Amtsgericht Hagen Urteil, 15. Juni 2016 - 144 C 10/16

ECLI:ECLI:DE:AGHA:2016:0615.144C10.16.00
bei uns veröffentlicht am15.06.2016

Tenor

Der Beklagte wird verurteilt,

1. an die Klägerin 4.105,62 EUR zu zahlen;

2. die Klägerin freizustellen von ihr vorgerichtlich entstandenen Anwaltskosten durch Zahlung von 492,54 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 21.01.2016 an die Sozietät X & L mbH, T 83, Köln.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits zu 5%, der Beklagte zu 95%.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.


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Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 286 Verzug des Schuldners


#BJNR001950896BJNE027902377 (1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Z

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 291 Prozesszinsen


Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Ab

Zivilprozessordnung - ZPO | § 894 Fiktion der Abgabe einer Willenserklärung


Ist der Schuldner zur Abgabe einer Willenserklärung verurteilt, so gilt die Erklärung als abgegeben, sobald das Urteil die Rechtskraft erlangt hat. Ist die Willenserklärung von einer Gegenleistung abhängig gemacht, so tritt diese Wirkung ein, sobald

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 289 Zinseszinsverbot


Von Zinsen sind Verzugszinsen nicht zu entrichten. Das Recht des Gläubigers auf Ersatz des durch den Verzug entstehenden Schadens bleibt unberührt.

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Bundesgerichtshof Urteil, 06. Dez. 2006 - IV ZR 34/05

bei uns veröffentlicht am 06.12.2006

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Bundesgerichtshof Urteil, 25. Apr. 2006 - XI ZR 271/05

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XI ZR 271/05 Verkündet am: 25. April 2006 Weber Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: j

Bundesgerichtshof Urteil, 05. Dez. 2012 - XII ZR 44/11

bei uns veröffentlicht am 05.12.2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 44/11 Verkündet am: 5. Dezember 2012 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ:
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Amtsgericht Hagen Urteil, 15. Juni 2016 - 144 C 10/16.

Landgericht Hagen Urteil, 05. Okt. 2016 - 3 S 46/16

bei uns veröffentlicht am 05.10.2016

Tenor Auf die Berufung des Beklagten wird das am 15.06.2016 verkündete Urteil des Amtsgerichts Hagen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst: Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.104,43 € zu zahlen sowie die Klägerin freizustellen

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(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 44/11 Verkündet am:
5. Dezember 2012
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Wenn ein Betriebskostenguthaben verspätet an den Mieter ausbezahlt wird, weil der
Vermieter mit der Verpflichtung auf Erstellung einer Betriebskostenabrechnung in
Verzug geraten ist, ergibt sich ein Anspruch auf gesetzliche Verzugszinsen auch
nicht aus einer entsprechenden Anwendung des § 288 Abs. 1 BGB.
BGH, Urteil vom 5. Dezember 2012 - XII ZR 44/11 - OLG Brandenburg
LG Potsdam
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. Dezember 2012 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter
Schilling, Dr. Günter, Dr. Nedden-Boeger und Dr. Botur

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 9. März 2011 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten im Rahmen der Widerklage nur noch darüber, ob die Beklagte von der Klägerin Verzugszinsen wegen der verspäteten Abrechnung von Betriebskosten verlangen kann.
2
Die Beklagte hatte von der Klägerin Gewerberäume angemietet. Das Mietverhältnis endete am 31. Dezember 2009.
3
Neben der Nettomiete für die angemieteten Räume vereinbarten die Parteien Betriebskostenvorauszahlungen. Nach § 13 des Mietvertrags sollten die entstandenen Nebenkosten "in einem Zeitraum von zwölf Monaten in tatsächlicher Höhe abgerechnet" werden.
4
Die Klägerin rechnete die Betriebskosten für die Jahre 2002 bis 2007 nicht binnen zwölf Monaten seit dem Ende des jeweiligen Abrechnungszeit- raums ab. Erst nach einer schriftlichen Aufforderung durch die Beklagte vom 25. August 2009 erstellte sie die Betriebskostenabrechnungen, aus denen sich ein erhebliches Guthaben zu Gunsten der Beklagten ergab. Dieses wurde von der Klägerin sodann vollständig ausgeglichen.
5
Mit der Klage hat die Klägerin rückständige Miete für den Monat November 2009 geltend gemacht. Mit der Widerklage verlangt die Beklagte wegen der verspäteten Abrechnung für die Guthaben aus den Abrechnungszeiträumen 2004 bis 2007 jeweils vom ersten Tag des Folgejahres an bis zum Zeitpunkt der Abrechnung die Zahlung gesetzlicher Verzugszinsen.
6
Das Landgericht hat der Widerklage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat auf die Berufung der Klägerin das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Widerklage abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision möchte die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erreichen.

Entscheidungsgründe:

7
Die zulässige Revision hat keinen Erfolg.

I.

8
Das Berufungsgericht hat einen Anspruch der Beklagten auf Zahlung von Verzugszinsen auf das Abrechnungsguthaben verneint. Zur Begründung hat es ausgeführt, es fehle bereits an der konkreten Festlegung eines Abrechnungszeitraumes für die Betriebskostenvorauszahlungen, um die Fälligkeit der vorzunehmenden Abrechnung kalendermäßig bestimmen zu können. Im Mietvertrag laute es hierzu nur, dass die Betriebskosten in einem Zeitraum von zwölf Monaten in tatsächlicher Höhe abzurechnen seien. Diese Formulierung lasse für sich betrachtet bereits keine kalendermäßige Bestimmung der Abrechnungsfrist zu. Da die Parteien im Mietvertrag nicht bestimmt hätten, dass die Betriebskostenvorauszahlungen für das im Juni bzw. Juli 2004 begonnene Mietverhältnis als Rumpfjahr und danach kalenderjährlich abgerechnet werden, habe es in jedem Fall einer Mahnung durch die Beklagte bedurft, um die Klägerin in Verzug zu setzen. Zwar seien Betriebskostenvorauszahlungen auch in Gewerberaummietverhältnissen regelmäßig jährlich abzurechnen; dies bedeute aber nicht zwangsläufig, dass dies kalenderjährlich geschehen müsse, sondern unterliege der Vereinbarung der Parteien. Sei der Beginn des Abrechnungszeitraums vertraglich nicht vereinbart, habe der Vermieter insoweit gemäß § 315 BGB ein Leistungsbestimmungsrecht. Dass die Klägerin dieses Leistungsbestimmungsrecht hier bereits vor der tatsächlich durchgeführten Abrechnung im August bzw. September 2009 ausgeübt habe, sei von den Parteien nicht vorgetragen worden. Entsprechend fehle es an der Vereinbarung einer kalendermäßig bestimmten Leistung.
9
Aber selbst wenn man von einer kalendermäßig bestimmbaren Fälligkeit der Leistung und damit von einem möglichen Verzugseintritt ohne Mahnung ausginge, sei Voraussetzung für den Erfolg der Widerklage, dass auch der Anspruch des Mieters auf Erstattung etwaiger Überzahlungen mit Ablauf der Abrechnungsfrist fällig werde. Dieser werde aber erst mit Erteilung der Abrechnung fällig. Soweit der Bundesgerichtshof für die Geschäftsraummiete entschieden habe, dass der Vermieter in der Regel spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach dem Ende des - zu vereinbarenden - Abrechnungszeitraums die Betriebskostenabrechnung zu erteilen habe, folge hieraus lediglich, dass der Mieter ab diesem Zeitpunkt den Vermieter auf Erteilung der Betriebskostenrechnung in Anspruch nehmen könne und keine weiteren Vorauszahlun- gen auf die Betriebskosten mehr erbringen müsse. Dies gelte jedenfalls solange das Mietverhältnis nicht beendet sei. Der Mieter sei grundsätzlich hinreichend dadurch geschützt, dass er nicht nur einen Anspruch auf Abrechnung der Betriebskosten habe, sondern die fortlaufenden Vorauszahlungen gemäß § 273 BGB verweigern könne. Damit könne er Druck auf den Vermieter ausüben, damit dieser die geschuldete Abrechnung erteile. Ein Anspruch auf Rückzahlung der bereits entrichteten Vorschüsse - den die Beklagte im Streitfall im Übrigen nicht geltend mache - komme dagegen erst mit Beendigung des Mietverhältnisses in Betracht. Die Klägerin habe die Betriebskosten jedoch vor Beendigung des Mietverhältnisses abgerechnet und die Abrechnungsguthaben an die Beklagte ausgekehrt. Entsprechend sei die Klägerin weder mit der Rückerstattung zu viel bezahlter Betriebskosten noch mit einem Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Vorschüsse in Verzug geraten. Der Beklagten stünden daher die geltend gemachten Verzugszinsen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

II.

10
Die Entscheidung hält den Angriffen der Revision im Ergebnis stand. Sie erweist sich jedenfalls deshalb als richtig, weil die Beklagte von der Klägerin weder in direkter noch in entsprechender Anwendung des § 288 Abs. 1 BGB Verzugszinsen für die zwischenzeitlich an sie ausbezahlten Betriebskostenguthaben verlangen kann.
11
1. Nach § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB ist eine Geldschuld, mit der der Schuldner in Verzug geraten ist, zu verzinsen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen bereits deshalb nicht vor, weil die Klägerin in dem Zeitraum, für den die Beklagte Verzugszinsen verlangt, nur zur Erstellung einer Betriebskostenabrechnung verpflichtet war und daher keine Geldschuld vorlag. Die Beklag- te konnte in dem genannten Zeitraum von der Klägerin weder die Erstattung eines Betriebskostenguthabens noch die Rückerstattung der geleisteten Vorauszahlungen auf die Betriebskosten verlangen.
12
a) Grundsätzlich wird der Anspruch des Mieters auf Rückerstattung zu viel bezahlter Betriebskosten erst mit der Erteilung einer formell ordnungsgemäßen Abrechnung fällig (BGHZ 113, 188 = NJW 1991, 836; BGH Urteil vom 9. März 2005 - VIII ZR 57/04 - NJW 2005, 1499, 1501). Da die Klägerin nach den von der Revision unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts die Betriebskostenabrechnungen für die Abrechnungszeiträume 2004 bis 2007 erst im August bzw. September 2009 erstellt hat, wurde der Anspruch der Beklagten auf Erstattung der Betriebskostenguthaben erst zu diesem Zeitpunkt fällig.
13
b) Die Beklagte hatte bis zur Erstellung der Betriebskostenabrechnungen auch keinen Anspruch gegen die Klägerin auf Rückzahlung der geleisteten Betriebskostenvorauszahlungen.
14
Zwar kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Mieter nach Ablauf der Abrechnungsfrist unmittelbar die Rückzahlung der in dem Abrechnungszeitraum geleisteten Betriebskostenvorauszahlungen verlangen, wenn der Vermieter nicht innerhalb einer angemessenen Frist über die Betriebskosten abgerechnet hat, es sei denn, der Vermieter ist an der Einhaltung der Frist aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen gehindert gewesen (BGH Urteil vom 9. März 2005 - VIII ZR 57/04 - NJW 2005, 1499, 1501). Dies gilt jedoch nur, wenn der Vermieter bis zur Beendigung des Mietverhältnisses keine Betriebskostenabrechnung erstellt hat. Während eines laufenden Mietverhältnisses ist der Mieter bereits dadurch ausreichend geschützt, dass er im Falle der verspäteten Abrechnung die Zahlung weiterer Betriebskostenvorauszahlun- gen bis zur Erstellung der Betriebskostenabrechnung gemäß § 273 Abs. 1 BGB verweigern kann (Senatsurteil vom 27. Januar 2010 - XII ZR 22/07 - NJW 2010, 1065 Rn. 39; BGH Urteil vom 29. März 2006 - VIII ZR 191/05 - NJW 2006, 2552 Rn. 11 f.). Zudem kann der Mieter für die Abrechnungszeiträume, in denen er während des noch laufenden Mietverhältnisses die Möglichkeit gehabt hätte, von seinem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch zu machen, auch nach Beendigung des Mietverhältnisses nicht unmittelbar die Rückzahlung der geleisteten Vorauszahlungen auf die Betriebskosten verlangen (BGH Urteil vom 26. September 2012 - VIII ZR 315/11 - NJW 2012, 3508 Rn. 10).
15
Danach stand der Beklagten bis zur Erstellung der Betriebskostenabrechnung kein Anspruch auf Rückzahlung der in den Jahren 2004 bis 2007 geleisteten Betriebskostenvorauszahlungen zu. In diesen Abrechnungszeiträumen hätte die Beklagte jeweils die Möglichkeit gehabt, hinsichtlich der Betriebskostenvorauszahlungen ihr Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB auszuüben und so die Klägerin zur Erstellung der Betriebskostenabrechnungen anzuhalten. Die Voraussetzungen für den vom Bundesgerichtshof im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung entwickelten Rückzahlungsanspruch lagen daher nicht vor (vgl. BGH Urteil vom 29. März 2006 - VIII ZR 191/05 - NJW 2006, 2552 Rn. 12). Da das Mietverhältnis nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erst zum 31. Dezember 2009 endete, konnte die Beklagte lediglich hinsichtlich der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2008 kein Zurückbehaltungsrecht geltend machen. Dieser Abrechnungszeitraum ist jedoch nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, so dass dahingestellt bleiben kann, wann die Fälligkeit des Erstattungsanspruchs für diesen Abrechnungszeitraum eingetreten ist.
16
2. Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich ein Anspruch auf Verzugszinsen für die Beklagte auch nicht aus der entsprechenden Anwendung des § 288 Abs. 1 BGB.
17
a) Zu der Frage, wann und unter welchen Voraussetzungen ein Mieter bei einer unterbliebenen oder verspäteten Abrechnung der Betriebskosten Verzugszinsen auf sein Guthaben verlangen kann, werden unterschiedliche Auffassungen vertreten.
18
Teilweise wird eine entsprechende Anwendung des § 288 Abs. 1 BGB bejaht und angenommen, dass ein Vermieter, der schuldhaft nicht fristgerecht über die Betriebskosten abgerechnet habe, ein etwaiges Guthaben des Mieters gemäß § 288 Abs. 1 BGB verzinsen müsse (AG Berlin-Mitte GE 2005, 805; Staudinger/Weitemeyer BGB [2010] § 556 Rn. 135; Neuhaus Handbuch der Geschäftsraummiete 4. Aufl. Rn. 1056; Beyerle in Lindner-Figura/Oprée/ Stellmann Geschäftsraummiete Rn. 145; Kirsch/Leonhard GE 2010, 1306).
19
Eine andere Ansicht lehnt eine entsprechende Anwendung des § 288 Abs. 1 BGB mit der Begründung ab, der Vermieter schulde nur eine fristgerechte Abrechnung und damit keine Geldschuld iSv § 288 Abs. 1 BGB. Außerdem sei der Mieter vor den Folgen einer verspäteten Abrechnung durch die Möglichkeit , in einem laufenden Mietverhältnis die Zahlung weiterer Betriebskostenvorauszahlungen verweigern und bei einem beendeten Mietverhältnis unmittelbar die Rückzahlung der geleisteten Vorauszahlungen verlangen zu können, ausreichend geschützt (Beuermann GE 2010, 1306, 1307; Kinne GE 2005, 768; Schmid Handbuch der Mietnebenkosten 12. Aufl. Rn. 3187; vgl. dazu auch Schmid GE 2005, 905 f.).
20
b) Der Senat schließt sich der letztgenannten Auffassung an. § 288 Abs. 1 BGB kann nicht entsprechend angewendet werden, wenn ein Betriebskostenguthaben verspätet an den Mieter ausbezahlt wird, weil der Vermieter mit der Verpflichtung auf Erstellung einer Betriebskostenabrechnung in Verzug geraten ist.
21
aa) § 288 Abs. 1 BGB gewährt dem Gläubiger einer Geldschuld einen Anspruch auf Verzugszinsen in der durch die Vorschrift festgelegten Höhe, ohne dass ein konkreter Verzugsschaden dargelegt werden muss (vgl. BGH Urteil vom 25. April 2006 - XI ZR 271/05 - NJW 2006, 2398 Rn. 9). Damit trägt das Gesetz dem Umstand Rechnung, dass die Vorenthaltung geschuldeten Geldes stets einen Schaden darstellt, weil die mit dem Besitz von Geld verbundenen Nutzungsmöglichkeiten regelmäßig geldwerte Vorteile bieten, die dem Gläubiger durch die Nichterfüllung einer Geldschuld genommen werden (so schon BGHZ 74, 231 = NJW 1979, 1494). Der Sinn der Regelung des § 288 Abs. 1 BGB liegt jedoch nicht nur in einer abstrakten Entschädigung des Gläubigers für die entbehrte Kapitalnutzung (BGHZ 94, 330 = NJW 1985, 2325, 2326). Durch die in § 288 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 BGB bestimmte Höhe der Verzugszinsen soll der Schuldner auch angehalten werden, eine Geldschuld pünktlich zu erfüllen (Staudinger/Löwisch/Feldmann BGB [2009] § 288 Rn. 4; Prütting/Wegen/Weinreich BGB 7. Aufl. § 288 Rn. 1; Erman/Hager BGB 13. Aufl. § 288 Rn. 1). Die Vorschrift trägt insoweit dem besonderen Schutzbedürfnis des Gläubigers einer Geldforderung Rechnung. Insbesondere dann, wenn der Gläubiger zur Vorleistung verpflichtet war, steht ihm in der Regel keine effektive Möglichkeit zur Verfügung, den Schuldner zur Zahlung zu veranlassen. Ein Zurückbehaltungsrecht kann er nach Erbringung der eigenen Leistung nicht mehr ausüben. Ein konkreter Verzugsschaden in einer Höhe, die den Schuldner zur Zahlung bewegen könnte, wird von ihm oft nicht dargelegt werden können. Die in § 288 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 BGB bestimmten Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz bzw. acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, verhindern, dass der Schuldner aus der Zahlungsverzögerung oder -verweigerung wirtschaftliche Vorteile zieht und für seine Vertragsuntreue gleichsam belohnt wird (so schon BGHZ 94, 330 = NJW 1985, 2325, 2326 mwN; vgl. dazu auch BT-Drucks. 14/1246 S. 5, 14/6040 S. 148 f. und MünchKommBGB/Ernst 6. Aufl. § 288 Rn. 4).
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bb) Aufgrund dieses gerade auf den Verzug mit einer Geldschuld bezogenen Schutzzwecks des § 288 Abs. 1 BGB kann diese Vorschrift nicht entsprechend angewendet werden, wenn der Vermieter eine Betriebskostenabrechnung nicht fristgerecht erfüllt und in der Folge ein Betriebskostenguthaben verspätet an den Mieter ausgezahlt wird.
23
Zwar führt die verspätete Abrechnung der Betriebskosten in den Fällen, in denen sich aufgrund der Abrechnung ein Guthaben für den Mieter ergibt, dazu , dass dem Mieter (jedenfalls zeitweise) unberechtigt ein Geldbetrag vorenthalten wird. Aufgrund des vom Gesetzgeber bewusst eng gefassten Anwendungsbereichs des § 288 Abs. 1 BGB kann die Vorschrift jedoch nicht auf alle Fälle angewendet werden, in denen mittelbar die Verschaffung von Geld geschuldet wird (Staudinger/Löwisch/Feldmann BGB [2009] § 288 Rn. 11).
24
Der Vermieter ist nach Ablauf der Abrechnungsfrist zunächst nur dazu verpflichtet, eine Betriebskostenabrechnung zu erstellen. Erst nach der Erstellung der Abrechnung und unter der Voraussetzung, dass die vom Mieter im Abrechnungszeitraum geleisteten Vorauszahlungen die Höhe der abrechnungsfähigen Betriebskosten übersteigen, erlangt der Mieter einen auf die Zahlung von Geld gerichteten Anspruch. Entsprechen die abrechnungsfähigen Betriebskosten den geleisteten Vorauszahlungen oder übersteigen sie diese sogar, steht dem Mieter auch bei einer verspäteten Abrechnung kein Zahlungsanspruch zu. Dies zeigt, dass der Anspruch des Mieters auf Abrechnung der Betriebskosten nicht mit einer Geldschuld iSv § 288 Abs. 1 BGB gleichgesetzt werden kann, bei der von vornherein feststeht, dass dem Gläubiger durch eine verspätete Leistung des Schuldners Geld vorenthalten wird.
25
Hinzu kommt, dass der Mieter - anders als der Gläubiger einer"echten" Geldschuld - über ausreichende Möglichkeiten verfügt, den Vermieter zur Erstellung der Betriebskostenabrechnung zu veranlassen. Während eines laufenden Mietverhältnisses kann er die Zahlung weiterer Betriebskostenvorauszahlungen gemäß § 273 Abs. 1 BGB verweigern. Da die zurückbehaltenen Betriebskostenvorauszahlungen regelmäßig schnell die Höhe eines etwaigen Rückzahlungsguthabens des Mieters erreichen, kann davon ausgegangen werden , dass der Vermieter die Betriebskostenabrechnung zeitnah erstellen wird, um die laufenden Betriebskostenvorauszahlungen wieder zu erhalten (vgl. BGH Urteil vom 29. März 2006 - VIII ZR 191/05 - NJW 2006, 2552 Rn. 13). Im beendeten Mietverhältnis kann der Mieter nach Ablauf der Abrechnungsfrist sofort die Rückzahlung der geleisteten Betriebskostenvorschüsse verlangen und diese gegebenenfalls auch im Wege einer Klage geltend machen, ohne zuvor auf die Erstellung der Betriebskostenabrechnung klagen zu müssen (BGH Urteil vom 9. März 2005 - VIII ZR 57/04 - NJW 2005, 1499, 1501). Darüber hinaus hat der Mieter auch die Möglichkeit, den Vermieter in Verzug zu setzen undeinen konkreten Schaden, der ihm aufgrund der verspäteten Abrechnung entstanden ist, nach §§ 280 Abs. 2, 286, 249 BGB geltend zu machen, etwa wenn der Mieter einen Überziehungskredit in Anspruch nimmt. Schließlich kann der Mieter auch eine abstrakte Schadensberechnung nach § 252 BGB vornehmen, wenn er zum Beispiel geltend machen kann, er habe das Guthaben gewinnbringend anlegen können (vgl. hierzu Schmid GE 2005, 905 f.).
26
Eine zusätzliche Möglichkeit, den Vermieter zur Erbringung der geschuldeten Leistung zu veranlassen, erfordert der Schutz des Mieters nicht. Entgegen der Auffassung der Revision besteht nicht die Gefahr, dass der Vermieter durch eine verzögerte Abrechnung die Fälligkeit des Erstattungsanspruchs des Mieters unangemessen hinauszögert. Der Mieter kann durch die genannten Möglichkeiten auf eine rasche Erstellung der Betriebskostenabrechnung hinwir- ken und damit die Fälligkeit eines etwaigen Erstattungsanspruches herbeiführen.
27
cc) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Soweit dort verschiedentlich eine entsprechende Anwendbarkeit von § 288 Abs. 1 BGB angenommen wurde, beruhte dies jeweils auf den Besonderheiten der geltend gemachten Ansprüche, weshalb sich diese Rechtsprechung auf den vorliegenden Fall nicht übertragen lässt. Im Urteil vom 26. April 1979 (BGHZ 74, 231 = NJW 1979, 1494), in dem der Bundesgerichtshof die entsprechende Anwendbarkeit des § 288 Abs. 1 BGB für einen Anspruch auf Verschaffung eines zinslosen Darlehens bejaht hat, wurde zur Begründung maßgeblich darauf abgestellt, dass die Nichterfüllung dieses Anspruchs der Vorenthaltung von Geld gleichkomme. In beiden Fällen werde dem Gläubiger die mit dem Besitz von Geld verbundene Nutzungsmöglichkeit (zumindest zeitweise) genommen. Dies rechtfertige, beide Fälle schadensmäßig gleich zu beurteilen.
28
Im Urteil vom 15. September 2005 (III ZR 28/05 - NJW 2005, 3709, 3710) hat der Bundesgerichtshof darauf abgestellt, dass der in diesem Verfahren geltend gemachte Anspruch auf Herausgabe von Geld gemäß § 667 Alt. 2 BGB wie eine "normale" Geldschuld behandelt werden könne und daher § 288 Abs. 1 BGB entsprechend anzuwenden sei.
29
Zuletzt hat der Bundesgerichtshof im Urteil vom 25. April 2006 (BGHZ 167, 268 = NJW 2006, 2398) für den Fall des Verzugs mit einer Freigabeerklärung für hinterlegtes Geld die entsprechende Anwendbarkeit von § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB bejaht. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass § 288 BGB nach Sinn und Zweck der Vorschrift auch in diesem Fall gelten müsse, weil dem Gläubiger ein Geldbetrag, auf den er einen Anspruch habe, schuldhaft und rechtswidrig vorenthalten werde. Zwar schulde der Schuldner nicht das hinterlegte Geld. Aber die Auszahlung des Geldes an den Gläubiger hänge allein von der Freigabeerklärung ab, so dass die Freigabeforderung einen Geldbetrag zum Gegenstand habe. Lediglich der äußeren Form nach sei der Anspruch nicht auf Zahlung von Geld, sondern auf die Einwilligung in die Auszahlung von Geld gerichtet.
30
Diese Rechtsprechung kann auf den vorliegenden Fall nicht übertragen werden. In den genannten Entscheidungen begründete der Bundesgerichtshof die entsprechende Anwendbarkeit des § 288 Abs. 1 BGB jeweils maßgeblich mit der Erwägung, dass die geltend gemachten Ansprüche unmittelbar darauf gerichtet waren, dem Gläubiger einen Geldbetrag zu verschaffen. Dieses gemeinsame Merkmal rechtfertigte die Gleichstellung mit einer "echten" Geldschuld. Die Verpflichtung des Vermieters zur Erstellung einer Betriebskostenabrechnung weist dieses Merkmal hingegen nicht auf. Der Mieter kann von seinem Vermieter zunächst nur die Erstellung einer ordnungsgemäßen Abrechnung über die im Abrechnungszeitraum angefallenen Betriebskosten verlangen (§ 556 Abs. 3 Satz 1 BGB). Diesen Anspruch erfüllt der Vermieter bereits dadurch, dass er eine den von der Rechtsprechung entwickelten Vorgaben entsprechende Abrechnung erstellt (vgl. hierzu Palandt/Weidenkaff BGB 71. Aufl. § 535 Rn. 93 mwN) und diese dem Mieter übermittelt. Ein vertraglicher Rückerstattungsanspruch steht dem Mieter, wenn der Vermieter ordnungsgemäß abgerechnet hat, nur zu, soweit die geleisteten Nebenkostenvorauszahlungen durch die in dem betreffenden Abrechnungszeitraum tatsächlich angefallenen Nebenkosten nicht aufgezehrt sind (vgl. BGH Urteil vom 9. März 2005 - VIII ZR 57/04 - NJW 2005, 1499, 1501). Der Anspruch auf Erstellung einer Betriebskostenabrechnung ist daher nicht unmittelbar auf die Verschaffung eines Geldbetrags gerichtet und somit nicht mit den in den genannten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs geltend gemachten Ansprüchen vergleichbar.
31
3. Da die Beklagte mit der Widerklage allein die Verzinsung ihres Betriebskostenguthabens nach § 288 Abs. 1 BGB begehrt und einen weiteren Verzugsschaden nicht konkret dargelegt hat, muss der Senat die zwischen den Parteien streitige Frage, ob sich die Klägerin auch ohne Mahnung durch die Beklagte mit der Erstellung der Betriebskostenabrechnung für die Jahre 2004 bis 2007 in Verzug befand, nicht entscheiden.
32
4. Die Revision ist danach als unbegründet zurückzuweisen.
Dose Schilling Günter Nedden-Boeger Botur
Vorinstanzen:
LG Potsdam, Entscheidung vom 10.06.2010 - 12 O 466/09 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 09.03.2011 - 3 U 97/10 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XI ZR 271/05 Verkündet am:
25. April 2006
Weber
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
_____________________
BGB § 288 Abs. 1 Satz 1 (in der bis zum 30. April 2000 geltenden Fassung)
Bei verzögerter Freigabe eines hinterlegten Geldbetrages hat der Gläubiger in entsprechender
Anwendung von § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB (in der bis zum 30. April 2000
geltenden Fassung) einen Anspruch auf Verzugszinsen in gesetzlicher Höhe.
BGH, Urteil vom 25. April 2006 - XI ZR 271/05 - OLG Frankfurt am Main
LG Darmstadt
Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 25. April 2006 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe, den
Richter Dr. Müller, die Richterin Mayen und die Richter Dr. Ellenberger
und Prof. Dr. Schmitt

für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des 22. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 22. September 2005 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Parteien streiten über Verzugszinsen in gesetzlicher Höhe für einen hinterlegten Betrag. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
2
Der Kläger, handelnd als Insolvenzverwalter über das Vermögen der I. Wirtschaftsberatungsgesellschaft mbH (im Folgenden: I. GmbH), nimmt den Beklagten wegen verzögerter Abgabe einer Freigabeerklärung auf Schadensersatz in Anspruch. Die I. GmbH war Inhaberin eines bei einer Sparkasse geführten Kontos, dessen Guthaben sie zugunsten des Beklagten verpfändet hatte. Weil der Beklagte der Aufforderung des Klägers, bis spätestens zum 31. März 2000 die Freigabe des Guthabens zu erklären, nicht nachkam , hinterlegte die Sparkasse das Guthaben einschließlich Zinsen in Höhe von insgesamt 271.512 DM. Nachdem der Beklagte in einem zwischen den Parteien geführten Vorprozess mit seit 12. September 2003 rechtskräftigem Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 12. November 2002 zur Abgabe der Freigabeerklärung verurteilt worden war, erklärte er nach Aufforderung durch den Kläger am 25. September 2003 die Freigabe. Die Hinterlegungsstelle zahlte daraufhin am 16. Oktober 2003 den hinterlegten Betrag an den Kläger aus.
3
Im vorliegenden Rechtsstreit verlangt der Kläger für den Zeitraum vom 1. April 2000 bis zum 25. September 2003 Verzugszinsen aus der hinterlegten Summe in der bei Verzugseintritt geltenden gesetzlichen Höhe von 4%. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht der Klage stattgegeben. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des klageabweisenden landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


4
Die Revision ist nicht begründet.

I.


5
Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt: Dem Kläger stehe gegenüber dem Beklagten der geltend gemachte, seiner Höhe nach unstreitige, Anspruch auf Ersatz des Zinsschadens gemäß § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB in der bis zum 30. April 2000 geltenden Fassung (nachfolgend: a.F.) analog zu. Eine unmittelbare Anwendung des § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. komme nicht in Betracht, da diese Vorschrift nach ihrem eindeutigen Wortlaut nur für den Fall des Verzuges mit einer Geldschuld gelte. Eine solche habe den Beklagten jedoch nicht getroffen ; er habe vielmehr lediglich eine Freigabeerklärung bezüglich des von der Sparkasse hinterlegten Guthabens der Gemeinschuldnerin geschuldet. Auf diese Fallkonstellation sei § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. aber entsprechend anzuwenden. Zwar habe der Beklagte keinen Geldbetrag, also eine echte Geldschuld im Sinne von § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. geschuldet, er sei aber verpflichtet gewesen, dem Kläger den Zugriff auf das diesem letztlich zustehende Guthaben der Schuldnerin bei der Sparkasse zu eröffnen und zu verschaffen. Die Auszahlung des auf dem fraglichen Konto befindlichen Geldbetrages an den Kläger habe einzig und allein davon abgehangen, dass der Beklagte die von ihm geforderte und auch geschuldete Freigabeerklärung abgab.

II.


6
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung stand.
7
Rechtsfehlerfrei 1. hat das Berufungsgericht ausgeführt, dass § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. auf den Anspruch des Klägers keine unmittelbare Anwendung findet, weil der Beklagte mit der Abgabe einer Freigabeerklärung in Verzug war, nicht aber mit einer Geldschuld (vgl. dazu Bamberger/Roth/Grüneberg, BGB § 288 Rdn. 2; Erman/Hager, BGB 11. Aufl. § 288 Rdn. 6).
8
2. a) Zutreffend hat das Berufungsgericht auch ausgeführt, dass § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. nach Sinn und Zweck der Vorschrift auf den Verzug mit einer Freigabeerklärung in Bezug auf hinterlegtes Geld entsprechend anzuwenden ist.
9
aa) Die Regelung in § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. entspringt der Annahme, dass es dem Gläubiger im Allgemeinen möglich ist, Geld jedenfalls zu einem bestimmten Mindestzinssatz anzulegen (vgl. Huber, Leistungsstörungen Band II S. 68). Der Gesetzgeber wollte für Verzugsschäden , die daraus entstehen, dass dem Gläubiger Geld vorenthalten wird, einen Durchschnittsbetrag festsetzen, von dem angenommen wird, dass ihn der Gläubiger jedenfalls hätte ziehen können und den er fordern darf, ohne eine Zinseinbuße oder einen sonstigen Schaden beweisen zu müssen (vgl. Motive II S. 62; auch BGHZ 74, 231, 235).
10
Diesem bb) Sinn und Zweck des § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. Rechnung tragend hat der Bundesgerichtshof die Vorschrift auf die Nichtverschaffung eines zinslosen Darlehens entsprechend angewandt, weil auch in diesem Fall der Entgang der mit dem Besitz von Geld verbundenen Nutzungsmöglichkeit zu entschädigen ist (BGHZ 74, 231, 235). Dieser Gedanke gilt in gleicher Weise für den Fall der verzögerten Freigabe eines Hinterlegungsbetrages, weil dem Gläubiger auch in dieser Fallkonstellation ein Geldbetrag, auf den er einen Anspruch hat, schuldhaft und rechtswidrig vorenthalten wird (vgl. auch Huber, Leistungsstörungen Band II S. 67; Erman/Hager, BGB 11. Aufl. § 288 Rdn. 6 a.E.). Der Schuldner schuldet zwar nicht das hinterlegte Geld, aber die Auszahlung des Geldes an den Gläubiger hängt allein von der Freigabeerklärung des Schuldners ab. Die Freigabeforderung hat einen Geldbetrag zum Gegenstand. Lediglich der äußeren Form nach, ist der Anspruch nicht auf Zahlung von Geld, sondern auf Einwilligung in die Auszahlung von Geld gerichtet (BGH, Urteil vom 19. Oktober 1988 - IVb ZR 70/87, WM 1988, 1834, 1836; Urteil vom 17. November 1999 - XII ZR 281/97, NJW 2000, 948, 950).
11
Das cc) Urteil des VIII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 4. Mai 2005 (VIII ZR 94/04, NJW 2005, 2310, 2312), nach dem § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. auf den Anspruch des Vermieters gegen den Mieter auf Zustimmung zu einem Mieterhöhungsverlangen nicht anwendbar ist, steht der entsprechenden Anwendung dieser Vorschrift im vorliegenden Fall nicht entgegen. Zum einen enthält diese Entscheidung keine Ausführungen zur entsprechenden Anwendung der Vorschrift und zum anderen ist die Pflicht zur Zustimmung zu einem Mieterhöhungsverlangen als vertragsändernde Willenserklärung mit der Pflicht zur Abgabe einer Freigabeerklärung nicht vergleichbar.
12
dd) Entgegen der Ansicht der Revision ergibt sich auch aus der Entscheidung des Großen Senats in Zivilsachen vom 9. Juli 1986 (BGHZ 98, 212, 217), die die Ersatzfähigkeit von Gebrauchsvorteilen einer Sache betrifft, nichts, was gegen die entsprechende Anwendung des § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. spricht. Vorliegend geht es um das Vorenthalten von Geld, das in jedem Fall einen ersatzfähigen Schaden darstellt (BGHZ 74, 231, 234 f.).
13
b) Schließlich spricht auch die Entstehungsgeschichte des § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. hier für seine entsprechende Anwendung.
14
Nach dem ursprünglichen Entwurf des Bürgerlichen Gesetzbuchs sollte die Mindestverzinsung nicht nur bei einer Geldschuld, sondern auch bei einer Stückschuld Anwendung finden, etwa wenn bestimmte Geldstücke zu leisten waren, weil bei ihr dieselben praktischen Gründe für einen Anspruch auf Verzugszinsen in gleicher Weise zuträfen (Motive II S. 62). Aus der Streichung der ursprünglich im Entwurf enthaltenen Regelung über die Verzinsung von Geldstückschulden folgt nicht, dass § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. insofern keine Anwendung findet (vgl. Huber , Leistungsstörungen Band II S. 67 Fn. 124; a.A. Staudinger/Löwisch, BGB Neubearb. 2004 § 288 Rdn. 10). Diese Regelung wurde lediglich deshalb nicht ins Gesetz übernommen, weil man annahm, dass der darin aufgestellte Rechtssatz sich aus der entsprechenden Anwendung der Absätze 1 und 2 der Vorschrift ergebe (Protokolle I S. 327). Die Analogiefähigkeit der Mindestverzinsungsregelung auf hinterlegtes Geld wurde daher vom Gesetzgeber vorausgesetzt, nicht etwa ausgeschlossen.
15
3. Ohne Erfolg erhebt die Revision Einwendungen gegen die Höhe des dem Kläger zugesprochenen Zinsanspruchs. Nach den im Revisionsverfahren bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts ist der Zinsschaden seiner Höhe nach unstreitig (§ 559 Abs. 1, § 314 Abs. 1 ZPO). Verfahrensrügen gegen die Feststellung des Berufungsgerichts hat die Revision nicht erhoben. Auch eine Berichtigung des Tatbestands hat der Beklagte nicht beantragt.

III.


16
Die Revision war demnach als unbegründet zurückzuweisen.
Nobbe Müller Mayen
Ellenberger Schmitt
Vorinstanzen:
LG Darmstadt, Entscheidung vom 09.09.2004 - 8 O 638/03 -
OLG Frankfurt in Darmstadt, Entscheidung vom 22.09.2005 - 22 U 227/04 -

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 44/11 Verkündet am:
5. Dezember 2012
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Wenn ein Betriebskostenguthaben verspätet an den Mieter ausbezahlt wird, weil der
Vermieter mit der Verpflichtung auf Erstellung einer Betriebskostenabrechnung in
Verzug geraten ist, ergibt sich ein Anspruch auf gesetzliche Verzugszinsen auch
nicht aus einer entsprechenden Anwendung des § 288 Abs. 1 BGB.
BGH, Urteil vom 5. Dezember 2012 - XII ZR 44/11 - OLG Brandenburg
LG Potsdam
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 5. Dezember 2012 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter
Schilling, Dr. Günter, Dr. Nedden-Boeger und Dr. Botur

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 9. März 2011 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Parteien streiten im Rahmen der Widerklage nur noch darüber, ob die Beklagte von der Klägerin Verzugszinsen wegen der verspäteten Abrechnung von Betriebskosten verlangen kann.
2
Die Beklagte hatte von der Klägerin Gewerberäume angemietet. Das Mietverhältnis endete am 31. Dezember 2009.
3
Neben der Nettomiete für die angemieteten Räume vereinbarten die Parteien Betriebskostenvorauszahlungen. Nach § 13 des Mietvertrags sollten die entstandenen Nebenkosten "in einem Zeitraum von zwölf Monaten in tatsächlicher Höhe abgerechnet" werden.
4
Die Klägerin rechnete die Betriebskosten für die Jahre 2002 bis 2007 nicht binnen zwölf Monaten seit dem Ende des jeweiligen Abrechnungszeit- raums ab. Erst nach einer schriftlichen Aufforderung durch die Beklagte vom 25. August 2009 erstellte sie die Betriebskostenabrechnungen, aus denen sich ein erhebliches Guthaben zu Gunsten der Beklagten ergab. Dieses wurde von der Klägerin sodann vollständig ausgeglichen.
5
Mit der Klage hat die Klägerin rückständige Miete für den Monat November 2009 geltend gemacht. Mit der Widerklage verlangt die Beklagte wegen der verspäteten Abrechnung für die Guthaben aus den Abrechnungszeiträumen 2004 bis 2007 jeweils vom ersten Tag des Folgejahres an bis zum Zeitpunkt der Abrechnung die Zahlung gesetzlicher Verzugszinsen.
6
Das Landgericht hat der Widerklage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat auf die Berufung der Klägerin das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Widerklage abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision möchte die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erreichen.

Entscheidungsgründe:

7
Die zulässige Revision hat keinen Erfolg.

I.

8
Das Berufungsgericht hat einen Anspruch der Beklagten auf Zahlung von Verzugszinsen auf das Abrechnungsguthaben verneint. Zur Begründung hat es ausgeführt, es fehle bereits an der konkreten Festlegung eines Abrechnungszeitraumes für die Betriebskostenvorauszahlungen, um die Fälligkeit der vorzunehmenden Abrechnung kalendermäßig bestimmen zu können. Im Mietvertrag laute es hierzu nur, dass die Betriebskosten in einem Zeitraum von zwölf Monaten in tatsächlicher Höhe abzurechnen seien. Diese Formulierung lasse für sich betrachtet bereits keine kalendermäßige Bestimmung der Abrechnungsfrist zu. Da die Parteien im Mietvertrag nicht bestimmt hätten, dass die Betriebskostenvorauszahlungen für das im Juni bzw. Juli 2004 begonnene Mietverhältnis als Rumpfjahr und danach kalenderjährlich abgerechnet werden, habe es in jedem Fall einer Mahnung durch die Beklagte bedurft, um die Klägerin in Verzug zu setzen. Zwar seien Betriebskostenvorauszahlungen auch in Gewerberaummietverhältnissen regelmäßig jährlich abzurechnen; dies bedeute aber nicht zwangsläufig, dass dies kalenderjährlich geschehen müsse, sondern unterliege der Vereinbarung der Parteien. Sei der Beginn des Abrechnungszeitraums vertraglich nicht vereinbart, habe der Vermieter insoweit gemäß § 315 BGB ein Leistungsbestimmungsrecht. Dass die Klägerin dieses Leistungsbestimmungsrecht hier bereits vor der tatsächlich durchgeführten Abrechnung im August bzw. September 2009 ausgeübt habe, sei von den Parteien nicht vorgetragen worden. Entsprechend fehle es an der Vereinbarung einer kalendermäßig bestimmten Leistung.
9
Aber selbst wenn man von einer kalendermäßig bestimmbaren Fälligkeit der Leistung und damit von einem möglichen Verzugseintritt ohne Mahnung ausginge, sei Voraussetzung für den Erfolg der Widerklage, dass auch der Anspruch des Mieters auf Erstattung etwaiger Überzahlungen mit Ablauf der Abrechnungsfrist fällig werde. Dieser werde aber erst mit Erteilung der Abrechnung fällig. Soweit der Bundesgerichtshof für die Geschäftsraummiete entschieden habe, dass der Vermieter in der Regel spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach dem Ende des - zu vereinbarenden - Abrechnungszeitraums die Betriebskostenabrechnung zu erteilen habe, folge hieraus lediglich, dass der Mieter ab diesem Zeitpunkt den Vermieter auf Erteilung der Betriebskostenrechnung in Anspruch nehmen könne und keine weiteren Vorauszahlun- gen auf die Betriebskosten mehr erbringen müsse. Dies gelte jedenfalls solange das Mietverhältnis nicht beendet sei. Der Mieter sei grundsätzlich hinreichend dadurch geschützt, dass er nicht nur einen Anspruch auf Abrechnung der Betriebskosten habe, sondern die fortlaufenden Vorauszahlungen gemäß § 273 BGB verweigern könne. Damit könne er Druck auf den Vermieter ausüben, damit dieser die geschuldete Abrechnung erteile. Ein Anspruch auf Rückzahlung der bereits entrichteten Vorschüsse - den die Beklagte im Streitfall im Übrigen nicht geltend mache - komme dagegen erst mit Beendigung des Mietverhältnisses in Betracht. Die Klägerin habe die Betriebskosten jedoch vor Beendigung des Mietverhältnisses abgerechnet und die Abrechnungsguthaben an die Beklagte ausgekehrt. Entsprechend sei die Klägerin weder mit der Rückerstattung zu viel bezahlter Betriebskosten noch mit einem Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Vorschüsse in Verzug geraten. Der Beklagten stünden daher die geltend gemachten Verzugszinsen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

II.

10
Die Entscheidung hält den Angriffen der Revision im Ergebnis stand. Sie erweist sich jedenfalls deshalb als richtig, weil die Beklagte von der Klägerin weder in direkter noch in entsprechender Anwendung des § 288 Abs. 1 BGB Verzugszinsen für die zwischenzeitlich an sie ausbezahlten Betriebskostenguthaben verlangen kann.
11
1. Nach § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB ist eine Geldschuld, mit der der Schuldner in Verzug geraten ist, zu verzinsen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen bereits deshalb nicht vor, weil die Klägerin in dem Zeitraum, für den die Beklagte Verzugszinsen verlangt, nur zur Erstellung einer Betriebskostenabrechnung verpflichtet war und daher keine Geldschuld vorlag. Die Beklag- te konnte in dem genannten Zeitraum von der Klägerin weder die Erstattung eines Betriebskostenguthabens noch die Rückerstattung der geleisteten Vorauszahlungen auf die Betriebskosten verlangen.
12
a) Grundsätzlich wird der Anspruch des Mieters auf Rückerstattung zu viel bezahlter Betriebskosten erst mit der Erteilung einer formell ordnungsgemäßen Abrechnung fällig (BGHZ 113, 188 = NJW 1991, 836; BGH Urteil vom 9. März 2005 - VIII ZR 57/04 - NJW 2005, 1499, 1501). Da die Klägerin nach den von der Revision unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts die Betriebskostenabrechnungen für die Abrechnungszeiträume 2004 bis 2007 erst im August bzw. September 2009 erstellt hat, wurde der Anspruch der Beklagten auf Erstattung der Betriebskostenguthaben erst zu diesem Zeitpunkt fällig.
13
b) Die Beklagte hatte bis zur Erstellung der Betriebskostenabrechnungen auch keinen Anspruch gegen die Klägerin auf Rückzahlung der geleisteten Betriebskostenvorauszahlungen.
14
Zwar kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Mieter nach Ablauf der Abrechnungsfrist unmittelbar die Rückzahlung der in dem Abrechnungszeitraum geleisteten Betriebskostenvorauszahlungen verlangen, wenn der Vermieter nicht innerhalb einer angemessenen Frist über die Betriebskosten abgerechnet hat, es sei denn, der Vermieter ist an der Einhaltung der Frist aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen gehindert gewesen (BGH Urteil vom 9. März 2005 - VIII ZR 57/04 - NJW 2005, 1499, 1501). Dies gilt jedoch nur, wenn der Vermieter bis zur Beendigung des Mietverhältnisses keine Betriebskostenabrechnung erstellt hat. Während eines laufenden Mietverhältnisses ist der Mieter bereits dadurch ausreichend geschützt, dass er im Falle der verspäteten Abrechnung die Zahlung weiterer Betriebskostenvorauszahlun- gen bis zur Erstellung der Betriebskostenabrechnung gemäß § 273 Abs. 1 BGB verweigern kann (Senatsurteil vom 27. Januar 2010 - XII ZR 22/07 - NJW 2010, 1065 Rn. 39; BGH Urteil vom 29. März 2006 - VIII ZR 191/05 - NJW 2006, 2552 Rn. 11 f.). Zudem kann der Mieter für die Abrechnungszeiträume, in denen er während des noch laufenden Mietverhältnisses die Möglichkeit gehabt hätte, von seinem Zurückbehaltungsrecht Gebrauch zu machen, auch nach Beendigung des Mietverhältnisses nicht unmittelbar die Rückzahlung der geleisteten Vorauszahlungen auf die Betriebskosten verlangen (BGH Urteil vom 26. September 2012 - VIII ZR 315/11 - NJW 2012, 3508 Rn. 10).
15
Danach stand der Beklagten bis zur Erstellung der Betriebskostenabrechnung kein Anspruch auf Rückzahlung der in den Jahren 2004 bis 2007 geleisteten Betriebskostenvorauszahlungen zu. In diesen Abrechnungszeiträumen hätte die Beklagte jeweils die Möglichkeit gehabt, hinsichtlich der Betriebskostenvorauszahlungen ihr Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB auszuüben und so die Klägerin zur Erstellung der Betriebskostenabrechnungen anzuhalten. Die Voraussetzungen für den vom Bundesgerichtshof im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung entwickelten Rückzahlungsanspruch lagen daher nicht vor (vgl. BGH Urteil vom 29. März 2006 - VIII ZR 191/05 - NJW 2006, 2552 Rn. 12). Da das Mietverhältnis nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erst zum 31. Dezember 2009 endete, konnte die Beklagte lediglich hinsichtlich der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2008 kein Zurückbehaltungsrecht geltend machen. Dieser Abrechnungszeitraum ist jedoch nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, so dass dahingestellt bleiben kann, wann die Fälligkeit des Erstattungsanspruchs für diesen Abrechnungszeitraum eingetreten ist.
16
2. Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich ein Anspruch auf Verzugszinsen für die Beklagte auch nicht aus der entsprechenden Anwendung des § 288 Abs. 1 BGB.
17
a) Zu der Frage, wann und unter welchen Voraussetzungen ein Mieter bei einer unterbliebenen oder verspäteten Abrechnung der Betriebskosten Verzugszinsen auf sein Guthaben verlangen kann, werden unterschiedliche Auffassungen vertreten.
18
Teilweise wird eine entsprechende Anwendung des § 288 Abs. 1 BGB bejaht und angenommen, dass ein Vermieter, der schuldhaft nicht fristgerecht über die Betriebskosten abgerechnet habe, ein etwaiges Guthaben des Mieters gemäß § 288 Abs. 1 BGB verzinsen müsse (AG Berlin-Mitte GE 2005, 805; Staudinger/Weitemeyer BGB [2010] § 556 Rn. 135; Neuhaus Handbuch der Geschäftsraummiete 4. Aufl. Rn. 1056; Beyerle in Lindner-Figura/Oprée/ Stellmann Geschäftsraummiete Rn. 145; Kirsch/Leonhard GE 2010, 1306).
19
Eine andere Ansicht lehnt eine entsprechende Anwendung des § 288 Abs. 1 BGB mit der Begründung ab, der Vermieter schulde nur eine fristgerechte Abrechnung und damit keine Geldschuld iSv § 288 Abs. 1 BGB. Außerdem sei der Mieter vor den Folgen einer verspäteten Abrechnung durch die Möglichkeit , in einem laufenden Mietverhältnis die Zahlung weiterer Betriebskostenvorauszahlungen verweigern und bei einem beendeten Mietverhältnis unmittelbar die Rückzahlung der geleisteten Vorauszahlungen verlangen zu können, ausreichend geschützt (Beuermann GE 2010, 1306, 1307; Kinne GE 2005, 768; Schmid Handbuch der Mietnebenkosten 12. Aufl. Rn. 3187; vgl. dazu auch Schmid GE 2005, 905 f.).
20
b) Der Senat schließt sich der letztgenannten Auffassung an. § 288 Abs. 1 BGB kann nicht entsprechend angewendet werden, wenn ein Betriebskostenguthaben verspätet an den Mieter ausbezahlt wird, weil der Vermieter mit der Verpflichtung auf Erstellung einer Betriebskostenabrechnung in Verzug geraten ist.
21
aa) § 288 Abs. 1 BGB gewährt dem Gläubiger einer Geldschuld einen Anspruch auf Verzugszinsen in der durch die Vorschrift festgelegten Höhe, ohne dass ein konkreter Verzugsschaden dargelegt werden muss (vgl. BGH Urteil vom 25. April 2006 - XI ZR 271/05 - NJW 2006, 2398 Rn. 9). Damit trägt das Gesetz dem Umstand Rechnung, dass die Vorenthaltung geschuldeten Geldes stets einen Schaden darstellt, weil die mit dem Besitz von Geld verbundenen Nutzungsmöglichkeiten regelmäßig geldwerte Vorteile bieten, die dem Gläubiger durch die Nichterfüllung einer Geldschuld genommen werden (so schon BGHZ 74, 231 = NJW 1979, 1494). Der Sinn der Regelung des § 288 Abs. 1 BGB liegt jedoch nicht nur in einer abstrakten Entschädigung des Gläubigers für die entbehrte Kapitalnutzung (BGHZ 94, 330 = NJW 1985, 2325, 2326). Durch die in § 288 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 BGB bestimmte Höhe der Verzugszinsen soll der Schuldner auch angehalten werden, eine Geldschuld pünktlich zu erfüllen (Staudinger/Löwisch/Feldmann BGB [2009] § 288 Rn. 4; Prütting/Wegen/Weinreich BGB 7. Aufl. § 288 Rn. 1; Erman/Hager BGB 13. Aufl. § 288 Rn. 1). Die Vorschrift trägt insoweit dem besonderen Schutzbedürfnis des Gläubigers einer Geldforderung Rechnung. Insbesondere dann, wenn der Gläubiger zur Vorleistung verpflichtet war, steht ihm in der Regel keine effektive Möglichkeit zur Verfügung, den Schuldner zur Zahlung zu veranlassen. Ein Zurückbehaltungsrecht kann er nach Erbringung der eigenen Leistung nicht mehr ausüben. Ein konkreter Verzugsschaden in einer Höhe, die den Schuldner zur Zahlung bewegen könnte, wird von ihm oft nicht dargelegt werden können. Die in § 288 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 BGB bestimmten Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz bzw. acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, verhindern, dass der Schuldner aus der Zahlungsverzögerung oder -verweigerung wirtschaftliche Vorteile zieht und für seine Vertragsuntreue gleichsam belohnt wird (so schon BGHZ 94, 330 = NJW 1985, 2325, 2326 mwN; vgl. dazu auch BT-Drucks. 14/1246 S. 5, 14/6040 S. 148 f. und MünchKommBGB/Ernst 6. Aufl. § 288 Rn. 4).
22
bb) Aufgrund dieses gerade auf den Verzug mit einer Geldschuld bezogenen Schutzzwecks des § 288 Abs. 1 BGB kann diese Vorschrift nicht entsprechend angewendet werden, wenn der Vermieter eine Betriebskostenabrechnung nicht fristgerecht erfüllt und in der Folge ein Betriebskostenguthaben verspätet an den Mieter ausgezahlt wird.
23
Zwar führt die verspätete Abrechnung der Betriebskosten in den Fällen, in denen sich aufgrund der Abrechnung ein Guthaben für den Mieter ergibt, dazu , dass dem Mieter (jedenfalls zeitweise) unberechtigt ein Geldbetrag vorenthalten wird. Aufgrund des vom Gesetzgeber bewusst eng gefassten Anwendungsbereichs des § 288 Abs. 1 BGB kann die Vorschrift jedoch nicht auf alle Fälle angewendet werden, in denen mittelbar die Verschaffung von Geld geschuldet wird (Staudinger/Löwisch/Feldmann BGB [2009] § 288 Rn. 11).
24
Der Vermieter ist nach Ablauf der Abrechnungsfrist zunächst nur dazu verpflichtet, eine Betriebskostenabrechnung zu erstellen. Erst nach der Erstellung der Abrechnung und unter der Voraussetzung, dass die vom Mieter im Abrechnungszeitraum geleisteten Vorauszahlungen die Höhe der abrechnungsfähigen Betriebskosten übersteigen, erlangt der Mieter einen auf die Zahlung von Geld gerichteten Anspruch. Entsprechen die abrechnungsfähigen Betriebskosten den geleisteten Vorauszahlungen oder übersteigen sie diese sogar, steht dem Mieter auch bei einer verspäteten Abrechnung kein Zahlungsanspruch zu. Dies zeigt, dass der Anspruch des Mieters auf Abrechnung der Betriebskosten nicht mit einer Geldschuld iSv § 288 Abs. 1 BGB gleichgesetzt werden kann, bei der von vornherein feststeht, dass dem Gläubiger durch eine verspätete Leistung des Schuldners Geld vorenthalten wird.
25
Hinzu kommt, dass der Mieter - anders als der Gläubiger einer"echten" Geldschuld - über ausreichende Möglichkeiten verfügt, den Vermieter zur Erstellung der Betriebskostenabrechnung zu veranlassen. Während eines laufenden Mietverhältnisses kann er die Zahlung weiterer Betriebskostenvorauszahlungen gemäß § 273 Abs. 1 BGB verweigern. Da die zurückbehaltenen Betriebskostenvorauszahlungen regelmäßig schnell die Höhe eines etwaigen Rückzahlungsguthabens des Mieters erreichen, kann davon ausgegangen werden , dass der Vermieter die Betriebskostenabrechnung zeitnah erstellen wird, um die laufenden Betriebskostenvorauszahlungen wieder zu erhalten (vgl. BGH Urteil vom 29. März 2006 - VIII ZR 191/05 - NJW 2006, 2552 Rn. 13). Im beendeten Mietverhältnis kann der Mieter nach Ablauf der Abrechnungsfrist sofort die Rückzahlung der geleisteten Betriebskostenvorschüsse verlangen und diese gegebenenfalls auch im Wege einer Klage geltend machen, ohne zuvor auf die Erstellung der Betriebskostenabrechnung klagen zu müssen (BGH Urteil vom 9. März 2005 - VIII ZR 57/04 - NJW 2005, 1499, 1501). Darüber hinaus hat der Mieter auch die Möglichkeit, den Vermieter in Verzug zu setzen undeinen konkreten Schaden, der ihm aufgrund der verspäteten Abrechnung entstanden ist, nach §§ 280 Abs. 2, 286, 249 BGB geltend zu machen, etwa wenn der Mieter einen Überziehungskredit in Anspruch nimmt. Schließlich kann der Mieter auch eine abstrakte Schadensberechnung nach § 252 BGB vornehmen, wenn er zum Beispiel geltend machen kann, er habe das Guthaben gewinnbringend anlegen können (vgl. hierzu Schmid GE 2005, 905 f.).
26
Eine zusätzliche Möglichkeit, den Vermieter zur Erbringung der geschuldeten Leistung zu veranlassen, erfordert der Schutz des Mieters nicht. Entgegen der Auffassung der Revision besteht nicht die Gefahr, dass der Vermieter durch eine verzögerte Abrechnung die Fälligkeit des Erstattungsanspruchs des Mieters unangemessen hinauszögert. Der Mieter kann durch die genannten Möglichkeiten auf eine rasche Erstellung der Betriebskostenabrechnung hinwir- ken und damit die Fälligkeit eines etwaigen Erstattungsanspruches herbeiführen.
27
cc) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Soweit dort verschiedentlich eine entsprechende Anwendbarkeit von § 288 Abs. 1 BGB angenommen wurde, beruhte dies jeweils auf den Besonderheiten der geltend gemachten Ansprüche, weshalb sich diese Rechtsprechung auf den vorliegenden Fall nicht übertragen lässt. Im Urteil vom 26. April 1979 (BGHZ 74, 231 = NJW 1979, 1494), in dem der Bundesgerichtshof die entsprechende Anwendbarkeit des § 288 Abs. 1 BGB für einen Anspruch auf Verschaffung eines zinslosen Darlehens bejaht hat, wurde zur Begründung maßgeblich darauf abgestellt, dass die Nichterfüllung dieses Anspruchs der Vorenthaltung von Geld gleichkomme. In beiden Fällen werde dem Gläubiger die mit dem Besitz von Geld verbundene Nutzungsmöglichkeit (zumindest zeitweise) genommen. Dies rechtfertige, beide Fälle schadensmäßig gleich zu beurteilen.
28
Im Urteil vom 15. September 2005 (III ZR 28/05 - NJW 2005, 3709, 3710) hat der Bundesgerichtshof darauf abgestellt, dass der in diesem Verfahren geltend gemachte Anspruch auf Herausgabe von Geld gemäß § 667 Alt. 2 BGB wie eine "normale" Geldschuld behandelt werden könne und daher § 288 Abs. 1 BGB entsprechend anzuwenden sei.
29
Zuletzt hat der Bundesgerichtshof im Urteil vom 25. April 2006 (BGHZ 167, 268 = NJW 2006, 2398) für den Fall des Verzugs mit einer Freigabeerklärung für hinterlegtes Geld die entsprechende Anwendbarkeit von § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB bejaht. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass § 288 BGB nach Sinn und Zweck der Vorschrift auch in diesem Fall gelten müsse, weil dem Gläubiger ein Geldbetrag, auf den er einen Anspruch habe, schuldhaft und rechtswidrig vorenthalten werde. Zwar schulde der Schuldner nicht das hinterlegte Geld. Aber die Auszahlung des Geldes an den Gläubiger hänge allein von der Freigabeerklärung ab, so dass die Freigabeforderung einen Geldbetrag zum Gegenstand habe. Lediglich der äußeren Form nach sei der Anspruch nicht auf Zahlung von Geld, sondern auf die Einwilligung in die Auszahlung von Geld gerichtet.
30
Diese Rechtsprechung kann auf den vorliegenden Fall nicht übertragen werden. In den genannten Entscheidungen begründete der Bundesgerichtshof die entsprechende Anwendbarkeit des § 288 Abs. 1 BGB jeweils maßgeblich mit der Erwägung, dass die geltend gemachten Ansprüche unmittelbar darauf gerichtet waren, dem Gläubiger einen Geldbetrag zu verschaffen. Dieses gemeinsame Merkmal rechtfertigte die Gleichstellung mit einer "echten" Geldschuld. Die Verpflichtung des Vermieters zur Erstellung einer Betriebskostenabrechnung weist dieses Merkmal hingegen nicht auf. Der Mieter kann von seinem Vermieter zunächst nur die Erstellung einer ordnungsgemäßen Abrechnung über die im Abrechnungszeitraum angefallenen Betriebskosten verlangen (§ 556 Abs. 3 Satz 1 BGB). Diesen Anspruch erfüllt der Vermieter bereits dadurch, dass er eine den von der Rechtsprechung entwickelten Vorgaben entsprechende Abrechnung erstellt (vgl. hierzu Palandt/Weidenkaff BGB 71. Aufl. § 535 Rn. 93 mwN) und diese dem Mieter übermittelt. Ein vertraglicher Rückerstattungsanspruch steht dem Mieter, wenn der Vermieter ordnungsgemäß abgerechnet hat, nur zu, soweit die geleisteten Nebenkostenvorauszahlungen durch die in dem betreffenden Abrechnungszeitraum tatsächlich angefallenen Nebenkosten nicht aufgezehrt sind (vgl. BGH Urteil vom 9. März 2005 - VIII ZR 57/04 - NJW 2005, 1499, 1501). Der Anspruch auf Erstellung einer Betriebskostenabrechnung ist daher nicht unmittelbar auf die Verschaffung eines Geldbetrags gerichtet und somit nicht mit den in den genannten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs geltend gemachten Ansprüchen vergleichbar.
31
3. Da die Beklagte mit der Widerklage allein die Verzinsung ihres Betriebskostenguthabens nach § 288 Abs. 1 BGB begehrt und einen weiteren Verzugsschaden nicht konkret dargelegt hat, muss der Senat die zwischen den Parteien streitige Frage, ob sich die Klägerin auch ohne Mahnung durch die Beklagte mit der Erstellung der Betriebskostenabrechnung für die Jahre 2004 bis 2007 in Verzug befand, nicht entscheiden.
32
4. Die Revision ist danach als unbegründet zurückzuweisen.
Dose Schilling Günter Nedden-Boeger Botur
Vorinstanzen:
LG Potsdam, Entscheidung vom 10.06.2010 - 12 O 466/09 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 09.03.2011 - 3 U 97/10 -

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
IV ZR 34/05 Verkündetam:
6.Dezember2006
Fritz
Justizangestellte
alsUrkundsbeamtin
derGeschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
_____________________
VVG §§ 11 Abs. 1, 12 Abs. 1; AVB Gebäudeversicherung von Geschäften und
Betrieben
1. Nach § 12 Abs. 1 VVG beginnt die Verjährungsfrist für Versicherungsleistungen,
die zu unterschiedlichen Zeitpunkten fällig werden, für jede dieser Leistungen
gesondert zu laufen. Die Verjährungsfrist für Zinsforderungen aus Versicherungsleistungen
beginnt deshalb nicht zugleich mit der Hauptforderung zu laufen
, sondern erst nach Ende des Jahres, in welchem der jeweilige Zins angefallen
ist.
2. Auf eine Bestimmung in Allgemeinen Versicherungsbedingungen, wonach die
Versicherungsleistung so lange verweigert werden kann, wie gegen den Versicherungsnehmer
ein Ermittlungsverfahren aus Gründen geführt wird, die für
den Entschädigungsanspruch rechtserheblich sind (hier: § 22 Nr. 5 b der Bedingungen
für Gebäudeversicherung von Geschäften und Betrieben - BG 98),
kann sich der Versicherer nach einer endgültigen Leistungsablehnung nicht
mehr berufen.
BGH, Urteil vom 6. Dezember 2006 - IV ZR 34/05 - OLG Celle
LG Hannover
Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat durch den Vorsitzenden
Richter Terno, die Richter Dr. Schlichting, Wendt, Felsch und
Dr. Franke im schriftlichen Verfahren, in dem Schriftsätze bis zum
29. November 2006 eingereicht werden konnten,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 26. Januar 2005 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, 1. als der Leistungsantrag zu 1 a in Höhe von 13.283,98 € (4% Zinsen aus 137.277,82 € für die Zeit vom 1. Januar 2000 bis zum 2. Juni 2002) ohne Zinsen hieraus abgewiesen worden ist. Insoweit wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 25. Juni 2004 geändert. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 13.283,98 € zu zahlen.
2. als der Feststellungsantrag zu 1 b abgewiesen worden ist. Insoweit und im Kostenpunkt wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Streitwert: 113.283,98 € Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Parteien Die streiten nach einem Brand um Leistungen aus der Gebäudeversicherung.
2
Die Klägerin erwarb 1997 ein mit mehreren Gebäuden bebautes Hofgrundstück. Unter Mitwirkung eines Agenten der Beklagten schloss sie mit Wirkung zum 25. Mai 1998 eine Gebäudeversicherung zum gleitenden Neuwert nach Maßgabe der Bedingungen für Gebäudeversicherung von Geschäften und Betrieben (BG 98) der Beklagten für das Hauptgebäude und ein Nebengebäude ab, für die eine Versicherungssumme von 1,3 Millionen DM zugrunde gelegt wurde.
3
Am 15. August 1998 wurde das Hauptgebäude durch einen Brand fast völlig zerstört. Nach § 10 Nr. 1 lit. b BG 98 ist Versicherungswert lediglich der Zeitwert eines Gebäudes, wenn er weniger als 40% des Neuwertes (die so genannte Entwertungsquote also mehr als 60%) beträgt. Nur dieser Zeitwert wird dann nach § 17 Nr. 1 a, bb BG 98 ersetzt. Über die Entwertungsquote entstand Streit zwischen den Parteien. Der von der Klägerin beauftragte Gutachter schätzte sie auf nur ca. 40%, der von der Beklagten beauftragte Gutachter auf 62,1%. Die Einschaltung eines Obmanns lehnte die Beklagte ab. Stattdessen berief sie sich in der Folgezeit auf eine angeblich bestehende Unterversicherung. Sie erstattete zunächst nur den insoweit verringerten Zeitwert und Leistungen für Aufräumarbeiten , insgesamt 842.934 DM, und lehnte seit Mitte August 1999 weitere Leistungen ab.

4
In einem ersten von den Parteien geführten Rechtsstreit wurde die Beklagte im August 2002 in zweiter Instanz verurteilt, weitere 137.277,82 € nebst 4% Zinsen hieraus seit dem 3. Juni 2002 an die Klägerin zu zahlen. Ferner wurde festgestellt, dass die Beklagte auch die so genannte Neuwertspitze in Höhe von 302.171,46 € erstatten müsse, wenn die Klägerin die Voraussetzungen des § 17 Nr. 8 BG 98 erfülle.
5
Nach Rechtskraft jener Entscheidung zahlte die Beklagte am 3. Februar 2003 den Betrag von 137.277,82 € an die Klägerin, die nunmehr im vorliegenden Rechtsstreit weitere Nebenforderungen aus dem Brandschaden erhebt. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind nur noch die folgenden Anträge der Klägerin:
6
begehrt Sie zum einen die Feststellung, dass die Beklagte dem Grunde nach zu weiterem Schadensersatz wegen verzögerter Schadensregulierung verpflichtet sei (Klagantrag zu 1 b).
7
Für die Zeit vom 16. August 1998 bis zum 2. Juni 2002 fordert die Klägerin weiter Vertrags- (§ 22 BG 98) und Verzugszinsen aus 137.277,82 €, die sie zuletzt auf insgesamt 32.959 € errechnet hat (Klagantrag zu 1 a).
8
Das Landgericht hat die Klage - soweit in der Revision noch von Interesse - abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Der Senat hat die Revision, mit der die Klägerin ihr Klagebegehren weiterverfolgen wollte, im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nur mit Blick auf den Feststellungsantrag (Klagantrag zu 1 b) und den geltend gemachten Zinsanspruch (Klagantrag zu 1 a) bis zur Höhe von 13.283,98 € - ohne weitere Zinsen hieraus - zugelassen.

Entscheidungsgründe:


9
Im Umfang ihrer Zulassung hat die Revision Erfolg.
10
I. Das Berufungsgericht hat der Klägerin einen Schadensersatzanspruch wegen verzögerter Regulierung des Brandschadens abgesprochen und ihren darauf gerichteten Feststellungsantrag zurückgewiesen, weil die Beklagte insoweit kein Verschulden treffe. Sie habe, indem sie sich im Vorprozess gegen die von der Klägerin erhobenen Ansprüche verteidigt habe, lediglich die ihr zustehenden Rechte im Rahmen eines geordneten gerichtlichen Verfahrens wahrgenommen. Das könne nicht den Vorwurf schuldhaften Verhaltens begründen, solange es nicht rechtsmissbräuchlich und mit dem Vorsatz geschehe, die andere Partei sittenwidrig zu schädigen. Dafür sei hier nichts ersichtlich. Die Beklagte habe sich auch nicht leichtfertig gegen ihre Inanspruchnahme zur Wehr gesetzt, was daran ersichtlich sei, dass das Landgericht im Vorprozess erst nach der Vernehmung des Versicherungsagenten zu dem Ergebnis gelangt sei, die Beklagte dürfe sich nicht auf den Unterversicherungseinwand berufen. Sie habe zuvor unwiderlegt vorgetragen gehabt, es sei ihren Agenten generell verboten, bei Vertragschluss selbst die Versicherungssumme zu berechnen. Damit, dass sich der Agent darüber hinweggesetzt und der Klägerin gleichwohl angeboten habe, die Versicherungssumme verbindlich festzulegen, habe die Beklagte bis zur Beweisauf- nahme im Vorprozess nicht rechnen müssen. Gleiches gelte, soweit sich die Beklagte im Vorprozess auf eine Entwertungsquote von mehr als 60% berufen habe. Zunächst hätten einander widersprechende Parteigutachten vorgelegen und die Klägerin habe lediglich unsubstantiierte Mutmaßungen darüber angestellt, wie der von der Beklagten beauftragte Gutachter zu seinem Ergebnis gelangt sei. Dass die Beklagte bei dem von ihr beauftragten Gutachter gegen das ihr zunächst ungünstige, von einem Assistenten ermittelte Gutachtenergebnis remonstriert und so die Feststellung einer Entwertungsquote von mehr als 60% erreicht habe, sei nicht ungewöhnlich. Die Beklagte habe eine Klärung der streitigen Fragen im Vorprozess abwarten dürfen. Auch lasse sich nicht feststellen, dass die Schäden, deren Ersatz die Klägerin mit ihrem Feststellungsantrag anstrebe, auf der verzögerten Schadensregulierung beruhten. Die Klägerin sei vielmehr deshalb nicht zum rechtzeitigen Wiederaufbau des abgebrannten Gebäudes in der Lage gewesen, weil sie die erheblichen Mittel, die ihr von der Beklagten zur Beseitigung des Brandschadens zur Verfügung gestellt worden seien, anderweitig, insbesondere zum lange vor dem Brand geplanten Umbau zweier Nebengebäude, eingesetzt habe. Die Klägerin habe nicht dargelegt, dass sie auch dann nicht zum rechtzeitigen Wiederaufbau des abgebrannten Gebäudes in der Lage gewesen wäre, wenn sie die erhaltenen Versicherungsleistungen stattdessen zweckentsprechend eingesetzt hätte. Der Vortrag der Klägerin zu ihren Bemühungen um eine Finanzierung des Wiederaufbaus mittels Krediten und Eigenmitteln sei im Übrigen nicht ausreichend.
11
Zu der mit dem Leistungsantrag geltend gemachten Zinsforderung hat das Berufungsgericht ausgeführt: Soweit die Klägerin sich mit ihrem in erster Instanz gehaltenen Vortrag auf Verzug und § 22 Abs. 2 BG 98 stütze, seien die Ansprüche nach § 12 Abs. 1 VVG verjährt. Die Klägerin habe es versäumt, diese Ansprüche schon im Vorprozess zu erheben. Soweit sie ihre Zinsforderung in zweiter Instanz als Schadensersatzanspruch erhoben habe, sei dies nicht nachvollziehbar und scheitere bereits an den oben genannten Gründen. Letztlich komme es darauf aber nicht an, weil der Vortrag neu und nach § 531 ZPO nicht zu beachten sei. Weiter könne die Klägerin, die schon für den Erwerb des Hofgrundstücks 400.000 DM habe finanzieren müssen, diese Finanzierung nicht im Rahmen der Abgeltung des Brandschadens auf die Beklagte abwälzen. Auch wenn die Zinsforderung als Schadensersatzanspruch erhoben werde, gelte dafür im Übrigen ebenfalls die Verjährungsvorschrift des § 12 Abs. 1 VVG.
12
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
13
1. Bei Zurückweisung des auf die Verpflichtung der Beklagten zu weiterem Schadensersatz gerichteten Feststellungsantrages (Klagantrag zu 1 b) hat das Berufungsgericht einen unzutreffenden Verschuldensmaßstab zugrunde gelegt; auch seine Ausführungen zur Kausalität tragen die Klagabweisung nicht.
14
a) Das Berufungsgericht meint, die Beklagte treffe kein Verschulden an der verzögerten Regulierung des Brandschadens, weil sie für sich im Vorprozess lediglich prozessual zulässige Verteidigungsmittel beansprucht habe, ohne dabei rechtsmissbräuchlich, leichtfertig oder in Schädigungsabsicht zu handeln. Wäre das richtig, so käme ein Schuldner regelmäßig nicht in Verzug, wenn er es wegen der geschuldeten Leistung auf einen Rechtsstreit ankommen ließe. Der vom Berufungsgericht gewählte , auf eine prozessuale Rechtfertigung verzögerter Leistung hinauslaufende Verschuldensmaßstab steht auch im Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. dazu Senatsurteile vom 9. Januar 1991 - IV ZR 97/89 - VersR 1991, 331 unter II 4 und III 1, 2; 20. November 1990 - IV ZR 202/89 - r + s 1991, 37 unter 3; 27. September 1989 - IVa ZR 156/88 - VersR 1990, 153; 19. September 1984 - IVa ZR 67/83 - VersR 1984, 1137 unter II 2 a).
15
aa) Danach ist zwar anerkannt, dass ein unverschuldeter Rechtsirrtum des prozessierenden Schuldners ihn von den Folgen des Verzuges freistellen kann, doch werden dabei an die Sorgfaltspflichten des Schuldners strenge Anforderungen gestellt. Es reicht nicht aus, dass er sich seine eigene Rechtsauffassung nach sorgfältiger Prüfung und sachgemäßer Beratung gebildet hat. Unverschuldet ist ein solcher Irrtum nur, wenn der Schuldner nach sorgfältiger Prüfung der Sach- und Rechtslage mit einem Unterliegen im Rechtsstreit nicht zu rechnen braucht. Das kann vor allem bei höchstrichterlich ungeklärten Rechtsfragen anzunehmen sein; bei Beweisfragen bildet ein fehlendes Verschulden des Schuldners die Ausnahme (vgl. dazu Senatsurteil vom 19. September 1984 aaO). Ein nur "normales Prozessrisiko" entlastet den Schuldner nicht (Senatsurteil vom 27. September 1989 aaO).
16
bb) Nach diesen Maßstäben hat die Beklagte die Verzögerung der Versicherungsleistung (jedenfalls in Höhe der der Klägerin im Vorprozess zugesprochenen 137.277,82 €) verschuldet. Soweit sie sich mit Blick auf die Frage einer Unterversicherung darauf berufen hat, die Entstehungsgeschichte des Vertrages sei ihr erst durch die Zeugenaussage ihres Agenten im Vorprozess klar geworden, hat das Berufungsgericht verkannt, dass sie sich nicht nur nach den Grundsätzen der Auge- und Ohr-Rechtsprechung des Senats von vorn herein das Wissen ihres Agenten hätte zurechnen lassen müssen, sondern schon vor dem Abschluss des Versicherungsvertrages durch die Information des Agenten auch eigenes Wissen davon hatte, dass jener es gegenüber der Klägerin - und sei es auch zunächst weisungswidrig - übernommen hatte, die Versicherungssumme für die versicherten Gebäude verbindlich festzulegen. Den Inhalt der Zeugenaussage des Agenten aus dem Vorprozess stellt die Beklagte nicht in Frage. Danach hat die Versicherungsnehmerin den bestmöglichen Versicherungsschutz für die zu versichernden Gebäude angestrebt und der Agent es übernommen, den Versicherungswert festzulegen. Dazu, so hat der Zeuge weiter bekundet, habe er auf der Grundlage der Vorversicherung und eines vom früheren Versicherer veranlassten Wertgutachtens zusammen mit dem in der Bezirksdirektion der Beklagten für die Versicherung gewerblicher Objekte zuständigen Mitarbeiter nach bis in die Einzelheiten gehender Diskussion die Wertfestsetzung vorgenommen. Bei dieser Sachlage kam eine Berufung auf Unterversicherung nicht mehr in Betracht. Da jedenfalls das Wissen des für die Versicherung gewerblicher Objekte zuständigen Mitarbeiters der Bezirksdirektion als eigenes Wissen der Beklagten anzusehen ist, hat diese sich von Anfang an wider besseres Wissen auf eine Unterversicherung berufen.
17
Soweit daneben die Höhe der Entwertungsquote zu prüfen war, standen sich widersprechende Einschätzungen aus dem vorgerichtlichen Sachverständigenverfahren gegenüber. Nach § 10 Nr. 1 lit. b BG 98 ist der Versicherungswert eines Gebäudes lediglich der Zeitwert, wenn er weniger als 40% des Neuwertes beträgt, die so genannte Entwertungsquote mithin über 60% liegt. Der von der Klägerin beauftragte Gutachter hatte eine Entwertungsquote von lediglich 40% ermittelt. Das von der Beklagten in Auftrag gegebene Gutachten war zunächst ebenfalls zu einer Entwertungsquote von unter 60% gelangt. Erst auf Initiative der Beklagten war das Gutachten korrigiert worden und wies zuletzt eine Entwertungsquote von 62,1% aus. Bei dieser Sachlage hatte die Beklagte keine Veranlassung, darauf zu vertrauen, dass die Entwertungsquote über 60% liege und das Gericht des Vorprozesses dies feststellen werde. Insofern handelte sie leichtfertig, als sie die von beiden Privat-Gutachtern angeregte Fortführung des Sachverständigenverfahrens durch ein Obmann-Gutachten verweigerte und sich stattdessen im Weiteren allein auf den unberechtigten Unterversicherungseinwand berief.
18
Auch b) die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Kausalität der verspäteten Zahlung für einen Verzögerungsschaden tragen die Abweisung des Feststellungsantrages nicht. Vielmehr bedarf die Sache insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung.
19
Die aa) Kausalität gehört zur Anspruchsbegründung des Schadensersatzanspruches und muss deshalb, wie das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend erkannt hat, für den Erlass eines Feststellungsurteils über den Grund (§ 304 ZPO) geklärt werden (vgl. dazu BGH, Urteile vom 18. März 1977 - I ZR 132/75 - NJW 1977, 1538 unter III 3; 16. Januar 1991 - VIII ZR 14/90 - NJW-RR 1991, 599 unter II 1 a; Zöller/Vollkommer , ZPO 25. Aufl. § 304 Rdn. 6 ff. m.w.N.).

20
bb) Das Berufungsgericht geht davon aus, die Klägerin sei infolge der Verwendung von Versicherungsleistungen für andere Zwecke als den Wiederaufbau nicht mehr in der Lage, den Wiederaufbau des abgebrannten Wohnhauses zu betreiben. Deshalb komme ein kausal durch verspätete Versicherungsleistung herbeigeführter Schaden nicht mehr in Betracht , vielmehr seien sämtliche denkbaren Verzögerungsschäden auf diese Entscheidung der Klägerin zurückzuführen.
21
cc) Das überzeugt nicht.
22
Berufungsgericht Das hat schon den Vortrag der Klägerin nicht ausgeschöpft. Es hat nicht geklärt, ob sich der für den Umbau der beiden Nebengebäude eingesetzte Betrag (nach den Feststellungen des Landgerichts 250.000 €) wirklich entscheidend auf die Möglichkeit der Wiedererrichtung des abgebrannten Gebäudes auswirken konnte, zumal die Beklagte umgekehrt die Auffassung vertritt, der ausstehende ZeitwertBetrag von 137.277,82 € und der Streit um ca. 300.000 € Neuwertspitze hätten die Klägerin nicht daran gehindert, den Wiederaufbau des abgebrannten Gebäudes zu betreiben. Im Übrigen hat die Klägerin unter Beweisantritt vorgetragen, sie habe die mündliche Zusage einer Bank über ein Darlehen von 550.000 € allein deswegen verloren, weil die Beklagte im Vorprozess Berufung eingelegt habe. Dazu verhält sich das Berufungsurteil nicht, auch der dafür angebotene Beweis wurde nicht erhoben. Das Berufungsgericht prüft auch nicht, ob es nicht mit Blick auf anfallende Zinsen wirtschaftlich sinnvoll gewesen sein kann, anstelle einer sofortigen Kreditaufnahme für den Umbau der Nebengebäude zunächst auf die vorhandenen Versicherungsleistungen zurückzugreifen, bis die Frage der vollständigen Wiederaufbaufinanzierung mittels Versiche- rungsleistungen gerichtlich geklärt war. Die Ausführungen des Berufungsgerichts sind wegen ihrer Lückenhaftigkeit nach allem nicht geeignet , die Möglichkeit eines auf der verspäteten Versicherungsleistung beruhenden und mithin erstattungsfähigen Verzögerungsschadens sicher auszuschließen.
23
2. Zu Unrecht ist der Klägerin der Anspruch auf 4% Zinsen aus 137.277,82 € für die Zeit vom 1. Januar 2000 bis zum 2. Juni 2002 abgesprochen worden. Insoweit war das Berufungsurteil aufzuheben und, da der Rechtsstreit zu diesem Punkt entscheidungsreif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO), die Beklagte zur Zahlung von 13.283,98 € (ohne Zinsen hieraus) zu verurteilen.
24
a) Allerdings hat das Berufungsgericht das Vorbringen der Klägerin in zweiter Instanz zur Berechnung des Zinsschadens ohne Rechtsfehler als neu im Sinne des § 531 Abs. 2 ZPO bewertet und ausgeschlossen. Denn die Klägerin war von einer bloßen Vertrags- und Verzugszinsforderung zur konkreten Verzugsschadensberechnung aufgrund neuen, bestrittenen Sachvortrags (Aufnahme anderweitiger Kredite) übergegangen und hatte nichts dazu vorgetragen, dass ihr eine Nachlässigkeit nicht vorzuwerfen sei (§ 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO).
25
b) Demgegenüber sind dem Berufungsgericht mit Blick auf das ursprüngliche Klagevorbringen zum Verzugszins, das weiterhin zu prüfen blieb, Rechtsfehler unterlaufen.
26
aa) Die Zinsansprüche der Klägerin sind nicht nach § 12 Abs. 1 VVG verjährt, soweit sie seit dem 1. Januar 2000 entstanden sind.

27
(1) Nachdem die Beklagte im August 1999 unstreitig weitere Versicherungsleistungen endgültig ablehnte und andererseits nach dem Schlussurteil des Vorprozesses feststeht, dass sie noch 137.277,82 € schuldete, wurde dieser Teil der Versicherungsleistung im August 1999 fällig (vgl. dazu Senatsurteil vom 27. Februar 2002 - IV ZR 238/00 - VersR 2002, 472 unter 1 c). Zugleich geriet die Beklagte wegen der endgültigen Leistungsablehnung in Verzug (§ 284 BGB a.F., vgl. dazu auch Senatsurteile vom 16. November 2005 - IV ZR 120/04 - VersR 2006, 215 unter II 2 a; 19. September 1984 - IVa ZR 67/83 - VersR 1984, 1137 unter II 2 a).
28
(2) Die Beklagte, auf deren Anzeige hin gegen die Klägerin und ihren Lebensgefährten ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Eigenbrandstiftung bis zur Verfahrenseinstellung nach § 170 Abs. 2 StPO am 12. Februar 2002 geführt worden ist, hat sich auf § 22 Nr. 5 b BG 98 berufen, wonach der Versicherer die Entschädigung so lange verweigern kann, wie gegen den Versicherungsnehmer ein Ermittlungsverfahren aus Gründen geführt wird, die für den Entschädigungsanspruch rechtserheblich sind.
29
Dieser Einwand hindert den Verzugseintritt im August 1999 nicht. Denn § 11 Abs. 1 VVG lässt die Fälligkeit der Versicherungsleistung mit Beendigung der zur Feststellung des Versicherungsfalls und des Umfangs der Versicherungsleistung nötigen Erhebungen eintreten. Vor diesem Hintergrund schafft die Bestimmung des § 22 Nr. 5 b BG 98 keinen zusätzlichen Aufschub der Fälligkeit, sondern enthält lediglich eine Konkretisierung des Begriffs der notwendigen Erhebungen im Sinne von § 11 Abs. 1 VVG (dazu Martin, Sachversicherungsrecht 3. Aufl. Y I Rdn. 14). Daraus folgt, dass die Klausel nach einer endgültigen Leistungsablehnung des Versicherers, mit der er bekundet, keine weiteren Erhebungen mehr vornehmen zu wollen (vgl. dazu Senatsurteil vom 27. Februar 2002 - IV ZR 238/00 - VersR 2002, 472 unter 1 c; Kollhosser in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. Rdn. 5 zu § 17 AFB 30), nicht mehr zum Zuge kommen kann.
30
(3) Wie die Revision zu Recht rügt, hat das Berufungsgericht übersehen , dass die Verjährung für Versicherungsleistungen, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten fällig werden, für jede dieser Leistungen gesondert zu laufen beginnt (vgl. Senatsurteil vom 10. Mai 1983 - IVa ZR 74/81 - VersR 1983, 673 unter II). Die Verjährung von Zinsforderungen beginnt deshalb nicht zugleich mit der Verjährung für die Hauptforderung zu laufen, sondern erst mit dem Schluss des Jahres, in welchem der jeweilige Zins (durch Zeitablauf) angefallen, die Zinsforderung mithin fällig geworden ist (vgl. dazu auch Bruck/Möller, VVG 8. Aufl. § 12 Anm. 14; BK/Gruber, VVG § 12 Rdn. 20).
31
Deshalb sind hier nur die Zinsansprüche verjährt, die bis zum 31. Dezember 1999 entstanden waren. Darunter fallen auch die auf § 22 BG 98 gestützten so genannten Vertragszinsen für die Zeit vom 16. August 1998 (Tag der Schadensanzeige) bis zum 31. August 1999. Insoweit begann die Verjährung nach § 12 Abs. 1 VVG am 1. Januar 2000 zu laufen und endete am 31. Dezember 2001. Klage und Prozesskostenhilfegesuch wurden erst im Dezember 2002 eingereicht, die Klagzustellung ist nach Abschluss des Prozesskostenhilfeverfahrens "dem- nächst" im Sinne von § 167 ZPO erfolgt. Die seit dem 1. Januar 2000 entstandenen Zinsansprüche sind nicht verjährt.
32
bb) Dass das Berufungsgericht ein den Verzug begründendes Verschulden der Beklagten mit unzutreffender Begründung verneint hat, ist bereits oben dargelegt.
33
cc) Die Klägerin kann für die Zeit vom 1. Januar 2000 bis zum 2. Juni 2002 (am darauf folgenden Tag setzt die 4%-ige Verzinsung aus dem Schlussurteil des Vorprozesses ein) allerdings nur 4% Verzugszinsen nach § 288 Abs. 1 BGB in der bis zum 30. April 2000 geltenden Fassung vom 1. Januar 1964 verlangen. Das ergibt sich aus Art. 229 § 1 Abs. 1 Satz 3 EGBGB. Danach ist § 288 BGB in seiner ab dem 1. Mai 2000 geltenden Fassung (vom 30. März 2000 - BGBl. I S. 330), welcher erstmals eine Verzugs-Verzinsung mit fünf Prozentpunkten über dem Basissatz vorsah, erst auf diejenigen Forderungen anzuwenden, die von diesem Zeitpunkt an fällig wurden. Die hier in Rede stehende Forderung über 137.277,82 € ist aber schon im August 1999 fällig geworden.

34
Für den genannten Zeitraum errechnet sich der der Klägerin zugesprochene Betrag von 13.283,98 €, der wegen § 289 BGB nicht zu verzinsen ist.
Terno Dr. Schlichting Wendt
Felsch Dr. Franke

Vorinstanzen:
LG Hannover, Entscheidung vom 25.06.2004 - 4 O 37/03 -
OLG Celle, Entscheidung vom 26.01.2005 - 4 U 140/04 -

Ist der Schuldner zur Abgabe einer Willenserklärung verurteilt, so gilt die Erklärung als abgegeben, sobald das Urteil die Rechtskraft erlangt hat. Ist die Willenserklärung von einer Gegenleistung abhängig gemacht, so tritt diese Wirkung ein, sobald nach den Vorschriften der §§ 726, 730 eine vollstreckbare Ausfertigung des rechtskräftigen Urteils erteilt ist.

Von Zinsen sind Verzugszinsen nicht zu entrichten. Das Recht des Gläubigers auf Ersatz des durch den Verzug entstehenden Schadens bleibt unberührt.

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(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.