Landgericht München I Endurteil, 26. Juni 2019 - 1 S 2812/18 WEG

bei uns veröffentlicht am26.06.2019
vorgehend
Amtsgericht München, 484 C 9773/14 WEG, 25.01.2018

Gericht

Landgericht München I

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts München vom 25.01.2018, Az. 484 C 9773/14 WEG, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

a. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 1.684,77 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.499,43 seit 27.04.2014 und aus € 185,34 seit 09.01.2018 zu bezahlen.

b. Die Beklagte wird verurteilt, die in ihrem Besitz befindlichen vollstreckbaren Ausfertigungen des Urteils des Amtsgerichts München vom 4.10./17.12.2013, Az: 484 C 6794/13 WEG, sowie des Kostenfestsetzungsbeschlusses des Amtsgerichts München vom 16.12.2013, Az: 484 C 6794/13 WEG, an den Kläger herauszugeben.

c. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

d. Von den Kosten des Rechtsstreits in 1. Instanz tragen der Kläger 16% und die Beklagte 84%.

2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 16% und die Beklagte 84%.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1. genannte Urteil des Amtsgerichts München ist, soweit es nicht abgeändert wurde, ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von € 4.000,00 abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von € 4.000,00 leistet. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit i. H. von 110% des vollstreckbaren Betrages aus diesem und dem in Ziffer 1. genannten Urteil des Amtsgerichts München abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i. H. von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

5. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Gründe

Der Kläger ist Mitglied der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft. Er verlangt von dieser Rückerstattung von geleisteten Zahlungen, die Erklärung der Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus zugunsten der Beklagten ergangenen Kostenfestsetzungsbeschlüssen sowie die Herausgabe verschiedener Vollstreckungstitel.

Die Eigentümer der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft genehmigten in der Eigentümerversammlung vom 23.08.2012 unter TOP 1.1 die Jahresabrechnung für 2011. Aus der Einzelabrechnung für die im Sondereigentum des Klägers stehende Wohnung Nr. 210 ergab sich dabei ein Nachzahlungsbetrag von € 1.434,86. Wegen der Einzelheiten wird auf das als Anlage K 2 in Auszügen vorgelegte Protokoll der Eigentümerversammlung vom 23.08.2012 und die als Anlage K 3 in Ablichtung vorgelegte Einzelabrechnung für die Wohnung Nr. 210 Bezug genommen.

Der Kläger hat gegen den in der Eigentümerversammlung vom 23.08.2012 unter TOP 1.1 gefassten Beschluss über die Genehmigung der Jahresabrechnung 2011 bezogen auf die Kostenverteilung der Position „Dachsanierung“ in den Einzelabrechnungen Anfechtungsklage erhoben, die unter dem Aktenzeichen 484 C 24615/12 WEG beim Amtsgericht München geführt wurde.

Unterdessen wurde der Kläger, nachdem er bis zu diesem Zeitpunkt den sich aus der Jahreseinzelabrechnung 2011 für seine Sondereigentumseinheit ergebenden Nachzahlungsbetrag von € 1.434,86 nicht geleistet hatte, mit rechtsanwaltlichem Schreiben vom 06.12.2012 namens der Beklagten unter Androhung der Einleitung gerichtlicher Schritte dazu aufgefordert, den Betrag in Höhe von € 1.434,86 sowie die für die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe entstandenen Kosten von € 186,23 bis spätestens 21.12.2012 zu überweisen. Wegen der Einzelheiten wird auf das als Anlage K 4 vorgelegte Schreiben der Rechtsanwältin … vom 06.12.2012 nebst der diesem beigefügten Kostennote verwiesen. Am 05.02.2013 überwies der Kläger den Betrag von € 1.434,86 an die Beklagte. Eine weitergehende Zahlung erfolgte nicht, so dass die Beklagte mit Schriftsatz vom 11.03.2013 Klage einreichte, mit der sie vom Kläger Erstattung der Rechtsanwaltskosten von € 186,23 sowie von Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus € 1.434,86 für die Zeit vom 02.09.2012 bis 21.12.2012, aus € 1.621,09 für die Zeit vom 22.12.2012 bis zum 05.02.2013 und aus € 186,23 seit 06.02.2013 verlangte. Mit Endurteil vom 04.10.2013, Az: 484 C 6704/13 WEG, gab das Amtsgericht München der Klage im vollen Umfang statt. Auf das sich unter Bl. 20/22 bei der Akte befindliche Endurteil vom 04.10.2013 wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen. Die gegen das Urteil seitens des hiesigen Klägers erhobene Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör wurde mit Beschluss des Amtsgerichts München vom 28.11.2013, Az: 484 C 6794/13 WEG zurückgewiesen. Mit Beschluss vom 16.12.2013, Az: 484 C 6794/13 WEG, setzte das Amtsgericht München die von dem hiesigen Kläger an die hiesige Beklagte nach dem Endurteil des Amtsgerichts München vom 04.10.2013 zu erstattenden Kosten auf € 164,25 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 27.10.2013 fest.

Am 21.02.2014 erließ das Amtsgericht München - Vollstreckungsgericht - unter dem Az: 1536 M 20853/14 auf Antrag der hiesigen Beklagten zur Vollstreckung der mit Endurteil des Amtsgerichts München, Az: 484 C 6794/13, WEG titulierten Forderungen einen Pfändungsund Überweisungsbeschluss. Einen vom hiesigen Kläger gestellten Antrag vom 28.02.2014 auf Gewährung von Vollstreckungsschutz gem. § 765a ZPO wies das Amtsgericht München - Vollstreckungsgericht - mit Beschluss vom 14.03.2014, Az: 1536 M 20853/14, zurück, wobei es die Kosten des Verfahrens dem Schuldner, das ist der hiesige Kläger, auferlegte. Die gegen den Beschluss vom 14.03.2014 vom hiesigen Kläger eingelegte sofortige Beschwerde wies das Landgericht München I mit Beschluss vom 21.07.2014, Az: 16 T 9205/14, zurück. Mit Beschluss vom 09.05.2014, Az: 1536 M 20853/14, setzte das Amtsgericht München - Vollstreckungsgericht - die vom Schuldner, dem hiesigen Kläger, an den Gläubiger, die hiesige Beklagte, nach dem Beschluss des Amtsgerichts München vom 14.03.2014 zu erstattenden Kosten auf € 19,28 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 23.03.2014 fest. Mit weiterem Beschluss vom 17.04.2015, Az: 1536 M 20853/14, setzte das Amtsgericht München - Vollstreckungsgericht -die vom Schuldner, dem hiesigen Kläger, an den Gläubiger, die hiesige Beklagte, „nach dem Beschluss des Amtsgerichts München vom 21.07.2014“ zu erstattenden Kosten auf € 32,13 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 21.08.2014 fest.

Mit Schreiben vom 12.03.2014 beantragte der Kläger u. a. die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Amtsgerichts München vom 04.10.2013, Az 484 C 6794/13 WEG, ohne Sicherheitsleitung einstweilig einzustellen. Mit Beschluss vom 20.03.2014, Az 484 C 6794/13 WEG, wies das Amtsgericht München den Antrag des hiesigen Klägers vom 12.03.2014 auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung zurück. Die hiergegen vom hiesigen Kläger mit Schreiben vom 14.04.2014 eingelegte sofortige Beschwerde wurde durch das Landgericht München I mit Beschluss vom 20.06.2014, Az: 36 T 8436/14 zurückgewiesen. Mit Beschluss vom 21.04.2015, Az: 484 C 6794/13 WEG, setzte das Amtsgericht München die von dem hiesigen Kläger an die hiesige Beklagte nach dem Beschluss des Landgerichts München I vom 20.06.2014, Az: 36 T 8436/14 zu erstattenden Kosten für das Beschwerdeverfahren auf € 32,13 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 05.11.2014 fest.

Mit Endurteil vom 27.02.2014, Az: 484 C 24615/12 WEG erklärte das Amtsgericht München u. a. den in der Eigentümerversammlung vom 23.08.2012 zu TOP 1.1 gefassten Beschluss über die Genehmigung der Jahresabrechnung des Wirtschaftsjahres 2011 hinsichtlich der Kostenverteilung zu Pos. „Dachsanierung“ in den Einzelabrechnungen für ungültig. Das Urteil wurde dem Prozessvertreter der Beklagten übrigen Eigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft am 03.03.2014 zugestellt. Ein Rechtsmittel wurde gegen das Urteil nicht eingelegt.

Aus dem im Verfahren 484 C 6794/13 WEG am 04.10.2013 ergangenen Endurteil des Amtsgerichts München hat die Beklagte gegen den Kläger den titulierten Hauptsachebetrag von € 186,23 sowie weitere € 113,57, insgesamt € 299,80 im April 2014 im Wege der Zwangsvollstreckung erlangt. Aus dem im Verfahren 484 C 6794/13 WEG am 16.12.2013 ergangenen Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts München hat die Beklagte gegen den Kläger den titulierten Hauptsachebetrag von € 164,25 sowie weitere € 21,09, insgesamt € 185,34 am 05.02.2015 im Wege der Zwangsvollstreckung erlangt.

Mit dem als Anlage K 1 vorgelegten Schreiben vom 05.04.2014 an die die hiesige Beklagte im Verfahren 484 C 6794/13 WEG des Amtsgerichts München und im Zwangsvollstreckungsverfahren 1536 M 20853/14 beim Amtsgericht München vertretende Rechtsanwältin .erklärte der hiesige Kläger u. a.:

„Vorbehaltlich gesonderten Schreibens meiner Anwälte erkläre ich hiermit die Aufrechnung gegen jegliche Vollstreckungsforderung Ihrer Mandantschaft mit meinen Gegenforderungen, die sich aus dem - Ihnen seit Vollstreckungsschutzantrag vom 04.03.2014 bekannten - Urteil des Amtsgerichts München vom 27.02.2014 (484 C 24615/12 WEG) ergeben. Diese bestehen - spiegelbildlich zu den Forderungen Ihrer Mandantschaft zu AG München 484 C 6794/13 WEG - darin, dass

a) aufgrund Ungültigkeit des Abrechnungsbeschlusses betr. „Dachsanierung“ der hierfür eingeforderte Betrag von 1.484,86 € „nebst Zinsen hieraus seit 02.09.2012“ an mich zurückzuerstatten ist (§§ 812ff BGB),

b) die mir durch „vorläufige Vollstreckung“ des ungültigen Beschlusses (nebst rechtsgrundloser Verzugskosten) entstandenen Schäden entsprechend § 717 Abs. 2 ZPO zu erstatten sind.“

Wegen der näheren Einzelheiten wird auf das als Anlage K 1 vorgelegte Schreiben vom 05.04.2014 Bezug genommen.

Der Kläger ist der Ansicht, aufgrund des rechtskräftigen Urteils des Amtsgerichts München vom 27.02.2014, Az: 484 C 24615/12 WEG, mit dem der Beschluss zu TOP 1.1 der Eigentümerversammlung vom 23.08.2012 über die Genehmigung der Jahresabrechnung 2011 hinsichtlich der Kostenverteilung zu Pos. „Dachsanierung“ in den Einzelabrechnungen für ungültig erklärt wurde, erweise sich die von ihm geleistete Zahlung von € 1.434,86 auf den Abrechnungsbeschluss nebst Zinsen hieraus seit 04.02.2013 als rechtsgrundlos und sei gem. §§ 812ff BGB an ihn zurückzuerstatten. Gleiches gelte für die aus dem Urteil des Amtsgerichts München vom 04.10.2013, Az: 484 C 6794/13 WEG, und dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts München vom 16.12.2013, Az: 484 C 6794/13 WEG, vollstreckten Beträge von € 299,80 und € 185,34, welche dem Kläger nunmehr im Wege des Schadensersatzes entsprechend § 717 II, III ZPO i. V. mit §§ 311 II Nr. 3, 241 II, 242, 280ff, 812ff BGB zu erstatten seien, da mit der Ungültigkeit des Abrechnungsbeschlusses vom 23.08.2012 zugleich rückwirkend die Rechtsgrundlage der Beitreibungsaktivitäten der Beklagten entfallen sei. Die Geltendmachung des Abrechnungsbetrages durch die Beklagte sowie die gerichtliche Geltendmachung der diesbezüglich angefallenen vorgerichtlichen und gerichtlichen Kosten der Beklagten sei treuwidrig und rechtsmissbräuchlich i S. der §§ 241, 226, 826 und 819 II BGB gewesen. Eine Pflicht der Beklagten zur Rücksichtnahme habe sich insoweit schon aus der durch das Gemeinschaftsverhältnis nach §§ 10ff. WEG begründeten Sonderverbindung der Parteien und der vorausgegangenen Diskussionen von Verwaltungsmängeln sowie Anfechtungs- und Widerklagen des Klägers ergeben, wobei der Kläger die Beklagte wiederholt auf die Notwendigkeit des Abwartens der gerichtlichen Klärung seiner Gegenansprüche hingewiesen habe. Die entsprechende Anwendung der § 717 II, III ZPO, §§ 812, 819 BGB sei dadurch begründet, dass das Urteil vom 04.10.2013, Az: 484 C 6794/13 WEG, selbst bereits auf einer „vorläufigen Vollziehbarkeit“ des angefochtenen Eigentümerbeschlusses vom 23.08.2012, TOP 1 beruht habe. Durch die Ungültigerklärung dieser Forderung mit Urteil vom 27.02.2014, Az: 484 C 24615/12 WEG, sei der Vollsteckungsanspruch der Beklagten nicht anders entfallen, als wäre dieser durch das Urteil vom 04.10.2013 selbst festgestellt worden. Erst recht erscheine § 717 II, III ZPO anwendbar, soweit die Beklagte die Vollstreckung auch nach Kenntnis des Urteils vom 27.02.2014 und der vorsorglich erklärten Aufrechnung durch den Kläger betrieben und dadurch den Schaden gem. § 717 II, III ZPO direkt vorsätzlich herbeigeführt habe. Die Ansprüche seien auch als Schadensersatzansprüche aus §§ 280f, 282 BGB bzw. aus § 826 BGB begründet, da die Beklagte, vertreten durch den Verwalter, ihre Pflicht zur ordnungsgemäßen WEG-Verwaltung verletzt habe, indem sie seit 2011 gerügte Verwaltungsmängel, die Gegenstand anderweitiger Gerichtsverfahren seien, nicht rechtzeitig abgestellt und die unnötige, rechtsmissbräuchliche Klage im Verfahren 484 C 6794/13 WEG erhoben habe. Vorsorglich und hilfsweise würden die Ansprüche auch auf vergebliche Anspruchs- und Vollstreckungsabwehrkosten des Klägers in Form zahlreicher Gerichtskostenrechnungen und weiterer Aufwendungen gestützt. Soweit von Beklagtenseite die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Amtsgerichts München vom 04.10.2013, Az: 484 C 6794/13 WEG, und dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts München vom 16.12.2013, Az: 484 C 6794/13 WEG, wegen Befriedigung der Vollstreckungsforderungen für beendet erklärt werde, sei eine weitere Zwangsvollstreckung aus diesen Titeln und den hierauf beruhenden Beschwedekostenfestsetzungen im Verfahren 1536 M 20853/14 des Amtsgerichts München - Vollstreckungsgericht - vom 09.05.2014 und 17.04.2015 über € 19,28 und € 32,13 und der Beschwerdekostenfestsetzung im Verfahren 484 C 6794/13 WEG vom 21.04.2015 über € 32,13 jedoch weiterhin nicht auszuschließen. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 14.04.2014 und vom 21.01.2016 verwiesen.

Der Kläger hatte zunächst im Verfahren 484 C 6794/13 WEG mit Schriftsatz vom 14.04.2014 Vollstreckungsgegenklage erhoben und beantragt, die (weitere) Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Gerichts vom 04.10.2013 (484 C 6794/13 WEG) nebst Kostenfestsetzungsbeschluss vom 16.12.2013 (Az. 484 C 6794/13 WEG) für unzulässig zu erklären und die hiesige Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag von € 1733,57 nebst Zinsen von 5% über Basiszinssatz aus € 1.434,86 seit 04.02.2013 und aus € 299,80 seit 09.04.2014 zu bezahlen. Noch vor Zustellung der Klage wurde das Verfahren hinsichtlich der Vollstreckungsgegenklage vom 14.04.2014 durch Beschluss des Amtsgerichts München vom 23.04.2014 abgetrennt und sodann unter dem Az: 484 C 9973/14 WEG beim Amtsgericht München fortgeführt.

Der Kläger hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

1. a) Die Zwangsvollstreckung auch aus den Kostenfestsetzungsbeschlüssen des Amtsgerichts München vom 09.05.2014 und 21.04.2015 (Aktenzeichen jeweils 1536 M 20853/14) sowie vom 21.04.2015 (Aktenzeichen 484 C 6794/13 WEG) wird für unzulässig erklärt.

b) Die Beklagte wird verurteilt, die in ihrem Besitz befindlichen vollstreckbaren Ausfertigungen des Urteils vom 4.10./17.12.2013, des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 16.12.2013 (Aktenzeichen jeweils 484 C 6794/13 WEG), sowie der Kostenfestsetzungsbeschlüsse 09.05.2014 und 21.04.2015 (Aktenzeichen jeweils 1536 M 20853/14) und vom 21.04.2015 (Aktenzeichen 484 C 6794/13 WEG) an den Kläger herauszugeben,

hilfsweise: zu Protokoll des Gerichts anzuerkennen, dass ihre Forderungen aus allen genannten Vollstreckungstiteln vollständig erloschen bzw. erledigt sind.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag von € 1.920,00 nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus € 1.434,86 seit 4.2.2013 und aus € 299,80 seit 9.4.2014 und aus € 185,34 seit 5.2.2015 zu bezahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

Klageabweisung.

Zur Begründung hat die Beklagte in Erwiderung auf die zunächst mit Schriftsatz vom 14.04.2014 erhobenen Ansprüche ausgeführt, die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Amtsgerichts München vom 04.10.2013, Az: 484 C 6794/13 WEG, sei beendet, da die Auszahlung des geltend gemachten Betrages durch den Drittschuldner in Höhe von € 299,80 am 12.04.2014 erfolgt sei. Ebenso sei die Zwangsvollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 16.12.2014, Az: 484 C 6794/13 WEG, beendet, da die Auszahlung des gesamten geltend gemachten Betrags durch die Hinterlegungsstelle mit Bescheid vom 27.01.2015 angeordnet worden und auch erfolgt sei. Der geltend gemachte Zahlungsanspruch bestehe nicht. Zwar sei eine (verlängerte) Vollstreckungsgegenklage auf Rückzahlung des zu viel Geleisteten als Schadensersatz zulässig. Der Betrag von € 1.434,86 sei vom Kläger jedoch nicht im Rahmen der Vollstreckung geleistet worden, sondern freiwillig außergerichtlich und könne damit nicht im Wege einer Vollstreckungsgegenklage geltend gemacht werden. Der Kläger könne den Betrag auch nicht gem. § 812 I Satz 1 BGB zurückfordern, da dem Anspruch auf Rückzahlung rechtsgrundlos geleisteter Beträge der Vorrang des Innenausgleichs nach Maßgabe der Abrechnung entgegen stehe. Sämtliche Beitragsleistungen seien daher in der Jahresabrechnung zu berücksichtigen und abzurechnen. Unbegründet sei auch der Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von € 299,80. Auch wenn der Beschluss über die Jahresabrechnung inzwischen teilweise für ungültig erklärt worden sei, ändere dies nichts daran, dass der Abrechnungsgenehmigungsbeschluss gem. § 23 IV Satz 2 WEG bis zur rechtskräftigen Ungültigerklärung gültig gewesen sei, d. h. zum Zeitpunkt des anwaltlichen Aufforderungsschreibens sei die Forderung der Beklagten aus der Jahresabrechnung 2011 begründet gewesen, weshalb der Kläger auch die für das anwaltliche Aufforderungsschreiben angefallenen Anwaltsgebühren als Verzugsschaden schulde. Das rechtskräftige Urteil vom 04.10.2013 werde im Nachhinein nicht falsch, so dass hieraus auch Vollstreckungsmaßnahmen wegen des Zahlungsunwillens oder der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners hätten eingeleitet werden dürfen. Die vorgenannten Gründe würden auch gegen die zuletzt geltend gemachten Ansprüche sprechen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Klageerwiderung vom 13.12.2015 und die in der mündlichen Verhandlung vom 08.01.2018 zu Protokoll des Amtsgerichts abgegebenen Erkärungen des Beklagtenvertreters Bezug genommen.

Das Amtsgericht München hat die Klage mit Urteil vom 25.01.2018 insgesamt abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass sämtlichen der vom Kläger geltend gemachten Ansprüche der Vorrang des Innenausgleichs entgegenstehe. Danach stehe dem einzelnen Wohnungseigentümer ein Rückforderungsanspruch für von ihm geleistete Beitragszahlungen nur dann zu, wenn eine beschlossene Jahresabrechnung für ihn ein entsprechendes Guthaben ausweise. Dem Kläger stünden auch keine Schadensersatzansprüche zu, da der Beschluss über die Genehmigung der Jahresabrechnung 2011 bis zur teilweisen rechtskräftigen Ungültigerklärung gem. § 23 IV WEG gültig gewesen sei. Die Erhebung der Anfechtungsklage gem. § 46 WEG habe keine aufschiebende Wirkung. Das rechtskräftige Urteil vom 04.10.2013 werde durch die nachträgliche rechtskräftige Ungültigerkärung des Beschlusses über die Genehmigung der Jahresabrechnung 2011 nicht falsch, weshalb auch Vollstreckungsmaßnahmen hieraus hätten eingeleitet werden dürfen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Urteilsgründe Bezug genommen.

Gegen das Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt.

Zur Begründung seiner Berufung führt der Kläger aus, er habe, da die vorliegende Klage erst verspätet zugestellt worden sei, den im hiesigen Verfahren geltend gemachten Zahlungsanspruch auch bereits mit Widerklage und Hilfsaufrechnung vom 12.05.2015 im Verfahren 484 C 1997/15 WEG geltend gemacht. Auch diese Widerklage sei jedoch vor ihrer Zustellung abgetrennt und bislang nicht zugestellt worden. Im Hinblick auf die zwischenzeitlich erfolgte Zustellung der Klage im hiesigen Verfahren habe der Kläger die vorgenannte Widerklage auf eine Hilfsaufrechnung beschränkt und diese auf die nun unter dem Az: 484 C 9773/14 WEG gegenständlichen Ansprüche beschränkt. Der Kläger ist der Meinung, der Vorrang des Innenausgleichs gelte nur für die Rückzahlung von geleisteten Zahlungen auf einen Wirtschaftsplan oder eine Sonderumlage im Falle der späteren Ungültigkerklärung des Beschlusses über die Genehmigung des Wirtschaftsplanes bzw. der Sonderumlage, nicht jedoch für die Rückzahlung geleisteter Zahlungen auf die Jahresabrechnung. Der Kläger könne daher die Erstattungsforderung unmittelbar klageweise gelten machen, zumal der Verwalter auch auf seine Aufrechnungserklärung vom 05.04.2014 nicht reagiert und nichts zur Rückerstattung der rechtsgrundlos bezahlten Abrechnungsspitze unternommen habe. Auch verkenne das Gericht, dass der Kläger bereits im Verfahren 484 C 6794/13 WEG des Amtsgerichts München am 23.09.2013 Widerklage erhoben und die Klageforderung als rechtsmissbräuchlich angegriffen habe. Diese Einwände seien dem Kläger jedoch dadurch abgeschnitten worden, dass das Amtsgericht die Widerklage abgetrennt und unter dem Az: 484 C 28924/13 weitergeführt habe. Wäre dies nicht erfolgt, so hätte bereits im Verfahren 484 C 6794/13 WEG über die Begründetheit der dortigen Klageforderung und die wechselseitigen Ansprüche entschieden werden können und wäre es nicht zu dem Urteil vom 04.10.2013 gekommen. Soweit die Rechtsgrundlosigkeit der Abrechnungsforderung und die Gegenansprüche des Klägers noch nicht feststanden, wäre es Aufgabe des Gerichts gewesen, über diese gleichzeitig zu entscheiden und ggf. deren nachträgliche Aufrechnung zu ermöglichen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungsschrift vom 26.02.2018, die Berufungsbegründung vom 07.05.2018 sowie den Schriftsatz vom 05.03.2019 verwiesen.

Der Kläger beantragt im Berufungsverfahren:

1. Das Urteil vom 25.01.2018 und das Verfahren des Amtsgerichts München zu Az: 484 C 9773/15 WEG werden aufgehoben.

2. Die Sache wird zur weiteren Verhandlung und gleichzeitigen Entscheidung - auch über den Streitwert und die Kosten - mit den Parallelverfahren zu Az: 36 S 2813/18, 36 S 2814/18, 36 S 2815/18 und 36 S 2816/18, jeweils WEG verbunden.

3. a) Die Zwangsvollstreckung aus den Kostenfestsetzungsbeschlüssen des Amtsgerichts München vom 09.05.2014 und 17.04.2015 (Aktenzeichen jeweils 1536 M 20853/14) sowie vom 21.04.2015 (Aktenzeichen 484 C 6794/13 WEG) wird für unzulässig erklärt.

b) Die Beklagte wird verurteilt, die in ihrem Besitz befindlichen vollstreckbaren Ausfertigungen des Urteils vom 4.10./17.12.2013, des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 16.12.2013 (Aktenzeichen jeweils 484 C 6794/13 WEG), sowie der Kostenfestsetzungsbeschlüsse 09.05.2014 und 17.04.2015 (Aktenzeichen jeweils 1536 M 20853/14) und vom 21.04.2015 (Aktenzeichen 484 C 6794/13 WEG) an den Kläger herauszugeben, hilfsweise: zu Protokoll des Gerichts anzuerkennen, dass ihre Forderungen aus allen genannten Vollstreckungstiteln vollständig erloschen bzw. erledigt sind.

4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag von € 1.920,00 nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus € 1.434,86 seit 4.2.2013 und aus € 299,80 seit 9.4.2014 und aus € 185,34 seit 5.2.2015 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Zur Begründung führt sie aus, dass die Abtrennung der vom Kläger im Verfahren 484 C 6794/13 WEG des Amtsgerichts München erhobenen Widerklage zulässig gewesen sei. Weiter trägt sie vor, dass eine doppelte Rechtshängigkeit vorliege, da der Kläger selbst vorgetragen habe, die im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen Zahlungsansprüche auch in anderen Verfahren geltend gemacht zu haben. Die Beklagte ist überdies der Ansicht, dass auch bei Abrechnungsfehlbeträgen dem Anspruch auf Rückzahlung von im Nachhinein rechtsgrundlos geleisteter Beträge der Vorrang des Innenausgleichs nach Maßgabe der Abrechnung entgegenstehe. Bei Unwirksamkeit von Abrechnungsbeschlüssen könne ein Wohnungseigentümer die von ihm geleisteten Hausgelder nicht nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen heraus verlangen. Er benötige vielmehr eine erneute Abrechnung, da erst diese die Abrechnungen endgültig feststelle. Weiterhin trägt sie vor, es fehle das Rechtsschutzbedürfnis für den geltend gemachten Zahlungsanspruch von € 1.920,00, solange sich die Eigentümer mit dem klägerischen Zahlungsbegehren noch nicht in der Eigentümerversammlung befasst und hierüber abgestimmt hätten (Vorbefassungsgebot). Bei dem Zahlungsanspruch handele es sich nicht um einen Bestandteil der Vollstreckungsabwehrklage. Ein Rückzahlungsanspruch hinsichtlich der rechtskräftig titulierten vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten samt Vollstreckungskosten bestehe nicht, da, auch wenn die Ungültigerklärung des Abrechnungsgenehmigungsbeschlusses ex tunc-Wirkung gehabt haben sollte, dies nichts daran ändern könne, dass in der Zeit zwischen der Beschlussfassung und der rechtskräftigen Ungültigerklärung Verzug bestand. Hinsichtlich der Zusammensetzung des vollstreckten Betrages von € 299,80 verweist die Beklagten auf das als Anlage B 2 vorgelegte Schreiben der Rechtsanwältin … Der vollstreckte Betrag von € 184,34 setze sich aus dem mit Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts München vom 16.12.2013, Az: 484 C 6794/13 WEG titulierten Betrag sowie Vollstreckungskosten von € 21,09 zusammen. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Berufungserwiderung vom 30.01.2019 sowie den Schriftsatz vom 08.05.2019 verwiesen.

Die Kammer hat am 27.03.2019 mündlich zur Sache verhandelt und ist sodann mit Zustimmung der Parteien ins schriftliche Verfahren gem. § 128 II ZPO übergegangen. Als Termin zur Einreichung von Schriftsätzen, welcher dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht, wurde der 29.05.2019 bestimmt.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen und alle sonstigen Aktenbestandteile Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist zum überwiegenden Teil begründet.

1. Da der Schriftsatz der Klagepartei vom 29.05.2019 erst am 30.05.2019 und damit nach Ablauf des vom Gericht festgesetzten Zeitpunkts, bis zu dem gem. § 128 II Satz 2 ZPO Schriftsätze hätten eingereicht werden können, beim hiesigen Gericht eingegangen ist, war darin enthaltener neuer Sachvortrag gem. §§ 525, 296a ZPO als verspätet zurückzuweisen. Im Übrigen boten die Ausführungen keinen Anlass, die mündliche Verhandlung gem. § 156 ZPO wiederzueröffnen.

2. Von einer Verbindung des vorliegenden Verfahrens mit den vom Kläger genannten Verfahren der 36. Zivilkammer des Landgerichts München I hat die Kammer abgesehen. Selbst wenn die Voraussetzungen für eine Prozessverbindung gem. § 147 ZPO im Übrigen vorliegen würden, wäre hierfür, da die Verfahren bei verschiedenen Kammern anhängig sind bzw. waren, im Hinblick auf den Grundsatz des gesetzlichen Richters (Art. 101 I GG) die Zustimmung aller Parteien, also auch der Beklagten, erforderlich. Darüber hinaus war die vom Kläger beantragte Prozessverbindung weder aus Rechtsgründen geboten noch unter prozessökonomischen Gesichtspunkten veranlasst. Das vorliegende Verfahren ist, wie die nachfolgenden Ausführungen zeigen, zur Entscheidung reif, ohne dass es für die Beurteilung darauf ankommen würde, ob Fehler bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums unterlaufen sind. Die Verbindung ist auch nicht geboten, um, wie der Kläger vorträgt, eine doppelte Rechtshängigkeit zu vermeiden. Sofern eine solche vorliegen würde, wäre die später rechtshängig gewordene Klage von vornherein gem. § 261 III Nr. 1 ZPO unzulässig. Hieran könnte auch eine nachträgliche Verbindung der Verfahren nichts ändern. Soweit der Kläger vorgetragen hat, er habe mit den hier streitgegenständlichen Zahlungsansprüchen im Verfahren 484 C 1997/15 WEG hilfsweise die Aufrechnung gegen die dortige Klageforderung erklärt, lässt sich dem Vortrag des Klägers entnehmen und hat die Kammer durch Einsicht in die Prozessakten feststellen können, dass gegen das im dortigen Verfahren ergangene Urteil des Amtsgerichts München Berufung eingelegt wurde, welche beim Landgericht München I unter dem Aktenzeichen 36 S 2816/18 geführt wurde. Das Verfahren ist allerdings durch Verwerfung der Berufung des hiesigen Klägers und dortigen Beklagten durch Beschluss gem. § 522 I ZPO vom 19.06.2018 abgeschlossen, so dass bereits aus diesem Grund eine Verbindung nicht in Betracht kam.

3. Die vom Kläger erhobene Zahlungsklage über € 1.920,00 nebst Zinsen ist zulässig.

3.1. Der Klageerhebung steht eine doppelte Rechtshängigkeit der geltend gemachten Ansprüche nicht entgegen. Zwar ist das Fehlen der anderweitigen Rechtshängigkeit von klageweise geltend gemachten Ansprüchen eine von Amts wegen zu beachtende Prozessvoraussetzung (vgl. Bacher in BeckOG zur ZPO, 32. Edition, Stand 01.03.2019, Rn 13 zu § 261 ZPO). Das bedeutet aber nicht, dass das Gericht von sich aus zu ermitteln hat, ob die geltend gemachten Ansprüche bereits in einem anderen Verfahren rechtshängig sind (vgl. vgl. Bacher in BeckOG zur ZPO, 32. Edition, Stand 01.03.2019, Rn 10 zu § 253 ZPO). Vielmehr ist es Sache der Parteien, die Umstände darzulegen, aus denen sich eine anderweitige Rechtshängigkeit der im Streit stehenden Ansprüche ergibt. Das Gericht muss sich insoweit auf die Prüfung des ihm von den Parteien vorgetragenen Tatsachenstoffes beschränken und darf keine eigenen Ermittlungen anstellen (vgl. Beker-Eberhard in Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Aufl., Rn 44 zu § 261 ZPO). Dass und gegebenenfalls in welchem anderen Verfahren die hier geltend gemachten Ansprüche vor Erhebung der Klage im vorliegenden Verfahren bereits rechtshängig waren, haben die Parteien jedoch trotz des in der mündlichen Verhandlung vom 27.03.2019 erteilten Hinweises der Kammer auf den bislang unzureichenden Sachvortrag hierzu nicht schlüssig dargelegt. Soweit der Kläger im Schriftsatz vom 07.05.2018 vorgetragen hat, er habe die streitgegenständlichen Zahlungsansprüche im Verfahren 484 C 1997/15 WEG des Amtsgerichts München im Wege der Widerklage geltend gemacht, hat er zugleich ausgeführt, die Widerklage sei mit Beschluss vom 02.07.2015 vor ihrer Zustellung abgetrennt und bislang nicht zugestellt worden. Danach ist eine Rechtshängigkeit der Widerklage gem. §§ 261 I, 253 I ZPO aber gerade nicht eingetreten. Dass die Widerklage entgegen dem Vortrag des Klägers tatsächlich doch zugestellt wurde und zwar vor eintritt der Rechtshängigkeit der Klage im vorliegenden Verfahren mit deren Zustellung, hat auch die Beklagtenseite nicht behauptet.

3.2. Die Klage ist auch nicht deshalb unzulässig, weil über sie bzw. einen Teil der mit der Klage geltend gemachten Zahlungsansprüche bereits rechtskräftig entschieden worden wäre. Eine rechtskräftige Entscheidung über die im hiesigen Verfahren geltend gemachten Zahlungsansprüche ist insbesondere nicht im Verfahren 484 C 1997/15 WEG des Amtsgerichts München ergangen, in dem der hiesige Kläger und Beklagte des dortigen Verfahrens hilfsweise die Aufrechnung der vorliegend geltend gemachten Zahlungsansprüche gegen die seitens der hiesigen Beklagten und Klägerin im Verfahren 484 C 1997/15 WEG des Amtsgerichts München geltend gemachte Klageforderung erklärt hat. Wie sich nämlich den Gründen des im Verfahren 36 S 2816/18 des Landgerichts München I (Az: 484 C 1997/15 WEG des Amtsgerichts München) ergangenen Hinweises gem. § 522 I ZPO vom 06.04.2018 und des am 19.06.2018 in diesem Verfahren ergangenen Beschlusses, mit dem die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts München vom 30.01.2018, Az: 484 C 1997/15 WEG, als unzulässig verworfen wurde, entnehmen lässt, wurde in dem dortigen Verfahren über die vom hiesigen Kläger und dortigen Beklagten hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen in der Sache nicht entschieden, weil das Gericht die Aufrechnung als unzulässig angesehen und zurückgewiesen hat.

3.3. Entgegen der Auffassung der Beklagten steht der Geltendmachung der streitgegenständlichen Zahlungsansprüche nicht die fehlende Vorbefassung der Eigentümerversammlung mit dem Begehren des Klägers entgegen.

Die von Beklagtenseite zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 02.10.2015, Az: V ZR 5/15 betrifft die Frage, ob ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Anfechtungsklage besteht, die sich gegen einen Beschluss richtet, mit dem ein von einem Wohnungseigentümer gegen den Verband gerichtetes Zahlungsbegehren abgelehnt wurde und besagt nichts darüber, ob vor Erhebung einer Zahlungsklage eines Wohnungseigentümers gegen den Verband die Vorbefassung der Eigentümerversammlung mit dem Zahlungsbegehren zwingend erforderlich ist.

Richtig ist allerdings, dass die vorherige Befassung der Versammlung der Wohnungseigentümer mit einem auf deren Mitwirkung an einer ordnungsgemäßen Verwaltung gerichteten Antrag Zulässigkeitsvoraussetzung für eine Gestaltungsklage gem. § 21 VIII WEG ist (vgl. BGH, Urteil vom 15.01.2010, Az: V ZR 114/09, juris Leitsatz und Rn 14; BGH, Beschluss vom 14.03.2018, Az: V ZB 131/17, juris Rn 6). Denn für Maßnahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung des Gemeinschaftseigentums sind gem. § 21 III WEG die Wohnungseigentümer zuständig, die hierüber in der Wohnungseigentümerversammlung zu beschließen haben. Um den Eigentümern die Möglichkeit zu geben, das ihnen in diesem Rahmen grundsätzlich zustehende Ermessen auszuüben, muss ein Eigentümer in der Regel die Eigentümerversammlung mit seinem Antrag befassen, bevor er eine Gestaltungsklage gem. § 21 VIII WEG erhebt.

Darum geht es im vorliegenden Verfahren aber nicht. Vielmehr macht der Kläger Zahlungsansprüche gegen die beklagte Wohnungseigentümergemeinschaft geltend, die, sofern sie bestehen, nicht zur Disposition der Wohnungseigentümer stehen. Denn den Wohnungseigentümern fehlt die Kompetenz, einem anderen Wohnungseigentümer einen bestehenden Anspruch durch Beschluss zu nehmen (vgl. BGH, Urteil vom 02.10.2015, Az: V ZR 5/15, juris Rn 12). Da im Falle der Begründetheit des gelten gemachten Anspruchs den Eigentümern somit von vornherein kein Ermessen zusteht, die Wohnungseigentümergemeinschaft vielmehr verpflichtet ist, den Anspruch zu erfüllen, bedarf es vor Erhebung einer Zahlungsklage grundsätzlich auch keiner Vorbefassung der Eigentümerversammlung.

Daran ändert es auch nichts, dass es den Eigentümern grundsätzlich frei stünde, den vom Kläger geltend gemachten Anspruch freiwillig durch Mehrheitsbeschluss anzuerkennen, wodurch eine streitige Auseinandersetzung vor Gericht vermieden werden könnte (vgl. BGH, Urteil vom 02.10.2015, Az: V ZR 5/15, juris Rn 11). Insoweit unterscheidet sich die Wohnungseigentümergemeinschaft nämlich letztlich nicht von anderen Schuldnern. Auch diese können ein Gerichtsverfahren dadurch vermeiden, dass sie einen gegen sie geltend gemachten Anspruch freiwillig anerkennen. Dennoch ist die vorherige außergerichtliche Geltendmachung eines Anspruchs gegenüber dem Schuldner nicht Voraussetzung für die Klageerhebung gegen ihn. Das Interesse eines Beklagten, der zur Erhebung der Klage durch sein Verhalten keine Veranlassung gegeben hat, nicht unnötigerweise mit Prozesskosten belastet zu werden, wird vielmehr dadurch ausreichend gewahrt, dass er durch ein sofortiges Anerkenntnis gem. § 93 ZPO die Belastung mit Prozesskosten vermeiden kann. Diese Möglichkeit hat letztlich auch die Wohnungseigentümergemeinschaft. Ob hierbei die Frist, innerhalb derer ein sofortiges Anerkenntnis gem. § 93 ZPO erklärt werden muss, großzügiger zu bemessen ist als bei anderen Beklagten, damit die Eigentümer ausreichend Zeit haben, die erforderlichen Beschlüsse zu fassen, muss nicht entschieden werden, da von Beklagtenseite die Klageansprüche nicht anerkannt wurden.

4. Der vom Kläger zu Ziffer 4. der Berufungsanträge geltend gemachte Zahlungsanspruch von insgesamt € 1.920,00 ist in Höhe eines Betrages von insgesamt € 1.684,77 begründet.

4.1. Nachdem der in der Eigentümerversammlung vom 23.08.2012 zu TOP 1.1 gefasste Beschluss über die Genehmigung der Jahresabrechnung 2011 durch Urteil des Amtsgerichts München vom 27.02.2014, Az: 484 C 24615/12 WEG hinsichtlich der Kostenverteilung zu Pos. „Dachsanierung“ in den Einzelabrechnungen rechtskräftig für ungültig erklärt worden war, war die Beklagte dem Kläger zur Rückzahlung der von ihm auf die Jahresabrechnung 2011 geleisteten Nachzahlung von € 1.434,86 gem. § 812 I Satz 1, 1. Alt. BGB verpflichtet.

4.1.1. Unstreitig hat der Kläger am 05.02.2013 den sich aus dem Abrechnungsbeschluss für 2011 für ihn ergebenden Fehlbetrag von € 1.434,86 an die Beklagte gezahlt und damit eine bewusste und zweckgerichtete Vermögenszuwendung an die Beklagte i. S. des § 812 I Satz 1, 1. Alt BGB erbracht.

4.1.2. Rechtsgrund für die vom Kläger erbrachte Leistung war der in der Eigentümerversammlung vom 23.08.2012 unter TOP 1. 1 gefasste Beschluss über die Genehmigung der Jahresabrechnung 2011.

Allerdings wirkt der Beschluss über die Jahresabrechnung anspruchsbegründend nur hinsichtlich des auf den einzelnen Wohnungseigentümer entfallenden Betrages, welcher die in dem Wirtschaftsplan für das abgelaufene Jahr beschlossenen Vorschüsse übersteigt (sog. Abrechnungsspitze). Zahlungsverpflichtungen, die durch frühere Beschlüsse entstanden sind, bleiben hierdurch unberührt. Dies gilt insbesondere für die in dem Wirtschaftsplan des abzurechnenden Jahres beschlossenen und damit nach § 28 II WEG geschuldeten Vorschüsse (vgl. BGH, Urteil vom 01.06.2012, Az: V ZR 171/11, juris Rn 20). Der Beschluss über die Jahresabrechnung führt auch nicht zu einer Verdopplung des Rechtsgrunds für rückständige Vorschüsse in dem Sinne, dass sie sowohl auf Grund des Beschlusses über den Wirtschaftsplan als auch auf Grund des Beschlusses über die Jahresabrechnung geschuldet wären (vgl. BGH, Urteil vom 01.06.2012, Az: V ZR 171/11, juris Rn 22).

Es ist jedoch weder dargelegt noch sonst ersichtlich, dass der in der Einzelabrechnung des Klägers für das Jahr 2011 (Anlage K 3) ausgewiesene Nachzahlungsbetrag von € 1.434,86 nicht lediglich die sog. Abrechnungsspitze, sondern auch Rückstände des Klägers aus dem Wirtschaftsplan des Jahres 2011 beinhaltete. Vielmehr spricht die auf Seite 4 der Abrechnung enthaltene Aufstellung der Zahlungen für die Zeit vom 01.01.2011 - 31.12.2011 dafür, dass der Kläger sämtliche Zahlungsverpflichtungen aus dem Wirtschaftsplan 2011 erfüllt hat und insoweit keine Rückstände offen waren.

4.1.3. Aufgrund der rechtskräftigen Ungültigerklärung des in der in der Eigentümerversammlung vom 23.08.2012 zu TOP 1.1 gefassten Beschlusses über die Genehmigung der Jahresabrechnung 2011 hinsichtlich der Kostenverteilung zu Pos. „Dachsanierung“ in den Einzelabrechnungen durch Urteil des Amtsgerichts München vom 27.02.2014, Az: 484 C 24615/12 WEG, ist der Rechtsgrund für die geleistete Zahlung rückwirkend entfallen, die Zahlung damit ohne Rechtsgrund erfolgt.

Wird ein anfechtbarer Beschluss der Eigentümer durch rechtskräftiges Urteil für ungültig erklärt, so ist er mit Wirkung auch gegenüber dem Sondernachfolger von Anfang an (ex tunc) als ungültig anzusehen, d. h. er verliert von Anfang an seine Wirkung (vgl. BGH, Beschluss vom 01.12.1988, Az: V ZB 6/88, juris Rn 15; Merle in Bärmann, 14. Aufl., Rn 210 zu § 23 WEG). Da das Urteil des Amtsgerichts München vom 27.02.2014, Az: 484 C 24615/12 WEG, welches den Parteien jeweils am 03.03.2014 zugestellt wurde, nicht angefochten wurde, ist es seit 04.04.2014 rechtskräftig.

Die sich aus der Einzelabrechnung des Klägers ergebende Zahlungsverpflichtung bleibt auch nicht etwa deshalb bestehen, weil der Beschluss über die Genehmigung der Jahresabrechnung 2011 nicht insgesamt, sondern nur hinsichtlich der in den Einzelabrechnungen enthaltenen Position „Dachsanierung“ für ungültig erklärt wurde. Ob die (rechtskräftige) Ungültigerklärung einzelner Positionen in den Einzelabrechnungen dazu führt, dass sich die Abrechnungsspitze bzw. das Guthaben aus der Abrechnung jeweils um den betreffenden Betrag reduziert bzw. erhöht, oder ob der Abrechnungsspitze hierdurch insgesamt die Grundlage entzogen wird (vgl. hierzu BGH, Versäumnisurteil vom 11.05.2012, Az: V ZR 193/11, juris Rn 16), so dass in der Folge auch sämtliche aus dem Abrechnungsbeschluss resultierenden Zahlungsansprüche und -Verpflichtungen entfallen, kann vorliegend dahingestellt bleiben. Denn der auf den Kläger entfallende Anteil der Position „Dachsanierung“ i. H. von € 2.440,00 übersteigt den sich aus der Einzelabrechnung des Klägers ergebenden Nachzahlungsbetrag von € 1.434,86, weshalb in beiden Fällen der sich aus dem Abrechnungsbeschluss ergebende Zahlungsanspruch der Gemeinschaft gegen den Kläger aufgrund des rechtskräftigen Urteils des Amtsgerichts München vom 27.02.2014, Az: 484 C 24615/12 WEG in vollem Umfang entfallen wäre.

4.1.4. Der Bereicherungsanspruch des Klägers gem. § 812 I Satz 1, 1. Alt. BGB ist entgegen der Auffassung des Amtsgerichts und der Beklagten auch nicht wegen des „Vorrangs des Innenausgleichs nach Maßgabe der Abrechnung“ ausgeschlossen.

Unklar ist schon, wie eine Rückzahlung der rechtsgrundlos erbrachten Leistung über die Jahresabrechnung erfolgen soll, ob sich insbesondere bei einer inhaltlich richtigen Abrechnung überhaupt ein entsprechender Rückzahlungsanspruch aus der Jahresabrechnung ergeben kann (vgl. dazu auch LG Frankfurt, Urteil vom 14.03.2019, Az: 2-13 S 135/18, juris Rn 16). Denn die Jahresabrechnung wird regelmäßig in dem auf das Abrechnungsjahr folgenden Jahr beschlossen. Ebenso werden etwaige sich aus der Abrechnung ergebenden Nachzahlungsbeträge, wenn der Eigentümer seinen Zahlungsverpflichtungen ordnungsgemäß nachkommt, zumeist noch in dem dem Abrechnungsjahr folgenden Jahr geleistet. Eine rechtskräftige Ungültigerklärung des Beschlusses über die Genehmigung der Jahresabrechnung kann dagegen auch noch mehrere Jahre nach dem Abrechnungsjahr erfolgen, je nach Prozessdauer und damit zu einem Zeitpunkt, in dem die Abrechnung für das Jahr, in dem die Nachzahlung auf die für ungültig erklärte Jahresabrechnung erbracht wurde, bereits bestandskräftig geworden ist. In die Abrechnung eines späteren Jahres kann die Zahlung demgegenüber, da es sich bei der Jahresabrechnung um eine reine Einnahmen- und Ausgabenrechnung handelt (vgl. Becker in Bärmann, 14. Aufl., Rn 115 zu § 28 WEG), von vornherein nicht eingestellt werden. Davon abgesehen sind die sich aus der Abrechnung ergebenden Nachzahlungen der einzelnen Eigentümer zwar in die Gesamtabrechnung des Jahres, in dem sie erfolgen, als Einnahmen einzustellen, jedoch nach ihrem Sinn und Zweck, den Negativsaldo des Vorjahres auszugleichen, nicht in den Einzelabrechnungen auf die Eigentümer zu verteilen, können daher zu keinen Zahlungsansprüchen der Eigentümer führen. Eine andere Behandlung von Nachzahlungen im Fall einer nachträglichen rechtskräftigen Ungültigkerklärung des Abrechnungsbeschlusses ist schon deshalb nicht sachgerecht, weil, wie dargelegt, zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über eine Jahresabrechnung zumeist noch gar nicht absehbar ist, ob der Beschluss über die Genehmigung der Abrechnung des Vorjahres im Ergebnis rechtskräftig für ungültig erklärt werden wird.

Es erschließt sich auch nicht, welchen Vorteil der Ausgleich einer infolge der Ungültigerklärung des Abrechnungsbeschlusses rechtsgrundlos erbrachten Zahlung auf die Abrechnung über einen späteren Abrechnungsbeschluss gegenüber einem Zahlungsausgleich außerhalb der Abrechnung für die Wohnungseigentümergemeinschaft oder die übrigen Eigentümer haben sollte. Denn in beiden Fällen wird das Vermögen des Verbandes um den entsprechenden Betrag geschmälert, ohne dass dem eine - zusätzliche -Einnahme gegenübersteht.

Einen Grundsatz, dass Zahlungsansprüche der Eigentümer gegen den Verband nur aufgrund des Abrechnungsbeschlusses bestehen können, gibt es überdies nicht. Vielmehr erfolgt die Abwicklung rechtsgeschäftlich oder nach dem Gesetz begründeter Ansprüche einzelner Eigentümer gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband, beispielsweise solcher aus § 14 Nr. 4 WEG oder auf Aufwendungsersatz aus einer Notgeschäftsführung, regelmäßig nicht im Rahmen der Jahresabrechnung, sondern außerhalb hiervon. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, warum für die sich im Falle der rechtskräftigen Ungültigerklärung eines Beschlusses über die Genehmigung der Jahresabrechnung ergebenden Ansprüche einzelner Eigentümer aus ungerechtfertigter Bereicherung etwas anderes gelten sollte.

Auch der Bundesgerichtshof geht offensichtlich davon aus, dass im Falle einer Zahlung auf einen nichtigen Wirtschaftsplan- oder Sonderumlagenbeschluss ein Ausgleich der Zahlungen nicht über die Abrechnung erfolgt, sondern den Eigentümern wegen der rechtsgrundlos erfolgten Zahlung Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung zustehen, wenn er im Urteil vom 04.04.2014, Az: V ZR 168/13 ausführt: „Weil die Jahresabrechnung danach nicht an die Stelle des Wirtschaftsplans tritt, kann dieser nach der Beschlussfassung über die Jahresabrechnung in einem folgenden Wirtschaftsjahr durch einen Zweitbeschluss ersetzt werden, wenn Zweifel an seiner Wirksamkeit bestehen. Nichts anderes gilt für den Beschluss über die Sonderumlage als Ergänzug des Wirtschaftsplans. Nachdem das Landgericht die Beschlüsse über die Sonderumlage bei der Entscheidung über die Zahlungsklage des Verbands inzident als nichtig angesehen hatte, mussten die Wohnungseigentümer davon ausgehen, dass ihre Zahlungen auf die Sonderumlagen ohne Rechtsgrund erfolg waren und es an einem verpflichtenden Schuldgrund fehlte. Dies durften sie beheben, indem sie -wie geschehen - der Sache nach inhaltsgleiche Beschlüsse fassten.“ (BGH, Urteil vom 04.04.2014, Az: V ZR 168/13, juris Rn 21).

4.1.5. Der Kläger ist an der Durchsetzung seines Bereicherungsanspruchs auch nicht aufgrund der zwischen den Eigentümern und dem Verband sowie zwischen den Eigentümern untereinander bestehenden Rücksichtnahme- und Treuepflichten (vgl. Suilmann in Bärmann, 14. Aufl., Rn 46 zu § 10 WEG) gehindert.

Abzulehnen ist insbesondere die Ansicht, wonach im Falle einer rechtskräftigen Ungültigerklärung des Beschlusses über den Wirtschaftsplan oder die Jahresabrechnung der Eigentümer zunächst darauf dringen müsse, dass über den für ungültig erklärten Wirtschaftsplan bzw. die für ungültig erklärte Jahresabrechnung erneut ein Beschluss gefasst wird und er aus ungerechtfertigter Bereicherung gegen die Gemeinschaft erst vorgehen kann, wenn sich aus einer erneuten - und dann ordnungsgemäßen - Beschlussfassung über den Wirtschaftsplan bzw. die Jahresabrechnung ein Guthaben zu seinen Gunsten ergibt bzw. wenn auch nach Verrechnung bzw. Aufrechung seines Bereicherungsanspruchs mit einem etwaigen sich aus der erneuten Beschlussfassung über den Wirtschaftsplan bzw. die Jahresabrechnung ergebenden Zahlungsanspruch der Gemeinschaft gegen ihn ein Rückzahlungsanspruch aus ungerechtfertiger Bereicherung weiterhin besteht (vgl. dazu Schwab in Münchener Kommentar zum BGB, 7. Aufl., Rn 432 - 434 zu § 812 BGB). Denn dies würde die Durchsetzung der einem Eigentümer infolge der Nichtigkeit oder rechtskräftigen Ungültigerklärung eines Beschlusses über den Wirtschaftsplan oder die Jahresabrechnung zustehenden Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung unzumutbar erschweren. Gegen den Willen des Verwalters und der Mehrheit der Wohnungseigentümer könnte er eine erneute Beschlussfassung über den Wirtschaftsplan oder die Jahresabrechnung nur im Klageweg erzwingen. Demgegenüber können die übrigen Eigentümer, wenn und soweit der für ungültig erklärte Beschluss über den Wirtschaftsplan oder die Abrechnung in der Sache - jedenfalls teilweise - richtig war, den Rückforderungsanspruch des Eigentümers ohne gerichtliche Hilfe - teilweise - zu Fall bringen, indem sie erneut über den Wirtschaftsplan bzw. die Jahresabrechnung beschließen und dadurch einen neuen Zahlungsanspruch in entsprechender Höhe begründen, mit dem sie gegen den Rückforderungsanspruch aufrechnen können. Durch die Zulassung des bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruchs entsteht daher der Gemeinschaft und den übrigen Eigentümern kein wesentlicher Nachteil, während im umgekehrten Fall der einzelne Eigentümer unter Umständen zunächst einen langwierigen Prozess mit dem Ziel der Beschlussersetzung durch das Gericht führen müsste, bevor er überhaupt seinen Bereicherungsanspruch geltend machen könnte.

Ob der einzelne Eigentümer aufgrund des zwischen den Eigentümern und dem Verband sowie zwischen den Eigentümern untereinander bestehenden Treueverhältnisses zumindest eine angemessene Zeit nach der rechtskräftigen Ungültigerklärung des Beschlusses über die Genehmigung des Wirtschaftsplanes oder der Jahresabrechnung zuwarten muss, bevor er einen sich hieraus ergebenden Bereicherungsanspruch geltend machen kann, um den Wohnungseigentümern die Gelegenheit zu geben, durch Fassung eines wirksamen Zweitbeschlusses eine neue Rechtsgrundlage für Beitragsansprüche gegenüber den Eigentümern zu schaffen und auf diese Weise das Entstehen von Liquiditätslücken und Zahlungsschwierigkeiten zu verhindern, muss nicht entschieden werden. Der Beschluss zu TOP 1.1 der Eigentümerversammlung vom 23.08.2012 über die Genehmigung der Jahresabrechnung 2011 wurde mit Endurteil des Amtsgerichts München vom 23.01.2014, welches den Parteien ausweislich der beigezogenen Verfahrensakte jeweils am 03.03.2014 zugestellt wurde, hinsichtlich der Kostenverteilung zu Pos „Dachsanierung“ in den Einzelabrechnungen für ungültig erklärt. Das Urteil ist daher, wie dargelegt, seit 04.04.2014 rechtskräftig, so dass die Eigentümer ausreichend Zeit hatten, über die Verteilung der Pos. „Dachsanierung“ in den Einzelabrechnungen des Jahres 2011 zu beschließen, wozu sie im Übrigen im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung des Gemeinschaftseigentums auch verpflichtet gewesen wären.

4.1.6. Da die rechtskräftige Ungültigerklärung des Beschlusses über die Genehmigung der Jahresabrechnung 2011 Rückwirkung hat (Wirkung ex tunc), ergibt sich der Bereicherungsanspruch aus § 812 I Satz 1, 1. Alt. BGB (condictio indebiti) und nicht aus § 812 I Satz 2, 1. Alt BGB (condictio ob causam finitam). Der Fall ist letztlich gleich zu behandeln mit der Anfechtung eines Rechtsgeschäfts, die ebenfalls Rückwirkung hat (vgl. dazu Sprau in Palandt, 78. Aufl., Rn 26 zu § 812 BGB).

4.1.7. Der Anspruch des Klägers auf Rückzahlung der von ihm geleisteten Nachzahlung auf die Jahresabrechnung 2011 gem. § 812 I Satz 1, 1. Alt. BGB ist jedoch durch die seitens des Klägers mit dem als Anlage K 1 vorgelegten Schreiben vom 05.04.2014 erklärte Aufrechnung in Höhe eines Teilbetrages von insgesamt € 235,23 rückwirkend zum 04.04.2014 erloschen. Diesbezüglich wird auf die nachstehenden Ausführungen unter Ziffer 4.3.5 und 4.4.3 der Urteilsgründe verwiesen. Im Ergebnis steht dem Kläger damit gem. § 812 I Satz 1, 1. Alt. BGB ein Zahlungsanspruch in Höhe von € 1.199,63 zu.

4.2. Soweit die Beklagte wegen der ihr mit Urteil des Amtsgerichts München vom 04.10.2013, Az: 484 C 6794/13 WEG zugesprochenen Hauptforderung von € 186,23 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus € 1.434,86 vom 02.09.2012 bis 21.12.2012, aus € 1.621,09 vom 22.12.2012 bis 05.02.2013 und aus € 186,23 seit 06.02.2013 Befriedigung im Wege der Zwangsvollstreckung erlangt hat, steht dem Kläger zudem ein Anspruch auf Rückzahlung gem. § 812 I Satz 1, 2. Alt. BGB (Nichtleistungskonditktion) zu.

4.2.1. Unstreitig hat die Beklagte aufgrund des im Verfahren 484 C 6794/13 WEG ergangenen Urteils des Amtsgerichts München vom 04.10.2013 einen Pfändungsund Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts München, Vollstreckungsgericht, Az: 1536 M 20853/14, erwirkt und einen Betrag von insgesamt € 299,80 beim Drittschuldner eingezogen. Dieser Betrag setzt sich, wie die Beklagte auf Nachfrage des Gerichts mit Schriftsatz vom 08.05.2019 klargestellt und der Kläger nicht bestritten hat, zusammen aus den mit Urteil des Amtsgerichts München vom 04.10.2013, Az: 484 C 6794/13 WEG, titulierten außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren von € 186,23, Zinsen von € 42,59, angefallenen Rechtsanwaltsgebühren für den beantragten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss von € 19,28, angefallenen Gerichtskosten für den beantragten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss von € 20,00 sowie Gerichtsvollzieherkosten von € 31,70.

4.2.2. Der Erwerb durch staatlichen Hoheitsakt im Rahmen der Zwangsvollstreckung ist in sonstiger Weise (durch Eingriff) erlangt i. S. des § 812 I Satz 1, 2. Alt (vgl. Wendehorst in BeckOKBGB, 49. Edition, Stand 01.02.2019, Rn 121 zu § 812 BGB).

4.2.3. Der Anspruch der Beklagten auf die titulierten außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren von € 186,23 und die titulierten Zinsen ist rückwirkend entfallen, so dass die Beklagte die Beträge von € 186,23 und € 42,59 ohne rechtlichen Grund erlangt hat i. S. des § 812 I BGB.

Aufgrund der Rechtskraft des Urteils des Amtsgerichts München vom 04.10.2013, Az: 484 C 6794/13 WEG, ist der Kläger allerdings mit dem Einwand ausgeschlossen, der Rechtsstreit sei unrichtig entschieden worden. Eine Bereicherungsklage kann aber auf Tatsachen gestützt werden, die nach dem für die Rechtskraft maßgebenden Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung eingetreten sind, weil dadurch die Rechtskraft nicht berührt wird (vgl. BGH, Urteil vom 17.02.1982, Az: IVb ZR 657/80, juris Rn 8; BGH, Urteil vom 07.07.2005, Az: VII ZR 351/03, juris Rn 12). Der Schuldner, der es versäumt hat, Tatsachen, die nach dem für die Rechtskraft maßgebenden Zeitpunkt, bis zu dem Einwände und Einreden im Prozess geltend gemacht werden konnten, eingetreten sind und die zum Entfallen des titulierten Anspruchs führen, im Wege der hierfür grundsätzlich vorgesehenen Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) geltend zu machen, geht auch nicht etwa deshalb seiner Rechte verlustig, weil diese Klage nach der Beendigung der Zwangsvollstreckung nicht mehr erhoben werden kann. Nach allgemeiner Ansicht setzten sich vielmehr die rechtlichen Möglichkeiten der Vollstreckungsabwehrklage nach der Beendigung der Zwangsvollstreckung in der materiellrechtlichen Bereicherungsklage fort (vgl. BGH, Urteil vom 17.02.1982, Az: IVb ZR 657/80, juris Rn 8; BGH, Urteil vom 05.10.1993, Az: XI ZR 180/92, NJW 1993, 3318 (3320); BGH, Urteil vom 07.07.2005, Az: VII ZR 351/03, juris Rn 11).

Der Rechtsgrund für den der Beklagten mit Urteil des Amtsgerichts München vom 04.10.2013, Az: 484 C 6794/13 WEG, zuerkannten Anspruch auf Erstattung der außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren von € 186,23 sowie von Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus € 1.434,86 vom 02.09.2012 bis 21.12.2012, aus € 1.621,09 vom 22.12.2012 bis 05.02.2013 und aus € 186,23 seit 06.02.2013 ist mit Eintritt der Rechtskraft des Urteils des Amtsgerichts München vom 27.02.2014, Az: 484 C 24615/12 WEG, mit dem u. a. der Beschluss zu TOP 1.1 der Wohnungseigentümerversammlung vom 23.08.2012 über die Genehmigung der Jahresabrechnung 2011 hinsichtlich der Kostenverteilung zu Pos. „Dachsanierung“ in den Einzelabrechnungen für ungültig erklärt wurde, rückwirkend entfallen. Es handelt sich hierbei um eine Tatsache, die nach dem Zeitpunkt eingetreten ist, bis zu dem der Kläger im Verfahren 484 C 6794/13 WEG des Amtsgerichts Angriffs- und Verteidigungsmittel hätte vorbringen können und auf die er nach dem zuvor Gesagten ungeachtet der Rechtskraft des im Verfahren 484 C 6794/13 WEG ergangenen Urteils des Amtsgerichts München vom 04.10.2013 seinen Bereicherungsanspruch stützten kann. Denn das Urteil des Amtsgerichts München vom 04.10.2013, Az: 484 C 6794/13 WEG, ist mangels Einlegung eines Rechtsmittels hiergegen bereits seit 04.11.2013 rechtskräftig, so dass in der Entscheidung, Tatsachen, die erst nach dem 04.10.2013 eingetreten sind, nicht mehr berücksichtigt werden konnten. Das Urteil im Verfahren Az: 484 C 24615/12 WEG des Amtsgerichts München ist aber erst nach diesem Zeitpunkt ergangen und damit auch erst nach diesem Zeitpunkt rechtskräftig geworden.

Wie vorstehend unter Ziffer 4.1.3 der Urteilsgründe bereits ausgeführt wurde, verliert ein angefochtener Beschluss der Wohnungseigentümer mit rechtskräftiger Ungültigerklärung durch das Gericht von Anfang an (ex tunc) seine Wirkung (vgl. BGH, Beschluss vom 01.12.1988, Az: V ZB 6/88, juris Rn 15; Merle in Bärmann, 14. Aufl., Rn 210 zu § 23 WEG), was vorliegend dazu geführt hat, dass der sich aus der Jahresabrechnung 2011 ergebende Nachzahlungsanspruch der Beklagten gegen den Kläger mit Eintritt der Rechtskraft des Urteils des Amtsgerichts München vom 27.02.2014, Az: 484 C 24615/12 WEG, rückwirkend untergegangen ist. Damit sind aber auch die Voraussetzungen für den Verzug des Klägers mit dieser Zahlung und eines sich daraus ergebenden Schadensersatzanspruchs der Beklagten gegen den Kläger, auf den das Amtsgericht München im Verfahren 484 C 6794/13 WEG die Verurteilung des Klägers zur Zahlung der entstandenen Anwaltskosten für die außergerichtliche Geltendmachung des Nachzahlungsanspruchs aus der Jahresabrechnung und der entstandenen Verzugszinsen gestützt hat, rückwirkend entfallen. Die Rechtslage ist vergleichbar mit der Rechtslage bei Ausübung eines dem Schuldner zustehenden Gestaltungsrechtes, z. B. der Anfechtung oder der Aufrechnung, nachdem er in Verzug geraten ist. Auch hier entfällt der eingetretene Verzug rückwirkend zu dem Zeitpunkt, in dem die Forderung, mit der sich der Schuldner im Verzug befand, aufgrund der Ausübung des Gestaltungsrechtes - rückwirkend - erloschen ist (vgl. Ernst in Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl., Rn 32 zu § 286 BGB; Dornis in BeckOGK zum BGB, Stand 01.12.2018, Rn 113 zu § 286 BGB); BGH, Urteil vom 17.07.2003, Az: IX ZR 286/02, juris Rn 20). Spezielle Gesichtspunkte des Wohnungseigentumsrechtes oder Billigkeitserwägungen geben keine Veranlassung, den Fall der rechtskräfigen Ungültigerklärung eines Beschlusses der Wohnungseigentümer hiervon abweichend zu behandeln. Zwar ist gem. § 23 IV Satz 2 WEG ein Beschluss, sofern keine Nichtigkeitsgründe vorliegen, gültig, solange er nicht durch rechtskräftiges Urteil für ungültig erklärt ist. Daraus kann aber nicht entnommen werden, dass nach dem Willen des Gesetzgebers der Eigentümergemeinschaft und den Eigentümern auch im Falle einer rechtskräftigen Ungültigerklärung eines Beschlusses die bis zu diesem Zeitpunkt eingetretenen Rechtsfolgen des Beschlusses dauerhaft erhalten bleiben sollen. Vielmehr besteht, wie dargelegt, weitgehend Einigkeit darüber, dass mit der rechtskräfigen gerichtlichen Ungültigerklärung der angefochtene Beschluss von Anfang an (ex tunc) seine Wirkung verliert (gl. BGH, Beschluss vom 01.12.1988, Az: V ZB 6/88, juris Rn 15; Merle in Bärmann, 14. Aufl., Rn 210 zu § 23 WEG; Schultzky in Jennißen, 5. Aufl., Rn 179 zu § 23 WEG; Kümmel in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, 11. Aufl., Rn 85 zu § 23 WEG; Steinmeyer in Timme, 2. Aufl., Rn 167 zu § 23 WEG). Durch die in § 23 IV Satz 2 WEG angeordnete vorläufige Wirksamkeit angefochtener, aber nicht nichtiger Beschlüsse, selbst wenn diese rechtswidrig sind, soll vielmehr lediglich die Handlungsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft gewahrt werden. Diese wäre gefährdet, wenn die Erhebung der Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung hätte, da dann ein einzelner Eigentümer mit unbegründeten Klagen die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums weitgehend lahmlegen könnte. Letztlich soll die Regelung des § 23 IV WEG daher einen Ausgleich zwischen dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer an einer effektiven Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums und dem Interesse der anfechtenden Wohnungseigentümer, nicht mit den Folgen rechtswidriger Beschlüsse belastet zu werden, schaffen. Dann ist es aber nicht unbillig, wenn im Falle des Erfolgs der Anfechtungsklage und der rechtskräftigen Ungültigerklärung des angefochtenen Beschlusses die Folgen des rechtswidrig gefassten Beschlusses von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bzw. den Wohnungseigentümern insgesamt zu tragen sind, die gegebenenfalls Schadensersatzansprüche gegen diejenigen Personen geltend machen können, die die rechtswidrige Beschlussfassung pflichtwidrig und schuldhaft verursacht haben.

4.3. Auch die weiteren Beträge von insgesamt € 70,98, die die Beklagte aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts München, Vollstreckungsgericht, Az: 1536 M 20853/14, eingezogen hat, sind von ihr gem. § 812 I Satz 1, 2. Alt. BGB an den Kläger zurückzuzahlen, da der Rechtsgrund für die Vermögensverschiebung durch die vom Kläger mit Schreiben vom 05.04.2014 (vorgelegt als Anlage K 1) erklärte Aufrechnung mit Gegenforderungen entfallen ist, bevor die Beklagten aufgrund der von ihr betriebenen Zwangsvollstreckung Befriedigung erlangt hat.

4.3.1. Der weitere, neben den mit Urteil des Amtsgerichts München vom 04.10.2013, Az: 484 C 6794/13 WEG titulierten € 186,23 sowie Zinsen von € 42,59 aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts München, Vollstreckungsgericht, Az: 1536 M 20853/14, seitens der Beklagten eingezogene Betrag von € 70,98 setzt sich, wie dargelegt, nach Angaben der Beklagten zusammen aus für die Beantragung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses angefallenen Rechtsanwaltsgebühren von € 19,28, aus den für die Beantragung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses angefallenen Gerichtsgebühren von € 20,00 sowie Gerichtsvollzieherkosten von € 31,70. Es handelt sich danach um Kosten der Zwangsvollstreckung, die gem. § 788 I Satz 1 ZPO, soweit sie notwendig waren, dem Schuldner zur Last fallen und auch ohne gesonderte Titulierung zugleich mit dem zur Zwangsvollstreckung stehenden Anspruch beigetrieben werden können. § 788 I Satz 1 ZPO begründet dabei einen materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruch, für den § 788 ZPO allerdings eine prozessuale Erstattungsregelung enthält, so dass der Gläubiger zur Durchsetzung der Kostenerstattung nicht auf eine erneute Klage angewiesen ist (vgl. Preuß in BeckOK zur ZPO, 32. Edition, Stand: 01.03.2019, Einleitung zu § 788 ZPO; Schmidt/Brinkmann in Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Aufl., Rn 1 zu § 788 ZPO). Der Kostenerstattungsanspruch aus § 788 I ZPO ist im Grundsatz nicht anders zu behandeln als andere Ansprüche des materiellen Rechts mit der Besonderheit, dass er nur in dem in § 788 ZPO vorgesehenen Verfahren geltend gemacht werden kann und daneben einer auf die Erstattung der Kosten gerichteten Klage das Rechtsschutzbedürfnis fehlt (vgl. Jaspersen in BeckOK zur ZPO, 31. Edition, Stand: 01.12.2018, Rn 14 zu § 91 ZPO; Schmidt/Brinkmann in Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Aufl., Rn 57 zu § 788 ZPO).

4.3.2. Die Rechtskraft des Urteils des Amtsgerichts München vom 27.02.2014, Az: 484 C 24615/12 WEG, mit dem u. a. der Beschluss zu TOP 1.1 der Wohnungseigentümerversammlung vom 23.08.2012 über die Genehmigung der Jahresabrechnung 2011 hinsichtlich der Kostenverteilung zu Pos. „Dachsanierung“ in den Einzelabrechnungen rechtskräftig für ungültig erklärt wurde, lässt den sich aus § 788 I ZPO ergebenden Kostenerstattungsanspruch der Beklagten nicht rückwirkend entfallen. Denn auch wenn es sich hierbei um einen materiellrechtlichen Einwand handelt, der ursprünglich im Wege der Vollstreckungsabwehrklage gegen das Urteil des Amtsgerichts München vom 04.10.2013, Az: 484 C 6794/13 WEG hätte geltend gemacht werden können und auf den der Kläger seine Bereicherungsklage stützen kann, wird hierdurch die materielle Rechtskraft des im Verfahren 484 C 6794/13 WEG ergangenen Urteils des Amtsgerichts München vom 04.10.2013 nicht beseitigt (vgl. BGH, Urteil vom 20.09.1995, Az: XII ZR 220/94, juris Rn 9). Dieses kann daher weiterhin Grundlage des sich aus § 788 I ZPO ergebenden Kostenerstattungsanspruchs sein. Anderes ergibt sich insbesondere nicht aus § 788 III ZPO, da die Bestimmung nur zur Anwendung kommt, wenn das Urteil, aus dem die Zwangsvollstreckung erfolgt ist, selbst und nicht lediglich dessen (vorläufige) Vollstreckbarkeit aufgehoben wird (vgl. Geimer in Zöller, 32. Aufl., Rn 22 zu § 788 ZPO; Seiler in THomas/Putzo, 39. Aufl., Rn 34a zu § 788 ZPO; Schmidt/Brinkmann in Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Aufl., Rn 46 zu § 788 ZPO).

4.3.3. Maßgeblich für das Bestehen des sich aus § 788 I ZPO ergebenden Kostenerstattungsanspruchs ist, ob eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme notwendig war, was sich nach dem Standpunkt des Gläubigers zu dem Zeitpunkt bestimmt, in dem die Kosten durch die Vollstreckungsmaßnahme verursacht sind (vgl. Geimer in Zöller, 32. Aufl., Rn 9a zu § 788 ZPO; BGH, Urteil vom 05.10.1993, Az: XI ZR 180/92, NJW 1993, 3318 (3319)). Materiellrechtliche Einwendungen gegen Bestand und Höhe des sich aus § 788 I ZPO ergebenden Kostenerstattungsanspruchs kann der Schuldner dabei mit der Vollstreckungsabwehrklage gem. § 767 ZPO geltend machen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27.02.2018, Az: 2 BvR 2821/14, juris Rn 23) und nach Beendigung der Zwangsvollstreckung im Wege der Klage auf Rückzahlung der zu viel geleisteten Kosten aus ungerechtfertigter Bereicherung (vgl. Geimer in Zöller, 32. Aufl, Rn 17 zu § 788 ZPO). Denn wie bereits dargelegt, setzt sich die rechtliche Möglichkeit der Vollstreckungsabwehrklage nach der Beendigung der Zwangsvollstreckung in der materiellrechtlichen Bereicherungsklage fort (vgl. BGH, Urteil vom 17.02.1982, Az: IVb ZR 657/80, juris Rn 8; BGH, Urteil vom 05.10.1993, Az: XI ZR 180/92, NJW 1993, 3318 (3320); BGH, Urteil vom 07.07.2005, Az: VII ZR 351/03, juris Rn 11). Jedenfalls dann, wenn wie im vorliegenden Fall eine Festsetzung der Kosten gem. § 788 II ZPO nicht erfolgt ist, ist die Präklusionsvorschrift des § 767 II ZPO von vornherein nicht anwendbar, weil eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über den sich aus § 788 I ZPO ergebenden Kostenerstattungsanspruch nicht vorliegt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27.02.2018, Az: 2 BvR 2821/14, juris Rn 22, 23; Herget in Zöller, 32. Aufl., Rn 20 zu § 767 ZPO; Seiler in Thomas/Putzo, 39. Aufl., Rn 24 - 25 zu § 767 ZPO).

Auch kann dem Schuldner das Rechtsschutzbedürfnis für die Vollstreckungsabwehrklage gem. § 767 ZPO bzw. eine materiellrechtlichen Bereicherungsklage nicht mit dem Verweis auf die Möglichkeit der Einlegung einer Vollstreckungserinnerung gem. § 766 ZPO bzw. der sofortigen Beschwerde gem. § 793 ZPO versagt werden, da im Rahmen dieser Verfahren nur ein eingeschränkter Prüfungsumfang besteht und es für den Ansatz von Kosten ausreicht, wenn deren Anfall, Höhe und Notwendigkeit durch den Gläubiger glaubhaft gemacht wurden i. S. des § 104 II ZPO (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27.02.2018, Az: 2 BvR 2821/14, juris Rn 26; Geimer in Zöller, 32. Aufl., Rn 15 zu § 788 ZPO; Schmidt/Brinkmann in Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Aufl., Rn 39 zu § 788 ZPO). Darlegungs- und beweispflichtig für die anspruchsbegründenden Tatsachen, vorliegend also den Anfall, die Höhe und die Notwendigkeit der Vollstreckungskosten ist auch im Rahmen der Vollstreckungsabwehrklage und der Bereicherungsklage nach den Beweislastregeln des materiellen Rechts der Gläubiger, vorliegend also die Beklagte (vgl. BGH, Urteil vom 03.04.2001, Az: XI ZR 120/00, juris Rn 18ff; BVerfG, Beschluss vom 27.02.2018, Az: 2 BvR 2821/14, juris Rn 22; Seiler in Thomas/Putzo, 39. Aufl., Rn 20c zu § 767 ZPO).

4.3.4. Dass die Rechtsanwaltsgebühren von € 19,28 sowie die Gerichtsgebühren von € 20,00 für die Beantragung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses und die Gerichtsvollzieherkosten von € 31,70 dem Grunde und der Höhe nach tatsächlich angefallen sind und vom Standpunkt der Beklagten im Zeitpunkt, in dem die Kosten durch die Vollstreckungsmaßnahme verursacht wurden, als notwendig zu betrachten waren, sieht die Kammer aufgrund des von der Beklagtenseite als Anlage B 2 zum Schriftsatz vom 08.05.2019 vorgelegten Schreiben der Rechtsanwältin … und der von ihr genommenen Einsichtnahme in die beigezogene Akte des Amtsgerichts München - Vollstreckungsgericht -, Az: 16 T 9205/14, als erwiesen.

Aus der genannten Akte ergibt sich, dass seitens der die Beklagte vertretenden Rechtsanwältin . am 12.01.2014 beim Amtsgericht München -Vollstreckungsgericht - der Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses wegen der der Beklagten mit Urteil des Amtsgerichts München vom 04.10.2013, Az: 484 C 6794/13 zugesprochenen Beträge von € 226,76 (€ 186,23 zuzüglich berechneter Zinsen von 40,50) sowie (weiterer) Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus € 186,23 seit 13.01.2014 beantragt wurde. Hierfür sind gem. Nr. 2111 KV GKG Gerichtsgebühren in Höhe von € 20,00 und Rechtsanwaltsgebühren in Höhe einer 0,3 Verfahrensgebühr gem. Nr. 3309 VV RVG aus einem Gegenstandswert von € 226,76 (§ 25 I Nr. 1 RVG) nebst der Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen gem. Nr. 7002 VV RVG von 20% sowie der Umsatzsteuer von 19% gem. Nr. 7008 VV RVG, zusammen € 19,28 angefallen.

Aus der beigezogenen Akte des Amtsgerichts München - Vollstreckungsgericht -, Az: 16 T 9205/14, ist weiterhin ersichtlich, dass der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nach dessen Erlass an die zuständige Gerichtsvollzieherverteilerstelle zur Zustellung nach § 840 ZPO übergeben wurde. Zudem wurden vom Kläger selbst in Anlage zu dem als Anlage K 1 zur Akte gereichten Schreiben vom 05.04.2014 Ablichtungen von Unterlagen des Gerichtsvollziehers vorgelegt, aus denen ersichtlich ist, dass dieser für die erfolgte Zustellung an den Drittschuldner sowie den Schuldner am 26.02.2014 insgesamt € 31,70 berechnet hat. Die Abrechnung erfolgte nach dem GVKostG und lässt Fehler nicht erkennen.

Da im Zeitpunkt der Beantragung des Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ein Urteil im Verfahren 484 C 24615/12 WEG des Amtsgerichts München noch nicht ergangen, der Beschluss über die Genehmigung der Jahresabrechnung 2011 mithin noch nicht teilweise rechtskräftig für ungültig erklärt worden war, musste die Beklagte auch vom weiteren Bestehen der titulierten Ansprüche ausgehen und durfte, nachdem eine freiwillige Leistung des Klägers nicht erfolgt war, die Beantragung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses für notwendig halten.

4.3.5. Allerdings ist der sich aus § 788 I ZPO ergebende Anspruch der Beklagten auf Erstattung der für die Beantragung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses angefallenen Gerichts- und Rechtsanwaltskosten sowie der Gerichtsvollzieherkosten von insgesamt € 70,98 noch vor erfolgter Befriedigung der Beklagten durch die seitens des Klägers mit Schreiben vom 05.04.2014 (vorgelegt als Anlage K 1) erklärte Aufrechnung erloschen.

Nach den Angaben des Klägers in der Klageschrift vom 14.04.2014 erfolgte im Hinblick auf den ergangenen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss die Leistung des Drittschuldners, der Stadtsparkasse München, an die Beklagte am 09.04.2014, nach Angaben der Beklagten in der Klageerwiderung vom 13.12.2015 erfolgte die Auszahlung am 12.04.2014. Das Schreiben des Klägers vom 05.04.2013 mit der darin enthaltenen Aufrechnungserklärung wurde nach dessen Vortrag in der Klageschrift vom 14.04.2014 jedoch bereits am 08.04.2014 und damit jedenfalls vor Erlöschen des Erstattungsanspruchs durch Befriedigung im Wege der Zwangsvollstreckung vorab per Fax an die Rechtsanwältin . versandt. Dass diese das Schreiben erhalten hat, wurde von Beklagtenseite nicht bestritten, ist daher gem. § 138 III ZPO als zugestanden anzusehen. Die Aufrechung konnte vom Kläger gem. § 164 III BGB auch wirksam gegenüber der die Beklagte zu diesem Zeitpunkt im Vollstreckungsverfahren vertretenden Rechtsanwältin. erklärt werden.

In welcher Reihenfolge die im Schreiben des Klägers vom 05.04.2014 genannten Forderungen zur Aufrechnung mit den von der Beklagten vollstreckten Forderungen gestellt wurden (vgl. § 396 BGB) kann dabei dahingestellt bleiben, da dem Kläger gegen die Beklagte „Erstattungsansprüche wegen der ihm durch „vorläufige Vollstreckung“ des ungültigen Beschlusses (nebst rechtsgrundloser Verzugskosten) entstandenen Schäden“ unter keinem denkbaren Gesichtspunkt zustehen. Die vom Kläger genannte Vorschrift des § 717 II ZPO wird im Rahmen des § 788 ZPO durch die speziellere Regelung des § 788 III ZPO verdrängt und kommt zudem nur zur Anwendung, wenn ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil aufgehoben oder abgeändert wird, nicht jedoch, wenn, wie hier, ein materiellrechtlich richtiges rechtskräftiges Urteil zu einer Zeit vollstreckt wird, zu der bereits eine die Vollstreckung hindernde Einwendung entstanden ist (vgl. Herget in Zöller, 32. Aufl., Rn 5 zu § 717 ZPO). Schadensersatzansprüche gegen die beklagte Wohnungseigentümergemeinschaft als Verband kann der Kläger auch nicht auf eine etwaige Pflichtverletzung einzelner Wohnungseigentümer oder der Verwalterin im Zusammenhang mit der (rechtswidrigen) Beschlussfassung über die Genehmigung der Jahresabrechnung 2011 und der Geltendmachung des sich aus der Abrechnung ergebenden Nachzahlungsbetrages stützen. Denn unabhängig davon, ob eine solche Pflichtverletzung tatsächlich vorliegt, wäre dem Verband im Innenverhältnis zu den Wohnungseigentümern eine solche Pflichtverletzung jedenfalls nicht zuzurechnen. Eine Haftung des Verbandes im Innenverhältnis zu den Wohnungseigentümern besteht, da der Verband in die ordnungsgemäße Verwaltung des Gemeinschaftseigentums nicht eingebunden ist und keine Möglichkeit hat, durch eigenes Handeln (eines Vertreters) die Rechte und Interessen seiner Mitglieder zu wahren, nicht (vgl. BGH, Urteil vom 08.06.2018, Az: V ZR 125/17, juris Rn 13ff). Darauf, ob dem Kläger Schadensersatzansprüche gegen einzelne Wohnungseigentümer oder die Verwalterin zustehen, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an, weil diese mangels Gegenseitigkeit nicht gegenüber Ansprüchen des Verbandes gegen den Kläger aufgerechnet werden könnten (§ 387 BGB).

Wie unter Ziffer 4.1 der Urteilsgründe dargelegt wurde, stand dem Kläger jedoch seit Rechtskraft des Urteils des Amtsgerichts München vom 23.01.2014, Az: 484 C 24615/12 WEG, mit dem u. a. der Beschluss zu TOP 1.1 der Wohnungseigentümerversammlung vom 23.08.2012 über die Genehmigung der Jahresabrechnung 2011 hinsichtlich der Kostenverteilung zu Pos. „Dachsanierung“ in den Einzelabrechnungen für ungültig erklärt wurde, mithin seit 04.04.2014 ein Anspruch auf Rückzahlung der von ihm auf die Jahresabrechnung 2011 geleisteten Nachzahlung von € 1.434,86 gem. § 812 I Satz 1, 1. Alt BGB zu. Mit diesem hat er im Schreiben vom 05.04.2014 wirksam die Aufrechnung erklärt, mit der Folge, dass sowohl der Kostenerstattungsanspruch der Beklagten von € 70,98 als auch der Bereicherungsanspruch des Klägers in Höhe eines Teilbetrages von € 70,98 gem. § 389 BGB rückwirkend zum 04.04.2014 erloschen sind.

4.3.6. Im Ergebnis hat damit die Beklagte den Betrag von € 70,98 ohne rechtlichen Grund erlangt i. S. des § 812 I Satz 1, 2. Alt BGB.

4.4. Gleiches gilt letztlich für den mittels des im Verfahren 484 C 6794/13 WEG ergangenen Kostenfestsetzungsbeschlusses des Amtsgerichts München vom 16.12.2013 seitens der Beklagten vollstreckten Betrag von insgesamt € 185,34. Auch diesen Betrag hat die Beklagte gem. § 812 I Satz 1, 2. Alt BGB an den Kläger zurückzuerstatten.

4.4.1. Der Betrag von € 185,34 setzt sich nach dem übereinstimmenden Vortrag des Klägers und der Beklagten zusammen aus den nach dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts München vom 16.12.2013, Az: 484 C 6794/13 WEG von dem hiesigen Kläger an die hiesige Beklagte zu erstattenden Kosten von € 164,25 sowie nicht titulierten Vollstreckungskosten von € 21,09.

4.4.2. Rechtsgrundlage für den im Verfahren 484 C 6794/13 WEG am 16.12.2013 ergangenen Kostenfestsetzungsbeschluss ist die im Urteil vom 04.10.2013, Az: 484 C 6794/13 WEG ergangene und auf §§ 91-101 ZPO beruhende Kostenentscheidung. Bei dem auf §§ 91-101 ZPO beruhenden prozessualen Kostenerstattungsanspruch handelt es sich, ebenso wie bei dem Anspruch aus § 788 I ZPO, trotz seiner Bezeichnung und seiner in der ZPO angesiedelten Rechtsgrundlage um einen materiellrechtlichen Anspruch (vgl. Jaspersen in BeckOK ZPO, 31. Edition, Stand: 01.12.2018, Rn 13 zu § 91 ZPO).

4.4.3. Der Kläger kann sich gegenüber dem Kostenerstattungsanspruch der Beklagten aus § 91 ZPO, der auf Grundlage der im Urteil des Amtsgerichts München 04.10.2013, Az: 484 C 679413 WEG ergangenen Kostenentscheidung mit Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts München vom 16.12.2013, Az: 484 C 6794/13 WEG tituliert wurde, nicht erfolgreich darauf berufen, dass der Beschluss zu TOP 1.1 der Wohnungseigentümerversammlung vom 23.08.2012 über die Genehmigung der Jahresabrechnung 2011 mit Urteil des Amtsgerichts München vom 27.02.2014, Az: 484 C 24615/12 WEG hinsichtlich der Pos. „Dachsanierung“ in den Einzelabrechnungen rechtskräftig für ungültig erklärt wurde. Denn dies lässt, selbst wenn der Einwand erfolgreich im Wege einer Vollstreckungsgegenklage gem. § 767 ZPO gegen die mit Urteil des Amtsgerichts München vom 04.10.2013, Az: 484 C 6794/13 WEG titulierte Forderung hätte geltend gemacht werden können, die materielle Rechtskraft der Verurteilung im Verfahren 484 C 6794/13 WEG und der im Urteil ergangenen Kostenentscheidung unberührt, damit die Voraussetzungen des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs gem. § 91 ZPO nicht nachträglich entfallen (vgl. BGH, Urteil vom 07.11.1974, Az: III ZR 115/72, juris Rn 20; BGH, Urteil vom 20.09.1995, Az: XII ZR 220/94, juris Rn 9, 10; Preuß in BeckOK zur ZPO, 31. Edition, Stand 01.12.2018, Rn 8 zu § 767 ZPO). So hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass auch im Falle einer Erklärung der Aufrechnung erst nach Klagezustellung mit einer bereits vor Klageerhebung der Klageforderung aufrechenbar gegenüberstehenden Forderung trotz der materiellrechtlichen Rückwirkung der Aufrechnung gem. § 389 BGB erst die Aufrechnungserklärung das „erledigende Ereignis“ für eine bis dahin zulässige und begründete Klage ist, so dass, wenn sich der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht anschließt, die in die Feststellung der Erledigung der Hauptsache geänderte Klage begründet ist und dem Beklagten gem. § 91 I ZPO die Kosten aufzuerlegen sind (vgl. BGH, Urteil vom 17.07.2003, Az: IX ZR 268/02, juris Rn 19, 20). Es gibt) keinen Grund, die Sache anders zu sehen, wenn, wie hier, das erledigende Ereignis, welches zum Erlöschen der Forderung ex tunc führt, erst nach Rechtskraft der Entscheidung eintritt und in einem solchen Fall von einem Entfallen der Rechtsgrundlage für den prozessualen Kostenerstattungsanspruch auszugehen.

4.4.4. Der mit dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts München vom 16.12.2013, Az: 484 C 6794/13 WEG titulierte Kostenerstattungsanspruch der Beklagten ist jedoch durch die seitens des Klägers im Schreiben vom 05.04.2014 erklärte Aufrechnung erloschen noch bevor die Beklagte aufgrund der durchgeführten Zwangsvollstreckung wegen dieses Anspruchs befriedigt wurde. Insoweit kann auf die Ausführungen unter Ziffer 4.3.5 der Urteilsgründe, die entsprechend gelten, verwiesen werden. Dass die Aufrechnung des Klägers im Schreiben vom 05.04.2014 auch gegenüber dem mit Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts München vom 16.12.2013, Az: 484 C 6794/13 WEG titulierten Kostenerstattungsanspruch erklärt wurde, ergibt sich aus der im Schreiben vom 05.04.2014 erfolgten Bezugnahme auf das Schreiben der Rechtsanwältin …vom 26.03.2014 an Rechtsanwalt welches vom Kläger in Ablichtung als Anlage K 3 zur Akte gereicht wurde. In diesem Schreiben fordert Rechtsanwältin . den Kläger ausdrücklich auch zur Begleichung des mit Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts München vom 16.12.2013, Az: 484 C 6794/13 WEG titulierten Betrags von € 164,25 auf. Die Auskehrung des Betrages durch die Hinterlegungsstelle an die Beklagte aufgrund der von ihr durchgeführten Vollstreckungsmaßnahme erfolgte nach Angaben der Beklagten erst aufgrund Anordnung mit Bescheid vom 27.01.2015, damit nach Erlöschen des Kostenerstattungsanspruchs infolge der vom Kläger erklärten Aufrechnung, so dass die Beklagte den Betrag ohne rechtlichen Grund erlangt hat. Infolge der erklärten Aufrechnung ist der Anspruch des Klägers auf Erstattung der von ihm auf die Jahresabrechnung 2011 geleisteten Nachzahlung von € 1.434,86 gem. § 812 I Satz 1, 1. Alt BGB in Höhe eines weiteren Teilbetrages von € 164,25 rückwirkend zum 04.04.2014 erloschen (vgl. Ziffer 4.3.5 der Urteilsgründe).

4.4.5. Als Rechtsgrundlage für die vollstreckten nicht titulierten Vollstreckungskosten von € 21,09 käme wiederum § 788 I ZPO in Betracht. Diesbezüglich kann auf die Ausführungen zu Ziffer 4.3.1 der Urteilsgründe Bezug genommen werden. Die Beklagte hat aber schon nicht dargelegt, dass und aufgrund welcher konkreten Vollstreckungsmaßnahme ihr Kosten von € 21,09 entstanden sind, noch ist dies sonst ersichtlich. Die Beklagte ist somit der ihr obliegenden Darlegungs- und Beweislast, obgleich sie hierauf seitens der Kammer im Termin vom 27.03.2019 ausdrücklich hingewiesen wurde, nicht ausreichend nachgekommen. Eine Feststellung, ob die Kosten angefallen sind und dem Grunde sowie der Höhe nach notwendig waren i. S. des § 788 I ZPO, ist daher der Kammer nicht möglich. Bereits deshalb geht der Anspruch des Klägers aus § 812 I Satz 1, 2. Alt BGB durch und kommt es auf die seitens des Klägers erklärte Aufrechnung nicht mehr an.

5. Der Anspruch des Klägers auf die zugesprochenen Zinsen ergibt sich aus §§ 286 I, 288 I BGB bzw. §§ 291, 288 I BGB. Zwar wurde die Klageschrift vom 14.04.2014 zusammen mit den Aufforderungen gem. § 276 ZPO der Beklagten erst aufgrund Verfügung des Amtsgerichts München vom 01.12.2015 am 05.12.2015 zugestellt. Aus der hiesigen Akte sowie der beigezogenen Akte des Verfahrens 484 C 6794/13 ergibt sich jedoch, dass die Klageschrift vom 14.04.2014 der Beklagten bereits zuvor zusammen mit dem Beschluss über die Abtrennung der Vollstreckungsgegenklage vom 23.04.2014 am 26.04.2014 zugestellt wurde. Darin ist zumindest eine konkludente Mahnung i. S. des § 286 I BGB zu sehen (vgl. Grüneberg in Palandt, 78. Aufl., Rn 18 zu § 286 ZPO), durch die die Beklagte mit den in der Klageschrift vom 14.04.2014 geltend gemachten Zahlungsansprüchen, soweit sie zuerkannt wurden, in Verzug geraten ist. Mit den erstmals mit Klageänderung vom 21.01.2016 geltend gemachten Zahlungsansprüchen von weiteren € 185,34 ist die Beklagte durch die Zustellung der Klageänderung, welche durch Übergabe im Termin zur mündlichen Verhandlung am 08.01.2018 an den Beklagtenvertreter erfolgte, in Verzug geraten. Dass der Kläger die Beklagte bereits zuvor mit gesondertem Schreiben zur Zahlung der geltend gemachten Beträge aufgefordert und damit gemahnt hätte i. S. des § 286 I BGB, hat er weder dargelegt noch ist dies sonst ersichtlich. Insbesondere enthält das Schreiben vom 05.04.2014 (Anlage K 1), mit dem der Kläger die Aufrechnung erklärt hat, keine Zahlungsaufforderung.

6. Soweit der Kläger beantragt hat, die Zwangsvollstreckung aus den Kostenfestsetzungsbeschlüssen des Amtsgerichts München vom 09.05.2014 und 17.04.2015 (Aktenzeichen jeweils 1536 M 20853/14) sowie vom 21.04.2015 (Aktenzeichen 484 C 6794/13 WEG) für unzulässig zu erklären, war die Klage abzuweisen.

6.1. Bei dem gestellten Klageantrag handelt es sich um Vollstreckungsabwehrklagen gem. § 767 ZPO gegen die im Klageantrag genannten Kostenfestsetzungsbeschlüsse. Die Vollstreckungsabwehrklage ist gem. §§ 795, 794 Nr. 2 ZPO auch gegen Kostenfestsetzungsbeschlüsse statthaft. Ein Rechtsschutzbedürfnis für die Erhebung einer Vollstreckungsabwehrklage ist gegeben, sobald eine Zwangsvollstreckung ernstlich droht, also auch schon vor Erteilung oder Umschreibung der Vollstreckungsklausel bis zur endgültigen Befriedigung des Gläubigers. Dabei bleibt die Klage grundsätzlich zulässig, bis der Titel dem Schuldner ausgehändigt worden ist (vgl. Herget in Zöller, 32. Aufl., Rn 8 zu § 767 ZPO BGH, Urteil vom 21.10.2016, Az: V ZR 230/15, juris Rn 7). Aus der Akte 1536 M 20853/14 des Amtsgerichts München - Vollstreckungsgericht - lässt sich entnehmen, dass zugunsten der hiesigen Beklagten eine vollstreckbare Ausfertigung der Kostenfestsetzungsbeschlüssen vom 09.05.2014 und 17.04.2015, gegen die sich der Kläger mit dem von ihm gestellten Klageantrag wendet, erteilt wurde. Ebenso wurde der Beklagten, wie die Kammer durch Einsicht in die Akte 484 C 6794/13 WEG des Amtsgerichts München feststellen konnte, eine vollstreckbare Ausfertigung des dort ergangenen Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 21.04.2015 erteilt. Dass die der Beklagten erteilten vollstreckbaren Ausfertigungen der genannten Kostenfestsetzungsbeschlüsse zwischenzeitlich dem hiesigen Kläger ausgehändigt wurden, hat die Beklagte weder vorgetragen, noch ist dies sonst ersichtlich. Ein Rechtsschutzbedürfnis für die vom Kläger erhobenen Vollstreckungsabwehrklagen ist demzufolge zu bejahen.

6.2. Die Klagen sind jedoch sämtlich unbegründet.

Dabei ist der Kläger zumindest mit Einwendungen, die vom Gericht im Verfahren gem. § 104 ZPO nicht hätten berücksichtigt werden können, nicht gem. § 767 II ZPO ausgeschlossen (vgl. Herget in Zöller, 32. Aufl., Rn 21 zu §§ 103,104 „Vollstreckungsgegenklage“). Die Präklusionsvorschrift des § 767 II ZPO greift bei Kostenfestsetzungsbeschlüssen grundsätzlich nicht, weil materielle Einwendungen im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 104 ZPO nicht geltend gemacht werden können (vgl. Preuß in BeckOK ZPO, 31. Edition, Stand 01.12.2018, Rn 37 zu § 767 ZPO).

Soweit der Kläger gegen die Kostenfestsetzungsbeschlüsse einwendet, mit teilweiser rechtskräftiger Ungültigerklärung des Beschlusses über die Genehmigung der Jahresabrechnung 2011 sei zugleich rückwirkend die Rechtsgrundlage für die Beitreibungsaktivitäten der Beklagten entfallen, kann er hiermit in der Sache jedoch keinen Erfolg haben. Wie vorstehend unter Ziffer 4.3.1, 4.3.2 und 4.4.3 der Urteilsgründe bereits ausgeführt wurde, sind Rechtsgrundlage der erfolgten Kostenfestsetzungen die sich aus §§ 91-101 ZPO bzw. § 788 I ZPO ergebenden materiellrechtlichen Kostenerstattungsansprüche, auf deren Bestand die rechtskräftige Ungültigkerklärung, auch wenn sie auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung zurückwirkt, keinen Einfluss hat.

Der Kläger kann sich gegenüber den Kostenerstattungsansprüchen der Beklagten darüber hinaus nicht auf Pflichtverletzungen der Verwalterin oder anderer Eigentümer bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums berufen, da diese, wie unter Ziffer 4.3.5 der Urteilsgründe ausgeführt, keine Ansprüche gegenüber der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft begründen könnten, so dass dem Kläger aus diesem Grund auch kein Zurückbehaltungsrecht gegenüber der Beklagten zustehen kann.

Dass der Kläger mit den ihm gegen die Beklagte zustehenden Ansprüchen aus ungerechtfertigter Bereicherung gegen die mit den Kostenfestsetzungsbeschlüssen titulierten Kostenerstattungsansprüchen die Aufrechung erklärt hätte, ist nicht ersichtlich. Insbesondere erfolgte die Erklärung im Schreiben vom 05.04.2014 bereits vor Erlass der streitgegenständlichen Kostenfestsetzungsbeschlüsse, weshalb sie nicht dahingehend ausgelegt werden kann, dass eine Aufrechnung auch mit den durch diese titulierten Kostenerstattungsansprüchen erfolgen sollte.

7. Mit seinem Antrag auf Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigungen des Urteils des Amtsgerichts München vom 04.10.2013, berichtigt mit Beschluss vom 12.12.2013, sowie des Kostenfestsetzungsbeschlusses des Amtsgerichts München vom 16.12.2013, Az: jeweils 484 C 6794/13 WEG, hat der Kläger Erfolg.

7.1. Die Klage auf Herausgabe des Titels ist analog § 371 ZPO zulässig, wenn über eine Vollstreckungsgegenklage rechtskräftig zugunsten des Herausgabeklägers entschieden worden ist, die Erfüllung der dem Titel zugrunde liegenden Forderung zwischen den Parteien unstreitig ist oder vom Titelschuldner zur Überzeugung des Gerichts bewiesen wird (vgl. BGH, Urteil vom 05.03.2009, Az: IX ZR 141/07, juris Rn 16; Preuß in BeckOG ZPO, 31. Edition, Stand 01.12.2018, Rn 73 zu § 767 ZPO). Gleiches gilt, wenn die Herausgabeklage mit der Vollstreckungsgegenklage verbunden wird (vgl. BGH, Urteil vom 19.12.2014, Az: V ZR 82/14, juris Rn 23). Dann muss es aber auch zulässig sein, wenn, wie hier, die Klage auf Herausgabe des Titels mit der Klage Rückzahlung der mit dem Titel vollstreckten Beträge aus ungerechtfertigter Bereicherung verbunden wird.

7.2. Zwar würde allein die Begründetheit der Bereicherungsklage nicht ausschließen, dass aus dem Urteil des Amtsgerichts München vom 04.10.2013, berichtigt mit Beschluss vom 12.12.2013, sowie dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts München vom 16.12.2013, Az: jeweils 484 C 6794/13 WEG, weiterhin eine Vollstreckung wegen angefallener notwendiger und nicht gesondert gem. § 788 II ZPO titulierter Kosten der Zwangsvollstreckung i. S. des § 788 I ZPO möglich ist. Dass solche Kosten angefallen sind, behauptet die Beklagte aber gar nicht, ebenso wenig bestreitet sie, dass die Vollstreckung aus den Titeln bereits abgeschlossen ist. Da somit zwischen den Parteien unstreitig ist, dass die den genannten Titeln zugrunde liegenden Forderungen erfüllt sind, ist die Herausgabeklage insoweit begründet.

8. Demgegenüber war die weitergehende Klage auf Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigungen der Kostenfestsetzungsbeschlüsse des Amtsgerichts München vom 09.05.2014 und 17.04.2015 (Az. jeweils 1536 M 20853/14) sowie vom 21.04.2015 (Az: 484 C 6794/13 WEG) abzuweisen. Zwar sind die Klagen analog § 371 ZPO zulässig, da sie zugleich mit der Vollstreckungsgegenklage erhoben wurden (vgl. oben). Sie sind aber in der Sache aus denselben Gründen wie die erhobenen Vollstreckungsgegenklagen unbegründet. Es ist zwischen den Parteien auch nicht unstreitig, dass die titulierten Forderungen erloschen sind (vgl. dazu auch BGH, Urteil vom 05.03.2009, Az: IX ZR 141/07, juris Rn 16).

III.

1. Die Verteilung der Kosten des Rechtsstreits in 1. und 2. Instanz erfolgte gem. § 92 I ZPO bzw. gem. §§ 97 I, 92 I ZPO nach dem Verhältnis des jeweiligen Obsiegens zum Unterliegen.

2. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 709 Satz 2 ZPO.

3. Die Revision war gemäß § 543 I Nr. 1, II ZPO zuzulassen, da die vorliegende Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und zur Fortbildung des Rechts sowie zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erforderlich ist. Die Frage, ob dem einzelnen Eigentümer bei Ungültigkeit eines Beschlusses über die Genehmigung der Jahresabrechnung oder des Wirtschaftsplanes ein unmittelbarer Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gegen den Verband auf Rückerstattung der von ihm geleisteten Zahlungen zusteht, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten, so dass es einer Klärung durch den Bundesgerichtshof bedarf (vgl. auch LG Frankfurt, Urteil vom 14.03.2019, Az: 1-13 S 135/18, juris Rn 12ff, Rn 24)

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde bereits mit im Termin vom 27.03.2019 verkündeten Beschluss auf € 2.046,94 festgesetzt. Zugleich wurde die Streitwertfestsetzung für die 1. Instanz gem. § 63 III Nr. 2 GKG von Amts wegen dahingehend abgeändert, dass auch der Streitwert für die 1. Instanz auf € 2.046,94 beträgt.

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Bundesgerichtshof Urteil, 08. Juni 2018 - V ZR 125/17

bei uns veröffentlicht am 08.06.2018

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 125/17 Verkündet am: 8. Juni 2018 Rinke Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR:

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS V ZB 131/17 vom 14. März 2018 in dem selbständigen Beweisverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO § 485; WEG § 21 Abs. 4 und Abs. 5 Nr. 2 Die Durchführung eines gegen die übrigen Wohnungse

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 230/15 Verkündet am: 21. Oktober 2016 Rinke Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 5/15 Verkündet am: 2. Oktober 2015 Rinke Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja WEG § 46 a) Wird ein

Bundesgerichtshof Urteil, 04. Apr. 2014 - V ZR 168/13

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 168/13 Verkündet am: 4. April 2014 Langendörfer-Kunz Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja WEG § 16 Ab

Referenzen

(1) Auf Antrag des Schuldners kann das Vollstreckungsgericht eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung ganz oder teilweise aufheben, untersagen oder einstweilen einstellen, wenn die Maßnahme unter voller Würdigung des Schutzbedürfnisses des Gläubigers wegen ganz besonderer Umstände eine Härte bedeutet, die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist. Es ist befugt, die in § 732 Abs. 2 bezeichneten Anordnungen zu erlassen. Betrifft die Maßnahme ein Tier, so hat das Vollstreckungsgericht bei der von ihm vorzunehmenden Abwägung die Verantwortung des Menschen für das Tier zu berücksichtigen.

(2) Eine Maßnahme zur Erwirkung der Herausgabe von Sachen kann der Gerichtsvollzieher bis zur Entscheidung des Vollstreckungsgerichts, jedoch nicht länger als eine Woche, aufschieben, wenn ihm die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 glaubhaft gemacht werden und dem Schuldner die rechtzeitige Anrufung des Vollstreckungsgerichts nicht möglich war.

(3) In Räumungssachen ist der Antrag nach Absatz 1 spätestens zwei Wochen vor dem festgesetzten Räumungstermin zu stellen, es sei denn, dass die Gründe, auf denen der Antrag beruht, erst nach diesem Zeitpunkt entstanden sind oder der Schuldner ohne sein Verschulden an einer rechtzeitigen Antragstellung gehindert war.

(4) Das Vollstreckungsgericht hebt seinen Beschluss auf Antrag auf oder ändert ihn, wenn dies mit Rücksicht auf eine Änderung der Sachlage geboten ist.

(5) Die Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln erfolgt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 und des Absatzes 4 erst nach Rechtskraft des Beschlusses.

(1) Die vorläufige Vollstreckbarkeit tritt mit der Verkündung eines Urteils, das die Entscheidung in der Hauptsache oder die Vollstreckbarkeitserklärung aufhebt oder abändert, insoweit außer Kraft, als die Aufhebung oder Abänderung ergeht.

(2) Wird ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil aufgehoben oder abgeändert, so ist der Kläger zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der dem Beklagten durch die Vollstreckung des Urteils oder durch eine zur Abwendung der Vollstreckung gemachte Leistung entstanden ist. Der Beklagte kann den Anspruch auf Schadensersatz in dem anhängigen Rechtsstreit geltend machen; wird der Anspruch geltend gemacht, so ist er als zur Zeit der Zahlung oder Leistung rechtshängig geworden anzusehen.

(3) Die Vorschriften des Absatzes 2 sind auf die im § 708 Nr. 10 bezeichneten Berufungsurteile, mit Ausnahme der Versäumnisurteile, nicht anzuwenden. Soweit ein solches Urteil aufgehoben oder abgeändert wird, ist der Kläger auf Antrag des Beklagten zur Erstattung des von diesem auf Grund des Urteils Gezahlten oder Geleisteten zu verurteilen. Die Erstattungspflicht des Klägers bestimmt sich nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung. Wird der Antrag gestellt, so ist der Anspruch auf Erstattung als zur Zeit der Zahlung oder Leistung rechtshängig geworden anzusehen; die mit der Rechtshängigkeit nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts verbundenen Wirkungen treten mit der Zahlung oder Leistung auch dann ein, wenn der Antrag nicht gestellt wird.

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

(1) Kennt der Empfänger den Mangel des rechtlichen Grundes bei dem Empfang oder erfährt er ihn später, so ist er von dem Empfang oder der Erlangung der Kenntnis an zur Herausgabe verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe zu dieser Zeit rechtshängig geworden wäre.

(2) Verstößt der Empfänger durch die Annahme der Leistung gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten, so ist er von dem Empfang der Leistung an in der gleichen Weise verpflichtet.

Verletzt der Schuldner eine Pflicht nach § 241 Abs. 2, kann der Gläubiger unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 Schadensersatz statt der Leistung verlangen, wenn ihm die Leistung durch den Schuldner nicht mehr zuzumuten ist.

Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.

Fehlt eine nach § 12 erforderliche Zustimmung, so sind die Veräußerung und das zugrundeliegende Verpflichtungsgeschäft unbeschadet der sonstigen Voraussetzungen wirksam, wenn die Eintragung der Veräußerung oder einer Auflassungsvormerkung in das Grundbuch vor dem 15. Januar 1994 erfolgt ist und es sich um die erstmalige Veräußerung dieses Wohnungseigentums nach seiner Begründung handelt, es sei denn, dass eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung entgegensteht. Das Fehlen der Zustimmung steht in diesen Fällen dem Eintritt der Rechtsfolgen des § 878desBürgerlichen Gesetzbuchs nicht entgegen. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen der §§ 30 und 35 des Wohnungseigentumsgesetzes.

Auf das weitere Verfahren sind die im ersten Rechtszuge für das Verfahren vor den Landgerichten geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden, soweit sich nicht Abweichungen aus den Vorschriften dieses Abschnitts ergeben. Einer Güteverhandlung bedarf es nicht.

Nach Schluss der mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, können Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht mehr vorgebracht werden. § 139 Abs. 5, §§ 156, 283 bleiben unberührt.

(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.

(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn

1.
das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt,
2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder
3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.

Das Gericht kann die Verbindung mehrerer bei ihm anhängiger Prozesse derselben oder verschiedener Parteien zum Zwecke der gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung anordnen, wenn die Ansprüche, die den Gegenstand dieser Prozesse bilden, in rechtlichem Zusammenhang stehen oder in einer Klage hätten geltend gemacht werden können.

(1) Durch die Erhebung der Klage wird die Rechtshängigkeit der Streitsache begründet.

(2) Die Rechtshängigkeit eines erst im Laufe des Prozesses erhobenen Anspruchs tritt mit dem Zeitpunkt ein, in dem der Anspruch in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht oder ein den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 entsprechender Schriftsatz zugestellt wird.

(3) Die Rechtshängigkeit hat folgende Wirkungen:

1.
während der Dauer der Rechtshängigkeit kann die Streitsache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden;
2.
die Zuständigkeit des Prozessgerichts wird durch eine Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt.

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 114/09
Verkündet am:
15. Januar 2010
Lesniak
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja

a) Die Ablehnung eines Beschlussantrags durch die Wohnungseigentümer (Negativbeschluss
) unterliegt auch ohne Verbindung mit einem auf die Feststellung eines
positiven Beschlussergebnisses gerichteten Antrags der gerichtlichen Anfechtung
(Abgrenzung zu Senat, BGHZ 152, 46, 51 und 156, 19, 22).

b) Die vorherige Befassung der Versammlung der Wohnungseigentümer mit einem
auf deren Mitwirkung an einer ordnungsgemäßen Verwaltung gerichteten Antrag
ist Zulässigkeitsvoraussetzung der Gestaltungsklage nach § 21 Abs. 8 WEG.

c) Für die Entscheidung über das Verlangen eines Wohnungseigentümers nach einer
vom Gesetz abweichenden Vereinbarung oder der Anpassung einer Vereinbarung
(§ 10 Abs. 2 Satz 3 WEG) fehlt den Wohnungseigentümern die Beschlusskompetenz
; die auf Zustimmung zu der Änderung gerichtete Leistungsklage ist
deshalb ohne vorherige Befassung der Wohnungseigentümerversammlung zulässig.

d) Die Regelung in § 16 Abs. 4 WEG zur Änderung eines Kostenverteilungsschlüssels
im Einzelfall schließt nicht die Geltendmachung des auch denselben Einzelfall
betreffenden Anspruchs auf Zustimmung zur generellen Änderung der Kostenverteilung

e) Der Anspruch eines Wohnungseigentümers, nach § 16 Abs. 4 Satz 1 WEG im
Einzelfall eine abweichende Kostenverteilung durchzusetzen, besteht nicht schon
dann, wenn sie dem in der Vorschrift genannten Gebrauchsmaßstab Rechnung
trägt; die in § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG genannten Voraussetzungen für die generelle
Änderung eines Kostenverteilungsschlüssels müssen ebenfalls vorliegen.
BGH, Urteil vom 15. Januar 2010 - V ZR 114/09 - LG Köln
AG Köln
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 15. Januar 2010 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die
Richter Dr. Klein, Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Roth

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 28. Mai 2009 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin ist seit 1992 Eigentümerin der Dachgeschosswohnung in einer aus 14 Einheiten bestehenden Wohnungseigentumsanlage. Sechs Wohnungen haben einen Balkon, über dessen Zugehörigkeit zum Sonder- oder Gemeinschaftseigentum die Teilungserklärung keine ausdrückliche Regelung enthält.
2
In der Versammlung der Wohnungseigentümer am 27. Mai 2008 wurde unter dem Tagesordnungspunkt 11 über die Vergabe des Auftrags für die bereits am 19. April 2007 beschlossene Sanierung der Balkone diskutiert. Die Klägerin vertrat die Ansicht, dass die Sanierungskosten nur von denjenigen Wohnungseigentümern getragen werden müssten, zu deren Wohnungen ein Balkon gehört. In dem Versammlungsprotokoll heißt es u.a.: "Vorab soll in Bezug auf die neuesten Änderungen im WEG-Gesetz geprüft werden, ob Eigentümer zu deren Wohnung kein Balkon gehört auch wie bisher an den Sanierungskosten der Balkone beteiligt werden müssen. Hier besteht Uneinigkeit. Einige Eigentümer möchten Auskunft beim Haus- und Grundbesitzerverein einholen und der Hausverwaltung Mitteilung machen."
3
Die Klägerin beantragte, die Kostenverteilung nach Wohneinheiten statt nach Miteigentumsanteilen vorzunehmen. Der Antrag erhielt nicht die nach § 16 Abs. 4 Satz 2 WEG erforderliche Mehrheit. Die Verwalterin stellte die Ablehnung des Antrags fest.
4
Die Klägerin hat den Beschluss mit dem Ziel der Erklärung für ungültig angefochten und daneben beantragt zu entscheiden, dass nur die sechs Eigentümer an den Kosten der Sanierung der Balkone zu beteiligen sind, zu deren Wohnung ein Balkon gehört, hilfsweise die Kosten der Balkonsanierung nach der Zahl der Einheiten statt nach Miteigentumsanteilen zu verteilen, und weiter hilfsweise, die Beklagten zu verurteilen, einer Vereinbarung dahingehend zuzustimmen , dass die Kosten jeglicher Balkonsanierung nur von den sechs Eigentümern zu tragen sind, zu deren Eigentumswohnung ein Balkon an der Fassade zur H. straße gehört, hilfsweise, die Kosten der Balkonsanierung nach Einheiten statt nach Anteilen zu verteilen.
5
Das Amtsgericht hat den Hauptantrag als unbegründet und die Hilfsanträge als unzulässig abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, verfolgt die Klägerin ihre Anträge weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

6
Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist der ablehnende Beschluss der Eigentümerversammlung nicht aufzuheben, weil er einer ordnungsmäßigen Verwaltung nicht widerspricht; die Klägerin habe keinen Anspruch auf eine Verteilung der Sanierungskosten dahingehend, dass sie durch die Anzahl der Wohnungseinheiten zu teilen seien. Falls der Regelung in § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG zu entnehmen sei, dass ein Wohnungseigentümer einen Anspruch auf Zustimmung zu einem einmaligen Abweichen von einem bestehenden Kostenverteilungsschlüssel habe, lägen die Voraussetzungen der Vorschrift nicht vor. Die Unbilligkeit des Festhaltens an der bestehenden Regelung sei nämlich ausgeschlossen , wenn diese für den Wohnungseigentümer bei dem Erwerb der Wohnung erkennbar gewesen sei. So liege es hier. Die Kostentragungspflicht ergebe sich aus § 7 Ziff. 1 der Teilungserklärung, wonach die Kosten für die Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums, zu welchem auch die Balkone gehörten, von der Gemeinschaft getragen würden. Diese Regelung sei der Klägerin bei dem Erwerb des Wohnungseigentums bekannt gewesen. Der Annahme der Unbilligkeit stehe darüber hinaus entgegen, dass die Balkonsanierung bereits beschlossen worden sei und die übrigen Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft sich bei der Beschlussfassung auf die bestehende Kostentragungsregelung verlassen hätten.
7
Aus denselben Gründen hat das Berufungsgericht auch einen Anspruch der Klägerin auf Zustimmung zu einer generellen Änderung des Kostenverteilungsschlüssels verneint.
8
Weiter hat das Berufungsgericht gemeint, der Anspruch auf ein einmaliges Abweichen von einem bestehenden Kostenverteilungsschlüssel sei auf die ordnungsmäßige Verwaltung gerichtet, in deren Rahmen der Eigentümerversammlung ein Ermessensspielraum eingeräumt sei, so dass allenfalls dann, wenn eine Ermessensreduzierung auf die verlangte Verteilung bestehe, diese ausgesprochen werden könne. Die mit dem Hauptantrag zunächst verfolgte Anfechtung der Ablehnung einer Kostenverteilung nach der Anzahl der Einheiten könne deshalb keinen Erfolg haben, denn die Ablehnung einer von mehreren Möglichkeiten liege im Rahmen des Ermessens der Wohnungseigentümer.
9
Das Verlangen der Klägerin nach einer gerichtlichen Entscheidung dahingehend , dass die Sanierungskosten von denjenigen Wohnungseigentümern zu tragen seien, zu deren Einheiten Balkone gehörten, hält das Berufungsgericht trotz des Umstands, dass diese Kostenverteilung bisher nicht zur Entscheidung der Eigentümerversammlung gestellt wurde, für zulässig. Denn es sei nicht zu erwarten, dass die Versammlung, die eine Aufteilung nach der Zahl der Einheiten abgelehnt habe, mit der notwendigen qualifizierten Mehrheit für die jetzt verlangte Kostenverteilung stimmen werde. Deshalb sei es für die Klägerin unzumutbar, mit ihrem Antrag zuvor die Eigentümerversammlung zu befassen. Der Antrag sei jedoch aus den bereits genannten Gründen zurückzuweisen.

II.

10
Das hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
11
1. Die Revision ist in vollem Umfang zulässig. Entgegen der von dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vertretenen Ansicht lässt sich dem Berufungsurteil nicht mit der notwendigen Klarheit entnehmen, dass das Berufungsgericht das Rechtsmittel trotz unbeschränkten Ausspruchs der Zulassung nur beschränkt zugelassen hat (vgl. dazu nur BGH, Beschl. v. 14. Mai 2008, XII ZB 78/07, NJW 2008, 2351, 2352). Die Revision ist jedoch unbegründet.
12
2. Die Vorinstanzen sind von der Zulässigkeit des Hauptantrags ausgegangen. Das ist nur hinsichtlich des ersten Teils (Anfechtungsklage) richtig. Der zweite Teil (Leistungsklage) ist unzulässig.
13
a) Ausgangspunkt des Rechtsstreits ist die Ablehnung des von der Klägerin in der Wohnungseigentümerversammlung gestellten Antrags. Die Rechtmäßigkeit dieses so genannten Negativbeschlusses (Senat, BGHZ 148, 335, 348 f.) kann im Wege der gerichtlichen Anfechtung (§ 46 WEG) überprüft werden. Das dafür notwendige Rechtsschutzbedürfnis ergibt sich daraus, dass der Antragsteller durch die Ablehnung gegebenenfalls in seinem Recht auf ordnungsmäßige Verwaltung des Gemeinschaftseigentums verletzt wird (einschränkend zum früheren Wohnungseigentumsgesetz Senat, BGHZ 152, 46, 51; 156, 19, 22; Wenzel, ZMR 2005, 413, 416). Mit dem ersten Teil des Hauptantrags hat die Klägerin unter Wahrung der in § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG genannten Fristen die Anfechtungsklage erhoben.
14
b) Das mit dem zweiten Teil des Hauptantrags verfolgte Klageziel betrifft dagegen nicht den abgelehnten Antrag. Vielmehr will die Klägerin eine Regelung erreichen, die bisher nicht zur Abstimmung stand. Die vorherige Befassung der Eigentümerversammlung mit dem Antrag, den der Wohnungseigentümer gerichtlich durchsetzen will, ist jedoch Voraussetzung für die Zulässigkeit dieser Leistungsklage. Denn primär zuständig für die Beschlussfassung ist die Versammlung der Wohnungseigentümer (§§ 21 Abs. 1 und 3, 23 Abs. 1 WEG). Soweit es - wie hier - um die Mitwirkung der übrigen Wohnungseigentümer an einer ordnungsmäßigen Verwaltung geht, muss sich der Kläger vor der Anru- fung des Gerichts um die Beschlussfassung der Versammlung bemühen, weil seiner Klage sonst das Rechtsschutzbedürfnis fehlt (OLG Hamm ZMR 2008, 156, 159 m.w.N.; Merle in Bärmann, WEG, 10. Aufl., § 21 Rdn. 56; Wenzel in Bärmann, aaO, § 43 Rdn. 188; Heinemann in Jennißen, WEG, § 21 Rdn. 46; MünchKomm-BGB/Engelhardt, 5. Aufl., § 21 Rdn. 12).
15
c) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht angenommen, dass die fehlende Vorbefassung der Eigentümerversammlung mit dem von der Klägerin gestellten zweiten Teil des Hauptantrags, die Kosten für die Balkonsanierung auf diejenigen Wohnungseigentümer zu verteilen, zu deren Einheiten ein Balkon gehört, nicht die Unzulässigkeit dieses Teils der Klage zur Folge habe, weil das Zustandekommen der erforderlichen Mehrheit nicht zu erwarten sei. Zwar fehlt das Rechtsschutzbedürfnis trotz fehlender Vorbefassung nicht, wenn mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, dass der Antrag in der Eigentümerversammlung nicht die erforderliche Mehrheit finden wird, so dass die Befassung der Versammlung eine unnötige Förmelei wäre (OLG München NZM 2007, 132). Aber diese Voraussetzung liegt hier nicht vor. Das Berufungsgericht hat seine gegenteilige Auffassung damit begründet , dass die Eigentümerversammlung die Kostenaufteilung nach Einheiten abgelehnt hat, so dass eine Verteilung nur auf einzelne Wohnungseigentümer nicht zu erwarten sei. Dies verkennt, dass aus der Ablehnung eines in der Eigentümerversammlung gestellten Antrags nicht auf den Willen der Wohnungseigentümer geschlossen werden kann, das Gegenteil des Antrags zu wollen (Senat, BGHZ 148, 335, 349). Erst recht verbietet es sich deshalb, aus der Beschlussablehnung die Erwartung herzuleiten, die Wohnungseigentümer würden einem anderen Antrag als dem abgelehnten ebenfalls nicht zustimmen. Hier ist dieser Schluss insbesondere deshalb nicht gerechtfertigt, weil sich aus dem Protokoll der Diskussion zu dem Tagesordnungspunkt 11 ergibt, dass die erforderliche Mehrheit für den von der Klägerin gestellten Antrag wegen der bei den Beklagten bestehenden Rechtsunsicherheit aufgrund des neuen Wohnungseigentumsrechts nicht zustande gekommen ist. Damit besteht die Möglichkeit, dass sie, wenn sie die Rechtslage im Sinne der von der Klägerin vertretenen Ansicht geklärt haben, einen entsprechenden Beschluss mit der erforderlichen Mehrheit fassen. Dass eine rechtliche Klärung außerhalb dieses Prozesses nicht möglich ist, ist nicht ersichtlich.
16
2. Gegen die Zulässigkeit des ersten Hilfsantrags bestehen keine Bedenken. Der damit geltend gemachte Anspruch auf Verteilung der Kosten für die bereits beschlossene Balkonsanierung nach der Anzahl der Einheiten war Gegenstand der Beschlussfassung in der Versammlung der Wohnungseigentümer am 27. Mai 2008. Dass dort der entsprechende Antrag der Klägerin nicht die erforderliche Mehrheit bekommen hat, ergibt das für die Anrufung des Gerichts erforderliche Rechtsschutzinteresse des unterlegenen Antragstellers (Elzer in Jennißen, aaO, vor §§ 23 bis 25 Rdn. 124).
17
3. Auch der zweite Hilfsantrag, mit dem die Klägerin eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer über die Kostenverteilung bei Balkonsanierungen generell erreichen will, ist zulässig. Mit diesem Verlangen muss sich die Wohnungseigentümerversammlung nicht vor Klageerhebung befassen. Die Wohnungseigentümer haben dafür keine Beschlusskompetenz (Grziwotz/Jennißen in Jennißen, aaO, § 10 Rdn. 38).
18
4. Der erste Teil des Hauptantrags und der erste Hilfsantrag sind jedoch unbegründet.
19
a) Die Klägerin will eine Abänderung der in § 16 Abs. 2 WEG festgelegten Kostenverteilung, nach der die Wohnungseigentümer u.a. die Kosten der Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums nach dem Verhältnis ihrer Anteile (§ 16 Abs. 1 Satz 2 WEG) tragen müssen, aus- schließlich für die bereits beschlossene Balkonsanierung erreichen. Sie strebt damit eine Einzelfallregelung an. Anspruchsgrundlage hierfür ist nicht, wie das Berufungsgericht in einer Hilfserwägung gemeint hat, die Regelung in § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG. Nach dieser Vorschrift kann jeder Eigentümer eine von dem Gesetz abweichende Vereinbarung oder die Anpassung einer Vereinbarung verlangen, soweit ein Festhalten an der geltenden Regelung aus schwerwiegenden Gründen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls unbillig erscheint. Der Anspruch ist auf Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer zum Abschluss einer Änderungsvereinbarung gerichtet (Wenzel in Bärmann , aaO, § 10 Rdn. 152), die generell das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander (§ 10 Abs. 2 Satz 1 und 2 WEG) regelt. Eine bloße Einzelfallregelung wird davon nicht erfasst (MünchKomm-BGB/Engelhardt, aaO, § 16 WEG Rdn. 30). Das schließt es allerdings nicht aus, dass ein Wohnungseigentümer auch dann, wenn er für einen konkreten Fall eine Änderung des Kostenverteilungsschlüssels erreichen will, einen Anspruch nach § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG geltend macht. Hat er damit Erfolg, gilt der geänderte Schlüssel nicht nur für künftige Fälle, sondern auch bereits für den Fall, der Anlass zu dem Änderungsverlangen gegeben hat. Denn die Regelung in § 16 Abs. 4 WEG zur Änderung eines Kostenverteilungsschlüssels im Einzelfall schließt nicht die Geltendmachung des auch denselben Einzelfall betreffenden Anspruchs auf Zustimmung zur generellen Änderung der Kostenverteilung nach § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG aus; beide Möglichkeiten haben verschiedene Regelungsgegenstände und stehen alternativ nebeneinander (Wenzel in Bärmann, aaO, § 10 Rdn. 160; Grziwotz/Jennißen in Jennißen, aaO, § 10 Rdn. 31; Becker in Köhler /Bassenge, Anwalts-Handbuch Wohnungseigentumsrecht, 2. Aufl., Teil 3 Rdn. 191; Riecke/Schmid/Elzer, Fachanwaltskommentar Wohnungseigentumsrecht , 2. Aufl., § 16 Rdn.18; Entwurf eines Gesetzes zur Änderung eines Wohnungseigentumsgesetzes und anderer Gesetze vom 9. März 2006 [Gesetzes- begründung], BT-Drucks. 16/887 S. 19 f.; a.A. Hügel/Elzer, Das neue WEGRecht , § 3 Rdn. 131 f.).
20
b) Entgegen der von der Revision vertretenen Ansicht ist der auf die Abänderung des Kostenverteilungsschlüssels nur für die bereits beschlossene Balkonsanierung gerichtete erste Hilfsantrag nicht dahin auszulegen, dass die Klägerin damit auch eine generelle Regelung zur Kostenverteilung anstrebt. Diesem Verständnis steht bereits der Wortlaut des Antrags entgegen; er entspricht einer Gestaltungsklage nach §§ 21 Abs. 4 und 8, 43 Nr. 1 WEG, mit der die gerichtliche Ersetzung eines von den Wohnungseigentümern nicht gefassten Beschlusses herbeigeführt werden soll. Auch der Wortlaut des zweiten Hilfsantrags spricht gegen eine solche Auslegung; er enthält die auf die Verurteilung der übrigen Wohnungseigentümer zur Zustimmung zu der Änderung der Kostenverteilung gerichtete Leistungsklage nach §§ 10 Abs. 2 Satz 3, 43 Nr. 1 WEG. Schließlich verbietet die Staffelung der beiden Hilfsanträge die von der Revision gewünschte Auslegung; die Klägerin verfolgt vorrangig die Gestaltungsklage.
21
c) Weder das Berufungsgericht noch die Revision haben erkannt, dass Anspruchsgrundlage für die Durchsetzung der Einzelfallregelung die Vorschriften der §§ 16 Abs. 4, 21 Abs. 4 und Abs. 8 WEG sind. Denn wenn ein Beschluss zur abweichenden Verteilung der Kosten für Instandhaltungen und Instandsetzungen des Gemeinschaftseigentums (§ 16 Abs. 4 WEG) nicht zustande kommt, kann derjenige Wohnungseigentümer, dessen entsprechender Antrag in der Wohnungseigentümerversammlung nicht die erforderliche Mehrheit gefunden hat, sowohl - wie hier - zusammen mit der Anfechtung des Negativbeschlusses als auch ohne diese Anfechtung seinen Anspruch auf ordnungsmäßige Verwaltung nach § 21 Abs. 4 WEG im Wege der Gestaltungsklage nach § 21 Abs. 8 WEG gerichtlich (§ 43 Nr. 1 WEG) geltend machen (Wenzel in Bärmann, aaO, § 10 Rdn. 164; Becker in Bärmann, aaO, § 16 Rdn. 135; Riecke /Schmid/Elzer, aaO, § 16 Rdn. 42).
22
aa) Bei der beschlossenen Balkonsanierung handelt es sich um eine Maßnahme der Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums (§ 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG). Dabei spielt es keine Rolle, ob die Balkone zum Gemeinschaftseigentum - was das Berufungsgericht angenommen hat und was die Auslegung der Teilungserklärung nahe legt - oder, was die Revision meint, zum Sondereigentum derjenigen Wohnungseigentümer gehören, deren Einheiten einen Balkon haben. Denn selbst wenn Letzteres der Fall wäre, beträfen die Sanierungsmaßnahmen, soweit sämtliche Wohnungseigentümer für die Kosten aufkommen sollen, ausschließlich solche Teile der Balkone, die zwingend im gemeinschaftlichen Eigentum stehen. Die Revision verkennt, dass sich das Sondereigentum an einem Balkon nur auf den Luftraum, den Innenanstrich und den Bodenbelag erstreckt, während die übrigen konstruktiven und solche Teile, die ohne Veränderung der äußeren Gestalt des Gebäudes nicht verändert werden können, wie Brüstungen und Geländer, Bodenplatte einschließlich der Isolierschicht, Decken, Abdichtungsanschlüsse zwischen Gebäude und Balkon, Außenwände, Stützen und Türen, Gemeinschaftseigentum sind (Armbrüster in Bärmann, aaO, § 5 Rdn. 56 ff.; Dickersbach in Jennißen, aaO, § 5 Rdn. 16 ff.; Riecke/Schmid/Schneider/Förth, aaO, § 5 Rdn. 37 - jeweils m.N. aus der Rspr.). Die aus dem Protokoll zu dem Tagesordnungspunkt 11 der Eigentümerversammlung vom 27. Mai 2008 erkennbaren Sanierungsmaßnahmen zeigen, dass die auf sämtliche Wohnungseigentümer umzulegenden Kosten nur solche Balkonteile treffen, die im gemeinschaftlichen Eigentum stehen; die Kosten für einen sondereigentumsfähigen Fliesenbelag gehen zu Lasten desjenigen Eigentümers, der ihn wünscht. Dass darüber hinaus die Durchführung weiterer Sanierungsmaßnahmen, die etwaiges Sondereigentum betreffen, beabsichtigt ist, ist weder festgestellt noch sonst ersichtlich; auch die Revision zeigt das nicht auf, sondern weist nur auf einen beabsichtigten Oberflächenanstrich hin. Dieser betrifft jedoch die Balkonunterseiten und den Estrich, also Gemeinschaftseigentum. Im Übrigen ist auch die Klägerin ebenso wie die Beklagten in den Tatsacheninstanzen davon ausgegangen, dass die Sanierungsmaßnahmen das Gemeinschaftseigentum betreffen.
23
bb) Die mit dem ersten Hilfsantrag verfolgte Abweichung der Verteilung der Sanierungskosten ist in der Wohnungseigentümerversammlung nicht beschlossen worden. Der dahingehende Antrag der Klägerin hat nicht die nach § 16 Abs. 4 Satz 2 WEG erforderliche Mehrheit gefunden.
24
cc) Selbst wenn die angestrebte, von der gesetzlichen Regelung abweichende Kostenverteilung ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, hat die Klägerin keinen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch darauf.
25
(1) Den Maßstab für die Beurteilung dessen, was ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, enthält zunächst die Regelung in § 16 Abs. 4 Satz 1 WEG (Becker in Bärmann, aaO, § 16 Rdn. 123; Jennißen in Jennißen, aaO, § 16 Rdn. 46; MünchKomm-BGB/Engelhardt, aaO, § 16 WEG Rdn. 31; Riecke/ Schmid/Elzer, aaO, § 16 Rdn. 12). Danach können die Wohnungseigentümer im Einzelfall durch Beschluss die Verteilung der Kosten für Instandhaltungen oder Instandsetzungen des gemeinschaftlichen Eigentums abweichend von § 16 Abs. 2 WEG regeln, wenn der abweichende Maßstab dem Gebrauch oder der Möglichkeit des Gebrauchs durch die Wohnungseigentümer Rechnung trägt. Hieraus allein ergibt sich allerdings noch nicht, dass der Beschluss ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen muss; dieses Erfordernis folgt jedoch aus § 21 Abs. 3 WEG (Riecke/Schmid/Elzer, aaO, § 16 Rdn. 112), wonach die Wohnungseigentümer eine der Beschaffenheit des gemeinschaftlichen Eigentums entsprechende ordnungsmäßige Verwaltung durch Stimmenmehrheit be- schließen können, soweit nicht bereits eine Regelung durch Vereinbarung erfolgt ist.
26
(2) Somit entspricht es ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn der abgeänderte Kostenverteilungsschlüssel dem in der Vorschrift genannten Gebrauchsmaßstab gerecht wird. Ob das der Fall ist, bestimmt sich nicht nur nach dem tatsächlichen Gebrauch der von der Instandsetzung oder Instandhaltung betroffenen Teile, Anlagen und Einrichtungen des gemeinschaftlichen Eigentums durch die Wohnungseigentümer, sondern auch nach der Gebrauchsmöglichkeit. Damit soll zum einen Verteilungsgerechtigkeit erreicht und zum anderen der Grundsatz der ordnungsmäßigen Verwaltung konkretisiert werden (Gesetzesbegründung , BT-Drucks. 16/887 S. 24). Als Verteilungsmaßstäbe kommen z.B. die tatsächliche Gebrauchshäufigkeit und die Gebrauchsmöglichkeit sowie die Anzahl der davon profitierenden Personen in Betracht. Danach können die Wohnungseigentümer z.B. eine der räumlichen Zuordnung von Balkonen, die im Gemeinschaftseigentum stehen, zu bestimmten Wohnungen entsprechende Verteilung der Kosten für die Instandsetzung dieser Balkone beschließen (Becker in Bärmann, aaO, § 16 Rdn. 125; MünchKomm-BGB/Engelhardt, aaO, § 16 WEG Rdn. 31).
27
(3) Der Anspruch eines Wohnungseigentümers, eine solche Kostenverteilung durchzusetzen, besteht jedoch nicht schon dann, wenn sie dem Gebrauchsmaßstab nach § 16 Abs. 4 Satz 1 WEG Rechnung trägt. Vielmehr müssen die in § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG für die generelle Änderung eines Kostenverteilungsschlüssels genannten Voraussetzungen ebenfalls vorliegen; denn für die erzwungene Änderung können keine unterschiedlichen Voraussetzungen gelten, je nach dem, ob sie für einen konkreten Einzelfall oder generell Bestand haben soll (Wenzel in Bärmann, aaO, § 10 Rdn. 161; Grziwotz/Jennißen in Jennißen, aaO, § 10 Rdn. 32; Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 16/887 S. 20). Deshalb ist ein Änderungsanspruch eines Wohnungseigentümers in beiden Fällen nur dann gegeben, wenn ein Festhalten an der geltenden Regelung aus schwerwiegenden Gründen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer , unbillig erscheint.
28
(4) Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Das Berufungsgericht hat zu Recht die Unbilligkeit der Verteilung der Kosten für die Balkonsanierung auf alle Wohnungseigentümer nach dem Verhältnis ihrer Anteile verneint.
29
Das Wohnungseigentumsgesetz in der bis zum 30. Juni 2007 geltenden Fassung enthielt keine Anspruchsgrundlage für das Verlangen eines Wohnungseigentümers auf Abänderung des gesetzlichen oder eines vereinbarten Kostenverteilungsschlüssels. Nach der Rechtsprechung bestand jedoch ein gegen die übrigen Wohnungseigentümer gerichteter Anspruch auf Zustimmung zum Abschluss einer Änderungsvereinbarung, wenn die geltende Regelung bei Anlegung eines strengen Maßstabs zu grob unbilligen, mit Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht zu vereinbarenden Ergebnissen führte; ob das der Fall war, war aufgrund einer tatrichterlichen Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalls und nicht allein nach dem Maß der Kostenmehrbelastung des benachteiligten Wohnungseigentümers festzustellen (siehe nur Senat, BGHZ 160, 354, 358 ff. m.w.N.).
30
Seit dem 1. Juli 2007 gibt es mit der Regelung in § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG einen gesetzlichen Anspruch auf Abschluss einer Änderungsvereinbarung. Die Neuregelung lässt die bisherige Rechtslage im Kern zwar unverändert , enthält aber hinsichtlich der Anspruchsvoraussetzungen eine Erleichterung gegenüber den von der bisherigen Rechtsprechung gestellten Anforderungen (Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 16/887 S. 18 f.). Nunmehr wird statt auf "außergewöhnliche Umstände" auf die eher vorliegenden "schwerwiegenden Gründe" abgestellt; zudem muss die bestehende Kostenverteilung nicht mehr grob unbillig sein und damit gegen Treu und Glauben verstoßen, sondern das Festhalten an der geltenden Regelung muss lediglich unbillig erscheinen. Der Schutz des Vertrauens der übrigen Wohnungseigentümer in die bestehende Situation wird dadurch erreicht, dass ihre Rechte und Interessen in die Abwägung einbezogen werden müssen.
31
Nach diesen Grundsätzen ist die von dem Berufungsgericht vorgenommene Abwägung rechtlich nicht zu bestanden. Zutreffend hat es die Erkennbarkeit der - vermeintlich oder wirklich - nicht sachgerechten Kostenverteilung für die Klägerin bereits bei dem Erwerb der Eigentumswohnung und das Vertrauen der Beklagten auf den Bestand des geltenden Kostenverteilungsschlüssels bei der Beschlussfassung über die Durchführung der Balkonsanierung als maßgebliche Gründe angesehen, die der Annahme der Unbilligkeit des Festhaltens an der gesetzlichen Regelung entgegenstehen. Hinzu kommt, dass es ebenfalls nicht unbillig ist, wenn ein Wohnungseigentümer für die Kosten der Instandhaltung von Einrichtungen des gemeinschaftlichen Eigentums nach dem Verhältnis seines Anteils aufkommen muss, obwohl er sie nicht benutzt und auch nicht benutzen kann (Wenzel in Bärmann, aaO, § 10 Rdn. 158 m.N. aus der Rspr. zur früheren Rechtslage). Demgegenüber begründet die Revision eine - von ihr angenommene - Unbilligkeit der Kostenverteilung damit, dass die Klägerin übermäßig belastet würde. Damit hat sie keinen Erfolg. Denn das Maß der Kostenmehrbelastung ist nicht das alleinige Kriterium für die Beurteilung der Unbilligkeit des Festhaltens an dem bisherigen Kostenverteilungsschlüssel (Wenzel in Bärmann, aaO). In die Abwägung einzubeziehen sind vielmehr insbesondere die Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer, so dass die Anforderungen an den Anpassungsanspruch weiterhin erheblich bleiben (Gesetzesbegründung BT-Drucks. 16/887 S. 19). Dies verkennt die Revision, indem sie einseitig auf die Interessen der Klägerin an der Abänderung des Verteilungsschlüssels abstellt.
32
5. Aus Vorstehendem ergibt sich auch die Unbegründetheit des zweiten Hilfsantrags.

III.

33
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Krüger Klein Lemke
Schmidt-Räntsch Roth
Vorinstanzen:
AG Köln, Entscheidung vom 28.10.2008 - 202 C 164/08 -
LG Köln, Entscheidung vom 28.05.2009 - 29 S 135/08 -

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
V ZB 131/17
vom
14. März 2018
in dem selbständigen Beweisverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die Durchführung eines gegen die übrigen Wohnungseigentümer gerichteten
selbständigen Beweisverfahrens über Mängel am Gemeinschaftseigentum setzt
nicht voraus, dass der antragstellende Wohnungseigentümer sich zuvor um
eine Beschlussfassung der Eigentümerversammlung über die Einholung eines
Sachverständigengutachtens zu den behaupteten Mängeln bemüht hat.
BGH, Beschluss vom 14. März 2018 - V ZB 131/17 - LG Berlin
AG Charlottenburg
ECLI:DE:BGH:2018:140318BVZB131.17.0

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. März 2018 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland und die Richter Dr. Kazele und Dr. Hamdorf

beschlossen:
Auf die Rechtsmittel der Antragsteller werden die Beschlüsse der Zivilkammer 85 des Landgerichts Berlin vom 5. Mai 2017 und des Amtsgerichts Charlottenburg vom 19. Oktober 2016 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung über den Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens an das Amtsgericht Charlottenburg zurückverwiesen. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 10.000 €.

Gründe:

I.

1
Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Über der Wohnung der Antragsteller befindet sich das Dachgeschoss. Dieses wurde in Umsetzung der Teilungserklärung nachträglich ausgebaut. Von dem Bauträger beauftragte Messungen kamen hinsichtlich der Frage, ob bei dem Ausbau die Anforderungen an die Trittschalldämmung eingehalten wurden, zu unterschiedlichen Ergebnissen.
2
Auf einer außerordentlichen Eigentümerversammlung wurde der von den Antragstellern eingebrachte Antrag, den Bauträger wegen etwaiger Mängel des Dachgeschossausbaus in Anspruch zu nehmen, abgelehnt. Der weitere Antrag, zur Vorbereitung dieser Ansprüche ein Gutachten zu Schallschutzmängeln einzuholen , wurde laut Versammlungsprotokoll „(a)ufgrund der allgemeinen Stim- mungslage“ der anwesenden Eigentümer nicht zur Abstimmung gebracht. Nunmehr begehren die Antragsteller im Wege eines selbständigen Beweisverfahrens die sachverständige Feststellung von Mängeln des Trittschallschutzes gegenüber den übrigen Wohnungseigentümern, um diese sodann gegebenenfalls auf Beseitigung von Mängeln in Anspruch zu nehmen.
3
Das Amtsgericht hat den Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens als unzulässig verworfen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Antragsteller hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung die Antragsgegner beantragen, verfolgen die Antragsteller ihren Antrag weiter.

II.

4
Das Beschwerdegericht erachtet den Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens mangels Rechtsschutzbedürfnisses für unzulässig. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu dem Umfang von Schäden und deren möglicher Ursachen sowie zur Notwendigkeit von Instandsetzungsarbeiten sei eine (vorbereitende) Maßnahme der Instandsetzung im Sinne von § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG, für die die Wohnungseigentümer gemeinschaftlich zuständig seien. Im Rahmen ihres Selbstorganisationsrechts sei es zunächst der Gemeinschaft überlassen, in welchem Umfang und durch welchen Sachverständigen sie Mängel am Gemeinschaftseigentum feststellen lasse. Das ihr dabei zustehende Ermessen würde bei Durchführung eines selbständi- gen Beweisverfahrens durch eine gerichtliche Entscheidung vorweggenommen, weil die Gemeinschaft nur noch über die etwaige konkrete Mängelbeseitigung, nicht aber über Art und Umfang der vorbereitenden gutachterlichen Bestandsaufnahme entscheiden könnte. Hier sei eine Vorbefassung weder erfolgt noch als sinnlose Förmelei entbehrlich.

III.

5
Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die Durchführung eines gegen die übrigen Wohnungseigentümer gerichteten selbständigen Beweisverfahrens über Mängel an dem Gemeinschaftseigentum setzt nicht voraus, dass der antragstellende Wohnungseigentümer sich zuvor um eine Beschlussfassung der Eigentümerversammlung über die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu den behaupteten Mängeln bemüht hat.
6
1. Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt des Beschwerdegerichts , dass für die Beschlussfassung über Maßnahmen der ordnungsmäßigen Verwaltung primär die Versammlung der Wohnungseigentümer zuständig ist (§ 21 Abs. 1 und 3, § 23 Abs. 1 WEG). Daher fehlt der auf Mitwirkung der übrigen Wohnungseigentümer an einer ordnungsmäßigen Verwaltung gerichteten Leistungsklage eines Wohnungseigentümers das Rechtsschutzbedürfnis, wenn dieser sich vor Anrufung des Gerichts nicht um die Beschlussfassung der Versammlung bemüht (sog. Vorbefassungsgebot; vgl. Senat, Urteil vom 15. Januar 2010 - V ZR 114/09, BGHZ 184, 88 Rn. 14; Urteil vom 27. April 2012 - V ZR 177/11, NJW-RR 2012, 910 Rn. 7).
7
2. Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts gelten diese Grundsätze nicht für den gegen die übrigen Wohnungseigentümer gerichteten Antrag eines Wohnungseigentümers auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens über Mängel am Gemeinschaftseigentum. In Rechtsprechung und Lite- ratur ist allerdings umstritten, ob das Vorbefassungsgebot auch in diesem Fall zu beachten ist.
8
a) Nach einer Ansicht, der auch das Beschwerdegericht folgt, fehlt einem solchen Antrag das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis oder das rechtliche Interesse i.S.v. § 485 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3, Satz 2 ZPO, wenn der Wohnungseigentümer nicht zuvor eine Beschlussfassung über die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu den behaupteten Mängeln herbeigeführt hat (LG Stuttgart, Justiz 2000, 88 f.; AG Siegburg, Beschluss vom 23. November 2015 - 150 H 1/15, juris Rn. 9; LG München I, 36. Kammer, ZMR 2017,1010 und Beschluss vom 17. November 2015 - 36 T 15903/15, BeckRS 2015, 123157; AG München, ZMR 2017, 341, 343 und ZMR 2017, 845; BeckOK WEG/Elzer, Stand 1. Oktober 2017, § 43 Rn. 259d; Rüscher, jurisPR-MietR 25/2016 Anm. 3).
9
b) Nach anderer Ansicht ist die Vorbefassung der Wohnungseigentümer in diesem Fall nicht erforderlich (vgl. LG München I, 1. Kammer, ZMR 2016, 908 und Beschluss vom 25. Juli 2016 - 1 T 10029/16, BeckRS 2016, 14244; Briesemeister, IMR 2016, 441; Bub/Bernhard, FD-MietR 2016, 380820; Klimesch, IMR 2016, 265; M. A. Müller, ZMR 2017, 846).
10
3. Der Senat entscheidet den Streit im Sinne der letztgenannten Ansicht.
11
a) Nach § 485 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 ZPO kann eine Partei die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen beantragen, wenn sie ein rechtliches Interesse daran hat, dass die Ursache eines Sachmangels bzw. der Aufwand für dessen Beseitigung festgestellt wird. Ein rechtliches Interesse ist nach § 485 Abs. 2 Satz 2 ZPO anzunehmen, wenn die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann. Der Begriff des rechtlichen Interesses ist weit zu fassen. Insbesondere ist es dem Gericht grundsätzlich verwehrt, bereits im Rahmen des selbstständigen Beweisverfahrens eine Schlüssigkeitsoder Erheblichkeitsprüfung vorzunehmen. Dementsprechend kann ein rechtliches Interesse nur in völlig eindeutigen Fällen verneint werden, in denen evident ist, dass der behauptete Anspruch keinesfalls bestehen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Oktober 2009 - VI ZB 53/08, NJW-RR 2010, 946 Rn. 6; Beschluss vom 16. September 2004 - III ZB 33/04, NJW 2004, 3488).
12
Der Anspruch eines Wohnungseigentümers gegen die übrigen Wohnungseigentümer aus § 21 Abs. 4 i.V.m. Abs. 5 Nr. 2 WEG auf Beseitigung von Mängeln des Gemeinschaftseigentums als Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung setzt aber weder materiell voraus noch erfordert seine gerichtliche Durchsetzung stets, dass der Wohnungseigentümer sich zuvor um eine Beschlussfassung der Versammlung über die Maßnahme bemüht hat. Das Vorbefassungsgebot gilt nämlich ausnahmsweise dann nicht, wenn mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, dass der Antrag in der Eigentümerversammlung nicht die erforderliche Mehrheit finden wird, so dass die Befassung der Versammlung eine unnötige Förmelei wäre (vgl. Senat, Urteil vom 15. Januar 2010 - V ZR 114/09, BGHZ 184, 88 Rn. 14; Urteil vom 27. April 2012 - V ZR 177/11, NJW-RR 2012, 910 Rn. 7). Das Gericht wäre daher im Einzelfall zu einer aufwändigen Prüfung der Voraussetzungen dieser Aufnahme gezwungen, was auch erhebliche Unsicherheiten mit sich brächte. Denn häufig wird nicht offenkundig sein, ob der Antrag in der Eigentümerversammlung Aussicht auf Erfolg gehabt hätte. Mit dieser Prüfung würde das selbständige Beweisverfahren überfrachtet und seine Funktion, zur Vermeidung eines Rechtsstreits beizutragen, erheblich entwertet.
13
b) Das rechtliche Interesse i.S.v. § 485 Abs. 2 Satz 2 ZPO ist bei unterbliebener Vorbefassung auch nicht aus wohnungseigentumsrechtlichen Erwägungen zu verneinen.
14
aa) Richtig ist zwar, dass zu einer ordnungsmäßigen Verwaltung, die ein einzelner Wohnungseigentümer gemäß § 21 Abs. 4 WEG verlangen kann und die nach § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG die ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums umfasst (vgl. Senat, Urteil vom 23. Juni 2017 - V ZR 102/16, ZWE 2017, 367 Rn. 7), auch die Vorbereitung der erforderlichen Maßnahmen gehört. Die Wohnungseigentümer halten sich nämlich nur dann im Rahmen des ihnen in Bezug auf Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung zustehenden Beurteilungsspielraums, wenn sie ihre Entscheidung auf einer ausreichenden Tatsachengrundlage treffen (vgl. Senat, Urteil vom 22. Juni 2012- V ZR 190/11, NJW 2012, 3175 Rn. 19, 21 zur Verwalterbestellung ; Schmidt-Räntsch, ZWE 2013, 429, 437). Es entspricht daher regelmäßig ordnungsmäßiger Verwaltung, vor der Beschlussfassung über Instandsetzungsmaßnahmen deren erforderlichen Umfang und den dafür erforderlichen Aufwand zu ermitteln (vgl. BayObLG, NZM 1999, 280; OLGR München 2006, 330; OLGR Hamm 2007, 430, 432; Vandenhouten in Niedenführ/ Vandenhouten, WEG, 12. Aufl., § 21 Rn. 73; Bärmann/Merle, WEG, 13. Aufl., § 21 Rn. 112 a).
15
bb) Ein Antrag auf gerichtliche Beweiserhebung in dem Verfahren nach den §§ 485 ff. ZPO erschöpft sich aber weder in der Vorbereitung einer Instandhaltungs - oder Instandsetzungsmaßnahme noch wird durch das Beweisverfahren die Entscheidung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer über das „ob“ und das „wie“ der Durchführung der Maßnahme vorweggenommen.
16
(a) Das selbständige Beweisverfahren hat die Aufklärung von Tatsachen zum Gegenstand. Mit seiner Durchführung wird die Beweiserhebung in einem eventuell später erforderlich werdenden Prozess vorweggenommen (vgl. Senat, Beschluss vom 8. Oktober 2009 - V ZB 84/09, NJW-RR 2010, 233 Rn. 10). Die Beweiserhebung erfolgt gemäß § 492 Abs. 1 ZPO nach den für die Aufnahme des betreffenden Beweismittels geltenden Vorschriften und steht nach § 493 Abs. 1 ZPO einer Beweisaufnahme vor dem Prozessgericht gleich. Das selbständige Beweisverfahren dient im Fall des § 485 Abs. 1 ZPO der Abwehr eines dem Antragsteller drohenden Rechtsnachteils durch den zu befürchtenden Verlust eines Beweismittels, in dem hier vorliegenden Fall des § 485 Abs. 2 ZPO unabhängig von einem solchen Sicherungsbedürfnis der Vorbereitung einer gütlichen Einigung und damit der Vermeidung von Rechtsstreitigkeiten, bei denen in erster Linie über tatsächliche Fragen gestritten wird (vgl. BTDrucks. 11/3621, S. 23; Zöller/Herget, ZPO, 32. Aufl., § 485 Rn. 1 und 3). Dabei gewährleistet nach der Vorstellung des Gesetzgebers die Auswahl des Sachverständigen durch das Gericht eine höhere Chance auf Akzeptanz des Beweisergebnisses , als dies bei einem durch eine Partei vorgeschlagenen und deshalb oftmals als parteiisch erachteten Sachverständigen der Fall wäre (vgl. BT-Drucks. 11/3621, aaO).
17
(b) Diese Ziele lassen sich mit einem durch die Wohnungseigentümergemeinschaft zur Vorbereitung einer anstehenden Instandsetzungsmaßnahme oder zur Abschätzung ihrer Erforderlichkeit eingeholten Gutachten nicht gleichermaßen erreichen. Ein solches Privatgutachten dürfte in einem Prozess nicht als ein Beweismittel im Sinne der §§ 355 ff. ZPO, sondern nur als urkundlich belegter Parteivortrag gewürdigt werden (vgl. Senat, Urteil vom 9. November 1990 - V ZR 108/89, juris Rn. 14; Urteil vom 20. September 2002 - V ZR 170/01, MDR 2003, 45, 46). Eine eigene Beweisaufnahme des Gerichts, insbesondere die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens, wird durch ein Privatgutachten - von Ausnahmen abgesehen - nicht entbehrlich gemacht (vgl. Senat, Urteil vom 9. November 1990 - V ZR 108/89, juris Rn. 14; BGH, Urteil vom 11. Mai 1993 - VI ZR 243/92, MDR 1993, 797). Es kann daher weder die Sicherung von Beweismitteln bewirken noch in gleichem Maße wie das in einem selbständigen Beweisverfahren eingeholte Sachverständigengutachten der Vermeidung eines Rechtsstreits (§ 485 Abs. 2 Satz 2 ZPO) dienen.
18
(c) Die Anwendung des Vorbefassungsgebots ist auch nicht zur Wahrung der vorrangigen Zuständigkeit der Versammlung der Wohnungseigentümer für die Beschlussfassung über Maßnahmen der ordnungsmäßigen Verwaltung erforderlich. Mit der Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens wird die Entscheidungsbefugnis der Wohnungseigentümer hinsichtlich der Maßnahme selbst nicht beeinträchtigt, da eine gerichtliche Entscheidung über das „ob“ und „wie“ der Durchführung derMangelbeseitigung anders als im Falle einer von dem Wohnungseigentümer erhobenen Leistungsklage nach § 21 Abs. 4WEG - für die das Vorbefassungsgebot auch nach Durchführung des selbständigen Beweisverfahren gilt - nicht ergeht. Ebenso wenig wird durch die gerichtliche Beweissicherung die Befugnis der Wohnungseigentümer beeinträchtigt, über die Art und Weise der Vorbereitung etwaiger Maßnahmen zu beschließen. Es ist ihnen insbesondere unbenommen, die Maßnahmen durch die Einholung eines außergerichtlichen Gutachtens weiter vorzubereiten, etwa im Hinblick auf eine kostengünstigere Ausführung, oder von einer solchen weiteren Vorbereitung abzusehen.
19
(d) Ein die Anwendung des Vorbefassungsgebots gebietender Eingriff in die Entscheidungsautonomie der Wohnungseigentümer ergibt sich auch nicht durch eine mögliche Belastung mit den durch das selbständige Beweisverfahren verursachten Kosten. Zwar haben die Wohnungseigentümer die Kosten eines von der Gemeinschaft in Auftrag gegebenen Privatgutachtens regelmäßig anteilig nach dem allgemeinen Kostenverteilungsschlüssel zu tragen, während in einem etwaigen Rechtsstreit die Kosten regelmäßig der unterliegenden Partei aufzuerlegen sind. Dies gilt jedoch nicht für das selbständige Beweisverfahren. Für dieses ist Kostenschuldner zunächst gemäß § 22 Abs. 1 GKG allein der Antragsteller, wenn die Antragsgegner keine eigenen Anträge stellen. Eine Kostenentscheidung ergeht grundsätzlich nicht; die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens sind vielmehr Kosten des anschließenden Rechtsstreits (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 2017 - VI ZR 520/16, juris Rn. 13; Senat, Beschluss vom 8. Oktober 2009 - V ZB 84/09, NJW-RR 2010, 233 Rn. 13 mwN). Einen solchen Rechtsstreit können die übrigen Wohnungseigentümer vermeiden , indem sie eine nach der Beweisaufnahme erforderliche Maßnahme rechtzeitig umsetzen. Kommt es nicht zu einem Hauptsacheverfahren, können sie etwaige, ihnen in dem selbständigen Beweisverfahren entstandene außergerichtliche Kosten, z.B. für die Vertretung durch einen Rechtsanwalt, unter den Voraussetzungen des § 494a Abs. 2 Satz 1 ZPO, d.h. nach Ablauf der Frist für die gerichtlich angeordnete Klageerhebung, von dem Antragsteller erstattet verlangen. Dieser kann seinerseits, wenn er die Hauptsacheklage nicht erhebt, die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens nur von den Antragsgegnern erstattet verlangen, wenn hierfür eine materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage besteht (BGH, Urteil vom 10. Oktober 2017 - VI ZR 520/16, juris Rn. 19; Zöller /Herget, ZPO, 32. Aufl., § 490 Rn. 6). Daran wird es regelmäßig fehlen, wenn der Wohnungseigentümer vor der Durchführung des gegen die übrigen Wohnungseigentümer gerichteten selbständigen Beweisverfahrens eine Beschlussfassung der Eigentümerversammlung über die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu den behaupteten Mängeln am Gemeinschaftseigentum nicht herbeigeführt hat. Ohne eine solche Befassung wird ein materieller Anspruch auf Erstattung der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens grundsätzlich nicht in Betracht kommen (näher Senat, Urteil vom 16. Februar 2018 - V ZR 101/16, zur Veröffentlichung bestimmt).
20
c) Da das Vorbefassungsgebot demnach bei einem gegen die übrigen Wohnungseigentümer gerichteten Antrag eines Wohnungseigentümers auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens über Mängel am Gemein- schaftseigentum nicht zu beachten ist, kommt es nicht darauf an, ob eine hinreichende Vorbefassung anzunehmen ist, wenn der Wohnungseigentümer zwar einen entsprechenden Antrag stellt, dieser in der Versammlung aber aufgrund der Einschätzung des Verwalters über die „allgemeine Stimmungslage“ nicht zur Abstimmung gelangt. Ebenso bedarf keiner Entscheidung, ob in einem solche Fall die Vorbefassung entbehrlich ist, weil mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, dass der Antrag ohnehin nicht die erforderliche Mehrheit gefunden hätte.

IV.

21
1. Die Entscheidungen beider Vorinstanzen können danach keinen Bestand haben; sie sind aufzuheben. Die Sache ist nach § 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO an das Amtsgericht zur erneuten Entscheidung über den Antrag auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens zurückzuverweisen; aufgrund mangelnder Vorbefassung der Wohnungseigentümer darf der Antrag nicht erneut verworfen werden.
22
2. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (vgl. Senat, Beschluss vom 8. Oktober 2009 - V ZB 84/09, NJW-RR 2010, 233 Rn. 13).
Stresemann Brückner Weinland Kazele Hamdorf
Vorinstanzen:
AG Berlin-Charlottenburg, Entscheidung vom 19.10.2016 - 73 H 1/16 WEG -
LG Berlin, Entscheidung vom 05.05.2017 - 85 T 4/17 WEG -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 5/15
Verkündet am:
2. Oktober 2015
Rinke
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja

a) Wird ein von einem Wohnungseigentümer gegen den Verband gerichtetes
Zahlungsbegehren durch Beschluss abgelehnt, besteht regelmäßig das
Rechtsschutzbedürfnis für eine Anfechtungsklage.

b) Im Rahmen der Begründetheit einer solchen Klage ist lediglich zu prüfen, ob im
Zeitpunkt der Beschlussfassung allein die freiwillige Erfüllung des Anspruchs
ordnungsmäßiger Verwaltung entsprochen hätte; dies ist nur dann
anzunehmen, wenn der Anspruch offenkundig und ohne jeden vernünftigen
Zweifel begründet war.
BGH, Urteil vom 2. Oktober 2015 - V ZR 5/15 - LG Karlsruhe
AG Waldshut-Tiengen
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 2. Oktober 2015 durch die Richterinnen Prof. Dr. Schmidt-Räntsch,
Dr. Brückner und Weinland, den Richter Dr. Kazele und die Richterin
Haberkamp

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe - Zivilkammer XI - vom 4. November 2014 wird auf Kosten der Klägerin mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage als unbegründet abgewiesen wird.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Anlage besteht aus einem Terrassenhaus. Die Terrassen der Wohnungen bilden zugleich die Flachdächer der darunter liegenden Wohnungen. In der Gemeinschaftsordnung ist folgendes geregelt: „B. Einrichtungen, Anlagen und Gebäudeteile, die nach der Beschaffenheit oder dem Zweck des Gewerks oder gemäß dieser Teilungserklärung zum ausschließlichen Gebrauch durch einen Wohnungseigentümer bestimmt sind (z.B. Balkone, Terrassen, Veranden), sind von ihm auf seine Kosten instandzuhalten und instandzusetzen.“
2
Aufgrund von Feuchtigkeitsschäden in den unter der Terrasse der Klägerin zu 1 gelegenen Räumen eines anderen Wohnungseigentümers wurden Sanierungsarbeiten durchgeführt. Der Verwalter vertrat die Auffassung, dass die Klägerin zu 1 nach der Teilungserklärung für die erforderliche Erneuerung des Bodenbelags auf ihrer Terrasse selbst aufzukommen habe. Daraufhin ließ diese den Bodenbelag auf eigene Kosten austauschen und verlangte von der Wohnungseigentümergemeinschaft gestützt auf § 14 Nr. 4 WEG den Ersatz des verauslagten Betrags von 7.952,94 €. Dies wurde in der Eigentümerversammlung vom 19. April 2013 mehrheitlich abgelehnt.
3
Hiergegen haben sich die Klägerin zu 1 sowie weitere Wohnungseigentümer, die Kläger zu 2 bis 6, mit der Anfechtungsklage gewendet. Das Amtsgericht hat den Beschluss nach Beweisaufnahme für ungültig erklärt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht das Urteil geändert und die Klage abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, will nunmehr nur noch die Klägerin zu 1 (im Folgenden: Klägerin) die Zurückweisung der Berufung erreichen.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht verneint das Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtungsklage. Zwar sei ein Rechtsschutzbedürfnis regelmäßig gegeben, weil das Recht auf ordnungsmäßige Verwaltung verletzt sein könne. Hier gehe es jedoch nur um die Weigerung der Wohnungseigentümer, den geltend gemachten Anspruch gemäß § 14 Nr. 4 WEG freiwillig zu erfüllen. Dieser Anspruch unterliege nicht der Gestaltung der Wohnungseigentümer und bilde daher keinen Gegenstand der ordnungsmäßigen Verwaltung. Die Klägerin könne ihr Rechtsschutzziel leichter über die Zahlungsklage erreichen. Der angefochtene Beschluss führe weder zu einer Aberkennung des Anspruchs noch sperre er eine erneute Beschlussfassung.

II.

5
Die Revision hat im Ergebnis keinen Erfolg.
6
1. Im Ausgangspunkt zutreffend sieht das Berufungsgericht die gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO für die Berufung erforderliche Beschwer von mehr als 600 € als erreicht an. Entgegen der Auffassung der Revision ist das wirtschaftliche Gesamtinteresse der Berufungskläger maßgeblich, also der neun beklagten Wohnungseigentümer, die den bezifferten Anspruch in Höhe von 7.952,94 € abwehren wollen. Legen mehrere Streitgenossen ein Rechtsmittel ein, werden deren Einzelbelastungen zur Bemessung der Beschwer zusammengerechnet, sofern diese - wie hier - nicht wirtschaftlich identisch sind (BGH, Beschluss vom 28. Oktober 1980 - VI ZB 303/79, NJW 1981, 578 f.; Beschluss vom 23. Juni 1983 - IVa ZR 136/82, NJW 1984, 927 f.; vgl. auch Senat, Beschluss vom 19. Juni 2013 - V ZB 182/12, NJW-RR 2013, 1034 Rn. 9 ff.).
7
2. Rechtlicher Nachprüfung hält es dagegen nicht stand, dass das Berufungsgericht das Rechtsschutzbedürfnis verneint. Die Klage ist zulässig.
8
a) Im Grundsatz kann die Rechtmäßigkeit eines sogenannten Negativbeschlusses im Wege der gerichtlichen Anfechtung überprüft werden (§ 46 WEG). Das hierfür erforderliche Rechtsschutzbedürfnis ergibt sich im Regelfall daraus, dass der Antragsteller durch die Ablehnung gegebenenfalls in seinem Recht auf ordnungsmäßige Verwaltung des Gemeinschaftseigentums verletzt wird (vgl. Senat, Urteil vom 15. Januar 2010 - V ZR 114/09, BGHZ 184, 88 Rn. 13); dies gilt auch dann, wenn der Beschluss bereits vollzogen worden ist (vgl. Senat, Urteil vom 13. Mai 2011 - V ZR 202/10, ZfIR 2011, 567 Rn. 12 ff.). Es entfällt nur ausnahmsweise, wenn ein Erfolg der Klage den Wohnungseigentümern oder der Gemeinschaft keinen Nutzen mehr bringen kann. Das kann beispielsweise bei Eintritt der Bestandskraft eines inhaltsgleichen Zweitbeschlusses anzunehmen sein (Senat, Urteil vom 13. Mai 2011 - V ZR 202/10, ZfIR 2011, 567 Rn. 16; Beschluss vom 19. September 2002 - V ZB 30/02, BGHZ 152, 46, 51 mwN).
9
b) Wird ein von einem Wohnungseigentümer gegen den Verband gerichtetes Zahlungsbegehren durch Beschluss abgelehnt, besteht nach verbreiteter Ansicht, der auch das Berufungsgericht folgt, kein Rechtsschutzbedürfnis für eine Anfechtungsklage (LG Hamburg, ZMR 2011, 319 f.; AG Charlottenburg, ZMR 2014, 241 f.; Klein in Bärmann, WEG, 12. Aufl., § 46 Rn. 7; Niedenführ in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 11. Aufl., § 43 Rn. 101; Suilmann in Jennißen, WEG, 4. Aufl., § 46 Rn. 134). Der Kläger könne sein Ziel durch eine Zahlungsklage erreichen; zudem handele es sich nicht um einen Gegenstand der ordnungsmäßigen Verwaltung (LG Hamburg, ZMR 2011, 319 f.). Nach anderer Ansicht soll das Rechtsschutzbedürfnis nur dann bestehen, wenn allein eine positive Beschlussfassung ordnungsmäßiger Verwaltung entsprochen hätte (allgemein Riecke/Schmid/Abramenko, WEG, 4. Aufl., § 46 Rn. 10c).
10
c) Diesen Auffassungen kann nicht zugestimmt werden. Für eine solche Klage besteht wie für jede Anfechtungsklage regelmäßig - und auch hier - ein Rechtsschutzbedürfnis.
11
aa) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts muss ein Negativbeschluss der genannten Art ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen. Der Begriff der Verwaltung im Sinne von § 21 WEG ist weit zu verstehen. Er umfasst (unter anderem) Maßnahmen der Geschäftsführung hinsichtlich des gemeinschaftlichen Eigentums ebenso wie die hierauf bezogene Willensbildung (näher Timme/Elzer, WEG, 2. Aufl., § 21 Rn. 37 ff.). Um letzteres geht es hier, nämlich um das freiwillige Anerkenntnis einer behaupteten, aus dem gemeinschaftlichen Eigentum herrührenden Verpflichtung zur Vermeidung einer Auseinandersetzung vor Gericht; der Verwalter dürfte eine Auszahlung erst nach Herbeiführung einer positiven Beschlussfassung vornehmen.
12
bb) Richtig ist allerdings, dass der Beschluss auf das Bestehen des geltend gemachten Anspruchs keinen Einfluss hat, sondern sich in der Versagung des freiwilligen Anerkenntnisses erschöpft. Ebenso wenig wie die Wohnungseigentümer die Kompetenz haben, im Beschlusswege Leistungspflichten zu begründen (vgl. Senat, Urteil vom 18. Juni 2010 - V ZR 193/09, NJW 2010, 2801 Rn. 10 mwN), können sie einem anderen Wohnungseigentümer einen bestehenden Anspruch durch Beschluss nehmen. Die Berechtigung des Anspruchs ist im Rahmen der Zahlungsklage zu prüfen; einer Entscheidung über die Anfechtungsklage kommt insoweit keine Bindungswirkung zu. Richtig ist ferner, dass die Wohnungseigentümer bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums ein weites Ermessen haben und es ihnen infolgedessen im Grundsatz freisteht, es auf ein Gerichtsverfahren ankommen zu lassen, wenn gegen den Verband Zahlungsansprüche einzelner Wohnungseigentümer (oder Dritter) geltend gemacht werden.
13
cc) Gleichwohl kann es ordnungsmäßiger Verwaltung widersprechen, eine positive Beschlussfassung im Sinne einer freiwilligen Erfüllung des Anspruchs abzulehnen. Dies ist jedoch nur dann anzunehmen, wenn der Anspruch offenkundig und ohne jeden vernünftigen Zweifel begründet ist, so dass ein unnötiger Rechtsstreit mit entsprechendem Kostenrisiko in Kauf genommen würde. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, kann jeder Wohnungseigentümer nach entsprechender Vorbefassung der Eigentümerversammlung mit der Beschlussersetzungsklage gemäß § 21 Abs. 4, Abs. 8 WEG prüfen lassen, da der Negativbeschluss keine Sperrwirkung entfaltet. Daneben gewährleistet aber auch das Anfechtungsrecht eine gerichtliche Prüfung (vgl. Senat, Urteil vom 17. Oktober 2014 - V ZR 26/14, ZWE 2015, 91 Rn. 19), die sich darauf bezieht, ob im Zeitpunkt der Beschlussfassung allein die freiwillige Erfüllung des Anspruchs ordnungsmäßiger Verwaltung entsprochen hätte. Diese Frage ist nicht bereits im Rahmen der Zulässigkeit der Klage, sondern durch eineSachentscheidung zu klären. Die Wohnungseigentümer, die nicht zugleich Anspruchssteller sind (wie die früheren Kläger zu 2 bis 6), könnten ohnehin nicht auf die Zahlungsklage verwiesen werden. Aber auch dem Anspruchssteller selbst kann eine Entscheidung in der Sache über sein Recht auf ordnungsmäßige Verwaltung nicht verwehrt werden.
14
3. Die Entscheidung erweist sich jedoch aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO), weil die zulässige Klage unbegründet ist.
15
a) Hat das Berufungsgericht die Klage zu Unrecht durch Prozessurteil abgewiesen, darf das Revisionsgericht sie als unbegründet abweisen, wenn das Berufungsgericht hinreichende tatsächliche Feststellungen getroffen hat und diese für das Revisionsgericht ausnahmsweise verfahrensrechtlich beachtlich sind (Senat, Urteil vom 25. November 1966 - V ZR 30/64, BGHZ 46, 281, 283 ff.).
16
b) So liegt es hier. Das Berufungsgericht hat - wenngleich aus seiner Sicht zur rechtlichen Beurteilung des Rechtsschutzbedürfnisses - festgestellt, aus welchem Sachverhalt die Klägerin ihren Anspruch herleitet, und dass sie ihn auf § 14 Nr. 4 WEG stützt. Weiterer Feststellungen in der Sache bedarf es nicht. Es ist nämlich lediglich darüber zu entscheiden, ob das den Wohnungseigentümern zustehende Ermessen derart reduziert war, dass sie sich für ein Anerkenntnis aussprechen mussten. Dies ist - wie ausgeführt - nur dann anzunehmen, wenn der Anspruch im Zeitpunkt der Beschlussfassung offenkundig und ohne jeden vernünftigen Zweifel begründet war. Davon kann angesichts der Regelung in der Teilungserklärung, wonach die Klägerin ihre Terrasse auf eigene Kosten instandzusetzen hat, keine Rede sein (zur umfassenden Reichweite einer solchen Vereinbarung Senat, Urteil vom 16. November 2012 - V ZR 9/12, NJW 2013, 681 Rn. 9). Die Klärung der Frage, ob (und ggf. inwieweit) daneben die Bestimmung des § 14 Nr. 4 WEG eingreifen kann, durften die Wohnungseigentümer ohne weiteres dem Gericht überlassen und eine Zahlungsklage in Kauf nehmen.

III.

17
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Schmidt-Räntsch Brückner Weinland Kazele Haberkamp
Vorinstanzen:
AG Waldshut-Tiengen, Entscheidung vom 26.09.2013 - 3 C 242/13 WEG -
LG Karlsruhe, Entscheidung vom 04.11.2014 - 11 S 102/13 -

Hat der Beklagte nicht durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben, so fallen dem Kläger die Prozesskosten zur Last, wenn der Beklagte den Anspruch sofort anerkennt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 171/11 Verkündet am:
1. Juni 2012
Lesniak
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die dreijährige Verjährungsfrist für Ansprüche auf Zahlung von Wohngeldvorschüssen
beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem die Vorschüsse fällig sind. Der Beschluss
über die Jahresabrechnung führt nicht zu einem Neubeginn der Verjährung.
BGH, Urteil vom 1. Juni 2012 - V ZR 171/11 - LG Berlin
AG Charlottenburg
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 27. April 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richterin
Dr. Stresemann, den Richter Dr. Roth und die Richterinnen Dr. Brückner
und Weinland

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - das Urteil der Zivilkammer 85 des Landgerichts Berlin vom 4. Februar 2011 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die gegen ihre Verurteilung zur Zahlung von 4.753,88 € nebst anteiligen Zinsen seit dem 16. Juli 2006 gerichtete Berufung zurückgewiesen worden ist. Im Umgang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Beklagten sind seit Februar 2009 Eigentümer einer Eigentumswohnung. Nach der Gemeinschaftsordnung haften Veräußerer und Erwerber einer Wohnung gesamtschuldnerisch für Rückstände des Veräußerers gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft.
2
Mit der den Beklagten im November 2009 zugestellten Klage verlangt die Gemeinschaft unter anderem die Zahlung von Wohngeldrückständen aus dem Jahr 2006 (3.585,31 €), des in der Jahreseinzelabrechnung 2005 ausgewiesenen Rückstands (4.753,88 €) und für das Jahr 2004, für das keine Jahresabrechnung erstellt worden ist, die Zahlung der noch offenen Wohngeldvorschüsse sowie einer Sonderumlage (zusammen 1.516,69 €). Hinsichtlich der Rückstände aus dem Jahr 2004 besteht zugunsten der Eigentümergemeinschaft ein rechtskräftiger Titel gegen die Rechtsvorgängerin der Beklagten. Gegenüber den Rückständen aus dem Jahr 2006 haben die Beklagten die Aufrechnung mit einem Anspruch auf Auszahlung des auf ihre Einheit entfallenden Anteils an dem Zinsertrag erklärt, welcher von der Gemeinschaft im Jahr 2006 erwirtschaftet worden ist (250,43 €). Im Übrigen haben sie die Einrede der Verjährung erhoben.
3
Das Amtsgericht hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt. Die Berufung , mit der sich diese nur noch gegen die Verurteilung zur Zahlung der Rückstände aus den Jahren 2004 und 2005 sowie dagegen gewandt haben, dass die Aufrechnung gegen die Forderung für das Jahr 2006 ohne Erfolg geblieben ist, ist von dem Landgericht zurückgewiesen worden. Mit der zugelassenen Revision , deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgen die Beklagten die in der Berufungsinstanz gestellten Anträge weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

4
Das Berufungsgericht meint, der Verwalter könne die rückständigen Hausgelder ohne vorhergehenden Beschluss der Wohnungseigentümerge- meinschaft einklagen, da er in der Gemeinschaftsordnung bevollmächtigt worden sei, die Wohnungseigentümer gerichtlich zu vertreten. Die Beklagten hafteten für die Rückstände ihrer Rechtsvorgängerin aufgrund der entsprechenden Regelung in der Gemeinschaftsordnung. Die Ansprüche der Gemeinschaft seien nicht verjährt. Die Rückstände aus dem Jahr 2004 seien tituliert, diejenigen aus dem Jahr 2005 durch den im Juli 2006 gefassten Beschluss über die Jahresabrechnung erneut fällig gestellt worden. Gegenüber den Ansprüchen auf Zahlung der Vorschüsse für 2004 stehe den Beklagten kein Zurückbehaltungsrecht wegen der fehlenden Jahresabrechnung zu. Mit einem etwaigen Anspruch auf Auszahlung eines Guthabens aus den Zinserträgen für das Jahr 2006 könnten die Beklagten nicht aufrechnen, da es an einem Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft über den Umgang mit dem Zinserlös und damit an der Fälligkeit eines solchen Anspruchs fehle.

II.

5
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand.
6
1. a) Ohne Rechtsfehler geht das Berufungsgericht allerdings von der wirksamen Vertretung der klagenden Wohnungseigentümergemeinschaft durch den Verwalter und damit von der Zulässigkeit der Klage und der Berufung aus. Zwar ist ein Verwalter nicht kraft Gesetzes berufen, Ansprüche der Wohnungseigentümer oder des Verbandes gerichtlich geltend zu machen; vielmehr ist es grundsätzlich Sache der Wohnungseigentümer, darüber zu befinden, ob ein Prozess geführt werden soll (vgl. Senat, Urteil vom 28. Januar 2011 - V ZR 145/10, BGHZ 188, 157, 162 Rn.13). Die Wohnungseigentümer können den Verwalter aber durch Beschluss oder Vereinbarung bevollmächtigen, ihnen oder der Gemeinschaft zustehende Ansprüche gerichtlich durchzusetzen. Im Umfang der erteilten Vertretungsmacht ist der Verwalter berechtigt, auch ohne besonderen Eigentümerbeschluss einen Rechtsanwalt mit der Vertretung der Wohnungseigentümer oder der Gemeinschaft in einem gerichtlichen Verfahren zu beauftragen (vgl. BayObLGZ 1988, 287, 289 f.).
7
b) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, der Verwalter sei nach der Gemeinschaftsordnung nicht berechtigt, den vorliegenden Rechtsstreit ohne gesonderten Beschluss der Wohnungseigentümer zu führen.
8
aa) Die Gemeinschaftsordnung (GO), die der Senat uneingeschränkt selbst auslegen kann (vgl. Senat, Beschluss vom 7. Oktober 2004 - V ZB 22/04, BGHZ 160, 354, 361 f.; Urteil vom 15. Januar 2010 - V ZR 40/09, NJWRR 2010, 667 Rn. 6 f.), enthält in § 12 Nr. 1 Satz 3 die Ermächtigung des Ver- walters „zur Geltendmachung von Ansprüchen gemäß § 27 Abs. 2 Ziffer 5 WEG [aF] …, und zwar so, daß er Ansprüche- auch gegen einzelne Eigentümer - sowohl im eigenen Namen als auch als Bevollmächtigter der Eigentümer- gemeinschaft geltend machen kann“. Außerdem wird ihm in § 15GO die Voll- macht erteilt, „die Wohnungseigentümer gerichtlich … in Angelegenheiten der laufenden Verwaltung zu vertreten und Ansprüche gerichtlich geltend zu ma- chen“. Diese- vor Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft aufgestellten - Regelungen sind, wovon auch das Berufungsgericht ausgeht, dahin ergänzend auszulegen, dass sie Ansprüche umfassen, die heute nicht mehr den Wohnungseigentümern, sondern der Gemeinschaft als teilrechtsfähigem Verband zustehen; insoweit erhebt die Revision auch keine Einwände.
9
bb) Auf dieser Grundlage folgt die Berechtigung des Verwalters, Beitragsforderungen ohne vorherigen Eigentümerbeschluss geltend zu machen, bereits aus § 12 Nr. 1 Satz 3 GO. Entgegen der Auffassung der Revision wiederholt die Bestimmung nicht lediglich die Vorschrift des § 27 Abs. 2 Nr. 5 WEG aF, nach der der Verwalter berechtigt war, Ansprüche gerichtlich und außergerichtlich geltend zu machen, sofern er hierzu durch Beschluss der Wohnungseigentümer ermächtigt wurde. Die erforderliche Ermächtigung wird dem Verwalter durch die Bestimmung - in allgemeiner Form - gerade erteilt. Dass sich die Rechte und Pflichten des Verwalters aus den §§ 27, 28 WEG aF ergeben, spricht die Gemeinschaftsordnung nämlich schon in § 12 Nr. 1 Satz 1 aus. Die nachfolgenden Ermächtigungen werden dem Verwalter ausdrücklich „in Erweiterung seiner gesetzlichen Befugnisse“ eingeräumt (Satz 2);dies um- fasst auch den hier maßgeblichen und auf Satz 2 Bezug nehmenden („Er ist ferner ….ermächtigt zur Geltendmachung…“) Satz 3.
10
Die Erteilung einer allgemein gehaltenen Ermächtigung in der Gemeinschaftsordnung war und ist zulässig (vgl. BayObLGZ 1986, 128, 129; Weitnauer /Lücke, WEG, 9. Aufl., § 27 Rn. 21, jeweils zu § 27 Abs. 2 Nr. 5 WEG aF sowie BT/Drucks. 16/887 S. 71 zu § 27 Abs. 3 Nr. 7 WEG nF). Aus der von der Revision dagegen angeführten Entscheidung (BayObLG, NJW-RR 2000, 968) folgt nichts anderes. Die dort durch einen Beschluss ausgesprochene allgemeine Ermächtigung des Verwalters wurde deshalb für unzureichend erachtet, weil die Geltendmachung eines Beseitigungsanspruchs (§ 1004 BGB) in Rede stand. Ein solcher Anspruch kann, da er den einzelnen Wohnungseigentümern zusteht, von der Gesamtheit der Wohnungseigentümer bzw. von der Gemeinschaft nur durchgesetzt werden, wenn ein darauf gerichteter Eigentümerbeschluss gefasst worden ist (vgl. Senat, Beschluss vom 30. März 2006 - V ZB 17/06, NJW 2006, 2187, 2188 Rn. 12); dieser fehlte in dem genannten Fall. Für die Durchsetzung von Ansprüchen der Gemeinschaft auf Zahlung von Wohngeld und Sonderumlagen ist ein solcher zusätzlicher Beschluss hingegen nicht erforderlich.
11
cc) Ohne Erfolg beruft sich die Revision ferner darauf, dass die Erforderlichkeit eines gesonderten Eigentümerbeschlusses hier jedenfalls daraus folge, dass die dem Verwalter in § 15 Nr. 1c GO erteilte Vollmacht auf „Angelegenhei- ten der laufenden Verwaltung“ beschränkt sei und damit nur die gerichtliche Geltendmachung originärer Beitragsschulden des aktuellen Eigentümers umfasse , nicht dagegen Ansprüche aus der Erwerberhaftung. Da eine ausreichende Ermächtigung des Verwalters, wie dargelegt, bereits in § 12 GO enthalten ist, käme der Regelung in § 15 GO gesonderte Bedeutung nur zu, wenn aus dem Begriff „Angelegenheiten der laufenden Verwaltung“ eine Einschränkung dieser Ermächtigung folgte. Das ist jedoch nicht der Fall. Die Vollmachtserteilung in § 15 GO erfolgt ausdrücklich „über § 12 … hinaus“. Das lässt den Schluss zu, dass mit dem Begriff der „laufenden Verwaltung“ nichts anderes gemeint ist, als mit der - nach dem Sachzusammenhang auch für Satz 3 geltenden - Formulierung in § 12 Nr. 1 Satz 2 GO, der Verwalter sei ermächtigt, „im Rahmen seiner Verwalteraufgaben“ bestimmte Handlungen mit Wirkung für die Wohnungseigentümer vorzunehmen. Dass die Einziehung von Beitragsrückständen und Sonderumlagen, auch wenn diese, wie hier, aufgrund einer in der Gemeinschaftsordnung statuierten Erwerberhaftung geschuldet werden, zu den Aufgaben eines Verwalters gehört, kann nicht ernsthaft bezweifelt werden.
12
2. In der Sache nimmt das Berufungsgericht zu Recht an, dass die Beklagten verpflichtet sind, das noch im Streit befindliche Wohngeld für die Jahre 2004 und 2006 zu zahlen.
13
a) Ein Zurückbehaltungsrecht wegen der fehlenden Jahresabrechnung für 2004 steht den Beklagten gegenüber den titulierten Wohngeldrückständen für das Jahr 2004 nicht zu.
14
Es fehlt bereits an der dafür notwendigen Gegenseitigkeit, nämlich daran , dass die Wohnungseigentümergemeinschaft als Gläubigerin der Hauptforderung zugleich Schuldnerin des Gegenanspruchs ist. Der Anspruch des einzelnen Wohnungseigentümers auf Erstellung der Jahresabrechnung (§ 28 Abs. 3 WEG) richtet sich nicht gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft, sondern gegen den Verwalter. Dieser erfüllt mit der Erstellung der Abrechnung eine ihm durch das Gesetz auferlegte eigene Verpflichtung, er wird dabei - anders als die Revision meint - also nicht als Vertreter der Gemeinschaft tätig (vgl. BayObLG, Beschluss vom 23. Februar 2005 - 2Z BR 208/04 - juris Rn. 27).
15
Dass ein Wohnungseigentümer seine Verpflichtung zur Zahlung der im Wirtschaftsplan ausgewiesenen Vorschüsse folglich nicht unter Hinweis auf eine fehlende Jahresabrechnung zurückhalten kann, ist schon deshalb hinnehmbar , weil viel dafür spricht, ein Zurückbehaltungsrecht gegenüber - laufenden und rückständigen - Wohngeldlasten wegen der Natur der Schuld ohnehin als generell oder zumindest weitgehend ausgeschlossen anzusehen (vgl. BayObLGZ 1971, 313, 319; OLG Frankfurt, OLGZ 1979, 391, 392; OLG München, NJW-RR 2005, 1326, 1327; Staudinger/Bub, BGB [2005], § 28 WEG Rn. 235; Weitnauer/Gottschalg, WEG, 9. Aufl., § 16 Rn. 28 aE).
16
b) Ein fälliger Anspruch gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft auf Auszahlung eines Betrages von 250,43 €, mit dem die Beklagten gegen den Anspruch auf Zahlung des Wohngelds für 2006 aufrechnen können, besteht nicht. Zwar gehören Rechtsfrüchte des Verwaltungsvermögens und damit auch Zinserträge zu den Nutzungen des gemeinschaftlichen Eigentums im Sinne von § 16 Abs. 1 WEG (vgl. Becker in Bärmann, WEG, 11. Aufl., § 16 Rn. 10). Die genannte Vorschrift räumt dem einzelnen Wohnungseigentümer aber keinen unmittelbaren Anspruch auf Auskehr des ihm gebührenden Anteils an solchen Nutzungen ein. Diese dürfen vielmehr zur Deckung der Lasten und Kosten im Sinne von § 16 Abs. 2 WEG verwendet werden. Erst wenn die Jahresabrechnung , in die solche Erträge einzustellen sind, einen Überschuss ergibt und die Wohnungseigentümer beschließen, diesen Überschuss anteilig an die Wohnungseigentümer auszukehren, entsteht für den einzelnen Eigentümer ein Zahlungsanspruch (vgl. Becker in Bärmann, WEG, 11. Aufl., § 16 Rn. 17; Staudinger/Bub, BGB [2005], § 16 WEG Rn. 77 f.). Auf eine Jahresabrechnung oder einen sonstigen Beschluss, aus dem sich ein Anspruch auf Auszahlung von 250,43 € ergibt, können die Beklagten indes nicht verweisen.
17
3. Rechtsfehlerhaft ist dagegen die Annahme des Berufungsgerichts, dem Anspruch auf Zahlung des rückständigen Wohngelds aus dem Jahr 2005 stehe die Einrede der Verjährung nicht entgegen, weil die nach dem Wirtschaftsplan geschuldeten Wohngelder durch den Beschluss über die Jahresab- rechnung im Jahr 2006 „erneut fällig gestellt“ worden seien.
18
a) Der Anspruch der Gemeinschaft auf Zahlung der in einem beschlossenen Wirtschaftsplan ausgewiesenen Vorschüsse entsteht zu dem Zeitpunkt, zu dem diese aufgrund des Abrufs durch den Verwalter (§ 28 Abs. 2 WEG) zu leisten sind. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB beginnt folglich am Ende des Jahres, in dem der jeweilige Vorschuss fällig war (§ 199 Abs. 1 BGB).
19
b) Der Beschluss der Wohnungseigentümer über die Jahresabrechnung führt nicht zu einem Neubeginn der Verjährung für die Vorschussansprüche.
20
aa) Der Beschluss über die Jahresabrechnung wirkt anspruchsbegründend nur hinsichtlich des auf den einzelnen Wohnungseigentümer entfallenden Betrages, welcher die in dem Wirtschaftsplan für das abgelaufene Jahr beschlossenen Vorschüsse übersteigt (sog. Abrechnungsspitze; vgl. Senat, Beschluss vom 30. November 1995 - V ZB 16/95, BGHZ 131, 228, 231 f.; Be- schluss vom 23. September 1999 - V ZB 17/99, BGHZ 142, 290, 296; Urteil vom 4. Dezember 2009 - V ZR 44/09, NJW 2010, 2127, 2128 Rn. 13). Zahlungsverpflichtungen , die durch frühere Beschlüsse entstanden sind, bleiben hierdurch unberührt. Dies gilt insbesondere für die in dem Wirtschaftsplan des abzurechnenden Jahres beschlossenen und damit nach § 28 Abs. 2 WEG geschuldeten Vorschüsse (vgl. Senat, Beschluss vom 30. November 1995 - V ZB 16/95, aaO; Urteil vom 9. März 2012 - V ZR 147/11 ZfIR 2012, 365) und unabhängig davon, ob zwischenzeitlich ein Eigentümerwechsel stattgefunden hat (unzutreffend daher: OLG Hamm, NJW-RR 2009, 1388).
21
Grund hierfür ist, dass andernfalls bereits begründete Rechte der Eigentümergemeinschaft hinsichtlich der Vorschussforderungen, etwa auf Verzugszinsen oder aus einer Titulierung, mit dem Beschluss über die Jahresabrechnung hinfällig würden. Außerdem verlöre die Gemeinschaft im Falle der Novation , d.h. einer Aufhebung des Beschlusses über den Wirtschaftsplan und dessen vollständiger Ersetzung durch den Beschluss über die Jahresabrechnung, bei einem zwischenzeitlichen Eigentümerwechsel den gegen den Voreigentümer bestehenden Anspruch auf Zahlung rückständiger Vorschüsse, weil dieser nach seinem Ausscheiden aus der Gemeinschaft durch einen später gefassten Beschluss nicht gebunden werden kann (vgl. Senat, Urteil vom 2. Dezember 2011 - V ZR 113/11, NJW-RR 2012, 217, 218 Rn. 9 mwN).
22
bb) Der Beschluss über die Jahresabrechnung führt auch nicht zu einer Verdoppelung des Rechtsgrunds für rückständige Vorschüsse in dem Sinne, dass sie sowohl auf Grund des Beschlusses über den Wirtschaftsplan als auch auf Grund des Beschlusses über die Jahresabrechnung geschuldet wären (ebenso Niedenführ in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 9. Aufl., § 28 Rn. 174; Jacoby, ZWE 2011, 61, 63; Schultzky, ZMR 2008, 757, 759; aA OLG Dresden, ZMR 2006, 543; OLG Hamm, NJW-RR 2009, 1388; Merle in Bär- mann, WEG, 11. Aufl., § 28 Rn. 174; Wenzel, WE 1997, 124, 126; Hauger, Festschrift für Bärmann u. Weitnauer, 353, 361 ff.; ähnlich Bub, ZWE 2011, 193, 195).
23
(1) Im Gesetz ist ein solcher doppelter Rechtsgrund nicht angelegt. Wie § 28 Abs. 2 WEG verdeutlicht, haben die Wohnungseigentümer ihren Beitrag zu den Kosten und Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums (§ 16 Abs. 2 WEG) in erster Linie durch Vorauszahlungen zu erfüllen. Bei diesen handelt es sich nicht um gewöhnliche Abschlagszahlungen, für die charakteristisch ist, dass sie von dem Gläubiger nicht mehr verlangt werden können, sobald eine Berechnung der eigentlichen Forderung vorliegt (vgl. BGH, Urteil vom 20. August 2009 - VII ZR 205/07, BGHZ 182, 158 für Abschlagszahlungen nach § 16 Nr. 1 VOB/B) oder jedenfalls möglich ist (so für Betriebskostenvorauszahlungen des Mieters: BGH, Urteil vom 16. Juni 2010 - VIII ZR 258/09, NJW 2011, 145, 146 Rn. 22). Der Vorschussanspruch nach § 28 Abs. 2 WEG bleibt, wie dargelegt, auch nach dem Beschluss über die Jahresabrechnung und selbst dann unverändert bestehen, wenn es - wie hier für das Jahr 2004 - zu einer Abrechnung überhaupt nicht kommt. Der besondere Charakter des Vorschussanspruchs nach § 28 Abs. 2 WEG erklärt sich daraus, dass es sich bei den Vorschüssen um das zentrale Finanzierungsinstrument der Wohnungseigentümergemeinschaft handelt; nur die laufenden Vorauszahlungen gewährleisten , dass die für die Bewirtschaftung der Anlage notwendigen Mittel bereitstehen. Die Jahresabrechnung dient demgegenüber nicht der Ermittlung des „eigentlichen“ Beitragsanspruchs, sondern nur der Anpassung der laufend zu erbringenden Vorschüsse an die tatsächlichen Kosten. Anhand der Rechnungslegung des Verwalters über die tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben wird der bestehende Beitragsanspruch der Gemeinschaft überprüft und in Form eines Nachzahlungsanspruchs der Gemeinschaft oder Erstattungsanspruchs des Wohnungseigentümers sowie durch Neufestsetzung der Vorschüsse korrigiert (vgl. Jacoby, ZWE 2011, 61, 63).
24
(2) Aus der bestätigenden und rechtsverstärkenden Wirkung, die der Beschluss über die Jahresabrechnung nach der Rechtsprechung des Senats hinsichtlich offener Vorschussforderungen hat (vgl. Senat, Beschluss vom 30. November 1995 - V ZB 16/95, BGHZ 131, 228, 231 f.; Beschluss vom 23. September 1999 - V ZB 17/99, BGHZ 142, 290, 296; Urteil vom 4. Dezember 2009 - V ZR 44/09, NJW 2010, 2127, 2128 Rn. 13), folgt kein zusätzlicher Schuldgrund in Form eines Schuldanerkenntnisses oder eines Abrechnungsvertrages entsprechend § 782 BGB. Denn die hierzu notwendige Vereinbarung zwischen Gläubiger und Schuldner, also der Gemeinschaft und dem säumigen Wohnungseigentümer, vermag ein Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer nicht zu ersetzen. Soweit sich aus den - nicht tragenden - Erwägungen des IX. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs in dessen Entscheidung vom 10. März 1994 (IX ZR 98/93, NJW 1994, 1866, 1867) etwas anderes ergibt, hat dieser auf Anfrage erklärt, hieran nicht festzuhalten.
25
Die verstärkende Wirkung des Beschlusses über die Jahresabrechnung besteht lediglich darin, dass der Korrekturvorbehalt, unter dem die Vorschusszahlungen stehen, entfällt. Soweit die anteilig umgelegten tatsächlichen Lasten und Kosten den mit dem Wirtschaftsplan beschlossenen Vorschüssen entsprechen oder sie übersteigen, belegt die Abrechnung, dass die Vorschüsse für die Bewirtschaftung der Anlage erforderlich waren, rückschauend betrachtet also zu Recht festgesetzt worden sind. Das gilt ungeachtet der - praktisch unvermeidlichen - Abweichungen von den Positionen des Wirtschaftsplans. Insoweit beseitigt die Jahresabrechnung die Unsicherheiten, mit denen ein Wirtschaftsplan naturgemäß behaftet ist und verstärkt so die Berechtigung der Gemeinschaft zur Einziehung der auf diesem Plan gründenden Vorschussansprüche.
26
(3) Allein das Interesse der Gemeinschaft, aus Gründen der Übersichtlichkeit rückständige Vorschüsse und Abrechnungsspitzen aus der Jahresabrechnung zu einer Forderung zusammenziehen (vgl. Hauger, Festschrift für Bärmann und Weitnauer, S. 353, 361), rechtfertigt es nicht, den gesetzlichen Beitragsanspruch nach § 28 Abs. 2 WEG auf zweifacher Grundlage entstehen zu lassen. Es ist dem Verwalter zumutbar, rückständige Beiträge eines Wohnungseigentümers nach dem Jahr ihrer Fälligkeit zusammenzufassen (z.B. rückständige Vorschüsse aus dem Jahr 2005 und die rückständige Abrechnungsspitze aus der im Jahr 2005 beschlossenen Jahresabrechnung 2004) und auf dieser Grundlage die - gemäß § 199 Abs. 1 BGB einheitlich zum Jahresende beginnende - Verjährungsfrist zu überwachen. Zudem erlaubt ihm die Frist von drei Jahren ohne weiteres, rückständige Beiträge aus dem Wirtschaftsplan und der Abrechnung desselben Jahres äußerlich zusammenzuführen und rechtzeitig verjährungshemmende Maßnahmen zu veranlassen.
27
cc) Schließlich kommt es nicht darauf an, ob die die Klägerin bildenden Wohnungseigentümer bei der Beschlussfassung über die Jahresabrechnung 2005 den Willen hatten, die noch offenen Wohngelder „erneut fällig zu stellen“ und mit etwaigen Abrechnungsspitzen zu einer einheitlichen Forderung zusammenzuziehen. Denn hierfür fehlte ihnen die erforderliche Beschlusskompetenz. Der Senat hat, wenn auch erst nach Erlass des Berufungsurteils, entschieden , dass die Wohnungseigentümer nicht berechtigt sind, eine bereits bestehende Schuld durch Mehrheitsbeschluss erneut zu begründen und auf diese Weise den Lauf der Verjährungsfrist zu beeinflussen (Senat, Urteil vom 9. März 2012 - V ZR 147/11, ZfIR 2012, 365).

III.

28
Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben, soweit die Berufung gegen die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 4.753,88 € nebst anteiligen Zinsen zurückgewiesen worden ist (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden, da die hierfür erforderlichen Feststellungen fehlen. Es ist naheliegend, dass der Betrag von 4.753,88 € Vorschussansprüche umfasst, die im Jahr 2005 entstanden und daher Ende 2008 verjährt sind. Da die Einzelabrechnung vom 26. Juni 2006 jedoch nicht erkennen lässt, in welchem Umfang der Betrag aus rückständigen Vorschüssen besteht, und dies auch nicht anderweit festgestellt worden ist, ist die Sache im Umfang der Aufhebung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
Krüger Stresemann Roth
Brückner Weinland

Vorinstanzen:
AG Charlottenburg, Entscheidung vom 01.04.2010 - 74 C 135/09 WEG -
LG Berlin, Entscheidung vom 04.02.2011 - 85 S 116/10 WEG -

(1) Jeder Wohnungseigentümer ist gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verpflichtet,

1.
die gesetzlichen Regelungen, Vereinbarungen und Beschlüsse einzuhalten und
2.
das Betreten seines Sondereigentums und andere Einwirkungen auf dieses und das gemeinschaftliche Eigentum zu dulden, die den Vereinbarungen oder Beschlüssen entsprechen oder, wenn keine entsprechenden Vereinbarungen oder Beschlüsse bestehen, aus denen ihm über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus kein Nachteil erwächst.

(2) Jeder Wohnungseigentümer ist gegenüber den übrigen Wohnungseigentümern verpflichtet,

1.
deren Sondereigentum nicht über das in Absatz 1 Nummer 2 bestimmte Maß hinaus zu beeinträchtigen und
2.
Einwirkungen nach Maßgabe des Absatzes 1 Nummer 2 zu dulden.

(3) Hat der Wohnungseigentümer eine Einwirkung zu dulden, die über das zumutbare Maß hinausgeht, kann er einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 168/13
Verkündet am:
4. April 2014
Langendörfer-Kunz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Macht die Wohnungseigentümergemeinschaft Beitrags- oder
Schadensersatzansprüche gegen einen einzelnen Wohnungseigentümer
gerichtlich geltend, sind die ihr entstehenden Prozesskosten gemäß § 16 Abs.
2 WEG von allen Wohnungseigentümern zu tragen; eine Freistellung des
obsiegenden Wohnungseigentümers gemäß § 16 Abs. 8 WEG kommt nicht in
Betracht.
Der Wirtschaftsplan kann nach der Beschlussfassung über die
Jahresabrechnung durch einen Zweitbeschluss ersetzt werden, wenn Zweifel
an seiner Wirksamkeit bestehen; nichts anderes gilt für den Beschluss über
die Erhebung einer Sonderumlage als Ergänzung des Wirtschaftsplans.
BGH, Urteil vom 4. April 2014 - V ZR 168/13 - LG Itzehoe
AG Niebüll
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. April 2014 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, den Richter
Dr. Roth, die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland und den Richter
Dr. Kazele

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Itzehoe vom 31. Mai 2013 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der auf der Eigentümerversammlung vom 1. Mai 2010 zu TOP 3 gefasste Beschluss für ungültig erklärt und die Nichtigkeit der zu TOP 13 und 14 gefassten Beschlüsse festgestellt worden ist. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Niebüll vom 9. Februar 2011 wird zurückgewiesen, soweit sie den auf der Eigentümerversammlung vom 1. Mai 2010 zu TOP 3 gefassten Beschluss zum Gegenstand hat. Im Übrigen wird die Sache im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Die Anschlussrevision des Klägers wird als unzulässig verworfen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft, in deren Anlage ein Hotel betrieben wird. In der Eigentümerversammlung vom 5. Mai 2007 wurde beschlossen, eine Sonderumlage für Brandschutzmaßnahmen zu erheben. Am 17. Mai 2008 wurde ein Beschluss über die Erhebung einer weiteren Sonderumlage für die Sanierung der Hotelküche gefasst. Beide Maßnahmen wurden vor dem Jahr 2009 durchgeführt. Alle Wohnungseigentümer mit Ausnahme des Klägers zahlten ihren Anteil an den Sonderumlagen. Eine gegen den hiesigen Kläger gerichtete Klage der Wohnungseigentümergemeinschaft auf Zahlung des auf seine Wohneinheit entfallenden Anteils wies das Landgericht in einem Vorprozess mit (rechtskräftigem) Urteil vom 4. Februar 2010 ab, weil es die beiden Beschlüsse über die Erhebung der Sonderumlagen wegen mangelnder Bestimmtheit als nichtig ansah; die Kosten erlegte es der Wohnungseigentümergemeinschaft auf.
2
In der Eigentümerversammlung vom 1. Mai 2010 wurde unter anderem die Jahresabrechnung für das Jahr 2009 beschlossen, in der die Kosten des geschilderten Rechtsstreits auf alle Wohnungseigentümer anteilig verteilt wurden (TOP 3). Ein Antrag des Klägers auf Abberufung des Verwalters wurde abgelehnt (TOP 10). Sodann wurden im Hinblick auf die Entscheidung des Landgerichts vom 4. Februar 2010 erneut Beschlüsse über die Erhebung der Sonderumlagen für die Brandschutzmaßnahmen (TOP 13) und für die Küchensanierung (TOP 14) jeweils auf der Basis der Miteigentumsanteile gefasst.
3
Die unter anderem gegen die genannten Beschlüsse gerichtete Anfechtungsklage des Klägers hat das Amtsgericht abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landgericht den zu TOP 3 gefassten Beschluss insoweit für ungültig erklärt, als der Kläger in der Jahreseinzelabrechnung anteilig mit den Kosten des Rechtsstreits belastet worden ist. Die zu TOP 13 und 14 gefassten Beschlüsse hat es für nichtig erklärt; im Hinblick auf TOP 10 hat es die Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgen die Beklagten ihre Schlussanträge zu TOP 3, 13 und 14 weiter. Der Kläger will mit der Anschlussrevision erreichen, dass der zu TOP 10 gefasste Beschluss für nichtig erklärt wird. Beide Parteien beantragen jeweils die Zurückweisung des gegnerischen Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


A.


4
Das Berufungsgericht meint, der Kläger dürfe in der Jahreseinzelabrechnung (TOP 3) nicht anteilig mit den Kosten des Rechtsstreits belastet werden. Als Vorschussleistung seien die Prozesskosten zwar nach § 16 Abs. 2 WEG auf die Wohnungseigentümer zu verteilen. Für die endgültige Kostenverteilung gelte indes der Vorrang der Kostenentscheidung des Gerichts; danach habe die Wohnungseigentümergemeinschaft die Kosten zu tragen und dürfe den Kläger nicht anteilig heranziehen. Ein Anspruch auf Abberufung des Verwalters (TOP 10) setze einen wichtigen Grund voraus, den der Kläger nicht ausreichend unter Beweis gestellt habe. Die hinsichtlich der Sonderumlagen gefassten Beschlüsse (TOP 13 und 14) seien nichtig, weil keine Beschlusskompetenz bestehe, für abgerechnete und bereits bezahlte Maßnahmen eine Sonderumlage zu beschließen; insoweit könne eine Zahlungspflicht nur durch die Jahreseinzelabrechnung begründet werden.

B.


I. Revision der Beklagten
5
6
1. Die Revision ist im Hinblick auf die zu TOP 3, 13 und 14 gefassten Beschlüsse statthaft. In den Entscheidungsgründen führt das Berufungsgericht aus, die Fragen der Beteiligung an den Kosten eines Rechtsstreits und der Beschlusskompetenz für Beschlüsse über Sonderumlagen nach Ablauf des Wirtschaftsjahres hätten grundsätzliche Bedeutung, so dass insoweit die Revision zuzulassen sei. Diese Rechtsfragen werfen die zu TOP 3, 13 und 14 gefassten Beschlüsse auf. Die Beschränkung ist wirksam, weil sie sich auf einen abtrennbaren Teil des Prozessstoffs bezieht (vgl. dazu MünchKommZPO /Krüger, 4. Aufl., Rn. 39 mwN). Die Revision ist auch im Übrigen zulässig.
2. In der Sache ist das Rechtsmittel vollen Umfangs begründet.
7
8
a) Rechtsfehlerhaft erklärt das Berufungsgericht den zu TOP 3 gefassten Beschluss insoweit für ungültig, als der Kläger in der Jahreseinzelabrechnung mit Prozesskosten belastet worden ist. Die Frage, ob die Kosten eines Rechtsstreits, den die Wohnungseigentümergemeinschaft gegen einen einzelnen Wohnungseigentümer führt, als Kosten der Verwaltung auf alle Wohnungseigentümer umzulegen sind oder ob der beklagte Wohnungseigentümer hiervon auszunehmen ist, wird allerdings uneinheitlich beantwortet. Dabei geht es zum einen um die Aufbringung der Mittel zur Erfüllung eines Kostenerstattungsanspruchs des obsiegenden Wohnungseigentümers. Zum anderen ist auch die - hier allein relevante - Heranziehung des beklagten Wohnungseigentümers im Hinblick auf die dem Verband selbst entstehenden Prozesskosten umstritten.
9
aa) Insoweit wird vertreten, der beklagte Wohnungseigentümer müsse sich an diesen Kosten nicht beteiligen und sei - auch von etwaigen Vorschusszahlungen - in seiner Einzelabrechnung freizustellen (Hügel, ZWE 2008, 265, 267 ff.). Obsiegt der Verband, ist danach die spätere Kostenerstattung durch den beklagten Wohnungseigentümer nur den übrigen (die Kosten verauslagenden) Wohnungseigentümern gutzuschreiben. Obsiegt dagegen der Wohnungseigentümer, bleibt er weiterhin freigestellt.
10
bb) Nach Ansicht des Berufungsgerichts sind zwar die Vorschüsse durch alle Wohnungseigentümer aus dem Verwaltungsvermögen aufzubringen und zunächst von allen Wohnungseigentümern zu tragen. Für die endgültige Verteilung der Kosten soll jedoch die gerichtliche Kostenentscheidung maßgeblich sein (so auch LG Bonn, ZMR 2011, 985, 986 f.; Jennißen in Jennißen, WEG, 3. Aufl., § 16 Rn. 165 ff.; ders., NZM 2007, 510, 511).
11
cc) Nach überwiegender Ansicht handelt es sich dagegen um Kosten der Verwaltung im Sinne von § 16 Abs. 2 WEG, an denen sich die Wohnungseigentümer ausnahmslos beteiligen müssen. Teils wird dies nur dann angenommen, wenn die Kosten - wie hier - aus der Verfolgung von Beitragsund Schadensersatzansprüchen herrühren (Spielbauer in Spielbauer, WEG, 2. Aufl., § 16 Rn. 78; Niedenführ in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 10. Aufl., § 16 Rn. 87; Bärmann/Seuß/Wanderer, Praxis des Wohnungseigentums, 6. Aufl., Teil C Rn. 1677). Vertreten wird aber auch, dass Kosten der Rechtsverfolgung durch den Verband gegen einzelne Wohnungseigentümer stets § 16 Abs. 2 WEG unterfallen (LG München I, NJW-RR 2013, 1285 ff.; Becker in Bärmann, WEG, 12. Aufl., § 16 Rn. 171; ebenso im Ergebnis Riecke/Schmid/Elzer, WEG, 3. Aufl., § 16 Rn. 318a). Danach kommt eine Freistellung des beklagten Wohnungseigentümers nicht in Betracht. Obsiegt der Verband in dem Prozess, wird die von dem Beklagten geschuldete Kostenerstattung allen Wohnungseigentümern - also auch dem Beklagten - gutgeschrieben. Obsiegt dagegen der Wohnungseigentümer, hat er zwar einen Anspruch auf Erstattung seiner außergerichtlichen Kosten; seinen Anteil an den Kosten der Wohnungseigentümergemeinschaft hat er jedoch - wie die übrigen Wohnungseigentümer auch - endgültig zu tragen.
12
dd) Der Senat teilt die zuletzt genannte Auffassung jedenfalls insoweit, als die Kosten darauf beruhen, dass der Verband gemeinschaftliche Beitragsoder Schadensersatzansprüche geltend macht; dies entspricht seiner Rechtsprechung zu § 16 Abs. 2 und 5 WEG in der bis zum 30. Juni 2007 geltenden Fassung (Senat, Beschluss vom 15. März 2007 - V ZB 1/06, BGHZ 171, 335 Rn. 25). Die Neufassung von § 16 Abs. 5 WEG - nunmehr in § 16 Abs. 8 WEG - gibt keinen Anlass, hiervon abzurücken.
13
(1) Gegen die Einordnung solcher Prozesskosten als Kosten der Verwaltung im Sinne von § 16 Abs. 2 WEG spricht allerdings der Wortlaut des § 16 Abs. 8 WEG. Danach sind die Kosten eines Rechtsstreits gemäß § 43 WEG nur insoweit Kosten der Verwaltung gemäß § 16 Abs. 2 WEG, als sie die durch eine Streitwertvereinbarung verursachten Mehrkosten betreffen. Die Norm bedarf jedoch einer teleologischen Reduktion, weil ihr Anwendungsbereich unbeabsichtigt zu weit gefasst worden ist. Dass die Kosten aller in § 43 WEG aufgeführten Rechtsstreitigkeiten nicht zu den Kosten der Verwaltung zählen sollten, ist auszuschließen. § 43 Nr. 5 WEG erfasst nämlich auch Außenstreitigkeiten, bei denen der Verband durch Dritte verklagt wird; insoweit ist kein Grund dafür ersichtlich, die Kosten nicht als solche der Verwaltung anzusehen. Auch die in § 43 Nr. 2 WEG aufgeführten Streitigkeiten über Rechte und Pflichten zwischen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und Wohnungseigentümern unterfallen jedenfalls dann nicht § 16 Abs. 8 WEG, wenn der Verband gemeinschaftliche Beitrags- oder Schadensersatzansprüche geltend macht.
14
(2) Die Gesetzesbegründung steht dieser Auslegung nicht entgegen. Dort wird lediglich ausgeführt, dass die Neufassung des § 16 Abs. 8 WEG nur hinsichtlich der durch eine Streitwertvereinbarung verursachten Mehrkosten eine Änderung gegenüber dem zuvor geltenden Recht herbeiführen sollte (BTDrucks. 16/887, 26). Dass auch unter der Geltung von § 16 Abs. 5 WEG aF die bei der Verfolgung von gemeinschaftlichen Beitrags- und Schadensersatzansprüchen anfallenden Prozesskosten von allen Wohnungseigentümern zu tragen waren, entsprach jedoch schon vor der - zeitlich nach der Gesetzesbegründung ergangenen - Entscheidung des Senats vom 15. März 2007 (V ZB 1/06, BGHZ 171, 335 ff.) der überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur (BayObLG, ZMR 2004, 763 für Wohngeldverfahren; Staudinger/Bub, BGB [2005], § 16 WEG Rn. 182 mwN).
15
(3) Nach Sinn und Zweck erfasst § 16 Abs. 8 WEG jedenfalls nicht Prozesskosten der genannten Art. Denn die Finanzierungsverantwortung für die Gemeinschaft obliegt den Wohnungseigentümern als gemeinschaftliche Aufgabe; insoweit dürfen sie sich des Verwaltungsvermögens bedienen (so zutreffend Becker in Bärmann, WEG, 12. Aufl., § 16 Rn. 172). Dagegen bezieht sich § 16 Abs. 8 WEG in erster Linie auf Streitigkeiten, bei denen die Wohnungseigentümer teils auf der Kläger- und teils auf der Beklagtenseite stehen. Die Norm soll - wie zuvor § 16 Abs. 5 WEG aF - verhindern, dass Konflikte innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft auf Kosten aller Wohnungseigentümer ausgetragen werden (so zu § 16 Abs. 5 WEG aF Senat, Beschluss vom 15. März 2007 - V ZB 1/06, BGHZ 171, 335 Rn. 22); sie soll aber nicht dazu führen, dass die mit der gerichtlichen Verfolgung von Beitragsansprüchen verbundenen Risiken nur einzelne Wohnungseigentümer zu tragen haben.
16
(4) Die in dem Urteil des Landgerichts vom 4. Februar 2010 enthaltene Kostenentscheidung, auf die sich das Berufungsgericht stützt, führt zu keinem anderen Ergebnis. Sie bezieht sich auf das Verhältnis der Parteien untereinander und regelt nicht, wer im Innenverhältnis die Kosten des unterlegenen Verbands tragen muss. Dass dem obsiegenden Wohnungseigentümer die Finanzierungskosten der Gemeinschaft für den Prozess anteilig endgültig zur Last fallen, beruht auf seiner Zugehörigkeit zu dem klagenden Verband.
17
(5) Ob die Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft allgemein zur Folge hat, dass deren Prozesskosten von den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich aufgebracht werden müssen, bedarf keiner Entscheidung; ebenso kann offenbleiben, ob der obsiegende Wohnungseigentümer aufgrund der Kostenentscheidung des Gerichts von der Finanzierung seines Anspruchs auf Erstattung außergerichtlicher Kosten ausgenommen werden muss (zu § 16 Abs. 5 WEG aF Senat, Beschluss vom 15. März 2007 - V ZB 1/06, BGHZ 171, 335 Rn. 17).
18
b) Auch die zu TOP 13 und 14 gefassten Beschlüsse erklärt das Berufungsgericht zu Unrecht für ungültig. Die Wohnungseigentümer durften die Erhebung der Sonderumlagen für die Finanzierung der Brandschutzmaßnahmen und die Sanierung der Hotelküche beschließen, nachdem das Landgericht in seinem Urteil vom 4. Februar 2010 die im Jahr 2007 bzw. 2008 gefassten Beschlüsse inzident geprüft und jeweils als ungültig angesehen hatte.
19
aa) Richtig ist zwar, dass eine Sonderumlage eine Ergänzung des Wirtschaftsplans für das laufende Wirtschaftsjahr darstellt, die der Deckung besonderer oder unvorhergesehener Ausgaben dient (vgl. nur Senat, Urteil vom 13. Januar 2012 - V ZR 129/11, NJW-RR 2012, 343 Rn. 12, 15). Hier sollte aber jeweils eine wirksame Rechtsgrundlage für die von den übrigen Wohnungseigentümern bereits entrichteten Beiträge und die noch ausstehenden Beiträge des Klägers geschaffen werden. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts enthält die Jahresabrechnung regelmäßig nicht diese Rechtsgrundlage.
20
bb) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats wirkt der Beschluss über die Jahresabrechnung anspruchsbegründend nur hinsichtlich des auf den einzelnen Wohnungseigentümer entfallenden Betrages, welcher die in dem Wirtschaftsplan für das abgelaufene Jahr beschlossenen Vorschüsse übersteigt (sog. Abrechnungsspitze); im Hinblick auf Zahlungsverpflichtungen, die durch frühere Beschlüsse entstanden sind, hat er dagegen nur bestätigende und rechtsverstärkende Wirkung. Insbesondere führt der Beschluss über die Jahresabrechnung nicht zu einer Verdoppelung des Rechtsgrunds für rückständige Vorschüsse in dem Sinne, dass sie sowohl auf Grund des Beschlusses über den Wirtschaftsplan als auch auf Grund des Beschlusses über die Jahresabrechnung geschuldet wären. Bei den in § 28 Abs. 2 WEG geregelten Vorschüssen der Wohnungseigentümer handelt es sich nicht um gewöhnliche Abschlagszahlungen, für die charakteristisch ist, dass sie von dem Gläubiger nicht mehr verlangt werden können, sobald eine Berechnung der eigentlichen Forderung vorliegt. Die Jahresabrechnung dient nicht der Ermittlung des „eigentlichen“ Beitragsanspruchs, sondern nur der Anpassung der laufend zu erbringenden Vorschüsse an die tatsächlichen Kosten (ausführlich Senat, Urteil vom 1. Juni 2012 - V ZR 171/11, NJW 2012, 2797 Rn. 20 ff. mwN).

21
cc) Weil die Jahresabrechnung danach nicht an die Stelle des Wirtschaftsplans tritt, kann dieser nach der Beschlussfassung über die Jahresabrechnung in einem folgenden Wirtschaftsjahr durch einen Zweitbeschluss ersetzt werden, wenn Zweifel an seiner Wirksamkeit bestehen (vgl. Jacoby, ZWE 2011, 61, 64; allgemein Senat, Beschlüsse vom 20. Dezember 1990 - V ZB 8/90, BGHZ 113, 197, 200 und vom 23. August 2001 - V ZB 10/01, BGHZ 148, 335, 350). Nichts anderes gilt für den Beschluss über eine Sonderumlage als Ergänzung des Wirtschaftsplans. Nachdem das Landgericht die Beschlüsse über die Sonderumlagen bei der Entscheidung über die Zahlungsklage des Verbands inzident als nichtig angesehen hatte, mussten die Wohnungseigentümer davon ausgehen, dass ihre Zahlungen auf die Sonderumlagen ohne Rechtsgrundlage erfolgt waren und es an einem verpflichtenden Schuldgrund fehlte. Dies durften sie beheben, indem sie - wie geschehen - der Sache nach inhaltsgleiche Beschlüsse fassten.
22
3. Die Sache ist nur im Hinblick auf den zu TOP 3 gefassten Beschluss entscheidungsreif (§ 563 Abs. 3 ZPO). Insoweit ist auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Amtsgerichts wiederherzustellen, mit dem die Klage abgewiesen worden ist.
23
Soweit die Revision dagegen TOP 13 und TOP 14 zum Gegenstand hat, ist das Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Denn aus dem von dem Berufungsgericht in Bezug genommenen Urteil des Amtsgerichts ergibt sich, dass die Klage auch auf Anfechtungsgründe gestützt worden ist. Zu diesen hat das Berufungsgericht - von seinem rechtlichen Standpunkt aus folgerichtig - bislang keine Feststellungen getroffen.
24
II. Anschlussrevision des Klägers
25
Die Anschlussrevision ist unzulässig.
26
1. Im Hinblick auf den zu TOP 10 gefassten Beschluss ist die Revision nicht zugelassen. Eine Anschlussrevision ist gemäß § 554 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO zwar auch dann statthaft, wenn die Revision nicht zugelassen worden ist, und kann trotz einer beschränkten Zulassung der Revision auch dann wirksam eingelegt werden, wenn sie nicht den Streitgegenstand betrifft, auf den sich die Zulassung bezieht (BGH, Urteil vom 24. Juni 2003 - KZR 32/02, BGHZ 155, 189, 191 f.; Urteil vom 26. Juli 2004 - VIII ZR 281/03, NJW 2004, 3174, 3176). Es kann aber kein Streitstoff eingeführt werden, der mit dem Gegenstand der Revision weder in einem rechtlichen noch in einem wirtschaftlichen Zusammenhang steht (ausführlich BGH, Urteil vom 22. November 2007 - I ZR 74/05, BGHZ 174, 244 Rn. 40 f.).
27
2. Den erforderlichen Zusammenhang der Streitgegenstände legt die Anschlussrevision nicht dar. Sie hat den Anspruch auf Abberufung des Verwalters zum Gegenstand. Aus dem in Bezug genommenen Klägervortrag aus den Vorinstanzen ergibt sich nicht, dass die geltend gemachten Abberufungsgründe in einem Zusammenhang mit den in der Eigentümerversammlung zu TOP 3, 13 und 14 gefassten Beschlüssen über die Jahresabrechnung und die Erhebung der Sonderumlagen stehen. Dem allgemein gehaltenen Vorwurf, der Verwalter stehe „im Lager der Vertragspartner der Wohnungseigentümergemeinschaft“,lässt sich schon kein konkreter Bezug zu den Maßnahmen entnehmen, deren Finanzierung die Sonderumlagen dienen sollten.
Stresemann Roth Brückner
Weinland Kazele

Vorinstanzen:
AG Niebüll, Entscheidung vom 09.02.2011 - 18 C 29/10 -
LG Itzehoe, Entscheidung vom 31.05.2013 - 11 S 14/11 -

(1) Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder der mit einer Leistung nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg nicht eintritt.

(2) Als Leistung gilt auch die durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Schuldverhältnisses.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 351/03 Verkündet am:
7. Juli 2005
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
War im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung eine Aufrechnungslage nicht
gegeben, kann der auf die Aufrechnung gestützte Einwand der Erfüllung nicht deshalb
gemäß § 767 Abs. 2 ZPO präkludiert sein, weil die Aufrechnungslage hätte geschaffen
werden können.
BGH, Urteil vom 7. Juli 2005 - VII ZR 351/03 - OLG Braunschweig
LG Braunschweig
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Juli 2005 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die Richter
Dr. Haß, Hausmann, Dr. Wiebel und Prof. Dr. Kniffka

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 27. November 2003 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagten im Wege der verlängerten Vollstreckungsabwehrklage in Anspruch. Mit Urteil des Landgerichts B. vom 24. Juli 1997 wurde die Klägerin zur Zahlung von Restwerklohn an den Beklagten zu 2 verurteilt; im Vertrag war die VOB/B vereinbart. Die Klägerin nahm ihre Berufung vor der mündlichen Verhandlung zurück. Nach Erhebung einer Vollstreckungsabwehrklage Ende März 1999 trat der Beklagte zu 2 im April 1999 die Ansprüche aus dem Urteil des Landgerichts B. vom 24. Juli 1997 an den Beklagten zu 1 ab.
Die Klägerin hat 131 Mängel an fünf Teilobjekten behauptet, die ihr erst nach Schluß der mündlichen Verhandlung des Vorprozesses bekannt geworden seien. Sie habe dem Beklagten zu 2 nach Kenntnis von den Mängeln im Herbst 1998 Anfang Februar 1999 erfolglos Frist zur Mangelbeseitigung gesetzt. Danach habe sie einen Teil der Mängel beseitigen lassen. Sie rechnet mit den Beseitigungskosten sowie einem Vorschußanspruch für die Beseitigung der übrigen Mängel auf. Im Laufe dieses Rechtsstreits hat die Klägerin die Klage auf den Beklagten zu 1 erweitert und den Antrag auf Unzulässigerklärung der Vollstreckung aus dem Urteil wiederholt. Weiter hat sie beantragt, die Vollstreckung des Beklagten zu 2 aus dem Kostenfestsetzungsbeschluß des Landgerichts B. für unzulässig zu erklären. Während dieses Rechtsstreits sind das Urteil des Landgerichts B. vom 24. Juli 1997 sowie der dazugehörige Kostenfestsetzungsbeschluß vollstreckt worden. Die Klägerin begehrt nunmehr, den Beklagten zu 1 zur Rückzahlung vollstreckter 96.951,09 € zu verurteilen, sowie die Feststellung , daß die Hauptsache bezüglich des Beklagten zu 2 erledigt sei. Landgericht und Berufungsgericht haben die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin sei mit ihrer auf die Aufrechnung gestützten Einwendung präkludiert. Der Senat hat die Revision der Klägerin zugelassen, mit der sie ihr Klagebegehren weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Auf das Schuldverhältnis findet das Bürgerliche Gesetzbuch in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung Anwendung (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).

I.

Das Berufungsgericht führt aus, die Klage sei zulässig. Nach Beendigung der Zwangsvollstreckung könne der Klageantrag auf Zahlung umgestellt werden. Ein Anspruch sei aus Bereicherungsrecht begründet, sofern vor Beendigung der Zwangsvollstreckung eine Klage nach § 767 ZPO Erfolg gehabt hätte. Die Klägerin sei allerdings mit ihren Gegenansprüchen nach § 767 Abs. 2 ZPO präkludiert. Maßgeblicher Zeitpunkt sei der Schluß der mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszug des Vorprozesses und damit der 19. Juni 1997, da die Klägerin ihre Berufung vor der Verhandlung im zweiten Rechtszug zurückgenommen habe. Die Klägerin habe keinen Beweis dafür angetreten, daß die Mängel der Werkleistung des Beklagten zu 2 erst nach dem 19. Juni 1997 erkennbar geworden seien. Entscheidend sei allein, ob diese Mängel objektiv erkennbar gewesen seien und bereits zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Vorprozeß hätten geltend gemacht werden können, nicht aber, daß die Klägerin den Beklagten zu 2 erfolglos zur Nachbesserung aufgefordert habe.

II.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung im entscheidenden Punkt nicht stand.
1. Zutreffend beurteilt das Berufungsgericht die Klage als zulässig. Nach Beendigung der Zwangsvollstreckung kann der Klageantrag von der Feststellung der Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung auf Rückzahlung der geleisteten Beträge umgestellt werden; darin liegt keine Klageänderung. Nach allgemeiner Ansicht setzen sich vielmehr die rechtlichen Möglichkeiten der Vollstreckungsabwehrklage nach Beendigung der Zwangsvollstreckung in der materiellrechtlichen Bereicherungsklage fort (BGH, Urteil vom 17. Februar 1982 - IVb ZR 657/80, BGHZ 83, 278, 280). 2. a) Im Ansatz zutreffend stellt das Berufungsgericht für den nach Beendigung der Zwangsvollstreckung geltend gemachten Bereicherungsanspruch darauf ab, ob vor Beendigung der Zwangsvollstreckung eine Vollstreckungsabwehrklage begründet gewesen wäre. Anderenfalls ist die Leistung des Schuldners an den Gläubiger mit Rechtsgrund erfolgt. Dabei bestimmt es zu Recht als maßgeblichen Zeitpunkt für eine Präklusion der Einwendungen der Klägerin gemäß § 767 Abs. 2 ZPO den Schluß der mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszug des Vorprozesses. Nach Rücknahme der Berufung ist auf diesen Zeitpunkt abzustellen (MünchKommZPO/K. Schmidt, 2. Aufl., § 767 Rdn. 76 m.w.N.).
b) Nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts ist die Klägerin nicht gemäß § 767 Abs. 2 ZPO mit ihrer auf die Aufrechnung gestützten Einwendung präkludiert. Das Berufungsgericht verkennt die Tragweite des von der Rechtsprechung entwickelten Grundsatzes, wonach bei einer Aufrechnung maßgeblich auf den Zeitpunkt abzustellen ist, in dem die Aufrechnungslage entstanden ist. aa) Eine Vollstreckungsabwehrklage kann nach § 767 ZPO nur Erfolg haben, wenn die Gründe, auf denen die Einwendung beruht, nach Schluß der
letzten mündlichen Verhandlung entstanden sind. Sind die Gründe vor diesem Zeitpunkt entstanden und wird die Rechtswirkung der Einwendung erst durch eine Willenserklärung ausgelöst, so ist nach gefestigter Rechtsprechung der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Willenserklärung objektiv abgegeben werden konnte (BGH, Urteil vom 17. Juli 2003 - IX ZR 268/02, NJW 2003, 3134, 3135 m.w.N.; Urteil vom 16. Februar 1961 - VII ZR 191/59, BGHZ 34, 274, 279; Zöller /Herget, ZPO, 25. Aufl., § 767 Rdn. 14 m.w.N.). Dementsprechend kommt es bei der Aufrechnung darauf an, ob die Aufrechnungslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bestanden hat. Ist das der Fall, kann mit der Vollstreckungsabwehrklage nicht der Einwand erhoben werden, die Forderung des Gläubigers sei durch die nach Schluß der mündlichen Verhandlung erklärte Aufrechnung mit Gegenansprüchen erloschen. bb) Danach wäre die Klägerin mit dem Einwand der Erfüllung durch Aufrechnung präkludiert, wenn ihr vor Schluß der mündlichen Verhandlung im Vorprozeß ein auf Geld gerichteter, mithin aufrechenbarer Anspruch wegen der gerügten Mängel zugestanden hat. Das Berufungsgericht hat dazu keine Feststellungen getroffen. Zugunsten der Klägerin ist deshalb in der Revision davon auszugehen, daß im maßgeblichen Zeitpunkt keine Aufrechnungslage bestanden hat. Dann kommt eine Präklusion nicht in Betracht. cc) Demgegenüber will das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit dem OLG Koblenz (OLGReport 2001, 455, 457) die Präklusion auch auf den Fall anwenden, daß die Aufrechnungslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung nicht bestanden hat, jedoch die Voraussetzungen für die Aufrechnung hätten geschaffen werden können. Das steht nicht in Übereinstimmung mit der gesetzlichen Regelung. Danach kommt es darauf an, ob die Einwendung objektiv hätte erhoben werden können. Das ist nicht der Fall, wenn deren materiell-rechtliche Voraussetzungen im Zeitpunkt der letzten mündlichen
Verhandlung nicht vorgelegen haben. Der Schuldner ist nicht genötigt, die Voraussetzungen für eine Aufrechnung, möglicherweise gegen seine eigenen Interessen und seinen Willen, zu schaffen (vgl. OLG Hamm, BauR 1989, 744). So wäre es unvertretbar, ihn mittelbar zu zwingen, sein Leistungsverweigerungsrecht aufzugeben und die Voraussetzungen für einen auf Geldzahlung gerichteten Anspruch dadurch zu schaffen, daß er den Gläubiger in Verzug mit der Mängelbeseitigung setzt. Das Leistungsverweigerungsrecht hat für ihn den Vorteil , daß er nach der Abnahme berechtigt ist, das mindestens Dreifache der Mängelbeseitigungskosten zurückzuhalten, § 641 Abs. 3 BGB. Das Berufungsgericht setzt ohne weiteres die Möglichkeit, ein Gestaltungsrecht auszuüben, mit der Möglichkeit gleich, die Voraussetzungen für die Ausübung eines Gestaltungsrechts zu schaffen. Die von ihm herangezogenen Belegstellen auch der Entscheidungen des Bundesgerichtshofs rechtfertigen diese Gleichsetzung nicht. Dressler Haß Hausmann Wiebel Kniffka

(1) Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, sind von dem Schuldner im Wege der Klage bei dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges geltend zu machen.

(2) Sie sind nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der Einwendungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes spätestens hätten geltend gemacht werden müssen, entstanden sind und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden können.

(3) Der Schuldner muss in der von ihm zu erhebenden Klage alle Einwendungen geltend machen, die er zur Zeit der Erhebung der Klage geltend zu machen imstande war.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 351/03 Verkündet am:
7. Juli 2005
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
War im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung eine Aufrechnungslage nicht
gegeben, kann der auf die Aufrechnung gestützte Einwand der Erfüllung nicht deshalb
gemäß § 767 Abs. 2 ZPO präkludiert sein, weil die Aufrechnungslage hätte geschaffen
werden können.
BGH, Urteil vom 7. Juli 2005 - VII ZR 351/03 - OLG Braunschweig
LG Braunschweig
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Juli 2005 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die Richter
Dr. Haß, Hausmann, Dr. Wiebel und Prof. Dr. Kniffka

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 27. November 2003 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagten im Wege der verlängerten Vollstreckungsabwehrklage in Anspruch. Mit Urteil des Landgerichts B. vom 24. Juli 1997 wurde die Klägerin zur Zahlung von Restwerklohn an den Beklagten zu 2 verurteilt; im Vertrag war die VOB/B vereinbart. Die Klägerin nahm ihre Berufung vor der mündlichen Verhandlung zurück. Nach Erhebung einer Vollstreckungsabwehrklage Ende März 1999 trat der Beklagte zu 2 im April 1999 die Ansprüche aus dem Urteil des Landgerichts B. vom 24. Juli 1997 an den Beklagten zu 1 ab.
Die Klägerin hat 131 Mängel an fünf Teilobjekten behauptet, die ihr erst nach Schluß der mündlichen Verhandlung des Vorprozesses bekannt geworden seien. Sie habe dem Beklagten zu 2 nach Kenntnis von den Mängeln im Herbst 1998 Anfang Februar 1999 erfolglos Frist zur Mangelbeseitigung gesetzt. Danach habe sie einen Teil der Mängel beseitigen lassen. Sie rechnet mit den Beseitigungskosten sowie einem Vorschußanspruch für die Beseitigung der übrigen Mängel auf. Im Laufe dieses Rechtsstreits hat die Klägerin die Klage auf den Beklagten zu 1 erweitert und den Antrag auf Unzulässigerklärung der Vollstreckung aus dem Urteil wiederholt. Weiter hat sie beantragt, die Vollstreckung des Beklagten zu 2 aus dem Kostenfestsetzungsbeschluß des Landgerichts B. für unzulässig zu erklären. Während dieses Rechtsstreits sind das Urteil des Landgerichts B. vom 24. Juli 1997 sowie der dazugehörige Kostenfestsetzungsbeschluß vollstreckt worden. Die Klägerin begehrt nunmehr, den Beklagten zu 1 zur Rückzahlung vollstreckter 96.951,09 € zu verurteilen, sowie die Feststellung , daß die Hauptsache bezüglich des Beklagten zu 2 erledigt sei. Landgericht und Berufungsgericht haben die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin sei mit ihrer auf die Aufrechnung gestützten Einwendung präkludiert. Der Senat hat die Revision der Klägerin zugelassen, mit der sie ihr Klagebegehren weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Auf das Schuldverhältnis findet das Bürgerliche Gesetzbuch in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung Anwendung (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).

I.

Das Berufungsgericht führt aus, die Klage sei zulässig. Nach Beendigung der Zwangsvollstreckung könne der Klageantrag auf Zahlung umgestellt werden. Ein Anspruch sei aus Bereicherungsrecht begründet, sofern vor Beendigung der Zwangsvollstreckung eine Klage nach § 767 ZPO Erfolg gehabt hätte. Die Klägerin sei allerdings mit ihren Gegenansprüchen nach § 767 Abs. 2 ZPO präkludiert. Maßgeblicher Zeitpunkt sei der Schluß der mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszug des Vorprozesses und damit der 19. Juni 1997, da die Klägerin ihre Berufung vor der Verhandlung im zweiten Rechtszug zurückgenommen habe. Die Klägerin habe keinen Beweis dafür angetreten, daß die Mängel der Werkleistung des Beklagten zu 2 erst nach dem 19. Juni 1997 erkennbar geworden seien. Entscheidend sei allein, ob diese Mängel objektiv erkennbar gewesen seien und bereits zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Vorprozeß hätten geltend gemacht werden können, nicht aber, daß die Klägerin den Beklagten zu 2 erfolglos zur Nachbesserung aufgefordert habe.

II.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung im entscheidenden Punkt nicht stand.
1. Zutreffend beurteilt das Berufungsgericht die Klage als zulässig. Nach Beendigung der Zwangsvollstreckung kann der Klageantrag von der Feststellung der Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung auf Rückzahlung der geleisteten Beträge umgestellt werden; darin liegt keine Klageänderung. Nach allgemeiner Ansicht setzen sich vielmehr die rechtlichen Möglichkeiten der Vollstreckungsabwehrklage nach Beendigung der Zwangsvollstreckung in der materiellrechtlichen Bereicherungsklage fort (BGH, Urteil vom 17. Februar 1982 - IVb ZR 657/80, BGHZ 83, 278, 280). 2. a) Im Ansatz zutreffend stellt das Berufungsgericht für den nach Beendigung der Zwangsvollstreckung geltend gemachten Bereicherungsanspruch darauf ab, ob vor Beendigung der Zwangsvollstreckung eine Vollstreckungsabwehrklage begründet gewesen wäre. Anderenfalls ist die Leistung des Schuldners an den Gläubiger mit Rechtsgrund erfolgt. Dabei bestimmt es zu Recht als maßgeblichen Zeitpunkt für eine Präklusion der Einwendungen der Klägerin gemäß § 767 Abs. 2 ZPO den Schluß der mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszug des Vorprozesses. Nach Rücknahme der Berufung ist auf diesen Zeitpunkt abzustellen (MünchKommZPO/K. Schmidt, 2. Aufl., § 767 Rdn. 76 m.w.N.).
b) Nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts ist die Klägerin nicht gemäß § 767 Abs. 2 ZPO mit ihrer auf die Aufrechnung gestützten Einwendung präkludiert. Das Berufungsgericht verkennt die Tragweite des von der Rechtsprechung entwickelten Grundsatzes, wonach bei einer Aufrechnung maßgeblich auf den Zeitpunkt abzustellen ist, in dem die Aufrechnungslage entstanden ist. aa) Eine Vollstreckungsabwehrklage kann nach § 767 ZPO nur Erfolg haben, wenn die Gründe, auf denen die Einwendung beruht, nach Schluß der
letzten mündlichen Verhandlung entstanden sind. Sind die Gründe vor diesem Zeitpunkt entstanden und wird die Rechtswirkung der Einwendung erst durch eine Willenserklärung ausgelöst, so ist nach gefestigter Rechtsprechung der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Willenserklärung objektiv abgegeben werden konnte (BGH, Urteil vom 17. Juli 2003 - IX ZR 268/02, NJW 2003, 3134, 3135 m.w.N.; Urteil vom 16. Februar 1961 - VII ZR 191/59, BGHZ 34, 274, 279; Zöller /Herget, ZPO, 25. Aufl., § 767 Rdn. 14 m.w.N.). Dementsprechend kommt es bei der Aufrechnung darauf an, ob die Aufrechnungslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bestanden hat. Ist das der Fall, kann mit der Vollstreckungsabwehrklage nicht der Einwand erhoben werden, die Forderung des Gläubigers sei durch die nach Schluß der mündlichen Verhandlung erklärte Aufrechnung mit Gegenansprüchen erloschen. bb) Danach wäre die Klägerin mit dem Einwand der Erfüllung durch Aufrechnung präkludiert, wenn ihr vor Schluß der mündlichen Verhandlung im Vorprozeß ein auf Geld gerichteter, mithin aufrechenbarer Anspruch wegen der gerügten Mängel zugestanden hat. Das Berufungsgericht hat dazu keine Feststellungen getroffen. Zugunsten der Klägerin ist deshalb in der Revision davon auszugehen, daß im maßgeblichen Zeitpunkt keine Aufrechnungslage bestanden hat. Dann kommt eine Präklusion nicht in Betracht. cc) Demgegenüber will das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit dem OLG Koblenz (OLGReport 2001, 455, 457) die Präklusion auch auf den Fall anwenden, daß die Aufrechnungslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung nicht bestanden hat, jedoch die Voraussetzungen für die Aufrechnung hätten geschaffen werden können. Das steht nicht in Übereinstimmung mit der gesetzlichen Regelung. Danach kommt es darauf an, ob die Einwendung objektiv hätte erhoben werden können. Das ist nicht der Fall, wenn deren materiell-rechtliche Voraussetzungen im Zeitpunkt der letzten mündlichen
Verhandlung nicht vorgelegen haben. Der Schuldner ist nicht genötigt, die Voraussetzungen für eine Aufrechnung, möglicherweise gegen seine eigenen Interessen und seinen Willen, zu schaffen (vgl. OLG Hamm, BauR 1989, 744). So wäre es unvertretbar, ihn mittelbar zu zwingen, sein Leistungsverweigerungsrecht aufzugeben und die Voraussetzungen für einen auf Geldzahlung gerichteten Anspruch dadurch zu schaffen, daß er den Gläubiger in Verzug mit der Mängelbeseitigung setzt. Das Leistungsverweigerungsrecht hat für ihn den Vorteil , daß er nach der Abnahme berechtigt ist, das mindestens Dreifache der Mängelbeseitigungskosten zurückzuhalten, § 641 Abs. 3 BGB. Das Berufungsgericht setzt ohne weiteres die Möglichkeit, ein Gestaltungsrecht auszuüben, mit der Möglichkeit gleich, die Voraussetzungen für die Ausübung eines Gestaltungsrechts zu schaffen. Die von ihm herangezogenen Belegstellen auch der Entscheidungen des Bundesgerichtshofs rechtfertigen diese Gleichsetzung nicht. Dressler Haß Hausmann Wiebel Kniffka

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

(1) Die Kosten der Zwangsvollstreckung fallen, soweit sie notwendig waren (§ 91), dem Schuldner zur Last; sie sind zugleich mit dem zur Zwangsvollstreckung stehenden Anspruch beizutreiben. Als Kosten der Zwangsvollstreckung gelten auch die Kosten der Ausfertigung und der Zustellung des Urteils. Soweit mehrere Schuldner als Gesamtschuldner verurteilt worden sind, haften sie auch für die Kosten der Zwangsvollstreckung als Gesamtschuldner; § 100 Abs. 3 und 4 gilt entsprechend.

(2) Auf Antrag setzt das Vollstreckungsgericht, bei dem zum Zeitpunkt der Antragstellung eine Vollstreckungshandlung anhängig ist, und nach Beendigung der Zwangsvollstreckung das Gericht, in dessen Bezirk die letzte Vollstreckungshandlung erfolgt ist, die Kosten gemäß § 103 Abs. 2, den §§ 104, 107 fest. Im Falle einer Vollstreckung nach den Vorschriften der §§ 887, 888 und 890 entscheidet das Prozessgericht des ersten Rechtszuges.

(3) Die Kosten der Zwangsvollstreckung sind dem Schuldner zu erstatten, wenn das Urteil, aus dem die Zwangsvollstreckung erfolgt ist, aufgehoben wird.

(4) Die Kosten eines Verfahrens nach den §§ 765a, 811a, 811b, 829, 850k, 851a, 851b, 900 und 904 bis 907 kann das Gericht ganz oder teilweise dem Gläubiger auferlegen, wenn dies aus besonderen, in dem Verhalten des Gläubigers liegenden Gründen der Billigkeit entspricht.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, sind von dem Schuldner im Wege der Klage bei dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges geltend zu machen.

(2) Sie sind nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der Einwendungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes spätestens hätten geltend gemacht werden müssen, entstanden sind und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden können.

(3) Der Schuldner muss in der von ihm zu erhebenden Klage alle Einwendungen geltend machen, die er zur Zeit der Erhebung der Klage geltend zu machen imstande war.

(1) Die Kosten der Zwangsvollstreckung fallen, soweit sie notwendig waren (§ 91), dem Schuldner zur Last; sie sind zugleich mit dem zur Zwangsvollstreckung stehenden Anspruch beizutreiben. Als Kosten der Zwangsvollstreckung gelten auch die Kosten der Ausfertigung und der Zustellung des Urteils. Soweit mehrere Schuldner als Gesamtschuldner verurteilt worden sind, haften sie auch für die Kosten der Zwangsvollstreckung als Gesamtschuldner; § 100 Abs. 3 und 4 gilt entsprechend.

(2) Auf Antrag setzt das Vollstreckungsgericht, bei dem zum Zeitpunkt der Antragstellung eine Vollstreckungshandlung anhängig ist, und nach Beendigung der Zwangsvollstreckung das Gericht, in dessen Bezirk die letzte Vollstreckungshandlung erfolgt ist, die Kosten gemäß § 103 Abs. 2, den §§ 104, 107 fest. Im Falle einer Vollstreckung nach den Vorschriften der §§ 887, 888 und 890 entscheidet das Prozessgericht des ersten Rechtszuges.

(3) Die Kosten der Zwangsvollstreckung sind dem Schuldner zu erstatten, wenn das Urteil, aus dem die Zwangsvollstreckung erfolgt ist, aufgehoben wird.

(4) Die Kosten eines Verfahrens nach den §§ 765a, 811a, 811b, 829, 850k, 851a, 851b, 900 und 904 bis 907 kann das Gericht ganz oder teilweise dem Gläubiger auferlegen, wenn dies aus besonderen, in dem Verhalten des Gläubigers liegenden Gründen der Billigkeit entspricht.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
VII ZR 351/03 Verkündet am:
7. Juli 2005
Seelinger-Schardt,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
War im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung eine Aufrechnungslage nicht
gegeben, kann der auf die Aufrechnung gestützte Einwand der Erfüllung nicht deshalb
gemäß § 767 Abs. 2 ZPO präkludiert sein, weil die Aufrechnungslage hätte geschaffen
werden können.
BGH, Urteil vom 7. Juli 2005 - VII ZR 351/03 - OLG Braunschweig
LG Braunschweig
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Juli 2005 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Dressler und die Richter
Dr. Haß, Hausmann, Dr. Wiebel und Prof. Dr. Kniffka

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 27. November 2003 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagten im Wege der verlängerten Vollstreckungsabwehrklage in Anspruch. Mit Urteil des Landgerichts B. vom 24. Juli 1997 wurde die Klägerin zur Zahlung von Restwerklohn an den Beklagten zu 2 verurteilt; im Vertrag war die VOB/B vereinbart. Die Klägerin nahm ihre Berufung vor der mündlichen Verhandlung zurück. Nach Erhebung einer Vollstreckungsabwehrklage Ende März 1999 trat der Beklagte zu 2 im April 1999 die Ansprüche aus dem Urteil des Landgerichts B. vom 24. Juli 1997 an den Beklagten zu 1 ab.
Die Klägerin hat 131 Mängel an fünf Teilobjekten behauptet, die ihr erst nach Schluß der mündlichen Verhandlung des Vorprozesses bekannt geworden seien. Sie habe dem Beklagten zu 2 nach Kenntnis von den Mängeln im Herbst 1998 Anfang Februar 1999 erfolglos Frist zur Mangelbeseitigung gesetzt. Danach habe sie einen Teil der Mängel beseitigen lassen. Sie rechnet mit den Beseitigungskosten sowie einem Vorschußanspruch für die Beseitigung der übrigen Mängel auf. Im Laufe dieses Rechtsstreits hat die Klägerin die Klage auf den Beklagten zu 1 erweitert und den Antrag auf Unzulässigerklärung der Vollstreckung aus dem Urteil wiederholt. Weiter hat sie beantragt, die Vollstreckung des Beklagten zu 2 aus dem Kostenfestsetzungsbeschluß des Landgerichts B. für unzulässig zu erklären. Während dieses Rechtsstreits sind das Urteil des Landgerichts B. vom 24. Juli 1997 sowie der dazugehörige Kostenfestsetzungsbeschluß vollstreckt worden. Die Klägerin begehrt nunmehr, den Beklagten zu 1 zur Rückzahlung vollstreckter 96.951,09 € zu verurteilen, sowie die Feststellung , daß die Hauptsache bezüglich des Beklagten zu 2 erledigt sei. Landgericht und Berufungsgericht haben die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin sei mit ihrer auf die Aufrechnung gestützten Einwendung präkludiert. Der Senat hat die Revision der Klägerin zugelassen, mit der sie ihr Klagebegehren weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Auf das Schuldverhältnis findet das Bürgerliche Gesetzbuch in der bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Fassung Anwendung (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB).

I.

Das Berufungsgericht führt aus, die Klage sei zulässig. Nach Beendigung der Zwangsvollstreckung könne der Klageantrag auf Zahlung umgestellt werden. Ein Anspruch sei aus Bereicherungsrecht begründet, sofern vor Beendigung der Zwangsvollstreckung eine Klage nach § 767 ZPO Erfolg gehabt hätte. Die Klägerin sei allerdings mit ihren Gegenansprüchen nach § 767 Abs. 2 ZPO präkludiert. Maßgeblicher Zeitpunkt sei der Schluß der mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszug des Vorprozesses und damit der 19. Juni 1997, da die Klägerin ihre Berufung vor der Verhandlung im zweiten Rechtszug zurückgenommen habe. Die Klägerin habe keinen Beweis dafür angetreten, daß die Mängel der Werkleistung des Beklagten zu 2 erst nach dem 19. Juni 1997 erkennbar geworden seien. Entscheidend sei allein, ob diese Mängel objektiv erkennbar gewesen seien und bereits zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Vorprozeß hätten geltend gemacht werden können, nicht aber, daß die Klägerin den Beklagten zu 2 erfolglos zur Nachbesserung aufgefordert habe.

II.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung im entscheidenden Punkt nicht stand.
1. Zutreffend beurteilt das Berufungsgericht die Klage als zulässig. Nach Beendigung der Zwangsvollstreckung kann der Klageantrag von der Feststellung der Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung auf Rückzahlung der geleisteten Beträge umgestellt werden; darin liegt keine Klageänderung. Nach allgemeiner Ansicht setzen sich vielmehr die rechtlichen Möglichkeiten der Vollstreckungsabwehrklage nach Beendigung der Zwangsvollstreckung in der materiellrechtlichen Bereicherungsklage fort (BGH, Urteil vom 17. Februar 1982 - IVb ZR 657/80, BGHZ 83, 278, 280). 2. a) Im Ansatz zutreffend stellt das Berufungsgericht für den nach Beendigung der Zwangsvollstreckung geltend gemachten Bereicherungsanspruch darauf ab, ob vor Beendigung der Zwangsvollstreckung eine Vollstreckungsabwehrklage begründet gewesen wäre. Anderenfalls ist die Leistung des Schuldners an den Gläubiger mit Rechtsgrund erfolgt. Dabei bestimmt es zu Recht als maßgeblichen Zeitpunkt für eine Präklusion der Einwendungen der Klägerin gemäß § 767 Abs. 2 ZPO den Schluß der mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszug des Vorprozesses. Nach Rücknahme der Berufung ist auf diesen Zeitpunkt abzustellen (MünchKommZPO/K. Schmidt, 2. Aufl., § 767 Rdn. 76 m.w.N.).
b) Nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts ist die Klägerin nicht gemäß § 767 Abs. 2 ZPO mit ihrer auf die Aufrechnung gestützten Einwendung präkludiert. Das Berufungsgericht verkennt die Tragweite des von der Rechtsprechung entwickelten Grundsatzes, wonach bei einer Aufrechnung maßgeblich auf den Zeitpunkt abzustellen ist, in dem die Aufrechnungslage entstanden ist. aa) Eine Vollstreckungsabwehrklage kann nach § 767 ZPO nur Erfolg haben, wenn die Gründe, auf denen die Einwendung beruht, nach Schluß der
letzten mündlichen Verhandlung entstanden sind. Sind die Gründe vor diesem Zeitpunkt entstanden und wird die Rechtswirkung der Einwendung erst durch eine Willenserklärung ausgelöst, so ist nach gefestigter Rechtsprechung der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Willenserklärung objektiv abgegeben werden konnte (BGH, Urteil vom 17. Juli 2003 - IX ZR 268/02, NJW 2003, 3134, 3135 m.w.N.; Urteil vom 16. Februar 1961 - VII ZR 191/59, BGHZ 34, 274, 279; Zöller /Herget, ZPO, 25. Aufl., § 767 Rdn. 14 m.w.N.). Dementsprechend kommt es bei der Aufrechnung darauf an, ob die Aufrechnungslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bestanden hat. Ist das der Fall, kann mit der Vollstreckungsabwehrklage nicht der Einwand erhoben werden, die Forderung des Gläubigers sei durch die nach Schluß der mündlichen Verhandlung erklärte Aufrechnung mit Gegenansprüchen erloschen. bb) Danach wäre die Klägerin mit dem Einwand der Erfüllung durch Aufrechnung präkludiert, wenn ihr vor Schluß der mündlichen Verhandlung im Vorprozeß ein auf Geld gerichteter, mithin aufrechenbarer Anspruch wegen der gerügten Mängel zugestanden hat. Das Berufungsgericht hat dazu keine Feststellungen getroffen. Zugunsten der Klägerin ist deshalb in der Revision davon auszugehen, daß im maßgeblichen Zeitpunkt keine Aufrechnungslage bestanden hat. Dann kommt eine Präklusion nicht in Betracht. cc) Demgegenüber will das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit dem OLG Koblenz (OLGReport 2001, 455, 457) die Präklusion auch auf den Fall anwenden, daß die Aufrechnungslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung nicht bestanden hat, jedoch die Voraussetzungen für die Aufrechnung hätten geschaffen werden können. Das steht nicht in Übereinstimmung mit der gesetzlichen Regelung. Danach kommt es darauf an, ob die Einwendung objektiv hätte erhoben werden können. Das ist nicht der Fall, wenn deren materiell-rechtliche Voraussetzungen im Zeitpunkt der letzten mündlichen
Verhandlung nicht vorgelegen haben. Der Schuldner ist nicht genötigt, die Voraussetzungen für eine Aufrechnung, möglicherweise gegen seine eigenen Interessen und seinen Willen, zu schaffen (vgl. OLG Hamm, BauR 1989, 744). So wäre es unvertretbar, ihn mittelbar zu zwingen, sein Leistungsverweigerungsrecht aufzugeben und die Voraussetzungen für einen auf Geldzahlung gerichteten Anspruch dadurch zu schaffen, daß er den Gläubiger in Verzug mit der Mängelbeseitigung setzt. Das Leistungsverweigerungsrecht hat für ihn den Vorteil , daß er nach der Abnahme berechtigt ist, das mindestens Dreifache der Mängelbeseitigungskosten zurückzuhalten, § 641 Abs. 3 BGB. Das Berufungsgericht setzt ohne weiteres die Möglichkeit, ein Gestaltungsrecht auszuüben, mit der Möglichkeit gleich, die Voraussetzungen für die Ausübung eines Gestaltungsrechts zu schaffen. Die von ihm herangezogenen Belegstellen auch der Entscheidungen des Bundesgerichtshofs rechtfertigen diese Gleichsetzung nicht. Dressler Haß Hausmann Wiebel Kniffka

(1) Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, sind von dem Schuldner im Wege der Klage bei dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges geltend zu machen.

(2) Sie sind nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der Einwendungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes spätestens hätten geltend gemacht werden müssen, entstanden sind und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden können.

(3) Der Schuldner muss in der von ihm zu erhebenden Klage alle Einwendungen geltend machen, die er zur Zeit der Erhebung der Klage geltend zu machen imstande war.

(1) Über Anträge, Einwendungen und Erinnerungen, welche die Art und Weise der Zwangsvollstreckung oder das vom Gerichtsvollzieher bei ihr zu beobachtende Verfahren betreffen, entscheidet das Vollstreckungsgericht. Es ist befugt, die im § 732 Abs. 2 bezeichneten Anordnungen zu erlassen.

(2) Dem Vollstreckungsgericht steht auch die Entscheidung zu, wenn ein Gerichtsvollzieher sich weigert, einen Vollstreckungsauftrag zu übernehmen oder eine Vollstreckungshandlung dem Auftrag gemäß auszuführen, oder wenn wegen der von dem Gerichtsvollzieher in Ansatz gebrachten Kosten Erinnerungen erhoben werden.

Gegen Entscheidungen, die im Zwangsvollstreckungsverfahren ohne mündliche Verhandlung ergehen können, findet sofortige Beschwerde statt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 120/00 Verkündet am:
3. April 2001
Herrwerth,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
_____________________
Die Beweislast für die erfolgte Hingabe eines Darlehens trägt der Darlehensgläubiger
auch dann, wenn der die Hingabe bestreitende Schuldner in
notarieller Urkunde den Empfang als Darlehen bestätigt, sich der Zwangsvollstreckung
unterworfen und dem Notar gestattet hat, eine vollstreckbare
Ausfertigung der Urkunde ohne den Nachweis der Fälligkeit des Darlehens
zu erteilen (Aufgabe von BGH, Urteil vom 25. Juni 1981 - III ZR 179/79,
WM 1981, 1140 = NJW 1981, 2756).
BGH, Urteil vom 3. April 2001 - XI ZR 120/00 - OLG Köln
LG Köln
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche
Verhandlung vom 3. April 2001 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe
und die Richter Dr. Bungeroth, Dr. van Gelder, Dr. Müller und
Dr. Wassermann

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 31. März 2000 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Der Kläger wendet sich mit der Vollstreckungsabwehrklage gegen die Zwangsvollstreckung des Beklagten aus einer vollstreckbaren notariellen Urkunde.
Der Kläger, ein Angestellter in einem Steuerberatungsbüro in K., suchte nach dem Besuch des Oktoberfestes in M. im Herbst 1994 Entspannung im Club "W". Dort lernte er die Zeugin L. kennen, die im Club als Prostituierte tätig war. In der Folgezeit suchte der Kläger sie an mehreren Wochenenden in M. auf. Als er sie bat, ihre Tätigkeit in M. aufzugeben und zu ihm nach K. zu ziehen, spiegelte sie ihm nach seinem Vortrag vor, daß für diesen Fall eine "Ablöse" von 130.000 DM und weitere 2.500 DM für jeden Tag, an dem sie nicht "arbeite", an den Club gezahlt werden müßten; außerdem müsse der Kläger die Miete für
ihre Wohnungen in M. und B. in Höhe von 3.000 DM monatlich zahlen. Der Kläger war einverstanden. Daraufhin zog die Zeugin L. nicht nach K., sondern zum Beklagten, ihrem früheren Lebensgefährten, nach B..
Auf telefonische Anforderung der "Ablöse" durch die Zeugin L. überwies der Kläger 80.000 DM an den Beklagten und erbat von einem Freund einen Scheck über weitere 50.000 DM, der im November 1993 vom Beklagten, der gegenüber dem Club angeblich in Vorlage getreten war, eingezogen wurde. An den Club sind keine Zahlungen geleistet worden. Im Dezember 1995 unterzeichnete der Kläger mehrfach Verträge , in denen er der Zeugin bescheinigte, von ihr hohe Geldbeträge als Darlehen erhalten zu haben, was jedoch nicht zutraf.
Am 14. März 1996 schlossen die Parteien einen notariellen Vertrag , in dem der Kläger bestätigte, vom Beklagten 500.000 DM als Darlehen erhalten zu haben. In Höhe der Rückzahlungsforderung nebst Zinsen unterwarf sich der Kläger der sofortigen Zwangsvollstreckung und wies den Notar an, dem Beklagten eine vollstreckbare Ausfertigung der Urkunde ohne Nachweis der die Fälligkeit begründenden Tatsachen zu erteilen.
Gegen die Vollstreckung aus dieser Urkunde wendet sich der Kläger mit der Behauptung, vom Beklagten niemals Geld erhalten und den notariellen Vertrag nur unter massivem Druck geschlossen zu haben. Der Beklagte trägt demgegenüber vor, er habe dem Kläger für Finanzgeschäfte mit Br. im Dezember 1995 und im Februar 1996 je 150.000 DM und am Tag der Beurkundung des Vertrages weitere 200.000 DM in bar übergeben.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist nicht begründet.

I.


Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt:
Der Kläger könne mit Erfolg geltend machen, die Darlehensvaluta sei an ihn nicht ausgezahlt worden. Da gemäß § 797 Abs. 4 ZPO die Präklusionsvorschrift des § 767 Abs. 2 ZPO auf notarielle Urkunden nicht anwendbar sei, sei der Kläger nicht gehindert, Einwendungen zu erheben, die die Entstehung des Darlehensrückzahlungsanspruchs beträfen. Die Beweislast für die wirksam bestrittene Darlehensausreichung trage nach allgemeinen Regeln der Darlehensgeber, also der Beklagte. Der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 25. Juni 1981 - III ZR 179/79, WM 1981, 1140 = NJW 1981, 2756), bei der Vollstreckungsabwehrklage habe der Kläger die Beweislast für die gegen den Titel vorgebrachten Einwendungen, sei nicht zu folgen. Der Senat schließe sich vielmehr der überwiegenden instanzgerichtlichen Rechtsprechung und der herrschenden Meinung im Schrifttum an. Danach richte sich die Beweislast auch bei Vollstreckungsabwehrklagen nach den materiellen Beweislastregeln des der vollstreckbaren Forde-
rung zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses. Die Vollstreckungsunterwerfung als Prozeßhandlung könne nur die prozessuale, nicht aber die materielle Rechtslage mit der daraus folgenden Beweislast ändern. Die Ermächtigung an den Notar, eine vollstreckbare Ausfertigung ohne Nachweis der Fälligkeitsvoraussetzungen zu erteilen, enthalte keine Vereinbarung zur Umkehr der Beweislast; die Erklärung diene ausschließlich der Vereinfachung des Klauselerteilungsverfahrens.
Der Beklagte habe den Beweis der Darlehenshingabe nicht geführt. Die Empfangsbestätigung des Klägers in der notariellen Urkunde sei lediglich als Wissenserklärung aufzufassen; dadurch erhalte die Urkunde den Charakter eines Schuldscheins, nicht aber eines abstrakten oder kausalen Schuldanerkenntnisses. Der Schuldschein habe zwar die formelle Beweiskraft des § 416 ZPO, hinsichtlich der materiellen Beweiskraft unterliege er jedoch der freien Beweiswürdigung. Dem Kläger stehe deshalb der Gegenbeweis offen. Für diesen genüge es, daß die Überzeugung des Gerichts vom Empfang der Leistung erschüttert werde. Das sei hier der Fall. Gegen die tatsächliche Hingabe des Darlehens spreche, daß die mit dem Beklagten in einem engen Verhältnis stehende Zeugin L. vom Kläger zuvor mehrfach Darlehensschuldscheine erwirkt habe, denen keine Geldzahlungen zugrunde gelegen hätten. Die Abfolge der vom Kläger unterzeichneten Darlehensurkunden weise eine Kontinuität auf, in die sich der notarielle Vertrag vom 14. März 1996 nahtlos einfüge. Warum der Kläger sich unmittelbar nach einer Überweisung von 80.000 DM an den Beklagten bei diesem 150.000 DM ausgeliehen haben solle, sei nicht zu erklären. Die Aussage der die Version des Beklagten bestätigenden Zeugin L. stehe in Widerspruch zu ihren früheren Angaben und sei nach Überzeugung des Berufungsgerichts unwahr.

II.


Diese Begründung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, die Beweislast für die Auszahlung des Darlehens liege beim Beklagten. Die im Urteil des III. Zivilsenats vom 25. Juni 1981 (III ZR 179/79, WM 1981, 1140 f.) vertretene Auffassung, bei einer Klage gegen die Vollstreckung aus einer notariellen Urkunde über ein Darlehen habe der Kläger auch die Nichtauszahlung der Darlehensvaluta zu beweisen, wird vom erkennenden Senat nicht geteilt und aufgegeben. Dazu ist der erkennende Senat ohne Anrufung des Großen Senats für Zivilsachen nach § 132 Abs. 2 GVG in der Lage, da der XI. Zivilsenat nach Ä nderung des Geschäftsverteilungsplans seit dem Jahre 1990 anstelle des III. Zivilsenats für Darlehenssachen allein zuständig ist (vgl. § 132 Abs. 3 Satz 2 GVG; BGHZ 28, 16, 28 f.).

a) Der III. Zivilsenat hat in seinem Urteil, auf das sich die Revision beruft, ausgeführt, die Beweislast für alle Einwendungen gegen bestehende Vollstreckungstitel treffe grundsätzlich den Vollstreckungsschuldner , auch wenn es sich um vollstreckbare Urkunden nach § 794 ZPO handle. Sie seien wie Urteile vollwertige und endgültige Vollstrekkungstitel und bedürften daher derselben Behandlung. Hätten die Parteien vereinbart, daß dem Gläubiger jederzeit ohne Nachweis des Entstehens und der Fälligkeit der Zahlungsverpflichtungen eine vollstreckbare Ausfertigung der Urkunde erteilt werden könne, so spreche dies dafür, daß die Parteien diese Verteilung der Beweislast gewollt hätten. Habe sich der Schuldner vorhandener Verteidigungsmöglichkeiten im Klauselerteilungsverfahren freiwillig begeben, so sei es angemessen,
ihn auch für die Vollstreckungsgegenklage von der Beweislast für Einwendungen nicht zu entbinden.

b) Die Ansicht des III. Zivilsenats ist in Rechtsprechung und Literatur nur vereinzelt auf Zustimmung, vor allem aber auf massive Kritik gestoßen.
aa) Angeschlossen haben sich der Auffassung des III. Zivilsenats das Oberlandesgericht München (NJW-RR 1992, 125) und für den Fall, daß der Zahlungspflichtige auf den Nachweis der Fälligkeit bei Klauselerteilung verzichtet habe, eine Mindermeinung im Schrifttum (Schuschke in Schuschke/Walker, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz Band I 2. Aufl. § 767 ZPO Rdn. 38; Zöller/Herget, ZPO 22. Aufl. § 767 Rdn. 11).
bb) Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat in einer dem genannten Urteil des III. Zivilsenats vorausgegangenen Entscheidung die Ansicht vertreten, anspruchsbegründende Umstände seien auch im Rahmen der Vollstreckungsabwehrklage vom Gläubiger zu beweisen (BGH, Urteil vom 16. November 1979 - V ZR 93/77, WM 1980, 34, 35). Der VII. und der VIII. Zivilsenat haben offengelassen, ob dem Urteil des III. Zivilsenats vom 25. Juni 1981 gefolgt werden könne (BGHZ 114, 57, 71; BGH, Urteil vom 31. Januar 1991 - VII ZR 375/89, WM 1991, 1184,

1185).


cc) Im übrigen ist die Ansicht des III. Zivilsenats in der obergerichtlichen Rechtsprechung und im Schrifttum auf Ablehnung gestoßen (vgl. OLG Nürnberg DNotZ 1990, 564, 565; OLG Celle NJW-RR 1991, 667; OLG Hamm DNotZ 1994, 57, 59; OLG Düsseldorf NJW-RR 1997, 444; Wolfsteiner NJW 1982, 2851 ff.; Münch NJW 1991, 795, 796;
Baumgärtel, Festschrift für Gerhard Lüke S. 1, 4; Rosenberg/Gaul/ Schilken, Zwangsvollstreckungsrecht 11. Aufl. S. 176 und 187; Schönke /Baur/Stürner, Zwangsvollstreckungs-, Konkurs- und Vergleichsrecht Band I 12. Aufl. Rdn. 16.23; Bruns/Peters, Zwangsvollstreckungsrecht 3. Aufl. S. 41 f.; Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht 6. Aufl. Rdn. 1358; Schlosser, Zivilprozeßrecht II § 5 III Rdn. 117; Stein/ Jonas/Münzberg, ZPO 21. Aufl. § 767 Rdn. 44; Wieczorek/Schütze/ Salzmann, ZPO 3. Aufl. § 767 Rdn. 66; MünchKomm-ZPO/Karsten Schmidt, 2. Aufl. § 767 Rdn. 57; Musielak/Lackmann, ZPO 2. Aufl. § 767 Rdn. 29; Thomas/Putzo, ZPO 22. Aufl. § 767 Rdn. 20 b): Die Beweislast werde weder durch die Verfahrensart noch durch die Parteirolle im Prozeß, sondern allein durch die materielle Rechtslage bestimmt. Nach allgemeinen Regeln müsse der Gläubiger die anspruchsbegründenden Tatsachen darlegen und beweisen. Die Zwangsvollstreckungsunterwerfung verändere nur die prozessuale, nicht aber die materielle Lage, habe also keinen Einfluß auf die Beweislast. Der Verzicht auf den Nachweis der Fälligkeit habe nur Bedeutung für das Klauselerteilungsverfahren , für das er bestimmt sei, enthalte keine Aufgabe materieller Positionen und begründe deshalb auch keine Umkehrung der dem materiellen Recht folgenden Beweislast.

c) Der erkennende Senat schließt sich unter Aufgabe der vom III. Zivilsenat (Urteil vom 25. Juni 1981 - III ZR 179/79, WM 1981, 1140 f.) vertretenen Ansicht der in der Literatur herrschenden Meinung aus folgenden Gründen an:
aa) Die Beweislastverteilung ist von der Parteirolle im Prozeß unabhängig (Rosenberg, Die Beweislast 5. Aufl. S. 173). Dies entspricht im Falle einer Feststellungsklage allgemeiner Ansicht. Gleichgültig ob der vermeintliche Gläubiger auf Feststellung seines An-
spruchs klagt oder der vermeintliche Schuldner den Rechtsweg beschreitet , um das Nichtbestehen des Anspruchs feststellen zu lassen ("negative Feststellungsklage"), immer hat der Gläubiger die Voraussetzungen seines Rechts darzulegen und zu beweisen (BGH, Urteile vom 10. April 1986 - VII ZR 286/85, WM 1986, 954, vom 25. Oktober 1991 - V ZR 196/90, WM 1992, 313, 317 und vom 2. März 1993 - VI ZR 74/92, NJW 1993, 1716, 1717; MünchKomm-ZPO/Prütting, 2. Aufl. § 286 Rdn. 118; Musielak/Foerste, ZPO 2. Aufl. § 286 Rdn. 35).
Etwas anderes für die Vollstreckungsabwehrklage anzunehmen, führt zu einem inneren Entscheidungswiderspruch, wenn neben der Vollstreckungsabwehrklage vom Kläger die Feststellung betrieben wird, daß die der Vollstreckungsurkunde zugrunde liegende Forderung nicht besteht, oder wenn vom Gläubiger widerklagend die Feststellung des Bestehens der Forderung begehrt wird. Mißlingt dem Gläubiger der ihm obliegende Nachweis, daß der Anspruch besteht, müßte das Nichtbestehen der Forderung festgestellt werden. Damit ließe sich die Abweisung der Vollstreckungsgegenklage mit der Begründung, der Kläger habe das Nichtbestehen der zugrunde liegenden Forderung nicht nachgewiesen , nicht vereinbaren (Wolfsteiner NJW 1982, 2851; Münch NJW 1991, 795, 803).
bb) Die notariell beurkundete Vollstreckungsunterwerfung ist eine ausschließlich auf das Zustandekommen eines Vollstreckungstitels gerichtete einseitige prozessuale Willenserklärung, die nur prozeßrechtlichen Grundsätzen untersteht (BGHZ 108, 372, 375; BGH, Urteile vom 23. Oktober 1980 - III ZR 62/79, WM 1981, 189, vom 1. Februar 1985 - V ZR 244/83, WM 1985, 545 und vom 12. Juli 1996 - V ZR 202/95, WM 1996, 1735). Sie ist nicht auf eine Ä nderung der materiellen Rechtslage gerichtet, hat keine materiell-rechtlichen Auswirkungen
(BGHZ 108, 372, 376) und bleibt deshalb von einer Unwirksamkeit des mitbeurkundeten materiellen Rechtsgeschäftes unberührt (BGH, Urteile vom 1. Februar 1985 - V ZR 244/83, WM 1985, 545 und vom 12. Juli 1996 - V ZR 202/95, WM 1996, 1735).
Die Beweislast ist demgegenüber dem materiellen Recht zuzuordnen , da Beweislastregel und materieller Rechtssatz aufs engste miteinander verbunden sind (st.Rspr., vgl. nur BGHZ 85, 252, 256; BGH, Urteile vom 17. Februar 1983 - III ZR 184/81, WM 1983, 454, 455 und vom 14. März 1988 - II ZR 302/87, WM 1988, 1031, 1032). Deshalb hat ein Gläubiger die Entstehungsvoraussetzungen seines Anspruchs auch dann zu beweisen, wenn sich der Schuldner wegen dieses Anspruchs in notarieller Urkunde der Zwangsvollstreckung unterworfen hat (OLG Celle NJW-RR 1991, 667; Wolfsteiner NJW 1982, 2851; Münch NJW 1991, 795, 800).
cc) Dem kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, ein Angriff gegen einen bestehenden Vollstreckungstitel mit Hilfe einer Vollstreckungsgegenklage sei nur in beschränktem Maße zulässig (so aber BGH, Urteil vom 25. Juni 1981 - III ZR 179/79, WM 1981, 1140, 1141). Dies trifft auf vollstreckbare Urkunden nicht zu. Sie stehen Endurteilen nur insoweit gleich, als sie wie diese (§ 704 Abs. 1 ZPO) Vollstrekkungstitel sind (§ 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO). Im übrigen bestehen aber fundamentale Unterschiede, die es gebieten, sie hinsichtlich ihrer materiell -rechtlichen Kontrolle im Verfahren nach § 767 ZPO nicht gleich zu behandeln (Wolfsteiner NJW 1982, 2851, 2852; Münch NJW 1991, 795, 804): Sie erwachsen nicht in Rechtskraft. Deshalb ist die Vorschrift des § 767 Abs. 2 ZPO, nach der nur Einwendungen gegen den titulierten Anspruch, die nach Schluß der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung entstanden sind, die Vollstreckungsabwehrklage zu
begründen vermögen, nach § 797 Abs. 4 ZPO auf vollstreckbare Urkunden nicht entsprechend anzuwenden (BGHZ 85, 64, 74). Anders als bei vollstreckbaren Urkunden stellt sich die Frage, ob der titulierte Anspruch entstanden ist und wer dafür die Beweislast trägt, bei einer Vollstreckungsabwehrklage gegen ein Urteil nicht, weil das Entstehen der titulierten Forderung rechtskräftig feststeht. Daraus den Schluß zu ziehen, es entspreche dem Wesen der Vollstreckungsgegenklage, einen Angriff gegen einen bestehenden Vollstreckungstitel, soweit dieser in einer notariellen Urkunde enthalten ist, nur in beschränktem Maße zuzulassen, ist von vornherein verfehlt. Die Vollstreckungsgegenklage gegen eine vollstreckbare Urkunde soll die Prüfung der materiellrechtlichen Beziehungen in vollem Umfang ermöglichen, weil dem Titel kein Erkenntnisverfahren vorgeschaltet war (Münch NJW 1991, 795,

803).


dd) Auch die Anweisung an den Notar, dem Gläubiger eine vollstreckbare Ausfertigung ohne Nachweis von Fälligkeitsvoraussetzungen des titulierten Anspruchs zu erteilen, wie sie hier in der notariellen Urkunde vom 14. März 1996 mit der Vollstreckungsunterwerfung verbunden worden ist, läßt nicht darauf schließen, daß die Parteien insoweit dem Schuldner im Rahmen der Vollstreckungsabwehrklage die Beweislast auferlegen wollten. Der Nachweisverzicht bezieht sich nur auf das Klauselerteilungsverfahren nach §§ 724 ff. ZPO, in dem es um eine dem Vollstreckungsverfahren vorgeschaltete formelle Prüfung des Bestandes und der Vollstreckbarkeit des Titels geht (BGH, Urteil vom 26. April 1976 - VIII ZR 290/74, WM 1976, 687, 688; Zöller/Stöber, ZPO 22. Aufl. § 724 Rdn. 1; Wieczorek/Schütze/Paulus, ZPO 3. Aufl. § 725 Rdn. 22; Musielak/Lackmann, ZPO 2. Aufl. § 724 Rdn. 2). Soweit dazu die nach dem Inhalt der vollstreckbaren Urkunde noch offene Fälligkeit des vollstreckbaren Anspruchs gehört, wollen die Parteien mit einem
Nachweisverzicht nur die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung für den Gläubiger vereinfachen. Anderenfalls müßte er sonst in der Regel diese Vollstreckungsvoraussetzung in einer oft nicht praktikablen Weise nach § 726 Abs. 1 ZPO durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden gegenüber dem Notar (§ 797 Abs. 2 Satz 1 ZPO) nachweisen (Rastätter NJW 1991, 392; Reithmann/Albrecht/Basty, Handbuch der notariellen Vertragsgestaltung 7. Aufl. Rdn. 338). Nichts spricht dafür, daß die Parteien mit dieser Verfahrensvereinfachung zugleich eine Beweislastverteilung im Rahmen einer Vollstreckungsabwehrklage präjudizieren wollten (Wolfsteiner NJW 1982, 2851, 2852).
2. Entgegen der Ansicht der Revision ergibt sich die Beweislast des Klägers für den Nichtbestand der Darlehensschuld auch nicht aus einem in der notariellen Urkunde enthaltenen kausalen Schuldanerkenntnis. Das Berufungsgericht hat eine solche Auslegung des notariell beurkundeten Individualvertrages abgelehnt. Einen revisionsrechtlich relevanten Auslegungsfehler vermag die Revision nicht aufzuzeigen. Sie setzt lediglich in unzulässiger Weise ihre eigene Vertragsauslegung an die Stelle derjenigen des Tatrichters.
Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß das schriftliche Bekenntnis, einen bestimmten Betrag als Darlehen empfangen zu haben, eine bloße Wissenserklärung sein kann, die ein Zeugnis des Ausstellers gegen sich selbst darstellt und einer Quittung ähnelt (BGHZ 66, 250, 254; BGH, Urteil vom 10. Juni 1985 - III ZR 178/84, WM 1985, 1206, 1207). Es hat weiterhin dargelegt, daß es von der Auslegung der in einem Schuldschein enthaltenen individuellen Erklärungen abhängt, ob ihnen die Bedeutung eines kausalen Schuldanerkenntnisses zukommt. Weil der Sinn eines solchen Anerkenntnisses darin liegt, ein Schuldverhältnis ganz oder teilweise dem Streit oder der
Ungewißheit der Parteien zu entziehen, bedarf es regelmäßig eines entsprechenden Anlasses, um den Schluß auf ein derartiges Rechtsgeschäft zu rechtfertigen (BGHZ 66, 250, 255). Dieser Anlaß kann nicht schon in dem Abschluß des Vertrages selbst gesehen werden (BGH, Urteil vom 9. November 1983 - IVa ZR 60/82, WM 1984, 62, 63). Deshalb bestand entgegen der Ansicht der Revision für das Berufungsgericht auch kein Grund, sich mit der Bezeichnung der Vereinbarung als Darlehensvertrag auseinanderzusetzen.
Rechtsfehlerfrei davon ausgehend, daß sich nach dem Inhalt der Urkunde und den Umständen des Abschlusses Anzeichen für ein beabsichtigtes kausales Schuldanerkenntnis nicht ergeben, hat das Berufungsgericht der notariell beurkundeten Wissenserklärung des Klägers zutreffend nur formelle Beweiskraft beigemessen (§ 415 Abs. 1 ZPO). Damit steht lediglich fest, daß der Kläger die beurkundeten Erklärungen abgegeben hat; deren inhaltliche Richtigkeit unterliegt der freien Beweiswürdigung nach § 286 ZPO. Das bedeutet, daß das Zeugnis des Erklärenden gegen sich selbst durch jeden Gegenbeweis entkräftet werden kann. Dieser ist bereits dann geführt, wenn die Überzeugung des Gerichts von der zu beweisenden Tatsache erschüttert wird; daß sie als unwahr erwiesen wird, ist nicht nötig (BGH, Urteile vom 14. April 1978 - V ZR 10/77, WM 1978, 849, 850, vom 10. Juni 1985 - III ZR 178/84, WM 1985, 1206, 1207 und vom 28. September 1987 - II ZR 35/87, WM 1988, 524, 525).
3. Diesen Gegenbeweis hat das Berufungsgericht unter eingehender Würdigung aller relevanten Umstände als geführt angesehen. Revisionsrechtlich relevante Fehler sind ihm dabei nicht unterlaufen. Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe in seine Beweiswürdigung rechtsfehlerhaft Umstände aus dem Verhältnis des Klägers
zu der Zeugin L. einfließen lassen, die mit der notariellen Urkunde vom 14. März 1996 nichts zu tun hätten, ist schon deshalb verfehlt, weil der Kläger den Beklagten erst über die Zeugin kennenlernte und auch die finanzielle Beziehung von ihr vermittelt wurde. Sie gab vom Kläger erhaltene Schecks an den Beklagten weiter, und der Kläger überwies an den Beklagten im angeblichen Interesse der Zeugin L. in engem zeitlichen Zusammenhang mit der angeblichen Darlehensgewährung einen Teil der vorgetäuschten Ablösesumme. Auch die weiteren Verfahrensrügen der Revision greifen nicht durch; von einer Begründung sieht der Senat insoweit ab (§ 565 a ZPO).

III.


Da sich somit das angefochtene Urteil als zutreffend erweist, war die Revision des Beklagten als unbegründet zurückzuweisen.
Nobbe Bungeroth van Gelder
Müller Richter am Bundesgerichtshof Dr. Wassermann ist wegen Urlaubs an der Unterzeichnung gehindert. Nobbe

(1) Auf Verlangen des Gläubigers hat der Drittschuldner binnen zwei Wochen, von der Zustellung des Pfändungsbeschlusses an gerechnet, dem Gläubiger zu erklären:

1.
ob und inwieweit er die Forderung als begründet anerkenne und Zahlung zu leisten bereit sei;
2.
ob und welche Ansprüche andere Personen an die Forderung machen;
3.
ob und wegen welcher Ansprüche die Forderung bereits für andere Gläubiger gepfändet sei;
4.
ob innerhalb der letzten zwölf Monate im Hinblick auf das Konto, dessen Guthaben gepfändet worden ist, nach § 907 die Unpfändbarkeit des Guthabens festgesetzt worden ist, und
5.
ob es sich bei dem Konto, dessen Guthaben gepfändet worden ist, um ein Pfändungsschutzkonto im Sinne des § 850k oder ein Gemeinschaftskonto im Sinne des § 850l handelt; bei einem Gemeinschaftskonto ist zugleich anzugeben, ob der Schuldner nur gemeinsam mit einer oder mehreren anderen Personen verfügungsbefugt ist.

(2) Die Aufforderung zur Abgabe dieser Erklärungen muss in die Zustellungsurkunde aufgenommen werden; bei Zustellungen nach § 193a muss die Aufforderung als elektronisches Dokument zusammen mit dem Pfändungsbeschluss übermittelt werden. Der Drittschuldner haftet dem Gläubiger für den aus der Nichterfüllung seiner Verpflichtung entstehenden Schaden.

(3) Die Erklärungen des Drittschuldners können innerhalb der in Absatz 1 bestimmten Frist auch gegenüber dem Gerichtsvollzieher abgegeben werden. Werden die Erklärungen bei einer Zustellung des Pfändungsbeschlusses nach § 193 abgegeben, so sind sie in die Zustellungsurkunde aufzunehmen und von dem Drittschuldner zu unterschreiben.

(1) Hat der eine oder der andere Teil mehrere zur Aufrechnung geeignete Forderungen, so kann der aufrechnende Teil die Forderungen bestimmen, die gegeneinander aufgerechnet werden sollen. Wird die Aufrechnung ohne eine solche Bestimmung erklärt oder widerspricht der andere Teil unverzüglich, so findet die Vorschrift des § 366 Abs. 2 entsprechende Anwendung.

(2) Schuldet der aufrechnende Teil dem anderen Teil außer der Hauptleistung Zinsen und Kosten, so findet die Vorschrift des § 367 entsprechende Anwendung.

(1) Die Kosten der Zwangsvollstreckung fallen, soweit sie notwendig waren (§ 91), dem Schuldner zur Last; sie sind zugleich mit dem zur Zwangsvollstreckung stehenden Anspruch beizutreiben. Als Kosten der Zwangsvollstreckung gelten auch die Kosten der Ausfertigung und der Zustellung des Urteils. Soweit mehrere Schuldner als Gesamtschuldner verurteilt worden sind, haften sie auch für die Kosten der Zwangsvollstreckung als Gesamtschuldner; § 100 Abs. 3 und 4 gilt entsprechend.

(2) Auf Antrag setzt das Vollstreckungsgericht, bei dem zum Zeitpunkt der Antragstellung eine Vollstreckungshandlung anhängig ist, und nach Beendigung der Zwangsvollstreckung das Gericht, in dessen Bezirk die letzte Vollstreckungshandlung erfolgt ist, die Kosten gemäß § 103 Abs. 2, den §§ 104, 107 fest. Im Falle einer Vollstreckung nach den Vorschriften der §§ 887, 888 und 890 entscheidet das Prozessgericht des ersten Rechtszuges.

(3) Die Kosten der Zwangsvollstreckung sind dem Schuldner zu erstatten, wenn das Urteil, aus dem die Zwangsvollstreckung erfolgt ist, aufgehoben wird.

(4) Die Kosten eines Verfahrens nach den §§ 765a, 811a, 811b, 829, 850k, 851a, 851b, 900 und 904 bis 907 kann das Gericht ganz oder teilweise dem Gläubiger auferlegen, wenn dies aus besonderen, in dem Verhalten des Gläubigers liegenden Gründen der Billigkeit entspricht.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 125/17 Verkündet am:
8. Juni 2018
Rinke
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Die Pflicht zur Durchführung von Beschlüssen der Wohnungseigentümer trifft
den Verwalter und nicht die Wohnungseigentümergemeinschaft; daher begründen
Pflichtverletzungen des Verwalters, die sich auf die Durchführung von Beschlüssen
beziehen, keine Schadensersatzansprüche einzelner Wohnungseigentümer
gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft (insoweit Aufgabe von
Senat, Urteil vom 13. Juli 2012 - V ZR 94/11, NJW 2012, 2955 Rn. 17 ff.; Urteil
vom 25. September 2015 - V ZR 246/14, BGHZ 207, 40 Rn. 15).
Ein Wohnungseigentümer kann von dem Verwalter verlangen, dass er seine
gesetzliche Pflicht zur Durchführung von Beschlüssen gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1
WEG erfüllt; dieser Anspruch kann ggf. im Klageweg durchgesetzt werden.
ECLI:DE:BGH:2018:080618UVZR125.17.0

WEG § 27 Abs. 1 Nr. 1; BGB § 278 Handwerker, Bauleiter oder Architekten, die der Verwalter zur Durchführung einer beschlossenen Sanierung im Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft beauftragt, sind im Verhältnis zu den einzelnen Wohnungseigentümern nicht Erfüllungsgehilfen des Verbands im Sinne von § 278 Abs. 1 BGB; für Schäden, die solche Auftragnehmer schuldhaft am Sondereigentum verursachen , haftet regelmäßig nicht die Wohnungseigentümergemeinschaft, sondern der Schädiger aufgrund der Verletzung von Pflichten aus einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (Abgrenzung zu dem Senatsbeschluss vom 22. April 1999 - V ZB 28/98, BGHZ 141, 224 ff.). BGH, Urteil vom 8. Juni 2018 - V ZR 125/17 - LG Hamburg AG Hamburg
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 8. Juni 2018 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland und die Richter Dr. Kazele und Dr. Hamdorf

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten und unter Zurückweisung der Anschlussrevision der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Hamburg - Zivilkammer 18 - vom 29. März 2017 insoweit aufgehoben , als das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 10. November 2014 abgeändert worden ist.
Die Berufung der Klägerin gegen das genannte Urteil des Amtsgerichts Hamburg wird insgesamt zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.

Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist Mitglied der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft. Ihre Einheit im Erdgeschoss des Hauses wies Feuchtigkeitsmängel auf. Daher wurden auf der Grundlage entsprechender Beschlüsse Sanierungsarbei- ten im Bereich des gemeinschaftlichen Eigentums vorgenommen. Weil die Feuchtigkeit auch nach Abschluss der Arbeiten fortbestand, leitete die Beklagte ein selbständiges Beweisverfahren gegen die bauausführende Firma sowie die Architektin ein. Dem in diesem Verfahren eingeholten Sachverständigengutachten zufolge ist die Sanierung, insbesondere die Abdichtung des Mauerwerks im Erdgeschoss, nicht fachgerecht durchgeführt worden, weshalb eine Reihe von Sanierungsmaßnahmen empfohlen wurde. Vor deren Durchführung verursachte im Dezember 2008 ein Mieter einer anderen Wohnung einen Brand. Von den Brand- und Löschwasserschäden war auch das Sondereigentum der Klägerin betroffen. Mit der Beseitigung des Schadens auf Kosten einer Versicherung beauftragte die Beklagte die Firma B. , der die Klägerin ihren Wohnungsschlüssel übergab. Am 10. Juni 2010 nahm die Beklagte die Arbeiten der Firma B. ab. Am selben Tag erhielt die Klägerin ihren Wohnungsschlüssel zurück und ließ am 23. Juni 2010 durch einen Privatgutachter ein Begehungsprotokoll erstellen, wonach weiterhin Durchfeuchtungen vorhanden waren. Hierüber setzte die Klägerin die Verwalterin am 12. August 2010 in Kenntnis. Erst Ende 2012 wurden die Wohnungseigentümer in einer außerordentlichen Eigentümerversammlung erneut mit den Feuchtigkeitsschäden befasst, nachdem eine Besichtigung großflächige Wanddurchfeuchtungen im Sondereigentum der Klägerin ergeben hatte.
2
Mit der gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft gerichteten Klage verlangt die Klägerin Zahlung von 5.887,90 € nebst Zinsen. Dieser Betrag setzt sich aus der im Jahr 2010 entgangenen Miete (12 x 450 € = 5.400 €) und den Kosten des Privatgutachtens (487,90 €) zusammen. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat ihr das Landgericht in Höhe von 2.287,90 € nebst Zinsen stattgegeben, nämlich insoweit, als der Mietausfall für die Monate September bis Dezember 2010 (4 x 450 = 1.800 €) und die Kosten des Privatgutachtens (487,90 €) verlangt werden. Mit der zuge- lassenen Revision will die Beklagte erreichen, dass die Berufung insgesamt zurückgewiesen wird. Die Klägerin verfolgt mit der Anschlussrevision den abgewiesenen Teil des Zahlungsanspruchs weiter. Beide Parteien beantragen die Zurückweisung des gegnerischen Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:


I.


3
Das Berufungsgericht geht davon aus, dass die Klägerin Ersatz der Mietausfallkosten für die Monate September bis Dezember 2010 sowie der Gutachterkosten gemäß § 280 Abs. 1, § 286 Abs. 1 i.V.m. §§ 31, 89 BGB analog verlangen kann. Die Wohnungseigentümergemeinschaft sei zur ordnungsmäßigen Umsetzung gefasster Beschlüsse verpflichtet. Diese Pflicht verletze sie auch dann, wenn - wie hier - Maßnahmen zwar durchgeführt, aber nicht auf ihre Vollständigkeit kontrolliert oder wenn Mängelrügen nicht zum Anlass genommen würden, eine Entscheidung der Wohnungseigentümer über das weitere Vorgehen herbeizuführen. Die Firma B. sei (neben der Beseitigung des Brandschadens) mit der Abdichtung der Wände im Erdgeschoss rechts gegen aufsteigende Feuchtigkeit beauftragt worden; insoweit sei die Ausführung des Auftrags jedoch unterblieben. Die Klägerin habe der Verwaltung am 12. August 2010 mitgeteilt, dass ihr Privatgutachter starke Durchfeuchtungen festgestellt habe. In der daraufhin eingeholten Stellungnahme vom 19. August 2010 habe die Firma B. die Auffassung vertreten, ihr Auftrag umfasse nur den Anstrich, und die feuchte Außenwand müsse seitens der Verwaltung geklärt werden. An- gesichts des deutlichen Widerspruchs zu dem erteilten Auftrag hätte die Verwalterin dieser Frage weiter nachgehen müssen, was jedoch unterblieben sei.
4
Diese Untätigkeit im Rahmen ihres originären Aufgabenkreises müsse sich die Beklagte analog §§ 31, 89 BGB zurechnen lassen. Im sanierten Zustand wäre die Wohnung vermietbar gewesen. Nach Erhalt des Schreibens vom 12. August 2010 müsse ein gewisser Zeitraum zur Überprüfung in Rechnung gestellt werden; daher sei nur der Mietausfall von September bis Dezember 2010 zu ersetzen. Die Beklagte hafte auch für die Kosten des Privatgutachters , die der Schadensfeststellung gedient hätten. Im Übrigen sei ein Anspruch zu verneinen. Für die Zeit von Januar bis Juni 2010 ergebe sich die Ersatzpflicht wegen der Inanspruchnahme aufgrund der Brandsanierung schon deshalb nicht aus § 14 Nr. 4 Halbsatz 2 WEG, weil die Klägerin die Wohnung aufgrund der andauernden Feuchtigkeit ohnehin nicht hätte vermieten können.

II.


5
Zur Revision der Beklagten
6
Die Revision der Beklagten hat Erfolg.
7
1. Der geltend gemachte Anspruch der Klägerin gegen die beklagte Wohnungseigentümergemeinschaft auf Ersatz des Mietausfalls sowie der Gutachterkosten kann nur dann in Betracht kommen, wenn eine Pflichtverletzung der Verwalterin, des mit der Sanierung beauftragten Unternehmens oder des Bauleiters vorliegt, die dem Verband ggf. zugerechnet werden könnte. Dass jedenfalls die Verwalterin ihre Pflichten verletzt hat, nimmt das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei an. Dabei legt es - wenngleich ohne nähere Feststellungen - zugrunde, dass ein Beschluss über die Sanierung (auch) der für die Feuchtigkeit ursächlichen Mängel des Gemeinschaftseigentums gefasst und die Firma B. auf dieser Grundlage (auch) mit der Sanierung der Feuchtigkeitsschäden beauftragt worden war; hiervon ist für das Revisionsverfahren auszugehen. Ein Fehlverhalten der Verwalterin sieht das Berufungsgericht darin, dass diese der Aufforderung der Klägerin nicht nachkam, für die Durchführung dieses Teils des erteilten Auftrags Sorge zu tragen, nachdem die Firma B. erklärt hatte, aus ihrer Sicht sei ein Auftrag nicht erteilt worden. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Der Verwalter ist gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG verpflichtet , Beschlüsse der Wohnungseigentümer durchzuführen. Er muss die vollständige Durchführung beschlossener und beauftragter Sanierungsarbeiten jedenfalls dann veranlassen, wenn sich - wie hier - ergibt, dass Teile des Auftrags unerledigt geblieben sind (vgl. Bärmann/Seuß, Praxis des Wohnungseigentums , 7. Aufl., § 106 Rn. 77). Ohne Erfolg wendet die Beklagte ein, die Verwalterin habe den Bauleiter E. mit dem Schreiben der Klägerin vom 12. August 2010 konfrontiert und sich auf dessen Erklärung verlassen dürfen, wonach bei der Abnahme Feuchtigkeit nicht feststellbar gewesen sei. Insoweit verweist das Berufungsgericht nämlich zu Recht darauf, dass die Klägerin ein Privatgutachten vorgelegt hatte, aus dem sich ergab, dass nach der Abnahme weiterhin Feuchtigkeit auftrat; da zudem bereits früher eine Behebung desselben Problems gescheitert und eine Abdichtung durch die Firma B. nach deren Angaben nicht erfolgt war, musste die Verwalterin jedenfalls weitere Überprüfungen veranlassen.
8
2. Ob eine solche Pflichtverletzung des Verwalters die Haftung der Wohnungseigentümerschaft im Innenverhältnis zu einem geschädigten Wohnungseigentümer begründet, ist umstritten und noch nicht abschließend geklärt.
9
a) Entschieden hat der Senat bislang, wann eine Haftung des Verbands gegenüber einem einzelnen Wohnungseigentümer nicht in Betracht kommt, nämlich dann, wenn eine Beschlussfassung über eine Sanierung des gemeinschaftlichen Eigentums unterblieben ist (vgl. Senat, Urteil vom 17. Oktober 2014 - V ZR 9/14, BGHZ 202, 375 Rn. 21 ff.). Hat ein einzelner Wohnungseigentümer hierdurch Schäden an seinem Sondereigentum erlitten, können nur die übrigen Wohnungseigentümer zum Schadensersatz verpflichtet sein; aus der gegenseitigen Treuepflicht ergibt sich jedenfalls dann eine Pflicht der übrigen Wohnungseigentümer zur Mitwirkung an der Willensbildung, wenn nur die sofortige Vornahme einer bestimmten Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht und diese von einem Wohnungseigentümer gemäß § 21 Abs. 4 WEG verlangt wird, der andernfalls Schäden an seinem Sondereigentum erleidet (vgl. Senat, Urteil vom 17. Oktober 2014 - V ZR 9/14, BGHZ 202, 375 Rn. 24; Urteil vom 25. September 2015 - V ZR 246/14, BGHZ 207, 40 Rn. 15). Diese Haftung ergibt sich, wie der Senat vor kurzem präzisiert hat, aus § 280 Abs. 1 BGB (näher Senat, Urteil vom 23. Februar 2018 - V ZR 101/16, juris Rn. 36). Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, dass die interne Willensbildung des Verbands gemäß § 20 Abs. 1, § 21 Abs. 1 WEG den Wohnungseigentümern obliegt. Eine etwaige Mitwirkungspflicht der Wohnungseigentümer ist individuell und nicht gemeinschaftlich zu erfüllen; den Pflichten des Verbands ist sie vorgelagert (vgl. Senat, Urteil vom 17. Oktober 2014 - V ZR 9/14, BGHZ 202, 375 Rn. 22). Ist die Willensbildung dagegen erfolgt und ein Beschluss gefasst worden , der jedoch gar nicht oder - wie hier - nur unvollständig durchgeführt wird, scheidet eine Haftung der übrigen Wohnungseigentümer aus. Insoweit kann sich eine Ersatzpflicht des Verwalters ergeben, der gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG „gegenüber den Wohnungseigentümern und gegenüber der Gemein- schaft der Wohnungseigentümer berechtigt und verpflichtet ist, Beschlüsse der Wohnungseigentümer durchzuführen“.
10
b) Mit der Frage, ob in einer solchen Situation neben dem Verwalter auch die teilrechtsfähige Wohnungseigentümergemeinschaft zum Schadensersatz verpflichtet sein kann, hat sich der Senat bereits mehrfach befasst, ohne insoweit eine abschließende Entscheidung zu treffen. Nachdem der Senat zunächst erwogen hat, dass der Verband gegenüber den Wohnungseigentümern aufgrund des verbandsrechtlichen Treueverhältnisses verpflichtet sein könnte, die Umsetzung gefasster Beschlüsse gegenüber dem Verwalter durchzusetzen (vgl. Senat, Urteil vom 13. Juli 2012 - V ZR 94/11, NJW 2012, 2955 Rn. 17 ff.), hat er später - ohne dass es hierauf entscheidend ankam - darauf verwiesen, dass dem Verband das Handeln des Verwalters in analoger Anwendung von § 31 BGB zuzurechnen sein könnte (Senat, Urteil vom 17. Oktober 2014 - V ZR 9/14, BGHZ 202, 375 Rn. 25; vgl. auch Urteil vom 10. Februar 2017 - V ZR 166/16, NJW-RR 2017, 844 Rn. 14 a.E.); denn im Außenverhältnis zu Dritten ist anerkannt, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft für schuldhaft pflichtwidriges organschaftliches Verhalten des Verwalters gemäß §§ 31, 89 BGB analog einzustehen hat (vgl. Senat, Urteil vom 13. Juli 2012 - V ZR 94/11, NJW 2012, 2955 Rn. 18 mwN).
11
c) Vereinzelt wird vertreten, dass sich ein geschädigter Wohnungseigentümer im Innenverhältnis stets an den Verband halten könne, da diesem sowohl das Verhalten des Verwalters als auch das der Eigentümerversammlung gemäß § 31 BGB zuzurechnen sei. Für Schäden, die einem Sondereigentümer entstünden, hafte der Verband unabhängig davon, ob diese auf einer verzögerten Durchführung von Beschlüssen durch den Verwalter, durch Fehler der durch den Verband beauftragten Handwerker und Gehilfen (§ 278 BGB) oder durch eine unterbliebene Beschlussfassung entstanden seien (so BeckOGK/ Karkmann, 1.3.2018, § 21 WEG Rn. 36.1 und 50; Schmid, ZWE 2012, 24, 26; ders., ZWE 2013, 184). Jedenfalls Letzteres hat der Senat jedoch - wie ausge- führt (vgl. Rn. 9) - abgelehnt und insoweit angenommen, dass nur die Wohnungseigentümer selbst haften könnten.
12
d) Ganz überwiegend wird in der Rechtsliteratur eine Haftung der Wohnungseigentümergemeinschaft im Innenverhältnis abgelehnt, weil sie mit der gesetzlichen Kompetenzverteilung unvereinbar sei (vgl. Bärmann/Merle, WEG, 13. Aufl., § 21 Rn. 62; Chr. Spielbauer in Spielbauer/Then, WEG, 3. Aufl., § 20 Rn. 5; Hügel/Elzer, WEG, 2. Aufl., § 21 Rn. 84; Staudinger/Jacoby, BGB [2018], § 20 WEG Rn. 33; ders., ZWE 2014, 8, 11 f. und ZWE 2017, 149, 153; BeckOK WEG/Dötsch, 2.4.2018, § 14 Rn. 59.1 f.; ders. ZWE 2017, 81; Abramenko, ZMR 2013, 174, 175; Armbrüster/Kräher, ZWE 2014, 1, 5 f.; Baer, ZfIR 2016, 354, 355; Elzer, NZM 2012, 718, 722 f.; Rüscher, ZfIR 2013, 65 Rn. 4.1; Suilmann, ZWE 2013, 82, 83).
13
3. Die zuletzt genannte Auffassung ist zutreffend.
14
a) Bereits im Ausgangspunkt ist eine entscheidende Frage zu beantworten , ob nämlich die Wohnungseigentümergemeinschaft im Verhältnis zu einzelnen Wohnungseigentümern selbst zur Durchführung von Beschlüssen verpflichtet ist. Von dem Bestehen einer solchen Pflicht ist der Senat verschiedentlich ausgegangen (vgl. Urteil vom 13. Juli 2012 - V ZR 94/11, NJW 2012, 2955 Rn. 19; Urteil vom 25. September 2015 - V ZR 246/14, BGHZ 207, 40 Rn. 15). Nur wenn diese Annahme richtig ist, können Schadensersatzansprüche des Wohnungseigentümers gemäß § 280 Abs. 1 oder 2 BGB gegen den Verband entstehen. Dann nämlich erfüllte der Verwalter, indem er Beschlüsse durchführt , nicht nur seine eigene, in § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG verankerte Pflicht, sondern zugleich eine Pflicht der Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Wohnungseigentümergemeinschaft wäre entweder selbst verpflichtet, den Verwalter zur Erfüllung seiner Pflicht anzuhalten, und haftete, wenn sie dem nicht nachkäme (so Senat, Urteil vom 13. Juli 2012 - V ZR 94/11, NJW 2012, 2955 Rn. 19), oder ihr wäre das Verhalten des Verwalters in analoger Anwendung von § 31 BGB zuzurechnen (so Senat, Urteil vom 17. Oktober 2014 - V ZR 9/14, BGHZ 202, 375 Rn. 25). Da auch § 31 BGB nur die Zurechnung eines Verhaltens, nicht aber von Pflichten erlaubt (vgl. Staudinger/Jacoby, BGB [2018], § 20 WEG, Rn. 33), setzen beide Begründungswege eine „Durchführungspflicht“ des Verbands hinsichtlich gefasster Beschlüsse voraus.
15
b) Damit werden grundlegende Fragen nach Funktion und Struktur der teilrechtsfähigen Wohnungseigentümergemeinschaft aufgeworfen. Im Ergebnis trifft die Pflicht zur Durchführung von Beschlüssen der Wohnungseigentümer nach der derzeitigen gesetzlichen Ausgestaltung den Verwalter und nicht die Wohnungseigentümergemeinschaft; daher begründen Pflichtverletzungen des Verwalters, die sich auf die Durchführung von Beschlüssen beziehen, keine Schadensersatzansprüche einzelner Wohnungseigentümer gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft.
16
aa) Infolge ihrer in § 10 Abs. 6 Satz 1 WEG normierten Teilrechtsfähigkeit schließt die Wohnungseigentümergemeinschaft zwar - vertreten durch den Verwalter - im Außenverhältnis die zur Durchführung von Beschlüssen erforderlichen Verträge im eigenen Namen ab. Aber im Innenverhältnis ist der Verband in die ordnungsmäßige Verwaltung des Gemeinschaftseigentums nicht eingebunden. Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums obliegt gemäß § 20 Abs. 1 WEG vielmehr den Wohnungseigentümern, dem Verwalter und im Falle der Bestellung eines Verwaltungsbeirats auch diesem. Die Wohnungseigentümer sind entscheidungs- und weisungsbefugt; ihnen obliegt die Willensbildung in der Eigentümerversammlung. Der Verwalter ist gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG als Vollzugsorgan (vgl. Senat, Beschluss vom 15. Dezember 1988 - V ZB 9/88, BGHZ 106, 222, 226) verpflichtet, Beschlüsse der Wohnungseigentümer durchzuführen. Da diese Pflicht „gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer“ besteht, trifft sie ihn im Innenverhältnis nicht als Organ der Gemeinschaft oder als Vertreter des Verbands. Vielmehr stellt sie eine eigene originäre Pflicht dar, die dem Verwalter gemäß § 27 Abs. 4 WEG auch nicht entzogen werden darf. Unterstützt wird der Verwalter ggf. gemäß § 29 Abs. 2 WEG durch einen Beirat, der seinerseits weder eigene Entscheidungskompetenzen noch Durchführungspflichten hat (vgl. Senat, Urteil vom 23. Februar 2018 - V ZR 101/16, juris Rn. 66). Eine eigene Pflicht des Verbands, bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums mitzuwirken, ist in den §§ 20 ff. WEG nicht vorgesehen. Aus § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG folgt nichts anderes (vgl. auch Senat, Urteil vom 17. Oktober 2014 - V ZR 9/14, BGHZ 202, 375 Rn. 22).
17
bb) Aus der allgemeinen körperschaftlichen Treuepflicht lässt sich - anders , als es der Senat zunächst erwogen hat (vgl. Urteil vom 13. Juli 2012 - V ZR 94/11, NJW 2012, 2955 Rn. 17 ff.) -, eine eigene Pflicht des Verbands zur Durchführung von Beschlüssen nicht herleiten. Voraussetzung hierfür wäre nämlich, dass der Verband die Möglichkeit hat, durch eigenes Handeln (eines Vertreters) die Rechte und Interessen seiner Mitglieder zu wahren; nur dann wäre er in der Lage, eine drohende Haftung abzuwenden. Daran fehlt es bei der Umsetzung von Sanierungsbeschlüssen aber gerade. Denn die Durchführung gefasster Beschlüsse kann die Wohnungseigentümergemeinschaft nur erreichen , indem sie den Verwalter gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG auf Erfüllung seiner Pflichten in Anspruch nimmt. Dazu bedarf es einer entsprechenden Willensbildung , die wiederum den Wohnungseigentümern obliegt. Lehnen diese ihrerseits ein Vorgehen gegen den Verwalter ab, obwohl es zwingend geboten ist, kann die Haftung allenfalls die Wohnungseigentümer selbst treffen, nicht jedoch den Verband.
18
c) Nach der Gesetzgebungsgeschichte war es auch nicht beabsichtigt, die teilrechtsfähige Wohnungseigentümergemeinschaft in die ordnungsmäßige Verwaltung des Gemeinschaftseigentums einzubinden.
19
aa) Mit der Einführung von Wohnungseigentum sollte die Wohnung zu einer „Art von Eigenheim“ werden (BR-Drs. 75/51, S. 6). Zum entscheidenden Organ wurde daher die Eigentümerversammlung, deren rechtliche Ausgestaltung man im Interesse einer effektiven Verwaltung teilweise dem Gesellschaftsrecht entlehnte; daneben wurde zwingend die Bestellung eines Verwalters als Fremdorgan vorgesehen (vgl. Fraktionsantrag der FDP vom 30. November 1949, BT-Drs. 1/252, S. 29 f.). Aus dieser Struktur ergaben sich in der Folgezeit praktische Schwierigkeiten im Rechtsverkehr, die behoben werden sollten, indem die Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft richterrechtlich anerkannt und ein Zuordnungssubjekt für das Verwaltungsvermögen geschaffen wurde. Im Innenverhältnis sollte die Durchsetzung von Beitragsforderungen erleichtert werden. Im Außenverhältnis sollte - unabhängig von einem Wechsel der Eigentümer - nunmehr die teilrechtsfähige Wohnungseigentümergemeinschaft als Vertragspartner Dritter auftreten können , um die Abwicklung von Verträgen zu erleichtern (vgl. zum Ganzen Senat, Beschluss vom 2. Juni 2005 - V ZB 32/05, BGHZ 163, 154, 165 ff.). Dagegen sollte die Willensbildung eine Angelegenheit der Wohnungseigentümer als Einzelpersonen bleiben, da sie nicht den Rechtsverkehr des Verbands betreffe (vgl. Senat, Beschluss vom 2. Juni 2005 - V ZB 32/05, BGHZ 163, 154, 177 f.).
20
bb) Bei der im Jahr 2007 in Kraft getretenen Reform des Wohnungseigentumsrechts kodifizierte der Gesetzgeber die Rechtsprechung des Senats in § 10 Abs. 6 WEG. Dementsprechend ist die Rechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht umfassend, sondern auf die Teilbereiche des Rechtslebens beschränkt, in denen die Wohnungseigentümer im Rahmen der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums als Gemeinschaft am Rechtsverkehr teilnehmen (vgl. Senat, Beschluss vom 2. Juni 2005 - V ZB 32/05, BGHZ 163, 154, 177; Urteil vom 18. März 2016 - V ZR 75/15, ZWE 2016, 268 Rn. 27). Unverändert blieb jedoch das Pflichtengefüge im Innenverhältnis. Es ging allein darum, ein Außenrechtssubjekt zu schaffen, das die Verwaltung erleichtert (vgl. BT-Drucks. 16/887, S. 60 unter A.1a); der Wohnungseigentümergemeinschaft sollte eine „gleichsam dienende Funktion zukommen“ (vgl. BTDrucks. 16/887, S. 61). Sie ist deshalb gerade nicht als Entscheidungssubjekt im Rahmen der ordnungsmäßigen Verwaltung konzipiert worden, sondern lediglich als Mittel, eine solche Verwaltung nach außen durchzusetzen (zutreffend Staudinger/Jacoby, BGB [2018], § 20 WEG Rn. 32). Vorschläge im Gesetzgebungsverfahren , die Rechtsfähigkeit konzeptionell zu Ende zu denken und die Verwaltungsbefugnisse des § 27 WEG der Wohnungseigentümergemeinschaft zuzuweisen (so insbesondere J. Schmidt-Räntsch in der sachverständigen Stellungnahme anlässlich der öffentlichen Anhörung vor dem Rechtsausschuss am 18. September 2006, S. 13), hat der Gesetzgeber gerade nicht aufgegriffen; nicht umgesetzt worden ist auch die Anregung, jedenfalls die Stellung des Verwalters als Organ der Gemeinschaft auszugestalten, anstatt die bisherige Rechtslage mit einem geringen eigenverantwortlichen Handlungsrahmen des Verwalters fortzuschreiben (eingehend Bub in der sachverständigen Stellungnahme anlässlich der öffentlichen Anhörung vor dem Rechtsausschuss am 18. September 2006, S. 9 ff.; kritisch Bonifacio, ZWE 2011, 105 ff.; Schmid, ZWE 2011, 202 ff.; Häublein, ZWE 2008, 80, 85 konstatiert eine gewisse „Kon- zeptlosigkeit in Bezug auf die gesetzliche Ausgestaltung des Innenverhältnis- ses“).
21
d) Praktikabilitätserwägungen können ein anderes Ergebnis nicht rechtfertigen. Insbesondere werden die einzelnen Wohnungseigentümer nicht rechtlos gestellt.
22
aa) Soweit es auf der Primärebene darum geht, die Durchführung der gefassten Beschlüsse zu erreichen, ergäben sich aus einer eigenen Pflicht des Verbandes keine Vorteile für die Wohnungseigentümer.
23
(1) Der einzelne Wohnungseigentümer kann und muss sich insoweit an den Verwalter als das gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG zuständige Vollzugsorgan halten. Bleibt der Verwalter untätig oder setzt er die Beschlüsse unvollständig oder fehlerhaft um, kann der Beirat eingeschaltet werden; wenngleich diesem keine Weisungsrechte zustehen, muss er jedenfalls auf den Verwalter einwirken. Ferner kann die Eigentümerversammlung mit dem Ziel einer Anweisung an den Verwalter oder sogar der Abmahnung oder Abberufung angerufen werden. In dringenden Fällen kann ein Notverwalter im Wege der einstweiligen Verfügung eingesetzt werden (vgl. Senat, Urteil vom 10. Juni 2011 - V ZR 146/10, NJW 2011, 3025 Rn. 11).
24
(2) Zudem kann jeder Wohnungseigentümer von dem Verwalter verlangen , dass er seine gesetzliche Pflicht zur Durchführung von Beschlüssen gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG erfüllt; ggf. kann dieser Anspruch im Klageweg durchgesetzt werden.
25
(a) Ein solcher Individualanspruch wird allerdings teilweise verneint (LG Hamburg, ZWE 2016, 278, 279; AG Hamburg-Blankenese, ZMR 2016, 151, 152; AG Hamburg-St. Georg, ZMR 2015, 581, 582; Heinemann in Jennißen, WEG, 5. Aufl., § 27 Rn. 6 a.E.; BeckOGK/Greiner, 1.3.2018, WEG § 26 Rn. 144; Häublein, ZWE 2008, 80, 82; wohl auch KG, NJW-RR 2003, 1168); gerade in jüngerer Zeit ist er unter Verweis auf die von dem Senat angedeutete „Durchführungspflicht“ des Verbands abgelehnt worden (vgl. LG Frankfurt, ZWE 2017, 232; AG Bremen-Blumenthal, ZMR 2017, 189; Niedenführ in Niedenführ /Vandenhouten, WEG, 12. Aufl., § 27 Rn. 11). Nach anderer Ansicht kann - wie nach früherem Recht (vgl. hierzu OLG Frankfurt, OLGZ 1980, 78, 79 f.) - jeder Wohnungseigentümer von dem Verwalter die Durchführung von Beschlüssen verlangen (vgl. AG Norderstedt, ZMR 2013, 575; Merle/Becker in Bärmann, WEG, 13. Aufl., § 27 Rn. 7; Hügel/Elzer, WEG, 2. Aufl., § 27 Rn. 10a; Staudinger/Jacoby, BGB [2018], § 27 WEG Rn. 122; ders., ZWE 2014, 8, 12 und ZWE 2017, 149, 153; Elzer, ZMR 2017, 459 ff.).
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(b) Letzteres trifft zu. Zwar können einzelne Wohnungseigentümer die vertraglichen Ansprüche der Gemeinschaft gegen den Verwalter nicht geltend machen, ohne zuvor einen Beschluss der Eigentümerversammlung herbeizuführen (vgl. Senat, Beschluss vom 15. Dezember 1988 - V ZB 9/88, BGHZ 106, 222, 226 ff.; vgl. aber zu individuellen Schadensersatzansprüchen Senat, Beschluss vom 2. Oktober 1991 - V ZB 9/91, BGHZ 115, 253, 257 f.). Auch ist zweifelhaft, ob alle in § 27 Abs. 1 WEG geregelten, auf der Amtsstellung beruhenden gesetzlichen Pflichten des Verwalters Individualrechte der einzelnen Wohnungseigentümer begründen (differenzierend BeckOGK/Greiner, 1.3.2018, WEG § 26 Rn. 143.3), wie es der Gesetzeswortlaut des § 27 Abs. 1 WEG nahe- legt, wonach der Verwalter „gegenüber den Wohnungseigentümern“ verpflichtet sein soll. Aber jedenfalls auf die Durchführung von Beschlüssen gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG haben die einzelnen Wohnungseigentümer jeweils einen individuellen Anspruch.
27
(aa) Hierfür spricht zunächst die Überlegung, dass ein effektiver Rechtsschutz des einzelnen Wohnungseigentümers in bestimmten Situationen nicht gewährleistet wäre, wenn ihm der jedenfalls nach dem Gesetzeswortlaut vorgesehene individuelle Anspruch auf Durchführung des Beschlusses abgesprochen würde. Dies gilt zum einen dann, wenn ein Beschluss deshalb durchgeführt werden muss, weil er durch Gestaltungsurteil ersetzt worden ist (vgl. zu der Rechtskraftwirkung eines solchen Urteils: Senat, Urteil vom 16. Februar 2018 - V ZR 148/17, NJW-RR 2018, 522 Rn. 13). Auf der Ebene der Willensbildung wird der Rechtsschutz durch die Beschlussersetzungsklage (§ 21 Abs. 8 WEG) gewährleistet; einen vollstreckungsfähigen Inhalt hat ein auf diese Weise herbeigeführtes Gestaltungsurteil aber nicht. Deshalb muss auch ein effektiver Rechtsschutz bereitstehen, um die Durchführung des ersetzten Beschluss durchzusetzen. Da Pflichten des Verbands insoweit nicht vorgesehen sind, bedarf es hierfür des Individualanspruchs gegen den Verwalter gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG. Zum anderen muss es eine Rechtsschutzmöglichkeit geben, wenn Individualansprüche gemäß § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG vergemeinschaftet worden sind und anschließend nicht geltend gemacht werden. Da den einzelnen Wohnungseigentümern hierdurch die individuelle Rechtsverfolgung abgeschnitten worden ist (vgl. dazu Senat, Urteil vom 5. Dezember 2014 - V ZR 5/14, BGHZ 203, 327 Rn. 13 ff.), müssen sie von dem Verwalter verlangen können, dass die beschlossene kollektive Rechtsdurchsetzung erfolgt.
28
(bb) Aber auch abgesehen von diesen Sondersituationen kann ein Wohnungseigentümer , nach dessen Ansicht ein gefasster Beschluss nicht, nicht vollständig oder nicht richtig durchgeführt worden ist, von dem Verwalter gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG die Durchführung des Beschlusses verlangen und seinen Anspruch ggf. mit gerichtlicher Hilfe durchsetzen. Eine ordnungsmäßige Verwaltung wird hierdurch nicht behindert. Denn in Zweifelsfällen kann der Verwalter ein solches Verlangen seinerseits zum Anlass nehmen, gemäß § 24 Abs. 1 WEG eine Eigentümerversammlung einzuberufen. Da die Wohnungseigentümer sich in der Regel dafür entscheiden dürfen, einen gefassten Beschluss abzuändern und ihn nicht (mehr) oder anders durchzuführen, kann auf diese Weise das weitere Vorgehen durch eine Mehrheitsentscheidung geklärt werden, und der Verwalter kann sich genaue Weisungen einholen, an die er sich anschließend zu halten hat.
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bb) Da die Haftung den primären Pflichten folgt, bestehen auch auf der Sekundärebene keine Ansprüche. Soweit einzelne Wohnungseigentümer durch die unterbliebene oder unvollständige Durchführung von Beschlüssen Schäden an ihrem Sondereigentum erleiden, indem sie etwa, wie hier, Mietausfälle hinnehmen müssen, ergeben sich durch die Etablierung einer zusätzlichen Pflicht des Verbands auch keine Vorteile; im Gegenteil drohte eine unübersichtliche Verantwortlichkeit auf mehreren Ebenen.
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(1) Wollte man eine solche Haftung nur dann aus der Treuepflicht ableiten , wenn der Beschluss den Zweck hat, einen Schaden am Gemeinschaftseigentum zu beseitigen, der das Sondereigentum des Wohnungseigentümers unbenutzbar macht (in diesem Sinne Senat, Urteil vom 13. Juli 2012 - V ZR 94/11, NJW 2012, 2955 Rn. 19), wäre für den betroffenen Wohnungseigentümer schwer erkennbar, wann er (nur) von dem Verwalter und wann er (auch) von dem Verband Schadensersatz verlangen darf. Zudem müsste die Frage beantwortet werden, in welchem Verhältnis die Sekundäransprüche zueinander stehen, weil es bei einer Herleitung der Haftung aus der Treuepflicht naheläge, dass der Wohnungseigentümer aufgrund der auch ihn treffenden Treuepflicht gehalten ist, zunächst den Verwalter als das primär zuständige Organ in Anspruch nehmen muss (in diesem Sinne LG Stuttgart, ZMR 2016, 733 f.; Dötsch, ZWE 2017, 81, 83).
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(2) Näher läge es daher, eine solche Pflicht des Verbands stets anzunehmen. Denn gefasste Beschlüsse sind ohne Rücksicht auf Erforderlichkeit und Dringlichkeit des beschlossenen Vorgehens unverzüglich durchzuführen, und der Verwalter hat insoweit kein Ermessen. Folge wäre aber eine tiefgreifende Umgestaltung der Haftungsverhältnisse innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft. Denn der Sache nach würde die in § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG normierte Pflicht zur Durchführung von Beschlüssen jedenfalls auf der Haftungsebene zu einer Pflicht des Verbands; es würde sich sogar die Frage stellen , ob für eigenmächtige Handlungen des Verwalters gehaftet werden müsste (vgl. Dötsch, ZWE 2017, 81 ff.). Mangels eigener Handlungsmöglichkeit würde im Ergebnis eine Garantiehaftung des Verbands etabliert. Das Zahlungs- und Insolvenzrisiko des eigentlichen Schädigers trüge die Wohnungseigentümergemeinschaft. Diese müsste ihrerseits Regress bei dem Verwalter nehmen; im Ergebnis führte dies zu einer Vermehrung von Rechtsstreitigkeiten ohne erkennbaren Nutzen. Zudem wäre die Einordnung der im Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft geschlossenen Verträge als Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte in Frage gestellt, wenn der Wohnungseigentümer einen Anspruch gegen den Verband hätte. Ob eine derart weitreichende Umgestaltung der Wohnungseigentümergemeinschaft erfolgen soll, hat der Gesetzgeber zu entscheiden (vgl. Elzer, NZM 2012, 718, 720 f.).
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Zur Anschlussrevision der Klägerin
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1. Die Anschlussrevision der Klägerin ist zulässig. Es kann dahinstehen, ob die Revision auch im Hinblick auf den abgewiesenen Teil der Klage zugelassen worden ist, weil die Anschlussrevision gemäß § 554 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO auch dann statthaft ist, wenn die Revision (insoweit) nicht zugelassen worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 24. Juni 2003 - KZR 32/02, BGHZ 155, 189, 191 f.; Urteil vom 26. Juli 2004 - VIII ZR 281/03, NJW 2004, 3174, 3176).
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2. Die Anschlussrevision ist aber unbegründet.
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a) Rechtsfehlerfrei und von der Anschlussrevision unbeanstandet verneint das Berufungsgericht einen auf § 14 Nr. 4 Halbsatz 2 WEG gestützten Ersatzanspruch. Schuldner dieses Aufopferungsanspruchs wäre zwar die Wohnungseigentümergemeinschaft (vgl. Senat, Urteil vom 25. September 2015 - V ZR 246/14, BGHZ 207, 40 Rn. 27 mwN; vgl. auch § 16 Abs. 7 WEG). Die Voraussetzungen hierfür sind aber nicht gegeben. Nach § 14 Nr. 4 Halbsatz 2 WEG ist der Schaden zu ersetzen, der adäquat kausal durch das Betreten oder die Benutzung der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile zur Instandsetzung und Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums verursacht worden ist. Schäden, die in Folge des die Maßnahme der Instandhaltung oder Instandsetzung auslösenden Mangels des Gemeinschaftseigentums eingetreten sind, werden nicht erfasst (vgl. Senat, Urteil vom 9. Dezember 2016 - V ZR 124/16, ZWE 2017, 216 Rn. 22). Um solche Schäden handelt es sich hier, weil die Wohnung nach den Feststellungen des Berufungsgerichts durch die vorhandene Feuchtigkeit unbewohnbar war.
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b) Nach Auffassung der Anschlussrevision hat die Beklagte den in den Monaten Januar bis August 2010 entstandenen Mietausfallschaden deshalb zu ersetzen, weil sie das Verschulden ihrer Auftragnehmer gemäß § 278 BGB zu vertreten hat. Zunächst habe die Firma B. von Januar bis Juni 2010 weitere Leistungen unzulässig verweigert; von Juli bis August 2010 habe der von der Beklagten beauftragte Architekt E. die Arbeiten trotz fortbestehender Mängel abgenommen. Diese Überlegungen verhelfen dem Rechtsmittel nicht zum Erfolg. Selbst wenn die Auftragnehmer der Beklagten ihre Pflichten verletzt haben sollten, begründete dies keine Ansprüche gegen die Beklagte.
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aa) Allerdings hat der Senat für das Wohnungseigentumsgesetz in der vor dem 1. Juli 2007 geltenden Fassung entschieden, dass sich die im Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander bestehende Pflicht zur ordnungsmäßigen Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums nicht auf eine die Instandsetzung ermöglichende Beschlussfassung beschränkte, sondern die entsprechende Werkleistung mit Hilfe von Fachleuten einschloss. Unterliefen dem Werkunternehmer Fehler, die zu Schäden des Sondereigentums führten, so hatten die Wohnungseigentümer hierfür gemäß § 278 BGB einzustehen, wobei sich der Geschädigte einen Bruchteil als Mitverschulden anrechnen lassen musste (vgl. Senat, Beschluss vom 22. April 1999 - V ZB 28/98, BGHZ 141, 224, 228 ff.).
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bb) Diese Rechtsprechung kann aber nach der jetzigen Rechtslage nicht mehr fortgeschrieben werden (zutreffend BeckOK WEG/Dötsch, 2.4.2018, § 14 Rn. 53). Sie beruhte nämlich darauf, dass die Wohnungseigentümer nicht nur die Willensbildung vornahmen, sondern auch bei Durchführung gefasster Beschlüsse Auftraggeber von Architekten, Bauleitern und Handwerkern waren. Nunmehr wird ein solcher Auftrag von der insoweit rechtsfähigen Wohnungsei- gentümergemeinschaft erteilt. Handwerker, Bauleiter oder Architekten, die der Verwalter zur Durchführung einer beschlossenen Sanierung im Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft beauftragt, sind im Verhältnis zu den einzelnen Wohnungseigentümern nicht Erfüllungsgehilfen des Verbands im Sinne von § 278 Satz 1 BGB. Voraussetzung hierfür wäre nämlich, dass die Handlung , die der Gehilfe vorgenommen hat, objektiv zum Pflichtenkreis des Schuldners gehört hat (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 3. Juni 1993 - III ZR 104/92, BGHZ 123, 1, 14 mwN). Daran fehlt es. Die Wohnungseigentümergemeinschaft erfüllt mit der Erteilung des Auftrags in Durchführung eines Sanierungsbeschlusses - wie oben Rn. 15 ff. aufgezeigt - keine eigene Pflicht gegenüber den einzelnen Wohnungseigentümern. Da der Verband nicht die Möglichkeit zum eigenen Handeln hat, lässt sich eine (subsidiäre) Haftung auch nicht aus einer Nebenpflichtverletzung herleiten (hierfür aber Dötsch, jurisPR-MietR 20/2016 Anm. 6 unter C.).
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cc) Auch insoweit ist der Rechtsschutz des Wohnungseigentümers gewährleistet. Die im Hinblick auf Fehler des Verwalters aufgezeigten Handlungsmöglichkeiten (vgl. Rn. 23 ff.) gelten gleichermaßen, wenn den bauausführenden Unternehmen bzw. Bauleitern oder Architekten Fehler unterlaufen. Wer die Sanierung ausführt, und welches Verfahren gewählt werden soll, entscheidet in aller Regel ohnehin nicht der Verwalter, sondern die Eigentümerversammlung. Ggf. müssen die bestehenden Rechtsschutzmöglichkeiten gegen die gefassten Beschlüsse ergriffen werden. Werden dagegen bei der Durchführung von Sanierungsarbeiten Schäden an dem Sondereigentum verursacht, ist der Verwalter zunächst verpflichtet, geäußerten Bedenken nachzugehen, ggf. Fachleute hinzuzuziehen und vor allem für die Behebung der Schadensursache im Bereich des gemeinschaftlichen Eigentums zu sorgen. Für Schäden, die die Auftragnehmer schuldhaft am Sondereigentum verursachen, haftet nicht die Wohnungseigentümergemeinschaft, sondern der Schädiger aufgrund der Verletzung von Pflichten aus einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter. Denn beauftragt werden Bauhandwerker zwar durch die Wohnungseigentümergemeinschaft ; ein solcher Vertrag hat aber Schutzwirkung zugunsten der einzelnen Wohnungseigentümer (vgl. LG Stuttgart, ZMR 2016, 733, 734; BeckOK WEG/Dötsch, 2.4.2018, § 10 Rn. 440; Wenzel, ZWE 2006, 462, 469). Der Verwalter ist verpflichtet, den geschädigten Sondereigentümer jedenfalls insoweit zu unterstützen, als er ihm alle erforderlichen Informationen zukommen lassen muss.

III.


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1. Danach kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat hat in der Sache selbst zu entscheiden, weil die Aufhebung des Urteils nur wegen einer Rechtsverletzung bei der Anwendung des Gesetzes erfolgt und die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dies führt zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils, mit dem die Klage insgesamt abgewiesen worden ist.
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2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Stresemann Brückner Weinland
Kazele Hamdorf

Vorinstanzen:
AG Hamburg, Entscheidung vom 10.11.2014 - 11 C 48/14 -
LG Hamburg, Entscheidung vom 29.03.2017 - 318 S 162/14 -

Schulden zwei Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstand nach gleichartig sind, so kann jeder Teil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Teils aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm obliegende Leistung bewirken kann.

Die Aufrechnung bewirkt, dass die Forderungen, soweit sie sich decken, als in dem Zeitpunkt erloschen gelten, in welchem sie zur Aufrechnung geeignet einander gegenübergetreten sind.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, sind von dem Schuldner im Wege der Klage bei dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges geltend zu machen.

(2) Sie sind nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der Einwendungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes spätestens hätten geltend gemacht werden müssen, entstanden sind und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden können.

(3) Der Schuldner muss in der von ihm zu erhebenden Klage alle Einwendungen geltend machen, die er zur Zeit der Erhebung der Klage geltend zu machen imstande war.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, sind von dem Schuldner im Wege der Klage bei dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges geltend zu machen.

(2) Sie sind nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der Einwendungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes spätestens hätten geltend gemacht werden müssen, entstanden sind und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden können.

(3) Der Schuldner muss in der von ihm zu erhebenden Klage alle Einwendungen geltend machen, die er zur Zeit der Erhebung der Klage geltend zu machen imstande war.

Die Aufrechnung bewirkt, dass die Forderungen, soweit sie sich decken, als in dem Zeitpunkt erloschen gelten, in welchem sie zur Aufrechnung geeignet einander gegenübergetreten sind.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 268/02
Verkündet am:
17. Juli 2003
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
Erklärt der Beklagte nach Klagezustellung mit einer bereits vor Klageerhebung der
Klageforderung aufrechenbar gegenüberstehenden Forderung gegen diese die Aufrechnung
, so ist trotz der materiell-rechtlichen Rückwirkung der Aufrechnung (§ 389
BGB) erst die Aufrechnungserklärung das "erledigende Ereignis" für eine bis dahin
zulässige und begründete Klage.
BGH, Urteil vom 17. Juli 2003 - IX ZR 268/02 - LG Landshut
AG Landshut
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 17. Juli 2003 durch die Richter Kirchhof, Dr. Ganter, Raebel, Kayser und
Dr. Bergmann

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Landshut vom 23. Oktober 2002 wird auf Kosten des Beklagten zu 1) zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin hat Zahlung eines restlichen Steuerberaterhonorars in Höhe von 3.916,32 klagten mit Schreiben vom 10. Dezember 1999 in Rechnung gestellt hat. Sie hat die Klageforderung mit Mahnbescheid vom 29. Dezember 2000 rechtshängig gemacht. Die Beklagten haben eingewendet, Auftraggeber der Klägerin sei lediglich der Beklagte zu 1) gewesen , und haben weiter einzelne Ansätze der Rechnung bestritten. Im Verlaufe des Rechtsstreites hat der Beklagte zu 1) mit einer ihm durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts Landshut vom 14. März 2001 zugesprochenen Forderung gegen die Klägerin in Höhe von 3.000 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 1. Mai 1998 gegen die Klageforderung aufgerechnet. Die Klägerin hat die Hauptsache in Höhe von 1.632,72 3.193,33 DM) für erledigt erklärt, die Verurteilung der Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von 2.283,59
(= 4.466,32 DM) und, da die Beklagten der Erledigungserklärung nicht zu- stimmten, die Feststellung der teilweisen Erledigung der Hauptsache begehrt.
Das Amtsgericht hat den Beklagten zu 1) zur Zahlung von 1.401,43 nebst 10,5 % Zinsen seit dem 20. September 2000 verurteilt und die Klage im übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, ein Anspruch gegen die Beklagte zu 2) stehe der Klägerin nicht zu, weil diese nicht Auftraggeberin der Klägerin sei. Aus der Rechnung vom 10. Dezember 1999 seien die dort angesetzten Beträge für Bericht und Antrag zur Bilanz zu streichen, weil die Klägerin insoweit keinen Auftrag des Beklagten zu 1) gehabt habe; ferner seien weitere Vorschußzahlungen sowie die zur Aufrechnung gestellte Forderung in ! "$#% '& ( ) * ) + , - . / 0 0 1 324 5 6 . 7 98 Höhe von 1.632,72 sich die Hauptsache in dieser Höhe erledigt habe, sei zurückzuweisen. Die Forderung des Beklagten zu 1) sei bereits vor Rechtshängigkeit der Klageforderung entstanden. Wegen § 389 BGB sei auf den Eintritt der Aufrechnungslage abzustellen, so daß die Klage unbegründet gewesen sei.
Die Berufung der Klägerin blieb ohne Erfolg, soweit sie die Verurteilung des Beklagten zu 1) zur Zahlung eines weiteren Betrages von 679,05 egehrte. Hingegen stellte das Berufungsgericht auf die Berufung der Klägerin fest, daß sich der Rechtsstreit in bezug auf den Beklagten zu 1) in Höhe von , :! ,"';< + = ?>@ /ABAC / ( D E>@FG + / H ! + I ) + , - 1.632,72 nicht die Aufrechnungslage, sondern die im Prozeß abgegebene Aufrechnungserklärung das erledigende Ereignis dar, durch das die zunächst zulässige und begründete Klage unbegründet geworden sei. Dagegen wendet sich der Beklagte zu 1) mit der - zugelassenen - Revision.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist nicht begründet.

I.


1. Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft, da sie vom Berufungsgericht im Tenor des angefochtenen Urteils zugelassen worden ist. Daß in den Entscheidungsgründen von der Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO die Rede ist, berührt die Bindung des Revisionsgerichts an die Zulassung (§ 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO) nicht, weil die Zulassungsgründe für die Rechtsbeschwerde mit denjenigen für die Revision übereinstimmen (§ 543 Abs. 2 Satz 1, § 574 Abs. 2 ZPO). Aus den Entscheidungsgründen ergibt sich jedoch, daß das Berufungsgericht die Revision nur hinsichtlich eines Teils des Streitgegenstandes zugelassen hat. Denn es führt dort zur Zulassung aus, zu der hier für einen Teil des Streitgegenstandes streitentscheidenden Frage, ob bei einer Erledigung durch Aufrechnung auf den Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung oder der Aufrechnungslage abzustellen sei, liege eine divergierende obergerichtliche Rechtsprechung vor. Diese Ausführungen lassen deutlich erkennen, daß das Berufungsgericht nur hinsichtlich eines rechtlich selbständigen und abtrennbaren Teils des Streitstoffes, über den gesondert hätte entschieden werden können (Antrag auf Feststellung der teilweisen Erledigung der Hauptsache durch die von dem Beklagten zu 1) erklärte Aufrechnung), eine die Anrufung des Revisionsgerichts rechtfertigende Rechtsfrage gesehen hat. In einem solchen Fall ist die Zulassung trotz der uneingeschränkten Zulassung der Revision im Tenor auf diesen Teil des Streit-
gegenstandes beschränkt (vgl. BGH, Urt. v. 5. Februar 1998 - III ZR 103/97, NJW 1998, 1138, 1139 f; v. 9. Januar 2001 - VI ZR 407/99, NJW 2001, 969, 970; v. 29. Januar 2003 - XII ZR 92/01, z.V.b. in BGHZ).
2. Die gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte Revision ist auch im übrigen zulässig, insbesondere ergibt sich - ungeachtet der weiten Antragsfassung - aus der Revisionsbegründung hinreichend deutlich, daß mit der Revision nur die Aufhebung des Berufungsurteils hinsichtlich des zugelassenen Teils des Streitgegenstandes begehrt wird. Denn nur insoweit ist der Beklagte zu 1) durch die angefochtene Entscheidung beschwert.

II.


Die Revision ist jedoch unbegründet.
1. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, das Berufungsurteil enthalte keine hinreichenden Gründe im Sinne des § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, weil die Berufungsanträge nicht aufgenommen seien. Es genügt, daß aus den Ausführungen des Berufungsgerichts hinreichend deutlich wird, was die Parteien mit ihren Rechtsmitteln erstrebt haben (vgl. BGH, Urt. v. 26. Februar 2003 - VIII ZR 262/02, z.V.b. in BGHZ; Urt. v. 6. Juni 2003 - V ZR 392/02, z.V.b.). Das ist hier der Fall.
2. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, daß der . J Rechtsstreit in bezug auf den Beklagten zu 1) in Höhe von 1.632,72 Hauptsache erledigt ist.


a) Die Hauptsache ist erledigt, wenn die Klage im Zeitpunkt des nach ihrer Zustellung eingetretenen erledigenden Ereignisses zulässig und begründet war und durch das behauptete Ereignis unzulässig oder unbegründet wurde (BGHZ 106, 359, 366 f; BGH, Urt. v. 6. Dezember 1984 - VII ZR 64/84, NJW 1986, 588, 589). Ein vor Rechtshängigkeit liegendes Ereignis kann die Hauptsache nicht erledigen (BGHZ 83, 12, 14; 127, 156, 163).
Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz nur noch darüber, ob die Klage durch die von dem Beklagten zu 1) erklärte Aufrechnung in Höhe von H ! K 05 , - H ! LG M N @ /OGP 0 Q ) @P RP S , ,O' T ' 1.632,72 eklagte zu 1) meint, wegen der Rückwirkung der Aufrechnungserklärung gemäß § 389 BGB von Anfang an unbegründet war. Die Feststellung der Vorinstanzen , daß die Klageforderung in dieser Höhe bis zur Aufrechnung gegen den Beklagten zu 1) bestanden hat und durch die Aufrechnung mit der dem Beklagten zu 1) vor Rechtshängigkeit der Klageforderung aufrechenbar zuste- 6 P /H ! U ) V WO' X 0 T P Y ( henden Gegenforderung in Höhe von 1.632,72 Parteien nicht beanstandet. Sie läßt einen Rechtsfehler auch nicht erkennen.
Ebensowenig bestehen an der Zulässigkeit der Klage hinsichtlich des durch Aufrechnung erloschenen Teils der Klageforderung Bedenken wegen eines möglicherweise fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses (vgl. Axel Schulte, Die Kostenentscheidung bei der Aufrechnung durch den Beklagten im Zivilprozeß , 1990 S. 56; N. Schneider MDR 2000, 507, 508). Insbesondere war die Klägerin nicht gehalten, ihrerseits gegen die Forderung des Beklagten zu 1) mit ihrer Honorarforderung aufzurechnen, statt diese in vollem Umfange klageweise geltend zu machen. Bei der Gegenforderung des Beklagten zu 1) handelte
es sich um eine von der Klägerin zunächst bestrittene Kaufpreisforderung, die in keinem rechtlichen Zusammenhang mit der Honorarforderung der Klägerin stand. In dem über diese Forderung des Beklagten zu 1) anhängigen Rechtsstreit mußte sich die Klägerin schon wegen § 145 Abs. 3 ZPO nicht mit einer (Hilfs-)Aufrechnung verteidigen. Da sie die Gegenforderung des Beklagten zu 1) bestritt, war es ihr bis zu deren rechtskräftiger Feststellung auch nicht zuzumuten, von einer gerichtlichen Geltendmachung ihrer eigenen Forderung in Höhe der Gegenforderung des Beklagten zu 1) abzusehen und sich statt dessen durch Aufrechnung zu befriedigen. Nach ihrer rechtskräftigen Verurteilung zur Bezahlung der Forderung des Beklagten zu 1) war ihr die Verteidigung gegen diese Forderung im Wege der Aufrechnung durch § 767 Abs. 2 ZPO verwehrt. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes beurteilt sich die Frage, wann eine gegen den festgestellten Anspruch geltend gemachte Einwendung entstanden ist, nach materiellem Recht, wobei für die Aufrechnung nicht auf die Ausübung dieses Gestaltungsrechts, sondern ohne Rücksicht auf eine etwaige Kenntnis auf die Aufrechnungslage, also darauf abzustellen ist, wann sich die Forderungen objektiv aufrechenbar gegenübergestanden haben (BGHZ 24, 97, 98; 34, 274, 279; 100, 222, 225).

b) Wenn die Aufrechnungslage (§ 387 BGB) - wie im vorliegenden Fall - bereits vor Zustellung der Klage bestanden hat, ist in Literatur und Rechtsprechung umstritten, ob das erledigende Ereignis die Aufrechnungslage oder die Aufrechnungserklärung (§ 388 Satz 1 BGB) ist.
aa) Ein Teil der jüngeren Rechtsprechung und die überwiegende Kommentarliteratur sehen wegen der materiell-rechtlichen Rückwirkung nach § 389 BGB die Aufrechnungslage als erledigendes Ereignis an und verneinen dem-
nach, wenn die Aufrechnungslage schon vor Klageerhebung bestanden hat, eine Erledigung der Hauptsache, weil diese nur durch ein nach Klagezustellung liegendes Ereignis eintreten kann (vgl. OLG Hamm MDR 2000, 296, 297 = OLG-Report 2000, 100; OLG Jena OLG-Report 1997, 135, 136; Münch- Komm-ZPO/Lindacher, 2. Aufl. § 91a Rn. 134; Musielak/Wolst, ZPO 3. Aufl. § 91a Rn. 57; Zöller/Vollkommer, ZPO 23. Aufl. § 91a Rn. 58 "Aufrechnung"; Bamberger/Roth/Dennhardt, BGB § 389 Rn. 3; Erman/Westermann, BGB 10. Aufl. § 389 Rn. 5; MünchKomm-BGB/Schlüter, 4. Aufl. § 389 Rn. 11; Palandt /Heinrichs, BGB 62. Aufl. § 389 Rn. 2).
bb) Die Gegenansicht hält demgegenüber die durch § 389 BGB angeordnete Rückwirkung als lediglich materiell-rechtliche Fiktion für die verfahrensmäßige Frage der Erledigung der Hauptsache für bedeutungslos und stellt auf den tatsächlichen Vorgang der Erledigungserklärung als erledigendes Ereignis ab (vgl. BayObLG NJW-RR 2002, 373 f; OLG Düsseldorf NJW-RR 2001, 432 = MDR 2000, 540; Thomas/Putzo, ZPO 25. Aufl. § 91a Rn. 4 a.E.; Stein/Jonas/Bork, ZPO 21. Aufl. § 91a Rn. 6 Fn. 12; Heistermann NJW 2001, 3527 f; N. Schneider, aaO; Schulte, aaO S. 58 ff, 64).
cc) Das Reichsgericht hat kurz nach dem Inkrafttreten des BGB - ohne nähere Begründung - ausgesprochen, daß der Kläger wegen der Rückwirkung der Aufrechnungserklärung nach § 389 BGB kostenfällig sei, wenn schon vor Beginn des Prozesses die beiden Forderungen einander gegenüber gestanden hätten, obgleich in einem solchen Falle die Beseitigung des Klageanspruchs erst durch die Erklärung erfolge (RGZ 50, 389, 391). Später hat es die Erledigung der Hauptsache nur in einem Fall angenommen, in dem die zur Aufrechnung gestellte Forderung im Laufe des Rechtsstreites für die beklagte Partei
entstanden war (RGZ 57, 381, 384). In der Entscheidung RGZ 58, 414, in der es um die Kostenentscheidung bei der Fortsetzung eines von dem Konkursverwalter angestrengten Anfechtungsrechtsstreites nach Aufhebung des Konkurses zwischen dem bisherigen Gemeinschuldner und dem Anfechtungsgeg- ner ging, hat das Reichsgericht offengelassen, ob in dem Falle, daß die Aufrechnungslage bereits vor Beginn des Rechtsstreites bestand, "die rückwirkende Kraft der Aufrechnung zu einem abweichenden Resultate führen kann" (aaO S. 417).
Der Bundesgerichtshof hatte sich in der Entscheidung vom 6. Dezember 1984 (VII ZR 64/84, NJW 1986, 588) mit dem Sachverhalt zu befassen, daß der Kläger mit einem Teil der in einem Erstprozeß im Jahre 1976 rechtshängig gemachten Klageforderung gegen eine Forderung des Beklagten in einem von diesem im Jahre 1980 angestrengten Zwischenprozeß aufgerechnet und sodann im Erstprozeß die Hauptsache im Hinblick auf die im Zwischenprozeß erklärte Aufrechnung insoweit für erledigt erklärt hatte. Der Bundesgerichtshof hat eine Erledigung mit der Begründung angenommen, diese sei materiell eingetreten durch die begründete Aufrechnung der streitgegenständlichen Forderung mit ebenfalls begründeten Gegenforderungen des Beklagten; dies sei das "erledigende Ereignis". Da die Klage bis zu diesem Zeitpunkt zulässig und begründet gewesen sei, sei somit Erledigung eingetreten (aaO S. 589). Nach dem festgestellten Sachverhalt bestand allerdings kein Anhaltspunkt dafür, daß die Aufrechnungslage bereits vor Klageerhebung in dem Erstprozeß bestanden haben könnte.

c) Der Senat schließt sich auch für den Fall, daß die Aufrechnungslage bereits vor Rechtshängigkeit der Klageforderung bestanden hat, der Auffas-
sung an, daß nicht die Aufrechnungslage, sondern erst die Aufrechnung als solche, also die Aufrechnungserklärung, das erledigende Ereignis darstellt.
aa) Ein erledigendes Ereignis ist der Eintritt einer Tatsache mit Auswirkungen auf die materiell-rechtlichen Voraussetzungen der Zulässigkeit oder Begründetheit der Klage (vgl. Musielak/Wolst aaO Rn. 10). Die materiell-rechtliche Wirkung, die bei der Aufrechnung die Geltendmachung der Klageforderung berührt, ist deren Erlöschen. Dieser Erfolg wird aber, wie § 389 BGB eindeutig besagt, (erst) durch die Aufrechnung, d.h. durch die Aufrechnungserklärung (§ 388 Satz 1 BGB) "bewirkt" und nicht (bereits) durch die Aufrechnungslage (vgl. BGHZ 109, 47, 51). Das Vorliegen einer Aufrechnungslage führt, wenn und solange die Aufrechnung nicht erklärt wird, noch nicht zum Erlöschen der beiderseitigen Forderungen (BGHZ 2, 300, 303 f).
bb) Tritt die Erlöschenswirkung erst mit der Erklärung der Aufrechnung ein, so war die Klage bis dahin zulässig und begründet. Die von § 389 BGB angeordnete Fiktion ("gilt") der Rückwirkung des Erlöschens auf den Zeitpunkt der Aufrechnungslage ändert daran nichts. Diese Fiktion der Rückwirkung hat lediglich zur Folge, daß nicht nur die Hauptforderungen erlöschen, sondern auch Ansprüche z.B. auf Verzugszinsen für den Zeitraum bis zur Erklärung der Aufrechnung, die ohne die Rückwirkung nach wie vor bestünden, ab dem Zeitpunkt der Aufrechnungslage wegfallen (vgl. BGHZ 80, 269, 278 f). Diese materiell -rechtliche Rückwirkung tritt aber gleichfalls erst mit Abgabe der Aufrechnungserklärung ein. Sie steht damit der Auffassung, daß prozessual die Aufrechnungserklärung und nicht die Aufrechnungslage das erledigende Ereignis darstellt, nicht entgegen.
cc) Weder die Abwägung der Interessen der Beteiligten noch sonstige Billigkeitserwägungen vermögen ein abweichendes Ergebnis zu rechtfertigen. Zwar mag es zutreffen, daß sich der Inhaber einer aufrechenbaren Forderung wegen § 389 BGB ab Bestehen der Aufrechnungslage "wirtschaftlich nicht mehr als Schuldner zu fühlen" braucht (so Palandt/Heinrichs aaO), weil er jederzeit durch Erklärung der Aufrechnung die Forderung seines Gläubigers rückwirkend zum Erlöschen bringen kann. Gleichwohl wird damit nicht schon die Aufrechnungslage zum "relevanten" Erledigungsereignis (vgl. aber MünchKomm -ZPO/Lindacher aaO). Es ist grundsätzlich dem beklagten Schuldner zur freien Entscheidung überlassen, ob und wann er durch Erklärung der Aufrechnung (§ 388 Satz 1 BGB) die Erlöschenswirkung (mit der materiell-rechtlichen Folge des § 389 BGB) eintreten lassen will. Fordert ihn der Kläger vorprozessual zur Zahlung auf, so vermag der Schuldner, dem die Aufrechnungslage bekannt ist, durch Erklärung der Aufrechnung vor Rechtshängigkeit eine etwaige Klage von Anfang an unbegründet zu machen. Sieht der Kläger von einer vorprozessualen Aufforderung ab, können ihm gemäß § 93 ZPO die Prozeßkosten zur Last fallen.
Dagegen besteht für den klagenden Gläubiger nicht in jedem Falle die Möglichkeit, sich seinerseits vor Klageerhebung durch Erklärung der Aufrechnung gegen die Forderung des beklagten Schuldners zu befriedigen. Für ihn kann die Aufrechnung aus Rechtsgründen ausgeschlossen sein, z.B. wenn dem Beklagten eine Schadensersatzforderung gegen ihn zusteht (§ 393 BGB) oder die Forderung des Klägers vor Klageerhebung noch einredebehaftet ist (§ 390 Satz 1 BGB). Die Aufrechnung vor Klageerhebung kann dem Kläger /Gläubiger ferner aus tatsächlichen Gründen unmöglich sein, wenn etwa der Beklagte die Gegenforderung durch Abtretung oder im Wege der Erbfolge er-
langt hat (möglicherweise sogar erst nach Klageerhebung) und dies dem Kläger nicht bekannt ist. Im übrigen kann der Kläger - wie der Beklagte - gute Gründe haben, von einer Aufrechnungserklärung zunächst abzusehen, so wenn Kläger und/oder Beklagter mehrere Forderungen haben, mit denen und gegen die aufgerechnet werden kann. Für den Kläger kann es ferner beispielsweise naheliegen, von einer Aufrechnung abzusehen, wenn die Forderung des Beklagten demnächst verjährt (vgl. § 390 Satz 2 BGB).
Würde man bei einer vor Rechtshängigkeit gegebenen Aufrechnungslage bereits diese grundsätzlich als erledigendes Ereignis ansehen, so daß bei einer erst im Prozeß erklärten Aufrechnung des Beklagten die Klage gleichwohl als von Anfang an unbegründet zu behandeln wäre, hätte dies zur Folge, daß auch in den soeben genannten Fällen der Kläger weder durch Klagerücknahme noch durch eine Erledigungserklärung verhindern könnte, mit den durch die Klageerhebung verursachten Kosten belastet zu werden, sofern der Beklagte der Erledigung nicht zustimmt (§§ 91, 269 Abs. 3 ZPO a.F.). Auch § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO in der seit dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung (§ 26 Nr. 2 EGZPO) zwingt den Kläger nicht, die Klage zurückzunehmen, statt sie für erledigt zu erklären. Ist dagegen die Erledigung der Hauptsache durch Erklärung der Aufrechnung im Prozeß eingetreten, erlaubt es die bei übereinstimmender Erledigungserklärung der Parteien gemäß § 91a ZPO nach billigem Ermessen zu treffende Kostenentscheidung, bei der Verteilung der Kostenlast zu berücksichtigen , ob und gegebenenfalls welcher Partei es billigerweise zuzumuten war, die Aufrechnung bereits vorgerichtlich zu erklären.

III.


Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Kirchhof Ganter Raebel
Kayser Bergmann

(1) Bestimmt der Vorsitzende keinen frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung, so fordert er den Beklagten mit der Zustellung der Klage auf, wenn er sich gegen die Klage verteidigen wolle, dies binnen einer Notfrist von zwei Wochen nach Zustellung der Klageschrift dem Gericht schriftlich anzuzeigen; der Kläger ist von der Aufforderung zu unterrichten. Zugleich ist dem Beklagten eine Frist von mindestens zwei weiteren Wochen zur schriftlichen Klageerwiderung zu setzen. Ist die Zustellung der Klage im Ausland vorzunehmen, so beträgt die Frist nach Satz 1 einen Monat. Der Vorsitzende kann in diesem Fall auch eine längere Frist bestimmen.

(2) Mit der Aufforderung ist der Beklagte über die Folgen einer Versäumung der ihm nach Absatz 1 Satz 1 gesetzten Frist sowie darüber zu belehren, dass er die Erklärung, der Klage entgegentreten zu wollen, nur durch den zu bestellenden Rechtsanwalt abgeben kann. Die Belehrung über die Möglichkeit des Erlasses eines Versäumnisurteils nach § 331 Abs. 3 hat die Rechtsfolgen aus den §§ 91 und 708 Nr. 2 zu umfassen.

(3) Der Vorsitzende kann dem Kläger eine Frist zur schriftlichen Stellungnahme auf die Klageerwiderung setzen.

(1) Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, sind von dem Schuldner im Wege der Klage bei dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges geltend zu machen.

(2) Sie sind nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der Einwendungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes spätestens hätten geltend gemacht werden müssen, entstanden sind und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden können.

(3) Der Schuldner muss in der von ihm zu erhebenden Klage alle Einwendungen geltend machen, die er zur Zeit der Erhebung der Klage geltend zu machen imstande war.

Auf die Zwangsvollstreckung aus den in § 794 erwähnten Schuldtiteln sind die Vorschriften der §§ 724 bis 793 entsprechend anzuwenden, soweit nicht in den §§ 795a bis 800, 1079 bis 1086, 1093 bis 1096 und 1107 bis 1117 abweichende Vorschriften enthalten sind. Auf die Zwangsvollstreckung aus den in § 794 Abs. 1 Nr. 2 erwähnten Schuldtiteln ist § 720a entsprechend anzuwenden, wenn die Schuldtitel auf Urteilen beruhen, die nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar sind. Die Vorschriften der in § 794 Absatz 1 Nummer 6 bis 9 genannten Verordnungen bleiben unberührt.

(1) Die Zwangsvollstreckung findet ferner statt:

1.
aus Vergleichen, die zwischen den Parteien oder zwischen einer Partei und einem Dritten zur Beilegung des Rechtsstreits seinem ganzen Umfang nach oder in Betreff eines Teiles des Streitgegenstandes vor einem deutschen Gericht oder vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle abgeschlossen sind, sowie aus Vergleichen, die gemäß § 118 Abs. 1 Satz 3 oder § 492 Abs. 3 zu richterlichem Protokoll genommen sind;
2.
aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen;
2a.
(weggefallen)
2b.
(weggefallen)
3.
aus Entscheidungen, gegen die das Rechtsmittel der Beschwerde stattfindet;
3a.
(weggefallen)
4.
aus Vollstreckungsbescheiden;
4a.
aus Entscheidungen, die Schiedssprüche für vollstreckbar erklären, sofern die Entscheidungen rechtskräftig oder für vorläufig vollstreckbar erklärt sind;
4b.
aus Beschlüssen nach § 796b oder § 796c;
5.
aus Urkunden, die von einem deutschen Gericht oder von einem deutschen Notar innerhalb der Grenzen seiner Amtsbefugnisse in der vorgeschriebenen Form aufgenommen sind, sofern die Urkunde über einen Anspruch errichtet ist, der einer vergleichsweisen Regelung zugänglich, nicht auf Abgabe einer Willenserklärung gerichtet ist und nicht den Bestand eines Mietverhältnisses über Wohnraum betrifft, und der Schuldner sich in der Urkunde wegen des zu bezeichnenden Anspruchs der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat;
6.
aus für vollstreckbar erklärten Europäischen Zahlungsbefehlen nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006;
7.
aus Titeln, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nach der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 zur Einführung eines Europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen als Europäische Vollstreckungstitel bestätigt worden sind;
8.
aus Titeln, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union im Verfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen (ABl. L 199 vom 31.7.2007, S. 1; L 141 vom 5.6.2015, S. 118), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2015/2421 (ABl. L 341 vom 24.12.2015, S. 1) geändert worden ist, ergangen sind;
9.
aus Titeln eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union, die nach der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen zu vollstrecken sind.

(2) Soweit nach den Vorschriften der §§ 737, 743, des § 745 Abs. 2 und des § 748 Abs. 2 die Verurteilung eines Beteiligten zur Duldung der Zwangsvollstreckung erforderlich ist, wird sie dadurch ersetzt, dass der Beteiligte in einer nach Absatz 1 Nr. 5 aufgenommenen Urkunde die sofortige Zwangsvollstreckung in die seinem Recht unterworfenen Gegenstände bewilligt.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 230/15 Verkündet am:
21. Oktober 2016
Rinke
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Erhebt der Schuldner während eines laufenden, aufgrund einer Sicherungsgrundschuld
betriebenen Zwangsversteigerungsverfahrens eine Vollstreckungsabwehrklage
, die er auf die Verjährung eines Teils der Grundschuldzinsen
stützt, kann das Rechtsschutzbedürfnis ausnahmsweise zu
verneinen sein. Dies setzt voraus, dass der Gläubiger nicht wegen der verjährten
Zinsen vollstreckt; ferner müssen Indizien vorliegen, die in einer Gesamtwürdigung
den sicheren Schluss erlauben, dass die Vollstreckungsabwehrklage
ausschließlich prozesszweckfremden Zielen dient.
BGH, Urteil vom 21. Oktober 2016 - V ZR 230/15 - OLG Brandenburg
LG Frankfurt (Oder)
ECLI:DE:BGH:2016:211016UVZR230.15.0

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 21. Oktober 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterinnen Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und Dr. Brückner, den Richter Dr. Göbel und die Richterin Haberkamp

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 19. März 2015 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen, wobei der Tenor des Berufungsurteils klarstellend wie folgt gefasst wird: Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 2. April 2014 - Az. 14 O 206/13 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage als unzulässig abgewiesen wird.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin und ihr Ehemann bestellten an ihrem Grundstück in den Jahren 2003 und 2004 zugunsten der beklagten Bank (im Folgenden: Gläubigerin ) zwei Sicherungsgrundschulden über 460.000 € sowie über 40.000 €, und zwar jeweils nebst 15 % Zinsen. Am 7. Juni 2011 beantragte die Gläubigerin die Zwangsversteigerung des Grundstücks. Von ihrem Vollstreckungsauftrag nahm sie die auf die Zeit vor dem 1. Januar 2008 entfallenden Grundschuldzinsen aus. Der dritte Versteigerungstermin sollte am 17. September 2013 stattfinden. Mit einem kurz zuvor - am 5. September 2013 - bei der Gläubigerin eingegangenen Schreiben berief sich die Klägerin erstmals auf die Verjährung der bis Ende 2007 entstandenen Zinsansprüche und erhob darauf gestützt Vollstreckungsabwehrklage. Im laufenden Verfahren hat die Gläubigerin ausdrücklich auf die verjährten Zinsen verzichtet.
2
Das Landgericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Die Zurückweisung der Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht auf ein fehlendes Rechtsschutzbedürfnis gestützt. Zuvor war am 29. Januar 2015 der Zuschlag erteilt worden. Der Verteilungstermin wurde für den 26. März 2015 anberaumt. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision will die Klägerin weiterhin erreichen, dass die Zwangsvollstreckung hinsichtlich der vor dem 1. Januar 2008 fällig gewordenen Grundschuldzinsen für unzulässig erklärt wird.

Entscheidungsgründe:


I.


3
Das Berufungsgericht meint, der Klage fehle ausnahmsweise das Rechtsschutzbedürfnis, nachdem die Gläubigerin die verjährten Zinsen von vornherein von ihrem Vollstreckungsauftrag ausgenommen habe. Ihr zweifelsfrei erklärter Verzicht auf diesen Teil der Forderung komme einem Anerkenntnis gleich. Zudem könne nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs das Rechtsschutzbedürfnis für eine Vollstreckungsabwehrklage des Schuldners fehlen , wenn dieser titulierte, wiederkehrende Unterhaltsforderungen erfülle; dies sei auf verjährte Grundschuldzinsen übertragbar. Bei einer gegenteiligen Betrachtung werde die Gläubigerin aufgrund der jeweils eintretenden Verjährung eines Teils der Zinsforderung jährlich gezwungen, den Titel an den Schuldner herauszugeben und sich eine weitere, beschränkte vollstreckbare Ausfertigung erteilen zu lassen. Dies verursache jeweils Kosten von rund 2.000 €. Der Kostenerstattungsanspruch gegen die Schuldnerin sei voraussichtlich nicht vollstreckbar , nachdem diese die Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe erfülle.
4
Selbst wenn ein Rechtsschutzbedürfnis zu bejahen sei, stelle sich die Rechtsverfolgung durch die Klägerin als rechtsmissbräuchlich dar und verstoße gegen das Schikaneverbot (§ 226 BGB). Die Zwangsversteigerung des Grundstücks werde nämlich aller Voraussicht nach nicht annähernd zur Befriedigung der Gläubigerin ausreichen; dass die Klägerin die titulierten Verbindlichkeiten aus ihrem sonstigen Vermögen werde begleichen können, sei nicht anzunehmen. Daher verfolge sie ein Rechtsschutzziel, das ihr unter keinem Gesichtspunkt Nutzen bringen könne.

II.


5
Die Revision hat keinen Erfolg. Die Abweisung der Klage als unzulässig hält jedenfalls im Ergebnis rechtlicher Nachprüfung stand.
6
1. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs lägen die Voraussetzungen für das Rechtsschutzbedürfnis allerdings vor.
7
a) Es entspricht gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass für eine Vollstreckungsabwehrklage solange ein Rechtsschutzbedürfnis besteht, wie der Gläubiger den Vollstreckungstitel noch in Händen hat. Dies gilt selbst dann, wenn der Gläubiger auf seine Rechte aus dem Titel verzichtet hat oder zwischen ihm und dem Schuldner Einigkeit darüber besteht, dass eine Zwangsvollstreckung nicht mehr in Betracht kommt (vgl. Senat, Urteil vom 12. Juli 1955 - V ZR 11/53, NJW 1955, 1556; Urteil vom 23. November 1973 - V ZR 23/72, WM 1974, 59, 60; Urteil vom 10. Oktober 1975 - V ZR 5/74, WM 1975, 1213; Urteil vom 21. Januar 1994 - V ZR 238/92, NJW 1994, 1161, 1162; BGH, Urteil vom 16. Juni 1992 - XI ZR 166/91, NJW 1992, 2148; Beschluss vom 15. Dezember 2011 - IX ZR 230/09, juris Rn. 2). Gestützt wird dies auf die Überlegung, dass der Verzicht auf die Forderung keine weitergehende Wirkung haben kann als eine in öffentlicher Urkunde erklärte Bescheinigung des Gläubigers , er sei wegen seiner Forderung befriedigt; mit einer solchen Bescheinigung kann die Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln nicht erreicht werden (§ 775 Nr. 4, § 776 Satz 2 Halbs. 1 ZPO; vgl. Senat, Urteil vom 12. Juli 1955 - V ZR 11/53, NJW 1955, 1556). Dieses Verständnis entspricht zudem der Rechtsnatur der Klage aus § 767 ZPO, die sich nicht gegen einzelne Vollstreckungsmaßnahmen richtet, sondern dazu dient, einem Vollstreckungstitel die Vollstreckungsfähigkeit schlechthin zu nehmen (vgl. BGH, Urteil vom 10. Oktober 1960 - II ZR 53/58, NJW 1960, 2886; Beschluss vom 5. Juli 2005 - VII ZB 10/05, Rpfleger 2005, 675 f.; Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 767 Rn. 42). Infolgedessen hängt ihre Zulässigkeit nicht davon ab, dass Vollstreckungsmaßnahmen drohen. Vor einer überflüssigen Vollstreckungsabwehrklage kann sich der Gläubiger durch ein sofortiges Anerkenntnis schützen (vgl. BGH, Urteil vom 8. Februar 1984 - IVb ZR 52/82, NJW 1984, 2826, 2827).
8
Grundsätzlich zulässig ist die Vollstreckungsabwehrklage auch dann, wenn sie sich - wie hier - nur auf einen Teil des titulierten Anspruchs bezieht. Benötigt der Gläubiger den Titel weiter, um den offenen Teil seiner Forderung zu vollstrecken, kann er eine weitere - beschränkte - vollstreckbare Ausfertigung nach § 733 ZPO erwirken und den weitergehenden ursprünglichen Titel dem Schuldner aushändigen (vgl. Senat, Urteil vom 12. Juli 1955 - V ZR 11/53, NJW 1955, 1556; Urteil vom 23. November 1973 - V ZR 23/72, WM 1974, 59, 61; Urteil vom 10. Oktober 1975 - V ZR 5/74, WM 1975, 1213; Urteil vom 21. Januar 1994 - V ZR 238/92, NJW 1994, 1161, 1162; BGH, Urteil vom 16. Juni 1992 - XI ZR 166/91, NJW 1992, 2148).
9
Ausnahmsweise verneint wird das Rechtsschutzbedürfnis nur dann, wenn die Vollstreckung unzweifelhaft nicht mehr droht. Angenommen hat der Bundesgerichtshof dies unter eng begrenzten Voraussetzungen bei Titeln, die auf wiederkehrende Leistungen - insbesondere Unterhaltsleistungen - gerichtet sind (vgl. BGH, Urteil vom 8. Februar 1984 - IVb ZR 52/82, NJW 1984, 2826,

2827).


10
b) Daran gemessen wäre ein Rechtsschutzbedürfnis gegeben.
11
aa) Der Verzicht der Gläubigerin auf den verjährten Teil der Zinsforderung lässt das Rechtsschutzbedürfnis für sich genommen nicht entfallen, da sie den Titel weiterhin in Händen hält. Auch wenn die Zwangsversteigerung inzwischen beendet sein sollte, ändert dies nichts daran, dass die Gläubigerin hinsichtlich der verjährten Zinsen aus dem Titel vollstrecken könnte, weil die Klägerin für das Grundschuldkapital nebst Zinsen auch die persönliche Haftung mit ihrem gesamten Vermögen übernommen hat.
12
bb) Die Voraussetzungen, unter denen der Bundesgerichtshof das Rechtsschutzbedürfnis bislang ausnahmsweise verneint hat, liegen nicht vor. Angenommen worden ist dies bei Titeln, die auf wiederkehrende Leistungen - insbesondere Unterhaltsleistungen - gerichtet sind, wenn nach Erfüllung der in der Vergangenheit liegenden Zeitabschnitte die Vollstreckung unzweifelhaft nicht mehr droht. Dies beruht auf der Überlegung, dass der Gläubiger den Titel noch für die erst künftig fällig werdenden Ansprüche benötigt. Dass er den Titel in der Hand behält, begründet daher - anders als bei auf einmalige Leistungen gerichteten Titeln - nicht schon für sich allein die Besorgnis, er werde daraus trotz bereits eingetretener Erfüllung noch einmal gegen den Schuldner vollstrecken (näher zum Ganzen BGH, Urteil vom 8. Februar 1984 - IVb ZR 52/82, NJW 1984, 2826, 2827).
13
Damit ist die hier zu beurteilende Fallgestaltung, anders als das Berufungsgericht meint, nicht vergleichbar. Zwar sind auch Grundschuldzinsen wiederkehrende Leistungen (vgl. Senat, Urteil vom 18. Januar 1985 - V ZR 233/83, BGHZ 93, 287, 290; vgl. auch § 216 Abs. 3 BGB). Die Zinsforderungen werden aber nicht erfüllt, sondern bestehen fort. Hieran ändert der Eintritt der Verjährung nichts; der Schuldner kann nur die entsprechende Einrede erheben. Den bloßen Verzicht des Gläubigers auf die weitere Verfolgung solcher Teilforderungen hat der Bundesgerichtshof - wie die Revision zutreffend hervorhebt - aus den bereits genannten Gründen bislang gerade nicht ausreichen lassen, um dem Schuldner das Rechtsschutzbedürfnis abzusprechen.
14
2. Gleichwohl hält es im Ergebnis rechtlicher Nachprüfung stand, dass das Berufungsgericht das Rechtsschutzbedürfnis verneint.
15
a) Mit vergleichbaren Vollstreckungsabwehrklagen von Schuldnern, die sich gestützt auf die Verjährung eines Teils der Grundschuldzinsen gegen die aus der Grundschuld betriebene Zwangsversteigerung wenden, haben sich in den vergangenen Jahren viele Instanzgerichte befasst.
16
aa) Unter Beachtung der oben dargestellten höchstrichterlichen Rechtsprechung sind die erhobenen Vollstreckungsabwehrklagen teilweise als begründet angesehen worden (so OLG Saarbrücken, Beschluss vom 13. Mai 2013 - 4 W 19/13, juris; OLG Dresden, Beschluss vom 3. Juli 2013 - 9 W 265/13, unveröffentlicht; OLG Zweibrücken, Urteil vom 21. Dezember 2012 - 7 U 16/12, unveröffentlicht; LG Hamburg, Urteil vom 26. Oktober 2012 - 313 O 121/12, unveröffentlicht; Nachweise zu weiteren unveröffentlichten Entscheidungen bei Clemente, ZfIR 2013, 559).
17
bb) Nach Auffassung anderer Gerichte, der das Berufungsgericht folgt, fehlt einer auf verjährte, nicht geltend gemachte Grundschuldzinsen beschränkten Vollstreckungsabwehrklage regelmäßig das Rechtsschutzbedürfnis (OLG Celle, Urteil vom 20. Februar 2013 - 4 U 122/12, juris; OLG Frankfurt, ZfIR 2013, 558; OLG Hamm, WM 2015, 673 ff. sowie Urteil vom 23. Juni 2016 - 5 U 157/15, juris; LG Mainz, Rpfleger 2014, 330 f.). Diese rechtliche Einschätzung hat in der Rechtsliteratur Zustimmung gefunden (Clemente, ZfIR 2013, 559, 560; Fischer, ZNotP 2014, 333, 337 f.; Harter, EWiR 2013, 599 f.; Kirsch, Rpfleger 2014, 331 f.). Die Klage könne die Vollstreckung wegen der Hauptforderung und der nicht verjährten Zinsansprüche nicht hindern. Der Schuldner verstoße mit der Klageerhebung gegen den Sicherungsvertrag, der ihn zur Überlassung der Grundschuld mit einer die vollstreckbare Forderung überschießenden Rechtsmacht verpflichte. Er dürfe daher erst dann eine Vollstre- ckungsabwehrklage erheben, wenn der Gläubiger entgegen dem Sicherungsvertrag wegen verjährter Zinsen vollstrecke (Clemente, ZfIR 2013, 559, 560).
18
b) Im Ergebnis kann das Rechtsschutzbedürfnis in dieser Fallgestaltung zwar fehlen. Die hierfür erforderlichen Voraussetzungen bedürfen aber der Konkretisierung.
19
aa) Im Ausgangspunkt lässt sich die Unzulässigkeit der Vollstreckungsabwehrklage nicht ohne weiteres aus dem Sicherungsvertrag ableiten (so aber Clemente, ZfIR 2013, 559, 560).
20
(1) Richtig ist zwar, dass die Einräumung einer überschießenden Rechtsmacht zugunsten des Sicherungsnehmers zu den Wesensmerkmalen einer Sicherungsgrundschuld gehört. Das ändert aber nichts daran, dass Zinsen aus Sicherungsgrundschulden der Verjährung unterliegen. Die frühere höchstrichterliche Rechtsprechung, wonach die Verjährung bis zum Eintritt des Sicherungsfalls gehemmt war, hat der Bundesgerichtshof aufgegeben (vgl. zum Ganzen BGH, Urteil vom 28. September 1999 - XI ZR 90/98, BGHZ 142, 332 ff. mwN auch zu der früheren Rechtsprechung); die Reform des Schuldrechts hat sich auf diese Rechtsfrage nicht ausgewirkt (vgl. BGH, Urteil vom 30. März 2010 - XI ZR 200/09, NJW 2010, 2041 Rn. 44, insoweit in BGHZ 185, 133 nicht abgedruckt). Ziel der Rechtsprechungsänderung war es unter anderem , ein unablässiges Anschwellen des Sicherungsumfangs der Grundschuld durch Zinsen zu verhindern (BGH, Urteil vom 28. September 1999 - XI ZR 90/98, BGHZ 142, 332, 335).
21
(2) Erreichen lässt sich dieses Ziel nur, wenn sich der Schuldner nicht nur auf die Einrede der Verjährung berufen, sondern im Grundsatz auch eine darauf gestützte Vollstreckungsabwehrklage erheben darf. Betreibt der Gläubiger die Vollstreckung auch in Bezug auf verjährte Grundschuldzinsen, steht die Zulässigkeit der Vollstreckungsabwehrklage außer Frage (daher ohne Problematisierung eines Rechtsschutzbedürfnisses BGH, Urteil vom 28. September 1999 - XI ZR 90/98, BGHZ 142, 332 ff.). Aber auch dann, wenn eine Vollstreckung nicht unmittelbar bevorsteht, ist eine Vollstreckungsabwehrklage im Regelfall zulässig. Dies folgt aus der bereits dargestellten höchstrichterlichen Rechtsprechung zu dem Rechtsschutzbedürfnis für eine Vollstreckungsabwehrklage , die sich keineswegs auf Grundschuldzinsen beschränkt und infolgedessen von der auf die Verjährung solcher Zinsansprüche bezogenen Rechtsprechungsänderung nicht berührt wird (insoweit unzutreffend daher OLG Hamm, Urteil vom 23. Juni 2016 - 5 U 157/15, juris Rn. 32).
22
(3) Vor Eintritt des Sicherungsfalls ist allerdings denkbar, dass der Schuldner aufgrund der Sicherungsabrede nicht allein wegen der Verjährung von Zinsansprüchen die Aushändigung des weitergehenden ursprünglichen Titels von dem Gläubiger verlangen kann. Dies bedarf aber keiner Entscheidung , weil der Sicherungsfall hier eingetreten ist.
23
bb) Das Rechtsschutzbedürfnis kann jedoch ausnahmsweise zu verneinen sein, wenn der Schuldner - wie hier - während eines laufenden, aufgrund einer Sicherungsgrundschuld betriebenen Zwangsversteigerungsverfahrens eine Vollstreckungsabwehrklage erhebt, die er auf die Verjährung eines Teils der Grundschuldzinsen stützt. Dies setzt voraus, dass der Gläubiger nicht wegen der verjährten Zinsen vollstreckt; ferner müssen Indizien vorliegen, die in einer Gesamtwürdigung den sicheren Schluss erlauben, dass die Vollstreckungsabwehrklage ausschließlich prozesszweckfremden Zielen dient.
24
(1) Nimmt der Gläubiger die verjährten Zinsen nach Erhebung der Verjährungseinrede nicht von dem Vollstreckungsauftrag aus, was ihm ohne weiteres möglich ist, besteht ein Rechtsschutzbedürfnis für die Vollstreckungsabwehrklage. Im Ausgangspunkt kann sich die Klage daher nur dann als unzulässig erweisen, wenn der Gläubiger wegen der verjährten Zinsen nicht vollstreckt.
25
(2) Darüber hinaus muss das Gericht Hilfstatsachen (Indizien) feststellen, die in einer Gesamtwürdigung den sicheren Schluss erlauben, dass der Schuldner ausschließlich prozesszweckfremde Ziele verfolgt. Unter dieser Voraussetzung ist das Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage nicht gegeben (Stein/Jonas/Roth, ZPO, 22. Aufl., vor § 253 Rn. 154).
26
(a) Wäre die Klage zulässig, könnte der Schuldner bestenfalls erreichen, dass der Gläubiger entweder im Vorfeld der Vollstreckungsabwehrklage freiwillig eine weitere - beschränkte - vollstreckbare Ausfertigung nach § 733 ZPO erwirkt und den weitergehenden Titel herausgibt (vgl. DNotI-Report 2014, 19 ff.) oder dass er nach Klageerhebung ein Anerkenntnis abgibt. In beiden Fällen kann die weiterhin zulässige Vollstreckung aus der Hauptforderung und den nicht verjährten Zinsen (anschließend) fortgesetzt werden. Ausschließlich prozesszweckfremde Ziele verfolgt der Schuldner, wenn er die Vollstreckungsabwehrklage nicht erhebt, um die genannten Ergebnisse zu erreichen und die auf die verjährten Zinsansprüche bezogene Vollstreckbarkeit des Titels zu beseitigen , sondern um die Vollstreckung aus der Hauptforderung und den nicht verjährten Zinsen zu behindern.
27
(b) Ein gewichtiges Indiz für eine solche Zielsetzung ist die Erhebung der Verjährungseinrede und der darauf gestützten Vollstreckungsabwehrklage im laufenden Versteigerungsverfahren zur Unzeit. Dies kann darauf schließen las- sen, dass der Versteigerungstermin mithilfe des entstehenden Zeitdrucks verhindert werden soll (vgl. zum Ganzen auch OLG Hamm, WM 2015, 673, 675 sowie Urteil vom 23. Juni 2016 - 5 U 157/15, juris Rn. 35 ff.). Zur Unzeit wird die Klage erhoben, wenn der Gläubiger dem Ansinnen des Schuldners freiwillig nur nachkommen kann, indem er eine Verzögerung des Versteigerungsverfahrens in Kauf nimmt. Um den Titel an den Schuldner herauszugeben, muss er sich diesen von dem Versteigerungsgericht zurückgeben lassen. Zudem muss er sich eine weitere - beschränkte - vollstreckbare Ausfertigung des Titels erteilen lassen. Kurz vor einem Versteigerungstermin wird dies nicht möglich sein, ohne eine Verzögerung hervorzurufen, weil die Titelausfertigung nebst Zustellungsnachweis bei der Versteigerung und bei der Erteilung des Zuschlags wieder vorliegen muss (Senat, Beschluss vom 18. März 2010 - V ZB 124/09, NJW-RR 2010, 1100 Rn. 18). Ist es wegen des Zeitdrucks nicht zumutbar, den Schuldner freiwillig klaglos zu stellen, kann der Gläubiger auch nicht auf die Abgabe eines Anerkenntnisses (mit erheblichen Kostenfolgen) verwiesen werden.
28
(c) Damit das Gericht in einer Gesamtwürdigung zu dem sicheren Schluss gelangen kann, dass die Vollstreckungsabwehrklage ausschließlich prozesszweckfremden Zielen dient, muss neben der Klageerhebung zur Unzeit mindestens ein weiteres Indiz auf diese Zielsetzung schließen lassen. Ein solches Indiz kann sich entweder daraus ergeben, dass der zu erwartende Vollstreckungserlös nicht annähernd die Summe aus Hauptforderung und unverjährten Zinsen erreicht und die Vermögensverhältnisse des Schuldners auch im Übrigen eine erfolgreiche Vollstreckung nicht erwarten lassen. Ausreichen kann es aber auch, dass der Gläubiger gemäß § 1178 Abs. 2 BGB auf die verjährten Zinsansprüche verzichtet (bzw. insoweit hinsichtlich der persönlichen Haftungsübernahme einen Erlass gemäß § 397 BGB anbietet). Liegt eines dieser Indizien vor, wird die Zusammenschau mit der Klageerhebung zur Unzeit in der Regel den Schluss erlauben, dass es dem Schuldner nicht um die Vollstreckbarkeit der verjährten Grundschuldzinsen geht, sondern ausschließlich um die Verzögerung der Zwangsversteigerung.
29
c) Daran gemessen verneint das Berufungsgericht das Rechtsschutzbedürfnis jedenfalls im Ergebnis rechtsfehlerfrei. Die verjährten Zinsen hat die Gläubigerin schon vor Erhebung der Verjährungseinrede ausdrücklich von ihrem Vollstreckungsauftrag ausgenommen. Der Sache nach geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Klägerin ausschließlich prozesszweckfremde Ziele verfolgt. Die Verjährungseinrede und die Klage wurden kurz vor dem dritten Versteigerungstermin und damit zur Unzeit erhoben, nachdem das Verfahren bereits mehr als zwei Jahre zuvor eingeleitet worden war. Ferner stützt sich das Berufungsgericht darauf, dass der im Rahmen der Zwangsversteigerung erzielte Erlös voraussichtlich nicht zur Tilgung der Grundschuld (ohne Zinsen) ausreichen werde; dies ist plausibel, nachdem sich die Hauptforderung auf insgesamt 500.000 € beläuft, der Verkehrswert des Objekts jedoch nur auf 323.000 € festgesetzt wurde und das Höchstgebot im zweiten Versteigerungstermin lediglich 180.000 € betrug. Dass die Klägerin über weiteres Vermögen verfügt, verneint es unter Hinweis auf die gewährte Prozesskostenhilfe. Schließlich legt das Berufungsgericht seiner Würdigung zugrunde, dass die Gläubigerin ausdrücklich auf die verjährten Zinsen verzichtet hat. Dass der Verzicht erst nach Klageerhebung erfolgte, ist schon deshalb unerheblich, weil die Klägerin dies nicht zum Anlass genommen hat, eine Erledigungserklärung abzugeben.

III.


30
1. Die Revision ist danach zurückzuweisen. Anders als das Berufungsgericht meint, hat das Landgericht die Klage allerdings als unbegründet abgewie- sen. Dagegen sieht das Berufungsgericht die Klage zutreffend als unzulässig an; das Verschlechterungsverbot steht dem nicht entgegen (näher BGH, Urteil vom 5. März 2009 - IX ZR 141/07, NJW 2009, 1671 Rn. 15 mwN). Der Tenor des Berufungsurteils ist jedoch klarstellend neu zu fassen. Zwingend notwendig ist dies zwar nicht, weil der Urteilstenor ohnehin unter Heranziehung der Urteilsgründe auszulegen ist. Der Senat hält die Klarstellung aber deshalb für angezeigt, weil das Berufungsgericht hilfsweise Ausführungen zur Begründetheit der Klage gemacht hat, die als nicht geschrieben gelten (vgl. BGH, Urteil vom 10. Dezember 1953 - IV ZR 48/53, BGHZ 11, 222, 224; Senat, Urteil vom 3. Juli 2009 - V ZR 58/08, RNotZ 2010, 133 Rn. 11).
31
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Stresemann Schmidt-Räntsch Brückner
Göbel Haberkamp
Vorinstanzen:
LG Frankfurt (Oder), Entscheidung vom 02.04.2014 - 14 O 206/13 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 19.03.2015 - 5 U 54/14 -

(1) Über den Festsetzungsantrag entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges. Auf Antrag ist auszusprechen, dass die festgesetzten Kosten vom Eingang des Festsetzungsantrags, im Falle des § 105 Abs. 3 von der Verkündung des Urteils ab mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu verzinsen sind. Die Entscheidung ist, sofern dem Antrag ganz oder teilweise entsprochen wird, dem Gegner des Antragstellers unter Beifügung einer Abschrift der Kostenrechnung von Amts wegen zuzustellen. Dem Antragsteller ist die Entscheidung nur dann von Amts wegen zuzustellen, wenn der Antrag ganz oder teilweise zurückgewiesen wird; im Übrigen ergeht die Mitteilung formlos.

(2) Zur Berücksichtigung eines Ansatzes genügt, dass er glaubhaft gemacht ist. Hinsichtlich der einem Rechtsanwalt erwachsenden Auslagen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen genügt die Versicherung des Rechtsanwalts, dass diese Auslagen entstanden sind. Zur Berücksichtigung von Umsatzsteuerbeträgen genügt die Erklärung des Antragstellers, dass er die Beträge nicht als Vorsteuer abziehen kann.

(3) Gegen die Entscheidung findet sofortige Beschwerde statt. Das Beschwerdegericht kann das Verfahren aussetzen, bis die Entscheidung, auf die der Festsetzungsantrag gestützt wird, rechtskräftig ist.

(1) Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, sind von dem Schuldner im Wege der Klage bei dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges geltend zu machen.

(2) Sie sind nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der Einwendungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes spätestens hätten geltend gemacht werden müssen, entstanden sind und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden können.

(3) Der Schuldner muss in der von ihm zu erhebenden Klage alle Einwendungen geltend machen, die er zur Zeit der Erhebung der Klage geltend zu machen imstande war.

(1) Der Beweis durch Augenschein wird durch Bezeichnung des Gegenstandes des Augenscheins und durch die Angabe der zu beweisenden Tatsachen angetreten. Ist ein elektronisches Dokument Gegenstand des Beweises, wird der Beweis durch Vorlegung oder Übermittlung der Datei angetreten.

(2) Befindet sich der Gegenstand nach der Behauptung des Beweisführers nicht in seinem Besitz, so wird der Beweis außerdem durch den Antrag angetreten, zur Herbeischaffung des Gegenstandes eine Frist zu setzen oder eine Anordnung nach § 144 zu erlassen. Die §§ 422 bis 432 gelten entsprechend.

(3) Vereitelt eine Partei die ihr zumutbare Einnahme des Augenscheins, so können die Behauptungen des Gegners über die Beschaffenheit des Gegenstandes als bewiesen angesehen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 141/07
Verkündet am:
am 5. März 2009
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ist eine Vollstreckungsgegenklage wegen Präklusion des Aufrechnungseinwandes
abgewiesen worden, ist eine Klage auf Feststellung, dass die titulierte Forderung
durch dieselbe Aufrechnung erloschen sei, unzulässig.
BGH, Urteil vom 5. März 2009 - IX ZR 141/07 - OLG Köln
LG Köln
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. März 2009 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter, den Richter Vill,
die Richterin Lohmann und die Richter Dr. Fischer und Dr. Pape

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 24. Mai 2007 im Kostenpunkt sowie insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist, und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst: Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 31. August 2006 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage als unzulässig abgewiesen wird, soweit der Kläger beantragt festzustellen, dass die Forderung der Beklagten aus dem Urteil des Landgerichts Aachen vom 18. Mai 2004 - 10 O 558/01 - durch Aufrechnung des Klägers gemäß Aufrechnungsschreiben vom 15. November 2004, zugestellt an beide Beklagte durch den Gerichtsvollzieher am 18. November 2004, in Höhe eines 1.916,51 € übersteigenden Betrages erloschen ist, sowie die Beklagten zu verurteilen, die vollstreckbare Ausfertigung des Urteils des Landgerichts Aachen vom 18. Mai 2004 - 10 O 558/01 - an ihn herauszugeben.
Der Kläger trägt die Kosten beider Rechtsmittelverfahren.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger war der Steuerberater der Beklagten. Mit Urteil vom 18. Mai 2004 wurde er (mittlerweile rechtskräftig) verurteilt, an die Beklagten Schadensersatz in Höhe von 9.514,78 € zu zahlen. Mit Schreiben vom 15. November 2004, den Beklagten zugestellt am 18. November 2004, rechnete der Kläger gegenüber der titulierten Forderung mit folgenden Gegenforderungen auf: 11.127,45 € gemäß Urteil des Amtsgerichts Düren vom 30. April 2003 und Kostenfestsetzungsbeschluss vom 22. Juli 2004; 3.133,88 € gemäß Urteil des Amtsgerichts Düren vom 25. April 2001; 836,33 € gemäß Urteil des Landgerichts Aachen vom 15. März 2001. In der Folgezeit erhob der Kläger Vollstreckungsgegenklage gegen das Urteil. Die Klage hatte wegen des im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 22. Juli 2004 titulierten Betrages von 1.916,51 € Erfolg. Im Übrigen wurde sie wegen Präklusion der Aufrechnungen abgewiesen.
2
Im vorliegenden Rechtsstreit hat der Kläger beantragt festzustellen, dass die im Urteil vom 18. Mai 2004 und in einem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 4. November 2004 titulierten Ansprüche der Beklagten durch die mit Schreiben vom 15. November 2004 erklärte Aufrechnung erloschen seien, und die Beklagten zu verurteilen, die vollstreckbaren Ausfertigungen des Urteils und des Kostenfestsetzungsbeschlusses an ihn herauszugeben. Das Landgericht hat die gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss gerichtete Klage abgewiesen, weil sich die Aufrechnungserklärung nur auf das Urteil beziehe; hinsichtlich des Urteils vom 18. Mai 2004 hat es die begehrte Feststellung wegen des Betrages von 1.916,51 € getroffen und die weiter gehende Klage abgewiesen. Auf die nur auf das Urteil vom 18. Mai 2004 bezogene Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht die Beklagten antragsgemäß verurteilt. Mit ihrer vom Berufungsge- richt zugelassenen Revision begehren die Beklagten die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


3
Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückweisung der Berufung des Klägers.

I.


4
Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die negative Feststellungsklage sei zulässig. Es sei allgemein anerkannt, dass der Titelschuldner das gegen ihn gerichtete Urteil nicht nur in Bezug auf seine Vollstreckbarkeit mit einer Vollstreckungsgegenklage , sondern auch in Bezug auf das Nichtbestehen des titulierten Anspruchs durch eine Feststellungsklage angreifen könne. Vollstreckungsgegenklage und Feststellungsklage seien auf verschiedene Ziele - die Vollstreckbarkeit einerseits, das Bestehen des Anspruchs andererseits - gerichtet und hätten daher verschiedene Streitgegenstände. Weder die Rechtskraft des Ausgangsurteils noch diejenige des Urteils über die Vollstreckungsgegenklage stünden daher einer erneuten Klage entgegen.
5
Begründet sei die Klage, weil die titulierte Forderung durch die mit Schreiben vom 15. November 2004 erklärte Aufrechnung erloschen sei. Die materielle Rechtskraft des Ausgangsurteils vom 18. Mai 2004 hindere die Aufrechnung nicht. Auch § 767 Abs. 2 ZPO (in entsprechender Anwendung) stehe ihr nicht entgegen. Zwar unterlägen die Einwendungen, die mit der negativen Feststellungsklage gegen eine titulierte Forderung geltend gemacht werden könnten, grundsätzlich denselben Beschränkungen wie im Falle einer Vollstreckungsgegenklage. Im vorliegenden Fall hätten die Aufrechnungen bereits im Ausgangsprozess geltend gemacht werden können. Darauf komme es jedoch im Ergebnis nicht an. Eine nicht durch Aufrechnung im Vorprozess erloschene Forderung könne selbstverständlich eingeklagt werden. Dann müsse es auch möglich sein, das Bestehen der Forderung im Wege der Feststellungsklage und das Nichtbestehen der Gegenforderung im Wege der negativen Feststellungsklage geltend zu machen. Insoweit sei auf den Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung abzustellen; § 767 Abs. 2 ZPO greife folglich nicht. Der Anspruch auf Herausgabe des Titels folge aus einer analogen Anwendung des § 371 Satz 1 BGB.

II.


6
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
7
Die 1. Feststellungsklage ist bereits unzulässig. Voraussetzung einer Feststellungsklage, auch einer negativen Feststellungsklage, ist ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, § 256 Abs. 1 ZPO. Daran fehlt es hier, weil die Klage auf dieselbe Aufrechnungserklärung vom 15./18. November 2004 gestützt wird, die bereits Gegenstand einer - soweit hier von Interesse - erfolglosen Vollstreckungsgegenklage war.
8
a) Grundsätzlich schließen sich Vollstreckungsgegenklage und negative Feststellungsklage nicht gegenseitig aus (RGZ 59, 301, 305). Mit beiden Klagen werden zwar materielle Einwendungen gegen den durch Urteil festgestellten Anspruch geltend gemacht. Die Klagen haben jedoch unterschiedliche Rechtsschutzziele. Die Vollstreckungsgegenklage ist eine rein prozessrechtliche Klage , deren Ziel die Beseitigung der Vollstreckbarkeit des Titels ist (ständige Rechtsprechung, z.B. RGZ 100, 98, 100; 158, 145, 149; 165, 374, 380; BGHZ 22, 54, 56; BGH, Urt. v. 30. Mai 1960 - II ZR 207/58, ZZP 1961, 187, 188 mit zust. Anm. Zeuner, ebenda S. 190 f; v. 19. Juni 1984 - IX ZR 89/83, MDR 1985, 138 f unter II 1 b bb; v. 3. Juni 1997 - XI ZR 133/96, WM 1997, 1280, 1281; v. 14. Juli 2008 - II ZR 132/07, WM 2008, 1806, 1807 Rn. 12; KG OLG-Rspr. 21, 88, 89; OLG Rostock OLG-NL 2003, 186, 187; OLG München WM 2008, 580). Über den weiteren Bestand des titulierten Anspruchs wird auf eine Vollstreckungsgegenklage hin nicht entschieden (RGZ 158, 145, 149 f; BGHZ 173, 328, 335 Rn. 25; BGH, Urt. v. 19. Juni 1984 - IX ZR 89/83, MDR 1985, 138 f; v. 23. Januar 1985 - VIII ZR 285/83, WM 1985, 703, 704; KG OLG-Rspr. 21, 88, 89; OLG Koblenz FamRZ 1994, 1195, 1196; OLG Rostock OLG-NL 2003, 186, 187). Dieser kann folglich Gegenstand einer Feststellungsklage sein.
9
b) Vollstreckungsgegenklage und negative Feststellungsklage können im Wege der Klagehäufung miteinander verbunden werden. Wenn ein rechtliches Interesse an einer entsprechenden Feststellung besteht, kann der Titelschuldner auch nach einer erfolgreichen Vollstreckungsgegenklage Klage auf Feststellung erheben, dass der titulierte Anspruch nicht mehr bestehe. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann sogar nach Abweisung einer Vollstreckungsgegenklage eine auf denselben materiellen Einwand gegen die titulierte Forderung gestützte negative Feststellungsklage zulässig sein (BGH, Urt. v. 19. Juni 1984 - IX ZR 89/83, aaO; v. 23. Januar 1985 - VIII ZR 285/83, aaO). Mit der Abweisung der Klage nach § 767 ZPO wird lediglich abgelehnt , einem titulierten Anspruch durch rechtsgestaltendes Urteil die Voll- streckbarkeit zu nehmen. Damit wird aber nicht zugleich bindend entschieden, dass der titulierte Anspruch materiellrechtlich besteht. Das rechtliche Interesse an der Feststellung des Erlöschens der titulierten Forderung kann etwa daraus folgen, dass der Titelgläubiger im Hinblick auf nach erfolgter Vollstreckung mögliche Bereicherungsansprüche des Titelschuldners von vornherein auf eine zwangsweise Durchsetzung der titulierten Forderung verzichtet.
10
c) Im vorliegenden Fall geht es nicht um den Einwand der Erfüllung. Vielmehr hat der Kläger vergeblich versucht, gegen die titulierte Forderung aufzurechnen. Die mit Schreiben vom 15. November 2004 erklärte Aufrechnung ist als präkludiert behandelt worden (§ 767 Abs. 2 ZPO). Für diesen Fall gelten die soeben dargestellten Grundsätze nicht. Mit der Abweisung der Vollstreckungsgegenklage steht vielmehr fest, dass die Aufrechnung endgültig gescheitert ist.
11
Im aa) Vorprozess über die Vollstreckungsgegenklage war die mit Schreiben vom 15. November 2004 erklärte Aufrechnung präkludiert. Einwendungen gegen den titulierten Anspruch können nur insoweit im Wege der Vollstreckungsgegenklage geltend gemacht werden, als die Gründe, auf denen sie beruhen, nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung im Ausgangsprozess entstanden sind (§ 767 Abs. 2 ZPO). Sind die Gründe vor diesem Zeitpunkt entstanden und wird die Rechtswirkung der Einwendung erst durch eine Willenserklärung ausgelöst, so ist nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Willenserklärung objektiv abgegeben werden konnte (BGHZ 24, 97, 99; 34, 274, 279 f; 100, 222, 225; 125, 351, 352 f; 163, 339, 342; 173, 328, 334 f Rn. 23, 25; BGH, Urt. v. 16. November 2005 - VIII ZR 218/04, NJW-RR 2006, 229, 230 Rn. 14). Die zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen stammen - soweit sie noch im Streit sind - sämtlich aus der Zeit vor Schluss der mündlichen Verhandlung im Ausgangsprozess, der zur Titulierung des Anspruchs der Titelgläubiger und jetzigen Beklagten führte. Sie hätten damit bereits in diesem Prozess unbedingt oder hilfsweise zur Aufrechnung gestellt werden können und müssen. Die Geltendmachung im Wege der Vollstreckungsgegenklage war damit ausgeschlossen.
12
bb) Nach der oben dargestellten Rechtsprechung hindert zwar die Abweisung der Vollstreckungsgegenklage grundsätzlich nicht die Geltendmachung der nämlichen materiell-rechtlichen Einwendung in einem Folgeprozess über den titulierten Anspruch selbst (wobei die analoge Anwendung des § 767 Abs. 2 ZPO allerdings einer genaueren Untersuchung bedürfte). Der Aufrechnungseinwand nimmt insoweit jedoch eine Sonderstellung ein. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (RG HRR 1935 Nr. 691; BGHZ 24, 97, 99; 34, 274, 280; 125, 351, 354; ähnlich Stein/Jonas/Leipold, ZPO 22. Aufl. § 145 Rn. 63 ff, 66 f; MünchKomm-ZPO/Wagner, ZPO 3. Aufl. § 145 Rn. 28; jeweils zu den Rechtswirkungen einer bereits vor dem Ausgangsprozess erklärten, in diesem Prozess aber wegen Verspätung präkludierten Aufrechnung) hat die Präklusion der Aufrechnung nicht nur verfahrensrechtliche Wirkung. Vielmehr treten auch die materiell-rechtlichen Wirkungen der Aufrechnung (§ 389 BGB) nicht ein. Die zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen des Titelschuldners (hier also: des Klägers) werden so behandelt, als sei die Aufrechnung nie erklärt worden. Sie können folglich vom Titelschuldner selbständig gegen den Titelgläubiger geltend gemacht und durchgesetzt werden. Der vom Berufungsgericht gezogene Schluss - wenn das Bestehen der Forderung im Wege einer Feststellungsklage geltend gemacht werden könne, müsse auch eine auf das Nichtbestehen der Gegenforderung gerichtete negative Feststellungsklage möglich sein - ist indessen nicht gerechtfertigt.
13
Steht die materiell-rechtliche Wirkung der Abweisung einer auf eine Aufrechnung gestützten Vollstreckungsgegenklage fest, bedeutet das zugleich, dass eine auf die nämliche Aufrechnung gestützte negative Feststellungsklage erfolglos bleiben muss. Ein Auseinanderfallen von Titel einerseits, materiellem Recht andererseits kann - anders als bei dem im Urteil des Bundesgerichtshofs vom 23. Januar 1985 (aaO) behandelten Erfüllungseinwand - nicht eintreten. Gelänge es den Beklagten, den titulierten Betrag beizutreiben, könnten sie ihn auch behalten. Der Kläger könnte ihn nicht nach § 812 Abs. 1 BGB zurückverlangen; die Beklagten hätten also keinen Grund, die Vollstreckung im Hinblick auf die zu erwartende Rückforderung zu unterlassen. Ein rechtliches Interesse an einer solchen Klage ist damit nicht ersichtlich.
14
d) Die negative Feststellungsklage ist auch aus einem anderen Grund unzulässig. Der Kläger hat das Feststellungsinteresse für seine Klage ausdrücklich damit begründet, dass die Beklagten aus dem Urteil vollstrecken wollten. Er hat deshalb auch die Herausgabe des Titels beantragt. Geht es nur um eine Verhinderung der Zwangsvollstreckung, ist kein Grund ersichtlich, neben der Vollstreckungsgegenklage gemäß § 767 ZPO die negative Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO zuzulassen. Es fehlt dann das Rechtsschutzbedürfnis (Schuschke/Walker/Raebel, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz 4. Aufl. § 767 Rn. 7). Die erfolgreiche Vollstreckungsgegenklage führt gemäß § 775 Nr. 1, § 776 ZPO zur Einstellung der Zwangsvollstreckung und zur Aufhebung bereits getroffener Vollstreckungsmaßnahmen. Die (vollstreckungsrechtlichen ) Wirkungen des einer negativen Feststellungsklage stattgebenden Urteils bleiben hinter denjenigen eines Urteils nach § 767 ZPO zurück (vgl. BGHZ 124, 164, 171). Es fällt allenfalls unter § 775 Nr. 4 ZPO. Bereits getroffene Vollstreckungsmaßregeln bleiben daher bestehen (§ 776 ZPO).
15
e) Die Abweisung der Klage - soweit sie in der zweiten Instanz angefallen ist - als unzulässig verstößt nicht gegen das Verbot der reformatio in peius (§ 528 ZPO). Das Verschlechterungsverbot greift grundsätzlich nicht, wenn das erstinstanzliche Verfahren wegen eines von Amts wegen zu beachtenden, nicht behebbaren Verfahrensmangels unzulässig war. Die Abweisung der Klage als unbegründet hat dem Kläger keine erhaltenswerte Rechtsposition verschafft. Das Berufungsgericht kann deshalb eine von der ersten Instanz sachlich abgewiesene Klage im Falle des Fehlens von Verfahrensvoraussetzungen regelmäßig als unzulässig abweisen (BGH, Urt. v. 10. Dezember 1998 - III ZR 2/98, NJW 1999, 1113, 1114 mit weiteren Nachweisen).
16
2. Die Klage auf Herausgabe der titulierten Ausfertigung des Urteils vom 18. Mai 2004 ist ebenfalls unzulässig. Eine auf § 371 BGB analog gestützte Klage auf Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung eines unter § 794 ZPO fallenden Titels ist nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dann zulässig, wenn über eine Vollstreckungsgegenklage rechtskräftig zugunsten des Herausgabeklägers entschieden worden ist und die Erfüllung der dem Titel zugrunde liegenden Forderung zwischen den Parteien unstreitig ist oder vom Titelschuldner zur Überzeugung des Gerichts bewiesen wird (BGHZ 127, 146, 148 ff; BGH, Urt. v. 21. Januar 1994 - V ZR 238/92, WM 1994, 650, 651 f; OLG München WM 2008, 580; vgl. auch BGH, Urt. v. 14. Juli 2008 - II ZR 132/07, WM 2008, 1806, 1807 Rn. 9, wonach es ausreicht, dass die genannten Voraussetzungen alternativ vorliegen). Nur unter diesen Voraussetzungen ist eine Umgehung der Vorschriften über die Vollstreckungsgegenklage nicht zu befürchten. Im vorliegenden Fall ist die Vollstreckungsgegenklage des Titelschuldners und jetzigen Herausgabeklägers abgewiesen worden. Das Erlöschen der titulierten Forderung gemäß §§ 387, 389 BGB ist zwischen den Parteien nicht unstreitig; weil die auf die Aufrechnung gestützte Vollstreckungsge- genklage wegen Präklusion der Aufrechnung (§ 767 Abs. 2 ZPO) abgewiesen worden ist, steht umgekehrt fest, dass die Aufrechnung wirkungslos geblieben ist.
Ganter Vill Lohmann
Fischer Pape

Vorinstanzen:
LG Aachen, Entscheidung vom 31.08.2006 - 10 O 261/06 -
OLG Köln, Entscheidung vom 24.05.2007 - 8 U 52/06 -

(1) Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, sind von dem Schuldner im Wege der Klage bei dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges geltend zu machen.

(2) Sie sind nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der Einwendungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes spätestens hätten geltend gemacht werden müssen, entstanden sind und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden können.

(3) Der Schuldner muss in der von ihm zu erhebenden Klage alle Einwendungen geltend machen, die er zur Zeit der Erhebung der Klage geltend zu machen imstande war.

(1) Der Beweis durch Augenschein wird durch Bezeichnung des Gegenstandes des Augenscheins und durch die Angabe der zu beweisenden Tatsachen angetreten. Ist ein elektronisches Dokument Gegenstand des Beweises, wird der Beweis durch Vorlegung oder Übermittlung der Datei angetreten.

(2) Befindet sich der Gegenstand nach der Behauptung des Beweisführers nicht in seinem Besitz, so wird der Beweis außerdem durch den Antrag angetreten, zur Herbeischaffung des Gegenstandes eine Frist zu setzen oder eine Anordnung nach § 144 zu erlassen. Die §§ 422 bis 432 gelten entsprechend.

(3) Vereitelt eine Partei die ihr zumutbare Einnahme des Augenscheins, so können die Behauptungen des Gegners über die Beschaffenheit des Gegenstandes als bewiesen angesehen werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IX ZR 141/07
Verkündet am:
am 5. März 2009
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ist eine Vollstreckungsgegenklage wegen Präklusion des Aufrechnungseinwandes
abgewiesen worden, ist eine Klage auf Feststellung, dass die titulierte Forderung
durch dieselbe Aufrechnung erloschen sei, unzulässig.
BGH, Urteil vom 5. März 2009 - IX ZR 141/07 - OLG Köln
LG Köln
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. März 2009 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter, den Richter Vill,
die Richterin Lohmann und die Richter Dr. Fischer und Dr. Pape

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 24. Mai 2007 im Kostenpunkt sowie insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist, und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst: Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 31. August 2006 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage als unzulässig abgewiesen wird, soweit der Kläger beantragt festzustellen, dass die Forderung der Beklagten aus dem Urteil des Landgerichts Aachen vom 18. Mai 2004 - 10 O 558/01 - durch Aufrechnung des Klägers gemäß Aufrechnungsschreiben vom 15. November 2004, zugestellt an beide Beklagte durch den Gerichtsvollzieher am 18. November 2004, in Höhe eines 1.916,51 € übersteigenden Betrages erloschen ist, sowie die Beklagten zu verurteilen, die vollstreckbare Ausfertigung des Urteils des Landgerichts Aachen vom 18. Mai 2004 - 10 O 558/01 - an ihn herauszugeben.
Der Kläger trägt die Kosten beider Rechtsmittelverfahren.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Der Kläger war der Steuerberater der Beklagten. Mit Urteil vom 18. Mai 2004 wurde er (mittlerweile rechtskräftig) verurteilt, an die Beklagten Schadensersatz in Höhe von 9.514,78 € zu zahlen. Mit Schreiben vom 15. November 2004, den Beklagten zugestellt am 18. November 2004, rechnete der Kläger gegenüber der titulierten Forderung mit folgenden Gegenforderungen auf: 11.127,45 € gemäß Urteil des Amtsgerichts Düren vom 30. April 2003 und Kostenfestsetzungsbeschluss vom 22. Juli 2004; 3.133,88 € gemäß Urteil des Amtsgerichts Düren vom 25. April 2001; 836,33 € gemäß Urteil des Landgerichts Aachen vom 15. März 2001. In der Folgezeit erhob der Kläger Vollstreckungsgegenklage gegen das Urteil. Die Klage hatte wegen des im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 22. Juli 2004 titulierten Betrages von 1.916,51 € Erfolg. Im Übrigen wurde sie wegen Präklusion der Aufrechnungen abgewiesen.
2
Im vorliegenden Rechtsstreit hat der Kläger beantragt festzustellen, dass die im Urteil vom 18. Mai 2004 und in einem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 4. November 2004 titulierten Ansprüche der Beklagten durch die mit Schreiben vom 15. November 2004 erklärte Aufrechnung erloschen seien, und die Beklagten zu verurteilen, die vollstreckbaren Ausfertigungen des Urteils und des Kostenfestsetzungsbeschlusses an ihn herauszugeben. Das Landgericht hat die gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss gerichtete Klage abgewiesen, weil sich die Aufrechnungserklärung nur auf das Urteil beziehe; hinsichtlich des Urteils vom 18. Mai 2004 hat es die begehrte Feststellung wegen des Betrages von 1.916,51 € getroffen und die weiter gehende Klage abgewiesen. Auf die nur auf das Urteil vom 18. Mai 2004 bezogene Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht die Beklagten antragsgemäß verurteilt. Mit ihrer vom Berufungsge- richt zugelassenen Revision begehren die Beklagten die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


3
Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückweisung der Berufung des Klägers.

I.


4
Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die negative Feststellungsklage sei zulässig. Es sei allgemein anerkannt, dass der Titelschuldner das gegen ihn gerichtete Urteil nicht nur in Bezug auf seine Vollstreckbarkeit mit einer Vollstreckungsgegenklage , sondern auch in Bezug auf das Nichtbestehen des titulierten Anspruchs durch eine Feststellungsklage angreifen könne. Vollstreckungsgegenklage und Feststellungsklage seien auf verschiedene Ziele - die Vollstreckbarkeit einerseits, das Bestehen des Anspruchs andererseits - gerichtet und hätten daher verschiedene Streitgegenstände. Weder die Rechtskraft des Ausgangsurteils noch diejenige des Urteils über die Vollstreckungsgegenklage stünden daher einer erneuten Klage entgegen.
5
Begründet sei die Klage, weil die titulierte Forderung durch die mit Schreiben vom 15. November 2004 erklärte Aufrechnung erloschen sei. Die materielle Rechtskraft des Ausgangsurteils vom 18. Mai 2004 hindere die Aufrechnung nicht. Auch § 767 Abs. 2 ZPO (in entsprechender Anwendung) stehe ihr nicht entgegen. Zwar unterlägen die Einwendungen, die mit der negativen Feststellungsklage gegen eine titulierte Forderung geltend gemacht werden könnten, grundsätzlich denselben Beschränkungen wie im Falle einer Vollstreckungsgegenklage. Im vorliegenden Fall hätten die Aufrechnungen bereits im Ausgangsprozess geltend gemacht werden können. Darauf komme es jedoch im Ergebnis nicht an. Eine nicht durch Aufrechnung im Vorprozess erloschene Forderung könne selbstverständlich eingeklagt werden. Dann müsse es auch möglich sein, das Bestehen der Forderung im Wege der Feststellungsklage und das Nichtbestehen der Gegenforderung im Wege der negativen Feststellungsklage geltend zu machen. Insoweit sei auf den Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung abzustellen; § 767 Abs. 2 ZPO greife folglich nicht. Der Anspruch auf Herausgabe des Titels folge aus einer analogen Anwendung des § 371 Satz 1 BGB.

II.


6
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
7
Die 1. Feststellungsklage ist bereits unzulässig. Voraussetzung einer Feststellungsklage, auch einer negativen Feststellungsklage, ist ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, § 256 Abs. 1 ZPO. Daran fehlt es hier, weil die Klage auf dieselbe Aufrechnungserklärung vom 15./18. November 2004 gestützt wird, die bereits Gegenstand einer - soweit hier von Interesse - erfolglosen Vollstreckungsgegenklage war.
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a) Grundsätzlich schließen sich Vollstreckungsgegenklage und negative Feststellungsklage nicht gegenseitig aus (RGZ 59, 301, 305). Mit beiden Klagen werden zwar materielle Einwendungen gegen den durch Urteil festgestellten Anspruch geltend gemacht. Die Klagen haben jedoch unterschiedliche Rechtsschutzziele. Die Vollstreckungsgegenklage ist eine rein prozessrechtliche Klage , deren Ziel die Beseitigung der Vollstreckbarkeit des Titels ist (ständige Rechtsprechung, z.B. RGZ 100, 98, 100; 158, 145, 149; 165, 374, 380; BGHZ 22, 54, 56; BGH, Urt. v. 30. Mai 1960 - II ZR 207/58, ZZP 1961, 187, 188 mit zust. Anm. Zeuner, ebenda S. 190 f; v. 19. Juni 1984 - IX ZR 89/83, MDR 1985, 138 f unter II 1 b bb; v. 3. Juni 1997 - XI ZR 133/96, WM 1997, 1280, 1281; v. 14. Juli 2008 - II ZR 132/07, WM 2008, 1806, 1807 Rn. 12; KG OLG-Rspr. 21, 88, 89; OLG Rostock OLG-NL 2003, 186, 187; OLG München WM 2008, 580). Über den weiteren Bestand des titulierten Anspruchs wird auf eine Vollstreckungsgegenklage hin nicht entschieden (RGZ 158, 145, 149 f; BGHZ 173, 328, 335 Rn. 25; BGH, Urt. v. 19. Juni 1984 - IX ZR 89/83, MDR 1985, 138 f; v. 23. Januar 1985 - VIII ZR 285/83, WM 1985, 703, 704; KG OLG-Rspr. 21, 88, 89; OLG Koblenz FamRZ 1994, 1195, 1196; OLG Rostock OLG-NL 2003, 186, 187). Dieser kann folglich Gegenstand einer Feststellungsklage sein.
9
b) Vollstreckungsgegenklage und negative Feststellungsklage können im Wege der Klagehäufung miteinander verbunden werden. Wenn ein rechtliches Interesse an einer entsprechenden Feststellung besteht, kann der Titelschuldner auch nach einer erfolgreichen Vollstreckungsgegenklage Klage auf Feststellung erheben, dass der titulierte Anspruch nicht mehr bestehe. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann sogar nach Abweisung einer Vollstreckungsgegenklage eine auf denselben materiellen Einwand gegen die titulierte Forderung gestützte negative Feststellungsklage zulässig sein (BGH, Urt. v. 19. Juni 1984 - IX ZR 89/83, aaO; v. 23. Januar 1985 - VIII ZR 285/83, aaO). Mit der Abweisung der Klage nach § 767 ZPO wird lediglich abgelehnt , einem titulierten Anspruch durch rechtsgestaltendes Urteil die Voll- streckbarkeit zu nehmen. Damit wird aber nicht zugleich bindend entschieden, dass der titulierte Anspruch materiellrechtlich besteht. Das rechtliche Interesse an der Feststellung des Erlöschens der titulierten Forderung kann etwa daraus folgen, dass der Titelgläubiger im Hinblick auf nach erfolgter Vollstreckung mögliche Bereicherungsansprüche des Titelschuldners von vornherein auf eine zwangsweise Durchsetzung der titulierten Forderung verzichtet.
10
c) Im vorliegenden Fall geht es nicht um den Einwand der Erfüllung. Vielmehr hat der Kläger vergeblich versucht, gegen die titulierte Forderung aufzurechnen. Die mit Schreiben vom 15. November 2004 erklärte Aufrechnung ist als präkludiert behandelt worden (§ 767 Abs. 2 ZPO). Für diesen Fall gelten die soeben dargestellten Grundsätze nicht. Mit der Abweisung der Vollstreckungsgegenklage steht vielmehr fest, dass die Aufrechnung endgültig gescheitert ist.
11
Im aa) Vorprozess über die Vollstreckungsgegenklage war die mit Schreiben vom 15. November 2004 erklärte Aufrechnung präkludiert. Einwendungen gegen den titulierten Anspruch können nur insoweit im Wege der Vollstreckungsgegenklage geltend gemacht werden, als die Gründe, auf denen sie beruhen, nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung im Ausgangsprozess entstanden sind (§ 767 Abs. 2 ZPO). Sind die Gründe vor diesem Zeitpunkt entstanden und wird die Rechtswirkung der Einwendung erst durch eine Willenserklärung ausgelöst, so ist nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Willenserklärung objektiv abgegeben werden konnte (BGHZ 24, 97, 99; 34, 274, 279 f; 100, 222, 225; 125, 351, 352 f; 163, 339, 342; 173, 328, 334 f Rn. 23, 25; BGH, Urt. v. 16. November 2005 - VIII ZR 218/04, NJW-RR 2006, 229, 230 Rn. 14). Die zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen stammen - soweit sie noch im Streit sind - sämtlich aus der Zeit vor Schluss der mündlichen Verhandlung im Ausgangsprozess, der zur Titulierung des Anspruchs der Titelgläubiger und jetzigen Beklagten führte. Sie hätten damit bereits in diesem Prozess unbedingt oder hilfsweise zur Aufrechnung gestellt werden können und müssen. Die Geltendmachung im Wege der Vollstreckungsgegenklage war damit ausgeschlossen.
12
bb) Nach der oben dargestellten Rechtsprechung hindert zwar die Abweisung der Vollstreckungsgegenklage grundsätzlich nicht die Geltendmachung der nämlichen materiell-rechtlichen Einwendung in einem Folgeprozess über den titulierten Anspruch selbst (wobei die analoge Anwendung des § 767 Abs. 2 ZPO allerdings einer genaueren Untersuchung bedürfte). Der Aufrechnungseinwand nimmt insoweit jedoch eine Sonderstellung ein. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (RG HRR 1935 Nr. 691; BGHZ 24, 97, 99; 34, 274, 280; 125, 351, 354; ähnlich Stein/Jonas/Leipold, ZPO 22. Aufl. § 145 Rn. 63 ff, 66 f; MünchKomm-ZPO/Wagner, ZPO 3. Aufl. § 145 Rn. 28; jeweils zu den Rechtswirkungen einer bereits vor dem Ausgangsprozess erklärten, in diesem Prozess aber wegen Verspätung präkludierten Aufrechnung) hat die Präklusion der Aufrechnung nicht nur verfahrensrechtliche Wirkung. Vielmehr treten auch die materiell-rechtlichen Wirkungen der Aufrechnung (§ 389 BGB) nicht ein. Die zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen des Titelschuldners (hier also: des Klägers) werden so behandelt, als sei die Aufrechnung nie erklärt worden. Sie können folglich vom Titelschuldner selbständig gegen den Titelgläubiger geltend gemacht und durchgesetzt werden. Der vom Berufungsgericht gezogene Schluss - wenn das Bestehen der Forderung im Wege einer Feststellungsklage geltend gemacht werden könne, müsse auch eine auf das Nichtbestehen der Gegenforderung gerichtete negative Feststellungsklage möglich sein - ist indessen nicht gerechtfertigt.
13
Steht die materiell-rechtliche Wirkung der Abweisung einer auf eine Aufrechnung gestützten Vollstreckungsgegenklage fest, bedeutet das zugleich, dass eine auf die nämliche Aufrechnung gestützte negative Feststellungsklage erfolglos bleiben muss. Ein Auseinanderfallen von Titel einerseits, materiellem Recht andererseits kann - anders als bei dem im Urteil des Bundesgerichtshofs vom 23. Januar 1985 (aaO) behandelten Erfüllungseinwand - nicht eintreten. Gelänge es den Beklagten, den titulierten Betrag beizutreiben, könnten sie ihn auch behalten. Der Kläger könnte ihn nicht nach § 812 Abs. 1 BGB zurückverlangen; die Beklagten hätten also keinen Grund, die Vollstreckung im Hinblick auf die zu erwartende Rückforderung zu unterlassen. Ein rechtliches Interesse an einer solchen Klage ist damit nicht ersichtlich.
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d) Die negative Feststellungsklage ist auch aus einem anderen Grund unzulässig. Der Kläger hat das Feststellungsinteresse für seine Klage ausdrücklich damit begründet, dass die Beklagten aus dem Urteil vollstrecken wollten. Er hat deshalb auch die Herausgabe des Titels beantragt. Geht es nur um eine Verhinderung der Zwangsvollstreckung, ist kein Grund ersichtlich, neben der Vollstreckungsgegenklage gemäß § 767 ZPO die negative Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO zuzulassen. Es fehlt dann das Rechtsschutzbedürfnis (Schuschke/Walker/Raebel, Vollstreckung und Vorläufiger Rechtsschutz 4. Aufl. § 767 Rn. 7). Die erfolgreiche Vollstreckungsgegenklage führt gemäß § 775 Nr. 1, § 776 ZPO zur Einstellung der Zwangsvollstreckung und zur Aufhebung bereits getroffener Vollstreckungsmaßnahmen. Die (vollstreckungsrechtlichen ) Wirkungen des einer negativen Feststellungsklage stattgebenden Urteils bleiben hinter denjenigen eines Urteils nach § 767 ZPO zurück (vgl. BGHZ 124, 164, 171). Es fällt allenfalls unter § 775 Nr. 4 ZPO. Bereits getroffene Vollstreckungsmaßregeln bleiben daher bestehen (§ 776 ZPO).
15
e) Die Abweisung der Klage - soweit sie in der zweiten Instanz angefallen ist - als unzulässig verstößt nicht gegen das Verbot der reformatio in peius (§ 528 ZPO). Das Verschlechterungsverbot greift grundsätzlich nicht, wenn das erstinstanzliche Verfahren wegen eines von Amts wegen zu beachtenden, nicht behebbaren Verfahrensmangels unzulässig war. Die Abweisung der Klage als unbegründet hat dem Kläger keine erhaltenswerte Rechtsposition verschafft. Das Berufungsgericht kann deshalb eine von der ersten Instanz sachlich abgewiesene Klage im Falle des Fehlens von Verfahrensvoraussetzungen regelmäßig als unzulässig abweisen (BGH, Urt. v. 10. Dezember 1998 - III ZR 2/98, NJW 1999, 1113, 1114 mit weiteren Nachweisen).
16
2. Die Klage auf Herausgabe der titulierten Ausfertigung des Urteils vom 18. Mai 2004 ist ebenfalls unzulässig. Eine auf § 371 BGB analog gestützte Klage auf Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung eines unter § 794 ZPO fallenden Titels ist nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dann zulässig, wenn über eine Vollstreckungsgegenklage rechtskräftig zugunsten des Herausgabeklägers entschieden worden ist und die Erfüllung der dem Titel zugrunde liegenden Forderung zwischen den Parteien unstreitig ist oder vom Titelschuldner zur Überzeugung des Gerichts bewiesen wird (BGHZ 127, 146, 148 ff; BGH, Urt. v. 21. Januar 1994 - V ZR 238/92, WM 1994, 650, 651 f; OLG München WM 2008, 580; vgl. auch BGH, Urt. v. 14. Juli 2008 - II ZR 132/07, WM 2008, 1806, 1807 Rn. 9, wonach es ausreicht, dass die genannten Voraussetzungen alternativ vorliegen). Nur unter diesen Voraussetzungen ist eine Umgehung der Vorschriften über die Vollstreckungsgegenklage nicht zu befürchten. Im vorliegenden Fall ist die Vollstreckungsgegenklage des Titelschuldners und jetzigen Herausgabeklägers abgewiesen worden. Das Erlöschen der titulierten Forderung gemäß §§ 387, 389 BGB ist zwischen den Parteien nicht unstreitig; weil die auf die Aufrechnung gestützte Vollstreckungsge- genklage wegen Präklusion der Aufrechnung (§ 767 Abs. 2 ZPO) abgewiesen worden ist, steht umgekehrt fest, dass die Aufrechnung wirkungslos geblieben ist.
Ganter Vill Lohmann
Fischer Pape

Vorinstanzen:
LG Aachen, Entscheidung vom 31.08.2006 - 10 O 261/06 -
OLG Köln, Entscheidung vom 24.05.2007 - 8 U 52/06 -

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.