Bundesgerichtshof Urteil, 19. Mai 2016 - III ZR 274/15

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:190516UIIIZR274.15.0
19.05.2016
vorgehend
Amtsgericht Baden-Baden, 7 C 47/14, 24.06.2014
Landgericht Baden-Baden, 2 S 51/14, 31.07.2015

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 274/15
Verkündet am:
19. Mai 2016
Kiefer
Justizangestellter
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB § 305c Abs. 1, § 307 Be, Cl; §§ 666, 675 Abs. 1

a) Die formularvertragliche Regelung, wonach ein Erbenermittler seinem Kunden
gegenüber erst dann zu (weiteren) Tätigkeiten verpflichtet ist, wenn er
von allen ermittelten Erben Vollmacht und Honorarvertrag erhalten hat, ist
wirksam.

b) Die Darlegungs- und Beweislast für den Eintritt dieser aufschiebenden Bedingung
trifft den Kunden.

c) Vor Begründung einer Betätigungspflicht ist der Erbenermittler grundsätzlich
nicht gehalten, seinem Kunden Auskunft und Rechenschaft zu geben.
BGH, Urteil vom 19. Mai 2016 - III ZR 274/15 - LG Baden-Baden
AG Baden-Baden
ECLI:DE:BGH:2016:190516UIIIZR274.15.0

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 19. Mai 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Herrmann und die Richter Tombrink, Dr. Remmert und Reiter sowie die Richterin Pohl

für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Baden-Baden - Zivilkammer II - vom 31. Juli 2015 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsrechtszugs hat der Kläger zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Der Kläger nimmt die Beklagten auf Auskunft und Herausgabe von Schriftstücken in Anspruch.
2
Die Beklagten betreiben ein Büro für Erbenermittlung und Bearbeitung inund ausländischer Nachlässe. Mit Schreiben vom 24. Oktober 2012 teilten sie dem Kläger mit, dass dieser als Miterbe des verstorbenen Horst M. G. - (im Folgenden: Erblasser) in Betracht komme, und baten ihn um Unterzeichnung und Rücksendung je eines der beigefügten Vollmachts- und Honorarvertragsformulare. In dem - insoweit standardisiert gefassten - Schreiben vom 24. Oktober 2012 heißt es weiter: "Bemerken möchte ich, dass in dem Honorar von 25 % plus Mehrwertsteuer , welches erst und vor allen Dingen nur bei Auszahlung des Ihnen zustehenden Anteiles an dem Nachlass oder dessen Übernahme fällig wird, sämtliche mir bei den bisherigen umfangreichen Nachforschungen entstandenen und die noch entstehenden Kosten und Auslagen enthalten sind. Vorauszahlung brauchen Sie nicht zu leisten. Meine Aufgabe wird es sein, alle zur Durchsetzung des Erbanspruchs erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, insbesondere : 1. Den verwandtschaftlichen Zusammenhang vollständig zu klären. Ich verweise insofern auf den beigefügten Fragebogen. Nachforschungen sind nicht erforderlich. ... 2. Die für den Erbnachweis erforderlichen Personenstandsurkunden zu beschaffen. Eine Vielzahl von Urkunden habe ich bei meinen Nachforschungen bereits erhalten. 3. Den Entwurf eines Erbscheinsantrages zu erstellen. Ich werde dann den Entwurf einem Notar zur Beurkundung und Unterzeichnung durch einen der Erben übersenden. 4. Den beurkundeten Erbscheinsantrag dem Nachlassgericht einzureichen. Die Personenstandsurkunden werden entsprechend in der Reihenfolge, in welcher die Daten in dem Erbscheinsantrag aufgeführt werden, zusammen mit einer Stammtafel und weiteren Erläuterungen beigefügt. 5 Die Erbschaftssteuererklärung vorzubereiten. ... 6. Die zum Nachlass gehörenden Konten aufzulösen und die Verteilung des Nachlasses durchzuführen. Da die Bearbeitung einer derartigen Angelegenheit erst und nur dann kompliziert und kostspielig wird, wenn nicht ein Bevoll- mächtigter für alle Erben handeln kann, bitte ich um Verständnis, dass die Bearbeitung davon abhängig gemacht wird, dass ich auch von allen von mir ermittelten Erben Vollmacht und Honorarvertrag erhalte."
3
Gemäß Nummer 1 der Honorarvereinbarung wird die vereinbarte Vergütung für die Tätigkeit entrichtet, durch welche der Kläger ermittelt wurde. Nummer 2 der Honorarvereinbarung enthält die Beauftragung der Beklagten mit der unverzüglichen Beschaffung fehlender Personenstandsurkunden oder sonstiger Beweismittel, wobei Mehrkosten hierfür nicht berechnet werden.
4
Der Kläger unterzeichnete die Formulare für die Honorarvereinbarung und die Vollmacht, mit der die Beklagten zur Vertretung des Klägers in allen den Nachlass G. betreffenden Angelegenheiten berechtigt wurden, und sandte sie an die Beklagten zurück.
5
In der Folgezeit forderte der Kläger die Beklagten mehrfach auf, ihm Auskunft und Rechenschaft über den Stand der Nachlassangelegenheit zu geben und in diesem Zusammenhang erlangte Unterlagen zu übersenden. Die Beklagten teilten dem Kläger mit, dass sich der Nachlass aus Bankguthaben in Höhe von 162.400 € (per 30. April 2013) zusammensetze. Sie unterrichteten ihn ferner über Erkenntnisse zu den Verwandten des Erblassers sowie darüber, dass noch einige für das Erbscheinsverfahren erforderliche Urkunden fehlten, übermittelten ihm aber keine näheren Auskünfte und keine Unterlagen.
6
Mit seiner Klage begehrt der Kläger von den Beklagten, ihm umfassend Auskunft über sämtliche bisherigen Bemühungen zu erteilen, welche sie entfaltet haben, um die Personalien der gesetzlichen Erben des Erblassers zu klären und die zur Beantragung des Erbscheins erforderlichen Dokumente zu erhalten, sowie ihm sämtliche im Zuge dieser Bemühungen versendeten und eingegangenen Schriftstücke in Kopie oder elektronisch zur Verfügung zu stellen. Des Weiteren begehrt er die Zahlung von außergerichtlichen Anwaltskosten.
7
Der Kläger macht geltend, die Beklagten seien gemäß §§ 666, 667 BGB in Verbindung mit dem zwischen den Parteien geschlossenen (Geschäftsbesorgungs -)Vertrag zur Auskunft und Rechenschaft verpflichtet. Die Beklagten sind demgegenüber der Auffassung, dass eine solche Pflicht nicht bestehe, jedenfalls solange nicht, bis nicht sämtliche in Frage kommenden Miterben ermittelt worden seien und sie von diesen Vollmacht und Honorarvertrag erhalten hätten. Das Nichtvorliegen dieser Voraussetzung hat der Kläger mit Nichtwissen bestritten.
8
Die Klage ist in beiden Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe


9
Die zulässige Revision ist unbegründet.

I.


10
Das Berufungsgericht hat den Klageanspruch verneint und hierzu im Wesentlichen ausgeführt:
11
Zwischen den Parteien sei ein Geschäftsbesorgungsvertrag (Erbenermittlungsvertrag ) zustande gekommen. Für den Inhalt des Geschäftsbesorgungsvertrags zwischen den Parteien sei neben der Honorarvereinbarung und der Vollmachtsurkunde auch der Inhalt des Anschreibens vom 24. Oktober 2012 zu berücksichtigen. Die Beklagten hätten sich zwar verpflichtet, alle zur Durchsetzung des Erbanspruchs erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Die Pflicht zur (weiteren) Bearbeitung der Sache hätten sie jedoch ausdrücklich und eindeutig davon abhängig gemacht, dass sämtliche ermittelten Erben Vollmachten und Honorarvereinbarungen unterzeichnet hätten. Der Kläger habe die Behauptung der Beklagten, dies sei nicht der Fall, und zum Teil hätten mögliche Erben Vollmacht und Honorarvereinbarung nicht unterzeichnet, nicht widerlegt. Ihn treffe insoweit die volle Darlegungs- und Beweislast. Eine sekundäre Darlegungslast bestehe für die Beklagten nicht, weil der Kläger ebenso wie die Beklagten die Möglichkeit habe, die Erben nach dem Erblasser zu ermitteln beziehungsweise ermitteln zu lassen und sodann substantiiert zu den Voraussetzungen für die Tätigkeitspflicht der Beklagten vorzutragen. Ein Bestreiten des Klägers mit Nichtwissen erweise sich deshalb als unzulässig.
12
Die formularmäßige Einschränkung der Bearbeitungspflicht der Beklagten halte als Allgemeine Geschäftsbedingung einer Kontrolle nach § 305c Abs. 2 BGB und § 307 BGB stand. Die Regelung sei ausreichend klar und deutlich gefasst. Solange keine Bearbeitungspflicht bestehe, gebe es auch keine Auskunfts- und Rechenschaftspflicht. Die Bestimmung enthalte auch keine unangemessene Benachteiligung des Klägers. Die Beklagten hätten ein schützenswertes Interesse daran, Tätigkeitspflichten gegenüber den von ihnen bereits ermittelten Erben erst dann rechtsverbindlich zu übernehmen, wenn sie von sämtlichen Miterben die Honorarvereinbarung unterzeichnet erhalten und mit diesen einen Honorarvertrag abgeschlossen hätten. Im Allgemeinen müss- ten sie die erforderliche Erbenermittlung in Vorleistung erbringen und hierbei finanzielle Aufwendungen tragen. Der zur Realisierung des Erbanspruchs notwendige Gesamtaufwand und der mögliche wirtschaftliche Erfolg der Erbenermittlung seien bei Abschluss des Erbenermittlungsvertrags mit einem einzelnen Miterben vielfach noch nicht absehbar. Die Beklagten bedürften daher der Beschränkung des mit der Übernahme einer Tätigkeitspflicht verbundenen wirtschaftlichen Risikos. Zudem riskierten die Beklagten bei Erteilung von genaueren Auskünften über andere mögliche Miterben, keine weiteren Honorarvereinbarungen mehr mit diesen abschließen und deshalb keine Vergütung für ihre jeweilige zu deren Auffinden geleistete Ermittlungstätigkeit erhalten zu können. Die Interessen des Klägers seien hingegen ausreichend gewahrt, da der Zahlungsanspruch der Beklagten gegen ihn erst bei Auskehrung seines Erbanteils fällig werde. Die vereinbarte Vergütung decke ausdrücklich nur die zur Ermittlung seiner Person bereits geleistete Tätigkeit ab. Ihm stehe es frei, selbst weitere Schritte zur Durchsetzung seines Erbanspruchs zu ergreifen, so dass er selbst für den Fall, dass die Beklagten keinerlei Tätigkeiten mehr entfalten, nicht unangemessen benachteiligt sei.
13
Mangels Tätigkeitspflicht der Beklagten seien sie auch nicht zur Auskunft und Rechenschaft im Sinne der Klageanträge verpflichtet.

II.


14
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand. Die Klage ist unbegründet. Ein Anspruch auf Auskunft und Herausgabe von Schriftstücken steht dem Kläger nicht zu.
15
1. Zu Recht hat das Berufungsgericht den Abschluss eines Erbenermittlungsvertrags mit dem von ihm dargelegten Inhalt angenommen.
16
a) Mit Unterzeichnung und Rücksendung der dem Schreiben der Beklagten vom 24. Oktober 2012 beigefügten Vollmachts- und Honorarvertragsformulare ist ein entgeltlicher Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen den Parteien zustande gekommen (§§ 611, 675 Abs. 1 BGB). Entgegen der Ansicht der Revision ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass bei der Bestimmung des Vertragsinhalts neben diesen beiden Formularen auch das Schreiben der Beklagten vom 24. Oktober 2012 zu berücksichtigen ist. Denn dieses enthält bei objektiver Betrachtung wesentliche, die Willenserklärung der Beklagten zum Inhalt ihrer Verpflichtungen tragende Ausführungen.
17
b) Demnach wird die vereinbarte Vergütung für die Tätigkeit entrichtet, durch die der Kläger als (möglicher) (Mit-)Erbe des Erblassers ermittelt wurde (Nummer 1 der Honorarvereinbarung), wobei hiervon auch sämtliche künftigen Kosten und Auslagen der Beklagten mit abgedeckt werden (Schreiben vom 24. Oktober 2012 und Nummer 2 der Honorarvereinbarung). Zu entrichten ist die Vergütung erst bei Auszahlung beziehungsweise Übernahme des Erbanteils des Klägers (Nummer 1 der Honorarvereinbarung und Schreiben vom 24. Oktober 2012). Mithin ist die vereinbarte Vergütung von den Beklagten bereits mit der Ermittlung des betreffenden (möglichen) (Mit-)Erben (hier: des Klägers) "verdient", zugleich jedoch ist sie erfolgsabhängig ausgestaltet, indem sie an die Realisierung des Erbanspruchs geknüpft ist. Diese Regelung erfolgt vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des erkennenden Senats, wonach sich der Erbenermittler auf eigenes Risiko durch seine Ermittlungstätigkeit das Material verschafft, das er den Erben gegen Entgelt überlassen will, und ihm ein Vergütungsanspruch gegen die Erben nur dann und insoweit zusteht, als er eine entsprechende Vereinbarung mit ihnen schließt, wohingegen gesetzliche Ansprüche, insbesondere aus Geschäftsführung ohne Auftrag, ausscheiden (s. Urteil vom 23. September 1999 - III ZR 322/98, NJW 2000, 72, 73 sowie Beschlüsse vom 23. Februar 2006 - III ZR 209/05, NJW-RR 2006, 656 Rn. 5 und vom 18. Juni 2014 - III ZR 537/13, ZEV 2015, 231 Rn. 2; vgl. auch BGH, Urteile vom 13. März 2003 - I ZR 143/00, NJW 2003, 3046, 3048 und vom 1. Juni 2006 - I ZR 143/03, NJW 2006, 3568, 3569 Rn. 14).
18
c) Zusätzlich haben die Beklagten dem Kläger angeboten, alle zur Durchsetzung seines Erbanspruchs künftig noch erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen (Schreiben vom 24. Oktober 2012 und Nummer 2 der Honorarvereinbarung ). Die im Schreiben vom 24. Oktober 2012 unter sechs Gliederungsnummern aufgezählten Tätigkeiten werden als Teil der von den Beklagten zu erbringenden Leistung beschrieben. Das Leistungsangebot soll den angeschriebenen (möglichen) (Mit-)Erben (hier: den Kläger) zum Abschluss der Honorarvereinbarung motivieren. Müsste er die erforderlichen weiteren Schritte selbst unternehmen, so bestünde für ihn nach Erhalt der Mitteilung über sein mögliches Erbrecht kein Anreiz, sich nachträglich noch zur Vergütung einer bereits vollständig erbrachten Leistung der Beklagten (nämlich der Auffindung seiner Person als möglicher Miterbe) zu verpflichten. Auch der Erteilung der von den Beklagten geforderten Vollmacht bedürfte es nicht, wenn diese nicht die Verpflichtung übernehmen wollten, in der Nachlasssache auch weiterhin tätig zu werden. Es bestehen mithin keine begründeten Zweifel daran, dass sich die Beklagten im Grundsatz auch zur Durchführung weiterer Maßnahmen verpflichten wollten und verpflichtet haben (§§ 133, 157 BGB).
19
d) Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, haben die Beklagten die Verpflichtung zur weiteren Tätigkeit allerdings davon abhängig ge- macht, dass sie von allen ermittelten Erben Vollmacht und Honorarvertrag erhalten. Dies ergibt sich hinreichend klar und eindeutig aus dem Schreiben vom 24. Oktober 2012. Mit dem Begriff der "Bearbeitung" können nur künftige Tätigkeiten gemeint sein, und zwar insbesondere die unmittelbar im Text zuvor beschriebenen , zur Durchsetzung des Erbanspruchs noch erforderlichen Maßnahmen. Durch diesen Vorbehalt haben die Beklagten ihre Bearbeitungspflicht unter eine aufschiebende Bedingung (§ 158 Abs. 1 BGB) gestellt. Bedingung im Sinne der §§ 158 ff BGB ist die durch den Parteiwillen in ein Rechtsgeschäft eingefügte Bestimmung, die die Rechtswirkungen des Geschäfts von einem zukünftigen ungewissen Ereignis abhängig macht (BAG, NJW 2008, 872, 876 Rn. 37 mwN). Die Wendung "die Bearbeitung [wird] davon abhängig gemacht" bringt zum Ausdruck, dass weder die Rechtswirksamkeit des Vertrags im Ganzen noch seine Beendigung, sondern allein die Rechtspflicht zur (weiteren) Bearbeitung der Sache gemeint ist. Die Voraussetzung für die Entstehung der Bearbeitungspflicht bezieht sich auf ein zukünftiges und ungewisses Ereignis. Aus dem Schreiben vom 24. Oktober 2012 geht hervor, dass die Ermittlung der anderen Miterben zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht abgeschlossen war oder die Beklagten zumindest noch nicht von sämtlichen Miterben Vollmachten und Honorarverträge erhalten hatten.
20
Soweit die Revision einwendet, mit diesem Inhalt sei die vertragliche Regelung widersprüchlich, weil zur Herbeiführung der Bedingung eine weitere Erbenermittlung (mithin: eine weitere "Bearbeitung" der Nachlasssache) durch die Beklagten erforderlich sei, ist dem entgegenzuhalten, dass die verabredete Bedingung nicht die Befugnis der Beklagten zu einer weiteren Betätigung hindert, sondern nur die Begründung einer (einklagbaren) Tätigkeitspflicht gegenüber dem Kläger betrifft.
21
2. Entgegen der Ansicht der Revision bestehen gegen die Wirksamkeit der formularvertraglichen Beschränkung (Bedingung) der Tätigkeitspflicht der Beklagten keine durchgreifenden Bedenken.
22
a) Bei der betreffenden Regelung handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung nach § 305 Abs. 1 BGB, die gemäß § 305 Abs. 2 BGB in den Vertrag einbezogen wurde.
23
b) Die formularvertragliche Bestimmung ist nicht überraschend im Sinne von § 305c Abs. 1 BGB. Überraschenden Charakter hat eine Klausel, wenn sie von den Erwartungen eines vertragstypischen Durchschnittskunden deutlich abweicht und dieser mit ihr den Umständen nach vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht (st. Rspr.; s. etwa Senatsurteil vom 11. Dezember 2003 - III ZR 118/03, NJW-RR 2004, 780, 781 mwN; BGH, Urteile vom 30. Juni 1995 - V ZR 184/94, BGHZ 130, 150, 154 und vom 1. Oktober 2014 - VII ZR 344/13, BGHZ 202, 309, 313 f Rn. 14). So liegt es hier nicht. Mit der Kenntnisnahme von der durch einen eigenständigen Absatz hervorgehobenen Klausel ist zu rechnen. Der Begriff der "Bearbeitung" bezieht sich unmissverständlich auf die zuvor dargestellten Tätigkeiten zur Realisierung des Erbanspruchs. Auch die wirtschaftlichen Beweggründe für die Aufnahme dieser Regelung werden - nachvollziehbar - dargelegt.
24
c) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Regelung einer Kontrolle nach § 307 BGB standhält.
25
aa) Die Klausel verstößt nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.
26
(1) Gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB hat der Verwender Rechte und Pflichten der Vertragspartner möglichst klar und verständlich darzustellen. Dazu gehört auch, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen wirtschaftliche Nachteile und Belastungen soweit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann. Abzustellen ist auf die Erkenntnismöglichkeit des durchschnittlichen Vertragspartners (vgl. z.B. BGH, Urteile vom 26. Oktober 2005 - VIII ZR 48/05, BGHZ 165, 12, 21 f; vom 10. September 2014 - XII ZR 56/11, NJW 2014, 3722, 3724 Rn. 18 und vom 10. Februar 2016 - VIII ZR 137/15, NZM 2016, 235, 236 Rn. 18). Das Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein. Dieses verlangt, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen (BGH, Urteile vom 5. November 2003 - VIII ZR 10/03, NJW 2004, 1598, 1600; vom 26. Oktober 2005 aaO und vom 10. Februar 2016 aaO).
27
(2) Diesen Anforderungen ist Genüge getan. Die Regelung über die Beschränkung (Bedingung) der Tätigkeitspflicht der Beklagten ist im Wortlaut klar und unmissverständlich. Zwar stellt sie einerseits die Tätigkeitspflicht der Beklagten unter eine aufschiebende Bedingung und setzt andererseits (für die Herbeiführung des Bedingungseintritts) die Ermittlung weiterer möglicher Erben voraus. Damit eröffnet sie den Beklagten im Ergebnis einen Ermessensspielraum bei der Bearbeitung, der bis hin zur Einstellung weiterer Tätigkeiten reichen kann, etwa dann, wenn sich die Sache als unwirtschaftlich oder die Ermittlung weiterer Erben als mit unangemessen großen Schwierigkeiten verbunden herausstellt. Ungerechtfertigte Beurteilungsspielräume werden hierdurch aber nicht geschaffen. Dies wäre nur dann der Fall, wenn dem Verwender ein schrankenloses Ermessen eingeräumt würde, das den Vertragspartner in einen Zustand der Unsicherheit versetzt, den er nicht beheben kann (MüKo/Wurm- nest, BGB, 7. Aufl., § 307 Rn. 59; vgl. auch BGH, Urteil vom 6. April 2005 - XII ZR 158/01, NJW-RR 2006, 84, 85). So liegt es hier aber nicht. Schon im eigenen wirtschaftlichen Interesse werden die Beklagten - auch ohne hierzu gegenüber dem Kunden rechtsverbindlich verpflichtet zu sein - die zur Klärung der Nachlassangelegenheit nötigen Schritte unternehmen, sofern diese sinnvoll und vertretbar erscheinen. Unsicherheiten darüber, ob und durch welche Maßnahmen die Beklagten die Sache betreiben, kann der Kunde durch eigene Tätigkeit beheben. Nach Erhalt der Mitteilung über seine mögliche Erbenstellung und die Person des Erblassers ist es ihm möglich, sich mit dem Antrag auf Erteilung eines Erbscheins an das Nachlassgericht zu wenden mit dem Ziel, dass dieses von Amts wegen die (weiteren) Erben ermittelt (§ 2353 BGB, § 342 Abs. 1 Nr. 4, § 26 FamFG). Auch könnte er selbst entsprechende Nachforschungen anstrengen.
28
bb) Die Bestimmung enthält auch im Übrigen keine unangemessene Benachteiligung für die Vertragspartner der Beklagten.
29
(1) Eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners des Verwenders im Sinne von § 307 BGB ist gegeben, wenn der Verwender durch eine einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (st. Rspr.; s. etwa Senatsurteile vom 17. Januar2008 - III ZR 74/07, BGHZ 175, 102, 107 Rn. 19; vom 4. März 2010 - III ZR 79/09, BGHZ 184, 345, 355 f Rn. 31; vom 13. Januar 2011 - III ZR 78/10, NJW 2011, 1726, 1728 Rn. 24 und vom 21. Februar 2013 - III ZR 266/12, NJW-RR 2013, 910 Rn. 11).
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(2) Eine solche Benachteiligung liegt hier nicht vor.
31
(a) Sie folgt nicht aus dem Gesichtspunkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks durch die Einschränkung wesentlicher Rechte und Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, gefährdet wird (§ 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB).
32
Zwar steht die Beschränkung (Bedingung) der Tätigkeitsverpflichtung der Beklagten in einem Spannungsverhältnis zu dem Eindruck, den das Vertragswerk - Anschreiben, Vollmacht und Honorarvereinbarung - beim Durchschnittskunden hervorruft. Die Aufzählung der einzelnen "erforderlichen Maßnahmen" im Anschreiben (Nummer 1 bis 6), die Erteilung einer umfassenden Vollmacht zur Vertretung im Rahmen der weiteren Tätigkeit sowie der Verweis darauf, dass etwa noch entstehende Kosten und Auslagen bereits in dem beanspruchten Honorar enthalten und Vorauszahlungen nicht zu leisten seien, begründen die Erwartung des Kunden, für die vereinbarte Vergütung gleichsam ein "Gesamtpaket" zu erwerben, das auch zukünftige Tätigkeiten der Beklagten einschließt. Gerade die Aussicht, die weitere Abwicklung ohne Mehrkosten an die Erbenermittler abgeben zu können, soll den Kunden zum Abschluss der Honorarvereinbarung bewegen. Dagegen stellt die Klausel den Verwender von einer Tätigkeitspflicht bis zur Herbeiführung des Bedingungseintritts frei.
33
Eine unzulässige Einschränkung wesentlicher vertraglicher Rechte und Pflichten liegt darin jedoch nicht. Die primäre Leistung eines Erbenermittlers ist es, dem Vertragspartner durch die Mitteilung seiner potentiellen Erbenstellung den Antritt seiner Erbschaft zu ermöglichen. Hierfür erhält der Vermittler - im Erfolgsfall - die vereinbarte Vergütung. Die Ermittlung des (Mit-)Erben ist bereits beendet, wenn der Erbensucher an diesen herantritt und ihn über seinen mögli- chen Erbanspruch informiert. Die darüber hinausgehenden Leistungen, die die Beklagten in ihrem Schreiben vom 24. Oktober 2012 anboten, etwa die Beschaffung von Personenstandsurkunden oder die Auffindung der weiteren (Mit )Erben, stellen demgegenüber bloße Annextätigkeiten dar, die die bereits erbrachte Primärleistung zur Erreichung des angestrebten Erfolgs vervollständigen. Daher wird hierfür auch keine (gesonderte) Vergütung beansprucht.
34
(b) Auch die Abwägung der Interessen beider Vertragspartner führt nicht zur Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung der Kunden.
35
Die Beklagten haben ein berechtigtes Interesse daran, ihre vertragliche Pflicht zur Vornahme aller zur Durchsetzung des Erbanspruchs erforderlichen Schritte vom Abschluss weiterer Honorarvereinbarungen mit den übrigen ermittelten Erben abhängig zu machen. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit einem der ersten bekannt gewordenen (Mit-)Erben sind der weitere Ermittlungsaufwand und die damit verbundenen Kosten oftmals noch nicht einzuschätzen und ist häufig auch noch nicht absehbar, wie hoch der wirtschaftliche Wert des Nachlasses ausfällt. Die unbedingte Eingehung einer vertraglichen Betätigungspflicht würde die Beklagten einem unüberschaubaren wirtschaftlichen Risiko aussetzen, müssten sie hiernach doch ohne Rücksicht auf den konkret erforderlichen Aufwand und den zu erwartenden Nachlasswert tätig werden. Wären die Beklagten gehalten, ihren Kunden über die Wahrnehmung ihrer Betätigungspflicht - wie vorliegend vom Kläger verlangt - Auskunft und Rechenschaft zu geben, so wäre ihr Verlangen nach Vergütung gegenüber anderen von ihnen ermittelten Miterben gefährdet. Denn diese könnten die erforderlichen Informationen dann unschwer "an den Beklagten vorbei" - ohne mit diesen Honorarvereinbarungen abzuschließen - von denjenigen Miterben erhalten, die bereits Verträge mit den Beklagten abgeschlossen haben. Infolgedessen hätten die Beklagten kaum Aussicht, eine Vergütung für die zum Auffinden der weiteren Erben getätigten Leistungen zu erlangen. Daher ist den Beklagten ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse zuzuerkennen.
36
Demgegenüber tritt das Interesse des Kunden zurück, die Durchsetzung des Erbanspruchs - mit einer ohne weiteren Vergütungsanspruch verbundenen Leistungspflicht des Erbenermittlers - vollständig in dessen Hände zu legen. Es ist originär die Aufgabe des Erben, sein Erbrecht geltend zu machen und zum Erfolg zu führen. Einen Anspruch darauf, dass ein anderer dies für ihn unternimmt , ohne dass hierfür ein gesondertes Honorar geschuldet wird, hat er grundsätzlich nicht. Der Kunde ist auch nicht schutzlos gestellt. Gehen die Ermittlungen der Erbenermittler nach seinem Eindruck nicht (hinreichend) voran, so kann er beim Nachlassgericht einen Erbschein beantragen und dort weitere Ermittlungen anregen (§ 2353 BGB, § 342 Abs. 1 Nr. 4, § 26 FamFG). Es steht ihm darüber hinaus auch frei, selbst Ermittlungen anzustellen. Schließlich belastet der bei Untätigkeit der Erbenermittler eintretende Zustand der Ungewissheit den Kunden nicht einseitig. Kommt es nämlich nicht zur Auszahlung oder Übernahme des Erbes, so können die Beklagten keine Vergütung verlangen.
37
3. Ebenfalls ohne Rechtsfehler ist das Berufungsgericht davon ausgegangen , dass es am Eintritt der aufschiebenden Bedingung für die Begründung der Betätigungspflicht der Beklagten, nämlich am Abschluss von Honorarverträgen mit weiteren ermittelten Erben und der Vollmachterteilung durch sie, fehle, weil der Kläger seiner diesbezüglichen Darlegungs- und Beweislast nicht genügt habe.
38
Ist die Vereinbarung einer aufschiebenden Bedingung - wie hier - unstreitig oder bewiesen, so trifft die Beweislast für das Eintreten des Ereignisses den- jenigen, der aus der bedingten Abrede für sich Rechte herleiten möchte (s. etwa BGH, Urteile vom 29. Juni 1981 - VII ZR 299/80, NJW 1981, 2403, 2404 und vom 11. Februar 1998 - VIII ZR 287/97, NJW 1998, 1302; MüKo/Westermann, BGB, 7. Aufl., § 158 Rn. 49). Demzufolge hat vorliegend der Kläger darzulegen und im Bestreitensfalle nachzuweisen, dass die Bedingung eingetreten ist.
39
Dem hat der Kläger nicht entsprochen. Sein Bestreiten mit Nichtwissen genügt insoweit nicht.
40
Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, die Beklagten treffe keine sekundäre Darlegungs- und Beweislast. Eine solche gebietet der Grundsatz von Treu und Glauben dann, wenn die darlegungs- und beweisbelastete Partei außerhalb des von ihr darzulegenden Geschehensablaufs steht und keine Kenntnisse von den maßgeblichen Tatsachen besitzt, während der Prozessgegner angesichts des unterschiedlichen Informationsstands beider Parteien zumutbar nähere Angaben machen kann (st. Rspr.; s. etwa Senat, Urteil vom 17. Januar 2008 - III ZR 239/06, NJW 2008, 982 Rn. 16; BGH, Urteile vom 21. September 2000 - I ZR 135/98, BGHZ 145, 170, 184; vom 3. März 2011 - I ZR 50/10, MDR 2011, 792; vom 13. Juni 2012 - I ZR 87/11, NJW 2012, 3774, 3775 Rn. 17 und vom 10. Februar 2015 - VI ZR 343/13, NJW-RR 2015, 1279, 1280 Rn. 11, jeweils mwN). Die Würdigung des Berufungsgerichts, diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt, ist nicht zu beanstanden. Dem Kläger ist es - wie bereits ausgeführt - nach Erhalt der Mitteilung über seine mögliche Erbenstellung und die Person des Erblassers selbst möglich, sich mit dem Antrag auf Erteilung eines Erbscheins an das Nachlassgericht zu wenden mit dem Ziel, dass dieses von Amts wegen die (weiteren) Erben ermittelt. Auch könnte er entsprechende Nachforschungen von sich aus anstrengen. Sobald die möglichen Miterben namentlich bekannt werden, wäre es dem Kläger weiterhin mög- lich und zumutbar, in Erfahrung zu bringen, ob diese den Beklagten Vollmachten erteilt und mit ihnen Honorarverträge abgeschlossen haben. Er könnte sodann hierzu vorzutragen und gegebenenfalls Beweis antreten.Demgegenüber ist es den Beklagten nicht zumutbar, Auskunft über die zwischenzeitlich ermittelten weiteren Miterben zu erteilen, bevor nicht die Frage des Zustandekommens von Honorarvereinbarungen mit diesen geklärt ist. Insoweit steht den Beklagten , wie oben dargelegt, ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse zur Seite.
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4. Aus dem Fehlen einer rechtsverbindlichen Betätigungspflicht der Beklagten hat das Berufungsgericht zutreffend gefolgert, dass die Beklagten nicht gehalten sind, dem Kläger die von ihm begehrte Auskunft und Rechenschaft zu leisten sowie Schriftstücke herauszugeben.
42
a) Zwar sind die §§ 666, 667 BGB im Grundsatz auf das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien anwendbar (§ 675 Abs. 1 BGB). Gleichwohl kann der Kläger seinen Klageanspruch nicht erfolgreich hierauf stützen.
43
Die in § 666 BGB verankerten Benachrichtigungs-, Auskunfts- und Rechenschaftspflichten des Auftragnehmers korrespondieren mit den entsprechenden vertraglichen Ansprüchen des Auftraggebers. Sie stellen sich regelmäßig als unselbständige Nebenpflichten zum Anspruch auf Auftragsdurchführung dar und sind abhängig von Bestand und Inhalt des Auftrags- beziehungsweise Geschäftsbesorgungsvertrags (vgl. Senatsurteil vom 1. Dezember 2011 - III ZR 71/11, BGHZ 196, 1, 5 f Rn. 15; Staudinger/Martinek, BGB [2006], § 666 Rn. 1 f). Dementsprechend können Ansprüche aus § 666 BGB grundsätzlich nicht isoliert abgetreten werden (BGH, Urteil vom 28. Februar 1989 - XI ZR 91/88, BGHZ 107, 104, 110 mwN; MüKo/Seiler, BGB, 6. Aufl., § 666 Rn. 3, 17 mwN). Sie dienen der Absicherung des Vertragsverhältnisses und ermöglichen es dem Auftraggeber, die Geschäftsbesorgung im Hinblick auf die Wahrung seiner Interessen zu überprüfen (vgl. Senatsurteil vom 1. Dezember 2011 aaO mwN).
44
Hieraus folgt, dass in aller Regel - so auch hier - keine Ansprüche auf Nebenleistungen in Gestalt von Auskunft und Rechenschaft begründet werden, solange noch kein Anspruch auf die Hauptleistung in Gestalt der (eigentlichen) Geschäftsbesorgung besteht. Mangels Eintritts der wirksam vereinbarten aufschiebenden Bedingung sind die Beklagten zu weiteren Tätigkeiten (noch) nicht verpflichtet. Es bedarf daher (noch) keiner Weisung und keiner Überprüfung dieser Tätigkeiten durch den Kläger und mithin auch keiner diesbezüglichen Information des Klägers. Aus den gleichen Gründen sind die Beklagten dem Kläger auch (noch) nicht, wie von ihm begehrt, zur Herausgabe der bei ihnen befindlichen Schriftstücke verpflichtet.
45
Etwas anderes ergibt sich entgegen der Meinung der Revision nicht aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 17. Mai 1971 (VII ZR 305/69, WM 1971, 995, 996 f). In dieser Entscheidung ist zwar ausgeführt worden, dass ein (im Zusammenhang mit dem Verkauf von Geschäftsbeteiligungen) Beauftragter dem Auftraggeber gemäß § 666 BGB zur Auskunft über an ihn herantretende Kaufinteressenten und über sein eigenes Kaufinteresse verpflichtet sein kann, wenn er gegenüber dem Auftraggeber lediglich berechtigt, aber nicht verpflichtet ist, nach dritten Kaufinteressenten zu suchen. Dem lag jedoch die Auslegung einer Individualabrede zugrunde, nach der sich der Beauftragte verpflichtet hatte, wenn er dritte Interessenten ausfindig machte und mit diesen verhandelte , dies als Geschäftsführer für den Auftraggeber zu tun und nicht - wie geschehen - in eigenem Interesse und zu eigenem Vorteil (aaO S. 996). Aus der Beurteilung dieses besonders gelagerten Einzelfalls, der von der hier vorliegenden Konstellation abweicht, kann nicht gefolgert werden, dass ein Beauftragter (hier: die Beklagten als Erbenermittler) unabhängig von der rechtsverbindlichen Begründung einer Tätigkeitspflicht zur Auskunft und Rechenschaft verpflichtet sei.
46
b) Auch der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) rechtfertigt den Klageanspruch nicht.
47
Soweit die Rechtsprechung Auskunftspflichten aus dem Grundsatz von Treu und Glauben herleitet, setzen diese voraus, dass die zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehungen es mit sich bringen, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen oder Umfang seines Rechts im Ungewissen ist, er sich die zur Vorbereitung und Durchsetzung seines Anspruchs notwendigen Auskünfte nicht in zumutbarer Weise selbst beschaffen kann und der Verpflichtete die erforderlichen Auskünfte unschwer, das heißt ohne unbillig belastet zu sein, zu geben vermag (st. Rspr.; s. etwa Senatsurteil vom 9. Juli 2015 - III ZR 329/14, NJW 2015, 2652, 2653 Rn. 11; BGH, Urteile vom 26. Februar 1986 - IVa 87/84, BGHZ 97, 188, 192 und vom 17. Mai 1994 - X ZR 82/92, BGHZ 126, 109, 113; jeweils mwN).
48
Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Wie schon mehrfach ausgeführt, kann sich der Kläger die zur Durchsetzung seines etwaigen Erbanspruchs erforderlichen Informationen selbst oder über das Nachlassgericht be- schaffen und können die Beklagten einer Auskunfts- und Rechenschaftspflicht ihr berechtigtes Geheimhaltungsinteresse entgegenhalten.
Herrmann Tombrink Remmert
Reiter Pohl
Vorinstanzen:
AG Baden-Baden, Entscheidung vom 24.06.2014 - 7 C 47/14 -
LG Baden-Baden, Entscheidung vom 31.07.2015 - 2 S 51/14 -

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 307 Inhaltskontrolle


(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben,

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 611 Vertragstypische Pflichten beim Dienstvertrag


(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. (2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 305 Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in den Vertrag


(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmung

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 305c Überraschende und mehrdeutige Klauseln


(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 675 Entgeltliche Geschäftsbesorgung


(1) Auf einen Dienstvertrag oder einen Werkvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat, finden, soweit in diesem Untertitel nichts Abweichendes bestimmt wird, die Vorschriften der §§ 663, 665 bis 670, 672 bis 674 und, wenn dem Verpflichte

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 26 Ermittlung von Amts wegen


Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 667 Herausgabepflicht


Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber alles, was er zur Ausführung des Auftrags erhält und was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 158 Aufschiebende und auflösende Bedingung


(1) Wird ein Rechtsgeschäft unter einer aufschiebenden Bedingung vorgenommen, so tritt die von der Bedingung abhängig gemachte Wirkung mit dem Eintritt der Bedingung ein. (2) Wird ein Rechtsgeschäft unter einer auflösenden Bedingung vorgenommen,

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 666 Auskunfts- und Rechenschaftspflicht


Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber die erforderlichen Nachrichten zu geben, auf Verlangen über den Stand des Geschäfts Auskunft zu erteilen und nach der Ausführung des Auftrags Rechenschaft abzulegen.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 2353 Zuständigkeit des Nachlassgerichts, Antrag


Das Nachlassgericht hat dem Erben auf Antrag ein Zeugnis über sein Erbrecht und, wenn er nur zu einem Teil der Erbschaft berufen ist, über die Größe des Erbteils zu erteilen (Erbschein).

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 342 Begriffsbestimmung


(1) Nachlasssachen sind Verfahren, die1.die besondere amtliche Verwahrung von Verfügungen von Todes wegen,2.die Sicherung des Nachlasses einschließlich Nachlasspflegschaften,3.die Eröffnung von Verfügungen von Todes wegen,4.die Ermittlung der Erben,5

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Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Stralsund vom 1. Oktober 2014 wird zurückgewiesen.

Bundesgerichtshof Urteil, 10. Feb. 2015 - VI ZR 343/13

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Bundesgerichtshof Beschluss, 18. Juni 2014 - III ZR 537/13

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS III ZR 537/13 vom 18. Juni 2014 in dem Rechtsstreit Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Juni 2014 durch den Vizepräsidenten Schlick und die Richter Seiters, Tombrink, Dr. Remmert und Reiter beschlossen
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Bundesgerichtshof Urteil, 22. Sept. 2016 - III ZR 264/15

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Bundesgerichtshof Urteil, 08. Sept. 2016 - III ZR 7/15

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 7/15 Verkündet am: 8. September 2016 P e l l o w s k i Justizobersekretärin als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: ja ZPO

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(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber die erforderlichen Nachrichten zu geben, auf Verlangen über den Stand des Geschäfts Auskunft zu erteilen und nach der Ausführung des Auftrags Rechenschaft abzulegen.

Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber alles, was er zur Ausführung des Auftrags erhält und was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

(1) Auf einen Dienstvertrag oder einen Werkvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat, finden, soweit in diesem Untertitel nichts Abweichendes bestimmt wird, die Vorschriften der §§ 663, 665 bis 670, 672 bis 674 und, wenn dem Verpflichteten das Recht zusteht, ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen, auch die Vorschriften des § 671 Abs. 2 entsprechende Anwendung.

(2) Wer einem anderen einen Rat oder eine Empfehlung erteilt, ist, unbeschadet der sich aus einem Vertragsverhältnis, einer unerlaubten Handlung oder einer sonstigen gesetzlichen Bestimmung ergebenden Verantwortlichkeit, zum Ersatz des aus der Befolgung des Rates oder der Empfehlung entstehenden Schadens nicht verpflichtet.

(3) Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, die Anmeldung oder Registrierung des anderen Teils zur Teilnahme an Gewinnspielen zu bewirken, die von einem Dritten durchgeführt werden, bedarf der Textform.

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2. Die Frage, ob sich ein gewerblicher Erbensucher nach dem im Streitfall anwendbaren deutschen Recht (Art. 39 Abs. 1 EGBGB) gegenüber dem von ihm ermittelten Erben auf gesetzliche Vergütungsansprüche berufen kann, falls es nicht zu einer Honorarvereinbarung kommt, ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt. Der Senat hat sie in seinem Urteil vom 23. September 1999 im Hinblick auf die im Gefüge des Privatrechts angelegte Risikoverteilung beim Scheitern von Vertragsverhandlungen sowie auf sonst mögliche nicht sach- und interessengerechte Ergebnisse verneint (III ZR 322/98 - NJW 2000, 72 = LM Nr. 40 zu § 677 BGB mit im Ergebnis zustimmender Anmerkung Ehmann = JZ 2000, 521 mit ebenfalls im Ergebnis zustimmender Anmerkung Schultze = JuS 2000, 603 [LS] mit Besprechung Emmerich; ebenso BGH, Urteil vom 13. März 2003 - I ZR 143/00 - NJW 2003, 3046, 3048; OLG Frankfurt OLG-Report 1998, 375; Bamberger/Roth/Gehrlein, BGB, § 677 Rn. 12; Erman/Ehmann, BGB, 11. Aufl., § 677 Rn. 4; Jauernig/Mansel, BGB 11. Aufl., Rn. 7 vor § 677; MünchKomm/Seiler, BGB, 4. Aufl., § 677 Rn. 12; Palandt/Sprau, BGB, 65. Aufl. § 677 Rn. 7a; s. auch Falk, JuS 2003, 833, 838; Hau, NJW 2001, 2863, 2864; abweichend noch OLG Celle ZEV 1999, 449). Diese Erwägungen sind nach wie vor gültig. Der Senat hält deswegen trotz der - im Wesentlichen nur hinsichtlich des Begründungsansatzes - im Schrifttum teilweise daran geäußerten Kritik und auch ungeachtet dessen, dass der österreichische Oberste Gerichtshof sowie französische Gerichte für ihre jeweilige nationale Rechtslage entgegengesetzt entschieden haben, an seiner Beurteilung fest. Ein Verstoß gegen europäisches Recht liegt entgegen der Rechtsansicht der Nichtzulassungsbeschwerde fern. Eine Rechtsangleichung innerhalb der Europäischen Union ist in diesem Bereich nicht erreicht. Die Dienstleistungsfreiheit der Art. 49 ff. EG-Vertrag wird ersichtlich nicht schon deshalb verletzt, weil die jeweiligen nationalen Rechtsordnungen die Verjährungsfrage unterschiedlich beantworten.
2
1. Einen Aufwendungsersatzanspruch des beklagten Erbenermittlers gegen die Klägerinnen (Erbinnen) aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677, 683, 670 BGB) hat das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats (Senatsurteile vom 23. September 1999 - III ZR 322/98, NJW 2000, 72 f und vom 23. Februar 2006 - III ZR 209/05, NJW-RR 2006, 656) zutreffend abgelehnt. Für den vorliegenden Fall kommt hinzu, dass der Beklagte nach seinem eigenen - unstreitigen - Vorbringen zum Zwecke des Nachweises des Erbrechts der Brüder Sch. (Scheinerben) beauftragt worden und somit in deren Interesse tätig geworden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 143/00 Verkündet am:
13. März 2003
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Erbenermittler
UWG § 1; RBerG Art. 1 § 1 Abs. 1, § 5 Nr. 1
Auch beim Erbenermittler kann für die Einstufung als erlaubnispflichtige
Rechtsbesorgung angesichts dessen, daß nahezu alle Lebensbereiche rechtlich
durchdrungen sind und daher eine wirtschaftliche Betätigung kaum ohne
rechtsgeschäftliches Handeln möglich ist oder ohne rechtliche Wirkung bleibt,
nicht allein auf die rechtlichen Formen und Auswirkungen des Verhaltens abgestellt
werden. Erforderlich ist vielmehr eine abwägende Beurteilung des jeweils
beanstandeten Verhaltens danach, ob es sich bei ihm um Rechtsbesorgung
oder um eine Tätigkeit handelt, die ohne Beeinträchtigung ihrer Qualität oder
der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege und der zu ihrer Aufrechterhaltung benötigten
Rechtsberater auch von anderen Dienstleistern erfüllt werden kann.
BGH, Urt. v. 13. März 2003 - I ZR 143/00 - OLG Karlsruhe
LG Baden-Baden
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 13. März 2003 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann
und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und
Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 7. Juni 2000 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die klagende Rechtsanwaltskammer nimmt die Beklagten wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz (RBerG) und das UWG auf Unterlassung in Anspruch.
Die Beklagten sind Erbenermittler (Genealogen). Sie bezeichnen ihre Geschäftstätigkeit als "Internationale Erbenermittlungen, Bearbeitung von Nachlaßangelegenheiten". Über eine Erlaubnis gemäß Art. 1 § 1 RBerG verfügen sie nicht.
Mit Schreiben vom 29. Januar 1999 übersandten die Beklagten einer ermittelten Erbin den Entwurf einer Honorarvereinbarung sowie einer Vollmacht. Nach dieser sollten die Beklagten ermächtigt sein, die Erbin in allen den Nachlaß betreffenden Angelegenheiten zu vertreten, Ermittlungen von Verwandtschaftszusammenhängen durchzuführen, entsprechende Beweismittel zu beschaffen , für die Erbin Eigentumshandlungen jeder Art vorzunehmen, Eintragungen in das Grundbuch zu bewilligen und zu beantragen, die Werte in Empfang zu nehmen, darüber zu quittieren und Entlastung zu erteilen.
Die Klägerin erblickt hierin einen Verstoß der Beklagten gegen Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG und damit zugleich gegen § 1 UWG. Der Text der übersandten Vollmacht weise aus, daß sich an die von den Beklagten betriebene, erlaubnisfrei zulässige Erbenermittlung eine erlaubnispflichtige Rechtsberatung und Rechtsbesorgung im Rahmen der Nachlaßabwicklung, insbesondere durch die Vornahme von Eigentumshandlungen, die Bewilligung und Beantragung von Eintragungen in das Grundbuch, die Annahme von Werten sowie deren Quittierung und die Erteilung von Entlastung anschließe.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagten unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, in Nachlaßangelegenheiten rechtsberatend und rechtsbesorgend tätig zu werden, insbesondere es zu unterlassen,
Eigentumshandlungen jeder Art für potentielle Erben vorzunehmen, Eintragungen in das Grundbuch zu bewilligen und zu beantragen, Entlastungen zu erteilen, soweit keine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz vorliegt. Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten. Sie haben vorgetragen, die Vorbereitung eines Erbscheinsantrags, die in der Vollmacht enthaltenen Vollmachtshandlungen, mit denen der Erbe jeden Dritten beauftragen könne, sowie das Entgegennehmen von Werten stellten keine Rechtsberatung dar. Soweit dem Nachlaßpfleger Entlastung erteilt werde oder Grundbuchanträge zu stellen seien, handele es sich um völlig untergeordnete Tätigkeiten, die keiner Erlaubnis bedürften. Zumindest aber seien diese Tätigkeiten im Rahmen des Art. 1 § 5 RBerG, der am Schutz des Berufsbildes des Genealogen orientiert verfassungskonform auszulegen sei, zulässig.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben (OLG Karlsruhe ZEV 2001, 36).
Mit der Revision verfolgen die Beklagten ihren Antrag auf Klageabweisung weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat den von der Klägerin geltend gemachten Unterlassungsanspruch für gemäß § 1 UWG i.V. mit Art. 1 § 1 RBerG begründet erachtet. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Die Beklagten stellten im Berufungsrechtszug nicht mehr in Abrede, daß die Tätigkeiten, die sie nach der von ihnen an ermittelte Erben übersandten Vollmacht im Geschäftsverkehr anbieten würden, Rechtsbesorgungen i.S. von Art. 1 § 1 RBerG darstellten. Der geschäftsmäßigen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten im Sinne dieser Vorschrift unterfielen alle Tätigkeiten, die darauf gerichtet und geeignet seien, konkrete fremde Rechte zu verwirklichen oder konkrete fremde Rechtsverhältnisse zu gestalten. Der in Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG normierte Erlaubnisvorbehalt für rechtsberatende und rechtsbesorgende Tätigkeiten sei mit Art. 12 GG vereinbar. Für eine Anwendung des Art. 1 § 5 Nr. 1 RBerG fehle es an dem erforderlichen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der erlaubnisfreien Erbenermittlung und der danach angebotenen konkreten Rechtsberatung. Die Rechtsanwaltschaft verfüge auch über die erforderliche Kompetenz für die rechtsbesorgende und rechtsberatende Tätigkeit im Rahmen einer Nachlaßabwicklung. Die Heranziehung des Rechtsberatungsgesetzes scheide ferner nicht deshalb aus, weil Rechtsanwälte dem Verbot eines Erfolgshonorars unterlägen. Der dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 29. Oktober 1997 (BVerfGE 97, 12) zugrundeliegende Sachverhalt sei mit dem Streitfall nicht vergleichbar, da es dort um eine einfache kaufmännische Hilfstätigkeit gegangen sei, die keine Rechtskenntnisse erfordert habe. Die anwaltliche Tätigkeit im Rahmen der Nachlaßabwicklung stelle demgegenüber eine substantielle Rechtsberatung dar, die nicht erlaubnisfrei durchgeführt werden dürfe. Der Unterlassungsanspruch der Klägerin erstrecke
sich auch auf das Entgegennehmen von Nachlaßwerten, deren Quittierung und die Erteilung der Entlastung; denn diese Tätigkeiten stünden typischerweise im Zusammenhang mit der den Beklagten verbotenen Abwicklung von Nachlässen im Rahmen einer Erbauseinandersetzung.
II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1. Keine Bedenken bestehen dagegen, daß das Berufungsgericht von der Klagebefugnis der Klägerin nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG ausgegangen ist. Denn die Klägerin macht geltend, daß die Beklagten wettbewerbswidrig handeln , soweit sie sich mit den von ihnen angebotenen Nachlaßregulierungen in Wettbewerb mit den Mitgliedern der Klägerin stellen (vgl. BGH, Urt. v. 30.4.1997 - I ZR 154/95, GRUR 1997, 914, 915 = WRP 1997, 1051 - Die Besten

II).


2. Der Klageantrag ist jedoch in seiner abstrakten Form nicht hinreichend bestimmt und daher unzulässig. Der mit "insbesondere" eingeleitete Teil des Antrags genügt zwar den Anforderungen an die Bestimmtheit; das dort umschriebene Verhalten verstößt aber nicht stets gegen das Rechtsberatungsgesetz. Eine Reduzierung des Antrags auf die stets verbotenen Verhaltensweisen ist in der Revisionsinstanz nicht möglich.

a) Mit Recht rügt die Revision aber, daß der Klageantrag mit dem abstrakt gefaßten Klagebegehren ("in Nachlaßangelegenheiten rechtsberatend und rechtsbesorgend tätig zu werden") und damit auch der ihm entsprechende Urteilsausspruch den Bestimmtheitsanforderungen der § 253 Abs. 2 Nr. 2, § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO nicht genügen.
Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muß ein Unterlassungsantrag - und nach § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO eine darauf beruhende Verurteilung - so deutlich gefaßt sein, daß der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts klar umrissen sind, sich der Beklagte umfassend verteidigen kann und die Entscheidung darüber, was ihm verboten ist, nicht im Ergebnis dem Vollstreckungsgericht überlassen bleibt (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 24.11.1999 - I ZR 189/97, GRUR 2000, 438, 440 = WRP 2000, 389 - Gesetzeswiederholende Unterlassungsanträge; Urt. v. 6.12.2001 - I ZR 101/99, GRUR 2002, 993, 994 = WRP 2002, 970 - Wie bitte?!, m.w.N.). Unterlassungsanträge , die lediglich den Wortlaut eines Gesetzes wiederholen, erfüllen diese Voraussetzungen nur ausnahmsweise. So ist ein entsprechender Verbotsantrag dann hinreichend bestimmt, wenn bereits der gesetzliche Verbotstatbestand selbst entsprechend eindeutig und konkret gefaßt ist und auch zwischen den Parteien kein Streit besteht, welche von mehreren Verhaltensweisen ihm unterfällt (vgl. BGH, Urt. v. 2.4.1992 - I ZR 131/90, WRP 1992, 482, 483 - Ortspreis [insoweit in BGHZ 118, 1 nicht abgedruckt]; Köhler in Köhler /Piper, UWG, 3. Aufl., Vor § 13 Rdn. 284 m.w.N.). Dasselbe gilt, wenn der Anwendungsbereich einer Rechtsnorm durch eine gefestigte Auslegung geklärt und daher allein zu prüfen ist, ob der den Wortlaut der Norm wiederholende Klageantrag zu weit geht und mithin insoweit unbegründet ist (vgl. Köhler, Anm. zu BGH LM § 13 UWG Nr. 101 - Gesetzeswiederholende Unterlassungsanträge ), sowie dann, wenn der Kläger hinreichend deutlich macht, daß er nicht ein Verbot im Umfang des Gesetzeswortlauts beansprucht, sondern sich mit seinem Unterlassungsbegehren an der konkreten Verletzungshandlung orientiert (BGH, Urt. v. 9.11.2000 - I ZR 167/98, GRUR 2001, 529, 531 = WRP 2001, 531 - Herz-Kreislauf-Studie). Diesen Anforderungen entspricht der weitergehende abstrakte Teil des Klageantrags nicht.

b) Der mit "insbesondere" eingeleitete Teil des Klageantrags ist zwar hin- reichend bestimmt, geht aber sachlich zu weit. Die dort angeführten Beispielsfälle dienen zum einen dazu, das in erster Linie begehrte abstrakte Verbot zu erläutern; sie sollen zum anderen deutlich machen, daß Gegenstand des Klagebegehrens und damit Streitgegenstand nicht allein das umfassende abstrakte Verbot sein sollte, sondern - quasi hilfsweise - jedenfalls die Unterlassung der konkret beanstandeten Verhaltensweisen (vgl. BGH, Urt. v. 8.10.1998 - I ZR 94/97, WRP 1999, 509, 511 - Kaufpreis je nur 1,-- DM; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 8. Aufl., Kap. 51 Rdn. 36 f., je m.w.N.). In dieser konkretisierten Form ist der Antrag zwar in dem genannten Sinn hinreichend bestimmt, er geht aber - wie sich aus den Ausführungen zu nachstehend III. ergibt - sachlich zu weit, weil die danach zu untersagenden Verhaltensweisen nicht schlechthin, sondern nur unter bestimmten Voraussetzungen gegen das Rechtsberatungsgesetz verstoßen und damit wettbewerbswidrig sind. Die Abgrenzung des erlaubten vom verbotenen Tätigkeitsbereich erfordert in rechtlicher wie auch in tatsächlicher Hinsicht weitergehendes Vorbringen der Parteien und damit ein nochmaliges Tätigwerden des Tatrichters.
3. Die Klage kann beim derzeitigen Verfahrensstand allerdings auch nicht (teilweise als unzulässig, teilweise als unbegründet) abgewiesen werden. Die Fragen der Bestimmtheit des abstrakten Teils des Klageantrags und des sachlich zu weiten Umfangs des konkretisierten Klagebegehrens sind in den Vorinstanzen nicht angesprochen worden. Unter diesen Umständen hätte das Berufungsgericht der Klägerin nach § 139 Abs. 1 ZPO Gelegenheit geben müssen , ihren Klageantrag zu prüfen und gegebenenfalls neu zu fassen sowie sachdienlichen Vortrag dazu zu halten. Dementsprechend ist hier im Hinblick auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes und den Anspruch der Parteien auf ein faires Gerichtsverfahren von der Abweisung der Klage als unzulässig abzusehen (vgl. BGH GRUR 2000, 438, 441 - Gesetzeswiederholende Unterlas-
sungsanträge; BGH, Urt. v. 12.7.2001 - I ZR 261/98, GRUR 2002, 77, 78 = WRP 2002, 85 - Rechenzentrum; Urt. v. 12.7.2001 - I ZR 40/99, GRUR 2002, 86, 89 = WRP 2001, 1294 - Laubhefter, jeweils m.w.N.).
III. Danach ist auf die Revision der Beklagten das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Für das weitere Verfahren wird auf folgendes hingewiesen:
1. Ohne Erfolg stellt die Revision zur Überprüfung, ob die Vorschrift des Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG einer Überprüfung anhand der Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 GG standhält. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gehört die genannte Bestimmung zur verfassungsmäßigen Ordnung , wobei sie unter anderem durch den Gemeinwohlbelang gerechtfertigt ist, den Einzelnen und die Allgemeinheit vor nicht sachkundigem Rechtsrat zu schützen; auch genügt sie dem Gebot der Erforderlichkeit und entspricht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. BVerfGE 97, 12, 26 f. = NJW 1998, 3481; BVerfG NJW 2000, 1251; BRAK-Mitt. 2001, 80, 81; WRP 2002, 1423, 1424).
2. Ebenfalls vergebens wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, die von den Parteien übereinstimmend als erlaubnisfrei zulässig angesehene Tätigkeit des Erbensuchers umfasse nicht die Verhaltensweisen der Beklagten, welche die Klägerin zum Anlaß für die Erhebung der vorliegenden Klage genommen hat.
Die Erlaubnispflicht nach Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG für die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten gilt grundsätzlich für alle geschäftsmäßigen
Tätigkeiten, die darauf gerichtet und geeignet sind, konkrete fremde Rechte zu verwirklichen oder konkrete fremde Rechtsverhältnisse zu gestalten. Es ist daher zu fragen, ob die Tätigkeit überwiegend auf wirtschaftlichem Gebiet liegt und die Wahrnehmung wirtschaftlicher Belange bezweckt oder ob die rechtliche Seite der Angelegenheit im Vordergrund steht und es wesentlich um die Klärung rechtlicher Verhältnisse geht. Für die Einstufung als erlaubnispflichtige Rechtsbesorgung kann angesichts dessen, daß nahezu alle Lebensbereiche rechtlich durchdrungen sind und daher eine wirtschaftliche Betätigung kaum ohne rechtsgeschäftliches Handeln möglich ist oder ohne rechtliche Wirkung bleibt, nicht allein auf die rechtlichen Formen und Auswirkungen des Verhaltens abgestellt werden. Erforderlich ist vielmehr eine abwägende Beurteilung des jeweils beanstandeten Verhaltens danach, ob es sich bei ihm um Rechtsbesorgung oder um eine Tätigkeit handelt, die ohne Beeinträchtigung ihrer Qualität oder der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege und der zu ihrer Aufrechterhaltung benötigten Rechtsberater auch von anderen Dienstleistern erfüllt werden kann (vgl. BGH, Urt. v. 25.6.1998 - I ZR 62/96, GRUR 1998, 956, 957 = WRP 1998, 976 - Titelschutzanzeigen für Dritte; Urt. v. 30.3.2000 - I ZR 289/97, GRUR 2000, 729, 730 = WRP 2000, 727 - Sachverständigenbeauftragung; BGH GRUR 2002, 993, 995 - Wie bitte?!, jeweils m.w.N.). Dabei sind die öffentlichen Belange, die den Erlaubnisvorbehalt des Rechtsberatungsgesetzes rechtfertigen , gegen die Berufsfreiheit desjenigen abzuwägen, dem wegen des Fehlens einer entsprechenden Erlaubnis die Vornahme bestimmter Handlungen untersagt werden soll (BVerfG WRP 2002, 1423, 1425).
In diesem Zusammenhang ist insbesondere von Bedeutung, ob der Auftraggeber im Rahmen der Geschäftsbesorgung eine besondere rechtliche Prüfung des Inhalts des Geschäfts oder der mit diesem verbundenen Risiken ausdrücklich wünscht oder zumindest erkennbar erwartet. Die dementsprechende Erwartung richtet sich im Zweifel nach der Person und der Qualifikation des
Geschäftsbesorgers, nach den verkehrstypischen Gepflogenheiten und nach den objektiven Maßstäben des jeweiligen Geschäfts (BGH GRUR 2000, 729, 730 - Sachverständigenbeauftragung, m.w.N.). Eine nach dem Rechtsberatungsgesetz erlaubnispflichtige Rechtsbesorgung liegt vor, wenn die ordnungsgemäße Erfüllung der Tätigkeit eine umfassende Beratung auf mindestens einem Teilgebiet des Rechts auf der Grundlage von Kenntnissen und Fertigkeiten erfordert, die durch ein Studium oder durch langjährige Berufserfahrung vermittelt werden (vgl. BVerfGE 97, 12, 28 f.). Dem stehen solche Tätigkeiten wirtschaftlicher Art gegenüber, bei denen eine besondere rechtliche Prüfung weder verkehrsüblich noch im Einzelfall offensichtlich geboten noch auch vom Auftraggeber ausdrücklich gewünscht ist, sondern die notwendige rechtliche Betätigung in für die angesprochenen Verkehrskreise so geläufigen Bahnen verläuft, daß sie nicht mehr als ein Handeln auf dem Gebiet des Rechts empfunden wird (BGH, Urt. v. 16.3.1989 - I ZR 30/87, GRUR 1989, 437, 439 = WRP 1989, 508 - Erbensucher; BGH GRUR 2000, 729, 730 f. - Sachverständigenbeauftragung). Entsprechende kaufmännische Hilfstätigkeiten sind dadurch gekennzeichnet, daß sie typischerweise keine individuelle Beratung über rechtliche Sachverhalte unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls erfordern, daß sie nicht darauf gerichtet sind, dem Auftraggeber im Einzelfall bei auf dem Gebiet des Rechts liegenden Entscheidungsprozessen Hilfestellung zu leisten, daß die Aufgabenwahrnehmung keine maßgebliche rechtliche Vorbildung erfordert und daß sie sich auf eindeutige rechtliche Grundlagen stützen kann (vgl. BVerfGE 97, 12, 28-30; Birkenheier, Festschrift für Isensee, 2002, S. 149, 165). Allerdings ist bei kaufmännischen Hilfstätigkeiten ebenfalls zu fragen, ob die konkrete Tätigkeit im Einzelfall im Hinblick auf die das Rechtsberatungsgesetz tragenden Gemeinwohlbelange des Schutzes der Rechtssuchenden und des Schutzes der Rechtspflege nicht doch als "Hilfstätigkeit zur Rechtsberatung" in den Erlaubnisvorbehalt einzubeziehen ist (BVerfGE 97, 12, 30-32; Birkenheier aaO S. 166-173). Andererseits ist auch zu prüfen, ob ein sich danach ergeben-
des etwaiges Betätigungsverbot dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht (BVerfGE 97, 12, 32-34; Birkenheier aaO S. 174 f.).
3. Die Beklagten können sich zur Verteidigung ihres Standpunkts nicht auf die Bestimmung des Art. 1 § 5 Nr. 1 RBerG stützen. Danach greifen die Vorschriften des Rechtsberatungsgesetzes nicht ein, wenn ein kaufmännisches oder sonstiges gewerbliches Unternehmen für seine Kunden rechtliche Angelegenheiten erledigt, die mit einem Geschäft des Gewerbebetriebes in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Diese Regelung soll sicherstellen, daß Berufe, die ohne gleichzeitige Rechtsberatung nicht ausgeübt werden können, nicht am Rechtsberatungsgesetz scheitern (BGHZ 102, 128, 132; Grunewald, ZEV 2001, 37, 38 m.w.N.). Sie betrifft daher nicht nur solche Fälle, in denen die Haupttätigkeit des Unternehmers ohne die Erledigung rechtlicher Angelegenheiten für seine Kunden überhaupt unmöglich wäre, sondern gilt auch dann, wenn die Haupttätigkeit nicht sachgemäß erledigt werden könnte (BGHZ 102, 128, 134; BGH, Urt. v. 26.4.1994 - VI ZR 305/93, NJW-RR 1994, 1081, 1083). Dieses trifft für die Tätigkeit des Erbensuchers, der im Rahmen seines Hauptgeschäfts nicht zugleich als Nebengeschäft den Nachlaß abwickeln kann, jedoch nicht zu (vgl. BGH GRUR 1989, 437, 438 f. - Erbensucher). Dem steht nicht entgegen, daß der Erbensucher von einem von ihm ermittelten Erben keinerlei Vergütung beanspruchen kann, wenn dieser, ohne eine Honorarvereinbarung abzuschließen, aufgrund der erteilten Informationen den Nachlaß selbst auffindet (vgl. BGH, Urt. v. 23.9.1999 - III ZR 322/98, NJW 2000, 72 f.). Das insoweit für den Erbensucher selbst bei erfolgreicher Erbenermittlung bestehende Geschäftsrisiko rechtfertigt es nicht, das Rechtsberatungsgesetz in einer seinen Schutzzwecken widersprechenden Weise auszulegen (Grunewald aaO S. 38). Außerdem steht der Umstand, daß die Nachlaßabwicklung jedenfalls nicht ohne weiteres erlaubnisfrei vorgenommen werden kann, einer sinnvollen Arbeitsteilung zwischen Rechtsanwälten und Erbensuchern in diesem Bereich geschäftlicher
Betätigung nicht entgegen (a.A. Kleine-Cosack, NJW 2000, 1593, 1601). Denn auch hier besteht in vielen Fällen noch ein Bedarf an genealogischen Informationen , die der Rechtsanwalt, da er regelmäßig über kein entsprechendes Archiv verfügt, nur durch die Einschaltung eines Erbenermittlers erlangen kann (vgl. Grunewald aaO S. 38).
4. Nach den Ausführungen zu vorstehend 2. reichte allerdings ein Gebot an die Beklagten, sich im Rahmen der Abwicklung von Nachlässen jeglicher Betätigung zu enthalten, zu weit. Auch eine Abgrenzung der den Beklagten erlaubten Geschäftsbesorgungen ihrer Art nach - etwa danach, ob ein vom Gericht bestellter Nachlaßpfleger für das betreffende Geschäft gemäß § 1960 Abs. 2, §§ 1962, 1915, 1812, 1821, 1822 BGB einer gerichtlichen Genehmigung bedürfte - scheidet aus. Denn die genannten Bestimmungen dienen ausschließlich dem Interesse an der Erhaltung des verwalteten Vermögens, während die Erlaubnispflicht nach dem Rechtsberatungsgesetz sich auf diejenigen Geschäfte bezieht, in denen eine rechtliche Prüfung und gegebenenfalls eine rechtliche Beratung gewünscht oder jedenfalls erkennbar erwartet wird. Dies kann bei von der Genehmigung durch das Vormundschafts- bzw. Nachlaßgericht abhängigen Geschäften der Fall sein, wenn es sich dabei nicht um reine kaufmännische Hilfstätigkeiten handelt.
Aus den bereits dargelegten Gründen kann entgegen der Auffassung der Revision umgekehrt aber ebensowenig davon ausgegangen werden, daß auf die Eintragung der Rechtsnachfolge in das Grundbuch und die Erteilung eines Erbscheins gerichtete Anträge oder gar "Eigentumshandlungen jeder Art" erlaubnisfrei zulässig seien. Bei der Verwertung und Auseinandersetzung umfangreicher Nachlässe, zu denen etwa Unternehmen oder Unternehmensbeteiligungen gehören, kann eine umfangreiche rechtliche Prüfung üblich oder geboten sein. Maßgebend sind auch insoweit die gesamten Umstände des jewei-
ligen Einzelfalles, wobei dem Wert der betroffenen Vermögensgegenstände eine zwar nicht zu vernachlässigende, aber keineswegs allein ausschlaggebende Bedeutung zukommt. So setzt etwa die zum Zwecke der Erbauseinandersetzung erfolgende Veräußerung zwar wertvoller, aber gut handelbarer Wirtschaftsgüter wie etwa von Kraftfahrzeugen, Antiquitäten oder Schmuckstücken grundsätzlich keine Prüfung voraus, ob damit rechtliche Nachteile verbunden sein können, und ist deren Veräußerung unter dieser Voraussetzung daher ebenso erlaubnisfrei wie etwa regelmäßig die Auflösung eines Haushalts. Jedoch kann in solchen Fällen - gegebenenfalls auch bei niedrigen Werten - etwa im Hinblick auf vom Erblasser getroffene Verfügungen, die entgegenstehen könnten, eine rechtliche Überprüfung ebenfalls geboten erscheinen. In gleicher Weise kann das Anbringen von auf die Berichtigung des Grundbuchs und die Erteilung von Erbscheinen gerichteten Anträgen, selbst wenn es vielfach routinemäßig erfolgen wird, im Einzelfall eine vorherige rechtliche Prüfung und Beratung voraussetzen. Auch die Erteilung von Entlastungen wird nach den genannten Grundsätzen keinesfalls stets ohne eine vorangegangene rechtliche Überprüfung durch eine zur Rechtsberatung zugelassene Person erfolgen können. In gleicher Weise wird die Auseinandersetzung zwischen mehreren Erben, wenngleich sie vielfach unproblematisch sein mag, in nicht wenigen Fällen bei der Anwendung der einschlägigen und jedenfalls bei komplizierten Fallagen durchaus nicht einfach zu handhabenden Bestimmungen der §§ 2042 ff. BGB und der in § 2042 Abs. 2 BGB in Bezug genommenen Vorschriften des Rechts der Bruchteilsgemeinschaft in rechtlicher Hinsicht Probleme aufwerfen, die eine qualifizierte rechtliche Prüfung und Beratung geboten erscheinen lassen.
5. Angesichts des mit der Regelung des Art. 1 § 1 RBerG insbesondere bezweckten Schutzes des einzelnen sowie der Allgemeinheit vor nicht sachkundigem Rechtsrat stellte ein Verstoß gegen diese Bestimmung zugleich ein nach § 1 UWG wettbewerbswidriges Verhalten dar (vgl. BGH GRUR 1989, 437,
438 - Erbensucher; Großkomm.UWG/Teplitzky, § 1 Rdn. G 116 m.w.N. in Fn. 479). Ein entsprechendes Verhalten der Beklagten wäre im Hinblick auf den Rang des dadurch betroffenen Rechtsguts zudem geeignet, den Wettbewerb auf dem betreffenden Markt i.S. des § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG wesentlich zu beeinträchtigen (vgl. Köhler in Köhler/Piper aaO § 13 Rdn. 16 m.w.N. zu der st. Rspr. in den Fällen, in denen die Volksgesundheit betroffen ist).
Ullmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Schaffert
14
Des Weiteren ist das Berufungsgericht bei seiner Beurteilung mit Recht davon ausgegangen, dass dem Erbensucher für die je nach den Umständen des Einzelfalls mehr oder weniger zeit- und kostenaufwändige Tätigkeit, die er entfaltet hat, um einen bislang unbekannten Erben zu ermitteln, kein Vergütungsanspruch zusteht, wenn ihm kein entsprechender Auftrag erteilt worden ist. Er hat gegen den ermittelten Erben insbesondere keine Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag und aus ungerechtfertigter Bereicherung (vgl. BGH, Urt. v. 23.9.1999 - III ZR 322/98, NJW 2000, 72 f.; BGH, Urt. v. 13.3.2003 - I ZR 143/00, GRUR 2003, 886, 888 = WRP 2003, 1103 - Erbenermittler; BGH, Beschl. v. 23.2.2006 - III ZR 209/05, NJW-RR 2006, 656 Tz 5 m.w.N.). Der Er- benermittler ist daher, wenn er nicht lediglich darauf hoffen will, dass ihm der ermittelte Erbe in Anerkennung seiner erfolgreichen Bemühungen freiwillig eine Art "Finderlohn" zukommen lässt, darauf angewiesen, seine Vorleistungen bei der Erbringung weiterer Dienste für den Erben gewinnbringend zu verwerten. Seine Dienste werden regelmäßig - je nach den Umständen des Einzelfalls mehr oder weniger - neben erlaubnisfrei auszuführenden geschäftsbesorgenden Tätigkeiten rein wirtschaftlicher Art auch solche Tätigkeiten betreffen, die teilweise oder ganz auf rechtlichem Gebiet liegen. Dementsprechend würde der Beklagte durch das von der Klägerin erstrebte Verbot, den von ihm ermittelten Erben bei der Nachlassabwicklung andere als geschäftsbesorgende Tätigkeiten in dem zuerst genannten Sinne anzubieten, d.h. rechtsbesorgende Tätigkeiten von seinem unaufgefordert abgegebenen Leistungsangebot auszunehmen, bei der Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit unverhältnismäßig beeinträchtigt.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Wird ein Rechtsgeschäft unter einer aufschiebenden Bedingung vorgenommen, so tritt die von der Bedingung abhängig gemachte Wirkung mit dem Eintritt der Bedingung ein.

(2) Wird ein Rechtsgeschäft unter einer auflösenden Bedingung vorgenommen, so endigt mit dem Eintritt der Bedingung die Wirkung des Rechtsgeschäfts; mit diesem Zeitpunkt tritt der frühere Rechtszustand wieder ein.

(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss

1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und
2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.

(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) Zweifel bei der Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen zu Lasten des Verwenders.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 118/03
Verkündet am:
11. Dezember 2003
F r e i t a g
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Zur Frage, ob beim Beitritt eines Vermögensanlegers zu einem geschlossenen
Immobilienfonds eine in dem Prospekt der aufnehmenden Gesellschaft
enthaltene Klausel Vertragsbestandteil wird, die eine Haftungsbegrenzung
(hier: Verkürzung der Verjährungsfrist) auch zugunsten der beim Vertrieb der
Vermögensanlage tätig gewordenen selbständigen Unternehmer vorsieht.
BGH, Urteil vom 11. Dezember 2003 - III ZR 118/03 - OLG Hamm
LG Essen
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 11. Dezember 2003 durch die Richter Dr. Wurm, Streck, Schlick,
Dr. Kapsa und Galke

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 25. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 5. Februar 2003 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand


Der Kläger zeichnete mit Beitrittserklärung vom 12. November 1986, die am 20. desselben Monats angenommen wurde, eine Beteiligung als Kommanditist mit einem Betrag von 200.000 DM an der Wohnhaus M. KG ... Garagen GmbH & Co. (" -Fonds Nr. 16"; im folgenden: Objektgesellschaft ). Diese Kapitalanlage war dem Kläger durch die Rechtsvorgängerin der Beklagten (im folgenden: Beklagte) vermittelt worden, die - als "Generalvertrieb" - dem Kläger Anfang November 1986 den von der Objektgesellschaft herausgegebenen Prospekt übersandt hatte.

Nach dem vorformulierten Text des Zeichnungsscheins vom 12./20. November 1986 erkennt der Anleger unter anderem an, den Emissionsprospekt erhalten und zur Kenntnis genommen zu haben. Weiter heißt es: "Mit dem Haftungsvorbehalt im Emissionsprospekt erkläre ich mich einverstanden." Der Prospekt selbst enthält im Abschnitt "Vertragliche Leistungen und vorgesehene Partner" einen (mit entsprechender Überschrift in halbfettem Druck versehenen ) "Angaben- und Haftungsvorbehalt", mit unter anderem folgendem Inhalt:
"... Die Haftung der gegenwärtigen und zukünftigen Vertragspartner , einschließlich der Vertriebsgesellschaft oder der von ihr Beauftragten und deren Mitarbeiter, für unrichtige oder unvollständige Prospektangaben oder für Verletzung eventuell bestehender Aufklärungs- und Hinweispflichten gegenüber dem Zeichner ist auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt ... Eventuelle Ersatzansprüche gegen die vorgenannten Personen, Gesellschaften oder Gesellschafter, gleichgültig aus welchem Rechtsgrund, verjähren vorbehaltlich kürzerer gesetzlicher oder vertraglicher Fristen in sechs Monaten nach Kenntniserlangung durch den Zeichner, spätestens in drei Jahren seit dem Beitritt zur Gesellschaft."
Die Objektgesellschaft geriet im Laufe der Zeit in finanzielle Schwierigkeiten. Zur Abwendung der drohenden Zahlungsunfähigkeit wurde im Jahre 1999 eine Herabsetzung des Pflichtkapitals mit anschließender Erhöhung der Pflichteinlagen beschlossen, wodurch das Altkapital etwa 85 % seines ursprünglichen Werts verlor.
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Schadensersatz in Anspruch. Er macht geltend, die Beklagte, die ihm gegenüber als Anlageberaterin tätig ge-
worden sei, habe ihm bei der Vermittlung der Vermögensanlage wesentliche Umstände verschwiegen, wegen deren die Immobilie einen wesentlich geringeren Wert gehabt habe als nach dem Prospekt angenommen werden konnte. Hilfsweise stützt der Kläger seinen Schadensersatzanspruch auf die Verletzung eines Vermögensverwaltungsvertrages, der im Anschluß an die Zeichnung der Anlage zwischen ihm und der Beklagten zustande gekommen sei.
Landgericht und Oberlandesgericht haben die auf Zahlung von 146.600 DM (Einlage von 200.000 DM zuzüglich 10.000 DM Agio, abzüglich in den Jahren 1992 bis 1998 erhaltener "Liquiditätsausschüttungen" von insgesamt 63.400 DM), Zug um Zug gegen Übertragung des Fondsanteils, gerichtete Klage abgewiesen. Mit der - vom Oberlandesgericht zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger seinen Klageanspruch weiter.

Entscheidungsgründe


Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


Die Revision meint, das Urteil des Berufungsgerichts unterliege bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen der Aufhebung, weil es nicht erkennen lasse , welches Ziel der Kläger mit der Berufung verfolgt habe. Diese Rüge ist unbegründet. Zwar ist auch nach neuem Recht eine Aufnahme der Berufungsan-
träge in das Berufungsurteil nicht entbehrlich (BGH, Urteil vom 26. März 2003 - VIII ZR 262/02 - NJW 2003, 1743). Der Antrag braucht aber nicht unbedingt wörtlich wiedergegeben zu werden. Es genügt, wenn aus dem Zusammenhang sinngemäß deutlich wird, was der Berufungskläger mit seinem Rechtsmittel erstrebt hat (BGH aaO). Vorliegend kann das Berufungsurteil, das auf die tatsächlichen Feststellungen der angefochtenen Entscheidung des Landgerichts Bezug nimmt und hinzufügt, daß "Änderungen oder Ergänzungen nicht veranlaßt" seien, nur in dem Sinne verstanden werden, daß der Kläger im Berufungsverfahren seinen vom Landgericht abgewiesenen Klageantrag weiterverfolgt hat.

II.


1. Das Berufungsgericht geht davon aus, ohne hierzu abschließende Feststellungen zu treffen, daß zwischen den Parteien ein "Anlageberatungsvertrag oder Auskunftsvertrag" zustande gekommen sei, wobei es für den Zeitpunkt des Abschlusses auf den Zugang des von der Beklagten an den Kläger übersandten Prospekts ankomme. Ein etwaiger Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte wegen Verletzung dieses Vertrages sei aufgrund der im Anlageprospekt enthaltenen und im Zusammenhang mit dem Beitritt des Klägers zu der Objektgesellschaft (nachträglich) vereinbarten "zeitlichen Beschränkung der Haftung ... mittels der Verjährungsregelung auch zugunsten der Beklagten" nach Ablauf von drei Jahren seit dem Beitritt des Klägers verjährt. Zwar habe es sich bei den betreffenden Passagen im Prospekt für den -Fonds Nr. 16 nicht (wie das Landgericht angenommen hatte) um Allgemeine Geschäftsbedingungen der Beklagten gehandelt, sondern um solche der
Objektgesellschaft des Anlagemodells als Herausgeberin des Prospekts. Die AGB der Objektgesellschaft enthielten jedoch eine Regelung der Verjährung auch zugunsten der Beklagten, sei es als der "Vertriebsgesellschaft" im Sinne der Regelung, sei es als der von der Vertriebsgesellschaft "Beauftragten". Die im Abschnitt "Angaben- und Haftungsvorbehalt" enthaltenen Geschäftsbedingungen seien wirksam in den Beitrittsvertrag zwischen dem Kläger und der Objektgesellschaft einbezogen worden; durch den Prospekt sei auf sie hingewiesen und seien sie bekannt gemacht worden. Das Einverständnis des Klägers mit den Geschäftsbedingungen ergebe sich aus seinem Beitritt zur Gesellschaft. Die "zeitliche Haftungsbeschränkung" sei auch wirksam. Weder verstoße die Klausel, die durch einen aufmerksamen und sorgfältigen Vertragspartner ohne besondere Schwierigkeiten wahrzunehmen und zu verstehen sei, gegen das sogenannte Transparenzgebot, noch sei sie überraschend im Sinne des § 3 des AGB-Gesetzes: Es fehle schon am Überraschungsmoment, weil vom Durchschnittskunden zu erwarten sei, daß er einen Prospekt, der Grundlage seiner Anlageentscheidung sei, lese und damit auch die Regelungen im Abschnitt "Angaben- und Haftungsvorbehalt", selbst wenn sich für die Frage der Verjährung keine eigene Überschrift finde, zur Kenntnis nehme. Der Kläger habe den Prospekt nach seinem eigenen Vorbringen "durchgearbeitet". Die Verjährungsklausel sei auch nicht ungewöhnlich. Vielmehr sei es interessengerecht und geradezu naheliegend, die Haftung von Vermittlern von Kapitalanlagen in Abweichung von der 30jährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB a.F. zeitlich zu beschränken. Abgesehen davon, daß der Durchschnittskunde ohne rechtliche Kenntnisse ohnehin nicht erwarten werde, daß ihm der Anlagevermittler gegebenenfalls noch nach Jahrzehnten hafte, gleiche die in den Bedingungen getroffene Verjährungsregelung die zeitliche Haftung des Vermittlers der der Prospektverantwortlichen in den Fällen des Beitritts zu einer Publi-
kums-KG an. Auch Rechtsanwälten und Steuerberatern, die Anlageberatung vornähmen, kämen die gegenüber der 30jährigen Verjährung wesentlich kürzeren Verjährungsfristen ihres jeweiligen Berufsrechts zugute. Darüber hinaus werde die Feststellung der Tatsachen für eine Pflichtverletzung durch gegebenenfalls unterlassene Aufklärung im Laufe der Zeit immer unsicherer. Aus diesen Gesichtspunkten sei die Klausel nicht nur nicht ungewöhnlich, sondern sie bedeute auch keine unangemessene Benachteiligung des Zeichners im Sinne von § 9 AGBG a.F.
Allerdings handele es sich um eine nachträglich mit dem Beitritt vereinbarte Haftungsbeschränkung. Das mache sie aber - jedenfalls hier - nicht überraschend , weil die erste von der Beklagten entfaltete Tätigkeit darin bestanden habe, kommentarlos den Prospekt zu übersenden, aus dem sich die - für den aufmerksamen und sorgfältigen Vertragspartner wahrzunehmende und zu verstehende - zeitliche Haftungsbeschränkung des Vermittlers für den Fall der Zeichnung in der Sache von Anfang an ergeben habe; deshalb sei in diesem Zusammenhang auch keine sogenannte Verwahrungserklärung erforderlich gewesen.
2. Diese Ausführungen halten in einem entscheidenden Punkt der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Es begegnet im Ausgangspunkt keinen rechtlichen Bedenken, daß die nach dem hier noch anwendbaren früheren Recht für Schadensersatzansprüche des Anlegers gegen den Anlagevermittler oder Anlageberater (zur Abgrenzung vgl. Senatsurteil vom 13. Mai 1993 - III ZR 25/92 - VersR 1993, 1104 f) im Regelfall geltende 30jährige Verjährungsfrist nach § 195 BGB a.F.
(BGHZ 83, 222, 227; BGH, Urteil vom 27. Juni 1984 - IVa ZR 231/82 - WM 1984, 1075, 1077) rechtsgeschäftlich - selbst in Allgemeinen Geschäftsbedingungen - abgekürzt werden konnte (§ 225 Satz 2 BGB a.F.; BGH, Urteil vom 27. Juni 1984 aaO; Palandt/Heinrichs BGB 61. Aufl. § 225 Rn. 4).
Es war und ist im Grundsatz auch nicht ausgeschlossen, daß eine solche Erleichterung der Verjährung von einem Vertragspartner gegenüber dem anderen Vertragspartner zum Schutz eines Dritten ausbedungen wird (vgl. BGH, Urteile vom 12. März 1985 - VI ZR 182/83 - ZIP 1985, 1252, 1253 f und vom 6. Juli 1995 - I ZR 123/93 - NJW 1995, 2991; P. Ulmer in Ulmer/Brandner/ Hensen AGBG 9. Aufl. § 2 Rn. 69; Wolf in Wolf/Horn/Lindacher AGBG 4. Aufl. § 11 Nr. 7 Rz. 19 ff).

b) Es kann revisionsrechtlich auch davon ausgegangen werden, daß beim Beitritt des Klägers zu dem " -Fonds Nr. 16" durch die Unterschriften des Klägers und der persönlich haftenden Gesellschafterin der Objektgesellschaft vom 12. und 20. November 1986 unter den "Zeichnungsschein" die in dem Prospekt der Objektgesellschaft unter "Vertragliche Leistungen und vorgesehene Partner" am Schluß des "Angaben- und Haftungsvorbehalts" getroffene Regelung über die Verjährung eventueller Ersatzansprüche - und zwar auch solcher gegen die am Vertrieb beteiligten Personen - in den (Beitritts )Vertrag einbezogen worden ist.
Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 AGBG können Allgemeine Geschäftsbedingungen unter anderem dann Bestandteil eines Vertrages werden, wenn der Verwender bei Vertragsabschluß die andere Vertragspartei ausdrücklich auf sie hinweist. Diesem Erfordernis kann hier entgegen den Beanstandungen der Revision
dadurch Genüge getan sein, daß - was das Berufungsgericht nach dem Zusammenhang seiner Ausführungen ersichtlich auch feststellen will - der Zeichnungsschein die vorformulierte Bestätigung des Anlegers, unter anderem den Emissionsprospekt erhalten zu haben, enthielt, verbunden mit dessen ebenfalls vorformulierter Erklärung, "mit dem Haftungsvorbehalt im Emissionsprospekt ... einverstanden" zu sein.

c) Es mag auch sein, ohne daß dies weiter vertieft zu werden braucht, daß der auf die beschriebene Art und Weise in den Vertrag über den Beitritt zur Objektgesellschaft einbezogene "Haftungsvorbehalt" als solcher - jedenfalls die darin enthaltene Verjährungsregelung (Verjährungsverkürzung), und zwar auch soweit sie Drittunternehmen einschließlich der am Vertrieb beteiligten Gesellschaften, miteinbezog - für den maßgeblichen durchschnittlichen Kundenkreis genügend klar und verständlich war, mit der Folge daß die Einbeziehung der vorliegenden Verjährungsklausel nicht schon an dem sog. Transparenzgebot , das zugleich Maßstab der Inhaltskontrolle Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist (jetzt: § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB n.F.; vgl. BGHZ 106, 42, 49; 106, 259, 264 f; 136, 394, 401 f und BGH, Urteil vom 19. Oktober 1999 - XI ZR 8/99 - NJW 2000, 651 f; Palandt/Heinrichs aaO 63. Aufl. § 305 Rn. 41; ders. aaO § 307 Rn. 16 ff; Staudinger/Schlosser BGB 13. Bearb. § 2 AGBG Rn. 27 ff; Staudinger/Coester aaO § 9 AGBG Rn. 121 ff), scheiterte.

d) Letzteres kann offenbleiben, weil die in dem "Haftungsvorbehalt" enthaltene Verkürzung der Verjährungsfrist - soweit sie nicht nur zugunsten der Objektgesellschaft als Prospektherausgebererin, sondern auch zugunsten "der gegenwärtigen und zukünftigen Vertragspartner, einschließlich der Vertriebsgesellschaft oder der von ihr Beauftragten und deren Mitarbeiter" gelten soll -
entgegen der Würdigung des Berufungsgerichts jedenfalls als überraschende Klausel gemäß § 3 AGBG ungültig ist.
Nach dieser - im neuen Recht durch § 305c Abs. 1 BGB n.F. ersetzten - Vorschrift werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags so ungewöhnlich sind, daß der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil.
aa) Überraschenden Charakter im Sinne dieser Vorschrift hat eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen dann, wenn sie von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweicht und dieser mit ihr den Umständen nach vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht (vgl. BGHZ 130, 19, 25 ff; 132, 6, 8; BGH, Urteil vom 16. Dezember 1999 - IX ZR 36/98 - NJW 2000, 1179, 1181 f). Die Erwartungen des Vertragspartners werden von allgemeinen und individuellen Begleitumständen des Vertragsabschlusses bestimmt. Hierzu zählen der Grad der Abweichung vom dispositiven Gesetzesrecht und die für den Geschäftskreis übliche Gestaltung einerseits, Gang und Inhalt der Vertragsverhandlungen sowie der äußere Zuschnitt des Vertrags andererseits (vgl. BGHZ 130, 19, 25; BGH, Urteil vom 21. Juni 2001 - IX ZR 69/00 - NJW-RR 2002, 485, 486; BAG NJW 2000, 3299 f).
bb) Im vorliegenden Fall konnte ein durchschnittlicher Anlageinteressent auf der Grundlage eines von der Objektgesellschaft herausgegebenen Prospekts mit Angaben über die "vertraglichen Leistungen" zwar damit rechnen, daß sein Vertragspartner (die Objektgesellschaft bzw. deren persönlich haftende Gesellschafterin) in gewissem - gesetzlich möglichen - Umfang seine Ein-
standspflicht für den herausgegebenen Prospekt und sonstige (eigene bzw. ihm zuzurechnende) Pflichtverletzungen einzuschränken versuchte. Dies gilt auch für eine Begrenzung der gesetzlichen Verjährungszeit auf einen auch unter Berücksichtigung der Interessen des Anlegers noch angemessenen zeitlichen Rahmen.
Der durchschnittliche Anleger brauchte dagegen nicht damit zu rechnen, daß sein mit einem Anlageprospekt operierender Vertragspartner - die Objektgesellschaft , der er beitreten sollte - den Prospekt mit dem darin enthaltenen "Kleingedruckten" benutzen würde, um zugleich auch auf den Inhalt weiterer selbständiger Vertragsverhältnisse des Anlegers zu Dritten Einfluß zu nehmen, die bei der Anbahnung der Vertragsbeziehung oder im Rahmen des Anlagemodells mit dem Anleger in Berührung kommen konnten. Sieht man einmal von dem - hier nicht gegebenen - Fall ab, daß der Prospekt des Anlagemodells für die vom Anleger gegebenenfalls einzugehenden weiteren Rechtsverhältnisse vorformulierte Vertragstexte enthält, so ist die Regelung solcher (weiteren) Vertragsverhältnisse im allgemeinen grundsätzlich Sache des Anlegers selbst beziehungsweise der betreffenden - unter Umständen mit eigenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen operierenden - Vertragspartner.
Dies galt aus der Sicht des Klägers auch und gerade für ein etwaiges Vertragsverhältnis zu einem Anlagevermittler oder Anlageberater, auch soweit er als Vertriebsgesellschaft für das Anlagemodell unter Überreichung eines von der Objektgesellschaft dieses Modells herausgegebenen Prospekts - also ohne die Verwendung eigener Allgemeiner Geschäftsbedingungen gegenüber dem Anlageinteressenten - auftrat. Der Umstand, daß der Anlagevermittler/-berater möglicherweise als mit dem Prospektherausgeber "in einem Lager" stehend
erschien, rückte ihn nicht allgemein in eine solche Nähe zu dem Vertrag zwischen Anleger und Objektgesellschaft, daß für den Anleger ohne weiteres nahegelegen hätte, dieser Vertrag könnte (auch) Regelungen zur Begrenzung der Haftung des Anlagevermittlers/-beraters enthalten. Verbreitet und anerkannt ist allerdings die Erstreckung formularmäßiger vertraglicher Haftungsbeschränkungen auf den Arbeitnehmer des begünstigten Vertragspartners (vgl. BGB Urteil vom 12. März 1985 aaO), auch auf Arbeitnehmern ähnelnde Erfüllungsgehilfen (vgl. - für den vom Spediteur eingeschalteten Frachtführer - BGH, Urteil vom 6. Juli 1995 aaO). Mit solchen Fallgestaltungen, bei denen das Interesse der einen Vertragspartei typischerweise dahingeht, Erfüllungsgehilfen, insbesondere sozial abhängige Hilfspersonen, in den Schutz des Vertrages miteinzubeziehen, ist aber der Vertragsschluß, der zur Beteiligung eines Anlegers an einem Anlagemodell führt - was das Rechtsverhältnis zu einem beim Vertrieb tätig gewordenen Anlagevermittler/-berater angeht - nicht allgemein vergleichbar. Der Anlagevermittler wird bei dem Vermittlungsvorgang als selbständiger Unternehmer in eigenem Namen auf eigene Rechnung tätig. Art und Umfang seiner vertraglichen Verpflichtungen gegenüber dem Anlageinteressenten richten sich nach den konkreten Umständen des insoweit jeweils selbständig begründeten Vertragsverhältnisses. Erst recht gilt dies für den Fall, daß das Vertragsverhältnis zwischen dem Vermittler und dem Anlageinteressenten den Charakter eines Beratungsvertrages angenommen hat.
Insbesondere brauchte der Kläger nicht damit zu rechnen, daß - wie es hier nach der vom Berufungsgericht angenommenen Vertragslage der Fall war - mit seinem Beitritt zur Objektgesellschaft durch die "Zeichnung" vom 12./20. November 1986 auch das (nach dem im Revisionsverfahren zu unterstellenden Sachverhalt) bereits bestehende Vertragsverhältnis zu dem tätig
gewordenen Anlagevermittler bzw. Anlageberater geändert, nämlich die in diesem Rechtsverhältnis geltende Verjährungsfrist verkürzt würde.
cc) Zu Unrecht stellt das Berufungsgericht den dargestellten Überraschungseffekt mit dem Argument in Abrede, es sei vom Durchschnittskunden zu erwarten gewesen, daß er den Anlageprospekt einschließlich des Abschnitts "Angaben- und Haftungsvorbehalt" lese. Diese Bemerkung des Berufungsgerichts läßt ebenso wie dessen Hinweis darauf, daß der Kläger nach seinem eigenen Vorgehen den Prospekt "durchgearbeitet" habe, unberührt, daß nach dem äußeren Zuschnitt des für das vorliegende Anlagemodell maßgeblichen ("Zeichnungs"-)Vorgangs auf einen - in gewissem Umfang durch Allgemeine Geschäftsbedingungen der aufnehmenden Objektgesellschaft ausgestalteten - Vertrag über den Beitritt des Anlegers zu einem geschlossenen Immmobilienfonds als Kommanditist nur Rechte und Pflichten des (eintretenden ) Anlegers und der (aufnehmenden) Objektgesellschaft zu regeln waren. Angesichts dieses allgemeinen Gesamteindrucks war bei Anlegung eines objektiv -typisierenden Maßstabs (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juni 2001 aaO S. 485
f) die zusätzliche Regelung auch von Haftungsfragen, sogar einer Verjährungsbegrenzung , im Verhältnis zu dem am Beitrittsvertrag nicht beteiligten "Vertrieb" (als Anlagevermittler oder Anlageberater gegenüber dem Anlageinteressenten ) durchaus überraschend.
Der Überraschungscharakter einer derart ungewöhnlichen - nicht vertragstypkonformen - Klausel ist im allgemeinen nur dann beseitigt, wenn sie - wenigstens (vgl. BGHZ 131, 55) - drucktechnisch so hervorgehoben ist, daß erwartet werden kann, der Gegner des Verwenders werde von ihr Kenntnis
nehmen (BGH, Urteil vom 21. Juni 2001 aaO S. 487; Palandt/Heinrichs aaO 63. Aufl. § 305c Rn. 4). Daran fehlte es hier.
dd) Was die subjektive Seite des Klägers angeht, konnte daher bei dieser Sachlage entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts der Schutz des § 3 AGBG (jetzt: § 305c Abs. 1 BGB n.F.) nur entfallen, wenn er beim "Durcharbeiten" der Allgemeinen Geschäftsbedingungen die beabsichtigte Reichweite der Verjährungsregelung - auch im Verhältnis zur Vertriebsgesellschaft - für den Fall seines Beitritts positiv erkannt und erfaßt hätte (vgl. BGH, Urteil vom 1. März 1978 - VIII ZR 70/77 - NJW 1978, 1519 f; Palandt/Heinrichs aaO). Das Berufungsurteil enthält in dieser Richtung keine Feststellungen.

III.


Da danach die (hinsichtlich des Hauptanspruchs) allein auf Verjährung gestützte Abweisung der Klage durch das Berufungsgericht keinen Bestand haben kann und es an einer abschließenden Prüfung des Anspruchs durch den Tatrichter im übrigen fehlt, muß die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.
Auf die weiteren Ausführungen des Berufungsgerichts, mit denen es die Hilfsbegründung des Klägers für den geltend gemachten Schadensersatzanspruch zurückgewiesen hat, und auf die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision kommt es bei dieser Sachlage nicht an.
Wurm Streck Schlick
Kapsa Galke

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 13. Dezember 2013 aufgehoben.

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Dresden vom 28. Januar 2013 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens trägt der Beklagte.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt vom Beklagten aus abgetretenem Recht die Zahlung restlichen Werklohns. Der Beklagte meint, diesen aufgrund einer in dem zu Grunde liegenden Bauvertrag enthaltenen Stoffpreisgleitklausel nicht zu schulden.

2

Die Rechtsvorgängerin der Klägerin, eine aus der B.B.I.-GmbH und der Klägerin bestehende Bietergemeinschaft (im Folgenden: ARGE), erhielt im Jahre 2009 im Zuge einer europaweiten öffentlichen Ausschreibung von dem Beklagten den Zuschlag für Brücken- und Straßenbauleistungen.

3

Gegenstand der Verdingungsunterlagen war die "HVA B-StB-Stoffpreisgleitklausel (03/06)", die unter anderem folgende Bestimmungen enthält:

"Geltung

(1) Die Klausel gilt nur für die Stoffe, die im ‘Verzeichnis für Stoffpreisgleitklausel’ genannt sind. (…) Mehr- oder Minderaufwendungen werden nach den folgenden Regelungen abgerechnet.

Allgemeines

(2) Der Auftragnehmer hat dem Auftraggeber über die Verwendung der Stoffe nach Nr. (1) prüfbare Aufzeichnungen vorzulegen, wenn Mehr- oder Minderaufwendungen abzurechnen sind. Aus den Aufzeichnungen müssen die Menge des Stoffes und der Zeitpunkt des Einbaus bzw. der Verwendung hervorgehen.

(3) Der Ermittlung der Mehr- oder Minderaufwendungen werden nur die Baustoffmengen zugrunde gelegt, für deren Verwendung nach dem Vertrag eine Vergütung zu gewähren ist. (…)

Vermeidbare Mehraufwendungen werden nicht erstattet; vermeidbar sind insbesondere Mehraufwendungen, die dadurch entstanden sind, dass der Auftragnehmer

- Vertragsfristen überschritten oder

- die Bauausführung nicht angemessen gefördert hat.

(4) An den ermittelten Aufwendungen wird der Auftragnehmer beteiligt, seine Selbstbeteiligung beträgt 10 v.H. der Mehraufwendungen, mindestens aber 0,5 v.H. der Abrechnungssumme (Vergütung für die insgesamt erbrachte Leistung oder für den vereinbarten Abschnitt). Für die Berechnung der Selbstbeteiligung zu Grunde zu legen sind der Mehrbetrag ohne Umsatzsteuer sowie die Abrechnungssumme ohne die aufgrund von Gleitklauseln zu erstattenden Beträge ohne Umsatzsteuer.

Ein Mehr- oder Minderbetrag kann erst geltend gemacht werden, wenn der Selbstbeteiligungsbetrag überschritten ist; bis zur Feststellung der Abrechnungssumme wird 0,5 v.H. der Auftragssumme für die insgesamt zu erbringende Leistung bzw. für den vereinbarten Abschnitt zugrunde gelegt.

(5) Bei Stoffpreissenkungen ist der Auftragnehmer verpflichtet, die ersparten (= Minder-) Aufwendungen von seinem Vergütungsanspruch abzusetzen. Er ist berechtigt, 10 v.H. der ersparten Aufwendungen, mindestens aber 0,5 v.H. der Abrechnungssumme (vgl. Nr. (4)) einzubehalten.

(6) Sind sowohl Mehraufwendungen als auch Minderaufwendungen zu erstatten, so werden diese getrennt ermittelt und gegeneinander aufgerechnet; auf die sich ergebende Differenz wird Nr. (4) bzw. (5) angewendet.

Abrechnung

(7) Der Auftraggeber setzt für die im ‘Verzeichnis für Stoffpreisgleitklausel’ angegebene OZ einen ‘Marktpreis’ zum dort angegebenen Zeitpunkt (Monat/Jahr) als Nettopreis der der Abrechnung zugrunde liegenden Abrechnungseinheit (z.B. €/t, €/ltr.) fest.

(8) Der Preis zum Zeitpunkt des Einbaus bzw. der Verwendung wird ermittelt aus dem vorgegebenen ‘Marktpreis’ (vgl. Nr. (7)) multipliziert mit dem Quotienten der Preisindizes (Monat/Jahr) der Erzeugnisse gewerblicher Produkte (GP) des Statistischen Bundesamtes vom Monat des Einbaus bzw. der Verwendung und dem vom Auftraggeber unter Nr. (7) genannten Zeitpunkt. Die Preisindizes werden veröffentlicht in der Fachserie 17, Reihe 2, bzw. auf der Homepage des Statistischen Bundesamtes unter ‘www.destatis.de’ unter der entsprechenden GP-Nummer.

(9) Mehr- oder Minderaufwendungen werden errechnet für jede OZ im ‘Verzeichnis für Stoffpreisgleitklausel’ aus der Differenz des ‘Preises’ vom Monat des Einbaus bzw. der Verwendung (vgl. Nr. (8)) und des vom Auftraggeber vorgegebenen ‘Marktpreises’ zum vorgegebenen Zeitpunkt (vgl. Nr. (7)).

(10) Die nach Nr. (9) errechneten Mehr- oder Minderaufwendungen werden für jede im ‘Verzeichnis für Stoffpreisgleitklausel’ angegebenen OZ und der nachgewiesenen Menge (vgl. Nr. (2)) unter Berücksichtigung der Selbstbeteiligung gemäß Nr. (4) und (5) zusätzlich zum Angebotspreis vergütet bzw. von diesem abgezogen."

4

Bestandteil der Ausschreibungsunterlagen war zudem das "Verzeichnis für Stoffpreisgleitklausel". Den hierin vorgegebenen absoluten "Marktpreis" für "Betonstahl" von 785 €/t setzte der Beklagte mit dem Erzeugerpreisindex des Statistischen Bundesamtes von 241 % (bezogen auf das Basisjahr 2005 = 100) für den Monat Juni 2008 gleich. Dieser Preisindex vom Juni 2008 war bei Abgabe des Angebotes der ARGE im Oktober 2008 nicht mehr aktuell, da die Preise inzwischen deutlich gefallen waren (Betonstahl: 138,1 % Preisindex Oktober 2008). Die ARGE kalkulierte daher nach den Behauptungen der Klägerin mit einem Preis für Betonstahl in Höhe von 480 €/t, den sie aufgrund einer Preisbindung ihres Lieferanten auch tatsächlich bezahlt habe.

5

Da der gemäß Nr. (8) der Stoffpreisgleitklausel nach den maßgeblichen Preisindizes errechnete Quotient kleiner als eins war, errechnete der Beklagte Preise "zum Zeitpunkt des Einbaus bzw. der Verwendung", die deutlich unter den von der Klägerin behaupteten Einkaufspreisen lagen. Er hat deshalb "Minderaufwendungen" nach Nr. (9) der Klausel geltend gemacht und Kürzungen der Schlussrechnung der ARGE in Höhe von 162.413,84 € vorgenommen. Die rechnerische Richtigkeit der Berechnung dieses Betrages ist zwischen den Parteien nicht im Streit.

6

Die Klägerin macht mit ihrer Klage diesen, ihr von der ARGE abgetretenen restlichen Vergütungsanspruch geltend. Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß zur Zahlung verurteilt. Auf die dagegen gerichtete Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, mit der sie die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erstrebt.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

I.

8

Das Berufungsgericht ist der Auffassung, der Beklagte habe die Schlussrechnung aufgrund der vereinbarten Stoffpreisgleitklausel zu Recht um den Betrag in Höhe von 162.413,84 € gekürzt. Bei der Stoffpreisgleitklausel handele es sich nach den unangefochtenen Feststellungen des Landgerichts um Allgemeine Geschäftsbedingungen, die von dem Beklagten gestellt worden seien. Die Bestimmungen der Stoffpreisgleitklausel zum Abzug ersparter "Minderaufwendungen" hielten einer Überprüfung anhand der §§ 305 ff. BGB stand und seien daher wirksam in den Vertrag einbezogen worden.

9

Die Stoffpreisgleitklausel sei hinreichend transparent, da sich ihr ein eindeutiger Sinn beilegen lasse, den die ARGE als Zusammenschluss zweier großer am Markt tätiger Bauunternehmen bei typisierender Betrachtungsweise zumindest hätte erkennen können. Aus Nr. (9) der Stoffpreisgleitklausel ergebe sich zweifelsfrei, dass "Mehr- oder Minderaufwendungen" dann anzunehmen seien, wenn der Preis der von der Stoffpreisgleitklausel erfassten Stoffe im "Zeitpunkt des Einbaus bzw. der Verwendung" von dem vorgegebenen "Marktpreis" nach oben oder nach unten abweiche.

10

Die Stoffpreisgleitklausel benachteilige den Vertragspartner auch nicht unangemessen. Anhand des in der Ausschreibung vom Auftraggeber vorgegebenen "Marktpreises" in Verbindung mit den Erzeugerpreisindizes für gewerbliche Produkte ließen sich für jeden Anbieter im Zeitpunkt der Angebotsabgabe diejenigen Zu- oder Abschläge auf die der Stoffpreisgleitklausel unterliegenden Positionen des Leistungsverzeichnisses ermitteln, mit denen er infolge einer inzwischen eingetretenen Preissteigerung oder eines Preisverfalls zu rechnen habe. Zugleich müsse er bei der Kalkulation seines Angebotes auch die weitere - ungewisse - Entwicklung des Marktes berücksichtigen. Es stelle keine unangemessene Benachteiligung des Auftragnehmers dar, wenn ihm durch die Stoffpreisgleitklausel das unternehmerische Risiko einer Kalkulation auskömmlicher Preise nicht abgenommen werde.

II.

11

Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

12

1. Der Beklagte war nicht berechtigt, die Schlussrechnung um die "ersparten Minderaufwendungen" zu kürzen. Die HVA B-StB-Stoffpreisgleitklausel (03/06) ist, soweit sie den Abzug von "ersparten Minderaufwendungen" betrifft, wegen ihres überraschenden Charakters gemäß § 305c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil geworden.

13

a) Es kann dahinstehen, ob es sich bei der Stoffpreisgleitklausel um eine Preishauptabrede oder um eine Preisnebenabrede handelt, da Klauseln, mit denen Vereinbarungen über die Hauptleistungspflichten getroffen werden, dem Anwendungsbereich des § 305c Abs. 1 BGB unterfallen (BGH, Urteil vom 10. November 1989 - V ZR 201/88, BGHZ 109, 197, 200; MünchKommBGB/Basedow, 6. Aufl., § 305c Rn. 1).

14

b) aa) Nach dieser Vorschrift, die auch gegenüber Unternehmern Anwendung findet, § 310 Abs. 1 BGB, werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil. Überraschenden Inhalt hat eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen dann, wenn sie von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweicht und dieser mit ihr den Umständen nach vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht. Generell kommt es dabei nicht auf den Kenntnisstand des einzelnen Vertragspartners, sondern auf die Erkenntnismöglichkeiten des für derartige Verträge in Betracht kommenden Personenkreises an (BGH, Urteil vom 26. Juli 2012 - VII ZR 262/11, BauR 2012, 1647 Rn. 10 m.w.N.).

15

bb) Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben. Die Regelungen der Stoffpreisgleitklausel zur Herabsetzung der Vergütung wegen "Minderaufwendungen" sind derart ungewöhnlich, dass der typische Kundenkreis (Bauunternehmen) mit ihnen nicht rechnen muss.

16

(1) Durch Preisgleitklauseln sollen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht überschaubare Marktrisiken auf beide Vertragspartner in objektiv angemessener Weise verteilt und das unternehmerische Risiko reduziert werden. Dies führt unmittelbar auch zu Einspareffekten auf Seiten des öffentlichen Auftraggebers, da der Bieter keine - oder jedenfalls geringere - Risikozuschläge für ungewisse Kostensteigerungen in die Angebotspreise einkalkuliert (Gabriel/Schulz, ZfBR 2007, 448; Reitz, BauR 2001, 1513, 1517). Schließt der Auftragnehmer einen Bauvertrag, der eine Stoffpreisgleitklausel beinhaltet, darf er deshalb davon ausgehen, dass er einerseits von Marktrisiken, die darin bestehen, dass Baustoffpreise steigen, entlastet wird. Andererseits muss er damit rechnen, dass Vorteile, die aus Preissenkungen resultieren, an den Auftraggeber weitergegeben werden.

17

Der Auftragnehmer muss jedoch ohne einen ausreichenden Hinweis nicht damit rechnen, dass er zur Vermeidung erheblicher Nachteile bei Stoffpreissenkungen unter dem Mantel einer Stoffpreisgleitklausel angehalten wird, von üblichen Kalkulationsgrundsätzen abzuweichen und seiner Kalkulation einen Preis zugrunde zu legen, der nicht mit dem Preis übereinstimmt, den er aufgrund der aktuellen Marktpreise redlicher Weise seinem Angebot zugrunde legen kann.

18

(2) Eine solche Klausel wird von dem Beklagten verwendet. Nach Nr. (9) und Nr. (10) der Stoffpreisgleitklausel ist bei der Berechnung der Vergütung für die der Preisgleitung unterfallenden Stoffe - ungeachtet der vom Auftragnehmer kalkulierten und tatsächlich aufgewendeten Kosten - die Differenz zwischen dem vom Auftraggeber festgesetzten "Marktpreis" und dem "Preis zum Zeitpunkt des Einbaus bzw. der Verwendung" zu berücksichtigen. Der "Preis zum Zeitpunkt des Einbaus bzw. der Verwendung" ist das Produkt aus dem vorgegebenen "Marktpreis" und dem "Quotienten der Preisindizes (Monat/Jahr) der Erzeugnisse gewerblicher Produkte (GP) des Statistischen Bundesamtes vom Monat des Einbaus bzw. der Verwendung". Dieser Regelung liegt die Intention des Auftraggebers zugrunde, Spekulationen des Auftragnehmers zu verhindern und die Abrechnung der Leistungen zu vereinfachen. Sie führt indes dazu, dass der Auftragnehmer bei der Bildung seiner Angebotspreise nicht auf die Einkaufspreise zum Zeitpunkt seiner Angebotsabgabe abstellen kann, sondern von dem vom Beklagten festgesetzten Marktpreis auszugehen hat. Bei fallenden Stoffpreisen läuft er andernfalls Gefahr, eine geringere Vergütung als den von ihm aufgewendeten Einkaufspreis zu erhalten. Dies kann sogar dazu führen, dass er für die von ihm erbrachte Leistung keine Gegenleistung erlangt, was das nachfolgende vereinfachte Rechenbeispiel (ohne Berücksichtigung der Selbstbeteiligungen) veranschaulicht.

19

Setzt der Auftraggeber einen (realistischen) Marktpreis von 1.000 € fest und fällt dieser Preis bis zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe auf 500 €, so erhält der Auftragnehmer - unterstellt der "Stoffpreis" bleibt bis zum Einbau gleich - bezogen auf diesen Stoff keine Vergütung, wenn er - wie üblich - mit dem bei Angebotsabgabe aktuellen "Preis" kalkuliert. Von seiner so kalkulierten Vergütung ist nämlich nach der vorgegebenen Berechnungsmethode die Differenz zwischen dem von dem Auftraggeber festgesetzten Marktpreis in Höhe von 1.000 € und dem Preis zum Zeitpunkt des Einbaus in Höhe von 500 € in Abzug zu bringen, so dass sich in den betroffenen Leistungspositionen die zu zahlende Vergütung um den vollständigen kalkulatorischen Ansatz für den Stoff verringert.

20

(3) An der Beurteilung der Klausel als überraschend ändert auch nichts, dass der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e.V. Informationen über die Tragweite und die Konsequenzen der HVA B-StB-Stoffpreisgleitklausel veröffentlicht hat. Durch diese Mitteilungen ist nicht gewährleistet, dass europaweit sämtliche - auch mittelständischen und kleinen - Bieter hinreichend gewarnt sind.

21

2. Das Berufungsurteil kann danach keinen Bestand haben. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, da nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen die Sache zur Endentscheidung reif ist, § 563 Abs. 3 ZPO.

22

Die Berufung ist zurückzuweisen, da die Klägerin gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung eines Restwerklohns in Höhe von 162.413,84 € zuzüglich 2.180,60 € an vorgerichtlichen Kosten jeweils nebst Zinsen aus § 631 Abs. 1, §§ 398, 286 Abs. 1, § 288 Abs. 1, 2 BGB hat.

23

Hinsichtlich der von der Stoffpreisgleitklausel erfassten Leistungen (Betonstahl) verbleibt es bei den zwischen der ARGE und dem Beklagten mit Vertragsschluss ursprünglich vereinbarten Preisen.

24

Die durch die fehlende Einbeziehung der Stoffpreisgleitklausel betreffend die Herabsetzung der Vergütung wegen "Minderaufwendungen" entstandene Regelungslücke kann nicht im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung gemäß §§ 157, 133 BGB gefüllt werden. Zwar ist grundsätzlich eine ergänzende Vertragsauslegung vorzunehmen, wenn sich eine durch Unwirksamkeit einer Klausel entstandene Lücke nicht durch dispositives Gesetzesrecht füllen lässt und dies zu einem Ergebnis führt, das den beiderseitigen Interessen nicht mehr in vertretbarer Weise Rechnung trägt, sondern das Vertragsgefüge völlig einseitig zu Gunsten des Vertragspartners des Verwenders verschiebt (BGH, Urteil vom 15. Januar 2014 - VIII ZR 80/13, NJW 2014, 1877 Rn. 20). Das gilt auch, wenn eine Klausel wie hier nicht Vertragsbestandteil geworden ist (vgl. BGH, Urteil vom 28. April 2009 - XI ZR 86/09, WM 2009, 1180 Rn. 27). Ob diese Voraussetzungen vorliegen, kann indes dahinstehen. Die ergänzende Vertragsauslegung setzt nämlich voraus, dass sich Anhaltspunkte dafür finden lassen, wie die Vertragsparteien den Vertrag gestaltet hätten, wenn ihnen die nicht bedachte Unwirksamkeit der Klausel bewusst gewesen wäre. Kommen dagegen unterschiedliche Gestaltungsmöglichkeiten in Betracht, ohne dass erkennbar ist, welche die Vertragsparteien gewählt hätten, sind die Gerichte zu einer ergänzenden Vertragsauslegung weder in der Lage noch befugt (BGH, Urteil vom 26. Oktober 2005 - VIII ZR 48/05, BGHZ 165, 12, 28 m.w.N.; BGH, Urteil vom 9. Dezember 2004 - VII ZR 265/03, BauR 2005, 539, 542 = NZBau 2005, 219).

25

So liegt der Fall hier. Es ist zwar davon auszugehen, dass die Vertragsparteien gewollt haben, dass der Beklagte an Kosteneinsparungen aufgrund gesunkener Betonstahlpreise teilhaben sollte. Jedoch lässt sich nicht feststellen, unter welchen Voraussetzungen (tatsächliche Einsparungen, fahrlässig nicht genutzte Einsparungsmöglichkeiten oder die objektiv bestehende Möglichkeit von Einsparungen) und in welcher Höhe (nach den tatsächlichen Einsparungen berechnet oder indexbasiert abstrakt berechnet) die Vergütung herabzusetzen sein sollte.

III.

26

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

Kniffka     

        

RiBGH Eick ist urlaubsbedingt
gehindert zu unterschreiben

        

Halfmeier

        

Kartzke     

Kniffka

     Jurgeleit     

        

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 20. April 2011 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage über die teilweise Abweisung in dem Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 1. Juli 2010 hinaus in Höhe weiterer 24.764,95 € (31.173,97 € abzüglich 6.409,02 € Verwaltungskosten) nebst Zinsen abgewiesen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Die weitergehende Revision wird zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Rückzahlung von Betriebskosten für die Jahre 2005 bis 2007 aus einem beendeten Mietverhältnis über Gewerberäume.

2

Die Parteien waren durch einen auf zehn Jahre befristeten, formularmäßig abgeschlossenen Mietvertrag über ein Ladenlokal in einem Einkaufszentrum verbunden. Sie streiten darüber, ob und in welchem Umfang einzelne auf die Gemeinschaftseinrichtungen des Zentrums entfallenden Nebenkosten wirksam auf die Klägerin - anteilig - umgelegt wurden.

3

Die maßgebende Klausel des Mietvertrages vom 12. Juli 1995 lautet wie folgt:

"§ 8/II

Nebenkosten

Sämtliche Nebenkosten des Einkaufszentrums, insbesondere alle Kosten des Betriebes und der Instandhaltung der technischen Anlagen werden von allen Mietern anteilig getragen. Die Nebenkosten werden in ihrer tatsächlichen, nachgewiesenen Höhe ohne Beschränkung auf die in der Anlage 3 zu § 27 Abs. 1 der Zweiten Berechnungsverordnung aufgeführten Kosten auf die Mieter umgelegt. Insbesondere sind dies Kosten für:

- Heizung, darin enthalten die Kosten des Betriebes, der Wartung und Pflege, und die Instandhaltung sowie des Energieverbrauchs aller Einrichtungen, die Heizungs- und Lüftungsanlage betreffen, sowie einschließlich der Beheizung der Passage, sowie die Kosten für die Verbrauchserfassung und Abrechnung.

- ...

- ...

- Wassergeld einschließlich Instandhaltung der Wasserversorgungsanlagen,

- Pflege der Grünanlagen und Anpflanzungen,

- Schornsteinfeger,

- Hausmeister, Betriebspersonal, Center-Manager und Verwaltung,

- Aufzug, Fahrsteigen und Fahrtreppen (Strom, Wartung, TÜV-Gebühren),

- ...

- ...

- die Lautsprecheranlage und Berieselung,

- die Wartung und Instandhaltung aller technischen Einrichtungen einschließlich der Kosten des Betriebes,

- Reinigung der Sozialräume, Verkehrswege, Parkflächen und sonstigen Auslagen einschließlich Straßenreinigung und Schneeräumung,

- ...

- ...

- Stromversorgung der Gemeinschaftsanlagen und Verkehrsflächen einschließlich der Instandhaltung der Stromversorgungsanlagen,

- Versicherungen, - Raumkosten für Büro-, Verwaltungs- und Technikräume, sowie Gemeinschaftseinrichtungen, Gemeinschaftssozialräume, Kunden-WC's usw. auf der Grundlage örtlicher Mieten einschließlich der darauf anteilig entfallenden Nebenkosten.

...

Der Mieter kann binnen 3 Wochen nach Zugang der Abrechnung Einsicht - nach vorheriger Anmeldung - in die vom Vermieter oder dessen Hausverwalter ausliegenden Unterlagen während der üblichen Geschäftszeiten nehmen. Einwendungen gegen die Abrechnung muss der Mieter innerhalb von 4 Wochen nach Zugang der Abrechnung schriftlich erheben. Nach Ablauf dieser Fristen sind Einwendungen gegen die Abrechnung ausgeschlossen."

4

Wegen der Betriebskosten der Jahre 1998 bis 2004 ergaben sich teilweise Guthaben der Klägerin, teilweise Nachforderungen der Beklagten. Insofern forderte die Klägerin Auszahlung bzw. veranlasste Nachzahlungen. Bis zum Abrechnungsjahr 2003 umfassten die Nebenkostenabrechnungen 16 Kostenarten. Unter dem 14. Dezember 2005 wurde für das Jahr 2004 eine Nebenkostenabrechnung erstellt, in der wesentlich mehr Kostenpositionen aufgeführt waren. Ebenso wurde für die Jahre 2005 bis 2007 verfahren. Die Klägerin kürzte die für die vorgenannten Jahre erstellten Nebenkostenabrechnungen um diverse Positionen. Nach teilweiser Klagerücknahme hat die Klägerin beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 34.630,84 € nebst Zinsen zu verurteilen.

5

Das Landgericht hat der Klage unter Abweisung im Übrigen in Höhe von 31.173,97 € nebst Zinsen stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das angefochtene Urteil teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision der Klägerin, mit der sie die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung erstrebt.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision ist in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang begründet und führt insoweit zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Im Übrigen ist sie unbegründet. Über das Rechtsmittel ist durch Versäumnisurteil zu entscheiden, weil die Beklagte trotz ordnungsgemäßer Ladung in der mündlichen Revisionsverhandlung nicht anwaltlich vertreten war; inhaltlich beruht das Urteil indessen nicht auf der Säumnis der Beklagten, sondern auf einer umfassenden Würdigung des Sach- und Streitstandes (BGHZ 37, 79, 81 f.).

I.

7

Das Oberlandesgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:

8

Der Klägerin stehe gegen die Beklagte für die Jahre 2005 bis 2007 kein Anspruch auf Rückzahlung von Nebenkostenvorauszahlungen zu, da sie die abgerechneten Betriebskosten aufgrund der mietvertraglichen Regelung schulde. Die in § 8/II getroffene Umlagevereinbarung sei wirksam und stelle deshalb den Rechtsgrund für die von der Klägerin geleisteten Zahlungen dar. In einem Formularmietvertrag über Geschäftsräume könnten die Vertragsparteien zur weitergehenden Übertragung von Instandhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten und von deren Kosten Regelungen treffen. Wartungskosten könnten ohne Kostenobergrenze auf die Mieter abgewälzt werden. Dies gelte ebenso für Verwaltungskosten. Die in § 8/II des Mietvertrages getroffene Regelung sei dahin zu verstehen, dass der Mieter die in der Anlage 3 zu § 27 Abs. 1 der Zweiten Berechnungsverordnung aufgeführten Kosten der Nr. 1 bis 16 und darüber hinaus sämtliche übrigen anfallenden Nebenkosten, insbesondere alle Kosten der Wartung und der Instandhaltung der technischen Anlagen einschließlich der Kosten des Betriebes, zu tragen habe. Soweit die Parteien die umzulegenden Betriebskosten nicht im Einzelnen aufgelistet hätten, sei eine Bezugnahme auf den Betriebskostenkatalog der Anlage 3 zu § 27 der Zweiten Berechnungsverordnung oder der Betriebskostenverordnung ausreichend. Die getroffene Vereinbarung bestimme die zu tragenden Betriebskosten daher hinreichend genau. Sie enthalte auch keine überraschenden oder unklaren Klauseln im Sinne des § 3 AGBG/§ 305 c BGB. Die Regelung halte auch der Inhaltskontrolle nach den §§ 9 ff. AGBG/§§ 307 ff. BGB stand. Das Landgericht habe zu Unrecht einen Verstoß gegen die bei der Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen gegenüber Unternehmern allein maßgebliche Generalklausel des § 9 AGBG/§ 307 BGB festgestellt. Eine unangemessene Benachteiligung entgegen Treu und Glauben liege nicht vor. Das gelte auch hinsichtlich der im 7. Spiegelstrich getroffenen Regelung zur Umlage der Kosten für "Hausmeister, Betriebspersonal, Center-Manager und Verwaltung". Die Kostenansätze zu den einzelnen Positionen seien zwar gegebenenfalls in der Abrechnung eindeutig zu differenzieren und dürften keineswegs mehrfach erfolgen. Unklare oder unverständliche Regelungen im Sinne des Transparenzgebots lägen aber nicht vor. Die Beklagte habe die Tätigkeit des Centermanagements mit Schreiben vom 1. März 2007 im Einzelnen erläutert und auch im Übrigen die im Einzelnen entstehenden Kosten in der Abrechnung eindeutig differenziert. Die Betriebskostenabrechnungen ab dem Jahr 2004 enthielten zwar erheblich mehr Einzelpositionen als die vorausgegangenen Abrechnungen. Dies begründe aber nur eine verbesserte Nachvollziehbarkeit für die Mieter. Bei Bedenken hinsichtlich der Höhe der geltend gemachten Kosten hätte die Klägerin Einsicht in die Belege nehmen können und müssen. Die Annahme, dass andere Kostenpositionen als in den Jahren zuvor umgelegt worden seien, sei nicht gerechtfertigt. Im Übrigen hätte die Klägerin dies kontrollieren und gegebenenfalls im Einzelnen reklamieren müssen.

II.

9

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Rückzahlung bereits gezahlter Betriebskosten aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB gegen die Beklagte, soweit die Zahlungen ohne Rechtsgrund geleistet worden sind. Das ist insoweit der Fall, als Betriebskosten nicht wirksam auf die Klägerin als Mieterin umgelegt worden sind.

10

1. Dabei sind die unstreitig formularmäßigen Vertragsklauseln nicht am Maßstab des früheren § 9 AGBG, sondern an demjenigen des § 307 BGB zu überprüfen. Denn nach Art. 229 § 5 EGBGB sind auf Dauerschuldverhältnisse, die vor dem 1. Januar 2002 entstanden sind, nicht mehr das BGB und das AGB-Gesetz in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung, sondern vom 1. Januar 2003 an nur das BGB nebst weiteren Gesetzen in der dann geltenden Fassung anzuwenden. Diese Übergangsregelung bezieht sich gerade auf den Fall, in dem Vertragspflichten bereits vor dem Stichtag wirksam begründet wurden (vgl. Senatsurteil vom 3. August 2011 - XII ZR 205/09 - NJW 2012, 54 Rn. 10 mwN).

11

2. Zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass die in § 8/II des Mietvertrages unter dem 7. Spiegelstrich getroffene Vereinbarung über die Umlage von Verwaltungskosten wirksam ist. Nach der Rechtsprechung des Senats ist eine in einem gewerblichen Mietvertrag vereinbarte Formularklausel zur Umlage der "Kosten der kaufmännischen und technischen Hausverwaltung" nicht überraschend iSv § 305 c Abs. 1 BGB und benachteiligt den Mieter auch nicht unangemessen iSv § 307 BGB. Das gilt für die vorliegend vereinbarte Umlage der "Verwaltungskosten" in gleicher Weise (Senatsurteile BGHZ 183, 299 = NJW 2010, 671 Rn. 8 ff.; vom 24. Februar 2010 - XII ZR 69/08 - NJW-RR 2010, 739 Rn. 7 ff.; vom 4. Mai 2011 - XII ZR 112/09 - NZM 2012, 83 Rn. 8 ff.; vom 3. August 2011 - XII ZR 205/09 - NJW 2012, 54 Rn. 11 ff. und vom 26. September 2012 - XII ZR 112/10 - NJW 2013, 41 Rn. 23 f.).

12

a) Entgegen der Auffassung der Revision handelt es sich bei der Regelung nicht um eine unzulässige Überraschungsklausel iSd § 305 c BGB. Die Umlegung von Verwaltungskosten auf den gewerblichen Mieter ist nicht so ungewöhnlich, dass dieser als Vertragspartner damit nicht zu rechnen brauchte. Etwas anderes ergibt sich weder aus der Art der Kosten noch aus den sonstigen Umständen.

13

aa) Die Frage der Einbeziehung der Klausel ist allein aufgrund des Vertragsinhalts zu beantworten (§ 305 c BGB). Dass die Bewertung der Bestimmung nicht von der Höhe der Kosten im Einzelfall und deren Verhältnis zu anderen Positionen abhängen kann, zeigt sich schon daran, dass zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht feststehen muss, welche Kosten entstehen werden. Der Mieter ist vor überhöhten Forderungen insoweit durch das allgemeine Wirtschaftlichkeitsgebot geschützt, das den Vermieter etwa dazu verpflichtet, den Mieter von der Umlegung nicht erfasster Kosten freizustellen (Senatsurteile BGHZ 183, 299 = NJW 2010, 671 Rn. 11 und vom 4. Mai 2011 - XII ZR 112/09 - NZM 2012, 83 Rn. 11).

14

Die Klausel ist demnach nur überraschend, wenn sie einen - gegebenenfalls durch Auslegung zu ermittelnden - Inhalt hat, mit dem der Vertragspartner des Verwenders nicht zu rechnen braucht. Das ist hier nicht der Fall. Der Vermieter kann die Verwaltungskosten im Rahmen des Ortsüblichen und Notwendigen umlegen. Daraus ergibt sich gleichzeitig, dass die Kosten nicht zu einem Überraschungseffekt führen. Wenn sie sich im Rahmen des Ortsüblichen halten, können sie von dem gewerblichen Mieter wenigstens im Groben abgeschätzt werden (Senatsurteile BGHZ 183, 299 = NJW 2010, 671 Rn. 12 mwN und vom 4. Mai 2011 - XII ZR 112/09 - NZM 2012, 83 Rn. 11). Das Berufungsgericht hat nicht in Frage gestellt, dass die in den streitgegenständlichen Nebenkostenabrechnungen angesetzten Verwaltungskosten hinsichtlich der Höhe üblich sind. Insofern hat auch die Revision keine Einwendungen erhoben. Deshalb musste die Klägerin als gewerbliche Mieterin aufgrund der Beschreibung der Kostenposition auch ohne zusätzliche Aufklärung oder Bezifferung der Kosten damit rechnen, dass die Kosten in dieser Größenordnung anfallen werden (Senatsurteile BGHZ 183, 299 = NJW 2010, 671 Rn. 13 und vom 4. Mai 2011 - XII ZR 112/09 - NZM 2012, 83 Rn. 12).

15

bb) Ein Überraschungseffekt ergibt sich entgegen der Auffassung der Revision auch nicht aus der Stellung der Klausel über die Verwaltungskosten im Rahmen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Durch die Platzierung der Klausel unter den 7. Spiegelstrich wird auch im Zusammenhang mit der fehlenden Bezifferung der Kosten nicht der Eindruck erweckt, dass es sich um eine vergleichsweise unbedeutende Position handele. Die einzelnen Kostenarten der Auflistung stehen vielmehr gleichrangig nebeneinander. Es gibt - auch aus der Sicht des Vertragspartners - keinen Grund für die Annahme, dass die Kostenpositionen im weiteren Verlauf der unter den Spiegelstrichen erfolgenden Aufzählung weniger bedeutsam sind. Aus der Stellung der Klausel könnte sich ein Überraschungseffekt vielmehr nur dann ergeben, wenn diese in einem systematischen Zusammenhang stehen würde, in dem der Vertragspartner sie nicht zu erwarten braucht (vgl. Senatsurteile BGHZ 183, 299 = NJW 2010, 671 Rn. 16 f. und vom 21. Juli 2010 - XII ZR 189/08 - NJW 2010, 3152 Rn. 27).

16

Das ist hier indessen nicht der Fall. Nach der Systematik des in § 8/II des Mietvertrages enthaltenen Kostenkatalogs ist die Regelung der Verwaltungskosten unter dem 7. Spiegelstrich nicht überraschend. Aus der Überschrift "Nebenkosten" und dem Umstand, dass die Verwaltungskosten nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrKV nicht zu den Betriebskosten gehören, folgt nichts anderes (vgl. auch BGHZ 183, 299 = NJW 2010, 671 Rn. 17).

17

Schließlich folgt auch nicht aus einer Gesamtwürdigung der Umstände, hier der im Mietvertrag nicht genannten konkreten Höhe der Verwaltungskosten sowie der unter demselben Spiegelstrich erfolgten Aufzählung verschiedener Kostenarten, dass die Klausel überraschend ist. Hätte die Klägerin nähere Angaben über die Kosten erhalten wollen, hätte sie insoweit nachfragen müssen (vgl. Senatsurteile BGHZ 183, 299 = NJW 2010, 671 Rn. 19 f. und vom 4. Mai 2011 - XII ZR 112/09 - NZM 2012, 83 Rn. 16).

18

b) Die Klausel ist auch nicht wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam. Nach diesem Gebot sind Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen nach Treu und Glauben verpflichtet, Rechte und Pflichten der Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dazu gehört auch, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen wirtschaftliche Nachteile und Belastungen soweit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann. Abzustellen ist auf die Erkenntnismöglichkeit eines durchschnittlichen Vertragspartners (Senatsurteil BGHZ 183, 299 = NJW 2010, 671 Rn. 22). Dem genügt die vorliegende Klausel.

19

Der in § 8/II des Mietvertrages unter dem 7. Spiegelstrich verwendete Begriff der "Verwaltungskosten" ist hinreichend bestimmt im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Zur Ausfüllung des Begriffs der Verwaltungskosten kann auf die im Wesentlichen übereinstimmenden Definitionen in § 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrKV und § 26 Abs. 1 der II. Berechnungsverordnung zurückgegriffen werden. Dass diese Regelungen für die Geschäftsraummiete nicht einschlägig sind, steht ihrer Heranziehung als Hilfsmittel zur näheren Begriffsbestimmung nicht im Wege. Auch die Herausnahme der Verwaltungskosten aus den umlegbaren Kosten nach der Betriebskostenverordnung hindert nicht daran, im Bereich der Geschäftsraummiete zur Ausfüllung des Begriffs der Verwaltungskosten auf die vorhandene gesetzliche Definition zurückzugreifen. Es trifft zwar zu, dass bei gewerblichen Mietobjekten andere Verwaltungskosten anfallen als bei der Wohnraummiete. Daraus folgt aber nicht, dass die gesetzliche Definition bei der Gewerbemiete nicht sinnvoll anzuwenden wäre. Wenn die im Einzelfall anfallenden Verwaltungskosten auch weitere als die gesetzlich definierten Positionen erfassen, so folgt daraus allein, dass die Kosten insoweit bei Heranziehung der gesetzlichen Definition nicht umlegbar sind. Die Transparenz des Begriffs der Verwaltungskosten wird dadurch aber nicht ausgeschlossen. Verbleibende Unklarheiten gehen überdies nach § 305 c Abs. 2 BGB zulasten des Klauselverwenders (Senatsurteile BGHZ 183, 299 = NJW 2010, 671 Rn. 23 ff.; vom 24. Februar 2010 - XII ZR 69/08 - NJW-RR 2010, 739 Rn. 9; vom 4. Mai 2011 - XII ZR 112/09 - NZM 2012, 83 Rn. 18; vom 3. August 2011 - XII ZR 205/09 - NJW 2012, 54 Rn. 12 ff. und vom 26. September 2012 - XII ZR 112/10 - NJW 2013, 41 Rn. 24).

20

Entgegen der Auffassung der Revision ist eine andere Beurteilung nicht aufgrund des Umstands gerechtfertigt, dass unter dem 7. Spiegelstrich weitere Kostenpositionen und unter dem letzten Spiegelstrich zusätzlich Raumkosten für Büro-, Verwaltungs- und Technikräume aufgeführt werden. Dadurch wird die Regelung über die Verwaltungskosten nicht intransparent. Denn bei den einzelnen Klauseln bzw. Klauselteilen, die jeweils die Übertragung verschiedener Kosten regeln, obwohl sie teilweise denselben Sachkomplex betreffen, handelt es sich um nebeneinanderstehende selbständige Regelungsteile. Der Begriff der Verwaltungskosten verliert nicht dadurch seine Bestimmtheit, dass daneben noch andere Kosten auf den Mieter abgewälzt wurden. Vielmehr ist, soweit sich Kostenpositionen teilweise überschneiden, bei der Betriebskostenabrechnung darauf Bedacht zu nehmen, dass Kosten nicht doppelt abgerechnet werden (vgl. Senatsurteile BGHZ 183, 299 = NJW 2010, 671 Rn. 25 und vom 26. September 2012 - XII ZR 112/10 - NJW 2013, 41 Rn. 24). Soweit der Senat bei einer Klausel, die Verwaltungskosten enthielt, einen Verstoß gegen das Transparenzgebot angenommen hat (Senatsurteil vom 6. April 2005 - XII ZR 158/01 - NJW-RR 2006, 84, 85), waren im entschiedenen Fall die Verwaltungskosten Teil einer wesentlich umfangreicheren Regelung, die auch Versicherungs- und Instandhaltungskosten einschloss und schon im Hinblick auf den Umfang des Gesamtobjekts, auf das sich die Kosten bezogen, unklar war (Senatsurteile BGHZ 183, 299 = NJW 2010, 671 Rn. 28 und vom 26. September 2012 - XII ZR 112/10 - NJW 2013, 41 Rn. 25 ff.).

21

3. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts benachteiligt § 8/II des Mietvertrages die Mieterin gemäß § 307 Abs. 1 und 2 BGB dagegen unangemessen, soweit ihr anteilig die Erhaltungslast für das gesamte Einkaufszentrum auferlegt wird. Die Überwälzung der gesamten Kosten der Instandhaltung des Einkaufszentrums weicht insoweit erheblich vom gesetzlichen Leitbild des Mietvertrages ab.

22

Die Verpflichtung zur Instandsetzung und Instandhaltung kann nach herrschender Meinung in Rechtsprechung und Literatur bei der Gewerberaummiete formularmäßig auf den Mieter übertragen werden, soweit sie sich auf Schäden erstreckt, die dem Mietgebrauch oder der Risikosphäre des Mieters zuzuordnen sind. Die zulässige Abweichung vom gesetzlichen Leitbild findet aber dort ihre Grenze, wo dem Mieter die Erhaltungslast von gemeinsam mit anderen Mietern genutzten Flächen und Anlagen ohne Beschränkung der Höhe nach auferlegt wird. Damit werden dem Mieter auch Kosten übertragen, die nicht durch seinen Mietgebrauch veranlasst sind und die nicht in seinen Risikobereich fallen. Ihm werden dadurch, dass er die gemeinschaftlich genutzten Flächen und Anlagen in dem bei Mietbeginn bestehenden, in der Regel gebrauchten Zustand vorfindet, die Kosten für die Behebung anfänglicher Mängel bzw. bereits vorhandener Abnutzungen durch Reparatur oder Erneuerung überbürdet, deren Höhe für ihn nicht überschaubar ist. Darüber hinaus werden ihm Kosten für Schäden auferlegt, die von Dritten verursacht worden sind, für deren Handeln er keine Verantwortung trägt, so dass auch insoweit ihm nicht zurechenbare und der Höhe nach nicht vorhersehbare Kosten auf ihn übertragen werden. Diese Abweichungen vom gesetzlichen Leitbild des Mietvertrages benachteiligten den Mieter unangemessen (Senatsurteile vom 6. April 2005 - XII ZR 158/01 - NJW-RR 2006, 84, 85 mwN und vom 26. September 2012 - XII ZR 112/10 - NJW 2013, 41 Rn. 16 f.).

23

Nach diesen Grundsätzen halten die von der Klägerin beanstandeten vertraglichen Bestimmungen über die Wartung und Instandhaltung aller technischen Einrichtungen einer Inhaltskontrolle am Maßstab des § 307 BGB nicht stand (vgl. auch Senatsurteil vom 26. September 2012 - XII ZR 112/10 - NJW 2013, 41 Rn. 22). Sie überbürden dem Mieter anteilig nach der von ihm gemieteten Fläche ohne Begrenzung der Höhe nach die Kosten der Instandhaltung des Einkaufszentrums und seiner Gemeinschaftsanlagen sowie der Instandhaltung der im Einzelnen aufgeführten Anlagen. Die Klausel ist deshalb insoweit gemäß § 307 BGB unwirksam.

24

Da das Berufungsgericht die vorgenannten Bestimmungen für wirksam erachtet hat, hat es sich nicht die Frage vorgelegt, inwieweit sich aus der Un-wirksamkeit Auswirkungen auf die Betriebskostenabrechnungen für die streit-gegenständlichen Jahre ergeben. Die von der Klägerin beanstandeten Kostenpositionen enthalten zwar von ihrer Bezeichnung her keinen Instandsetzungsaufwand. Da insbesondere nach § 8/II Satz 1 des Mietvertrages aber sämtliche Nebenkosten des Einkaufszentrums, insbesondere des Betriebs, der Instandhaltung und der Gemeinschaftsanlagen, unterschiedslos auf die Mieterin abgewälzt worden sind, kann nicht ausgeschlossen werden, dass auch solche Kosten in die Abrechnung eingeflossen sind.

25

4. Schließlich hält auch die Klausel unter § 8/II des Mietvertrages (7. Spiegelstrich) der Inhaltskontrolle nicht stand, soweit die Kosten des Cen-termanagements anteilig auf die Mieterin umgelegt worden sind. Der Senat hat nach Erlass des angefochtenen Urteils entschieden, dass der Begriff des Cen-termanagements oder "Center-Manager", wie im Vertrag aufgeführt, nicht hin-reichend bestimmt ist (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB). Hinsichtlich dieses Begriffs fehlt es an ausreichender Transparenz; es ist nicht ersichtlich, welche Kosten hier einbezogen und welche Leistungen dem Inhalt nach hiervon erfasst werden sollen. Denn gerade weil die Klägerin daneben auch "Kosten für Verwaltung" und ferner "Raumkosten für Büro- und Verwaltungsräume" verlangt, ist nicht ersichtlich, welche anderen Kosten unter den Begriff "Center-Manager" fallen. Der Begriff "Kosten für Center-Manager" erlaubt keine Eingrenzung der damit inhaltlich verbundenen Einzelpositionen, da etwa auch Aufwendungen für Marktanalysen, Ermittlung von Kundenwünschen, Werbe- und PR-Maßnahmen, Dekoration, Veranstaltungen sowie sonstige Profilierungsmaßnahmen erfasst sein könnten. Da der Umfang der durch den "Center-Manager" zu ergreifenden Maßnahmen weder vertraglich eingegrenzt ist noch etwa die Begriffe eines allgemein "Ortsüblichen und Notwendigen" eine hinreichend klare Eingrenzung ermöglichen, können die hierunter entstehenden Kosten auch nicht im Groben abgeschätzt werden und sind deshalb intransparent (Senatsurteile vom 3. August 2011 - XII ZR 205/09 - NJW 2012, 54 Rn. 15 mwN und vom 26. September 2012 - XII ZR 112/10 - NJW 2013, 41 Rn. 14 f.). Verstöße gegen das Transparenzgebot entsprechen nicht den Gebräuchen und Gepflogenheiten des Handelsverkehrs (vgl. § 310 Abs. 1 Satz 2 BGB) und führen daher auch gegenüber einem Unternehmer zur Unwirksamkeit formularmäßiger Geschäftsbedingungen. Das gilt auch dann, wenn der mit den Geschäftsbedingungen konfrontierte Unternehmer eine bedeutende Marktstellung innehat, aufgrund derer er von vornherein hätte versuchen können, andere Vertragsbedingungen auszuhandeln (Senatsurteile vom 3. August 2011 - XII ZR 205/09 - NJW 2012, 54 Rn. 16 und vom 26. September 2012 - XII ZR 112/10 - NJW 2013, 41 Rn. 11).

26

An dieser Bewertung ändert sich auch im Hinblick auf das Schreiben der Beklagten vom 1. März 2007, mit dem sie die Aufgaben des Center-Managers erläutert hat, nichts. Denn bei der Beurteilung, ob eine Klausel den Vertragspartner des Verwenders unangemessen benachteiligt, ist auf die tatsächlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen (BGHZ 185, 133 = NJW 2010, 2041 Rn. 30 mwN).

27

5. Selbst wenn die Klägerin die Nebenkostenabrechnungen auch hin-sichtlich der streitgegenständlichen Positionen in der Vergangenheit unbeanstandet beglichen haben sollte, wäre hierdurch keine gesonderte Vereinbarung einer Umlagenregelung zustande gekommen (vgl. Senatsurteil vom 3. August 2011 - XII ZR 205/09 - NJW 2012, 54 Rn. 17). Ein Änderungsvertrag, der eine erweiterte Umlage von Betriebskosten zum Gegenstand hat, kann zwar grundsätzlich auch stillschweigend zustande kommen (BGH Urteil vom 10. Oktober 2007 - VIII ZR 279/06 - NJW 2008, 283 Rn. 18; Senatsbeschluss vom 29. Mai 2000 - XII ZR 35/00 - NJW-RR 2000, 1463). Erforderlich ist dafür aber, dass der Vermieter nach den Gesamtumständen davon ausgehen kann, der Mieter stimme einer Umlage weiterer Betriebskosten zu. Dafür reicht es grundsätzlich nicht aus, dass der Mieter Betriebskostenabrechnungen unter Einbeziehung bisher nicht wirksam vereinbarter Betriebskosten lediglich nicht beanstandet. Abgesehen davon lässt sich aus der Sicht des Mieters der Übersendung einer Betriebskostenabrechnung, die von den Formulierungen des Mietvertrages an sich gedeckt ist, schon nicht ohne weiteres der Wille des Vermieters entnehmen, eine Änderung des Mietvertrages herbeiführen zu wollen. Selbst wenn der Mieter daraufhin eine Zahlung erbringt, kommt darin zunächst allein dessen Vorstellung zum Ausdruck, hierzu verpflichtet zu sein. Anders verhält es sich, wenn aufgrund besonderer Umstände der Änderungswille des Vermieters für den Mieter erkennbar ist; solche besonderen Umstände lagen hier indessen nicht vor.

28

6. Das angefochtene Urteil kann danach keinen Bestand haben, so-weit die Klägerin die Betriebskostenabrechnungen - mit Ausnahme der Verwaltungskosten - noch beanstandet. Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, da es weiterer tatrichterlicher Feststellungen dazu bedarf, ob und gegebenenfalls inwieweit die von der Klägerin beanstandeten Positionen Aufwendungen enthalten, deren Umlage nicht wirksam vereinbart worden ist.

29

Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:

30

Nach § 8/II letzter Absatz des Mietvertrages muss der Mieter Einwendungen gegen die Abrechnung innerhalb von vier Wochen nach Zugang der Abrechnung schriftlich erheben; nach Ablauf dieser Frist sind Einwendungen gegen die Abrechnung ausgeschlossen. Ob die Klägerin nach dieser Maßgabe Einwendungen geltend gemacht hat, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Sollte dies nicht der Fall sein, wird zu prüfen sein, ob die vorgenannte Regelung der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB standhält.

31

Die Klausel verstößt gegen das Regelungsverbot des § 308 Nr. 5 BGB. Nach dieser Vorschrift ist eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wonach eine Erklärung des Vertragspartners des Verwenders bei Vornahme oder Unterlassung einer bestimmten Handlung als von ihm abgegeben oder nicht abgegeben gilt, es sei denn, dass dem Vertragspartner eine angemessene Frist zur Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung eingeräumt ist und der Verwender sich verpflichtet, den Vertragspartner bei Beginn der Frist auf die vorgesehene Bedeutung seines Verhaltens besonders hinzuweisen. Eine solche Hinweispflicht des Verwenders ist im Mietvertrag nicht begründet worden.

32

Allerdings ist das Klauselverbot des § 308 Nr. 5 BGB hier nicht unmittelbar anwendbar, weil es sich bei der Klägerin um einen Unternehmer handelt. Auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer verwendet werden, findet § 308 BGB keine Anwendung (§ 310 Abs. 1 Satz 1 BGB). Solche Geschäftsbedingungen unterliegen jedoch der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB, und zwar auch insoweit, als dies zur Unwirksamkeit von Vertragsbestimmungen führt, die in § 308 BGB aufgeführt sind. Dabei ist auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Bräuche angemessen Rücksicht zu nehmen (§ 310 Abs. 1 Satz 2 BGB). Das bedeutet, dass bei der Inhaltskontrolle im unternehmerischen Verkehr die in den Klauselverboten zum Ausdruck kommenden Wertungen berücksichtigt werden sollen, soweit sie übertragbar sind. Den Klauselverboten kommt im Rahmen der Inhaltskontrolle somit Indizwirkung für die Unwirksamkeit der Klausel auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr zu. Fällt eine Klausel bei ihrer Verwendung gegenüber Verbrauchern unter eine Verbotsnorm der §§ 308, 309 BGB, so ist dies ein Indiz dafür, dass sie auch im Falle der Verwendung gegenüber Unternehmern zu einer unangemessenen Benachteiligung führt, es sei denn, sie kann wegen der besonderen Interessen und Bedürfnisse des unternehmerischen Geschäftsverkehrs ausnahmsweise als angemessen angesehen werden (BGHZ 174, 1 = NJW 2007, 3774 Rn. 11 f. mwN). Auch zu den zuletzt genannten Gesichtspunkten hat das Berufungsgericht bisher keine Feststellungen getroffen. Dies wird gegebenenfalls nachzuholen sein.

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen dieses Versäumnisurteil steht der säumigen Partei der Einspruch zu. Dieser ist von einem bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab der Zustellung des Versäumnisurteils bei dem Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, Karlsruhe, durch Einreichung einer Einspruchsschrift einzulegen.

Dose                           Weber-Monecke                           Klinkhammer

          Nedden-Boeger                                   Botur

18
aa) Gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Das Transparenzgebot verpflichtet den Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen nach Treu und Glauben, die Rechte und Pflichten der Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen (st. Rspr.; vgl. nur Senatsurteile vom 20. Juli 2005 - VIII ZR 121/04, BGHZ 164, 11, 16, und vom 26. Oktober 2005 - VIII ZR 48/05, BGHZ 165, 12, 21 f.). Das Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein und verlangt, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen einer Klausel so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen (Senatsurteil vom 20. Juli 2005 - VIII ZR 121/04, aaO mwN). Allerdings gebietet es das Transparenzgebot darüber hinaus nicht, die aus dem Gesetz oder der Rechtsnatur eines Vertrages folgenden Rechte der Vertragsparteien ausdrücklich oder vollständig zu regeln oder den Vertragspartner darüber zu belehren (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteile vom 14. Mai 1996 - XI ZR 257/94, BGHZ 133, 25, 32; vom 5. November 1998 - III ZR 226/97, NJW 1999, 276 unter 2; vom 22. März 2000 - IV ZR 23/99, NJW 2000, 2103 unter II 4 a; vom 16. April 2010 - V ZR 175/09, WM 2010, 1861 Rn. 18; vom 9. Juni 2011 - III ZR 157/10, WM 2011, 1678 Rn. 44; vom 8. November 2012 - VII ZR 191/12, WM 2014, 132 Rn. 19; jeweils mwN). Etwaige Missverständnisse muss der Verwender sich in dieser Hinsicht vielmehr nur dann zurechnen lassen, wenn er die Gefahr von Fehlvorstellungen bei seinen Kunden durch eine unklare oder mehrdeutige Klauselformulierung oder -gestaltung selbst hervorgerufen oder verstärkt hat (BGH, Urteil vom 5. November 1998 - III ZR 226/97, aaO; vom 8. November 2012 - VII ZR 191/12, aaO Rn. 23).

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 158/01 Verkündet am:
6. April 2005
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 536, 307 Abs. 1, 2 Bb; AGBG § 9 Bb
Die formularmäßige Auferlegung der Instandhaltung und Instandsetzung gemeinschaftlich
genutzter Flächen und Anlagen auf den Mieter ohne Beschränkung der
Höhe nach verstößt gegen § 9 AGBG/§ 307 Abs. 1, 2 BGB.
BGH, Urteil vom 6. April 2005 - XII ZR 158/01 - OLG Karlsruhe
LG Konstanz
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 6. April 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne, die Richter
Sprick, Fuchs und Dr. Ahlt und die Richterin Dr. Vézina

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe - 19. Zivilsenat in Freiburg - vom 17. Mai 2001 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von den Beklagten restliche Nebenkosten für die Jahre 1992 bis 1997 aus einem Mietvertrag über Gewerberäume in einem Einkaufszentrum. Mit Vertrag vom Juni 1989 vermietete die Klägerin an die Beklagte zu 1, deren Komplementärin die Beklagte zu 2 ist, Räume in einem Einkaufszentrum zum Betrieb eines Spielsalons mit Gaststätte. Zur Übernahme der Nebenkosten enthält Ziff. 7.1 des Mietvertrages folgende Bestimmung:
"7 Nebenkosten 7.1 Sämtliche Nebenkosten des Einkaufszentrums, insbesondere die Kosten des Betriebes , der Instandhaltung und der Gemeinschaftsanlagen einschließlich der Verkehrsflächen werden unbeschadet notwendiger Sonderregelungen von allen Mietern anteilig nach laut Mietvertrag in Anspruch genommener Bruttomietflächen im Verhältnis zur gewerblichen Bruttomietfläche insgesamt getragen. Die Nebenkosten werden in ihrer tatsächlichen, nachgewiesenen Höhe ohne Beschränkung auf die gemäß § 27 der II. Berechnungsverordnung (als Anlage beigefügt) aufgeführten Kosten umgelegt, soweit sie nicht direkt abgerechnet werden. Die Nebenkosten für das Einkaufszentrum betreffen insbesondere:
a) Klimatisierung - einschließlich der Nebenkosten für vorschriftsmäßige Lagerung der Heizmaterialien sowie den mit der Beheizung verbundenen Kundendienst, Reparaturen und Erneuerungen sowie Instanzsetzungen, die sich aus dem Gebrauch und der üblichen Abnutzung ergeben,
b) Belüftungskosten - einschließlich aller Nebenkosten wie unter a)
c) Kosten des Gases oder elektrischen Stromes - einschließlich aller Nebenkosten wie unter a)
d) Wasser- und Kanalgebühren, ferner die Müllabfuhrgebühren und Kaminfegergebühren bzw. Kosten für Wegereinigung (Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht ) und sonstiger öffentlicher Abgaben
e) Betriebs-, Wartungs-, Pflege- und Instandhaltungskosten für alle allgemeinen Einrichtungen des Einkaufszentrums, insbesondere für alle technischen Einrichtungen (z.B. Telefonzentrale, Musikübertragungsanlage, Blumen und Pflanzen etc.) einschl. Außenanlagen und Parkplätzen sowie Kosten für Hausmeister und Haushandwerker sowie das für die Bewachung und Betreuung des Objektes notwendige Personal incl. kfm. und techn. Center-Management
f) anteilige Betriebskosten von Aufzügen, Rolltreppen und Sprinkleranlagen - einschließlich aller Nebenkosten wie unter a)
g) Kosten der für das Gesamtobjekt notwendigen und/oder üblichen Versicherungen sowie alle für den Betrieb, die Unterhaltung, Bewachung und Verwaltung notwendigen Kosten einschließlich der Gestellung und Unterbringung des hierfür erforderlichen Personals
h) sonstige Kosten gemäß § 27 der II. Berechnungsverordnung (siehe Anlage)."
Die von der Klägerin der Beklagten zu 1 zunächst erteilten Nebenkostenabrechnungen für die Jahre 1992 bis 1997 wiesen unterschiedliche Gesamtmietflächen und bis zu sechs verschiedene Verteilerschlüssel für die einzelnen Abrechnungspositionen auf. In zweiter Instanz hat die Klägerin neue Abrechnungen für die Jahre 1992 bis 1997 auf der Grundlage des Anteils der
von der Beklagten zu 1 gemieteten Bruttomietfläche im Verhältnis zur gesamten Bruttomietfläche des Einkaufszentrums erstellt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Klägerin keine ordnungsgemäßen Abrechnungen erteilt habe. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Mit der vom Senat angenommenen Revision verfolgt sie ihren Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision der Klägerin führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Nebenkosten schon deshalb für unbegründet gehalten, weil die Vereinbarung über die Nebenkosten in Ziff. 7.1 des Mietvertrages gemäß § 9 AGBG unwirksam sei. Die Umlegung aller Nebenkosten auf den Mieter, ohne Begrenzung nach Einzelpositionen oder der Höhe nach, verstoße auch bei der gewerblichen Miete gegen § 9 AGBG, wenn dem Mieter die Erhaltungslast auferlegt werde. Eine teilweise Aufrechterhaltung der unwirksamen Bestimmung komme nicht in Betracht, weil dies dem Verbot der geltungserhaltenden Reduktion unangemessener AGB widerspreche. Für eine ergänzende Vertragsauslegung fehle es an einer planwidrigen Lücke. Das Gesetz enthalte mit § 546 BGB eine
dispositive gesetzliche Regelung für die Frage, wer bei fehlender oder unwirksamer anderweitiger Vereinbarung die Nebenkosten zu tragen habe. Im übrigen seien auch die im Berufungsrechtszug vorgelegten Abrechnungen , die nach dem Verhältnis der gesamten Bruttomietfläche zu der von der Beklagten zu 1 gemieteten Fläche vorgenommen worden seien, nicht ordnungsgemäß. Das folge schon daraus, daß sie Bewachungskosten enthielten, die allein der Beklagten zu 1 in Rechnung gestellt worden seien. Auch fehlten die Einnahmen aus dem Parkhaus, die in die Abrechnungen eingestellt werden müßten, weil auch die Kosten für die Parkplätze im Mietvertrag mit umgelegt würden. Weiter sei die Abrechnung der Heizkosten nicht nach der Heizkostenverordnung vom 23. Februar 1981 in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Januar 1989 erfolgt.

II.

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten stand. 1. Ohne Erfolg rügt die Revision einen Verstoß gegen § 308 ZPO. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob das Landgericht die Klage nur als zur Zeit unbegründet oder als endgültig unbegründet abgewiesen hat. Im letzteren Fall liegt ohnehin kein Verstoß gegen das Verbot der Schlechterstellung (§ 536 ZPO a.F./§ 528 ZPO n.F.) vor. Auch bei einer Abweisung der Klage als zur Zeit unbegründet war das Berufungsgericht durch das Verbot der Schlechterstellung nicht gehindert, die Klage endgültig abzuweisen. Denn die Klägerin hat an der Aufrechterhaltung der durch das Urteil des Landgerichts begründeten Rechtsstellung kein schutzwürdiges Interesse. Sie hat mit ihrem Rechtsmittel den ge-
samten Anspruch zur Überprüfung durch das Berufungsgericht gestellt und somit weiterhin ein umfassendes Sachurteil erstrebt. In einem solchen Fall muß sie mit einer endgültigen Abweisung der Klage rechnen (BGHZ 104, 212, 214, 215). 2. Ohne Erfolg beruft sich die Revision weiter darauf, die Vereinbarung der Nebenkosten in Ziff. 7.1 des Mietvertrages sei eine Preisvereinbarung im Sinne von § 8 AGBG (§ 307 Abs. 3 BGB), weshalb eine Überprüfung am Maßstab des § 9 AGBG (§ 307 Abs. 1, 2 BGB) ausscheide. § 8 AGBG beschränkt die Inhaltskontrolle nach den §§ 9 bis 11 AGBG auf Klauseln, die von Rechtsvorschriften abweichen oder diese ergänzen. Abreden über den unmittelbaren Gegenstand der Hauptleistung unterliegen ebensowenig wie Vereinbarungen über das von dem anderen Teil zu erbringende Entgelt der gesetzlichen Inhaltskontrolle, weil das Gesetz den Vertragsparteien grundsätzlich freistellt, Leistung und Gegenleistung im Vertrag frei zu bestimmen (BGHZ 91, 316, 318). Das gilt aber nicht für vorformulierte, vom dispositiven Recht abweichende Nebenabreden wie die vorliegende Nebenkostenvereinbarung. Denn sie enthält eine Abänderung der sich aus den §§ 535, 538 BGB ergebenden Vertragspflicht des Vermieters, die Mietsache auf seine Kosten in gebrauchsfähigem Zustand zur Verfügung zu stellen und zu erhalten (vgl. zu Schönheitsreparaturen BGHZ 108, 1, 4). 3. Das Berufungsgericht geht auch zu Recht davon aus, daß Ziff. 7.1 des Mietvertrages den Mieter gemäß § 9 AGBG (§ 307 Abs. 1, 2 BGB) unangemessen benachteiligt, soweit ihm anteilig die Erhaltungslast für das gesamte Einkaufszentrum auferlegt wird. Die Überwälzung der gesamten Kosten der Instandhaltung des Einkaufszentrums (Ziff. 7.1 Satz 1) und der unter Ziff. 7.1 a), b), c), e), f) aufgeführten Kosten, die u.a. Reparaturen und Erneuerungen sowie
Instandsetzungen von Gemeinschaftsanlagen umfassen, weichen erheblich vom gesetzlichen Leitbild des Mietvertrages ab.
a) Nach § 535 Abs. 1 BGB/§ 536 BGB a.F. hat der Vermieter dem Mieter die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Ihm obliegt somit die Instandhaltung und Instandsetzung des Mietobjekts. Unter den Kosten der Instandhaltung werden - vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen der Parteien - in Anlehnung an § 28 Abs. 1 Zweite Berechnungsverordnung (II. BV) die Kosten verstanden, die zur Erhaltung des bestimmungsgemäßen Gebrauchs aufgewendet werden müssen, um die durch Abnutzung, Alterung und Witterungseinwirkung entstehenden baulichen und sonstigen Mängel ordnungsgemäß zu beseitigen. Bei den Instandsetzungskosten handelt es sich in der Regel um Kosten aus Reparatur und Wiederbeschaffung (für die Wohnraummiete : vgl. Schmidt-Futterer/Langenberg Mietrecht 8. Aufl. § 556 Rdn. 97; BGH Urteil vom 7. April 2004 - VIII ZR 146/03 - NJW-RR 2004, 877). Die Verpflichtung zur Instandhaltung und Instandsetzung kann nach h. M. in Rechtsprechung und Literatur bei der Gewerberaummiete formularmäßig auf den Mieter übertragen werden, soweit sie sich auf Schäden erstreckt, die dem Mietgebrauch oder der Risikosphäre des Mieters zuzuordnen sind (BGH Urteil vom 25. Februar 1987 - VIII ZR 88/86 - NJW-RR 1987, 906; Kraemer in Bub/Treier Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete 3. Aufl. Kap. III Rdn. 1080; Wolf/Eckert/Ball Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts 9. Aufl. Rdn. 370; Schmidt-Futterer/Eisenschmid Mietrecht 8. Aufl. § 535 Rdn. 67 m.w.N.; Langenberg Schönheitsreparaturen Instandsetzung und Rückbau 2. Aufl. S. 173; Fritz Gewerberaummietrecht 4. Aufl. Rdn. 183). Die zulässige Abweichung vom gesetzlichen Leitbild findet aber dort ihre Grenze, wo dem Mieter die Erhaltungslast von gemeinsam mit anderen Mietern
genutzten Flächen und Anlagen ohne Beschränkung der Höhe nach auferlegt wird. Damit werden dem Mieter auch Kosten übertragen, die nicht durch seinen Mietgebrauch veranlaßt sind und die nicht in seinen Risikobereich fallen. Ihm werden dadurch, daß er die gemeinschaftlich genutzten Flächen und Anlagen in dem bei Mietbeginn bestehenden, in der Regel gebrauchten Zustand vorfindet, die Kosten für die Behebung anfänglicher Mängel bzw. bereits vorhandener Abnutzungen durch Reparatur oder Erneuerung überbürdet, deren Höhe für ihn nicht überschaubar ist. Darüber hinaus werden ihm Kosten für Schäden auferlegt , die von Dritten verursacht worden sind, für deren Handeln er keine Verantwortung trägt, so daß auch insoweit ihm nicht zurechenbare und der Höhe nach nicht vorhersehbare Kosten auf ihn übertragen werden. Diese Abweichungen vom gesetzlichen Leitbild des Mietvertrages benachteiligen den Mieter unangemessen (Schmidt-Futterer/Langenberg aaO § 538 BGB Rdn. 29; KG NJW-RR 2003, 586; OLG Naumburg NJW-RR 2000, 823; OLG Düsseldorf NZM 2000, 464; OLG Dresden NJW-RR 1997, 395; OLG Köln NJW-RR 1994, 524). Die Übertragung der Erhaltungslast gemeinschaftlich genutzter Flächen und Anlagen ist allenfalls wirksam, wenn sie in einem bestimmten, zumutbaren Rahmen erfolgt. In der Literatur und Rechtsprechung wird hierzu beispielsweise eine Kostenbegrenzung auf einen festen Prozentsatz der Jahresmiete vorgeschlagen (Kraemer in Bub/Treier aaO; Fritz aaO Rdn. 183, 229; Bub NZM 1998, 789, 793; Wodicka NZM 1999, 1081; KG NJW-RR 2003, 586).
b) Nach diesen Grundsätzen halten der Einleitungssatz von Ziff. 7.1 sowie a), b), c), e), f) einer Inhaltskontrolle am Maßstab des § 9 AGBG (§ 307 Abs. 1, 2 BGB) nicht stand. Sie überbürden dem Mieter anteilig nach der von ihm gemieteten Fläche ohne Begrenzung der Höhe nach die Kosten der Instandhaltung des Einkaufszentrums und seiner Gemeinschaftsanlagen sowie der Instandhaltung der im einzelnen aufgeführter Anlagen. Die Klausel ist deshalb insoweit gemäß § 9 AGBG (§ 307 Abs. 1, 2 BGB) unwirksam.
4. Auch die Regelung unter g) hält einer Kontrolle am Maßstab des § 9 AGBG (§ 307 Abs. 1, 2 BGB) nicht stand. Sie ist nicht hinreichend bestimmt und verstößt deshalb gegen das Transparenzgebot. Die von § 535 BGB abweichende Vereinbarung der Übernahme weiterer Kosten neben der Miete für die Gewährung des Gebrauchs durch den Mieter bedarf stets einer ausdrücklichen, inhaltlich bestimmten Vereinbarung (Blank/Börstinghaus Miete 2. Aufl. § 556 Rdn. 76 ff.; Bub in Bub/Treier aaO Kap. II Rdn. 434, 435; Fritz aaO Rdn. 172). Nur dann ist es dem Mieter möglich, sich zumindest ein grobes Bild davon zu machen, welche zusätzlichen Kosten auf ihn zukommen können. Diesen Anforderungen genügt die Regelung unter g) nicht. Sie ist inhaltlich unklar und damit nicht hinreichend bestimmt. Es ist offen, welche Versicherungen die „üblichen“ Versicherungen sein sollen und was unter den Kosten zu verstehen ist, die für den „Betrieb“ und die „Unterhaltung“ des „Gesamtobjekts“ anfallen. Die äußerst pauschalen Angaben ermöglichen es dem Mieter nicht, sich einen Überblick über die von ihm zu tragenden Kosten zu verschaffen. Es liegen auch keine Anhaltspunkte für ein übereinstimmendes Verständnis der Parteien von diesen Begriffen vor. 5. Dagegen sind die Regelungen unter d) und h) inhaltlich nicht zu beanstanden. Durch die unter h) ausdrücklich erfolgte Bezugnahme auf die Betriebskosten gemäß dem (damaligen) § 27 II BV und den - dem Mietvertrag beigefügten - Betriebskostenkatalog der Anlage 3 zu § 27 II BV haben die Parteien die dort im einzelnen aufgeführten Betriebskosten wirksam vereinbart. Bei der Regelung unter d) handelt es sich im wesentlichen um die in den Ziffern 2, 3, 8 und 12 der in Anlage 3 genannten Betriebskosten.
6. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts führt die Unwirksamkeit der unangemessenen Regelungsteile in Ziff. 7.1 nicht zur Unwirksamkeit der gesamten Klausel, sondern nur zur Unwirksamkeit dieser Regelungsteile. Zwar darf eine Bestimmung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die gegen § 9 AGBG verstößt, nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht im Wege der sogenannten geltungserhaltenden Reduktion auf den gerade noch zulässigen Inhalt zurückgeführt und damit aufrechterhalten werden (BGH Urteil vom 25. März 1998 - VIII ZR 244/97 - NJW 1998, 2284, 2285 m.w.N.). Läßt sich eine Formularklausel jedoch nach ihrem Wortlaut aus sich heraus verständlich und sinnvoll in einen inhaltlich zulässigen und in einen unzulässigen Regelungsteil trennen, so ist die Aufrechterhaltung des zulässigen Teils nach der gleichfalls ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs rechtlich unbedenklich (BGHZ 145, 203, 212; BGH Urteile vom 7. Oktober 1981 - VIII ZR 214/80 - NJW 1982, 178, 181; vom 25. Juni 2003 - VIII ZR 344/02 - NJW 2003, 2899; BGH Beschluß vom 10. September 1997 - VIII ARZ 1/97 - NJW 1997, 3437, 3439; Heinrich NZM 2005, 201, 204).). So ist es hier. Sprachlich verbleibt nach Streichung der unwirksamen Regelungsteile ein aus sich heraus verständlicher Klauselrest. Auch handelt es sich bei den einzelnen Klauselteilen, die jeweils die Übertragung verschiedener Kosten regeln, obwohl sie denselben Sachkomplex betreffen, um nebeneinander stehende, selbständige Regelungsteile, die Gegenstand einer gesonderten Wirksamkeitsprüfung sein können (vgl. BGH Urteile vom 24. März 1988 - III ZR 21/87 - NJW 1988, 2106, 2107; vom 30. September 1987 - VIII ZR 226/86 - NJW 1988, 198, 200; Beschluß vom 10. September 1997 - VIII ARZ 1/97 - aaO). Es handelt sich auch nicht nur um unselbständige Beispiele einer umfassenden unwirksamen Regelung. Denn angesichts des Umfangs der aufgelisteten einzelnen Kosten unter Ziff. 7.1 a) bis h) bleibt für weitere Kosten so wenig Spielraum, daß den einleitenden Worten in Ziff. 7.1 "sämtliche Nebenkosten"
keine eigenständige Bedeutung zukommt und sie insbesondere nicht wegen fehlender Transparenz unwirksam sind (§ 9 AGBG/§ 307 Abs. 1, 2 BGB). Schließlich stellt der zulässige Klauselrest im Gesamtgefüge des Vertrages auch eine sinnvolle eigenständige Regelung dar.

III.

Der Rechtsstreit ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es der Klägerin Gelegenheit geben kann, ihre Abrechnung dem wirksamen Klauselrest anzupassen. Hahne Sprick Fuchs Ahlt Vézina

Das Nachlassgericht hat dem Erben auf Antrag ein Zeugnis über sein Erbrecht und, wenn er nur zu einem Teil der Erbschaft berufen ist, über die Größe des Erbteils zu erteilen (Erbschein).

(1) Nachlasssachen sind Verfahren, die

1.
die besondere amtliche Verwahrung von Verfügungen von Todes wegen,
2.
die Sicherung des Nachlasses einschließlich Nachlasspflegschaften,
3.
die Eröffnung von Verfügungen von Todes wegen,
4.
die Ermittlung der Erben,
5.
die Entgegennahme von Erklärungen, die nach gesetzlicher Vorschrift dem Nachlassgericht gegenüber abzugeben sind,
6.
Erbscheine, Testamentsvollstreckerzeugnisse und sonstige vom Nachlassgericht zu erteilende Zeugnisse,
7.
die Testamentsvollstreckung,
8.
die Nachlassverwaltung sowie
9.
sonstige den Nachlassgerichten durch Gesetz zugewiesene Aufgaben
betreffen.

(2) Teilungssachen sind

1.
die Aufgaben, die Gerichte nach diesem Buch bei der Auseinandersetzung eines Nachlasses und des Gesamtguts zu erledigen haben, nachdem eine eheliche, lebenspartnerschaftliche oder fortgesetzte Gütergemeinschaft beendet wurde, und
2.
Verfahren betreffend Zeugnisse über die Auseinandersetzung des Gesamtguts einer ehelichen, lebenspartnerschaftlichen oder fortgesetzten Gütergemeinschaft nach den §§ 36 und 37 der Grundbuchordnung sowie nach den §§ 42 und 74 der Schiffsregisterordnung.

Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

31
Dem vorerwähnten Interesse des Kunden muss die Vorleistungsklausel auch dann Rechnung tragen, wenn der Kunde ein Unternehmer ist. Denn auch einem Unternehmer gegenüber wäre es nicht angemessen, wenn diesem das wesentliche Sicherungs- und Druckmittel der Einrede des nicht erfüllten Vertrages vollumfänglich und kompensationslos genommen würde. Dem Verwender einer formularmäßigen Vertragsbestimmung ist es gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB - auch bei Verwendung der Klausel gegenüber einem Unternehmer (s. § 310 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB) - verwehrt, durch eine einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zu gewähren, da hierin eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners entgegen den Geboten von Treu und Glauben läge (s. dazu etwa Senat, BGHZ 175, 102, 107 f Rn. 19 sowie Urteile vom 12. Februar 2009 aaO und 17. September 2009 aaO).
24
Eine unangemessene Benachteiligung des Kunden im Sinne von § 307 BGB ist gegeben, wenn der Verwender durch eine einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (st. Rspr.; s. etwa Senatsurteile vom 17. Januar 2008 - III ZR 74/07, BGHZ 175, 102, 107 Rn. 19; vom 12. Februar 2009 - III ZR 179/08, NJW 2009, 1334, 1337 Rn. 29; vom 17. September 2009 - III ZR 207/08, NJW 2010, 57, 58 Rn. 18; vom 18. März 2010 - III ZR 254/09, NJW 2010, 3222, 3224 Rn. 23 und vom 23. September 2010 aaO Rn. 12).
11
b) Eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners des Verwenders im Sinne von § 307 BGB ist gegeben, wenn der Verwender durch eine einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (st. Rspr.; s. etwa Senatsurteile vom 17. Januar2008 - III ZR 74/07, BGHZ 175, 102, 107 f Rn. 19; vom 4. März 2010 - III ZR 79/09, BGHZ 184, 345, 355 f Rn. 31 und vom 13. Januar 2011 - III ZR 78/10, NJW 2011, 1726, 1728 Rn. 24 mwN). So liegt es hier nicht.

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1.
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2.
wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.

Das Nachlassgericht hat dem Erben auf Antrag ein Zeugnis über sein Erbrecht und, wenn er nur zu einem Teil der Erbschaft berufen ist, über die Größe des Erbteils zu erteilen (Erbschein).

(1) Nachlasssachen sind Verfahren, die

1.
die besondere amtliche Verwahrung von Verfügungen von Todes wegen,
2.
die Sicherung des Nachlasses einschließlich Nachlasspflegschaften,
3.
die Eröffnung von Verfügungen von Todes wegen,
4.
die Ermittlung der Erben,
5.
die Entgegennahme von Erklärungen, die nach gesetzlicher Vorschrift dem Nachlassgericht gegenüber abzugeben sind,
6.
Erbscheine, Testamentsvollstreckerzeugnisse und sonstige vom Nachlassgericht zu erteilende Zeugnisse,
7.
die Testamentsvollstreckung,
8.
die Nachlassverwaltung sowie
9.
sonstige den Nachlassgerichten durch Gesetz zugewiesene Aufgaben
betreffen.

(2) Teilungssachen sind

1.
die Aufgaben, die Gerichte nach diesem Buch bei der Auseinandersetzung eines Nachlasses und des Gesamtguts zu erledigen haben, nachdem eine eheliche, lebenspartnerschaftliche oder fortgesetzte Gütergemeinschaft beendet wurde, und
2.
Verfahren betreffend Zeugnisse über die Auseinandersetzung des Gesamtguts einer ehelichen, lebenspartnerschaftlichen oder fortgesetzten Gütergemeinschaft nach den §§ 36 und 37 der Grundbuchordnung sowie nach den §§ 42 und 74 der Schiffsregisterordnung.

Das Gericht hat von Amts wegen die zur Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen erforderlichen Ermittlungen durchzuführen.

16
aa) Die Beklagte trifft in dieser Beziehung zwar zutreffend eine sekundäre Darlegungslast. Steht ein darlegungspflichtiger Kläger außerhalb des für seinen Anspruch erheblichen Geschehensablaufs und kennt der Beklagte alle wesentlichen Tatsachen, so genügt nach den Grundsätzen über die sekundäre Darlegungslast sein einfaches Bestreiten nicht, sofern ihm nähere Angaben zuzumuten sind (BGHZ 86, 23, 29; 100, 190, 196; 140, 156, 158 f.; 163, 209, 214; siehe auch BGH, Urteil vom 12. Juni 2007 - X ZR 87/06 - NJW 2007, 2549, 2553 Rn. 46). In diesen Fällen kann vom Prozessgegner im Rahmen des Zumutbaren das substantiierte Bestreiten der behaupteten Tatsache unter Darlegung der für das Gegenteil sprechenden Tatsachen und Umstände verlangt werden (vgl. BGHZ 140 aaO S. 159). So liegt es auch hier.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 135/98 Verkündet am:
21. September 2000
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : ja
WA Art. 18, 20 Abs. 2, Art. 25

a) Der bei Ausfüllung eines internationalen Luftfrachtbriefs ausdrücklich als
Absender (Shipper) Bezeichnete wird grundsätzlich selbst dann Vertragspartei
des Luftfrachtvertrages, wenn der für ihn handelnde "Agent" ein Speditionsunternehmen
betreibt.

b) Übergibt der Luftfrachtführer das Frachtgut freiwillig in die Hand eines Dritten
, so besteht die Obhut des Luftfrachtführers (Art. 18 Abs. 2 WA) jedenfalls
im Kernbereich der Luftbeförderung im Regelfalle fort.

c) Unter "Leuten" i.S. des Art. 20 WA sind in der Regel auch Monopolunternehmen
zu verstehen, deren sich der Luftfrachtführer zur Ausführung der
ihm aufgetragenen Luftbeförderung arbeitsteilig bedient. Auf eine nähere
Weisungsbefugnis des Luftfrachtführers kommt es nicht an.

d) Liegt nach den Umständen des Falles ein grob fahrlässiges Organisationsverschulden
i.S. des Art. 25 WA mit gewisser Wahrscheinlichkeit nahe, ist
der Luftfrachtführer zur Vermeidung prozessualer Nachteile grundsätzlich
gehalten, ein Informationsdefizit des Anspruchstellers durch detaillierten
Sachvortrag auszugleichen.
BGH, Urt. v. 21. September 2000 - I ZR 135/98 - OLG Frankfurt am Main
LG Frankfurt am Main
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Mai 2000 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann
und die Richter Starck, Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Büscher und Raebel

für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Grundurteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 21. April 1998 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Klägerin beauftragte die als Spediteurin tätige T. (richtig und im folgenden : P.) GmbH, je zwei gebrauchte Laptops und Platinen von Frankfurt am Main nach St. Petersburg/Rußland zu befördern. Die P. beauftragte ihrerseits die Beklagte und stellte hierbei am 14. November 1995 einen IATA-Luftfrachtbrief aus, in welchem die Klägerin in die Rubrik "Shipper's Name and Address" eingesetzt war. Die P. unterzeichnete diesen Luftfrachtbrief sowohl in dem Feld "Signature of Shipper or his Agent" als auch in dem Feld "Signature of Issuing Carrier or his Agent".
Das Frachtgut wurde am 15. November 1995 von der Beklagten verladen und geriet nach Ankunft auf dem Flughafen St. Petersburg in Verlust. Die Ent-
ladung erfolgte durch die örtliche Flughafengesellschaft, die A. E. Pu. (im folgenden : Pu.), die auf dem Flughafen St. Petersburg nach Art eines Monopolunternehmens den gesamten Bodenverkehrsumschlag besorgte. Nach der Entladung des Flugzeuges, bei der der Stationsleiter der Beklagten zugegen war, meldete die Pu. den Verlust der Frachtstücke.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die P. habe als ihre Vertreterin mit der Beklagten einen Luftfrachtvertrag geschlossen, nach dem sie, die Klägerin, als Absenderin Schadensersatz für den Verlust verlangen könne. Sie ist der Ansicht, die Beklagte müsse unbeschränkt haften, da sie nicht angegeben habe, wie der Entladevorgang und die weitere Frachtbehandlung durch die Pu. im einzelnen abgelaufen seien.
Die Klägerin hat den Schaden mit 18.230 US-Dollar beziffert und zuletzt Zahlung von 25.879,31 DM nebst 5 % Zinsen begehrt.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat vorgetragen, der Klägerin gegenüber nicht verpflichtet zu sein. Sie sei Luftfrachtführerin der P. gewesen. Diese habe als Spediteurin der Klägerin in eigenem Namen gehandelt. Ihr, der Beklagten, dürfte auch nicht zur Last fallen, daß sie zu näherem Vortrag über die Behandlung der Frachtstücke durch die Pu. nicht imstande sei.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat den Anspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt (OLG Frankfurt TranspR 1999, 24).
Mit ihrer - zugelassenen - Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat der Klägerin einen Schadensersatz gem. Art. 18 Abs. 1 des Warschauer Abkommens in der Fassung des Haager Protokolls (im folgenden: WA) dem Grunde nach zuerkannt und dazu ausgeführt:
Die Klägerin sei aktivlegitimiert, da der Luftfrachtvertrag zwischen ihr, vertreten durch die P., und der Beklagten abgeschlossen worden sei. Dies folge aus der Eintragung der Klägerin als Absenderin im Luftfrachtbrief, dessen Beweisvermutung (Art. 11 Abs. 1 WA) sich auch auf die Person des Absenders erstrecke. Zwar würden Spediteure - wie die von der Klägerin eingeschaltete P. - regelmäßig im eigenen Namen auftreten. Zu einem Vertragsabschluß mit dem Spediteur selbst könne es aber nur dann kommen, wenn dieser erkennbar als Spediteur auftrete. Dazu habe sich die Beklagte nicht erklärt.
Die Beklagte hafte, da der Verlust des Transportgutes bei der Luftbeförderung i.S. des Art. 18 Abs. 1 und 2 WA eingetreten sei, nämlich auf dem Flughafen in St. Petersburg. Der Obhutsbereich des Luftfrachtführers schließe den Gewahrsam des Bodenverkehrsunternehmens - hier der Pu. - ein, auch wenn es sich dabei um ein Monopolunternehmen handele.
Die Beklagte habe s ich nicht nach Art. 20 WA zu entlasten vermocht. Sie habe nicht ausreichend dargestellt, daß sie oder ihre "Leute", zu denen die Pu. gehöre, alle erforderlichen Maßnahmen zur Verhütung des Schadens getroffen hätten. Sie habe insbesondere nicht dargetan, wie ihr Stationsleiter, der
bei der Entladung des Flugzeugs überwachend anwesend gewesen sei, seine Aufgabe wahrgenommen habe.
Die Beklagte hafte nach Art. 25 WA, ohne sich auf die Beschränkungen des Art. 22 Abs. 2 WA berufen zu können, in vollem Umfange. Es sei davon auszugehen, daß die Klägerin nachgewiesen habe, daß der Schaden durch ein Verhalten der Beklagten entstanden sei, das leichtfertig und von dem Bewußtsein der Schadenswahrscheinlichkeit getragen gewesen sei. Zwar habe die Klägerin hierzu nicht näher vorgetragen. Die Beklagte treffe jedoch - entsprechend den im sonstigen Transportrecht entwickelten Grundsätzen - eine Einlassungspflicht , der sie nicht nachgekommen sei. Sie habe zur Behandlung und Verlustsicherung der Sendung in ihrem Obhutsbereich, in den die Absenderin keinen Einblick habe, keine Angaben gemacht. Sie habe sich weder näher zu dem Entladevorgang auf dem Rollfeld in St. Petersburg noch in allgemeiner Weise zur Weiterbehandlung der Frachtstücke nach dem Verbringen auf das Rollfeld durch die Pu. geäußert.
II. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
1. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht die Aktivlegitimation der Klägerin bejaht. Entgegen der Ansicht der Revision ist der Luftfrachtvertrag nicht zwischen der von der Klägerin als Spediteurin eingeschalteten P., sondern zwischen der Klägerin und der Beklagten abgeschlossen worden.
Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß der IATALuftfrachtbrief (Anl. K 1) gemäß Art. 11 Abs. 1 WA den widerlegbaren Beweis für den Abschluß des Luftbeförderungsvertrages erbringt. Diese Beweisvermutung erstreckt sich auch auf den Inhalt des Vertrages, insbesondere die
Frage, wer von den am Luftbeförderungsvertrag Beteiligten als Absender, Frachtführer und Empfänger anzusehen ist (vgl. BGH, Urt. v. 15.11.1988 - IX ZR 11/88, TranspR 1989, 151, 153; Giemulla/Schmid/Müller-Rostin, Warschauer Abkommen, Art. 1 Rdn. 44; Ruhwedel, Der Luftbeförderungsvertrag, 3. Aufl., Rdn. 122; Koller, Transportrecht, 4. Aufl., WA 1955 Art. 11 Rdn. 16 f.). Aus der Namensnennung der Klägerin in der Rubrik "Shipper's Name and Address" folgert das Berufungsgericht zu Recht, daß die Klägerin nach dem Inhalt des Frachtbriefes Absenderin des Frachtgutes und mithin Vertragspartner der Luftfrachtführerin sein sollte. Der im Luftfrachtbrief enthaltene Begriff "Shipper" (vgl. Ruhwedel aaO Rdn. 304) entspricht in der englischen Übersetzung des Warschauer Abkommens dem Synonym "consignor", womit in der deutschen Übersetzung der "Absender", also derjenige gemeint ist, der den Luftfrachtführer im Beförderungsvertrag mit der Durchführung der Luftbeförderung beauftragt (vgl. BGH, Urt. v. 9.10.1981 - I ZR 98/79, LM Warschauer Abkommen Nr. 19; LG Frankfurt ZLW 1995, 357, 359; A. Gran, TranspR 1999, 173, 183).
Auch aus dem unstreitigen Teil des Tatbestandes des Berufungsurteils ergibt sich, daß nach dem Verständnis der Parteien im Streitfall mit "Shipper" im Frachtbrief der Absender gemeint war. Dies ist im Revisionsverfahren auch nicht in Zweifel gezogen worden. Die Revision meint jedoch, die P. sei erkennbar als Spediteurin aufgetreten, woraus zu entnehmen sei, daß sie den Luftfrachtvertrag im eigenen Namen habe abschließen wollen. Damit vermag sie nicht durchzudringen.
Allerdings ist auch das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß der beauftragte Frachtführer selbst dann nicht auf ein Handeln in fremdem Namen schließen darf, wenn der ihn beauftragende Spediteur den Namen des Versen-
ders offenlegt oder diesen gar als Absender bezeichnet; denn Kaufleute müßten wissen, daß Spediteure im eigenen Namen aufträten. Gleichwohl greife diese Auslegungsregel hier nicht ein. Dazu wäre erforderlich, daß die Beklagte bei Vertragsabschluß habe erkennen müssen, daß die P. Spediteurin gewesen sei. Dazu habe sich die Beklagte jedoch nicht erklärt. Die Revision rügt insoweit , das Berufungsgericht habe unberücksichtigt gelassen, daß die P. - was den beteiligten Verkehrskreisen bekannt sei - ein weltweit tätiges Speditionsunternehmen sei. Es sei im übrigen unstreitig, daß sie als Spediteurin und nicht in anderer Funktion tätig gewesen sei. Eines gesonderten Vortrags der Beklagten dazu habe es daher nicht bedurft. Auch wenn man dem folgt, hilft dies der Revision nicht weiter. Denn im Streitfall kann bereits die angeführte Auslegungsregel nicht herangezogen werden.
Dabei kann offenbleiben, ob dem Grundsatz, daß der beauftragte Frachtführer auch dann nicht auf ein Handeln in fremdem Namen schließen darf, wenn der ihn beauftragende Spediteur den Namen des Versenders offenlegt oder diesen gar als Absender bezeichnet, in dieser Allgemeinheit gefolgt werden kann (bejahend OLG Köln TranspR 1986, 194, 195; OLG München NJW-RR 1989, 803, 804; Koller, Transportrecht, 3. Aufl., HGB § 407 Rdn. 4; a.A. OLG München VersR 1982, 264, 265). Es bestehen bereits Bedenken , die Auslegungsregel ohne weiteres auf internationale Sachverhalte zu übertragen. Denn die Regel beruht auf dem im deutschen Rechtskreis anerkannten Vertragstypus des Speditionsvertrages, nach dessen - vor Inkrafttreten des Transportrechtsreformgesetzes gültigen - Leitbild der Spediteur die Güterversendung "im eigenen Namen" besorgt (§ 407 Abs. 1 HGB a.F.). Sie setzt voraus, daß der von einem Spediteur beauftragte Frachtführer dessen besondere Stellung nach deutschem Recht kennt. Davon kann bei einem auswärtigen Luftfrachtführer - wie hier bei der in den USA ansässigen Beklagten, mag
diese auch in Deutschland eine Direktion haben - nicht ohne weiteres ausgegangen werden. Dem braucht vorliegend jedoch nicht weiter nachgegangen zu werden. Denn im Streitfall hat sich die P. nicht darauf beschränkt, den Namen ihres Auftraggebers nur zu Informationszwecken offenzulegen. Vielmehr hat sie die Klägerin bei der Ausfüllung des Luftfrachtbriefes ausdrücklich als Absenderin bezeichnet, worunter der Rechtsverkehr die Stellung einer Vertragspartei des Luftfrachtvertrages versteht (vgl. auch Koller, Transportrecht, 4. Aufl., HGB § 453 Rdn. 4 zum neuen Recht). Die Beklagte hatte deshalb keine Veranlassung , in der P. mehr als eine bloße Vertreterin der Klägerin zu sehen. Aus dem Umstand, daß die P. ausweislich des Frachtbriefwortlautes als Agent der Klägerin aufgetreten ist, ergibt sich nichts Gegenteiliges. Zwar kann die Verwendung dieses Begriffs im Einzelfall mehrdeutig sein und nicht nur den Stellvertreter i.S. des § 164 BGB bezeichnen, sondern auch einen Beauftragten, Vermittler oder Spediteur (vgl. BGHZ 52, 194, 199 f.). Der der englischen Sprache entnommene Terminus entspricht jedenfalls dann, wenn er als Rechtsbegriff verwendet wird, in der deutschen Übersetzung dem Stellvertreter i.S. des § 164 BGB (Triebel, Englisches Handels- und Wirtschaftsrecht, Rdn. 41). Legt der Agent - wie hier - bei seinem rechtsgeschäftlichen Handeln die Person seines Geschäftsherrn offen, so wird in aller Regel der Vertreter aus der von ihm eingeleiteten Transaktion weder berechtigt noch verpflichtet. Vielmehr tritt die rechtliche Bindung unmittelbar in der Person seines Geschäftsherrn ein (Hudson, Dictionary of Commercial Law, S. 11; v. Bernstorff, Einführung in das englische Recht, S. 47 f.). Im Streitfall sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich , daß die Parteien etwas anderes wollten.
2. Ohne Rechtsverstoß hat das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten nach Art. 18 Abs. 1 WA bejaht.
Nach dieser Bestimmung hat der Luftfrachtführer den Schaden zu ersetzen , der durch Verlust von Gütern entsteht, wenn das Ereignis, durch das der Schaden verursacht wurde, während der Luftbeförderung eingetreten ist. Hierbei umfaßt die Luftbeförderung gem. Art. 18 Abs. 2 WA auch den Zeitraum, in dem sich die Güter auf einem Flughafen unter der Obhut des Luftfrachtführers befinden.
Da der Verlust unstreitig auf dem Flughafen in St. Petersburg eingetreten ist, kommt es maßgebend darauf an, ob der Obhutszeitraum den Gewahrsam des Bodenverkehrsunternehmens Pu. einschließt. Das Berufungsgericht hat dies ungeachtet des Umstandes bejaht, daß es sich bei dem hier tätigen Bodenverkehrsunternehmen um ein Monopolunternehmen handelt (ebenso schon OLG Frankfurt NJW 1975, 1604, 1605; OLG Nürnberg TranspR 1992, 276, 278; LG Stuttgart ZLW 1994, 240, 241; LG Hamburg TranspR 1995, 76; Koller, Transportrecht, 4. Aufl., WA Art. 20 Rdn. 19; Müller-Rostin, TranspR 1989, 121, 124). Die Revision vertritt demgegenüber die Ansicht, die Sendung habe sich beim Abhandenkommen nicht mehr in der Obhut der Beklagten befunden , da sie mit der Entladung vollständig in den Einwirkungs- und Verantwortungsbereich des Bodenverkehrsunternehmens Pu. übergegangen sei. Diesem Unternehmen gegenüber habe der Beklagten jede Weisungsbefugnis gefehlt , jede Einmischung sei untersagt worden. Damit vermag die Revision nicht durchzudringen.
Nach der Rechtsprechung des Senats hat der Luftfrachtführer so lange Obhut an dem Gut, als es sich mit seinem Willen derart in seinem Einwirkungsbereich befindet, daß er in der Lage ist, das Gut gegen Verlust und Beschädigung zu schützen (BGH, Urt. v. 27.10.1978 - I ZR 114/76, VersR 1979, 83, 84 f.). Dazu ist ein körperlicher Gewahrsam durch den Luftfrachtführer nicht
zwingend erforderlich (vgl. Giemulla/Schmid/Müller-Rostin aaO Art. 18 Rdn. 18 c; Ruhwedel aaO Rdn. 437 f.). Es genügt, daß der Luftfrachtführer auf die Behandlung des Transportgutes Einfluß nehmen kann. Befindet sich das Frachtgut im Gewahrsam eines Dritten, so hängt der Grad der erforderlichen Einwirkungsmöglichkeit von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab. Im Grundsatz kann ein geringerer Grad von Einwirkungsmöglichkeit ausreichen, wenn der Schaden in einem zu den Kernbereichen der Luftbeförderung gehörenden Teilabschnitt eingetreten ist. Denn der Absender darf darauf vertrauen, daß der Luftfrachtführer zumindest in den vertragstypischen Tätigkeitsfeldern der Luftbeförderung für eine sorgfältige Vertragserfüllung einstehen will.
Übergibt der Luftfrachtführer das Frachtgut freiwillig in die Hand eines Dritten, so wird die Obhut des Luftfrachtführers zumindest im Kernbereich der Luftbeförderung im Regelfall bereits deshalb fortbestehen, weil der Dritte seinerseits in Erfüllung seiner dem Luftfrachtführer gegenüber bestehenden Vertragspflichten zum sorgsamen Umgang mit dem Frachtgut verpflichtet ist (vgl. OLG München ZLW 2000, 118, 122; Müller-Rostin, TranspR 1989, 121, 124). Insoweit wird die obhutsbegründende Einwirkungsmöglichkeit durch das rechtliche Band der Vertragsbeziehung vermittelt. Die Obhut endet lediglich dann, wenn der Luftfrachtführer den Gewahrsam ohne eigene Mitwirkung - beispielsweise durch staatlichen Hoheitsakt einer Zollbehörde - verliert und keine tatsächlichen oder rechtlichen Einwirkungsmöglichkeiten auf das Frachtgut besitzt (vgl. dazu Koller, Transportrecht, 4. Aufl., WA Art. 18 Rdn. 5; Giemulla/ Schmid/Müller-Rostin aaO Art. 18 Rdn. 21 b und c m.w.N.).
Angesichts dieses rechtlichen Ausgangspunktes ist das Berufungsgericht zu Recht von einer während des Entladevorgangs fortbestehenden Obhut der Beklagten ausgegangen. Der Entladevorgang einschließlich des Waren-
umschlags auf dem Flughafen gehören zu den vertragstypischen Leistungspflichten des Luftbeförderungsvertrages; mithin entstand der Schaden in einem Bereich, in dem keine allzu strengen Anforderungen an das Fortbestehen einer Obhut des Luftfrachtführers zu stellen sind.
Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Verlust unmittelbar beim Entladen oder erst danach auf dem Flughafengelände eingetreten ist. Legt man das Vorbringen der Beklagten zugrunde, so ist die Sendung bereits beim Entladen aus dem Flugzeug abhanden gekommen (Klageerwiderung GA 19 f. und RB 5, 9 und 10). Für diesen Zeitraum ist aber noch eine tatsächliche Einwirkungsmöglichkeit der Beklagten selbst gegeben. Denn bei dem Entladevorgang war unstreitig der Stationsleiter der Beklagten überwachend anwesend. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung wirkt sich eine Beobachtung schadensgefährdeter Vorgänge risikomindernd aus. Dies liegt gerade bei Diebstahlsgefahren auf der Hand, da eine Überwachung das Risiko potentieller Täter erhöht, entdeckt zu werden. Darauf, daß das Umschlagsunternehmen die Anwesenheit des Stationsleiters nur mit Widerspruch geduldet habe, kommt es nicht an. Auch der von der Revision angeführte Umstand, daß der Stationsleiter dem Umschlagsunternehmen keinerlei Weisungen habe erteilen dürfen, erfordert keine andere Beurteilung, da allein die Anwesenheit des Stationsleiters eine überwachende Funktion ausübte.
Aber auch dann, wenn der Verlust entgegen der Behauptung der Beklagten erst nach dem Entladen aus dem Flugzeug außerhalb des unmittelbaren tatsächlichen Einwirkungsbereichs des Stationsleiters auf dem Flughafengelände eingetreten sein sollte, wäre der der Beklagten zuzurechnende Obhutszeitraum nicht überschritten. Denn die Pu. gehört zu den "Leuten" i.S. des
Art. 20 WA, für die der Luftfrachtführer verantwortlich ist (vgl. nachfolgend unter II. 3.).
3. Die Revision wendet sich ohne Erfolg gegen die weitere Annahme des Berufungsgerichts, die Ersatzpflicht der Beklagten sei auch nicht gem. Art. 20 WA entfallen. Nach dieser Vorschrift tritt die Ersatzpflicht nicht ein, wenn der Luftfrachtführer beweist, daß er und seine "Leute" alle erforderlichen Maßnahmen zur Verhütung des Schadens getroffen haben oder daß sie diese Maßnahmen nicht treffen konnten. Diesen Nachweis hat das Berufungsgericht zu Recht als nicht erbracht angesehen.
Soweit die Überwachung des Entladevorgangs durch den Stationsleiter der Beklagten in Rede steht, hat die Beklagte selbst vorgetragen, daß die Fracht "gleichsam unter seinen Augen" abhanden gekommen sei (GA 20). Dabei fehlt es an jeglichem Vortrag, wie das Entladen erfolgte und welche Kontrollmaßnahmen dabei durchgeführt wurden.
Die Beklagte hätte sich überdies auch hinsichtlich des Verhaltens der Pu. und deren Mitarbeiter entlasten müssen, da diese - wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat - zu den "Leuten" der Beklagten i.S. des Art. 20 WA gehören. Dem hält die Revision ohne Erfolg entgegen, die Beklagte habe die Dienste der Pu. in Anspruch nehmen müssen und dieser keinerlei Weisungen erteilen dürfen.
Unter "Leuten" i.S. des Art. 20 WA sind alle Personen zu verstehen, deren sich der Luftfrachtführer zur Ausführung der ihm aufgetragenen Luftbeförderung arbeitsteilig bedient. Hierbei ist im Sinne einer vertragsautonomen Auslegung der internationalen Tendenz Rechnung zu tragen, den persönlichen
Anwendungsbereich der Vorschrift großzügig zu umschreiben (MünchKommHGB/Kronke, WA Art. 20 Rdn. 33). In der Sache entspricht der "Leute"-Begriff weitgehend der dem deutschen Rechtskreis geläufigen Rechtsstellung des Erfüllungsgehilfen nach § 278 BGB (BGH, Urt. v. 14.2.1989 - VI ZR 121/88, TranspR 1989, 275, 276 f.). Auch dort beruht der eigentliche Grund für die Zurechnung der fremden Handlung darauf, daß der Erfüllungsgehilfe objektiv auf Veranlassung des Schuldners eine Aufgabe übernimmt, deren Erfüllung im Verhältnis zum Gläubiger dem Schuldner selbst obliegt (BGHZ 13, 111, 113; 50, 32, 35; 62, 119, 124; BGH, Urt. v. 30.3.1988 - I ZR 40/86, BGHR § 278 BGB - Unterlassungsversprechen 1). Deshalb wird die Eigenschaft , als Erfüllungsgehilfe tätig zu werden, auch nicht dadurch in Frage gestellt, daß der Erfüllungsgehilfe keinen Weisungen des Schuldners unterliegt. Unerheblich ist auch, daß der mit Willen des Schuldners in dessen Geschäftskreis eintretende Erfüllungsgehilfe hinsichtlich der von ihm erbrachten Leistung eine Monopolstellung innehat (vgl. BGHZ 62, 119, 124; auch BGHZ 100, 117, 122; BGHR § 278 BGB - Unterlassungsversprechen 1).
Umstritten ist, ob der "Leute"-Begriff i.S. des Art. 20 WA davon abweichend eine Weisungsabhängigkeit erfordert (so Giemulla/Schmid/Müller-Rostin aaO Art. 25 Rdn. 51; Giemulla, Luftverkehrsrecht im Wandel, S. 115, 126; Ruhwedel aaO Rdn. 580). Das Berufungsgericht hat die Auffassung vertreten, daß es auf eine intensive Weisungsbefugnis nicht ankommt (so auch OLG Nürnberg TranspR 1992, 276, 278; OLG München ZLW 2000, 119, 122; Koller, Transportrecht, 4. Aufl., WA Art. 20 Rdn. 19). Dem ist beizutreten. Andernfalls würde die Entlastungsmöglichkeit zugunsten des Luftfrachtführers in einem gem. Art. 18 Abs. 2 WA grundsätzlich noch der Luftbeförderung zuzurechnenden Bereich zum Nachtteil des Geschädigten, der insoweit keinen Einblick und auch keine Einflußmöglichkeiten hat, in einer Weise eingeengt, die mit dem
Zweck der strengen Obhutshaftung nicht mehr vereinbar wäre. Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf abgehoben, daß die Erweiterung des Obhutszeitraums dadurch gerechtfertigt ist, daß es der Luftfrachtführer in aller Regel in der Hand hat, das Frachtgut auch in diesem Zeitraum durch geeignete Maßnahmen vor Verlust und Beschädigung zu schützen. Demgegenüber ist der Absender mit den Verhältnissen auf den Flughäfen regelmäßig nicht vertraut und kann auf Entladung, Verwahrung und Weiterleitung an den Empfänger keinen Einfluß nehmen. Es ist allerdings nicht zu verkennen, daß auch die Einwirkungsmöglichkeiten der Luftfrachtführer auf die Bodenverkehrsdienste der einzelnen Flughäfen unterschiedlich sein können und bei Monopolunternehmen wie der Pu. wesentlich erschwert sind. Entscheidend muß indessen sein, ob der Dritte dem Luftfrachtführer gegenüber zum Schutze des Gutes und zur Herausgabe verpflichtet ist (vgl. Koller, Transportrecht, 4. Aufl., WA Art. 18 Rdn. 5). Kann die Entladung und der Umschlag des Gutes im Rahmen der vertraglichen Beziehungen im Einzelfall nicht hinreichend gewährleistet werden, so ist es Sache des Luftfrachtführers, einen Beförderungsauftrag gegebenenfalls abzulehnen, will er sich nicht der strengen Obhutshaftung aussetzen. Die besonderen Schwierigkeiten, die im Einzelfall bei der Sicherstellung rechtlicher Einflußmöglichkeiten gegeben sein können, fallen grundsätzlich in die Sphäre des Luftfrachtführers. Die Revisionserwiderung verweist zu Recht darauf, daß eine Betrachtung, die auf die konkreten rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf einzelnen Flughäfen Rücksicht nimmt und die maßgebend auf das Ausmaß der Weisungsmöglichkeiten gegenüber der jeweiligen Bodenverkehrsgesellschaft abstellt, letztlich der gebotenen einheitlichen Anwendung des Warschauer Abkommens zuwiderliefe. Der Verkehrsschutz erfordert eine gewisse generalisierende Handhabung.
Die Gegenmeinung kann nicht mit Erfolg darauf verweisen, daß der "Leute"-Begriff der deutschen Übersetzung in der französischen Originalfassung des Warschauer Abkommens "préposés" lautet. Denn eine inhaltsgleiche Übertragung des französischen Rechtsbegriffs (Art. 1384 und 1953 Code Civil), der nur den nicht selbständigen Gehilfen meint, entspricht nicht zwingend dem Sinn und Zweck des Abkommens: Bereits zum Zeitpunkt der Entstehung des Abkommens bestand bei der Luftbeförderung die Praxis, daß sich der Luftfrachtführer zur Ausführung der Transporte mitunter selbständiger Unternehmen bediente. Es entsprach mithin einem naheliegenden Bedürfnis, auch diese Unternehmen in die Haftung des Luftfrachtführers einzubinden. Darüber hinaus zeigt eine rechtsvergleichende Betrachtung, daß die Umsetzung der Originalfassung des Abkommens in die einzelnen Vertragssprachen nicht einheitlich gelang; so sind etwa in der italienischen Übersetzung mit "préposés" ausschließlich die selbständigen Hilfspersonen des Luftfrachtführers gemeint (Schmid, TranspR 1984, 1, 3 f., Fn. 18 m.w.N.).
Auch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes läßt sich das Erfordernis einer intensiven Weisungsbefugnis nicht entnehmen. Allerdings hat der VI. Zivilsenat (TranspR 1989, 275, 276 f.) die Auffassung vertreten, daß bei der Auslegung der §§ 44, 45 LuftVG der an Art. 20 WA angelehnte Begriff der "Leute" zwar weitgehend den Erfüllungsgehilfen nach § 278 BGB gleichgestellt sei, daß die "Leute" i.S. des § 45 LuftVG aber ähnlich den Verrichtungsgehilfen von den Weisungen des Luftfrachtführers abhängig sein müßten. Insoweit handelt es sich indessen nicht um eine die Entscheidung tragende Erwägung. Außerdem läßt sich der dort vorausgesetzte Weisungsbegriff mit der hier vertretenen Auffassung vereinbaren, die eine gewisse Weisungsbefugnis ausreichen läßt, welche in rechtlichen Einflußmöglichkeiten und einer - hier gegebe-
nen - zumindest überwachenden Anwesenheit beim Entladevorgang bestehen kann.
4. Entgegen der Ansicht der Revision ist es schließlich auch nicht zu beanstanden, daß das Berufungsgericht der Beklagten die Berufung auf die Haftungsbeschränkung des Art. 22 WA versagt hat.
Nach Art. 25 WA gilt die Haftungsbeschränkung des Art. 22 WA nicht, wenn nachgewiesen wird, daß der Schaden durch eine Handlung oder Unterlassung des Luftfrachtführers oder seiner "Leute" verursacht worden ist, die leichtfertig und in dem Bewußtsein begangen wurde, daß ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde.

a) Nach Ansicht des Berufungsgerichts hat die Klägerin den Nachweis erbracht, daß der Schaden gemäß Art. 25 Satz 1 WA durch ein solches Verhalten der Beklagten verursacht worden ist. Zwar habe die Klägerin das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 25 WA nicht ausdrücklich vorgetragen. Auch sei eine gesteigerte Sorgfaltswidrigkeit der Beklagten nicht mit den Mitteln des Anscheinsbeweises nachgewiesen. Dennoch lägen eine Reihe von unstreitigen oder sich aus dem Prozeßverhalten ergebenden Hilfstatsachen vor, die den Schluß auf das qualifizierte Verschulden zuließen und den ausdrücklichen Vortrag der Haupttatsachen ersetzten. So sei unter anderem das Prozeßverhalten der Beklagten heranzuziehen: Obwohl die Beklagte der Klägerin gegenüber zur Aufklärung verpflichtet gewesen sei, habe sie es unterlassen , die ihr möglichen und zumutbaren Auskünfte zu erteilen. Es sei unklar geblieben, ob der Verlust noch auf dem Rollfeld oder erst nach der Verbringung der Fracht in die Räumlichkeiten der Pu. bekanntgegeben worden sei. Wenigstens hätte die Beklagte in allgemeiner Form vortragen können, in wel-
cher Art mit der Fracht nach dem Abtransport vom Rollfeld verfahren werde und wie die Fracht dann gegen Verlust geschützt werde. Aus dem fehlenden Vortrag zu Kontrollmaßnahmen könne der naheliegende Schluß gezogen werden , daß systematische Kontrollen nicht vorhanden gewesen seien und bei der Pu. keine ausreichenden Verlustsicherungen bestanden hätten. Dies lege es überzeugungsbildend nahe, daß die Beklagte leichtfertig und im Bewußtsein der Schadenswahrscheinlichkeit gehandelt habe.

b) Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision im Ergebnis stand.
aa) Es ist allgemein anerkannt und wird auch im Revisionsverfahren nicht in Zweifel gezogen, daß sich das in Art. 25 WA vorausgesetzte qualifizierte Verschulden des Luftfrachtführers oder seiner "Leute" auch aus einer mangelhaften Organisation des Betriebsablaufs ergeben kann, der keinen hinreichenden Schutz der zu befördernden Frachtgüter gewährleistet und sich in krasser Weise über die Sicherheitsinteressen der Vertragspartner hinwegsetzt (BGH, Urt. v. 10.5.1974 - I ZR 61/73, VersR 1974, 766; OLG Köln ZLW 1999, 163, 164 f.; OLG München ZLW 2000, 118, 122; Ruhwedel aaO Rdn. 525; Koller, Transportrecht, 4. Aufl., WA Art. 25 Rdn. 5). Ebenso ist unumstritten, daß der Geschädigte die materielle Beweislast für die Voraussetzungen des Art. 25 WA trägt.
bb) Die Revision rügt jedoch, daß das Berufungsgericht im Streitfall die Darlegungs- und Beweislast der Klägerin über das zulässige Maß hinaus erleichtert habe. Damit vermag sie nicht durchzudringen.
Es begegnet keinen durchgreifenden Bedenken, daß das Berufungsgericht insoweit die für den Bereich der ADSp- und CMR-Haftung anerkannte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes auch im Streitfall herangezogen hat. Danach erfüllt der Anspruchsteller die ihm obliegende Darlegungslast für ein grob fahrlässiges Verschulden des Spediteurs oder Frachtführers bereits dann, wenn der Klagevortrag nach den Umständen des Falles ein grob fahrlässiges Verschulden mit gewisser Wahrscheinlichkeit nahelegt und allein der Spediteur bzw. der Frachtführer zur Aufklärung des in seinem Bereich entstandenen Schadens zumutbarerweise beitragen kann. Gleiches gilt, wenn sich die Anhaltspunkte für das Verschulden aus dem unstreitigen Sachverhalt ergeben. In diesem Fall darf sich der Anspruchsgegner zur Vermeidung prozessualer Nachteile nicht darauf beschränken, den Sachvortrag schlicht zu bestreiten. Er ist vielmehr gehalten, das Informationsdefizit des Anspruchstellers durch detaillierten Sachvortrag zum Ablauf des Betriebs und den ergriffenen Sicherungsmaßnahmen auszugleichen (vgl. näher BGHZ 127, 275, 283 f.; 129, 345, 349 f.; BGH, Urt. v. 22.6.1995 - I ZR 21/93, TranspR 1996, 37 f.; Urt. v. 6.7.1995 - I ZR 20/93, TranspR 1996, 70 f.; Urt. v. 14.12.1995 - I ZR 138/93, TranspR 1996, 121, 123; Urt. v. 25.9.1997 - I ZR 156/95, TranspR 1998, 262, 264; Urt. v. 16.7.1998 - I ZR 44/96, TranspR 1999, 19, 23).
Die Auferlegung einer sogenannten sekundären Behauptungslast ist auch außerhalb der genannten Rechtsgebiete in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes und im Schrifttum zumindest dann anerkannt, wenn die primär darlegungspflichtige Partei außerhalb des darzulegenden Geschehensablaufs steht und keine Kenntnisse von den maßgeblichen Tatsachen besitzt, während der Prozeßgegner zumutbar nähere Angaben machen kann (BGH, Urt. v. 20.1.1961 - I ZR 79/59, NJW 1961, 826, 828 - Pressedienst; Urt. v. 13.7.1962 - I ZR 43/61, GRUR 1963, 270, 272 = WRP 1962, 404 - Bärenfang;
BGHZ 120, 320, 327 - Tariflohnunterschreitung; BGH, Urt. v. 15.10.1986 - IVb ZR 78/85, NJW 1987, 1201; Urt. v. 11.6.1990 - II ZR 159/89, NJW 1990, 3151 f. mit Anm. Schreiber, JR 1991, 415; Urt. v. 17.10.1996 - IX ZR 293/95, NJW 1997, 128, 129; Baumgärtel, Beweislastpraxis im Privatrecht, Rdn. 303 ff.; Arens, ZZP 96 (1983), 1, 21 ff.; Zöller/Greger, ZPO, 21. Aufl., Vor § 284 Rdn. 34; MünchKommZPO/Peters, § 138 Rdn. 21 f.; Musielak/Stadler, ZPO, § 138 Rdn.10 f.).
cc) Entgegen einer in der Literatur vertretenen Meinung führt die Auferlegung sekundärer Darlegungslasten nicht zu einer Umkehr der materiellen Beweislast oder gar dazu, daß die begrenzte Haftung des Luftfrachtführers nach Art. 22 WA im "Endeffekt" abgeschafft würde (so Giemulla, Luftverkehrsrecht im Wandel, S. 115, 119 ff.; ders. in Giemulla/Schmid/Müller-Rostin aaO Art. 25 Rdn. 51). Diese Gefahr besteht schon deshalb nicht, weil der Luftfrachtführer im Schadensersatzprozeß nicht von vornherein zur Vermeidung prozessualer Nachteile vortragen muß. Vielmehr besteht die prozessuale Obliegenheit zur substantiierten Darlegung der dem eigenen Geschäftskreis entspringenden Abläufe nur dann, wenn das prozessuale Geschehen Anhaltspunkte für ein Organisationsverschulden bietet. Insoweit darf sich der klägerische Sachvortrag nicht darauf beschränken, die bloße Tatsache des Verlustes vorzutragen.
Auch dann, wenn der Luftfrachtführer die im Einzelfall bestehende Darlegungslast erfüllt, ändert sich die materielle Beweislast nicht. Nunmehr bleibt es nämlich Sache des Geschädigten, den Nachweis dafür zu erbringen, daß der vom Luftfrachtführer vorgetragene Organisationsablauf den strengen Verschuldensvorwurf des Art. 25 WA rechtfertigt. Hierzu mag der Geschädigte entweder den Tatsachenvortrag des Luftfrachtführers angreifen oder aufzei-
gen, weshalb die Organisation des Frachtablaufs den normativen Anforderungen des Art. 25 WA nicht gerecht wird. In beiden Fällen trägt der Geschädigte den Nachteil aus der Nichterweislichkeit seiner Behauptungen und muß sich im Fall des fehlgeschlagenen Beweises mit der beschränkten Haftung nach Art. 22 WA begnügen (Ruhwedel aaO Rdn. 525 f.; OLG Köln TranspR 1996, 26,

27).


dd) Auch der Einwand, die Auferlegung sekundärer Darlegunglasten verwässere das ausgewogene Haftungssystem des Warschauer Abkommens und verstieße insbesondere gegen die Intention der Vertragsstaaten, mit der Haager Fassung des Warschauer Abkommens den Ausschluß der Haftungsbeschränkungen gegenüber der Warschauer Fassung gewissermaßen als Gegenleistung für die Verdoppelung der Haftungssummen für Personenschäden einzuschränken (vgl. Riese, ZLR 1956, 1, 30; Guldimann, Internationales Lufttransportrecht , Art. 25 Rdn. 11; BGHZ 74, 162, 168), greift letztlich nicht durch. Denn dieser Gefahr ist bei der Ausgestaltung der konkreten Anforderungen an ein leichtfertiges und vom Bewußtsein der Schadenswahrscheinlichkeit getragenes Organisationsverschulden zu begegnen. Angesichts des anerkannten Rechtsgrundsatzes, daß das Warschauer Abkommen als internationales Abkommen aus sich selbst heraus unter Berücksichtigung seiner Entstehungsgeschichte und insbesondere seines Zwecks auszulegen ist (BGH, Urt. v. 19.3.1976 - I ZR 75/74, NJW 1976, 1583; BGHZ 74, 162, 168; Koller, Transportrecht , 4. Aufl., WA Art. 25 Rdn. 5), verbietet es sich, die zu § 51 ADSp a.F. und Art 29 CMR für den dort verwendeten Verschuldensmaßstab entwickelten Auslegungsgrundsätze unbesehen auf die Auslegung des Art. 25 WA zu übertragen.
Insbesondere bei Sachschäden muß nicht mit jedem leichtfertigen Verhalten das Bewußtsein einer Schadenswahrscheinlichkeit verbunden sein (BGHZ 74, 162, 168 f.; OLG München ZLW 2000, 118, 122; OLG Frankfurt TranspR 1993, 61, 63; Müller-Rostin, TranspR 1989, 126). In der Sache bleibt es der tatrichterlichen Würdigung vorbehalten, ob das Handeln nach dem äußeren Ablauf des zu beurteilenden Geschehens - hier: der Organisation des Entladevorgangs und des Warenumschlags - vom Bewußtsein getragen wurde, daß der Eintritt eines Schadens mit Wahrscheinlichkeit drohe (vgl. OLG München ZLW 2000, 118, 123; ZLW 1998, 565; OLG Köln TranspR 1996, 26 f. und ZLW 1999, 163, 165).
ee) Entgegen der Rechtsauffassung der Revision läßt sich demgegenüber eine weitere Verschärfung der Anforderungen an ein qualifiziertes Verschulden nicht aus dem Montrealer Übereinkommen über die Vereinheitlichung bestimmter Regeln für die internationale Luftbeförderung (abgedruckt in TranspR 1999, 315; näher Müller-Rostin, TranspR 1999, 291) herleiten. Soweit das noch nicht in Kraft getretene Abkommen für Frachtschäden selbst im Falle vorsätzlicher Schadensverursachung an der Haftungsbeschränkung festhält, unterscheidet sich das Haftungssystem grundlegend von der bislang gültigen Regelung des Art. 25 WA. Aufgrund des verfassungsrechtlich gewährleisteten Rückwirkungsverbots kann die Auslegung des Art. 25 WA nicht im Lichte einer inhaltsverschiedenen, zukünftigen Regelung erfolgen.

c) Bei diesem rechtlichen Ausgangspunkt hat das Berufungsgericht der Beklagten zu Recht die Darlegungslast dafür auferlegt, den von der Klägerin vorgetragenen Vorwurf eines groben Organisationsverschuldens durch konkrete Angaben zum Verlauf des Warenumschlags zu entkräften. Hierbei liefert insbesondere der Umstand, daß in der Nähe des Flughafens Verpackungsma-
terial gefunden wurde (BU 9), objektive Anhaltspunkte für den Verschuldensvorwurf. Zu Recht zieht das Berufungsgericht hieraus den naheliegenden Schluß, daß dieser Sachverhalt Anhaltspunkte für einen Diebstahl der Frachtgüter durch Mitarbeiter der Pu. liefert. Auch die Revision macht sich diese Schlußfolgerung zu eigen (RB 9). Träfe diese Vermutung zu, so stünde die unbeschränkte Haftung der Beklagten bereits deshalb fest, weil - wie ausgeführt - auch die Mitarbeiter der Pu. zu den "Leuten" der Beklagten gehörten, für die die Beklagte nach Art. 25 WA einstehen muß. Auf das Organisationsverschulden käme es dann nicht mehr an. In jedem Fall bot die Diebstahlsvermutung im Zusammenspiel mit der Weigerung, zum Ablauf des Entladevorgangs und zu den weiteren Abläufen des Warenumschlags im Bereich der Pu. näher vorzutragen , eine tragfähige Basis für die revisionsrechtlich nicht zu beanstandende tatrichterliche Würdigung, wonach der prozessual vorgetragene Sachverhalt hinreichende Rückschlüsse auf ein gravierendes Sicherheitsdefizit im Bereich der Pu. erlaube.
Schließlich scheitert die Auferlegung der Darlegungslast entgegen der Ansicht der Revision nicht daran, daß der Beklagten ein ergänzender Sachvortrag zu den Abläufen im Bereich der Pu. nicht zumutbar gewesen wäre. Das Berufungsgericht hat sich (BU 13) mit der Zumutbarkeit einer ergänzenden Auskunft auseinandergesetzt und darauf abgestellt, daß der Stationsleiter der Beklagten beim Entladevorgang anwesend gewesen sei. Folglich sei die Beklagte aus eigener Wahrnehmung ihres Mitarbeiters in der Lage gewesen, weitere Einzelheiten zur Organisation des Entladevorganges vorzutragen. Diese Ausführungen erscheinen plausibel und lassen im revisionsrechtlichen Prüfungsrahmen keinen Rechtsfehler erkennen. Auch die Revision zeigt insoweit keine Rechtsfehler auf.
III. Nach alledem war die Revision mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Erdmann Starck Bornkamm
Büscher Raebel

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 50/10 Verkündet am:
3. März 2011
Bürk
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der Frachtführer kommt der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast bei
einem Verlust des Transportgutes im Allgemeinen nicht nach, wenn er nur den
Ort des Sendungsverlusts (hier: Flughafen New York) benennt, ohne Angaben
zu den beteiligten Personen, zum Organisationsablauf des Transports, zu
Schadensverhütungsmaßnahmen und zu etwaigen Nachforschungen zum Verbleib
der Sendung zu machen.
BGH, Urteil vom 3. März 2011 - I ZR 50/10 - OLG Stuttgart
LG Stuttgart
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 3. März 2011 durch die Richter Prof. Dr. Büscher, Pokrant,
Dr. Schaffert, Dr. Koch und Dr. Löffler

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 24. Februar 2010 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Die Klägerin ist Transportversicherer der B. GmbH in N. / Deutschland (im Weiteren: Versicherungsnehmerin). Sie nimmt das beklagte Speditionsunternehmen wegen des Verlustes von Transportgut aus übergegangenem und abgetretenem Recht der Versicherungsnehmerin auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Die Versicherungsnehmerin beauftragte die Beklagte im April 2007 zu festen Kosten mit dem Transport eines Pakets, das Chemikalien im Wert von 27.819,44 € enthielt, von Hamburg nach Philadelphia/USA. Mit der Luftbeförderung von Hamburg nach Philadelphia wurde die Scandinavian Airlines (im Weiteren : SAS) beauftragt. Die Beklagte stellte für den Transport einen Luftfrachtbrief (Air Waybill) aus, in dem sie die Versicherungsnehmerin als "Shipper" be- zeichnete. Das von der Niederlassung der Beklagten in Hamburg in Empfang genommene Gut ging während des Transports verloren. Auf welchem Beförderungsabschnitt der Verlust eintrat, ist zwischen den Parteien streitig.
3
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, bei dem zwischen der Versicherungsnehmerin und der Beklagten geschlossenen Beförderungsvertrag handele es sich um einen Multimodalvertrag. Die Beklagte schulde für den Verlust des Gutes gemäß §§ 452, 425 Abs. 1, § 435 HGB vollen Schadensersatz, da sie die konkreten Umstände des Verlustes noch nicht einmal ansatzweise habe darlegen können. Aber auch bei einem Verlust des Pakets während der Luftbeförderung hafte die Beklagte entweder nach Art. 18 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 25 WA 1955 oder gemäß Art. 18 Abs. 1 MÜ in Verbindung mit Art. 25 MÜ und Nr. 27.2 ADSp unbeschränkt, da von einem qualifizierten Verschulden der Beklagten auszugehen sei. Die ADSp seien in das zwischen der Versicherungsnehmerin und der Beklagten zustandegekommene Vertragsverhältnis einbezogen worden.
4
Die Klägerin hat die Beklagte daher auf Zahlung von 27.819,44 € nebst Zinsen in Anspruch genommen.
5
Die Beklagte hat ihre Passivlegitimation in Abrede gestellt. Sie hat weiter geltend gemacht, da der Schadensort sich auf den Bereich des Flughafens New York eingrenzen lasse, richte sich ihre Haftung nach den Vorschriften des Montrealer Übereinkommens. Danach sei ihre Haftung auf 17 Sonderziehungsrechte für jedes fehlende Kilogramm der Sendung begrenzt. Eine weitergehende Haftung ergebe sich nicht aus Art. 25 MÜ in Verbindung mit Nr. 27.2 ADSp. Die ADSp seien schon nicht wirksam in den mit der Versicherungsnehmerin geschlossenen Vertrag einbezogen worden. Im Übrigen sei ein zwingender Vorrang des Montrealer Übereinkommens gegenüber den ADSp anzunehmen.
6
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben.
7
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihr Begehren auf Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe:


8
I. Das Berufungsgericht hat in Übereinstimmung mit dem Landgericht eine unbeschränkte Haftung der Beklagten für den streitgegenständlichen Verlust des Transportgutes bejaht. Dazu hat es ausgeführt:
9
Die Beklagte sei passivlegitimiert, da sie den ihr von der Versicherungsnehmerin zu festen Kosten erteilten Speditionsauftrag angenommen habe. Es könne offenbleiben, aufgrund welchen Frachtführerrechts die Beklagte für den eingetretenen Verlust hafte. Bei allen in Betracht kommenden Vorschriften (§§ 452, 425 Abs. 1, § 435 HGB; Art. 18 Abs. 1, Art. 25 WA 1955; Art. 18 Abs. 1, Art. 25 MÜ in Verbindung mit Nr. 27.2 ADSp) schulde die Beklagte vollen Schadensersatz, da sie die ihr obliegende sekundäre Darlegungslast nicht erfüllt habe und ihr daher ein qualifiziertes Verschulden anzulasten sei.
10
Eine unbeschränkte Haftung der Beklagten ergebe sich auch dann, wenn ihre Schadensersatzpflicht sich nach den Vorschriften des Montrealer Übereinkommens beurteile. Die Beklagte könne sich nicht mit Erfolg auf den Haftungshöchstbetrag gemäß Art. 22 Abs. 3 MÜ berufen, weil sie darauf durch die Einbeziehung von Nr. 27.2 ADSp in den mit der Versicherungsnehmerin geschlossenen Vertrag verzichtet habe. Ein derartiger Verzicht sei aufgrund der in Art. 25 MÜ enthaltenen Öffnungsklausel möglich. Die Höhe des von der Klägerin geltend gemachten Schadens habe die Beklagte nicht angegriffen.
11
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision sind unbegründet. Das Berufungsgericht ist mit Recht von einer unbeschränkten Haftung der Beklagten für den Verlust des Transportgutes ausgegangen. Auf der Grundlage des Hauptvorbringens der Klägerin ergibt sich die unbegrenzte Haftung der Beklagten aus §§ 452, 425 Abs. 1, § 435 HGB, weil danach der Schadensort nicht feststeht und die Beklagte ein qualifiziertes Verschulden trifft. Wird der rechtlichen Beurteilung des Streitfalls der Vortrag der Beklagten zugrunde gelegt, den sich die Klägerin hilfsweise zu eigen gemacht hat - danach ist der Verlust des Transportgutes auf dem Flughafen in New York eingetreten -, so folgt die unbeschränkte Haftung der Beklagten aus Art. 18 Abs. 1, Art. 25 MÜ in Verbindung mit Nr. 27.2 und Nr. 23.1.2 ADSp (2003).
12
1. Das Berufungsgericht hat die Beklagte mit Recht als passivlegitimiert angesehen.
13
Die Revision rügt ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe bei seiner Beurteilung außer Acht gelassen, dass die Beklagte unter Hinweis auf die Bezeichnung der Versicherungsnehmerin als Absenderin, der Beklagten als deren Vertreterin und der SAS als Luftfrachtführerin im Luftfrachtbrief (Anlage K 6) dargelegt habe, dass der Luftbeförderungsvertrag unmittelbar zwischen der Versicherungsnehmerin und der SAS zustandegekommen sei.
14
Die Revision lässt insoweit unberücksichtigt, dass die Klägerin die Beklagte nicht aus dem Luftfrachtvertrag, sondern aus einem von der Versicherungsnehmerin mit der Beklagten geschlossenen Speditionsvertrag auf Schadensersatz in Anspruch nimmt. Das Landgericht hat seinen tatbestandlichen Feststellungen als unstreitig zugrunde gelegt, dass zwischen der Versiche- rungsnehmerin und der Beklagten ein Speditionsvertrag zu festen Kosten geschlossen worden ist. Das Berufungsgericht, das auf die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts Bezug genommen hat, ist ebenfalls vom Zustandekommen eines Speditionsvertrags zu festen Kosten zwischen der Versicherungsnehmerin und der Beklagten ausgegangen. Grundlage dieser Feststellungen ist der schriftliche Auftrag der Versicherungsnehmerin an die Beklagte vom 20. April 2007 (Anlage K 4) über die Beförderung der fraglichen Sendung von der Niederlassung der Beklagten nach Philadelphia/USA zu der angebotenen Frachtrate ("Frachtrate: gem. Offerte"). Die Feststellung, dass mit der Annahme des Speditionsauftrags durch die Beklagte ein Speditionsvertrag zu festen Kosten mit der Versicherungsnehmerin geschlossen wurde, hat die Revision nicht in Frage gestellt. Die Beklagte hat damit nach § 459 HGB die Rechte und Pflichten eines Frachtführers (vgl. BGH, Urteil vom 2. April 2009 - I ZR 60/06, TranspR 2009, 262 Rn. 32 = NJW-RR 2009, 1335). Daher kommt es nicht darauf an, dass das Berufungsgericht auch den Luftfrachtbrief (Anlage K 6) in seine Beurteilung einbezogen und die Revision daran anknüpfend gerügt hat, dem in englischer Sprache abgefassten Luftfrachtbrief lasse sich nicht mit der gebotenen Sicherheit die Vereinbarung eines Fixkostentransports entnehmen, aufgrund dessen die Beklagte wie ein Luftfrachtführer hafte.
15
2. Auf den zwischen der Versicherungsnehmerin und der Beklagten geschlossenen Vertrag kommt nach Art. 28 Abs. 4 Satz 1 EGBGB grundsätzlich deutsches Sachrecht zur Anwendung, weil die Beklagte ihren Sitz in Deutschland hat und sich hier auch der Verladeort befunden hat. Aus der Gesamtheit der Umstände ergibt sich nicht, dass der Vertrag mit einem anderen Staat als Deutschland engere Verbindungen aufweist (Art. 28 Abs. 5 EGBGB).
16
Da es sich bei der streitgegenständlichen Beförderung um einen Multimodaltransport handelte - die Beförderung des Gutes von der Versicherungsnehmerin zur Empfängerin sollte mit verschiedenartigen Beförderungsmitteln (Lkw und Flugzeug) erfolgen -, kommt grundsätzlich § 452 HGB zur Anwendung. Nach Satz 1 dieser Vorschrift unterliegt ein derartiger Vertrag den §§ 407 ff. HGB, sofern anzuwendende internationale Übereinkommen nichts anderes vorschreiben. Für eine gemischte Beförderung, die zum Teil durch Luftfahrzeuge und teilweise durch andere Verkehrsmittel ausgeführt wird, bestimmt Art. 38 Abs. 1 MÜ, dass für die Luftbeförderung das Übereinkommen (vorbehaltlich der Regelungen in Art. 18 Abs. 4 MÜ) gilt. Demgemäß richtet sich die Haftung des Luftfrachtführers für den Verlust von Transportgut nach den Vorschriften des Montrealer Übereinkommens, wenn der Schaden während der Obhutszeit des Luftfrachtführers eingetreten ist (Art. 18 Abs. 1 und 3 MÜ).
17
3. Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen zu der Frage getroffen, auf welchem Beförderungsabschnitt der Verlust des Gutes eingetreten ist. Es hat angenommen, die Beklagte hafte für den von ihr durch qualifiziertes Verschulden verursachten Schaden auch dann gemäß Art. 18 Abs. 1, Art. 25 MÜ in Verbindung mit Nr. 27.2 und Nr. 23.1.2 ADSp unbeschränkt, wenn das Gut - wie von der Beklagten behauptet - während der Luftbeförderung abhanden gekommen sei. Durch die Einbeziehung der Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen in den Vertrag habe die Beklagte nach Nr. 27.2 ADSp auf den Haftungshöchstbetrag gemäß Art. 22 Abs. 3 MÜ verzichtet. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
18
a) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass der Verlust des Transportgutes durch ein qualifiziertes Verschulden der Beklagten verursacht worden ist, weil sie ihrer sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen sei. Liege der im Verantwortungsbereich des Frachtführers eingetretene Schadensfall - wie hier - im Dunkeln, obliege dem Frachtführer die Darlegung von Umständen , die seines Wissens zur Entstehung des Schadens geführt hätten. Dementsprechend sei der Frachtführer insbesondere verpflichtet, die beteiligten Personen zu benennen, den Organisationsablauf offenzulegen und darzustel- len, welche Schadensverhütungsmaßnahmen er oder seine Hilfspersonen getroffen hätten. Diesen Anforderungen genüge der Vortrag der Beklagten nicht.
19
aa) Die Revision rügt demgegenüber, das Berufungsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass der Schaden durch ein bewusst leichtfertiges Handeln der Beklagten im Sinne von § 435 HGB verursacht worden sei. Der Anspruchsteller müsse die Voraussetzungen für einen Wegfall der zugunsten des Frachtführers bestehenden Haftungsbegrenzungen darlegen und beweisen. An einem entsprechenden Vortrag der danach darlegungspflichtigen Klägerin fehle es vollständig. Sie habe nicht dargelegt, dass die Beklagte leichtfertig und im Bewusstsein eines wahrscheinlichen Schadenseintritts gehandelt habe. Das Berufungsgericht habe verkannt, dass der Luftfrachtführer erst dann gehalten sei, ein mögliches Informationsdefizit des Anspruchstellers durch detaillierten Sachvortrag über den Ablauf der Beförderung auszugleichen, wenn dieser das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale des § 435 HGB dargetan habe. Bei seiner Annahme, die Beklagte habe der ihr obliegenden sekundären Darlegungslast nicht in ausreichendem Maße genügt, habe das Berufungsgericht zudem unter Verstoß gegen § 286 ZPO außer Acht gelassen, dass die Beklagte den Sendungsverlauf des abhanden gekommenen Pakets im Einzelnen dargelegt und durch Vorlage der Anlage B 3 urkundlich belegt habe. Danach sei das Packstück im Gewahrsam der SAS auf dem Flughafen New York abhanden gekommen.
20
bb) Dieses Vorbringen verhilft der Revision ebenfalls nicht zum Erfolg. Der Anspruchsteller hat grundsätzlich die Voraussetzungen für den Wegfall der zugunsten des Frachtführers bestehenden gesetzlichen oder vertraglichen Haftungsbegrenzungen darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen. Danach trägt er die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Frachtführer oder seine Leute vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewusstsein gehandelt haben, es werde mit Wahrscheinlichkeit ein Schaden eintreten (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 10. Dezember 2009 - I ZR 154/07, TranspR 2010, 78 Rn. 16 = VersR 2010, 648 mwN). Dem Prozessgegner der beweisbelasteten Partei können aber ausnahmsweise nähere Angaben über die zu seinem Wahrnehmungsbereich gehörenden Verhältnisse zuzumuten sein, wenn die primär darlegungspflichtige Partei - wie im Streitfall - außerhalb des maßgeblichen Geschehensablaufs steht und keine Kenntnisse von den näheren Umständen des Schadensfalls hat, während der Schädiger nähere Angaben machen kann (vgl. BGH, Urteil vom 21. September 2000 - I ZR 135/98, BGHZ 145, 170, 184 f.; Urteil vom 5. Juni 2003 - I ZR 234/00, TranspR 2003, 467, 470 = NJW 2003, 3626; BGH, TranspR 2009, 262 Rn. 27).
21
Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass die Beklagte der ihr obliegenden sekundären Darlegungslast nicht im erforderlichen Umfang nachgekommen ist. Ihr Vortrag hat sich darauf beschränkt, dass der Verlust der Sendung auf dem Flughafen New York eingetreten sei. Angaben zu den beteiligten Personen, zum Organisationsablauf des Transports, zu Schadensverhütungsmaßnahmen der Beklagten oder der von ihr eingesetzten Hilfspersonen sowie zu etwaigen Nachforschungen zum Verbleib der Sendung fehlen vollständig. Dies rechtfertigt den Schluss auf das objektive Tatbestandsmerkmal der Leichtfertigkeit wie auch auf das subjektive Erfordernis des Bewusstseins von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts (vgl. BGH, TranspR 2003, 467, 470 f.; TranspR 2009, 262 Rn. 27).
22
b) Das Berufungsgericht ist des Weiteren davon ausgegangen, dass sich die unbeschränkte Haftung der Beklagten aus Art. 18 Abs. 1, Art. 25 MÜ in Verbindung mit Nr. 27.2 und Nr. 23.1.2 ADSp ergibt, wenn der Verlust des Gutes - wie von der Beklagten behauptet - während der Luftbeförderung im Sinne von Art. 18 Abs. 1 und 3 MÜ eingetreten ist.
23
aa) Die Revision rügt, das Berufungsgericht habe rechtsfehlerhaft keine Feststellungen dazu getroffen, ob das Übereinkommen auf den streitgegenständlichen Schadensfall überhaupt zur Anwendung komme.
24
bb) Auch damit vermag die Revision nicht durchzudringen. Nach Art. 1 Abs. 1 MÜ gilt das Übereinkommen für jede internationale Beförderung von Gütern , die durch Luftfahrzeuge gegen Entgelt erfolgt. Als "internationale Beförderung" ist gemäß Art. 1 Abs. 2 MÜ jede Beförderung anzusehen, bei der nach den Vereinbarungen der Parteien der Abgangsort und der Bestimmungsort in den Hoheitsgebieten von zwei Vertragsstaaten liegen. Der Transport des abhanden gekommenen Pakets sollte von Deutschland in die Vereinigten Staaten von Amerika erfolgen. Sowohl Deutschland als auch die Vereinigten Staaten von Amerika haben das Übereinkommen vor Abschluss des zwischen der Versicherungsnehmerin und der Beklagten im April 2007 zustandegekommenen Vertrags ratifiziert (vgl. Bekanntmachung über das Inkrafttreten des Übereinkommens zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr, BGBl. II 2004, 1371 f.; Pokrant in Ebenroth/ Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl., Vor Art. 1 MÜ Rn. 67). Gemäß Art. 55 Abs. 1 MÜ geht das Montrealer Übereinkommen damit allen Vorschriften vor, die für die Beförderung im internationalen Luftverkehr gelten.
25
c) Ohne Erfolg bleiben auch die Angriffe der Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte habe durch Einbeziehung von Nr. 27.2 ADSp in den mit der Versicherungsnehmerin geschlossenen Speditionsvertrag gemäß Art. 25 MÜ auf den in Art. 22 Abs. 3 MÜ normierten Haftungshöchstbetrag verzichtet.
26
aa) Das Berufungsgericht hat seiner Entscheidung zutreffend zugrunde gelegt, dass die ADSp Bestandteil des zwischen der Versicherungsnehmerin und der Beklagten zustandegekommenen Speditionsvertrags zu festen Kosten geworden sind. Dagegen erinnert die Revision auch nichts. Damit sind Nr. 27 und Nr. 23.1.2 ADSp Vertragsinhalt geworden.
27
bb) Die Revision macht vergeblich geltend, die Haftungsbeschränkung gemäß Art. 22 Abs. 3 MÜ gelte auch dann, wenn die ADSp Bestandteil des zwischen der Versicherungsnehmerin und der Beklagten geschlossenen Vertrags geworden seien.
28
Der Senat hat nach Verkündung des Berufungsurteils entschieden, dass Nr. 27.2 ADSp einen Verzicht auf die Haftungshöchstbeträge im Sinne von Art. 25 MÜ darstellt, wenn die ADSp in den mit dem Luftfrachtführer geschlossenen Beförderungsvertrag einbezogen worden sind (BGH, Urteil vom 22. Juli 2010 - I ZR 194/08, TranspR 2011, 80 Rn. 35 ff.).
29
(1) Nach Art. 25 MÜ kann sich ein Luftfrachtführer im Beförderungsvertrag höheren als den im Montrealer Übereinkommen vorgesehenen Haftungshöchstbeträgen unterwerfen oder auf Haftungshöchstsätze verzichten. Aus Art. 1 MÜ ergibt sich, dass auch Fixkostenspediteure - wie die Beklagte - zu den Luftfrachtführern zählen (BGH, TranspR 2011, 80 Rn. 31; Koller, Transportrecht , 7. Aufl., Art. 1 MÜ Rn. 2 und Art. 1 WA 1955 Rn. 4; Pokrant aaO Art. 1 MÜ Rn. 4; MünchKomm.HGB/Ruhwedel, 2. Aufl., Art. 1 MÜ Rn. 22). Auf der Grundlage des Art. 25 MÜ hat die Versicherungsnehmerin mit der Beklagten die Geltung der ADSp vereinbart. Damit ist auch Nr. 27.2 ADSp Vertragsinhalt geworden.
30
(2) Gemäß Nr. 27.2 ADSp gelten die in diesem Regelwerk enthaltenen Haftungsbefreiungen und -begrenzungen (siehe insbesondere Nr. 23 und Nr. 24 ADSp) nicht, wenn der Schaden in den Fällen der §§ 425 ff., 461 Abs. 1 HGB durch den Spediteur oder die in §§ 428, 462 HGB genannten Personen vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewusstsein verursacht worden ist, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten wird. Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor, da der Beklagten nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ein qualifiziertes Verschulden zur Last fällt (siehe dazu II 3 a).
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(3) Anders als die Revision meint, steht der Wortlaut von Nr. 27.2 ADSp der Anwendbarkeit dieser Regelung nicht entgegen. Zwar verweist Nr. 27 ADSp lediglich auf die "vorstehenden Haftungsbefreiungen und -begrenzungen" und nennt nur Bestimmungen im Handelsgesetzbuch, während Vorschriften des Montrealer Übereinkommens dagegen nicht erwähnt werden. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass durch die Bestimmung der Nr. 23.1.2 ADSp, bei der es sich um eine "vorstehende Haftungsbegrenzung" im Sinne von Nr. 27 ADSp handelt, der ersatzfähige Schaden, der an dem Gut während des Transports mit einem Beförderungsmittel eingetreten ist, auf den für dieses Beförderungsmittel gesetzlich festgesetzten Haftungshöchstbetrag begrenzt wird, im Falle einer Luftbeförderung mithin gerade auf den in Art. 22 Abs. 3 Satz 1 MÜ festgelegten Betrag von 17 Sonderziehungsrechten je Kilogramm. Aufgrund der Verweisung in Nr. 23.1.2 ADSp ist die in Art. 22 Abs. 3 Satz 1 MÜ angeordnete Haftungsbegrenzung zugleich eine "vorstehende Haftungsbegrenzung" im Sinne von Nr. 27 ADSp geworden, die unter den im Streitfall erfüllten Voraussetzungen von Nr. 27.2 ADSp nicht gilt. Danach ist Nr. 27.2 ADSp als ein Verzicht des Luftfrachtführers auf die Haftungshöchstbeträge im Sinne der Öffnungsklausel des Art. 25 MÜ zu qualifizieren, der auch durch Allgemeine Geschäftsbedingungen des Luftfrachtführers in den Beförderungsvertrag eingeführt werden kann (BGH, TranspR 2011, 80 Rn. 37; OLG Düsseldorf, Urteil vom 12. März 2008 - 18 U 160/07, juris Rn. 30 f.; AG Hamburg, TranspR 2007, 328, 329 f.; MünchKomm.HGB /Ruhwedel aaO Art. 25 MÜ Rn. 4; aA Koller aaO Art. 25 MÜ Rn. 1; Boettge, TranspR 2007, 306, 308; Bahnsen in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn aaO Nr. 27 ADSp Rn. 25; ders., TranspR 2010, 19, 22; Vyvers, VersR 2010, 1554; siehe auch OLG Hamburg, TranspR 2008, 213, 218 zu § 660 Abs. 1 HGB und Nr. 27.2 ADSp).
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Dem Umstand, dass in Nr. 27.2 ADSp allein die §§ 425, 461 Abs. 1 HGB angesprochen sind, kann nicht die Einschränkung entnommen werden, dass Haftungsbefreiungen und -begrenzungen nur dann entfallen sollen, wenn sich die Haftung ausschließlich nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuches richtet (BGH, TranspR 2011, 80 Rn. 37; OLG Düsseldorf, juris Rn. 40 f.; AG Hamburg, TranspR 2007, 328, 329 f.; MünchKomm.HGB/Ruhwedel aaO Art. 25 MÜ Rn. 4). Gemäß Nr. 2.1 ADSp gelten die Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen für alle Arten von Verkehrsverträgen, gleichgültig, ob sie Speditions -, Fracht-, Lager- oder sonstige üblicherweise zum Speditionsgewerbe gehörende Geschäfte betreffen. Im Streitfall wurde die Geltung der ADSp für die Rechtsbeziehung zwischen der Versicherungsnehmerin und der Beklagten vereinbart. Soweit - wie im vorliegenden Fall - der Vertrag dem deutschen Sachrecht unterliegt, ist er bei einer Fixkostenvereinbarung gemäß § 459 HGB den Regeln des Montrealer Übereinkommens unterworfen (BGH, TranspR 2011, 80 Rn. 31; Koller aaO Art. 1 MÜ Rn. 2 und Art. 18 WA 1955 Rn. 4; Pokrant aaO Art. 1 MÜ Rn. 4; MünchKomm.HGB/Ruhwedel aaO Art. 1 MÜ Rn. 22). Damit ist auch der Bezug zu den in Nr. 27.2 ADSp angesprochenen §§ 425 ff. HGB gegeben.
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Der Anwendung von Nr. 27.2 ADSp steht auch nicht Nr. 2.5 ADSp entgegen , in der vorgeschrieben ist, dass zwingende gesetzliche Bestimmungen den Regelungen in den Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen vorgehen. Die Vorschrift des Art. 25 MÜ sieht ausdrücklich die Möglichkeit vor, dass der Luftfrachtführer sich im Beförderungsvertrag höheren als den im Montrealer Übereinkommen vorgesehenen Haftungshöchstbeträgen (hier: Art. 22 Abs. 3 MÜ) unterwerfen oder auf Haftungshöchstbeträge verzichten kann. Soweit eine Haftungserweiterung zugunsten des Vertragspartners des Luftfrachtführers ver- einbart wird, ist diese grundsätzlich zulässig und nicht gemäß Art. 26 MÜ unwirksam.
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4. Aufgrund des wirksamen Verzichts auf den Haftungshöchstbetrag des Art. 22 Abs. 3 MÜ haftet die Beklagte wegen qualifizierten Verschuldens unbeschränkt. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass der durch den Verlust des Pakets entstandene Schaden - wie von der Klägerin dargelegt - 27.819,44 € beträgt. Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
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Die Revision rügt zwar, die Geltendmachung einer unbeschränkten Haftung der Beklagten sei treuwidrig im Sinne von § 242 BGB, weil die Versicherungsnehmerin in dem der streitgegenständlichen Beförderung zugrunde liegenden Auftrag (Anlage K 4) gegenüber der Beklagten ausdrücklich erklärt habe , "wir verzichten auf eine Versicherung Ihrerseits". Dadurch habe die Versicherungsnehmerin zum Ausdruck gebracht, dass sie kein Interesse daran habe, die Beklagte bei einem Verlust der Sendung über die vorgegebenen Haftungshöchstsummen hinaus in Anspruch zu nehmen. Mit diesem neuen Vortrag kann die Revision gemäß § 559 Abs. 1 ZPO kein Gehör mehr finden. Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, warum die Beklagte gegen Treu und Glauben verstoßen soll, wenn sie sich auf das gesetzliche und vertraglich vereinbarte Haftungsregime verlässt.
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III. Danach ist die Revision der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Büscher Pokrant Schaffert
Koch Löffler
Vorinstanzen:
LG Stuttgart, Entscheidung vom 29.07.2009 - 38 O 116/08 KfH -
OLG Stuttgart, Entscheidung vom 24.02.2010 - 3 U 140/09 -
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Die dem Anspruchsteller obliegende Darlegungs- und Beweislast kann jedoch dadurch gemildert werden, dass der Frachtführer angesichts des unterschiedlichen Informationsstands der Vertragsparteien nach Treu und Glauben gehalten ist, soweit möglich und zumutbar, zu den näheren Umständen des Schadensfalls eingehend vorzutragen. Eine solche sekundäre Darlegungslast des Anspruchsgegners ist zu bejahen, wenn der Klagevortrag ein qualifiziertes Verschulden mit gewisser Wahrscheinlichkeit nahelegt oder sich Anhaltspunkte für ein derartiges Verschulden aus dem unstreitigen Sachverhalt ergeben. Insbesondere hat der Frachtführer in diesem Fall substantiiert darzulegen, welche Sorgfalt er zur Vermeidung des eingetretenen Schadens konkret angewendet hat. Kommt er dem nicht nach, kann nach den Umständen des Einzelfalls der Schluss auf ein qualifiziertes Verschulden gerechtfertigt sein (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. nur BGH, Urteil vom 18. Dezember 2008 - I ZR 128/06, TranspR 2009, 134 Rn. 14). Diese Grundsätze hat die Rechtsprechung für den Fall des Verlustes von Transportgut entwickelt (vgl. BGH, TranspR 2010, 78 Rn. 16; BGH, Urteil vom 24. November 2010 - I ZR 192/08, TranspR 2011, 161 Rn. 27; Urteil vom 13. Januar 2011 - I ZR 188/08, TranspR 2011, 218 Rn. 15 = VersR 2011, 1161).
11
Grundsätzlich muss zwar der Kläger alle Tatsachen behaupten und beweisen , aus denen sich sein Anspruch herleitet. Stützt er sich auf eine deliktische Haftung wegen Verletzung eines Schutzgesetzes, so hat er prinzipiell alle Umstände darzulegen und zu beweisen, aus denen sich die Verwirklichung der einzelnen Tatbestandsmerkmale des Schutzgesetzes ergibt (Senatsurteile vom 17. März 1987 - VI ZR 282/85, BGHZ 100, 190, 195 mwN; vom 19. Juli 2011 - VI ZR 367/09, VersR 2011, 1276 Rn. 13; vom 11. Dezember 2001 - VI ZR 350/00, VersR 2002, 321; vom 24. November 1998 - VI ZR 388/97, VersR 1999, 774, 775). In bestimmten Fällen ist es aber Sache der Gegenpartei, sich im Rahmen der ihr nach § 138 Abs. 2 ZPO obliegenden Erklärungspflicht zu den Behauptungen der beweispflichtigen Partei substantiiert zu äußern. Eine solche sekundäre Darlegungslast, die die Verteilung der Beweislast unberührt lässt, setzt voraus, dass die nähere Darlegung dem Behauptenden nicht möglich oder nicht zumutbar ist, während der Bestreitende alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihm zumutbar ist, nähere Angaben zu machen (z.B. Senatsurteile vom 17. März 1987 - VI ZR 282/85, aaO, 195 f.; vom 3. Juni 2014 - VI ZR 394/13, VersR 2014, 1018 Rn. 20; vom 11. Februar 2001 - VI ZR 350/00, aaO; vom 24. November 1998 - VI ZR 388/97, aaO; BGH, Urteil vom 7. Dezember 1998 - II ZR 266/97, BGHZ 140, 156, 158). Diese Grundsätze kommen insbesondere bei Schadensersatzansprüchen zur Geltung, die aus der Veruntreuung anvertrauter Gelder hergeleitet werden (Senatsurteile vom 24. November 1998 - VI ZR 388/97, aaO; vom 17. März 1987 - VI ZR 282/85, aaO). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts spielt dabei weder eine Rolle, dass es sich bei dem als verletzt in Rede stehenden Schutzgesetz des § 266 StGB um eine strafrechtliche Norm handelt, noch, ob ein entsprechender Auskunftsanspruch besteht (vgl. Senatsurteil vom 17. März 1987 - VI ZR 282/85, aaO).

Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber die erforderlichen Nachrichten zu geben, auf Verlangen über den Stand des Geschäfts Auskunft zu erteilen und nach der Ausführung des Auftrags Rechenschaft abzulegen.

Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber alles, was er zur Ausführung des Auftrags erhält und was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben.

(1) Auf einen Dienstvertrag oder einen Werkvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat, finden, soweit in diesem Untertitel nichts Abweichendes bestimmt wird, die Vorschriften der §§ 663, 665 bis 670, 672 bis 674 und, wenn dem Verpflichteten das Recht zusteht, ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen, auch die Vorschriften des § 671 Abs. 2 entsprechende Anwendung.

(2) Wer einem anderen einen Rat oder eine Empfehlung erteilt, ist, unbeschadet der sich aus einem Vertragsverhältnis, einer unerlaubten Handlung oder einer sonstigen gesetzlichen Bestimmung ergebenden Verantwortlichkeit, zum Ersatz des aus der Befolgung des Rates oder der Empfehlung entstehenden Schadens nicht verpflichtet.

(3) Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, die Anmeldung oder Registrierung des anderen Teils zur Teilnahme an Gewinnspielen zu bewirken, die von einem Dritten durchgeführt werden, bedarf der Textform.

Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber die erforderlichen Nachrichten zu geben, auf Verlangen über den Stand des Geschäfts Auskunft zu erteilen und nach der Ausführung des Auftrags Rechenschaft abzulegen.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Stralsund vom 1. Oktober 2014 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsrechtszugs hat die Beklagte zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der minderjährige Kläger verlangt Auskunft über die Anschrift des M.    M.    , mit dem er sich im November 2012 in der von der Beklagten betriebenen Fachklinik für Kinder und Jugendliche, die vor allem auf die Behandlung von Übergewicht, Stoffwechselerkrankungen, psychischen und physischen Erkrankungen sowie Atemwegserkrankungen ausgerichtet ist, ein Zimmer teilte. Am 2. November 2012 zog sich der Kläger in der Klinik einen Armbruch zu. Dieser war nach der Behauptung des Klägers auf eine körperliche Misshandlung durch diesen Mitpatienten zurückzuführen. Um seinen Schadensersatzanspruch gegen M.   M.     durchsetzen zu können, sei er auf die Mitteilung der Anschrift durch die Beklagte angewiesen; sämtliche sonstigen Anstrengungen zur Ermittlung der Adresse seien fehlgeschlagen.

2

Die Beklagte hat die begehrte Auskunft verweigert. Sie befürchtet im Falle der Bekanntgabe der Adresse strafrechtliche Konsequenzen, weil es sich dabei um personenbezogene Daten handele, die der ärztlichen Schweigepflicht unterfielen und deren Offenlegung zudem datenschutzrechtliche Bestimmungen entgegenstünden.

3

Die auf Erteilung der begehrten Auskunft gerichtete Klage hatte in beiden Vorinstanzen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

4

Die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg.

I.

5

Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt: Dem Kläger stehe ein Anspruch auf Nennung der Adresse des minderjährigen Mitpatienten aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Behandlungsvertrag zu. Die Beklagte habe dem Kläger gegenüber eine besondere Fürsorge- und Obhutspflicht innegehabt. Im Rahmen ihrer vertraglichen Nebenpflicht sei die Beklagte gehalten gewesen, den Kläger bei der Aufklärung des Vorfalls und bei der Geltendmachung etwaiger Schadensersatzansprüche nach ihren Möglichkeiten zu unterstützen. Hierzu gehöre grundsätzlich auch die Nennung der Adresse des vermeintlichen Schädigers, die der Beklagten ohne großen Aufwand möglich sei. Eine Strafbarkeit nach § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB habe sie nicht zu befürchten, weil die Auskunftserteilung nach § 34 StGB gerechtfertigt sei.

II.

6

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten gegen ihre erstinstanzliche Verurteilung zur Auskunftserteilung über die Anschrift des früheren Mitpatienten des Klägers mit Recht zurückgewiesen.

7

1. Der Klage fehlt entgegen der Auffassung der Revision nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis.

8

a) Der Kläger will die Anschrift seines Mitpatienten in Erfahrung bringen, um seine gegen diesen bestehenden Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche durchzusetzen. Das Ziel, den ihm namentlich bekannten, angeblichen Schädiger weiter zu individualisieren, kann der Kläger, der nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts alle sonstigen in Betracht kommenden Informationsmöglichkeiten vollständig ausgeschöpft hat, nicht auf andere Weise einfacher oder günstiger erreichen (vgl. BGH, Urteile vom 24. Februar 1994 - IX ZR 120/93, WM 1994, 623, 624 und vom 28. März 1996 - IX ZR 77/95, WM 1996, 835, 836).

9

Dem Kläger kann auch nicht entgegengehalten werden, dass im Falle einer Klage die Zustellung der Klageschrift an die oder den gesetzlichen Vertreter seines minderjährigen Mitpatienten zu erfolgen hat. Dieser Umstand lässt das Interesse des Klägers an der begehrten Auskunftserteilung nicht entfallen. Minderjährige Kinder leben üblicherweise bei ihren Eltern oder bei einem sorgeberechtigten Elternteil. Dafür, dass dies vorliegend anders sein könnte, fehlt jeglicher Anhalt. Auch die Beklagte hat dies in den Vorinstanzen ersichtlich nicht anders gesehen; die Überlegung, dass eine Unterbringung des Mitpatienten außerhalb des Wohnsitzes seiner Erziehungsberechtigten nicht ausgeschlossen sei, hat sie erstmals in der Revisionsbegründung angestellt. Im Übrigen steht, wenn der Kläger die begehrte Auskunft erhalten hat, zu erwarten, dass er sich nötigenfalls weitere Informationen über Namen und Anschrift der gesetzlichen Vertreter seines Mitpatienten ohne größeren Aufwand (etwa über eine Melderegisterauskunft) beschaffen kann.

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b) Das Rechtsschutzbedürfnis kann auch nicht wegen etwa mangelnden Vortrags des Klägers zu den in § 828 BGB enthaltenen Altersgrenzen oder zur Zurechnungsfähigkeit des Mitpatienten verneint werden. Zwar kann das Rechtsschutzbedürfnis fehlen, wenn der Kläger mit seinem prozessualen Begehren unter keinen Umständen einen schutzwürdigen Vorteil erlangen kann (vgl. BGH, Urteil vom 28. März 1996 aaO S. 837). Eine solche Konstellation liegt hier jedoch ersichtlich nicht vor (siehe nachfolgend unter 2 a, bb).

11

2. Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, dass jedenfalls nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) eine Auskunftspflicht der Beklagten anzunehmen ist. Diese besteht bei jedem Rechtsverhältnis, dessen Wesen es mit sich bringt, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen oder Umfang seines Rechts im Unklaren ist, er sich die zur Vorbereitung oder Durchsetzung seines Anspruchs notwendigen Auskünfte nicht in zumutbarer Weise selbst beschaffen kann und der Verpflichtete unschwer, das heißt ohne unbillig belastet zu sein, die zur Beseitigung dieser Ungewissheit erforderlichen Auskünfte zu geben vermag (siehe nur BGH, Urteile vom 1. Juli 2014 - VI ZR 345/13, BGHZ 201, 380, 382 Rn. 6 und vom 20. Januar 2015 - VI ZR 137/14, NJW 2015, 1525 Rn. 7, jeweils mwN). Unter diesen Voraussetzungen ist ein Anspruch auf Auskunftserteilung auch dann gegeben, wenn nicht der in Anspruch Genommene selbst, sondern ein Dritter Schuldner des Hauptanspruchs ist, dessen Durchsetzung der Hilfsanspruch auf Auskunftserteilung ermöglichen soll (BGH, Urteile vom 1. Juli 2014 aaO Rn. 7 und vom 20. Januar 2015 aaO Rn. 8 jeweils mwN). So liegt der Fall hier.

12

a) Zwischen den Parteien besteht aufgrund des Behandlungsvertrags eine rechtliche Sonderbeziehung. Der Kläger war Patient der Beklagten, er wurde in ihrer Klinik stationär behandelt. Im Rahmen dieses vertraglichen Verhältnisses schuldete die Beklagte ärztliche Leistungen sowie die Unterbringung und Verpflegung; daneben hatte sie, gerade auch im Hinblick auf die Minderjährigkeit des Klägers, eine besondere Fürsorge- und Obhutspflicht. Dies stellt auch die Revision nicht in Frage. Dieses Rechtsverhältnis ist in Verbindung mit § 242 BGB hinreichende Grundlage eines Auskunftsanspruchs des Klägers, dem ein anerkennenswertes Interesse an der begehrten Information zuzubilligen ist.

13

aa) Vergeblich wendet die Revision hiergegen ein, es stehe nicht einmal fest, dass der Mitpatient den Armbruch verursacht habe.

14

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Kläger sich während seines Klinikaufenthaltes den rechten Arm gebrochen hat. Darüber hinaus hatte er der Beklagten vor diesem Ereignis mitgeteilt, er komme mit dem Mitpatienten M.   M.   "nicht klar". Unmittelbar nach dem Vorfall hat er der Beklagten hiervon Meldung gemacht. Vor diesem Hintergrund ist der - plausible und nachvollziehbare - Vortrag des Klägers, sein Mitpatient habe mindestens mit bedingtem Vorsatz seinen Arm dadurch gebrochen, dass er mit aller Kraft zweimal eine Tür gegen ihn geschlagen habe, für den geltend gemachten Auskunftsanspruch ausreichend. Ob in dem beabsichtigten Schadensersatzprozess ein entsprechender Tathergang festgestellt werden kann, hängt ganz wesentlich von dem Prozessverhalten der künftigen Parteien, insbesondere auch des (angeblichen) Schädigers ab, über das gegenwärtig nur Mutmaßungen angestellt werden können. Angesichts dessen bedurfte es keines weitergehenden Vortrags und keiner weiteren Feststellungen des Berufungsgerichts zu den Behauptungen des Klägers. Insbesondere musste sich das Berufungsgericht in diesem nur auf Erlangung einer Auskunft gerichteten Rechtsstreit keine Überzeugung von der Täterschaft des Mitpatienten bilden.

15

bb) Zu Unrecht macht die Revision weiter geltend, der Kläger habe zu den Voraussetzungen des § 828 BGB sowie zur Frage der Zurechnungsfähigkeit des Mitpatienten nicht ausreichend vorgetragen. Zwar fehlen Feststellungen der Vorinstanzen zum Alter des Mitpatienten des Klägers. Jedoch kann nach dem Akteninhalt ausgeschlossen werden, dass dieser zum fraglichen Zeitpunkt das siebente Lebensjahr nicht vollendet hatte. Im Übrigen ist festzuhalten, dass im Haftungsprozess die fehlende Deliktsfähigkeit vom Schädiger zu beweisen ist (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 2009 - VI ZR 310/08, BGHZ 181, 368, 371 Rn. 10). Zudem trifft den minderjährigen Schädiger die Beweislast für fehlende Zurechnungsfähigkeit, die Einsichtsfähigkeit (vgl. § 828 Abs. 3 BGB) wird widerleglich vermutet (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juni 2005 - VI ZR 181/04, NJW-RR 2005, 1263 mwN). Da der Kläger im Rahmen der vorliegenden Auskunftsklage keinesfalls strengeren Anforderungen hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast unterliegt als in einem nachfolgenden Haftungsprozess, musste er sich zu beiden Gesichtspunkten nicht verhalten, nachdem die Beklagte hierzu nichts vorgetragen hatte.

16

b) Die Beklagte wird mit Erteilung der Auskunft auch nicht unbillig belastet, die Mitteilung der fraglichen Adresse ist ihr zumutbar.

17

aa) Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass der Kläger die ihm zur Verfügung stehenden Informationsmöglichkeiten ausgeschöpft hat und es ihm gleichwohl nicht möglich war, die Anschrift des Mitpatienten zu ermitteln. Diese Adresse ist für die Beklagte dagegen unproblematisch anhand der im Zusammenhang mit dem Abschluss des Behandlungsvertrags mit dem Mitpatienten erfassten Daten festzustellen. Der mit der Auskunftserteilung verbundene Arbeitsaufwand ist im Streitfall in Relation zu dem Auskunftsinteresse des Klägers deshalb zu vernachlässigen.

18

bb) Im Rahmen der für die Frage der Zumutbarkeit vorzunehmenden Abwägung aller Umstände des Einzelfalls ist zwar auch einzubeziehen, ob der Auskunftspflichtige ein schützenswertes Geheimhaltungsinteresse an den Angaben geltend machen kann (vgl. BGH, Urteile vom 13. Dezember 2001 - I ZR 44/99, NJW 2002, 2475, 2476 und vom 6. Februar 2007 – X ZR 117/04, NJW 2007, 1806, 1808 Rn. 18). Ein derartiges berechtigtes Interesse der Beklagten an der Verweigerung der Bekanntgabe der Adresse des Mitpatienten ist vorliegend nicht anzuerkennen.

19

Entgegen der Auffassung der Beklagten entfällt die Zumutbarkeit der Auskunftserteilung insbesondere nicht deswegen, weil einer Erteilung der begehrten Auskunft zwingende datenschutzrechtliche Bestimmungen sowie die Strafvorschrift des § 203 StGB (Verletzung von Privatgeheimnissen) entgegenstünden.

20

(1) Nach § 32 Abs. 1 des Krankenhausgesetzes für das Land Mecklenburg-Vorpommern (LKHG M-V) vom 20. Mai 2011 (GVOBl. M-V S. 327) unterliegen im Krankenhaus erhobene Patientendaten unabhängig von der Art ihrer Verarbeitung dem Datenschutz. Zu den geschützten Daten zählen insbesondere die Angaben zur Person, zum Beispiel die Anschrift des Patienten (vgl. die Gesetzesbegründung zur Vorgängerregelung des § 14 LKHG aF LT-Drucks. 1/2195 S. 41).

21

Die Übermittlung von Patientendaten (auch) an private Dritte ist allerdings nach § 35 Abs. 1 Nr. 3 LKHG M-V zulässig, soweit dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für das Leben, die körperliche Unversehrtheit oder die persönliche Freiheit des Patienten oder eines Dritten erforderlich ist, und wenn diese Rechtsgüter das Geheimhaltungsinteresse des Patienten wesentlich überwiegen.

22

(a) Das Recht des Klägers, einen Schadensersatzanspruch notfalls auch unter Inanspruchnahme der Zivilgerichte gegen seinen Mitpatienten geltend machen zu können, wird von § 35 Abs. 1 Nr. 3 LKHG M-V erfasst. Diese Regelung, die sprachlich bewusst an § 34 StGB angelehnt ist, hebt die Notwendigkeit einer Abwägung der widerstreitenden Interessen und der betroffenen Rechtsgüter hervor (siehe LT-Drucks. 1/2195 S. 43 zu § 17 LKHG aF). § 34 StGB beschränkt seinen Anwendungsbereich aber nicht auf einige wenige notstandsfähige Rechtsgüter, sondern erstreckt sie auf jedes rechtlich geschützte Interesse, gleichgültig, von welchem Teil der Rechtsordnung es diesen Schutz erfährt. Die Hervorhebung einzelner Rechtsgüter hat nur exemplarischen Charakter (vgl. nur Neumann in Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, 4. Aufl., § 34 Rn. 22). Der Begriff der persönlichen Freiheit im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 3 LKHG M-V ist daher weit auszulegen. Das Geheimhaltungsinteresse der Patienten wird durch ein solches Verständnis nicht beeinträchtigt. Die vom Landesgesetzgeber vorgesehene und hervorgehobene Notwendigkeit der Güterabwägung sichert einen ausreichenden Interessenausgleich. Der grundgesetzlich garantierte Justizgewährungsanspruch würde dagegen durch die bereichsspezifischen Regelungen im Landeskrankenhausgesetz von Mecklenburg-Vorpommern unverhältnismäßig verkürzt, wenn ein in einem Krankenhaus von einem Mitpatienten Geschädigter von vornherein und ohne Abwägung der sich gegenüberstehenden Interessen keine Möglichkeit hätte, Angaben zu der Identität des Schädigers zu erhalten.

23

(b) Im Rahmen der gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 3 LKHG M-V vorzunehmenden Interessenabwägung überwiegt hier das Interesse des Klägers. Auch wenn nicht feststeht, ob sein Mitpatient die vom Kläger behauptete Körperverletzung begangen hat, so würde dem Kläger ohne Herausgabe der Anschrift von vorneherein jede Möglichkeit genommen, den nach seiner Behauptung Verantwortlichen in Anspruch zu nehmen. Demgegenüber dienen die Datenschutzbestimmungen der §§ 32 ff LKHG M-V vor allem dazu, die besonders sensiblen Gesundheitsdaten eines Patienten (Krankheitsverlauf, Vorerkrankungen, Dauerschäden etc.) zu schützen. Darum geht es hier nicht. Dem Kläger ist der Name des Patienten ebenso bekannt wie der Umstand, dass dieser sich im fraglichen Zeitraum zur stationären ärztlichen Behandlung in dem von der Beklagten betriebenen Krankenhaus befand. Einzelheiten der ärztlichen Diagnose oder der Therapie interessieren ihn nicht. Er möchte lediglich die Adresse zur Verfolgung eigener deliktischer Ansprüche erfahren. Die Datenschutzregelungen haben aber nicht den Zweck, Patienten, die im Rahmen eines Krankenhausaufenthalts Mitpatienten schädigen, die vollständige Anonymität zu sichern und so den Geschädigten durch Verweigerung der Auskunft faktisch rechtlos zu stellen. Vielmehr ist es bei einer Fallkonstellation wie der vorliegenden, bei der eine vorsätzliche Körperverletzung im Raume steht, regelmäßig angemessen und geboten, das Auskunftsinteresse des Geschädigten dem Datenschutzinteresse des Schädigers vorgehen zu lassen.

24

(2) Liegen die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 Nr. 3 LKHG M-V vor, so ergeben sich auch unter dem Aspekt der ärztlichen Schweigepflicht keine Hinderungsgründe gegen eine Herausgabe der betreffenden Daten (vgl. Hauser/Haag, Datenschutz im Krankenhaus, 4. Aufl., S. 13 f). Demnach scheidet, wenn die Erteilung einer Auskunft nach § 35 Abs. 1 Nr. 3 LKHG M-V erlaubt ist, eine Strafbarkeit der Auskunft gebenden Person nach § 203 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 2 StGB von vorneherein aus, da die Offenbarung des zum persönlichen Lebensbereich gehörenden "Geheimnisses" nicht unbefugt erfolgt. Daher kann dahinstehen, ob und inwieweit die in der Verwaltung eines Krankenhauses tätigen Mitarbeiter und insbesondere der Verwaltungsleiter im Sinne des § 203 Abs. 3 Satz 2 StGB als Gehilfen der behandelnden Krankenhausärzte angesehen werden können (siehe dazu mit einer umfassenden Darstellung des Streitstands MüKoStGB/Cierniak/Pohlit, 2. Aufl., § 203 Rn. 122; Narr, Ärztliches Berufsrecht, 2. Aufl., 13. Ergänzungslieferung, Rn. B 242).

Schlick                      Herrmann                        Hucke

                Seiters                          Remmert