Bundesgerichtshof Urteil, 03. Dez. 2008 - IV ZR 58/07

bei uns veröffentlicht am03.12.2008
vorgehend
Landgericht München I, 24 O 3642/98, 10.07.2006
Oberlandesgericht München, 17 U 4494/06, 12.02.2007

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 58/07 Verkündetam:
3.Dezember2008
Heinekamp
Justizhauptsekretär
alsUrkundsbeamter
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
1. Wegen der Abfindung, die der Erblasser für den Verzicht eines Abkömmlings
auf das gesetzliche Erbrecht leistet, steht einem weiteren Abkömmling
ein Pflichtteilsergänzungsanspruch im Hinblick auf die Erhöhung seiner
Pflichtteilsquote nach § 2310 Satz 2 BGB grundsätzlich nicht zu.
2. Das setzt voraus, dass sich die Abfindung in dem Zeitpunkt, in dem sie erbracht
wird, der Höhe nach im Rahmen der Erberwartung des Verzichtenden
hält. Auf den Wert eines vom Verzichtenden zu beanspruchenden
Pflichtteils kommt es insoweit nicht an; (der abweichende Standpunkt im
Urteil des Bundesgerichtshofs vom 8. Juli 1985 - II ZR 150/84 - NJW 1986,
127 unter II 2 wird aufgegeben).
3. Für die Frage, ob die vom Erblasser gewährte Leistung über ein Entgelt
oder eine angemessene Abfindung für den Erbverzicht hinausgeht, kann
sich der Pflichtteilsberechtigte auf die in der Rechtsprechung bei gemischten
Schenkungen anerkannte Beweiserleichterung berufen. Danach ist eine
Schenkung zu vermuten, soweit zwischen Leistung und Gegenleistung ein
objektives, über ein geringes Maß deutlich hinausgehendes Missverhältnis
besteht.
BGH, Urteil vom 3. Dezember 2008 - IV ZR 58/07 - OLG München
LG München I
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Wendt, Felsch und Dr. Franke
auf die mündliche Verhandlung vom 29. Oktober 2008

für Recht erkannt:
1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 17. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 12. Februar 2007 wird zurückgewiesen.
2. Auf die Revision der Beklagten wird das genannte Urteil unter Zurückweisung der Revision der Beklagten im Übrigen aufgehoben, soweit die Beklagte zu 1 zur Zahlung von mehr als 5,2% Zinsen aus 118.635,32 € vom 31. Januar 1998 bis zum 6. April 2003 abzüglich darauf bereits geleisteter 1.004,59 € und der Beklagte zu 2 in einer diese Zinsforderung übersteigenden Höhe zur Duldung der Zwangsvollstreckung in den Nachlass verurteilt worden ist.
In Höhe der weitergehenden Zinsforderung wird die Berufung der Klägerin zurückgewiesen und die Klage abgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 9/10 und die Beklagten je 1/20 zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin macht Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche nach ihrer am 9. Februar 1997 verstorbenen Mutter gegen die Beklagte zu 1, ihre Nichte, als Alleinerbin geltend; zugleich nimmt sie den Beklagten zu 2 als Testamentsvollstrecker auf Duldung der Zwangsvollstreckung in den Nachlass in Anspruch.
2
Die Schwester der Klägerin (und Mutter der Beklagten zu 1) hatte in einem notariellen Vertrag vom 31. März 1989 in Vorwegnahme der Erbfolge gegen Übertragung eines Grundstücks ihrer Mutter sowie gegen Zahlung von 20.000 DM durch ihren Vater auf ihre gesetzlichen Erb- und Pflichtteilsrechte nach beiden Eltern für sich und ihre Abkömmlinge verzichtet. Anfang der 90er Jahre kam es zu einem Scheidungsverfahren der Eltern, bei dem die Klägerin den Vater als Rechtsanwältin vertrat. Im Jahre 1994 starb die Schwester der Klägerin. Mit notariellem Testament vom 24. Januar 1995 setzte die Mutter die Beklagte zu 1 als Alleinerbin ein und entzog der Klägerin den Pflichtteil; weiter ordnete sie Testamentsvollstreckung an.
3
Die Erblasserin verlangte noch zu ihren Lebzeiten die gerichtliche Feststellung der Wirksamkeit u.a. des Vertrages vom 31. März 1989, nachdem die Klägerin Bedenken im Hinblick auf Fehlvorstellungen und Schwerhörigkeit des Vaters geäußert hatte. Gegen die der Klage stattgebenden Instanzurteile legte die Klägerin Rechtsmittel ein; das Verfahren wurde auf Seiten der bereits vor Erlass des landgerichtlichen Urteils verstorbenen Erblasserin vom Testamentsvollstrecker fortgeführt. Aufgrund eines weiteren, nach dem Erbfall von der Klägerin eingeleiteten Verfahrens steht inzwischen die Unwirksamkeit der Pflichtteilsentziehung rechtskräftig fest. Daraufhin leisteten die Beklagten auf die im vorliegenden Verfahren geltend gemachten Ansprüche eine Zahlung von 119.639,91 €, die am 7. April 2003 bei der Klägerin einging.
4
Nach Ansicht der Klägerin stehen ihr weitere, diese Zahlung übersteigende Ansprüche zu. Außerdem macht sie Verzugszinsen seit 31. Januar 1998 geltend. Das Landgericht hat Pflichtteilsergänzungsansprüche der Klägerin verneint und ihre Pflichtteilsansprüche nur in Höhe von 118.635,32 € für begründet gehalten; es hat die Klage insgesamt abgewiesen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht haben die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache in Höhe von 119.639 € zum 7. April 2003 für erledigt erklärt. Das Berufungsgericht hat die Entscheidung des Landgerichts nur insoweit geändert, als es der Klägerin Zinsen aus dem Betrag von 118.635,32 € sowohl in der Zeit vom 31. Januar 1998 bis zum 7. April 2003 als auch für die Zeit danach zugebilligt hat. Dagegen wenden sich die Revisionen beider Parteien.

Entscheidungsgründe:


5
Die Revision der Klägerin ist nicht begründet; die Revision der Beklagten hat zum Teil Erfolg.
6
I. Das Berufungsgericht hat höhere als die vom Landgericht ermittelten Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche verneint. Das Landgericht habe Kosten der Testamentsvollstreckung in Höhe von 20.000 DM im vorliegenden Fall mit Recht als Passivposition bei der Ermittlung des Nachlasswerts gemäß § 2311 BGB berücksichtigt. In Anbe- tracht des fast eine Dekade andauernden erbitterten Streits der Parteien, der sich in der Berufungsverhandlung eindrucksvoll bestätigt habe, sei davon auszugehen, dass die Testamentsvollstreckung hier nicht in erster Linie den Interessen der Erbin diente, sondern der Verwaltung des Nachlasses. Soweit das Landgericht ferner Korrespondenzanwaltsgebühren des Testamentsvollstreckers in Höhe von 9.886,10 DM abgesetzt habe, gehe es um den von der Klägerin begonnenen Rechtsstreit gegen die Pflichtteilsentziehung; dass der Testamentsvollstrecker gegen die Feststellung der Unwirksamkeit schließlich noch das Revisionsgericht angerufen habe, sei nicht willkürlich. Einen Anspruch auf Pflichtteilsergänzung könne die Klägerin nicht aus dem notariellen Vertrag vom 31. März 1989 herleiten. Das Testament vom 24. Januar 1995 sei so viel später verfasst worden, dass kein Anhalt für eine Absicht der Erblasserin zu erkennen sei, die Klägerin zu benachteiligen. Vielmehr sei erst nach dem Vertrag vom 31. März 1989 der schwere Konflikt in der Familie der Erblasserin ausgebrochen, der die Abweichung des Testaments von den bei Abschluss des Vertrages vom 31. März 1989 bestehenden Vorstellungen erkläre.
7
Die Ansprüche der Klägerin seien aber von vornherein in Höhe von 118.635,32 € begründet gewesen. Auch ohne nähere Bezifferung seien die Beklagten durch Schreiben der Klägerin vom 21. Januar 1998 wirksam in Verzug gesetzt worden. Der Pflichtteilsanspruch sei daher ab 31. Januar 1998 zu verzinsen. Für die Zeit seit 8. April 2003 ergebe sich der Zinsanspruch der Klägerin aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1, 291 BGB.
8
II. Soweit das Berufungsgericht einen den Betrag von 118.635,32 € übersteigenden Pflichtteilsanspruch sowie Pflichtteilsergänzungsansprü- che verneint hat, hält seine Entscheidung - wenn auch überwiegend nur im Ergebnis - den Angriffen der Revision der Klägerin stand.
9
1. Nach Rechtsprechung und herrschender Meinung in der Literatur bleiben Kosten der Testamentsvollstreckung, die auf einer den Pflichtteilsberechtigten beeinträchtigenden, den Testamentsvollstrecker möglicherweise sogar im Sinne eines Vermächtnisses begünstigenden letztwilligen Verfügung beruhen, bei § 2311 BGB grundsätzlich außer Ansatz; sie können aber berücksichtigt werden, soweit die Testamentsvollstreckung auch für den Pflichtteilsberechtigten von Vorteil ist, etwa wenn dadurch Kosten der Feststellung oder Sicherung des Nachlasses gespart werden (vgl. BGHZ 95, 222, 228; Staudinger/Haas, BGB [2006] § 2311 Rdn. 40; MünchKomm-BGB/Lange, 4. Aufl. § 2311 Rdn. 14; Soergel /Dieckmann, BGB 13. Aufl. § 2311 Rdn. 13; gegen jede Ausnahme aus Gründen der Rechtsklarheit Kuchinke, JZ 1986, 90, 91).
10
Hier ist der Tatrichter rechtsfehlerfrei zu der Überzeugung gelangt, dass angesichts der verhärteten Fronten in der Familie die Einschaltung des Testamentsvollstreckers zur Versachlichung beigetragen und daher auch dem Interesse der Klägerin als Pflichtteilsberechtigter gedient habe. Im notariellen Testament vom 24. Januar 1995 hat die Erblasserin bezeichnenderweise Testamentsvollstreckung "auf die Dauer von 5 Jahren , jedenfalls aber bis zur Beendigung jeglicher gerichtlicher Erbverfahren nach meinem Ableben" angeordnet. Immerhin sind, nachdem die Unwirksamkeit der Pflichtteilsentziehung geklärt war, 119.639,41 € an die Klägerin gezahlt worden, worauf das Landgericht in diesem Zusammenhang hingewiesen hat. Danach ist der Abzug der Testamentsvollstreckerkosten in Höhe von 20.000 DM von dem nach § 2311 BGB zu bestimmenden Nachlasswert nach den besonderen Umständen des vorliegenden Einzelfalles nicht zu beanstanden.
11
2. Zu Unrecht wendet sich die Klägerin auch gegen den Abzug von 9.886,10 DM Korrespondenzanwaltskosten des Testamentsvollstreckers. Sie sind nach übereinstimmendem Vortrag der Parteien in der Berufungsinstanz nicht - wie das Berufungsgericht gemeint hat - in dem von der Klägerin nach dem Erbfall eingeleiteten Verfahren gegen die Beklagten des vorliegenden Verfahrens auf Feststellung der Unwirksamkeit der Pflichtteilsentziehung entstanden. Vielmehr geht es um das von der Erblasserin noch zu ihren Lebzeiten begonnene Verfahren gegen ihren Ehemann und gegen die Klägerin des vorliegenden Verfahrens, mit dem sie u.a. die Wirksamkeit des notariellen Vertrages vom 31. März 1989 festgestellt wissen wollte. Als das landgerichtliche Urteil in jenem Verfahren erging, war die Erblasserin schon gestorben; der Beklagte zu 2 verteidigte als Testamentsvollstrecker das der Erblasserin günstige Urteil gegen die Rechtsmittel der Klägerin des vorliegenden Verfahrens. Die hier streitigen Korrespondenzanwaltskosten sind entstanden, nachdem die Klägerin Revision gegen das ihre Berufung zurückweisende Urteil des Oberlandesgerichts eingelegt hatte.
12
Auch wenn das Berufungsgericht nicht das zutreffende Verfahren vor Augen gehabt hat, ging es hinsichtlich der Wirksamkeit des Erbverzichts der Schwester der Klägerin im notariellen Vertrag vom 31. März 1989 um eine Streitfrage, deren gerichtliche Klärung für die Höhe der Pflichtteilsquote von Bedeutung (§ 2310 Satz 2 BGB) und damit auch für die Klägerin von Nutzen war. Hinzu tritt, dass die Klägerin selbst als Revisionsklägerin den weiteren Instanzenzug und damit die streitigen, den Nachlass schmälernden Kosten des Beklagten zu 2 veranlasst hat (vgl.
BGH, Urteil vom 8. Mai 1980 - IVa ZR 10/80 - LM BGB § 2311 Nr. 12). Mithin haben die Vorinstanzen die streitigen Kosten mit Recht bei der Ermittlung des für den Pflichtteilsanspruch maßgebenden Nachlasswerts abgesetzt.
13
Nach 3. Meinung der Klägerin ist das Grundstück, das ihrer Schwester neben einer Zahlung von 20.000 DM als Abfindung für den Erbverzicht im notariellen Vertrag vom 31. März 1989 übertragen worden ist, eine unentgeltliche Leistung der Erblasserin, die einen Anspruch auf Pflichtteilsergänzung aus § 2325 Abs. 1 BGB begründe. Soweit der Erbverzicht eine Erhöhung der Pflichtteilsquote der Klägerin nach § 2310 Satz 2 BGB zur Folge habe, erreiche sie nicht den Wert des Grundstücks beim Erbfall. Diese Rügen greifen, auch wenn das Berufungsgericht die insoweit erheblichen Gesichtspunkte nicht geprüft hat, im Ergebnis nicht durch.
14
a) Nach wohl noch herrschender Meinung in der Literatur stellt die Abfindung für einen Erbverzicht, soweit sie sich am Wert des Erbteils orientiert und nicht deutlich über ihn hinausgeht, keine Schenkung, sondern ein entgeltliches Geschäft dar (so etwa Lange/Kuchinke, Lehrbuch des Erbrechts, 5. Aufl. § 7 V 3 und § 37 X 2 f.; ebenso Rheinbay, Erbverzicht - Abfindung - Pflichtteilsergänzung, 1983 S. 137; ders. ZEV 2000, 278, 279; Theiss/Boger, ZEV 2006, 143, 144 f.; zu weiteren Nachweisen vgl. Staudinger/Schotten, BGB [2004] § 2346 Rdn. 124). Soweit ein entgeltliches Geschäft vorliegt, ist der Anwendungsbereich von § 2325 BGB von vornherein nicht eröffnet.
15
b) In der Rechtsprechung ist die Abfindung für einen Erbverzicht dagegen als unentgeltliche Zuwendung eingeordnet worden (BGH, Urteil vom 8. Juli 1985 - II ZR 150/84 - NJW 1986, 127 unter II 2; BGHZ 113, 393, 397 für das Recht der Gläubigeranfechtung). Diese Auffassung wird zunehmend auch im Schrifttum geteilt. Dabei wird § 2325 BGB aber mit Rücksicht auf eine infolge des Verzichts auf das gesetzliche Erbrecht eintretende Erhöhung des Pflichtteils nach § 2310 Satz 2 BGB einschränkend ausgelegt: Hält sich die Abfindung in dem Zeitpunkt, in dem sie erbracht wird, der Höhe nach im Rahmen der Erberwartung des Verzichtenden , wird davon ausgegangen, dass sie grundsätzlich zugunsten des Pflichtteilsberechtigten durch § 2310 Satz 2 BGB kompensiert wird. Der Pflichtteilsberechtigte soll wegen derselben, für den Erbverzicht eines gesetzlichen Erben geleisteten Abfindung nicht neben dem erhöhten Pflichtteil auch noch einen Ergänzungsanspruch erhalten. Eine Pflichtteilsergänzung komme danach nur in Betracht, soweit die Leistung des Erblassers an den Verzichtenden über eine angemessene Abfindung für dessen Erbverzicht hinausgeht (vgl. OLG Hamm ZEV 2000, 277 f.; insoweit zustimmend Rheinbay, ZEV 2000, 279; Palandt/Edenhofer, BGB 67. Aufl. § 2325 Rdn. 16; MünchKomm-BGB/Lange, aaO § 2325 Rdn. 17; Soergel/Dieckmann aaO § 2325 Rdn. 18; Staudinger/Schotten aaO § 2346 Rdn. 128, 136, ihm folgend Staudinger/Olshausen, BGB [2006] § 2325 Rdn. 7, 9).
16
c) Danach kommt es im vorliegenden Fall nicht darauf an, ob die für den Erbverzicht gewährte Abfindung eine entgeltliche oder eine unentgeltliche Leistung war. In jedem Fall unterliegt der Pflichtteilsergänzung nach § 2325 Abs. 1 BGB nur, was über ein Entgelt bzw. über eine angemessene Abfindung hinausgeht. Dabei ist auf den Wert des Erbteils abzustellen, auf den verzichtet wird, nicht etwa auf den Wert des dem Verzichtenden zustehenden Pflichtteils. Soweit dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 8. Juli 1985 (aaO) eine andere Auffassung zu entneh- men ist, wird sie von dem für das Erbrecht zuständigen, erkennenden Senat aufgegeben.
17
d) Für die Frage, ob die vom Erblasser zu seinen Lebzeiten gewährte Leistung über ein Entgelt oder eine angemessene Abfindung für den Erbverzicht hinausgeht, kann sich der Pflichtteilsberechtigte auf die in der Rechtsprechung bei gemischten Schenkungen anerkannte Beweiserleichterung berufen. Danach ist eine Schenkung zu vermuten, soweit zwischen Leistung und Gegenleistung ein objektives, über ein geringes Maß deutlich hinausgehendes Missverhältnis besteht (BGHZ 82, 274, 281 f.; Senatsurteile vom 1. Februar 1995 - IV ZR 36/94 - NJW 1995, 1349 unter 3 b; vom 17. April 2002 - IV ZR 259/01 - ZEV 2002, 282 unter 3 c).
18
e) Im vorliegenden Fall ist aber nicht ersichtlich, dass die Abfindung , die die Schwester der Klägerin erhalten hat, nicht schon durch Erhöhung der Pflichtteilsquote der Klägerin nach § 2310 Satz 2 BGB ausgeglichen würde. Aus dem notariellen Vertrag vom 31. März 1989 ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Abfindung über den Wert der Hälfte des Nachlasses der Eltern hinausging, auf die die Schwester verzichtet hat. Die Bemerkung im Urteil des Landgerichts, nach den vom Gericht eingeholten Gutachten habe die Klägerin bezogen auf das Jahr 1989 objektiv 133.000 DM mehr als die (sich auf 793.000 DM belaufende ) Hälfte des damals in Betracht kommenden Nachlasswerts erhalten, belegt kein auffallendes, grobes Missverhältnis, aus dem auf eine auch subjektiv von den Vertragsparteien erkannte und gewollte Unentgeltlichkeit zu schließen wäre. Das macht die Revision der Klägerin auch nicht geltend. Vielmehr dürften die Beteiligten des notariellen Vertrages vom 31. März 1989 die Übertragung des Grundstücks der Erblasserin auf die Schwester der Klägerin noch nicht für einen angemessenen Ausgleich ihres Erbverzichts nach beiden Eltern gehalten haben. Denn der Vater der Klägerin hat deren Schwester zusätzlich noch 20.000 DM gegeben. Dass die Erblasserin die Tochter dieser Schwester, die Beklagte zu 1, (und nicht die Klägerin) nach wesentlichen Änderungen in den Familienverhältnissen 1995 als Alleinerbin eingesetzt hat, ändert an der Höhe des der Klägerin zustehenden Pflichtteils und der Bewertung der für den Erbverzicht ihrer Schwester im Jahre 1989 vereinbarten Abfindungen nichts.
19
III. Die Revision der Beklagten hat dagegen teilweise Erfolg.
20
1. Die Klägerin hat vor dem Berufungsgericht u.a. beantragt, die Beklagte zu 1 zur Zahlung und den Beklagten zu 2 zur Duldung der Zwangsvollstreckung wegen eines "Restpflichtteilsanspruchs" in Höhe von 6.635,67€ "nebst 5,2% Zinsen hieraus vom 31.01.1998 bis 07.04.2003 und 5% über dem Basiszinssatz seit 08.04.2003" zu verurteilen. In der Berufungsbegründung hatte die Klägerin gerügt, der ordentliche Pflichtteilsanspruch sei vom Landgericht mit 118.635,32 € zu niedrig angesetzt worden; unter Berücksichtigung der von den Beklagten am 7. April 2003 geleisteten Zahlung von 119.639,91 € stünden ihr noch 6.635,67 € zu. Ganz außer Betracht gelassen habe das Landgericht ferner , dass die Klägerin auch Zinsen für den durch die Zahlung der Beklagten erloschenen Teil ihres Pflichtteilsanspruchs gefordert habe. Selbst wenn man nur von einer Hauptforderung in Höhe von 118.635,32 € ausgehe, stünden der Klägerin noch Zinsen aus diesem Betrag bis zum 7. April 2003 in Höhe von 31.977,58 € zu.
21
Danach hat das Berufungsgericht den Antrag der Klägerin mit Recht dahin ausgelegt, dass sie nicht nur Zinsen für ihre die Zahlung der Beklagten übersteigenden Hauptforderung von 6.635,67 € verlangt hat, sondern auch Zinsen für den durch Zahlung von 119.639,91 € erledigten Teil des Anspruchs auf den ordentlichen Pflichtteil.
22
Es kann offen bleiben, aus welchen Gründen das Landgericht nicht über die auch in 1. Instanz vom 31. Januar 1998 an geltend gemachte Zinsforderung hinsichtlich des erledigten Teils des Pflichtteilsanspruchs entschieden hat. Auch wenn das Landgericht diesen Anspruch übersehen hätte, wie das Berufungsgericht meint, war es nicht gehindert, über den Zinsanspruch aufgrund einer gemäß § 264 Nr. 2 ZPO zulässigen Erweiterung des mit der Berufung weiterverfolgten Klageantrags zu entscheiden , nachdem die Klägerin nicht binnen zwei Wochen nach Zustellung des landgerichtlichen Urteils dessen Ergänzung gemäß § 321 ZPO beantragt hatte (vgl. Musielak, ZPO 6. Aufl. § 321 Rdn. 10).
23
Da 2. der Klägerin ein höherer Anspruch auf den ordentlichen Pflichtteil als die vom Landgericht festgestellten 118.635,32 € nicht zusteht , kann sie auch nur Zinsen aus diesem Betrag verlangen.
24
a) Durch ihre Schreiben vom 21. Januar 1998 hat die Klägerin die Beklagten zum 31. Januar 1998 wirksam in Verzug gesetzt. Zwar hat die Klägerin ihre Ansprüche in diesen Schreiben noch nicht beziffert. Nach der Rechtsprechung des Senats kommt ein - wie hier gemäß § 2314 BGB - auskunftspflichtiger Schuldner auch durch eine unbezifferte, aber einem zulässigen Antrag gemäß § 254 ZPO entsprechende außerprozessuale Mahnung in Verzug, soweit er Verzögerungen zu vertreten hat (BGHZ 80, 269, 276 f.). Auf diese Entscheidung stützt sich das Berufungsgericht.
25
Soweit es hinzugefügt hat, es entspreche nicht der Billigkeit, wenn Zinsen für einen begründeten Pflichtteilsanspruch, der ohne Rechtsgrund nicht ausgezahlt werde, dem Erben und nicht dem Pflichtteilsberechtigten zugute kämen, kann dies auf sich beruhen; eine selbständige Anspruchsbegründung liegt darin nicht.
26
b) Die Beklagten machen geltend, sie hätten auf die Mahnung der Klägerin zunächst deshalb nichts bezahlt, weil sie auf der Grundlage des notariellen Testaments der Erblasserin vom 24. Januar 1995 von einer wirksamen Pflichtteilsentziehung ausgegangen seien; die von der Klägerin gegen die Wirksamkeit der Pflichtteilsentziehung erhobene Feststellungsklage sei in erster Instanz ohne Erfolg geblieben. Danach fehle es jedenfalls an einem Verschulden der Beklagten.
27
Das trifft nicht zu. Wie das Oberlandesgericht, dessen Entscheidung rechtskräftig geworden ist, in jenem Verfahren festgestellt hat, war die Pflichtteilsentziehung nicht wirksam. Die Beklagten unterlagen also einem Rechtsirrtum, der im Allgemeinen nicht entschuldigt. Insoweit werden an die Sorgfaltspflicht eines Schuldners strenge Anforderungen gestellt; es reicht nicht aus, dass er sich seine Meinung nach sorgfältiger Prüfung und sachgemäßer Beratung gebildet hat; entschuldigt wäre er erst, wenn mit der Möglichkeit des Unterliegens im Rechtsstreit nicht zu rechnen war (Senatsurteil vom 6. Dezember 2006 - IV ZR 34/05 - VersR 2007, 537 Tz. 15). Davon ist hier nicht auszugehen. Die Erblasserin hatte die Pflichtteilsentziehung im Testament lediglich auf vorsätzliche Beleidigungen seitens der Klägerin gestützt und insoweit angeführt, die Klägerin habe als Rechtsanwältin namens ihres Vaters die Scheidungsklage gegen ihre Mutter erhoben und ihr mehrmals Betrug vorgeworfen.
28
c) Verzugszins schulden die Beklagten in der beantragten Höhe aber nur bis zum 6. April 2003. Der von ihnen gezahlte Betrag von 119.639,91 € ging am 7. April 2003 bei der Klägerin ein, so dass von diesem Tage an weder ein Anspruch auf Verzugs- noch auf Prozesszins bestand (vgl. Senatsurteil vom 24. Juni 1981 - IVa ZR 104/80 - NJW 1981, 2244). Insoweit hat die Revision der Beklagten Erfolg.
29
die Für vom Berufungsgericht angenommene Zinsforderung der Klägerin aus dem Betrag von 118.635,32 € auch noch für die Zeit seit dem 8. April 2003 fehlt jede Grundlage. Die Klägerin hatte für diesen Zeitraum Zinsen nur als Nebenforderung beantragt, soweit ihr Hauptanspruch den gezahlten Betrag von 119.639,91 € überstieg.
30
Soweit von den Beklagten damit mehr als der geschuldete Betrag von 118.635,32 € bezahlt worden ist, nämlich in Höhe von 1.004,59 €, ist davon auszugehen, dass die Beklagten eine Tilgung des ältesten Teils der von ihnen aus dem Betrag von 118.635,32 € seit 31. Januar 1998 geschuldeten Zinsen bestimmt haben. Die Zahlung von 119.639,91 € sollte nach dem von der Klägerin als Anlage K 75 vorgelegten Schreiben der Beklagtenvertreter vom 26. März 2003 der Tilgung des von den Beklagten auf eben diesen Betrag errechneten Pflichtteilsanspruchs der Klägerin dienen. Zugleich wurde bestritten, dass der Klägerin aus diesem Betrag überhaupt noch Zinsen zustünden. Im Hinblick auf diese von den Beklagten getroffene Tilgungsbestimmung kommt eine Anwendung von § 367 Abs. 1 BGB nicht in Betracht. Nachdem das Landgericht den Pflichtteilsanspruch der Klägerin auf nur 118.635,32 € bestimmt hatte, haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht den Rechtsstreit übereinstimmend "in der Hauptsache in Höhe von 119.639 € zum 7.4.2003" für erledigt erklärt. Bei sachgerechter, die Interessen der Parteien berücksichtigender Auslegung war diese Erklärung dahin zu verstehen, dass die Zahlung von 119.639,91 €, soweit der Anspruch der Klägerin auf den ordentlichen Pflichtteil den vom Landgericht ermittelten Betrag von 118.635,32 € nicht überstieg, auf die nach Tilgung dieser Hauptforderung bestehen bleibende Zinsforderung seit dem 31. Januar 1998 zu verrechnen sei. Auch insoweit hat die Revision der Beklagten Erfolg.
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bei uns veröffentlicht am 06.12.2006

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 34/05 Verkündetam: 6.Dezember2006 Fritz Justizangestellte alsUrkundsbeamtin derGeschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ________
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Bundesgerichtshof Urteil, 03. Dez. 2008 - IV ZR 58/07.

Bundesgerichtshof Urteil, 07. Juli 2015 - X ZR 59/13

bei uns veröffentlicht am 07.07.2015

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL X ZR 59/13 Verkündet am: 7. Juli 2015 Hartmann Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR:

Referenzen

(1) Hat der Erblasser einem Dritten eine Schenkung gemacht, so kann der Pflichtteilsberechtigte als Ergänzung des Pflichtteils den Betrag verlangen, um den sich der Pflichtteil erhöht, wenn der verschenkte Gegenstand dem Nachlass hinzugerechnet wird.

(2) Eine verbrauchbare Sache kommt mit dem Werte in Ansatz, den sie zur Zeit der Schenkung hatte. Ein anderer Gegenstand kommt mit dem Werte in Ansatz, den er zur Zeit des Erbfalls hat; hatte er zur Zeit der Schenkung einen geringeren Wert, so wird nur dieser in Ansatz gebracht.

(3) Die Schenkung wird innerhalb des ersten Jahres vor dem Erbfall in vollem Umfang, innerhalb jedes weiteren Jahres vor dem Erbfall um jeweils ein Zehntel weniger berücksichtigt. Sind zehn Jahre seit der Leistung des verschenkten Gegenstandes verstrichen, bleibt die Schenkung unberücksichtigt. Ist die Schenkung an den Ehegatten erfolgt, so beginnt die Frist nicht vor der Auflösung der Ehe.

Bei der Feststellung des für die Berechnung des Pflichtteils maßgebenden Erbteils werden diejenigen mitgezählt, welche durch letztwillige Verfügung von der Erbfolge ausgeschlossen sind oder die Erbschaft ausgeschlagen haben oder für erbunwürdig erklärt sind. Wer durch Erbverzicht von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen ist, wird nicht mitgezählt.

(1) Der Berechnung des Pflichtteils wird der Bestand und der Wert des Nachlasses zur Zeit des Erbfalls zugrunde gelegt. Bei der Berechnung des Pflichtteils eines Abkömmlings und der Eltern des Erblassers bleibt der dem überlebenden Ehegatten gebührende Voraus außer Ansatz.

(2) Der Wert ist, soweit erforderlich, durch Schätzung zu ermitteln. Eine vom Erblasser getroffene Wertbestimmung ist nicht maßgebend.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

(1) Der Berechnung des Pflichtteils wird der Bestand und der Wert des Nachlasses zur Zeit des Erbfalls zugrunde gelegt. Bei der Berechnung des Pflichtteils eines Abkömmlings und der Eltern des Erblassers bleibt der dem überlebenden Ehegatten gebührende Voraus außer Ansatz.

(2) Der Wert ist, soweit erforderlich, durch Schätzung zu ermitteln. Eine vom Erblasser getroffene Wertbestimmung ist nicht maßgebend.

Bei der Feststellung des für die Berechnung des Pflichtteils maßgebenden Erbteils werden diejenigen mitgezählt, welche durch letztwillige Verfügung von der Erbfolge ausgeschlossen sind oder die Erbschaft ausgeschlagen haben oder für erbunwürdig erklärt sind. Wer durch Erbverzicht von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen ist, wird nicht mitgezählt.

(1) Der Berechnung des Pflichtteils wird der Bestand und der Wert des Nachlasses zur Zeit des Erbfalls zugrunde gelegt. Bei der Berechnung des Pflichtteils eines Abkömmlings und der Eltern des Erblassers bleibt der dem überlebenden Ehegatten gebührende Voraus außer Ansatz.

(2) Der Wert ist, soweit erforderlich, durch Schätzung zu ermitteln. Eine vom Erblasser getroffene Wertbestimmung ist nicht maßgebend.

(1) Hat der Erblasser einem Dritten eine Schenkung gemacht, so kann der Pflichtteilsberechtigte als Ergänzung des Pflichtteils den Betrag verlangen, um den sich der Pflichtteil erhöht, wenn der verschenkte Gegenstand dem Nachlass hinzugerechnet wird.

(2) Eine verbrauchbare Sache kommt mit dem Werte in Ansatz, den sie zur Zeit der Schenkung hatte. Ein anderer Gegenstand kommt mit dem Werte in Ansatz, den er zur Zeit des Erbfalls hat; hatte er zur Zeit der Schenkung einen geringeren Wert, so wird nur dieser in Ansatz gebracht.

(3) Die Schenkung wird innerhalb des ersten Jahres vor dem Erbfall in vollem Umfang, innerhalb jedes weiteren Jahres vor dem Erbfall um jeweils ein Zehntel weniger berücksichtigt. Sind zehn Jahre seit der Leistung des verschenkten Gegenstandes verstrichen, bleibt die Schenkung unberücksichtigt. Ist die Schenkung an den Ehegatten erfolgt, so beginnt die Frist nicht vor der Auflösung der Ehe.

Bei der Feststellung des für die Berechnung des Pflichtteils maßgebenden Erbteils werden diejenigen mitgezählt, welche durch letztwillige Verfügung von der Erbfolge ausgeschlossen sind oder die Erbschaft ausgeschlagen haben oder für erbunwürdig erklärt sind. Wer durch Erbverzicht von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen ist, wird nicht mitgezählt.

(1) Hat der Erblasser einem Dritten eine Schenkung gemacht, so kann der Pflichtteilsberechtigte als Ergänzung des Pflichtteils den Betrag verlangen, um den sich der Pflichtteil erhöht, wenn der verschenkte Gegenstand dem Nachlass hinzugerechnet wird.

(2) Eine verbrauchbare Sache kommt mit dem Werte in Ansatz, den sie zur Zeit der Schenkung hatte. Ein anderer Gegenstand kommt mit dem Werte in Ansatz, den er zur Zeit des Erbfalls hat; hatte er zur Zeit der Schenkung einen geringeren Wert, so wird nur dieser in Ansatz gebracht.

(3) Die Schenkung wird innerhalb des ersten Jahres vor dem Erbfall in vollem Umfang, innerhalb jedes weiteren Jahres vor dem Erbfall um jeweils ein Zehntel weniger berücksichtigt. Sind zehn Jahre seit der Leistung des verschenkten Gegenstandes verstrichen, bleibt die Schenkung unberücksichtigt. Ist die Schenkung an den Ehegatten erfolgt, so beginnt die Frist nicht vor der Auflösung der Ehe.

Bei der Feststellung des für die Berechnung des Pflichtteils maßgebenden Erbteils werden diejenigen mitgezählt, welche durch letztwillige Verfügung von der Erbfolge ausgeschlossen sind oder die Erbschaft ausgeschlagen haben oder für erbunwürdig erklärt sind. Wer durch Erbverzicht von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen ist, wird nicht mitgezählt.

(1) Hat der Erblasser einem Dritten eine Schenkung gemacht, so kann der Pflichtteilsberechtigte als Ergänzung des Pflichtteils den Betrag verlangen, um den sich der Pflichtteil erhöht, wenn der verschenkte Gegenstand dem Nachlass hinzugerechnet wird.

(2) Eine verbrauchbare Sache kommt mit dem Werte in Ansatz, den sie zur Zeit der Schenkung hatte. Ein anderer Gegenstand kommt mit dem Werte in Ansatz, den er zur Zeit des Erbfalls hat; hatte er zur Zeit der Schenkung einen geringeren Wert, so wird nur dieser in Ansatz gebracht.

(3) Die Schenkung wird innerhalb des ersten Jahres vor dem Erbfall in vollem Umfang, innerhalb jedes weiteren Jahres vor dem Erbfall um jeweils ein Zehntel weniger berücksichtigt. Sind zehn Jahre seit der Leistung des verschenkten Gegenstandes verstrichen, bleibt die Schenkung unberücksichtigt. Ist die Schenkung an den Ehegatten erfolgt, so beginnt die Frist nicht vor der Auflösung der Ehe.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 259/01 Verkündet am:
17. April 2002
Fritz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
_____________________
Ob die Übertragung eines Grundstücks in der ehemaligen DDR durch einen erst
nach dem 3. Oktober 1990 verstorbenen Erblasser im Hinblick auf Pflichtteilsergänzungsansprüche
als Schenkung zu beurteilen ist, richtet sich nach den Wertverhältnissen
bei Vollzug des Vertrages. Lag damals ein entgeltliches Geschäft
vor, kann daraus durch die Wertsteigerung des Grundstücks nach der deutschen
Einigung kein auch nur teilweise unentgeltliches Geschäft geworden sein.
BGH, Urteil vom 17. April 2002 - IV ZR 259/01 - OLG Brandenburg
LG Cottbus
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno und die Richter Dr. Schlichting, Seiffert, die Richterin
Ambrosius und den Richter Felsch auf die mündliche Verhandlung
vom 17. April 2002

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 13. März 2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens , an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger verlangt von der Beklagten, seiner Schwester, die Ermittlung des Wertes eines Grundstücks. Es war der Beklagten von der Mutter der Parteien aufgrund eines vor dem Staatlichen Notariat am 28. März 1985 geschlossenen Vertrages übertragen worden. Die Mutter ist am 4. Dezember 1994 in W. bei C. gestorben. Die Beklagte war im gemeinschaftlichen Testament der Eltern als Alleinerbin nach dem Längstlebenden eingesetzt worden; der Vater ist vorverstorben.

Landgericht und Berufungsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Antrag weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision hat Erfolg und führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Nach Ansicht des Berufungsgerichts hat der Kläger im Hinblick auf das der Beklagten 1985 übertragene Grundstück in W. kein Pflichtteilsrecht und damit auch keinen Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2325 BGB. Zwar sei gemäß Art. 235 § 1 EGBGB für die erbrechtlichen Verhältnisse das Bürgerliche Gesetzbuch maßgebend. § 2325 BGB schütze aber nur denjenigen, der im Zeitpunkt der Schenkung schon pflichtteilsberechtigt war. Das treffe auf den Kläger nicht zu, weil für ihn im Jahre 1985 § 396 Abs. 1 Nr. 2 des Zivilgesetzbuchs (ZGB) gegolten habe, wonach Kinder des Erblassers nur dann einen Pflichtteilsanspruch hatten, wenn sie unterhaltsberechtigt gegenüber dem Erblasser waren. Damals sei der Kläger aber wirtschaftlich schon von seiner Mutter unabhängig gewesen.
2. Dagegen wendet sich die Revision mit Recht. Wie der Senat in BGHZ 147, 95, 96 ff. = NJW 2001, 2398; ZEV 2001, 238 m. Anm. Klingelhöffer ; BGH-Report 2001, 417 m. Anm. Pentz; JZ 2001, 1088 m. Anm. Kuchinke) entschieden hat, kommt es auch für die Pflichtteilsberechti-

gung gemäû Art. 235 § 1 EGBGB nicht auf das ZGB, sondern auf § 2303 Abs. 1 Satz 1 BGB an. Daû der Kläger 1985 nicht unterhaltsberechtigt gegenüber seiner Mutter war, ist daher ohne Bedeutung. Der Anspruch auf Pflichtteilsergänzung wird auch im Internationalen Privatrecht nach dem Erbstatut beurteilt (Soergel/Schurig, EGBGB 12. Aufl. Art. 25 Rdn. 44; MünchKomm/Birk, EGBGB 3. Aufl. Art. 25 Rdn. 228; Staudinger /Dörner, Stand Januar 2000 Art. 25 EGBGB Rdn. 186, 188).
3. Das Landgericht hatte die Klage mit anderer Begründung abgewiesen : Bei der Übertragung des Grundstücks habe es sich nicht um eine Schenkung gehandelt. Nach der notariellen Urkunde gewährte die Beklagte der Mutter "als Entgelt" ein lebenslanges, unentgeltliches Wohn-, Mitbenutzungs- und Pflegerecht, dessen Jahreswert mit ca. 1.200 Mark der DDR angegeben wurde; als Zeitwert des Grundstücks nennt die Urkunde einen Betrag von ca. 15.000 Mark der DDR. Das Landgericht hat allein das Wohn- und Mitbenutzungsrecht der Mutter, die bei Vertragsschluû 61 Jahre alt war, im Hinblick auf eine Lebenserwartung von damals noch 15 Jahren auf einen Wert von 18.000 Mark geschätzt. Daû der Zeitwert des Objekts 1985 tatsächlich höher gelegen habe, sei nicht dargetan. Damit übersteige die Gegenleistung den Zeitwert des übertragenen Anwesens.
Mit den dagegen gerichteten Angriffen des Klägers hat sich das Berufungsgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - bisher nicht befaût. Das wird nach Zurückverweisung der Sache nachzuholen sein. Dazu gibt der Senat folgende Hinweise:


a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daû der vom Kläger geltend gemachte Wertermittlungsanspruch nach § 2314 Abs. 1 Satz 2 BGB grundsätzlich nur ein Pflichtteilsrecht voraussetzt, nicht aber schon das Bestehen eines Pflichtteilsanspruchs, zu dessen Beurteilung die Auskunft dienen soll (BGHZ 28, 177, 179 f.; BGH, Urteil vom 4. Dezember 1980 - IVa ZR 46/80 - NJW 1981, 2051, 2052 unter 1). Allerdings reicht auch der Wertermittlungsanspruch des pflichtteilsberechtigten Nichterben nicht so weit, daû allein der begründete Verdacht einer unter § 2325 BGB fallenden Schenkung genügen würde, um eine Wertermittlung durch Sachverständigen auf Kosten des Nachlasses zu erreichen; vielmehr muû der Pflichtteilsberechtigte schon für den Wertermittlungsanspruch darlegen und beweisen, daû unter Berücksichtigung von Leistung und Gegenleistung eine zumindest gemischte Schenkung vorliegt (BGHZ 89, 24, 29 f., 32; BGH, Urteil vom 8. Juli 1985 - II ZR 150/84 - NJW 1986, 127 unter I 3; MünchKomm/Frank § 2314 Rdn. 12 m.w.N.; wenn der Pflichtteilsberechtigte die Kosten dagegen selbst übernimmt, genügen greifbare Anhaltspunkte für eine unentgeltliche Verfügung: BGH, Urteil vom 2. Juni 1993 - IV ZR 259/92 - NJW 1993, 2737 unter I 1).

b) Für die Frage, ob das Grundstück, das die Erblasserin der Beklagten übertragen hat, als eine zumindest gemischte Schenkung zum fiktiven, der Pflichtteilsergänzung unterliegenden Nachlaû gehört, kommt es auf die Wertverhältnisse beim Vollzug des Vertrages an (BGHZ 147, 95, 98; Senatsbeschluû vom 14. Dezember 1994 - IV ZA 3/94 - ZEV 1995, 335 = FamRZ 1995, 420). Hierzu hat das Berufungsgericht festgestellt , daû die am 28. März 1985 vor dem Staatlichen Notariat beurkun-

dete Übertragung des Grundstücks am 6. August 1985 durch Eintragung im Grundbuch vollzogen worden sei. Das hat das Berufungsgericht den Grundakten entnommen, die in der mündlichen Verhandlung zusammen mit den Vertretern der Parteien eingesehen wurden (GA II 251). Dabei hat das Berufungsgericht berücksichtigt, daû das Grundbuchblatt im Zuge der Neufassung des Grundbuchs im Jahre 1993 durch eine kreuzförmige Durchstreichung unbrauchbar gemacht worden ist. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts handelt es sich jedoch nicht um eine Rötung, wie sie in der Grundbuchverfügung in Fällen der Löschung von Rechten (zusätzlich neben dem nach § 46 GBO erforderlichen Löschungsvermerk ) vorgesehen ist.
Das läût Rechtsfehler nicht erkennen. Die Beklagte hatte zwar den Vortrag in der Berufungsbegründung des Klägers, sie sei erst am 12. Juli 1993 ins Grundbuch eingetragen worden, in ihrer Berufungserwiderung nicht ausdrücklich bestritten. In einem Vermerk des Liegenschaftsdienstes auf der vom Kläger in erster Instanz vorgelegten Urkunde des notariellen Übertragungsvertrages wird als Datum der Eintragung ins Grundbuch aber der 6. August 1985 angegeben. Das Berufungsgericht hat daher die Grundakten mit Recht beigezogen und mit den Parteien erörtert (§ 139 ZPO). Daraufhin hat der Kläger seinen Antrag geändert und den 6. August 1985 als Datum des Vollzugs der Schenkung übernommen.
Danach kommt es für das Vorliegen einer Schenkung auf die Wertverhältnisse im Jahre 1985 an.


c) Lag damals ein entgeltliches Geschäft vor, kann daraus durch die Wertsteigerung des Grundstücks nach der deutschen Einigung kein auch nur teilweise unentgeltliches Geschäft geworden sein.
Um dagegen eine ergänzungspflichtige Schenkung im Sinne von §§ 2325 ff. BGB annehmen zu können, bedarf es zunächst objektiv einer Bereicherung des einen Vertragspartners (zu übernommenen Lasten und Gegenleistungen vgl. BGHZ 107, 156, 159 ff.; BGH, Urteil vom 19. Januar 1999 - X ZR 42/97 - NJW 1999, 1626 unter I 2 b). Dabei sind sowohl das Grundstück als auch das Wohn-, Mitbenutzungs- und Pflegerecht der Erblasserin nach den Verhältnissen in der DDR im Jahre 1985 zu bewerten. Daû eine Schenkung schon deshalb ausscheide, weil ein solches Rechtsgeschäft nach § 282 Abs. 2 ZGB nicht von einer Bedingung oder einer Auflage abhängig gemacht werden konnte, ist entgegen der Ansicht des Landgerichts für die hier in Rede stehende Anwendung von § 2325 BGB nicht entscheidend. Auch wenn ein Rechtsgeschäft keine Gegenleistung im Rechtssinne vorsieht, die Zuwendung aber Geschäftsgrundlage für gleichwertige Leistungen des Empfängers ist, kann Entgeltlichkeit vorliegen (sog. kausale Verknüpfung, vgl. MünchKomm/Kollhosser, BGB 3. Aufl. § 516 Rdn. 16).
Unentbehrlich für die Annahme einer Schenkung ist eine dahingehende Einigung der Parteien (BGHZ 116, 178, 181). Wie das Landgericht mit Recht feststellt, bietet die notarielle Urkunde vom 28. März 1985 dafür keinen Anhalt. Die Einigung über eine zumindest teilweise Unentgeltlichkeit wird jedoch vermutet, wenn zwischen den Leistungen der einen und der anderen Seite objektiv ein auffälliges, grobes Miûverhältnis

besteht, das den Vertragsschlieûenden nicht verborgen geblieben sein kann; dabei ist allerdings unter Verwandten zu berücksichtigen, daû sie den ohnehin nur abzuschätzenden Wert ihrer Leistungen kaum je exakt kalkulieren; deshalb ist für die einzelnen Leistungen von Werten auszugehen , die bei verständiger, die konkreten Umstände berücksichtigender Beurteilung noch als vertretbar gelten können (BGH, Urteil vom 27. Mai 1981 - IVa ZR 132/80 - NJW 1981, 2458 unter I; Urteil vom 15. März 1989 - IVa ZR 338/87 - LM BGB § 2325 Nr. 23 unter 2 und 3; Urteil vom 1. Februar 1995 - IV ZR 36/94 - NJW 1995, 1349 unter 3 b). Obwohl der Kläger grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast für eine der Pflichtteilsergänzung unterliegende Schenkung trägt, hat die an dem Rechtsgeschäft unmittelbar beteiligte Beklagte zunächst die seinerzeit für die Bewertung maûgebenden Vorstellungen der Beteiligten vorzutragen (vgl. BGH, Urteil vom 17. Januar 1996 - IV ZR 214/94 - ZEV 1996, 186 unter 2 b bb m.w.N.).

d) Falls das Geschäft schon damals jedenfalls zum Teil unentgeltlich war, weil der Beklagten voraussichtlich auch nach dem Tod der Mutter noch etwas von dem zugewandten Wert übrig blieb, kommt es für § 2325 Abs. 2 Satz 2 BGB nur auf diesen, aus der Sicht des Jahres 1985 und nach den damals in der DDR maûgebenden Verhältnissen zu bewertenden Anteil an (vgl. BGHZ 118, 49 ff.; 125, 395, 397).
Terno Dr. Schlichting Seiffert
Ambrosius Felsch

Bei der Feststellung des für die Berechnung des Pflichtteils maßgebenden Erbteils werden diejenigen mitgezählt, welche durch letztwillige Verfügung von der Erbfolge ausgeschlossen sind oder die Erbschaft ausgeschlagen haben oder für erbunwürdig erklärt sind. Wer durch Erbverzicht von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen ist, wird nicht mitgezählt.

Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird;
3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.

(1) Wenn ein nach dem ursprünglich festgestellten oder nachträglich berichtigten Tatbestand von einer Partei geltend gemachter Haupt- oder Nebenanspruch oder wenn der Kostenpunkt bei der Endentscheidung ganz oder teilweise übergangen ist, so ist auf Antrag das Urteil durch nachträgliche Entscheidung zu ergänzen.

(2) Die nachträgliche Entscheidung muss binnen einer zweiwöchigen Frist, die mit der Zustellung des Urteils beginnt, durch Einreichung eines Schriftsatzes beantragt werden.

(3) Auf einen Antrag, der die Ergänzung des Urteils um einen Hauptanspruch zum Gegenstand hat, ist ein Termin zur mündlichen Verhandlung anzuberaumen. Dem Gegner des Antragstellers ist mit der Ladung zu diesem Termin der den Antrag enthaltende Schriftsatz zuzustellen. Über einen Antrag, der die Ergänzung des Urteils um einen Nebenanspruch oder den Kostenpunkt zum Gegenstand hat, kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, wenn die Bedeutung der Sache keine mündliche Verhandlung erfordert; § 128 Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.

(4) Eine mündliche Verhandlung hat nur den nicht erledigten Teil des Rechtsstreits zum Gegenstand.

(1) Ist der Pflichtteilsberechtigte nicht Erbe, so hat ihm der Erbe auf Verlangen über den Bestand des Nachlasses Auskunft zu erteilen. Der Pflichtteilsberechtigte kann verlangen, dass er bei der Aufnahme des ihm nach § 260 vorzulegenden Verzeichnisses der Nachlassgegenstände zugezogen und dass der Wert der Nachlassgegenstände ermittelt wird. Er kann auch verlangen, dass das Verzeichnis durch die zuständige Behörde oder durch einen zuständigen Beamten oder Notar aufgenommen wird.

(2) Die Kosten fallen dem Nachlass zur Last.

Wird mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses oder auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden, was der Beklagte aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis schuldet, so kann die bestimmte Angabe der Leistungen, die der Kläger beansprucht, vorbehalten werden, bis die Rechnung mitgeteilt, das Vermögensverzeichnis vorgelegt oder die eidesstattliche Versicherung abgegeben ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 34/05 Verkündetam:
6.Dezember2006
Fritz
Justizangestellte
alsUrkundsbeamtin
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
VVG §§ 11 Abs. 1, 12 Abs. 1; AVB Gebäudeversicherung von Geschäften und
Betrieben
1. Nach § 12 Abs. 1 VVG beginnt die Verjährungsfrist für Versicherungsleistungen,
die zu unterschiedlichen Zeitpunkten fällig werden, für jede dieser Leistungen
gesondert zu laufen. Die Verjährungsfrist für Zinsforderungen aus Versicherungsleistungen
beginnt deshalb nicht zugleich mit der Hauptforderung zu laufen
, sondern erst nach Ende des Jahres, in welchem der jeweilige Zins angefallen
ist.
2. Auf eine Bestimmung in Allgemeinen Versicherungsbedingungen, wonach die
Versicherungsleistung so lange verweigert werden kann, wie gegen den Versicherungsnehmer
ein Ermittlungsverfahren aus Gründen geführt wird, die für
den Entschädigungsanspruch rechtserheblich sind (hier: § 22 Nr. 5 b der Bedingungen
für Gebäudeversicherung von Geschäften und Betrieben - BG 98),
kann sich der Versicherer nach einer endgültigen Leistungsablehnung nicht
mehr berufen.
BGH, Urteil vom 6. Dezember 2006 - IV ZR 34/05 - OLG Celle
LG Hannover
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Wendt, Felsch und
Dr. Franke im schriftlichen Verfahren, in dem Schriftsätze bis zum
29. November 2006 eingereicht werden konnten,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 26. Januar 2005 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, 1. als der Leistungsantrag zu 1 a in Höhe von 13.283,98 € (4% Zinsen aus 137.277,82 € für die Zeit vom 1. Januar 2000 bis zum 2. Juni 2002) ohne Zinsen hieraus abgewiesen worden ist. Insoweit wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 25. Juni 2004 geändert. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 13.283,98 € zu zahlen.
2. als der Feststellungsantrag zu 1 b abgewiesen worden ist. Insoweit und im Kostenpunkt wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Streitwert: 113.283,98 € Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Parteien Die streiten nach einem Brand um Leistungen aus der Gebäudeversicherung.
2
Die Klägerin erwarb 1997 ein mit mehreren Gebäuden bebautes Hofgrundstück. Unter Mitwirkung eines Agenten der Beklagten schloss sie mit Wirkung zum 25. Mai 1998 eine Gebäudeversicherung zum gleitenden Neuwert nach Maßgabe der Bedingungen für Gebäudeversicherung von Geschäften und Betrieben (BG 98) der Beklagten für das Hauptgebäude und ein Nebengebäude ab, für die eine Versicherungssumme von 1,3 Millionen DM zugrunde gelegt wurde.
3
Am 15. August 1998 wurde das Hauptgebäude durch einen Brand fast völlig zerstört. Nach § 10 Nr. 1 lit. b BG 98 ist Versicherungswert lediglich der Zeitwert eines Gebäudes, wenn er weniger als 40% des Neuwertes (die so genannte Entwertungsquote also mehr als 60%) beträgt. Nur dieser Zeitwert wird dann nach § 17 Nr. 1 a, bb BG 98 ersetzt. Über die Entwertungsquote entstand Streit zwischen den Parteien. Der von der Klägerin beauftragte Gutachter schätzte sie auf nur ca. 40%, der von der Beklagten beauftragte Gutachter auf 62,1%. Die Einschaltung eines Obmanns lehnte die Beklagte ab. Stattdessen berief sie sich in der Folgezeit auf eine angeblich bestehende Unterversicherung. Sie erstattete zunächst nur den insoweit verringerten Zeitwert und Leistungen für Aufräumarbeiten , insgesamt 842.934 DM, und lehnte seit Mitte August 1999 weitere Leistungen ab.

4
In einem ersten von den Parteien geführten Rechtsstreit wurde die Beklagte im August 2002 in zweiter Instanz verurteilt, weitere 137.277,82 € nebst 4% Zinsen hieraus seit dem 3. Juni 2002 an die Klägerin zu zahlen. Ferner wurde festgestellt, dass die Beklagte auch die so genannte Neuwertspitze in Höhe von 302.171,46 € erstatten müsse, wenn die Klägerin die Voraussetzungen des § 17 Nr. 8 BG 98 erfülle.
5
Nach Rechtskraft jener Entscheidung zahlte die Beklagte am 3. Februar 2003 den Betrag von 137.277,82 € an die Klägerin, die nunmehr im vorliegenden Rechtsstreit weitere Nebenforderungen aus dem Brandschaden erhebt. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind nur noch die folgenden Anträge der Klägerin:
6
begehrt Sie zum einen die Feststellung, dass die Beklagte dem Grunde nach zu weiterem Schadensersatz wegen verzögerter Schadensregulierung verpflichtet sei (Klagantrag zu 1 b).
7
Für die Zeit vom 16. August 1998 bis zum 2. Juni 2002 fordert die Klägerin weiter Vertrags- (§ 22 BG 98) und Verzugszinsen aus 137.277,82 €, die sie zuletzt auf insgesamt 32.959 € errechnet hat (Klagantrag zu 1 a).
8
Das Landgericht hat die Klage - soweit in der Revision noch von Interesse - abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Der Senat hat die Revision, mit der die Klägerin ihr Klagebegehren weiterverfolgen wollte, im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nur mit Blick auf den Feststellungsantrag (Klagantrag zu 1 b) und den geltend gemachten Zinsanspruch (Klagantrag zu 1 a) bis zur Höhe von 13.283,98 € - ohne weitere Zinsen hieraus - zugelassen.

Entscheidungsgründe:


9
Im Umfang ihrer Zulassung hat die Revision Erfolg.
10
I. Das Berufungsgericht hat der Klägerin einen Schadensersatzanspruch wegen verzögerter Regulierung des Brandschadens abgesprochen und ihren darauf gerichteten Feststellungsantrag zurückgewiesen, weil die Beklagte insoweit kein Verschulden treffe. Sie habe, indem sie sich im Vorprozess gegen die von der Klägerin erhobenen Ansprüche verteidigt habe, lediglich die ihr zustehenden Rechte im Rahmen eines geordneten gerichtlichen Verfahrens wahrgenommen. Das könne nicht den Vorwurf schuldhaften Verhaltens begründen, solange es nicht rechtsmissbräuchlich und mit dem Vorsatz geschehe, die andere Partei sittenwidrig zu schädigen. Dafür sei hier nichts ersichtlich. Die Beklagte habe sich auch nicht leichtfertig gegen ihre Inanspruchnahme zur Wehr gesetzt, was daran ersichtlich sei, dass das Landgericht im Vorprozess erst nach der Vernehmung des Versicherungsagenten zu dem Ergebnis gelangt sei, die Beklagte dürfe sich nicht auf den Unterversicherungseinwand berufen. Sie habe zuvor unwiderlegt vorgetragen gehabt, es sei ihren Agenten generell verboten, bei Vertragschluss selbst die Versicherungssumme zu berechnen. Damit, dass sich der Agent darüber hinweggesetzt und der Klägerin gleichwohl angeboten habe, die Versicherungssumme verbindlich festzulegen, habe die Beklagte bis zur Beweisauf- nahme im Vorprozess nicht rechnen müssen. Gleiches gelte, soweit sich die Beklagte im Vorprozess auf eine Entwertungsquote von mehr als 60% berufen habe. Zunächst hätten einander widersprechende Parteigutachten vorgelegen und die Klägerin habe lediglich unsubstantiierte Mutmaßungen darüber angestellt, wie der von der Beklagten beauftragte Gutachter zu seinem Ergebnis gelangt sei. Dass die Beklagte bei dem von ihr beauftragten Gutachter gegen das ihr zunächst ungünstige, von einem Assistenten ermittelte Gutachtenergebnis remonstriert und so die Feststellung einer Entwertungsquote von mehr als 60% erreicht habe, sei nicht ungewöhnlich. Die Beklagte habe eine Klärung der streitigen Fragen im Vorprozess abwarten dürfen. Auch lasse sich nicht feststellen, dass die Schäden, deren Ersatz die Klägerin mit ihrem Feststellungsantrag anstrebe, auf der verzögerten Schadensregulierung beruhten. Die Klägerin sei vielmehr deshalb nicht zum rechtzeitigen Wiederaufbau des abgebrannten Gebäudes in der Lage gewesen, weil sie die erheblichen Mittel, die ihr von der Beklagten zur Beseitigung des Brandschadens zur Verfügung gestellt worden seien, anderweitig, insbesondere zum lange vor dem Brand geplanten Umbau zweier Nebengebäude, eingesetzt habe. Die Klägerin habe nicht dargelegt, dass sie auch dann nicht zum rechtzeitigen Wiederaufbau des abgebrannten Gebäudes in der Lage gewesen wäre, wenn sie die erhaltenen Versicherungsleistungen stattdessen zweckentsprechend eingesetzt hätte. Der Vortrag der Klägerin zu ihren Bemühungen um eine Finanzierung des Wiederaufbaus mittels Krediten und Eigenmitteln sei im Übrigen nicht ausreichend.
11
Zu der mit dem Leistungsantrag geltend gemachten Zinsforderung hat das Berufungsgericht ausgeführt: Soweit die Klägerin sich mit ihrem in erster Instanz gehaltenen Vortrag auf Verzug und § 22 Abs. 2 BG 98 stütze, seien die Ansprüche nach § 12 Abs. 1 VVG verjährt. Die Klägerin habe es versäumt, diese Ansprüche schon im Vorprozess zu erheben. Soweit sie ihre Zinsforderung in zweiter Instanz als Schadensersatzanspruch erhoben habe, sei dies nicht nachvollziehbar und scheitere bereits an den oben genannten Gründen. Letztlich komme es darauf aber nicht an, weil der Vortrag neu und nach § 531 ZPO nicht zu beachten sei. Weiter könne die Klägerin, die schon für den Erwerb des Hofgrundstücks 400.000 DM habe finanzieren müssen, diese Finanzierung nicht im Rahmen der Abgeltung des Brandschadens auf die Beklagte abwälzen. Auch wenn die Zinsforderung als Schadensersatzanspruch erhoben werde, gelte dafür im Übrigen ebenfalls die Verjährungsvorschrift des § 12 Abs. 1 VVG.
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II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
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1. Bei Zurückweisung des auf die Verpflichtung der Beklagten zu weiterem Schadensersatz gerichteten Feststellungsantrages (Klagantrag zu 1 b) hat das Berufungsgericht einen unzutreffenden Verschuldensmaßstab zugrunde gelegt; auch seine Ausführungen zur Kausalität tragen die Klagabweisung nicht.
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a) Das Berufungsgericht meint, die Beklagte treffe kein Verschulden an der verzögerten Regulierung des Brandschadens, weil sie für sich im Vorprozess lediglich prozessual zulässige Verteidigungsmittel beansprucht habe, ohne dabei rechtsmissbräuchlich, leichtfertig oder in Schädigungsabsicht zu handeln. Wäre das richtig, so käme ein Schuldner regelmäßig nicht in Verzug, wenn er es wegen der geschuldeten Leistung auf einen Rechtsstreit ankommen ließe. Der vom Berufungsgericht gewählte , auf eine prozessuale Rechtfertigung verzögerter Leistung hinauslaufende Verschuldensmaßstab steht auch im Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. dazu Senatsurteile vom 9. Januar 1991 - IV ZR 97/89 - VersR 1991, 331 unter II 4 und III 1, 2; 20. November 1990 - IV ZR 202/89 - r + s 1991, 37 unter 3; 27. September 1989 - IVa ZR 156/88 - VersR 1990, 153; 19. September 1984 - IVa ZR 67/83 - VersR 1984, 1137 unter II 2 a).
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aa) Danach ist zwar anerkannt, dass ein unverschuldeter Rechtsirrtum des prozessierenden Schuldners ihn von den Folgen des Verzuges freistellen kann, doch werden dabei an die Sorgfaltspflichten des Schuldners strenge Anforderungen gestellt. Es reicht nicht aus, dass er sich seine eigene Rechtsauffassung nach sorgfältiger Prüfung und sachgemäßer Beratung gebildet hat. Unverschuldet ist ein solcher Irrtum nur, wenn der Schuldner nach sorgfältiger Prüfung der Sach- und Rechtslage mit einem Unterliegen im Rechtsstreit nicht zu rechnen braucht. Das kann vor allem bei höchstrichterlich ungeklärten Rechtsfragen anzunehmen sein; bei Beweisfragen bildet ein fehlendes Verschulden des Schuldners die Ausnahme (vgl. dazu Senatsurteil vom 19. September 1984 aaO). Ein nur "normales Prozessrisiko" entlastet den Schuldner nicht (Senatsurteil vom 27. September 1989 aaO).
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bb) Nach diesen Maßstäben hat die Beklagte die Verzögerung der Versicherungsleistung (jedenfalls in Höhe der der Klägerin im Vorprozess zugesprochenen 137.277,82 €) verschuldet. Soweit sie sich mit Blick auf die Frage einer Unterversicherung darauf berufen hat, die Entstehungsgeschichte des Vertrages sei ihr erst durch die Zeugenaussage ihres Agenten im Vorprozess klar geworden, hat das Berufungsgericht verkannt, dass sie sich nicht nur nach den Grundsätzen der Auge- und Ohr-Rechtsprechung des Senats von vorn herein das Wissen ihres Agenten hätte zurechnen lassen müssen, sondern schon vor dem Abschluss des Versicherungsvertrages durch die Information des Agenten auch eigenes Wissen davon hatte, dass jener es gegenüber der Klägerin - und sei es auch zunächst weisungswidrig - übernommen hatte, die Versicherungssumme für die versicherten Gebäude verbindlich festzulegen. Den Inhalt der Zeugenaussage des Agenten aus dem Vorprozess stellt die Beklagte nicht in Frage. Danach hat die Versicherungsnehmerin den bestmöglichen Versicherungsschutz für die zu versichernden Gebäude angestrebt und der Agent es übernommen, den Versicherungswert festzulegen. Dazu, so hat der Zeuge weiter bekundet, habe er auf der Grundlage der Vorversicherung und eines vom früheren Versicherer veranlassten Wertgutachtens zusammen mit dem in der Bezirksdirektion der Beklagten für die Versicherung gewerblicher Objekte zuständigen Mitarbeiter nach bis in die Einzelheiten gehender Diskussion die Wertfestsetzung vorgenommen. Bei dieser Sachlage kam eine Berufung auf Unterversicherung nicht mehr in Betracht. Da jedenfalls das Wissen des für die Versicherung gewerblicher Objekte zuständigen Mitarbeiters der Bezirksdirektion als eigenes Wissen der Beklagten anzusehen ist, hat diese sich von Anfang an wider besseres Wissen auf eine Unterversicherung berufen.
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Soweit daneben die Höhe der Entwertungsquote zu prüfen war, standen sich widersprechende Einschätzungen aus dem vorgerichtlichen Sachverständigenverfahren gegenüber. Nach § 10 Nr. 1 lit. b BG 98 ist der Versicherungswert eines Gebäudes lediglich der Zeitwert, wenn er weniger als 40% des Neuwertes beträgt, die so genannte Entwertungsquote mithin über 60% liegt. Der von der Klägerin beauftragte Gutachter hatte eine Entwertungsquote von lediglich 40% ermittelt. Das von der Beklagten in Auftrag gegebene Gutachten war zunächst ebenfalls zu einer Entwertungsquote von unter 60% gelangt. Erst auf Initiative der Beklagten war das Gutachten korrigiert worden und wies zuletzt eine Entwertungsquote von 62,1% aus. Bei dieser Sachlage hatte die Beklagte keine Veranlassung, darauf zu vertrauen, dass die Entwertungsquote über 60% liege und das Gericht des Vorprozesses dies feststellen werde. Insofern handelte sie leichtfertig, als sie die von beiden Privat-Gutachtern angeregte Fortführung des Sachverständigenverfahrens durch ein Obmann-Gutachten verweigerte und sich stattdessen im Weiteren allein auf den unberechtigten Unterversicherungseinwand berief.
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Auch b) die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Kausalität der verspäteten Zahlung für einen Verzögerungsschaden tragen die Abweisung des Feststellungsantrages nicht. Vielmehr bedarf die Sache insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung.
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Die aa) Kausalität gehört zur Anspruchsbegründung des Schadensersatzanspruches und muss deshalb, wie das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend erkannt hat, für den Erlass eines Feststellungsurteils über den Grund (§ 304 ZPO) geklärt werden (vgl. dazu BGH, Urteile vom 18. März 1977 - I ZR 132/75 - NJW 1977, 1538 unter III 3; 16. Januar 1991 - VIII ZR 14/90 - NJW-RR 1991, 599 unter II 1 a; Zöller/Vollkommer , ZPO 25. Aufl. § 304 Rdn. 6 ff. m.w.N.).

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bb) Das Berufungsgericht geht davon aus, die Klägerin sei infolge der Verwendung von Versicherungsleistungen für andere Zwecke als den Wiederaufbau nicht mehr in der Lage, den Wiederaufbau des abgebrannten Wohnhauses zu betreiben. Deshalb komme ein kausal durch verspätete Versicherungsleistung herbeigeführter Schaden nicht mehr in Betracht , vielmehr seien sämtliche denkbaren Verzögerungsschäden auf diese Entscheidung der Klägerin zurückzuführen.
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cc) Das überzeugt nicht.
22
Berufungsgericht Das hat schon den Vortrag der Klägerin nicht ausgeschöpft. Es hat nicht geklärt, ob sich der für den Umbau der beiden Nebengebäude eingesetzte Betrag (nach den Feststellungen des Landgerichts 250.000 €) wirklich entscheidend auf die Möglichkeit der Wiedererrichtung des abgebrannten Gebäudes auswirken konnte, zumal die Beklagte umgekehrt die Auffassung vertritt, der ausstehende ZeitwertBetrag von 137.277,82 € und der Streit um ca. 300.000 € Neuwertspitze hätten die Klägerin nicht daran gehindert, den Wiederaufbau des abgebrannten Gebäudes zu betreiben. Im Übrigen hat die Klägerin unter Beweisantritt vorgetragen, sie habe die mündliche Zusage einer Bank über ein Darlehen von 550.000 € allein deswegen verloren, weil die Beklagte im Vorprozess Berufung eingelegt habe. Dazu verhält sich das Berufungsurteil nicht, auch der dafür angebotene Beweis wurde nicht erhoben. Das Berufungsgericht prüft auch nicht, ob es nicht mit Blick auf anfallende Zinsen wirtschaftlich sinnvoll gewesen sein kann, anstelle einer sofortigen Kreditaufnahme für den Umbau der Nebengebäude zunächst auf die vorhandenen Versicherungsleistungen zurückzugreifen, bis die Frage der vollständigen Wiederaufbaufinanzierung mittels Versiche- rungsleistungen gerichtlich geklärt war. Die Ausführungen des Berufungsgerichts sind wegen ihrer Lückenhaftigkeit nach allem nicht geeignet , die Möglichkeit eines auf der verspäteten Versicherungsleistung beruhenden und mithin erstattungsfähigen Verzögerungsschadens sicher auszuschließen.
23
2. Zu Unrecht ist der Klägerin der Anspruch auf 4% Zinsen aus 137.277,82 € für die Zeit vom 1. Januar 2000 bis zum 2. Juni 2002 abgesprochen worden. Insoweit war das Berufungsurteil aufzuheben und, da der Rechtsstreit zu diesem Punkt entscheidungsreif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO), die Beklagte zur Zahlung von 13.283,98 € (ohne Zinsen hieraus) zu verurteilen.
24
a) Allerdings hat das Berufungsgericht das Vorbringen der Klägerin in zweiter Instanz zur Berechnung des Zinsschadens ohne Rechtsfehler als neu im Sinne des § 531 Abs. 2 ZPO bewertet und ausgeschlossen. Denn die Klägerin war von einer bloßen Vertrags- und Verzugszinsforderung zur konkreten Verzugsschadensberechnung aufgrund neuen, bestrittenen Sachvortrags (Aufnahme anderweitiger Kredite) übergegangen und hatte nichts dazu vorgetragen, dass ihr eine Nachlässigkeit nicht vorzuwerfen sei (§ 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO).
25
b) Demgegenüber sind dem Berufungsgericht mit Blick auf das ursprüngliche Klagevorbringen zum Verzugszins, das weiterhin zu prüfen blieb, Rechtsfehler unterlaufen.
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aa) Die Zinsansprüche der Klägerin sind nicht nach § 12 Abs. 1 VVG verjährt, soweit sie seit dem 1. Januar 2000 entstanden sind.

27
(1) Nachdem die Beklagte im August 1999 unstreitig weitere Versicherungsleistungen endgültig ablehnte und andererseits nach dem Schlussurteil des Vorprozesses feststeht, dass sie noch 137.277,82 € schuldete, wurde dieser Teil der Versicherungsleistung im August 1999 fällig (vgl. dazu Senatsurteil vom 27. Februar 2002 - IV ZR 238/00 - VersR 2002, 472 unter 1 c). Zugleich geriet die Beklagte wegen der endgültigen Leistungsablehnung in Verzug (§ 284 BGB a.F., vgl. dazu auch Senatsurteile vom 16. November 2005 - IV ZR 120/04 - VersR 2006, 215 unter II 2 a; 19. September 1984 - IVa ZR 67/83 - VersR 1984, 1137 unter II 2 a).
28
(2) Die Beklagte, auf deren Anzeige hin gegen die Klägerin und ihren Lebensgefährten ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Eigenbrandstiftung bis zur Verfahrenseinstellung nach § 170 Abs. 2 StPO am 12. Februar 2002 geführt worden ist, hat sich auf § 22 Nr. 5 b BG 98 berufen, wonach der Versicherer die Entschädigung so lange verweigern kann, wie gegen den Versicherungsnehmer ein Ermittlungsverfahren aus Gründen geführt wird, die für den Entschädigungsanspruch rechtserheblich sind.
29
Dieser Einwand hindert den Verzugseintritt im August 1999 nicht. Denn § 11 Abs. 1 VVG lässt die Fälligkeit der Versicherungsleistung mit Beendigung der zur Feststellung des Versicherungsfalls und des Umfangs der Versicherungsleistung nötigen Erhebungen eintreten. Vor diesem Hintergrund schafft die Bestimmung des § 22 Nr. 5 b BG 98 keinen zusätzlichen Aufschub der Fälligkeit, sondern enthält lediglich eine Konkretisierung des Begriffs der notwendigen Erhebungen im Sinne von § 11 Abs. 1 VVG (dazu Martin, Sachversicherungsrecht 3. Aufl. Y I Rdn. 14). Daraus folgt, dass die Klausel nach einer endgültigen Leistungsablehnung des Versicherers, mit der er bekundet, keine weiteren Erhebungen mehr vornehmen zu wollen (vgl. dazu Senatsurteil vom 27. Februar 2002 - IV ZR 238/00 - VersR 2002, 472 unter 1 c; Kollhosser in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. Rdn. 5 zu § 17 AFB 30), nicht mehr zum Zuge kommen kann.
30
(3) Wie die Revision zu Recht rügt, hat das Berufungsgericht übersehen , dass die Verjährung für Versicherungsleistungen, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten fällig werden, für jede dieser Leistungen gesondert zu laufen beginnt (vgl. Senatsurteil vom 10. Mai 1983 - IVa ZR 74/81 - VersR 1983, 673 unter II). Die Verjährung von Zinsforderungen beginnt deshalb nicht zugleich mit der Verjährung für die Hauptforderung zu laufen, sondern erst mit dem Schluss des Jahres, in welchem der jeweilige Zins (durch Zeitablauf) angefallen, die Zinsforderung mithin fällig geworden ist (vgl. dazu auch Bruck/Möller, VVG 8. Aufl. § 12 Anm. 14; BK/Gruber, VVG § 12 Rdn. 20).
31
Deshalb sind hier nur die Zinsansprüche verjährt, die bis zum 31. Dezember 1999 entstanden waren. Darunter fallen auch die auf § 22 BG 98 gestützten so genannten Vertragszinsen für die Zeit vom 16. August 1998 (Tag der Schadensanzeige) bis zum 31. August 1999. Insoweit begann die Verjährung nach § 12 Abs. 1 VVG am 1. Januar 2000 zu laufen und endete am 31. Dezember 2001. Klage und Prozesskostenhilfegesuch wurden erst im Dezember 2002 eingereicht, die Klagzustellung ist nach Abschluss des Prozesskostenhilfeverfahrens "dem- nächst" im Sinne von § 167 ZPO erfolgt. Die seit dem 1. Januar 2000 entstandenen Zinsansprüche sind nicht verjährt.
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bb) Dass das Berufungsgericht ein den Verzug begründendes Verschulden der Beklagten mit unzutreffender Begründung verneint hat, ist bereits oben dargelegt.
33
cc) Die Klägerin kann für die Zeit vom 1. Januar 2000 bis zum 2. Juni 2002 (am darauf folgenden Tag setzt die 4%-ige Verzinsung aus dem Schlussurteil des Vorprozesses ein) allerdings nur 4% Verzugszinsen nach § 288 Abs. 1 BGB in der bis zum 30. April 2000 geltenden Fassung vom 1. Januar 1964 verlangen. Das ergibt sich aus Art. 229 § 1 Abs. 1 Satz 3 EGBGB. Danach ist § 288 BGB in seiner ab dem 1. Mai 2000 geltenden Fassung (vom 30. März 2000 - BGBl. I S. 330), welcher erstmals eine Verzugs-Verzinsung mit fünf Prozentpunkten über dem Basissatz vorsah, erst auf diejenigen Forderungen anzuwenden, die von diesem Zeitpunkt an fällig wurden. Die hier in Rede stehende Forderung über 137.277,82 € ist aber schon im August 1999 fällig geworden.

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Für den genannten Zeitraum errechnet sich der der Klägerin zugesprochene Betrag von 13.283,98 €, der wegen § 289 BGB nicht zu verzinsen ist.
Terno Dr. Schlichting Wendt
Felsch Dr. Franke

Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 25.06.2004 - 4 O 37/03 -
OLG Celle, Entscheidung vom 26.01.2005 - 4 U 140/04 -

(1) Hat der Schuldner außer der Hauptleistung Zinsen und Kosten zu entrichten, so wird eine zur Tilgung der ganzen Schuld nicht ausreichende Leistung zunächst auf die Kosten, dann auf die Zinsen und zuletzt auf die Hauptleistung angerechnet.

(2) Bestimmt der Schuldner eine andere Anrechnung, so kann der Gläubiger die Annahme der Leistung ablehnen.