Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 150/10
vom
30. September 2010
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: Untreue u. a.
zu 2.: Betruges
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
30. September 2010, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann,
Richterin am Bundesgerichtshof
Solin-Stojanović,
Richter am Bundesgerichtshof
Cierniak,
Dr. Franke,
Bender
als beisitzende Richter,
Staatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
der Angeklagte Prof. Dr. F. in Person,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin des Angeklagten Prof. Dr. F. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten Dr. K. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts vom 17. Juli 2009 mit den Feststellungen aufgehoben,
a) soweit es den Angeklagten Prof. Dr. F. betrifft, hinsichtlich der Tatkomplexe IV. 1. b. aa. (Vertrag "TPW"), IV. 1. b. bb. (Vertrag "HybridSystem" ), IV. 1. b. cc. (Vertrag "Hybrid-System II"), IV. 1. c. (Vertrag "InnoCluster"), IV. 2. a. (Projekt "In2Math") und IV. 2. b. (Projekt "math-kit"),
b) soweit es den Angeklagten Dr. K. betrifft, hinsichtlich der Tatkomplexe IV. 2. a. (Projekt "In2Math") und IV. 2. b. (Projekt "math-kit").
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten vom Vorwurf des Subventionsbetruges , den Angeklagten Prof. Dr. F. auch, soweit es um Förderpro- jekte zugunsten der Firma S. GmbH & Co. KG (S. KG) geht, vom Vorwurf der Untreue, sowie beide Angeklagte, soweit es um zwei Förderprojekte zugunsten der Universität geht, vom Vorwurf des Betruges freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihren auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revisionen – wie der Begründung der Rechtsmittel zu entnehmen ist (vgl. BGH, Urteil vom 10. September 2009 – 3 StR 293/09 und vom 12. April 1989 – 3 StR 453/88, BGHR StPO § 344 Abs. 1 Antrag 3) – allein gegen den Freispruch des Angeklagten Prof. Dr. F. vom Vorwurf der Untreue in den Tatkomplexen IV. 1. b. aa. (Vertrag "TPW"), IV. 1. b. bb. (Vertrag "Hybrid-System"), IV. 1. b. cc. (Vertrag "Hybrid -System II"), IV. 1. c. (Vertrag "InnoCluster") sowie gegen den Freispruch beider Angeklagter in den Komplexen IV. 2. a. (Projekt "In2Math") und IV. 2. b. (Projekt "math-kit") der Urteilsgründe. Die wirksam beschränkten – vom Generalbundesanwalt vertretenen – Rechtsmittel haben bereits mit der Sachrüge Erfolg, so dass es auf die Verfahrensbeschwerden der Staatsanwaltschaft nicht ankommt.

I.


2
1. Der Angeklagte Prof. Dr. F. war im Tatzeitraum Professor für Mathematik an der Universität . Seine Beschäftigung mit sogenannter Computeralgebra mündete im Jahre 1987 in der Gründung der– sodann von ihm geleiteten – M. -Forschungsgruppe ; seit Anfang der 1990er Jahre war diese ein Teil des Instituts , das "A. " genannt und vom Angeklagten sowie zwei weiteren Professoren geleitet wurde. In der M. -Forschungsgruppe waren weitere Wissenschaftler tätig, unter ihnen der Angeklagte Dr. K. . Mit Gesellschaftsvertrag vom 21. Februar 1997 gründete der Angeklagte Prof. Dr. F. die S. KG mit Sitz in und zwar als Ausgründung aus der Universität. Als alleiniger Kommanditist übernahm er eine Beteiligung von 100.000 DM. Komplementärin wurde die S. Verwaltungs GmbH, deren alleiniger Gesellschafter ebenfalls der Angeklagte Prof. Dr. F. war. Hintergrund für die Gründung der Kommanditgesellschaft war, dass die Entwicklungen der "M. - Forschungsgruppe" kommerziell verwertet und vermarktet werden sollten. Der Angeklagte Dr. K. übernahm ab dem 1. Oktober 1997 die Stellung als alleiniger Geschäftsführer der S. Verwaltungs GmbH.
3
Gegenstand der zugelassenen Anklage waren zum einen – soweit in der Revisionsinstanz noch von Interesse – zwei Förderprojekte des Landes Nordrhein -Westfalen zugunsten der S. KG, die hinsichtlich aller Projekte Unteraufträge an die Universität vergeben hat, und zum anderen zwei weitere Förderprojekte, in welchen die Universität Fördermittel erhalten und ihrerseits Unteraufträge an die S. KG erteilt hat. Die Anklage hat den Angeklagten zur Last gelegt, dass die Fördermittel, welche die Universität aufgrund der abgeschlossenen Fremdleistungsverträge mit der S. KG erhalten hat, (größtenteils) nicht projektbezogen verwendet worden seien. Im Hinblick auf die Förderprojekte des Bundes zugunsten der Universität seien Entwicklungsleistungen der S. KG abgerechnet worden, denen kein entsprechender Personal- oder Arbeitsaufwand zugrunde gelegen habe.
4
2. Zu diesen in der Anklage als Subventionsbetrug bzw. Beihilfe hierzu gewerteten Vorwürfen hat das Landgericht folgende Feststellungen getroffen:
5
a) Tatkomplex IV. 1. b. der Urteilsgründe – TPW – Multimediale mathematisch -technische Arbeitsumgebung für Ingenieure, Mathematiker und Naturwissenschaftler basierend auf einem mathematisch-technischen Expertensystem
6
Bei dieser Fördermaßnahme handelt es sich um eine Zuwendung des Landes Nordrhein-Westfalen an die S. KG im Rahmen des Technologieprogramms Wirtschaft (TPW NW). Nach dem Zuwendungsbescheid des Ministeriums für Wirtschaft und Mittelstand, Technologie und Verkehr vom 19. Dezember 1997 wurde das Projekt in Höhe von 684.159 DM gefördert. Der mehrfach verlängerte Bewilligungszeitraum endete am 31. Dezember 2002. Die Universität wurde aufgrund von drei Fremdleistungsverträgen mit der S. KG tätig.
7
aa) Tatkomplex IV. 1. b. aa: Namensräume für Computer-AlgebraSysteme mit lexikalischer Variabelenbildung (Kennwort: TPW)
8
Zunächst wurde am 1. Dezember 2000 ein Vertrag – unterzeichnet vom Angeklagten Dr. K. und vom Zeugen P. in Vertretung der Kanzlerin der Universität – über die Durchführung des vorgenannten Forschungsund Entwicklungsvorhabens abgeschlossen. Die Vergütung aus diesem Vertrag in Höhe von 125.000 DM ist am 26. Januar 2001 an die Universitätskasse unter Angabe der Projekt Nr. und des Kennworts "TPW" überwiesen worden.
9
In dieser Zeit kam es zwischen dem Angeklagten Prof. Dr. F. und der Universitätsverwaltung zu Unstimmigkeiten über die Verwaltung von Drittmittelkonten. Die Universitätsverwaltung hatte von Sachmittelkonten des Angeklagten pauschale Abbuchungen vorgenommen, um damit andere Projekte der Universität zu fördern. Er beschloss deshalb, ihm gewährte Drittmittel dem Zugriff der Universitätsverwaltung zu entziehen (UA 24) und diese auf eigenen Konten selbständig zu verwalten sowie unabhängig von der Kontrolle der Universität auszugeben. Weiterhin plante er, die Gelder zeitweise auf Festgeldkonten mit höheren Zinsen einzuzahlen, um die Gelder später für seine Forschungen an der Universität zu verwenden und die aufgelaufenen Zinsen seinen Universitätsprojekten als Spende zukommen zu lassen. Dieses Vorhaben, dem der Angeklagte Dr. K. "als Projektförderer" bereits mit Schreiben vom 4. Dezember 2001 zugestimmt hatte, war Gegenstand einer E-Mail des Angeklagten Prof. Dr. F. vom 16. Mai 2002 an den Zeugen Sch. , den zuständigen Dezernenten der Hochschule für die Drittmittelverwaltung. Der Angeklagte führte aus, dass weder der Hochschule noch dem Projekt durch diese Handhabung ein Nachteil entstünde, denn das Projekt werde zielstrebig durch Nutzung von Synergien und auch durch Substitution vorangetrieben. Die Gelder selbst würden der Hochschule zur Verfügung stehen, sobald das Projekt abgeschlossen wäre, d. h. die Mittel frei verfügbare Drittmittel wären. Mit Schreiben vom 29. Mai 2002 erklärte sich der Zeuge Sch. mit der Selbstverwaltung der Drittmittel einverstanden. Bereits mit Schreiben vom 5. April 2002 an die Kanzlerin der Universität hatte der Angeklagte Prof. Dr. F. ausgeführt, dass die Drittmittel von ihm "als sichere Festgelder/Geldmarktfonds" angelegt und bei dem schon genau geplanten Bedarf nur über die Hochschulkasse zweckgebunden verausgabt würden.
10
bb) Tatkomplex IV. 1. b. bb: hybrides symbolisch-numerisches System (Kennwort: Hybrid-System)
11
Nach den Feststellungen der Wirtschaftsstrafkammer schlossen das Unternehmen S. KG und die Universität am 1. November 2001 einen Vertrag über die Durchführung des vorgenannten Forschungs- und Entwicklungsvorhabens. Die Vergütung aus diesem Vertrag in Höhe von 120.000 DM (61.355,03 €) überwies die S. KG am 6. Februar 2002 an den Angeklagten Prof. Dr. F. auf dessen Konto Nr. bei der Sparkasse .
12
cc) Tatkomplex IV. 1. b. cc: hybrides symbolisch-numerisches System II (Kennwort Hybrid-System II)
13
Über die Durchführung dieses Forschungs- und Entwicklungsvorhabens wurde am 2. September 2002 ein Fremdleistungsvertrag zwischen der S. KG und der Universität abgeschlossen. Die Vergütung aus dem Vertrag in Höhe von 60.000 € wurde am 27. Dezember 2002 an den Angeklagten Prof. Dr. F. auf dessen vorgenanntes Sparkassenkonto überwiesen.
14
Nach den aufgrund der vorgelegten Kontoauszüge getroffenen Feststellungen sind die aus den Verträgen "Hybrid-System" und "Hybrid-System II" stammenden Gelder in den Jahren 2002 und 2003 zunächst in vollem Umfang zum Kauf von Wertpapieren bei der D. bank verwendet worden, die zum 30. Dezember 2004 wieder verkauft wurden. Der aus dem Verkauf resultierende Erlös von 124.144,92 € wurde auf ein Festgeldkonto des Angeklagten Prof. Dr. F. mit der Nr. bei der Sparkasse umgebucht. Am 7. Dezember 2005 überwies der Angeklagte einen Teilbetrag in Höhe von 23.000 € von dort auf sein Sammelkonto Nr. bei der Universität . Das übrige Festgeldguthaben wurde in den Jahren 2006 und 2007 in mehreren Teilbeträgen auf das weitere Kontokorrentkonto des Angeklagten bei der Sparkasse mit der Nr. umgebucht und von dort – wiederum in mehreren Teilbeträgen – auf das oben genannte Sammelkonto des Angeklagten bei der Universität transferiert.
15
b) Tatkomplex IV. 1. c. – PSS – mathematisch-technische Expertensysteme für Handheld-Computer
16
Im Rahmen dieser Fördermaßnahme des Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen aus dem Programm "Industrieregionen im Strukturwandel" (PSS) erging der Zuwendungsbescheid zugunsten der S. KG am 15. November 2000. Antragsgemäß wurde für den Bewilligungszeitraum vom 1. Juli 2000 bis zum 31. Dezember 2002 eine Anteilsfinanzierung in Höhe von 254.454 DM (130.100,26 €) bewilligt. Im Blick auf dieses Projekt schloss die S. KG am 1. Dezember 2000 einen Fremdleistungsvertrag mit der Universität über die Durchführung eines Forschungs- und Entwicklungsvorhabens zum Thema "Mathematische Expertensysteme für HandheldComputer (Kennwort: InnoCluster)". Als Vergütung war ein Betrag von 193.800 DM vorgesehen, der nach einem Auszahlungsplan in sechs Teilbeträgen auf ein Konto der Universitätskasse überwiesen werden sollte. Dort sind lediglich zwei Zahlungen von jeweils 24.225 DM eingegangen, und zwar am 26. Januar und am 26. April 2001. Aus diesem Guthaben wurden keine Projektausgaben bestritten. Es wurde vielmehr unangetastet auf dem Projektkonto weitergeführt und schließlich am 26. August 2004 auf das bereits erwähnte Sammelkonto des Angeklagten Prof. Dr. F. mit der Nr. umgebucht. Im Jahr 2005 wurde das Guthaben für Personalausgaben verwendet.
17
Die weitere aus dem Vertrag "InnoCluster" stammende Vergütung in Höhe von insgesamt 145.350 DM (74.316,28 €) ist in drei Teilbeträgen, am 7. Februar 2002 in Höhe von 33.415,48 €, am 11. Juli 2002 in Höhe von 28.514,75 € und am 18. November 2002 in Höhe von 12.386,05 € auf das Konto Nr. des Angeklagten Prof. Dr. F. bei der Sparkasse zur Gutschrift gelangt. Von dort wurden auch diese Forschungsmittel auf das Sammelkonto des Angeklagten bei der Universität mit der Nr. transferiert. Insgesamt sind auf diesem Sammelkonto 168.780 € eingegangen.
18
c) Tatkomplexe IV. 2. a. (Projekt "In2Math: Interaktive Mathematik- und Informatik-Grundausbildung") und IV. 2. b. (Projekt "math-kit")
19
Nach den Feststellungen der Strafkammer zu diesen Tatkomplexen war die S. KG bei den beiden Förderprojekten "In2Math" und "math-kit" für die – unmittelbar mit anderen Projektpartnern geförderte – Universität als Unterauftragnehmerin tätig. Für das Projekt "In2Math" wurden am 17. Januar 2001 491.284 DM bewilligt; für Unteraufträge an die S. KG wurden – gegenüber im Zuwendungsantrag veranschlagten 157.600 DM – 182.900 DM (93.515,29 €) abgerechnet. Das Projekt "math-kit" wurde am 29. Januar 2001 mit 1.824.468 DM unterstützt (Projektförderung auf Ausgabenbasis ), wobei für Fremdarbeiten auf der Grundlage eines aktualisierten Angebots der S. KG 668.650 DM veranschlagt und von dem Unternehmen gegenüber der Universität mit zehn Rechnungen über insgesamt 700.053,90 DM (357.931,88 €) abgerechnet wurde. Beide Projekte wurden im Rahmen des Förderprogramms "Neue Medien in der Bildung" des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) durchgeführt. Nach den diesem Programm zugrunde liegenden Richtlinien war Zuwendungszweck die Förde- rung von Vorhaben zur Entwicklung, Erprobung und Einführung innovativer und multimedialer Lehr- und Lernformen an Hochschulen. Mit der Prüfung und Durchführung der Fördervorhaben beauftragte das BMBF als Projektträger die Fraunhofer-Gesellschaft e.V., St. Augustin ("In2Math") bzw. das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR), Bonn ("math-kit"). Der Zeuge N. betreute beim DLR das Bewilligungsverfahren.
20
3. a) Hinsichtlich der zwei Förderprojekte des Landes NordrheinWestfalen zugunsten der S. KG hat das Landgericht beide Angeklagte von dem ursprünglich erhobenen Vorwurf des Subventionsbetruges, den Angeklagten Prof. Dr. F. auch vom Vorwurf der Untreue freigesprochen. Letzterer habe sich nicht dadurch der Untreue schuldig gemacht, dass er die im Rahmen der Fremdleistungsverträge gezahlten Entgelte nicht unmittelbar für die Ausführung dieser Unteraufträge verwendet, sondern auf Festgeldkonten bei der Sparkasse angelegt und erst später wieder dem Universitätshaushalt zugeführt habe. Zwar habe die Hochschule auch im Tatzeitraum bei Drittmittelprojekten ein angemessenes Entgelt u.a. für die Inanspruchnahme ihres Personals verlangen können. Die bei den Projekten "TPW" und "PSS" für das Personal angefallenen Kosten seien teilweise aus dem Personalkostenetat der Hochschule finanziert worden. Dadurch, dass er es der Hochschule nicht ermöglicht habe, ein entsprechendes Entgelt einzufordern, könnte der Angeklagte seine Vermögensbetreuungspflichten verletzt haben. Der Universität sei aber kein Schaden entstanden. Nach der Beweisaufnahme stehe fest, dass man auf Seiten der Universität die von dem Angeklagten auf den Sparkassenkonten "geparkten" Gelder ohnehin nicht als Entgelt für die Tätigkeit der Universitätsmitarbeiter bei der Abwicklung der Unteraufträge einbehalten hätte. Daher könne auch nicht festgestellt werden, dass dem Angeklagten Prof. Dr. F. be- wusst gewesen sei, sein Verhalten verstoße möglicherweise gegen seine Pflichten nach dem Hochschulgesetz.
21
b) Hinsichtlich der Projekte "In2Math" und "math-kit" hat das Landgericht die Angeklagten von dem ursprünglich gegen sie erhobenen Vorwurf des Subventionsbetruges bzw. der Beihilfe hierzu sowie vom Vorwurf des Betruges freigesprochen. Durch die Verwendung und Abrechnung von Software, die zumindest teilweise bereits in dem durch das Land Nordrhein-Westfalen geförderten Projekt "TPW" entwickelt worden sei, hätten sich die Angeklagten insbesondere nicht des Betruges schuldig gemacht. Zwar sei durch die Angebote der S. KG im Rahmen des Projektes "math-kit" sowie in den späteren Beschaffungsanträgen und den Zwischenverwendungsnachweisen der Eindruck erweckt worden, dass es sich bei den Leistungen der S. KG um zeitnahe Entwicklungen handele, die konkret für dieses Projekt erbracht worden und für die konkrete Arbeitsstunden während der Projektlaufzeit angefallen seien. Auch sei bei den zuständigen Mitarbeitern des DLR ein entsprechender Irrtum entstanden. Es könne aber schon nicht mit der "entsprechenden" Sicherheit gesagt werden, dass dieser Irrtum ursächlich für die Förderung des Projekts "math-kit" gewesen sei. Zudem könne nicht festgestellt werden, dass dem Förderungsgeber ein Schaden entstanden sei; der Zweck der Förderung, nämlich die Entwicklung von innovativen Lehr- und Lernkonzepten unter Verwendung moderner Medien, sei nämlich erreicht worden.

II.


22
Das Urteil hat schon deshalb keinen Bestand, weil es nicht den Anforderungen an ein freisprechendes Urteil nach § 267 Abs. 5 Satz 1 StPO genügt. Die Urteilsbegründung muss aus sich heraus verständlich sein (vgl. BGH, Urtei- le vom 26. September 1989 – 1 StR 299/89, BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 2; vom 26. April 1990 – 4 StR 24/90, BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 3 und vom 10. August 1994 – 3 StR 705/93, BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 10). Auch aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ergibt sich nicht, welche strafbaren Handlungen dem Angeklagten Prof. Dr. F. konkret im Zusammenhang mit den beiden Förderprojekten zugunsten der Firma S. KG und den diesbezüglich mit der Universität abgeschlossenen Fremdleistungsverträgen "TPW", "Hybrid-System", "Hybrid-System II" und "InnoCluster" vorgeworfen werden. Zu dem Vertrag "TPW" führt das Landgericht lediglich aus, dass die Vergütung am 26. Januar 2001 an die Universitätskasse überwiesen worden sei. Feststellungen dahingehend, ob diese Forschungsmittel überhaupt projektbezogen eingesetzt wurden, werden dagegen nicht getroffen. In Bezug auf den Fremdleistungsvertrag "InnoCluster" stellt die Strafkammer zwar noch fest, dass die an die Universitätskasse geleisteten Teilzahlungen in Höhe von 48.450 DM nicht projektrelevant eingesetzt wurden. Im Rahmen der Beweiswürdigung stützt der Tatrichter die mögliche Untreuehandlung des Angeklagten aber nur darauf, dass er die erzielten Entgelte nicht unmittelbar für die Ausführung der Unteraufträge verwendet, sondern auf Festgeldkonten bei der Sparkasse angelegt und erst später wieder dem Universitätshaushalt zugeführt habe. Es bleibt somit unklar, ob das Landgericht auch hinsichtlich der von der S. KG an die Universitätskasse geleisteten Zahlungen eine Untreuehandlung überhaupt in Erwägung gezogen hat.
23
Zudem wird die Urteilsbegründung den Anforderungen an eine zusammenhängende Wiedergabe der Einlassung der Angeklagten und deren Würdigung unter Berücksichtigung aller Umstände nicht gerecht. Im Rahmen der erforderlichen Beweiswürdigung muss das Landgericht von der Einlassung des Angeklagten ausgehen und diese so vollständig und genau wiedergeben, wie es erforderlich ist, damit das Revisionsgericht prüfen kann, ob der Tatrichter unter Berücksichtigung der erhobenen Beweise zu Recht die Einlassung als unwiderlegbar seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat (BGH, Urteil vom 4. Juli 1991 – 4 StR 233/91, BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 7). Es bedarf somit einer geschlossenen und zusammenhängenden Wiedergabe wenigstens der wesentlichen Grundzüge der Einlassung des Angeklagten, um diese einer umfassenden Würdigung unterziehen zu können (BGH, Urteile vom 17. Mai 1990 – 4 StR 208/90, BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 4 und vom 10. August 1994 – 3 StR 705/93, BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 10; BGH, Beschluss vom 24. August 1990 – 3 StR 311/90). Das Landgericht teilt die Einlassungen der Angeklagten jedoch lediglich bruchstückhaft und verstreut über verschiedene Abschnitte der Urteilsbegründung mit. So hat es etwa in Bezug auf die Förderprojekte zugunsten der S. KG lediglich angegeben, dass die Feststellungen zu den Finanztransaktionen auch auf den Angaben des Angeklagten Prof. Dr. F. beruhten. Des Weiteren führt es aus, dass nach den unwiderlegbaren Angaben dieses Angeklagten die insoweit angefallenen Personalkosten teilweise aus dem Personalkostenetat der Hochschule und im Übrigen aus freien Drittmitteln aufgebracht worden seien. Auch die Feststellung, dass die in den Projekten "In2Math" und "math-kit" durch die S. KG in Rechnung gestellten Entwicklungskosten teilweise nicht direkte Arbeiten im Rahmen dieser Projekte, sondern eine Lieferung von Software beträfen, die in dem Projekt "TPW" entwickelt worden sei, würden auf den eigenen Einlassungen der Angeklagten beruhen. Zwar ist die Mitteilung der Einlassung des Angeklagten kein Selbstzweck, sondern dient vielmehr dazu, dem Revisionsgericht die Überprüfung der tatrichterlichen Beweiswürdigung auf Rechtsfehler zu ermöglichen (BGH, Urteil vom 1. April 1992 – 2 StR 614/91, BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 8). Hier fehlt es aber nicht nur an einer zusammenhängenden Wiedergabe der Einlassungen der Angeklagten, sondern es werden nicht einmal deren wesentliche Grundzüge mitgeteilt.

III.


24
Das angefochtene Urteil begegnet auch im Weiteren durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
25
1. Soweit das Landgericht in den Tatkomplexen IV. 1. b. bb. (Vertrag "Hybrid-System"), IV. 1. b. cc. (Vertrag "Hybrid-System II") und IV. 1. c. (Vertrag "InnoCluster") eine Strafbarkeit des Angeklagten Prof. Dr. F. wegen Untreue verneint hat, hält bereits die Beweiswürdigung des Landgerichts rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
26
a) Zwar ist die Beweiswürdigung grundsätzlich Sache des Tatrichters. Sie ist aber rechtsfehlerhaft, wenn sie lückenhaft ist, namentlich wesentliche Feststellungen nicht berücksichtigt oder nahe liegende Schlussfolgerungen nicht erörtert, wenn sie widersprüchlich oder unklar ist, gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder wenn an die zur Verurteilung erforderliche Gewissheit überspannte Anforderungen gestellt worden sind (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteile vom 31. März 1999 – 5 StR 689/98, BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 33; vom 30. März 2004 – 1 StR 354/03, NStZ-RR 2004, 238 f. und vom 7. Januar 2010 – 4 StR 413/09, NStZ 2010, 407, 408). Dabei ist der Tatrichter gehalten, sich mit den von ihm festgestellten Tatsachen unter allen für die Entscheidung wesentlichen Gesichtspunkten auseinanderzusetzen , wenn sie geeignet sind, das Beweisergebnis zu beeinflussen. Eine Beweiswürdigung , die über schwerwiegende Verdachtsmomente hinweggeht, ist rechtsfehlerhaft (BGH, Urteil vom 13. Januar 2010 – 1 StR 247/09).
27
b) Nach diesen Grundsätzen kann das Urteil in den Tatkomplexen IV. 1. b. bb. (Vertrag "Hybrid-System"), IV. 1. b. cc. (Vertrag "Hybrid-System II") und IV. 1. c. (Vertrag "InnoCluster") keinen Bestand haben. Die Beweiswürdigung des Landgerichts erweist sich als lückenhaft, da wesentliche Umstände, die für eine Untreue des Angeklagten Prof. Dr. F. sprechen könnten, nicht erörtert werden. Betrachtet man die Beträge, die für die drei genannten Fremdleistungsverträge zunächst auf Konten dieses Angeklagten bei der Sparkasse gelangt sind, so ergibt sich zwischen diesen Beträgen in Höhe von 61.355,03 € ("Hybrid-System"), von 60.000 € ("Hybrid-System II") bzw. von 74.316,28 € ("InnoCluster") und dem auf das Sammelkonto des Angeklagten bei der Universität im Jahr 2006 insgesamt überwiesenen Geldbetrag in Höhe von 168.780 € (einschließlich des bereits am 7. Dezember 2005 dorthin überwiesenen Betrages von 23.000 € und der am 27. Februar 2007 erfolgten Schlusszahlung von 1.000 €) ein Differenzbetrag von 26.891,31 €. Auf diesen Differenzbetrag geht die Strafkammer in der Beweiswürdigung nicht ein, obwohl hinsichtlich dieser Tatkomplexe eine mögliche Untreuehandlung auch darin bestehen könnte, dass hoheitliche Mittel für private Zwecke verwendet worden sein könnten (vgl. BGH, Urteil vom 27. Juli 1982 – 1 StR 209/82, NJW 1982, 2881; MünchKomm/StGB/Dierlamm § 266 Rn. 220).
28
2. Soweit das Landgericht bei den Förderprojekten zugunsten der S. KG nur darauf abgestellt hat, dass ein Untreueschaden nicht darin zu sehen ist, dass die Universität kein Entgelt für die Durchführung der Drittmittelprojekte unter Inanspruchnahme ihres Personals und ihrer Sachmittel erhalten hat, begegnet dies ebenfalls durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
29
a) Das Landgericht hat insoweit den Regelungsgehalt des zur Tatzeit geltenden § 101 des Gesetzes über die Hochschulen des Landes Nordrhein- Westfalen (HG NRW) vom 14. März 2000 (GV. NRW. 2000, S. 190) nicht hinreichend berücksichtigt. Nach § 101 Abs. 6 HG NRW 2000 (entspricht dem geltenden § 71 Abs. 6 HG NRW) stehen finanzielle Erträge der Hochschule aus (drittmittelfinanzierten) Forschungsvorhaben, die in der Hochschule durchgeführt werden, insbesondere aus Einnahmen, die der Hochschule als Entgelt für die Inanspruchnahme von Personal, Sachmitteln und Einrichtungen zufließen, der Hochschule für die Erfüllung ihrer Aufgaben zur Verfügung. Die als zwingende Regelung formulierte Norm hat vor allem den Sinn klarzustellen, dass finanzielle Erträge oder auch "freie" Drittmittelreste weder dem Drittmittelgeber noch dem Drittmittelforscher zufließen, sondern der Hochschule haushaltsrechtlich verbleiben (vgl. Detmer in Leuze/Epping Gesetz über die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen § 71 Rn. 184 [Stand: Oktober 2008]; Reich Hochschulrahmengesetz mit Wissenschaftszeitvertragsgesetz, 10. Aufl., § 25 Rn. 18). Erfasst sind Erträgnisse aus der Forschung ganz allgemein (Löwer in Hailbronner/Geis Hochschulrecht in Bund und Ländern § 25 Rn. 83 [Stand: September 2004]). Ein Vermögensschaden könnte daher auch darin liegen, dass noch nahezu vollständig vorhandene und damit"freie" Drittmittel nicht dem Haushalt der Universität nach Abschluss der Projekte zugeführt wurden.
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b) Der neue Tatrichter wird deshalb bei der Prüfung des § 266 StGB insbesondere Folgendes zu beachten haben:
31
aa) Der Angeklagte Prof. Dr. F. als Lehrstuhlinhaber hat auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen seine Vermögensbetreuungspflicht (vgl. BGH, Urteil vom 27. Juli 1982 – 1 StR 209/82, NJW 1982, 2881) verletzt, indem er es unterlassen hat, der Hochschule gegenüber die nach Abschluss der jeweiligen Projekte noch verbleibenden Drittmittel zu offenbaren. Nach dem Regelungsgehalt des § 101 Abs. 6 HG NRW 2000 gehörte es zum Kernbereich der Vermögensbetreuungspflicht des Angeklagten, der Universität bislang unbekannte , ihr zustehende Vermögenswerte offenzulegen (vgl. auch BGH, Urteil vom 29. August 2008 - 2 StR 587/07, BGHSt 52, 323, 333 f.).
32
bb) Ein ausdrückliches oder stillschweigendes Einverständnis der Treugeberin , welche eine Pflichtwidrigkeit hätte ausschließen können (vgl. BGH, Urteil vom 27. August 2010 – 2 StR 111/09), hat das Landgericht nicht festgestellt. Freilich hat der Zeuge Sch. , der zuständige Dezernent für die Drittmittelverwaltung , angegeben, dass es häufiger vorgekommen sei, dass nach Beendigung von Projekten auf den jeweiligen Drittmittelkonten noch größere Geldbeträge vorhanden gewesen seien, die von der Universität nicht vereinnahmt , sondern auf das Sammelkonto des jeweiligen Professors umgebucht worden seien. Auch der Zeuge V. , ein Sachbearbeiter in der Drittmittelverwaltung , hat bekundet, dass die auf dem Drittmittelkonto verbliebenen ersparten Aufwendungen dem jeweiligen Professor als freie Drittmittel auf seinem Sammelkonto zur Verfügung gestellt worden seien.
33
Abgesehen davon, dass sich gerade auch vor dem Hintergrund des zwingenden Charakters des § 101 Abs. 6 HG NRW 2000 dem Urteil nicht entnehmen lässt, wer in der Universität für derartige Entscheidungen über den Verbleib nicht verbrauchter Drittmittel zuständig war (vgl. §§ 18 ff. HG NRW 2000) und ob solche getroffen wurden, setzt eine solche Handhabung in jedem Fall die Kenntnis der zuständigen Stelle voraus, dass freie Drittmittel vorhanden sind. Dies ist im Hinblick auf die Forschungsmittel, die auf den privaten Sparkassenkonten des Angeklagten Prof. Dr. F. eingegangen sind, jedenfalls nicht hinreichend belegt. In diesem Zusammenhang ist die E-Mail des Angeklagten vom 16. Mai 2002 an den Zeugen Sch. von Bedeutung, mit welcher er die Selbstverwaltung der Drittmittel beantragte und insoweit zusicherte, dass die Gelder der Hochschule als frei verfügbare Drittmittel zur Verfügung stünden, sobald das Projekt abgeschlossen sei. Der Angeklagte kündigte somit eine projektbezogene Verwendung der Drittmittel an. Auch verhält sich das Urteil nicht dazu, für welche der verschiedenen Fremdleistungsverträge er eine Selbstverwaltung der Drittmittel gemäß dem – auf das jeweilige Projekt bezogenen – § 101 Abs. 4 Satz 4 HG NRW 2000 beantragt hatte, so dass nach den Feststellungen bereits fraglich bleibt, in welchem Umfang die Universität überhaupt Kenntnis vom Eingang der Fördergelder auf Privatkonten des Angeklagten hatte. Des Weiteren ist hinsichtlich einer Kenntnis der zuständigen Organe der Universität zu bedenken, dass bereits vor der Entscheidung über die Selbstverwaltung der Drittmittel am 29. Mai 2002 ein Geldtransfer auf die Privatkonten stattgefunden hat. So sind am 6. und 7. Februar 2002 Vergütungen aus den Verträgen "Hybrid-System" und "InnoCluster" auf Privatkonten des Angeklagten gutgeschrieben worden. Die Universität hatte auch durchaus ein materielles Interesse an den Drittmitteln; sie hatte nämlich von Sachmittelkonten des Angeklagten pauschale Abbuchungen vorgenommen, um andere Projekte der Universität zu fördern. Dieses Vorgehen war Auslöser für den Entschluss des Angeklagten, ihm gewährte Drittmittel dem Zugriff der Universitätsverwaltung zu entziehen (UA 24). Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass nach den Feststellungen zu den Fremdleistungsverträgen "Hybrid-System", "HybridSystem II" und "InnoCluster" sämtliche Forschungsmittel nicht projektrelevant verwendet wurden, auch soweit ein Teilbetrag von der S. KG an die Universitätskasse gezahlt wurde. Es geht also nicht darum, dass noch Drittmittel nach Projektabschluss vorhanden sind, sondern es standen sämtliche Forschungsmittel weiterhin zur Verfügung.
34
cc) Durch das Nichtoffenbaren der (vollständig) vorhandenen Drittmittel ist der Universität auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen ein Vermögensnachteil im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB entstanden. Diese konnte auf ihr gemäß § 101 Abs. 6 HG NRW 2000 zustehende Vermögenswerte keinen Zugriff nehmen, da sie keine Kenntnis von diesen Geldmitteln hatte. Der Angeklagte hielt insoweit auch nicht eigenes Vermögen zum Einsatz bereit, sondern verheimlichte gegenüber der Universität jedenfalls über einen erheblichen Zeitraum Geldvermögen, um dieses nach Maßgabe eigener Zweckmäßigkeitserwägungen bei noch nicht absehbaren späteren Gelegenheiten für möglicherweise nützliche Zwecke einzusetzen. Die eventuelle Rückführung der entzogenen Mittel ist allenfalls eine Schadenswiedergutmachung (vgl. BGH, Urteil vom 29. August 2008 - 2 StR 587/07, BGHSt 52, 323, 336 ff.; bestätigt durch BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 – 2 BvR 2559/08; BGH, Urteil vom 27. August 2010 – 2 StR 111/09).
35
dd) Vor diesem rechtlichen Hintergrund wird auch der subjektive Tatbestand neu zu bewerten sein.
36
3. Soweit das Landgericht die Angeklagten in den Tatkomplexen IV. 2. a. (Projekt "In2Math") und IV. 2. b. (Projekt "math-kit") der Urteilsgründe vom Vorwurf des Betruges freigesprochen hat, leidet das Urteil ebenfalls an durchgreifenden Rechtsfehlern.
37
a) Das Landgericht hat im Hinblick auf das Projekt "math-kit" zwar angenommen , dass "durch die Angebote der Firma S. im Rahmen des Projekts … sowie in den späteren Beschaffungsanträgen und den Zwischenverwendungsnachweisen der Eindruck erweckt worden (ist), dass es sich bei den Leistungen der Firma S. um zeitnahe Entwicklungen handelte, die konkret für dieses Projekt erbracht worden sind und für die konkrete Arbeitsstunden während der Projektlaufzeit angefallen sind"; der Zeuge Dr. So. hatte auf Anweisung des Angeklagten Dr. K. die Entwicklungskosten für das Angebot aufgeschlüsselt. Das Tatgericht hat sodann aber einen zu strengen Maßstab hinsichtlich der Kausalität des Irrtums für die getroffene Vermögensverfügung angelegt. Es hat mit rechtsfehlerhafter, jedenfalls unklarer Begründung den Angaben des Zeugen N. als Betreuer des Bewilligungsverfahrens die ihnen zukommende rechtliche Bedeutung abgesprochen. Dieser Zeuge hat bekundet , dass von seiner Seite das Projekt nicht befürwortet worden wäre, wenn er gewusst hätte, dass in größerem Maße bereits vorhandene oder von dritter Seite noch zu erstellende Standardsoftware verwendet worden wäre. Der Zeuge L. hat dagegen zwar die Zuwendungsbescheide unterzeichnet, dabei aber keine eigene detaillierte Prüfung der in Rede stehenden Punkte vorgenommen , sondern seine Unterschrift nach der Empfehlung des DLR und einer Diskussion im Beirat im BMBF geleistet. Auch wenn erst die letzte Verfügung durch den Zeugen L. die Vermögensminderung ermöglichte, war diese eine zwingende bzw. wirtschaftliche Folge des durch die Täuschung beim Zeugen N. hervorgerufenen Irrtums (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 1991 – 2 StR 421/90, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 29).
38
Ebenso hält die Begründung, mit der die Strafkammer im Tatkomplex "math-kit" einen Vermögensschaden verneint hat, rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Liegt ein zweckwidriger Einsatz öffentlicher Mittel vor, so kann darin bereits ein Schaden liegen, weil die zweckgebundenen Mittel verringert wurden, ohne dass der Zweck erreicht wurde (BGH, Urteile vom 4. November 1997 - 1 StR 273/97, BGHSt 43, 293, 297 f. und vom 14. Dezember 2000 – 5 StR 123/00, NStZ 2001, 248, 251; vgl. auch Wagner NStZ 2003, 543). Das Projekt "math-kit" wurde nach den Feststellungen im Rahmen des Förderprogramms des BMBF "Neue Medien in der Bildung" durchgeführt. Diesem Programm lag eine Bekanntmachung des BMBF vom 27. März 2000 zugrunde, wonach Zuwendungszweck die Förderung von Vorhaben zur Entwicklung, Erprobung und Einführung innovativer und multimedialer Lehr- und Lernformen an Hochschulen war. Der Einkauf von bereits vorhandener und damit entwickelter Software verwirklicht dagegen diesen Förderzweck nicht; der Erwerb von zur Durchführung des Projekts erforderlichen Betriebsmitteln ist ein der Zweckerreichung vorgelagerter Vorgang. Die Strafkammer stellt zwar darauf ab, dass die Zweckerreichung eingetreten sei, da das Projekt erfolgreich durchgeführt worden sei und noch heute von verschiedenen Universitäten angewendet werde. Insoweit hat sie bei der Schadensprüfung aber auf den falschen Zeitpunkt abgestellt. Maßgebend war der Zeitpunkt, zu dem die Gelder beim Zuwendungsempfänger bzw. bei der S. KG eingegangen sind (vgl. BGH, Urteile vom 21. Oktober 1994 - 2 StR 328/94, BGHSt 40, 287, 298 und vom 14. Dezember 2000 – 5 StR 123/00, NStZ 2001, 248, 251). Der Umstand, dass das Projekt letztendlich als erfolgreich durchgeführt zu bewerten sein mag, hat demgegenüber allenfalls für die Strafzumessung Bedeutung. Außerdem könnte ein Schaden auch darin liegen , dass die bereits vorhandene Software überbezahlt worden ist.
39
Bei dieser Sachlage braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob das Landgericht eine vorsätzliche Täuschung der zuständigen Mitarbeiter des DLR durch den Angeklagten Prof. Dr. F. über seine weitere Mitarbeit in diesem Projekt rechtsfehlerfrei verneint hat.
40
b) Für den Freispruch vom Vorwurf des Betruges im Komplex "In2Math" gibt die Strafkammer keine Begründung; daher entbehrt das Urteil insoweit der erforderlichen Verständlichkeit und Nachvollziehbarkeit (vgl. oben II.).

IV.


41
Der nunmehr zur Entscheidung berufene Tatrichter wird gegebenenfalls auch die Frage der Verjährung anhand der nach den Rechtsausführungen des Senats neu zu treffenden Feststellungen einer erneuten Prüfung zu unterziehen haben.
Ernemann Solin-Stojanović Cierniak
Franke Bender

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 293/09
vom
10. September 2009
in der Strafsache
gegen
alias:
wegen bandenmäßiger Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u. a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 10. September
2009, an der teilgenommen haben:
Richterin am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible
als Vorsitzende,
die Richter am Bundesgerichtshof
von Lienen,
Hubert,
Dr. Schäfer,
Mayer
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Oldenburg vom 30. März 2009 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) hinsichtlich der Einzelstrafe im Fall II. 2. der Urteilsgründe sowie
b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen "Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 19 Fällen, davon in zwei Fällen in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, wobei er in 18 Fällen (17 mal Handeltreiben und einmal Einfuhr) als Mitglied einer Bande handelte, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hatte", zur Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es Wertersatzverfall in Höhe eines Betrages von 20.000 € angeordnet. Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ih- rer zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten, auf die Sachrüge gestützten Revision - wie dem Revisionsantrag und der Begründung des Rechtsmittels (vgl. BGHR StPO § 344 Abs. 1 Antrag 3) zu entnehmen ist - allein gegen die im Fall II. 2. der Urteilsgründe festgesetzte Einzelstrafe und die verhängte Gesamtstrafe. Das wirksam beschränkte, vom Generalbundesanwalt vertretene Rechtsmittel hat vollen Erfolg.
2
Nach den Feststellungen des Landgerichtes hatte sich der Angeklagte vor dem 23. April 2007 mit den beiden niederländischen Drogenlieferanten "C. " und "G. " zu einer Bande im Sinne von § 30 a Abs. 1 BtMG zusammengeschlossen. Dabei sollte er als Kurier tätig werden und Kokain in die Schweiz schmuggeln sowie das Kaufgeld von den Abnehmern zu den Lieferanten nach Amsterdam bringen. Nachdem der Angeklagte innerhalb eines Zeitraumes von sechs Monaten in 17 Fällen Drogengeld in Höhe von jeweils mindestens 15.000 Schweizer Franken nach Amsterdam transportiert hatte, brachte er im Rahmen seiner Bandentätigkeit Ende Oktober 2007 inkorporiert ein Kilogramm Kokain von Amsterdam über die Bundesrepublik Deutschland zu den Abnehmern nach Basel. Wenige Tage später fuhr der Angeklagte erneut dorthin, holte 24.000 Schweizer Franken - einen Teil des Entgelts für das zuvor gelieferte Kokain - ab, und überbrachte es "C. " in Amsterdam. Der Angeklagte erhielt für den Drogenschmuggel 2.000 € und für den Geldtransport 5 % der überbrachten Summe (Fall II. 2. der Urteilsgründe).
3
Das Landgericht hat diese Tat rechtlich als bandenmäßige unerlaubte Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum bandenmäßigen unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gewürdigt (§ 30 a Abs. 1 BtMG, § 27 StGB), einen minder schweren Fall im Sinne von § 30 a Abs. 3 BtMG verneint und aus dem Strafrahmen des § 30 a Abs. 1 BtMG die Mindeststrafe von fünf Jahren festgesetzt.
4
1. Die in diesem Fall vorgenommene Strafzumessung hält sachlichrechtlicher Überprüfung nicht stand.
5
Die dem Regelstrafrahmen entnommene Mindeststrafe kann nicht bestehen bleiben, weil es das Landgericht unterlassen hat, konkrete Feststellungen zum Wirkstoffgehalt des geschmuggelten Kokains zu treffen. Solche sind indes bei Verurteilungen nach dem Betäubungsmittelgesetz regelmäßig erforderlich (st. Rspr.; vgl. BGH NStZ 2008, 471; Weber, BtMG 3. Aufl. vor §§ 29 ff. Rdn. 805 m. w. N.). So ist es auch hier. Zwar hatte der Wirkstoffgehalt mit Blick auf Art und Menge des transportierten Betäubungsmittels keine maßgebliche Bedeutung für die rechtliche Einordnung der vom Angeklagten begangenen Straftaten , die Beurteilung ihres konkurrenzrechtlichen Verhältnisses und die Frage des Vorliegens eines minder schweren Falles. Indes konnte für die Festsetzung der schuldangemessenen Strafe auf die konkrete Feststellung der Wirkstoffmenge - notfalls im Wege der Schätzung (vgl. BGH NStZ-RR 2008, 319) - nicht verzichtet werden (vgl. Weber aaO Rdn. 799, 806 m. w. N.). Denn nach den getroffenen Feststellungen liegt es nahe, dass der Angeklagte (auch) in diesem Fall hochwertiges Kokain in die Schweiz verbracht hat. So spricht für eine gute Qualität des Kokains, dass der Transport im Zwischenhandel erfolgte und die überbrachte Geldsumme von 24.000 Schweizer Franken nur ein Teil des Kaufpreises war. Zudem erhielt der Angeklagte für den Transport des Rauschgifts den vergleichsweise hohen Kurierlohn von 2.000 €. Deshalb kann der Senat nicht ausschließen, dass sich die unterbliebene Bestimmung des Wirkstoffgehalts bei der Bemessung der Einzelstrafe zum Vorteil des Angeklagten ausgewirkt hat.

6
2. Der Wegfall der Einzelstrafe im Fall II. 2. der Urteilsgründe hat die Aufhebung des Ausspruches über die Gesamtstrafe zur Folge. Auf die in diesem Zusammenhang erhobene weitere Beanstandung der Beschwerdeführerin, das Landgericht habe den gewährten Härteausgleich für eine rechtskräftige und teilweise vollstreckte sowie im Übrigen zur Bewährung ausgesetzte Verurteilung des Angeklagten durch das Strafgericht Basel-Stadt am 1. April 2008 in einer rechtsfehlerhaften Art und Weise sowie mit einem zu hohen Abschlag von der gebildeten fiktiven Gesamtstrafe vorgenommen, kommt es daher nicht mehr an. Allerdings hat die Revision insoweit keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Vorteil des Angeklagten aufgezeigt (vgl. insoweit Fischer, StGB 56. Aufl. § 55 Rdn. 21 f.).
7
3. Das angefochtene Urteil enthält auch keinen den Angeklagten benachteiligenden Rechtsfehler (§ 301 StPO). Das Landgericht hat insbesondere rechtlich zutreffend das Vorliegen eines minder schweren Falles im Sinne von § 30 a Abs. 3 BtMG abgelehnt. Diese Beurteilung kann unter den gegebenen Umständen auch ohne die - fehlenden - konkreten Feststellungen zum Wirkstoffgehalt des Kokains erfolgen; denn der Angeklagte hat ein Kilogramm Kokain sowie eine hohe Kaufgeldsumme jeweils über zwei Staatsgrenzen geschmuggelt. Schon angesichts dieser, die Tat des Angeklagten prägenden Umstände lag die Verneinung eines minder schweren Falles auf der Hand. Der Senat kann deshalb ausschließen, dass sich die fehlende Feststellung des konkreten Wirkstoffgehalts bei der Strafrahmenwahl zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt hat. Gleiches gilt für die Strafzumessung im engeren Sinne, da die Strafkammer auf die Mindeststrafe aus dem zutreffenden Rahmen des § 30 a Abs. 1 BtMG erkannt hat.
Sost-Scheible von Lienen Hubert Schäfer Mayer

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.

(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.

(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.

(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 354/03
vom
30. März 2004
in der Strafsache
gegen
wegen Vergewaltigung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 30. März
2004, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Boetticher,
Schluckebier,
Hebenstreit,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Rechtsanwältin
als Vertreterin der Nebenklägerin,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Nebenklägerin wird das Urteil des Landgerichts Waldshut-Tiengen vom 14. März 2003 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine Strafkammer des Landgerichts Freiburg zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten erneut vom Vorwurf der Vergewaltigung zum Nachteil der Nebenklägerin S. freigesprochen. Hiergegen richtet sich die Revision der Nebenklägerin. Diese beanstandet die Verletzung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel hat Erfolg.

I.


1. Der Senat hat bereits mit Urteil vom 29. September 1998 - 1 StR 416/98 - das erste in dieser Sache ergangene Urteil des Landgerichts vom 28. November 1997 auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenklägerin hin aufgehoben, soweit der Angeklagte von dem jetzt noch in Rede stehenden Tatvorwurf freigesprochen worden war. In der ersten Hauptverhandlung hatte sich das Landgericht nicht davon überzeugt, daß der Angeklagte gemeinsam mit einem unbekannten Mittäter namens J. die Zeugin
S. am 19. August 1996 gegen 20.30 Uhr in der Parkanlage hinter dem Sch. -Gymnasium in Bad Sä. überfallen habe, wobei beide Täter abwechselnd jeweils den Oral- und Vaginalverkehr erzwungen hätten (Anklage vom 13. April 1997). In einer mit diesem Verfahren verbundenen weiteren Anklage war dem Angeklagten darüber hinaus vorgeworfen worden, an einem nicht näher feststellbaren Tag in der zweiten Augusthälfte 1996 wiederum mit einem unbekannten Mittäter namens J. und ebenfalls im Sch. park in Bad Sä. eine weitere, allerdings unbekannt gebliebene Frau zum Geschlechtsverkehr gezwungen zu haben. Diese hatte sich später anonym bei einer Frauenberatungsstelle gemeldet, war danach aber nicht mehr in Erscheinung getreten. Auch von diesem Tatvorwurf hat das Landgericht den Angeklagten mit seinem ersten Urteil vom 28. November 1997 freigesprochen. Insoweit ist jenes Urteil rechtskräftig.
Hinsichtlich des Vorwurfs der Vergewaltigung zum Nachteil der Zeugin S. konnte das Landgericht seinerzeit Zweifel nicht überwinden, ob der Angeklagte bei seinem früheren, später widerrufenen Geständnis diejenige Tat geschildert habe, welche der Zeugin widerfahren sei. Auch die Identifizierung des Angeklagten durch die Zeugin sei nicht verläßlich genug, um Unstimmigkeiten zwischen den Tatschilderungen der Zeugin und des Angeklagten in seiner früheren geständigen Einlassung vernachlässigen zu können.
2. Das Landgericht hat sich auch in der erneuten Hauptverhandlung nicht davon zu überzeugen vermocht, daß es der Angeklagte war, der die Zeugin S. mit einem unbekannten Mittäter vergewaltigt hat. Zwar sei die Zeugin S. , wie von ihr geschildert, Opfer einer Vergewaltigung geworden ; es lasse sich jedoch nicht feststellen, daß der Angeklagte die Tat be-
gangen habe. Das später widerrufene Geständnis des Angeklagten im Ermittlungsverfahren beziehe sich zwar wahrscheinlich auf eine tatsächlich verübte Tat, obwohl dies nicht als völlig zwingend erscheine. Es bestünden aber erhebliche Zweifel an der Identität der von dem Angeklagten einerseits und der Zeugin andererseits jeweils geschilderten Tatabläufe. Unterschiede hätten sich bei den Angaben hinsichtlich des Ausgangspunkts der Tat und der Gehrichtung des Opfers, dessen Kleidung und Haarfarbe, der Kleidung der Täter, des Tattags und der Ausübung von Oralverkehr ergeben. Diese Abweichungen könnten auch nicht mit der Überlegung relativiert werden, daß die Begehung zweier vergleichbarer Vergewaltigungstaten durch jeweils zwei (andere) Täter in Bad Sä. in kurzem zeitlichem Abstand wenig wahrscheinlich sei. Die Strafkammer konnte sich von der Täterschaft des Angeklagten auch nicht aufgrund seiner Identifizierung als Täter durch dieZeugin S. überzeugen. Die Identifizierung bei der Wahllichtbildvorlage sei aufgrund von Unsicherheiten bei der Beschreibung der Barttracht des Angeklagten nicht sicher gewesen. Auch in der Hauptverhandlung hätten sich Unsicherheiten in bezug auf die Barttracht und die Lage der Narbe im Gesicht des Angeklagten ergeben.

II.


Das freisprechende Urteil hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Es weist im wesentlichen die gleichen rechtlichen Fehler bei der Beweiswürdigung auf wie das seinerzeit aufgehobene erste landgerichtliche Urteil. Die Beweiswürdigung leidet wiederum unter Erörterungsmängeln, beachtet nicht in jeder Hinsicht die für sie geltenden Maßgaben und überspannt die an die tatrichterliche Überzeugungsbildung zu stellenden Anforderungen.
1. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters; kann er die erforderliche Gewißheit nicht gewinnen und zieht er die hiernach gebotene Konsequenz und spricht frei, so hat das Revisionsgericht dies regelmäßig hinzunehmen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob das Revisionsgericht die Beweisergebnisse anders gewürdigt oder Zweifel überwunden hätte. Ein Urteil kann indes dann keinen Bestand haben, wenn die Beweiswürdigung rechtsfehlerhaft ist. Dies ist etwa der Fall, wenn sie lückenhaft ist, namentlich wesentliche Feststellungen nicht berücksichtigt oder naheliegende Schlußfolgerungen nicht erörtert , wenn sie widersprüchlich oder unklar ist, gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder wenn an die zur Verurteilung erforderliche Gewißheit überspannte Anforderungen gestellt worden sind (st. Rspr.; vgl. nur BGH wistra 1999, 338, 339; NJW 2002, 2188, 2189).
Der Tatrichter ist gehalten, sich mit den von ihm festgestellten Tatsachen unter allen für die Entscheidung wesentlichen Gesichtspunkten auseinanderzusetzen , wenn sie geeignet sind, das Beweisergebnis zu beeinflussen. Eine Beweiswürdigung, die über schwerwiegende Verdachtsmomente ohne Erörterung hinweggeht, ist rechtsfehlerhaft (BGH NStZ 2002, 656, 657). Liegen mehrere Beweisanzeichen vor, so genügt es nicht, sie jeweils einzeln abzuhandeln. Auf solche einzelnen Indizien ist der Grundsatz "in dubio pro reo" nicht isoliert anzuwenden. Das einzelne Beweisanzeichen ist vielmehr mit allen anderen Indizien in eine Gesamtwürdigung einzustellen. Erst die Würdigung des gesamten Beweisstoffes entscheidet letztlich darüber, ob der Richter die Überzeugung von der Schuld des Angeklagten und den sie tragenden Feststellungen gewinnt. Auch wenn keine der Indiztatsachen für sich allein zum Nachweis der Täterschaft des Angeklagten ausreichen würde, besteht die Möglich-
keit, daß sie in ihrer Gesamtheit dem Tatrichter die entsprechende Überzeugung vermitteln können (BGH NStZ-RR 2000, 45).
2. Die Strafkammer mußte ihrer Beweiswürdigung die Aussage der Zeugin S. zugrunde legen und prüfen, ob diese glaubhaft ist und ob die Zeugin den Angeklagten überzeugungskräftig als Täter identifiziert hat. Dabei hat die Kammer jedoch nicht hinreichend bedacht, daß der Zweifelssatz nicht schon auf das einzelne Indiz, sondern erst bei der abschließenden Überzeugungsbildung aufgrund der gesamten Beweislage anzuwenden ist. Bereits vor der Gesamtschau aller Beweise hat das Landgericht hier wesentliche Beweisanzeichen für die Täteridentifikation - wie die Lage der Narbe, die Barttracht, den Geruch und weitere Identifizierungsmerkmale - jeweils einzeln unter Zugrundelegung des Zweifelssatzes als „nicht völlig zwingend“ und deshalb nicht überzeugend erachtet. Das läßt besorgen, daß es bei der Gesamtwürdigung solche Indizien nicht hinreichend einbezogen hat, denen es für sich gesehen keinen „zwingenden“ Beweiswert beigemessen hat. Darüber hinaus hat es einzelne Beweisanzeichen und naheliegende Möglichkeiten nicht erschöpfend oder überhaupt nicht erörtert.

a) Die Strafkammer hat sich zur Identifizierung des Angeklagten durch die Zeugin S. mit dem Beweisanzeichen der Narbe befaßt, dabei aber die Angaben der Zeugin zur Lage der Narbe im Gesicht eines der Täter und das tatsächliche Vorhandensein einer Narbe unter dem linken Auge des Angeklagten nicht erschöpfend gewürdigt.
Das Landgericht sieht in dem Umstand, daß ein Tatopfer einen Täter an einer Narbe wieder erkennt, grundsätzlich ein starkes Indiz für die Richtigkeit
der Identifizierung; das gelte unabhängig von etwaigen Abweichungen hinsichtlich deren genauer Lage. Es hält den Wert der Wiedererkennung hier aber deshalb für gemindert, weil die Zeugin auch nach der Gegenüberstellung mit dem Angeklagten bei der fehlerhaften Beschreibung der Lage der Narbe geblieben ist und darauf beharrt hat, diese habe sich über dem linken Auge befunden. In diesem Zusammenhang läßt es allerdings unberücksichtigt, daß die Zeugin den Angeklagten in der Hauptverhandlung "zu 100 %" identifiziert hat. Zudem erörtert es nicht, welche Bedeutung der Aussage der Zeugin zur Lage der Narbe gerade vor dem Hintergrund zukommt, daß diese bei ihrer Beschreibung insoweit auch später blieb, obwohl sie spätestens nach der ersten Gegenüberstellung in der Hauptverhandlung im November 1997 naheliegenderweise die tatsächliche Lage der Narbe unter dem linken Auge gekannt haben müßte. Wenn die Zeugin dennoch den Täter mit einer über dem Auge liegenden Narbe beschrieben hat, liegt die Erklärung nahe, daß sie diese aus ihrer Erinnerung beschrieben hat, die jedoch nicht in jeder Hinsicht verläßlich war. Dabei war zu bedenken, daß die beiden Täter die liegende Zeugin auch kopfseitig von oben festgehalten haben. Wie dem Senat aus der Befassung mit dem ersten, aufgehobenen Urteil des Landgerichts bekannt ist, war dort festgestellt , daß sich die Zeugin inzwischen (damals, in jener Hauptverhandlung) nicht mehr sicher war, wo am Auge des Täters sich die Narbe genau befunden habe. Diese Besonderheiten hätte die nunmehr zur Entscheidung berufene Strafkammer in ihre Bewertung einbeziehen müssen.

b) Die Beweiswürdigung des Landgerichts ist auch hinsichtlich des Beweisanzeichens der Barttracht unvollständig und wird den Anforderungen an die tatrichterliche Überzeugungsbildung nicht vollends gerecht.
Die ZeuginS. hat auch in der erneuten Beweisaufnahme gleichbleibend bestätigt, daß einer der Täter - ihres Erachtens der Angeklagte - keinen Bart getragen habe. Daneben hat sie aber den unbekannten Mittäter mit einem leicht an den Mundwinkeln herabwachsenden Schnurrbart beschrieben. Der Angeklagte hatte im Rahmen seines (später widerrufenen) Geständnisses angegeben, daß er zur Tatzeit zumindest einen Oberlippenbart getragen habe, welcher sicher an den Seiten etwas länger ausgeprägt gewesen sei. Danach hat die Zeugin einem der Täter einen Bart zugeordnet, der nach der Form der Barttracht des Angeklagten zur Tatzeit entsprechen konnte. Die Möglichkeit, daß die Zeugin den von ihr tatsächlich erwähnten Bart versehentlich dem falschen Täter zugeordnet haben könnte, wird vom Landgericht als spekulativ bezeichnet, ohne die besondere Anspannung der Zeugin in der Tatsituation und den Umstand zu würdigen, daß sie aus der Erinnerung zwei Täter zu beschreiben hatte, denen sie bestimmte Merkmale zuordnen mußte.

c) Darüber hinaus setzt sich das Landgericht wie im ersten Urteil mit dem besonderen Merkmal der Stimme des Angeklagten nicht hinreichend auseinander , obwohl die Zeugin die Stimme des entsprechenden Täters als näselnd beschrieben hat. Auch fehlt eine Erörterung der Sprache des Angeklagten im Hinblick auf den von der Zeugin beschriebenen „fehlenden Dialekt“. Gerade diese Umstände können nicht aufgrund einer nach Ansicht des Landgerichts methodisch unzulänglichen früheren Wahllichtbildvorlage wiedererkannt werden. Dies gilt auch für den von der Zeugin erstmals als Wiedererkennungsmerkmal erwähnten Geruch des Angeklagten. Das Urteil enthält keine Angaben zu den konkreten Abständen zwischen dem Angeklagten und der Zeugin in der jetzigen Hauptverhandlung und damit den Geruchswahrnehmungsmöglichkeiten. Weiter fehlt eine Würdigung im Hinblick auf Alter, Größe
und Haarfarbe des Angeklagten. Schließlich wird nicht darauf eingegangen, inwieweit die Zeugin den Angeklagten anhand der Augen wiedererkannt haben will. In dem ersten, aufgehobenen Urteil ist von einem hängenden Augenlid die Rede, einem Merkmal, mit dem sich das Tatgericht damals fehlerhaft nicht auseinandergesetzt hatte. Nunmehr wird dieser Umstand vom Landgericht ebenso wie die Gesichtsform nicht einmal mehr erwähnt. Das Urteil läßt schließlich eine Auseinandersetzung mit der beschriebenen erheblichen Alkoholisierung des Täters vermissen, während im ersten Urteil immerhin noch die insoweit übereinstimmenden Angaben von Angeklagtem und Zeugin festgestellt worden waren. Auch dies wäre als Indiz im Rahmen der Gesamtwürdigung zu berücksichtigen gewesen.

d) Überdies ist die Annahme des Landgerichts nicht tragfähig, die Identifizierungsleistung der Zeugin verliere deswegen an Wert, weil sich der Angeklagte seinerzeit aufgrund der von der Zeugin gegebenen, in der Zeitung abgedruckten Täterbeschreibung nach deren Lektüre gestellt habe. Es liegt nahe, daß ein Zeuge eine Person als Täter identifiziert, die er zuvor beschrieben hat und die der Beschreibung entspricht, und zwar unabhängig davon, ob diese sich selbst gestellt hat oder nicht. Dies kann sogar ein Hinweis auf die Verläßlichkeit der Identifizierung sein. Sollte die Strafkammer hingegen gemeint haben , ein etwaiges Wissen des Identifizierungszeugen um die Selbstgestellung könne die Identifizierungsleistung beeinflussen, hätte dies klar zum Ausdruck gebracht und begründet werden müssen.
3. Auch die Würdigung der Einlassung des Angeklagten leidet unter Erörterungsmängeln und ist deshalb nicht tragfähig.

a) Der Senat hatte beanstandet, daß das Motiv des Angeklagten für den Widerruf seines bei mehreren Vernehmungen wiederholten Geständnisses nicht genügend gewürdigt worden sei. Die Schilderung der zeitlichen Abläufe und näheren Umstände des Widerrufs hat er als nicht ausreichend erachtet. Im ersten Urteil hatte das Landgericht als Grund für den Widerruf erwähnt, der Angeklagte habe mit einer Freiheitsstrafe von etwa drei Jahren gerechnet. Nachdem sein Anwalt ihm dann aber gesagt habe, daß ihn eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren erwarte, sei ihm das doch zuviel gewesen. Das jetzige Urteil erwähnt diese Umstände nicht mehr. Die Strafkammer führt aus, es sei nicht völlig unwahrscheinlich, daß sich der Angeklagte aufgrund seiner traumatischen sexuellen Erfahrungen mit seinem Vater in eine Opferrolle hineingesteigert haben könnte, aufgrund deren er dann ein solches Geständnis unabhängig von seinem tatsächlichen Wahrheitsgehalt abgelegt haben könnte, um - wie er erklärt hat - seinem Vater „eins auszuwischen“.
Diese Erklärung des Angeklagten für sein widerrufenes Geständnis, dem "Vater eins auszuwischen", mag, auch wenn das eher fern liegt, möglicherweise geeignet sein, das - dann falsche - Geständnis gegenüber der Polizei zu erklären, nicht ohne weiteres jedoch das zuvor nach Lektüre des Presseartikels gegenüber der Zeugin St. abgegebene. Das hätte der Erörterung bedurft.

b) Das Landgericht würdigt bei der Prüfung des Wahrheitsgehalts der früheren geständigen Einlassung des Angeklagten nicht ausreichend deren Aussagequalität.
Auch ein frei erfundenes Geständnis, um dem Vater „eins auszuwischen“ , birgt die Gefahr der fehlenden Konstanz insbesondere dann, wenn das
Tatgeschehen so genau wie hier beschrieben worden ist. Eine Erklärung dafür, warum das widerrufene Geständnis des Angeklagten durch Beständigkeit und Detailtreue auch in Nebensächlichkeiten gekennzeichnet ist, führt die Strafkammer nicht an. Sie geht daran vorbei, daß sich der Angeklagte das Geständnis sehr spontan überlegt haben muß, wenn er nach dem Lesen des Zeitungsartikels mit der Täterbeschreibung noch am selben Tag zunächst gegenüber der Zeugin St. die Tat eingestanden und sich in der Nacht der Polizei gestellt hat. Dies hätte der näheren Bewertung bedurft.
c) Die Beweiswürdigung zum Aufenthalt des Angeklagten zum Tatzeitpunkt ist nicht tragfähig. Zwar nimmt das Landgericht nicht an, der Angeklagte habe ein Alibi nachweisen können, weil er am Spätnachmittag des 19. August 1996 persönlich bei seinem Arbeitgeber gekündigt habe. Das Landgericht hält es aber "für sehr unwahrscheinlich", daß sich der Angeklagte danach noch nach Bad Sä. begeben und dort die Vergewaltigung begangen habe (UA S. 19). Es konnte jedoch keine Feststellungen dazu treffen, wann genau und wo der ZeugeL. den Angeklagten nach dem Besuch des Arbeitgebers mit dem Fahrzeug abgesetzt hat. Dieser hat sich nur noch daran erinnert, daß die Fahrt zum Arbeitgeber zwischen 17.00 Uhr und 20.00 Uhr stattgefunden und der Angeklagte sich dort ca. ein- bis eineinhalb Stunden aufgehalten habe. Da die Tat gegen 20.30 Uhr geschehen sein soll, konnte aus diesen Angaben keine tragfähige Folgerung auf die Wahrscheinlichkeit oder Unwahrscheinlichkeit einer anschließenden Vergewaltigung in Bad Sä. gezogen werden.

d) Indem das Landgericht es als nicht "völlig zwingend" erachtet, daß das Geständnis der Wahrheit entspreche und der Angeklagte auch an der Tat zum Nachteil der Zeugin S. beteiligt gewesen sei, hat es den Grundsatz der freien Beweiswürdigung rechtsfehlerhaft angewandt: Für die Beantwortung
der Schuldfrage kommt es allein darauf an, ob der Tatrichter die Überzeugung von einem bestimmten Sachverhalt erlangen kann oder nicht. Der Begriff der Überzeugung schließt die Möglichkeit eines anderen, auch gegenteiligen Sachverhalts nicht aus; vielmehr gehört es gerade zu ihrem Wesen, daß sie sehr häufig objektiv möglichen Zweifel ausgesetzt bleibt. Der Tatrichter ist aber nicht gehindert, an sich mögliche, wenn auch nicht zwingende Folgerungen aus bestimmten Tatsachen zu ziehen. Sie müssen allerdings tragfähig sein (BGHSt 10, 208, 209 f.; 41, 376, 380; BGH, Urt. v. 4. September 2003 - 3 StR 224/03). Da das Landgericht auch im Blick auf andere Beweisumstände an sich mögliche Schlüsse als „nicht völlig zwingend“ bewertet oder Beweisanzeichen als „kein zwingendes Indiz“ charakterisiert (etwa UA S. 19), steht angesichts der hier vorliegenden besonderen Umstände zu besorgen, daß es die Anforderungen an die Überzeugungsbildung überspannt haben könnte.
4. Das Landgericht hat eine naheliegende Möglichkeit nicht ausdrücklich gewürdigt, die sich aus der Zusammenschau des widerrufenen Geständnisses des Angeklagten und der Aussage der Zeugin S. ergibt. Diese erklärt möglicherweise die von der Strafkammer hervorgehobenen Differenzen zwischen den beiden Tatschilderungen und kann ihnen den beweismindernden Wert hinsichtlich der Bekundungen der Zeugin weitgehend nehmen.
Die Strafkammer hat offen gelassen, ob dem später widerrufenen Geständnis des Angeklagten ein wirkliches Ereignis zugrunde liegt. Einerseits hält sie es für wahrscheinlich, daß das Geständnis wegen der Detailliertheit und Konstanz der Angaben über einen längeren Zeitraum und mehrere Vernehmungen hinweg der Wahrheit entspreche. Sachverständig beraten führt sie andererseits aus, es sei nicht völlig unwahrscheinlich, daß der Angeklagte ein
solches Geständnis „unabhängig von seinem Wahrheitsgehalt abgelegt“ haben könnte. Wie bereits im ersten, aufgehobenen Urteil ist die Strafkammer davon ausgegangen, daß das widerrufene Geständnis des Angeklagten deshalb fragwürdig sei, weil es in wesentlichen Punkten von den Angaben der Geschädigten abweiche. Insbesondere habe der Angeklagte den Ausgangspunkt, von dem aus und die Gehrichtung, in welcher er und sein Mittäter das Opfer verfolgten , anders als die Zeugin beschrieben. Differenzen bestünden darüber hinaus hinsichtlich der Schilderung der Kleidung des Opfers und der Täter sowie des Tathergangs in seinen Einzelheiten.
Das Geständnis des Angeklagten wäre jedoch nur dann ohne jeden Beweiswert , wenn davon auszugehen wäre, daß es erfunden war. Liegt ihm hingegen ein wahrer, wenn auch nicht der angeklagte Sachverhalt zugrunde, bestünde zwischen den Angaben der Zeugin hinsichtlich des Tathergangs und der geständigen Einlassung des Angeklagten möglicherweise kein wirklicher Widerspruch, weil beide dann verschiedene, aber reale Geschehensabläufe beschrieben haben könnten. Die vom Landgericht hervorgehobenen Differenzen hinsichtlich der Schilderungen etwa zur Kleidung des Opfers (Hose oder Rock, roter Slip) verlören dann weitgehend ihre Bedeutung für die Würdigung der Aussage der Zeugin S. und deren Wiedererkennung des Angeklagten. Das Landgericht hätte sich deshalb die Frage vorlegen müssen, ob das später widerrufene, aber detailreiche und von Konstanz gekennzeichnete Geständnis des Angeklagten zwar eine andere Tat betraf, er aber dennoch auch die - von ihm dann nicht gestandene - Tat zum Nachteil der Zeugin S. begangen hat. Es hätte in Betracht ziehen müssen, ob der Angeklagte aufgrund der veröffentlichten Täterbeschreibung nach Begehung einer zweiten Tat zunächst nach seiner Gestellung nur Anlaß sehen konnte, lediglich eine der
Taten zu gestehen. Auf diese Möglichkeit könnte hindeuten, daß innerhalb eines relativ kurzen Zeitraums an demselben Ort zwei Vergewaltigungen mit derselben Vorgehensweise von jeweils zwei Tätern begangen worden sein könnten. Dabei hätte jeweils einer der Täter nach den insoweit übereinstimmenden Angaben sowohl der Zeugin als auch des Angeklagten eine Tätowierung mit dem Motiv einer Spinne aufgewiesen. Der zweite Täter, der die Tat zum Nachteil der Zeugin S. mit begangen hat, hätte dann ebenso wie der Angeklagte , der die Tat zum Nachteil des unbekannten Opfers gestanden und beschrieben hätte, eine Narbe am Auge. Würde das Landgericht also beide Schilderungen - das frühere Geständnis des Angeklagten, aber auch die Tatschilderung der Zeugin S. - unter diesen Umständen für nicht widersprüchlich und für glaubhaft halten, müßte es sich fragen, ob es sich auf solcher Grundlage davon überzeugen kann, daß der Angeklagte auch die von ihm nicht gestandene Tat zum Nachteil der Nebenklägerin begangen hat. Die Abweichungen in den Tatschilderungen könnten dann nicht mehr gegen eine solche Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten im Fall zum Nachteil der Nebenklägerin ins Feld geführt werden. Der Identifizierungsleistung der Zeugin käme dann für die Wiedererkennung in der Hauptverhandlung und auch in bezug auf die Wahllichtbildvorlage möglicherweise ein höherer Beweiswert zu.
Daß der Angeklagte von dem Vorwurf der zweiten Vergewaltigung zum Nachteil des unbekannten Opfers rechtskräftig freigesprochen ist, hindert nicht dessen Erörterung und etwaige indizielle Bewertung im Blick auf den noch in Rede stehenden Anklagevorwurf. Der rechtskräftige Freispruch verbraucht die Strafklage und steht fortan einer Sanktionierung wegen der nämlichen Tat ent-
gegen. Eine Tatsachenbindung gehört aber nicht zum Wesen der Rechtskraft (vgl. BGHSt 43, 106, 108 f.; Meyer-Goßner StPO 46. Aufl. Einl. Rdn. 170, 188).

III.


Auf diesen sachlich-rechtlich erheblichen Beweiswürdigungsmängeln kann das Urteil beruhen. Es ist nicht auszuschließen, daß das Landgericht bei ihrer Vermeidung die Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten gewonnen hätte.

IV.


Die Sache muß somit neu verhandelt und entschieden werden. Der Senat verweist sie an ein anderes Landgericht zurück (§ 354 Abs. 2 Satz 1 StPO; vgl. im übrigen Bd. III Bl. 713 ff. der Strafakten).
Nack Boetticher Schluckebier Herr Richer am BGH Hebenstreit Elf ist erkrankt und deshalb an der Unterschrift verhindert. Nack

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 413/09
vom
7. Januar 2010
in der Strafsache
gegen
wegen Körperverletzung mit Todesfolge im Amt
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung
vom 17. Dezember 2009 in der Sitzung am 7. Januar 2010, an denen teilgenommen
haben:
Vorsitzende Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Tepperwien,
die Richter am Bundesgerichtshof
Maatz,
Athing,
Dr. Ernemann,
Dr. Mutzbauer,
Staatsanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung -
als Vertreter des Nebenklägers B. D. ,
Rechtsanwältin
als Vertreterin der Nebenklägerin M. D. ,
Rechtsanwalt
als Vertreter des Nebenklägers Ma. D. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und der Nebenkläger wird das Urteil des Landgerichts Dessau-Roßlau vom 8. Dezember 2008, soweit es den Angeklagten betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts Magdeburg zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten von dem Vorwurf der Körperverletzung mit Todesfolge im Amt zum Nachteil des in Sierra-Leone geborenen O. J. aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Mit ihren hiergegen gerichteten Revisionen beanstanden die Staatsanwaltschaft und die Nebenkläger die Verletzung sachlichen Rechts. Die Nebenkläger beanstanden ferner das Verfahren. Die Rechtsmittel haben mit der Sachrüge Erfolg; einer Erörterung der Verfahrensrügen bedarf es deshalb nicht.

I.

2
1. Die unverändert zur Hauptverhandlung zugelassene Anklage hatte dem Angeklagten zur Last gelegt, es als für den Gewahrsamsbereich des Polizeireviers D. verantwortlicher Dienstgruppenleiter unterlassen zu haben, sofort nach dem Ertönen des Alarmsignals des in der Gewahrsamszelle Nr. 5 installierten Rauchmelders Rettungsmaßnahmen zugunsten des dort untergebrachten O. J. einzuleiten. Obwohl ihm bewusst gewesen sei, dass beim Ansprechen eines Rauchmelders stets vom Ausbruch eines Feuers auszugehen sei, habe er das Alarmsignal mehrfach abgestellt. Dabei habe er mögliche Verletzungen des in der Zelle mit Hand- und Fußfesseln auf einer Liege fixierten O. J. durch Rauch- und Feuereinwirkung billigend in Kauf genommen. Zwei Minuten und 21 Sekunden nach Ausbruch des Feuers habe auch der Rauchmelder der Lüfteranlage des Gewahrsamszellentraktes Alarm ausgelöst. Der Angeklagte habe erst, nachdem er von seiner Kollegin H. energisch aufgefordert worden sei, nach dem Rechten zu sehen, die Schlüssel ergriffen und sich auf den Weg zum Gewahrsamstrakt gemacht. Nach dem Öffnen der Zellentür sei es dem Angeklagten und anderen hinzugekommenen Polizeibeamten nicht mehr gelungen, das Leben O. J. s zu retten, der spätestens sechs Minuten nach Ausbruch des Feuers an den Folgen eines Hitzeschocks verstorben sei. Bei pflichtgemäßer, sofortiger Reaktion auf den ersten akustischen Alarm hätte der Angeklagte die Gewahrsamszelle Nr. 5 deutlich vor Ablauf von zwei Minuten nach Ausbruch des Feuers erreichen können, das Feuer mit Hilfe eines auf dem Weg zum Gewahrsamstrakt angebrachten Feuerlöschers löschen und das Leben O. J. s retten können.
3
2. Das Landgericht hat hierzu im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:
4
Am frühen Morgen des 7. Januar 2005 wurde O. J. , der in stark angetrunkenem Zustand Frauen belästigt hatte, auf das Polizeirevier D. gebracht. Im Arztraum des Gewahrsamstrakts wurden ihm Fußfesseln angelegt , nachdem er mit Füßen nach den Polizeibeamten getreten und mehrfach versucht hatte, sich Verletzungen am Kopf zuzufügen. Ihm wurde von einem herbeigerufenen Arzt um 9.15 Uhr eine Blutprobe entnommen, deren spätere Untersuchung eine Blutkalkoholkonzentration von 2,98 ‰ ergab. Der Arzt erklärte O. J. für gewahrsamstauglich und empfahl dessen Fixierung, um zu verhindern, dass er sich selbst schädigt. Gegen 9.30 Uhr wurde O. J. in der Gewahrsamszelle Nr. 5 auf einer gefliesten und beheizten Liegefläche, auf der eine Matratze lag, an den hierfür vorgesehenen vier Halterungen fixiert. Trotz der Fixierung blieb eine gewisse Beweglichkeit seiner Extremitäten, seines Kopfes und des Körpers erhalten. In der Folgezeit wurde die Gewahrsamszelle viermal kontrolliert. Die letzte Kontrolle führten um 11.45 Uhr die Zeugin H. und ein weiterer Polizeibeamter durch.
5
Danach gelang es O. J. , den Kunstlederbezug der Matratze zu öffnen und den als Füllung dienenden Schaumstoff, einen PUR-Weichschaum vom Typ Polyetherschaum, mit einem Einwegfeuerzeug, das entweder bei der vorangegangenen Durchsuchung übersehen worden war oder von ihm auf dem Weg in die Gewahrsamszelle an sich gebracht worden war, zu entzünden. Es entstand eine brennende Schmelze. Die Temperatur im Nahbereich der Flammen betrug etwa 800 Grad Celsius. Gegen 12.00 Uhr sprang im Dienstgruppenleiterbereich das Warnsignal des in der Zelle Nr. 5 installierten Ionisationsrauchmelders an. Dieser Rauchmelder löst, wie später durchgeführte Versuche ergeben haben, den Alarm spätestens 90 Sekunden nach der „Zündung“ aus. Der Angeklagte lief zu der nur wenige Schritte entfernten Bedienungsvorrichtung des Rauchmelders, wobei er mit den Gedanken an eine Fehlfunktion der Anlage, die es in der Vergangenheit gegeben hatte, äußerte: "Nicht schon wie- der das Ding!". Er drückte die Resettaste und der Warnton verstummte. Anschließend meldete der Angeklagte den ausgelösten Alarm telefonisch seinem Vorgesetzten, dem Zeugen K. , und bat ihn, mit in den Gewahrsamstrakt zu gehen. Als der Angeklagte den nur wenige Schritte entfernt bereitliegenden Gewahrsamschlüsselbund ergriff, sprang der Warnton des Rauchmelders erneut an. Der Angeklagte schaltete den Alarm mit der dafür vorgesehenen Taste endgültig aus und rannte mit dem Gedanken an eine Fehlfunktion der Anlage oder auch an einen Feuchtigkeitsschaden in der Anlage in Richtung der Gewahrsamszellen. Nach wenigen Schritten kehrte er um und entnahm dem neben dem Eingang zum Dienstgruppenbereich hängenden Blechkasten den Fußfesselschlüssel. Anschließend rannte er erneut los und forderte auf dem Weg zu den Gewahrsamszellen einen Kollegen auf, ihm in den Gewahrsamsbereich zu folgen. Dieser beendete das von ihm geführte Telefongespräch und folgte dem Angeklagten, der sogleich weitergelaufen war. Als der Angeklagte die Tür der Gewahrsamszelle Nr. 5 erreichte, trat an deren seitlichen Spalten, bereits Qualm aus. Nach dem Öffnen der Tür schlug dem Angeklagten und seinem Kollegen beißender schwarzer Qualm entgegen. Der Angeklagte rief seinem Kollegen zu, dass er Hilfe hole, und benachrichtigte weitere Kollegen. Der Versuch des zurückgebliebenen Kollegen, das Feuer mittels einer herbeigeholten Decke zu ersticken, und die Rettungsversuche der hinzugekommenen Kollegen scheiterten. O. J. war zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt innerhalb der ersten zwei Minuten nach Ausbruch des Brandes nach dem Einatmen der etwa 800 Grad Celsius heißen Gase an einem Inhalationshitzeschock gestorben.
6
3. Das Landgericht hat den Angeklagten aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Soweit ihm eine Körperverletzung mit Todesfolge im Amt zur Last gelegt worden sei, sei nicht erwiesen, dass er mit - zumindest bedingtem - Körperverletzungsvorsatz gehandelt habe. Der Angeklagte habe nicht damit ge- rechnet, dass O. J. körperlichen Schaden erleiden würde. Zudem habe er dies weder gewollt noch billigend in Kauf genommen. Aus den getroffenen Feststellungen ergebe sich vielmehr, dass sich der Angeklagte bemüht habe, schnell in den Gewahrsamsbereich zu gelangen.
7
Eine Strafbarkeit wegen fahrlässiger Tötung sei ebenfalls nicht gegeben. Es habe nicht festgestellt werden können, dass der eingetretene Todeserfolg objektiv vermeidbar gewesen wäre. Nach den zutreffenden Ausführungen der gerichtsmedizinischen Sachverständigen spreche eine größere Wahrscheinlichkeit dafür, dass O. J. bereits innerhalb von zwei Minuten nach Ausbruch des Feuers verstorben sei. Der Angeklagte hätte die Zelle aber auch dann erst nach mehr als zwei Minuten erreichen können, wenn er sogleich nach dem Ertönen des Signals des Rauchmelders zu der Gewahrsamszelle gelaufen wäre. Der Angeklagte habe im Übrigen nach dem Anspringen des Alarms nicht pflichtwidrig gehandelt.

II.

8
Der Freispruch des Angeklagten hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
9
Spricht der Tatrichter einen Angeklagten frei, weil er Zweifel an dessen Täterschaft nicht zu überwinden vermag, so ist dies durch das Revisionsgericht in der Regel hinzunehmen. Dieses hat insoweit nur zu beurteilen, ob dem Tatrichter bei der Beweiswürdigung Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist dann der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder wenn an die zur Verurteilung erforderliche Gewissheit überspannte Anforderungen gestellt worden sind (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 30. März 2004 - 1 StR 354/03, NStZ-RR 2004, 238 f.; Senat, Urteil vom 24. Juni 2004 - 4 StR 15/04, wistra 2004, 432, jew. m. w. N.). Das Urteil muss erkennen lassen, dass der Tatrichter solche Umstände, die geeignet sind, die Entscheidung zu Gunsten oder zu Ungunsten des Angeklagten zu beeinflussen, erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat (vgl. BGH, Urteil vom 14. August 1996 - 3 StR 183/96, BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 11). Diesen Grundsätzen wird die Beweiswürdigung des Landgerichts nicht gerecht.
10
1. Im Ansatz zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass ein (pflichtwidriges) Unterlassen des Angeklagten für den konkreten Todeseintritt nur dann ursächlich geworden wäre, wenn der Tod O. J. s, so wie er konkret eingetreten ist, durch ein sofortiges und sachgerechtes Eingreifen des Angeklagten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verhindert worden wäre (vgl. Senat, Beschluss vom 13. Juni 2002 - 4 StR 51/02, NStZ-RR 2002, 303 m. N.). Das Landgericht hat dies aber nicht rechtsfehlerfrei verneint. Vielmehr erweist sich die der Annahme, der Angeklagte habe auch bei sofortiger Reaktion die Gewahrsamszelle nicht rechtzeitig erreichen können, zugrunde liegende Beweiswürdigung in mehrfacher Hinsicht als lückenhaft:
11
a) Durchgreifenden Bedenken begegnet insbesondere die Annahme des Landgerichts, dass der Angeklagte erstmals durch das Alarmsignal auf die Notlage O. J. s aufmerksam werden und mit Rettungsbemühungen beginnen konnte. Nach den Feststellungen war die Wechselsprechanlage, durch die der Dienstgruppenleiterbereich mit der Gewahrsamszelle verbunden war, bereits vor der letzten Kontrolle der Zelle auf Empfang geschaltet worden. Zwar hatte der Angeklagte, der sich durch „das laute Rufen“ O. J. s bei einem Telefonat gestört fühlte, die Anlage leiser gestellt, aber nur für kurze Zeit. Dass der Angeklagte, nach dessen Einlassung ein „Rumschreien“ zu hören war, gleichwohl nicht schon vor dem Alarmsignal aufgrund der ihm möglichen akustischen Wahrnehmungen, insbesondere durch Schmerzensschreie, früher auf das Ge- schehen in der Zelle hätte aufmerksam werden können und die sich anbahnende Gefahr hätte erkennen müssen, ist nach den bisherigen Urteilsausführungen für den Senat aus folgenden Gründen nicht nachvollziehbar:
12
Nach den insoweit revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen hat O. J. den bei seiner Einlieferung unversehrten und, wie sich dem Gesamtzusammenhang entnehmen lässt, schwer entflammbaren Kunstlederbezug geöffnet und die Matzratzenfüllung mit einem Einweggasfeuerzeug angezündet. Dieses Feuerzeug kann von dem früheren Mitangeklagten M. bei der Durchsuchung O. J. s übersehen worden oder diesem Beamten von O. J. beim Transport in die Zelle entwendet worden sein. Das Landgericht hat sich aufgrund der Bekundungen des Zeugen F. und durch Inaugenscheinnahme der Videoaufzeichnung, die bei der von diesem Zeugen durchgeführten Rekonstruktion gefertigt wurde, davon überzeugt, dass O. J. mit der Hand, die mittels einer Handschelle an der Halterung an der Wand fixiert war, das Feuerzeug aus seiner Hose oder Unterhose herausholen und mit dieser Hand an den Rand der Matratze und die dort befindliche Naht fassen konnte.
13
Dieser im Ermittlungsverfahren durchgeführten Rekonstruktion lag ersichtlich die Annahme zugrunde, dass die Naht der Matratze geöffnet werden musste, um den Schaumstoff anzünden zu können. Hiervon ging zunächst auch das Landgericht aus. Aufgrund der Bekundungen des Zeugen F. zu einem während des Laufs der Hauptverhandlung durchgeführten weiteren Versuch und der Inaugenscheinnahme des hierbei aufgenommenen Films hat sich das Landgericht aber davon überzeugt, dass der Kunststofflederbezug von O. J. aufgerissen wurde, nachdem dieser ihn mittels des Feuerzeugs erhitzt hatte. Bei einer so geschaffenen Öffnung wäre der zu entzündende Schaumstoff , im Unterschied zu einer Zündung durch die geöffnete Naht hindurch, vor der Zündung regelrecht freigelegt worden, so dass schnell ein Vollbrand entstehen konnte.
14
Insoweit ist das Urteil jedoch lückenhaft. Es enthält weder eine hinreichende Darstellung dieses Versuchs, noch verweist es auf Lichtbilder. Ihm lässt sich schon nicht entnehmen, ob die Situation nachgestellt worden ist, in der sich O. J. bei der Brandlegung befand. So bleibt offen, ob der Bewegungspielraum seiner an der Wand fixierten Hand ausreichte, um den Matratzenbezug "anzuschmoren" und in dem zum Anzünden des Schaumstoffs erforderlichen Umfang zu öffnen. Insbesondere fehlen Angaben dazu, ob es möglich war, den Matratzenbezug ohne erhebliche schmerzhafte Verletzungen an der Hand mit dem Einwegfeuerzeug zu erhitzen. Hiermit hätte sich das Landgericht schon deshalb auseinandersetzen müssen, weil es nahe liegt, dass ein Mensch, der in einer Zelle einen Brand legt, um die Lösung seiner Fesseln zu erreichen, sich frühzeitig durch Rufen bemerkbar macht und Schmerzenslaute von sich gibt, wenn er beim Legen eines Brandes Verbrennungen erleidet. Hat aber O. J. bereits vor dem Anzünden des freigelegten Schaumstoffs durch Rufe und/oder Schmerzenslaute auf seine Situation aufmerksam gemacht, stellt sich die Frage nach einer Rettungsmöglichkeit neu. Denn dann hätte der Angeklagte bereits vor dem Alarmsignal des Rauchmelders erkennen können und müssen, dass ein sofortiges Eingreifen zur Abwendung einer möglichen Gefahr für Leib und Leben O. J. s geboten war.
15
b) Aber auch wenn man mit dem Landgericht davon ausgeht, dass über die Wechselsprechanlage weder Schmerzenslaute noch sonstige Hinweise auf eine Gefahrensituation zu vernehmen waren, bleiben Unklarheiten hinsichtlich der nach dem Ansprechen des Ionisationsmelders für eine Rettung verbleibenden Zeit.
16
Das Landgericht ist, was für sich genommen nicht zu beanstanden ist, den Gutachten der rechtsmedizinischen Sachverständigen folgend davon ausgegangen , dass der Tod mit hoher Wahrscheinlichkeit schon innerhalb von zwei Minuten „nach Ausbruch des Brandes“ infolge eines Inhalationshitzeschocks eingetreten ist. Die rechtsmedizinischen Sachverständigen stellten dabei ersichtlich auf einen „Vollbrand“ von Teilen der Schaumstofffüllung der Matratze ab, bei dem Temperaturen von 800 Grad Celsius herrschen, so dass schon zwei Atemzüge zu einem tödlichen Inhalationshitzeschock führen können. Das Landgericht ist ferner auf der Grundlage der von dem Brandsachverständigen durch drei im Mai 2006 durchgeführte Versuche ermittelten Ansprechzeiten des in der Zelle installierten Ionisationsrauchmelders davon ausgegangen, dass dieser spätestens 90 Sekunden nach der „Zündung“ ausgelöst worden ist. Danach könnte der Tod nach dem Zweifelsgrundsatz bereits vor der Auslösung des Alarmsignals eingetreten sein. Dies setzt jedoch voraus, dass der Brandsachverständige , der von „Zündung“ gesprochen hat, bei der Messung der Ansprechzeiten auf dieselbe Situation abgestellt hat, wie die rechtsmedizinischen Sachverständigen. Ob dies der Fall war, lässt sich aber den auch insoweit lückenhaften Urteilsausführungen nicht entnehmen, weil die Bedingungen nicht mitgeteilt werden, unter denen diese Versuche, insbesondere aber der Versuch im Januar 2005, bei dem die Ansprechzeit des Rauchmelders in der Lüftungsanlage ermittelt wurde, durchgefürt wurden.
17
Danach bleibt offen, ob mit der Messung der Ansprechzeiten der Rauchmelder begonnen wurde, als eine Gasflamme an den bereits freiliegenden Schaumstoff gehalten wurde, oder erst, als dies zu einem Vollbrand des Schaumstoffs geführt hatte. Nach den Urteilsausführungen basierte „auch“ der am 23. Juni 2008 ausgeführte Versuch, bei dem im Bereich der Flammen eine Temperatur von 800 Grad Celsius herrschte, „nur“ auf einer Zündung an der geöffneten Naht. Erforderlich wäre gewesen, bei der Ermittlung der Ansprech- zeiten der Rauchmelder die Situation, in der O. J. den Brand gelegt hat, unter Berücksichtigung auch der Möglichkeit, dass er den Matratzenbezug zunächst "angeschmort" hat, insgesamt nachzustellen. Dass dies geschehen wäre , teilt das Urteil nicht mit. Auch fehlen Ausführungen dazu, ob der Ionisationsrauchmelder schon durch beim Anschmoren des Kunststofflederbezuges freigesetzte Rußpartikel ausgelöst worden sein kann.
18
c) Nicht nachvollziehbar ist die Beweiswürdigung auch, soweit das Landgericht festgestellt hat, dass der Angeklagte sich sogleich nach dem endgültigen Abschalten des Alarmsignals, das zehn Sekunden nach dem Drücken der Resettaste erneut ertönt war, auf den Weg zur Gewahrsamszelle gemacht hat. Es widerspricht schon der Lebenserfahrung, dass der Angeklagte die von ihm und der Zeugin H. beschriebenen vielfältigen Aktivitäten, einschließlich des Telefonats mit seinem Dienstvorgesetzten, innerhalb dieser kurzen Zeitspanne bewältigt haben kann. Vor diesem Hintergrund wird sich der neue Tatrichter bei der Zeugin H. , die den Angeklagten in ihrer ersten polizeilichen Vernehmung deutlich stärker belastet hatte, mit der Aussageentwicklung befassen müssen. Dabei wird nicht nur ein möglicher Gruppendruck im Kollegenkreis , sondern auch ein im Verlauf der Ermittlungen entstandenes Interesse, sich selbst zu entlasten, in den Blick zu nehmen sein. Die Frage der Kausalität zwischen dem Verhalten des Angeklagten und dem Tod O. J. s wird daher erneut zu überprüfen sei.
19
2. Bedenken begegnen auch die Ausführungen zum pflichtgemäßen Verhalten.
20
Löst der in einer Gewahrsamszelle installierte Brandmelder Alarm aus, weist das auf eine unmittelbar drohende Gefahr für Leib und Leben einer in einer verschlossenen und verriegelten Zelle (vgl. Nr. 29. 1 Polizeigewahrsams- ordnung - RdErl. des MI vom 28. Februar 2006 – 21.11-12340/110, MBl. LSA 2006, 137) verwahrten Person hin. In einem solchen Fall sind unverzüglich, das heißt ohne schuldhaftes Zögern, die zur Abwendung der Gefahr erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Dies gilt umso mehr, wenn – wie hier - zur Verhinderung einer drohenden Selbstschädigung die Fesselung (vgl. § 64 Nr. 3 SOG LSA) angeordnet und eine berauschte Person an Händen und Füßen angekettet in Rückenlage fixiert worden ist. Hieran ändert auch die Möglichkeit eines Fehlalarms nichts. Nur wenn die im Fall eines Brandes erforderlichen Maßnahmen unverzüglich ergriffen werden, ist sichergestellt, dass sofort mit der Rettung der verwahrten Person begonnen werden kann.
21
Dem Angeklagten waren die Umstände bekannt, unter denen es zur Ingewahrsamnahme O. J. s gekommen war. Insbesondere wusste er auch, auf welche Weise dieser in der Gewahrsamszelle fixiert worden war. Der Angeklagte hätte erkennen können und müssen, dass O. J. im Falle eines Brandes in besonderem Maße gefährdet war. Unbeschadet der Frage, ob O. J. wegen seines Zustands nicht ohnehin nach Nr. 12. 7 Polizeigewahrsamsordnung nur unter ständiger Aufsicht zweier Beamter hätte untergebracht werden dürfen, hätte er deshalb unter Mitnahme des Gewahrsamsschlüsselbundes und der Fußfesselschlüssel sofort zur Gewahrsamszelle eilen müssen.
Alles weitere, insbesondere die telefonische Benachrichtigung des Dienststellenleiters und - was sinnvoll gewesen wäre - weiterer der sich in der Dienststelle aufhaltenden Kollegen, sowie das Abschalten des Alarmsignals, hätte seine Kollegin übernehmen können. Tepperwien Maatz Athing Ernemann Mutzbauer

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 247/09
vom
13. Januar 2010
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
4.
wegen zu 1.: Beihilfe zum Betrug
zu 2.: Unterschlagung
zu 3. u. 4.: Unterschlagung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
16. Dezember 2009 in der Sitzung am 13. Januar 2010, an denen teilgenommen
haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Dr. Graf,
Prof. Dr. Jäger,
Prof. Dr. Sander,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung -
als Verteidiger des Angeklagten F. ,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung -
als Verteidiger des Angeklagten M. ,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung -
als Verteidiger des Angeklagten K. ,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung -
als Verteidiger des Angeklagten B. ,
Justizangestellte - in der Verhandlung und bei der Verkündung - ,
Justizangestellte - bei der Fortsetzung der Hauptverhandlung -
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Würzburg vom 8. Dezember 2008 mit den Feststellungen mit der Maßgabe aufgehoben, dass Bestand haben
a) die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen,
b) die Verurteilung des Angeklagten F. im Tatkomplex VI A der Urteilsgründe wegen Beihilfe zum Betrug in drei Fällen mit den zugehörigen Einzelstrafen,
c) der Schuldspruch des Angeklagten K. im Tatkomplex VI B wegen Betruges zum Nachteil der Firma N. und
d) der Schuldspruch des Angeklagten B. im Tatkomplex VI C der Urteilsgründe wegen Betruges zum Nachteil der Fa. D. . 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten F. wegen dreier Fälle der Beihilfe zum Betrug zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat, und zu einer Geldstrafe in Höhe von 180 Tagessätzen zu je zwanzig Euro verurteilt. Den Angeklagten M. hat es wegen Unterschlagung in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt, den Angeklagte K. wegen Unterschlagung in acht Fällen und wegen Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten sowie den Angeklagten B. wegen Unterschlagung und Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten. Im Übrigen hat das Landgericht die Angeklagten M. , K. und B. freigesprochen.
2
Jeweils gestützt auf sachlich-rechtliche Beanstandungen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihren zu Lasten der Angeklagten eingelegten Revisionen - hinsichtlich des Angeklagten F. gegen die nicht vollständige Ausschöpfung des Sachverhalts im Schuldspruch und die verhängte Gesamtstrafe, - hinsichtlich der Angeklagten M. und K. o gegen die Teilfreisprüche betreffend den Tatvorwurf der Hehlerei bezüglich der in den Urteilsgründen mit Nr. 3 (VW-Golf, amtl. Kennzeichen: ), Nr. 6 (Landrover Freelander, amtl. Kennzeichen: ), Nr. 22 (Landrover Range Rover , amtl. Kennzeichen: ) und Nr. 53 (Volvo V 50, amtl. Kennzeichen: ) bezeichneten Fahrzeuge sowie allein hinsichtlich des Angeklagten M. hinsichtlich der mit Nr. 24 (Volvo V 70, amtl. Kennzeichen: ), Nr. 28 (Volvo XC 90, amtl. Kennzeichen: ), Nr. 31 (Volvo XC 90, amtl. Kennzeichen: ) und Nr. 32 (Volvo S 70, amtl. Kennzeichen: ) bezeichneten Fahrzeuge , o gegen den Schuldspruch (lediglich) wegen Unterschlagung in sechs Fällen (M. ) bzw. acht Fällen (K. ), o gegen die hierfür verhängten Einzelstrafen und gegen den Gesamtstrafenausspruch , - hinsichtlich des Angeklagte K. zudem gegen die wegen Betruges zum Nachteil der Firma N. verhängte Einzelstrafe und - betreffend den Angeklagten B. gegen den Schuldspruch (lediglich ) wegen Unterschlagung, gegen die wegen Betruges zum Nachteil der Firma D. verhängte Einzelstrafe sowie gegen den Gesamtstrafenausspruch.
3
Dagegen werden von den Revisionen der Staatsanwaltschaft nicht angegriffen : - die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen - die Verurteilung des Angeklagten F. im Tatkomplex VI A wegen Beihilfe zum Betrug in drei Fällen und die hierfür verhängten Einzelstrafen - der Teilfreispruch der Angeklagten M. und K. betreffend den Tatvorwurf der Hehlerei hinsichtlich der in den Urteilsgründen mit den Nummern 19 (Landrover Discovery 3, amtl. Kennzeichen: ) und 21 (Mini Cooper S, amtl. Kennzeichen: ) bezeichneten Fahrzeuge und - der Teilfreispruch des Angeklagten B. betreffend den Tatvorwurf der Hehlerei hinsichtlich der in den Urteilsgründen mit den Nummern 19 (s.o.), und 21 (s.o.) sowie der mit den Nummern 23 bis 34 bezeichneten Fahrzeuge (Nr. 23: Mini Cooper, amtl. Kennzeichen: ; Nr. 24: s.o.; Nr. 25: Volvo V 50, amtl. Kennzeichen: ; Nr. 26: Landrover Discovery, amtl. Kennzeichen: ; Nr. 27: Landrover Range Rover, amtl. Kennzeichen: ; Nr. 28: s.o.; Nr. 29: VW Golf, amtl. Kennzeichen: ; Nr. 30: Fiat Barchetta, amtl. Kennzeichen: ; Nr. 31: s.o.; Nr. 32: s.o.; Nr. 33: Alfa Romeo 156, amtl. Kennzeichen: und Nr. 34: VW Golf, amtl. Kennzeichen: ).
4
Die vom Generalbundesanwalt weitgehend vertretenen Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft haben Erfolg. Soweit die Staatsanwaltschaft Teilfreisprüche der Angeklagten M. , K. und B. vom Revisionsangriff ausgenommen hat, sind die Revisionsbeschränkungen unwirksam.

A.

Urteilsgründe und Revisionsangriffe

I) Tatkomplex VI A der Urteilsgründe - Straftaten im Zusammenhang mit Fahrzeugen aus dem Autohaus A. -
5
1. Das Landgericht hat zum Tatkomplex VI A der Urteilsgründe folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
6
a) Der gesondert verfolgte A. betrieb in Ka. ein Autohaus mit einer Zweigstelle in W. . Da er in Erwägung zog, das Autohaus zu verkaufen und in die Türkei zurückzukehren, stellte er den früheren Mitangeklagten R. ein, der unter den Namen „ Ra. “ und „ C. “ als freier Mitarbeiter für eine Erhöhung der Verkaufszahlen sorgen sollte. Nach einem gemeinsamen Tatplan sollte dies über zahlreiche fingierte Finanzierungsgeschäfte erreicht werden. Zu diesem Zweck nahm R. Kontakt zu dem Angeklagten F. auf, der den Verkauf von sog. „Mantel-GmbHs“ vermittelte. Hierbei handelte es sich um Gesellschaften, die ihre Geschäftstätigkeit eingestellt hatten und „praktisch über kein Vermögen“ verfügten, aber nach außen hin eine ausreichende Bonität vermittelten.
7
Der Angeklagte F. war über die Absichten von A. und R. informiert, insbesondere darüber, dass sie über fingierte Finanzierungsgeschäfte zahlreiche Pkws erwerben wollten. Er vermittelte ihnen daraufhin nicht nur den Ankauf der Gesellschaften, sondern veranlasste auch, dass diese mit in diesem Tätigkeitsfeld unerfahrenen „Proforma-Geschäftsführern“ besetzt waren , welche die Gesellschaften nach außen vertreten sollten, intern aber gegenüber A. und R. weisungsgebunden waren. Über diese „ruhenden“ Gesellschaften sollten Fahrzeuge des Autohauses A. zu weit überhöhten Kaufpreisen erworben und über Leasing- oder Darlehensverträge finanziert werden. Die Fahrzeuge selbst sollten nach Abschluss des jeweiligen Kaufvertrags nicht in den Besitz der Gesellschaften übergehen, sondern in der Verfügungsgewalt von A. und R. verbleiben, um dann von diesen weiter verkauft zu werden. Leasing- oder Darlehensraten sollten wenige oder gar keine gezahlt werden.
8
Auf der Suche nach einem „Proforma-Geschäftsführer“ für die „ruhenden“ Gesellschaften gelang es dem Angeklagten F. Kontakt zu dem 60jährigen arbeitslosen T. aufzunehmen. Dieser erklärte sich bereit, die Aufgabe zu übernehmen, obwohl er über keine Berufserfahrung als Geschäftsführer verfügte. In der Folgezeit bereitete der Angeklagte F. die Übertragung der Geschäftsanteile der von ihm vermittelten Gesellschaften „I. (I. ), „Ma. “ (Ma. ), “ „P. “, „E. (E. ) und „Ni. “ “ (Ni. ) auf T. vor. Er erstellte die erforderlichen Vertragsunterlagen und Erklärungen und vereinbarte drei Notartermine, an denen die Übertragung der Geschäftsanteile notariell beurkundet werden sollte (Fälle 1 bis 3 der Verurteilung des Angeklagten F. ). Am 2. November 2006 fand der erste Notartermin statt, an dem auch der Angeklagte F. teilnahm. Bei diesem Termin wurde die Übertragung der Geschäftsanteile der Firmen „I. “, „Ma. “ und „P. “ auf T. beurkundet. Der zweite Notartermin fand am 14. November 2006 statt. Auch hier war der Angeklagte F. anwesend. Anlässlich dieses Termins wurde die Übertragung der Firma „E. “ auf T. beurkundet. An dem dritten Notartermin nahm der Angeklagte F. zwar nicht persönlich teil, Tluck wurde aber von einem Bekannten F. s begleitet. Bei diesem Termin wurde schließlich die Übertragung der Geschäftsanteile an der Firma „Ni. “ auf T. beurkundet. Nach der Beurkundung der Anteilsübertragung wurde jeweils T. als Geschäftsführer der Gesellschaften eingesetzt.
9
Nach Vornahme dieser Geschäfte begann R. Mitte November 2006, bei verschiedenen Banken und Leasinggesellschaften Fahrzeugfinanzierungen bzw. Leasingverträge zu beantragen. Er selbst trat dabei nach außen nicht in Erscheinung. Als Antragsteller fungierten vielmehr die „ruhenden“ Gesellschaften , die nicht in der Lage waren, den Verpflichtungen aus einem Darlehens - oder Leasingvertrag nachzukommen, und bei denen eine Erfüllung dieser Verpflichtungen auch nicht vorgesehen war. Um den Anschein einer ordnungsgemäßen Antragstellung zu erwecken, wurden - teilweise von R. selbst - Unterschriften und Firmenstempel gefälscht. Die Annahme der Darlehens- und Leasinganträge erfolgte jeweils zeitnah nach der Antragstellung. Nach Eingang der jeweiligen Rechnung zahlten die Banken bzw. Leasingunternehmen den entsprechenden Kaufpreis für die Fahrzeuge an A. aus. R. und A. erstellten daraufhin unwahre Übernahmebestätigungen, durch die gegenüber den Leasingunternehmen bzw. Darlehensgebern dokumentiert werden sollte, dass die in deren Eigentum stehenden Fahrzeuge ordnungsgemäß an die Leasing- bzw. Darlehensnehmer herausgegeben worden seien. Tatsächlich verblieben die Fahrzeuge aber auf dem Betriebsgelände des Autohauses A. und standen damit auch weiterhin in der Verfügungsgewalt von A. und R. . Auf diese Weise wurden mindestens 21 Fahrzeuge finanziert. An A. wurden Finanzierungsbeträge in einer Gesamthöhe von mehr als einer Million Euro ausbezahlt. Demgegenüber wurden Leasing- und Darlehensraten nur in einem Umfang von insgesamt 28.000 Euro geleistet.
10
Am 8. Dezember 2006 fand ein Treffen zwischen R. und T. statt. Hierbei teilte R. dem Zeugen T. mit, dass die von T. nach außen vertretenen Gesellschaften mit geleasten bzw. finanzierten Fahrzeugen bestückt werden und sodann verkauft werden sollten. Im Januar 2007 beauftragte R. den Angeklagten F. mit dem Weiterverkauf dieser Gesellschaften einschließlich des Fahrzeugbestands. Am 10. Januar 2007 begann der Angeklagte F. mit der Suche nach potentiellen Käufern für die Gesellschaften. Da die Suche zunächst nicht zum Erfolg führte, entschlossen sich R.
und A. , einen Teil der Fahrzeuge ohne Kenntnis der Eigentümer nach Be. zu bringen, wo die Fahrzeuge über eine Autovermietung vermietet werden sollten. Mit den Mieteinnahmen wollten sie die fortlaufenden Verpflichtungen aus den Darlehens- und Leasingverträgen zumindest teilweise bis zum Weiterverkauf der Gesellschaften decken, um die drohenden Kündigungen der Leasing- und Darlehensverträge wegen Zahlungsverzugs vorübergehend abzuwenden. Infolgedessen wurden seit dem 5. Februar 2007 insgesamt acht Fahrzeuge, die über die von T. geführten Gesellschaften finanziert worden waren, nach Be. verbracht, wo sie bis Mitte März 2007 vermietet wurden.
11
Am 19. Februar 2007 erhielt der Angeklagte F. die Nachricht, dass erste Leasingverträge wegen Zahlungsverzugs fristlos gekündigt worden waren. Etwa zu dieser Zeit gelang es ihm auch, Käufer für die Gesellschaften zu finden. Hierbei handelte es sich um die Angeklagten M. und K. , die jedoch in erster Linie an dem Fahrzeugbestand und nicht an den Gesellschaften selbst interessiert waren. Am 20. Februar 2007 fand an einer Autobahnraststätte ein zehnminütiges Treffen zwischen den Angeklagten F. , M. und K. sowie einem Rechtsanwalt statt, das den Verkauf der Gesellschaften zum Gegenstand hatte. Bei diesem Treffen wurden bereits einige Leasingverträge vorgelegt. Ohne Klärung weiterer Einzelheiten fand schon am 5. März 2007 ein Notartermin statt, an dem unter anderem die Angeklagten F. , M. und K. anwesend waren. Bei diesem Termin wurden die Geschäftsanteile der Firmen „I. “, „Ma. “, „Ni. “ und „E. “ auf den Angeklagten M. übertragen. In den notariellen Urkunden waren jeweils mehrere Fahrzeuge aufgeführt, die zu dem Bestand der jeweiligen Gesellschaft gehörten. Zu den Fahrzeugen enthielten die Urkunden Wertangaben, die frei erfunden waren und weit unter dem tatsächlichen Wert der Fahrzeuge lagen. Neben der Regelung einer Verpflichtung zur Mitteilung des jeweiligen Standorts der Fahrzeuge und zur Herausgabe von Fahrzeugschein und Schlüssel war in den Verträgen jeweils die unrichtige Feststellung enthalten, dass die Leasingraten bis einschließlich Februar 2007 vollständig bezahlt worden seien. Die Angeklagten M. und K. zahlten insgesamt 17.000 Euro für die Gesellschaften einschließlich des dazugehörenden Bestandes an hochwertigen Fahrzeugen, deren Wert weit über diesem Kaufpreis lag.
12
Die Angeklagten M. und K. hatten von Anfang an nicht die Absicht, die Verpflichtungen aus den Darlehens- und Leasingverträgen zu erfüllen. Ihnen kam es bei dem Erwerb der Gesellschaften nur darauf an, mit möglichst geringem Aufwand in den Besitz hochwertiger Fahrzeuge zu gelangen. Am 5., 7., 8. und 15. März 2007 sowie zu zwei nicht genau bestimmbaren Zeitpunkten zwischen dem 5. und 20. März 2007 bzw. dem 15. und 20. März 2007 (Fälle 1 bis 6 der Verurteilung der Angeklagten M. und K. ) erhielten sie aus dem Bestand der von ihnen übernommenen Gesellschaften insgesamt zwölf Fahrzeuge , die sie zum Teil in Be. und im Übrigen bei dem Autohaus A. abholten.
13
Am 28. März 2007 übertrug der Angeklagte M. seine Geschäftsanteile an den Firmen „Ma. “ und „Ni. “ auf den Angeklagten K. , weil er sich infolge eines bevorstehenden Haftantritts nicht mehr selbst um den Weiterverkauf der Fahrzeuge kümmern konnte. Die Anteile an den Gesellschaften „I. “ und „E. “ übernahm am selben Tag der Angeklagte B. , der Stiefsohn des Angeklagten K. . Bis zum 30. März 2007 holte der Angeklagte K. zwei weitere Fahrzeuge ab, die sich in Be. befanden (Fall 7 der Verurteilung des Angeklagten K. ). Zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt nach dem 5. März 2007 wurden ihm auch noch zwei Fahrzeuge aus dem Be- stand der ursprünglich auf M. übertragenen Gesellschaften ausgehändigt (Fall 8 der Verurteilung des Angeklagten K. ).
14
Am 28. März 2007 oder kurz danach übernahm der Angeklagte B. von seinem Stiefvater, dem Angeklagten K. , insgesamt acht Fahrzeuge, die zu dem Bestand der Gesellschaften „I. “ und „E. “ gehörten. Dabei war ihm bekannt, dass diese Fahrzeuge finanziert bzw. geleast worden waren und deshalb nicht im Eigentum der von ihm übernommenen Gesellschaften standen. Auch wollte er die Verpflichtungen aus den Darlehens- und Leasingverträgen nicht erfüllen. Er beabsichtigte ausschließlich, die Fahrzeuge selbst zu nutzen oder weiterzuverkaufen. Mit dieser Absicht verbrachte der Angeklagte B. am 16. April und am 16. Mai 2007 jeweils zwei der vom Angeklagten K. übernommenen Fahrzeuge in den Irak, um sie dort zu veräußern.
15
b) Ausgehend von diesen Feststellungen hat das Landgericht das Verhalten des Angeklagten F. als drei Fälle der Beihilfe zum Betrug gemäß § 263 Abs. 1, § 27 StGB gewertet; die Handlungen der anderen Angeklagten hat es als Unterschlagung gemäß § 246 Abs. 1 StGB in sechs Fällen (M. ) bzw. acht Fällen (K. ) bzw. einem Fall (B. ) gewertet.
16
aa) Eine Strafbarkeit der Angeklagten M. , K. und B. wegen Hehlerei komme deshalb nicht in Betracht, weil es an einer Vortat im Sinne des § 259 Abs. 1 StGB fehle. Eine Unterschlagung der Fahrzeuge durch R. und A. gemäß § 246 Abs. 1 StGB als mögliche Vortat sei nicht festzustellen gewesen. Zwar hätten R. und A. zugelassen, dass in der Zeit seit dem 5. Februar 2007 ein Teil der Fahrzeuge ohne Kenntnis und Billigung der Leasing- bzw. Darlehensgeber nach Be. verbracht worden sei, um die Fahrzeuge dort zu vermieten. Da die Überlassung der Fahrzeuge an die Autover- mietung aber von vorneherein nur auf einen eng begrenzten Zeitraum von einigen Wochen - nämlich bis zum Weiterverkauf der Fahrzeuge - beschränkt gewesen sei, habe für die jeweiligen Eigentümer nicht die „Gefahr eines dauernden Sachverlusts“ bestanden. Insofern sei lediglich von einem bloßen eigenmächtigen Verfügen über die Fahrzeuge durch A. und R. ohne den Willen einer Drittzueignung auszugehen. Die Angeklagten M. , K. und B. seien deshalb jeweils nur wegen Unterschlagung durch die tatsächliche Inbesitznahme der einzelnen Fahrzeuge zu bestrafen gewesen.
17
bb) Hinsichtlich der in den Urteilsgründen mit Nummern 3, 6, 19, 21, 22 und 53 bezeichneten Fahrzeuge hat das Landgericht die Angeklagten M. und K. aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Darüber hinaus hat es eine Tatbeteiligung des Angeklagten M. der an Unterschlagung der mit den Nummern 24, 28, 31 und 32 bezeichneten Fahrzeuge verneint und bezüglich der vier letztgenannten Fahrzeuge lediglich eine Tatbegehung durch den Angeklagten K. angenommen. Trotz der Einlassung des Angeklagten B. , dass er sieben Fahrzeuge, darunter die oben genannten, in den Urteilsgründen mit den Nummern 3, 6, 22 und 53 bezeichneten Fahrzeuge, von dem Angeklagten K. übernommen habe, sei nicht festzustellen gewesen, dass sich diese Fahrzeuge auch tatsächlich in der Verfügungsgewalt der Angeklagten M. und K. befunden hätten. Zwar habe der Angeklagte B. solches behauptet. Bei dieser Einlassung könne es sich aber um eine Schutzbehauptung zu dessen Gunsten handeln, die sich nicht zu Lasten der Angeklagten M. und K. auswirken dürfe.
18
cc) Den Angeklagten B. hat das Landgericht aus tatsächlichen Gründen hinsichtlich der Fahrzeuge freigesprochen, die über die Gesellschaften „Ma. “ und „Ni. “ erlangt worden waren. Hierbei handelt es sich um die Fahrzeuge, die in den Urteilsgründen als Nummern 19 und 21 sowie 23 bis 34 bezeichnet worden sind. Den Freispruch hat das Landgericht insbesondere damit begründet, dass „keinerlei“ Hinweise gefunden worden seien, die dafür gesprochen hätten, dass der Angeklagte B. „in irgendeiner Weise“ an den Erwerbsgeschäften im Zusammenhang mit den Gesellschaften „Ni. “ und „Ma. “ involviert gewesen sei. Auch habe nicht festgestellt werden können, dass dem Angeklagten B. Fahrzeuge aus dem Bestand dieser beiden Gesellschaften zu eigener Verfügungsgewalt überlassen worden seien.
19
dd) Eine mögliche Strafbarkeit des Angeklagten F. wegen Hehlerei in Form der Absatzhilfe erörtert das Landgericht nicht.
20
c) Die Staatsanwaltschaft beanstandet im Wesentlichen die Beweiswürdigung des Landgerichts. Sie macht insbesondere geltend, dass das Landgericht , soweit es die Angeklagten verurteilt hat, wesentliche Umstände, die für eine Strafbarkeit der Angeklagten wegen Hehlerei gemäß § 259 StGB - beim Angeklagten F. in der Tatvariante der Absatzhilfe - sprechen könnten, außer Acht gelassen habe. Auch die angefochtenen Teilfreisprüche - mit Ausnahme der Teilfreisprüche hinsichtlich der in den Urteilsgründen mit den Nummern 19 und 21 bezeichneten Fahrzeuge - betreffend die Angeklagten M. und K. genügten nicht den Anforderungen, die an eine tatrichterliche Beweiswürdigung zu stellen seien. Zudem ist die Staatsanwaltschaft der Auffassung , dass der Angeklagte F. auch wegen versuchten Betruges gegenüber den Angeklagten M. und K. hätte verurteilt werden müssen, weil in den notariellen Verträgen vom 5. März 2007 bezüglich der Übertragung der Geschäftsanteile auf den Angeklagten M. wahrheitswidrig erklärt worden sei, dass sämtliche Leasingraten bis einschließlich Februar 2007 bezahlt seien.

II) Tatkomplex VI B der Urteilsgründe - Betrug durch den Angeklagten K. zum Nachteil der Firma N. -
21
1. Zum Tatkomplex VI B der Urteilsgründe hat das Landgericht festgestellt , dass der Angeklagte K. in der Zeit vom 5. bis zum 13. März 2007 drei Betonmischer an die polnische Firma N. verkauft hat, obwohl er über solche Fahrzeuge nicht verfügte. Hierfür erhielt der Angeklagte K. plangemäß eine Anzahlung in Höhe von 84.000 Euro. Das Landgericht hat den Angeklagten K. insoweit wegen Betruges zum Nachteil der Firma N. zu einer Einzelfreiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt.
22
2. Die Staatsanwaltschaft, die den Schuldspruch wirksam von ihrem Revisionsangriff ausgenommen hat, beanstandet allein die Strafzumessung.
III) Tatkomplex VI C der Urteilsgründe - Betrug durch den Angeklagten B. zum Nachteil der Firma D. -
23
1. Zum Tatkomplex VI C der Urteilsgründe hat das Landgericht festgestellt , dass der Angeklagte B. in der Zeit vom 21. Juni bis zum 4. September 2007 zwei Lastwagen an die mazedonische Firma „D. “ verkauft hat, obwohl er über solche Fahrzeuge nicht verfügte. Hierfür erhielt der Angeklagte B. zwei Anzahlungen in Höhe von 25.800 Euro und 125.000 Euro. Das Landgericht hat den Angeklagten insoweit wegen Betruges zum Nachteil der Firma D. zu einer Einzelfreiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt.
24
2. Die Staatsanwaltschaft, die den Schuldspruch wirksam von ihrem Revisionsangriff ausgenommen hat, beanstandet allein die Strafzumessung.

B.

Umfang der Aufhebung des angefochtenen Urteils

I.

Tatkomplex VI A der Urteilsgründe - Straftaten im Zusammenhang mit Fahrzeugen aus dem Autohaus A. -
25
1. Soweit das Landgericht im Tatkomplex VI A der Urteilsgründe eine Strafbarkeit der Angeklagten M. , K. und B. wegen Hehlerei verneint und die Angeklagten M. , K. und B. zudem hinsichtlich einzelner Fahrzeuge freigesprochen hat, halten die Beweiswürdigung des Landgerichts und dessen darauf gestützte rechtliche Bewertung des Tatgeschehens rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
26
a) Allerdings ist die Beweiswürdigung grundsätzlich Sache des Tatgerichts. Sie ist jedoch rechtsfehlerhaft, wenn sie lückenhaft ist, namentlich wesentliche Feststellungen nicht berücksichtigt oder nahe liegende Schlussfolgerungen nicht erörtert, wenn sie widersprüchlich oder unklar ist, gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt oder wenn an die zur Verurteilung erforderliche Gewissheit überspannte Anforderungen gestellt werden. Dabei ist das Tatgericht gehalten, sich mit den von ihm festgestellten Tatsachen unter allen für die Entscheidung wesentlichen Gesichtspunkten auseinanderzusetzen, wenn sie geeignet sind, das Beweisergebnis zu beeinflussen. Eine Beweiswür- digung, die über schwerwiegende Verdachtsmomente hinweggeht, ist rechtsfehlerhaft (st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH, Beschl. vom 30. September 2009 - 2 StR 300/09).
27
b) Nach diesen Grundsätzen kann das Urteil im Tatkomplex VI A hinsichtlich der Angeklagten M. und K. keinen Bestand haben. Die Beweiswürdigung des Landgerichts erweist sich als lückenhaft, da wesentliche Umstände , die für eine Unterschlagung der Fahrzeuge durch A. und R. als Vortat einer Hehlerei sprechen könnten, nicht erörtert werden. Damit trägt die Beweiswürdigung die Annahme des Landgerichts nicht, die Angeklagten M. und K. hätten sich mangels Vortat nicht auch wegen Hehlerei gemäß § 259 Abs. 1 StGB strafbar gemacht.
28
aa) Das Landgericht hat folgende von ihm festgestellte Umstände im Rahmen der Beweiswürdigung nicht erörtert, obwohl sie für die Annahme einer Zueignung der Fahrzeuge im Sinne des § 246 Abs. 1 StGB durch A. und R. als mögliche Vortat für eine Hehlerei durch M. und K. sprechen konnten:
29
Nach den Feststellungen des Landgerichts teilte R. dem Zeugen T. am 8. Dezember 2006 mit, dass die Gesellschaften mit geleasten Fahrzeugen bestückt und dann verkauft werden sollten. Auf Geheiß von R. bemühte sich deshalb der Angeklagte F. seit Januar 2007 darum, Käufer für die Gesellschaften einschließlich der fremdfinanzierten Fahrzeuge zu finden. Ein erstes Treffen der Angeklagten F. , M. und K. , das den Verkauf der Fahrzeuge zum Gegenstand hatte, fand am 20. Februar 2007 statt; in dessen Verlauf wurden bereits einige der Leasingverträge vorgelegt. Am 5. März 2007 wurden dann die Geschäftsanteile der Gesellschaften durch notarielle Verträge, in denen die fremdfinanzierten Fahrzeuge im Einzelnen aufgelistet waren, an den Angeklagten M. übertragen.
30
Bereits diese Umstände sprechen dafür, dass A. und R. von Anfang an vorhatten, die fremdfinanzierten Fahrzeuge unter Ausschluss der Leasingfirmen bzw. der Banken dem eigenen Vermögen einzuverleiben. Auch stellt es ein gewichtiges Beweisanzeichen für diese Annahme dar, dass den jeweiligen Sicherungseigentümern nach Bewilligung der Finanzierung und Auszahlung des Finanzierungsbetrags gefälschte Übernahmebestätigungen zugesandt wurden. Denn hiermit wurde verschleiert, dass sich die Fahrzeuge nicht im Besitz der vermeintlichen Käufer, wie dies in der Regel bei solchen Leasing- und Finanzierungsgeschäften üblich ist, sondern weiterhin in der Hand des Verkäufers befanden.
31
Indem das Landgericht lediglich auf die begrenzte Dauer der Überlassung eines Teils der Fahrzeuge durch A. und R. an die Autovermietung in Be. abgestellt hat, hat es sich zudem den Blick darauf verstellt, dass die Überlassung der Fahrzeuge selbst, unabhängig von ihrer zeitlichen Dauer, ein weiteres Anzeichen dafür sein kann, dass A. und R. über diese Fahrzeuge wie Eigentümer verfügten. Bei einer ordnungsgemäßen Abwicklung von Leasing- bzw. Finanzierungsgeschäften wären A. und R. zu diesem Zeitpunkt überhaupt nicht mehr im Besitz der Fahrzeuge gewesen. Mit den von ihnen gefertigten Übernahmebestätigungen erweckten sie darüber hinaus gegenüber den Sicherungsnehmern den falschen Eindruck, dass sie die Fahrzeuge entsprechend den vertraglichen Verpflichtungen bereits den Leasing- bzw. Darlehensnehmern übergeben hätten. Gerade vor diesem Hintergrund stellt die Vermietung ein gewichtiges Indiz für eine Unterschlagung der Fahrzeuge durch A. und R. dar.

32
bb) Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Urteil zum Vorteil der Angeklagten M. und K. auf diesem Erörterungsmangel beruht.
33
Ist nämlich das Verhalten von A. und R. als Unterschlagung gemäß § 246 Abs. 1 StGB zu werten, liegt entgegen der Auffassung des Landgerichts eine Vortat für die den Angeklagten M. und K. mit der Anklageschrift zur Last gelegte Straftat der gemeinschaftlich begangenen Hehlerei gemäß § 259 Abs. 1 StGB in Form des Ankaufens vor. Damit konnte ihr Verhalten auch als Hehlerei zu werten sein. Denn nach den Feststellungen des Landgerichts ging es den Angeklagten M. und K. bei dem Erwerb der Gesellschaften gerade nicht darum, mit diesen ein Gewerbe zu betreiben. Nach den Urteilsfeststellungen wollten sie vielmehr auf kostengünstige Weise an hochwertige Kraftfahrzeuge gelangen. Dabei war ihnen bewusst, dass die Fahrzeuge lediglich geleast bzw. finanziert waren und nicht im Eigentum der übernommenen Gesellschaften standen. Angesichts der Art und Weise der Geschäftsanbahnung , die nach den landgerichtlichen Feststellungen in einem zehnminütigen Treffen an einer Autobahnraststätte bestand, bei dem der Verkauf der Gesellschaften besprochen und den Angeklagten M. und K. auch Leasingverträge vorgelegt wurden, liegt es nahe, dass sie davon ausgingen, dass die Fahrzeuge den tatsächlichen Eigentümern bereits durch eine Straftat entzogen worden waren. Der Angeklagte M. war zudem bereits wegen einer gleichartigen Tatbegehung einschlägig vorbestraft.
34
cc) Dieser Rechtsfehler führt nicht nur zur Aufhebung der Schuldsprüche betreffend die Angeklagten M. und K. wegen Unterschlagung, sondern zieht auch die Aufhebung der zu Gunsten dieser beiden Angeklagten ergange- nen Teilfreisprüche nach sich. Die insoweit von der Staatsanwaltschaft ausgesprochene Rechtsmittelbeschränkung ist unwirksam.
35
(1) Auf der Grundlage der Feststellungen des Landgerichts ist es nicht auszuschließen, dass sich die Angeklagten M. und K. sämtliche zu den Gesellschaften gehörende Fahrzeuge durch eine einheitliche Tathandlung verschafft haben.
36
Mit der Übertragung der Geschäftsanteile der Gesellschaften „I. “, „Ma. “, „Ni. “ und „E. “ auf den Angeklagten M. im Notartermin vom 5. März 2007 haben sie bereits den mittelbaren Besitz über diese Fahrzeuge erlangt. Denn in den notariellen Verträgen waren jeweils entsprechende Herausgabepflichten enthalten. Da aber die Übernahme des mittelbaren Besitzes zur Begehung einer Hehlerei ausreicht, ist es ohne Bedeutung, ob - worauf aber die Strafkammer bei den Teilfreisprüchen entscheidend abstellt - die Angeklagten M. und K. nach der Übertragung der Geschäftsanteile die einzelnen Fahrzeuge auch noch unmittelbar in Besitz genommen haben. Schon in der Übernahme der mittelbaren Verfügungsgewalt durch die beiden Angeklagten lag eine weitere Beeinträchtigung des Vermögens der Leasinggesellschaften bzw. der finanzierenden Banken (vgl. BGHSt 27, 160, 164; Stree in Schönke/Schröder, StGB 27. Aufl., § 259 Rdn. 21).
37
(2) Diese rechtliche Einordnung des Geschehens führt zur Unwirksamkeit der Beschränkung der Revisionen durch die Staatsanwaltschaft betreffend die Angeklagten M. und K. . Die Teilfreisprüche bezüglich der Fahrzeuge Nr. 19 und Nr. 21 konnten schon deshalb nicht von den Revisionsangriffen ausgenommen werden, weil von der Übertragung der Geschäftsanteile auf den Angeklagten M. sämtliche finanzierten bzw. geleasten Fahrzeuge umfasst wa- ren, die zum Bestand der übertragenen Gesellschaften gehörten. Es handelt sich um ein einheitliches Tatgeschehen, das hinsichtlich seiner rechtlichen Bewertung nicht künstlich in einzelne Teilakte - hier: die jeweilige Erlangung des unmittelbaren Besitzes an den einzelnen Fahrzeugen durch die Angeklagten M. und K. - aufgespalten werden darf (vgl. BGH NStZ 2003, 264, 265 m.w.N.; vgl. auch BGH, Urt. vom 25. Juli 2002 - 4 StR 104/02). Im Tatkomplex VI A der Urteilsgründe bedarf es daher hinsichtlich der Angeklagten M. und K. insgesamt einer neuen tatrichterlichen Beweiswürdigung.
38
dd) Angesichts der höheren Strafdrohung des Straftatbestandes der Hehlerei gemäß § 259 Abs. 1 StGB gegenüber der der Unterschlagung gemäß § 246 Abs. 1 StGB kann der Senat eine Auswirkung des Erörterungsmangels auf den Strafausspruch zu Lasten der Angeklagten M. und K. nicht ausschließen. Dem steht auch nicht entgegen, dass es sich um eine einheitliche Tat handelt. Denn der für die Strafzumessung maßgebliche Schuldgehalt der Tat ist größer als vom Landgericht angenommen, wenn sämtliche Fahrzeuge, die zu dem Bestand der übertragenen Gesellschaften gehörten, von der Tat der Angeklagten M. und K. umfasst sind. Das neue Tatgericht wird, worauf die Revision mit Recht hingewiesen hat, im Falle einer Verurteilung wegen Hehlerei auch zu prüfen haben, ob das festgestellte Vorgehen der Angeklagten K. und M. als gewerbsmäßige Hehlerei im Sinne von § 260 Abs. 1 Nr. 1 StGB zu werten ist.
39
c) Hinsichtlich des Angeklagten B. kann das Urteil bezüglich des Tatkomplexes VI A der Urteilsgründe ebenfalls keinen Bestand haben. Auch insoweit erweist sich die Beweiswürdigung des Landgerichts sowohl bezüglich des Schuldspruchs als auch des Teilfreispruchs als rechtsfehlerhaft. Die Rechtsmittelbeschränkung auf den Schuldspruch ist auch hier unwirksam.

40
aa) Hinsichtlich des Angeklagten B. kommt ebenfalls eine Strafbarkeit wegen Hehlerei gemäß § 259 Abs. 1 StGB in Betracht.
41
Nach den Feststellungen des Landgerichts hatte der Angeklagte B. bei der Übernahme der Gesellschaften nicht vor, mit diesen ein Gewerbe zu betreiben. Er wollte vielmehr die zu den Gesellschaften gehörenden Fahrzeuge nur an sich bringen, um sie dann im Ausland weiterzuverkaufen. Dabei wusste er, dass die Fahrzeuge noch im Eigentum der Leasingunternehmen bzw. der finanzierenden Banken standen. Waren aber die Fahrzeuge bereits Gegenstand einer Unterschlagung von A. und R. oder einer Hehlerei der Angeklagten M. und K. , kann auch in der Übernahme der Gesellschaften durch den Angeklagten B. eine eigenständige Straftat der Hehlerei gemäß § 259 StGB liegen.
42
Soweit das Landgericht ausführt, es gäbe „keinerlei Hinweise“ (UA S. 118) dafür, dass der Angeklagte B. in die Taten durch die Angeklagten M. und K. involviert gewesen sei, ist dies ebenfalls rechtsfehlerhaft. Die Feststellungen des Landgerichts sind insoweit widersprüchlich. So führt es an anderer Stelle in den Urteilsgründen aus, dass der zur Tatzeit 21 Jahre alte Angeklagte B. die Tat nicht aus eigenem Antrieb heraus begangen habe, sondern von seinem Stiefvater, dem Angeklagten K. , hierzu veranlasst worden sei (UA S. 84) bzw. dass er nicht „federführend“ die Tat geplant habe, sondern unter dem Einfluss des Angeklagten K. gestanden habe (UA S. 115). Bereits diese Ausführungen legen eine gemeinschaftliche Begehung der Taten nahe. In diesem Zusammenhang lässt das Landgericht zudem unerörtert, dass die Übertragung der Geschäftsanteile der Gesellschaften „I. “ und „E. “ von dem Angeklagten M. auf den Angeklagten B. anlässlich desselben Notar- termins erfolgte wie die Übertragung der Gesellschaften „Ni. “ und „Ma. “ auf seinen Stiefvater, den Angeklagten K. . Neben den vom Landgericht bereits genannten Umständen - das Alter des Angeklagten B. und der Einfluss seines einschlägig vorbestraften Stiefvaters (K. ) - spricht auch dieser zeitliche und räumliche Zusammenhang bei der Übertragung der Geschäftsanteile von dem Angeklagten M. auf die Angeklagten K. und B. dafür, dass die Tat von ihnen gemeinschaftlich begangen wurde. War der Angeklagte B. jedoch Mittäter der Angeklagten M. und K. gemäß § 25 Abs. 2 StGB, dann kommt auch unter diesem Gesichtspunkt eine Strafbarkeit wegen gemeinschaftlich begangener Hehlerei gemäß § 259 Abs. 1 StGB in Betracht.
43
bb) Der zugunsten des Angeklagten B. ergangene Teilfreispruch, der auch von dem Rechtsfehler betroffen ist, kann ebenfalls keinen Bestand haben. Die Staatsanwaltschaft konnte den Teilfreispruch nicht wirksam von ihrem Revisionsangriff ausnehmen, da die Hehlereihandlungen bezüglich der Fahrzeuge, die zu dem Bestand der auf den Angeklagten K. übertragenen Gesellschaften „Ma. “ und „Ni. “ gehörten, im Fall einer gemeinschaftlichen Tatbegehung dem Angeklagten B. zuzurechnen sind. Auch insoweit handelt es sich um ein einheitliches Tatgeschehen, das nicht losgelöst von der Strafbarkeit des Angeklagten B. bezüglich der von ihm unmittelbar in Besitz genommen Fahrzeuge, die zum Bestand der auf ihn übertragenen Gesellschaften gehörten, betrachtet werden kann.
44
cc) Das Urteil beruht auf dem Rechtsfehler. Angesichts des gegenüber der Unterschlagung gemäß § 246 Abs. 1 StGB erhöhten Strafrahmens des § 259 Abs. 1 StGB und des bei Annahme einer gemeinschaftlichen Begehungsweise höheren Schuldgehalts kann der Senat nicht ausschließen, dass beim Angeklagten B. die Strafe bei rechtsfehlerfreier Strafzumessung höher ausgefallen wäre. Auch insoweit wird die neu zur Entscheidung berufene Strafkammer im Falle einer Verurteilung wegen Hehlerei zu prüfen haben, ob die Tat als gewerbsmäßige Hehlerei im Sinne von § 260 Abs. 1 Nr. 1 StGB zu werten ist.
45
d) Die Aufhebung der Schuldsprüche betreffend die Angeklagten M. , K. und B. im Tatkomplex VI A der Urteilsgründe zieht die Aufhebung der insoweit verhängten Einzelstrafen und des jeweiligen Gesamtstrafenausspruchs nach sich.
46
2. Die Revision der Staatsanwaltschaft zu Lasten des Angeklagten F. hat ebenfalls Erfolg.
47
a) Die Staatsanwaltschaft beanstandet mit Recht, dass das angefochtene Urteil die Anklage nicht erschöpft, soweit es die strafrechtliche Bewertung des Verhaltens des Angeklagten F. im Zusammenhang mit dem Weiterverkauf der Gesellschaften an die Angeklagten M. und K. zum Gegenstand hat.
48
aa) Insoweit kommt eine Strafbarkeit wegen Hehlerei gemäß § 259 Abs. 1 StGB in Form der Absatzhilfe in Betracht. Nach den Urteilsfeststellungen hatte der Angeklagte F. bereits frühzeitig Kenntnis davon, dass A. und R. Fahrzeuge über die von ihm vermittelten Gesellschaften auf betrügerische Weise erlangen wollten. Er war auch beteiligt, als ein Teil der Fahrzeuge ohne Wissen der Eigentümer einer Autovermietung in Be. überlassen wurden. Außerdem war er spätestens seit dem 10. Januar 2007 alleine für den Weiterverkauf der Gesellschaften und des dazugehörigen Fahrzeugbestandes verantwortlich. Schließlich bereitete der Angeklagte F. auch den Weiterverkauf der Gesellschaften und des dazugehörigen Fahrzeugbestandes vor, indem er sich mit den Angeklagten M. und K. , die in erster Linie an den Fahrzeugen und nicht an den Gesellschaften interessiert waren, an einer Autobahnraststätte traf und ihnen einige der Leasingverträge vorlegte. Diese Umstände legen es nahe, dass der Angeklagte F. nicht nur umfassend in die Tatbegehung durch A. und R. eingebunden war, sondern auch dass seine Bemühungen im Zusammenhang mit der Übertragung der Gesellschaften an die Angeklagten M. und K. darauf gerichtet waren, A. und R. bei dem Verkauf der von ihnen unterschlagenen Fahrzeuge zu unterstützen. Ein solches Verhalten würde die Voraussetzungen des Tatbestandes der Absatzhilfe gemäß § 259 Abs. 1 StGB erfüllen. Dem stünde auch eine mögliche Teilnahme des Angeklagten F. an der Erlangung der Fahrzeuge durch die gesondert verfolgten A. und R. nicht entgegen. Denn eine Hehlereihandlung stellt im Verhältnis zu einer Anstiftung oder Beihilfe zu der vorausgegangen Tat keine mitbestrafte Nachtat dar (BGHSt 7, 134; Rissing-van Saan in LKStGB 12. Aufl., vor § 52 Rdn. 157). Das Landgericht hat sich rechtsfehlerhaft mit einer möglichen Strafbarkeit des Angeklagten F. beim Weiterverkauf der Gesellschaften an die Angeklagten M. und K. nicht auseinandergesetzt.
49
bb) Andererseits hätte das Landgericht ausgehend von den getroffenen Feststellungen auch prüfen müssen, ob sich der Angeklagte F. neben einer möglichen Hehlerei auch wegen versuchten Betruges zum Nachteil der Angeklagten M. und K. strafbar gemacht hat. Nach den Feststellungen des Landgerichts enthielten die notariellen Verträge vom 5. März 2007 über den Weiterverkauf der Gesellschaften an die Angeklagten M. und K. , an denen der Angeklagte F. maßgeblich beteiligt war, eine Klausel, wonach der Ver- käufer der Gesellschaften - der Wahrheit zuwider - erklärte, dass die Leasingraten der zu dem Bestand der Gesellschaften gehörenden Fahrzeuge bis einschließlich Februar 2007 bezahlt worden seien. Dies musste das Landgericht zu einer entsprechenden Prüfung und Erörterung veranlassen.
50
cc) Diese Rechtsfehler führen zur Aufhebung des Urteils betreffend den Angeklagten F. , soweit ein Schuldspruch zur Weiterübertragung der Gesellschaften an M. und K. nicht ergangen ist. Zwar ist der Angeklagte F. insoweit nicht freigesprochen worden. Dem Senat ist es gleichwohl nicht verwehrt , eine Entscheidung bezüglich der insoweit bestehenden Tatvorwürfe zu treffen. Denn es handelt sich vorliegend nicht um einen Fall, in dem es an einer Sachentscheidung durch den Tatrichter fehlt (vgl. BGH NStZ 1993, 551, 552 m.w.N.). Das Verhalten des Angeklagten F. im Zusammenhang mit der Übertragung der Geschäftsanteile an den Gesellschaften wird im Urteil im Rahmen des festgestellten Sachverhaltes (vgl. Tatkomplex VI A Ziffern 12 bis 16; UA S. 37 ff.) und teilweise auch in der Beweiswürdigung wiedergegeben (UA S. 61, 64, 65, 72 f.). Aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsausführungen ergibt sich, dass das Landgericht dieses Verhalten in seine rechtliche Bewertung miteinbezogen und letztlich allein deshalb aus rechtlichen Gründen von einer Verurteilung des Angeklagten F. wegen Hehlerei (und wegen tateinheitlich begangenen Betruges) abgesehen hat, weil es - rechtsfehlerhaft - eine Vortat im Sinne des § 259 Abs. 1 StGB durch A. und R. verneint hat.
51
b) Im Übrigen zeigt die Revision der Staatsanwaltschaft keinen Rechtsfehler zum Vorteil oder Nachteil (§ 301 StPO) des Angeklagten F. auf. Die Verurteilung wegen Beihilfe zum Betrug in drei Fällen und die hierfür verhängten Einzelstrafen sind nicht zu beanstanden.
52
c) Die Aufhebung des Urteils, soweit es die Anklage nicht erschöpft hat, zieht betreffend den Angeklagten F. die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs nach sich.

II.

Tatkomplex VI B der Urteilsgründe - Betrug durch den Angeklagten K. zum Nachteil der Firma N. -
53
Hinsichtlich des von dem Angeklagten K. begangenen Betruges zum Nachteil der Firma N. (Tatkomplex VI B der Urteilsgründe) hält die Strafzumessung des Landgerichts der sachlich-rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Sie enthält einen Erörterungsmangel zum Vorteil des Angeklagten K. .
54
Das Landgericht ist bei der Strafzumessung von dem Regelstrafrahmen des § 263 Abs. 1 StGB ausgegangen. Bei der Strafrahmenwahl hat es jedoch rechtsfehlerhaft nicht erörtert, ob die Tat des Angeklagten K. das Regelbeispiel des § 263 Abs. 3 Nr. 2 StGB erfüllt und ob sie einen besonders schweren Fall des Betruges darstellt. Ob ein Vermögensverlust großen Ausmaßes vorliegt , ist nach objektiven Gesichtspunkten zu bestimmen; ein solcher ist jedenfalls dann nicht gegeben, wenn der Vermögensverlust einen Wert von 50.000 Euro nicht erreicht (BGHSt 48, 360). Im vorliegenden Fall hat der Angeklagte K. eine Anzahlung in Höhe von 84.000 Euro auf betrügerische Weise erlangt. Damit ist die Wertgrenze des § 263 Abs. 3 Nr. 2 StGB weit überschritten. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht gegen den Angeklagten K. im Tatkomplex VI B der Urteilsgründe eine höhere Einzelstrafe festgesetzt hätte, wenn es das Vorliegen eines besonders schweren Falles geprüft hätte. Der Ausspruch über die Einzelstrafe hat deshalb keinen Bestand. Allein dies zieht die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs nach sich.

III.

Tatkomplex VI C der Urteilsgründe - Betrug durch den Angeklagten B. zum Nachteil der Firma D. -
55
Hinsichtlich des von dem Angeklagten B. begangenen Betruges zum Nachteil der Firma D. (Tatkomplex VI C der Urteilsgründe) hält die Strafzumessung des Landgerichts ebenfalls der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
56
Bei der Strafzumessung ist das Landgericht von dem Regelstrafrahmen des § 263 Abs. 1 StGB ausgegangen. Dass der Angeklagte B. auch das Regelbeispiel des § 263 Abs. 3 Nr. 2 StGB verwirklicht haben könnte, erörtert das Landgericht nicht, obwohl sich dies angesichts des festgestellten Schadens aufgedrängt hätte. In subjektiver Hinsicht ist dem Urteil zwar zu entnehmen, dass das Landgericht davon ausgeht, dem Angeklagten B. sei es bei der Tatbegehung aufgrund seiner nicht zu widerlegenden Einlassung nur auf eine vereinbarte Anzahlung in Höhe von 25.800 Euro angekommen. Diese Ausführungen sind jedoch lückenhaft. Das Landgericht gibt keine Begründung für seine Annahme, die Einlassung des Angeklagten B. hinsichtlich seines Vorsatzes sei nicht zu widerlegen gewesen. Aus den Urteilsgründen ergibt sich auch nicht, aus welchen Gründen die Geschädigten eine zweite Anzahlung in der beträchtlichen Höhe von 125.000 Euro geleistet und damit nahezu den gesamten Kaufpreis im voraus erbracht haben, obwohl diese nach den Feststellungen nicht vereinbart gewesen war. Das Landgericht lässt zudem unberücksichtigt , dass die ganze Tatausführung des Angeklagten B. darauf gerichtet war, einen möglichst großen Vorteil aus dem betrügerischen Geschäft zu ziehen. So hat er den Geschädigten nicht nur einen, sondern zwei Lkw zum Preis von je 86.000 Euro verkauft, obwohl ihm derartige Fahrzeuge nicht zur Verfügung standen. Außerdem hat er auch die zweite Anzahlung der Geschädigten über 125.000 Euro für sich vereinnahmt und für seine eigenen Zwecke ausgegeben. Dieses Verhalten legt nahe, dass es dem Angeklagten B. von vorneherein darauf angekommen ist, einen möglichst hohen Vermögensvorteil aus der Tat zu ziehen und sich nicht mit einem geringeren Betrag zufrieden zu geben.
57
Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht bei einer Annahme des Regelbeispiels des § 263 Abs. 3 Nr. 2 StGB auf eine höhere Einzelstrafe gegen den Angeklagten B. erkannt hätte. Die vom Landgericht verhängte Einzelstrafe kann deshalb keinen Bestand haben. Dies zieht die Aufhebung der gegen den Angeklagten B. festgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe nach sich.

IV.


58
Im Umfang der Aufhebung ist die Sache an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückzuverweisen. Da die getroffenen Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen von den Rechtsfehlern nicht betroffen sind, können diese bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Ergänzende Feststellungen, die nicht im Widerspruch zu den der Aufhebung nicht unterliegenden Feststellungen stehen , sind möglich.

V.


59
Die Abfassung der Urteilsgründe gibt dem Senat Anlass zu folgendem Hinweis:
60
Wird eine Tatserie abgeurteilt, ist es ratsam, in den Urteilsgründen für die einzelnen Taten im Rahmen der Sachverhaltsdarstellung einheitliche Ordnungsziffern zu vergeben und diese durchgängig bei Beweiswürdigung, rechtlicher Würdigung sowie Strafzumessung weiter zu verwenden. Es kann den Bestand eines Urteils insgesamt gefährden, wenn die Urteilsgründe - wie hier - wegen einer nicht auf die einzelnen Taten bezogenen Nummerierung aus sich heraus nicht mehr ohne weiteres verständlich sind und die Ermittlung des Sachverhalts in Bezug auf die jeweiligen Tathandlungen ohne eine vollständige Rekonstruktion und tabellarische Exzerpierung des Urteilsinhalts kaum möglich ist (vgl. BGH wistra 2006, 467, 468; BGH, Beschl. vom 11. Februar 2003 - 3 StR 391/02 m.w.N.).
61
Im vorliegenden Fall ist die revisionsgerichtliche Überprüfung insbesondere dadurch erschwert worden, dass das Landgericht im Tatkomplex VI A der Urteilsgründe (Straftaten im Zusammenhang mit Fahrzeugen aus dem Autohaus A. ) den Sachverhalt unter Verwendung zahlreicher Ordnungsziffern zwar fortlaufend aufgeteilt hat, eine Untergliederung nach einzelnen Taten dabei aber nicht vorgenommen hat. Ein hinter der Aufteilung stehendes Gliederungssystem ist nicht erkennbar; Zwischenüberschriften sind nicht vorhanden. Insbesondere wird nicht deutlich, welche der mit insgesamt 23 Ordnungsziffern bezeichneten Sachverhaltsteile welchen Taten zuzuordnen sind. Damit handelt es sich bei der Sachverhaltsschilderung in den Urteilsgründen letztlich um einen fortlaufenden Text, der dem Leser abverlangt, anhand einer eigenen rechtlichen Bewertung eine Zuordnung zu den einzelnen ausgeurteilten Straftaten vorzunehmen.
62
Hinsichtlich des Angeklagten F. ist die Überprüfung des Urteils zusätzlich dadurch behindert worden, dass in den Urteilsgründen bei der tabellarischen Auflistung der Betrugsstraftaten (UA S. 26 bis 28) auch die vom Landgericht nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellten Taten aufgeführt worden sind, ohne dass der Umstand der Einstellung kenntlich gemacht worden ist. Auch eine solche Vorgehensweise kann den Bestand eines Urteils gefährden; denn es ist nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, aus einer unstrukturierten Wiedergabe einer Vielzahl von Geschehnissen die Tatsachen herauszusuchen, in denen nach seiner Auffassung die abgeurteilten Straftaten gesehen werden könnten (BGH, Beschl. vom 31. Juli 2002 - 3 StR 159/02). Nack Wahl Graf Jäger Sander

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

(1) Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Versuch ist strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung von Urkundenfälschung oder Betrug verbunden hat,
2.
einen Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeiführt oder in der Absicht handelt, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen,
3.
eine andere Person in wirtschaftliche Not bringt,
4.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger oder Europäischer Amtsträger mißbraucht oder
5.
einen Versicherungsfall vortäuscht, nachdem er oder ein anderer zu diesem Zweck eine Sache von bedeutendem Wert in Brand gesetzt oder durch eine Brandlegung ganz oder teilweise zerstört oder ein Schiff zum Sinken oder Stranden gebracht hat.

(4) § 243 Abs. 2 sowie die §§ 247 und 248a gelten entsprechend.

(5) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§ 263 bis 264 oder 267 bis 269 verbunden hat, gewerbsmäßig begeht.

(6) Das Gericht kann Führungsaufsicht anordnen (§ 68 Abs. 1).

(7) (weggefallen)

Nachschlagewerk: ja
BGHSt : nein
Veröffentlichung: ja
Zu den Voraussetzungen der Haushaltsuntreue während
der Aufbauphase in den neuen Ländern
BGH, Urt. v. 14. Dezember 2000 - 5 StR 123/00
LG Potsdam –
IM NAMEN DES VOLKES
5 StR 123/00
URTEIL
vom 14. Dezember 2000
in der Strafsache
gegen
1.
2.
3.
wegen Untreue
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 14. Dezember
2000, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende Richterin Harms,
Richter Basdorf,
Richterin Dr. Gerhardt,
Richter Dr. Raum,
Richter Dr. Brause
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt J ,
Rechtsanwalt G
als Verteidiger des Angeklagten A ,
Rechtsanwalt K ,
Rechtsanwalt Sch
als Verteidiger der Angeklagten S ,
Rechtsanwalt Z ,
Rechtsanwältin Se
als Verteidiger des Angeklagten B ,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revisionen der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 23. Juli 1999 werden verworfen.
Die Staatskasse hat die Kosten der Rechtsmittel sowie die den Angeklagten dadurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
– Von Rechts wegen – G r ü n d e Das Landgericht hat die drei Angeklagten freigesprochen. Ihnen lag im wesentlichen zur Last, als Ministerialbeamte Untreue im Hinblick auf Haushaltsmittel begangen zu haben. Die auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten, vom Generalbundesanwalt zur Sachrüge vertretenen Revisionen bleiben ohne Erfolg.

A.


Dem Urteil des Landgerichts liegt folgendes zugrunde:

I.

Nach den Feststellungen des Landgerichts waren der Angeklagte A als Staatssekretär, die Angeklagte S als Leiterin der Abteilung 4 (Gesundheit) sowie der Angeklagte B als Leiter des Referats 4.5 (gesundheitliche Prävention und Rehabilitation) im Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen (MASGF) des Landes Branden-
burg seit 1990/91 tätig. Während der Angeklagte A , der vorher im Gesundheitsministerium des Landes Nordrhein-Westfalen Abteilungsleiter war, über Verwaltungserfahrung verfügte, fehlten bei der Angeklagten S sowie dem Angeklagten B , die beide zuvor außerhalb der Ministerialverwaltung im Bereich der medizinischen bzw. psychologischen Betreuung beschäftigt waren, entsprechende Kenntnisse.
Die Zeit nach dem Beitritt der ehemaligen DDR zur Bundesrepublik Deutschland war im Gesundheitswesen durch erhebliche Umstrukturierungsmaßnahmen geprägt, weil die aus der DDR-Zeit fortbestehenden Polikliniken von den Kommunen nicht mehr finanziert werden konnten und in der Auflösung begriffen waren. Im MASGF wurde deshalb die Idee entwickelt, Gesundheitszentren und Betreuungsdienste für chronisch Kranke zu etablieren und deren Finanzierung durch die Sozialversicherungsträger zu erreichen. Für entsprechende Umstrukturierungsmaßnahmen stellte der Landeshaushalt im Jahre 1991 insgesamt 117 Millionen DM zur Verfügung. Im Landeshaushalt 1992 waren dafür zusätzlich als „Zuschüsse für Dispensairebetreuung“ zwölf Millionen DM und für 1993 sieben Millionen DM veranschlagt. Hiervon sollten bis zur Erreichung einer Regelfinanzierung durch die Krankenkassen die Sach- und Personalkosten der „Betreuungsdienste chronisch Kranker“ (BcK) gedeckt werden. Man ging davon aus, daß für diese Umstrukturierungsaufgabe zwei Jahre benötigt würden und sie Ende 1993 abgeschlossen sein sollte. Für das Jahr 1994 war deshalb kein entsprechender Mittelansatz mehr vorgesehen.
Zur Umsetzung des Vorhabens, von den Krankenkassen finanzierte Betreuungseinrichtungen für chronisch Kranke zu etablieren, arbeitete das MASGF mit dem Institut für Gesundheits- und Sozialforschung GmbH (IGES) in Berlin zusammen, das bereits die Umwandlung der Polikliniken und die Einrichtung der Gesundheitszentren durchführte. IGES entwickelte zusammen mit dem MASGF eine entsprechende Förderrichtlinie des Landes Brandenburg , die rückwirkend zum 1. Juli 1992 in Kraft trat. Aufgrund der nun
vorhandenen Förderrichtlinie hob der Minister der Finanzen die bislang bestehende Sperre bezüglich der für die Dispensairebetreuung vorgesehenen Haushaltsmittel auf.
Da das MASGF nicht über entsprechendes Personal verfügte, sollten Aufbau und Finanzierung der BcK über IGES erfolgen. Es kam zu Verhandlungen , in die neben dem Angeklagten B und Vertretern von IGES auch der Haushaltsbeauftragte des MASGF, D , einbezogen war. Als Haushaltsbeauftragtem oblag dem früheren Mitangeklagten D (gegen den das Verfahren nach § 153a Abs. 2 StPO erledigt worden ist) die Verantwortung für die Ausführung des Haushaltsplanes und er war bei Maßnahmen von finanzieller Bedeutung zu beteiligen. Mit Billigung von D unterzeichnete die Angeklagte S am 18. September 1992 seitens der MASGF einen Vertrag mit IGES. In dem Vertrag war vorgesehen, daß die haushaltsrechtlich angesetzten Fördermittel für 1992 und 1993 in Höhe von insgesamt 19 Millionen DM von IGES treuhänderisch verwaltet werden sollten, wobei in diesem Betrag ein Honorar in Höhe 1,6588 Millionen DM für IGES enthalten war. Auf Anforderung von IGES wurde auf Anordnung der Angeklagten S am 26. Oktober 1992 ein Betrag in Höhe von zehn Millionen DM angewiesen; der Angeklagte B v eranlaßte die am 4. Januar 1993 erfolgte Auszahlung des restlichen, zunächst als Sicherungsrücklage einbehaltenen Betrages von rund 700.000 DM an IGES entsprechend der vertraglich getroffenen Treuhandabrede.
Bis zum 31. Dezember 1992 waren bei IGES noch nicht verbrauchte Fördergelder in Höhe von 9,89 Millionen DM vorhanden. Den hieraus erwirtschafteten Zinsertrag überwies IGES an das MASGF und beantragte eine Verlängerung des Bewilligungszeitraums. Diesem Antrag kam der Angeklagte B nach, ohne allerdings eine konkrete Befristung anzugeben.
In der Folge schloß IGES mit den einzelnen Einrichtungen Förderverträge , die insgesamt ein Volumen von 7,1 Millionen DM hatten. Den einzelnen Vereinbarungen lag ein Mustervertrag zugrunde, den IGES nach Abstimmung mit dem MASGF ausgearbeitet hatte. In der Folgezeit wurden – auf reduziertem Niveau – im August und September 1993 vier weitere Förderverträge abgeschlossen, wodurch die an IGES ausgereichten Treugutmittel im wesentlichen aufgebraucht waren. Mit Überweisung vom 29. Dezember 1993 zahlte IGES die restlichen Fördermittel an die einzelnen Einrichtungen aus und legte gegenüber dem MASGF eine Schlußrechnung.
Bereits ab September 1993 sollte auf Betreiben des zuständigen Referatsleiters im Finanzministerium, des Zeugen Br , die zukünftige Förderung der BcK nicht mehr über die Bildung von Treugut erfolgen, sondern die Mittel sollten auf der Grundlage von Zuwendungsbescheiden des MASGF, die dann allerdings von IGES vorbereitet wurden, direkt an die einzelnen Einrichtungen ausgereicht werden. Auf Antrag der jeweiligen Fördereinrichtungen ergingen insgesamt 13 Zuwendungsbescheide im November /Dezember 1993, die der Angeklagte B mit Wissen und Billigung der Angeklagten S unterzeichnete. In allen Zuwendungsbescheiden war ein Bewilligungszeitraum bis zum 31. Dezember 1993 angegeben. Obwohl bei den Fördereinrichtungen zum damaligen Zeitpunkt noch kein aktueller weiterer Bedarf bestand, wurden sämtliche – den gekürzten Haushaltsansatz für 1993 in Höhe von 6,3 Millionen DM ausschöpfende – Mittel noch im Dezember 1993 ausgezahlt.
Die Verwendung der Haushaltsmittel wurde weiterhin von IGES überwacht , das hierüber auch gegenüber dem MASGF berichtete. Mit Schreiben vom 29. Juni 1994 an die Angeklagte S wies IGES darauf hin, daß aus den Förderverträgen (welche den Haushaltsansatz 1992 betrafen) knapp drei Millionen und aus den Zuwendungsbescheiden noch über sechs Millionen DM bei den Trägern der BcK unverbraucht vorhanden waren. Aufgrund dieser Information kam es innerhalb der MASGF zu Gesprächen,
an denen auch der Haushaltsbeauftragte D beteiligt war. Dieser legte für die Leitung des Ministeriums das Problem in einem Vermerk dar. Der Vermerk gelangte am 1. September 1994 dem Angeklagten A zur Kenntnis. Dieser erkannte, daß ein Widerruf der Zuwendungen bzw. die Rückforderung der nicht verbrauchten Gelder in Betracht gezogen werden mußte. Nach Kontaktaufnahme mit dem Vorsitzenden der AOK war ihm klar, daß eine vollständige Überführung der Betreuungseinrichtungen in die Trägerschaft dieser Krankenkasse wohl ausscheiden werde. Er ging aber davon aus, die Mehrheit der Einrichtungen würde andere Krankenkassen als Träger finden. Nachdem eine zunächst auf Ministerebene in Aussicht genommene Zwischenlösung sich nicht hatte realisieren lassen, wurden Teilwiderrufsbescheide in Höhe von insgesamt 1,6 Millionen DM erlassen. Dieser Betrag ergab sich aus Berechnungen, welche Summen die Betreuungseinrichtungen bis Mitte 1995 noch benötigen würden. Um die noch nicht gescheiterte spätere Übernahme durch die Krankenkassen offenzuhalten, wurde zunächst nur der überschießende Betrag zurückgefordert. Nachdem – wie sich später aufgrund von Verwendungsnachweisprüfungen herausstellte – weit weniger Gelder verbraucht worden waren, sind schließlich mehrere Millionen DM nach Widerruf der Zuwendungsbescheide zurückgezahlt worden.
Im Haushaltsplan 1994 waren für die „pauschale Förderung für Rehabilitations - und Erholungseinrichtungen“ fünf Millionen DM veranschlagt. Der Angeklagte B entwickelte die Idee, nach dem Vorbild Nordrhein -Westfalens ein Gesundheitshaus einzurichten, das an einem Kur- oder Erholungsort gelegen sein sollte. Nach Vorklärungen fiel die Wahl auf den Erholungsort Ringenwalde. Als Vertreterin des zuständigen Amtes TemplinLand stellte die Zeugin Dr am 3. November 1994 einen Antrag auf Gewährung einer Förderung in Höhe von 3,16 Millionen DM, was 90 Prozent der Baukosten entsprach. Am 9. November 1994 erging eine Förderunbedenklichkeitsmitteilung. Da sich aufgrund neuer bautechnischer Schätzungen die voraussichtliche Bausumme – und damit auch die 90-ProzentFördersumme auf 3,5 Millionen DM – erhöhte, zeichneten die Angeklagten
B und S den Entwurf eines Zuwendungsbescheides in entsprechender Höhe ab und leiteten diesen dem Angeklagten A zu. Nach Rücksprache mit B und S zeichnete der Angeklagte A am 30. November 1994 den Zuwendungsbescheid , der – nach einer Korrektur D , der aber im übrigen den Entwurf ebenfalls billigte – einen Bewilligungszeitraum bis 28. Februar 1995 haben sollte. Diese Ä nderung wurde allerdings versehentlich in dem der Antragstellerin übermittelten Schreiben nicht übernommen, so daß dort weiterhin als Ende des Bewilligungszeitraums der 31. Dezember 1994 ausgewiesen war.
Die Auszahlung der Mittel erfolgte noch im Dezember 1994. Die Aufträge für das Bauvorhaben wurden vom Amt Templin-Land allerdings erst bis zum 24. Februar 1995 vergeben. Die Unternehmen, die den Zuschlag erhalten hatten, stellten sogleich Rechnungen in Höhe des Kostenangebots. In Höhe dieser Rechnungen legte das Amt Sperrkonten an, auf welche die Zeugin Dr die Rechnungsbeträge überweisen ließ und als verbrauchte Mittel deklarierte. Im weiteren Verlauf – was im übrigen schon aufgrund eines Bauablaufplans des Architekten zu erkennen gewesen wäre – zeigte sich, daß die Bauarbeiten bis Oktober 1995 andauern würden.

II.

Das Landgericht hat die Angeklagten, die aufgrund ihrer Funktionen im MASGF eine Vermögensbetreuungspflicht gehabt hätten, vom Vorwurf der Untreue freigesprochen.
1. Die treuhänderische Überlassung der Haushaltsmittel an IGES hat das Landgericht nicht als pflichtwidrig angesehen, weil § 44 Abs. 3 Landeshaushaltsordnung des Landes Brandenburg (LHO) eine solche Möglichkeit eröffne. Nach dem damaligen Verständnis dieser Norm habe dies im Haushaltsplan ebensowenig ausdrücklich vorgesehen sein müssen, wie die Vergütung für den Treuhänder. Die Mittel seien auch bestimmungsgemäß ver-
wandt worden, jedenfalls hätten die Angeklagten B und S nicht vorsätzlich gehandelt.
2. Hinsichtlich der Auskehrung der Haushaltsmittel für 1993 hätten die Angeklagten B und S nach Auffassung des Landgerichts pflichtwidrig gehandelt, weil diese Mittel – entgegen § 34 Abs. 2 Satz 1 LHO – ohne aktuellen Bedarf ausgereicht worden seien. Insoweit seien die Mittel auch zweckwidrig verwandt worden, weil ein Auszahlungsgrund für 1993 nicht bestanden und der Haushaltsgesetzgeber für 1994 entsprechende Ausgaben nicht vorgesehen habe. Zwar müsse in der Zweckwidrigkeit nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht zwingend ein Vermögensnachteil im Sinne des § 266 StGB liegen. Bei freiwilligen Aufgaben des Staates träfe dies jedoch deshalb zu, weil der Haushaltsgesetzgeber Ausgaben hierfür in diesem Haushaltsjahr gerade nicht gewollt habe. Auch hier hätten aber die Angeklagten nicht vorsätzlich gehandelt, denn sie hätten auf die Empfehlung des Haushaltsbeauftragten D vertraut, den sie als kompetenten Experten im Haushaltsrecht gekannt hätten.
3. Hinsichtlich des Angeklagten A gründet sich der Vorwurf der Untreue auf die unterbliebene Anordnung der vollständigen Rückforderung der ausgereichten Gelder für die BcK. Hier hat das Landgericht schon die objektive Pflichtwidrigkeit verneint. Die Rückforderung habe im Ermessen des Angeklagten gelegen, das dieser nicht in rechtswidriger Weise ausgeübt habe. Im übrigen habe er auch nicht in dem Bewußtsein gehandelt, durch das Unterlassen der Rückforderung gegen Vermögensbetreuungspflichten zu verstoßen.
4. Die Ausreichung der Gelder noch im Dezember 1994 hinsichtlich des Gesundheitshauses Ringenwalde sei rechtswidrig gewesen. Die drei Angeklagten hätten deshalb den objektiven Tatbestand der Untreue verwirklicht , weil das Vorhaben erst im Jahr 1995 habe verwirklicht werden können und für dieses Jahr ein entsprechender Haushaltsansatz nicht bestanden
habe. In der infolge der zeitlichen Verschiebung eingetretenen Zweckwidrigkeit der Zuwendung liege auch hier der Nachteil im Sinne des § 266 StGB; denn der Haushaltsgesetzgeber wäre zu einer solchen Leistung nicht verpflichtet gewesen. Sämtliche Angeklagten hätten jedoch nicht vorsätzlich gehandelt , weil sie von einer rechtzeitigen Fertigstellung des Bauvorhabens ausgegangen seien.

B.


Die gegen das freisprechende Urteil gerichteten Revisionen der Staatsanwaltschaft haben keinen Erfolg.

I.

Die Verfahrensrügen sind unzulässig. Sie sind schon nicht in der gemäß § 345 StPO erforderlichen Form erhoben worden, weil die Revisionsbegründung auf ein der Revisionsschrift nachgeheftetes und nicht unterzeichnetes Ablichtungskonvolut Bezug nimmt (vgl. BGH LM Nr. 2 zu § 345 StPO; BGH VRS 3, 252, 253; BGH, Urteil vom 7. April 1970 – 5 StR 308/69 – bei Dallinger MDR 1970, 899 f.; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 44. Aufl. § 345 Rdn. 14; Sarstedt/Hamm, Die Revision in Strafsachen 6. Aufl. Rdn. 215 f.). Zudem fehlt bei sämtlichen Verfahrensrügen der nach § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO erforderliche vollständige Tatsachenvortrag zu den behaupteten Mängeln. Im übrigen enthalten die Beweisanträge, deren Ablehnung beanstandet wird, weitestgehend keine hinreichend konkreten Beweisbehauptungen (vgl. Herdegen in KK 4. Aufl. § 244 Rdn. 45 f.); auch die Beweismittel sind überwiegend unvollständig bezeichnet.

II.

Näherer Erörterung bedarf nur die Sachrüge.
1. Ohne Rechtsverstoß hat das Landgericht die Bildung von Treugut bei IGES nicht als Untreue nach § 266 StGB gewertet.

a) Es hat rechtsfehlerfrei die auf § 44 Abs. 3 LHO gestützte Übertragung der Verwaltung der Fördergelder auf IGES als nicht pflichtwidrig erachtet. Unter den Gegebenheiten der damaligen Zeit konnten die Angeklagten B und S v on der durch die Landeshaushaltsordnung eröffneten Möglichkeit Gebrauch machen, die Mittelbewirtschaftung und den damit verbundenen Verwaltungsaufwand auf IGES zu verlagern. Maßgeblich hat das Landgericht dabei auf die im Land Brandenburg in der kurzen Zeit nach seiner Entstehung herausgebildete Verwaltungsübung abgestellt, die ein solches Vorgehen schon bei früheren Förderprogrammen vorsah. So hatte das MASGF schon 1991/1992 die Umstrukturierung der Polikliniken in ähnlicher Weise über IGES abgewickelt. Entscheidender Gesichtspunkt für die Verlagerung der Mittelbewirtschaftung war der sich aus der unzureichenden personellen Besetzung des Ministeriums hier ergebende faktische Zwang. Insoweit bestand für das noch im Aufbau befindliche Ministerium, das aus eigenen Kräften keine ordnungsgemäße Bewirtschaftung hätte leisten können, nur die Alternative, die – vom Haushaltsgesetzgeber durch die Mittelbereitstellung grundsätzlich als wesentlich erachtete – Aufgabe überhaupt nicht durchzuführen.

b) Jedenfalls unter den damals gegebenen Umständen bedurfte es weder einer gesonderten Ermächtigung zur Übertragung noch eines gesonderten Ausweises eines Honorars zugunsten des Treugutnehmers. Die Landeshaushaltsordnung sieht beides nicht ausdrücklich vor. Haushaltsrechtlich wird die Ausgabe inhaltlich aus der Erfüllung notwendiger Aufgaben des Landes bestimmt (§ 6 LHO) und nach dem Bruttoprinzip bewertet (§ 15 Abs. 1 LHO). Haushaltsausgaben sind deshalb nach § 12 Abs. 4 Haushaltsgrundsätzegesetz (HGrG) durch ihren Zweck definiert (vgl. Piduch, Bundeshaushaltsrecht 2. Aufl. Art. 110 GG Rdn. 40).
Dem Förderzweck diente auch die Einschaltung von IGES; Aufgabe des Instituts war unter anderem die Beratung und Unterstützung der BcK, die Tätigkeit insgesamt sollte der Etablierung der Betreuungseinrichtungen die-
nen. Der Mittelansatz durfte deshalb ein angemessenes Honorar für die Leistungen enthalten, die mit der allseitigen Beratung, Betreuung und der Mittelbewirtschaftung verbunden waren. Dabei blieb es dem Haushaltsgesetzgeber freilich unbenommen, die Zweckerreichung näher zu regeln und dies gegenüber der Verwaltung auch für verbindlich zu erklären (vgl. § 12 Abs. 4 letzter Satz HGrG). Wenn er dies später bei vergleichbaren Fällen auch getan und die Bildung von Treugut ausdrücklich angeordnet hat, läßt dies nicht den Schluß auf die Unzulässigkeit der Auslagerung von Treugut zu, wenn diese zeitlich früher erfolgt ist. Vielmehr liegt hier sogar nahe, daß der Haushaltsgesetzgeber bei der Aufstellung des Haushaltsplans für 1992 Kenntnis von der vergleichbaren Situation bei der Umstrukturierung der Polikliniken hatte, die ebenfalls über ein bei IGES gegründetes Treugut abgewickelt wurde. Wenn der Haushaltsgesetzgeber einen entsprechenden Mittelansatz dann trifft, ohne hierzu insoweit gegenteilige Regelungen vorzusehen, so spricht dies eher für seine Billigung der gewählten Vorgehensweise. Vor dem Hintergrund der Aufbauphase im Land Brandenburg, die vor allem rasches Handeln erforderte, konnte deshalb eine zunächst unbeanstandete, wenn auch kurze Verwaltungspraxis, die eine ansonsten nicht zu leistende Aufgabenerfüllung ermöglichte, bei der Normauslegung des § 44 Abs. 3 LHO Gewicht erlangen.

c) Die Ausreichung der restlichen Haushaltsmittel für 1992 war von der (jedenfalls zum damaligen) Zeitpunkt noch rechtmäßigen Bildung des Treugutes gedeckt. Wenn Treugut gebildet wird, dann suspendiert dies – wie sich im übrigen durch den Verweis von § 44 Abs. 3 LHO auf den Absatz 1 dieser Vorschrift ergibt – die haushaltsrechtlichen Bindungen nicht. Der Umstand, daß die Verwaltung der Mittel dem Ministerium nicht mehr unmittelbar zustand , sondern durch die Treugutnehmerin durchzuführen war, ist die notwendige Konsequenz der Mittelverlagerung nach außen. Dadurch sollte die personell nicht ausreichend besetzte oder kompetente Behörde entlastet werden. Dieser Effekt konnte aber nur dann erreicht werden, wenn – bei entsprechenden Sicherungsmaßnahmen – dem Treugutnehmer die Mittel über-
lassen wurden, damit die Mittelbewirtschaftung von dort erfolgen konnte. Die haushaltsrechtlichen Pflichten treffen – was die staatliche Behörde durch geeignete Vertragsklauseln sicherzustellen und zu überwachen hat – den Treugutnehmer. Diese Rechtsfolge hat der Gesetzgeber mit Einführung des § 44 Abs. 3 LHO in Kauf genommen. Die Einhaltung haushaltsrechtlicher Bindungen hatte das MASGF durch die Bezugnahme auf die Förderrichtlinie, durch Anordnungen über die Mittelbewirtschaftung wie auch durch umfangreiche Berichtspflichten sichergestellt (vgl. Dommach in Heuer, Kommentar zum Haushaltsrecht 2000 § 44 BHO Rdn. 15). Die Einhaltung haushaltsrechtlicher Grundsätze war damit im Rahmen der Treugutabrede gewährleistet und wurde auch im Zuge der Durchführung des Treuhandverhältnisses überwacht.
Die Haushaltsmittel für 1992 konnten damit im Oktober 1992 (bzw. der Restbetrag von etwa 700.000 DM Anfang Januar 1993) noch an IGES ausgereicht werden. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn für das MASGF ersichtlich war, daß die Gelder für die Aufgaben nicht mehr oder zumindest nicht absehbar benötigt würden. Dafür bestehen hier jedoch keine Anhaltspunkte. Zwar war eine zeitliche Verzögerung gegenüber den Vorstellungen bei Inkraftsetzung des Haushaltsplanes eingetreten. Nach Erlaß der Förderrichtlinie war jedoch die eine Zwischenfinanzierung erfordernde Überleitungsphase angelaufen, Sicherungen für eine vorübergehende (auch verzinsliche ) Anlage der Gelder bei IGES lagen vor und ein künftige Deckung gewährleistender Haushaltsansatz für 1993 war vorhanden. Da der Abschluß konkreter Förderverträge mit den einzelnen Einrichtungen anstand, erfolgte die Auszahlung der Haushaltsmittel und die hierdurch ermöglichte Bildung des Treuguts – zumindest aus damaliger Sicht – auch in haushaltsrechtlich vertretbarer Weise.
2. Im Ergebnis zutreffend hat das Landgericht eine Strafbarkeit der Angeklagten S und B wegen Untreue durch die Zuwendung der Haushaltsmittel 1993 an die BcK verneint.

a) Die auf der Grundlage von Zuwendungsbescheiden erfolgten Auszahlungen der Haushaltsmittel für 1993 in Höhe von 6,26 Millionen DM, die noch im Dezember 1993 erfolgten, verstießen gegen Haushaltsrecht. Bis November 1993 waren nach den Feststellungen des Landgerichts von den Haushaltsmitteln 1992 bislang lediglich 2,35 Millionen DM verbraucht. Die restlichen Gelder befanden sich auf Grundlage der (mit Zustimmung des MASGF) von IGES mit den BcK geschlossenen Förderverträge bei den einzelnen BcK. Da deshalb kein aktueller Bedarf für diese Mittel bestand, verstieß ihre Auskehr gegen den Grundsatz der sparsamen Verwaltung gemäß § 34 Abs. 2 Satz 1 LHO, der verlangt, daß Ausgaben nicht eher geleistet werden dürfen, als dies für eine wirtschaftliche und sparsame Verwaltung erforderlich ist.

b) Allerdings begründet der Verstoß gegen haushaltsrechtliche Grundsätze allein nicht den Tatbestand der Untreue gemäß § 266 StGB. Hierfür muß hinzukommen, daß dem Land Brandenburg, dessen Vermögensinteressen die Angeklagten S und B wahrzunehmen hatten, ein Nachteil im Sinne des § 266 StGB entstanden ist. Dieser Nachteil kann nicht allein darin begründet sein, daß der Täter gegen die sachliche oder zeitliche Bindung der haushaltsmäßigen Mittel (§ 45 LHO) verstößt oder das Gebot außer Acht läßt (§ 34 Abs. 2 Satz 1 LHO), Ausgaben nur insoweit und nicht eher zu leisten, als sie zur wirtschaftlichen und sparsamen Verwaltung erforderlich sind (BGHSt 40, 287, 294). Da die Untreue nur das Vermögen, nicht aber allgemein die wirtschaftliche Dispositionsbefugnis des Geschäftsherrn schützt, muß die jeweils pflichtwidrige Handlung darauf untersucht werden, ob sie im konkreten Fall zu einem Vermögensnachteil geführt hat, weil sie zweckwidrig oder sonst dem betreuten Vermögen nachteilig war (BGHSt 43, 293, 297). Ein Nachteil kann in Gestalt einer schadensgleichen Vermögensgefährdung allerdings bereits dann eintreten, wenn öffentliche Gelder einer haushaltsrechtlichen Kontrolle entzogen werden und damit letztlich der freien Verfügung des Disponierenden unterliegen (BGHSt 40, 287, 296 f., allerdings für die besondere Sachverhaltsgestaltung, die Bud-
getmittel betraf, die einem – sowieso nur eingeschränkter Kontrolle unterliegenden – Geheimdienst zugewiesen wurden). Unter dem Gesichtspunkt der Vermögensgefährdung ist gleichfalls in der Bildung sogenannter „schwarzer Kassen“ ein Vermögensnachteil zu sehen (BGH NStZ 1984, 549; NStZ 1986, 455). Abgesehen von diesen speziellen Sachverhaltsgestaltungen sind zur Feststellung eines Nachteils grundsätzlich die Leistung und die empfangene Gegenleistung im Wege einer Gesamtbetrachtung zu gewichten. Deshalb fehlt es an einem Nachteil, falls wertmindernde oder werterhöhende Faktoren sich gegenseitig aufheben (BGH NStZ 1986, 455, 456). Ungeachtet der Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung kommt Haushaltsuntreue in Betracht, wenn durch eine Haushaltsüberziehung eine wirtschaftlich gewichtige Kreditaufnahme erforderlich wird, wenn die Dispositionsfähigkeit des Haushaltsgesetzgebers in schwerwiegender Weise beeinträchtigt wird und er durch den Mittelaufwand insbesondere in seiner politischen Gestaltungsbefugnis beschnitten wird (BGHSt 43, 293, 299 mit kritischer Anmerkung von Bittmann NStZ 1998, 495; vgl. weiterhin Coenen, Die Strafbarkeit von Verstößen gegen das Haushaltsrecht 2000 S. 39 ff.).
aa) Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung begegnet die Begründung des Landgerichts im Hinblick auf die Beschränkung der Dispositionsbefugnis des Haushaltsgesetzgebers durchgreifenden Bedenken. Das Landgericht hat im vorliegenden Fall den Nachteil darin gesehen, daß die Mittel nicht innerhalb des Haushaltsjahres Verwendung gefunden haben, für das sie vom Haushaltsgesetzgeber in Ansatz gebracht wurden. Jedenfalls wenn es sich – wie hier – um freiwillige Leistungen handele, seien sie immer „nutzlos“, weil der Haushaltsgesetzgeber sie für dieses Jahr nicht als erforderlich betrachtet habe. Ansonsten hätte er sie in den Haushaltsplan eingestellt.
Jedenfalls soweit keine besonderen Anhaltspunkte dafür vorliegen, kann nicht davon ausgegangen werden, daß der Haushaltsgesetzgeber die verspätete Verwendung der Mittel in einem folgenden Haushalt als nutzlos
ansieht. Solche Besonderheiten können zum Beispiel vorliegen, wenn bestimmte Leistungen nach ihrer Zweckbestimmung nur innerhalb eines bestimmten Zeitraums sinnvoll sind oder wenn sich die tatsächlichen Verhältnisse geändert haben. Im übrigen wird aber die Einstellung in den Haushalt gerade indizieren, daß der Haushaltsgesetzgeber die Leistung als nützlich ansieht. Auch soweit die Landeshaushaltsordnung des Landes Brandenburg nicht schon – ohne Befassung des Haushaltsgesetzgebers – die Bildung von Ausgaberesten ausdrücklich zuläßt (§ 45 Abs. 2 i. V. m. § 19 Abs. 1 LHO), wird deshalb nicht ohne weiteres von einem Nachteil im Sinne des § 266 StGB auszugehen sein (vgl. hierzu auch Coenen aaO S. 50, der bei adäquater Gegenleistung wohl grundsätzlich keinen Vermögensnachteil bei Verstößen gegen die sachliche oder zeitliche Bindung des Haushaltsplans annehmen will).
bb) Im vorliegenden Fall war die Zahlung für die vom Haushaltsgesetzgeber als grundsätzlich nützlich erachtete Übergangsfinanzierung der BcK bestimmt. Eine Zuwendung hierfür könnte deshalb einen Vermögenswert bilden, der im Wege der Gesamtsaldierung von Leistung und Gegenleistung einen Nachteil im Sinne des § 266 StGB ausschließt. Allerdings erfüllten die Zahlungen – jedenfalls aus der nachträglichen Sicht des Tatrichters – ihren ursprünglichen vom Haushaltsgesetzgeber beigelegten Zweck nicht mehr, weil sie ihrer Natur nach funktionell und zeitlich abgegrenzt waren und der Übergangsfinanzierung dienen sollten. Waren sie für die Erreichung dieses Ziels nicht mehr notwendig oder war das Ziel gar nicht mehr zu verwirklichen , dann wäre die Verwendung der haushaltsmäßig zugewiesenen Gelder zweckwidrig. Leistungen, denen als Gegenwert auch nicht die Erfüllung sozialer Aufgaben gegenübersteht, könnten keinen Vermögenswert schaffen. Durch Zweckverfehlung sinnlose Leistungen würden hier den Nachteil im Sinne des § 266 StGB begründen (vgl. Lenckner in Schönke/Schröder, StGB 25. Aufl. § 266 Rdn. 43).
Für die Beurteilung, ob ein Nachteil durch eine Zweckverfehlung der Zahlung in Betracht kommt, darf aber nicht auf eine ex-post-Betrachtung abgestellt werden. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Zahlung. Nur wenn ein absehbar erhöhter Finanzbedarf erkennbar nicht vorliegt, ist die Verwendung der Gelder zweckwidrig und damit geeignet, einen Nachteil im Sinne des § 266 StGB zu begründen.

c) Letztlich kann diese Frage jedoch dahinstehen. Das Landgericht hat nämlich rechtsfehlerfrei den subjektiven Tatbestand der Untreue bei beiden Angeklagten verneint. Sie haben sich, da sie über keine nennenswerten verwaltungs - oder speziell haushaltsrechtlichen Kenntnisse verfügten, auf die Angaben des Zeugen D verlassen. Insofern ist das Landgericht zu Recht davon ausgegangen, daß sie im Vertrauen auf dessen Aussagen die Pflichtwidrigkeit ihrer Handlungen ebensowenig erkannten wie einen dem Land Brandenburg hieraus etwa entstandenen Schaden. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist die Beweiswürdigung weder widersprüchlich noch lückenhaft. Das Landgericht hat sowohl die Besprechung mit dem Leiter des Spiegelreferats im Finanzministerium als auch diejenige mit dem Haushaltsbeauftragten D umfassend gewürdigt. Wenn es dabei der letzten Aussage D s, die Auskehrung der Haushaltsmittel 1993 sei in der gewählten Form rechtlich vertretbar, entscheidendes Gewicht beigemessen hat, ist dies eine zulässige Wertung, die aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist. Die Angriffe der Revision hiergegen erschöpfen sich in dem unzulässigen Versuch, eine eigene Würdigung an die Stelle derjenigen des Tatrichters zu setzen.
3. Die Revision der Staatsanwaltschaft dringt auch hinsichtlich des Komplexes „Unterbliebene Rückforderung“ nicht durch.
Ob der Angeklagte A aufgrund der letztlich betragsmäßig zu niedrigen Rückforderung überhaupt pflichtwidrig gehandelt hat, läßt der Senat offen. Inwieweit hier ein Vertrauensschutz der Einrichtungen, möglicherweise
auch ihrer Mitarbeiter und der dort betreuten Patienten bei der Frage der Rückforderung auf Tatbestands- oder Rechtsfolgenebene aus Rechtsgründen in den Entscheidungsprozeß hätte einbezogen werden können, bedarf keiner Entscheidung. Der Angeklagte A hat nämlich – wie das Landgericht rechtsfehlerfrei ausgeführt hat – nicht vorsätzlich gehandelt. Der weite Rahmen des objektiven Tatbestands der Untreue macht es erforderlich, strenge Anforderungen an den Nachweis der inneren Tatseite zu stellen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Täter nicht eigennützig gehandelt hat. Zum Vorsatz gehört dabei, daß sich der Täter auch der Pflichtwidrigkeit seiner Handlung bewußt ist (BGHR StGB § 266 Abs. 1 – Vorsatz 1, 2; kritisch hierzu Schünemann in LK 11. Aufl. § 266 Rdn. 151). Anhand dieser Grundsätze hat sich das Landgericht bei dem Angeklagten A nicht von einem die Pflichtwidrigkeit umfassenden Vorsatz zu überzeugen vermocht. Es ist dabei der Einlassung des Angeklagten im wesentlichen gefolgt und hat ihm geglaubt, daß er über die im einzelnen ausgereichten Beträge keine konkrete Kenntnis gehabt habe.
Die Beweiswürdigung ist nicht lückenhaft, weil das Landgericht – entgegen der Behauptung der Beschwerdeführerin – den Briefwechsel mit dem Finanzministerium ausdrücklich in seine Bewertung einbezogen, ihm lediglich ein geringeres Gewicht beigemessen hat. Das Landgericht mußte aus dem Schreiben des Finanzministeriums nicht zwingend auf das Bewußtsein der Pflichtwidrigkeit schließen. Hiergegen sprach neben den umfänglichen sozialen Abwägungsgesichtspunkten auch der Umstand, daß der Angeklagte A zwar als Staatssekretär verwaltungserfahren war, als ausgebildeter Soziologe und Psychologe sich aber ersichtlich wesentlich – vor allem im Hinblick auf die betragsmäßige Abwicklung – auf den Haushaltsbeauftragten des Ministeriums, D , stützte. Deshalb mußte sich – entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin – der Angeklagte A auch nicht zwangsläufig mit § 37 LHO oder einzelnen Verwaltungsvorschriften befaßt haben, so daß ein Erörterungsmangel des angefochtenen Urteils insoweit ausscheidet.
4. Die Revisionen der Staatsanwaltschaft bleiben schließlich auch hinsichtlich des Tatkomplexes „Gesundheitshaus Ringenwalde“ im Ergebnis ohne Erfolg. Eine Verurteilung scheidet schon aus objektiven Gründen aus.

a) Die Erwägungen, mit denen das Landgericht hier den Nachteil im Sinne des § 266 StGB in objektiver Hinsicht bejaht hat, sind rechtsfehlerhaft. Wie sich aus den Ausführungen oben zu II. 2. b) ergibt, kann ein Vermögensnachteil nicht mit dem Gesichtspunkt begründet werden, daß eine Verwendung der im Haushaltsplan für 1994 vorgesehenen Gelder für das Jahr 1995 betrachtet, eine nutzlose Aufwendung betrifft. Zwar war auch hier die Ausreichung der Mittel noch im Jahre 1994 nach § 34 Abs. 2 Satz 1 LHO rechtswidrig, weil Leistungen allenfalls in geringem Umfang fällig waren und deshalb jedenfalls nicht sämtliche Fördergelder hätten gezahlt werden dürfen. Insoweit ist jedoch keine Vermögensminderung entstanden. Die Gelder sind nach den Feststellungen des Landgerichts sämtlich für das projektierte Bauvorhaben verwendet worden. Insoweit steht den Zuwendungen auch eine vermögensmäßig gleichwertige Leistung gegenüber. Anhaltspunkte, daß das Vorhaben durch seine bloß zeitliche Verschiebung zweckwidrig geworden sein könnte, sind nicht ersichtlich.
Als Besonderheit kommt hinzu, daß die Mittelbereitstellung für ein Bauvorhaben nach § 13 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 lit. a) LHO eine Ausgabe für eine Investition darstellt. Als solche ist sie nach § 19 Abs. 1 Satz 1 LHO übertragbar (vgl. hierzu Dommach in Heuer, Kommentar zum Haushaltsrecht 2000 § 19 BHO Rdn. 1f.). Deshalb können auch – ohne nochmalige Befassung des Haushaltsgesetzgebers – Ausgabenreste nach § 45 Abs. 2 LHO gebildet werden, die eine Inanspruchnahme der Mittel auch für das Folgejahr erlauben. Zwar ist der nach § 45 Abs. 3 LHO vorgesehene Verfahrensgang hier nicht eingehalten worden. Die von der Landeshaushaltsordnung in § 19 Abs. 1 vorgesehene (automatische) Übertragbarkeit belegt aber, daß der Gesetzgeber grundsätzlich bei Bauvorhaben eine strenge Bindung an den
Ablauf des Haushaltsjahres nicht herstellen will und damit spätere Leistungen auf ein Bauvorhaben auch nicht als nutzlos erachtet.

b) Letztlich kommt es deshalb nicht mehr darauf an, ob die Angeklagten B und S – wie das Landgericht angenommen hat – keine Kenntnis von der nicht mehr zeitgerechten Herstellbarkeit des Bauwerks hatten. Auch insoweit ist allerdings die Beweiswürdigung des Landgerichts rechtsfehlerfrei, weil es nicht feststellen konnte, daß die Angeklagten Kenntnis von dem abweichenden Bauzeitenplan des Architekten L hatten. Selbst wenn die Zeugin Dr aufgrund der vorliegenden Unterlagen erkannt haben mag, daß eine fristgerechte Realisierung der Sanierungs - und Umbaumaßnahmen nicht mehr möglich war, läßt dies nicht den Schluß zu, auch die Angeklagten hätten ein entsprechendes Wissen gehabt. Da zudem die Angeklagten meinten, den Maßnahmezeitraum – haushaltsrechtlich zulässig – gegebenenfalls bis Ende Juni 1995 verlängern zu können, konnte das Landgericht ohne Rechtsverstoß davon ausgehen, daß auch der subjektive Tatbestand nicht erfüllt ist.
5. Auch im übrigen hat die umfassende Sachprüfung des Senats hinsichtlich weiterer Tatvorwürfe, bei denen die Freisprüche der Angeklagten S und B nur mit der insoweit nicht näher ausgeführten Sachrüge angegriffen werden, keine Rechtsfehler ergeben.
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