Bundesgerichtshof Urteil, 28. Mai 2013 - 5 StR 551/11

bei uns veröffentlicht am28.05.2013

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

5 StR 551/11

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 28. Mai 2013
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
wegen Untreue
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
28. Mai 2013, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter Basdorf,
Richter Dr. Raum,
Richterin Dr. Schneider,
Richter Dölp,
Richter Bellay
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt Re. ,
Rechtsanwältin St.
als Verteidiger für den Angeklagten S. ,
Rechtsanwalt P. ,
Rechtsanwalt W.
als Verteidiger für den Angeklagten Sc. ,
Rechtsanwalt Stu. ,
Rechtsanwalt Schr.
als Verteidiger für den Angeklagten Sch. ,
Rechtsanwältin Li. ,
Rechtsanwalt Po.
als Verteidiger für den Angeklagten T. ,
Rechtsanwältin G.
als Verteidigerin für den Angeklagten B. ,
Rechtsanwalt Schi.
als Verteidiger für den Angeklagten R. ,
Rechtsanwalt C.
als Verteidiger für den Angeklagten K. ,
Rechtsanwalt U.
als Verteidiger für den Angeklagten H. ,
Rechtsanwalt He.
als Verteidiger für den Angeklagten L. ,
Rechtsanwalt We. ,
Rechtsanwalt M.
als Verteidiger für den Angeklagten N. ,
Rechtsanwalt Pe.
als Verteidiger für den Angeklagten D. ,
Rechtsanwalt Kö. ,
Rechtsanwältin von Wi.
als Verteidiger für den Angeklagten Z. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 14. Februar 2011 werden verworfen.
Die Staatskasse trägt die Kosten der Rechtsmittel und die den Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e
1
Das Landgericht hat die zwölf Angeklagten vom Vorwurf der Untreue aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Hiergegen richten sich die mit einer Verfahrensrüge und der ausgeführten Sachrüge begründeten Revisionen der Staatsanwaltschaft, die im Ergebnis ohne Erfolg bleiben.

I.


2
Das Landgericht hat den Anklagevorwurf nicht für erwiesen erachtet.
3
1. Die Staatsanwaltschaft wirft den Angeklagten Untreue in zwei Fällen zu Lasten der I. B. GmbH I. ) vor, deren Gesellschafterinnen die L. B. – Girozentrale – (LB. ), die B. B. AG, die B. B. und die B. H. H. AG (B. H. ) waren.
4
Gegenstand der Anklage ist die Auflage zweier geschlossener Immobilienfonds , durch die dem Vermögen der I. ein Nachteil zugefügt worden sein soll. Dabei handelte es sich um den LB. -Fonds 12 und den I. Fonds Deutschland 1, die von der I. -Gruppe aufgelegt wurden, einer Holding, an der neben der I. noch als deren Tochtergesellschaften die B. O. B. GmbH und die I. V. B. B. mbH (IB. ) beteiligt waren. Die I. übernahm dabei jeweils für 25 Jahre Mietgarantien, für die sie Provisionen in Höhe von 1,23 % (LB. -Fonds 12) und 1,62 % (IB. Fonds Deutschland1) der jeweils garantierten Mietsumme vereinnahmte.
5
Die zwölf Angeklagten sind Geschäftsführer der I. ( S. und Sc. ), Prokuristen der I. (Sch. , T. und B. ) oder Mitglieder des Aufsichtsrats ( R. , H. , L. und Z. sowie die nur am ersten Fall beteiligten K. , N. und D. ), die dort die beteiligten Banken repräsentierten.
6
Die Staatsanwaltschaft wirft den Angeklagten vor, dass die Eingehung einer derart langfristigen Mietgarantie pflichtwidrig gewesen sei. Damit seien sie ohne entsprechende kalkulatorische Absicherung unüberschaubare Risiken eingegangen. Im Hinblick auf die sich abzeichnende Immobilienkrise wäre eine besonders sorgfältige Risikoprüfung unter Einschluss der bereits laufenden Engagements veranlasst gewesen. Bei einer entsprechenden Nachkalkulation hätte sich für die Angeklagten aufgedrängt, dass der aus den Mietgarantien folgende Rückstellungsbedarf zu erheblichen Verlusten führen würde, die nicht mehr mit den Erträgen hätten ausgeglichen werden können. Bei den beiden nach dem Muster früherer Fonds zuletzt aufgelegten Fonds hätten die Angeklagten gewusst, dass die Absicherung der Fonds mit einer so langfristigen marktunüblichen Mietgarantie zu einem Verlustgeschäft führen würde. Die angeklagten Aufsichtsratsmitglieder hätten es in Bezug auf den LBB-Fonds 12 pflichtwidrig unterlassen, die endgültige Auflage und Schließung des Fonds zu verhindern. Hierdurch sei es deshalb zu einem Schaden in Höhe von mindestens 72 Mio. DM gekommen. Hinsichtlich des IB. Fonds Deutschland 1, dessen Auflage von allen hieran beteiligten neun Angeklagten mittäterschaftlich zu verantworten sei, ergebe sich ein Schaden von mindestens 44 Mio. DM. In beiden Fällen drohe weiterer Schaden.
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2. Das Landgericht hat in der Auflage der Fonds und ihrer Schließung keine Untreue gemäß § 266 StGB gesehen.
8
a) Nach den Feststellungen des Landgerichts wurde die I. faktisch wie eine Abteilung des Gesamtkonzerns der B. B. AG geführt und lediglich als Kostenstelle betrachtet. Die Gesellschafterinnen hatten deshalb einen gegebenenfalls entstehenden Verlust für die I. bewusst in Kauf genommen, weil dieser Verlust als Teil des erheblichen Gesamtnutzens betrachtet und akzeptiert wurde, der für die Konzernbanken aus dem Fondsgeschäft erzielt wurde. Deshalb waren die Gesellschafterbanken, die über ihre Vertreter im Aufsichtsrat informiert waren, auch damit einverstanden, dass möglicherweise bei der I. in einem gewissen Rahmen Verluste eintreten würden.
9
b) Nach der Bewertung des Landgerichts seien die Mietgarantien schon deshalb nicht pflichtwidrig gewesen, weil die Gesellschafterbanken dieser Fondsauflage zugestimmt hätten. Dieses Einverständnis habe tatbestandsausschließend gewirkt, weil eine Existenzgefährdung der I. bis zum Zeitpunkt der Schließung der beiden Fonds nicht absehbar gewesen sei.
10
Aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe sich ergeben, dass die Angeklagten zwar ein abstraktes Risiko gesehen und dies billigend in Kauf genommen hätten. Sämtliche Angeklagten hätten aber die Dimension des Risikos nicht erkannt und seien auch nicht davon ausgegangen, dass es bei der I. zu einer Existenzgefährdung kommen könnte. Aufgrund der damals bekannten Zahlen und des Prognosematerials habe sich das Ausmaß des Risikos nicht abschätzen lassen. Die Angeklagten hätten deshalb jedenfalls nicht vorsätzlich gehandelt.

II.


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Die Revisionen der Staatsanwaltschaft bleiben ohne Erfolg.
12
1. Die Verfahrensrüge ist unzulässig.
13
a) Die Staatsanwaltschaft beanstandet die Ablehnung eines von ihr gestellten Beweisantrages auf Einholung eines Sachverständigengutachtens. Das Landgericht ist diesem Beweisantrag nicht nachgekommen, weil die unter Beweis gestellten Tatsachen aus tatsächlichen Gründen für die Entscheidung ohne Bedeutung seien (§ 244 Abs. 3 Satz 2 StPO). Die Staatsanwaltschaft hatte den bereits vorher gehörten Wirtschaftsprüfer Web. zum Beweis der Tatsache benannt, dass die fondsbezogenen Aufwendungen die fondsbezogenen Einnahmen der I. und ihrer Tochtergesellschaften überstiegen und ein vom Sachverständigen in wirtschaftlich nachvollziehbarer Weise – nach handelsrechtlichen Bewertungsmaßstäben – zu beziffernder Gesamtschaden eingetreten sei. In einer späteren Ergänzung präzisiert die Staatsanwaltschaft ihren Antrag dahin, dass der Sachverständige unter Außerachtlassung der testierten Jahresabschlüsse eigenständig neue Bilanzen jeweils zum Jahresende 1998 und 1999 erstellen solle.
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b) Es kann offen bleiben, ob dieser Antrag im Blick auf das überwiegend wertend formulierte Beweisthema überhaupt als Beweisantrag anzusehen ist. Jedenfalls hat die Staatsanwaltschaft seine Ablehnung durch das Landgericht nicht in der gehörigen Form gerügt. Ihr Vortrag ist nicht vollständig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Die Staatsanwaltschaft teilt zwar den Ablehnungsbeschluss des Landgerichts mit. Sie unterlässt es jedoch, die in dem Beschluss in Bezug genommenen Aktenteile vorzulegen oder zumindest ihren wesentlichen Inhalt vorzutragen. Dies betrifft die gutachterliche Äußerung des Sachverständigen Web. , das von ihm verfasste Sondergutachten, den Beschluss der Wirtschaftsstrafkammer vom 31. März 2008 über die Nichtzulassung der Anklage wegen Bilanzfälschung und die hierzu ergangene Rechtsmittelentscheidung des Kammergerichts vom 11. Februar 2010 sowie die Gründe, die zur Zurückverweisung des Antrags der Staatsanwaltschaft vom 7. Oktober 2010 auf Vernehmung der Zeugin F. geführt haben.
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c) Im Übrigen läge ein Beruhen des Freispruchs auf der beanstandeten unterbliebenen Beweiserhebung aus den zur Sachrüge ausgeführten Gründen fern.
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2. Die sachlich-rechtlichen Beanstandungen der Staatsanwaltschaft zeigen keinen durchgreifenden Rechtsfehler auf.
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a) Der Senat kann offen lassen, ob das Vorgehen der Angeklagten – was das Landgericht verneint hat – objektiv pflichtwidrig war. Tatbe- standsmäßig im Sinne des § 266 StGB ist allerdings eine Pflichtwidrigkeit nur dann, wenn sie klar und evident war (siehe dazu BVerfGE 126, 170, 210 f.). Deshalb hat die Rechtsprechung grundsätzlich nur schwere Pflichtverletzungen ausreichen lassen (BGH, Urteile vom 15. November 2001 – 1 StR 185/01, BGHSt 47, 148, 152 f., und vom 6. Dezember 2001 – 1 StR 215/01, BGHSt 47,187, 197). Ob die von der Staatsanwaltschaft angenommenen Mängel im Risikomanagement vorlagen und auch den entsprechenden Schweregrad erreichten, bedarf hier jedoch keiner Vertiefung. Es liegt nicht fern, dass der Fall auf der Grundlage der erhobenen Anklage auch insoweit von vornherein an einer allzu isolierten Sicht auf die I. ohne Rücksicht auf deren in den Gesamtkonzern integrierte Rolle krankt. Ausreichende Anhaltspunkte für einen etwa berechtigten Untreuevorwurf zum Nachteil des Gesamtkonzerns drängen sich mangels jeglicher Erwägungen zu dessen naheliegenden den eingegangenen Risiken gegenüberstehenden Vorteilen durch eine Fortführung der in Frage stehenden Immobiliengeschäfte nicht ansatzweise auf.
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b) Das Landgericht hat den subjektiven Tatbestand bei sämtlichen Angeklagten rechtsfehlerfrei verneint, weil es einen Untreuevorsatz nicht feststellen konnte. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Staatsanwaltschaft sind letztlich erfolglos. Dies gilt ungeachtet dessen, dass das Landgericht die subjektive Tatseite hinsichtlich der Tatbestandsmerkmale der Pflichtwidrigkeit und des Nachteils nicht immer deutlich getrennt hat. Abgesehen davon, dass sich dies allenfalls zu Ungunsten der Angeklagten hätte auswirken können, verletzt die Wirtschaftsstrafkammer bei ihrer Prüfung im Ergebnis nicht das vom Bundesverfassungsgericht statuierte Verschleifungs- oder Entgrenzungsverbot (BVerfGE 126, 170, 198 f.). Dieses wirkt sich allerdings gleichermaßen auf die Prüfung der subjektiven Tatseite aus. Auch insoweit sind der Vorsatz zur Pflichtwidrigkeit einerseits und zur Nachteilszufügung andererseits unabhängig voneinander zu prüfen; die innere Tatseite hinsichtlich des Merkmals des Nachteils darf nicht dergestalt in der des Merkmals der Pflichtwidrigkeit aufgehen, dass es seiner eigenständigen Bedeutung weitgehend beraubt wäre. Auch wenn die Pflichtwidrigkeit in einem inneren Zusammenhang mit dem Nachteil steht, weil die Pflichtwidrigkeit der Handlung sich häufig gerade aus der für das betreute Vermögen innewohnenden Gefährdung ergibt, ist auch in subjektiver Hinsicht zu unterscheiden zwischen dem Vorsatz hinsichtlich der Pflichtwidrigkeit und hinsichtlich der Nachteilszufügung.
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Dem Gesamtzusammenhang des angefochtenen Urteils ist jedoch mit ausreichender Deutlichkeit zu entnehmen, dass das Landgericht, welches sich überaus eingehend mit der vorgenannten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auseinander gesetzt hat, sowohl den Vorsatz der Pflichtwidrigkeit als auch der Nachteilszufügung jeweils selbständig geprüft und verneint hat.
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aa) In Betracht kommt hier allenfalls bedingter Vorsatz. Dieser setzt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs voraus, dass der Täter die Tatbestandsverwirklichung für möglich hält und den Erfolg billigend in Kauf nimmt (BGH, Urteil vom 4. November 1988 – 1 StR 262/88, BGHSt 36, 1, 9). Damit muss die Prüfung eines bedingten Vorsatzes die beiden Vorsatzelemente, nämlich das kognitive und das voluntative Element umfassen. Der Vorsatz muss sich auf sämtliche Merkmale des Untreuetatbestands beziehen.
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(1) Bei Risikogeschäften, wie sie hier vorliegen, sind an die Feststellung der inneren Tatseite erhöhte Anforderungen zu stellen. Dies betrifft beide Vorsatzbestandteile. Die Möglichkeit einer Vermögensgefährdung ist dem Risikogeschäft immanent. Die bewusste Eingehung des immanenten Risikos kann deshalb für sich genommen nicht ausreichen, weil Risiken wesentliche Strukturelemente im marktwirtschaftlichen System sind und die Eingehung von Risiken notwendiger Bestandteil unternehmerischen Handelns ist.
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Die Rechtsprechung hat deshalb die innere Tatseite bei risikobehafteten unternehmerischen Entscheidungen besonderen Prüfungskriterien unterworfen. So ist auf der kognitiven Ebene zu verlangen, dass der Täter das von ihm eingegangene Risiko zutreffend bewertet hat. Da die Untreue ein Vorsatzdelikt ist, bildet der vom Tatgericht festzustellende Umfang der Kenntnis von den Risikofaktoren und dem Risikograd den Maßstab für die Prüfung des kognitiven Vorsatzelements (§ 16 StGB).
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(2) Für die Praxis bedeutsamer sind allerdings die Anforderungen an das voluntative Vorsatzelement. Anders als etwa bei Kapitaldelikten lässt sich das voluntative Element nicht bereits weitgehend aus dem Gefährdungspotential der Handlung ableiten. Der Grad der Wahrscheinlichkeit eines Erfolgseintritts allein kann kein Kriterium für die Entscheidung der Frage sein, ob der Angeklagte mit dem Erfolg auch einverstanden war. Es kommt vielmehr immer auch auf die Umstände des Einzelfalles an, bei denen insbe- sondere die Motive und die Interessenlage des Angeklagten zu beachten sind (BGH, Urteil vom 6. April 2000 – 1 StR 280/99, BGHSt 46, 30, 35; vgl. auch BGH, Beschluss vom 26. August 2003 – 5 StR 145/03, BGHSt 48, 331, 347 ff. – zum Betrug; vgl. auch Saliger in Satzger/Schmitt/Widmaier, StGB, 2009, § 266 Rn. 104). Dabei ist zudem bei der Beurteilung eines Geschäftsvorgangs , bei dem – wie hier – keine Indizien für einen auch nur mittelbaren persönlichen Vorteil der Beteiligten bestehen, besondere Skepsis hinsichtlich des voluntativen Elements geboten.
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Für das voluntative Element kann es demnach nicht ausreichen, dass der Betreffende allein die Gefährdungslage billigt. Dies würde, da unternehmerische Entscheidungen regelmäßig einen Gefährdungsanteil aufweisen, dem subjektiven Untreuevorwurf nicht gerecht. Vielmehr kann nur dann von einer billigenden Inkaufnahme eines Nachteils im Sinne des § 266 StGB ausgegangen werden, wenn der Täter nicht nur die konkrete Gefahr in Kauf nimmt, sondern darüber hinaus auch die Realisierung dieser Gefahr billigt, sei es auch nur in der Form, dass der Täter sich mit dem Eintritt des unerwünschten Erfolges abfindet (BGH, Urteil vom 18. Oktober 2006 – 2 StR 499/05, BGHSt 51, 100, 121; Beschluss vom 2. April 2008 – 5StR 354/07, BGHSt 52, 182, 189 f.; vgl. auch Matt in Matt/Renzikowski, StGB, 2013, § 266 Rn. 155). Für die Kennzeichnung der Innentendenz ist dieses Erfordernis notwendig, zumal die Untreue – anders als der Betrug – keine Eigen- oder Fremdbereicherungsabsicht voraussetzt. Das gedankliche Hinnehmen einer Vermögensgefährdung ist für sich genommen nicht aussagekräftig , weil sie eine Begleiterscheinung unternehmerischen Handelns ist. Dem objektiven Tatbestandsmerkmal „Nachteil“ entspricht eine innere Einstellung , die dadurch geprägt ist, dass sie sich letztlich mit dem Verlust abfindet.
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Für die beweismäßige Feststellung des voluntativen Vorsatzelements kommt freilich dem auch vom Täter erkannten Gefährdungsgrad ein erhebliches indizielles Gewicht zu. Für je wahrscheinlicher der Täter den Erfolgsein- tritt hält, umso mehr spricht dafür, dass er sich letztlich mit einem Schadenseintritt abfindet. Denn die bloße Hoffnung auf den guten Ausgang steht der Annahme eines Vorsatzes nicht entgegen (NK/Kindhäuser, StGB, 4. Aufl., § 266 Rn. 122).
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(3) Mit dieser Auffassung setzt sich der Senat nicht in Widerspruch zur Rechtsprechung des 1. Strafsenats, soweit diese es hat genügen lassen, wenn sich auch das voluntative Vorsatzelement allein auf die schadensgleiche Gefährdung bezieht, ohne dass zugleich eine Billigung eines eventuellen Endschadens hinzutritt (BGH, Beschluss vom 18. Februar 2009 – 1 StR 731/08,BGHSt 53, 199; vgl. zu diesem Problemkreis Fischer, NStZ Sonderheft 2009, 8, 13 f.; ders. StraFo 2008, 269, 274 f.; Nack, StraFo 2008, 277, 280 f.; NK/Kindhäuser aaO, § 266 Rn. 123; Hoyer in SK, 123. Lfg., § 266 Rn. 55; Gaede in Matt/Renzikowoski, StGB, 2013, § 15 Rn. 27). Die maßgebliche Entscheidung erging zum Betrug und betraf eine Fallgestaltung, bei der eine versprochene Geldanlage gänzlich unterblieben ist. Zudem enthält auch die Auffassung des 1. Strafsenats eine Einschränkung, weil sie das voluntative Element auf die „nicht mehr vertragsimmanente Verlustgefahr“ bezieht; letztlich wird auf diese Weise eine Korrektur vorgenommen. Ungeachtet der Frage, ob durch die zwischenzeitlich ergangenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 126, 170; 130, 1) im Blick auf die Schadensbestimmung eine Neuakzentuierung eingetreten ist, nötigt die hier vorliegende Fallgestaltung nicht zu einer Anfrage nach § 132 Abs. 3 GVG. Dies gilt schon deshalb, weil das Landgericht rechtsfehlerfrei das kognitive Vorsatzelement und zugleich schon eine Billigung der Existenzgefährdung verneint hat, mithin dieser Rechtsfrage im vorliegenden Fall die Entscheidungserheblichkeit fehlen würde.
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bb) Das angefochtene Urteil genügt den vorgenannten Anforderungen an die Feststellung eines bedingten Vorsatzes. Die Wirtschaftsstrafkammer hat rechtsfehlerfrei bei der Prüfung der subjektiven Tatseite aufgrund der äu- ßeren Umstände die für die Angeklagten zum damaligen Zeitpunkt erkannte Gefährdungslage gewürdigt und einen Untreuevorsatz verneint.
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(1) Zutreffend ist die Grundannahme des Landgerichts, dass im Hinblick auf den Untreuetatbestand nur eine solche Gefährdung des Vermögens der I. relevant sein kann, die den Grad der Existenzgefährdung erreicht. Dies ergibt sich nach den Feststellungen aus der Stellung der I. im Verhältnis zu den Mutterbanken. Von dort wurde die I. letztlich wie eine unselbständige Abteilung geführt, die einen bestimmten Aufgabenkreis im Gesamtkonzern zu erfüllen hatte. Deshalb kam es der Unternehmensleitung wie auch den Aufsichtsgremien nicht darauf an, das Verhältnis von Aufwendungen für die Mietgarantien und vereinnahmten Provisionen bezogen auf die I. ausgeglichen zu gestalten. Die Auflage der Fonds war für die Konzerngesellschaft schon deshalb von hohem Nutzen, weil hieraus durch die Kreditierung der Fonds und die anfallenden Provisionen erhebliche Erträge gezogen werden konnten. Da sämtliche Gesellschafter in voller Kenntnis der Umstände und der wirtschaftlichen Kennziffern über ihre Repräsentanten im Aufsichtsrat der I. den Fondsauflagen zugestimmt hätten, läge – so die Kernaussage des Landgerichts – ein den Tatbestand ausschließendes Einverständnis vor, das insoweit wirksam gewesen sei, als hierdurch keine Existenzgefährdung der Gesellschaft eingetreten sei. Jedenfalls aus der für den Vorsatz maßgeblichen Sicht der Angeklagten ist hinreichend belegt, dass diese eine solche Existenzgefährdung der I. nicht vorhergesehen haben.
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Die gegen die Maßgeblichkeit der Grenze der Existenzgefährdung für die Wirksamkeit eines tatbestandsausschließenden Einverständnisses gerichteten Einwände der Staatsanwaltschaft gehen fehl. Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass die im Aufsichtsrat vertretenen Vorstände der Gesellschafterbanken ein solches Einverständnis erklären konnten, selbst wenn sie nicht alleinvertretungsberechtigt waren. Soweit die Banken nicht schon durch zwei Vorstandsmitglieder in den Aufsichtsgremien vertreten wurden, die sich vorab und im Nachgang abgestimmt hatten, wurden nach den landgerichtli- chen Feststellungen die Entscheidungen in den jeweiligen Gesamtvorständen der Gesellschafterbanken kommuniziert und gebilligt.
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Soweit der Generalbundesanwalt eine verengte Betrachtung auf die Existenzgefährdung beanstandet und auf eine nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs weitere (zusätzliche) Grenze für ein tatbestandsausschließendes Einverständnis verweist, wonach das Stammkapital nicht angetastet werden dürfe, ist dies zweifelhaft. Denn nach der Rechtsprechung bildet der existenzgefährdende Eingriff als Grenze der Verfügungsbefugnis des Gesellschafters wohl den Oberbegriff, der die Unterfälle Beeinträchtigung des Stammkapitals sowie Entziehung der Produktionsgrundlagen oder Gefährdung der Liquidität umfasst (BGH, Beschluss vom 31. Juli 2009 – 2StR 95/09, BGHSt 54, 52, 58; vgl. auch BGH, Urteil vom 13. Mai 2004 – 5 StR 73/03, BGHSt 49, 147, 158). Abgesehen davon, dass beide Merkma- le in einem inneren Zusammenhang stehen, hat die Wirtschaftsstrafkammer die wirtschaftliche Situation – wie sie sich zu den beiden Tatzeiten nach der Wahrnehmung der Angeklagten darstellte – umfassend gewürdigt, was sowohl eine Existenzgefährdung als auch den Unterfall eines Angriffs auf das Stammkapital einschloss. Im Übrigen hätte dabei, soweit eine vom Generalbundesanwalt angesprochene Unterbilanz in Betracht gezogen werden sollte , auch die für die Verbindlichkeiten der I. , die bis zum 31. Dezember 1998 eingegangen wurden, wirksame Patronatserklärung der B. B. AG (UA S. 54) mitberücksichtigt werden müssen. Da die hieraus entstehenden Verlustübernahmeverpflichtungen Dritter als Forderungen zu bilanzieren wären (vgl. Paschos in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht 2011, § 302 AktG Rn. 5), hätte schon dieser Umstand einer Unterbilanz entgegengestanden.
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Die Existenzgefährdung der I. als maßgebliche Belastungsgrenze wird insbesondere dann nachvollziehbar, wenn man die subjektive Sicht der Angeklagten wie geboten berücksichtigt, die ersichtlich vom Gesamtkonzernnutzen her dachten. In diesem Zusammenhang spielte die I. die eher unselbständige Rolle einer Kostenstelle, die tatsächlich so lange in dem Konzernzusammenhang funktionierte, als ihre Existenz gesichert war. Es lag deshalb bei der Betrachtung aus der Perspektive der Angeklagten nahe, die wirtschaftlichen Belange der I. erst dann ernst zu nehmen, wenn deren Existenzgefährdung drohte, weil ab diesem Zeitpunkt ein wichtiger Baustein in dem für den Konzern wichtigen und gewinnbringenden Fondsgeschäft wegzubrechen drohte.
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(2) Die Beweiswürdigung des Landgerichts zur fehlenden Erkennbarkeit des existenzgefährdenden Umfangs der Risiken aus den Mietgarantien ist rechtsfehlerfrei.
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Das Landgericht stellt eine fundamentale Verschlechterung der prog- noserelevanten Risikofaktoren ab spätestens 1998 fest. Es markiert das „Ende der Blütezeit von geschlossenen Immobilienfonds“ auf den Abschluss des Jahres 1998. In der Folge hätte neben dem Abbau steuerlicher Privilegien die hohe Arbeitslosigkeit, der Zusammenbruch des „Neuen Markts“ und eine stagnierende Wirtschaft zu einem zunehmend schwierigen Umfeld geführt. Nach Auffassung des Landgerichts haben sich die damals bekannten Risiken – jedenfallsaus der Sicht der Angeklagten – zumindest in einem vertretbarem Maße in den hierfür bilanziell vorzunehmenden Rückstellungen (§ 249 HGB) niedergeschlagen. Es stützt diese Würdigung auf folgende Umstände:
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(a) So hat das von der I. 1998 eingeführte und zunächst vom Zeugen Sa. betreute Risikocontrolling ungeachtet seiner Anlaufschwierigkeiten eine deutliche Verbesserung der Datentransparenz erbracht. Auf der Grundlage dieses Datenmaterials ergab sich aber nach der Prognose im Frühjahr 2000, die bereits nach der Schließung des IB. Fonds Deutschland 1 erfolgte, ein Betrag von noch höchstens 108.000 TDM als rechnerische Restgröße (im Sinne eines positiven Saldos). Unter Einbeziehung des Gesamtkonzernnutzens belief sich nach den Berechnungen des Risikocontrollers Sa. der fortbestehende Ertrag auf 846.600 TDM, der sich jedoch im Blick auf noch nicht bezifferbare Gewinne aus Zwischenfinanzierungen noch weiter erhöht hätte (UA S. 115 f.). Aus diesem schon weitgehend optimierten Risikocontrolling ergab sich mithin noch keine unmittelbare Existenzgefährdung der I. .
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(b) Die I. und der Gesamtkonzern wurden in ihrer Wirtschaftsführung und Bilanzierung mehrfach überprüft, wobei jeweils die für die Mietgarantien zu bildenden Rückstellungen und die Risikovorsorge Gegenstand dieser Bewertungen waren. Die erstellten Jahresabschlüsse wurden durch eine externe Kanzlei begleitet, die aus Wirtschaftsprüfern, Rechtsanwälten und Steuerberatern bestand. Diese fertigte auch die Jahresabschlüsse, die Rückstellungen für Pauschal- und Einzelrisiken enthielten. In einem konzerninternen Revisionsbericht wurde zwar die seinerzeitige Rückstellungspraxis kritisiert. Dies wurde jedoch als „geringfügiger Mangel“ bezeichnet.Letztlich ging es um die bilanztechnische Erfassung und Bewertung; eine Existenzgefährdung haben die konzerninternen Revisoren in keinem Fall gesehen. Gleiches gilt für den Bericht der Konzernrevision vom 11. Juli 1997, die sogar zu dem Ergebnis kam, dass eine I. -interne Revision entbehrlich sei und diese Aufgabe durch die Kreditrevision der Konzernmutter übernommen werden könne.
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In dem durch den Wirtschaftsprüfer Wa. erstatteten Sonderprüfungsbericht vom 26. Juli 1997 ebenso wie im Prüfbericht nach § 44 KWG der F. T. R. vom 12. November 1997 wurden die Risiken aus den Mietgarantien thematisiert. Wa. kritisierte dabei den bilanziellen Ansatz der Provisionen und wies auf die Risiken hin. Der F. -Bericht verlangte ein wirksameres Risikocontrolling. Nach den Feststellungen des Landgerichts zog jedoch keiner der beiden Prüfer eine Existenzgefährdung der I. in Betracht, die durch die langfristigen Mietgarantien hätte entstehen können.
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Von – wie das Landgericht zutreffend hervorhebt – besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang das vom Zeugen Web. verfasste Sondergutachten gemäß § 44 Abs. 1 KWG für das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen (sog. Fasselt-Mette-Bericht). Dieses Gutachten wurde am 14. März 2000 abgeschlossen, die Datengrundlage bezog sich aber auf den Zeitpunkt 30 Tage vor Schließung des IB. Fonds Deutschland 1. Aus dieser Zeitnähe ergibt sich die besondere Aussagekraft dieses Gutachtens. Dort wurde zwar eine Erhöhung der Rückstellungen wegen drohender Verluste aus den Mietgarantien empfohlen; eine Existenzgefährdung der I. wurde aber nicht angesprochen. Bestätigt wird dies weiterhin durch den einvernommenen Zeugen Wei. , der Referatsleiter im Bundesaufsichtsamt war und die Einschätzung von Web. teilte.
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(c) Aus diesen internen und externen Expertisen zieht die Wirtschaftsstrafkammer den Schluss, dass die Angeklagten keine Existenzgefährdung der I. durch nicht ausreichend durch Rückstellungen abgesicherte Mietgarantien erkannt hätten. Dieser Schluss, der auf einer hinreichend sorgfältigen Analyse der zu den Tatzeitpunkten vorhandenen Sachverhaltsgrundlagen beruht, ist vom Revisionsgericht hinzunehmen. Er liegt zudem auch nahe, weil nicht ersichtlich ist, wieso die Angeklagten im Vergleich zu den Controllern und Revisionsspezialisten überragende Erkenntnisquellen hätten haben sollen, die sie in die Lage versetzt hätten, eine konkrete Existenzgefährdung der I. vorauszusehen. Vielmehr haben auch die den Jahresabschluss prüfenden Wirtschaftsprüfer der W. AG die bilanziellen Ansätze der I. uneingeschränkt bestätigt, und zwar in Kenntnis der mit der langfristigen Mietgarantie verbundenen Risiken.
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Entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts bestand für die Annahme des Landgerichts, dass niemand die von den Mietgarantien ausgehenden Gefahren für die Existenz der I. gesehen habe, demnach eine ausreichende Tatsachengrundlage. Ein Vergleich einerseits der Aufwendungen für die Mietgarantie und andererseits der Erträge hieraus ist aus dem angefochtenen Urteil ersichtlich; das Landgericht hat lediglich dem Resultat nicht das vom Generalbundesanwalt erwartete Gewicht beigemessen, weil es die Provisionen für die Mietgarantien anders gewertet hat. Aus subjektiver Sicht der Angeklagten waren – weil diese aus der Perspektive des Konzernnutzens dachten – die Provisionen für die Mietgarantien keine echte, gar alleinige Gegenleistung für die damit verbundene Risikoübernahme, sondern die Preisfestlegung orientierte sich an Marktgesichtspunkten und an der steuerlichen Abzugsfähigkeit. Deshalb dürfen insoweit Aufwendungen und Erträgnisse nicht ohne weiteres gegenübergestellt werden, maßgeblich ist vielmehr allein die bilanzielle Gesamtsituation und die Frage, ob sich insoweit eine existenzgefährdende Überschuldung ergibt.
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Dieser Gesichtspunkt hat aber auch Auswirkungen auf die Frage, inwieweit die vereinnahmten Provisionen bilanziell in ihrer Gesamtsumme oder nur ratierlich zu erfassen sind. Für eine ratierliche Erfassung bestand jedenfalls aus der Sicht der Angeklagten umso weniger Anlass, als sie die Provisionen nicht als kalkuliertes Risikoentgelt ansahen. Letztlich bedarf diese bilanzielle Frage hier aber weder in objektiver noch in subjektiver Hinsicht einer Vertiefung, weil nach den Feststellungen der Wirtschaftsstrafkammer auch bei einem ratierlichen Ansatz zwar naturgemäß ein verringerter Überschuss hätte ausgewiesen werden können, aber auch dann noch keine existenzgefährdende Situation eingetreten wäre. Da auch insoweit noch nicht verbrauchte Beträge aus den dann anzusetzenden Rechnungsabgrenzungsposten bestanden hätten (UA S. 146 f.), hätte sich ein etwaiger Verstoß gegen Bilanzierungsvorschriften nicht ausgewirkt.
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Soweit der Generalbundesanwalt weiter bemängelt, dass eine Begründung , die sich darauf stützt, das Risiko sei nicht konkret erkennbar gewesen , offen lasse, ob die Existenzgefährdung im Rahmen einer ordnungsgemäßen Risikoanalyse objektiv erkennbar gewesen wäre, verlässt er die Grenzen eines Vorsatzdelikts. Auch im Rahmen des bedingten Vorsatzes kommt es immer darauf an, dass der Betreffende die Gefahrenlage tatsäch- lich erkannt hat. Die bloße Erkennbarkeit ist allenfalls im Bereich der Fahrlässigkeitstaten relevant. Im Übrigen belegt das angefochtene Urteil hinreichend die Bemühungen der I. um eine Verbesserung des Risikocontrolling und die Hindernisse, auf welche diese stieß.
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(3) Das Landgericht hat ohne Rechtsverstoß ersichtlich auch das voluntative Vorsatzelement verneint. Es führt aus, dass die Angeklagten in der Erkenntnis der von der I. eingegangenen Risiken deren Existenzgefährdung mit adäquaten Mitteln zu verhindern suchten, um dadurch das Fondsgeschäft im Gesamtkonzernnutzen weiter zu betreiben. Dabei zieht die Wirtschaftsstrafkammer vor allem aus den in den Jahren 1998 und 1999 durchgeführten Kapitalerhöhungen den Schluss auf einen ernsthaften Willen der Angeklagten, existenzgefährdende Verluste zu vermeiden (UA S. 533 f.). So erfolgte eine Kapitalerhöhung im April 1998 um 25 Mio. DM mit einem 100%igen Agio, was wirtschaftlich eine weitere Erhöhung um denselben Betrag bedeutete, und eine neuerliche noch viel stärkere Kapitalaufstockung Anfang 1999 um 340 Mio. DM.
43
Aus diesen Umständen hat das Landgericht rechtsfehlerfrei gefolgert, dass die Angeklagten der erkannten Risikostruktur aufgrund der marktunüblichen Mietgarantien begegnen wollten. Damit hat es zugleich seine Annahme untermauert, dass die Angeklagten sich nicht mit einer Existenzgefährdung der I. abgefunden haben, sondern hierfür eine Risikovorsorge treffen wollten. Als die maßgeblichen Entscheidungsträger der I. hatten die Angeklagten den tatbestandlichen Erfolg im Sinne des § 266 StGB, nämlich die Existenzgefährdung , oder gar die Existenzvernichtung gerade nicht gebilligt oder sich auch nur damit abgefunden.
44
Die Verneinung des voluntativen Vorsatzelements wird zudem durch weitere vom Landgericht festgestellte Umstände bestätigt. Durch den Aufbau eines Risikocontrollings, mit dem die Leitungsebene der I. der internen und externen Kritik nachkam, ist belegt, dass die Verantwortlichen nicht die Augen vor der möglichen Existenzbedrohung verschlossen haben, sondern bemüht waren, die Risiken aus diesen Geschäften steuerbar zu halten. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen wurden den Angeklagten gegenüber kommuniziert bzw. von ihnen abgefragt. Auch dieser Umstand spricht dagegen , dass den Angeklagten der tatbestandliche Erfolg des Eintritts eines Nachteils auch nur gleichgültig gewesen wäre (vgl. hierzu auch Puppe in NK, StGB, 4. Aufl., § 15 Rn. 56 f.).
45
Schließlich war das gesamte Controlling- und Buchhaltungssystem auf Transparenz ausgelegt. Die erkannten Risiken wurden sowohl konzernintern als auch gegenüber den Abschlussprüfern, der W. AG, offen angesprochen und diskutiert. Der Stand des Risikocontrollings und auch dessen Mängel waren stets sowohl auf der Ebene der Geschäftsleitung der I. , des Aufsichtsrats der I. und auch bei den Gesellschafterinnen der I. gleichermaßen bekannt. Nach den Feststellungen des Landgerichts gab es weder eine Verschleierung der Risiken aus dem Fondsgeschäfts innerhalb der I. noch gegenüber den vier Gesellschafterteilbanken vor Auflage der anklagegegenständlichen LB. Fonds 12 und IB. Fonds Deutschland 1. Gleichfalls herrschte auch innerhalb der Konzernbanken und gegenüber deren Aufsichtsgremien eine weitgehende Offenheit, weil auch ihnen die wesentlichen Revisionsberichte mitgeteilt wurden.
46
Diese Umstände haben Auswirkungen auf die Prüfung des Willenselements beim Vorsatz. Ebenso wie die Verschleierung von Risiken ein Anzeichen für das Vorliegen einer Billigung des Eintritts einer schadensgleichen Vermögensgefährdung sein kann (BGH, Urteil vom 15. November 2001 – 1 StR 185/01, BGHSt 47, 148, 157), gilt umgekehrt auch, dass eine trans- parente und ordnungsgemäße Bilanzierung indiziell gegen eine willentliche Schadenszufügung sprechen kann.
47
c) Die Revisionen können schließlich nicht mit dem Vorwurf durchdringen , das Landgericht habe die gebotene Gesamtwürdigung unterlassen.
48
Das Unterlassen einer solchen Gesamtwürdigung kann allerdings einen zur Aufhebung des Freispruchs nötigenden Rechtsfehler begründen. Denn selbst wenn keine der jeweiligen Indiztatsachen für sich allein zum Nachweis der Täterschaft der Angeklagten ausreicht, besteht die Möglichkeit, dass sie in ihrer Gesamtheit dem Tatrichter die entsprechende Überzeugung vermitteln (BGH, Urteil vom 6. März 2002 – 5 StR 351/01, NJW 2002, 1811, 1812; vgl. auch Dietmeier ZIS 2008, 101, 103 f.). Die Gesamtwürdigung hat aber auch – gleichfalls in ihrer Gesamtheit – die entlastenden Umstände einzubeziehen (BGH, Urteil vom 12. September 2001 – 2 StR 172/01, NStZ 2002, 47).
49
Der Generalbundesanwalt fasst dabei in seiner Antragsschrift die wesentlichen , die Angeklagten belastenden Indiztatsachen zusammen, aus denen sich eine bereits im Zeitpunkt der beiden letzten Fondsschließungen abzeichnende Überschuldung der I. ergeben soll. Abgesehen davon, dass diese Indizien nur dann beachtlich sein könnten, wenn sich aus ihnen auch ein Rückschluss auf das Bewusstsein der Angeklagten ergäbe, findet eine solche vom Generalbundesanwalt vermisste Gesamtwürdigung in den Urteilsgründen tatsächlich statt. Auch wenn das Landgericht diesen Begriff nicht explizit verwendet, lassen doch seine Darlegungen erkennen, dass es die einzelnen Indizien nicht nur für sich genommen gewichtet hat. Damit hat es in der Sache eine umfassende – freilich auch die entlastenden Gesichtspunkte einschließende – Gesamtwürdigung vorgenommen, die allerdings zu einem anderen als vom Generalbundesanwalt ersichtlich für richtig gehaltenen Ergebnis geführt hat.
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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafprozeßordnung - StPO | § 344 Revisionsbegründung


(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen. (2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer R

Strafprozeßordnung - StPO | § 244 Beweisaufnahme; Untersuchungsgrundsatz; Ablehnung von Beweisanträgen


(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme. (2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

Strafgesetzbuch - StGB | § 266 Untreue


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Strafgesetzbuch - StGB | § 16 Irrtum über Tatumstände


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Aktiengesetz - AktG | § 302 Verlustübernahme


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(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
Für die Pflichtverletzung im Sinne des Mißbrauchstatbestandes des § 266
StGB bei einer Kreditvergabe ist maßgebend, ob die Entscheidungsträger bei
der Kreditvergabe ihre bankübliche Informations- und Prüfungspflicht bezüglich
der wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditnehmers gravierend verletzt haben.
Aus der Verletzung der in § 18 Satz 1 KWG normierten Pflicht zum Verlangen
nach Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse können sich Anhaltspunkte
dafür ergeben, daß der banküblichen Informations- und Prüfungspflicht nicht
ausreichend Genüge getan wurde (Fortführung von BGHSt 46,30).
BGH, Urt. vom 15. November 2001 - 1 StR 185/01 - LG Mannheim

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 185/01
vom
15. November 2001
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
wegen Untreue u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
6. November 2001 in der Sitzung am 15. November 2001, an denen
teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Schäfer
und die Richter am Bundesgerichtshof
Nack,
Dr. Boetticher,
Schluckebier,
Hebenstreit,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt und Rechtsanwältin für den
Angeklagten H. ,
Rechtsanwalt für den Angeklagten Ho. ,
Rechtsanwalt und Rechtsanwältin
für den Angeklagten Dr. R. ,
Rechtsanwalt für den Angeklagten S.
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
I. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 24. Juli 2000 mit den Feststellungen aufgehoben, 1. soweit im Komplex Ri. /G. (II. D der Urteilsgründe) die Angeklagten
a) Dr. R. in den Fällen 7.3., 7.4. und 7.5. (Fälle 3, 4 und 5),
b) S. in den Fällen 7.2., 7.4. und 7.5. (Fälle 2, 4 und 5),
c) H. in den Fällen 7.2., 7.3., 7.4. und 7.5. (Fälle 2, 3, 4 und 5),
d) Ho. in den Fällen 7.2., 7.4. und 7.5. (Fälle 2, 4 und 5), freigesprochen wurden; 2. im Strafausspruch gegen den Angeklagten H. im Komplex “Satellitenfinanzierung” (II. F der Urteilsgründe). II. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
III. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Von Rechts wegen

Gründe:


Das Landgericht hat Bankleiter der Sparkasse M. ± die beiden Vorstandsmitglieder Dr. R. und S. ± sowie das stellvertretende Vorstandsmitglied Ho. vom mehrfachen Vorwurf der Untreue durch Vergabe von Krediten freigesprochen. Das dritte Vorstandsmitglied H. hat es ± unter Freispruch vom Vorwurf der Untreue (in denselben Fällen der Kreditvergabe) und der Bestechlichkeit ± wegen Untreue in fünf Fällen (weitere Kreditvergaben: “Satellitenfinanzierung”) zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die zu Ungunsten der Angeklagten eingelegten Revisionen der Staatsanwaltschaft richten sich mit der Sachrüge und umfangreichen Verfahrensrügen gegen die Freisprüche aller Angeklagten und den Strafausspruch gegen den Angeklagten H. im Komplex “Satellitenfinanzierung”. Die Revisionen haben aufgrund der Sachrüge teilweise Erfolg; im übrigen sind sie unbegründet.

A.

Die Angeklagten Dr. R. , S. und H. bildeten den Vorstand der Sparkasse M. . Dr. R. war Vorstandsvorsitzender, S. war stellvertretender Vorstandsvorsitzender und betreute u.a. das Privatkundengeschäft; H. war u.a. für das Firmenkundengeschäft zuständig. Ho. war im Dezernat H. tätig und Verhinderungsvertreter des Vorstands. Im August 1994 wurde er stellvertretendes Vorstandsmitglied für das Dezernat H. . Ende der 80er Jahre entschied sich die Sparkasse, ermuntert von dem Verwaltungsratsvorsitzenden ± dem Oberbürgermeister der Stadt M. ±, das Kreditgeschäft auszuweiten und “die offensive Akquisition in diesem Bereich zu forcieren”. Es sollten nicht mehr nur Kredite innerhalb des Gebietes des Gewährträgers (“Regionalprinzip”) vergeben werden. Durch diese Kreditpolitik geriet die Sparkasse in erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten.
Den im Jahre 1999 aufgelaufenen Verlust von 900 Mio DM konnte sie nicht mehr aus eigener Kraft bewältigen. I. Die Freisprüche vom Vorwurf der Untreue betreffen zwei gescheiterte Kreditverhältnisse. Im ersten Komplex Ra. /B. wurde den drei Vorstandsmitgliedern Dr. R. , S. und H. vorgeworfen, in den Jahren 1993 bis 1995 in acht Fällen pflichtwidrig Kredite in Höhe von über 80 Mio DM vergeben zu haben. Im zweiten Komplex Ri. /G. wurde allen vier Angeklagten vorgeworfen, in den Jahren 1994 und 1995 in sechs Fällen pflichtwidrig Kredite in Höhe von ca. 40 Mio DM ausgereicht zu haben. Dazu hat das Landgericht folgende Feststellungen getroffen: 1. Der Komplex Ra. /B. betrifft die Finanzierung eines Hotelbaus durch Ra. in B. bei Sp. . Die erste Phase des Hotelprojekts wurde durch andere Banken, unter anderem die Dresdner Bank, finanziert. 1993 waren diese Banken jedoch zu weiteren Kreditbewilligungen nicht mehr bereit; die Dresdner Bank stellte ihre Forderungen in Höhe von 11 Mio DM fällig.
a) Im August 1993 übernahm die Sparkasse M. die weitere Finanzierung und löste die bisherigen Kredite ab. Der vom Vorstand bewilligte Erstkredit hatte ein Volumen von 26,5 Mio DM. Ausweislich der von der Steuerberaterin Ra. s vorgelegten ± falschen ± Vermögensaufstellung hatte dieser ein Nettovermögen von 13 Mio DM, während es tatsächlich nur 3,25 Mio betrug. Die tatsächlichen Vermögensverhältnisse des Kreditnehmers wurden nicht im Detail überprüft. Der von der Sparkasse beauftragte Sachverständige Sch. ermittelte einen Beleihungswert von 31,5 Mio DM für das Objekt, auf dem Grundschulden in Höhe des Kredits bestellt wurden.
b) In der Folgezeit führte der weitere Ausbau des Hotelprojekts zu Nachfinanzierungen ± darunter Zusatzkredite über 15 Mio DM ±, die der Vorstand der Sparkasse teilweise in Eilbeschlüssen, teilweise zunächst ªblankoº und teilweise zur Rückführung von Überziehungen bewilligte. Auf dem
Objekt wurden ± der Sachverständige errechnete wegen des Baufortschritts jeweils höhere Beleihungswerte ± weitere Grundschulden eingetragen und zusätzliche Sicherheiten hereingenommen. Ende 1995 betrug das Gesamtkreditvolumen mehr als 82 Mio DM.
c) Über die Höhe des endgültigen Forderungsausfalls aufgrund der Kreditgewährungen in diesem Komplex enthält das Urteil keine Feststellungen. Nachdem die Gremien der Sparkasse Ende 1995 beschlossen hatten, das auf 82 Mio DM angewachsene Kreditengagement nicht weiter zu erhöhen, kam es 1996 noch zu weiteren Kreditausreichungen durch den Angeklagten H. , die zur Verschleierung über diverse Konten abgewickelt wurden. Dabei fungierten andere Personen zum Schein als Kreditnehmer (ªSatellitenfinanzierungº). Insoweit wurde H. wegen Untreue in fünf Fällen verurteilt.
d) Die Freisprüche hat das Landgericht wie folgt begründet: aa) Soweit die Angeklagten Dr. R. (Folgekredite Fälle 2, 5 und 1a) und S. (Erstkredit Fall 1) an einzelnen Kreditentscheidungen nicht mitgewirkt, sondern lediglich an Sitzungen des Kreditausschusses ohne Stimmrecht teilgenommen haben, hat das Landgericht diese Angeklagten schon wegen des Fehlens einer Tathandlung freigesprochen. bb) Die Gewährung des Erstkredits sei objektiv nicht unvertretbar gewesen, daher liege bei dieser Kreditvergabe kein pflichtwidriges Verhalten vor. Zwar habe man sich nicht ausreichend mit den Vermögensverhältnissen des Kreditnehmers befaût. Das Objekt sei nicht besichtigt und der Bautenstand sei nicht hinreichend festgestellt worden. Man habe jedoch auf die Ergebnisse des Sachverständigen Sch. vertrauen dürfen, auch wenn dieser nicht kompetent gewesen sei und sich seinerseits auf die Angaben Ra. s verlassen habe.
cc) Die Kreditausweitung sei hingegen ± anders als der Erstkredit ± objektiv unvertretbar gewesen. Auch hier habe der Sachverständige zwar ausreichende Sicherheiten festgestellt, tatsächlich sei die Kreditausweitung aber nicht mehr zuverlässig besichert gewesen. Auch wenn bei den Kreditvergaben keine Satzungsverstöûe vorgekommen seien, hätten jedoch gravierende Versäumnisse vorgelegen. Eine gebotene sachgerechte Mittelverwendungskontrolle sei nicht veranlaût worden. Diese unzureichende Mittelverwendungskontrolle sei bei der ± nunmehr objektiv unvertretbaren ± Kreditausweitung für die Vorstandsmitglieder auch erkennbar gewesen. Es sei klar ersichtlich gewesen, daû die ursprünglichen Annahmen bei weitem nicht eingetreten seien und daû der Kreditnehmer den Bau nicht im Griff hatte. All dies hätte es nahegelegt, die Bonität des Kreditnehmers näher zu durchleuchten. Bei der Kreditausweitung konnte sich das Landgericht indes nicht zweifelsfrei vom Vorliegen des Vorsatzes überzeugen. Zugunsten der Angeklagten müsse davon ausgegangen werden, daû sie sich der Pflichtwidrigkeit ihres Handelns ªletztlich nicht bewuûtº gewesen seien, und daû sie darauf vertraut hätten, das Engagement insgesamt zu einem guten Ende bringen zu können. Daher hätten sie auch die Schädigung der Sparkasse nicht billigend in Kauf genommen. Gegen einen Vorsatz spreche insbesondere, daû sie dem Gutachten des Sachverständigen vertraut hätten. Zudem habe die Verbandsprüfung noch 1995 (bei einer bestehenden Kreditbewilligung von 59 Mio DM) das Engagement als ªbemerkenswerten Kredit ohne erkennbares Risikoº in die Risikoklasse I eingestuft und die Beachtung des § 18 KWG attestiert. 2. Der Komplex Ri. /G. betrifft die Firmengruppe des G. . G. hatte die Lebensmittel-Firma Ri. -Nährmittel GmbH Mi. (Ri. Mi. ) von der Treuhandanstalt erworben. Die Gesellschaft hatte ihre Produktionsstätte in Mi. bei C. und eine Betriebsstätte in D. bei Ba. . Die Firmengrundstücke in D. standen im Privateigentum
G. s, waren an die Ri. Mi. verpachtet und zur Sicherheit für Firmenkredite an andere Banken verpfändet. Diese Grundstücke in D. waren Gegenstand des Erstkredits in diesem Komplex. Die Hausbank G. s, die Sc. Bank, wollte ihr Kreditengagement ± die Gesamtverschuldung der Firmengruppe betrug 80 Mio DM ± zurückführen, nachdem ihr Scheckreitereien G. s bekannt geworden waren. Unter Mitwirkung der Sc. Bank hatte G. bei der Ri. Mi. zum Schein eine buchmäûige Stammkapitalerhöhung von 20 auf 40 Mio DM vorgenommen, so daû die Bilanz eine gute Eigenkapitalausstattung vortäuschte.
a) Zur Refinanzierung eines ± im Urteil nicht näher beschriebenen ± Immobilien-Leasing-Vertrages im Wege des regreûlosen Forderungsankaufs sollte der Ri. Mi. von der Sparkasse M. ein Kredit gewährt werden. Gegenstand der Finanzierung waren zwei im Privateigentum G. s stehende Betriebsgrundstücke der Ri. Mi. in D. , die G. bislang an das Unternehmen untervermietet hatte. Mit Blick auf die scheinbar ordentlichen Bilanzverhältnisse der Ri. Mi. bewilligten die Angeklagten Dr. R. , S. und H. im April 1994 per Eilbeschluû den Erstkredit über 25 Mio DM. Aus der Kreditbeschluûvorlage war die fehlende Transparenz der privaten Vermögensverhältnisse der mitverpflichteten Eheleute G. ersichtlich. Die Auflage, angeblich freie Vermögensteile der Eheleute G. in Höhe von 6,4 Mio DM zu testieren, wurde noch vor der Kreditvalutierung von H. und S. aufgehoben. Bei der Höhe des Stammkapitals begnügte man sich mit den Angaben G. s. Der Angeklagte Ho. hatte für die mit Grundschulden zu besichernde Betriebsstätte einen Beleihungswert von 19,1 Mio DM ermittelt. Der restliche Betrag von 5,9 Mio DM wurde im Hinblick auf die Bilanzen der Ri. Mi. blanko gewährt; 1,5 Mio DM davon wurden bei der Sparkasse als Sicherheit angelegt. Mit dem Darlehen wurden
Verbindlichkeiten bei anderen Banken von 21,5 Mio DM abgelöst. Anfang September 1994 wurde der Erstkredit valutiert.
b) Bereits Ende September 1994 kam die Ri. Mi. mit der Zahlung der Leasingraten in Verzug. Seit März 1995 fanden Lastschriften und Schecks keine Einlösung mehr. Wechsel für die Leasingraten März bis Mai 1995 wurden ausnahmslos protestiert. Darüber wurde der Mitarbeiter der Sparkasse Gu. informiert. In Krisengesprächen untersuchten Wirtschaftsprüfer und Steuerberater der Gesellschaft zusammen mit anderen Gläubigerbanken, insbesondere der Sc. Bank, die wirtschaftlich verworrene Lage. G. hatte inzwischen ± ohne die Sparkasse und andere Kreditgeber zu informieren ± die Ri. Nährmittel GmbH in D. (Ri. D. ) gegründet und gleichzeitig eine Teilbetriebsveräuûerung der Betriebsstätte in D. von Ri. Mi. an Ri. D. vorgenommen. Daraus resultierte eine Darlehensforderung der Ri. Mi. an Ri. D. in Höhe von 10 Mio DM, die diese jedoch nicht bedienen konnte. Der als Unternehmensberater installierte Vertreter der Sc. Bank, Bü. , hatte eine Gesamtverschuldung beider Gesellschaften und G. s von über 100 Mio DM errechnet. Er ermittelte Mehrfachsicherungsübereignungen und erhebliche Privatentnahmen und kam zu dem Ergebnis, daû die Gesellschaften kurz vor dem Konkurs stünden. Nach seinem Sanierungskonzept war nur eine gemeinsame Sanierung beider Gesellschaften, die er als Einheit betrachtete, erfolgversprechend. Über diese Situation wurde der Mitarbeiter der Sparkasse Gu. im Februar 1995 informiert; die Angeklagten H. und Ho. erhielten hiervon gleichfalls Kenntnis. H. und Ho. hegten den Verdacht, daû Bü. einseitig die Sc. Bank bevorzugen würde. Sie entschlossen sich, die Situation durch ein eigenes Sanierungskonzept zu meistern. Sie wollten die Ri. D. , der sie gute Erfolgschancen beimaûen, von Ri. Mi. abschotten und mit
Liquidität ausstatten. Der Vertreter der Sc. Bank Bü. war mit dieser Vorgehensweise nicht einverstanden und trat daraufhin als Generalbevollmächtigter beider Gesellschaften zurück. Obwohl er vor einer Konkursverschleppung warnte, beschlossen die Angeklagten H. und Ho. nun ihr eigenes Sanierungskonzept in die Wege zu leiten. Ho. beauftragte den Unternehmensberater Sa. mit der Untersuchung der Ri. D. . Sa. hatte vorrangig den Auftrag, sich über die Zukunftsperspektive der Ri. D. zu kümmern, die Vergangenheit jedoch weitgehend auszublenden. Er fertigte eine Liquiditätsplanung, mit der sich die Angeklagten H. und Ho. zufrieden gaben. Obwohl in der Vergangenheit eine Vielzahl negativer Erkenntnisse entstanden waren (Scheckreitereien, unordentliche Buchführung und Doppelzessionen) entschieden sie sich mit Blick nach vorne, den Fortbestand von Ri. D. zu retten. Sie erkannten, daû die Situation dramatisch war.
c) In der Folgezeit kam es zu weiteren Kreditgewährungen. aa) Im Juni 1995 bewilligten die Angeklagten H. , S. und Ho. (als Verhinderungsvertreter Dr. R. s) der Ri. D. per Eilbeschluû einen Kontokorrentkredit als Betriebsmittelkredit in Höhe von 2,5 Mio DM. Die Ri. D. war in den Leasingvertrag bei Mitverpflichtung der Ri. Mi. eingetreten, sie konnte aber ± ebenso wie die Ri. Mi. ± die Leasingraten nicht aufbringen. bb) Im August 1995 genehmigten die Angeklagten Dr. R. und H. eine Bürgschaft zugunsten der Ri. D. in Höhe von 0,4 Mio DM, um die weitere Nutzung des ªGrünen Punktesº sicherzustellen. Dabei war unklar, ob mit den Gläubigern erfolgreiche Lösungen gefunden werden konnten. cc) Mittlerweile ± bei einem ausgewiesenen Blankoanteil von 9,5 Mio DM ± hatte der Unternehmensberater Sa. eine positive Ergebnisplanung für das Jahr 1995 erstellt, zugleich aber darauf hingewiesen, daû die Liquiditätspläne keinen Anspruch auf Vollständigkeit hätten. Im Oktober 1995
bewilligten die Angeklagten Dr. R. , S. und H. aufgrund einer Beschluûvorlage des Angeklagten Ho. weitere Kredite über insgesamt 6 Mio DM an Ri. D. , unter anderem ± bei erneut aufgelaufenen Überziehungen in Höhe von 3,5 Mio DM ± einen Betriebsmittelkredit über 4 Mio DM. Zudem wurde bislang der Sparkasse verpfändetes Festgeld in Höhe von 2,5 Mio DM zur Ablösung der S. Bank freigegeben. Das Engagement hatte inzwischen ein Volumen von 38 Mio DM erreicht. Der ausgewiesene Blankoanteil von 17,4 Mio DM wurde mit weiteren Sicherheiten in Höhe von 12 Mio DM ªunterlegtº. dd) Nachdem bei beiden Gesellschaften weitere Überziehungen in Höhe von 5,2 Mio DM (Ri. D. 2 Mio DM und Ri. Mi. 3,2 Mio DM) aufgelaufen waren und eine andere Bank eine Ausfallbürgschaft abgelehnt hatte, beschlossen die Angeklagten S. , H. und Ho. im Dezember 1995, die bestehenden Überziehungen ªformell zu regelnº. Das Urteil ist insoweit zum einen unklar, was die Mitwirkung der Angeklagten Dr. R. und Ho. angeht (UA S. 31, 122/123, 181). Zum anderen sind der Kreditnehmer und die Höhe der Kredite ± offensichtlich geht es um den Vorwurf eines Kredits an Ri. Mi. in Höhe von 3,5 Mio DM (UA S. 24) ± nicht festgestellt. ee) Im August und September 1995 schlossen die Angeklagten Dr. R. und Ho. (der H. vertrat) aufgrund einer Vorlage H. s einen Factoringvertrag mit der Ri. D. . Bei diesem stillen Factoring konnte G. die Forderungen selbst einziehen, da die Forderungsabtretung den Schuldnern nicht offengelegt wurde. Zwischen August und Dezember 1995 wurden auf diese Weise 7,3 Mio DM als Vorschuû an Ri. D. ausbezahlt. ªDie Angeklagten hatten das Factoring aufgenommen, obwohl bereits im Mai 1995 bekannt geworden war, daû G. sich ... als vielfältig gravierend unzuverlässig, ja kriminell erwiesen hatte.º G. hatte sich auch bei dem vorher betriebenen Factoring mit einer anderen Bank nicht vertragstreu verhalten und die eingezogenen Forderungen nicht an die Bank weitergeleitet.
Im Mai 1997 muûten noch offene Forderungen in Höhe von 0,66 Mio DM nahezu vollständig ausgebucht werden.
d) Im Jahre 1998 muûten aus dem Engagement Ri. /G. 51 Mio DM endgültig abgeschrieben werden; die restlichen Forderungen von 10 Mio DM sind mit 3 Mio DM wertberichtigt.
e) Die Freisprüche hat das Landgericht wie folgt begründet: aa) Soweit die Angeklagten Dr. R. (Folgekredite Fall 2: Kontokorrentkredit über 2,5 Mio DM und Fall 5: Betriebsmittelkredit über 3,5 Mio DM), S. (Fall 3: Bürgschaft) und Ho. (Fall 3: Bürgschaft), an einzelnen Kreditentscheidungen nicht mitgewirkt, sondern lediglich an Sitzungen des Kreditausschusses ohne Stimmrecht teilgenommen haben, hat das Landgericht sie schon wegen des Fehlens einer Tathandlung freigesprochen. bb) Da der Erstkredit objektiv nicht unvertretbar gewesen sei, liege bei dieser Kreditvergabe kein pflichtwidriges Verhalten vor. Zwar seien schon beim Erstkredit die Angaben G. s unzureichend überprüft worden. Gleichwohl konnte das Landgericht den Angeklagten die Einlassung nicht widerlegen, daû sie Ri. Mi. im Hinblick auf die von G. gefälschten Bilanzen zunächst für ein solides Unternehmen gehalten hätten. cc) Bei den Folgekrediten sei das Engagement dann objektiv unbeherrschbar gewesen und die Angeklagten hätten objektiv pflichtwidrig gehandelt. Hierbei sei den Angeklagten aber ein Vorsatz nicht nachzuweisen gewesen. Das Landgericht konnte sich nicht zweifelsfrei davon überzeugen, daû die Angeklagten sich der Pflichtwidrigkeit ihres Handelns bewuût gewesen waren und die Schädigung der Sparkasse billigend in Kauf genommen haben. Maûgeblich dafür sei insbesondere, daû der von G. bewirkte Eigenkapitalerhöhungsschwindel nicht bekannt geworden sei. Durch die Einschaltung des Unternehmensberaters Sa. und der Wirtschaftsprüfer
hätten die Angeklagten gemeint, G. und dessen Gesellschaften in den Griff zu bekommen, auch wenn ihnen durchaus klar gewesen sei, daû die Sanierungsbemühungen unter Ausreichung weiterer Kredite ªhöchstes Risikoº beinhalteten. Sie hätten jedoch auf die Tragfähigkeit ihrer Bemühungen bei erkannt hohem Risiko vertraut. II. Der Freispruch des Angeklagten H. vom Vorwurf der Bestechlichkeit betrifft an dessen Wohnung erbrachte Bauhandwerkerleistungen. Ra. soll diese Leistungen im Wert von 60.000 DM im Jahre 1995 ± als Gegenleistung für die pflichtwidrige Kreditführung H. s ± in Auftrag gegeben und bezahlt haben. H. habe lediglich eine Abschlagszahlung in Höhe von 15.000 DM geleistet, um den Anschein ordnungsgemäûer Abwicklung zu erwecken. Das Landgericht hat Hörner aus tatsächlichen Gründen von diesem Vorwurf freigesprochen. Es geht zugunsten H. s davon aus, daû er ± obwohl keine Rechnungstellung Ra. s erfolgte ± die vollständige Bezahlung der Leistungen ernsthaft beabsichtigte. Diese von H. geäuûerte Absicht habe auch der Buchhalter Ra. s bestätigt; dieser sei wegen der chaotischen Abwicklung allerdings nicht zur Rechnungstellung gekommen. Daher habe das Landgericht nicht feststellen können, wer veranlaût habe, daû H. keine Rechnung bekam. Nahe liege allerdings, daû Ra. auch kein besonderes Interesse an der Berechnung gehabt habe. Nachträglich sei zudem eine Aufrechnungslage entstanden, da H. Ra. 1996 ein Darlehen gewährte; 1997 sei eine einvernehmliche Aufrechnung erfolgt.

B.

Die Verfahrensrügen sind überwiegend unzulässig ± teilweise wird nicht vorgetragen, worin die Verfahrensverstöûe bestehen sollen, teilweise fehlt es an der Angabe der den Mangel enthaltenden Tatsachen (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) ±; jedenfalls sind sie aber unbegründet. Die umfassende Überprüfung aufgrund der Sachrüge hat folgendes ergeben:
I. Freisprüche vom Vorwurf der Untreue Die Freisprüche der Angeklagten vom Vorwurf der Untreue im ersten Komplex Ra. /B. halten bei allen Kreditgewährungen im Ergebnis rechtlicher Nachprüfung stand. Dies gilt hinsichtlich aller vier Angeklagten auch für die Freisprüche im zweiten Komplex Ri. /G. wegen der Gewährung des Erstkredits. Bei den Folgekrediten in diesem Komplex sind die Freisprüche des Angeklagten Dr. R. im Fall 2 sowie der Angeklagten S. und Ho. im Fall 3 rechtsfehlerfrei, da sie an diesen Kreditgewährungen nicht mitgewirkt haben. Die Freisprüche im Fall 6 (Factoring) sind aus den unten dargestellten Gründen tragfähig. Rechtsfehlerhaft sind hingegen die folgenden Freisprüche vom Vorwurf der Untreue wegen Gewährung der Folgekredite im Komplex Ri. /G. : Bei Dr. R. in den Fällen 3, 4 sowie im unklaren Fall 5; bei S. in den Fällen 2, 4 und 5 und bei H. in den Fällen 2 bis 5. Beim Angeklagten Ho. im Fall 2 (wo er als Verhinderungsvertreter im Vorstand mitgestimmt hat), im unklaren Fall 5, und im Fall 4, wo er (als möglicher Gehilfe) die Beschluûvorlage erstellt hat. In diesen Fällen ist ± bei rechtsfehlerfrei festgestellter objektiver Pflichtwidrigkeit ± die Verneinung des Vorsatzes schon bezüglich des Merkmals der Pflichtwidrigkeit nicht tragfähig begründet. 1. Soweit rechtsfehlerfrei festgestellt ist, daû die Angeklagten an den Kreditentscheidungen ± sei es bei der Kreditbewilligung durch die dafür zuständigen Gremien der Sparkasse, sei es bei der Vorbereitung dieser Entscheidungen (insoweit käme jedenfalls eine Beihilfe in Betracht) ± nicht mitgewirkt haben, ist gegen die Freisprüche von Rechts wegen nichts einzuwenden.
a) Das gilt im Komplex Ra. /B. für den Angeklagten Dr. R. den Fällen 5 und 1a. Die Frage der Mitwirkung des Angeklagten Dr. R. im Fall 2 kann aus den unten dargestellten Gründen offen bleiben.

b) Im Komplex Ri. /G. gilt das für den Angeklagten Dr. R. im Fall 2 und für die Angeklagten S. und Ho. im Fall 3. Nicht rechtsfehlerfrei festgestellt ist hingegen die fehlende Mitwirkung des Angeklagten Dr. R. im Fall 5. Es ist unklar, ob Dr. R. und/oder Ho. dort mitgewirkt haben: Einerseits ist festgestellt, daû Ho. an der Vorstandssitzung teilgenommen hat, an der die Kreditbeschluûvorlage entscheidungsreif gezeichnet wurde (UA S. 122). Andererseits soll er an der Entscheidung nicht mitgewirkt und lediglich an der Sitzung des Kreditausschusses teilgenommen haben (UA S. 123). Auch nach der Anklageschrift soll Ho. nicht an der Vorstandssitzung teilgenommen haben; sie geht vielmehr davon aus, daû Dr. R. teilgenommen hat (UA S. 24). Danach erscheint eine Verwechslung der Angeklagten möglich. 2. Soweit die Angeklagten an den Kreditvergabeentscheidungen beteiligt waren, beurteilt sich ihre Strafbarkeit nach dem Miûbrauchstatbestand des § 266 StGB. Als Vorstandsmitglieder bzw. ± soweit es den Angeklagten Ho. betrifft ± als Verhinderungsvertreter (vgl. dazu die Mitteilung des Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen Nr. 2/63 vom 28. Oktober 1963) hatten sie die Befugnis, über das Vermögen der Sparkasse zu verfügen. Soweit sie in Ausübung dieser Rechtsmacht Kredite vergeben haben, kommt es darauf an, ob sie sich über die ihnen dabei im Innenverhältnis gezogenen Schranken hinwegsetzten. Ein Miûbrauch ihrer Befugnisse liegt dann vor, wenn sie dabei die Grenzen ihres rechtlichen Dürfens überschritten. Daû der Kreditausschuû der Sparkasse dabei in Kenntnis aller Umstände der Kreditvergabe zugestimmt hat, ändert an der Pflichtwidrigkeit nichts.
a) Da keine Verstöûe gegen Kreditbewilligungsgrenzen und anderweitige rechtlich normierte Kompetenzbegrenzungen festgestellt sind, kommt es für die Grenzen des rechtlichen Dürfens allein darauf an, ob die Angeklagten ihrer Prüfungs- und Informationspflicht bezüglich der Vermögensverhältnisse der Kreditnehmer ausreichend nachgekommen sind.
Wie der Senat in seinem Urteil vom 6. April 2000 (BGHSt 46, 30) ausgeführt hat, sind bei einer Kreditvergabe ± die ihrer Natur nach mit einem Risiko behaftet ist ± die Risiken gegen die sich daraus ergebenden Chancen auf der Grundlage umfassender Information abzuwägen. Ist diese Abwägung sorgfältig vorgenommen worden, kann eine Pflichtverletzung im Sinne des § 266 StGB nicht deshalb angenommen werden, weil das Engagement später notleidend wird. Der Senat hat weiter ausgeführt, daû sich tatsächliche Anhaltspunkte dafür, daû die Risikoprüfung nicht ausreichend vorgenommen wurde, insbesondere daraus ergeben, daû die Informationspflichten vernachlässigt wurden. Es entspricht anerkannten bankkaufmännischen Grundsätzen, Kredite nur nach umfassender und sorgfältiger Bonitätsprüfung zu gewähren. Für die Pflichtverletzung im Sinne des § 266 StGB ist indessen maûgebend, ob die Entscheidungsträger bei der Kreditvergabe ihre bankübliche Informations- und Prüfungspflicht bezüglich der wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditnehmers g r a v i e r e n d verletzt haben. Aus der Verletzung der in § 18 Satz 1 KWG normierten Pflicht zum Verlangen nach Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse können sich Anhaltspunkte dafür ergeben, daû der banküblichen Informations- und Prüfungspflicht nicht ausreichend Genüge getan wurde.
b) Die Vorschrift des § 18 KWG ist Ausfluû des anerkannten bankkaufmännischen Grundsatzes, Kredite nur nach umfassender und sorgfältiger Bonitätsprüfung zu gewähren und bei bestehenden Kreditverhältnissen die Bonität des Kreditnehmers laufend zu überwachen. Die Vorschrift dient dem Schutz des einzelnen Kreditinstituts und seiner Einleger. Sie hält die Kreditinstitute über die Kreditwürdigkeitsprüfung zu einem risikobewuûten Kreditvergabeverhalten an. Das hat das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen (BAKred) in seinem Rundschreiben 9/98 vom 7. Juli 1998 ausgeführt. § 18 KWG beinhaltet daher eine Selbstverständlichkeit, erhebt sie aber zu einer gesetzlichen Norm (Reischauer/Kleinhans, KWG, § 18 Rdn. 1). Nach dem Willen des Gesetzgebers (Regierungsentwurf eines KWG, BT-
Drucks. III/1114, Begründung zu § 17) soll diese Vorschrift sicherstellen, daû die Kreditinstitute die Kreditwürdigkeit ihrer Kreditnehmer in ausreichendem Maûe an Hand von Unterlagen prüfen. aa) Nach § 18 KWG hat sich das Kreditinstitut von Kreditnehmern, denen gröûere Kredite ± nunmehr mehr als 500.000 DM ± gewährt werden, die wirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere durch Vorlage der Jahresabschlüsse, offenlegen zu lassen. Das Kreditinstitut kann hiervon (nur) absehen, wenn das Verlangen nach Offenlegung im Hinblick auf die gestellten Sicherheiten oder auf die Mitverpflichteten offensichtlich unbegründet wäre. Seit der ab dem 31. Dezember 1995 geltenden Fassung des § 18 KWG kann das Kreditinstitut zudem von der laufenden Offenlegung bei bestimmten besonders sicheren Krediten (Grundpfandrechte auf selbst genutztes Wohnungseigentum) absehen, wenn der Kreditnehmer die geschuldeten Zinsund Tilgungsleistungen störungsfrei erbringt. Das Verlangen nach Offenlegung gilt nicht für bestimmte Formen des Factoring (§ 18 Satz 3 KWG aF § 21 Abs. 4 KWG nF). bb) Das BAKred hat das Verfahren nach § 18 Satz 1 KWG in mehreren Rundschreiben konkretisiert, die als Erläuterung der banküblichen Sorgfaltspflichten bei der Kreditwürdigkeitsprüfung ± auch für den Tatzeitraum ± heranzuziehen sind. In den Rundschreiben 2/94 vom 8. August 1995 und 9/98 vom 7. Juli 1998 (vgl. auch das frühere Rundschreiben 3/76 vom 6. Oktober 1976 sowie die späteren Rundschreiben 16/99 vom 29. November 1999 und 5/2000 vom 6. November 2000) hat das BAKred ausgeführt: Das Verfahren nach § 18 Satz 1 KWG vollzieht sich in drei Schritten: Vorlage der erforderlichen Unterlagen, Auswertung, Dokumentation. Diese Rechtspflichten folgen unmittelbar aus § 18 Satz 1 KWG. Der Regelungsgegenstand der Vorschrift erschöpft sich nicht etwa in der Vorlage der erforderlichen Unterlagen. Erst wenn das Kreditinstitut die Unterlagen ausgewertet und sich die Anforderung weiterer Unterlagen auf Grund der
Auswertung als entbehrlich erwiesen hat, liegen dem Kreditinstitut die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditnehmers offen. Die Verpflichtung des § 18 Satz 1 KWG besteht während der gesamten Dauer des Engagements. Das Kreditinstitut muû die wirtschaftliche Entwicklung des Kreditnehmers während der gesamten Dauer des Kreditverhältnisses kontinuierlich beobachten und analysieren. Selbst bei zeitnaher Vorlage der Jahresabschlüsse ist die Heranziehung weiterer Unterlagen geboten, wenn die Jahresabschlüsse allein kein hinreichend klares, hinreichend verläûliches Urteil über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditnehmers ermöglichen. In Zweifelsfällen, insbesondere im Bereich der Bewertung von Vermögensgegenständen, muû das Kreditinstitut eigene Ermittlungen anstellen. Sofern der testierte Jahresabschluû nicht aus sich heraus eine eindeutige Beurteilung der wirtschaftlichen Situation des Kreditnehmers gewährleistet, wird das Kreditinstitut auch nicht umhinkommen, den Prüfungsbericht des Abschluûprüfers zu analysieren, nicht zuletzt auch um zu erkennen, welchen Gebrauch der Kreditnehmer von Bewertungswahlrechten gemacht hat. Erst wenn die mit der Auswertung betraute Stelle in der Bank zu der Beurteilung gelangt, daû ein klares Bild von den wirtschaftlichen Verhältnissen des Kreditnehmers besteht, kann auf der Grundlage dieses Bildes der Kredit von dem dazu berufenen Entscheidungsträger gewährt oder fortgesetzt werden. cc) Die Verlautbarungen des BAKred verdeutlichen, daû § 18 KWG eine zentrale Bestimmung für die Kreditvergabe und die damit verbundene Kreditwürdigkeitsprüfung ist, die nicht nur ªformalº (UA S. 98), sondern materiell einzuhalten ist. Demgemäû hat der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs ausgesprochen (NJW 1994, 2154), daû die Kreditinstitute verpflichtet sind, sich nachhaltig um die Vorlage von Jahresabschlüssen bzw. eines Vermögensstatus mit ergänzenden Angaben zu bemühen, und die weitere Kreditgewährung von einer solchen Vorlage abhängig zu machen, den Kredit also zu kündigen, wenn ihnen die Erfüllung ihrer gesetzlichen
Verpflichtung durch das weitere Verhalten ihres Kunden unmöglich gemacht wird.
c) Die Informationspflichten, deren Vernachlässigung eine Pflichtwidrigkeit im Sinne des Untreuetatbestandes begründen, und die Pflicht zum Verlangen nach Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse nach § 18 KWG sind zwar nicht vollständig deckungsgleich. Wird eine fehlende Information durch andere gleichwertige Informationen ersetzt, kann die Pflichtwidrigkeit im Sinne des § 266 StGB entfallen (BGHSt 46, 30, 32), auch wenn nach § 18 KWG etwa die Vorlage von Bilanzen geboten gewesen wäre (zu den Ausnahmen von der Offenlegungspflicht für vergleichbare Einzelfälle vgl. Rundschreiben des BAKred 9/98 und 5/2000). Gravierende Verstöûe gegen die bankübliche Informations- und Prüfungspflicht begründen aber eine Pflichtwidrigkeit im Sinne des Miûbrauchstatbestandes des § 266 StGB (vgl. auch BGH wistra 1985, 190; wistra 1990, 148). Bei der Frage, ob solche Verstöûe vorliegen, kann auch auf die Erläuterungen des BAKred zum Verfahren nach § 18 KWG zurückgegriffen werden. Diese buûgeldbewehrte (§ 56 Abs. 3 Nr. 4 KWG nF) gesetzlich geregelte Informationspflicht und die sie erläuternden amtlichen Verlautbarungen des BAKred konkretisieren die Grenzen des rechtlichen Dürfens von Bankleitern bei der Kreditvergabe und machen den Miûbrauchstatbestand damit zugleich hinreichend bestimmt. 3. Nach diesen Maûstäben liegen in beiden Komplexen ± bis auf das Factoring ± gravierende Verstöûe gegen die Pflichten bei der Kreditvergabe vor. Zwar sind die Angeklagten in beiden Komplexen ªKreditbetrügern aufgesessenº. Das Landgericht hat aber zu Recht ausgeführt ± und dies auch konkret belegt ±, daû die Falschangaben der Kreditnehmer bei sorgfältiger Prüfung erkennbar gewesen wären.

a) Objektiv pflichtwidrig war ± entgegen der Annahme des Landgerichts ± jedenfalls schon die Vergabe des Erstkredits im Fall Ri. /G. . Im Komplex Ra. /B. spricht vieles dafür. aa) So unterlieûen die Angeklagten im Komplex Ra. /B. schon beim Einstieg die gebotene Aufklärung darüber, weshalb die anderen Banken ihre bislang gewährten Kredite fällig stellten; auch fehlte eine Ermittlung des Bautenstandes und es erfolgte keine ausreichende Befassung mit den Vermögensverhältnissen Ra. s. Eine Mittelverwendungskontrolle wurde nicht veranlaût. Immerhin war ein Sachverständiger mit der Grundstücksbewertung beauftragt, dessen Angaben allerdings nicht überprüft wurden und dessen Kompetenz nach den Feststellungen des Landgerichts zweifelhaft war. bb) Im Komplex Ri. /G. haben sich die Angeklagten gleichfalls keinen ausreichenden Einblick in die tatsächlichen Gegebenheiten verschafft. Die fehlende Transparenz der privaten Vermögensverhältnisse G. s war bereits aus der Beschluûvorlage für den Erstkredit ersichtlich. Das Objekt wurde nicht besichtigt und zum tatsächlichen Wert der Grundstücke nahm man die Angaben G. s ungeprüft hin. cc) Damit haben die Angeklagten ihre Informationspflichten und die Pflicht zum Verlangen nach Offenlegung aus § 18 KWG schon bei den Erstkrediten gravierend vernachlässigt. Im Hinblick auf die unzureichenden Unterlagen war es geboten, weitere Unterlagen anzufordern und es muûten hier auch eigene Ermittlungen angestellt werden. Da kein klares Bild von den wirtschaftlichen Verhältnissen der Kreditnehmer bestand, hätten schon die Erstkredite nicht gewährt werden dürfen.
b) Bei den Folgekrediten geht das Landgericht allerdings zutreffend von schwerwiegenden Pflichtenverstöûen aus.
Zwar könnte eine Pflichtwidrigkeit im Sinne des § 266 StGB bei der Vergabe von ± auch hochriskanten ± Folgekrediten entfallen, wenn diese Erfolg bei der Sanierung des gesamten Kreditengagements versprechen. Das ist insbesondere bei einem wirtschaftlich vernünftigen Gesamtplan der Fall, der auf einen einheitlichen Erfolg angelegt ist und bei dem erst nach einem Durchgangsstadium ± hier der Sanierung ± ein Erfolg erzielt wird (vgl. BGH ± IVa Zivilsenat ± NJW-RR 1986, 371; vgl. auch Nack in MüllerGugenberger /Bieneck, Wirtschaftsstrafrecht, 3. Aufl. 2000, § 66 Rdn. 118 ff.). Ist die Existenz der Bank nicht bedroht und wird die Kreditwürdigkeit sorgfältig geprüft, so können bei dieser Erfolgsbewertung neben der Chance auf das ªAuftauenº eingefrorener Altkredite auch weitere Umstände berücksichtigt werden, wie etwa die ökonomisch sinnvolle Erhaltung eines Unternehmens und seiner Arbeitsplätze. Anhaltspunkte dafür, daû im Komplex Ri. /G. solche Umstände vorgelegen hätten, sind jedoch nicht ersichtlich. Das Factoring (II. D Fall 6) bildet einen Sonderfall, bei dem jedenfalls der Vorsatz hinsichtlich der Pflichtwidrigkeit rechtsfehlerfrei verneint wurde. Zwar ist nicht festgestellt, ob der Veräuûerer für die Erfüllung der Forderungen einzustehen hatte (vgl. § 18 Satz 3 KWG in der zur Tatzeit geltenden Fassung bzw. § 21 Abs. 4 KWG nF). Aber auch dann, wenn der Veräuûerer für die Erfüllung einstehen muûte, konnten die Angeklagten davon ausgehen, daû die dem Factoring zugrundeliegende Kreditgewährung noch ausreichend kontrollierbar war. 4. Im Komplex Ra. /B. nimmt der Senat die Freisprüche der Angeklagten bei allen Kreditgewährungen hin, da das Landgericht seine Zweifel am Vorsatz zum Merkmal der Pflichtwidrigkeit und am Schädigungsvorsatz gerade noch tragfähig begründet hat. 5. Im Komplex Ri. /G. ist zu differenzieren.
a) Die Freisprüche beim Erstkredit sind letzten Endes aus den vom Landgericht auch angeführten subjektiven Gründen (UA S. 103, 177) nicht zu
beanstanden. Hier haben sich die Angeklagten ± freilich ohne die sich aufdrängende nähere Prüfung, insbesondere auch zur manipulierten Kapitalerhöhung durch die schon dem ersten Anschein nach dubiose Bareinzahlung ± im wesentlichen auf die von G. gefälschte Bilanz verlassen. Der Angeklagte Ho. hatte Beleihungswerte, wenn auch offenbar unzutreffend, errechnet, welche die grundpfandrechtliche Absicherung aus der Sicht der Angeklagten noch als ausreichend erscheinen lassen konnten.
b) Bei den Folgekrediten ± ausgenommen das Factoring ± werden vernünftige Zweifel des Landgerichts am Vorsatz bezüglich der Pflichtwidrigkeit durch die Feststellungen jedoch nicht getragen. Hier haben die Angeklagten ihre Informations- und Prüfungspflichten in gravierender Weise vernachlässigt; das war ihnen nach den Feststellungen auch bekannt. aa) Wie schon der Wortlaut des Satzes 2 des § 18 KWG zeigt, kann von dem Verlangen nach Offenlegung nur dann abgesehen werden, wenn dieses Verlangen im Hinblick auf die Sicherheiten o f f e n s i c h t l i c h unbegründet wäre. In Zweifelsfällen sind daher ± so auch das BAKred in seinen Verlautbarungen ± eigene Ermittlungen anzustellen. Selbst die mit Wirkung vom 31. Dezember 1995 vorgenommene Einschränkung der Pflicht zur l a u f e n d e n Offenlegung bei besonders sicheren Krediten gilt nur dann, wenn der Kreditnehmer die von ihm geschuldeten Zins- und Tilgungsleistungen s t ö r u n g s f r e i erbringt. Wesentlicher Bestandteil der Informations- und Prüfungspflicht im Sinne des § 266 StGB und des Offenlegungsverlangens nach § 18 KWG ist, daû das Kreditinstitut die wirtschaftliche Entwicklung des Kreditnehmers während der Dauer des Kreditverhältnisses kontinuierlich beobachten und analysieren muû. Und es muû sich nachhaltig um die Vorlage der Unterlagen bemühen (BGH ± XI. Zivilsenat ± NJW 1994, 2154). In Fällen der vorliegenden Art muû ± selbst bei der Stellung von Sicherheiten ± stets auch die Überprüfung der persönlichen Integrität und der unternehmerischen Fähigkeiten des
Kreditnehmers hinzukommen (Nack in Müller-Gugenberger/Bieneck, Wirtschaftsstrafrecht, 3. Aufl. 2000, § 66 Rdn. 45). Zwar kann es an einer Vermögensgefährdung und damit zugleich auch an der Pflichtwidrigkeit im Sinne des § 266 StGB fehlen, wenn der Kreditgeber über Sicherheiten verfügt, die den Kreditbetrag voll decken. Auch dann muû jedoch hinzukommen, daû er diese Sicherheiten ohne finanziellen und zeitlichen Aufwand und ± vor allem auch ± ohne Mitwirkung des Kreditnehmers und ohne Gefährdung durch ihn alsbald realisieren kann (vgl. BGH wistra 1992, 142; 1993, 265; NStZ 1994, 194; BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 43, 54; BGH, Beschluû vom 12. Juni 2001 ± 4 StR 402/00 ±). bb) Hier lag nicht einmal ein Zweifelsfall vor. Die fehlende Bonität des Kreditnehmers lag vielmehr mehr als nahe. Die gesetzlich gebotene Kreditwürdigkeitsprüfung, auch was die laufende Überwachung angeht, war daher umso mehr veranlaût. Den Angeklagten war bekannt, daû die Kredite nicht ordnungsgemäû bedient und vertragliche Vereinbarungen nicht eingehalten wurden. So wurden, etwa in den Fällen 3 und 5, Überziehungen der Bewilligungsgrenzen zugelassen und erst im Nachhinein durch Kreditbeschlüsse ªabgesegnetº. Die fehlende Transparenz der privaten Vermögensverhältnisse G. s war bereits aus der Beschluûvorlage zum Erstkredit erkennbar und wurde nicht überprüft. Eine Analyse der wirtschaftlichen Gesamtverhältnisse wurde auch ªbei der Schieflage des Engagementsº nicht nachgeholt. Das Sanierungskonzept war ± wie das Landgericht zu Recht annimmt ± ohne eine genaue Analyse der Vergangenheit mit einem hohen, nicht abschätzbaren Risiko behaftet. Unter diesen Umständen war das Engagement unbeherrschbar. Die Angeklagten kannten auch die persönliche Unzuverlässigkeit G. s und sonstige in dessen Person liegende Risken. G. s Angaben zur Höhe der Belastungen auf dem Gewerbeobjekt hatten sich bereits vor der Umsetzung des Sanierungskonzepts als unrichtig erwiesen. Der
Unternehmensberater der Sc. Bank, Bü. , hatte nicht nur auf die dramatische wirtschaftliche Lage der Gesellschaften hingewiesen. Er hatte auch den Mitarbeiter der Fachabteilung der Sparkasse über die Mehrfachsicherungsübereignungen und Privatentnahmen G. s informiert und davon erlangten jedenfalls die Angeklagten H. und Ho. ausdrücklich Kenntnis. Damit war jedenfalls diesen Angeklagten noch vor den Folgekrediten bekannt, daû sich G. ªunzuverlässig, ja kriminellº verhalten hatte. Auch wenn das Landgericht nicht feststellen konnte, daû die beiden anderen Angeklagten Dr. R. und S. vom strafbaren Verhalten G. s Kenntnis erlangt haben, so kannten sie doch die aus den Vorlagen ersichtlichen Schwierigkeiten, die Zweifel an der Zuverlässigkeit G. s begründeten. Es war ihnen durchaus klar, daû die Sanierungsbemühungen unter Ausreichung weiterer Kredite höchstes Risiko beinhalteten. cc) Bei dieser Sachlage ist die Annahme des Landgerichts, die Angeklagten, auch Dr. R. und S. , seien sich der Pflichtwidrigkeit ihres Handelns nicht bewuût gewesen, nicht tragfähig. Der Senat muû besorgen, daû das Landgericht zu hohe Anforderungen an die Überzeugungsbildung gestellt hat. Für die Feststellung von inneren Tatsachen genügt nämlich, daû ein nach der Lebenserfahrung ausreichendes Maû an Sicherheit besteht, an dem vernünftige Zweifel nicht aufkommen können. Auûer Betracht zu bleiben haben solche Zweifel, die keinen realen Anknüpfungspunkt haben, sondern sich auf die Annahme einer bloû abstrakt-theoretischen Möglichkeit gründen (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 21. Juni 2001 ± 4 StR 85/01 ±). Bei der gegebenen, lang andauernden Geschäftsbeziehung, der wiederholten Befassung mit dem Problemfall Ri. /G. mit den ständig neu hervortretenden Komplikationen muûte sich mit einem nach der Lebenserfahrung ausreichenden Maû an Sicherheit geradezu aufdrängen, daû alle Angeklagten sich ± trotz unterschiedlicher Verantwortlichkeiten ± ihres pflichtwidrigen Verhaltens bewuût gewesen sind.
dd) Wird die Entscheidung über eine Kreditvergabe wie hier von einem mehrköpfigen Gremium getroffen, kommen allerdings auch für den Fall des Einstimmigkeitsprinzips unterschiedliche Verantwortlichkeiten der Beteiligten in Frage (BGHSt 46, 30, 35). Die Bankleiter können sich grundsätzlich auf den Bericht des federführenden Vorstandsmitglieds oder des als zuverlässig bekannten Kreditsachbearbeiters verlassen. Ergeben sich jedoch Zweifel oder Unstimmigkeiten, ist Rückfrage oder eigene Nachprüfung geboten. Eine eigene Nachprüfung ist auch dann erforderlich, wenn die Kreditvergabe ein besonders hohes Risiko ± insbesondere für die Existenz der Bank (vgl. BGHSt 37, 106, 123) ± beinhaltet, oder wenn bekannt ist, daû die Bonität des Kunden eines hohen Kredits ungewöhnlich problematisch ist.
c) Weil das Landgericht den Vorsatz hinsichtlich der Pflichtwidrigkeit rechtsfehlerhaft verneint hat, ist es bei der Prüfung des ± im vorliegenden Fall in Betracht zu ziehenden ± bedingten Schädigungsvorsatzes von einer unzutreffenden Grundlage ausgegangen. Der Senat hat in seinem Urteil vom 6. April 2000 (BGHSt 46, 30) Ausführungen zum Schädigungsvorsatz bei der Kreditvergabe gemacht. Ein Schädigungsvorsatz verstehe sich auch bei problematischer Kreditvergabe nicht von selbst. Der Senat hat aber betont, daû die engeren Anforderungen nur gelten, wenn Pflichtverletzungen vorliegen, die nicht die in BGHSt 46, 30, 34 genannten Anhaltspunkte erfüllen. Liegen sie jedoch wie im gegebenen Fall vor, gilt für das Wissens- und das Willenselement des bedingten Schädigungsvorsatzes folgendes: aa) Bei einer Kreditgewährung besteht der Nachteil im Sinne des § 266 StGB in der schadensgleichen Vermögensgefährdung, die spätestens mit der Valutierung eingetreten sein kann. Allein auf die Vermögensgefährdung muû sich das Wissenselement beziehen (BGH wistra 1993, 265; NStZ 1999, 353). Das Wissenselement des Schädigungsvorsatzes fällt folglich nicht deshalb weg, weil der Bankleiter beabsichtigt, hofft oder glaubt, den endgültigen Schaden abwenden zu können. Erforderlich ist vielmehr nur, daû der Bankleiter im Zeitpunkt der Kreditgewährung die Minderwertigkeit des
Rückzahlungsanspruchs im Vergleich zu der ausgereichten Darlehensvaluta gekannt hat. Dazu genügt freilich bereits seine Kenntnis der die Vermögensgefährdung begründenden Umstände und das Wissen, daû die Forderung nach allgemeinen Bewertungsmaûstäben nicht als gleichwertig angesehen wird, mag er selbst sie auch anders bewerten (BGH wistra 1993, 265; vgl. auch BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vorsatz 2; BGH, Beschluû vom 12. Juni 2001 ± 4 StR 402/00). bb) Dementsprechend muû sich auch das Billigungselement des bedingten Vorsatzes nur auf die schadensgleiche Vermögensgefährdung beziehen. Zwar kann der Grad der Wahrscheinlichkeit des Erfolgseintritts a l l e i n kein Kriterium für die Frage sein, ob der Bankleiter mit dem Erfolg auch einverstanden war (BGHSt 46, 30, 35). Diese in BGHSt 46, 30 aufgestellte Einschränkung betrifft jedoch in erster Linie die Fälle, in denen die dort genannten Anhaltspunkte für eine Pflichtverletzung nicht vorliegen. Liegt indessen ± wie hier ± neben einer gravierenden Verletzung der Informations- und Prüfungspflicht bereits eine derart über das allgemeine Risiko bei Kreditgeschäften hinausgehende erkannte höchste Gefährdung des Rückzahlungsanspruchs der Bank vor, so liegt es nahe, daû der Bankleiter die Schädigung der Bank im Sinne einer Vermögensgefährdung auch billigend in Kauf genommen hat. Die Billigung liegt noch näher, wenn das Kreditengagement unbeherrschbar ist. Generell gilt, daû eine Billigung nahezu stets anzunehmen ist, wenn der Bankleiter erkennt, daû die Kreditvergaben die Existenz der Bank aufs Spiel setzen. Bei positiver Kenntnis von der persönlichen Unzuverlässigkeit des Kreditnehmers kann sogar ein direkter Vorsatz bezüglich der schadensgleichen Vermögensgefährdung naheliegen. cc) Allen Angeklagten waren die Umstände bekannt, welche die höchste Gefährdung des Rückzahlungsanspruchs begründeten. Sie kannten die nachträglichen Bewilligungen von Überziehungen; sie wuûten ersichtlich auch,
daû Schecks und Lastschriften nicht mehr eingelöst wurden und daû Wechsel ausnahmslos protestiert wurden. Jedenfalls den Angeklagten H. und Ho. war positiv bekannt, daû Günther Mehrfachsicherungsübereignungen sowie erhebliche Privatentnahmen vorgenommen und sich als vielfältig gravierend unzuverlässig verhalten, ja als kriminell erwiesen hatte. Da auch den Angeklagten Dr. R. und S. die aus den Vorlagen ersichtlichen Schwierigkeiten und allgemeinen Umstände bekannt geworden waren, die Zweifel an der Zuverlässigkeit G. s begründeten, wird der neue Tatrichter Gelegenheit haben aufzuklären, inwieweit diese Angeklagten von H. und Ho. auch über diesen zusätzlichen Kenntnisstand informiert waren. II. Der Freispruch des Angeklagten H. vom Vorwurf der Bestechlichkeit läût Rechtsfehler nicht erkennen. III. Der gesamte Strafausspruch gegen den Angeklagten H. im Komplex II. F ± Verurteilung wegen Untreue bei der ªSatellitenfinanzierungº Ra. s ± enthält durchgreifende Rechtsfehler zugunsten des Angeklagten. Sowohl die Einzelstrafen als auch die Gesamtstrafe werden den Besonderheiten des hier verwirklichten Miûbrauchstatbestandes nicht gerecht; sie waren daher aufzuheben. Die Taten des Angeklagten sind durch besonders gravierende Pflichtverletzungen (vgl. BGHSt 46, 30, 34) und auch in subjektiver Hinsicht von hoher krimineller Energie gekennzeichnet. Der Kreditausschuû der Sparkasse hatte beschlossen, Ra. ± abgesehen von kurzfristigen Liquiditätsspritzen ± keine weiteren Mittel mehr zu bewilligen. In Kenntnis dieses Umstandes und im Bewuûtsein ªhöchsten Risikosº vergab H. ± unter Umgehung der Kreditbewilligungsvorschriften ± über weitgehend vermögenslose Strohleute weitere sechs Kredite in Höhe von insgesamt 3,89 Mio DM an Ra. . Auch die strafmildernde Erwägung des Landgerichts, H. habe hierbei nur bedingt vorsätzlich gehandelt, ist rechtsfehlerhaft; H. handelte nach den Feststellungen offenkundig mit direktem Vorsatz.
Diese Umstände sind für eine tragfähige Strafzumessung mitbestimmend. Das Landgericht hat sie nicht mit in Rechnung gestellt.

C.

Mit der Teilaufhebung des Urteils ist die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Entscheidung des Landgerichts über die Haftentschädigung des Angeklagten Ho. gegenstandslos (vgl. BGH, Urteil vom 24. August 1999 ± 5 StR 81/99 ±). Schäfer Nack Boetticher Schluckebier Hebenstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
____________________
Vergibt der Vorstand einer Aktiengesellschaft aus deren Vermögen Zuwendungen
zur Förderung von Kunst, Wissenschaft, Sozialwesen oder Sport, genügt für die Annahme
einer Pflichtwidrigkeit im Sinne des Untreuetatbestandes des § 266 StGB
nicht jede gesellschaftsrechtliche Pflichtverletzung; diese muß vielmehr gravierend
sein.
Ob eine Pflichtverletzung gravierend ist, bestimmt sich aufgrund einer Gesamtschau
insbesondere der gesellschaftsrechtlichen Kriterien. Bedeutsam sind dabei: Fehlende
Nähe zum Unternehmensgegenstand, Unangemessenheit im Hinblick auf die Ertrags
- und Vermögenslage, fehlende innerbetriebliche Transparenz sowie Vorliegen
sachwidriger Motive, namentlich Verfolgung rein persönlicher Präferenzen.
Jedenfalls dann, wenn bei der Vergabe sämtliche dieser Kriterien erfüllt sind, liegt
eine Pflichtverletzung im Sinne des § 266 StGB vor.
BGH, Urt. vom 6. Dezember 2001 - 1 StR 215/01 - LG Offenburg

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 215/01
vom
6. Dezember 2001
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Untreue u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
4. Dezember 2001 in der Sitzung am 6. Dezember 2001, an denen teilgenommen
haben:
Richter am Bundesgerichtshof
Nack
als Vorsitzender
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Boetticher,
Schluckebier,
Dr. Kolz,
Hebenstreit,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger für den Angeklagten K.
- in der Verhandlung -,
Rechtsanwalt
als Verteidiger für den Angeklagten S. ,
Justizangestellte und
Justizangestellte
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Offenburg vom 29. Dezember 2000 im Ausspruch über die Gesamtgeldstrafen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehenden Revisionen der Angeklagten werden verworfen.

Von Rechts wegen

Gründe:


Das Landgericht hat den Angeklagten K. wegen Untreue in zehn Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 150 DM verurteilt. Den Angeklagten S. hat es wegen Untreue in vier Fällen und wegen Anstiftung zur Untreue in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 130 Tagessätzen zu je 200 DM verurteilt und ihn wegen eines weiteren Teilkomplexes freigesprochen. Gegen dieses Urteil richten sich die auf die Sachrüge gestützten Revisionen der Angeklagten. Eine im Revisionsverfahren vorgenommene
Verfahrensbeschränkung führt zur Aufhebung der Gesamtgeldstrafen; im übrigen sind die Revisionen nicht begründet.

A.


Der Angeklagte K. war von 1973 bis Oktober 1998 Vorstandsvorsitzender der Südwestdeutschen Verkehrs AG (künftig: SWEG) mit Sitz in Lahr. Alleinaktionär der Gesellschaft ist das Land Baden-Württemberg. Das Tätigkeitsgebiet des Verkehrsunternehmens erstreckt sich von Lörrach über die Ortenau und das Rhein-Neckar-Gebiet bis nach Bad Mergentheim. Zur wirtschaftlichen Lage hat das Landgericht festgestellt:
Das Stammkapital betrug am 14. September 1971 5.081.000,00 DM. Im Dezember 1991 erfolgte eine Erhöhung auf 10.081.000,00 DM. 1992 und 1993 wies die SWEG ausweislich den Gewinn- und Verlustrechnungen jährliche Fehlbeträge von 10 bzw. 5,4 Mio. DM auf, 1994 wurde dann ein Jahresüberschuß von 253.000,00 DM erwirtschaftet, der 1995 auf 284.000,00 DM und 1996 auf 351.000,00 DM gesteigert werden konnte. 1992 betrug die ausgewiesene Bilanzsumme 166 Mio. DM, 1996 173 Mio. DM. Der nicht durch Eigenkapital gedeckte jährliche Bilanzverlust verringerte sich von 13,5 Mio. DM im Jahr 1992 über 8,6 Mio. DM auf rd. 4 Mio. DM zum Jahresende 1996.
Der Angeklagte S. war seit 1989 Wirtschaftsminister des Landes Baden-Württemberg, wechselte 1992 als Minister ins Verkehrsministerium und wurde ab 1996 nach der Vereinigung zweier Ministerien Umwelt- und Ver-
kehrsminister. In seiner Eigenschaft als Verkehrsminister wurde er turnusmäßig zum 1. Januar 1996 zum Aufsichtsratsvorsitzenden der SWEG gewählt. Von dem Ministeramt trat er im Oktober 1998 zurück und ist heute als Rechtsanwalt in Reutlingen tätig.
Der Angeklagte S. war seit November 1995 auch Präsident des Sportvereins SSV Reutlingen. Der Verein hatte seit 1993 finanzielle Probleme. Bereits in den 80er Jahren hatte der Angeklagte eine Vielzahl von Sponsoren aus dem Bereich der Wirtschaft dazu gebracht, dem Verein Darlehen oder Spenden zukommen zu lassen.

B.


I.


Zu dem Komplex II. 1a bis c (SSV Reutlingen) hat das Landgericht folgende Feststellungen getroffen:
1. Mitte des Jahres 1995 trat der Angeklagte S. an den Angeklagten K. als Vorstandsvorsitzenden der SWEG heran und forderte ihn zu einer Spende für den SSV Reutlingen auf. Zu dieser Zeit stand bereits fest, daß der Angeklagte S. in absehbarer Zeit turnusmäßig den Posten des Aufsichtsratsvorsitzenden bei der SWEG übernehmen würde. Der Angeklagte K. ließ daraufhin einen Betrag von 25.000 DM von der Hauptkasse der SWEG auf das Konto der Sekretariatskasse überweisen, die überwiegend für Barausgaben für die Mitglieder des Aufsichtsrats und ähnliche Aufwendungen
bestimmt war. Die Sekretariatskasse lief nicht über die Hauptbuchhaltung. Seine Sekretärin hob einen Betrag von 20.000 DM ab und der AngeklagteK. übergab dem Angeklagten S. das Geld, das - wie dieser wuûte - aus dem Vermögen der SWEG stammte, in einem neutralen Briefumschlag in einem Hotel in Reutlingen. Dem Angeklagten S. war bewuût, daû allein seine Aufforderung den Angeklagten K. zu der Spende veranlaûte, weil K. sich ihm als Verkehrsminister und künftigen Vorsitzenden des Aufsichtsrates gewogen zeigen und ihm einen Gefallen erweisen wollte. Der Angeklagte K. lieû zur Verbuchung des Betrages für die Hauptkasse einen Beleg mit dem Vermerk: “Zuwendung für Jugendarbeit des SSV Reutlingen” erstellen. Der Angeklagte S. hinterlegte die 20.000 DM in zwei Briefumschlägen in dem Hotel in Reutlingen, wo sie von einer Mitarbeiterin des Reutlinger Wochenblattes , dessen Anzeigenleiter für die Herausgabe der Stadionzeitung und Werbemaûnahmen verantwortlich war, abgeholt wurde. Die Briefe wurden in den Verlagsräumen in das Fach des SSV Reutlingen gelegt, wo sie von nicht näher festzustellenden Verantwortlichen des Vereins abgeholt wurden. Die weitere Verwendung der Gelder konnte nicht aufgeklärt werden; in den Geschäftsbüchern des Vereins erfolgte keine Verbuchung.
2. Im Januar 1996 war der Angeklagte S. zum Vorsitzenden des Aufsichtsrats der SWEG gewählt worden. Er erbat vom Angeklagten K. eine weitere Zahlung von 15.000 DM für den Sportverein. Der Angeklagte K. wollte dem damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden wiederum einen Gefallen erweisen. Die Beschaffung des Betrages erfolgte erneut über das Konto der Sekretariatskasse. Der Angeklagte K. übergab das Geld in bar an den Angeklagten S. in einem Restaurant in Freudenstadt. Auf dem Beleg für die Buchhaltung war als Zweck auch diesmal die Jugendarbeit des SSV Reutlin-
gen vermerkt. Tatsächlich kam der Betrag dem Verein nur auf Umwegen zugute. Der Angeklagte S. schenkte den Betrag einem Gönner des Vereins , der dem Verein Darlehen in groûer Höhe gewährt hatte. Da dieser Förderer sein Engagement 1995 deutlich reduziert hatte, dienten die 15.000 DM dazu , den Mäzen dem Verein gegenüber wieder geneigter zu stimmen.
3. Im Juni 1997 trat der Angeklagte S. an den Angeklagten K. erneut wegen einer Spende von 10.000 DM heran, die auch diesmal vom Angeklagten K. aus der Hauptkasse über das Konto der Sekretariatskasse beschafft wurde. In einem weiteren Vermerk hielt er fest, daû 10.000 DM dem SSV Reutlingen für die Jugendarbeit zugewendet worden seien. Tatsächlich händigte der Angeklagte S. den Betrag einem weiteren Mäzen aus, um diesen dem Verein gegenüber wieder geneigter zu stimmen, da auf ein gewährtes Darlehen vom Verein keine Rückzahlungen geleistet worden waren. Die anderen Funktionäre des Vereins erfuhren von dieser Zahlung nichts, in der Buchhaltung des Vereins ist der Betrag als teilweise Kreditrückführung nicht enthalten.

II.


Den strafrechtlichen Vorwurf der Untreue leitet die Strafkammer hinsichtlich des Angeklagten K. daraus her, daû er seine Befugnisse als Vorstandsvorsitzender der SWEG miûbraucht habe. Er habe die Zahlungen an den SSV Reutlingen aus Mitteln der SWEG nur deshalb getätigt, um dem damaligen Verkehrsminister und späteren Aufsichtsratsvorsitzenden einen Gefallen zu tun; deshalb sei die von ihm vertretene SWEG bei keiner Geldübergabe in Erscheinung getreten und die Empfänger der Gelder hätten von der
wahren Person des Spenders nichts erfahren. Dem Angeklagten stehe zwar aufgrund seiner Leitungsbefugnis als Vorstand einer Aktiengesellschaft für sein unternehmerisches Handeln ein Ermessensspielraum zu (§ 76 AktG). Dazu könnten auch Spenden der Aktiengesellschaft für wissenschaftliche, künstlerische oder sportliche Zwecke u.a. gehören. Dabei müûten immer die Interessen der Anteilseigner der Gesellschaft gewahrt sein. Dies sei aber nur der Fall, wenn die Zuwendungen einen betrieblichen Bezug hätten.
Der Angeklagte S. sei im Fall II. 1a der Anstiftung zur Untreue schuldig, weil er den Angeklagten K. zu der ersten Zahlung bestimmt habe. Dieser habe sich zu der Zahlung verleiten lassen, weil der seinerzeitige Verkehrsminister und Angeklagte S. als Vorsitzender des Aufsichtsrats vorgesehen und für das Verkehrsunternehmen SWEG von erheblicher Bedeutung gewesen sei. Nachdem der Angeklagte S. Aufsichtsratsvorsitzender geworden war und den Angeklagten K. zu zwei weiteren Zahlungen veranlaût habe, habe er gegen seine Aufsichtsratspflichten nach § 116 AktG verstoûen , indem er kollusiv mit dem Vorstandsvorsitzenden zum Nachteil der Gesellschaft zusammengewirkt habe.

III.


Mit ihren Revisionen rügen die Angeklagten, die Auffassung der Strafkammer , wonach Ausgaben der SWEG für unternehmensfremde Zwecke nur dann statthaft seien, wenn ihnen ein betrieblicher Bezug jedenfalls unter dem Aspekt von ”public relations” für das Unternehmen zukomme, werde dem Geschäftsführungsermessen des Vorstands nicht gerecht. Es sei selbstverständlich , daû eine Aktiengesellschaft unter Werbeaspekten auch hohe Ausgaben
für das Sponsoring von Sportlern oder Sportvereinen tätigen dürfe. Der Aspekt des Vorteils für das Unternehmen sei jedoch nicht allein maûgeblich. Eine Aktiengesellschaft dürfe auch “non-profit-Ausgabenº tätigen, und zwar auch dann, wenn sie nicht nach auûen in Erscheinung trete. Dabei dürften auch persönliche Präferenzen eine Rolle spielen.
Hiervon unabhängig habe jedenfalls die erste Zahlung von 20.000 DM zugunsten des SSV Reutlingen nicht zu einem Vermögensschaden bei der SWEG geführt, weil nach der festgestellten Gesamtsituation die “Landschaftspflegeº im politischen Bereich der Gesellschaft wirtschaftliche Vorteile bringen konnte, die die eingesetzten Mittel aufgewogen oder sogar weit übertroffen hätten.
Die Beanstandungen haben keinen Erfolg.

IV.


Soweit der Angeklagte K. aus dem Vermögen der SWEG Zuwendungen an den SSV Reutlingen getätigt hat, hat die Strafkammer seine Strafbarkeit nach dem Miûbrauchstatbestand des § 266 StGB beurteilt.
Als Vorstandsvorsitzender hatte der Angeklagte K. die Befugnis, über das Vermögen der SWEG zu verfügen. Zwar ist nicht ausdrücklich festgestellt, daû er im Auûenverhältnis alleinvertretungsbefugt war (vgl. § 78 Abs. 2 AktG). Das kann jedoch im Ergebnis dahingestellt bleiben. Die Vermögensbetreuungspflicht des Angeklagten K. im Sinne des Miûbrauchstatbestands und seine Vermögensfürsorgepflicht im Sinne des Treubruchtatbestandes stimmten
hier überein (vgl. BGH NJW 1984, 2539, 2540). Hat er bei im Auûenverhältnis wirksamen Verfügungen gegen seine Vermögensbetreuungspflicht verstoûen, so hätten die Maûnahmen auch einen Verstoû gegen seine Vermögensfürsorgepflicht im Sinne des Treubruchtatbestands dargestellt.
1. Die gesellschaftsrechtlichen internen Pflichten des Vorstands sind von §§ 76, 93 AktG umschrieben. Nach § 76 AktG hat der Vorstand die Gesellschaft unter eigener Verantwortung zu leiten; gemäû § 93 AktG hat er dabei die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Weiter ins einzelne gehende Regelungen enthält das Aktiengesetz dagegen nicht. Satzungsrechtliche Konkretisierungen dieser Pflichten hat das Landgericht nicht festgestellt.

a) Der Bundesgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung zur Frage der Schadensersatzpflicht des Vorstandes gegenüber der Aktiengesellschaft dem Vorstand bei der Leitung der Geschäfte des Gesellschaftsunternehmens einen weiten Handlungsspielraum zugebilligt. Ohne ihn sei eine unternehmerische Tätigkeit schlechterdings nicht denkbar (BGH, Urteil vom 21. April 1997 – II ZR 175/95 = BGHZ 135, 244, 253 ªARAG"; Henze NJW 1998, 3309, 3310).

b) Dieser weite Handlungsspielraum gilt grundsätzlich auch dann, wenn der Vorstand als Ganzes oder einzelne seiner Mitglieder Zuwendungen leisten zur Förderung von Kunst, Wissenschaft, Sozialwesen und Sport.
In der aktienrechtlichen Diskussion ist es heute unumstritten, daû eine Beteiligung am Sozialleben durch mildtätige, politische, kulturelle oder an den Sport gerichtete Zuwendungen auch für Aktiengesellschaften im Rahmen ihrer
Geschäftstätigkeit gesellschaftsrechtlich grundsätzlich zulässig ist (nur beiläufig BGHZ 23, 150, 157; Hüffer, AktG 4. Aufl. § 76 Rdn. 14; Hopt in Groûkomm. AktG 4. Aufl. § 93 Rdn. 120; Mertens in Kölner Kommentar zum AktG 2. Aufl. § 76 Rdn. 32; Fleischer AG 2001, 171, 175; Mertens AG 2000, 157 ff. zur Beteiligung von Aktiengesellschaften an der Stiftungsinitiative der Deutschen Wirtschaft: ªErinnerung, Verantwortung und Zukunft"; Kind NZG 2000, 567 ff. zur Zulässigkeit von Parteispenden durch den Vorstand einer Aktiengesellschaft ; H.P. Westermann ZIP 1990, 771 ff.; Vorderwülbecke BB 1989, 505 ff. jeweils m.w.N.). Die Erscheinungsformen dieser Unternehmensförderung werden generell nach dem jeweils primär verfolgten eigennützigen, steuerlichen oder altruistischen Zweck in drei groûe Gruppen eingeteilt.
aa) Beim klassischen Sponsoring werden Geld oder geldwerte Vorteile durch Unternehmen zur Förderung von Personen, Gruppen und/oder Organisationen in sportlichen, kulturellen, kirchlichen oder ähnlichen bedeutsamen gesellschaftspolitischen Bereichen vergeben, damit aber zugleich eigene unternehmensbezogene Ziele der Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit verfolgt. Häufig werden die gegenseitigen Leistungen von Sponsor und Gesponsortem vertraglich vereinbart (Bruhn-Mehlinger, Rechtliche Gestaltung des Sponsoring 2. Aufl. 1995 Bd I S. 3 ff.; Krome DB 1999, 2030).
bb) Dagegen erfolgt die Spendenvergabe an gemeinnützige Organisationen in der Regel ohne die Erwartung auf eine unmittelbare Gegenleistung. Die Gesellschaft kann die Aufwendung jedoch steuerlich absetzen (§ 10b EStG, § 9 KStG oder § 9 Nr. 5 GewStG).
cc) Beim Mäzenatentum erwartet der Mäzen regelmäûig keine Gegenleistung für seine Unterstützung; häufig verzichtet er auch darauf, über seine Förderung öffentlich zu sprechen.

c) Für die Beurteilung der gesellschaftsrechtlich zulässigen Förderaktivitäten eines Unternehmens kommt es nicht auf die Bezeichnung an. Maûgeblich ist, wie sich die Maûnahme aufgrund der gesamten Umstände, unter denen sie vorgenommen wurde, darstellt. Dabei werden insbesondere die Motive der betroffenen Personen oder Organisationen, der Umfang der Leistungen und der Gegenleistungen sowie die Bedingungen, unter denen sie erbracht wurden, eine Rolle spielen (vgl. Bruhn-Mehlinger aaO S. 7).
aa) Welche Geschäftsstrategien der Vorstand einer Aktiengesellschaft bei der Vergabe derartiger Leistungen einschlagen und welche Ziele er zur Förderung des Unternehmenszweckes anstreben darf, regelt das Aktiengesetz nicht im Detail.
Gewinnstreben und Freigebigkeit werden dabei aber nicht stets als sich widersprechende, sondern durchaus als komplementäre Ziele angesehen. Würden unentgeltliche Zuwendungen ausschlieûlich wegen ihrer direkt gewinnsteigernden Zielsetzung zugelassen, so käme der Vorstand nicht umhin, die eigennützige Motivation hinter jeder Fördertätigkeit herauszustellen, weil sich deren vielberufene Werbewirkung keineswegs immer in Mark und Pfennig beziffern und schon gar nicht bilanziell abbilden läût (Fleischer aaO S. 174).
Unternehmen nutzen deshalb heute die Förderung von Kultur- oder Sportveranstaltungen für Werbezwecke, ohne daû der wirtschaftliche Nutzen
im einzelnen genau bestimmt werden kann. Gerade das Sportsponsoring dient zu einem groûen Teil der Imagewerbung von Groûunternehmen (DaimlerBenz , BMW, Deutsche Post und ihr Engagement im Automobilsport; Deutsche Telekom und der Mannschaftsradsport). So erkennt der Bundesgerichtshof unter gesellschaftsrechtlichen Aspekten die Kompetenz des Vorstands des Sportartikelherstellers Adidas für das entgeltliche Sponsoring ausdrücklich an, aufgrund dessen die Gesellschaft durch den Abschluû von Lizenzverträgen mit Sportvereinen deren Namen und Logos verwerten darf, um dann einen Werbeeffekt für die eigenen Produkte zu erzielen (BGHZ 144, 290). Durch das Auftreten eines Unternehmens als Sponsor, etwa des Fuûballvereins ªBayer Leverkusenº, soll die Öffentlichkeitswirksamkeit gerade dieser Dauerverbindung genutzt werden. Auch solche Zuwendungen an Sportvereine, die nicht offen zu Werbezwecken eingesetzt werden, können als verdecktes Sponsoring den ªpublic relationsº dienen, wenn sie nach dem Grundsatz eingesetzt werden : ªTue Gutes und rede darüber" (vgl. Rittner, FS Gessler [1971] S. 139, 155; ähnlich Kind aaO S. 568).
Darüber hinaus kann und darf sich der Vorstand als Träger der Unternehmensfunktion nicht der Einsicht verschlieûen, daû die Aktiengesellschaft für ein dauerhaft erfolgreiches Wirtschaften auf den Rückhalt aller Bezugsgruppen angewiesen ist. Zwischen einem rein altruistischen und einem – langfristig – egoistischen Verhalten, das auf eine für den Erfolg des Unternehmens wesentliche Umweltstabilisierung – ªgood will-Verfestigung" – zielt, wird sich daher kaum je eine scharfe Unterscheidung treffen lassen. Es ist mit den Verhaltenspflichten des Vorstands als eines ordentlichen Geschäftsleiters daher durchaus vereinbar, daû er unentgeltliche Zuwendungen allein mit dem Ziel ausreicht, die soziale Akzeptanz der Aktiengesellschaft zu verbessern, sie als
ªgood corporate citizenº darzustellen und dadurch indirekt ihr wirtschaftliches Fortkommen zu verbessern (vgl. Westermann, ZIP 1990, 771, 774). § 93 Abs. 1 AktG gewährt dabei einen breiten Spielraum unternehmerischen Ermessens dafür, auf welche Art der Vorstand Loyalität für die Gesellschaft und deren gutes Ansehen zu gewinnen trachtet. Ebensowenig wie Werbemaûnahmen für einzelne Produkte unterliegt daher die Frage, welche Form der Imagewerbung für das Gesamtunternehmen als erfolgversprechend anzusehen ist, einer gerichtlichen Kontrolle (Fleischer aaO S. 175). Dem Vorstand ist damit in der Frage, welchen Aufwand er für soziale Zwecke treibt, auf welche Gewinne er aus ethischen Gründen verzichtet und für welche sozialen, politischen und kulturellen Zwecke er Mittel der Gesellschaft einsetzt, ein breiter Ermessensspielraum zuzuerkennen.
bb) Allerdings ergibt sich für die aus der Leitungsbefugnis abgeleitete Vorstandskompetenz zur Ausreichung von Unternehmensspenden kein unbegrenzter Freiraum; vielmehr sind seinem Ermessen äuûere Grenzen gesetzt. Zu erwarten ist, daû der Vorstand auch soziale Entscheidungen mit der Sorgfalt eines pflichtbewuûten Unternehmers trifft und Vermögensopfer mit der Sorgfalt eines Treuhänders erbringt, der über Geld verfügt, das ihm nicht gehört , sondern der juristischen Person. Insbesondere darf er privaten Präferenzen (ªpet charitiesº, vgl. Fleischer aaO S. 179) keinen unangemessenen Raum geben, er hat auch insofern sorgsam zu wirtschaften, und er muû seine Entscheidung jeweils in Abwägung der ihm obliegenden Verantwortung für den Unternehmenserfolg treffen (vgl. BGHZ 135, 244, 253).
cc) Die Abgrenzung, inwieweit im Einzelfall Unternehmensinteressen verfolgt oder ob mit dem Geld der Gesellschaft ausschlieûlich Privatbelange
gefördert werden, obliegt grundsätzlich der Beurteilung des Vorstands. Zwar darf er mit dem Geld der Gesellschaft auch seine eigene politische Überzeugung , private Liebhaberei für Kunst und Wissenschaft oder seine Begeisterung für eine bestimmte Sparte des Sports verfolgen. Hier gilt aber: Je loser die Verbindung zwischen dem Geförderten und dem Unternehmensgegenstand, desto enger ist der Handlungsspielraum des Vorstands und desto gröûer sind die Anforderungen an die interne Publizität. Bei unentgeltlichen, nicht erkennbar mit dem Unternehmensgegenstand zusammenhängenden Zuwendungen an Dritte muû sich der Vorstand an dem möglichen Nutzen orientieren, den ein solches Verhalten der sozialen Akzeptanz ± dem ªstanding" ± des Unternehmens in der allgemeinen oder auch nur in der interessierten Öffentlichkeit sowie dem Ansehen der Unternehmensleitung bei der Belegschaft und dergleichen bringt (Breuer [FAZ Nr. 273 vom 23. November 2000] spricht bei der finanziellen Förderung des Fuûballvereins Eintracht Frankfurt durch die Deutsche Bank vom ªVierklang der Interessen von Aktionären, Mitarbeitern, Kunden und Öffentlichkeit").
dd) Bestehen bei bedeutsameren Zuwendungen Zweifel, ob sie im Interesse des Unternehmens liegen, oder erfüllt das einzelne Vorstandsmitglied damit seine ganz persönlichen Vorlieben oder Interessen, so kann das betroffene Vorstandsmitglied die Entscheidung nicht allein treffen, auch wenn es nach der internen Geschäftsverteilung für die Vergabe von Fördermitteln zuständig wäre (vgl. Hopt aaO § 93 Rdn. 132 ff.). Darüber hinaus ist der Vorstand ± als Kehrseite seines Ermessensspielraums ± gegenüber den anderen Gesellschaftsorganen zur Offenheit verpflichtet, um ihnen Kontroll- und Rügemöglichkeiten zu eröffnen für den Fall, daû ihrer Meinung nach Mittel der Gesellschaft ausschlieûlich für andere als durch den Gesellschaftsgegenstand vor-
gegebene Zwecke verwendet werden (vgl. Westermann aaO S. 776; Mertens FS Goerdeler [1987] S. 349, 358). Dies folgt auch aus dem sich aus § 77 AktG ergebenden Prinzip der Gesamtverantwortung des Vorstandes für die Geschäftsleitung und der nicht delegierbaren Pflicht des Gesamtorgans zur Selbstkontrolle (Hüffer aaO § 77 Rdn. 15, 18).
ee) Hinsichtlich des Spendenvolumens gilt das Gebot der Angemessenheit : Die korporative Freigebigkeit muû sich insgesamt im Rahmen dessen halten, was nach Gröûenordnung und finanzieller Situation des Unternehmens als angemessen angesehen werden kann (vgl. nur Mertens AG 2000 S. 157, 162 Fn. 28). Dafür bieten der Zuschnitt und die Ertragslage der Aktiengesellschaft wichtige Anhaltspunkte. Besondere Beurteilungsschwierigkeiten ergeben sich schlieûlich bei einer angespannten Finanzlage. So wie es in Krisenzeiten nicht tunlich sein kann, den Werbeetat drastisch zu kürzen, wird man vom Vorstand in Verlustjahren weder ökonomisch noch juristisch verlangen können, auf Unternehmensspenden gänzlich zu verzichten. Allerdings ist bei dauerhafter oder längerfristiger Ertragsschwäche eine sorgfältige Prüfung der Spendenpraxis unter dem Gesichtspunkt des Unternehmensinteresses erforderlich.
2. Vergibt der Vorstand aus dem Vermögen einer Aktiengesellschaft Zuwendungen zur Förderung von Kunst, Wissenschaft, Sozialwesen oder Sport, genügt für die Annahme einer Pflichtwidrigkeit im Sinne des Untreuetatbestandes des § 266 StGB nicht jede gesellschaftsrechtliche Pflichtverletzung; diese muû vielmehr gravierend sein.
Ob eine Pflichtverletzung gravierend ist, bestimmt sich aufgrund einer Gesamtschau insbesondere der gesellschaftsrechtlichen Kriterien. Bedeutsam sind dabei: Fehlende Nähe zum Unternehmensgegenstand, Unangemessenheit im Hinblick auf die Ertrags- und Vermögenslage, fehlende innerbetriebliche Transparenz sowie Vorliegen sachwidriger Motive, namentlich Verfolgung rein persönlicher Präferenzen.
Jedenfalls dann, wenn bei der Vergabe sämtliche dieser Kriterien erfüllt sind, liegt eine Pflichtverletzung im Sinne des § 266 StGB vor.
3. Nach diesen Maûstäben hat der Angeklagte K. mit den Verfügungen im Komplex II. 1a bis c zu Lasten des Vermögens der SWEG seine Befugnisse als Vorstandsvorsitzender in gravierender Weise miûbraucht. Die Zuwendungen waren pflichtwidrig i. S. des § 266 StGB, weil der Angeklagte K. mit der Ausreichung der Zahlungen die Grenzen seines Ermessens nach den oben genannten Kriterien überschritten hat.

a) Es handelte sich um unentgeltliche, nicht erkennbar mit dem Unternehmensgegenstand zusammenhängende Zuwendungen an Dritte. Nach den Feststellungen des Landgerichts waren die Zahlungen jedenfalls kein offenes oder verdecktes Sportsponsoring des SSV Reutlingen. Weder wurde eine vertragliche Vereinbarung oder sonstige Abrede über eine Gegenleistung getroffen , noch erbrachte der SSV Reutlingen tatsächlich eine Gegenleistung.
Da das altruistische Motiv der Sportförderung nur äuûerst mittelbar zum Tragen kam, waren die Zuwendungen bereits aus diesem Grund kaum geeignet , zumindest das Ansehen des Unternehmens in der Öffentlichkeit oder bei
interessierten Sportkreisen zu stärken. Nach den festgestellten Umständen ist auch objektiv kein Bezug der Unternehmenstätigkeit der SWEG zum SSV Reutlingen erkennbar.

b) Die mit dem Unternehmensgegenstand nicht zusammenhängenden Zuwendungen waren angesichts der wirtschaftlichen Lage der SWEG sowohl dem Grunde nach als auch in der Höhe nicht angemessen. Das öffentliche Unternehmen erwirtschaftete zwar in den Jahren 1992 bis 1996 Überschüsse, jedoch muûte das Land Baden-Württemberg der SWEG auch in diesen Jahren zum Ausgleich des jährlichen Bilanzverlustes jeweils mehrere Millionen DM zuführen. Diese Spendenpraxis hat auch der Landesrechnungshof im Jahr 1998 beanstandet.

c) Ihrem eigentlichen Sinn nach dienten die Zuwendungen den privaten Interessen des Angeklagten S. , der Verantwortlichen des Vereins angeboten hatte, Gelder von potenten Gönnern zu besorgen. Er verfügte nach eigenem Belieben über die Beträge und verwendete sie ± ohne daû sie in der Buchhaltung des Vereins auftauchten ± zum Stopfen finanzieller Löcher im Fall II. 1a und zur Beeinflussung der Mäzene in den Fällen II. 1b und c. Die Beschaffung und die Verwendung der Zuwendungen gingen damit sogar über die Verfolgung privater Interessen hinaus, denn sie waren durchaus eigennützig, weil sie dazu dienten, die Stellung des Angeklagten S. im Verein und im örtlichen Umfeld als Beschaffer von dringend benötigten Hilfen und damit als möglichem Retter des Vereins zu unterstreichen.
Die Verfügung über das Vermögen des landeseigenen Unternehmens war auch nicht durch das von der Revision für den Fall II. 1a (Zahlung von
20.000 DM) herangezogene Motiv der ªLandschaftspflege im politischen Bereich" gerechtfertigt. Soweit die Revision vorträgt, die erste Spende von 20.000 DM habe dazu gedient, dem Unternehmen das ªWohlwollen des Ministers" zu erhalten, kann dieses ªMotiv" die Pflichtwidrigkeit nicht ausräumen. Der Senat hat nicht zu entscheiden, ob und inwieweit sich ein landeseigenes Unternehmen durch Spenden zugunsten von politischen Parteien oder Politikern überhaupt an der ªpolitischen Landschaftspflege" beteiligen darf. Auf die Beurteilung der Zuwendung bei der Prüfung der Pflichtwidrigkeit im Sinne des § 266 StGB kann dieses Motiv hier jedenfalls keinen Einfluû haben. Es gehört zu den ureigenen Aufgaben des Verkehrsministers, selbst wenn er noch nicht Mitglied des Aufsichtsrats ist, die wirtschaftlichen Interessen der SWEG als öffentlichem Verkehrsunternehmen zu wahren. Für ªpolitische Landschaftspflege" gegenüber dem Minister war deshalb kein Raum.

d) Obwohl es offenkundig war, daû die Zuwendungen privaten Zwecken des Angeklagten S. dienten, hat der Angeklagte K. die Angelegenheit lediglich allein entschieden.

e) Die Zuwendungen wurden verschleiert. Sie wurden nicht in einer Art unternehmensintern offengelegt, die eine Kontrolle durch die Gesellschaftsorgane ermöglicht hätte. Die Auszahlung erfolgte nicht auf dem üblichen Weg über die Hauptbuchhaltung, um einen Erklärungsbedarf gar nicht erst aufkommen zu lassen, und auf dem Beleg über die Auszahlung wurde die Verwendung unzutreffend angegeben.
4. Durch die Vermögensverfügung des Angeklagten K. ist der SWEG auch ein Schaden entstanden. Sowohl das Fehlen objektiver Gesichtspunkte
für die Annahme einer der Formen des Sponsoring, erst recht aber die Umstände der Beschaffung und der Verwendung der 45.000 DM schlieûen es aus, daû die Zuwendungen einen ideellen Wert in sich trugen, der für das Unternehmen einen auch nur annähernd gleichwertigen Vermögensvorteil erbracht hat. Der Senat schlieût aus, daû sich aus der Sicht des durchschnittlichen, informierten Betrachters der ªgood willº des Unternehmens verbessert hat. Eher legen die Umstände nahe, daû zu der eingetretenen Vermögensminderung zusätzlich eine vorhersehbare Ansehensminderung eingetreten ist.
5. Bei dieser Sachlage ist auch die Annahme des Landgerichts tragfähig , dem Angeklagten K. sei die Pflichtwidrigkeit seines Handelns und der dadurch bei der SWEG entstandene Schaden bewuût gewesen.

a) Dies belegen die Einlassungen des Angeklagten K. . Er hat eingeräumt , daû es im Kern nicht um eine im Interesse der SWEG vereinbarte offene oder verdeckte Unterstützung des SSV Reutlingen ging, sondern um die Erfüllung privater Interessen des Angeklagten S. . Er hat angegeben, er habe die Zuwendungen allein deshalb veranlaût, weil er dem Vorsitzenden dieses Vereins, der auch Verkehrsminister und aufgrund dieser Position Aufsichtsratsvorsitzender der SWEG wurde, einen persönlichen Gefallen erweisen wollte, damit dieser seine dem Verein gegebenen Zusagen einhalten konnte, Gelder zur Unterstützung bei Mäzenen zu besorgen. Diese Einlassungen rechtfertigen den Schluû, der Angeklagte K. habe gewuût, daû der AngeklagteS. nur deshalb die SWEG eingeschaltet hatte, weil keiner der von ihm sonst angesprochenen potentiellen Mäzene sein Privatvermögen angreifen wollte und er annahm, der Angeklagte K. werde ihm die Bitte nicht abschlagen, die benötigten Gelder aus dem Vermögen der Gesellschaft zu nehmen. Der Ange-
klagte K. stand in einem beruflichen Abhängigkeitsverhältnis zum Angeklagten S. . Als Verkehrsminister und designiertes, später gewähltes Aufsichtsratsmitglied hatte er aufgrund seiner Organstellung und seiner daraus herzuleitenden Kontrollbefugnisse, einschlieûlich der Berufung, der Verlängerung und der Entlassung von Vorstandsmitgliedern, wesentlichen Einfluû auf das Unternehmen.

b) Dies wird auch dadurch belegt, daû der Angeklagte K. die Angelegenheit nicht dem Gesamtvorstand zur Entscheidung vorgelegt oder den Aufsichtsrat angerufen hat. Der Angeklagte K. wuûte, daû er von den übrigen Mitgliedern des Vorstands keine Genehmigung dafür erhalten hätte, zur Erfüllung der privaten Interessen des Angeklagten S. Zuwendungen aus dem Vermögen des Unternehmens auszureichen.
Deshalb wies der Angeklagte K. seine Sekretärin an, die einzelnen Beträge aus der Hauptkasse der SWEG auf das Konto der Sekretariatskasse zu transferieren, um dann nach Barabhebung das Geld in Briefumschlägen an den AngeklagtenS. zu dessen freier Verfügung weiterzugeben. Mit diesem Umweg über die Sekretariatskasse und den unzutreffenden Belegen ªZuwendung für Jugendarbeit des SSV Reutlingen" sorgte er dafür, daû die Vorgänge nicht über die Hauptbuchhaltung liefen und es keinen Erklärungsbedarf gab. Die Vorgänge wurden auch erst durch eine Prüfung des Landesrechnungshofs Baden-Württemberg im Oktober 1997 aufgedeckt. Insbesondere die persönlichen Interessenverflechtungen und die Art und Weise der Geldtransfers erlauben den Schluû, daû es gerade nicht um Werbemaûnahmen oder um Sponsoring ging, sondern um die heimliche Beschaffung von Geldern bei der
SWEG, die möglichst unentdeckt durch die Bücher der Zuwendungsgeberin gehen sollten.

V.


Auch die Verurteilung des Angeklagten S. im Komplex II. 1a bis c (SSV Reutlingen) ist rechtlich nicht zu beanstanden.
1. Der Angeklagte S. hatte noch keine Vermögensbetreuungspflicht für die Gesellschaft, als er den Angeklagten K. im Juni 1995 allein aufgrund seiner Stellung als Minister und zukünftiges Aufsichtsratsmitglied dazu bestimmte, die erste Zahlung in Höhe von 20.000 DM aus dem Vermögen der SWEG an ihn auszubezahlen. Zutreffend hat die Strafkammer den Angeklagten S. im Fall II. 1a deshalb wegen Anstiftung zur Untreue des Angeklagten K. nach §§ 266, 26 StGB verurteilt.
2. Soweit der Angeklagte S. in den Fällen II. 1b und c (zweite und dritte Spende an den SSV Reutlingen) als Aufsichtsratsmitglied der SWEG das Vorstandsmitglied K. veranlaûte, aus dem Vermögen der Gesellschaft Zuwendungen an ihn auszureichen, beurteilt die Kammer seine Strafbarkeit zutreffend nach dem Treubruchtatbestand des § 266 StGB.

a) Als Aufsichtsratsvorsitzender hatte der Angeklagte S. zwar nicht die Rechtsmacht, in der geschehenen Weise über das Vermögen der SWEG zu verfügen. Eine Strafbarkeit aus dem Miûbrauchstatbestand scheidet daher aus. Jedoch verletzte er die aus seiner Stellung als Aufsichtsratsvorsit-
zender folgende Vermögensfürsorgepflicht, indem er den Angeklagten K. zu Untreuehandlungen gegenüber der Gesellschaft bestimmte.
Nach § 111 Abs. 1 AktG hat der Aufsichtsrat die Geschäftsführung zu überwachen. Nach § 116 AktG gilt für die Sorgfaltspflicht und die Verantwortlichkeit der Aufsichtsratsmitglieder § 93 AktG über die Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder sinngemäû.
Dem Aufsichtsrat obliegt gegenüber der Aktiengesellschaft eine Vermögensfürsorgepflicht (BGH wistra 1999, 418 lfd. Nr. 2; BGHSt 9, 203, 217 zu § 81a GmbHG aF; Tiedemann in FS für Tröndle [1989] S. 319, 327, Schmid in Müller-Gugenberger/Bieneck Wirtschaftsstrafrecht 3. Aufl. § 31 Rdn. 75, 97; vgl. auch Lenckner-Perron in Schönke/Schröder, StGB 26. Aufl. § 266 Rdn. 35a, Schünemann in LK 11. Aufl. § 266 Rdn. 60). Den Umfang dieser Pflichten regelt das Aktiengesetz in § 116 AktG durch einen Verweis auf die sinngemäûe Anwendung der Vorschriften über die Sorgfalt der Vorstandsmitglieder (§ 93 AktG).
Im gegebenen Fall kann dahinstehen, ob die gesellschaftsrechtliche Treupflicht des Aufsichtsrates zur Rücksichtnahme auf die Interessen der Gesellschaft bei einer Betätigung auûerhalb der Geschäftssphäre der Gesellschaft und bei Rechtsgeschäften mit ihr nur in einem beschränkten Umfang gilt, weil in Rechnung gestellt werden muû, daû die Tätigkeit dort eine typische Nebentätigkeit ist, so daû Interessenkollisionen mit anderen Tätigkeiten des Aufsichtsratsmitglieds absehbar sind und mitunter zwangsläufig eintreten (Hüffer aaO § 116 Rdn. 1, Tiedemann aaO S. 319, 320, Fleck in FS für Heinsius [1991] S. 89, 90). Denn das Verhalten des Angeklagten S. berührt den eigent-
lichen Aufgabenbereich und die Hauptpflicht des Aufsichtsrates, die gemäû § 111 Abs. 1 AktG in der Überwachung der Geschäftsführung besteht. Grundsätzlich wird danach vom Aufsichtsrat verlangt, fehlerhaftes oder gesellschaftsschädigendes Verhalten des Vorstandes abzuwenden. Die Verpflichtung bezieht sich nicht nur auf abgeschlossene Geschäftsvorgänge, sondern auch auf laufende Geschäfte und Maûnahmen (Henze, Aktienrecht 4. Aufl. Rdn. 620). Zwar mag auch in diesem Zusammenhang nicht eindeutig feststehen, welche Einzelmaûnahmen zu ergreifen sind, ob der Aufsichtsrat etwa Anzeige erstatten muû, wenn er ein strafbares Verhalten des Vorstandes feststellt. Aus der Überwachungspflicht des Aufsichtsrates ergibt sich jedoch notwendig die Pflicht, den Vorstand nicht von sich aus zu Handlungen zu veranlassen, die er aufgrund seiner Überwachungspflicht gerade abwenden müûte (BGH NJW 1980, 1629). Eine Verletzung dieser Pflicht stellt damit den Verstoû gegen eine spezifische Treupflicht im Sinne von § 266 StGB dar (vgl. dazu zuletzt nur BGH wistra 2001 , 304, 305).

b) Der Angeklagte S. verletzte diese Pflicht, als er an das Vorstandsmitglied K. herantrat und ihn vor dem Hintergrund seiner Einwirkungsmöglichkeiten als Aufsichtsratsvorsitzender zu ªSpenden" aus dem Vermögen der SWEG an den SSV Reutlingen aufforderte. Er veranlaûte damit Untreuehandlungen des Vorstands (dazu oben B IV.), die der Angeklagte S. aufgrund seiner Überwachungspflicht als Aufsichtsrat hätte verhindern müssen.
3. Der SWEG entstand durch das vom Angeklagten S. veranlaûte pflichtwidrige Verhalten des Angeklagten K. bei der ersten Zuwendung
an den SSV Reutlingen und durch das eigene pflichtwidrige Verhalten des Angeklagten S. bei der zweiten und dritten Zuwendung auch ein Schaden.
4. Auch der Schluû der Kammer, der Angeklagte S. habe seine Vermögensfürsorgepflicht vorsätzlich verletzt, ist nicht zu beanstanden. Nach ihren Feststellungen war dem Angeklagten bewuût, daû die Leistungen des Vorstands K. keinerlei Bezug zur Geschäftstätigkeit der SWEG hatten und dieser die Zahlungen ausschlieûlich in seinem, des Angeklagten S. , Interesse vornahm. Auch wurde die Übergabe der beträchtlichen Beträge bar und ohne Quittungen abgewickelt, so daû der Geldfluû nicht mehr nachvol lziehbar war. Diese Umstände belegen rechtsfehlerfrei die Annahme, daû der Angeklagte sich der Pflichtwidrigkeit auch seiner eigenen Handlung bewuût war.
5. Der Angeklagte S. erfüllte bei der zweiten und dritten Zuwendung an den SSV Reutlingen durch sein eigenes Handeln sämtliche Tatbestandsmerkmale der Untreue in der Treubruchsalternative und ist bereits deshalb insoweit Täter (Tiedemann aaO S. 322, 325; vgl. auch BGHSt 38, 315, 317). Weil daher eine Zurechnung von Tatbeiträgen des Angeklagten K. nach § 25 Abs. 2 StGB nicht erforderlich ist, kann die Frage dahinstehen, ob sich die Tat des Angeklagten S. im Verhältnis zu der des Angeklagten K. als Mit- oder Nebentäterschaft darstellt. Zwar verwirklichte die Aufforderung des Angeklagten S. daneben in beiden Fällen zugleich den Tatbestand einer Anstiftung des Angeklagten K. zu einer Untreue in der Miûbrauchsalternative. Da aber insoweit jeweils eine Tat i. S. d. § 52 StGB vorliegt, geht diese Anstiftung nach ständiger Rechtsprechung in der Verurteilung wegen täterschaftlichen Handelns auf, das die schwerere Tat darstellt (vgl. BGH
NStZ 2000, 421; Tröndle/Fischer, StGB 50. Aufl. vor § 25 Rdn. 12).

C.


Die Tatkomplexe II. 4. bis 6. betreffen ausschlieûlich Verfügungen des Angeklagten K. über das Vermögen der SWEG, mit denen er private Zwecke verfolgte.

I.


Das Landgericht hat hierzu folgendes festgestellt:
1. Auf Veranlassung des Angeklagten wurden am 20. Mai 1996 aus Mitteln der SWEG 899,36 DM überwiesen, um die Kosten für die Miete eines Kleinbusses mit Chauffeur zu begleichen, den der Angeklagte bei einem Aufenthalt in Rostock Ende April 1996 zusammen mit seiner Ehefrau und zwei befreundeten Familien ausschlieûlich privat genutzt hatte.
2. Der Angeklagte lieû sämtliche Aufwendungen seiner Sekretärin bei einem privaten Erholungsaufenthalt im Juni 1996 auf Norderney, insgesamt 6.308,50 DM, aus Mitteln der SWEG zahlen.
3. Kosten in Höhe von 892,10 DM für eine Reparatur am privaten Pkw seiner Sekretärin lieû der Angeklagte am 11. November 1996 aus Mitteln der SWEG überweisen.

II.


Die Kammer hat auch in diesen drei Verfügungen des Angeklagten K. ohne Rechtsfehler ein pflichtwidriges Verhalten im Sinne des § 266 StGB gesehen. Sie hat überzeugend dargelegt, weshalb sie den Einlassungen des Angeklagten nicht gefolgt ist, die Kosten für das Mietfahrzeug auf der Reise nach Rostock seien betrieblich veranlaût gewesen. Ebenso ist eine betriebliche Veranlassung für die Übernahme der Kosten des Erholungsurlaubs der Sekretärin und der Reparaturkosten für ihr Fahrzeug selbst dann nicht ersichtlich, wenn die Stellung des Angeklagten K. als Vorstandsvorsitzender berücksichtigt wird.

D.


Die nach der Verfahrenseinstellung verbleibenden Einzelgeldstrafen weisen keinen Rechtsfehler auf.
Auch im Komplex SSV Reutlingen kann die gegen den Angeklagten S. verhängte Einzelstrafe im Fall II.1a (Anstiftung zur Untreue) bestehen bleiben. Zwar hätte das Landgericht den Strafrahmen des § 266 Abs. 1 StGB gemäû § 28 Abs. 1, § 49 Abs. 1 StGB mildern müssen. Das Treueverhältnis nach § 266 Abs. 1 StGB ist ein strafbegründendes persönliches Merkmal im Sinne des § 28 Abs. 1 StGB (BGH StV 1995, 73 m.w.N.). Dieses Merkmal fehlte beim Angeklagten S. , der zum Zeitpunkt dieser Tat noch nicht Aufsichtsratsvorsitzender war und damit nicht Täter einer Untreue sein konnte. Aufgrund der besonderen Umstände der Tat durfte die verhängte Strafe jedoch nicht niedriger ausfallen. Der Angeklagte stand zwar zu der ge-
schädigten Gesellschaft nicht in einem spezifischen Treuverhältnis gemäû § 266 StGB, bei der Strafzumessung war jedoch zu berücksichtigen, daû er aufgrund seiner Stellung als Minister dem landeseigenen Unternehmen in besonderer Weise verpflichtet war.
Wegen des Wegfalls von Einzelstrafen aufgrund der Verfahrensbeschränkung ist die Gesamtgeldstrafe aufzuheben. Der Senat hat davon abgesehen , die Gesamtgeldstrafe selbst festzusetzen. Getroffene Feststellungen können bestehen bleiben; ergänzende Feststellungen sind möglich.
Nack Boetticher Schluckebier Kolz Hebenstreit

(1) Wer bei Begehung der Tat einen Umstand nicht kennt, der zum gesetzlichen Tatbestand gehört, handelt nicht vorsätzlich. Die Strafbarkeit wegen fahrlässiger Begehung bleibt unberührt.

(2) Wer bei Begehung der Tat irrig Umstände annimmt, welche den Tatbestand eines milderen Gesetzes verwirklichen würden, kann wegen vorsätzlicher Begehung nur nach dem milderen Gesetz bestraft werden.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
_____________________
Die Wertung des Tatrichters, eine Kreditvergabe sei pflichtwidrig im Sinne des § 266
StGB, setzt eine umfassende Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditnehmers
, der beabsichtigten Verwendung des Kredits und der Einschätzung der Risiken
durch die Entscheidungsträger voraus.
BGH, Urt. vom 6. April 2000 - 1 StR 280/99 - LG Augsburg

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 280/99
vom
6. April 2000
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Untreue
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Grund der Verhandlung vom
4. April 2000 in der Sitzung am 6. April 2000, an denen teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Schäfer
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Maul,
Dr. Granderath,
Dr. Boetticher,
Schluckebier,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt ,
Rechtsanwalt und
als Verteidiger des Angeklagten Dr. B. ,
- in der Verhandlung vom 4. April 2000 -
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten S. ,
- in der Verhandlung vom 4. April 2000 -
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 29. September 1998 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit die Angeklagten Dr.B. ,S. und der frühere Mitangeklagte St. verurteilt sind. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

Das Landgericht hat die Angeklagten wegen Untreue schuldig gesprochen ; Dr. B. wurde unter Vorbehalt der Verurteilung zu einer Geldstrafe verwarnt , S. z u einer Freiheitsstrafe von acht Monaten bei Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Ihre Revisionen haben mit der Sachrüge Erfolg; auf die vom Angeklagten Dr. B. erhobenen Verfahrensrügen kommt es nicht an. 1. a) Die Angeklagten Dr. B. , S. und der frühere Mitangeklagte St. waren Vorstände der Sparkasse N. , Dr. B. Vorstandsvorsitzender. Durch Vorstandsbeschluß vom 18. Juni 1991 erhöhten sie das Kreditlimit der Firma HR-Warenhandels GmbH und ihres alleinigen Gesellschafters, des Kaufmanns W. R. , die eine Kreditnehmereinheit nach § 19 Abs. 2 KWG bildeten, um 2.980.000 DM. Die Mittel dienten dem Erwerb eines Lagers nicht mehr aktueller Textilien, das die Kreditnehmer weiterverkaufen
wollten. Der Blankoanteil der Kreditgewährung betrug 1.779.900 DM, bei Berücksichtigung einer Zusatzsicherheit aus dem Warenlager 1.046.000 DM. Das Gesamtengagement der Sparkasse gegenüber den Kreditnehmern belief sich damit auf 4.281.600 DM; dem standen Sicherheiten von maximal 2.501.700 DM entgegen. Den Kreditnehmern gelang es in der Folgezeit nicht, das Warenlager zu verkaufen. Letztlich wurden die sicherungsübereigneten Waren zu einem Erlös von lediglich 406.500 DM veräußert.
b) Zu den Sicherheiten hat das Landgericht ausgeführt, daß gemäß § 9 Nr. 3 SparkassenO ein Sicherheitsansatz von nur maximal 66 2/3 % des Einkaufspreises der Waren erlaubt gewesen wäre. Hinsichtlich der davon abweichenden , höheren Sicherheitsbewertung des Warenlagers wird den Angeklagten jedoch nicht angelastet, daß sie eine Gefährdung des Sparkassenvermögens billigend in Kauf genommen hätten. 2. Den strafrechtlichen Vorwurf der Untreue leitet die Strafkammer daraus her, daß die drei Angeklagten gegen die Pflicht gemäß § 18 Satz 1 KWG verstoßen hätten, nach der sich die Bank von Kreditnehmern, denen Kredite von insgesamt mehr als 500.000 DM gewährt werden, die wirtschaftlichen Verhältnisse offenlegen lassen muß.
a) Ein Verstoß gegen § 18 Satz 1 KWG kommt hier jedoch nur insoweit in Frage, als den Angeklagten der Jahresabschluß 1989 des Einzelkaufmanns W. R. bei ihrer Entscheidung nicht vorlag. Für das Geschäftsjahr 1989 fand sich jedoch in der umfangreichen Beschlußvorlage für die Vorstandssitzung vom 18. Juni 1991, die das Urteil wörtlich mitteilt, die Information , daß R. mit Schreiben seines Steuerberaters vom 6. Juli 1990 für das Jahr 1989 Provisionserlöse in Höhe von 230.000 DM attestiert wurden.
Eine Verpflichtung, auch für das Jahr 1990 die Jahresabschlüsse der HR-Einzelhandels GmbH und der Einzelfirma beizuziehen, bestand dagegen nur, wenn diese tatsächlich bereits erstellt waren. Feststellungen dazu hat das Landgericht nicht getroffen. Zum Zeitpunkt der Entscheidung des Sparkassenvorstandes mußten diese von den Kreditnehmern noch nicht erstellt sein (§ 264 Abs. 1 Satz 3 HGB; § 243 Abs. 2 HGB - zu letzteren Baumbach/Hopt, HGB 29. Aufl. § 242 Rdn. 10); noch darüber hinausgehend hat das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen in seinem - freilich späteren - Rundschreiben vom 7. Juli 1998 den Hinweis gegeben, daß für kleine Kapitalgesellschaften im Sinne von § 267 Abs. 1 HGB und sonstige nichtprüfungspflichtige, aber bilanzierungspflichtige Kreditnehmer eine Frist zur Vorlage der Jahresabschlüsse von zwölf Monaten gilt (mitgeteilt bei Nack in Müller-Gugenberger/Bieneck, Wirtschaftsstrafrecht 3. Aufl. S. 1821, 1823).
b) Unabhängig davon trägt die - hier allenfalls geringfügige - Verletzung der sich aus § 18 Satz 1 KWG ergebenden Informationspflicht für sich die Annahme einer Pflichtverletzung im Sinne des § 266 StGB nicht (vgl. BGH, Urt. vom 31. Mai 1960 - 1 StR 106/60). Entscheidend dafür ist vielmehr, ob die Entscheidungsträger ihrer Prüfungs- und Informationspflicht bezüglich der Vermögensverhältnisse des Kreditnehmers insgesamt ausreichend nachgekommen sind. Aus der Nichtbeachtung oder Verletzung der Vorschrift des § 18 Satz 1 KWG können sich freilich Anhaltspunkte dafür ergeben, daß dieser Pflicht nicht ausreichend Genüge getan wurde. Wird jedoch eine fehlende Information wie hier der fehlende Jahresabschluß 1989 durch andere, gleichwertige Informationen ersetzt, liegt im Ergebnis eine Pflichtwidrigkeit nicht vor.
c) Hier enthielt die sehr umfangreiche Beschlußvorlage für die Kreditentscheidung eine Vielzahl von Informationen zu den Einkommens- und Ver-
mögensverhältnissen der Kreditnehmer. Danach war R. alleiniger Gesellschafter der HR-Warenhandels GmbH mit einem eingezahlten Stammkapital von 300.000 DM. Wie bereits erwähnt, wurden ihm in einem Schreiben seines Steuerberaters vom 6. Juli 1990 für das Jahr 1989 Provisionserlöse in Höhe von 230.000 DM und für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Mai 1990 in Höhe von 331.000 DM attestiert. Nach eigenen Angaben hat er im Jahre 1990 aus einem Umsatz von 7,2 Mio. DM eine Provision von 10 % erzielt. Seinen bisherigen Verpflichtungen aus Bankverbindlichkeiten von über 2 Mio. DM war er bis dahin ordnungsgemäß nachgekommen; einen Teil seiner Erlöse aus dem Jahre 1990 hatte er in Sparkassenbriefen angelegt oder zur Erhöhung der Stammeinlage der GmbH verwendet. Das sicherungsübereignete Warenlager war vorhanden und von dem Angeklagten S. besichtigt worden. Neben diesen Informationen aus der Beschlußvorlage hat das Landgericht weiter festgestellt, es habe ein von einem Steuerberater erstellter Zwischenabschluß der GmbH für den Zeitraum vom 1. Juli bis 30. September 1990 vorgelegen, der bei Umsatzerlösen von 243.000 DM einen Überschuß von 151.000 DM ausweise. Bei einer Bilanzsumme von 541.000 DM betrug das Eigenkapital 100.000 DM, jedoch waren Forderungen gegen den Gesellschafter in Höhe von 90.000 DM ausgewiesen. Das, was das Landgericht zu diesem Abschluß mitteilt, steht jedoch im Widerspruch zu der anderweitigen Feststellung des Urteils, daß die GmbH erst am 23. August 1990 gegründet wurde und daß laut Beschlußvorlage das eingezahlte Stammkapital 300.000 DM betrug. Das Landgericht geht auf diese zusätzlichen Informationen nicht ein. Das wäre jedoch in doppelter Hinsicht geboten gewesen. Einmal hätte sich aus dieser Prüfung ergeben können, daß der Vorstand der Sparkasse seiner Informationspflicht ausreichend nachgekommen ist. Zum anderen erschienen die
Informationen grundsätzlich geeignet, den Eindruck zu vermitteln, R. und seine H. R. Handels GmbH arbeiteten durchgehend mit Gewinn und kämen ihren Verpflichtungen ordnungsgemäß nach. Insbesondere die zuletzt genannte Aussage hatte dabei Gewicht; sie stammte aus dem Wissen der Sparkasse selbst und belegte, daß die erforderlichen Erlöse erzielt wurden, die bereits bestehenden erheblichen Verbindlichkeiten zu bedienen. Demgegenüber führt das Landgericht Gründe, warum die Vorstandsmitglieder an der Richtigkeit der vom zuständigen Kreditsachbearbeiter zusammengetragenen Informationen und dessen Beurteilung hätten zweifeln müssen, nicht an, auch wenn sich solche aus der Beschlußvorlage ergaben. Danach war es zu Kontoüberziehungen gekommen und der Weiterverkauf des Warenlagers konnte keinesfalls als gesichert angesehen werden. Der Schluß, eine Kreditbewilligung sei pflichtwidrig gewesen, setzt aber voraus, daß sich das Tatgericht eingehend mit allen dafür maßgeblichen Umständen , insbesondere den Vermögensverhältnissen des Kreditnehmers, der beabsichtigten Verwendung des Kredits und den Aussichten des geplanten Geschäftes, auseinandersetzt. Daran fehlt es hier. Schon aus diesem Grunde kann das landgerichtliche Urteil daher keinen Bestand haben. 3. Die Urteilsgründe geben Anlaß zu folgenden Hinweisen:
a) Jede Kreditbewilligung ist ihrer Natur nach ein mit einem Risiko behaftetes Geschäft (BGH wistra 1985, 190, 191). Bei einer Kreditvergabe sind auf der Grundlage umfassender Information diese Risiken gegen die sich daraus ergebenden Chancen abzuwägen. Ist diese Abwägung sorgfältig vorge-
nommen worden, kann eine Pflichtverletzung nicht deshalb angenommen werden , weil das Engagement später notleidend wird. Tatsächliche Anhaltspunkte dafür, daß die Risikoprüfung nicht ausreichend vorgenommen worden ist, können sich nach der Erfahrung des Senats insbesondere daraus ergeben, daß - die Informationspflichten vernachlässigt wurden; - die Entscheidungsträger nicht die erforderliche Befugnis besaßen; - im Zusammenhang mit der Kreditgewährung unrichtige oder unvollständige Angaben gegenüber Mitverantwortlichen oder zur Aufsicht befugten oder berechtigten Personen gemacht werden; - die vorgegebenen Zwecke nicht eingehalten wurden; - die Höchstkreditgrenzen überschritten wurden; - die Entscheidungsträger eigennützig handelten.
b) Auch wenn eine Pflichtverletzung vorliegt und der Kredit später notleidend wird, führt dies allein noch nicht zur Annahme einer Untreue. Voraussetzung wäre, daß ein bei Vertragsschluß oder bei Darlehensausreichung in Gestalt einer Vermögensgefährdung eingetretener Vermögensnachteil auf die Pflichtwidrigkeit zurückzuführen ist. Ist danach etwa die erforderliche Befugnis der Entscheidungsträger nicht vorhanden, steht die Bonität des Kreditnehmers aber außer Zweifel, fehlt es an diesem Zusammenhang (BGH wistra 1989, 142).

c) Für die Feststellung des subjektiven Tatbestandes sind gleichfalls eingehende Erörterungen erforderlich. Ohne sie sind Rückschlüsse auf den Vorsatz nicht möglich (BGH NJW 1979, 1512). Dabei ist zu beachten, daß der Entscheidungsträger eine über das allgemeine Risiko bei Kreditgeschäften hinausgehende Gefährdung des Rückzahlungsanspruchs der Bank erkannt und gebilligt haben muß. Bei Bankvorständen und Bankmitarbeitern versteht sich das auch bei problematischen Kreditvergaben jedoch nicht von selbst (vgl. BGH wistra 2000, 60), wenn nicht die bereits angeführten Anhaltspunkte für eine Pflichtverletzung vorliegen. Vielmehr ist eine sorgfältige und strenge Prüfung der Frage erforderlich, ob - zumindest - bedingt vorsätzliches Verhalten tatsächlich vorliegt. Zu unterscheiden ist zwischen den begrifflichen Voraussetzungen des dolus eventualis und den Anforderungen, die an seinen Beweis zu stellen sind (vgl. Cramer in Schönke/Schröder, 26. Aufl. § 15 Rdn. 87). Dabei soll nach den dazu entwickelten Grundsätzen die Annahme einer Billigung des Erfolges beweisrechtlich naheliegen, wenn der Täter ein Vorhaben trotz äußerster Gefährlichkeit durchführt; in solchen Fällen soll er sich nicht auf die vage Hoffnung berufen können, jene Gefahr werde sich wider Erwarten doch nicht verwirklichen (st. Rspr.; vgl. z.B. BGH NStZ 1984, 19; 1986, 550). Doch können derartige Umschreibungen, die weitgehend für den Bereich der Tötungsdelikte entwickelt worden sind, nicht formelhaft auf Fälle offener, mehrdeutiger Geschehen angewendet werden (BGHR StGB § 15 Vorsatz, bedingter 8; vgl. auch BGHSt 36, 1, 9). Der Grad der Wahrscheinlichkeit eines Erfolgseintritts allein kann kein Kriterium für die Entscheidung der Frage sein, ob der Angeklagte mit dem Erfolg auch einverstanden war. Es kommt vielmehr immer auf die Umstände des Einzelfalles an, bei denen insbesondere die Motive und die Interessenlage des Angeklagten zu beachten sind (BGHR StGB § 15 Vorsatz, bedingter 1; StPO § 127 Festnahme 1).

d) Wird die Entscheidung über eine Kreditvergabe wie hier von einem mehrköpfigen Gremium getroffen, kommen auch für den Fall des Einstimmigkeitsprinzips unterschiedliche Verantwortlichkeiten der Beteiligten in Frage. So wird sich der Vorstandsvorsitzende, es sei denn, es gehe um besonders hohe Risiken, auf den Bericht des Kreditsachbearbeiters und des Kreditvorstandes verlassen dürfen. Nur wenn sich daraus Zweifel oder Unstimmigkeiten ergeben , ist Rückfrage oder eigene Nachprüfung geboten. Das gleiche gilt für weitere Beteiligte wie die Mitglieder eines Kreditausschusses. 4. Gemäß § 357 StPO war die Aufhebung des Urteils auf den früheren Mitangeklagten St. zu erstrecken, der keine Revision eingelegt hatte. In Anbetracht der Tatsache, daß die den Angeklagten vorgeworfene Tat fast neun Jahre zurückliegt und schon das Landgericht die Schuld der Angeklagten im einzelnen zwar unterschiedlich, aber insgesamt eher gering eingestuft hat, liegt eine Sachbehandlung nach § 153 oder § 153a StPO nahe. Schäfer Maul Granderath Boetticher Schluckebier

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 731/08
vom
18. Februar 2009
Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja nur 1.
Veröffentlichung: ja
___________________________
1. Beim betrügerisch veranlassten Eingehen eines Risikogeschäfts - mit einer
nicht mehr vertragsimmanenten Verlustgefahr - ist zur Feststellung des Schadens
auf den unmittelbar mit der Vermögensverfügung des Geschädigten eingetretenen
Vermögensnachteil abzustellen. Allein hierauf muss sich das voluntative
Element des Vorsatzes beim Täter beziehen. Auf die Billigung eines
eventuellen Endschadens kommt es insoweit nicht an.
2. Der mit der Vermögensverfügung unmittelbar eingetretene Vermögensschaden
ist durch das Verlustrisiko zum Zeitpunkt der Vermögensverfügung bestimmt.
Dies stellt hinsichtlich des Straftatbestands einen endgültigen Schaden
dar und nicht nur eine (schadensgleiche) Vermögensgefährdung. Die Höhe des
Vermögensnachteils zum Zeitpunkt der Verfügung ist nach wirtschaftlichen
Maßstäben zu bewerten. Ist eine genaue Feststellung zur Schadenshöhe nicht
möglich, sind hierzu Mindestfeststellungen zu treffen. Dies kann durch Schätzung
geschehen. Dem Tatrichter steht dabei ein Beurteilungsspielraum zu.
BGH, Beschl. vom 18. Februar 2009 - 1 StR 731/08 - LG München I
in der Strafsache
gegen
wegen Betruges
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. Februar 2009 beschlossen
:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts
München I vom 30. Juli 2008 wird als unbegründet verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Betruges in 60 Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und zehn Monaten verurteilt und festgestellt, dass der Angeklagte aus den abgeurteilten Betrugstaten 21.215.498,98 € erlangt hat und dass dem Verfall des Erlangten und des Wertersatzes Ansprüche der Verletzten entgegenstehen.
2
Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO).
3
Der Erörterung bedarf nur Folgendes:
4
1. Zum Betrugsschaden:
5
Nach der Bewertung der Strafkammer erlitten die „Investoren“ mit der Bezahlung ihrer Anlagegelder an den Angeklagten bzw. seine Unternehmen sofort einen endgültigen Schaden, hier in der Gesamthöhe der jeweiligen Anla- gesumme; das Vermögen der Anleger wurde insoweit nicht nur schadensgleich gefährdet. Dies ist frei von Rechtsfehlern.
6
a) Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde:
7
Der Angeklagte versprach eine sichere, insbesondere bankgarantierte, hochrentierliche Geldanlage. Die einbezahlten Beträge dienten danach nur als Kapitalnachweis. Sie durften während der gesamten Investitionszeit nicht angetastet werden. Als Laufzeit wurden in der Regel zehn Monate vereinbart. Monatlich sollten dann 7 % an Verzinsung ausgeschüttet werden. Einem Großanleger (15 Millionen €) versprach der Angeklagte die Rückzahlung nach drei Monaten, zuzüglich einer Rendite von 50 %.
8
Tatsächlich hatte der Angeklagte nicht vor, die erhaltenen Geldmittel sicher und gewinnbringend anzulegen. Er wollte sie zum einen zur Finanzierung seines Lebensunterhalts verwenden. Zum anderen wollte er - nach Art eines Schneeballsystems - neu eingehende Gelder einsetzen, um Rendite- und Rückzahlungsforderungen der Altinvestoren soweit wie möglich zu befriedigen, um diese in Sicherheit zu wiegen und zu weiteren Einzahlungen zu bewegen.
9
Im Vertrauen auf die Versprechungen des Angeklagten zahlten 31 Personen in der Zeit von September 2005 bis Januar 2008 - teilweise mehrfach - insgesamt 28.206.841,12 € an die Unternehmen des Angeklagten. 7.310.145,58 € schüttete der Angeklagte wieder aus. Einzelne Anleger bekamen damit nicht nur ihr gesamtes Kapital zurück, sondern auch versprochene Erträge ausbezahlt. Mit der Verhaftung des Angeklagten konnten bei seinen Unternehmen noch Vermögenswerte in Höhe von insgesamt 16,8 Millionen € sichergestellt werden (§§ 111c, 111d StPO).
10
b) Ein Schaden i.S.v. § 263 StGB tritt ein, wenn die Vermögensverfügung (hier die vertragsgemäße Bezahlung der Anlagesumme an den Angeklagten beziehungsweise eines seiner Unternehmen) unmittelbar zu einer nicht durch Zuwachs ausgeglichenen Minderung des wirtschaftlichen Gesamtwerts des Vermögens des Verfügenden führt (Prinzip der Gesamtsaldierung, vgl. BGHSt 3, 99, 102; 16, 220, 221; 30, 388, 389; 34, 199, 203; 45, 1, 4; 51,10, 15 Rdn. 18; 51, 165, 174 Rdn. 31; BGHR StGB § 263 Abs. 1, Vermögensschaden 54, 70; BGH, Beschl. vom 26. Januar 2006 - 5 StR 334/05 -; BVerfG, Beschl. vom 20. Mai 1998 - 2 BvR 1385/95 - 2. Kammer des 2. Senats -; Hefendehl in MünchKomm-StGB § 263 Rdn. 442 ff.).
11
Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Vermögensverfügung, also der Vergleich des Vermögenswerts unmittelbar vor und unmittelbar nach der Verfügung (vgl. BGHSt 6, 115, 116; 23, 300, 303; Tiedemann in LK 6. Aufl. § 263 Rdn. 161). Spätere Entwicklungen, wie Schadensvertiefung oder Schadensausgleich (-wiedergutmachung), berühren den tatbestandlichen Schaden nicht. „Wie sich die Dinge später entwickeln, ist für die strafrechtliche Wertung ohne Belang“ (BGHSt 30, 388, 389 f.). Dies hat nur noch für die Strafzumessung Bedeutung (vgl. BGHSt 51, 10, 17 Rdn. 23).
12
Beim Eingehen von Risikogeschäften - mit einer täuschungs- und irrtumsbedingten Verlustgefahr über der vertraglich vorausgesetzten - gilt nichts anderes. Auch in derartigen Fällen ist mit der Vermögensverfügung bei Saldierung der Vermögenslage vor und nach der Verfügung ein Schaden unmittelbar eingetreten. Der Begriff der konkreten Vermögensgefährdung beschreibt dies nur unzureichend und ist entbehrlich (vgl. schon BGH, Beschl. vom 20. März 2008 - 1 StR 488/07 - [BGHR StGB § 266 I Nachteil 65] Rdn. 18 bis 22 zur entsprechenden Situation beim Vorwurf der Untreue gemäß § 266 StGB). Dement- sprechend erkannte der Bundesgerichtshof auch schon früher: „Für Risikogeschäfte , wie sie hier in Rede stehen, folgt daraus, dass ein Vermögensschaden nur insoweit vorliegt, als die von dem Getäuschten eingegangene Verpflichtung wertmäßig höher ist als die ihm dafür gewährte Gegenleistung unter Berücksichtigung aller mit ihr verbundenen, zur Zeit der Vermögensverfügung gegebenen Gewinnmöglichkeiten“ (BGHSt 30, 388, 390; vgl. auch BGHSt 34, 394, 395 und BGHSt 51, 165, 177 Rdn. 38, wonach die Annahme einer konkreten Vermögensgefährdung bedeutet, dass nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise schon eine Verschlechterung der gegenwärtigen Vermögenslage vorliegen muss, dass sie schon jetzt eine Minderung des Gesamtvermögens zur Folge hat; sowie Hefendehl in MünchKomm-StGB § 263 Rdn. 718: „Hierbei handelt es sich indes um ein Scheinproblem, weil die ‚Möglichkeit des Schadens’ eben ein Schaden sein muss“). „Zwischen Schaden (Verlust) und Gefährdung (Beeinträchtigung ) besteht bei wirtschaftlicher Betrachtung also kein qualitativer sondern nur ein quantitativer Unterschied“ (Tiedemann in LK 6. Aufl. § 263 Rdn. 168 m.w.N.).
13
Dass mit dem Eingehen eines Risikogeschäfts - mit einer nicht mehr vertragsimmanenten Verlustgefahr - ein unmittelbarer Wertverlust, eine Vermögenseinbuße einhergeht, liegt bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise auf der Hand. Dieser Schaden ist auch benennbar. Das mit der Verfügung (hier: Zahlung des Anlagebetrags) eingegangene - aufgrund einer Täuschung und eines entsprechenden Irrtums überhöhte - Risiko und der dadurch verursachte Minderwert des im Synallagma Erlangten sind zu bewerten (vgl. Hefendehl in MünchKomm-StGB § 263 Rdn. 569 ff.), wie im Falle einer Einzelwertberichtigung (vgl. Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, 33. Aufl. § 253 Rdn. 21; zu IAS [International Accounting Standards] 39.58 ff. - Finanzinstrumente, Ansatz und Bewertung - vgl. Baumbach/Hopt aaO, Rdn. 42 f., sowie Lüdenbach in Haufe IAS/IFRS, 2. Aufl. § 2 Rdn. 81, Kehm/Lüdenbach in Haufe IAS/IFRS, 2. Aufl. § 28 Rdn. 120 ff.), bei der Bildung von Rückstellungen für drohende Verluste (§ 249 HGB) oder auch beim Verkauf von Forderungen (vgl. auch Tiedemann in LK 6. Aufl. § 263 Rdn. 168 mit Hinweis auf die Institute des Bilanzrechts ; Goldschmidt/Weigel, Die Bewertung von Finanzinstrumenten bei Kreditinstituten in illiquiden Märkten nach IAS 39 und HGB, WPg 2009, 192 ff.). Dies ist kaufmännischer Alltag (nicht überzeugend deshalb Beulke/Witzigmann, JR 2008, 430, 433, wonach diese schon im Senatsbeschl. vom 20. März 2008 - 1 StR 488/07 - [BGHR StGB § 266 I Nachteil 65] zur Untreue vertretene Auffassung nicht nur bei Wirtschaftswissenschaftlern auf Unverständnis stoße, sondern auch bei all denen Kopfschütteln auslöse, die in der Praxis mit der Vergabe von Krediten betraut sind).
14
Wenn eine genaue Feststellung zur Schadenshöhe zum Zeitpunkt der Vermögensverfügung nicht möglich ist, wird der Tatrichter im Hinblick auf die Besonderheiten des Strafrechts Mindestfeststellungen zu treffen haben (BGHSt 30, 388, 390). Dies kann durch Schätzung im Rahmen des dabei eingeräumten Beurteilungsspielraums geschehen.
15
Außerdem entfiele auch mit der verschleiernden Bezeichnung des Schadens als konkrete (schadensgleiche) Vermögensgefährdung im Grunde nicht die Notwendigkeit von deren Bewertung zur Erfassung des Tatunrechts, wenn dem bislang auch kaum entsprochen wurde. Die Rechtsfigur des Gefährdungsschadens birgt aber gerade auch deshalb die Gefahr der Überdehnung des Betrugstatbestands hin zum Gefährdungsdelikt durch Einbeziehung tatsächlich nur abstrakter Risiken in sich (vgl. Fischer, StGB 56. Aufl. § 263 Rdn. 96). Die Notwendigkeit , den mit der Vermögensverfügung unmittelbar real eingetretenen Schaden zu bewerten und zu benennen, zwingt demgegenüber zur Klarheit und vermeidet Grenzüberschreitungen.
16
Schließlich wäre die Subsumtion wirklich nur „schadensgleicher“ Gefährdungen unter den Tatbestand des § 263 Abs. 1 StGB mit Art. 103 Abs. 2 GG kaum vereinbar. Auch deshalb ist schon die Formulierung bedenklich.
17
Allein auf den unmittelbar mit der Vermögensverfügung des Getäuschten eingetretenen tatbestandlichen Schaden muss sich das voluntative Element des Vorsatzes des Täters erstrecken. Auf die Billigung eines eventuellen Endschadens kommt es nicht an. Ebenso ist die Absicht des späteren Ausgleichs der Vermögensminderung ohne Bedeutung (vgl. auch BGHSt 34, 199, 204 zur Schadenswiedergutmachung nach Ausübung eines eingeräumten Rücktrittsrechts ; BGHSt 23, 300, 303: die Bereitschaft zur Stornierung ist unerheblich; und zur entsprechenden Situation bei der Untreue BGH, Urt. vom 29. August 2008 - 2 StR 587/07 - Rdn. 45 f.). „Wer … die ... Gefährdung des Rückzahlungsanspruchs bei Kreditgewährung … erkennt und billigend in Kauf nimmt, handelt auch dann vorsätzlich, wenn er hofft oder darauf vertraut, der (spätere endgültige) Schaden werde ausbleiben“ (Tiedemann in LK 6. Aufl. § 263 Rdn. 246).
18
c) Die Täuschung der Anleger über das „Anlagemodell“, über dessen tatsächliche Nichtexistenz, begründet hier in allen Fällen von vorneherein einen Schaden im Umfang der gesamten Leistung. Diese Bewertung des Landgerichts ist rechtlich auch für die frühen Anlagen nicht zu beanstanden, auch nicht in den Fällen, bei denen vom Angeklagten später absprachegemäß geleistet wurde. Das hat die Strafkammer zu Recht - nur - als Schadenswiedergutmachung gewertet. Denn auch in diesen Fällen war der von den Investoren für ihre Zahlungen erlangte Gegenanspruch zum Zeitpunkt der Verfügung wirtschaftlich wertlos. Zwar bestand - wie es einem Schneeballsystem immanent ist - für die ersten Anleger eine gewisse Chance, ihr Kapital zurück und selbst die versprochenen Erträge ausbezahlt zu erhalten. Dies beruhte aber nicht auf der Umsetzung des vom Angeklagten vorgegaukelten Anlagemodells oder auch nur dem Versuch hierzu. Vielmehr hing alles vom weiteren „Erfolg“ des allein auf Täuschung aufgebauten Systems und vom Eingang weiterer betrügerisch erlangter Gelder ab. Die hierauf basierende Aussicht auf Erfüllung der vom Angeklagten eingegangenen Verpflichtung war nicht, auch nicht teilweise die versprochene Gegenleistung, sondern ein aliud ohne wirtschaftlichen Wert (vgl. BGHSt 51, 10, 15 Rdn. 19). Eine auf die Begehung von Straftaten aufgebaute Aussicht auf Vertragserfüllung ist an sich schon wertlos. Wegen des objektiv völlig unrealistischen Anlagemodells und der damit verbundenen Ertragsversprechungen war hier zudem - entgegen dem tatsächlichen Ablauf - ein schnelles Ende zu erwarten , jedenfalls war von Anfang an nicht absehbar, wann das System zusammenbricht , sei es auf Grund strafrechtlicher Ermittlungen oder mangels Eingangs weiterer Anlagen.
19
2. Zur Rüge der Verletzung des § 265 StPO:
20
Der Angeklagte war nach den Feststellungen des Landgerichts im Besitz gefälschter Personalpapiere, nämlich eines Passes und einer Driver Licence von British Honduras sowie einer Yacht-Clubkarte, alle lautend auf den Aliasnamen J. G. . Außerdem besaß er einen Diplomatenpass der „Conch Republic Key West“, ausgestellt auf seinen tatsächlichen Namen Dr. R. . Die Staatsanwaltschaft hatte im Zusammenhang mit der Anklageerhebung in der Schlussverfügung gemäß § 154 Abs. 1 StPO von der Verfolgung weiterer Straftaten abgesehen, also auch hinsichtlich einer mögli- chen Beteiligung des Angeklagten an Urkundenfälschungen (§ 267 StGB). Gleichwohl - so beanstandet die Revision - habe die Strafkammer die „ausgeschiedenen Tatteile“ strafschärfend berücksichtigt, ohne auf diese Möglichkeit hingewiesen zu haben.
21
Eines rechtlichen und tatsächlichen Hinweises bedurfte es insoweit jedoch nicht.
22
Die Strafkammer hat in den Urteilsgründen nicht auf die strafschärfende Wirkung der Begehung weiterer von der Verfolgung ausgenommener Straftaten abgestellt. Das Landgericht hat vielmehr in der Beschaffung gefälschter Personaldokumente , um sie bei Bedarf tatbezogen einsetzen zu können (UA S. 39), und in deren Verstecken in einem separaten Büro Hinweise auf die Raffinesse und damit auf die hohe kriminelle Energie des Angeklagten gesehen.
23
Ebenso hat die Strafkammer im Verbergen der Geschäftsunterlagen der vom Angeklagten etablierten Unternehmen, im Aufbau eines internationalen Firmengeflechts und in der Nutzung verschiedener Konten zu Verschleierungszwecken , in der Vermögensverlagerung ins Ausland sowie im Nachtatverhalten gegenüber dem Hauptgeschädigten Dr. K. (Forderung der Abgabe einer „Ehrenerklärung“ für den Angeklagten sowie die Zahlung von 300.000,-- € an diesen als Voraussetzung für die Rückzahlung der geleisteten Einlage) Indizien für die hohe kriminelle Energie des Angeklagten gesehen. Auch im zuletzt genannten Punkt spielte eine mögliche strafrechtliche Relevanz bei der Bewertung seitens des Landgerichts keine Rolle.
24
All diese Punkte gehören zum Tatgeschehen und charakterisieren Tat und Täter, wie zahlreiche andere von der Strafkammer aufgeführte strafzumes- sungsrelevante Aspekte. Der strafrechtliche Betrugsvorwurf hat sich durch den Besitz der gefälschten Personalpapiere weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht bezüglich der Tatrichtung, der Beteiligung oder sonstiger wesentlicher Punkte verändert. Eines ausdrücklichen Hinweises auf die Strafzumessungsrelevanz derartiger das Tat- und Täterbild kennzeichnenden Aspekte des Tatgeschehens bedarf es nicht. Dies ist selbstverständlich.
25
Dass der Besitz der gefälschten Personalpapiere - in der Anklageschrift hatte dies keine Erwähnung gefunden - als Facette zur Kennzeichnung der Täterpersönlichkeit relevant sein könnte, war nach dem auch der Revisionsbegründung zu entnehmenden Verfahrensgang (Inaugenscheinnahme der Dokumente sowie Vernehmung des Zeugen S. hierzu) offensichtlich. Der Angeklagte hat die Existenz der Papiere in der Hauptverhandlung auch eingeräumt.
26
3. Zur Rüge der Nichterörterung des § 41 StGB:
27
Die Revision beanstandet die fehlende Erörterung der Möglichkeit der Verhängung einer Geldstrafe neben einer - dann niedrigeren - Freiheitsstrafe gemäß § 41 StGB. Dies sei immer geboten, wenn die Straftaten zu erheblichen Gewinnen geführt haben, durch die ein Angeklagter ein beträchtliches Vermögen erworben hat.
28
Die Revision übersieht hierbei jedoch, dass bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Verhältnisse (§ 41 Satz 1 StGB) solche Vermögenswerte außer Betracht zu bleiben haben, die dem Verfall gemäß §§ 73, 73a StGB (vgl. Fischer, StGB 56. Aufl. § 41 Rdn. 2) bzw. der Rückgewinnungshilfe nach § 111i StPO unterliegen (vgl. auch Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung , 4. Aufl. Rdn. 214). Das Gericht hat gemäß § 111i Abs. 2 Satz 2 StPO zwar festgestellt, dass der Angeklagte 21.215.498,98 € aus den abgeurteilten Betrugstaten erlangt hat, aber auch, dass dem Verfall des Erlangten und des Wertersatzes Ansprüche der Verletzten entgegenstehen. Die auf Betreiben der Strafverfolgungsbehörden sichergestellten Werte (Arrest- und Pfändungsbeschlüsse über 16,8 Mio. €) fließen damit an die Geschädigten oder - unter den Vorsaussetzungen des § 111i Abs. 5 StPO - dann doch in die Staatskasse. Vor dem Hintergrund der sonstigen Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten lag deshalb die Verhängung einer zusätzlichen Geldstrafe gemäß § 41 StGB neben einer - auch dann noch mehrjährigen Freiheitsstrafe - sehr fern. Einer Erörterung in den schriftlichen Urteilsgründen bedurfte dies deshalb nicht. Ausführungen hierzu hätten die Gründe, die sich auf das Wesentliche konzentrieren sollen, vielmehr nur unnötig belastet.
29
4. Im Übrigen wird auf die Ausführungen des Generalbundesanwalts in seiner Antragsschrift vom 13. Januar 2009 verwiesen.
Nack Kolz Hebenstreit Elf Jäger

(1) Beim Bundesgerichtshof werden ein Großer Senat für Zivilsachen und ein Großer Senat für Strafsachen gebildet. Die Großen Senate bilden die Vereinigten Großen Senate.

(2) Will ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats abweichen, so entscheiden der Große Senat für Zivilsachen, wenn ein Zivilsenat von einem anderen Zivilsenat oder von dem Großen Zivilsenat, der Große Senat für Strafsachen, wenn ein Strafsenat von einem anderen Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen, die Vereinigten Großen Senate, wenn ein Zivilsenat von einem Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen oder ein Strafsenat von einem Zivilsenat oder von dem Großen Senat für Zivilsachen oder ein Senat von den Vereinigten Großen Senaten abweichen will.

(3) Eine Vorlage an den Großen Senat oder die Vereinigten Großen Senate ist nur zulässig, wenn der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, auf Anfrage des erkennenden Senats erklärt hat, daß er an seiner Rechtsauffassung festhält. Kann der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, wegen einer Änderung des Geschäftsverteilungsplanes mit der Rechtsfrage nicht mehr befaßt werden, tritt der Senat an seine Stelle, der nach dem Geschäftsverteilungsplan für den Fall, in dem abweichend entschieden wurde, zuständig wäre. Über die Anfrage und die Antwort entscheidet der jeweilige Senat durch Beschluß in der für Urteile erforderlichen Besetzung; § 97 Abs. 2 Satz 1 des Steuerberatungsgesetzes und § 74 Abs. 2 Satz 1 der Wirtschaftsprüferordnung bleiben unberührt.

(4) Der erkennende Senat kann eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung dem Großen Senat zur Entscheidung vorlegen, wenn das nach seiner Auffassung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

(5) Der Große Senat für Zivilsachen besteht aus dem Präsidenten und je einem Mitglied der Zivilsenate, der Große Senate für Strafsachen aus dem Präsidenten und je zwei Mitgliedern der Strafsenate. Legt ein anderer Senat vor oder soll von dessen Entscheidung abgewichen werden, ist auch ein Mitglied dieses Senats im Großen Senat vertreten. Die Vereinigten Großen Senate bestehen aus dem Präsidenten und den Mitgliedern der Großen Senate.

(6) Die Mitglieder und die Vertreter werden durch das Präsidium für ein Geschäftsjahr bestellt. Dies gilt auch für das Mitglied eines anderen Senats nach Absatz 5 Satz 2 und für seinen Vertreter. Den Vorsitz in den Großen Senaten und den Vereinigten Großen Senaten führt der Präsident, bei Verhinderung das dienstälteste Mitglied. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : ja
Veröffentlichung: ja
1. Investitionsbeihilfen begründen grundsätzlich keine Vermögensbetreuungspflicht
im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB, es sei denn,
der Empfänger hat zugleich über den Subventionszweck hinausgehende
Vermögensinteressen des Subventionsgebers zu
beachten.
2. In einem Konzern verletzen die Vorstandsmitglieder der beherrschenden
Aktiengesellschaft jedenfalls dann ihre Vermögensbetreuungspflicht
gegenüber einer abhängigen GmbH, wenn
deren Vermögenswerte in einem solchen Umfang ungesichert
im Konzern angelegt werden, daß im Fall ihres Verlustes die
Erfüllung von Verbindlichkeiten der Tochtergesellschaft oder
deren Existenz gefährdet wäre.
3. Zur Bestimmung des Schuldumfangs bei Untreue durch existenzgefährdenden
Eingriff.
BGH, Urteil vom 13. Mai 2004 - LG Bremen
5 StR 73/03 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 13. Mai 2004
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen Untreue
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung
vom 6. und 13. Mai 2004, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin Harms,
Richter Häger,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal
als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt Prof. Dr. W ,
Rechtsanwalt Dr. G
als Verteidiger des Angeklagten Dr. H ,
Rechtsanwalt Prof. Dr. S
als Verteidiger des Angeklagten Sc ,
Rechtsanwalt J
als Verteidiger des Angeklagten Sm ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
am 13. Mai 2004 für Recht erkannt:
I. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bremen vom 21. Dezember 2001 mit den Feststellungen aufgehoben.
II. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das vorgenannte Urteil im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben.
III. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung , auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat die drei Angeklagten jeweils wegen gemein- schaftlicher Untreue in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und die Vollstreckung der Freiheitsstrafen zur Bewährung ausgesetzt. Hiergegen wenden sich die Angeklagten mit ihren Revisionen, mit denen sie die Verletzung formellen und sachlichen Rechts rügen. Die Staatsanwaltschaft beanstandet mit ihren – vom Generalbundesanwalt vertretenen und zu Ungunsten der Angeklagten eingelegten – Revisionen mit der Sachrüge allein den Rechtsfolgenausspruch. Alle Rechtsmittel haben Erfolg.

A.


Das Landgericht hat jeweils ein Vergehen der Untreue darin gesehen, daß die Angeklagten als Mitglieder des Vorstands der B V V - AG (BVV AG) Gelder ihrer beiden ostdeutschen Tochtergesellschaften in den – dann später in Konkurs gefallenen – Konzernverbund überführt haben.

I.


Nach den Feststellungen des Landgerichts war die B V AG (BV AG) ein Werftenverbund mit dem Schwerpunkt Schiffbau. Im Jahr 1992 erfolgte eine Umstrukturierung, in deren Gefolge die B V AG ihre operativen Funktionen aufgab und in die B V V AG umfirmierte. Der Angeklagte Dr. H war von 1987 bis zum 15. November 1995 zunächst Vorsitzender des Vorstands der BV AG sowie dann der BVV AG. Der Angeklagte Sc war als Mitglied des Vorstands der BVV AG ab Ende 1993 für das Ressort Controlling, der Angeklagte Sm ab August 1993 als Mitglied des Vorstands der BVV AG für den Bereich Schiffbau und später (ab September 1995) auch für den Bereich Finanzen zuständig.
Ab 1991 verhandelte die BV AG mit der Treuhandanstalt über den Erwerb ostdeutscher Werften. Tatsächlich ging es um zwei Werften aus dem D M - und Sch . Nach der Privatisierung der ostdeutschen Werftindustrie sollten aus dem ehemaligen Kombinat die M W in Wismar (MTW) und die V in Stralsund (VWS) herausgelöst und an die BV AG veräußert werden. Eigner der beiden Werften war letztlich – über ein zwischengeschaltetes Konstrukt von Beteiligungsgesellschaften – die Treuhandanstalt, der als einer dem Bundesminister der Finanzen unterstellten Anstalt des öffentlichen Rechts die Aufgabe zukam, die ostdeutschen Betriebe zu privatisieren.
Der Angeklagte Dr. H war von Anfang an in die Verhandlungen mit der Treuhandanstalt einbezogen. Die Treuhandanstalt verfolgte bei den Privatisierungsverhandlungen das Ziel, Arbeitsplätze zu sichern und an den Standorten moderne konkurrenzfähige Werften entstehen zu lassen. Nachdem sich weitere Interessenten zurückgezogen hatten, wurden die Verhandlungen über einen Erwerb mit der BV AG intensiviert, wobei auch eine Reihe externer Berater hinzugezogen wurde. Am 11. August 1992 kam es dann zum Verkauf der MTW, am 18. Februar 1993 zum Verkauf der VWS. Beide Ostwerften waren zu diesem Zeitpunkt jeweils als GmbH im Handelsregister eingetragen.
Mit notariell beurkundetem Kauf- und Abtretungsvertrag vom 11. August 1992 (KAV) wurden die Geschäftsanteile der MTW an die BV AG übertragen. Als Erwerberin übernahm die BV AG dabei eine Garantie, 3110 Arbeitsplätze bis 31. Dezember 1995 zu sichern (§ 9.2 KAV) und bis dahin die Werft nicht stillzulegen (§ 10 KAV). Darüber hinaus sollten näher beschriebene Investitionen im Umfang von etwa 560 Mio. DM in das Anlagevermögen erfolgen (§ 8 KAV), wobei Modifikationen der geplanten Vorhaben bei Einhaltung der Wertgrenze zulässig sein sollten. Die Treuhandanstalt verpflich-
tete sich in dem Vertrag außer zum Ausgleich von Altkrediten auch zur Zahlung eines Gesamtausgleichsbetrages in Höhe von 680 Mio. DM. In dem Gesamtausgleichsbetrag war ein Investitionszuschuß in Höhe von 340 Mio. DM enthalten. Weiterhin sollten durch den – in drei Raten bis Ende 1993 zu erbringenden – Gesamtausgleichsbetrag drohende Verluste aus laufenden Geschäften (nicht kostendeckende Schiffbauverträge), die Kosten für einen als erforderlich angesehenen Personalabbau (Sozialpläne) und für weitere erwartete Einbußen abgegolten werden (§ 5 KAV).
Mit notariell beurkundetem Kauf- und Übertragungsvertrag (KÜV) vom 18. Februar 1993 erwarben zwei Gesellschaften, an denen die – mittlerweile umfirmierte – BVV AG maßgeblich beteiligt war, die Geschäftsanteile der VWS. Auch in diesem Vertrag übernahmen die Erwerber die Garantie für den Erhalt von mindestens 2200 Arbeitsplätzen (§ 11 KÜV) und sicherten den Bestand der Werft bis Ende 1997 zu (§ 12.3 KÜV). Die Käufer verpflichteten sich zu Investitionen bis 2005 in Höhe von insgesamt 640 Mio. DM in das Anlagevermögen (§ 10.1 KÜV). Daneben sah dieser Vertrag – anders als der KAV – eine Verpflichtung der Käufer vor, die Volkswerft als eigenes Profitcenter zu führen und die der Volkswerft zugedachten Beihilfen ausschließlich für diese zu verwenden (§ 12.2 KÜV). Die Treuhandanstalt verpflichtete sich in der Vereinbarung zu einer Entschuldung von Altkrediten und zur Zahlung eines Gesamtausgleichsbetrages in Höhe von 585 Mio. DM. Neben einer Kompensation für drohende Verluste aus laufenden Geschäften und personellen Umstrukturierungen enthielt dieser Betrag auch einen Investitionszuschuß in Höhe von 380 Mio. DM (§ 4 KÜV). Weiterhin begründete der Vertrag auch Einstandspflichten der Treuhandanstalt für Forderungen gegen andere ehemals kombinatsabhängige Unternehmenseinheiten. Im Laufe des Jahres 1994 erwarb die H H , eine Tochter der BVV AG, 89 % der Anteile an der VWS; 11 % der Anteile hielt die Stadt Stralsund.
Beide Verträge (KAV und KÜV) sahen einen Genehmigungsvorbehalt im Hinblick auf die Zustimmung der Europäischen Kommission vor. Diese legte Wert darauf, daß keine sogenannten Spill over Effekte eintreten würden , sich also die Beihilfeleistungen der Treuhandanstalt nicht zugleich als Subventionen für die im Westen gelegenen Betriebsstätten der BVV AG auswirken würden. Um dem Anliegen der Kommission Rechnung zu tragen, einigte man sich darauf, daß vierteljährlich entsprechende „Spill over Berichte“ zu fertigen seien, die zudem von einem Wirtschaftsprüfer einmal jährlich testiert werden mußten. In der Folgezeit wurden entsprechende Berichte dann auch durch die beiden Ostwerften vorgelegt.
Die BVV AG befand sich – bedingt durch die wirtschaftlichen Schwierigkeiten im Schiffbau – seit 1992 ständig in einer angespannten finanziellen Situation. Um die Liquiditätsstruktur innerhalb des Konzerns zu optimieren, war ein zentrales Cash-Management-System in der Planung. Dadurch sollten zunächst Finanzüberhänge innerhalb des Konzerns genutzt und so die Aufnahme von Bankkrediten reduziert werden. Aufgrund eines Vorstandsbeschlusses im Herbst 1992 wurde ein zentrales automatisches CashManagement für sämtliche Tochtergesellschaften eingeführt. Dieses richtete die BVV AG aufgrund eines auch mit der Commerzbank als Hausbank geschlossenen Vertrages im Herbst 1993 zunächst nur unter den westdeutschen Tochterunternehmen ein, während die MTW und VWS nicht einbezogen waren. Danach wurde bei der BVV AG ein Zielkonto gebildet, auf das von den Konten der Tochterunternehmen Guthaben automatisch abgebucht wurden. Gleichzeitig erfolgte von dem Zielkonto ein Ausgleich entsprechender Debetsalden der Tochterunternehmen.
Die beiden Ostwerften verfügten auch aufgrund der erhaltenen Leistungen über erhebliche Liquiditätsreserven. Zunächst wurden freie Gelder der MTW als Festgeldanlage an den Treasury der BVV AG ausgereicht. Die
Treuhandanstalt, die von der Anlage dieser Gelder im Treasury Kenntnis er- langt hatte, stimmte der Ausleihung der Gelder unter der Bedingung zu, daß ihre jederzeitige Rückzahlbarkeit gesichert sein mußte. Die Gelder wurden zum 31. März 1994 vereinbarungsgemäß zurückgeführt. Gleiches gilt auch für eine – wesentlich geringere – Anlage der VWS im Treasury.
Das Jahr 1993 hatte den höchsten Verlust der Konzerngeschichte erbracht ; die Banken kürzten die Kreditlinien. Im Verlauf des Jahres 1994 wurde die Liquidität im Konzern zunehmend schwächer. Bereits am 5. April 1994 überwies die MTW 70 Mio. DM, am 8. April 1994 weitere 40 Mio. DM als Festgeld an die BVV AG. Nach der Freigabe eines erheblichen Betrages durch die EU-Kommission legte die MTW im Mai 1994 zusätzlich 220 Mio. DM bei der BVV AG an.
Nachdem sich eine zunächst ins Auge gefaßte Kapitalerhöhung nicht realisieren ließ, beschloß der Vorstand in seiner Sitzung Mitte Juli 1994 ein Sanierungskonzept, das auch die Veräußerung von Firmenanteilen vorsah. Im Zusammenhang mit der Neuordnung der Finanzplanung sollten nun die bislang hiervon ausgenommenen Ostwerften in das automatische CashManagement -System einbezogen werden. Nach internen Unstimmigkeiten innerhalb der Konzernführung wies schließlich der Vorstand der BVV AG die MTW an, sich an dem Cash-Management-System zu beteiligen. Daraufhin kam es im September 1994 zu einer Vereinbarung, welche die MTW verpflichtete , freie Mittel auf das bei der Commerzbank geführte Konto zu übertragen , über das automatisch eine Saldenkonzentration innerhalb des Konzerns bewirkt wurde. Von Seiten der VWS wurde zunächst hinhaltender Widerstand gegen eine Einbeziehung in das Cash-Management-System geleistet. Aufgrund einer Gesellschafterweisung trat schließlich auch die VWS dem Cash-Management-System bei.
Nach anfänglichen Erfolgen bei der finanziellen Konsolidierung des Gesamtkonzerns gab es im Verlauf des Jahres 1995 weitere Rückschläge wegen Forderungsausfällen und der nicht kostendeckenden Fertigstellung von Schiffbauvorhaben. Die Sanierungsvorhaben scheiterten ebenso wie die in Aussicht genommene Veräußerung von steuerlichen Verlustvorträgen in der Gesamthöhe von etwa 3 Mrd. DM. Den Angeklagten war die sich verschärfende wirtschaftliche Situation und insbesondere die dramatische Liquiditätslage bekannt. Dies war Gegenstand einer Vorstandssitzung am 7. August 1995, die – unter Einbeziehung des Aufsichtsrats – in der Folgezeit zu Bemühungen führte, weitere Kredite zu erlangen. Ende August 1995 kam es zur Vereinbarung eines Konsortialkredits in Höhe von insgesamt 300 Mio. DM, an dem mehrere Banken beteiligt waren. Als Sicherheiten wurden die wesentlichen im Konzern noch vorhandenen freien Vermögenswerte verpfändet. Die VWS nahm dabei auf Geheiß der Konzernmutter aus dem Gesamtkredit ein Teildarlehen in Höhe von 68 Mio. DM auf.
In seiner Sitzung im September 1995 billigte der Aufsichtsrat die Kreditaufnahme. Zugleich entband er auf dessen Anerbieten den Angeklagten Dr. H von seinem Amt als Vorstandsvorsitzender, wobei dieser das Amt kommissarisch weiterführen sollte, bis ein Nachfolger gefunden sei.
Trotz des Konsortialkredits kam es im Herbst 1995 zu einer weiteren Verschlechterung der Liquiditätssituation der BVV AG. Diese wurde unter anderem auch durch negative Meldungen in den Medien über die Finanzsituation des Gesamtkonzerns ausgelöst, weil nunmehr etliche Zulieferer nur noch gegen Vorkasse lieferten. Noch im Oktober 1995 wurden von der EUKommission aus dem Gesamtausgleichsbetrag 194 Mio. DM freigegeben, die auf Konten der MTW ausgezahlt wurden und sofort in das CashManagement -System einflossen. Zugleich nahm die MTW auf Veranlassung
der Konzernleitung einen sogenannten Bauzeitenkredit in Höhe von 80 Mio. DM auf.
Der Aufsichtsrat beschloß aufgrund der anhaltenden schwierigen finanziellen Situation in seiner Sitzung vom 15. November 1995 die sofortige Entbindung des Angeklagten Dr. H von seinen Pflichten als Vorstandsvorsitzender und übertrug zugleich diese Funktion dem Angeklagten Sm . Ende 1995 kam es durch die Commerzbank und das Land Bremen zu einer neuerlichen Kreditvergabe von über 384 Mio. DM. Im Dezember 1995 traten erneut Liquiditätslücken auf. Schließlich verschärfte sich die Situation im Januar 1996 drastisch. Eine Sanierung kam nicht mehr zustande. Am 21. Februar 1996 wurde für die BVV AG ein Vergleichsantrag gestellt. Am 1. Mai 1996 kam es durch das Amtsgericht Bremen zur Eröffnung des Anschlußkonkursverfahrens.
Im Februar 1996 waren Gelder der Ostwerften in erheblichem Umfang im Gesamtkonzern angelegt oder – als Transferleistungen im CashManagement -System – von anderen Tochterunternehmen beansprucht. So flossen bei der MTW insgesamt etwa 590 Mio. DM auf diese Weise ab; bei der VWS, die bis zum 31. Dezember 1995 nur noch das Cash-ManagementSystem bediente und keine Festgeldanlagen mehr unterhielt, betrug dieser Betrag etwa 260 Mio. DM. Anfang 1996 schieden die beiden Ostwerften aus dem Cash-Management-System aus. Bemühungen der aus der Treuhandanstalt hervorgegangenen Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS), die Festgeldanlagen zurückzuerlangen, scheiterten ebenso wie die Versuche, die Einlagen im Cash-Management-System nachträglich besichern zu lassen. Die Ausfälle von MTW und VWS wurden im Konkurs der BVV AG zur Konkurstabelle anerkannt.

II.


Das Landgericht hat in dem Verhalten der Angeklagten jeweils eine Untreue zum Nachteil der beiden Ostwerften gesehen. Nach Auffassung des Landgerichts traf die Angeklagten als Organe der Muttergesellschaft (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB) eine Vermögensbetreuungspflicht hinsichtlich des Vermögens der beiden Tochtergesellschaften. Aus dem Gesamtzusammenhang der vertraglichen Regelungen, die durch massive Unterstützungsleistungen der Treuhandanstalt geprägt seien, ergebe sich, daß die Angeklagten als Organe der Muttergesellschaft sämtliche Vermögenswerte der Ostwerften in diesen Unternehmen hätten belassen müssen. Indem den Ostwerften die finanziellen Mittel durch die Anlage im Treasury entzogen worden seien, hätten die Angeklagten gegen diese Pflicht verstoßen. Dabei soll es nach Meinung des Landgerichts nicht darauf ankommen, ob diese Finanzmittel aus den Gesamtausgleichsbeträgen oder dem übrigen Vermögen der Werften stammen. Die Pflichtverletzung der Angeklagten sei darin zu sehen, daß Vermögenswerte der Ostwerften ungesichert angelegt worden seien. Spätestens ab 30. Juni 1994 seien die Gelder der Ostwerften nicht mehr gesichert gewesen. Jedenfalls ab diesem Zeitpunkt liege ein Nachteil im Sinne einer schadensgleichen Vermögensgefährdung vor. Diese Gefährdung habe sich bis zum Konkurs der Muttergesellschaft weiter vertieft, in dem die Tochtergesellschaften nur noch auf eine Konkursquote in Höhe von 5 % hoffen könnten.
Hilfsweise stützt das Landgericht seine Verurteilung auf die Vermögensbetreuungspflicht des beherrschenden Unternehmens. Es nimmt dabei Bezug auf ein im Laufe der Hauptverhandlung ergangenes Urteil des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs (Urt. vom 17. September 2001 – II ZR 178/99), der in dem Zivilverfahren – nur MTW betreffend – eine Haftung von Vorstandsmitgliedern nach § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit § 266 StGB unter dem
Gesichtspunkt des existenzvernichtenden Eingriffs dem Grunde nach für möglich erachtet hat (teilweise abgedruckt in BGHZ 149, 10 ff.).
Das Landgericht hat bei sämtlichen Angeklagten für jede der beiden Taten zu Lasten der MTW und der VWS eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verhängt. Aus diesen Einzelstrafen hat es jeweils aufgrund des sehr engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhangs eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren gebildet und die Vollstreckung der Freiheitsstrafe bei sämtlichen Angeklagten zur Bewährung ausgesetzt.

B.


Die Revisionen der Angeklagten führen zur Aufhebung des landgerichtlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht. Die auf den Strafausspruch beschränkten Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft haben ebenfalls Erfolg.

I.


Das landgerichtliche Urteil ist auf die Sachrügen der Angeklagten aufzuheben , weil die getroffenen Feststellungen die Verurteilungen wegen Untreue nicht tragen. Die Annahme der Strafkammer, die Verträge über den Kauf der Ostwerften begründeten eine Vermögensbetreuungspflicht der Angeklagten im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB, begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
1. Eine Vermögensbetreuungspflicht setzt voraus, daß die Angeklagten als Organe der BVV AG aufgrund der jeweiligen Verträge über den Unternehmenskauf der Ostwerften (KAV und KÜV) zur Wahrung von deren Vermögensinteressen verpflichtet waren. Das Landgericht ist durch Ausle-
gung der beiden Verträge zu der Auffassung gelangt, diese begründeten ein Verbot, Vermögenswerte der Ostwerften an die Muttergesellschaft zu übertragen. Dieses Ergebnis hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

a) Die Beweiswürdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Seine durch Würdigung der vorhandenen Beweismittel gewonnene Überzeugung hat das Revisionsgericht regelmäßig hinzunehmen. Es kann eine solche Entscheidung nur auf Rechtsfehler überprüfen, insbesondere darauf, ob die Beweiswürdigung in sich widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, die Beweismittel nicht ausschöpft oder Verstöße gegen Denk- oder Erfahrungssätze aufweist (st. Rspr.; vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 16; BGH NStZ-RR 2000, 171; BGH NStZ 2001, 491, 492; 2002, 48). Die Auslegung von Verträgen ist ein wertender Akt, weil sie unterschiedliche Aspekte in einer richterlichen Feststellung zusammenführt. Deshalb gelten die vorgenannten Grundsätze ebenso für die Würdigung von Erklärungen, Verträgen oder Urkunden durch den Tatrichter. Auch insoweit beschränkt sich die revisionsrichterliche Kontrolle auf die Prüfung, ob ein Verstoß gegen Sprachund Denkgesetze, Erfahrungssätze oder allgemeine Auslegungsregeln vorliegt (BGH NJW 2003, 1821; vgl. auch BGHSt 37, 55, 61; 21, 371, 372).
Bei Anwendung dieser Maßstäbe ergibt sich folgendes: Das Landgericht berücksichtigt weder zureichend die Rechtslage innerhalb des Konzerns noch entspricht das Ergebnis der allgemein anerkannten Auslegungsregel einer nach beiden Seiten hin interessengerechten Auslegung, durch die eine Abrede auf einen vertretbaren Sinngehalt zurückzuführen ist (vgl. BGHZ 131, 136, 138).
aa) Das Landgericht hat sich insbesondere nicht ausreichend mit den gesellschaftsrechtlichen Grundlagen auseinandergesetzt. Der Alleingesellschafter oder einverständlich handelnde Gesellschafter sind nämlich grund-
sätzlich berechtigt, auch formlos der Tochtergesellschaft Vermögenswerte zu entziehen. Die Gesellschaft hat gegenüber ihren Gesellschaftern keinen Anspruch auf Gewährleistung ihres Bestands. Die Gesellschafter können die Existenz der Gesellschaft – sei es im Rahmen einer freiwilligen Liquidation, sei es im Rahmen eines Insolvenzverfahrens – beenden (BGHZ 151, 181,

186).


Dieses prägende Prinzip, daß es der Konzernmutter – unter noch zu erörternden Einschränkungen – jedenfalls im Grundsatz möglich sein muß, der Gesellschaft Vermögenswerte zu entziehen, hat der Tatrichter bei seiner Auslegung nicht hinreichend bedacht. Ungeachtet der Frage, ob eine vom Landgericht angenommene umfassende Bindung sämtlicher Vermögenswerte der Ostwerften überhaupt zulässig sein könnte, hat es dabei ersichtlich übersehen, daß es sich bei der Auslegung der Verträge vom aufgezeigten gesetzlichen Leitbild entfernt hat.
bb) Daneben läßt die Auslegung des Landgerichts vertragliche Einzelabreden außer Betracht. Beide Veräußerungsverträge enthielten Regelungen über ein Gewinnbezugsrecht, das mit Wirksamkeit der Anteilsabtretung ab 1. Januar 1992 (§ 2.2 KAV) bzw. ab 1. Januar 1993 (§ 1.4 und § 1.5 KÜV) der Käuferin zustehen sollte. Ein solches ausdrücklich vereinbartes Gewinnbezugsrecht ist mit dem vom Landgericht angenommenen Grundgedanken, sämtliche Vermögenswerte der Ostwerften sollten auch dort verbleiben, nicht vereinbar. Das den Erwerbern zustehende Gewinnbezugsrecht weist vielmehr darauf hin, daß ihnen – und letztlich damit der BVV AG als Konzernmutter – die notwendige unternehmerische Freiheit zugestanden werden sollte, die für die reale Wahrnehmung einer Gewinnchance erforderlich war. Der notwendige wirtschaftliche Entscheidungsspielraum umfaßte dabei auch das Finanzmanagement des Gesamtkonzerns, das – jedenfalls idealty-
pisch – für sämtliche Beteiligte zunächst nur Zins- bzw. Liquiditätsvorteile hätte erbringen können.
Hierfür sprechen im übrigen auch weitere – vom Landgericht nicht erörterte – Vertragsbestimmungen in den beiden Erwerbsverträgen. Die Veräußerung der beiden Ostwerften an einen relativ großen Konzern, dessen Tätigkeitsschwerpunkt im Bereich des Schiffbaus lag, erfolgte auch vor dem Hintergrund, Synergieeffekte zu nutzen. Dieser Gesichtspunkt, formuliert als Verpflichtung der BVV AG, alle Synergieeffekte zu nutzen, kommt in beiden Verträgen (§ 10.1 KAV; § 12.1 KÜV) eindeutig zum Ausdruck. Daß vom Willen der Vertragsparteien dabei auch Geldanlagen umfaßt waren, zeigt im übrigen die nachfolgende Entwicklung. Die BvS hatte Kenntnis sowohl von den Geldanlagen als auch von der späteren Einbeziehung der Ostwerften in das Cash-Management-System. Sie hatte hiergegen nur unter dem Gesichtspunkt einer möglichen Gefährdung der Anlagen Bedenken, nicht jedoch gegen den Transfer der Gelder an sich. Nur hierauf kann es aber für die Frage der Vertragsauslegung ankommen. Wenn die BvS prinzipiell eine Verlagerung von Vermögenswerten für zulässig hielt, dann spricht dies dafür, daß durch den Vertrag eine solche Praxis nicht generell ausgeschlossen sein sollte; denn die Praxis der Vertragsdurchführung bildet ein gewichtiges Kriterium für die Auslegung des Vertrages (vgl. BGH NJW 2003, 1821, 1822; NJW 1988, 2878, 2879 m.w.N.).
cc) Das Landgericht mißt im Rahmen der Vertragsauslegung den von den Erwerbern übernommenen Pflichten einen nicht mehr interessengerechten Bedeutungsgehalt zu. Sämtliche von der BVV AG bzw. ihren zwischengeschalteten Töchtern übernommenen Sonderpflichten (Fortführungspflicht , Arbeitsplatzgarantie und Investitionsverpflichtung) sind umsetzbar, ohne daß damit eine völlige Bindung des Vermögens der Ostwerften verbunden sein müßte. Zwar sind diese Sonderpflichten vorrangig, weil Konzernin-
teressen niemals geeignet sein können, die Verletzung vertraglicher Pflichten im Außenverhältnis zu rechtfertigen. Dies erschöpft jedoch die im Rahmen der Vertragsauslegung zu beachtende Bewertung der gegenseitigen Interessen nicht. Ein vom Landgericht angenommenes Verbot des Transfers von Vermögenswerten der Ostwerften ist nämlich keine zwangsläufige Notwendigkeit , um die Erfüllung dieser Pflichten sicherzustellen. Auch hier gilt vielmehr , daß der jeweilige Vertragspartner eigenverantwortlich zu entscheiden hat, wie er diese Pflichten erfüllt. Eine Vertragsauslegung, die das Interesse auch der Erwerberseite angemessen berücksichtigt, dürfte deshalb die unternehmerische Freiheit des Erwerbers nicht weiter einschränken, als dies durch die Art der vertraglichen Pflichten unumgänglich ist.
dd) Schließlich führen auch die Vereinbarungen im Zusammenhang mit der Vorlage der „Spill over Berichte“ nicht zu einer anderen Betrachtung. Dabei kann der Senat dahinstehen lassen, ob diese Abreden – weil sie jedenfalls von Seiten der BVV AG ohne Anerkennung einer Rechtspflicht jeweils erstellt wurden – überhaupt geeignet waren, die vertraglichen Vereinbarungen zu modifizieren. Die „Spill over Berichte“ bezogen sich nämlich allein auf die von der Treuhandanstalt bzw. ihrer Rechtsnachfolgerin BvS erbrachten Leistungen, die im Ergebnis Subventionen waren. Selbst wenn man insoweit von einer vertraglichen Verpflichtung ausginge, diese Leistungen nur zugunsten der Ostwerften zu verwenden, könnte dies nicht die wesentlich weitergehende Vermögensbindung, von der das Landgericht ausgeht, rechtfertigen. Entgegen der Auffassung des Landgerichts sind nämlich – allein schon durch die betragsmäßige Festlegung – Subventionsleistungen und sonstige Vermögenswerte der Ostwerften ohne weiteres trennbar. Wieso dann für die letztgenannten Vermögenswerte ebenfalls ein unbedingtes Transferverbot gelten soll, ist nicht nachvollziehbar. Dies zeigt im übrigen auch die vertragliche Regelung des § 12.2 KÜV. Diese Vorschrift schreibt lediglich fest, daß die Investitionsbeihilfen ausschließlich für die VWS ver-
wendet werden müssen. Diese vertragliche Regelung, die vor dem Hintergrund der zu diesem Zeitpunkt schon bekannten Bedenken der Europäischen Kommission zu möglichen Spill over Effekten zu sehen ist, legt vielmehr den Gegenschluß nahe, daß andere Vermögenswerte an die in den alten Bundesländern gelegenen Konzernteile überführt werden durften.

b) Das Landgericht kann sich für seine Rechtsauffassung nicht auf das Urteil des 3. Strafsenats vom 20. Mai 1996 (NJW 1997, 66 ff.) stützen. Zwar liegt auch jener Entscheidung ein Vertrag über die Veräußerung eines Treuhandunternehmens zugrunde. Der Bundesgerichtshof findet dort jedoch eine Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 StGB nicht in einer Auslegung des (vergleichbaren) Erwerbsvertrages, sondern in der dominierenden Stellung des Alleingesellschafters, der faktisch das erworbene Unternehmen gelenkt hat.

c) Da sich die vom Landgericht angenommene Vermögensbetreuungspflicht gegenüber den Ostwerften nicht aus den Verträgen herleiten läßt, entfällt die Grundlage für den Schuldspruch wegen Untreue gemäß § 266 StGB: Das Landgericht hat die Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des Treubruchtatbestandes (§ 266 Abs. 1 StGB) aus der vertraglichen Pflichtenbindung hergeleitet. Wenn diese Pflichtenbindung unzutreffend definiert ist, dann setzt sich dieser Mangel zwingend fort in der Bestimmung der Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB, die letztlich eine gesteigerte Pflichtenbindung aus dem Vertragsverhältnis darstellt (vgl. BGHSt 28, 20, 23 ff.; Lenckner/Perron in Schönke/Schröder StGB 26. Aufl. § 266 Rdn. 23).
2. Eine Treupflichtverletzung im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB kann auch anderweitig aus den Regelungen der Erwerbsverträge nicht hergeleitet werden. Die dort zugesicherten Gesamtausgleichsbeträge (680 Mio. DM
KAV; 585 Mio. DM – KÜV) stellen gleichfalls kein Treugut im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB dar. Hinsichtlich der im KAV oder KÜV vereinbarten Gesamtausgleichsbeträge ist nach den unterschiedlichen Leistungsarten zu differenzieren, die jeweils in einem einheitlichen Gesamtbetrag zusammengefaßt sind.

a) Soweit Teilbeträge einen Ausgleich für drohende Verluste aus vereinigungsbedingten Verlustgeschäften oder Aufwendungen aus Sozialplänen darstellen sollen, kommen die hierfür angesetzten anteiligen Beträge als Treugut nicht in Betracht. Insoweit bilden diese Beträge einen Ausgleich für bereits eingetretene oder bevorstehende Vermögenseinbußen. Mit ihrer Zahlung sollten die Ostwerften auf einen ausgeglichenen Anfangsstatus gebracht werden, um jedenfalls nicht verschuldet auf den Erwerber überzugehen. Daraus wird auch deutlich, daß damit kein Raum für einen treuhänderischen Umgang der Empfänger mit diesen Geldern bestand. Mit dem Eingang der Zahlung war der eingetretene oder bereits bilanziell eingestellte Verlust rechnerisch ausgeglichen. Eine irgendwie geartete Sonderverpflichtung an diesen ins allgemeine Firmenvermögen eingeflossenen Zahlungen ist nicht erkennbar.

b) Eine privatrechtliche Bindung besteht unzweifelhaft hinsichtlich der Anteile in dem Gesamtausgleichsbetrag, die als Investitionsbeihilfen ausgewiesen sind. Beide Verträge enthalten feste Höchstbeträge für einen Investitionszuschuß (340 Mio. DM – § 5 I.1.h KAV; 380 Mio. DM – § 4.2.6 KÜV). Diese Zusicherungen waren jeweils an eine Investitionsverpflichtung ins Anlagevermögen gekoppelt, die in den Anlagen zu beiden Verträgen näher spezifiziert war. Ihrem Charakter nach waren diese Investitionsbeihilfen Subventionen , die auszuzahlen waren, soweit die Ostwerften die in den Vertragsanlagen beschriebenen Leistungen erbracht hatten. Die Käufer verpflichteten sich dabei in den Erwerbsverträgen, die Werften zu veranlassen,
den aufgeführten Investitionen nachzukommen. Solche Investitionspflichten, die mit Förderleistungen bezuschußt werden, stellen zwar zweifelsfrei vertragliche Pflichten dar. Dies bedeutet indes nicht, daß diese bloß vertraglichen Pflichten notwendig gleichzeitig eine spezifische Treupflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB beinhalten, die darauf gerichtet sein muß, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen.
aa) Der Bundesgerichtshof hat eine solche besondere Pflichtenstellung im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB bei Subventionen grundsätzlich verneint. Der Empfänger solcher staatlichen Leistungen nehme durch die Zuwendung noch nicht Vermögensinteressen der öffentlichen Hand wahr. Diesem fehle im allgemeinen eine besondere, enge Beziehung zu den staatlichen Vermögensinteressen. Die Wahrnehmung der Vermögensinteressen der öffentlichen Hand obliege vielmehr den Amtsträgern oder solchen Personen , denen der Staat die Zuteilung übertragen hat (BGH LM StGB § 266 Nr. 16; BGHZ 149, 10, 23). Dem letzten Empfänger der staatlichen Gelder fehle danach diese enge Beziehung zu den staatlichen Vermögensinteressen ; deren Wahrung sei für ihn nicht die wesentliche Verpflichtung, die ihm aus seinem mit dem Staat abgeschlossenen Rechtsgeschäft erwachse, es sei denn, daß besondere Umstände vorlägen (BGH LM aaO).
Zwar erwägt der II. Zivilsenat hinsichtlich der Investitionsbeihilfen dann eine gesteigerte Vermögensbetreuungspflicht, wenn die zweckgerichtete Verwendung der Subventionsmittel die wesentliche Pflicht aus dem mit der öffentlichen Hand geschlossenen Vertrag ist (BGHZ 149, 10, 24). Danach soll im Blick auf die besondere Bedeutung des Fortbestands der Werften hier eine gesteigerte Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB anzunehmen sein. Dies bleibt im Ergebnis jedoch offen, weil nach der vertraglichen Ausgestaltung diese Pflicht nicht die BVV AG betraf, sondern MTW selbst.

bb) Eine Treupflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB liegt bei der hier gegebenen Sachverhaltskonstellation nicht vor.
(1) Eine Treupflichtverletzung im Sinne des § 266 Abs.1 StGB setzt regelmäßig ein Rechtsverhältnis voraus, das auf die Betreuung fremder Vermögensangelegenheiten gerichtet ist (vgl. BGH NJW 1983, 461; BGHR StGB § 266 Abs. 1 Vermögensbetreuungspflicht 11, 14, 16). Eine solche Treuebeziehung wird sich prinzipiell bei fremdnützigen Schuldverhältnissen ergeben. Deshalb wird die Treupflicht auch als „fremdnützig typisiertes Schuldverhältnis“ verstanden (vgl. Lenckner/Perron in Schönke/Schröder StGB 26. Aufl. § 266 Rdn. 23a). Es wird sogar verlangt, daß die Treupflicht eine Art Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat (vgl. BGH GA 1977, 18,

19).


Anders ist es beim Subventionsempfänger. Dieser wird nicht fremdnützig tätig. Vielmehr wird nach der Zielsetzung der Subventionsleistung die eigene Wertschöpfung des Empfängers gefördert. Insoweit nimmt er kein fremdes, sondern letztlich ein eigenes Geschäft wahr. Damit unterscheidet sich der Subventionsempfänger grundlegend von der Person des über die Subventionsgewährung entscheidenden Amtsträgers. Dieser steht nach ständiger Rechtsprechung in einem Treueverhältnis, weil er über die Mittelvergabe als staatliche Aufgabe entscheidet. Deshalb nimmt er – anders als der Empfänger der Subvention – eine fremde Aufgabe wahr (BGH NJW 2003, 2179; 2001, 2411).
(2) Die vorliegende Sachverhaltsgestaltung legt es auch nicht nahe, einen besonderen Ausnahmefall anzunehmen, der nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Einzelfall eine Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB begründen könnte. Da sich die Treupflicht
grundsätzlich auf ein fremdes Geschäft bezieht, kommt bei dem Subventionsempfänger die Annahme einer Treupflicht ausnahmsweise nur dann in Betracht, wenn er zugleich Vermögensinteressen seines Treugebers zu beachten hat (vgl. BGH GA 1977, 18, 19). Dies kann dann der Fall sein, wenn der Subventionsgeber an dem subventionierten Objekt eigene finanzielle Interessen verfolgt, etwa im Sinne einer Beteiligung an dort zu erwartenden Einnahmen.
Das vom II. Zivilsenat in der genannten Entscheidung in den Vordergrund gestellte Wesentlichkeitselement liefe letztlich darauf hinaus, eine Subvention nach ihrer Größenordnung und wirtschaftlichen Bedeutung zu beurteilen. Inwieweit ein Subventionsziel aus sozial-, kultur- oder wirtschaftspolitischen Gründen mehr oder weniger bedeutsam ist, erscheint jedoch für die Frage von untergeordneter Bedeutung, ob die Subventionsgewährung fremdnützige Elemente aufweist.
Im vorliegenden Fall sind solche Gesichtspunkte auch nicht ersichtlich. Die Förderung der Ostwerften erfolgte allein aus wirtschafts- und strukturpolitischen Überlegungen, was sich schon daraus ergibt, daß die Gewinnbezugsrechte ausschließlich den Anteilserwerbern zustehen sollten. Ein Interesse an konkreten Investitionsmaßnahmen ist gleichfalls nicht erkennbar. Zwar sahen § 8.1 KAV und § 10.1 KÜV konkrete Investitionsmaßnahmen vor. Mit diesen verfolgte die Treuhand aber keine über den allgemeinen Vertragszweck – die Herstellung der Lebensfähigkeit der Werften – hinausgehende Ziele. Den Unternehmen war es vielmehr sogar ausdrücklich gestattet, die in der Anlage vorgesehenen Maßnahmen im Einzelfall auszutauschen und durch wertmäßig gleichartige zu ersetzen (§ 10.1 KÜV; § 8.1 KAV).
(3) Eine Strafbarkeitslücke entsteht hierdurch nicht. Die zweckwidrige Verwendung einer Subvention ist pönalisiert durch die Strafbestimmung des
§ 264 Abs. 1 Nr. 2 StGB. Zwar ist diese Vorschrift erst durch das Gesetz zu dem Übereinkommen vom 26. Juli 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften (EG-Finanzschutzgesetz – EGFinSchG) vom 10. September 1998 (BGBl II 2322) am 22. September 1998 in Kraft getreten und erfaßt mithin die hier zu beurteilenden Tathandlungen nicht mehr. Die Gesetzesnovellierung offenbart jedoch, daß der Gesetzgeber – vor dem Hintergrund der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs – eine zweckwidrige Verwendung von Subventionsleistungen grundsätzlich nicht als Untreue gemäß § 266 StGB angesehen hat. Anderenfalls hätte es einer Neuregelung nicht bedurft (vgl. BT-Drucks. 13/10425, S. 6).
3. Nach den bislang getroffenen Feststellungen des Landgerichts kommt allerdings in Betracht, daß eine Strafbarkeit wegen Untreue gemäß § 266 Abs. 1 StGB unter dem Gesichtspunkt eines existenzgefährdenden Eingriffs gegeben sein könnte.

a) Den Angeklagten als Organen (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB) der Alleingesellschafterin BVV AG kann nämlich gegenüber dem beherrschten Unternehmen insoweit eine Treupflicht zukommen, als sie dem beherrschten Unternehmen nicht Vermögenswerte in einem Umfang entziehen durften, welcher die Existenzfähigkeit des Unternehmens gefährdete.
aa) Allerdings können der Gesellschaft mit Zustimmung sämtlicher Gesellschafter grundsätzlich Vermögenswerte entzogen werden, weil die Gesellschaft gegenüber ihren Gesellschaftern keinen Anspruch auf ihren ungeschmälerten Bestand hat. Deshalb sind solche Verfügungen, die in Übereinstimmung mit dem Vermögensinhaber erfolgen, grundsätzlich nicht pflichtwidrig im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB (vgl. BGHZ 151, 181, 186 f.; BGH wistra 2003, 344, 346 f.; NJW 2003, 2996, 2998). In der zivil- wie auch
strafgerichtlichen Rechtsprechung ist jedoch anerkannt, daß es Fallkonstellationen gibt, in denen der Geschäftsführer als der für das Vermögen einer Gesellschaft Treupflichtige seine Pflichten nach § 266 Abs. 1 StGB auch dann verletzt, wenn er mit Zustimmung sämtlicher Gesellschafter handelt. Insoweit gibt es einen Bereich, der einer Dispositionsmöglichkeit der Gesellschafter entzogen ist, weil Interessen anderer oder öffentliche Interessen berührt sind.
Der Zweck einer Kapitalgesellschaft erschöpft sich nämlich nicht in einer bloßen Vermögensanlage für die Gesellschafter. Jedenfalls wenn die Gesellschaft eine eigene wirtschaftliche Tätigkeit aufgenommen hat, handelt sie unter eigener Rechtspersönlichkeit als Wirtschaftssubjekt im Geschäftsverkehr und wird Träger von Rechten und Pflichten. Dies läßt gleichzeitig Schutzerfordernisse entstehen, die sicherstellen, daß die Gesellschaft die Essentialien einhält, die für das Funktionieren des Wirtschaftskreislaufs unerläßlich sind und auf die der Rechtsverkehr vertrauen können muß. Dementsprechend hat die Rechtsprechung eine Vermögensverfügung dann gegenüber der Gesellschaft als treuwidrig und wirkungslos angesehen, wenn die Verfügung geeignet ist, das Stammkapital der Gesellschaft zu beeinträchtigen (BGHSt 35, 333, 336 f.; BGH NJW 2003, 2996, 2998; 1997, 66, 68 f.; jeweils m.w.N.). Gleiches gilt, wenn durch die Vermögensverfügung eine konkrete und unmittelbare Existenzgefährdung einträte, weil der GmbH ihre Produktionsgrundlagen entzogen würden oder ihre Liquidität gefährdet wäre (BGH aaO; vgl. BGH wistra 2003, 344, 346 f.).
bb) Eine entsprechende Pflicht, die Gesellschaft nicht existenzbedrohend zu beeinträchtigen, trifft nicht nur den Geschäftsführer als das vertretungsberechtigte Organ, sondern in gleicher Weise den beherrschenden Alleingesellschafter (vgl. BGHZ 149, 10, 17 f.). Den Gesellschaftern steht innerhalb wie außerhalb der Liquidation nur der Zugriff auf den zur Erfüllung
der Gesellschaftsverbindlichkeiten nicht benötigten Überschuß zu. Das System der auf das Gesellschaftsvermögen beschränkten Haftung beruht auf der unausgesprochenen, für das Recht der Kapitalgesellschaft jedoch grundlegenden Voraussetzung, daß das Gesellschaftsvermögen das zur Erfüllung der im Namen der Gesellschaft eingegangenen Verbindlichkeiten benötigt wird, in der Gesellschaft zum Zweck der Befriedigung ihrer Gläubiger verbleiben muß und damit der – im Recht der GmbH im übrigen sehr weitgehenden – Dispositionsbefugnis der Gesellschafter entzogen ist (BGHZ 151, 181, 186 f.). Es ist ihnen nicht erlaubt, der Gesellschaft Vermögen zu entziehen , das sie für die Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten benötigt.
cc) Aufgrund dieser Pflichtenstellung der Alleingesellschafterin hat der II. Zivilsenat in dem parallelen Zivilverfahren eine gegen die Gesellschafterin persönlich gerichtete Ausfallhaftung unter dem Gesichtspunkt des existenzvernichtenden Eingriffs bejaht (vgl. BGHZ 149, 10, 17 f.). Als Alleingesellschafterin treffe die BVV AG nämlich die Pflicht, das Vermögen von MTW insoweit zu betreuen, als sie bei ihren Dispositionen über Vermögenswerte der MTW durch angemessene Rücksichtnahme auf deren Eigeninteresse an der Aufrechterhaltung ihrer Fähigkeit, ihren Verbindlichkeiten nachzukommen , darauf zu achten hatte, daß sie die Existenz der MTW nicht gefährdete (BGH aaO). Dabei lehnt sich der II. Zivilsenat an die strafrechtliche Judikatur (BGHSt 35, 333 = NJW 1989, 112) an, die zu den – oben aufgezeigten – Grenzen der Verfügungsbefugnis des Gesellschafters entwickelt wurde. Aus zivilrechtlicher Sicht begründet diese Rechtsprechung eine Ausfallhaftung des in diesem Sinne rechtswidrig handelnden Alleingesellschafters gegenüber dem Gläubiger der Gesellschaft; sie greift dabei aber auf die anerkannten Grenzen der Verfügungsbefugnis des Alleingesellschafters zurück. Dies verdeutlichen auch die später ergangenen Entscheidungen (BGHZ 150, 61 ff.; 151, 181 ff.), in denen das Rechtsinstitut des existenzvernichtenden Eingriffs weiter entwickelt wurde (vgl. Benecke BB 2003, 1190 ff.).
Soweit dabei in der strafgerichtlichen Entscheidungspraxis der Begriff des existenzgefährdenden Eingriffs verwandt wird (vgl. BGH wistra 2003, 344, 346; NJW 2003, 2996, 2998), bedeutet dies keinen wesentlichen Unterschied in den Anwendungsvoraussetzungen. Die terminologische Abweichung erklärt sich vielmehr daraus, daß für den strafrechtlichen Schadensoder Nachteilsbegriff die schadensgleiche Gefährdung ausreicht (vgl. BGHSt 44, 376, 384 ff. m.w.N.), während im Zivilrecht der Gefährdungsgedanke in diesem Zusammenhang keine Rolle spielt. Hat sich die Gefahr nämlich letztlich dann doch nicht verwirklicht, besteht zivilrechtlich kein ausgleichsfähiger Schaden.
dd) Jedenfalls bei der hier gegebenen Sachverhaltskonstellation kann die den Alleingesellschafter gegenüber der Gesellschaft obliegende Pflicht, ihr das zur Begleichung ihrer Verbindlichkeiten erforderliche Kapital zu belassen , auch eine Vermögensbetreuungspflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB darstellen. Der Senat kann dabei offenlassen, ob allein die gebotene Rücksichtnahme des Alleingesellschafters auf das Eigeninteresse der GmbH schon für die Erfüllung des Treuebruchtatbestandes ausreichen kann (so BGHZ 149, 10, 17 f.). Insoweit könnte fraglich sein, inwieweit diese Pflicht schon die Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen betrifft oder nicht vielmehr nur die Schranke eigener Dispositionsfreiheit aufzeigt.
Der vorliegende Fall weist nämlich folgende Besonderheit auf, die jedenfalls eine Vermögensbetreuungspflicht begründete. Die Vermögenswerte der Ostwerften befanden sich innerhalb des Konzerns. Diese standen entweder als Festgeldanlagen dem Konzern bzw. seinen Tochtergesellschaften zur Verfügung oder waren in das Cash-Management-System einbezogen, was materiell die Gewährung eines Darlehens bedeutete (vgl. Burgard, Gesellschaftsrecht in der Diskussion Bd. 6, 2002, S. 48 f.). Damit befanden sich die Gelder in der ausschließlichen Einflußsphäre des Konzerns. Insoweit war
die BVV AG, die als Alleingesellschafterin über die Gelder nur in den oben gesteckten Schranken verfügen durfte, rechtlich gehalten, eine andauernde Sicherung der Gelder zu gewährleisten.
Jedenfalls in dieser Sachverhaltsgestaltung kommt die besondere, auf die Wahrung fremder Vermögensinteressen gerichtete Betreuungspflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB zum Ausdruck. Zwar ist die Errichtung eines entsprechenden Cash-Management-Systems nicht an sich pflichtwidrig. Werden automatisch ohne Rücksicht auf bestehende Verbindlichkeiten Gelder in dieses System eingespeist, löst dies dann gesteigerte Sicherungspflichten aus, wenn auf diese Weise Vermögenswerte das Unternehmen verlassen und innerhalb des Konzerns transferiert werden (vgl. Vetter, Gesellschaftsrecht in der Diskussion Bd. 6, S. 94 f.). Erreicht der Vermögenstransfer ein solches Ausmaß, daß die Erfüllung der eigenen Verbindlichkeiten des einlegenden Konzernmitglieds im Falle eines Verlusts der Gelder gefährdet wäre, dann trifft die Muttergesellschaft eine Vermögensbetreuungspflicht , die Rückzahlung der Gelder – etwa durch ausreichende Besicherung – zu gewährleisten. Sie hat dann die wirtschaftlichen Eigeninteressen ihrer Tochtergesellschaft (und deren Gläubiger) zu wahren. Diese Pflicht der Konzernmutter wird den Angeklagten nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB als Mitgliedern des Organs der Muttergesellschaft zugerechnet. Sie haften deshalb strafrechtlich, soweit die von ihnen geleitete Konzernmutter eine ordnungsgemäße Sicherung der Einzahlungen der Tochtergesellschaften VWS und MTW unterlassen hat.

b) Etwaige Untreuehandlungen in Gestalt von jeweils existenzgefährdenden Eingriffen in das Vermögen der Tochtergesellschaften sind von der Anklage erfaßt. Diese schildert im Anklagesatz die tatsächlichen Voraussetzungen der Tatbestandsverwirklichung in dieser Form. Sie weist zudem in der rechtlichen Würdigung ausdrücklich auf diesen Begründungsansatz hin.
Insofern scheidet im vorliegenden Fall ein Freispruch aus. Zwar hat das Landgericht – von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig – nicht geprüft, ob unter diesem Gesichtspunkt eine Strafbarkeit wegen Untreue gegeben wäre. Dies hätte jedoch seiner Kognitionspflicht unterlegen, zumal das Landgericht die Anklage unverändert zur Hauptverhandlung zugelassen hat.

c) Es kann hier dahinstehen, ob die bislang getroffenen Feststellungen eine Untreuehandlung unter dem Gesichtspunkt des existenzgefährdenden Eingriffs tragen könnten. Dem Senat ist bei der hier gegebenen Verfahrenskonstellation jedenfalls eine Durchentscheidung zum Schuldspruch verschlossen. Dies ergibt sich aus einer von den Angeklagten erhobenen Verfahrensrüge , mit der die Verletzung der Hinweispflicht nach § 265 StPO gerügt wird.
aa) Der Verfahrensrüge liegt folgendes Geschehen zugrunde: Im Blick auf die mittlerweile ergangene Entscheidung des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 17. September 2001 in dem parallel geführten Zivilverfahren haben die Verteidiger der drei Angeklagten einen rechtlichen Hinweis für den Fall erbeten, daß das Landgericht die Vermögensbetreuungspflicht nicht ausschließlich aus den Erwerbsverträgen ableiten sollte, und für diesen Fall weitere Ausführungen in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht angekündigt. Dem ging eine Erklärung des Vorsitzenden voraus, wonach als selbständige Grundlage einer möglichen Vermögensbetreuungspflicht nur die Privatisierungsverträge und deren Auslegung untersucht würden; die gesellschafterliche Treupflicht und die tatsächliche Ausübung der Leitungsmacht im faktischen Konzern seien dagegen nicht geprüft worden.
bb) Gegen die Hinweispflicht hat das Landgericht – entgegen der Auffassung der Revisionen der Angeklagten – im vorliegenden Fall nicht verstoßen , weil es die Vermögensbetreuungspflicht tragend allein auf die Er-
werbsverträge gestützt hat. Der vom Landgericht gesetzte Vertrauenstatbestand muß indes im Revisionsverfahren fortwirken. Den Angeklagten, die entsprechendes Verteidigungsvorbringen mit Rücksicht auf den gerichtlichen Hinweis unterlassen haben, ist die Möglichkeit zu erhalten, sich zu dem Vorwurf eines existenzgefährdenden Eingriffs gegenüber den Tochterunternehmen in einer neuen Hauptverhandlung umfassend zu verteidigen. Der neue Tatrichter wird dabei festzustellen haben, ob und gegebenenfalls wann die von den Ostwerften angelegten Gelder konkret in einem Maße gefährdet waren , daß von einem Nachteil im Sinne des § 266 StGB auszugehen ist. Zugleich wird zu klären sein, inwieweit die Angeklagten von der Gefährdung der Anlagen Kenntnis erlangt hatten.

d) Der neue Tatrichter wird weiterhin in den Blick zu nehmen haben, daß die BVV AG bei der VWS zwar – durch eine hundertprozentige Tochter – die unternehmerische Führung übernehmen sollte (Ziff. 3 der Präambel des KÜV) aber niemals – anders bei MTW – selbst 100 % der Anteile der VWS hielt. Nach den Urteilsfeststellungen war die Stadt Stralsund Inhaberin einer Minderheitsbeteiligung in Höhe von 11 % des Stammkapitals (UA S. 154, 488). Deshalb wird in einer neuen Hauptverhandlung zweierlei zu beachten sein:
aa) Zunächst ist zu klären, ob die Minderheitsgesellschafterin überhaupt informiert wurde und ob gegebenenfalls zwischen den Gesellschaftern Einverständnis hergestellt wurde. Sollte eine entsprechende Billigung der Festgeldanlagen oder der Einbeziehung der freien Gelder in das CashManagement -System bestanden haben, ergeben sich keine Unterschiede zu dem vorstehend Ausgeführten (vgl. BGH ZIP 2002, 848, 850). Für die einverständlich handelnden Gesellschafter gelten nämlich dieselben Grundsätze wie für den Alleingesellschafter (vgl. BGHZ 151, 181, 186).
bb) Läßt sich kein Einverständnis mit der Stadt Stralsund feststellen, entfiele grundsätzlich jede Befugnis der Muttergesellschaft, auf Vermögen der Tochtergesellschaft ohne gesellschaftsrechtliche Legitimation zuzugreifen. Unter dieser Prämisse sind die Vermögenstransfers zu beurteilen. Anlagen in dem Cash-Management-System sind deshalb nur zulässig, wenn dies aufgrund der Interessenlage des Tochterunternehmens aus unternehmerischen Gründen jedenfalls noch als vertretbar erscheint. Kann dies aufgrund fehlender Sicherheiten bei den einzelnen Anlagen trotz einer möglicherweise adäquaten Verzinsung nicht angenommen werden, liegt gegebenenfalls schon in der Veranlassung zur Kapitaleinlage eine Anstiftung zur Untreue. Dies wird insbesondere für die Kreditaufnahme der VWS in Höhe von 68 Mio. DM im Zusammenhang mit dem Konsortialkredit über 300 Mio. DM vom September 1995 gelten. Insofern läßt sich nach den bisherigen Feststellungen aus der Sicht der VWS kein wirtschaftlich nachvollziehbares Motiv für eine Kreditaufnahme in dieser Größenordnung erkennen.
Als Mehrheitsgesellschafterin hatte die BVV AG gegenüber der VWS als ihrer Tochtergesellschaft gleichermaßen eine Vermögensbetreuungspflicht hinsichtlich der im Cash-Management-System angelegten Gelder. Insoweit liegt – wie oben ausgeführt – eine pflichtwidrige Handlung vor, wenn die angelegten Gelder unmittelbar und konkret gefährdet sind und für die Begleichung von Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht mehr zur Verfügung stehen.

e) Sollte der neue Tatrichter unter den oben genannten Voraussetzungen zu dem Ergebnis gelangen, daß existenzgefährdende Eingriffe zu Lasten der Tochtergesellschaften erfolgt sind und den Angeklagten dies auch bewußt war, so liegt die Annahme einer mittelbaren Täterschaft kraft Organisationsherrschaft nahe (vgl. BGHSt 40, 218, 236 ff.; 45, 270, 296 ff.; BGH NJW 2004, 375, 378, zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen). Die Ange-
klagten haben nach den bisherigen Feststellungen aufgrund ihrer Leitungs- macht im Konzern sowohl die Festanlagen größerer Gelder als auch insbesondere das Cash-Management-System in den wesentlichen Grundsätzen installiert, wobei die maßgeblichen Entscheidungen im Vorstand getroffen oder dort jedenfalls zustimmend zur Kenntnis genommen wurden. Dies würde eine gemeinsame (mittäterschaftliche) strafrechtliche Verantwortlichkeit der Angeklagten als Mitglieder des Organs der Konzernmutter begründen (vgl. BGHSt 37, 106, 123 ff.; 48, 77, 89 ff.), ohne daß es darauf ankäme, ob sie von den einzelnen Kapitaltransfers Kenntnis erlangt haben. Sämtliche Einlagen der beiden Ostwerften, die auf der Grundlage des von den Angeklagten zu verantwortenden Systems in den Konzernverbund überführt worden wären, würden dadurch zu einer einheitlichen Handlung zusammengefaßt. Dann wären – auch wenn beide Ostwerften geschädigt sein sollten – die Angeklagten wegen eines einzigen Vergehens der Untreue zu bestrafen.
Für die Abgrenzung, ob die Angeklagten sich wegen Tuns oder Unterlassens strafbar gemacht haben, kann es von Bedeutung sein, ab wann eine schadensgleiche Gefährdung der Einlagen vorgelegen hat und die Angeklagten dies auch erkannt haben. Bestand zum Zeitpunkt der von den Angeklagten vorgenommenen maßgeblichen Weichenstellungen noch keine entsprechende Gefährdungslage, sondern trat diese erst später ein, kann dies für ein Unterlassen im Sinne des § 13 StGB sprechen. Denn dann läge der Unrechtsschwerpunkt darauf, daß die Angeklagten keine Sicherungsmaßnahmen ergriffen oder notfalls den Kapitaltransfer insgesamt nicht abgebrochen hätten.

II.


Die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten Revisionen der Staatsanwaltschaft haben gleichfalls Erfolg.
Der Senat besorgt, daß das Landgericht betreffend alle drei Angeklagte Gesichtspunkte der Findung der schuldangemessenen Strafe mit solchen der Entscheidung über die Aussetzung der Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Bewährung vermengt hat. Anlaß zu dieser Besorgnis gibt – neben der außergewöhnlich straffen Zusammenführung zweier Einzelfreiheitsstrafen von einem Jahr und neun Monaten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren – insbesondere die Erwägung, es erscheine „vertretbar, bei allen Angeklagten auf Freiheitsstrafen zu erkennen, die noch eine Strafaussetzung zur Bewährung ermöglichten“. Der Tatrichter hat zunächst die schuldangemessene Strafe zu finden; erst wenn sich ergibt, daß die der Schuld entsprechende Strafe innerhalb der Grenzen des § 56 Abs. 1 oder Abs. 2 StGB liegt, ist Raum für die Prüfung, ob auch die sonstigen Voraussetzungen für die Aussetzung der Vollstreckung zur Bewährung gegeben sind (BGHSt 29, 319, 321; 32, 60, 65; BGHR StGB § 46 Abs. 1 Schuldausgleich 29; BGH NStZ 2001, 311; Schäfer, Praxis der Strafzumessung 3. Aufl. Rdn. 815; Häger in LK 11. Aufl. vor § 38 Rdn. 38). Da nicht auszuschließen ist, daß schon die verhängten Einzelstrafen in der vorgenannten Weise beeinflußt sind, hebt der Senat – auch auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft – die Strafaussprüche umfassend auf.

III.


Der neue Tatrichter wird für den Fall eines Schuldspruches im Hinblick auf die Bestimmung der Schadenshöhe folgendes zu bedenken haben:
1. Nach der Rechtsprechung des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs begründet der Fall eines existenzvernichtenden Eingriffs in dem beschriebenen Sinne eine Ausfallhaftung des Gesellschafters gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft. Maßgebliche Erwägung ist dabei, daß durch einen entsprechenden Eingriff das Haftungsprivileg des Gesellschafters (§ 13
Abs. 2 GmbHG) entfällt, weil er die Rechtsform der GmbH mißbraucht hat. Die Notwendigkeit der Trennung des Vermögens der Gesellschaft von dem übrigen Vermögen der Gesellschafter und die strikte Bindung des ersteren zur – vorrangigen – Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger besteht während der gesamten Lebensdauer der GmbH. Beide – Absonderung und Zweckbindung – sind unabdingbare Voraussetzungen dafür, daß die Gesellschafter die Beschränkung ihrer Haftung auf das Gesellschaftsvermögen in Anspruch nehmen können (BGHZ 151, 181, 186 f.). Wer der Gesellschaft erst Vermögen entzieht und die Gläubiger dann auf dieses Vermögen verweisen will, setzt sich in Widerspruch zu seinem eigenen Verhalten. Er muß deshalb für die ungedeckten Schulden der Gesellschaft einstehen und kann vom Gläubiger direkt in Anspruch genommen werden. Als ein auf richterrechtlicher Lückenschließung beruhender Haftungsdurchgriff ist er aber subsidiär gegenüber dem im Gesellschaftsrecht vorgesehenen gesetzlichen Ausgleichssystem der §§ 30, 31 GmbHG (Röhricht, Gesellschaftsrecht in der Diskussion Bd. 6, S. 27 ff.). Ob dieser Anspruch dann in seinem Umfang den gesamten Betrag erfaßt, den der Gesellschafter der Gesellschaft entzogen hat, oder ob er sich auf den Anteil beschränkt, den der Gesellschafter nicht hätte entnehmen dürfen, ist in der gesellschaftsrechtlichen Diskussion umstritten (vgl. Vetter ZIP 2003, 601, 603 ff. m.w.N.). Für die strafrechtliche Beurteilung kann dies freilich dahinstehen.
2. Die gesellschaftsrechtlichen Grundsätze sind nämlich nur dem Grunde nach auf das Strafrecht übertragbar, nicht jedoch was die Bestimmung des Schuldumfangs anbelangt. Das Rechtsinstitut einer Ausfallhaftung ist wegen seiner andersartigen Zielrichtung nicht ohne weiteres geeignet, Anhaltspunkte für die Bestimmung des strafrechtlich relevanten Schadens zu liefern. Der durch die Verletzung des Untreuetatbestands begründete Unrechtsgehalt muß danach bestimmt werden, welche Vermögenseinbuße der Täter dem geschützten Vermögen pflichtwidrig zugefügt hat. Dies kann nur
im Rahmen einer wertenden Betrachtung erfolgen. Da der Entzug von Ver- mögenswerten nicht schlechthin, sondern nur insoweit pflichtwidrig ist, als die Erfüllung von Verbindlichkeiten nicht mehr gewährleistet ist, kann sich der Nachteil im Sinne des Untreuetatbestandes nach § 266 StGB auch nur darauf beziehen. Der neue Tatrichter wird deshalb festzustellen haben, welcher Anteil des den Ostgesellschaften letztlich verloren gegangenen Vermögens für die Erfüllung bestehender Verbindlichkeiten benötigt worden wäre.
Harms Häger Raum Brause Schaal

(1) Besteht ein Beherrschungs- oder ein Gewinnabführungsvertrag, so hat der andere Vertragsteil jeden während der Vertragsdauer sonst entstehenden Jahresfehlbetrag auszugleichen, soweit dieser nicht dadurch ausgeglichen wird, daß den anderen Gewinnrücklagen Beträge entnommen werden, die während der Vertragsdauer in sie eingestellt worden sind.

(2) Hat eine abhängige Gesellschaft den Betrieb ihres Unternehmens dem herrschenden Unternehmen verpachtet oder sonst überlassen, so hat das herrschende Unternehmen jeden während der Vertragsdauer sonst entstehenden Jahresfehlbetrag auszugleichen, soweit die vereinbarte Gegenleistung das angemessene Entgelt nicht erreicht.

(3) Die Gesellschaft kann auf den Anspruch auf Ausgleich erst drei Jahre nach dem Tag, an dem die Eintragung der Beendigung des Vertrags in das Handelsregister nach § 10 des Handelsgesetzbuchs bekannt gemacht worden ist, verzichten oder sich über ihn vergleichen. Dies gilt nicht, wenn der Ausgleichspflichtige zahlungsunfähig ist und sich zur Abwendung des Insolvenzverfahrens mit seinen Gläubigern vergleicht oder wenn die Ersatzpflicht in einem Insolvenzplan oder Restrukturierungsplan geregelt wird. Der Verzicht oder Vergleich wird nur wirksam, wenn die außenstehenden Aktionäre durch Sonderbeschluß zustimmen und nicht eine Minderheit, deren Anteile zusammen den zehnten Teil des bei der Beschlußfassung vertretenen Grundkapitals erreichen, zur Niederschrift Widerspruch erhebt.

(4) Die Ansprüche aus diesen Vorschriften verjähren in zehn Jahren seit dem Tag, an dem die Eintragung der Beendigung des Vertrags in das Handelsregister nach § 10 des Handelsgesetzbuchs bekannt gemacht worden ist.

(1) Rückstellungen sind für ungewisse Verbindlichkeiten und für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften zu bilden. Ferner sind Rückstellungen zu bilden für

1.
im Geschäftsjahr unterlassene Aufwendungen für Instandhaltung, die im folgenden Geschäftsjahr innerhalb von drei Monaten, oder für Abraumbeseitigung, die im folgenden Geschäftsjahr nachgeholt werden,
2.
Gewährleistungen, die ohne rechtliche Verpflichtung erbracht werden.

(2) Für andere als die in Absatz 1 bezeichneten Zwecke dürfen Rückstellungen nicht gebildet werden. Rückstellungen dürfen nur aufgelöst werden, soweit der Grund hierfür entfallen ist.

(1) Ein Institut oder ein übergeordnetes Unternehmen, die Mitglieder deren Organe und deren Beschäftigte haben der Bundesanstalt, den Personen und Einrichtungen, deren sich die Bundesanstalt bei der Durchführung ihrer Aufgaben bedient, sowie der Deutschen Bundesbank auf Verlangen Auskünfte über alle Geschäftsangelegenheiten zu erteilen, Unterlagen vorzulegen und erforderlichenfalls Kopien anzufertigen; dies gilt auch für Auslagerungsunternehmen, für die Mitglieder von deren Organen und für deren Beschäftigte, soweit Aktivitäten und Prozesse betroffen sind, die ein Institut oder übergeordnetes Unternehmen ausgelagert hat. Die Bundesanstalt kann, auch ohne besonderen Anlass, bei den Instituten, übergeordneten Unternehmen und Auslagerungsunternehmen, soweit ein Institut oder ein übergeordnetes Unternehmen wesentliche Aktivitäten und Prozesse im Sinne des § 25b Absatz 1 Satz 1 ausgelagert hat oder es sich um eine Auslagerung nach § 25h Absatz 4 oder nach § 6 Absatz 7 des Geldwäschegesetzes handelt, Prüfungen vornehmen und die Durchführung der Prüfungen der Deutschen Bundesbank übertragen. Die Bediensteten der Bundesanstalt, der Deutschen Bundesbank sowie die sonstigen Personen, deren sich die Bundesanstalt bei der Durchführung der Prüfungen bedient, können hierzu die Geschäftsräume des Instituts, des Auslagerungsunternehmens und des übergeordneten Unternehmens innerhalb der üblichen Betriebs- und Geschäftszeiten betreten und besichtigen. Die Betroffenen haben Maßnahmen nach den Sätzen 2 und 3 zu dulden.

(1a) Soweit eine zentrale Gegenpartei unter den Voraussetzungen des Artikels 35 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 operationelle Funktionen, Dienstleistungen oder Tätigkeiten auf ein Unternehmen auslagert, sind die Befugnisse der Bundesanstalt nach Absatz 1 Satz 2 und 3 auch auf dieses Unternehmen entsprechend anwendbar; Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.

(1b) Originatoren und ursprüngliche Kreditgeber, soweit sie keine Institute sind, sowie Verbriefungszweckgesellschaften und gemäß Artikel 28 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2017/2402 zugelassene Dritte haben der Bundesanstalt Auskünfte entsprechend den Absätzen 1 und 6 zu erteilen. Der Bundesanstalt stehen die in Absatz 1 genannten Prüfungsbefugnisse entsprechend zu.

(2) Ein nachgeordnetes Unternehmen im Sinne des § 10a, eine Finanzholding-Gesellschaft an der Spitze einer Finanzholding-Gruppe im Sinne des § 10a, eine gemischte Finanzholding-Gesellschaft an der Spitze einer gemischten Finanzholding-Gruppe im Sinne des § 10a oder eine gemischte Holding-Gesellschaft sowie ein Mitglied eines Organs eines solchen Unternehmens haben der Bundesanstalt, den Personen und Einrichtungen, deren sich die Bundesanstalt bei der Durchführung ihrer Aufgaben bedient, sowie der Deutschen Bundesbank auf Verlangen Auskünfte zu erteilen, Unterlagen vorzulegen und erforderlichenfalls Kopien anzufertigen, um die Richtigkeit der Auskünfte oder der übermittelten Daten zu überprüfen, die für die Aufsicht auf zusammengefasster Basis erforderlich sind oder die in Verbindung mit einer Rechtsverordnung nach § 25 Absatz 3 Satz 1 zu übermitteln sind. Die Bundesanstalt kann, auch ohne besonderen Anlass, bei den in Satz 1 genannten Unternehmen Prüfungen vornehmen und die Durchführung der Prüfungen der Deutschen Bundesbank übertragen; Absatz 1 Satz 2 Halbsatz 2 gilt entsprechend. Die Bediensteten der Bundesanstalt, der Deutschen Bundesbank sowie der sonstigen Personen, deren sich die Bundesanstalt bei der Durchführung der Prüfungen bedient, können hierzu die Geschäftsräume der Unternehmen innerhalb der üblichen Betriebs- und Geschäftszeiten betreten und besichtigen. Die Betroffenen haben Maßnahmen nach den Sätzen 2 und 3 zu dulden. Die Sätze 1 bis 4 gelten entsprechend für ein nicht in die Zusammenfassung einbezogenes Tochterunternehmen und ein gemischte Holdinggesellschaft und dessen Tochterunternehmen.

(2a) Benötigt die Bundesanstalt bei der Aufsicht über eine Institutsgruppe, Finanzholding-Gruppe, eine gemischte Finanzholding-Gruppe oder gemischte Holding-Gruppe Informationen, die bereits einer anderen zuständigen Stelle vorliegen, richtet sie ihr Auskunftsersuchen zunächst an diese zuständige Stelle. Bei der Aufsicht über Institute, die einem EU-Mutterinstitut nach § 10a nachgeordnet sind, richtet die Bundesanstalt Auskunftsersuchen zur Umsetzung der Ansätze und Methoden nach der Richtlinie 2013/36/EU regelmäßig zunächst an die für die Aufsicht auf zusammengefasster Basis zuständige Stelle.

(3) Die in die Zusammenfassung einbezogenen Unternehmen mit Sitz im Ausland haben der Bundesanstalt auf Verlangen die nach diesem Gesetz zulässigen Prüfungen zu gestatten, insbesondere die Überprüfung der Richtigkeit der für die Zusammenfassung nach § 10a Absatz 4 bis 7, § 25 Absatz 2 und 3 und nach den Artikeln 11 bis 17 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 in ihrer jeweils geltenden Fassung übermittelten Daten, soweit dies zur Erfüllung der Aufgaben der Bundesanstalt erforderlich und nach dem Recht des anderen Staates zulässig ist. Dies gilt auch für nicht in die Zusammenfassung einbezogene Tochterunternehmen mit Sitz im Ausland.

(3a) (weggefallen)

(4) Die Bundesanstalt kann zu den Hauptversammlungen, Generalversammlungen oder Gesellschafterversammlungen sowie zu den Sitzungen der Aufsichtsorgane bei Instituten, Finanzholding-Gesellschaften oder gemischten Finanzholding-Gesellschaften in der Rechtsform einer juristischen Person Vertreter entsenden. Diese können in der Versammlung oder Sitzung das Wort ergreifen. Im Fall der virtuellen Hauptversammlung nach § 118a des Aktiengesetzes sind die Vertreter im Wege der Videokommunikation zu der Versammlung zuzuschalten und können über die Videokommunikation das Wort ergreifen. Nach § 130a Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes eingereichte Stellungnahmen, nach § 131 Absatz 1a und 1b des Aktiengesetzes eingereichte Fragen sowie die zu diesen Fragen vor der Versammlung gegebenen Antworten sind den Vertretern zugänglich zu machen. Die Vertreter dürfen anstelle der Zuschaltung im Wege der Videokommunikation am Ort der Hauptversammlung teilnehmen, sofern sie dies für erforderlich halten. Die Betroffenen haben Maßnahmen nach den Sätzen 1 bis 5 zu dulden.

(5) Die Institute, Finanzholding-Gesellschaften und gemischten Finanzholding-Gesellschaften in der Rechtsform einer juristischen Person haben auf Verlangen der Bundesanstalt die Einberufung der in Absatz 4 Satz 1 bezeichneten Versammlungen, die Anberaumung von Sitzungen der Verwaltungs- und Aufsichtsorgane sowie die Ankündigung von Gegenständen zur Beschlußfassung vorzunehmen. Die Bundesanstalt kann zu einer nach Satz 1 anberaumten Sitzung Vertreter entsenden. Diese können in der Sitzung das Wort ergreifen. Absatz 4 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend. Die Betroffenen haben Maßnahmen nach den Sätzen 2 bis 4 zu dulden. Absatz 4 bleibt unberührt.

(6) Der zur Erteilung einer Auskunft Verpflichtete kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihn selbst oder einen der in § 383 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 der Zivilprozeßordnung bezeichneten Angehörigen der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde.

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

Nachschlagewerk: ja
BGHSt: ja
Veröffentlichung: ja
Für die Pflichtverletzung im Sinne des Mißbrauchstatbestandes des § 266
StGB bei einer Kreditvergabe ist maßgebend, ob die Entscheidungsträger bei
der Kreditvergabe ihre bankübliche Informations- und Prüfungspflicht bezüglich
der wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditnehmers gravierend verletzt haben.
Aus der Verletzung der in § 18 Satz 1 KWG normierten Pflicht zum Verlangen
nach Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse können sich Anhaltspunkte
dafür ergeben, daß der banküblichen Informations- und Prüfungspflicht nicht
ausreichend Genüge getan wurde (Fortführung von BGHSt 46,30).
BGH, Urt. vom 15. November 2001 - 1 StR 185/01 - LG Mannheim

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 185/01
vom
15. November 2001
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
wegen Untreue u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
6. November 2001 in der Sitzung am 15. November 2001, an denen
teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Schäfer
und die Richter am Bundesgerichtshof
Nack,
Dr. Boetticher,
Schluckebier,
Hebenstreit,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt und Rechtsanwältin für den
Angeklagten H. ,
Rechtsanwalt für den Angeklagten Ho. ,
Rechtsanwalt und Rechtsanwältin
für den Angeklagten Dr. R. ,
Rechtsanwalt für den Angeklagten S.
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
I. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 24. Juli 2000 mit den Feststellungen aufgehoben, 1. soweit im Komplex Ri. /G. (II. D der Urteilsgründe) die Angeklagten
a) Dr. R. in den Fällen 7.3., 7.4. und 7.5. (Fälle 3, 4 und 5),
b) S. in den Fällen 7.2., 7.4. und 7.5. (Fälle 2, 4 und 5),
c) H. in den Fällen 7.2., 7.3., 7.4. und 7.5. (Fälle 2, 3, 4 und 5),
d) Ho. in den Fällen 7.2., 7.4. und 7.5. (Fälle 2, 4 und 5), freigesprochen wurden; 2. im Strafausspruch gegen den Angeklagten H. im Komplex “Satellitenfinanzierung” (II. F der Urteilsgründe). II. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
III. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Von Rechts wegen

Gründe:


Das Landgericht hat Bankleiter der Sparkasse M. ± die beiden Vorstandsmitglieder Dr. R. und S. ± sowie das stellvertretende Vorstandsmitglied Ho. vom mehrfachen Vorwurf der Untreue durch Vergabe von Krediten freigesprochen. Das dritte Vorstandsmitglied H. hat es ± unter Freispruch vom Vorwurf der Untreue (in denselben Fällen der Kreditvergabe) und der Bestechlichkeit ± wegen Untreue in fünf Fällen (weitere Kreditvergaben: “Satellitenfinanzierung”) zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die zu Ungunsten der Angeklagten eingelegten Revisionen der Staatsanwaltschaft richten sich mit der Sachrüge und umfangreichen Verfahrensrügen gegen die Freisprüche aller Angeklagten und den Strafausspruch gegen den Angeklagten H. im Komplex “Satellitenfinanzierung”. Die Revisionen haben aufgrund der Sachrüge teilweise Erfolg; im übrigen sind sie unbegründet.

A.

Die Angeklagten Dr. R. , S. und H. bildeten den Vorstand der Sparkasse M. . Dr. R. war Vorstandsvorsitzender, S. war stellvertretender Vorstandsvorsitzender und betreute u.a. das Privatkundengeschäft; H. war u.a. für das Firmenkundengeschäft zuständig. Ho. war im Dezernat H. tätig und Verhinderungsvertreter des Vorstands. Im August 1994 wurde er stellvertretendes Vorstandsmitglied für das Dezernat H. . Ende der 80er Jahre entschied sich die Sparkasse, ermuntert von dem Verwaltungsratsvorsitzenden ± dem Oberbürgermeister der Stadt M. ±, das Kreditgeschäft auszuweiten und “die offensive Akquisition in diesem Bereich zu forcieren”. Es sollten nicht mehr nur Kredite innerhalb des Gebietes des Gewährträgers (“Regionalprinzip”) vergeben werden. Durch diese Kreditpolitik geriet die Sparkasse in erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten.
Den im Jahre 1999 aufgelaufenen Verlust von 900 Mio DM konnte sie nicht mehr aus eigener Kraft bewältigen. I. Die Freisprüche vom Vorwurf der Untreue betreffen zwei gescheiterte Kreditverhältnisse. Im ersten Komplex Ra. /B. wurde den drei Vorstandsmitgliedern Dr. R. , S. und H. vorgeworfen, in den Jahren 1993 bis 1995 in acht Fällen pflichtwidrig Kredite in Höhe von über 80 Mio DM vergeben zu haben. Im zweiten Komplex Ri. /G. wurde allen vier Angeklagten vorgeworfen, in den Jahren 1994 und 1995 in sechs Fällen pflichtwidrig Kredite in Höhe von ca. 40 Mio DM ausgereicht zu haben. Dazu hat das Landgericht folgende Feststellungen getroffen: 1. Der Komplex Ra. /B. betrifft die Finanzierung eines Hotelbaus durch Ra. in B. bei Sp. . Die erste Phase des Hotelprojekts wurde durch andere Banken, unter anderem die Dresdner Bank, finanziert. 1993 waren diese Banken jedoch zu weiteren Kreditbewilligungen nicht mehr bereit; die Dresdner Bank stellte ihre Forderungen in Höhe von 11 Mio DM fällig.
a) Im August 1993 übernahm die Sparkasse M. die weitere Finanzierung und löste die bisherigen Kredite ab. Der vom Vorstand bewilligte Erstkredit hatte ein Volumen von 26,5 Mio DM. Ausweislich der von der Steuerberaterin Ra. s vorgelegten ± falschen ± Vermögensaufstellung hatte dieser ein Nettovermögen von 13 Mio DM, während es tatsächlich nur 3,25 Mio betrug. Die tatsächlichen Vermögensverhältnisse des Kreditnehmers wurden nicht im Detail überprüft. Der von der Sparkasse beauftragte Sachverständige Sch. ermittelte einen Beleihungswert von 31,5 Mio DM für das Objekt, auf dem Grundschulden in Höhe des Kredits bestellt wurden.
b) In der Folgezeit führte der weitere Ausbau des Hotelprojekts zu Nachfinanzierungen ± darunter Zusatzkredite über 15 Mio DM ±, die der Vorstand der Sparkasse teilweise in Eilbeschlüssen, teilweise zunächst ªblankoº und teilweise zur Rückführung von Überziehungen bewilligte. Auf dem
Objekt wurden ± der Sachverständige errechnete wegen des Baufortschritts jeweils höhere Beleihungswerte ± weitere Grundschulden eingetragen und zusätzliche Sicherheiten hereingenommen. Ende 1995 betrug das Gesamtkreditvolumen mehr als 82 Mio DM.
c) Über die Höhe des endgültigen Forderungsausfalls aufgrund der Kreditgewährungen in diesem Komplex enthält das Urteil keine Feststellungen. Nachdem die Gremien der Sparkasse Ende 1995 beschlossen hatten, das auf 82 Mio DM angewachsene Kreditengagement nicht weiter zu erhöhen, kam es 1996 noch zu weiteren Kreditausreichungen durch den Angeklagten H. , die zur Verschleierung über diverse Konten abgewickelt wurden. Dabei fungierten andere Personen zum Schein als Kreditnehmer (ªSatellitenfinanzierungº). Insoweit wurde H. wegen Untreue in fünf Fällen verurteilt.
d) Die Freisprüche hat das Landgericht wie folgt begründet: aa) Soweit die Angeklagten Dr. R. (Folgekredite Fälle 2, 5 und 1a) und S. (Erstkredit Fall 1) an einzelnen Kreditentscheidungen nicht mitgewirkt, sondern lediglich an Sitzungen des Kreditausschusses ohne Stimmrecht teilgenommen haben, hat das Landgericht diese Angeklagten schon wegen des Fehlens einer Tathandlung freigesprochen. bb) Die Gewährung des Erstkredits sei objektiv nicht unvertretbar gewesen, daher liege bei dieser Kreditvergabe kein pflichtwidriges Verhalten vor. Zwar habe man sich nicht ausreichend mit den Vermögensverhältnissen des Kreditnehmers befaût. Das Objekt sei nicht besichtigt und der Bautenstand sei nicht hinreichend festgestellt worden. Man habe jedoch auf die Ergebnisse des Sachverständigen Sch. vertrauen dürfen, auch wenn dieser nicht kompetent gewesen sei und sich seinerseits auf die Angaben Ra. s verlassen habe.
cc) Die Kreditausweitung sei hingegen ± anders als der Erstkredit ± objektiv unvertretbar gewesen. Auch hier habe der Sachverständige zwar ausreichende Sicherheiten festgestellt, tatsächlich sei die Kreditausweitung aber nicht mehr zuverlässig besichert gewesen. Auch wenn bei den Kreditvergaben keine Satzungsverstöûe vorgekommen seien, hätten jedoch gravierende Versäumnisse vorgelegen. Eine gebotene sachgerechte Mittelverwendungskontrolle sei nicht veranlaût worden. Diese unzureichende Mittelverwendungskontrolle sei bei der ± nunmehr objektiv unvertretbaren ± Kreditausweitung für die Vorstandsmitglieder auch erkennbar gewesen. Es sei klar ersichtlich gewesen, daû die ursprünglichen Annahmen bei weitem nicht eingetreten seien und daû der Kreditnehmer den Bau nicht im Griff hatte. All dies hätte es nahegelegt, die Bonität des Kreditnehmers näher zu durchleuchten. Bei der Kreditausweitung konnte sich das Landgericht indes nicht zweifelsfrei vom Vorliegen des Vorsatzes überzeugen. Zugunsten der Angeklagten müsse davon ausgegangen werden, daû sie sich der Pflichtwidrigkeit ihres Handelns ªletztlich nicht bewuûtº gewesen seien, und daû sie darauf vertraut hätten, das Engagement insgesamt zu einem guten Ende bringen zu können. Daher hätten sie auch die Schädigung der Sparkasse nicht billigend in Kauf genommen. Gegen einen Vorsatz spreche insbesondere, daû sie dem Gutachten des Sachverständigen vertraut hätten. Zudem habe die Verbandsprüfung noch 1995 (bei einer bestehenden Kreditbewilligung von 59 Mio DM) das Engagement als ªbemerkenswerten Kredit ohne erkennbares Risikoº in die Risikoklasse I eingestuft und die Beachtung des § 18 KWG attestiert. 2. Der Komplex Ri. /G. betrifft die Firmengruppe des G. . G. hatte die Lebensmittel-Firma Ri. -Nährmittel GmbH Mi. (Ri. Mi. ) von der Treuhandanstalt erworben. Die Gesellschaft hatte ihre Produktionsstätte in Mi. bei C. und eine Betriebsstätte in D. bei Ba. . Die Firmengrundstücke in D. standen im Privateigentum
G. s, waren an die Ri. Mi. verpachtet und zur Sicherheit für Firmenkredite an andere Banken verpfändet. Diese Grundstücke in D. waren Gegenstand des Erstkredits in diesem Komplex. Die Hausbank G. s, die Sc. Bank, wollte ihr Kreditengagement ± die Gesamtverschuldung der Firmengruppe betrug 80 Mio DM ± zurückführen, nachdem ihr Scheckreitereien G. s bekannt geworden waren. Unter Mitwirkung der Sc. Bank hatte G. bei der Ri. Mi. zum Schein eine buchmäûige Stammkapitalerhöhung von 20 auf 40 Mio DM vorgenommen, so daû die Bilanz eine gute Eigenkapitalausstattung vortäuschte.
a) Zur Refinanzierung eines ± im Urteil nicht näher beschriebenen ± Immobilien-Leasing-Vertrages im Wege des regreûlosen Forderungsankaufs sollte der Ri. Mi. von der Sparkasse M. ein Kredit gewährt werden. Gegenstand der Finanzierung waren zwei im Privateigentum G. s stehende Betriebsgrundstücke der Ri. Mi. in D. , die G. bislang an das Unternehmen untervermietet hatte. Mit Blick auf die scheinbar ordentlichen Bilanzverhältnisse der Ri. Mi. bewilligten die Angeklagten Dr. R. , S. und H. im April 1994 per Eilbeschluû den Erstkredit über 25 Mio DM. Aus der Kreditbeschluûvorlage war die fehlende Transparenz der privaten Vermögensverhältnisse der mitverpflichteten Eheleute G. ersichtlich. Die Auflage, angeblich freie Vermögensteile der Eheleute G. in Höhe von 6,4 Mio DM zu testieren, wurde noch vor der Kreditvalutierung von H. und S. aufgehoben. Bei der Höhe des Stammkapitals begnügte man sich mit den Angaben G. s. Der Angeklagte Ho. hatte für die mit Grundschulden zu besichernde Betriebsstätte einen Beleihungswert von 19,1 Mio DM ermittelt. Der restliche Betrag von 5,9 Mio DM wurde im Hinblick auf die Bilanzen der Ri. Mi. blanko gewährt; 1,5 Mio DM davon wurden bei der Sparkasse als Sicherheit angelegt. Mit dem Darlehen wurden
Verbindlichkeiten bei anderen Banken von 21,5 Mio DM abgelöst. Anfang September 1994 wurde der Erstkredit valutiert.
b) Bereits Ende September 1994 kam die Ri. Mi. mit der Zahlung der Leasingraten in Verzug. Seit März 1995 fanden Lastschriften und Schecks keine Einlösung mehr. Wechsel für die Leasingraten März bis Mai 1995 wurden ausnahmslos protestiert. Darüber wurde der Mitarbeiter der Sparkasse Gu. informiert. In Krisengesprächen untersuchten Wirtschaftsprüfer und Steuerberater der Gesellschaft zusammen mit anderen Gläubigerbanken, insbesondere der Sc. Bank, die wirtschaftlich verworrene Lage. G. hatte inzwischen ± ohne die Sparkasse und andere Kreditgeber zu informieren ± die Ri. Nährmittel GmbH in D. (Ri. D. ) gegründet und gleichzeitig eine Teilbetriebsveräuûerung der Betriebsstätte in D. von Ri. Mi. an Ri. D. vorgenommen. Daraus resultierte eine Darlehensforderung der Ri. Mi. an Ri. D. in Höhe von 10 Mio DM, die diese jedoch nicht bedienen konnte. Der als Unternehmensberater installierte Vertreter der Sc. Bank, Bü. , hatte eine Gesamtverschuldung beider Gesellschaften und G. s von über 100 Mio DM errechnet. Er ermittelte Mehrfachsicherungsübereignungen und erhebliche Privatentnahmen und kam zu dem Ergebnis, daû die Gesellschaften kurz vor dem Konkurs stünden. Nach seinem Sanierungskonzept war nur eine gemeinsame Sanierung beider Gesellschaften, die er als Einheit betrachtete, erfolgversprechend. Über diese Situation wurde der Mitarbeiter der Sparkasse Gu. im Februar 1995 informiert; die Angeklagten H. und Ho. erhielten hiervon gleichfalls Kenntnis. H. und Ho. hegten den Verdacht, daû Bü. einseitig die Sc. Bank bevorzugen würde. Sie entschlossen sich, die Situation durch ein eigenes Sanierungskonzept zu meistern. Sie wollten die Ri. D. , der sie gute Erfolgschancen beimaûen, von Ri. Mi. abschotten und mit
Liquidität ausstatten. Der Vertreter der Sc. Bank Bü. war mit dieser Vorgehensweise nicht einverstanden und trat daraufhin als Generalbevollmächtigter beider Gesellschaften zurück. Obwohl er vor einer Konkursverschleppung warnte, beschlossen die Angeklagten H. und Ho. nun ihr eigenes Sanierungskonzept in die Wege zu leiten. Ho. beauftragte den Unternehmensberater Sa. mit der Untersuchung der Ri. D. . Sa. hatte vorrangig den Auftrag, sich über die Zukunftsperspektive der Ri. D. zu kümmern, die Vergangenheit jedoch weitgehend auszublenden. Er fertigte eine Liquiditätsplanung, mit der sich die Angeklagten H. und Ho. zufrieden gaben. Obwohl in der Vergangenheit eine Vielzahl negativer Erkenntnisse entstanden waren (Scheckreitereien, unordentliche Buchführung und Doppelzessionen) entschieden sie sich mit Blick nach vorne, den Fortbestand von Ri. D. zu retten. Sie erkannten, daû die Situation dramatisch war.
c) In der Folgezeit kam es zu weiteren Kreditgewährungen. aa) Im Juni 1995 bewilligten die Angeklagten H. , S. und Ho. (als Verhinderungsvertreter Dr. R. s) der Ri. D. per Eilbeschluû einen Kontokorrentkredit als Betriebsmittelkredit in Höhe von 2,5 Mio DM. Die Ri. D. war in den Leasingvertrag bei Mitverpflichtung der Ri. Mi. eingetreten, sie konnte aber ± ebenso wie die Ri. Mi. ± die Leasingraten nicht aufbringen. bb) Im August 1995 genehmigten die Angeklagten Dr. R. und H. eine Bürgschaft zugunsten der Ri. D. in Höhe von 0,4 Mio DM, um die weitere Nutzung des ªGrünen Punktesº sicherzustellen. Dabei war unklar, ob mit den Gläubigern erfolgreiche Lösungen gefunden werden konnten. cc) Mittlerweile ± bei einem ausgewiesenen Blankoanteil von 9,5 Mio DM ± hatte der Unternehmensberater Sa. eine positive Ergebnisplanung für das Jahr 1995 erstellt, zugleich aber darauf hingewiesen, daû die Liquiditätspläne keinen Anspruch auf Vollständigkeit hätten. Im Oktober 1995
bewilligten die Angeklagten Dr. R. , S. und H. aufgrund einer Beschluûvorlage des Angeklagten Ho. weitere Kredite über insgesamt 6 Mio DM an Ri. D. , unter anderem ± bei erneut aufgelaufenen Überziehungen in Höhe von 3,5 Mio DM ± einen Betriebsmittelkredit über 4 Mio DM. Zudem wurde bislang der Sparkasse verpfändetes Festgeld in Höhe von 2,5 Mio DM zur Ablösung der S. Bank freigegeben. Das Engagement hatte inzwischen ein Volumen von 38 Mio DM erreicht. Der ausgewiesene Blankoanteil von 17,4 Mio DM wurde mit weiteren Sicherheiten in Höhe von 12 Mio DM ªunterlegtº. dd) Nachdem bei beiden Gesellschaften weitere Überziehungen in Höhe von 5,2 Mio DM (Ri. D. 2 Mio DM und Ri. Mi. 3,2 Mio DM) aufgelaufen waren und eine andere Bank eine Ausfallbürgschaft abgelehnt hatte, beschlossen die Angeklagten S. , H. und Ho. im Dezember 1995, die bestehenden Überziehungen ªformell zu regelnº. Das Urteil ist insoweit zum einen unklar, was die Mitwirkung der Angeklagten Dr. R. und Ho. angeht (UA S. 31, 122/123, 181). Zum anderen sind der Kreditnehmer und die Höhe der Kredite ± offensichtlich geht es um den Vorwurf eines Kredits an Ri. Mi. in Höhe von 3,5 Mio DM (UA S. 24) ± nicht festgestellt. ee) Im August und September 1995 schlossen die Angeklagten Dr. R. und Ho. (der H. vertrat) aufgrund einer Vorlage H. s einen Factoringvertrag mit der Ri. D. . Bei diesem stillen Factoring konnte G. die Forderungen selbst einziehen, da die Forderungsabtretung den Schuldnern nicht offengelegt wurde. Zwischen August und Dezember 1995 wurden auf diese Weise 7,3 Mio DM als Vorschuû an Ri. D. ausbezahlt. ªDie Angeklagten hatten das Factoring aufgenommen, obwohl bereits im Mai 1995 bekannt geworden war, daû G. sich ... als vielfältig gravierend unzuverlässig, ja kriminell erwiesen hatte.º G. hatte sich auch bei dem vorher betriebenen Factoring mit einer anderen Bank nicht vertragstreu verhalten und die eingezogenen Forderungen nicht an die Bank weitergeleitet.
Im Mai 1997 muûten noch offene Forderungen in Höhe von 0,66 Mio DM nahezu vollständig ausgebucht werden.
d) Im Jahre 1998 muûten aus dem Engagement Ri. /G. 51 Mio DM endgültig abgeschrieben werden; die restlichen Forderungen von 10 Mio DM sind mit 3 Mio DM wertberichtigt.
e) Die Freisprüche hat das Landgericht wie folgt begründet: aa) Soweit die Angeklagten Dr. R. (Folgekredite Fall 2: Kontokorrentkredit über 2,5 Mio DM und Fall 5: Betriebsmittelkredit über 3,5 Mio DM), S. (Fall 3: Bürgschaft) und Ho. (Fall 3: Bürgschaft), an einzelnen Kreditentscheidungen nicht mitgewirkt, sondern lediglich an Sitzungen des Kreditausschusses ohne Stimmrecht teilgenommen haben, hat das Landgericht sie schon wegen des Fehlens einer Tathandlung freigesprochen. bb) Da der Erstkredit objektiv nicht unvertretbar gewesen sei, liege bei dieser Kreditvergabe kein pflichtwidriges Verhalten vor. Zwar seien schon beim Erstkredit die Angaben G. s unzureichend überprüft worden. Gleichwohl konnte das Landgericht den Angeklagten die Einlassung nicht widerlegen, daû sie Ri. Mi. im Hinblick auf die von G. gefälschten Bilanzen zunächst für ein solides Unternehmen gehalten hätten. cc) Bei den Folgekrediten sei das Engagement dann objektiv unbeherrschbar gewesen und die Angeklagten hätten objektiv pflichtwidrig gehandelt. Hierbei sei den Angeklagten aber ein Vorsatz nicht nachzuweisen gewesen. Das Landgericht konnte sich nicht zweifelsfrei davon überzeugen, daû die Angeklagten sich der Pflichtwidrigkeit ihres Handelns bewuût gewesen waren und die Schädigung der Sparkasse billigend in Kauf genommen haben. Maûgeblich dafür sei insbesondere, daû der von G. bewirkte Eigenkapitalerhöhungsschwindel nicht bekannt geworden sei. Durch die Einschaltung des Unternehmensberaters Sa. und der Wirtschaftsprüfer
hätten die Angeklagten gemeint, G. und dessen Gesellschaften in den Griff zu bekommen, auch wenn ihnen durchaus klar gewesen sei, daû die Sanierungsbemühungen unter Ausreichung weiterer Kredite ªhöchstes Risikoº beinhalteten. Sie hätten jedoch auf die Tragfähigkeit ihrer Bemühungen bei erkannt hohem Risiko vertraut. II. Der Freispruch des Angeklagten H. vom Vorwurf der Bestechlichkeit betrifft an dessen Wohnung erbrachte Bauhandwerkerleistungen. Ra. soll diese Leistungen im Wert von 60.000 DM im Jahre 1995 ± als Gegenleistung für die pflichtwidrige Kreditführung H. s ± in Auftrag gegeben und bezahlt haben. H. habe lediglich eine Abschlagszahlung in Höhe von 15.000 DM geleistet, um den Anschein ordnungsgemäûer Abwicklung zu erwecken. Das Landgericht hat Hörner aus tatsächlichen Gründen von diesem Vorwurf freigesprochen. Es geht zugunsten H. s davon aus, daû er ± obwohl keine Rechnungstellung Ra. s erfolgte ± die vollständige Bezahlung der Leistungen ernsthaft beabsichtigte. Diese von H. geäuûerte Absicht habe auch der Buchhalter Ra. s bestätigt; dieser sei wegen der chaotischen Abwicklung allerdings nicht zur Rechnungstellung gekommen. Daher habe das Landgericht nicht feststellen können, wer veranlaût habe, daû H. keine Rechnung bekam. Nahe liege allerdings, daû Ra. auch kein besonderes Interesse an der Berechnung gehabt habe. Nachträglich sei zudem eine Aufrechnungslage entstanden, da H. Ra. 1996 ein Darlehen gewährte; 1997 sei eine einvernehmliche Aufrechnung erfolgt.

B.

Die Verfahrensrügen sind überwiegend unzulässig ± teilweise wird nicht vorgetragen, worin die Verfahrensverstöûe bestehen sollen, teilweise fehlt es an der Angabe der den Mangel enthaltenden Tatsachen (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) ±; jedenfalls sind sie aber unbegründet. Die umfassende Überprüfung aufgrund der Sachrüge hat folgendes ergeben:
I. Freisprüche vom Vorwurf der Untreue Die Freisprüche der Angeklagten vom Vorwurf der Untreue im ersten Komplex Ra. /B. halten bei allen Kreditgewährungen im Ergebnis rechtlicher Nachprüfung stand. Dies gilt hinsichtlich aller vier Angeklagten auch für die Freisprüche im zweiten Komplex Ri. /G. wegen der Gewährung des Erstkredits. Bei den Folgekrediten in diesem Komplex sind die Freisprüche des Angeklagten Dr. R. im Fall 2 sowie der Angeklagten S. und Ho. im Fall 3 rechtsfehlerfrei, da sie an diesen Kreditgewährungen nicht mitgewirkt haben. Die Freisprüche im Fall 6 (Factoring) sind aus den unten dargestellten Gründen tragfähig. Rechtsfehlerhaft sind hingegen die folgenden Freisprüche vom Vorwurf der Untreue wegen Gewährung der Folgekredite im Komplex Ri. /G. : Bei Dr. R. in den Fällen 3, 4 sowie im unklaren Fall 5; bei S. in den Fällen 2, 4 und 5 und bei H. in den Fällen 2 bis 5. Beim Angeklagten Ho. im Fall 2 (wo er als Verhinderungsvertreter im Vorstand mitgestimmt hat), im unklaren Fall 5, und im Fall 4, wo er (als möglicher Gehilfe) die Beschluûvorlage erstellt hat. In diesen Fällen ist ± bei rechtsfehlerfrei festgestellter objektiver Pflichtwidrigkeit ± die Verneinung des Vorsatzes schon bezüglich des Merkmals der Pflichtwidrigkeit nicht tragfähig begründet. 1. Soweit rechtsfehlerfrei festgestellt ist, daû die Angeklagten an den Kreditentscheidungen ± sei es bei der Kreditbewilligung durch die dafür zuständigen Gremien der Sparkasse, sei es bei der Vorbereitung dieser Entscheidungen (insoweit käme jedenfalls eine Beihilfe in Betracht) ± nicht mitgewirkt haben, ist gegen die Freisprüche von Rechts wegen nichts einzuwenden.
a) Das gilt im Komplex Ra. /B. für den Angeklagten Dr. R. den Fällen 5 und 1a. Die Frage der Mitwirkung des Angeklagten Dr. R. im Fall 2 kann aus den unten dargestellten Gründen offen bleiben.

b) Im Komplex Ri. /G. gilt das für den Angeklagten Dr. R. im Fall 2 und für die Angeklagten S. und Ho. im Fall 3. Nicht rechtsfehlerfrei festgestellt ist hingegen die fehlende Mitwirkung des Angeklagten Dr. R. im Fall 5. Es ist unklar, ob Dr. R. und/oder Ho. dort mitgewirkt haben: Einerseits ist festgestellt, daû Ho. an der Vorstandssitzung teilgenommen hat, an der die Kreditbeschluûvorlage entscheidungsreif gezeichnet wurde (UA S. 122). Andererseits soll er an der Entscheidung nicht mitgewirkt und lediglich an der Sitzung des Kreditausschusses teilgenommen haben (UA S. 123). Auch nach der Anklageschrift soll Ho. nicht an der Vorstandssitzung teilgenommen haben; sie geht vielmehr davon aus, daû Dr. R. teilgenommen hat (UA S. 24). Danach erscheint eine Verwechslung der Angeklagten möglich. 2. Soweit die Angeklagten an den Kreditvergabeentscheidungen beteiligt waren, beurteilt sich ihre Strafbarkeit nach dem Miûbrauchstatbestand des § 266 StGB. Als Vorstandsmitglieder bzw. ± soweit es den Angeklagten Ho. betrifft ± als Verhinderungsvertreter (vgl. dazu die Mitteilung des Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen Nr. 2/63 vom 28. Oktober 1963) hatten sie die Befugnis, über das Vermögen der Sparkasse zu verfügen. Soweit sie in Ausübung dieser Rechtsmacht Kredite vergeben haben, kommt es darauf an, ob sie sich über die ihnen dabei im Innenverhältnis gezogenen Schranken hinwegsetzten. Ein Miûbrauch ihrer Befugnisse liegt dann vor, wenn sie dabei die Grenzen ihres rechtlichen Dürfens überschritten. Daû der Kreditausschuû der Sparkasse dabei in Kenntnis aller Umstände der Kreditvergabe zugestimmt hat, ändert an der Pflichtwidrigkeit nichts.
a) Da keine Verstöûe gegen Kreditbewilligungsgrenzen und anderweitige rechtlich normierte Kompetenzbegrenzungen festgestellt sind, kommt es für die Grenzen des rechtlichen Dürfens allein darauf an, ob die Angeklagten ihrer Prüfungs- und Informationspflicht bezüglich der Vermögensverhältnisse der Kreditnehmer ausreichend nachgekommen sind.
Wie der Senat in seinem Urteil vom 6. April 2000 (BGHSt 46, 30) ausgeführt hat, sind bei einer Kreditvergabe ± die ihrer Natur nach mit einem Risiko behaftet ist ± die Risiken gegen die sich daraus ergebenden Chancen auf der Grundlage umfassender Information abzuwägen. Ist diese Abwägung sorgfältig vorgenommen worden, kann eine Pflichtverletzung im Sinne des § 266 StGB nicht deshalb angenommen werden, weil das Engagement später notleidend wird. Der Senat hat weiter ausgeführt, daû sich tatsächliche Anhaltspunkte dafür, daû die Risikoprüfung nicht ausreichend vorgenommen wurde, insbesondere daraus ergeben, daû die Informationspflichten vernachlässigt wurden. Es entspricht anerkannten bankkaufmännischen Grundsätzen, Kredite nur nach umfassender und sorgfältiger Bonitätsprüfung zu gewähren. Für die Pflichtverletzung im Sinne des § 266 StGB ist indessen maûgebend, ob die Entscheidungsträger bei der Kreditvergabe ihre bankübliche Informations- und Prüfungspflicht bezüglich der wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditnehmers g r a v i e r e n d verletzt haben. Aus der Verletzung der in § 18 Satz 1 KWG normierten Pflicht zum Verlangen nach Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse können sich Anhaltspunkte dafür ergeben, daû der banküblichen Informations- und Prüfungspflicht nicht ausreichend Genüge getan wurde.
b) Die Vorschrift des § 18 KWG ist Ausfluû des anerkannten bankkaufmännischen Grundsatzes, Kredite nur nach umfassender und sorgfältiger Bonitätsprüfung zu gewähren und bei bestehenden Kreditverhältnissen die Bonität des Kreditnehmers laufend zu überwachen. Die Vorschrift dient dem Schutz des einzelnen Kreditinstituts und seiner Einleger. Sie hält die Kreditinstitute über die Kreditwürdigkeitsprüfung zu einem risikobewuûten Kreditvergabeverhalten an. Das hat das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen (BAKred) in seinem Rundschreiben 9/98 vom 7. Juli 1998 ausgeführt. § 18 KWG beinhaltet daher eine Selbstverständlichkeit, erhebt sie aber zu einer gesetzlichen Norm (Reischauer/Kleinhans, KWG, § 18 Rdn. 1). Nach dem Willen des Gesetzgebers (Regierungsentwurf eines KWG, BT-
Drucks. III/1114, Begründung zu § 17) soll diese Vorschrift sicherstellen, daû die Kreditinstitute die Kreditwürdigkeit ihrer Kreditnehmer in ausreichendem Maûe an Hand von Unterlagen prüfen. aa) Nach § 18 KWG hat sich das Kreditinstitut von Kreditnehmern, denen gröûere Kredite ± nunmehr mehr als 500.000 DM ± gewährt werden, die wirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere durch Vorlage der Jahresabschlüsse, offenlegen zu lassen. Das Kreditinstitut kann hiervon (nur) absehen, wenn das Verlangen nach Offenlegung im Hinblick auf die gestellten Sicherheiten oder auf die Mitverpflichteten offensichtlich unbegründet wäre. Seit der ab dem 31. Dezember 1995 geltenden Fassung des § 18 KWG kann das Kreditinstitut zudem von der laufenden Offenlegung bei bestimmten besonders sicheren Krediten (Grundpfandrechte auf selbst genutztes Wohnungseigentum) absehen, wenn der Kreditnehmer die geschuldeten Zinsund Tilgungsleistungen störungsfrei erbringt. Das Verlangen nach Offenlegung gilt nicht für bestimmte Formen des Factoring (§ 18 Satz 3 KWG aF § 21 Abs. 4 KWG nF). bb) Das BAKred hat das Verfahren nach § 18 Satz 1 KWG in mehreren Rundschreiben konkretisiert, die als Erläuterung der banküblichen Sorgfaltspflichten bei der Kreditwürdigkeitsprüfung ± auch für den Tatzeitraum ± heranzuziehen sind. In den Rundschreiben 2/94 vom 8. August 1995 und 9/98 vom 7. Juli 1998 (vgl. auch das frühere Rundschreiben 3/76 vom 6. Oktober 1976 sowie die späteren Rundschreiben 16/99 vom 29. November 1999 und 5/2000 vom 6. November 2000) hat das BAKred ausgeführt: Das Verfahren nach § 18 Satz 1 KWG vollzieht sich in drei Schritten: Vorlage der erforderlichen Unterlagen, Auswertung, Dokumentation. Diese Rechtspflichten folgen unmittelbar aus § 18 Satz 1 KWG. Der Regelungsgegenstand der Vorschrift erschöpft sich nicht etwa in der Vorlage der erforderlichen Unterlagen. Erst wenn das Kreditinstitut die Unterlagen ausgewertet und sich die Anforderung weiterer Unterlagen auf Grund der
Auswertung als entbehrlich erwiesen hat, liegen dem Kreditinstitut die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditnehmers offen. Die Verpflichtung des § 18 Satz 1 KWG besteht während der gesamten Dauer des Engagements. Das Kreditinstitut muû die wirtschaftliche Entwicklung des Kreditnehmers während der gesamten Dauer des Kreditverhältnisses kontinuierlich beobachten und analysieren. Selbst bei zeitnaher Vorlage der Jahresabschlüsse ist die Heranziehung weiterer Unterlagen geboten, wenn die Jahresabschlüsse allein kein hinreichend klares, hinreichend verläûliches Urteil über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditnehmers ermöglichen. In Zweifelsfällen, insbesondere im Bereich der Bewertung von Vermögensgegenständen, muû das Kreditinstitut eigene Ermittlungen anstellen. Sofern der testierte Jahresabschluû nicht aus sich heraus eine eindeutige Beurteilung der wirtschaftlichen Situation des Kreditnehmers gewährleistet, wird das Kreditinstitut auch nicht umhinkommen, den Prüfungsbericht des Abschluûprüfers zu analysieren, nicht zuletzt auch um zu erkennen, welchen Gebrauch der Kreditnehmer von Bewertungswahlrechten gemacht hat. Erst wenn die mit der Auswertung betraute Stelle in der Bank zu der Beurteilung gelangt, daû ein klares Bild von den wirtschaftlichen Verhältnissen des Kreditnehmers besteht, kann auf der Grundlage dieses Bildes der Kredit von dem dazu berufenen Entscheidungsträger gewährt oder fortgesetzt werden. cc) Die Verlautbarungen des BAKred verdeutlichen, daû § 18 KWG eine zentrale Bestimmung für die Kreditvergabe und die damit verbundene Kreditwürdigkeitsprüfung ist, die nicht nur ªformalº (UA S. 98), sondern materiell einzuhalten ist. Demgemäû hat der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs ausgesprochen (NJW 1994, 2154), daû die Kreditinstitute verpflichtet sind, sich nachhaltig um die Vorlage von Jahresabschlüssen bzw. eines Vermögensstatus mit ergänzenden Angaben zu bemühen, und die weitere Kreditgewährung von einer solchen Vorlage abhängig zu machen, den Kredit also zu kündigen, wenn ihnen die Erfüllung ihrer gesetzlichen
Verpflichtung durch das weitere Verhalten ihres Kunden unmöglich gemacht wird.
c) Die Informationspflichten, deren Vernachlässigung eine Pflichtwidrigkeit im Sinne des Untreuetatbestandes begründen, und die Pflicht zum Verlangen nach Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse nach § 18 KWG sind zwar nicht vollständig deckungsgleich. Wird eine fehlende Information durch andere gleichwertige Informationen ersetzt, kann die Pflichtwidrigkeit im Sinne des § 266 StGB entfallen (BGHSt 46, 30, 32), auch wenn nach § 18 KWG etwa die Vorlage von Bilanzen geboten gewesen wäre (zu den Ausnahmen von der Offenlegungspflicht für vergleichbare Einzelfälle vgl. Rundschreiben des BAKred 9/98 und 5/2000). Gravierende Verstöûe gegen die bankübliche Informations- und Prüfungspflicht begründen aber eine Pflichtwidrigkeit im Sinne des Miûbrauchstatbestandes des § 266 StGB (vgl. auch BGH wistra 1985, 190; wistra 1990, 148). Bei der Frage, ob solche Verstöûe vorliegen, kann auch auf die Erläuterungen des BAKred zum Verfahren nach § 18 KWG zurückgegriffen werden. Diese buûgeldbewehrte (§ 56 Abs. 3 Nr. 4 KWG nF) gesetzlich geregelte Informationspflicht und die sie erläuternden amtlichen Verlautbarungen des BAKred konkretisieren die Grenzen des rechtlichen Dürfens von Bankleitern bei der Kreditvergabe und machen den Miûbrauchstatbestand damit zugleich hinreichend bestimmt. 3. Nach diesen Maûstäben liegen in beiden Komplexen ± bis auf das Factoring ± gravierende Verstöûe gegen die Pflichten bei der Kreditvergabe vor. Zwar sind die Angeklagten in beiden Komplexen ªKreditbetrügern aufgesessenº. Das Landgericht hat aber zu Recht ausgeführt ± und dies auch konkret belegt ±, daû die Falschangaben der Kreditnehmer bei sorgfältiger Prüfung erkennbar gewesen wären.

a) Objektiv pflichtwidrig war ± entgegen der Annahme des Landgerichts ± jedenfalls schon die Vergabe des Erstkredits im Fall Ri. /G. . Im Komplex Ra. /B. spricht vieles dafür. aa) So unterlieûen die Angeklagten im Komplex Ra. /B. schon beim Einstieg die gebotene Aufklärung darüber, weshalb die anderen Banken ihre bislang gewährten Kredite fällig stellten; auch fehlte eine Ermittlung des Bautenstandes und es erfolgte keine ausreichende Befassung mit den Vermögensverhältnissen Ra. s. Eine Mittelverwendungskontrolle wurde nicht veranlaût. Immerhin war ein Sachverständiger mit der Grundstücksbewertung beauftragt, dessen Angaben allerdings nicht überprüft wurden und dessen Kompetenz nach den Feststellungen des Landgerichts zweifelhaft war. bb) Im Komplex Ri. /G. haben sich die Angeklagten gleichfalls keinen ausreichenden Einblick in die tatsächlichen Gegebenheiten verschafft. Die fehlende Transparenz der privaten Vermögensverhältnisse G. s war bereits aus der Beschluûvorlage für den Erstkredit ersichtlich. Das Objekt wurde nicht besichtigt und zum tatsächlichen Wert der Grundstücke nahm man die Angaben G. s ungeprüft hin. cc) Damit haben die Angeklagten ihre Informationspflichten und die Pflicht zum Verlangen nach Offenlegung aus § 18 KWG schon bei den Erstkrediten gravierend vernachlässigt. Im Hinblick auf die unzureichenden Unterlagen war es geboten, weitere Unterlagen anzufordern und es muûten hier auch eigene Ermittlungen angestellt werden. Da kein klares Bild von den wirtschaftlichen Verhältnissen der Kreditnehmer bestand, hätten schon die Erstkredite nicht gewährt werden dürfen.
b) Bei den Folgekrediten geht das Landgericht allerdings zutreffend von schwerwiegenden Pflichtenverstöûen aus.
Zwar könnte eine Pflichtwidrigkeit im Sinne des § 266 StGB bei der Vergabe von ± auch hochriskanten ± Folgekrediten entfallen, wenn diese Erfolg bei der Sanierung des gesamten Kreditengagements versprechen. Das ist insbesondere bei einem wirtschaftlich vernünftigen Gesamtplan der Fall, der auf einen einheitlichen Erfolg angelegt ist und bei dem erst nach einem Durchgangsstadium ± hier der Sanierung ± ein Erfolg erzielt wird (vgl. BGH ± IVa Zivilsenat ± NJW-RR 1986, 371; vgl. auch Nack in MüllerGugenberger /Bieneck, Wirtschaftsstrafrecht, 3. Aufl. 2000, § 66 Rdn. 118 ff.). Ist die Existenz der Bank nicht bedroht und wird die Kreditwürdigkeit sorgfältig geprüft, so können bei dieser Erfolgsbewertung neben der Chance auf das ªAuftauenº eingefrorener Altkredite auch weitere Umstände berücksichtigt werden, wie etwa die ökonomisch sinnvolle Erhaltung eines Unternehmens und seiner Arbeitsplätze. Anhaltspunkte dafür, daû im Komplex Ri. /G. solche Umstände vorgelegen hätten, sind jedoch nicht ersichtlich. Das Factoring (II. D Fall 6) bildet einen Sonderfall, bei dem jedenfalls der Vorsatz hinsichtlich der Pflichtwidrigkeit rechtsfehlerfrei verneint wurde. Zwar ist nicht festgestellt, ob der Veräuûerer für die Erfüllung der Forderungen einzustehen hatte (vgl. § 18 Satz 3 KWG in der zur Tatzeit geltenden Fassung bzw. § 21 Abs. 4 KWG nF). Aber auch dann, wenn der Veräuûerer für die Erfüllung einstehen muûte, konnten die Angeklagten davon ausgehen, daû die dem Factoring zugrundeliegende Kreditgewährung noch ausreichend kontrollierbar war. 4. Im Komplex Ra. /B. nimmt der Senat die Freisprüche der Angeklagten bei allen Kreditgewährungen hin, da das Landgericht seine Zweifel am Vorsatz zum Merkmal der Pflichtwidrigkeit und am Schädigungsvorsatz gerade noch tragfähig begründet hat. 5. Im Komplex Ri. /G. ist zu differenzieren.
a) Die Freisprüche beim Erstkredit sind letzten Endes aus den vom Landgericht auch angeführten subjektiven Gründen (UA S. 103, 177) nicht zu
beanstanden. Hier haben sich die Angeklagten ± freilich ohne die sich aufdrängende nähere Prüfung, insbesondere auch zur manipulierten Kapitalerhöhung durch die schon dem ersten Anschein nach dubiose Bareinzahlung ± im wesentlichen auf die von G. gefälschte Bilanz verlassen. Der Angeklagte Ho. hatte Beleihungswerte, wenn auch offenbar unzutreffend, errechnet, welche die grundpfandrechtliche Absicherung aus der Sicht der Angeklagten noch als ausreichend erscheinen lassen konnten.
b) Bei den Folgekrediten ± ausgenommen das Factoring ± werden vernünftige Zweifel des Landgerichts am Vorsatz bezüglich der Pflichtwidrigkeit durch die Feststellungen jedoch nicht getragen. Hier haben die Angeklagten ihre Informations- und Prüfungspflichten in gravierender Weise vernachlässigt; das war ihnen nach den Feststellungen auch bekannt. aa) Wie schon der Wortlaut des Satzes 2 des § 18 KWG zeigt, kann von dem Verlangen nach Offenlegung nur dann abgesehen werden, wenn dieses Verlangen im Hinblick auf die Sicherheiten o f f e n s i c h t l i c h unbegründet wäre. In Zweifelsfällen sind daher ± so auch das BAKred in seinen Verlautbarungen ± eigene Ermittlungen anzustellen. Selbst die mit Wirkung vom 31. Dezember 1995 vorgenommene Einschränkung der Pflicht zur l a u f e n d e n Offenlegung bei besonders sicheren Krediten gilt nur dann, wenn der Kreditnehmer die von ihm geschuldeten Zins- und Tilgungsleistungen s t ö r u n g s f r e i erbringt. Wesentlicher Bestandteil der Informations- und Prüfungspflicht im Sinne des § 266 StGB und des Offenlegungsverlangens nach § 18 KWG ist, daû das Kreditinstitut die wirtschaftliche Entwicklung des Kreditnehmers während der Dauer des Kreditverhältnisses kontinuierlich beobachten und analysieren muû. Und es muû sich nachhaltig um die Vorlage der Unterlagen bemühen (BGH ± XI. Zivilsenat ± NJW 1994, 2154). In Fällen der vorliegenden Art muû ± selbst bei der Stellung von Sicherheiten ± stets auch die Überprüfung der persönlichen Integrität und der unternehmerischen Fähigkeiten des
Kreditnehmers hinzukommen (Nack in Müller-Gugenberger/Bieneck, Wirtschaftsstrafrecht, 3. Aufl. 2000, § 66 Rdn. 45). Zwar kann es an einer Vermögensgefährdung und damit zugleich auch an der Pflichtwidrigkeit im Sinne des § 266 StGB fehlen, wenn der Kreditgeber über Sicherheiten verfügt, die den Kreditbetrag voll decken. Auch dann muû jedoch hinzukommen, daû er diese Sicherheiten ohne finanziellen und zeitlichen Aufwand und ± vor allem auch ± ohne Mitwirkung des Kreditnehmers und ohne Gefährdung durch ihn alsbald realisieren kann (vgl. BGH wistra 1992, 142; 1993, 265; NStZ 1994, 194; BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 43, 54; BGH, Beschluû vom 12. Juni 2001 ± 4 StR 402/00 ±). bb) Hier lag nicht einmal ein Zweifelsfall vor. Die fehlende Bonität des Kreditnehmers lag vielmehr mehr als nahe. Die gesetzlich gebotene Kreditwürdigkeitsprüfung, auch was die laufende Überwachung angeht, war daher umso mehr veranlaût. Den Angeklagten war bekannt, daû die Kredite nicht ordnungsgemäû bedient und vertragliche Vereinbarungen nicht eingehalten wurden. So wurden, etwa in den Fällen 3 und 5, Überziehungen der Bewilligungsgrenzen zugelassen und erst im Nachhinein durch Kreditbeschlüsse ªabgesegnetº. Die fehlende Transparenz der privaten Vermögensverhältnisse G. s war bereits aus der Beschluûvorlage zum Erstkredit erkennbar und wurde nicht überprüft. Eine Analyse der wirtschaftlichen Gesamtverhältnisse wurde auch ªbei der Schieflage des Engagementsº nicht nachgeholt. Das Sanierungskonzept war ± wie das Landgericht zu Recht annimmt ± ohne eine genaue Analyse der Vergangenheit mit einem hohen, nicht abschätzbaren Risiko behaftet. Unter diesen Umständen war das Engagement unbeherrschbar. Die Angeklagten kannten auch die persönliche Unzuverlässigkeit G. s und sonstige in dessen Person liegende Risken. G. s Angaben zur Höhe der Belastungen auf dem Gewerbeobjekt hatten sich bereits vor der Umsetzung des Sanierungskonzepts als unrichtig erwiesen. Der
Unternehmensberater der Sc. Bank, Bü. , hatte nicht nur auf die dramatische wirtschaftliche Lage der Gesellschaften hingewiesen. Er hatte auch den Mitarbeiter der Fachabteilung der Sparkasse über die Mehrfachsicherungsübereignungen und Privatentnahmen G. s informiert und davon erlangten jedenfalls die Angeklagten H. und Ho. ausdrücklich Kenntnis. Damit war jedenfalls diesen Angeklagten noch vor den Folgekrediten bekannt, daû sich G. ªunzuverlässig, ja kriminellº verhalten hatte. Auch wenn das Landgericht nicht feststellen konnte, daû die beiden anderen Angeklagten Dr. R. und S. vom strafbaren Verhalten G. s Kenntnis erlangt haben, so kannten sie doch die aus den Vorlagen ersichtlichen Schwierigkeiten, die Zweifel an der Zuverlässigkeit G. s begründeten. Es war ihnen durchaus klar, daû die Sanierungsbemühungen unter Ausreichung weiterer Kredite höchstes Risiko beinhalteten. cc) Bei dieser Sachlage ist die Annahme des Landgerichts, die Angeklagten, auch Dr. R. und S. , seien sich der Pflichtwidrigkeit ihres Handelns nicht bewuût gewesen, nicht tragfähig. Der Senat muû besorgen, daû das Landgericht zu hohe Anforderungen an die Überzeugungsbildung gestellt hat. Für die Feststellung von inneren Tatsachen genügt nämlich, daû ein nach der Lebenserfahrung ausreichendes Maû an Sicherheit besteht, an dem vernünftige Zweifel nicht aufkommen können. Auûer Betracht zu bleiben haben solche Zweifel, die keinen realen Anknüpfungspunkt haben, sondern sich auf die Annahme einer bloû abstrakt-theoretischen Möglichkeit gründen (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 21. Juni 2001 ± 4 StR 85/01 ±). Bei der gegebenen, lang andauernden Geschäftsbeziehung, der wiederholten Befassung mit dem Problemfall Ri. /G. mit den ständig neu hervortretenden Komplikationen muûte sich mit einem nach der Lebenserfahrung ausreichenden Maû an Sicherheit geradezu aufdrängen, daû alle Angeklagten sich ± trotz unterschiedlicher Verantwortlichkeiten ± ihres pflichtwidrigen Verhaltens bewuût gewesen sind.
dd) Wird die Entscheidung über eine Kreditvergabe wie hier von einem mehrköpfigen Gremium getroffen, kommen allerdings auch für den Fall des Einstimmigkeitsprinzips unterschiedliche Verantwortlichkeiten der Beteiligten in Frage (BGHSt 46, 30, 35). Die Bankleiter können sich grundsätzlich auf den Bericht des federführenden Vorstandsmitglieds oder des als zuverlässig bekannten Kreditsachbearbeiters verlassen. Ergeben sich jedoch Zweifel oder Unstimmigkeiten, ist Rückfrage oder eigene Nachprüfung geboten. Eine eigene Nachprüfung ist auch dann erforderlich, wenn die Kreditvergabe ein besonders hohes Risiko ± insbesondere für die Existenz der Bank (vgl. BGHSt 37, 106, 123) ± beinhaltet, oder wenn bekannt ist, daû die Bonität des Kunden eines hohen Kredits ungewöhnlich problematisch ist.
c) Weil das Landgericht den Vorsatz hinsichtlich der Pflichtwidrigkeit rechtsfehlerhaft verneint hat, ist es bei der Prüfung des ± im vorliegenden Fall in Betracht zu ziehenden ± bedingten Schädigungsvorsatzes von einer unzutreffenden Grundlage ausgegangen. Der Senat hat in seinem Urteil vom 6. April 2000 (BGHSt 46, 30) Ausführungen zum Schädigungsvorsatz bei der Kreditvergabe gemacht. Ein Schädigungsvorsatz verstehe sich auch bei problematischer Kreditvergabe nicht von selbst. Der Senat hat aber betont, daû die engeren Anforderungen nur gelten, wenn Pflichtverletzungen vorliegen, die nicht die in BGHSt 46, 30, 34 genannten Anhaltspunkte erfüllen. Liegen sie jedoch wie im gegebenen Fall vor, gilt für das Wissens- und das Willenselement des bedingten Schädigungsvorsatzes folgendes: aa) Bei einer Kreditgewährung besteht der Nachteil im Sinne des § 266 StGB in der schadensgleichen Vermögensgefährdung, die spätestens mit der Valutierung eingetreten sein kann. Allein auf die Vermögensgefährdung muû sich das Wissenselement beziehen (BGH wistra 1993, 265; NStZ 1999, 353). Das Wissenselement des Schädigungsvorsatzes fällt folglich nicht deshalb weg, weil der Bankleiter beabsichtigt, hofft oder glaubt, den endgültigen Schaden abwenden zu können. Erforderlich ist vielmehr nur, daû der Bankleiter im Zeitpunkt der Kreditgewährung die Minderwertigkeit des
Rückzahlungsanspruchs im Vergleich zu der ausgereichten Darlehensvaluta gekannt hat. Dazu genügt freilich bereits seine Kenntnis der die Vermögensgefährdung begründenden Umstände und das Wissen, daû die Forderung nach allgemeinen Bewertungsmaûstäben nicht als gleichwertig angesehen wird, mag er selbst sie auch anders bewerten (BGH wistra 1993, 265; vgl. auch BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vorsatz 2; BGH, Beschluû vom 12. Juni 2001 ± 4 StR 402/00). bb) Dementsprechend muû sich auch das Billigungselement des bedingten Vorsatzes nur auf die schadensgleiche Vermögensgefährdung beziehen. Zwar kann der Grad der Wahrscheinlichkeit des Erfolgseintritts a l l e i n kein Kriterium für die Frage sein, ob der Bankleiter mit dem Erfolg auch einverstanden war (BGHSt 46, 30, 35). Diese in BGHSt 46, 30 aufgestellte Einschränkung betrifft jedoch in erster Linie die Fälle, in denen die dort genannten Anhaltspunkte für eine Pflichtverletzung nicht vorliegen. Liegt indessen ± wie hier ± neben einer gravierenden Verletzung der Informations- und Prüfungspflicht bereits eine derart über das allgemeine Risiko bei Kreditgeschäften hinausgehende erkannte höchste Gefährdung des Rückzahlungsanspruchs der Bank vor, so liegt es nahe, daû der Bankleiter die Schädigung der Bank im Sinne einer Vermögensgefährdung auch billigend in Kauf genommen hat. Die Billigung liegt noch näher, wenn das Kreditengagement unbeherrschbar ist. Generell gilt, daû eine Billigung nahezu stets anzunehmen ist, wenn der Bankleiter erkennt, daû die Kreditvergaben die Existenz der Bank aufs Spiel setzen. Bei positiver Kenntnis von der persönlichen Unzuverlässigkeit des Kreditnehmers kann sogar ein direkter Vorsatz bezüglich der schadensgleichen Vermögensgefährdung naheliegen. cc) Allen Angeklagten waren die Umstände bekannt, welche die höchste Gefährdung des Rückzahlungsanspruchs begründeten. Sie kannten die nachträglichen Bewilligungen von Überziehungen; sie wuûten ersichtlich auch,
daû Schecks und Lastschriften nicht mehr eingelöst wurden und daû Wechsel ausnahmslos protestiert wurden. Jedenfalls den Angeklagten H. und Ho. war positiv bekannt, daû Günther Mehrfachsicherungsübereignungen sowie erhebliche Privatentnahmen vorgenommen und sich als vielfältig gravierend unzuverlässig verhalten, ja als kriminell erwiesen hatte. Da auch den Angeklagten Dr. R. und S. die aus den Vorlagen ersichtlichen Schwierigkeiten und allgemeinen Umstände bekannt geworden waren, die Zweifel an der Zuverlässigkeit G. s begründeten, wird der neue Tatrichter Gelegenheit haben aufzuklären, inwieweit diese Angeklagten von H. und Ho. auch über diesen zusätzlichen Kenntnisstand informiert waren. II. Der Freispruch des Angeklagten H. vom Vorwurf der Bestechlichkeit läût Rechtsfehler nicht erkennen. III. Der gesamte Strafausspruch gegen den Angeklagten H. im Komplex II. F ± Verurteilung wegen Untreue bei der ªSatellitenfinanzierungº Ra. s ± enthält durchgreifende Rechtsfehler zugunsten des Angeklagten. Sowohl die Einzelstrafen als auch die Gesamtstrafe werden den Besonderheiten des hier verwirklichten Miûbrauchstatbestandes nicht gerecht; sie waren daher aufzuheben. Die Taten des Angeklagten sind durch besonders gravierende Pflichtverletzungen (vgl. BGHSt 46, 30, 34) und auch in subjektiver Hinsicht von hoher krimineller Energie gekennzeichnet. Der Kreditausschuû der Sparkasse hatte beschlossen, Ra. ± abgesehen von kurzfristigen Liquiditätsspritzen ± keine weiteren Mittel mehr zu bewilligen. In Kenntnis dieses Umstandes und im Bewuûtsein ªhöchsten Risikosº vergab H. ± unter Umgehung der Kreditbewilligungsvorschriften ± über weitgehend vermögenslose Strohleute weitere sechs Kredite in Höhe von insgesamt 3,89 Mio DM an Ra. . Auch die strafmildernde Erwägung des Landgerichts, H. habe hierbei nur bedingt vorsätzlich gehandelt, ist rechtsfehlerhaft; H. handelte nach den Feststellungen offenkundig mit direktem Vorsatz.
Diese Umstände sind für eine tragfähige Strafzumessung mitbestimmend. Das Landgericht hat sie nicht mit in Rechnung gestellt.

C.

Mit der Teilaufhebung des Urteils ist die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Entscheidung des Landgerichts über die Haftentschädigung des Angeklagten Ho. gegenstandslos (vgl. BGH, Urteil vom 24. August 1999 ± 5 StR 81/99 ±). Schäfer Nack Boetticher Schluckebier Hebenstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHSt : nein
Veröffentlichung: ja
Zur Darstellungspflicht bei Freispruch.
BGH, Urt. v. 6. März 2002 - 5 StR 351/01
LG Dresden -
(alt: 5 StR 12/98)

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
vom 6. März 2002
in der Strafsache
gegen
wegen Anstiftung zur Brandstiftung u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
6. März 2002, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin Harms,
Richter Häger,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Brause,
Richter Schaal
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt S ,
Richterin am Landgericht B
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Dresden vom 7. Februar 2001 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Die Anklage wirft dem Angeklagten Betrug in 64 Fällen, Anstiftung zur Brandstiftung in Tateinheit mit Versicherungsbetrug und das Vortäuschen einer Straftat vor. Der Angeklagte habe als Inhaber der Firma S , einem Getränkehandel, in der Zeit vom 31. Mai 1995 bis zum 7. Juli 1995 bei zahlreichen Lieferanten Waren im Gesamtwert von knapp 2,5 Mio. DM bestellt und erhalten. Dabei habe er gewußt, daß er mangels Zahlungsfähigkeit keine Zahlungen werde leisten können, und beabsichtigt, den durch Weiterveräußerung der Waren erzielten Erlös für eigene Zwecke zu verwenden. Er habe einen Unbekannten beauftragt, die Bürocontainer der Firma S in Brand zu setzen, um so die vorangegangenen Betrugshandlungen zu verschleiern und unberechtigt Versicherungsleistungen zu erlangen. Nachdem der Beauftragte den Brand gelegt habe, habe der Angeklagte gegenüber der Polizei angegeben, daß sich in einem Tresor im Geschäftsbüro 1,3 Mio. DM Bargeld befunden hätten, die von unbekannten Tätern gestohlen worden seien. Nachdem das Landgericht Leipzig den Angeklagten im wesentlichen gemäû der Anklage rechtskräftig verurteilt hatte, hat das Landgericht Dresden die Wiederaufnahme des Verfahrens und die Erneuerung der Hauptverhandlung angeordnet. In der neuen Hauptverhandlung hat das Landgericht Dresden den Angeklagten aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Die hiergegen gerichtete Revision der Staatsanwaltschaft hat mit der Sachrüge Erfolg.

I.


Das Landgericht hat im wesentlichen folgende Feststellungen getroffen :
Der Angeklagte bestellte in der Zeit vom 31. Mai 1995 bis zum 7. Juli 1995 von ca. 60 Lieferanten Waren zum Gesamtpreis von ca. 2,3 Mio. DM. Die Bezahlung der Waren sollte im Regelfall ca. 30 Tage nach Erhalt der Rechnung erfolgen. Der Angeklagte verkaufte bis zum 8. Juli 1995 etwa die Hälfte dieser Waren an nicht mehr feststellbare Käufer, überwiegend an zwei Italiener, die nach ihren Angaben eine S.P.A. (Aktiengesellschaft) betrieben. Diese Italiener und ihre Firma konnten jedoch nicht identifiziert werden. Die der Firma “zugeordnete” Umsatzsteuer-Identifikations-Nummer war ungültig. Im Vertrauen darauf, daû mit dieser Firma gute Geschäfte möglich seien, lieû der Angeklagte die Italiener bis zum 8. Juli 1995 weitere Waren im Wert von ca. 1 Mio. DM abholen, ohne auf Barzahlung zu bestehen. Am Abend des 8. Juli 1995 erschienen die Italiener beim Angeklagten am Firmensitz in Ochelmitz und übergaben ihm 985.000 DM Bargeld. Dieses Geld schloû der Angeklagte in den Tresor im Firmenbüro ein. Die Verlobte des Angeklagten legte 36.000 DM Bargeld, die von einem Kunden überbracht worden waren, im Tresor hinzu.

Der Angeklagte weilte am 8. Juli 1995 auf einer Party in Wansleben “bis gegen 24.00 Uhr” und fuhr anschlieûend nach Halle. In der Nacht vom 8. zum 9. Juli 1995 zwischen 24.00 und 1.00 Uhr wurde durch einen Unbekannten in den Bürocontainern der Firma S mittels Vergaserkraftstoffs ein Brand gelegt, der auf die Lagerhalle übergriff und das mindestens zur Hälfte gefüllte Warenlager zum Teil unbrauchbar machte. Die Container brannten mit allen Büroeinrichtungen völlig aus. Zuvor hatte der Unbekannte mit einem Nachschlüssel den Tresor geöffnet und das dort befindliche Geld an sich genommen. Der Täter lieû den Tresor offen , versperrte das Riegelwerk bei geöffneter Tür und zog den Schlüssel wieder ab. Da der Wachhund, der das Gelände in der Nacht immer bewachte , ein paar Tage zuvor erkrankt war, war das Gelände auch nicht mehr bewacht.
Der Angeklagte informierte am 9. Juli 1995 die Polizei und die Versicherung. In seiner zeugenschaftlichen Vernehmung bei der Polizei gab er an, daû in dem Tresor 1,3 Mio. DM Bargeld gelegen hätten und gestohlen worden seien. Seinen Lieferanten teilte der Angeklagte mit, daû er aufgrund des Brandes und des Diebstahls zahlungsunfähig sei.
Bereits am 18. März 1995 war durch einen Unbekannten in die Bürocontainer eingebrochen und aus dem Tresor das dort befindliche Bargeld entwendet worden, wobei der Unbekannte den Tresor “ohne weiteres aufschlieûen konnte”.

II.


Das Landgericht hat sich auûerstande gesehen festzustellen, daû der Angeklagte die ihm vorgeworfenen Taten begangen hat. Der Freispruch hält
sachlichrechtlicher Überprüfung nicht stand, weil die Beweiswürdigung in verschiedener Hinsicht fehlerhaft ist.
1. So birgt schon die Behandlung mehrerer Indizienkomplexe jeweils durchgreifende Rechtsfehler:

a) Die Überzeugung des Landgerichts, daû der Angeklagte zur Zeit des Brandes nicht am Tatort gewesen sei, ist in untauglicher Weise begründet. Der Brand wurde zwischen 0.00 Uhr und 1.00 Uhr gelegt (UA S. 13). Der Angeklagte weilte auf einer Party in Wansleben bis ªgegen Mitternachtº und fuhr dann fort, was der Zeuge Sa bekundet hat (UA S. 12, 20 f.). Bei dieser Beweislage war schon die objektiv begründete Feststellung unerläûlich , in welcher Zeit die Strecke zwischen dem Ort der Party und dem Brandort mit einem PKW zurückgelegt werden kann. Das Landgericht teilt hierzu allein die Einschätzung des Zeugen Sa mit: ªAuch brauche man von Wansleben bis nach Ochelmitz ca. eine Stunde Fahrzeitº (UA S. 21). Zudem sind nicht einmal die vom Landgericht angenommenen Ungefährwerte zu den relevanten Zeitpunkten und zur notwendigen Fahrzeit geeignet , ein Alibi des Angeklagten zu begründen; denn danach kann der Angeklagte sehr wohl kurz vor 1.00 Uhr am Tatort gewesen sein.

b) Nach den Feststellungen wurde das Gelände der S ªimmerº nachts durch einen Wachhund gesichert. In der Brandnacht befand dieser sich jedoch nicht auf dem Firmengelände, sondern in der Wohnung des Angeklagten in Liemehna. Diesem Umstand nimmt die Strafkammer den naheliegenden Charakter eines Belastungsindizes, indem sie ± ohne jeglichen tauglichen Beleg ± der Einlassung des Angeklagten folgt, der Hund sei ªkurz vor dem Brandº erkrankt und deshalb in die Wohnung gebracht worden. Der hierfür zitierte Zeuge Sch hat von der angeblichen Erkrankung des Hundes allein durch den Angeklagten erfahren. Was der herangezogene Zeuge K zu diesem Komplex bekundet hat, wird nicht mitgeteilt. Daû ein
W ± möglicherweise ein Tierarzt ± dem Angeklagten ªauch Medikamente vorbeigebrachtº habe, ist nach den Urteilsgründen alleinige Behauptung des Angeklagten, die selbst dann, wenn sie von W bestätigt wäre, nur dann nennenswerten Beweiswert zugunsten des Angeklagten hätte, wenn feststünde, daû W den Hund untersucht und dabei eine Erkrankung diagnostiziert hätte ± und nicht etwa nur auf eine Bitte des Angeklagten Medikamente vorbeigebracht hätte.
c) Das Landgericht hält es nicht nur für unwiderlegt, sondern hat gar festgestellt, daû der Angeklagte über längere Zeit hinweg zwei Italienern Waren im Wert von ca. 1 Mio. DM allein gegen das Versprechen späterer Barzahlung überlassen hat, ohne sich auch nur der Identität dieser Italiener, gar ihrer angeblichen Aktiengesellschaft, deren Sitz oder ihrer Umsatzsteuer -Identifikations-Nummer vergewissert zu haben. Diese italienischen Kunden konnten ± auf der Basis der Angaben des Angeklagten ± nicht ermittelt werden. Die Gewährung eines Kredites in Höhe von 1 Mio. DM durch einen Kaufmann unter den genannten Bedingungen wäre eine exorbitante Besonderheit , deren Annahme durch entsprechende Beweismittel belegt sein müûte. Die vom Landgericht hierfür (UA S. 25 f.) genannten Beweisanzeichen ergeben jedoch substantiell nicht mehr, als daû der Angeklagte Geschäfte mit einem unbekannten italienischen Unternehmen getätigt hatte. Diese Umstände allein gestatten den vom Landgericht gezogenen Schluû auf das genannte Kreditgeschäft nicht.

d) Das Landgericht übersieht, daû bereits am 18. März 1995 bei einem Einbruchsdiebstahl ein Unbekannter den Tresor ªohne weiteres aufschlieûen konnteº (UA S. 14) und dabei Gelegenheit hatte, einen Nachschlüssel zum Tresor zu fertigen oder solches durch Gewinnung eines Schlüsselabdrucks vorzubereiten. Daû der Angeklagte trotz seiner Kenntnis hiervon diesen ªverbrauchtenº Tresor nutzte, um dort 985.000 DM Bargeld zu deponieren, ist so fernliegend, daû es besonderer Erörterung bedurft hätte.


e) Das Landgericht erwägt ein etwaiges Tatmotiv des Angeklagten überhaupt nicht, sondern beläût es statt dessen bei vielerlei Einzelfeststellungen , aus denen die wirtschaftliche Gesundheit des Unternehmens des Angeklagten möglicherweise hergeleitet werden kann. Damit geht das Landgericht daran vorbei, daû der Angeklagte die ihm vorgeworfenen Taten auch unter Nutzung eines florierenden Unternehmens begangen haben kann.
2. Schlieûlich spricht das Landgericht (UA S. 29) zwar von einer ªGesamtabwägungº. Die gebotene Gesamtwürdigung lassen die Urteilsgründe jedoch vermissen. Liegen mehrere Beweisanzeichen vor, so genügt es nicht, sie jeweils einzeln abzuhandeln; erforderlich ist vielmehr eine Gesamtwürdigung. Auch wenn keine der jeweiligen Indiztatsachen für sich allein zum Nachweis der Täterschaft des Angeklagten ausreicht, besteht die Möglichkeit , daû sie in ihrer Gesamtheit dem Tatrichter die entsprechende Überzeugung vermitteln (st. Rspr. des Bundesgerichtshofs; vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 2 und Beweiswürdigung, unzureichende 1; BGH NStZ 1983, 133, 134, jeweils m.w.N.). Dabei sind alle diejenigen Umstände in die Gesamtwürdigung einzubeziehen, die naheliegenderweise für eine Schuld des Angeklagten sprechen können. Der daraus folgenden Darstellungspflicht kann sich der Tatrichter auch nicht etwa dadurch entziehen, daû er hinsichtlich einzelner möglicherweise relevanter Umstände die dem Angeklagten günstige Version des Geschehens in die Feststellungen aufnimmt, ohne hierzu eine Beweiswürdigung anzustellen. Dies gilt hier namentlich für die getroffenen Feststellungen zur Zahl der existierenden Tresorschlüssel und deren Lokalisierung sowie die Feststellung, der Angeklagte sei von der Party in Wansleben gegen 24.00 Uhr ªnach Halleº gefahren. Alledem liegt nach den Urteilsgründen nicht mehr als die unwiderlegte Einlassung des Angeklagten zugrunde.

III.



Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf folgendes hin: Ein ± vielfacher ± Betrug kann sich nicht nur unter den in der Anklage genannten
Gesichtspunkten, sondern auch aus der Beurteilung ergeben, die das Landgericht Leipzig in seinem Urteil vom 8. August 1997 vorgenommen hat.
Harms Häger Gerhardt Brause Schaal