Bundesgerichtshof Urteil, 06. Dez. 2006 - IV ZR 34/05

bei uns veröffentlicht am06.12.2006
vorgehend
Oberlandesgericht Celle, 4 U 140/04, 26.01.2005
Landgericht Hannover, 4 O 37/03, 25.06.2004

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 34/05 Verkündetam:
6.Dezember2006
Fritz
Justizangestellte
alsUrkundsbeamtin
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
VVG §§ 11 Abs. 1, 12 Abs. 1; AVB Gebäudeversicherung von Geschäften und
Betrieben
1. Nach § 12 Abs. 1 VVG beginnt die Verjährungsfrist für Versicherungsleistungen,
die zu unterschiedlichen Zeitpunkten fällig werden, für jede dieser Leistungen
gesondert zu laufen. Die Verjährungsfrist für Zinsforderungen aus Versicherungsleistungen
beginnt deshalb nicht zugleich mit der Hauptforderung zu laufen
, sondern erst nach Ende des Jahres, in welchem der jeweilige Zins angefallen
ist.
2. Auf eine Bestimmung in Allgemeinen Versicherungsbedingungen, wonach die
Versicherungsleistung so lange verweigert werden kann, wie gegen den Versicherungsnehmer
ein Ermittlungsverfahren aus Gründen geführt wird, die für
den Entschädigungsanspruch rechtserheblich sind (hier: § 22 Nr. 5 b der Bedingungen
für Gebäudeversicherung von Geschäften und Betrieben - BG 98),
kann sich der Versicherer nach einer endgültigen Leistungsablehnung nicht
mehr berufen.
BGH, Urteil vom 6. Dezember 2006 - IV ZR 34/05 - OLG Celle
LG Hannover
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Wendt, Felsch und
Dr. Franke im schriftlichen Verfahren, in dem Schriftsätze bis zum
29. November 2006 eingereicht werden konnten,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 26. Januar 2005 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, 1. als der Leistungsantrag zu 1 a in Höhe von 13.283,98 € (4% Zinsen aus 137.277,82 € für die Zeit vom 1. Januar 2000 bis zum 2. Juni 2002) ohne Zinsen hieraus abgewiesen worden ist. Insoweit wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 25. Juni 2004 geändert. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 13.283,98 € zu zahlen.
2. als der Feststellungsantrag zu 1 b abgewiesen worden ist. Insoweit und im Kostenpunkt wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Streitwert: 113.283,98 € Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Parteien Die streiten nach einem Brand um Leistungen aus der Gebäudeversicherung.
2
Die Klägerin erwarb 1997 ein mit mehreren Gebäuden bebautes Hofgrundstück. Unter Mitwirkung eines Agenten der Beklagten schloss sie mit Wirkung zum 25. Mai 1998 eine Gebäudeversicherung zum gleitenden Neuwert nach Maßgabe der Bedingungen für Gebäudeversicherung von Geschäften und Betrieben (BG 98) der Beklagten für das Hauptgebäude und ein Nebengebäude ab, für die eine Versicherungssumme von 1,3 Millionen DM zugrunde gelegt wurde.
3
Am 15. August 1998 wurde das Hauptgebäude durch einen Brand fast völlig zerstört. Nach § 10 Nr. 1 lit. b BG 98 ist Versicherungswert lediglich der Zeitwert eines Gebäudes, wenn er weniger als 40% des Neuwertes (die so genannte Entwertungsquote also mehr als 60%) beträgt. Nur dieser Zeitwert wird dann nach § 17 Nr. 1 a, bb BG 98 ersetzt. Über die Entwertungsquote entstand Streit zwischen den Parteien. Der von der Klägerin beauftragte Gutachter schätzte sie auf nur ca. 40%, der von der Beklagten beauftragte Gutachter auf 62,1%. Die Einschaltung eines Obmanns lehnte die Beklagte ab. Stattdessen berief sie sich in der Folgezeit auf eine angeblich bestehende Unterversicherung. Sie erstattete zunächst nur den insoweit verringerten Zeitwert und Leistungen für Aufräumarbeiten , insgesamt 842.934 DM, und lehnte seit Mitte August 1999 weitere Leistungen ab.

4
In einem ersten von den Parteien geführten Rechtsstreit wurde die Beklagte im August 2002 in zweiter Instanz verurteilt, weitere 137.277,82 € nebst 4% Zinsen hieraus seit dem 3. Juni 2002 an die Klägerin zu zahlen. Ferner wurde festgestellt, dass die Beklagte auch die so genannte Neuwertspitze in Höhe von 302.171,46 € erstatten müsse, wenn die Klägerin die Voraussetzungen des § 17 Nr. 8 BG 98 erfülle.
5
Nach Rechtskraft jener Entscheidung zahlte die Beklagte am 3. Februar 2003 den Betrag von 137.277,82 € an die Klägerin, die nunmehr im vorliegenden Rechtsstreit weitere Nebenforderungen aus dem Brandschaden erhebt. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind nur noch die folgenden Anträge der Klägerin:
6
begehrt Sie zum einen die Feststellung, dass die Beklagte dem Grunde nach zu weiterem Schadensersatz wegen verzögerter Schadensregulierung verpflichtet sei (Klagantrag zu 1 b).
7
Für die Zeit vom 16. August 1998 bis zum 2. Juni 2002 fordert die Klägerin weiter Vertrags- (§ 22 BG 98) und Verzugszinsen aus 137.277,82 €, die sie zuletzt auf insgesamt 32.959 € errechnet hat (Klagantrag zu 1 a).
8
Das Landgericht hat die Klage - soweit in der Revision noch von Interesse - abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Der Senat hat die Revision, mit der die Klägerin ihr Klagebegehren weiterverfolgen wollte, im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nur mit Blick auf den Feststellungsantrag (Klagantrag zu 1 b) und den geltend gemachten Zinsanspruch (Klagantrag zu 1 a) bis zur Höhe von 13.283,98 € - ohne weitere Zinsen hieraus - zugelassen.

Entscheidungsgründe:


9
Im Umfang ihrer Zulassung hat die Revision Erfolg.
10
I. Das Berufungsgericht hat der Klägerin einen Schadensersatzanspruch wegen verzögerter Regulierung des Brandschadens abgesprochen und ihren darauf gerichteten Feststellungsantrag zurückgewiesen, weil die Beklagte insoweit kein Verschulden treffe. Sie habe, indem sie sich im Vorprozess gegen die von der Klägerin erhobenen Ansprüche verteidigt habe, lediglich die ihr zustehenden Rechte im Rahmen eines geordneten gerichtlichen Verfahrens wahrgenommen. Das könne nicht den Vorwurf schuldhaften Verhaltens begründen, solange es nicht rechtsmissbräuchlich und mit dem Vorsatz geschehe, die andere Partei sittenwidrig zu schädigen. Dafür sei hier nichts ersichtlich. Die Beklagte habe sich auch nicht leichtfertig gegen ihre Inanspruchnahme zur Wehr gesetzt, was daran ersichtlich sei, dass das Landgericht im Vorprozess erst nach der Vernehmung des Versicherungsagenten zu dem Ergebnis gelangt sei, die Beklagte dürfe sich nicht auf den Unterversicherungseinwand berufen. Sie habe zuvor unwiderlegt vorgetragen gehabt, es sei ihren Agenten generell verboten, bei Vertragschluss selbst die Versicherungssumme zu berechnen. Damit, dass sich der Agent darüber hinweggesetzt und der Klägerin gleichwohl angeboten habe, die Versicherungssumme verbindlich festzulegen, habe die Beklagte bis zur Beweisauf- nahme im Vorprozess nicht rechnen müssen. Gleiches gelte, soweit sich die Beklagte im Vorprozess auf eine Entwertungsquote von mehr als 60% berufen habe. Zunächst hätten einander widersprechende Parteigutachten vorgelegen und die Klägerin habe lediglich unsubstantiierte Mutmaßungen darüber angestellt, wie der von der Beklagten beauftragte Gutachter zu seinem Ergebnis gelangt sei. Dass die Beklagte bei dem von ihr beauftragten Gutachter gegen das ihr zunächst ungünstige, von einem Assistenten ermittelte Gutachtenergebnis remonstriert und so die Feststellung einer Entwertungsquote von mehr als 60% erreicht habe, sei nicht ungewöhnlich. Die Beklagte habe eine Klärung der streitigen Fragen im Vorprozess abwarten dürfen. Auch lasse sich nicht feststellen, dass die Schäden, deren Ersatz die Klägerin mit ihrem Feststellungsantrag anstrebe, auf der verzögerten Schadensregulierung beruhten. Die Klägerin sei vielmehr deshalb nicht zum rechtzeitigen Wiederaufbau des abgebrannten Gebäudes in der Lage gewesen, weil sie die erheblichen Mittel, die ihr von der Beklagten zur Beseitigung des Brandschadens zur Verfügung gestellt worden seien, anderweitig, insbesondere zum lange vor dem Brand geplanten Umbau zweier Nebengebäude, eingesetzt habe. Die Klägerin habe nicht dargelegt, dass sie auch dann nicht zum rechtzeitigen Wiederaufbau des abgebrannten Gebäudes in der Lage gewesen wäre, wenn sie die erhaltenen Versicherungsleistungen stattdessen zweckentsprechend eingesetzt hätte. Der Vortrag der Klägerin zu ihren Bemühungen um eine Finanzierung des Wiederaufbaus mittels Krediten und Eigenmitteln sei im Übrigen nicht ausreichend.
11
Zu der mit dem Leistungsantrag geltend gemachten Zinsforderung hat das Berufungsgericht ausgeführt: Soweit die Klägerin sich mit ihrem in erster Instanz gehaltenen Vortrag auf Verzug und § 22 Abs. 2 BG 98 stütze, seien die Ansprüche nach § 12 Abs. 1 VVG verjährt. Die Klägerin habe es versäumt, diese Ansprüche schon im Vorprozess zu erheben. Soweit sie ihre Zinsforderung in zweiter Instanz als Schadensersatzanspruch erhoben habe, sei dies nicht nachvollziehbar und scheitere bereits an den oben genannten Gründen. Letztlich komme es darauf aber nicht an, weil der Vortrag neu und nach § 531 ZPO nicht zu beachten sei. Weiter könne die Klägerin, die schon für den Erwerb des Hofgrundstücks 400.000 DM habe finanzieren müssen, diese Finanzierung nicht im Rahmen der Abgeltung des Brandschadens auf die Beklagte abwälzen. Auch wenn die Zinsforderung als Schadensersatzanspruch erhoben werde, gelte dafür im Übrigen ebenfalls die Verjährungsvorschrift des § 12 Abs. 1 VVG.
12
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
13
1. Bei Zurückweisung des auf die Verpflichtung der Beklagten zu weiterem Schadensersatz gerichteten Feststellungsantrages (Klagantrag zu 1 b) hat das Berufungsgericht einen unzutreffenden Verschuldensmaßstab zugrunde gelegt; auch seine Ausführungen zur Kausalität tragen die Klagabweisung nicht.
14
a) Das Berufungsgericht meint, die Beklagte treffe kein Verschulden an der verzögerten Regulierung des Brandschadens, weil sie für sich im Vorprozess lediglich prozessual zulässige Verteidigungsmittel beansprucht habe, ohne dabei rechtsmissbräuchlich, leichtfertig oder in Schädigungsabsicht zu handeln. Wäre das richtig, so käme ein Schuldner regelmäßig nicht in Verzug, wenn er es wegen der geschuldeten Leistung auf einen Rechtsstreit ankommen ließe. Der vom Berufungsgericht gewählte , auf eine prozessuale Rechtfertigung verzögerter Leistung hinauslaufende Verschuldensmaßstab steht auch im Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. dazu Senatsurteile vom 9. Januar 1991 - IV ZR 97/89 - VersR 1991, 331 unter II 4 und III 1, 2; 20. November 1990 - IV ZR 202/89 - r + s 1991, 37 unter 3; 27. September 1989 - IVa ZR 156/88 - VersR 1990, 153; 19. September 1984 - IVa ZR 67/83 - VersR 1984, 1137 unter II 2 a).
15
aa) Danach ist zwar anerkannt, dass ein unverschuldeter Rechtsirrtum des prozessierenden Schuldners ihn von den Folgen des Verzuges freistellen kann, doch werden dabei an die Sorgfaltspflichten des Schuldners strenge Anforderungen gestellt. Es reicht nicht aus, dass er sich seine eigene Rechtsauffassung nach sorgfältiger Prüfung und sachgemäßer Beratung gebildet hat. Unverschuldet ist ein solcher Irrtum nur, wenn der Schuldner nach sorgfältiger Prüfung der Sach- und Rechtslage mit einem Unterliegen im Rechtsstreit nicht zu rechnen braucht. Das kann vor allem bei höchstrichterlich ungeklärten Rechtsfragen anzunehmen sein; bei Beweisfragen bildet ein fehlendes Verschulden des Schuldners die Ausnahme (vgl. dazu Senatsurteil vom 19. September 1984 aaO). Ein nur "normales Prozessrisiko" entlastet den Schuldner nicht (Senatsurteil vom 27. September 1989 aaO).
16
bb) Nach diesen Maßstäben hat die Beklagte die Verzögerung der Versicherungsleistung (jedenfalls in Höhe der der Klägerin im Vorprozess zugesprochenen 137.277,82 €) verschuldet. Soweit sie sich mit Blick auf die Frage einer Unterversicherung darauf berufen hat, die Entstehungsgeschichte des Vertrages sei ihr erst durch die Zeugenaussage ihres Agenten im Vorprozess klar geworden, hat das Berufungsgericht verkannt, dass sie sich nicht nur nach den Grundsätzen der Auge- und Ohr-Rechtsprechung des Senats von vorn herein das Wissen ihres Agenten hätte zurechnen lassen müssen, sondern schon vor dem Abschluss des Versicherungsvertrages durch die Information des Agenten auch eigenes Wissen davon hatte, dass jener es gegenüber der Klägerin - und sei es auch zunächst weisungswidrig - übernommen hatte, die Versicherungssumme für die versicherten Gebäude verbindlich festzulegen. Den Inhalt der Zeugenaussage des Agenten aus dem Vorprozess stellt die Beklagte nicht in Frage. Danach hat die Versicherungsnehmerin den bestmöglichen Versicherungsschutz für die zu versichernden Gebäude angestrebt und der Agent es übernommen, den Versicherungswert festzulegen. Dazu, so hat der Zeuge weiter bekundet, habe er auf der Grundlage der Vorversicherung und eines vom früheren Versicherer veranlassten Wertgutachtens zusammen mit dem in der Bezirksdirektion der Beklagten für die Versicherung gewerblicher Objekte zuständigen Mitarbeiter nach bis in die Einzelheiten gehender Diskussion die Wertfestsetzung vorgenommen. Bei dieser Sachlage kam eine Berufung auf Unterversicherung nicht mehr in Betracht. Da jedenfalls das Wissen des für die Versicherung gewerblicher Objekte zuständigen Mitarbeiters der Bezirksdirektion als eigenes Wissen der Beklagten anzusehen ist, hat diese sich von Anfang an wider besseres Wissen auf eine Unterversicherung berufen.
17
Soweit daneben die Höhe der Entwertungsquote zu prüfen war, standen sich widersprechende Einschätzungen aus dem vorgerichtlichen Sachverständigenverfahren gegenüber. Nach § 10 Nr. 1 lit. b BG 98 ist der Versicherungswert eines Gebäudes lediglich der Zeitwert, wenn er weniger als 40% des Neuwertes beträgt, die so genannte Entwertungsquote mithin über 60% liegt. Der von der Klägerin beauftragte Gutachter hatte eine Entwertungsquote von lediglich 40% ermittelt. Das von der Beklagten in Auftrag gegebene Gutachten war zunächst ebenfalls zu einer Entwertungsquote von unter 60% gelangt. Erst auf Initiative der Beklagten war das Gutachten korrigiert worden und wies zuletzt eine Entwertungsquote von 62,1% aus. Bei dieser Sachlage hatte die Beklagte keine Veranlassung, darauf zu vertrauen, dass die Entwertungsquote über 60% liege und das Gericht des Vorprozesses dies feststellen werde. Insofern handelte sie leichtfertig, als sie die von beiden Privat-Gutachtern angeregte Fortführung des Sachverständigenverfahrens durch ein Obmann-Gutachten verweigerte und sich stattdessen im Weiteren allein auf den unberechtigten Unterversicherungseinwand berief.
18
Auch b) die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Kausalität der verspäteten Zahlung für einen Verzögerungsschaden tragen die Abweisung des Feststellungsantrages nicht. Vielmehr bedarf die Sache insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung.
19
Die aa) Kausalität gehört zur Anspruchsbegründung des Schadensersatzanspruches und muss deshalb, wie das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend erkannt hat, für den Erlass eines Feststellungsurteils über den Grund (§ 304 ZPO) geklärt werden (vgl. dazu BGH, Urteile vom 18. März 1977 - I ZR 132/75 - NJW 1977, 1538 unter III 3; 16. Januar 1991 - VIII ZR 14/90 - NJW-RR 1991, 599 unter II 1 a; Zöller/Vollkommer , ZPO 25. Aufl. § 304 Rdn. 6 ff. m.w.N.).

20
bb) Das Berufungsgericht geht davon aus, die Klägerin sei infolge der Verwendung von Versicherungsleistungen für andere Zwecke als den Wiederaufbau nicht mehr in der Lage, den Wiederaufbau des abgebrannten Wohnhauses zu betreiben. Deshalb komme ein kausal durch verspätete Versicherungsleistung herbeigeführter Schaden nicht mehr in Betracht , vielmehr seien sämtliche denkbaren Verzögerungsschäden auf diese Entscheidung der Klägerin zurückzuführen.
21
cc) Das überzeugt nicht.
22
Berufungsgericht Das hat schon den Vortrag der Klägerin nicht ausgeschöpft. Es hat nicht geklärt, ob sich der für den Umbau der beiden Nebengebäude eingesetzte Betrag (nach den Feststellungen des Landgerichts 250.000 €) wirklich entscheidend auf die Möglichkeit der Wiedererrichtung des abgebrannten Gebäudes auswirken konnte, zumal die Beklagte umgekehrt die Auffassung vertritt, der ausstehende ZeitwertBetrag von 137.277,82 € und der Streit um ca. 300.000 € Neuwertspitze hätten die Klägerin nicht daran gehindert, den Wiederaufbau des abgebrannten Gebäudes zu betreiben. Im Übrigen hat die Klägerin unter Beweisantritt vorgetragen, sie habe die mündliche Zusage einer Bank über ein Darlehen von 550.000 € allein deswegen verloren, weil die Beklagte im Vorprozess Berufung eingelegt habe. Dazu verhält sich das Berufungsurteil nicht, auch der dafür angebotene Beweis wurde nicht erhoben. Das Berufungsgericht prüft auch nicht, ob es nicht mit Blick auf anfallende Zinsen wirtschaftlich sinnvoll gewesen sein kann, anstelle einer sofortigen Kreditaufnahme für den Umbau der Nebengebäude zunächst auf die vorhandenen Versicherungsleistungen zurückzugreifen, bis die Frage der vollständigen Wiederaufbaufinanzierung mittels Versiche- rungsleistungen gerichtlich geklärt war. Die Ausführungen des Berufungsgerichts sind wegen ihrer Lückenhaftigkeit nach allem nicht geeignet , die Möglichkeit eines auf der verspäteten Versicherungsleistung beruhenden und mithin erstattungsfähigen Verzögerungsschadens sicher auszuschließen.
23
2. Zu Unrecht ist der Klägerin der Anspruch auf 4% Zinsen aus 137.277,82 € für die Zeit vom 1. Januar 2000 bis zum 2. Juni 2002 abgesprochen worden. Insoweit war das Berufungsurteil aufzuheben und, da der Rechtsstreit zu diesem Punkt entscheidungsreif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO), die Beklagte zur Zahlung von 13.283,98 € (ohne Zinsen hieraus) zu verurteilen.
24
a) Allerdings hat das Berufungsgericht das Vorbringen der Klägerin in zweiter Instanz zur Berechnung des Zinsschadens ohne Rechtsfehler als neu im Sinne des § 531 Abs. 2 ZPO bewertet und ausgeschlossen. Denn die Klägerin war von einer bloßen Vertrags- und Verzugszinsforderung zur konkreten Verzugsschadensberechnung aufgrund neuen, bestrittenen Sachvortrags (Aufnahme anderweitiger Kredite) übergegangen und hatte nichts dazu vorgetragen, dass ihr eine Nachlässigkeit nicht vorzuwerfen sei (§ 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO).
25
b) Demgegenüber sind dem Berufungsgericht mit Blick auf das ursprüngliche Klagevorbringen zum Verzugszins, das weiterhin zu prüfen blieb, Rechtsfehler unterlaufen.
26
aa) Die Zinsansprüche der Klägerin sind nicht nach § 12 Abs. 1 VVG verjährt, soweit sie seit dem 1. Januar 2000 entstanden sind.

27
(1) Nachdem die Beklagte im August 1999 unstreitig weitere Versicherungsleistungen endgültig ablehnte und andererseits nach dem Schlussurteil des Vorprozesses feststeht, dass sie noch 137.277,82 € schuldete, wurde dieser Teil der Versicherungsleistung im August 1999 fällig (vgl. dazu Senatsurteil vom 27. Februar 2002 - IV ZR 238/00 - VersR 2002, 472 unter 1 c). Zugleich geriet die Beklagte wegen der endgültigen Leistungsablehnung in Verzug (§ 284 BGB a.F., vgl. dazu auch Senatsurteile vom 16. November 2005 - IV ZR 120/04 - VersR 2006, 215 unter II 2 a; 19. September 1984 - IVa ZR 67/83 - VersR 1984, 1137 unter II 2 a).
28
(2) Die Beklagte, auf deren Anzeige hin gegen die Klägerin und ihren Lebensgefährten ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Eigenbrandstiftung bis zur Verfahrenseinstellung nach § 170 Abs. 2 StPO am 12. Februar 2002 geführt worden ist, hat sich auf § 22 Nr. 5 b BG 98 berufen, wonach der Versicherer die Entschädigung so lange verweigern kann, wie gegen den Versicherungsnehmer ein Ermittlungsverfahren aus Gründen geführt wird, die für den Entschädigungsanspruch rechtserheblich sind.
29
Dieser Einwand hindert den Verzugseintritt im August 1999 nicht. Denn § 11 Abs. 1 VVG lässt die Fälligkeit der Versicherungsleistung mit Beendigung der zur Feststellung des Versicherungsfalls und des Umfangs der Versicherungsleistung nötigen Erhebungen eintreten. Vor diesem Hintergrund schafft die Bestimmung des § 22 Nr. 5 b BG 98 keinen zusätzlichen Aufschub der Fälligkeit, sondern enthält lediglich eine Konkretisierung des Begriffs der notwendigen Erhebungen im Sinne von § 11 Abs. 1 VVG (dazu Martin, Sachversicherungsrecht 3. Aufl. Y I Rdn. 14). Daraus folgt, dass die Klausel nach einer endgültigen Leistungsablehnung des Versicherers, mit der er bekundet, keine weiteren Erhebungen mehr vornehmen zu wollen (vgl. dazu Senatsurteil vom 27. Februar 2002 - IV ZR 238/00 - VersR 2002, 472 unter 1 c; Kollhosser in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. Rdn. 5 zu § 17 AFB 30), nicht mehr zum Zuge kommen kann.
30
(3) Wie die Revision zu Recht rügt, hat das Berufungsgericht übersehen , dass die Verjährung für Versicherungsleistungen, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten fällig werden, für jede dieser Leistungen gesondert zu laufen beginnt (vgl. Senatsurteil vom 10. Mai 1983 - IVa ZR 74/81 - VersR 1983, 673 unter II). Die Verjährung von Zinsforderungen beginnt deshalb nicht zugleich mit der Verjährung für die Hauptforderung zu laufen, sondern erst mit dem Schluss des Jahres, in welchem der jeweilige Zins (durch Zeitablauf) angefallen, die Zinsforderung mithin fällig geworden ist (vgl. dazu auch Bruck/Möller, VVG 8. Aufl. § 12 Anm. 14; BK/Gruber, VVG § 12 Rdn. 20).
31
Deshalb sind hier nur die Zinsansprüche verjährt, die bis zum 31. Dezember 1999 entstanden waren. Darunter fallen auch die auf § 22 BG 98 gestützten so genannten Vertragszinsen für die Zeit vom 16. August 1998 (Tag der Schadensanzeige) bis zum 31. August 1999. Insoweit begann die Verjährung nach § 12 Abs. 1 VVG am 1. Januar 2000 zu laufen und endete am 31. Dezember 2001. Klage und Prozesskostenhilfegesuch wurden erst im Dezember 2002 eingereicht, die Klagzustellung ist nach Abschluss des Prozesskostenhilfeverfahrens "dem- nächst" im Sinne von § 167 ZPO erfolgt. Die seit dem 1. Januar 2000 entstandenen Zinsansprüche sind nicht verjährt.
32
bb) Dass das Berufungsgericht ein den Verzug begründendes Verschulden der Beklagten mit unzutreffender Begründung verneint hat, ist bereits oben dargelegt.
33
cc) Die Klägerin kann für die Zeit vom 1. Januar 2000 bis zum 2. Juni 2002 (am darauf folgenden Tag setzt die 4%-ige Verzinsung aus dem Schlussurteil des Vorprozesses ein) allerdings nur 4% Verzugszinsen nach § 288 Abs. 1 BGB in der bis zum 30. April 2000 geltenden Fassung vom 1. Januar 1964 verlangen. Das ergibt sich aus Art. 229 § 1 Abs. 1 Satz 3 EGBGB. Danach ist § 288 BGB in seiner ab dem 1. Mai 2000 geltenden Fassung (vom 30. März 2000 - BGBl. I S. 330), welcher erstmals eine Verzugs-Verzinsung mit fünf Prozentpunkten über dem Basissatz vorsah, erst auf diejenigen Forderungen anzuwenden, die von diesem Zeitpunkt an fällig wurden. Die hier in Rede stehende Forderung über 137.277,82 € ist aber schon im August 1999 fällig geworden.

34
Für den genannten Zeitraum errechnet sich der der Klägerin zugesprochene Betrag von 13.283,98 €, der wegen § 289 BGB nicht zu verzinsen ist.
Terno Dr. Schlichting Wendt
Felsch Dr. Franke

Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 25.06.2004 - 4 O 37/03 -
OLG Celle, Entscheidung vom 26.01.2005 - 4 U 140/04 -

ra.de-Urteilsbesprechung zu Bundesgerichtshof Urteil, 06. Dez. 2006 - IV ZR 34/05

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Bundesgerichtshof Urteil, 06. Dez. 2006 - IV ZR 34/05

Referenzen - Gesetze

Bundesgerichtshof Urteil, 06. Dez. 2006 - IV ZR 34/05 zitiert 12 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 563 Zurückverweisung; eigene Sachentscheidung


(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen. (2) Das Berufungsgerich

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Gesetz über den Versicherungsvertrag


Versicherungsvertragsgesetz - VVG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 531 Zurückgewiesene und neue Angriffs- und Verteidigungsmittel


(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen. (2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie1.einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht

Strafprozeßordnung - StPO | § 170 Entscheidung über eine Anklageerhebung


(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht. (2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren

Zivilprozessordnung - ZPO | § 167 Rückwirkung der Zustellung


Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächs

Zivilprozessordnung - ZPO | § 304 Zwischenurteil über den Grund


(1) Ist ein Anspruch nach Grund und Betrag streitig, so kann das Gericht über den Grund vorab entscheiden. (2) Das Urteil ist in Betreff der Rechtsmittel als Endurteil anzusehen; das Gericht kann jedoch, wenn der Anspruch für begründet erklärt is

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 284 Ersatz vergeblicher Aufwendungen


Anstelle des Schadensersatzes statt der Leistung kann der Gläubiger Ersatz der Aufwendungen verlangen, die er im Vertrauen auf den Erhalt der Leistung gemacht hat und billigerweise machen durfte, es sei denn, deren Zweck wäre auch ohne die Pflichtver

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 12 Versicherungsperiode


Als Versicherungsperiode gilt, falls nicht die Prämie nach kürzeren Zeitabschnitten bemessen ist, der Zeitraum eines Jahres.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 289 Zinseszinsverbot


Von Zinsen sind Verzugszinsen nicht zu entrichten. Das Recht des Gläubigers auf Ersatz des durch den Verzug entstehenden Schadens bleibt unberührt.

Versicherungsvertragsgesetz - VVG 2008 | § 11 Verlängerung, Kündigung


(1) Wird bei einem auf eine bestimmte Zeit eingegangenen Versicherungsverhältnis im Voraus eine Verlängerung für den Fall vereinbart, dass das Versicherungsverhältnis nicht vor Ablauf der Vertragszeit gekündigt wird, ist die Verlängerung unwirksam, s

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Bundesgerichtshof Urteil, 06. Dez. 2006 - IV ZR 34/05 zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).

Bundesgerichtshof Urteil, 06. Dez. 2006 - IV ZR 34/05 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 27. Feb. 2002 - IV ZR 238/00

bei uns veröffentlicht am 27.02.2002

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 238/00 Verkündet am: 27. Februar 2002 Fritz Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein ________________

Bundesgerichtshof Urteil, 16. Nov. 2005 - IV ZR 120/04

bei uns veröffentlicht am 16.11.2005

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 120/04 Verkündetam: 16.November2005 Fritz Justizangestellte alsUrkundsbeamtin derGeschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ________
5 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 06. Dez. 2006 - IV ZR 34/05.

Bundesgerichtshof Urteil, 03. Dez. 2008 - IV ZR 58/07

bei uns veröffentlicht am 03.12.2008

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 58/07 Verkündetam: 3.Dezember2008 Heinekamp Justizhauptsekretär alsUrkundsbeamter derGeschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja

Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Apr. 2010 - IX ZR 44/08

bei uns veröffentlicht am 27.04.2010

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZR 44/08 vom 27. April 2010 in dem Rechtsstreit Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter und die Richter Raebel, Prof. Dr. Kayser, Prof. Dr. Gehrlein und Grupp am 27. Apr

Amtsgericht Hagen Urteil, 15. Juni 2016 - 144 C 10/16

bei uns veröffentlicht am 15.06.2016

Tenor Der Beklagte wird verurteilt, 1. an die Klägerin 4.105,62 EUR zu zahlen; 2. die Klägerin freizustellen von ihr vorgerichtlich entstandenen Anwaltskosten durch Zahlung von 492,54 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen

Bundesgerichtshof Urteil, 15. Juli 2014 - XI ZR 418/13

bei uns veröffentlicht am 15.07.2014

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR418/13 Verkündet am: 15. Juli 2014 Weber, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Referenzen

(1) Wird bei einem auf eine bestimmte Zeit eingegangenen Versicherungsverhältnis im Voraus eine Verlängerung für den Fall vereinbart, dass das Versicherungsverhältnis nicht vor Ablauf der Vertragszeit gekündigt wird, ist die Verlängerung unwirksam, soweit sie sich jeweils auf mehr als ein Jahr erstreckt.

(2) Ist ein Versicherungsverhältnis auf unbestimmte Zeit eingegangen, kann es von beiden Vertragsparteien nur für den Schluss der laufenden Versicherungsperiode gekündigt werden. Auf das Kündigungsrecht können sie einvernehmlich bis zur Dauer von zwei Jahren verzichten.

(3) Die Kündigungsfrist muss für beide Vertragsparteien gleich sein; sie darf nicht weniger als einen Monat und nicht mehr als drei Monate betragen.

(4) Ein Versicherungsvertrag, der für die Dauer von mehr als drei Jahren geschlossen worden ist, kann vom Versicherungsnehmer zum Schluss des dritten oder jedes darauf folgenden Jahres unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

Als Versicherungsperiode gilt, falls nicht die Prämie nach kürzeren Zeitabschnitten bemessen ist, der Zeitraum eines Jahres.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

Als Versicherungsperiode gilt, falls nicht die Prämie nach kürzeren Zeitabschnitten bemessen ist, der Zeitraum eines Jahres.

(1) Ist ein Anspruch nach Grund und Betrag streitig, so kann das Gericht über den Grund vorab entscheiden.

(2) Das Urteil ist in Betreff der Rechtsmittel als Endurteil anzusehen; das Gericht kann jedoch, wenn der Anspruch für begründet erklärt ist, auf Antrag anordnen, dass über den Betrag zu verhandeln sei.

(1) Im Falle der Aufhebung des Urteils ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Spruchkörper des Berufungsgerichts erfolgen.

(2) Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurteilung, die der Aufhebung zugrunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zugrunde zu legen.

(3) Das Revisionsgericht hat jedoch in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

(4) Kommt im Fall des Absatzes 3 für die in der Sache selbst zu erlassende Entscheidung die Anwendbarkeit von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, in Frage, so kann die Sache zur Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

(1) Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszuge zu Recht zurückgewiesen worden sind, bleiben ausgeschlossen.

(2) Neue Angriffs- und Verteidigungsmittel sind nur zuzulassen, wenn sie

1.
einen Gesichtspunkt betreffen, der vom Gericht des ersten Rechtszuges erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten worden ist,
2.
infolge eines Verfahrensmangels im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht wurden oder
3.
im ersten Rechtszug nicht geltend gemacht worden sind, ohne dass dies auf einer Nachlässigkeit der Partei beruht.
Das Berufungsgericht kann die Glaubhaftmachung der Tatsachen verlangen, aus denen sich die Zulässigkeit der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel ergibt.

Als Versicherungsperiode gilt, falls nicht die Prämie nach kürzeren Zeitabschnitten bemessen ist, der Zeitraum eines Jahres.

Anstelle des Schadensersatzes statt der Leistung kann der Gläubiger Ersatz der Aufwendungen verlangen, die er im Vertrauen auf den Erhalt der Leistung gemacht hat und billigerweise machen durfte, es sei denn, deren Zweck wäre auch ohne die Pflichtverletzung des Schuldners nicht erreicht worden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 120/04 Verkündetam:
16.November2005
Fritz
Justizangestellte
alsUrkundsbeamtin
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
AVB Maschinen-Betriebsunterbrechungs-Versicherung (AMBUB 94);
1. Eine Klausel in Allgemeinen Versicherungsbedingungen einer MaschinenBetriebsunterbrechungs
-Versicherung, nach der der Versicherer keine Entschädigung
leistet, soweit ein Betriebsunterbrechungsschaden durch den Umstand vergrößert
wird, dass dem Versicherungsnehmer zur Wiederherstellung oder Wiederbeschaffung
beschädigter oder zerstörter Sachen oder Daten nicht rechtzeitig genügend
Kapital zur Verfügung steht (hier § 3 Abs. 2 lit. d AMBUB 94), stellt einen
Risikoausschluss dar.
2. Die Berufung des Versicherers auf eine solche Kapitalmangel-Klausel ist treuwidrig
, wenn er aus einer vom Versicherungsnehmer daneben abgeschlossenen Maschinenschadenversicherung
Versicherungsleistungen für die Reparatur der beschädigten
oder zerstörten Sachen oder Daten schuldet.
3. Zur Verpflichtung des Versicherungsnehmers, einen Maschinenschaden durch
Kreditaufnahme zu mindern und zu den Anforderungen, die dabei an die Darlegungslast
des Versicherungsnehmers zu stellen sind.
BGH, Urteil vom 16. November 2005 - IV ZR 120/04 - OLG Bremen
LG Bremen
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch die Richter
Seiffert, Dr. Schlichting, Wendt, Felsch und Dr. Franke auf die mündliche
Verhandlung vom 9. November 2005

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen vom 6. April 2004 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage in Höhe von 102.258,37 € abgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Versicherungsleistungen aus einer Maschinen-Betriebsunterbrechungsversicherung, ferner wegen Schadensersatzes infolge Verzuges mit Leistungen aus einer Maschinenversicherung in Anspruch.

2
Sie hat das von ihr an der S. mit fünf Turbinen betriebene Wasserkraftwerk nach Maßgabe und im Rahmen eines vom Bundesverband Deutscher Wasserkraftwerke mit der Beklagten abgeschlossenen Rahmenvertrages seit 1993 gegen Maschinenschäden und MaschinenBetriebsunterbrechung versichert. Dem kombinierten Vertrag liegen die Allgemeinen Maschinenversicherungsbedingungen (AMB 91) und die Allgemeinen Maschinen-Betriebsunterbrechungs-Versicherungsbedingungen (AMBUB 94) zugrunde.
3
§ 3 Abs. 2 lit. d AMBUB 94 bestimmt, dass der Versicherer keine Entschädigung leistet, soweit ein Betriebsunterbrechungsschaden durch den Umstand vergrößert wird, dass dem Versicherungsnehmer zur Wiederherstellung oder Wiederbeschaffung beschädigter oder zerstörter Sachen beziehungsweise Daten nicht rechtzeitig genügend Kapital zur Verfügung steht.
4
dem Ab 10. Oktober 1997 hatte das zuständige Wasserwirtschaftsamt den zum Kraftwerk führenden Werkkanal für mehrmonatige Arbeiten an einem baufälligen Wehr trockenlegen lassen. Bei einer aus diesem Anlass am 26. Oktober 1997 vorgenommenen Kontrolluntersuchung stellte sich heraus, dass am Schaufelrad der Turbine 2 mehrere Leitschaufeln ausgebrochen waren. Die Klägerin meldete den Schaden noch am selben Tag der Beklagten, die ihn mit Schreiben vom 8. Dezember 1997 dem Grunde nach als Versicherungsfall anerkannte, um einen prüffähigen Kostenvoranschlag für die Reparatur bat und im Weiteren die Weisung erteilte, die Reparatur umgehend in Auftrag zu geben. Infolgedessen ließ die Klägerin das Schaufelrad ausbauen und in die Werkstatt der W. Anlagenbau GmbH in H. bringen. Diese empfahl die Anfertigung eines neuen Schaufelrades für 206.500 DM und veranschlagte die Gesamtkosten für die Reparatur auf etwa 303.000 DM (zzgl. Mehrwertsteuer). Auf dieser Basis erteilte die Klägerin im März 1998 den Reparaturauftrag, der noch vor Abschluss der Arbeiten des Wasserwirtschaftsamtes am trockengelegten Wehr ausgeführt werden sollte.
5
Nachdem die Beklagte eine erste Abschlagsrechnung der W. GmbH über 80.000 DM beglichen hatte, stellte sie sich in der Folgezeit auf den Standpunkt, sie schulde wegen erheblicher Verschleißerscheinungen der gesamten Anlage nur noch eine Zeitwertentschädigung für das beschädigte Schaufelrad. Sie verweigerte deshalb eine zweite Abschlagszahlung , als die W. GmbH im Mai 1998 weitere 72.897 DM in Rechnung stellte. Da auch die Klägerin diese Rechnung nicht beglich, stellte die W. GmbH die Reparaturarbeiten ein und kündigte den Reparaturauftrag mit Schreiben vom 8. Oktober 1998. Inzwischen war im Juli 1998 der Werkkanal wieder geflutet worden.
6
Zu einer Reparatur der Turbine 2 kam es nicht mehr. Zwar schlossen die Parteien in einem ersten Rechtsstreit um die Versicherungsleistungen am 20. März 2001 einen Vergleich, in dem sich die Beklagte verpflichtete , 270.000 DM für die Reparatur zu zahlen, und einen ersatzfähigen Betriebsunterbrechungsschaden dem Grunde nach anerkannte. Die Firma W. GmbH nahm indessen die Reparaturarbeiten am Schaufelrad auch nach Zahlung der genannten 270.000 DM an die Klägerin im April 2001 nicht wieder auf. Im Februar 2002 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der W. GmbH eröffnet.

7
Die Klägerin hat im vorliegenden Rechtsstreit aus der MaschinenBetriebsunterbrechungsversicherung Versicherungsleistungen in (von der Beklagten bestrittener) Höhe von 51.867,74 DM (26.519,55 €) für die Betriebsausfallzeit der Turbine 2 seit der Wiederinbetriebnahme des Werkkanals (14. Juli 1998) bis zum Ende der in § 3 Abs. 3 AMBUB 94 vertraglich vereinbarten "Haftzeit" (26. Oktober 1998) gefordert.
8
Klägerin Die ist weiter der Auffassung, die im Vergleich vom 20. März 2001 festgelegte Summe von 270.000 DM sei der Betrag, den die Beklagte für die Reparatur der beschädigten Turbine 2 aus der Maschinenversicherung geschuldet habe. Mit dieser Leistung habe sich die Beklagte seit dem 26. Oktober 1998 infolge einer an diesem Tage erklärten Leistungsablehnung in Verzug befunden. Insoweit müsse sie den weiteren Betriebsausfall der Turbine 2 nach Ende der vorgenannten Haftzeit , also seit dem 27. Oktober 1998, als Verzugsschaden ersetzen. Für die Zeit bis zum 30. September 2001 hat die Klägerin insoweit einen weiteren - verzugsbedingten - Betriebsausfallschaden von 476.764,85 DM (243.766,00 €) errechnet und in den Vorinstanzen geltend gemacht.
9
Die Beklagte hält sich für leistungsfrei und meint, der Schaden sei nur deshalb eingetreten, weil der Klägerin das nötige Kapital gefehlt habe , um die Reparatur des Schaufelrades rechtzeitig auf eigene Kosten vornehmen zu lassen. Dafür müsse die Beklagte nach § 3 Abs. 2 lit. d AMBUB 94 nicht eintreten.
10
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision hat die Klägerin ihre Klage auf die Zahlung von insgesamt noch 102.258,37 € (weiterhin 26.519,55 € aus der Betriebsunterbrechungsversicherung , jedoch nur noch 75.738,82 € Verzugsschadensersatz) beschränkt. In diesem Umfang verfolgt sie ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:


11
Das Rechtsmittel hat Erfolg.
12
I. Das Berufungsgericht hat sowohl einen Anspruch aus der Maschinen -Betriebsunterbrechungsversicherung als auch einen Anspruch auf Verzugsschadensersatz verneint.
13
Die 1. Betriebsunterbrechung vom 14. Juli bis zum 26. Oktober 1998 sei allein Folge des Umstandes, dass die Klägerin nicht die nach ihrer Behauptung noch benötigten weiteren 307.490 DM zur Fortführung der Reparatur des Schaufelrades noch während der Zeit, als der Werkkanal trocken gelegt gewesen sei, aufgebracht habe. Dafür müsse die Beklagte nach § 3 Abs. 2 lit. d AMBUB 94 nicht aufkommen.
14
Dass sie sich im zugleich bestehenden Maschinenversicherungsvertrag zum Reparaturkostenersatz verpflichtet habe, ändere an diesem Ergebnis nichts. Bei der Klauselkontrolle des § 3 Abs. 2 lit. d AMBUB 94 nach § 9 AGBG habe der Maschinenversicherungsvertrag außer Betracht zu bleiben, weil die gebotene typisierende Betrachtungsweise die "speziellen Umstände des Einzelfalles" unbeachtet lassen müsse. Die Klausel halte danach einer Inhaltskontrolle Stand, da sie lediglich eine Scha- densabwendungs- bzw. Schadensminderungspflicht, wie sie grundsätzlich in den §§ 254 BGB, 62 VVG geregelt sei, "als Negativvoraussetzung bei der Leistungsbeschreibung" enthalte. Die Beklagte handele auch nicht treuwidrig, wenn sie sich auf § 3 Abs. 2 lit. d AMBUB 94 berufe. Zwar habe ihre Verpflichtung aus der Maschinenversicherung gerade sicherstellen sollen, dass der Klägerin Kapital für eine notwendige Maschinenreparatur zur Verfügung gestanden habe, es müsse aber auch im Rahmen des § 242 BGB die Schadensminderungspflicht der Klägerin bedacht werden, wie sie als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben in den §§ 254 BGB, 6 VVG, 11 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 AMBUB 94 ihren Niederschlag gefunden habe.
15
Bei Beachtung dieser Pflicht habe die Klägerin hier einen Kredit aufnehmen und so die Fortführung der Reparatur des Turbinenrades durch die W. GmbH sicherstellen müssen. Zwar sei ein Geschädigter nicht grundsätzlich verpflichtet, den Schaden aus eigenen Mitteln zu beseitigen oder gar einen Kredit dafür aufzunehmen. Drohe aber - wie hier - ein besonders hoher Schaden, so könne den Geschädigten die Obliegenheit zur Vorfinanzierung treffen. Diese zwischen Schädiger und Geschädigtem geltende Obliegenheit bestehe insbesondere im Versicherungsverhältnis. Die Klägerin habe nicht ausreichend substantiiert dargelegt , dass es ihr ab Mai 1998 bis zur Kündigung des Reparaturauftrags im Oktober 1998 nicht möglich gewesen sei, einen entsprechenden Kredit aufzunehmen. Zwar müsse hier grundsätzlich der Versicherer - wie ein Schädiger - dartun, dass der Anspruchsteller Schadensminderungspflichten verletzt habe. Doch treffe den Anspruchsteller die Pflicht, zunächst substantiiert darzulegen, wieso er zur Kreditaufnahme nicht in der Lage gewesen sei. Dem habe die Klägerin nicht genügt. Infolge der Ob- liegenheitsverletzung könne sich die Beklagte im Hinblick auf die §§ 11 Abs. 1b und Abs. 2 AMBUB 94 sowie die §§ 6 Abs. 3 und 62 Abs. 2 VVG hier auf die volle Leistungsfreiheit berufen. Einen Entlastungs- oder Kausalitätsgegenbeweis habe die Klägerin nicht geführt.
16
Den 2. Anspruch auf Ersatz eines Verzugsschadens in der Maschinenversicherung hat das Berufungsgericht ebenfalls an der Schadensminderungspflicht der Klägerin (§ 254 BGB) scheitern lassen. Die Klägerin habe den Verzugsschaden deshalb alleine zu verantworten, weil er gar nicht erst eingetreten wäre, wenn sie ihre Schadensminderungsobliegenheit aus der Betriebsunterbrechungsversicherung erfüllt hätte. Beide Verträge könnten insoweit nicht isoliert betrachtet werden.
17
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht Stand.
18
1. Der Beklagten ist es im vorliegenden Fall nach Treu und Glauben verwehrt, sich in der Maschinen-Betriebsunterbrechungsversicherung auf den Risikoausschluss des § 3 Abs. 2 lit. d AMBUB 94 zu berufen. Auch eine Leistungsfreiheit wegen Verletzung der Obliegenheiten aus den §§ 11 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 AMBUB 94, 6 Abs. 3 und 62 VVG kommt nicht in Betracht.
19
a) § 3 Abs. 2 lit. d AMBUB 94 enthält für die Maschinen-Betriebsunterbrechungsversicherung einen Risikoausschluss, bei dem es von vornherein nicht darauf ankommt, ob der Versicherungsnehmer seinen zur Vergrößerung des Betriebsunterbrechungsschadens führenden Mangel an Kapital verschuldet hat.

20
Für diese Auslegung sprechen aus der maßgeblichen Sicht eines verständigen Versicherungsnehmers zunächst schon Wortlaut und Stellung der Klausel innerhalb des Bedingungswerkes der AMBUB 94. Ausweislich seiner Überschrift und seines weiteren Inhalts gibt § 3 der Bedingungen im Anschluss an § 1, welcher den Gegenstand der Maschinen -Betriebsunterbrechungsversicherung grundsätzlich regelt, und § 2, welcher den Begriff des in § 1 der Bedingungen vorausgesetzten Sachschadens und die versicherten Gefahren erläutert, eine nähere Definition des ersatzfähigen Unterbrechungsschadens. Erst in § 11 AMBUB 94 finden sich Regelungen über Obliegenheiten des Versicherungsnehmers im Versicherungsfall.
21
Für die Abgrenzung einer (verhüllten) Obliegenheit von einem echten Risikoausschluss letztlich entscheidend ist darüber hinaus der materielle Gehalt der Klausel. Es kommt darauf an, ob sie eine individualisierende Beschreibung eines bestimmten Wagnisses enthält, für das der Versicherer keinen Versicherungsschutz gewähren will, oder ob sie in erster Linie ein bestimmtes Verhalten des Versicherungsnehmers fordert, von dem es abhängt, ob er einen zugesagten Versicherungsschutz behält oder ob er ihn verliert. Wird von vornherein nur ausschnittsweise Deckung gewährt, handelt es sich um eine Risikobeschränkung. Wird hingegen ein gegebener Versicherungsschutz wegen nachlässigen Verhaltens des Versicherungsnehmers wieder entzogen, liegt eine Obliegenheit vor (vgl. dazu Senatsurteile vom 16. Juni 2004 - IV ZR 201/03 - VersR 2004, 1132 unter II 3 a; vom 24. Mai 2000 - IV ZR 186/99 - VersR 2000, 969 unter 1 a; vom 14. Dezember 1994 - IV ZR 3/94 - VersR 1995, 328 unter II 2 a und ständig; Römer in Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. § 6 Rdn. 7).

22
Danach ergibt die Auslegung des § 3 Abs. 2 lit. d AMBUB 94, dass der Versicherer für vergrößerte Unterbrechungsschäden, die auf verspätete Reparatur oder verspäteten Ersatz schadhafter Maschinen infolge Kapitalmangels des Versicherungsnehmers zurückzuführen sind, von vornherein nicht haften will, und zwar ohne Rücksicht darauf, worauf der Kapitalmangel beruht und ob der Versicherungsnehmer ihn verschuldet hat. Die Klausel lässt keine Bereitschaft des Versicherers erkennen, jedenfalls dann Leistungen zu erbringen, wenn der Versicherungsnehmer keine Schuld an seinem Kapitalmangel trägt, sondern macht deutlich, dass dem Versicherer daran gelegen ist, nicht in eine Auseinandersetzung um die Ursachen eines solchen Kapitalmangels verwickelt zu werden. Die Leistungsfreiheit knüpft deshalb an den objektiv schadensursächlichen Kapitalmangel unabhängig von den Gründen seiner Entstehung an. Die Klausel enthält deshalb auch keine Aufforderung an den Versicherungsnehmer, sich nach Kräften um das erforderliche Kapital zu bemühen.
23
b) Anders als die Revision meint, zwingen die von den Vertragsparteien gewählte Kombination von Maschinen-Betriebsunterbrechungsversicherung und Maschinenversicherung und die von der Beklagten in der Maschinenversicherung übernommene Verpflichtung, der Klägerin die Mittel für die Reparatur der beschädigten Turbine zur Verfügung zu stellen, nicht zu einer einschränkenden Auslegung der Risikobeschränkung des § 3 Abs. 2 lit. d AMBUB 94.
24
Allgemeinen Die Maschinenversicherungsbedingungen (AMB 91) einerseits und die Allgemeinen Maschinen-Betriebsunterbrechungs-Ver- sicherungsbedingungen (AMBUB 94) andererseits beschreiben - jeweils in sich geschlossen - unterschiedliche Rechtsprodukte, die unterschiedliche Risiken abdecken und auf dem Markt in der Weise angeboten werden , dass der Abschluss des einen Versicherungsvertrages ohne den jeweils anderen möglich ist. Die den Versicherungsschutz beschreibenden Klauseln sind deshalb jeweils im Kontext des sie enthaltenden Regelungsgefüges und ohne Rücksicht auf die Klauseln der anderen Versicherungsart auszulegen.
25
Allerdings ist der Revision zuzugeben, dass die von den Parteien gewählte Kombination beider Versicherungsverträge deren gegenseitige Ergänzung und insoweit einen lückenlosen Versicherungsschutz gegen Sachschäden und durch sie bedingten Ertragsausfall bezweckte. Auch dies führt indes zu keiner einschränkenden Auslegung der Risikoausschlussklausel des § 3 Abs. 2 lit. d AMBUB 94. Denn nach den beiden Versicherungsverträgen bestand für die Klägerin der angestrebte lückenlose Versicherungsschutz. Dass der Klägerin dennoch ein Nachteil entstanden ist, beruht nicht darauf, dass sie von der genannten Risikoausschlussklausel in der Maschinen-Betriebsunterbrechungs-Versicherung mit Blick auf die Maschinenversicherung unangemessen benachteiligt oder um den bezweckten lückenlosen Versicherungsschutz gebracht worden wäre. Stattdessen beruht der Nachteil der Klägerin vorwiegend auf dem Umstand, dass die Beklagte ihre in der Maschinenversicherung nach § 2 AMB 91 übernommene Entschädigungsverpflichtung für unvorhersehbar eingetretene Schäden an versicherten Sachen zunächst nicht ordnungsgemäß erfüllt hat, wie aufgrund des zwischen den Parteien am 20. März 2001 geschlossenen gerichtlichen Vergleichs mittlerweile feststeht.

26
c) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat die verspätete Erfüllung der Hauptleistungspflicht aus § 2 AMB 91 jedoch zur Folge , dass sich in der Maschinen-Betriebsunterbrechungsversicherung die Berufung der Beklagten auf den Risikoausschluss des § 3 Abs. 2 lit. d AMBUB 94 als rechtsmissbräuchlich erweist und es der Beklagten insoweit nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt ist, die Leistung zu verweigern. Denn sie hat durch ihre Leistungsverzögerung in der Maschinenversicherung den Kapitalmangel der Klägerin als Voraussetzung für den Leistungsausschluss des § 3 Abs. 2 lit. d AMBUB 94 zu verantworten , weil die Kombination beider Versicherungsverträge erkennbar bezweckte, der Klägerin im Falle eines Maschinenschadens das nötige Kapital für Reparaturen zur Verfügung zu stellen. Aus ihrem vertragswidrigen Verhalten in der Maschinenversicherung kann die Beklagte in der Maschinen-Betriebsunterbrechungsversicherung keine Vorteile ziehen.
27
Bei der nach § 242 BGB gebotenen Abwägung durfte das Berufungsgericht der Klägerin einen vermeintlichen Verstoß gegen ihre Schadensminderungspflicht nach § 254 BGB nicht anlasten. Denn es geht hier allein um die Frage, ob die Beklagte ihr Hauptleistungsversprechen aus der Betriebsunterbrechungsversicherung erfüllen muss oder sich auf einen Leistungsausschluss berufen darf. Ein Schadensersatzanspruch, dem ein Mitverschuldenseinwand entgegengestellt werden könnte, steht also nicht in Rede. Gegenüber Erfüllungsansprüchen ist § 254 BGB jedoch nicht anwendbar (vgl. dazu BGHZ 25, 300, 310 f.; BGH, Urteil vom 14. November 1966 - VII ZR 112/64 - NJW 1967, 248 unter IV 2 e m.w.N.; Heinrichs in Palandt, BGB 64. Aufl. § 254 Rdn. 4).

28
d) Die Klägerin hat - ungeachtet der Frage, ob sich die Beklagte im Rechtsstreit bisher darauf berufen hat - auch nicht schuldhaft gegen ihre Schadensminderungsobliegenheit aus den §§ 11 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 AMBUB 94, 6 Abs. 3 und 62 VVG verstoßen, so dass weder die Beklagte nach den genannten Vorschriften unmittelbar leistungsfrei geworden ist, noch der Klägerin eine solche Obliegenheitsverletzung mittelbar im Rahmen der vorgenannten Abwägung nach § 242 BGB angelastet werden kann.
29
Die Klägerin hat vielmehr nach der schriftlichen Anerkennung eines Versicherungsfalls durch die Beklagte deren Weisung entsprochen und unverzüglich die Reparatur des Turbinenschaufelrades in Auftrag gegeben. Damit waren Maßnahmen in die Wege geleitet, die geeignet waren, die Reparatur noch während der Stilllegung des Kraftwerks wegen der Arbeiten des Wasserwirtschaftsamtes am Werkkanal abzuschließen. Ein weiter gehender, von der Beklagten zu erstattender Betriebsausfall infolge des Turbinenschadens wäre also bei ungehindertem Fortgang der eingeleiteten Reparatur gar nicht entstanden. Dass der Reparaturauftrag nicht erfolgreich abgeschlossen werden konnte, lag allein daran, dass die Beklagte in Widerspruch zu ihren zuvor abgegebenen Erklärungen und der ersten Abschlagszahlung pflichtwidrig ab Mai 1998 weitere Abschlagszahlungen verweigerte. Bei dieser Sachlage hat die Klägerin schon objektiv nicht gegen ihre Obliegenheit zur Abwendung eines Unterbrechungsschadens verstoßen.
30
Im Übrigen könnte ihr auch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit entgegen der gesetzlichen Vermutung des § 6 Abs. 3 VVG nicht angelastet werden. Denn mit dem Abschluss der Maschinenversicherung, deren Lei- stungsvoraussetzungen hier erfüllt waren, hatte die Klägerin ausreichend dafür Sorge getragen, dass ihr für eine unverzügliche Schadensbehebung - und damit gerade auch zur Abwendung oder Minderung eines vergrößerten Betriebsunterbrechungsschadens - die erforderlichen Mittel zur Verfügung standen. Angesichts dieser Leistungspflicht der Beklagten aus der Maschinenversicherung hatte sie es selbst in der Hand, für eine rechtzeitige Turbinenreparatur und damit eine möglichst kurze Betriebsunterbrechung zu sorgen. Deshalb war es der Klägerin nicht zuzumuten, den Betriebsunterbrechungsschaden mittels Kreditaufnahme abzuwenden oder zu mindern.
31
e) Auf die von der Revision angesprochenen Fragen der Inhaltskontrolle des § 3 Abs. 2 lit. d AMBUB 94 nach den §§ 9 AGBG/307 BGB kommt es nach allem nicht mehr an.
32
2. Den von der Klägerin geltend gemachten Verzugsschadensersatz hat das Berufungsgericht ebenfalls mit fehlerhafter Begründung abgelehnt.
33
Aufgrund a) des Vergleichs vom 20. März 2001 steht die Leistungspflicht der Beklagten aus der Maschinenversicherung zwischen den Parteien bindend fest; die Beklagte schuldete für die Reparatur des Turbinenschaufelrades 270.000 DM. Mit Schreiben der Rechtsanwälte der Klägerin vom 20. Oktober 1998 wurde die Beklagte zur Begleichung der zweiten Reparatur-Teilrechnung in Höhe von 63.082 DM bis zum 26. Oktober 1998 aufgefordert. Diese Teilleistung war zu diesem Zeitpunkt jedenfalls nach § 11 Abs. 2 VVG fällig. Die Beklagte hat aber mit dem Antwortschreiben vom 26. Oktober 1998 weitere, über den Zeitwert des Schaufelrades und bereits gezahlte 80.000 DM hinausgehende Leistungen endgültig abgelehnt. Damit sind die Voraussetzungen des Verzuges nach § 284 BGB a.F. erfüllt, denn die Erstattung von Reparaturkosten war damit insgesamt verweigert.
34
b) Das Berufungsgericht hat einen Anspruch der Klägerin auf Ersatz des nachfolgenden Betriebsausfalls als Verzugsschaden abgelehnt, weil es meint, die Klägerin sei wegen ihrer Schadensabwendungs- und Schadensminderungsobliegenheit in der Betriebsunterbrechungsversicherung verpflichtet gewesen, den Eintritt dieses Verzugsschadens von vornherein zu verhindern, insoweit treffe sie ein die Haftung der Beklagten völlig ausschließendes Mitverschulden an der Schadensentstehung. Beide Versicherungsverträge könnten insoweit nicht isoliert betrachtet werden.
35
Das kann schon deshalb keinen Bestand haben, weil der Klägerin eine schuldhafte Verletzung der genannten Obliegenheit hier nicht anzulasten ist.
36
c) Für die neue Verhandlung weist der Senat darauf hin, dass die Beklagte als Schädiger die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen des Mitverschuldenseinwandes nach § 254 BGB trägt. Die Beweislastumkehr aus § 6 Abs. 3 VVG für die Verschuldens- und Kausalitätsfrage kommt ihr insoweit nicht zugute.
37
Geschädigter Ein ist im Übrigen grundsätzlich nicht verpflichtet, den Schaden zunächst aus eigenen Mitteln zu beseitigen oder gar Kredit zur Schadensbehebung aufzunehmen (vgl. BGH, Urteil vom 18. Februar 2002 - II ZR 355/00 - NJW 2002, 2553 unter II 3 b m.w.N.). Eine solche Pflicht kann im Rahmen des § 254 BGB allenfalls dann und auch nur ausnahmsweise bejaht werden, wenn der Geschädigte sich den Kredit ohne Schwierigkeiten beschaffen kann und er durch die Rückzahlung nicht über seine wirtschaftlichen Verhältnisse hinaus belastet wird (vgl. dazu BGH aaO mit Hinweis auf MünchKomm-BGB/Oetker, 4. Aufl. § 254 Rdn. 97, 99 m.w.N.). Auch für die Möglichkeit und Zumutbarkeit einer derartigen Kreditaufnahme ist primär der Schädiger darlegungspflichtig (vgl. BGH aaO). Er muss deshalb auch darlegen, dass der Geschädigte in der Lage gewesen wäre, eine geeignete Kreditbesicherung anzubieten , und dass diese von seiner Hausbank oder sonstigen Kreditinstituten auch akzeptiert worden wäre.
38
Zwar trifft es zu, dass an diese primäre Darlegungslast des Schädigers die sekundäre Darlegungslast des Geschädigten anknüpft, soweit Umstände angesprochen sind, die der Schädiger aus eigenem Wissen nicht vortragen kann.
39
Hier hat das Berufungsgericht die Anforderungen an diese sekundäre Darlegungslast der Klägerin aber weit überspannt. Sie hat vorgetragen , sie habe zusammen mit ihrem Ehemann bereits einen Kredit in Höhe von ungefähr 4,7 Mio. DM aufgenommen und neben anderen Bürgen bereits die Bürgschaft für einen weiteren Kredit über mehr als 8 Mio. DM übernommen gehabt. Die Rückzahlung des erstgenannten Kredits habe die kreditgewährende Bank wegen geschäftlicher Misserfolge der Klägerin schon als gefährdet eingestuft. Sie habe deshalb von ihrer Hausbank keine Kredite mehr erhalten, wie ein Sachbearbeiter der Bank ihrem Ehemann auf Anfrage mitgeteilt habe. Die Klägerin hat weiter eine Erklä- rung ihres Steuerberaters zu Gewinnen und Verlusten aus all ihren Unternehmungen im Jahre 1998 vorgelegt.
40
Mit diesem Vortrag war die Beklagte ausreichend in die Lage versetzt , ihrerseits substantiiert zu der Frage vorzutragen, ob es für die Klägerin ein Leichtes gewesen sei, den benötigten Kredit für die Reparatur zu erhalten.
Seiffert Dr. Schlichting Wendt
Felsch Dr. Franke
Vorinstanzen:
LG Bremen, Entscheidung vom 24.04.2003 - 12 O 350/02 -
OLG Bremen, Entscheidung vom 06.04.2004 - 3 U 58/03 -

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

(1) Wird bei einem auf eine bestimmte Zeit eingegangenen Versicherungsverhältnis im Voraus eine Verlängerung für den Fall vereinbart, dass das Versicherungsverhältnis nicht vor Ablauf der Vertragszeit gekündigt wird, ist die Verlängerung unwirksam, soweit sie sich jeweils auf mehr als ein Jahr erstreckt.

(2) Ist ein Versicherungsverhältnis auf unbestimmte Zeit eingegangen, kann es von beiden Vertragsparteien nur für den Schluss der laufenden Versicherungsperiode gekündigt werden. Auf das Kündigungsrecht können sie einvernehmlich bis zur Dauer von zwei Jahren verzichten.

(3) Die Kündigungsfrist muss für beide Vertragsparteien gleich sein; sie darf nicht weniger als einen Monat und nicht mehr als drei Monate betragen.

(4) Ein Versicherungsvertrag, der für die Dauer von mehr als drei Jahren geschlossen worden ist, kann vom Versicherungsnehmer zum Schluss des dritten oder jedes darauf folgenden Jahres unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 238/00 Verkündet am:
27. Februar 2002
Fritz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
VVG § 12 Abs. 1; AVB f. Unfallvers. (AUB 88) § 7 I (1)
Die Leistungsablehnung des Versicherers bewirkt nur, daß der ihm zur Prüfung
seiner Leistungspflicht eingeräumte Aufschub endet, nicht aber, daß ein noch
nicht entstandener Anspruch fällig wird.
BGH, Urteil vom 27. Februar 2002 - IV ZR 238/00 - OLG Naumburg
LG Magdeburg
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, die Richterin
Dr. Kessal-Wulf und den Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung
vom 27. Februar 2002

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 31. August 2000 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Leistungen aus einer Unfallversicherung , der Allgemeine Unfallversicherungs-Bedingungen (AUB 88) zugrunde liegen. Die Beklagte hat sich auf Verjährung berufen.
Am 11. Oktober 1994 erlitt die Klägerin bei einem Verkehrsunfall erhebliche Verletzungen. Sie übersandte der Beklagten Ende Oktober 1994 einen Unfallbericht. Mit Schreiben vom 4. November 1994 lehnte die Beklagte Leistungen aus der Unfallversicherung ab, weil die Klägerin mit rückständigen Prämien im Verzug und der Versicherungsfall nach Ablauf der in der Mahnung gesetzten Frist von zwei Wochen eingetreten sei.

Die Klägerin trägt vor, der Eintritt unfallbedingter Invalidität sei am 22. August 1995 ärztlich festgestellt worden. Ende September 1995 habe sie die Invalidität gegenüber der Beklagten schriftlich geltend gemacht. Verhandlungen zwischen dem Rechtsanwalt der Klägerin und der Beklagten in der Zeit von Mitte 1996 bis März 1997 blieben ergebnislos, weil die Beklagte an der Leistungsfreiheit wegen Prämienverzugs festhielt. Im September 1997 erhielt die Klägerin von ihrem Anwalt die Mitteilung , er habe den Vorgang abgeschlossen, weil er die Ansprüche nicht für durchsetzbar halte. Am 26. August 1998 reichte die Klägerin Klage auf Zahlung von 200.000 DM Invaliditätsleistung und 6.550 DM Krankenhaustagegeld und Genesungsgeld ein.
In den Vorinstanzen hatte die Klage keinen Erfolg. Mit der Revision verfolgt die Klägerin den Anspruch auf die Invaliditätsleistung weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision ist nicht begründet. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis mit Recht angenommen, daû auch der Anspruch auf die Invaliditätsleistung verjährt ist.
1. Dem Berufungsgericht kann allerdings nicht darin gefolgt werden , daû der Anspruch der Klägerin auf die Invaliditätsleistung mit Zugang des Ablehnungsschreibens der Beklagten vom 4. November 1994 fällig geworden sei und die Verjährung mit dem Schluû des Jahres 1994

begonnen habe. Die Revision weist zutreffend darauf hin, daû die Voraussetzungen für die Entstehung dieses Anspruchs im Jahr 1994 noch gar nicht eingetreten waren und der Anspruch demgemäû noch nicht fällig werden konnte.

a) Voraussetzung für die Entstehung des Anspruchs auf die Invaliditätsleistung ist neben dem Unfall, der den Versicherungsfall darstellt, nach § 7 I (1) AUB 88 (ebenso nach § 8 II (1) AUB 61), daû unfallbedingt Invalidität eingetreten ist, und zwar innerhalb eines Jahres nach dem Unfall, und daû dies spätestens vor Ablauf einer Frist von weiteren drei Monaten ärztlich festgestellt worden ist (BGH, Urteil vom 28. Juni 1978 - IV ZR 7/77 - VersR 1978, 1036 unter 1; BGHZ 137, 174, 176 ff.).
Diese Voraussetzungen lagen bis zum Ende des Jahres 1994 noch nicht vor. Ob der Unfall vom 11. Oktober 1994 zu einer dauernden Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit der Klägerin geführt hatte oder führen würde, war nicht abzusehen. Ebenso gab es keine ärztliche Feststellung unfallbedingter Invalidität. Diese ist nach Behauptung der Klägerin erst im August 1995 getroffen worden.

b) Nach § 198 Satz 1 BGB (in der hier noch anzuwendenden früheren Fassung) beginnt die Verjährung eines Anspruchs im Zeitpunkt seiner erstmaligen Entstehung. Hierunter ist der Zeitpunkt zu verstehen, in welchem der Anspruch erstmalig geltend gemacht und notfalls im Wege der Klage durchgesetzt werden kann (BGH, Urteil vom 17. Dezember 1999 - V ZR 448/98 - NJW-RR 2000, 647 unter II 2 c). Vorher kann die Verjährung nicht beginnen. § 12 Abs. 1 Satz 2 VVG weicht davon nur in-

soweit und zugunsten des Versicherungsnehmers ab, als für den Beginn der Verjährung nicht schon die Entstehung des Anspruchs, sondern erst seine Fälligkeit in dem Sinne maûgebend ist, daû nicht nur auf Feststellung , sondern auf sofortige Leistung geklagt werden kann (BGH, Urteile vom 20. Januar 1955 - II ZR 108/54 - VersR 1955, 97; vom 23. Juni 1954 - II ZR 69/54 - VersR 1954, 388 unter I 1; vom 4. November 1987 - IVa ZR 141/86 - VersR 1987, 1235 unter 3 und vom 14. April 1999 - IV ZR 197/98 - VersR 1999, 706 unter 2 a m.w.N.). Bei einem Anspruch auf Invaliditätsentschädigung ist Voraussetzung für die Leistungsklage nicht nur, daû es die in § 7 I AUB 88 geforderte fristgerechte ärztliche Invaliditätsfeststellung objektiv gibt; vielmehr muû der Versicherungsnehmer davon auch Kenntnis haben. Nach einem Unfall gibt es oft zahlreiche ärztliche Stellungnahmen und Gutachten zur Frage unfallbedingter Invalidität, von denen der Versicherungsnehmer nicht immer alle kennt. Es ist nicht gerechtfertigt, für die Fälligkeit im Sinne des § 12 Abs. 1 Satz 2 VVG, von der der Beginn der Verjährung abhängt, auf eine dem Versicherungsnehmer unbekannte ärztliche Feststellung abzuheben (vgl. auch BGH, Urteil vom 19. Januar 1994 - IV ZR 117/93 - VersR 1994, 337 unter 2 b und BGHZ 73, 363, 365 ff.).

c) Allerdings gibt es zugunsten des Versicherers besondere Fälligkeitsregelungen. Nach § 11 Abs. 1 VVG ist die Fälligkeit bis zur Beendigung der zur Feststellung des Versicherungsfalls und des Umfangs der Leistung des Versicherers nötigen Erhebungen aufgeschoben. Darüber hinausgehend enthält § 11 I bis III AUB 88 weitere Fälligkeitsregelungen zugunsten des Versicherers. Diese betreffen aber nur den Fall der positiven Entscheidung über den vom Versicherungsnehmer erhobenen An-

spruch (BGH, Urteil vom 22. März 2000 - IV ZR 233/99 - VersR 2000, 753 unter 2 c). Dies gilt jedenfalls insoweit, als es um die Feststellungen zum Versicherungsfall und zum Umfang der Leistungspflicht geht. Davon abgesehen richtet sich die Fälligkeit bei Leistungsablehnung nach § 11 Abs. 1 VVG. Mit der Leistungsablehnung stellt der Versicherer klar, daû keine weiteren Feststellungen zur Entschlieûung über den erhobenen Anspruch erforderlich sind; dann aber besteht kein Grund, die Fälligkeit weiter hinauszuschieben (Senatsurteil vom 22. März 2000 aaO). Die Leistungsablehnung bewirkt demgemäû nur, daû der dem Versicherer zur Prüfung seiner Leistungspflicht eingeräumte Aufschub endet, nicht aber, daû ein noch gar nicht entstandener Anspruch fällig wird (vgl. zum Eintritt des Verzugs bei Erfüllungsverweigerung schon vor Fälligkeit Staudinger /Löwisch [2001] § 284 Rdn 77).
2. Der Anspruch auf die Invaliditätsleistung ist aber im Jahr 1995 fällig geworden, so daû die Verjährung mit dem Schluû dieses Jahres begonnen hat und mit Ablauf des Jahres 1997 eingetreten ist.
Die Voraussetzungen für eine Klage auf sofortige Leistung lagen 1995 vor. Nach dem Vortrag der Klägerin wuûte sie, daû Ende August 1995 unfallbedingte Invalidität eingetreten und ärztlich festgestellt worden war. Einer Geltendmachung der Invalidität und einer erneuten Leistungsablehnung danach bedurfte es wegen der Leistungsablehnung vom 4. November 1994 nicht mehr. Denn die Leistungsablehnung vom 4. November 1994 hat die Fälligkeit in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem alle übrigen Voraussetzungen für das klageweise Geltendmachen des Anspruchs eingetreten waren. Die Beklagte hatte Leistungen aus der Un-

fallversicherung endgültig und umfassend wegen Leistungsfreiheit nach § 39 Abs. 2 VVG abgelehnt. Damit hatte sie unmiûverständlich klargestellt , daû ihre Feststellungen zum Versicherungsfall beendet sind und weitere Feststellungen zu einzelnen Leistungsarten von vornherein nicht in Betracht kommen. Bei einer so gearteten Leistungsablehnung kommt es für die Fälligkeit auf Mitwirkungshandlungen des Versicherungsnehmers wie die Geltendmachung der Invalidität und das Beibringen von Unterlagen i.S. von § 11 I Abs. 1 AUB 88 nicht mehr an. Die Fälligkeit durch Leistungsablehnung wirkt einheitlich für und gegen beide Seiten und nicht nur zugunsten des Versicherungsnehmers.
Auf die von der Revision angesprochene Frist von einem Jahr nach Eintritt des Unfalls gemäû § 11 II Abs. 2 AUB 88 kommt es nicht an. Diese Frist war Mitte Oktober 1995 abgelaufen und steht dem Beginn der Verjährung mit Ablauf des Jahres 1995 damit nicht entgegen.
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Dr. Kessal-Wulf Felsch

Als Versicherungsperiode gilt, falls nicht die Prämie nach kürzeren Zeitabschnitten bemessen ist, der Zeitraum eines Jahres.

Soll durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden oder die Verjährung neu beginnen oder nach § 204 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehemmt werden, tritt diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags oder der Erklärung ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

Von Zinsen sind Verzugszinsen nicht zu entrichten. Das Recht des Gläubigers auf Ersatz des durch den Verzug entstehenden Schadens bleibt unberührt.