wird (BGH, Urt. v. 23. September 1996, II ZR 126/95, NJW 1997, 318, 320). Ferner kann, weil die §§ 130 Abs. 2, 246 Abs. 1 AktG nach § 36 VAG auch für den Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit Anwendung finden, für diese Personenvereinigung nichts anderes gelten (Merle, PiG 18, 125, 129). Wenn im GmbHRecht für Gesellschafterbeschlüsse nach überwiegender Ansicht eine Beschlußfeststellung und -verkündung nicht gefordert wird (vgl. BGHZ 76, 154; 88, 320, 329; Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG, 17. Aufl., § 47 Rdn. 18 m.w.N.), einer gleichwohl erfolgten Feststellung aber inhaltsfixierende Wirkung zukommen soll (BGHZ 104, 66, 69; BGH, Urt. v. 3. Mai 1999, II ZR 119/98, NJW 1999, 2115, 2116), so ist die Rechtslage deswegen nicht vergleichbar, weil es für die Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen keine strikte Frist von einem Monat gibt, die Klage vielmehr mit aller dem anfechtungsberechtigten Gesellschafter zumutbaren Beschleunigung erhoben werden muß (BGHZ 111, 224, 225 f m.w.N.). Zudem fehlt eine dem § 24 Abs. 6 WEG korrespondierende Vorschrift. Auch im Vereinsrecht, das eine besondere Anfechtungsklage nicht kennt, besteht kein Anlaß für die sofortige maßgebliche Feststellung des Inhalts eines Vereinsbeschlusses (BGH, Urt. v. 26. Mai 1975, aaO). Hieraus läßt sich als allgemeiner Rechtsgedanke herleiten, daß - um den Rechtsschutz der Beteiligten nicht zu gefährden - immer dann eine konstitutive und verbindliche Feststellung und Bekanntgabe des Beschlußergebnisses durch den Versammlungsleiter erforderlich ist, wenn ein mangelhafter Beschluß nur durch
fristgebundene Beschlußanfechtung beseitigt werden kann (Merle, PiG 18, 125, 131). Es gibt keine sachliche Rechtfertigung dafür, diesen Grundsatz nicht auch im Wohnungseigentumsrecht mit seinem ebenfalls an eine Frist gebundenen Verfahren der Beschlußanfechtung anzuwenden (Merle, PiG 25, 119, 127; Wenzel, aaO).
dd) Gegen die hier vertretene Auffassung können Bedenken wegen unzuträglicher Folgen nicht eingewandt werden.
(1) Die für das Entstehen eines Eigentümerbeschlusses erforderliche Feststellung und Verkündung des Beschlußergebnisses muß nicht in das Versammlungsprotokoll (§ 24 Abs. 6 WEG) aufgenommen werden (vgl. Bärmann/ Pick/Merle, aaO, § 23 Rdn. 41) und kann auch in konkludenter Weise geschehen (vgl. Bärmann/Pick/Merle, aaO, § 23 Rdn. 35). Allerdings ist zu beachten, daß - zumindest dann, wenn der Beschluß auch für Sondernachfolger gelten soll (§ 10 Abs. 3 WEG) - für die Auslegung nur solche Umstände Berücksichtigung finden können, die für jedermann ohne weiteres erkennbar sind, sich insbesondere aus dem Protokoll ergeben (vgl. Senat, BGHZ 139, 288, 292). Daher wird für die Annahme einer konkludenten Feststellung in der Regel die bloße Wiedergabe des für sich genommen eindeutigen Abstimmungsergebnisses im Versammlungsprotokoll genügen, es sei denn, daß sich das hieraus folgende Beschlußergebnis nach den zu berücksichtigenden Umständen, insbesondere aufgrund der protokollierten Erörterungen in der Eigentümerversammlung, vernünftigerweise in Frage stellen läßt. Allein aus dem Fehlen einer Beschlußfeststellung im Protokoll läßt sich hiernach regelmäßig noch nicht schließen, daß ein Beschluß nicht zustande gekommen ist, im Zweifel wird
vielmehr bei einem protokollierten klaren Abstimmungsergebnis von einer konkludenten Beschlußfeststellung auszugehen sein.
(2) Obwohl das Anfechtungsrecht der Wohnungseigentümer - abweichend von §§ 245 Nr. 1 AktG; 51 Abs. 2 Satz 1 GenG - nicht von einem schon in der Versammlung erklärten Widerspruch abhängt, müssen Feststellung und Verkündung des Beschlußergebnisses in der Eigentümerversammlung erfolgen (a.A. Merle, PiG 18, 125, 132 f; einschränkend aber Bärmann/Pick/Merle, aaO, § 23 Rdn. 41). Bereits der Wortlaut des § 24 Abs. 6 Satz 1 WEG spricht dafür, daß - soweit nicht die Voraussetzungen des § 23 Abs. 3 WEG erfüllt sind - die Eigentümerbeschlüsse "in der Versammlung" gefaßt werden, also der gesamte Entstehungstatbestand von den Beteiligten schon in der Eigentümerversammlung zu verwirklichen ist. Vor allem ist aber nur bei diesem Verständnis die Rechtssicherheit gewährleistet, auf die die Wohnungseigentümer insbesondere wegen der nur einmonatigen Anfechtungsfrist (§ 23 Abs. 4 Satz 2 WEG) angewiesen sind. Ist eine Feststellung oder Bekanntgabe des Beschlußergebnisses in der Eigentümerversammlung unterblieben, so steht für die Wohnungseigentümer außer Frage, daß sie eine möglicherweise konkludente Feststellung und Bekanntgabe des Beschlußergebnisses in Betracht ziehen und, wenn dies zu bejahen ist, den damit zustande gekommenen Beschluß rechtzeitig anfechten müssen. Sie brauchen weder abzuwarten, bis eine Beschlußfeststellung oder - verkündung nachgeholt wird (wofür sich eine bestimmte Frist nicht herleiten läßt), noch müssen sie befürchten, daß für diesen Fall ein Beschlußergebnis Verbindlichkeit erlangt, das mit ihrer eigenen Auslegung nicht übereinstimmt. Ist dagegen eine konkludente Feststellung und Bekanntgabe des Beschlußergebnisses nicht gegeben, so können die Wohnungseigentümer, wie im Fall einer vom Versammlungsleiter ausdrücklich verweigerten Beschlußfeststellung
und -verkündung, um eine gerichtliche Entscheidung nachsuchen, ohne daß ein Nachholen des Versäumten zur Unzulässigkeit des anhängig gemachten Verfahrens führt. (3) Lehnt es der Versammlungsleiter - pflichtwidrig oder auch, weil er sich hierzu wegen tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten bei der Bewertung des Abstimmungsergebnisses außer Stande sieht - ab, ein Beschlußergebnis festzustellen, so besteht die Möglichkeit eines nicht fristgebundenen (Beschlußfeststellungs-)Antrags nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG (vgl. Bärmann /Pick/Merle, aaO, § 23 Rdn. 23; Staudinger/Wenzel, aaO, § 43 WEG Rdn. 37). Die rechtskräftige Feststellung des Beschlußergebnisses durch das Gericht ersetzt die unterbliebene Feststellung des Versammlungsleiters und komplettiert so den Tatbestand für das Entstehen eines Eigentümerbeschlusses (vgl. Bärmann/Pick/Merle, aaO, § 23 Rdn. 35; Merle, PiG 18, 125, 135, Wenzel, ZWE 2000, 382, 385; gegen eine nicht heilbare Unwirksamkeit mangels Beschlußfeststellung durch den Versammlungsleiter auch Zöllner, aaO, S. 829 f, für das Aktienrecht).
(4) Der Gefahr einer Manipulation des Beschlußergebnisses bei der Feststellung durch den Versammlungsleiter (so OLG Schleswig, DWE 1987, 133; Staudinger/Bub, aaO, § 23 WEG Rdn. 174) können die Wohnungseigentümer in der Versammlung durch Austausch des Versammlungsleiters gemäß § 24 Abs. 5 WEG und später im Wege der gerichtlichen Anfechtung begegnen (Suilmann, WE 1998, 512; Wenzel, aaO; Becker/Gregor, aaO).
(5) Wegen der auch hier zu beachtenden konstitutiven Wirkung kommt im schriftlichen Verfahren (§ 23 Abs. 3 WEG) ein Beschluß erst mit der Feststellung und einer an alle Wohnungseigentümer gerichteten Mitteilung des Be-
schlußergebnisses zustande (Bärmann/Pick/Merle, aaO, § 23 Rdn. 93; Prüfer, aaO, S. 51 ff; so auch bereits KG, OLGZ 1974, 399, 403; a.A. Staudinger/Bub, aaO, § 23 WEG Rdn. 218; Weitnauer/Lüke, aaO, § 23 Rdn. 11; Niedenführ/ Schulze, aaO, § 23 Rdn. 13). Da es nur um eine entsprechende Anwendung der Regeln zur Beschlußfeststellung und -bekanntgabe in der Wohnungseigentümerversammlung gehen kann, ist dies nicht im Sinne des Zugangs der Mitteilung bei jedem einzelnen Eigentümer zu verstehen. Es genügt jede Form der Unterrichtung (etwa durch einen Aushang oder ein Rundschreiben), die den internen Geschäftsbereich des Feststellenden verlassen hat, und bei der den gewöhnlichen Umständen nach mit einer Kenntnisnahme durch die Wohnungseigentümer gerechnet werden kann (vgl. Merle, PiG 18, 125, 134; Bärmann / Pick/Merle, aaO, § 23 Rdn. 93; a.A. Prüfer, aaO, S. 56 f). Bereits zu dem Zeitpunkt, in dem diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist ein Beschluß im schriftlichen Verfahren existent geworden.
ee) Entgegen der Auffassung des vorlegenden Gerichts ist danach unerheblich , ob das Ergebnis der Abstimmung der Wohnungseigentümer vom 9. Juli 1996 zu Tagesordnungspunkt 8 rechtlich zutreffend als Annahme des Hilfsantrags der Antragsteller zu werten ist (vgl. dazu Senat, BGHZ 106, 179, 183). Maßgeblich ist vielmehr die verlautbarte Feststellung des Vorsitzenden der Eigentümerversammlung, wonach über den Hilfsantrag "kein gültiger Beschluß gefaßt" werden konnte. Die Auslegung des festgestellten und verkündeten Beschlußergebnisses hat "aus sich selbst heraus" - objektiv und normativ - zu erfolgen und kann vom Rechtsbeschwerdegericht selbst vorgenommen werden (Senat, BGHZ 139, 288, 291 ff). Aus dem Zusammenhang mit dem ebenfalls protokollierten und daher zu berücksichtigenden (vgl. Senat, BGHZ 139, 288, 292) Abstimmungsergebnis unter Angabe der Ja-Stimmen und der
Stimmenthaltungen folgt, daß mit der - nicht seltenen, ungenauen - Formulierung des Protokolls (vgl. Zöllner, aaO, S. 823) die Ablehnung des (hilfsweisen) Beschlußantrags der Antragsteller festgestellt worden ist. Soweit die Antragsteller mit Schriftsatz vom 15. August 2001 erstmals vortragen, entgegen dem Protokollinhalt sei eine Feststellung des Beschlußergebnisses durch den Verwalter in der Versammlung nicht erfolgt, handelt es sich um eine neue Tatsachenbehauptung , die im Rechtsbeschwerdeverfahren keine Berücksichtigung finden kann (§ 43 Abs. 1 WEG; § 27 Abs. 1 Satz 2 FGG; § 561 ZPO).

b) Bei der hiernach maßgeblichen Ablehnung des Antrags durch die Wohnungseigentümer in der Versammlung vom 9. Juli 1996 handelt es sich um einen - in Bestandskraft erwachsenen - Beschluß der Wohnungseigentümer.
aa) Allerdings vertritt insbesondere das Bayerische Oberste Landesgericht die Auffassung, ein Beschluß im Sinne von § 23 Abs. 4 WEG liege nur dann vor, wenn sich die Mehrheit für einen Antrag ausgesprochen und dadurch eine Regelung getroffen habe (anders noch BayObLGZ 1972, 150, 153). Werde ein Antrag abgelehnt, bleibe im Unterschied zum positiven Beschluß die Rechtslage unverändert; ein Eigentümerbeschluß, der angefochten werden könne, sei deshalb mangels sachlicher Regelung nicht vorhanden (BayObLGZ 1984, 213, 215; BayObLG, ZMR 1986, 319; NJW-RR 1992, 83, 84; 1994, 658, 659; WuM 1997, 57; 344; NZM 1998, 866, 867; 917; 1999, 712; 713, 714; ZMR 2000, 115, 116; ebenso OLG Hamburg, NJW-RR 1994, 783; OLG Hamm, NJW-RR 1995, 465; OLG Zweibrücken, NZM 1999, 849; OLG Düsseldorf, ZMR 2000, 118, 119; ähnlich OLG Köln, NZM 2001, 293, 294; Staudinger/Bub, aaO, § 23 WEG Rdn. 147 f; Weitnauer/Lüke, aaO, § 23 Rdn. 17; MünchKommBGB /Röll, aaO, § 23 WEG Rdn. 28; Niedenführ/Schulze, aaO, § 23 Rdn. 6;
Sauren, aaO, § 23 Rdn. 26, 42; Deckert, Festschrift für Seuß, 1987, S. 101, 111; Patermann, ZMR 1991, 361, 362; Buck, WE 1998, 90, 92).
bb) Dem folgt der Senat nicht. Auch einem negativen Abstimmungsergebnis kommt Beschlußqualität zu (ebenso Bärmann/Pick/Merle, § 23 Rdn. 40, 103; Staudinger/Wenzel, aaO, § 43 Rdn. 36; Soergel/Stürner, aaO, WEG § 23 Rdn. 6; Wangemann, Eigentümerversammlung, Rdn. A 42; Suilmann, Beschlußmängelverfahren , S. 14; Bub, ZWE 2000, 194, 196; Wenzel, ZWE 2000, 382, 383; Schmidt, ZfIR 2001, 212, 214; Hadding, ZWE 2001, 179, 182; auch bereits AG Kerpen, NJW-RR 1991, 1236, 1237). Zwar trifft es zu, daß die Ablehnung eines Antrags die Rechtslage unverändert läßt, insbesondere kann aus der Ablehnung nicht auf den Willen der Wohnungseigentümer geschlossen werden, das Gegenteil des Beschlußantrags zu wollen (Suilmann, Beschlußmängelverfahren , S. 13). Hierauf kommt es jedoch nicht entscheidend an. Entsprechend der Funktion des Beschlusses, den gemeinschaftsinternen Willen verbindlich festzulegen (vgl. Suilmann, Beschlußmängelverfahren, S. 13; Weitnauer/Lüke, aaO, § 23 Rdn. 12), kann einem kollektiven Willensakt, der diese Aufgabe erfüllt, Beschlußqualität nicht abgesprochen werden. Nicht anders als ein positiver Beschluß kommt auch ein negatives Abstimmungsergebnis in Verwirklichung der Beschlußkompetenz der Wohnungseigentümerversammlung zustande und ist daher das Resultat einer verbindlichen Willensbildung der Gemeinschaft aus mehreren Einzelwillen (Bub, aaO; Wenzel, aaO). Es wird der Gemeinschaftswille festgelegt, daß die beantragte Ä nderung oder Ergänzung des Gemeinschaftsverhältnisses nicht eintreten soll (Hadding, aaO). Insoweit unterscheidet sich die Ablehnung eines Antrags in nichts von der - unzweifelhaft als Beschluß anzusehenden - Annahme des "negativen"
Antrags, eine bestimmte Handlung nicht vorzunehmen oder zu unterlassen (AG Kerpen, aaO; Bub, aaO; Wenzel aaO; Hadding, aaO).
Damit gilt auch hier im Ergebnis nichts anderes als nach nahezu einhelliger Ansicht im Gesellschaftsrecht (vgl. Hadding, aaO, in Fn. 11). Der Bundesgerichtshof geht in neuerer, inzwischen ständiger Rechtsprechung davon aus, daß auch die formal einwandfrei zustande gekommene Ablehnung eines Beschlußantrags mit Mehrheit oder infolge Stimmengleichheit ein Beschluß ist, der aus sachlichen Gründen nichtig oder anfechtbar sein kann, weil nur so für den antragstellenden Gesellschafter ein in allen Fällen ausreichender Rechtsschutz gewährleistet ist (BGHZ 76, 191, 198; 88, 320, 328; 97, 28, 30; 104, 66, 69 m.w.N.). Wiederum ist eine Rechtfertigung dafür, daß dies im Wohnungseigentumsrecht anders sein müßte, nicht erkennbar (Wenzel aaO; Hadding, ZWE 2001, 179, 183).
4. Dieser in der Eigentümerversammlung vom 9. Juli 1996 gefaßte Negativbeschluß wurde durch den nunmehr angefochtenen, inhaltsgleichen Eigentümerbeschluß vom 21. August 1997 bestätigt.

a) Beide Beschlüsse haben die Ermächtigung der Wohnungseigentümer zur Geltendmachung von Baumängeln am Gemeinschaftseigentum zum Gegenstand. Mit dem früheren Beschluß wurde ein Antrag auf Erteilung der Ermächtigung abgelehnt, mit dem nachfolgenden Mehrheitsbeschluß ein negativ formulierter Antrag angenommen, nach dem keiner der Eigentümer ermächtigt sein sollte, Mängel am Gemeinschaftseigentum geltend zu machen. Da der spätere Beschluß ausdrücklich an den Inhalt des früheren anknüpft und diesen "klarstellen" soll, betreffen beide - entgegen der Ansicht der Antragsteller - die-
selben Mängel. Dem späteren Beschluß kommt damit ein über den früheren Beschluß hinausgehender Inhalt nicht zu. Es handelt sich, wie der Hinweis auf die Klarstellung des Beschlusses vom 9. Juli 1996 zeigt, nicht um einen Zweitbeschluß , durch den der inhaltsgleiche Erstbeschluß aufgehoben und novatorisch ersetzt worden ist, sondern um einen bestätigenden Zweitbeschluß mit dem Ziel, etwaige Mängel des Erstbeschlusses auszuräumen.

b) Die Wohnungseigentümer sind grundsätzlich nicht gehindert, über eine schon geregelte gemeinschaftliche Angelegenheit erneut zu beschließen. Die Befugnis dazu ergibt sich aus der autonomen Beschlußzuständigkeit der Gemeinschaft. Dabei ist unerheblich, aus welchen Gründen die Gemeinschaft eine erneute Beschlußfassung für angebracht hält. Von Bedeutung ist nur, ob der neue Beschluß aus sich heraus einwandfrei ist (Senat, BGHZ 113, 197, 200; Bärmann/Pick/Merle, aaO, § 23 Rdn. 51 f; Merle, DWE 1995, 146; Lüke, ZWE 2000, 98, 100). Gleichwohl erlangt die vom vorlegenden Gericht erörterte Frage, ob der Zweitbeschluß schutzwürdige Belange aus Inhalt und Wirkungen des Erstbeschlusses mißachtet (vgl. dazu Senat, BGHZ 113, 197, 200), hier keine Entscheidungserheblichkeit.
5. Für die Anfechtung des Zweitbeschlusses vom 21. August 1997 fehlt den Antragstellern nämlich das Rechtsschutzinteresse, nachdem der inhaltsgleiche Eigentümerbeschluß vom 9. Juli 1996 infolge rechtskräftig festgestellter Erledigung des zunächst anhängigen Anfechtungsverfahrens Bestandskraft erlangt hat. Eine Aufhebung des Zweitbeschlusses, der allein Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist, wäre ohne Auswirkungen auf das Rechtsverhältnis zwischen den Wohnungseigentümern, weil es bei der Wirksamkeit des bestandskräftigen Erstbeschlusses vom 9. Juli 1996 mit identischem Beschlußin-
halt verbliebe (vgl. Senat, BGHZ 127, 99, 106; Bärmann/Pick/Merle, aaO, § 23 Rdn. 62, § 43 Rdn. 59; Merle, DWE 1995, 146, 153; Müller, ZWE 2000, 557, 559). Damit wäre, weil dann die Unwirksamkeit ohnehin jederzeit geltend gemacht werden könnte, nur im Falle der Nichtigkeit des Erstbeschlusses ein Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtung des Zweitbeschlusses gegeben (vgl. Senat, BGHZ 127, 99, 102). Der Beschluß vom 9. Juli 1996 ist jedoch nicht nichtig. Insbesondere stellt die unrichtige Feststellung des Abstimmungsergebnisses keinen Nichtigkeits-, sondern lediglich einen Anfechtungsgrund dar (vgl. BGHZ 104, 66, 69 zum GmbH-Recht), der nach Erledigung des Anfechtungsverfahrens nicht mehr berücksichtigungsfähig ist.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG, die Entscheidung über den Geschäftswert auf § 48 Abs. 3 WEG. Grundlage ist jeweils die Festsetzung der Einzelwerte für den Geschäftswert im Beschluß des Landgerichts. Der Senat hat für den Geschäftswert der ersten Instanz von der durch § 31 Abs. 1 Satz 2 KostO eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht.
Wenzel Schneider Krüger Klein Gaier

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
KZR 32/02 Verkündet am:
24. Juni 2003
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BuchpreisbindG §§ 3, 5, 7, 9; BGB § 830 Abs. 2, § 1004
Buchpreisbindung

a) Der von dem Verleger festgesetzte Endpreis ist der beim Bücherkauf
sogleich zu entrichtende Barzahlungspreis. Die Einräumung eines Barzahlungsrabatts
ist ein Verstoß gegen die Buchpreisbindung.

b) Wer nicht Normadressat der Buchpreisbindung ist, kann entsprechend
den deliktsrechtlichen Teilnahmeregeln als Störer auf Unterlassung in
Anspruch genommen werden, wenn er einen Buchhändler oder Verleger
vorsätzlich zu einem Verstoß gegen das Buchpreisbindungsgesetz
(hier: Einräumung von Preisnachlässen oder Barzahlungsrabatten) zu
bewegen sucht.
BGH, Urteil vom 24. Juni 2003 - KZR 32/02 - KG
LG Berlin
Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 20. Mai 2003 durch den Präsidenten des Bundesgerichtshofs
Prof. Dr. Hirsch und die Richter Prof. Dr. Goette, Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Raum
und Dr. Meier-Beck

für Recht erkannt:
Auf die Revision des beklagten Landes und die Anschlußrevision der Klägerinnen wird das Urteil des Kartellsenats des Kammergerichts vom 23. Mai 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Das Bezirksamt Steglitz des beklagten Landes beabsichtigte, im Jahr 1999 die Schulbücher für die Schulen seines Bezirks zentral zu beschaffen. Es fragte deswegen bei verschiedenen Buchhandlungen an, welche Nachlässe bei
bestimmten Auftragswerten eingeräumt werden könnten. In dem Schreiben heißt es weiter:
"Wir weisen nochmals ausdrücklich darauf hin, daß wir gehalten sind, auch bei Schulbüchern 2% Skonto abzuziehen." Damit nimmt das Bezirksamt Bezug auf die "Zusätzlichen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Leistungen", welche die Beschaffungsstellen des Landes Berlin einer Auftragsvergabe zugrunde legen. Sie bestimmen in
"Nr. 9 Zahlungen (1) Der Auftraggeber zahlt nach Erfüllung der Leistung binnen eines Monats nach Eingang der prüfbaren Rechnung bargeldlos auf das vom Auftragnehmer anzugebende Konto ... (2) Bei Zahlung innerhalb von 14 Tagen wird ein Skonto von 2 v.H. des Rechnungsbetrages abgezogen. Gewährt der Auftragnehmer anderen Auftraggebern einen größeren Skontoabzug oder eine längere Frist, so gilt dies als vereinbart." Diesem Vorbild des Bezirksamtes Steglitz folgten weitere Berliner Be- zirksämter für ihren Bereich.
In Deutschland war auf der Grundlage des § 15 GWB in der bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Regelung der Preisbindung der Verlagserzeugnisse vom 2. September 2002 (BGBl. 2002 I, 3448) geltenden Fassung durch den Sammelrevers 2000 bzw. durch Einzelrevers flächendeckend die Buchpreisbindung in der Weise eingeführt, daß sämtliche Buchhändler die Verpflichtung übernahmen, die "Endabnehmerpreise ('Ladenpreise' = Barzahlungspreise) allen Kunden in Deutschland" in Rechnung zu stellen. Für Schulbücher ist in den allgemeinen Bedingungen des Sammelrevers 2000 u.a. bestimmt:
"3. Ebenfalls gebunden bin ich an Schulbuch-Nachlässe, die die Verlage festge- setzt haben für Sammelbestellungen von öffentlichen oder solchen Auftraggebern , deren Ausgaben überwiegend von der öffentlichen Hand getragen werden , sofern die Bestellung im Rahmen gesetzlicher Lernmittelfreiheit und zur unmittelbaren Verwendung im Unterricht erfolgt. Vorbehaltlich einer abweichenden Festsetzung in den Preislisten oder Preismitteilungen der Verlage, auf die hiermit Bezug genommen wird, sind die folgenden Nachlässe zu gewähren : ... Barzahlungsnachlässe (Skonti) sind unzulässig. Ausnahmen nur lt. Sonderbedingungen einzelner Verlage (siehe B 2)." Die Klägerin zu 1) ist Buchhändlerin und verkauft auch Schulbücher, die Klägerinnen zu 2) und 3) sind Schulbuchverlage. Sie sind der Ansicht, das Vorgehen der Berliner Behörden sei mit den Regeln der Buchpreisbindung unvereinbar. Sie verlangen von dem beklagten Land die Beachtung des in den Buchpreisbindungsregeln zu Lasten der Buchhändler niedergelegten Verbots, Barzahlungsnachlaß zu gewähren, und verfolgen dies in erster Linie auf dem Wege der Unterlassungs-, hilfsweise auf dem der Feststellungsklage.
Das Landgericht hat dem Hauptantrag entsprochen, die hiergegen eingelegte Berufung des beklagten Landes hatte nur insofern Erfolg, als das Kammergericht den Hauptantrag abgewiesen, die hilfsweise angetragene Feststellung aber getroffen hat.
Das Berufungsgericht hat die Revision des beklagten Landes zugelassen , das mit seinem Rechtsmittel die vollständige Klageabweisung begehrt. Die Klägerinnen haben sich fristgerecht der Revision angeschlossen und verfolgen ihren Hauptantrag - nunmehr gestützt auf das nach Erlaß des Berufungsurteils am 1. Oktober 2002 in Kraft getretene Gesetz über die Preisbindung für Bücher (Buchpreisbindungsgesetz) - im wesentlichen weiter.

Entscheidungsgründe:


Beide Rechtsmittel führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Die Anschlußrevision ist entgegen der Auffassung des beklagten Landes zulässig. Die Klägerinnen sind durch das Berufungsurteil, das ihren Hauptantrag abgewiesen hat, beschwert. Einer Zulassung des Rechtsmittels - sei es durch das Berufungsgericht, sei es auf Nichtzulassungsbeschwerde durch das Revisionsgericht - bedarf die Anschließung nach dem hier anwendbaren neuen Recht (§ 554 Abs. 2 Satz 1 ZPO i.d.F. des G. zur Reform des Zivilprozesses vom 27.7.2001) nicht. Damit ist zugleich der entscheidende Grund - die Unterbindung der Umgehung der Zulassungsbeschränkung (vgl. Wenzel in Münch.Komm.z.ZPO, 2. Aufl., Erg.Bd. § 554 Rdn. 6; Hannich in ZPO-Reform 2002, § 554 Rdn. 8) - dafür entfallen, die Zulässigkeit der Anschlußrevision bei einer nur zugunsten einer Partei ausgesprochenen oder auf einen bestimmten Teil des Streitgegenstandes beschränkten Zulassung der Revision davon abhängig zu machen, ob sie allein den Streitstoff betrifft, auf den sich die Zulassung bezieht (Ball in Musielak, ZPO, 3. Aufl., § 554 Rdn. 4; Wenzel in Münch.Komm.z.ZPO aaO § 554 Rdn. 6; a.A., den Paradigmenwechsel der Anschließungsregeln außer acht lassend, Gummer in Zöller, ZPO, 23. Aufl., § 554 Rdn. 7a; obiter erwogen auch vom IX. Zivilsenat in BGHZ 148, 156, 161).
Im neueren zivilprozessualen Schrifttum besteht keine Einigkeit darüber, ob diese Gesetzesänderung darüber hinaus zur Folge hat, daß der Gegner der Hauptrevision sich ohne jede Einschränkung dem Rechtsmittel anschließen kann (so Ball in Musielak aaO § 554 Rdn. 4; Büttner, MDR 2001, 1201, 1207),
oder ob mit Rücksicht auf die Abhängigkeit der Anschlußrevision von der Hauptrevision wenigstens gefordert werden muß, daß ein rechtlicher oder wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen dem Streitgegenstand der Haupt- und dem der Anschlußrevision bestehen muß (so Wenzel aaO § 554 Rdn. 6, sachlich anschließend an BGHZ 148, 156 ff.).
Die Frage bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung, weil auch auf der Grundlage der letztgenannten, strengeren Auffassung - anders als das beklagte Land meint - ein entsprechender Zusammenhang besteht. Die zugelassene Hauptrevision des beklagten Landes wie die von den Klägerinnen eingelegte Anschlußrevision betreffen denselben Sachverhalt, nämlich die Frage, ob es rechtlich zulässig ist, daß das beklagte Land sich an Buchhandlungen mit dem Ziel wendet, im Falle einer Auftragserteilung über die in dem Sammelrevers 2000 niedergelegten Nachlässe für den Bezug von Schulbüchern hinaus Sonderkonditionen zu erlangen und die Erlaubnis zu erhalten, vom Rechnungspreis 2% Skonto abzuziehen, falls es vor Ablauf der Hälfte der von ihm in Anspruch genommenen Zahlungsfrist von einem Monat die gelieferten Schulbücher bezahlt. Der mit dem Hauptantrag geltend und zum Gegenstand der Anschlußrevision gemachte Unterlassungsanspruch unterscheidet sich von dem Feststellungsanspruch, den das Berufungsgericht für begründet erachtet hat, nicht grundlegend; mit beiden Anträgen streben die Klägerinnen eine Entscheidung darüber an, ob das Vorgehen des beklagten Landes mit der Rechtsordnung in Einklang steht. Das von den Klägerinnen in den Vorinstanzen auf § 1 UWG und §§ 1004, 826 BGB gestützte Unterlassungsbegehren erfordert über die Aussage hinaus, daß das beklagte Land in der geschehenen Weise nicht verfahren darf, zwar die Feststellung, es sei Störer im Sinne der genannten Vorschriften, dieser Umstand zerreißt aber entgegen der Auffassung der Revision nicht den bestehenden wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhang
mit dem Feststellungsbegehren. Die von dem Land Berlin vertretene restriktive Behandlung dieser Frage würde die Partei, welche sich mit dem erzielten Teilerfolg abfinden und das Berufungsurteil hinnehmen will, zwingen, vorsorglich Nichtzulassungsbeschwerde einzulegen, um sich die Möglichkeit zu erhalten, ihren abgewiesenen Antrag im Revisionsverfahren weiter zu verfolgen, falls die Gegenpartei entsprechend der Zulassung Revision einlegt (so etwa Hannich aaO § 554 Rdn. 8). Damit indessen würde der Sinn verfehlt, den der Gesetzgeber ausweislich der zu § 554 Abs. 2 Satz 1 ZPO gegebenen Begründung (BT-Drucks. 14/4722 S. 108) mit der Neuregelung verfolgt hat, daß die friedfertige Partei, wenn das Revisionsverfahren ohnehin durchgeführt werden muß, keine Nachteile dadurch erleiden soll, daß sie bereit war, die ergangene Entscheidung hinzunehmen. Die Erledigung des Revisionsverfahrens würde zudem unnötig verlängert, weil vor einer Verhandlung und Entscheidung über die zugelassene Revision zunächst das Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde durchgeführt werden müßte.
II. Die Anschlußrevision hat auch in der Sache Erfolg. Die Abweisung des Hauptantrages der Klägerinnen hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand. Da der von den Klägerinnen gestellte Unterlassungsantrag in die Zukunft wirkt, ist die mit dem Inkrafttreten des Buchpreisbindungsgesetzes am 1. Oktober 2002 eingetretene Rechtsänderung von dem Senat zu beachten. Die neuen gesetzlichen Vorschriften über die Buchpreisbindung beim Verkauf von Büchern in Deutschland, die auch die Unterlassungspflicht näher regeln, werfen neue - auch auf tatsächlichem Gebiet liegende - Fragen auf, zu denen den Parteien Gelegenheit zum Vortrag und gegebenenfalls zur Anpassung ihrer Anträge gegeben werden muß und zu denen auch ergänzende tatrichterliche Feststellungen erforderlich sind. Je nach dem Ergebnis dieser neuen Prüfung hat das Berufungsgericht unter Einbeziehung der von der Revision des beklag-
ten Landes erhobenen Rügen auch über den hilfsweise gestellten Feststellungsantrag der Klägerinnen neu zu befinden.
Die Klägerinnen können als Gewerbetreibende, die Bücher vertreiben, nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 BuchpreisbindG von dem beklagten Land grundsätzlich Unterlassung des in Rede stehenden Vorgehens bei der zentralen Anschaffung von Büchern verlangen.
1. a) Das Land Berlin ist zwar nicht Normadressat des Preisbindungsgebots des § 3 Satz 1 i.V.m. § 5 BuchpreisbindG, weil es nicht selbst gewerbsoder geschäftsmäßig Bücher an Letztverbraucher verkauft, vielmehr in Erfüllung seiner Pflicht, Lernmittelfreiheit zu gewähren, die Schulbücher für die Schüler zentral beschafft.
Das führt jedoch nicht dazu, daß es den Klägerinnen verwehrt wäre, auch von dem Land Berlin Unterlassung seiner Versuche zu verlangen, Buchhändler zur Einräumung von nach dem Buchpreisbindungsgesetz verbotenen Nachlässen zu veranlassen. Denn nicht nur der Normadressat des gesetzlichen Verbots selbst, sondern auch derjenige, der - ohne selbst dem Gebot, Bücher nicht unter dem von den Verlagen festgesetzten Endpreis an Letztverbraucher zu verkaufen, zu unterliegen - Buchhändler oder Verleger im Wissen um die Buchpreisbindung vorsätzlich zu einem Verstoß gegen das Buchpreisbindungsgesetz veranlaßt, kann als Störer in Anspruch genommen werden. Das folgt schon aus den auch für einen zivilrechtlichen Unterlassungsanspruch entsprechend heranzuziehenden deliktischen Teilnahmeregeln (§ 830 Abs. 2 BGB); auf die von dem beklagten Land problematisierte Frage des sogenannten weiten Störerbegriffs und seine unter Umständen gebotene Einschränkung kommt es demgegenüber nicht an (vgl. etwa BGH, Urt. v. 10.10.1996 - I ZR 129/94,
GRUR 1997, 313, 315 f. - Architektenwettbewerb; s. jetzt aber Urt. v. 30.1.2003 - I ZR 142/00, WRP 2003, 886, 888 - Kleidersack; ferner Hefermehl in Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., Einl. Rdn. 325 ff., 327d m.w.N.; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 8. Aufl., Kap. 14 Rdn. 3 f., 10b f.; Köhler WRP 1997, 897 ff.; ders. in Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., Vor § 13 Rdn. 68 f.; v. Gierke, WRP 1997, 892 ff.; Schünemann, WRP 1998, 120 ff.; eingehend Fritzsche, Unterlassungsanspruch und Unterlassungsklage , 2000, S. 421 ff., 440 ff.; Wiegand, Die Passivlegitimation bei wettbewerblichen Abwehransprüchen, 1997, S. 121 ff.).

b) Zu Unrecht meint die Revision, die vorstehenden Grundsätze kämen zu Lasten des Landes Berlin jedenfalls deswegen nicht zum Tragen, weil sein von den Klägerinnen beanstandetes Verhalten von einer Selbstbegünstigungsabsicht geleitet, nämlich allein darauf gerichtet sei, trotz der außerordentlich angespannten Lage des Haushalts des Landes Berlin auf dem Wege möglichst großer Einsparungen bei der Schulbuchbeschaffung die öffentliche Aufgabe der Lernmittelfreiheit noch erfüllen zu können. Dies beruht nicht nur auf einer Verkennung des in § 257 StGB niedergelegten Strafbefreiungstatbestandes, sondern stützt sich auf eine unzutreffende Interpretation von auf andere Fallgestaltungen zugeschnittenen Ausführungen im Schrifttum (vgl. Belling/EberlBorges in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2002, § 830 Rdn. 49; Palandt/ Thomas, BGB, 62. Aufl., § 830 Rdn. 4 a.E.; s. aber schon Mot. bei Mugdan, Bd. II S. 412; Münch.Komm.z.BGB/Stein, 3. Aufl., § 830 Rdn. 14, 20); insbesondere berücksichtigt das Land nicht in der gebotenen Weise den in § 830 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommenden Gedanken, daß für die zivilrechtliche Verantwortlichkeit zwischen dem Täter und dem Teilnehmer hinsichtlich des Unrechtsgehalts ihrer Tatbeiträge nicht unterschieden werden muß. Derjenige, der einen anderen zu einem zivilrechtlich verbotenen Verhalten anstiftet, ver-
letzt die Rechtsordnung nicht weniger als der die Norm mißachtende Täter oder Mittäter. Soweit es dadurch zu einem Schaden kommt, ordnet das Gesetz deswegen mit Recht die gesamtschuldnerische Haftung beider Tatbeteiligten an. Derselbe Gedanke beansprucht Geltung auch für den - der Zufügung eines Schadens - vorgelagerten Unterlassungsanspruch. Seiner Befolgung kann der Anstifter nicht dadurch entgehen, daß er allein zur Erhaltung seines Vermögens und nicht - worum es auch bei der Buchpreisbindung geht - aus wettbewerblichen Gründen handelt. Schon die Behandlung der Problematik im Strafrecht (§ 257 Abs. 3 Satz 1 StGB) zeigt, daß der in Begünstigungsabsicht Handelnde in jedem Fall wegen der Vortat verantwortlich ist und daß sein Selbstbegünstigungswille ihn nicht vor strafrechtlicher Verfolgung bewahrt, wenn er den Tatentschluß zur Begünstigung bei einer Person hervorruft, die an der Vortat nicht beteiligt war (§ 257 Abs. 3 Satz 2 StGB).
2. Die an eine Reihe von Buchhandlungen gerichtete Anfrage des beklagten Landes, welche Nachlässe ihm beim Kauf von Schulbüchern eingeräumt würden, sowie die damit verbundene Ankündigung, im Falle einer Auftragserteilung ein Zahlungsziel von einem Monat in Anspruch zu nehmen, und bei Nichtausschöpfung dieser Frist und einer Ausgleichung der Rechnung binnen 14 Tagen 2% Skonto vom Rechnungsbetrag abzuziehen, zielt darauf ab, Buchhändler als Normadressaten des § 3 Satz 1 BuchpreisbindG zu einem Verstoß gegen die Bestimmungen dieses Gesetzes zu bewegen. Da § 7 Abs. 3 BuchpreisbindG bereits abschließend bestimmt (vgl. Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Kultur und Medien, BT-Drucks. 14/9422 S. 12), welche Nachlässe dem beklagten Land beim zentralen Kauf von Schulbüchern gewährt werden dürfen, kann die Anfrage aus der Sicht der Buchhändler nur dahingehend verstanden werden, daß das Land Berlin als besonders marktstarker Nachfrager die Einräumung weitergehender Preisnachlässe erreichen
will. Derartige Nachlässe einzuräumen, ist den Buchhändlern indessen ebenso verboten, wie sie sich nicht darauf einlassen dürfen, daß der Käufer abweichend von dem bindenden, als Barzahlungspreis zu verstehenden Endpreis nach § 5 BuchpreisbindG einen Skontobetrag abzieht.
Diese Bestimmung verbietet nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte und Sinn des Gesetzes auch, daß der Käufer - statt den sofort fälligen vom Verleger festgesetzten Endpreis zu entrichten - für sich ein Zahlungsziel beansprucht und für den Fall, daß er diese Frist nicht ausschöpft, einen Abzug von dem verbindlichen Endpreis vornimmt. Wie sich u.a. aus § 5 Abs. 4 Nr. 6 BuchpreisbindG ergibt, geht das Gesetz davon aus, daß der Endpreis, der für die gewerbsmäßigen Verkäufer von Büchern an Letztabnehmer bindend ist, der sofort zu entrichtende Preis ist; bei einem kreditweisen Verkauf darf er anders festgesetzt werden, indem der Barzahlungspreis um im voraus bestimmte Teilzahlungszuschläge erhöht wird. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, daß der Verzicht des Buchhändlers auf den sofortigen Ausgleich der Rechnung bei Fälligkeit, d.h. bei Auslieferung der Ware, die Einräumung eines Kredits darstellt , der bei fehlender Gegenleistung zu einer verbotenen Unterschreitung des gebundenen Preises führt.
Diese Auslegung des Gesetzes entspricht nicht nur der Begründung (BT-Drucks. 14/9196 S. 10 zu § 3 und S. 13 zu § 7 Abs. 4; s. ferner BT-Drucks. 14/9422 S. 11 f. speziell zum Nachlaß bei Schulbüchern), sondern auch der Entstehungsgeschichte des Gesetzes. Dieses sollte u.a. im Hinblick auf europarechtliche Bedenken die in Jahrzehnten gewachsene Buchpreisbindung in Deutschland auf eine rechtssichere Grundlage stellen. Ein wesentliches Kennzeichen dieser Buchpreisbindung war das an alle Buchhändler gerichtete, durch Sammel- oder Einzelrevers eingeführte Verbot, Bücher ohne Zustimmung des
Verlegers unter Gewährung eines Barzahlungsnachlasses zu verkaufen. Dies ist in dem bis zum 30. September 2002 geltenden System durch die Formulierung der Preisbindungsverpflichtung im Sammelrevers 2000 zweifelsfrei zum Ausdruck gebracht worden, wenn dort die Buchhändler an die "Endabnehmerpreise" gebunden wurden, welche als "Ladenpreise = Barzahlungspreise" definiert wurden (vgl. Franzen, Die Preisbindung des Buchhandels, 3. Aufl., Rdn. 59, 128, 152). Hinter diesem Rechtszustand hat das Buchpreisbindungsgesetz nicht nur nicht zurückbleiben sollen, sondern der Gesetzgeber hat die Bindungswirkung sogar noch verstärkt, indem das Gesetz - abweichend von den früheren in Teil B 2 des Sammelrevers 2000 niedergelegten Regeln - nunmehr auch die Verleger verpflichtet, sich an der eigenen Festsetzung des Endpreises festhalten zu lassen; der Gesetzgeber hat auf diese Weise nicht nur Markttransparenz schaffen, sondern vor allem das Vorhandensein einer hinreichend großen Zahl von Verkaufsstellen in Deutschland, die gleichmäßige Verbreitung des Buchangebots auch außerhalb der großen Städte und den Schutz des Kulturgutes Buch sicherstellen wollen (vgl. allgemein zu diesen Zielen der Buchpreisbindung Franzen aaO Rdn. 7 ff.).
Zu Unrecht meint das beklagte Land, die von ihm in Anspruch genommene Preisgestaltungsfreiheit lasse sich auf § 7 Abs. 4 Nr. 4 BuchpreisbindG stützen. Dabei kann dahinstehen, ob ein echtes Skonto - also das Recht, den Rechnungsbetrag zu kürzen, falls eine eingeräumte längere Zahlungsfrist nicht ausgeschöpft wird - lediglich eine Geschäftsbedingung darstellt und auch bei einem gebundenen Preis gewährt werden kann (vgl. allgemein zur Beurteilung des Skonto bei der Preisbindung Bechtold, GWB, 3. Aufl., § 15 Rdn. 11; Fikentscher/Krauß in Gemeinschaftskommentar zum GWB, 4. Aufl., § 16 Rdn. 128; Emmerich in Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl., § 15 Rdn. 88, 90). Dagegen, daß ein derartiges Skonto eine nach § 7 Abs. 4 Nr. 4 Buchpreis-
bindG zugelassene "handelsübliche Nebenleistung" darstellt, spricht nicht nur der in der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 14/9196 S. 13) zum Ausdruck gekommene , mit der vorher geltenden Praxis in Übereinstimmung stehende Wille des Gesetzgebers, sondern vor allem der Umstand, daß nach dem System des Buchpreisbindungsgesetzes - wie oben ausgeführt - der gebundene Endpreis sofort zu entrichten ist, ein Zahlungsziel, das der Käufer unter Kürzung seiner Leistungspflicht unterschreiten könnte, also nicht besteht (vgl. ähnlich BGHZ 36, 370 ff., 373). Daran ändert auch nichts, daß bis zum Inkrafttreten des Buchpreisbindungsgesetzes Buchhändler nicht immer sofort Bezahlung des festgesetzten Preises gefordert, sondern mitunter bis zu 60 Tage zugewartet haben, ehe sie auf einen Ausgleich der Rechnung gedrungen haben. Wenn die Verleger und Wettbewerber gegen diese den vereinbarten Regeln widersprechende Vorgehensweise nicht eingeschritten sind, bedeutet dies weder, daß sich die Buchhändler ordnungsgemäß verhalten haben, noch hat sich daraus die von dem beklagten Land behauptete Übung ergeben können, daß Bücher auf Kredit verkauft und bei sofortiger Bezahlung ein Barzahlungsrabatt gewährt werden durfte.
3. Eine abschließende Entscheidung über den Hauptantrag ist dem Senat verwehrt. Voraussetzung für die Inanspruchnahme des beklagten Landes als Anstifter ist, daß es zumindest bedingt vorsätzlich auf Buchhändler dahingehend eingewirkt hat, daß diese bei der Schulbuchlieferung vorsätzlich die Regeln über die Buchpreisbindung verletzen (vgl. zur subjektiven Seite bei § 830 Abs. 2 BGB: BGH WRP 2003, 886, 888 - Kleidersack; Steffen in RGRK z. BGB, 12. Aufl., § 830 Rdn. 6; Belling/Eberl-Borges in Staudinger aaO § 830 Rdn. 31 ff.). Diese Frage hat das Berufungsgericht - auf der Grundlage des bis zur letzten mündlichen Verhandlung geltenden Rechts folgerichtig - nicht geprüft , im Rahmen der von ihm erörterten vorsätzlich sittenwidrigen Aufforderung
zum Vertragsbruch (§ 826 BGB) vielmehr angenommen, ein vorsätzliches Verhalten der zuständigen Bediensteten der Bezirksämter, wie es auch für die Teilnehmerhaftung nach § 830 Abs. 2 BGB erforderlich ist, sei nicht festzustellen. Dabei hat der Kartellsenat des Kammergerichts maßgeblich darauf abgestellt, daß in der Vergangenheit nicht nur der Senator für Wirtschaft, sondern auch die Landeskartellbehörde Berlin und er selbst die Einräumung eines Barzahlungsnachlasses beim Schulbuchkauf nicht schlechthin für unvertretbar gehalten haben. Ob dies revisionsrechtlicher Prüfung standhielte, bedarf keiner Erörterung. Da nunmehr durch das Buchpreisbindungsgesetz eine neue - jetzt gesetzliche und nicht mehr vertragliche - Grundlage für den Schutz des "Kulturguts Buch" geschaffen worden ist, bedarf die Frage, ob die für das beklagte Land tätigen Personen vorsätzlich in dem beschriebenen Sinn handeln, neuer tatrichterlicher Prüfung.
III. Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht die Möglichkeit - nach Ergänzung des Sachvortrags der Parteien und gegebenenfalls der Anpassung ihrer Anträge an das neue Recht - die nach Inkrafttreten des Buchpreisbindungsgesetzes unter anderem Blickwinkel auftretende Frage der Störereigenschaft des beklagten Landes, vor allem diejenige einer vorsätzlichen Anstiftung zu verbotenem Verhalten zu prüfen.
Erst danach stellt sich gegebenenfalls die Frage, ob die von der Revision bekämpfte Entscheidung des Berufungsgerichts zum hilfsweise gestellten Feststellungsantrag rechtlich haltbar ist. Insofern weist der Senat vorsorglich darauf hin, daß die in dem ersten Berufungsurteil getroffene Feststellung auf die Klä-
rung einer abstrakten Rechtsfrage hinausläuft und nicht ohne weiteres ersichtlich ist, daß die besonderen Prozeßvoraussetzungen des § 256 ZPO erfüllt sind.
Hirsch Goette Bornkamm
Raum Meier-Beck
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b) Die Neuregelung der Anschlussrevision in § 554 ZPO ändert aber nichts daran, dass sie als unselbständiges Rechtsmittel akzessorischer Natur ist (vgl. zu § 556 ZPO a.F.: BGHZ 148, 156, 159; BGH NJW 2002, 1870, 1872). Dieser Abhängigkeit der Anschlussrevision würde es widersprechen, wenn mit ihr Streitstoff eingeführt werden könnte, der mit dem Gegenstand der Hauptrevision weder in einem rechtlichen noch in einem wirtschaftlichen Zusammenhang steht (so auch MünchKomm.ZPO/Wenzel aaO § 554 Rdn. 6).