Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
5 StR 649/18
vom
18. Juli 2019
in der Strafsache
gegen
wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt
ECLI:DE:BGH:2019:180719U5STR649.18.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 18. Juli 2019, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Mutzbauer,
die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. König, Dr. Berger, Prof. Dr. Mosbacher, Köhler
als beisitzende Richter,
Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter des Generalbundesanwalts,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin,
Amtsinspektorin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 10. Juli 2018 wird verworfen.
Die Staatskasse hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
- Von Rechts wegen -

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagte aus tatsächlichen Gründen von dem Vorwurf freigesprochen, durch 135 selbstständige Handlungen als Arbeitgeberin den zuständigen Einzugsstellen Beiträge von Arbeitnehmern zur Sozialversicherung vorenthalten zu haben, sie pflichtwidrig über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen und ihnen dadurch vom Arbeitgeber zu tragende Beiträge zur Sozialversicherung vorenthalten zu haben. Der Angeklagten war mit der Anklage zur Last gelegt worden, als Betreiberin eines Kurierunternehmens in der Zeit von Mai 2009 bis Dezember 2012 sechs bei ihr als Arbeitnehmer beschäftigte Fahrer nicht bei den zuständigen Sozialversicherungsträgern angemeldet zu haben, wodurch diesen ein Gesamtschaden von 173.915,78 Euro entstanden sei. Gegen das Urteil richtet sich die mit einer Verfahrensrüge und der ausgeführten Sachrüge begründete Revision der Staatsanwaltschaft, die ohne Erfolg bleibt.

I.

2
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
3
1. Die Angeklagte führte im Anklagezeitraum ein Einzelunternehmen für Transporte. Sie war Vertragspartnerin des Logistikunternehmens (im Folgenden: ) und hatte sich diesem gegenüber zu einer Zustellung von Paketen und Katalogen in bestimmten Gebieten verpflichtet. Hierzu hatte sie eine Lagerhalle angemietet, an der von werktäglich bis zu 900 Pakete angeliefert wurden, die noch am selben Tage ausgeliefert werden mussten. Um dieser Pflicht nachkommen zu können, hatte sie nach ihrem eigenen Vertragsabschluss mit gezielt unter anderem über Zeitungsinserate ausdrücklich nach selbständig tätigen Kurierfahrern gesucht. Mit allen „Auftragnehmern“ (AN) schloss sie als „Auftraggeberin“ (AG) gleichlautende schriftliche Verträge ab, die unter anderem Folgendes regelten: „2. Durchführung der Zustellung: Der AN übt die Tätigkeit selb- ständig aus. Er handelt im eigenen Namen und auf eigene Rechnung. Für seine Tätigkeit setzt er ausschließlich eigene Betriebsmittel ein. Diese sind insbesondere ein eigener PKW sowie eigene Räumlichkeiten zum Sendungsumschlag. Ein Anstellungsverhältnis zum AG besteht nicht, insbesondere wird keine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit begründet. Der AN ist für die ordnungsgemäße Durchführung der Aufgaben selbst verantwortlich. Im Falle seiner Verhinderung hat er selbst für eine entsprechende Vertretung zu sorgen. Kann keine Vertretung gestellt werden bzw. wird eine Vertretung durch den AG ge- stellt, kann dieser eine Aufwandsentschädigung von 0,25 € pro angefallene Sendung während des Ausfallzeitraums vom AN verlangen. Alleiniger Ansprechpartner für den AN für sämtliche sich ergebene Fragen ist der AG. Alleiniger Ansprechpartner für AG ist der AN selbst. 3. Vergütung: Für die gemäß den Bestimmungen des Vertrages durchgeführten Leistungen gilt die mündlich festgelegte Vergütung. Mit der Vergütung sind sämtliche Aufwendungen des AN abgegolten. Insbesondere beinhaltet die Vergütung vergebliche Kundenanfahrten. (…) Für die Versteuerung des Monatsentgeltes und für Versicherungen jeglicher Art hat der AN selbst zu sorgen. 4. Haftung: Der AN haftet für gänzlichen oder teilweisen Verlust sowie Beschädigungen von Sendungen, die er bzw. seine Mitarbeiter im Zusammenhang mit diesem Vertrag verursachen, sofern der Schaden nicht bereits nachweislich vor dem Zeitpunkt der Übergabe der Sendungen durch den AG eingetreten ist. (…) 5. Vertragsdauer: Dieser Vertrag tritt mit Unterschrift durch beide Vertragspartner in Kraft und wird auf unbestimmte Zeit geschlossen. Danach kann der Vertrag unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von [14 Tagen bis 3 Monate] schriftlich von beiden Vertragspartnern gekündigt werden. Bei Kündigung durch den AN muss Ersatz gestellt werden. (…) 6. Konkurrenzklausel: Der AN ist frei, selbständig am Markt weitere Beförderungsleistungen anzubieten und zu erbringen, soweit dies die Erfüllung dieses Vertrages nicht beeinträchtigt. Jegliche Erkennungszeichen des AG's sind ausschließlich während der für den AG durchgeführten Leistungen zu verwenden. (…)“
4
Das Zustellgebiet des einzelnen Auftragnehmers wurde zwischen ihm und der Angeklagten individuell vereinbart, wobei die jeweiligen Auftragnehmer überwiegend eine entsprechende Präferenz für ein bestimmtes Zustellgebiet hatten; es kam zu keiner einseitigen Zuweisung eines anderen Zustellgebiets durch die Angeklagte.
5
Nach den regelmäßigen Arbeitsabläufen nahm die Angeklagte die von angelieferten Pakete morgens bis etwa 8:30 Uhr in ihrer Lagerhalle zusammen mit unselbständig Beschäftigten entgegen und verteilte sie auf verschiedene Boxen, die den Auslieferungsgebieten der Auftragnehmer entsprachen. Diese entnahmen die Pakete aus den jeweiligen Boxen, ohne dass noch Absprachen mit der Angeklagten oder Weisungen durch sie erfolgten. Für den jederzeitigen Zugang hatten sie jeweils einen Schlüssel zur Halle. Den Zeitpunkt der Entnahme konnten die Auftragnehmer, die für ihre Tätigkeit jeweils eigene Fahrzeuge nutzten, frei wählen. Sie erschienen regelmäßig bis etwa 11:00 Uhr zur Abholung der Pakete und lieferten diese anschließend aus. Dabei konnten sie ihre Touren innerhalb ihres Zustellbezirks frei bestimmen. Sie benötigten in der Regel zwischen drei und sechs Stunden für die gesamte Auslieferung , die sie nach ihrer vertraglichen Verpflichtung bis spätestens 20:00 Uhr durchzuführen hatten. Während der Paketauslieferung trugen sie eine mit einem Logo von versehene Jacke und verwendeten zur Erfassung und Verwaltung der Lieferungen sowie zur Dokumentation der Unterschriften der Paketempfänger einen von zur Verfügung gestellten Handscanner, der täglich per Funk in der Lagerhalle der Angeklagten mit dem dortigen Computersystem synchronisiert wurde.
6
Den bei ihrer Tätigkeit nicht kontrollierten Kurierfahrern machte die Angeklagte für die konkrete Auslieferung weder bestimmte Vorgaben, noch erteilte sie ihnen diesbezüglich Weisungen. Ohne dass hierzu vertragliche Regelungen getroffen wurden, händigte sie ihnen mit der Bitte um Berücksichtigung ein Handbuch von aus, das aus Sicht der Auftragnehmer Selbstverständlichkeiten wie die Gestaltung des Kundenkontakts beinhaltete. Für die Auftragnehmer bestand die Möglichkeit, die Auslieferung der Pakete an eigene Subunternehmer zu delegieren.
7
Die Vergütung der Leistungen der Auftragnehmer erfolgte vertragsgemäß jeweils monatlich nach Rechnungslegung anhand der Anzahl der jeweils ausgelieferten Pakete und Kataloge. Die verhandelbare Vergütung, die pro Paket gezahlt wurde, war – ebenso wie die Kündigungsfrist, die im Bereich von 14 Tagen bis zu drei Monaten variierte – mit den einzelnen Auftragnehmern individuell vereinbart und dementsprechend unterschiedlich. Zur eigenen zeitnahen Kostenkontrolle und zur Vermeidung von wiederholten Abrechnungsprüfungen berechnete die Angeklagte monatlich die den Auftragnehmern geschuldeten Beträge selbst und stellte ihnen zur einfacheren Rechnungslegung entsprechend vorbereitete Vordrucke zur Verfügung. Soweit sie nicht von der Kleinunternehmerregelung des § 19 UStG Gebrauch machten, führten die Auftragneh- mer in den Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer an das Finanzamt ab. Auch erstellten sie die im Rahmen der Einkommensteuererklärung erforderliche Einnahme-Überschuss-Rechnung und zahlten die anfallende Einkommensteuer.
8
Alle Auftragnehmer sahen sich als selbständig an und waren – mit einer Ausnahme – bereits vor Beginn ihrer für die Angeklagte ausgeübten Tätigkeit als Selbstständige mit einer entsprechenden Gewerbeanmeldung aufgetreten. So führte von den sechs Auftragnehmern, welche die Anklage als Arbeitnehmer eingestuft hat, der privat kranken- und rentenversicherte Zeuge B. schon seit 2009 mit einem monatlichen Umsatz von etwa 1.200 Euro Kurierfahrten für medizinische Labore durch, bevor er ab März 2011 daneben auch für die Angeklagte Auslieferungen von täglich bis zu 80 Paketen bei einem Zeitaufwand von bis zu vier Stunden erbrachte. Der Zeuge R. hatte, bevor er seit Ende 2009 für die Angeklagte täglich durchschnittlich etwa 100 Pakete auslieferte, bereits im Jahr 2007 ein Gewerbe unter anderem für Kleintransporte angemeldet ; er hatte für die Anschaffung seines Transporters einen Bankkredit von über 21.000 Euro aufgenommen und zu seiner eigenen Entlastung vorübergehend auch zwei Arbeitnehmer auf geringfügiger Basis eingestellt. Der Zeuge Sc. , der seit März 2010 für die Angeklagte täglich bis zu 120 Pakete ausfuhr, war zuvor mit einem von ihm auch beworbenen Gewerbe unter anderem als Kleintransporteur selbständig tätig. Der Zeuge Z. erbrachte schon vor der Übernahme von Aufträgen der Angeklagten Anfang 2010 zehn Jahre lang gewerblich Dienstleistungen; bevor er sich schließlich auf die Tätigkeit für die Angeklagte konzentrierte und für sie täglich 120 bis 160 Pakete in der Zeit von 9 bis 18 Uhr auslieferte, führte er anfänglich auch Aufträge für andere Auftraggeber aus. Auch der zuvor schon mit einem angemeldeten Gewerbe am Markt tätige und privat kranken- sowie rentenversicherte Zeuge Br. nahm nach Beginn seiner Paketauslieferungen für die Angeklagte im Dezember 2009 weiterhin Transportaufträge für andere Auftraggeber an. Lediglich der Zeuge Sa. meldete ein Gewerbe erst mit Beginn seiner Tätigkeit für die Angeklagte an; er hatte bereits zuvor mit seinem Transporter im Nebenerwerb ein Transportgeschäft betrieben.
9
2. Nach Auffassung der Wirtschaftsstrafkammer war die Angeklagte keine Arbeitgeberin, zu der die als Auslieferer tätigen Zeugen B. , R. , Sc. , Z. , Br. und Sa. in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB IV standen. Bei einer Gesamtschau der maßgeblichen Abgrenzungskriterien hat sie die Indizien für die Selbstständigkeit der Kurierfahrer als überwiegend angesehen.
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Gegen eine Stellung der Zeugen als Arbeitnehmer habe insbesondere gesprochen, dass die Integration in den Geschäftsablauf des Betriebes der Angeklagten denkbar gering gewesen sei. Die Pakete seien in Boxen vorsortiert gewesen und hätten von den Zeugen zu einer frei wählbaren Zeit dort abgeholt werden können. Konkrete Weisungen habe ihnen die Angeklagte nicht erteilt. Auch hätten die Zeugen keine höchstpersönliche Erbringung der Fahrten geschuldet , sondern es sei eine Delegation der Arbeit an eigene Arbeitnehmer oder auch Subunternehmer möglich gewesen. Es seien keine festen Arbeitszeiten vorgegeben worden. Die geschuldete Leistung sei primär auf die Erbringung eines Erfolgs gerichtet gewesen und habe Werkleistungscharakter gehabt. Das Erfolgsrisiko sei von den Zeugen zu tragen gewesen; dementsprechend sei auch die Vergütung ausschließlich erfolgsabhängig gewesen und habe teilweise erheblich geschwankt. Zudem habe das Verlust-, Beschädigungs- und Rechtzeitigkeitsrisiko primär beim Auftragnehmer gelegen. Die Notwendigkeit von Auslieferungen bis zu einer bestimmten Uhrzeit sei für Transportdienstleistungen typisch und daher kein geeignetes Indiz für eine nichtselbständige Tätigkeit der Zeugen. Auch seien die Kurierfahrten der Zeugen keine Vollzeittätigkeit , so dass noch Zeit für andere Aufträge und freie Zeitgestaltung geblieben sei. Gerade dieser Umstand sei für die Zeugen das wesentliche Motiv für die hier in Rede stehende Kuriertätigkeit gewesen, bei der sie sich selbst als Selbstständige angesehen hätten mit allen daraus folgenden Vor- und Nachteilen. Teilweise seien sie für andere Auftraggeber gefahren. So hätten sie die Einkommensteuer, gegebenenfalls Umsatzsteuer sowie die Beiträge zur Kranken - und Rentenversicherung selbst gezahlt und weder einen Verdienst im Krankheitsfall noch einen Urlaubsanspruch gehabt. Sowohl die Vergütung als auch das Auslieferungsgebiet seien ausgehandelt worden; insbesondere habe die Angeklagte – etwa bei Ausfall eines Fahrers – keinem Auftragnehmer ein anderes oder zusätzliches Auslieferungsgebiet zuweisen können. Im Vergleich zu weiteren von ihr eingesetzten Kurierfahrern, die auch die Deutsche Rentenversicherung als selbstständige Subunternehmer bewertet habe, seien deren Arbeitsablauf und vertragliche Regelungen nicht von denen der hier in Frage stehenden Auftragnehmer abgewichen.

II.

11
Die Revision der Staatsanwaltschaft, die vom Generalbundesanwalt hinsichtlich der Sachrüge vertreten worden ist, bleibt ohne Erfolg.
12
1. Die Rüge einer Verletzung der Aufklärungspflicht (§ 244 Abs. 2 StPO), mit der die Staatsanwaltschaft beanstandet, dass das Landgericht den Inhalt des Handbuches von nicht festgestellt habe, ist nicht in der gehörigen Form erhoben und damit unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Eine zulässig erhobene Aufklärungsrüge setzt unter anderem voraus, dass der Revisionsführer eine bestimmte Beweistatsache und die Umstände angibt, aufgrund derer sich das Tatgericht zu der vermissten Beweiserhebung hätte gedrängt sehen müssen (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 15. September 1998 – 5 StR 145/98, NStZ 1999, 45; Beschlüsse vom 18. August 1993 – 3 StR 469/93, BGHR StPO, § 344 Abs. 2 Satz 2 Aufklärungsrüge 7; vom 1. Juli 2010 – 1 StR 259/10, NStZRR 2010, 316; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 62. Aufl., § 244 Rn. 102 mwN). Der Revisionsbegründung ist keine dieser Voraussetzungen zu entnehmen: Die Beschwerdeführerin bezeichnet weder eine bestimmte Tatsache (RB S. 21: „… inwieweit die Arbeitsabläufe der Zeugen dort be- und festgeschrieben sind“) noch legt sie Umstände dar, warum sich die Wirtschaftsstrafkammer zu einer Beweiserhebung über den Inhalt des Handbuches hätte gedrängt sehen müssen , der nach den Feststellungen nicht Vertragsbestandteil geworden ist und bei Durchführung der Kurierfahrten keine Rolle gespielt hat (UA S. 9, 20 f.). Auch das Handbuch selbst legt sie nicht vor.
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2. Der angefochtene Freispruch hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung stand.
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a) Gegen die den Feststellungen zum objektiven Geschehen zugrundeliegende Beweiswürdigung des Landgerichts bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
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Die Beweiswürdigung ist dem Tatgericht vorbehalten (§ 261 StPO) und vom Revisionsgericht grundsätzlich hinzunehmen. Dessen Beurteilung unterliegt nur, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist. Derartige Fehler zeigt die Beschwerdeführerin mit ihren Einwänden nicht auf, die in erster Linie auf die rechtliche Bewertung der Tätigkeit der Kurierfahrer durch das Landgericht aufgrund der hierzu festgestellten Indiztatsachen abzielen und deren Gewichtung bemängeln.
16
Zwar sind die Ausführungen des Landgerichts zur Beweiswürdigung denkbar knapp (UA S. 18 f.). Ihnen ist jedoch noch hinreichend deutlich zu entnehmen , dass die Angeklagte und die sieben als Zeugen gehörten Auftragnehmer den Feststellungen entsprechende, miteinander in Einklang stehende Angaben gemacht haben, aus denen sich ein „einheitliches Bild vom Geschehen“ ergeben hat. Angesichts der Plausibilität der von der Angeklagten eingeräumten objektiven Geschehensabläufe ist die Würdigung des Landgerichts, deren Einlassung und die sie bestätigenden Aussagen der Zeugen seien glaubhaft ge- wesen, insoweit nachvollziehbar. Es begründet hier daher – jedenfalls zum äußeren Tatgeschehen – ausnahmsweise auch noch keinen durchgreifenden Darstellungsmangel, dass das Landgericht die Einlassung der Angeklagten nicht einmal in ihren wesentlichen Grundzügen zusammenhängend wiedergegeben hat, wie es für eine Nachprüfung der Beweiswürdigung durch das Revisionsgericht grundsätzlich erforderlich ist (st. Rspr., vgl. BGH, Urteile vom 17. Mai 1990 – 4 StR 208/90, BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 4; vom 10. August 1994 – 3 StR 705/93, BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 10, und vom 30. September 2010 – 4 StR 150/10; Beschluss vom 30. Dezember 2014 – 2 StR 403/14, BGHR StPO § 267 Abs. 1 Satz 2 Einlassung 2 mwN).
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Auch mit der Beanstandung des Generalbundesanwalts, die Aussagen der Kurierfahrer zum Wortlaut des „Handbuches von “ hätten näher erör- tert werden müssen, ist kein Rechtsfehler in der Darstellung der Beweiswürdigung dargetan. Denn das Landgericht hat in den Gründen ausgeführt, dass sich die Zeugen an den konkreten Inhalt gerade nicht mehr hätten erinnern können (UA S. 21), so dass es insoweit einer näheren Erörterung dieser Aussagen auch nicht bedurfte.
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b) Ohne Rechtsfehler ist das Landgericht auch zu der Bewertung gelangt , dass es sich bei der Angeklagten nicht um eine Arbeitgeberin der sechs von der Anklage erfassten Kurierfahrer im Sinne von § 266a StGB handelte und diese als selbständige Subunternehmer nicht der Sozialversicherungspflicht unterlagen.
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aa) Ob eine Person Arbeitgeber ist, richtet sich nach dem Sozialversicherungsrecht , das weitgehend auf das Dienstvertragsrecht der §§ 611 ff. BGB abstellt. Arbeitgeber ist danach derjenige, dem der Arbeitnehmer nichtselbständige Dienste gegen Entgelt leistet und zu dem er in einem Verhältnis persönlicher Abhängigkeit steht. Dieses drückt sich vor allem durch die Eingliederung des Arbeitnehmers in den Betrieb des Arbeitgebers und durch dessen Direktionsrecht aus, das Zeit, Dauer, Ort und Ausführung der Dienstleistung umfasst (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV; vgl. grundlegend BSGE 34, 111, 113 mwN). Demgegenüber ist entsprechend der allgemeinen gesetzgeberischen Wertung, die § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB über ihren unmittelbaren Anwendungsbereich hinaus enthält (vgl. BAGE 87, 129, 135; BAG, Beschluss vom 25. Juni 1996 – 1 ABR 6/96, juris Rn. 34 mwN), selbständig, wer im wesentlichen seine Tätigkeit frei gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann.
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Entscheidend sind für die Abgrenzung von unselbständiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit – ausgehend vom Vertragsverhältnis der Beteiligten (vgl. BSGE 111, 257, 260; 120, 99, 104; BAG, Urteil vom 13. März 2008 – 2 AZR 1037/06, NZA 2008, 878, 879 mwN; BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2018 – 5 StR 275/18, NStZ-RR 2019, 151 f. mwN) – die tatsächli- chen Gegebenheiten ihrer „gelebten Beziehung“. Diese sind einer wertenden Gesamtbetrachtung zu unterziehen. Ob jemand bei Tätigkeiten, die sowohl in abhängiger Beschäftigung als auch im Rahmen einer Selbständigkeit ausgeübt werden können, abhängig beschäftigt oder selbständig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (st. Rspr.; vgl. BSGE 119, 216, 218; 123, 50, 54; BGH, Beschlüsse vom 5. Juni 2013 – 1 StR 626/12, NStZ-RR 2013, 278; vom 4. September 2013 – 1 StR 94/13, BGHR StGB § 266a Arbeitgeber 4; vom 24. Juni 2015 – 1 StR 76/15, BGHR StGB § 266a Arbeitgeber 5, und vom 13. Dezember 2018 – 5 StR 275/18, aaO).
21
Auch Transportfahrer können jedenfalls dann sozialversicherungsrechtlich als abhängig Beschäftigte einzuordnen sein, wenn sich die Rechtsbeziehungen der Vertragsparteien nicht auf die jeden Frachtführer treffenden gesetzlichen Bindungen beschränken, sondern wenn Vereinbarungen getroffen und praktiziert werden, welche die Tätigkeit engeren Bindungen unterwerfen (vgl. zu diesem Maßstab im Anschluss an BAGE 87, 129, 137; 90, 36, 48; 98, 146, 149, auch BSG, Urteile vom 19. August 2003 – B 2 U 38/02 R, juris Rn. 30 ff., und vom 11. März 2009 – B 12 KR 21/07 R, juris Rn. 16; siehe zur Abgrenzung von unselbständiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit bei Transportfahrern ferner LSG Bayern, Urteil vom 3. Mai 2018 – L 16 R 5144/16, juris Rn. 30 ff.; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 7. Dezember 2016 – L 8 R 862/15, juris Rn. 98 ff.; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15. Juli 2015 – L 6 R 23/14, juris Rn. 104 ff.; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 29. Juni 2018 – L 1 KR 490/15, juris Rn. 22 ff.; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24. Januar 2017 – L 11 KR 1554/16, juris Rn. 58 ff.; LAG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 13. Juli 2015 – 3 Ta 6/15, juris Rn. 13 ff.). Die Vorgabe eines festen Zeitschemas und die damit einhergehende stärkere Einbindung in die betrieblichen Abläufe der Auftraggeberin kann ein gewichtiges Indiz für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung sein, insbesondere dann, wenn rechtlich oder faktisch keine realistischen Möglichkeiten bestanden haben sollten, noch anderweitig unternehmerisch tätig zu sein (vgl. BSG, Urteile vom 22. Juni 2005 – B 12 KR 28/03 R, juris Rn. 25, und vom 11. März 2009 – B 12 KR 21/07 R, aaO).
22
bb) Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat die Wirtschaftsstrafkammer ein Bestehen sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse zwischen der Angeklagten und den Fahrern im Ergebnis rechtsfehlerfrei verneint. Sie hat die betrieblichen Abläufe im Einzelnen festgestellt und neben dem Fehlen konkreter Weisungen der Angeklagten zur Durchführung der Transporte eine Reihe von Kriterien berücksichtigt und zutreffend gewichtet, die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbständigkeit anerkannt sind.
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(1) Sie hat richtigerweise zuvörderst in ihre Gesamtbetrachtung als Indiz für eine selbständige Tätigkeit der Fahrer eingestellt, dass ihnen innerhalb des vorgegebenen weiten Zeitrahmens, die Pakete bis 20 Uhr am Tag der Übernahme zuzustellen, keine festen Arbeitszeiten vorgeschrieben waren und sie ohne Zuweisung einer festen Tour die Reihenfolge der Auslieferung innerhalb des ihnen zugeteilten Zustellbezirks selbst bestimmen konnten (vgl. BAGE 87, 129, 141; 90, 36, 51; BGH, Urteil vom 16. April 2014 – 1 StR 516/13, NJW 2014, 1975, 1976). Aufgrund dieser Gestaltungmöglichkeit ihrer Arbeit bestand auch faktisch die ihnen vertraglich mit der „Konkurrenzklausel“ ausdrücklich eingeräumte Chance, noch anderweitig unternehmerisch tätig zu sein und selbständig am Markt weitere Beförderungsleistungen anzubieten und zu erbringen – was eine für ein Arbeitsverhältnis eher untypische Regelung darstellt (vgl. BAG, Urteil vom 13. März 2008 – 2 AZR 1037/06, aaO, S. 880; siehe zur Indizwirkung einer Tätigkeit für mehrere Auftraggeber auch BAGE 87, 129, 140; 90, 36, 51 f.; BSG, Urteil vom 11. März 2009 – B 12 KR 21/07 R, juris Rn. 16; einschränkend BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2018 – 5 StR 275/18 aaO). Diese Möglichkeit hat mit den Zeugen B. (UA S. 15 f.) und Br. (UA S. 17) sowie anfänglich mit dem Zeugen Z. (UA S. 16) auch ein Teil der Auftragnehmer wahrgenommen. Soweit sie – etwa wegen der Arbeitsbelastung, die mit der Größe des vertraglich übernommenen Zustellbezirks verbunden war – nichtgenutzt wurde, beruhte dies jedenfalls nicht auf Weisungen der Angeklagten.
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(2) Im Hinblick auf die Arbeitszeitgestaltung der Fahrer begründete der Umstand, dass diese verpflichtet waren, bei den Zustellungen der vom Depot der Angeklagten abzuholenden Pakete als (einzige) Terminvorgabe die Auslieferung innerhalb eines Tages einzuhalten, noch keinen aussagekräftigen Hinweis auf ein Arbeitsverhältnis. Darin liegt vielmehr eine bei vielen „freien” Auftragsverhältnissen anzutreffende Abrede über den zeitlichen Rahmen (vgl. BSG, Urteil vom 27. November 1980 – 8a RU 26/80, juris Rn. 95; BAG, Urteil vom 13. März 2008 – 2 AZR 1037/06, aaO, S. 880 mwN), bei der, soweit sie bereits vertraglich konkretisiert ist, für ein Weisungsrecht des Auftraggebers kein Raum bleibt (vgl. LSG Bayern, Urteil vom 3. Mai 2018 – L 16 R 5144/16, juris Rn. 32 ff. mwN). Ohnehin können in Dienst- und Werkvertragsverhältnissen von dem Dienstberechtigten Termine für die Erledigung der Arbeit vorgegeben werden, ohne dass daraus eine zeitliche Weisungsabhängigkeit folgt, wie sie für ein Arbeitsverhältnis regelmäßig kennzeichnend ist (vgl. BAGE 87, 129, 139; BGH, Beschluss vom 13. Dezember 2018 – 5 StR 275/18, aaO). Dabei ist bei dem vorliegenden Vertragsverhältnis, das schon im Hinblick auf den vom Auftragnehmer geschuldeten Beförderungserfolg dem Frachtgeschäft ähnlich ist, unabhängig von einer Erlaubnis nach § 3 GüKG oder einer Lizenz nach Art. 3 der Verordnung EWG 881/92 auch das Leitbild des Frachtführergewerbes (§ 407 ff. HGB) in den Blick zu nehmen. In Bezug auf Zeitvorgaben gilt auch bei Frachtgeschäften, dass Frachtführer eine Lieferfrist einzuhalten haben (§ 423 HGB; vgl. BAGE 87, 129, 139).
25
In diesem Zusammenhang hält die Beschwerdeführerin es selbst für erforderlich zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber den Frachtführer gemäß §§ 407 ff. HGB als selbständigen Gewerbetreibenden und damit nicht als Arbeitnehmer eingeordnet hat, obwohl er im Vergleich zu anderen selbständigen Gewerbetreibenden schon von Gesetzes wegen weitreichenden Weisungsrechten unterliegt (§ 418 HGB, vgl. BAGE 87, 129, 137; 90, 36, 47; 98, 146, 149). Deshalb sieht auch die Beschwerdeführerin in der Dauerhaftigkeit, auf die der mit einer Kündigungsfrist versehene Rahmenvertrag angelegt ist, zu Recht keinen maßgeblichen Gesichtspunkt für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung und stimmt insofern mit der auf die Notwendigkeit einer Planungssicherheit abstellenden Wertung des Landgerichts überein.
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(3) Weiterhin hat die Wirtschaftsstrafkammer bei ihrer Gesamtwürdigung bedacht, dass die einzeln ausgehandelte Vergütung, die pro Paket gezahlt wurde , aufgrund der Bemessung nach der Anzahl der Pakete erfolgsabhängig war, monatlich variierte und die Fahrer mit ihren eigenen Fahrzeugen das wesentliche Betriebsmittel stellten, mit dem sie als Ausdruck ihres unternehmerischen Risikos die Transportfahrten durchzuführen und die Kosten für deren Nutzung selbst zu tragen hatten (vgl. BSG, Urteile vom 27. November 1980 – 8a RU 26/80, juris Rn. 94; vom 19. August 2003 – B 2 U 38/02 R, juris Rn. 26; vom 11. März 2009 – B 12 KR 21/07 R, juris Rn. 20; BGH, Urteil vom 16. April 2014 – 1 StR 516/13, aaO). Hinsichtlich des eigenen Unternehmerrisikos , das eine selbständige Tätigkeit eines Dienstverpflichteten maßgeblich kennzeichnet, hat sie zutreffend erkannt, dass das Erfolgsrisiko einer Erreichbarkeit des Zustellungsadressaten ebenso wie das Verlust- und Beschädigungsrisiko (§ 425 HGB) sowie das Rechtzeitigkeitsrisiko von den Fahrern zu tragen war.
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(4) Ferner hat die Wirtschaftsstrafkammer zu Recht darauf abgestellt, dass die Fahrer die Transporte nicht höchstpersönlich durchführen mussten, sondern im Fall ihrer Verhinderung für eine Vertretung zu sorgen und auch sonst vertraglich die Möglichkeit hatten, ihre Leistungen durch andere erbringen zu lassen (vgl. BAGE 87, 129, 138; 98, 146, 150; BAG, Urteil vom 13. März 2008 – 2 AZR 1037/06, aaO; BAG, Beschluss vom 25. Juni 1996 – 1 ABR 6/96, juris Rn. 30, 35; BSG, Urteile vom 27. November 1980 – 8a RU 26/80, juris Rn. 93; vom 11. März 2009 – B 12 KR 21/07 R, juris Rn. 17). Von dieser – aufgrund der freien Arbeitszeitgestaltung nicht nur theoretischen – Delegationsbefugnis hatte (neben dem von der Staatsanwaltschaft als selbstständiger Kurierfahrer eingestuften Zeugen M. , UA S. 4 f., 17, 22) von den von der Anklageschrift erfassten sechs Arbeitskräften auch der Zeuge R. Gebrauch gemacht.
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(5) Die Wirtschaftsstrafkammer hat in ihre Betrachtung aber auch gegenläufige Gesichtspunkte einbezogen. Hierzu zählen etwa das verpflichtende Tragen von Arbeitskleidung mit dem Firmenzeichen des Auftraggebers der Angeklagten während der Auslieferung (vgl. relativierend zu diesem Kriterium BAGE 90, 36, 47 f.) und die Erstellung der Rechnungen der Fahrer durch die Angeklagte. Soweit sie das Fehlen eigener Geschäftsräume der Kurierfahrer gewichtet hat, die ihre Tätigkeit allerdings außerhalb einer vorgeprägten, räumlich festgelegten betrieblichen Organisation ausübten (vgl. zur ähnlichen Gestal- tung bei Plakatierungstätigkeit BAG, Urteil vom 13. März 2008 – 2 AZR 1037/06, aaO S. 879), unterhielten die Fahrer andererseits aber auch bei der Angeklagten keinen eigenen Arbeitsplatz, sondern erledigten notwendige Büroarbeiten bei sich zu Hause (UA S. 15).
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Ohne die vom Landgericht vorgenommene Gewichtung dieser Aspekte bei der Abgrenzung von Beschäftigung und Selbständigkeit zu beanstanden, hält die Beschwerdeführerin in Orientierung am gesetzlichen Leitbild des (selbständigen ) Frachtführers die Paketauslieferer hier wegen der Art und Weise der Vertragsdurchführung für in einem noch stärkeren Maß an die Angeklagte gebunden , als dies für Frachtführer beim Frachtgeschäft nach den §§ 407 ff. HGB üblich und notwendig sei. Die von ihr herangezogenen Umstände für eine „überobligatorische Bindung“ der Zulieferer an die Angeklagte überzeugen in- des nicht:
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Dass die Kurierfahrer ihre Arbeitsorte nicht frei wählen konnten, sondern verpflichtet waren, die anfallenden Zustellungen in einem der Angeklagten von ihrem Auftraggeber zugewiesenen Zustellgebiet durchzuführen, ergab sich gerade nicht aus einer ihr vertraglich zugestandenen Verfügungsmacht über die Arbeitsleistung der Fahrer, sondern allein aus der Natur dieses Transportgeschäfts (ähnlich für die Tätigkeit eines Plakatierers BAG, Urteil vom 13. März 2008 – 2 AZR 1037/06, aaO). Innerhalb des von vorgegebenen Zustellgebiets konnten die Fahrer bei ihren Auslieferungen in ihrem Zustellbezirk , den sie mit der Angeklagten bereits vertraglich fest vereinbart hatten , ihre Tätigkeit ohne Bindung an Weisungen in räumlicher Hinsicht und auch sonst im Wesentlichen frei gestalten.
31
Die vertraglich vereinbarte – nach den Feststellungen allerdings ohnehin nicht gelebte (UA S. 20) – Verpflichtung der Fahrer, im Falle einer Verhinderung für Vertretung zu sorgen, steht nicht in Widerspruch zu den Befugnissen eines Frachtführers, der durch die Einschaltung eines „Vertreters“ (Unterfrachtführers) seiner Hauptpflicht aus dem Frachtvertrag (§ 407 Abs. 1 HGB) nachkommen kann. Eine Eingliederung eines Auftragnehmers in die Betriebsorganisation des Auftraggebers wäre demgegenüber gerade dann in Betracht zu ziehen, wenn die Vertretung in der Weise organisiert ist, dass – anders als hier – bei Ausfall nicht der Auftragnehmer für Ersatz zu sorgen hat, sondern der Arbeitgeber die Vertretung eigenen oder dritten Arbeitskräften überträgt (vgl. BAG, Beschluss vom 25. Juni 1996 – 1 ABR 6/96, juris Rn. 30).
32
Schließlich löst sich die Beschwerdeführerin von den Feststellungen des Landgerichts mit ihrer Annahme, der Vertrag sehe ausweislich der Regelung zu Ziffer 2 des Formulars grundsätzlich eine persönliche Leistungserbringung der Auftragnehmer vor und weise damit ein typisches Merkmal für ein Arbeitsverhältnis auf, da eine Delegation auf den Fall der eigenen Verhinderung begrenzt sei. Nach den Feststellungen war den Auftragnehmern eine Delegation ihrer Leistungspflicht an eigene Subunternehmer gestattet (UA S. 9). Diese Möglichkeit einer Auslieferung durch Dritte hat auch der Haftungsregelung in Ziffer 4 des Formulars zugrunde gelegen, der zufolge der Auftragnehmer auch für Verlust und Beschädigung von Sendungen haftet, die seine Mitarbeiter bei der Vertragsdurchführung verursachen.
33
Die auf Grundlage der festgestellten tatsächlichen Gegebenheiten von der Wirtschaftsstrafkammer vorgenommene Bewertung der sechs Kurierfahrer als selbständig Tätige, welche die Verneinung einer diesbezüglichen Arbeitgebereigenschaft der Angeklagten nach sich zieht, ist nach alledem nicht zu beanstanden. Mutzbauer König Berger Mosbacher Köhler

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Bundesgerichtshof Urteil, 18. Juli 2019 - 5 StR 649/18 zitiert 18 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Strafprozeßordnung - StPO | § 344 Revisionsbegründung


(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen. (2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer R

Strafprozeßordnung - StPO | § 244 Beweisaufnahme; Untersuchungsgrundsatz; Ablehnung von Beweisanträgen


(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme. (2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

Strafprozeßordnung - StPO | § 261 Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung


Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

Strafprozeßordnung - StPO | § 267 Urteilsgründe


(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 7 Beschäftigung


(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. (1a) Eine B

Strafgesetzbuch - StGB | § 266a Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt


(1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldst

Handelsgesetzbuch - HGB | § 425 Haftung für Güter- und Verspätungsschäden. Schadensteilung


(1) Der Frachtführer haftet für den Schaden, der durch Verlust oder Beschädigung des Gutes in der Zeit von der Übernahme zur Beförderung bis zur Ablieferung oder durch Überschreitung der Lieferfrist entsteht. (2) Hat bei der Entstehung des Schade

Handelsgesetzbuch - HGB | § 84


(1) Handelsvertreter ist, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer (Unternehmer) Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen. Selbständig ist, wer im wesentlichen frei seine Tätig

Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 19 Besteuerung der Kleinunternehmer


(1) Die für Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 geschuldete Umsatzsteuer wird von Unternehmern, die im Inland oder in den in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebieten ansässig sind, nicht erhoben, wenn der in Satz 2 bezeichnete Umsatz zuzüglich der darauf e

Handelsgesetzbuch - HGB | § 407 Frachtvertrag


(1) Durch den Frachtvertrag wird der Frachtführer verpflichtet, das Gut zum Bestimmungsort zu befördern und dort an den Empfänger abzuliefern. (2) Der Absender wird verpflichtet, die vereinbarte Fracht zu zahlen. (3) Die Vorschriften dieses U

Güterkraftverkehrsgesetz - GüKG 1998 | § 3 Erlaubnispflicht


(1) Der gewerbliche Güterkraftverkehr ist erlaubnispflichtig, soweit sich nicht aus dem unmittelbar geltenden europäischen Gemeinschaftsrecht etwas anderes ergibt. (2) Die Erlaubnis wird einem Unternehmer, dessen Unternehmen seinen Sitz im Inland

Handelsgesetzbuch - HGB | § 418 Nachträgliche Weisungen


(1) Der Absender ist berechtigt, über das Gut zu verfügen. Er kann insbesondere verlangen, daß der Frachtführer das Gut nicht weiterbefördert oder es an einem anderen Bestimmungsort, an einer anderen Ablieferungsstelle oder an einen anderen Empfänger

Handelsgesetzbuch - HGB | § 423 Lieferfrist


Der Frachtführer ist verpflichtet, das Gut innerhalb der vereinbarten Frist oder mangels Vereinbarung innerhalb der Frist abzuliefern, die einem sorgfältigen Frachtführer unter Berücksichtigung der Umstände vernünftigerweise zuzubilligen ist (Lieferf

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(1) Die für Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 geschuldete Umsatzsteuer wird von Unternehmern, die im Inland oder in den in § 1 Abs. 3 bezeichneten Gebieten ansässig sind, nicht erhoben, wenn der in Satz 2 bezeichnete Umsatz zuzüglich der darauf entfallenden Steuer im vorangegangenen Kalenderjahr 22 000 Euro nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50 000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen wird. Umsatz im Sinne des Satzes 1 ist der nach vereinnahmten Entgelten bemessene Gesamtumsatz, gekürzt um die darin enthaltenen Umsätze von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens. Satz 1 gilt nicht für die nach § 13a Abs. 1 Nr. 6, § 13b Absatz 5, § 14c Abs. 2 und § 25b Abs. 2 geschuldete Steuer. In den Fällen des Satzes 1 finden die Vorschriften über die Steuerbefreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen (§ 4 Nr. 1 Buchstabe b, § 6a), über den Verzicht auf Steuerbefreiungen (§ 9), über den gesonderten Ausweis der Steuer in einer Rechnung (§ 14 Abs. 4), über die Angabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummern in einer Rechnung (§ 14a Abs. 1, 3 und 7) und über den Vorsteuerabzug (§ 15) keine Anwendung.

(2) Der Unternehmer kann dem Finanzamt bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung (§ 18 Abs. 3 und 4) erklären, dass er auf die Anwendung des Absatzes 1 verzichtet. Nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung bindet die Erklärung den Unternehmer mindestens für fünf Kalenderjahre. Sie kann nur mit Wirkung von Beginn eines Kalenderjahres an widerrufen werden. Der Widerruf ist spätestens bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung des Kalenderjahres, für das er gelten soll, zu erklären.

(3) Gesamtumsatz ist die Summe der vom Unternehmer ausgeführten steuerbaren Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 abzüglich folgender Umsätze:

1.
der Umsätze, die nach § 4 Nr. 8 Buchstabe i, Nr. 9 Buchstabe b und Nummer 11 bis 29 steuerfrei sind;
2.
der Umsätze, die nach § 4 Nr. 8 Buchstabe a bis h, Nr. 9 Buchstabe a und Nr. 10 steuerfrei sind, wenn sie Hilfsumsätze sind.
Soweit der Unternehmer die Steuer nach vereinnahmten Entgelten berechnet (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a Satz 4 oder § 20), ist auch der Gesamtumsatz nach diesen Entgelten zu berechnen. Hat der Unternehmer seine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nur in einem Teil des Kalenderjahres ausgeübt, so ist der tatsächliche Gesamtumsatz in einen Jahresgesamtumsatz umzurechnen. Angefangene Kalendermonate sind bei der Umrechnung als volle Kalendermonate zu behandeln, es sei denn, dass die Umrechnung nach Tagen zu einem niedrigeren Jahresgesamtumsatz führt.

(4) Absatz 1 gilt nicht für die innergemeinschaftlichen Lieferungen neuer Fahrzeuge. § 15 Abs. 4a ist entsprechend anzuwenden.

(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

(1a) Eine Beschäftigung besteht auch in Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung von mehr als einem Monat, wenn

1.
während der Freistellung Arbeitsentgelt aus einem Wertguthaben nach § 7b fällig ist und
2.
das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die vorausgegangenen zwölf Kalendermonate abweicht, in denen Arbeitsentgelt bezogen wurde.
Satz 1 gilt entsprechend, wenn während einer bis zu dreimonatigen Freistellung Arbeitsentgelt aus einer Vereinbarung zur flexiblen Gestaltung der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder dem Ausgleich betrieblicher Produktions- und Arbeitszeitzyklen fällig ist. Beginnt ein Beschäftigungsverhältnis mit einer Zeit der Freistellung, gilt Satz 1 Nummer 2 mit der Maßgabe, dass das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die Zeit der Arbeitsleistung abweichen darf, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll. Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt besteht während der Zeit der Freistellung auch, wenn die Arbeitsleistung, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll, wegen einer im Zeitpunkt der Vereinbarung nicht vorhersehbaren vorzeitigen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr erbracht werden kann. Die Vertragsparteien können beim Abschluss der Vereinbarung nur für den Fall, dass Wertguthaben wegen der Beendigung der Beschäftigung auf Grund verminderter Erwerbsfähigkeit, des Erreichens einer Altersgrenze, zu der eine Rente wegen Alters beansprucht werden kann, oder des Todes des Beschäftigten nicht mehr für Zeiten einer Freistellung von der Arbeitsleistung verwendet werden können, einen anderen Verwendungszweck vereinbaren. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht für Beschäftigte, auf die Wertguthaben übertragen werden. Bis zum 31. Dezember 2024 werden Wertguthaben, die durch Arbeitsleistung im Beitrittsgebiet erzielt werden, getrennt erfasst; sind für die Beitrags- oder Leistungsberechnung im Beitrittsgebiet und im übrigen Bundesgebiet unterschiedliche Werte vorgeschrieben, sind die Werte maßgebend, die für den Teil des Inlandes gelten, in dem das Wertguthaben erzielt worden ist.

(1b) Die Möglichkeit eines Arbeitnehmers zur Vereinbarung flexibler Arbeitszeiten gilt nicht als eine die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber begründende Tatsache im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 1 des Kündigungsschutzgesetzes.

(2) Als Beschäftigung gilt auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung.

(3) Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gilt als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat. Eine Beschäftigung gilt auch als fortbestehend, wenn Arbeitsentgelt aus einem der Deutschen Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben bezogen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn Krankengeld, Krankentagegeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Pflegeunterstützungsgeld oder Mutterschaftsgeld oder nach gesetzlichen Vorschriften Erziehungsgeld oder Elterngeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen oder Wehrdienst oder Zivildienst geleistet wird. Satz 1 gilt auch nicht für die Freistellung nach § 3 des Pflegezeitgesetzes.

(4) Beschäftigt ein Arbeitgeber einen Ausländer ohne die nach § 284 Absatz 1 des Dritten Buches erforderliche Genehmigung oder ohne die nach § 4a Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit, wird vermutet, dass ein Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt für den Zeitraum von drei Monaten bestanden hat.

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.

(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.

(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.

(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
4 StR 150/10
vom
30. September 2010
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen zu 1.: Untreue u. a.
zu 2.: Betruges
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
30. September 2010, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Ernemann,
Richterin am Bundesgerichtshof
Solin-Stojanović,
Richter am Bundesgerichtshof
Cierniak,
Dr. Franke,
Bender
als beisitzende Richter,
Staatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
der Angeklagte Prof. Dr. F. in Person,
Rechtsanwältin
als Verteidigerin des Angeklagten Prof. Dr. F. ,
Rechtsanwalt
als Verteidiger des Angeklagten Dr. K. ,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts vom 17. Juli 2009 mit den Feststellungen aufgehoben,
a) soweit es den Angeklagten Prof. Dr. F. betrifft, hinsichtlich der Tatkomplexe IV. 1. b. aa. (Vertrag "TPW"), IV. 1. b. bb. (Vertrag "HybridSystem" ), IV. 1. b. cc. (Vertrag "Hybrid-System II"), IV. 1. c. (Vertrag "InnoCluster"), IV. 2. a. (Projekt "In2Math") und IV. 2. b. (Projekt "math-kit"),
b) soweit es den Angeklagten Dr. K. betrifft, hinsichtlich der Tatkomplexe IV. 2. a. (Projekt "In2Math") und IV. 2. b. (Projekt "math-kit").
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagten vom Vorwurf des Subventionsbetruges , den Angeklagten Prof. Dr. F. auch, soweit es um Förderpro- jekte zugunsten der Firma S. GmbH & Co. KG (S. KG) geht, vom Vorwurf der Untreue, sowie beide Angeklagte, soweit es um zwei Förderprojekte zugunsten der Universität geht, vom Vorwurf des Betruges freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihren auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revisionen – wie der Begründung der Rechtsmittel zu entnehmen ist (vgl. BGH, Urteil vom 10. September 2009 – 3 StR 293/09 und vom 12. April 1989 – 3 StR 453/88, BGHR StPO § 344 Abs. 1 Antrag 3) – allein gegen den Freispruch des Angeklagten Prof. Dr. F. vom Vorwurf der Untreue in den Tatkomplexen IV. 1. b. aa. (Vertrag "TPW"), IV. 1. b. bb. (Vertrag "Hybrid-System"), IV. 1. b. cc. (Vertrag "Hybrid -System II"), IV. 1. c. (Vertrag "InnoCluster") sowie gegen den Freispruch beider Angeklagter in den Komplexen IV. 2. a. (Projekt "In2Math") und IV. 2. b. (Projekt "math-kit") der Urteilsgründe. Die wirksam beschränkten – vom Generalbundesanwalt vertretenen – Rechtsmittel haben bereits mit der Sachrüge Erfolg, so dass es auf die Verfahrensbeschwerden der Staatsanwaltschaft nicht ankommt.

I.


2
1. Der Angeklagte Prof. Dr. F. war im Tatzeitraum Professor für Mathematik an der Universität . Seine Beschäftigung mit sogenannter Computeralgebra mündete im Jahre 1987 in der Gründung der– sodann von ihm geleiteten – M. -Forschungsgruppe ; seit Anfang der 1990er Jahre war diese ein Teil des Instituts , das "A. " genannt und vom Angeklagten sowie zwei weiteren Professoren geleitet wurde. In der M. -Forschungsgruppe waren weitere Wissenschaftler tätig, unter ihnen der Angeklagte Dr. K. . Mit Gesellschaftsvertrag vom 21. Februar 1997 gründete der Angeklagte Prof. Dr. F. die S. KG mit Sitz in und zwar als Ausgründung aus der Universität. Als alleiniger Kommanditist übernahm er eine Beteiligung von 100.000 DM. Komplementärin wurde die S. Verwaltungs GmbH, deren alleiniger Gesellschafter ebenfalls der Angeklagte Prof. Dr. F. war. Hintergrund für die Gründung der Kommanditgesellschaft war, dass die Entwicklungen der "M. - Forschungsgruppe" kommerziell verwertet und vermarktet werden sollten. Der Angeklagte Dr. K. übernahm ab dem 1. Oktober 1997 die Stellung als alleiniger Geschäftsführer der S. Verwaltungs GmbH.
3
Gegenstand der zugelassenen Anklage waren zum einen – soweit in der Revisionsinstanz noch von Interesse – zwei Förderprojekte des Landes Nordrhein -Westfalen zugunsten der S. KG, die hinsichtlich aller Projekte Unteraufträge an die Universität vergeben hat, und zum anderen zwei weitere Förderprojekte, in welchen die Universität Fördermittel erhalten und ihrerseits Unteraufträge an die S. KG erteilt hat. Die Anklage hat den Angeklagten zur Last gelegt, dass die Fördermittel, welche die Universität aufgrund der abgeschlossenen Fremdleistungsverträge mit der S. KG erhalten hat, (größtenteils) nicht projektbezogen verwendet worden seien. Im Hinblick auf die Förderprojekte des Bundes zugunsten der Universität seien Entwicklungsleistungen der S. KG abgerechnet worden, denen kein entsprechender Personal- oder Arbeitsaufwand zugrunde gelegen habe.
4
2. Zu diesen in der Anklage als Subventionsbetrug bzw. Beihilfe hierzu gewerteten Vorwürfen hat das Landgericht folgende Feststellungen getroffen:
5
a) Tatkomplex IV. 1. b. der Urteilsgründe – TPW – Multimediale mathematisch -technische Arbeitsumgebung für Ingenieure, Mathematiker und Naturwissenschaftler basierend auf einem mathematisch-technischen Expertensystem
6
Bei dieser Fördermaßnahme handelt es sich um eine Zuwendung des Landes Nordrhein-Westfalen an die S. KG im Rahmen des Technologieprogramms Wirtschaft (TPW NW). Nach dem Zuwendungsbescheid des Ministeriums für Wirtschaft und Mittelstand, Technologie und Verkehr vom 19. Dezember 1997 wurde das Projekt in Höhe von 684.159 DM gefördert. Der mehrfach verlängerte Bewilligungszeitraum endete am 31. Dezember 2002. Die Universität wurde aufgrund von drei Fremdleistungsverträgen mit der S. KG tätig.
7
aa) Tatkomplex IV. 1. b. aa: Namensräume für Computer-AlgebraSysteme mit lexikalischer Variabelenbildung (Kennwort: TPW)
8
Zunächst wurde am 1. Dezember 2000 ein Vertrag – unterzeichnet vom Angeklagten Dr. K. und vom Zeugen P. in Vertretung der Kanzlerin der Universität – über die Durchführung des vorgenannten Forschungsund Entwicklungsvorhabens abgeschlossen. Die Vergütung aus diesem Vertrag in Höhe von 125.000 DM ist am 26. Januar 2001 an die Universitätskasse unter Angabe der Projekt Nr. und des Kennworts "TPW" überwiesen worden.
9
In dieser Zeit kam es zwischen dem Angeklagten Prof. Dr. F. und der Universitätsverwaltung zu Unstimmigkeiten über die Verwaltung von Drittmittelkonten. Die Universitätsverwaltung hatte von Sachmittelkonten des Angeklagten pauschale Abbuchungen vorgenommen, um damit andere Projekte der Universität zu fördern. Er beschloss deshalb, ihm gewährte Drittmittel dem Zugriff der Universitätsverwaltung zu entziehen (UA 24) und diese auf eigenen Konten selbständig zu verwalten sowie unabhängig von der Kontrolle der Universität auszugeben. Weiterhin plante er, die Gelder zeitweise auf Festgeldkonten mit höheren Zinsen einzuzahlen, um die Gelder später für seine Forschungen an der Universität zu verwenden und die aufgelaufenen Zinsen seinen Universitätsprojekten als Spende zukommen zu lassen. Dieses Vorhaben, dem der Angeklagte Dr. K. "als Projektförderer" bereits mit Schreiben vom 4. Dezember 2001 zugestimmt hatte, war Gegenstand einer E-Mail des Angeklagten Prof. Dr. F. vom 16. Mai 2002 an den Zeugen Sch. , den zuständigen Dezernenten der Hochschule für die Drittmittelverwaltung. Der Angeklagte führte aus, dass weder der Hochschule noch dem Projekt durch diese Handhabung ein Nachteil entstünde, denn das Projekt werde zielstrebig durch Nutzung von Synergien und auch durch Substitution vorangetrieben. Die Gelder selbst würden der Hochschule zur Verfügung stehen, sobald das Projekt abgeschlossen wäre, d. h. die Mittel frei verfügbare Drittmittel wären. Mit Schreiben vom 29. Mai 2002 erklärte sich der Zeuge Sch. mit der Selbstverwaltung der Drittmittel einverstanden. Bereits mit Schreiben vom 5. April 2002 an die Kanzlerin der Universität hatte der Angeklagte Prof. Dr. F. ausgeführt, dass die Drittmittel von ihm "als sichere Festgelder/Geldmarktfonds" angelegt und bei dem schon genau geplanten Bedarf nur über die Hochschulkasse zweckgebunden verausgabt würden.
10
bb) Tatkomplex IV. 1. b. bb: hybrides symbolisch-numerisches System (Kennwort: Hybrid-System)
11
Nach den Feststellungen der Wirtschaftsstrafkammer schlossen das Unternehmen S. KG und die Universität am 1. November 2001 einen Vertrag über die Durchführung des vorgenannten Forschungs- und Entwicklungsvorhabens. Die Vergütung aus diesem Vertrag in Höhe von 120.000 DM (61.355,03 €) überwies die S. KG am 6. Februar 2002 an den Angeklagten Prof. Dr. F. auf dessen Konto Nr. bei der Sparkasse .
12
cc) Tatkomplex IV. 1. b. cc: hybrides symbolisch-numerisches System II (Kennwort Hybrid-System II)
13
Über die Durchführung dieses Forschungs- und Entwicklungsvorhabens wurde am 2. September 2002 ein Fremdleistungsvertrag zwischen der S. KG und der Universität abgeschlossen. Die Vergütung aus dem Vertrag in Höhe von 60.000 € wurde am 27. Dezember 2002 an den Angeklagten Prof. Dr. F. auf dessen vorgenanntes Sparkassenkonto überwiesen.
14
Nach den aufgrund der vorgelegten Kontoauszüge getroffenen Feststellungen sind die aus den Verträgen "Hybrid-System" und "Hybrid-System II" stammenden Gelder in den Jahren 2002 und 2003 zunächst in vollem Umfang zum Kauf von Wertpapieren bei der D. bank verwendet worden, die zum 30. Dezember 2004 wieder verkauft wurden. Der aus dem Verkauf resultierende Erlös von 124.144,92 € wurde auf ein Festgeldkonto des Angeklagten Prof. Dr. F. mit der Nr. bei der Sparkasse umgebucht. Am 7. Dezember 2005 überwies der Angeklagte einen Teilbetrag in Höhe von 23.000 € von dort auf sein Sammelkonto Nr. bei der Universität . Das übrige Festgeldguthaben wurde in den Jahren 2006 und 2007 in mehreren Teilbeträgen auf das weitere Kontokorrentkonto des Angeklagten bei der Sparkasse mit der Nr. umgebucht und von dort – wiederum in mehreren Teilbeträgen – auf das oben genannte Sammelkonto des Angeklagten bei der Universität transferiert.
15
b) Tatkomplex IV. 1. c. – PSS – mathematisch-technische Expertensysteme für Handheld-Computer
16
Im Rahmen dieser Fördermaßnahme des Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen aus dem Programm "Industrieregionen im Strukturwandel" (PSS) erging der Zuwendungsbescheid zugunsten der S. KG am 15. November 2000. Antragsgemäß wurde für den Bewilligungszeitraum vom 1. Juli 2000 bis zum 31. Dezember 2002 eine Anteilsfinanzierung in Höhe von 254.454 DM (130.100,26 €) bewilligt. Im Blick auf dieses Projekt schloss die S. KG am 1. Dezember 2000 einen Fremdleistungsvertrag mit der Universität über die Durchführung eines Forschungs- und Entwicklungsvorhabens zum Thema "Mathematische Expertensysteme für HandheldComputer (Kennwort: InnoCluster)". Als Vergütung war ein Betrag von 193.800 DM vorgesehen, der nach einem Auszahlungsplan in sechs Teilbeträgen auf ein Konto der Universitätskasse überwiesen werden sollte. Dort sind lediglich zwei Zahlungen von jeweils 24.225 DM eingegangen, und zwar am 26. Januar und am 26. April 2001. Aus diesem Guthaben wurden keine Projektausgaben bestritten. Es wurde vielmehr unangetastet auf dem Projektkonto weitergeführt und schließlich am 26. August 2004 auf das bereits erwähnte Sammelkonto des Angeklagten Prof. Dr. F. mit der Nr. umgebucht. Im Jahr 2005 wurde das Guthaben für Personalausgaben verwendet.
17
Die weitere aus dem Vertrag "InnoCluster" stammende Vergütung in Höhe von insgesamt 145.350 DM (74.316,28 €) ist in drei Teilbeträgen, am 7. Februar 2002 in Höhe von 33.415,48 €, am 11. Juli 2002 in Höhe von 28.514,75 € und am 18. November 2002 in Höhe von 12.386,05 € auf das Konto Nr. des Angeklagten Prof. Dr. F. bei der Sparkasse zur Gutschrift gelangt. Von dort wurden auch diese Forschungsmittel auf das Sammelkonto des Angeklagten bei der Universität mit der Nr. transferiert. Insgesamt sind auf diesem Sammelkonto 168.780 € eingegangen.
18
c) Tatkomplexe IV. 2. a. (Projekt "In2Math: Interaktive Mathematik- und Informatik-Grundausbildung") und IV. 2. b. (Projekt "math-kit")
19
Nach den Feststellungen der Strafkammer zu diesen Tatkomplexen war die S. KG bei den beiden Förderprojekten "In2Math" und "math-kit" für die – unmittelbar mit anderen Projektpartnern geförderte – Universität als Unterauftragnehmerin tätig. Für das Projekt "In2Math" wurden am 17. Januar 2001 491.284 DM bewilligt; für Unteraufträge an die S. KG wurden – gegenüber im Zuwendungsantrag veranschlagten 157.600 DM – 182.900 DM (93.515,29 €) abgerechnet. Das Projekt "math-kit" wurde am 29. Januar 2001 mit 1.824.468 DM unterstützt (Projektförderung auf Ausgabenbasis ), wobei für Fremdarbeiten auf der Grundlage eines aktualisierten Angebots der S. KG 668.650 DM veranschlagt und von dem Unternehmen gegenüber der Universität mit zehn Rechnungen über insgesamt 700.053,90 DM (357.931,88 €) abgerechnet wurde. Beide Projekte wurden im Rahmen des Förderprogramms "Neue Medien in der Bildung" des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) durchgeführt. Nach den diesem Programm zugrunde liegenden Richtlinien war Zuwendungszweck die Förde- rung von Vorhaben zur Entwicklung, Erprobung und Einführung innovativer und multimedialer Lehr- und Lernformen an Hochschulen. Mit der Prüfung und Durchführung der Fördervorhaben beauftragte das BMBF als Projektträger die Fraunhofer-Gesellschaft e.V., St. Augustin ("In2Math") bzw. das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR), Bonn ("math-kit"). Der Zeuge N. betreute beim DLR das Bewilligungsverfahren.
20
3. a) Hinsichtlich der zwei Förderprojekte des Landes NordrheinWestfalen zugunsten der S. KG hat das Landgericht beide Angeklagte von dem ursprünglich erhobenen Vorwurf des Subventionsbetruges, den Angeklagten Prof. Dr. F. auch vom Vorwurf der Untreue freigesprochen. Letzterer habe sich nicht dadurch der Untreue schuldig gemacht, dass er die im Rahmen der Fremdleistungsverträge gezahlten Entgelte nicht unmittelbar für die Ausführung dieser Unteraufträge verwendet, sondern auf Festgeldkonten bei der Sparkasse angelegt und erst später wieder dem Universitätshaushalt zugeführt habe. Zwar habe die Hochschule auch im Tatzeitraum bei Drittmittelprojekten ein angemessenes Entgelt u.a. für die Inanspruchnahme ihres Personals verlangen können. Die bei den Projekten "TPW" und "PSS" für das Personal angefallenen Kosten seien teilweise aus dem Personalkostenetat der Hochschule finanziert worden. Dadurch, dass er es der Hochschule nicht ermöglicht habe, ein entsprechendes Entgelt einzufordern, könnte der Angeklagte seine Vermögensbetreuungspflichten verletzt haben. Der Universität sei aber kein Schaden entstanden. Nach der Beweisaufnahme stehe fest, dass man auf Seiten der Universität die von dem Angeklagten auf den Sparkassenkonten "geparkten" Gelder ohnehin nicht als Entgelt für die Tätigkeit der Universitätsmitarbeiter bei der Abwicklung der Unteraufträge einbehalten hätte. Daher könne auch nicht festgestellt werden, dass dem Angeklagten Prof. Dr. F. be- wusst gewesen sei, sein Verhalten verstoße möglicherweise gegen seine Pflichten nach dem Hochschulgesetz.
21
b) Hinsichtlich der Projekte "In2Math" und "math-kit" hat das Landgericht die Angeklagten von dem ursprünglich gegen sie erhobenen Vorwurf des Subventionsbetruges bzw. der Beihilfe hierzu sowie vom Vorwurf des Betruges freigesprochen. Durch die Verwendung und Abrechnung von Software, die zumindest teilweise bereits in dem durch das Land Nordrhein-Westfalen geförderten Projekt "TPW" entwickelt worden sei, hätten sich die Angeklagten insbesondere nicht des Betruges schuldig gemacht. Zwar sei durch die Angebote der S. KG im Rahmen des Projektes "math-kit" sowie in den späteren Beschaffungsanträgen und den Zwischenverwendungsnachweisen der Eindruck erweckt worden, dass es sich bei den Leistungen der S. KG um zeitnahe Entwicklungen handele, die konkret für dieses Projekt erbracht worden und für die konkrete Arbeitsstunden während der Projektlaufzeit angefallen seien. Auch sei bei den zuständigen Mitarbeitern des DLR ein entsprechender Irrtum entstanden. Es könne aber schon nicht mit der "entsprechenden" Sicherheit gesagt werden, dass dieser Irrtum ursächlich für die Förderung des Projekts "math-kit" gewesen sei. Zudem könne nicht festgestellt werden, dass dem Förderungsgeber ein Schaden entstanden sei; der Zweck der Förderung, nämlich die Entwicklung von innovativen Lehr- und Lernkonzepten unter Verwendung moderner Medien, sei nämlich erreicht worden.

II.


22
Das Urteil hat schon deshalb keinen Bestand, weil es nicht den Anforderungen an ein freisprechendes Urteil nach § 267 Abs. 5 Satz 1 StPO genügt. Die Urteilsbegründung muss aus sich heraus verständlich sein (vgl. BGH, Urtei- le vom 26. September 1989 – 1 StR 299/89, BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 2; vom 26. April 1990 – 4 StR 24/90, BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 3 und vom 10. August 1994 – 3 StR 705/93, BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 10). Auch aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ergibt sich nicht, welche strafbaren Handlungen dem Angeklagten Prof. Dr. F. konkret im Zusammenhang mit den beiden Förderprojekten zugunsten der Firma S. KG und den diesbezüglich mit der Universität abgeschlossenen Fremdleistungsverträgen "TPW", "Hybrid-System", "Hybrid-System II" und "InnoCluster" vorgeworfen werden. Zu dem Vertrag "TPW" führt das Landgericht lediglich aus, dass die Vergütung am 26. Januar 2001 an die Universitätskasse überwiesen worden sei. Feststellungen dahingehend, ob diese Forschungsmittel überhaupt projektbezogen eingesetzt wurden, werden dagegen nicht getroffen. In Bezug auf den Fremdleistungsvertrag "InnoCluster" stellt die Strafkammer zwar noch fest, dass die an die Universitätskasse geleisteten Teilzahlungen in Höhe von 48.450 DM nicht projektrelevant eingesetzt wurden. Im Rahmen der Beweiswürdigung stützt der Tatrichter die mögliche Untreuehandlung des Angeklagten aber nur darauf, dass er die erzielten Entgelte nicht unmittelbar für die Ausführung der Unteraufträge verwendet, sondern auf Festgeldkonten bei der Sparkasse angelegt und erst später wieder dem Universitätshaushalt zugeführt habe. Es bleibt somit unklar, ob das Landgericht auch hinsichtlich der von der S. KG an die Universitätskasse geleisteten Zahlungen eine Untreuehandlung überhaupt in Erwägung gezogen hat.
23
Zudem wird die Urteilsbegründung den Anforderungen an eine zusammenhängende Wiedergabe der Einlassung der Angeklagten und deren Würdigung unter Berücksichtigung aller Umstände nicht gerecht. Im Rahmen der erforderlichen Beweiswürdigung muss das Landgericht von der Einlassung des Angeklagten ausgehen und diese so vollständig und genau wiedergeben, wie es erforderlich ist, damit das Revisionsgericht prüfen kann, ob der Tatrichter unter Berücksichtigung der erhobenen Beweise zu Recht die Einlassung als unwiderlegbar seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat (BGH, Urteil vom 4. Juli 1991 – 4 StR 233/91, BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 7). Es bedarf somit einer geschlossenen und zusammenhängenden Wiedergabe wenigstens der wesentlichen Grundzüge der Einlassung des Angeklagten, um diese einer umfassenden Würdigung unterziehen zu können (BGH, Urteile vom 17. Mai 1990 – 4 StR 208/90, BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 4 und vom 10. August 1994 – 3 StR 705/93, BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 10; BGH, Beschluss vom 24. August 1990 – 3 StR 311/90). Das Landgericht teilt die Einlassungen der Angeklagten jedoch lediglich bruchstückhaft und verstreut über verschiedene Abschnitte der Urteilsbegründung mit. So hat es etwa in Bezug auf die Förderprojekte zugunsten der S. KG lediglich angegeben, dass die Feststellungen zu den Finanztransaktionen auch auf den Angaben des Angeklagten Prof. Dr. F. beruhten. Des Weiteren führt es aus, dass nach den unwiderlegbaren Angaben dieses Angeklagten die insoweit angefallenen Personalkosten teilweise aus dem Personalkostenetat der Hochschule und im Übrigen aus freien Drittmitteln aufgebracht worden seien. Auch die Feststellung, dass die in den Projekten "In2Math" und "math-kit" durch die S. KG in Rechnung gestellten Entwicklungskosten teilweise nicht direkte Arbeiten im Rahmen dieser Projekte, sondern eine Lieferung von Software beträfen, die in dem Projekt "TPW" entwickelt worden sei, würden auf den eigenen Einlassungen der Angeklagten beruhen. Zwar ist die Mitteilung der Einlassung des Angeklagten kein Selbstzweck, sondern dient vielmehr dazu, dem Revisionsgericht die Überprüfung der tatrichterlichen Beweiswürdigung auf Rechtsfehler zu ermöglichen (BGH, Urteil vom 1. April 1992 – 2 StR 614/91, BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 8). Hier fehlt es aber nicht nur an einer zusammenhängenden Wiedergabe der Einlassungen der Angeklagten, sondern es werden nicht einmal deren wesentliche Grundzüge mitgeteilt.

III.


24
Das angefochtene Urteil begegnet auch im Weiteren durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
25
1. Soweit das Landgericht in den Tatkomplexen IV. 1. b. bb. (Vertrag "Hybrid-System"), IV. 1. b. cc. (Vertrag "Hybrid-System II") und IV. 1. c. (Vertrag "InnoCluster") eine Strafbarkeit des Angeklagten Prof. Dr. F. wegen Untreue verneint hat, hält bereits die Beweiswürdigung des Landgerichts rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
26
a) Zwar ist die Beweiswürdigung grundsätzlich Sache des Tatrichters. Sie ist aber rechtsfehlerhaft, wenn sie lückenhaft ist, namentlich wesentliche Feststellungen nicht berücksichtigt oder nahe liegende Schlussfolgerungen nicht erörtert, wenn sie widersprüchlich oder unklar ist, gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder wenn an die zur Verurteilung erforderliche Gewissheit überspannte Anforderungen gestellt worden sind (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteile vom 31. März 1999 – 5 StR 689/98, BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 33; vom 30. März 2004 – 1 StR 354/03, NStZ-RR 2004, 238 f. und vom 7. Januar 2010 – 4 StR 413/09, NStZ 2010, 407, 408). Dabei ist der Tatrichter gehalten, sich mit den von ihm festgestellten Tatsachen unter allen für die Entscheidung wesentlichen Gesichtspunkten auseinanderzusetzen , wenn sie geeignet sind, das Beweisergebnis zu beeinflussen. Eine Beweiswürdigung , die über schwerwiegende Verdachtsmomente hinweggeht, ist rechtsfehlerhaft (BGH, Urteil vom 13. Januar 2010 – 1 StR 247/09).
27
b) Nach diesen Grundsätzen kann das Urteil in den Tatkomplexen IV. 1. b. bb. (Vertrag "Hybrid-System"), IV. 1. b. cc. (Vertrag "Hybrid-System II") und IV. 1. c. (Vertrag "InnoCluster") keinen Bestand haben. Die Beweiswürdigung des Landgerichts erweist sich als lückenhaft, da wesentliche Umstände, die für eine Untreue des Angeklagten Prof. Dr. F. sprechen könnten, nicht erörtert werden. Betrachtet man die Beträge, die für die drei genannten Fremdleistungsverträge zunächst auf Konten dieses Angeklagten bei der Sparkasse gelangt sind, so ergibt sich zwischen diesen Beträgen in Höhe von 61.355,03 € ("Hybrid-System"), von 60.000 € ("Hybrid-System II") bzw. von 74.316,28 € ("InnoCluster") und dem auf das Sammelkonto des Angeklagten bei der Universität im Jahr 2006 insgesamt überwiesenen Geldbetrag in Höhe von 168.780 € (einschließlich des bereits am 7. Dezember 2005 dorthin überwiesenen Betrages von 23.000 € und der am 27. Februar 2007 erfolgten Schlusszahlung von 1.000 €) ein Differenzbetrag von 26.891,31 €. Auf diesen Differenzbetrag geht die Strafkammer in der Beweiswürdigung nicht ein, obwohl hinsichtlich dieser Tatkomplexe eine mögliche Untreuehandlung auch darin bestehen könnte, dass hoheitliche Mittel für private Zwecke verwendet worden sein könnten (vgl. BGH, Urteil vom 27. Juli 1982 – 1 StR 209/82, NJW 1982, 2881; MünchKomm/StGB/Dierlamm § 266 Rn. 220).
28
2. Soweit das Landgericht bei den Förderprojekten zugunsten der S. KG nur darauf abgestellt hat, dass ein Untreueschaden nicht darin zu sehen ist, dass die Universität kein Entgelt für die Durchführung der Drittmittelprojekte unter Inanspruchnahme ihres Personals und ihrer Sachmittel erhalten hat, begegnet dies ebenfalls durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
29
a) Das Landgericht hat insoweit den Regelungsgehalt des zur Tatzeit geltenden § 101 des Gesetzes über die Hochschulen des Landes Nordrhein- Westfalen (HG NRW) vom 14. März 2000 (GV. NRW. 2000, S. 190) nicht hinreichend berücksichtigt. Nach § 101 Abs. 6 HG NRW 2000 (entspricht dem geltenden § 71 Abs. 6 HG NRW) stehen finanzielle Erträge der Hochschule aus (drittmittelfinanzierten) Forschungsvorhaben, die in der Hochschule durchgeführt werden, insbesondere aus Einnahmen, die der Hochschule als Entgelt für die Inanspruchnahme von Personal, Sachmitteln und Einrichtungen zufließen, der Hochschule für die Erfüllung ihrer Aufgaben zur Verfügung. Die als zwingende Regelung formulierte Norm hat vor allem den Sinn klarzustellen, dass finanzielle Erträge oder auch "freie" Drittmittelreste weder dem Drittmittelgeber noch dem Drittmittelforscher zufließen, sondern der Hochschule haushaltsrechtlich verbleiben (vgl. Detmer in Leuze/Epping Gesetz über die Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen § 71 Rn. 184 [Stand: Oktober 2008]; Reich Hochschulrahmengesetz mit Wissenschaftszeitvertragsgesetz, 10. Aufl., § 25 Rn. 18). Erfasst sind Erträgnisse aus der Forschung ganz allgemein (Löwer in Hailbronner/Geis Hochschulrecht in Bund und Ländern § 25 Rn. 83 [Stand: September 2004]). Ein Vermögensschaden könnte daher auch darin liegen, dass noch nahezu vollständig vorhandene und damit"freie" Drittmittel nicht dem Haushalt der Universität nach Abschluss der Projekte zugeführt wurden.
30
b) Der neue Tatrichter wird deshalb bei der Prüfung des § 266 StGB insbesondere Folgendes zu beachten haben:
31
aa) Der Angeklagte Prof. Dr. F. als Lehrstuhlinhaber hat auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen seine Vermögensbetreuungspflicht (vgl. BGH, Urteil vom 27. Juli 1982 – 1 StR 209/82, NJW 1982, 2881) verletzt, indem er es unterlassen hat, der Hochschule gegenüber die nach Abschluss der jeweiligen Projekte noch verbleibenden Drittmittel zu offenbaren. Nach dem Regelungsgehalt des § 101 Abs. 6 HG NRW 2000 gehörte es zum Kernbereich der Vermögensbetreuungspflicht des Angeklagten, der Universität bislang unbekannte , ihr zustehende Vermögenswerte offenzulegen (vgl. auch BGH, Urteil vom 29. August 2008 - 2 StR 587/07, BGHSt 52, 323, 333 f.).
32
bb) Ein ausdrückliches oder stillschweigendes Einverständnis der Treugeberin , welche eine Pflichtwidrigkeit hätte ausschließen können (vgl. BGH, Urteil vom 27. August 2010 – 2 StR 111/09), hat das Landgericht nicht festgestellt. Freilich hat der Zeuge Sch. , der zuständige Dezernent für die Drittmittelverwaltung , angegeben, dass es häufiger vorgekommen sei, dass nach Beendigung von Projekten auf den jeweiligen Drittmittelkonten noch größere Geldbeträge vorhanden gewesen seien, die von der Universität nicht vereinnahmt , sondern auf das Sammelkonto des jeweiligen Professors umgebucht worden seien. Auch der Zeuge V. , ein Sachbearbeiter in der Drittmittelverwaltung , hat bekundet, dass die auf dem Drittmittelkonto verbliebenen ersparten Aufwendungen dem jeweiligen Professor als freie Drittmittel auf seinem Sammelkonto zur Verfügung gestellt worden seien.
33
Abgesehen davon, dass sich gerade auch vor dem Hintergrund des zwingenden Charakters des § 101 Abs. 6 HG NRW 2000 dem Urteil nicht entnehmen lässt, wer in der Universität für derartige Entscheidungen über den Verbleib nicht verbrauchter Drittmittel zuständig war (vgl. §§ 18 ff. HG NRW 2000) und ob solche getroffen wurden, setzt eine solche Handhabung in jedem Fall die Kenntnis der zuständigen Stelle voraus, dass freie Drittmittel vorhanden sind. Dies ist im Hinblick auf die Forschungsmittel, die auf den privaten Sparkassenkonten des Angeklagten Prof. Dr. F. eingegangen sind, jedenfalls nicht hinreichend belegt. In diesem Zusammenhang ist die E-Mail des Angeklagten vom 16. Mai 2002 an den Zeugen Sch. von Bedeutung, mit welcher er die Selbstverwaltung der Drittmittel beantragte und insoweit zusicherte, dass die Gelder der Hochschule als frei verfügbare Drittmittel zur Verfügung stünden, sobald das Projekt abgeschlossen sei. Der Angeklagte kündigte somit eine projektbezogene Verwendung der Drittmittel an. Auch verhält sich das Urteil nicht dazu, für welche der verschiedenen Fremdleistungsverträge er eine Selbstverwaltung der Drittmittel gemäß dem – auf das jeweilige Projekt bezogenen – § 101 Abs. 4 Satz 4 HG NRW 2000 beantragt hatte, so dass nach den Feststellungen bereits fraglich bleibt, in welchem Umfang die Universität überhaupt Kenntnis vom Eingang der Fördergelder auf Privatkonten des Angeklagten hatte. Des Weiteren ist hinsichtlich einer Kenntnis der zuständigen Organe der Universität zu bedenken, dass bereits vor der Entscheidung über die Selbstverwaltung der Drittmittel am 29. Mai 2002 ein Geldtransfer auf die Privatkonten stattgefunden hat. So sind am 6. und 7. Februar 2002 Vergütungen aus den Verträgen "Hybrid-System" und "InnoCluster" auf Privatkonten des Angeklagten gutgeschrieben worden. Die Universität hatte auch durchaus ein materielles Interesse an den Drittmitteln; sie hatte nämlich von Sachmittelkonten des Angeklagten pauschale Abbuchungen vorgenommen, um andere Projekte der Universität zu fördern. Dieses Vorgehen war Auslöser für den Entschluss des Angeklagten, ihm gewährte Drittmittel dem Zugriff der Universitätsverwaltung zu entziehen (UA 24). Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass nach den Feststellungen zu den Fremdleistungsverträgen "Hybrid-System", "HybridSystem II" und "InnoCluster" sämtliche Forschungsmittel nicht projektrelevant verwendet wurden, auch soweit ein Teilbetrag von der S. KG an die Universitätskasse gezahlt wurde. Es geht also nicht darum, dass noch Drittmittel nach Projektabschluss vorhanden sind, sondern es standen sämtliche Forschungsmittel weiterhin zur Verfügung.
34
cc) Durch das Nichtoffenbaren der (vollständig) vorhandenen Drittmittel ist der Universität auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen ein Vermögensnachteil im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB entstanden. Diese konnte auf ihr gemäß § 101 Abs. 6 HG NRW 2000 zustehende Vermögenswerte keinen Zugriff nehmen, da sie keine Kenntnis von diesen Geldmitteln hatte. Der Angeklagte hielt insoweit auch nicht eigenes Vermögen zum Einsatz bereit, sondern verheimlichte gegenüber der Universität jedenfalls über einen erheblichen Zeitraum Geldvermögen, um dieses nach Maßgabe eigener Zweckmäßigkeitserwägungen bei noch nicht absehbaren späteren Gelegenheiten für möglicherweise nützliche Zwecke einzusetzen. Die eventuelle Rückführung der entzogenen Mittel ist allenfalls eine Schadenswiedergutmachung (vgl. BGH, Urteil vom 29. August 2008 - 2 StR 587/07, BGHSt 52, 323, 336 ff.; bestätigt durch BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2010 – 2 BvR 2559/08; BGH, Urteil vom 27. August 2010 – 2 StR 111/09).
35
dd) Vor diesem rechtlichen Hintergrund wird auch der subjektive Tatbestand neu zu bewerten sein.
36
3. Soweit das Landgericht die Angeklagten in den Tatkomplexen IV. 2. a. (Projekt "In2Math") und IV. 2. b. (Projekt "math-kit") der Urteilsgründe vom Vorwurf des Betruges freigesprochen hat, leidet das Urteil ebenfalls an durchgreifenden Rechtsfehlern.
37
a) Das Landgericht hat im Hinblick auf das Projekt "math-kit" zwar angenommen , dass "durch die Angebote der Firma S. im Rahmen des Projekts … sowie in den späteren Beschaffungsanträgen und den Zwischenverwendungsnachweisen der Eindruck erweckt worden (ist), dass es sich bei den Leistungen der Firma S. um zeitnahe Entwicklungen handelte, die konkret für dieses Projekt erbracht worden sind und für die konkrete Arbeitsstunden während der Projektlaufzeit angefallen sind"; der Zeuge Dr. So. hatte auf Anweisung des Angeklagten Dr. K. die Entwicklungskosten für das Angebot aufgeschlüsselt. Das Tatgericht hat sodann aber einen zu strengen Maßstab hinsichtlich der Kausalität des Irrtums für die getroffene Vermögensverfügung angelegt. Es hat mit rechtsfehlerhafter, jedenfalls unklarer Begründung den Angaben des Zeugen N. als Betreuer des Bewilligungsverfahrens die ihnen zukommende rechtliche Bedeutung abgesprochen. Dieser Zeuge hat bekundet , dass von seiner Seite das Projekt nicht befürwortet worden wäre, wenn er gewusst hätte, dass in größerem Maße bereits vorhandene oder von dritter Seite noch zu erstellende Standardsoftware verwendet worden wäre. Der Zeuge L. hat dagegen zwar die Zuwendungsbescheide unterzeichnet, dabei aber keine eigene detaillierte Prüfung der in Rede stehenden Punkte vorgenommen , sondern seine Unterschrift nach der Empfehlung des DLR und einer Diskussion im Beirat im BMBF geleistet. Auch wenn erst die letzte Verfügung durch den Zeugen L. die Vermögensminderung ermöglichte, war diese eine zwingende bzw. wirtschaftliche Folge des durch die Täuschung beim Zeugen N. hervorgerufenen Irrtums (vgl. BGH, Urteil vom 20. Februar 1991 – 2 StR 421/90, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 29).
38
Ebenso hält die Begründung, mit der die Strafkammer im Tatkomplex "math-kit" einen Vermögensschaden verneint hat, rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Liegt ein zweckwidriger Einsatz öffentlicher Mittel vor, so kann darin bereits ein Schaden liegen, weil die zweckgebundenen Mittel verringert wurden, ohne dass der Zweck erreicht wurde (BGH, Urteile vom 4. November 1997 - 1 StR 273/97, BGHSt 43, 293, 297 f. und vom 14. Dezember 2000 – 5 StR 123/00, NStZ 2001, 248, 251; vgl. auch Wagner NStZ 2003, 543). Das Projekt "math-kit" wurde nach den Feststellungen im Rahmen des Förderprogramms des BMBF "Neue Medien in der Bildung" durchgeführt. Diesem Programm lag eine Bekanntmachung des BMBF vom 27. März 2000 zugrunde, wonach Zuwendungszweck die Förderung von Vorhaben zur Entwicklung, Erprobung und Einführung innovativer und multimedialer Lehr- und Lernformen an Hochschulen war. Der Einkauf von bereits vorhandener und damit entwickelter Software verwirklicht dagegen diesen Förderzweck nicht; der Erwerb von zur Durchführung des Projekts erforderlichen Betriebsmitteln ist ein der Zweckerreichung vorgelagerter Vorgang. Die Strafkammer stellt zwar darauf ab, dass die Zweckerreichung eingetreten sei, da das Projekt erfolgreich durchgeführt worden sei und noch heute von verschiedenen Universitäten angewendet werde. Insoweit hat sie bei der Schadensprüfung aber auf den falschen Zeitpunkt abgestellt. Maßgebend war der Zeitpunkt, zu dem die Gelder beim Zuwendungsempfänger bzw. bei der S. KG eingegangen sind (vgl. BGH, Urteile vom 21. Oktober 1994 - 2 StR 328/94, BGHSt 40, 287, 298 und vom 14. Dezember 2000 – 5 StR 123/00, NStZ 2001, 248, 251). Der Umstand, dass das Projekt letztendlich als erfolgreich durchgeführt zu bewerten sein mag, hat demgegenüber allenfalls für die Strafzumessung Bedeutung. Außerdem könnte ein Schaden auch darin liegen , dass die bereits vorhandene Software überbezahlt worden ist.
39
Bei dieser Sachlage braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob das Landgericht eine vorsätzliche Täuschung der zuständigen Mitarbeiter des DLR durch den Angeklagten Prof. Dr. F. über seine weitere Mitarbeit in diesem Projekt rechtsfehlerfrei verneint hat.
40
b) Für den Freispruch vom Vorwurf des Betruges im Komplex "In2Math" gibt die Strafkammer keine Begründung; daher entbehrt das Urteil insoweit der erforderlichen Verständlichkeit und Nachvollziehbarkeit (vgl. oben II.).

IV.


41
Der nunmehr zur Entscheidung berufene Tatrichter wird gegebenenfalls auch die Frage der Verjährung anhand der nach den Rechtsausführungen des Senats neu zu treffenden Feststellungen einer erneuten Prüfung zu unterziehen haben.
Ernemann Solin-Stojanović Cierniak
Franke Bender

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 S t R 4 0 3 / 1 4
vom
30. Dezember 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflichten
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und der Beschwerdeführerin am 30. Dezember 2014 gemäß § 349
Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Gera vom 9. Mai 2014, soweit es sie betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflichten zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Die auf die Verletzung sachlichen Rechts gestützte Revision der Angeklagten hat Erfolg.
2
Die Beweiswürdigung, aufgrund derer sich das Landgericht die Überzeugung vom Vorliegen der angeklagten Tatvorwürfe verschafft hat, hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Sie ist lückenhaft, weil jegliche Angaben dazu fehlen, ob und wie sich die Angeklagte zur Sache eingelassen hat.
3
Aus § 267 StPO, der den Inhalt der Urteilsgründe festlegt, ergibt sich zwar nicht, dass das Gericht verpflichtet ist, eine Beweiswürdigung im Urteil vorzunehmen, in der die Einlassung des Angeklagten mitgeteilt und diese Einlassung unter Bewertung der sonstigen Beweismittel gewürdigt wird. Doch ist unter sachlich-rechtlichem Blickwinkel regelmäßig eine Wiedergabe der Einlas- sung des Angeklagten erforderlich, damit das Revisionsgericht nachprüfen kann, ob sich der Tatrichter unter Berücksichtigung der erhobenen Beweise eine tragfähige Grundlage für seine Überzeugungsbildung verschafft und das materielle Recht richtig angewendet hat (vgl. zuletzt BGH NStZ-RR 2013, 134, 135 m.w.N. im Falle eines Freispruchs; siehe BGH NStZ-RR 1999, 45 zu einem Verurteilungsfall; dazu auch: auch OLG Hamm StraFO 2003, 133; OLG Köln StraFO 2003, 313). Es bedarf somit einer geschlossenen und zusammenhängenden Wiedergabe wenigstens der wesentlichen Grundzüge der Einlassung des Angeklagten, um die Beweiswürdigung des Tatrichters auf sachlichrechtliche Fehler hin überprüfen zu können.
4
In den Urteilsgründen fehlt jegliche Auseinandersetzung mit der Einlassung der Angeklagten. Es wird nicht einmal mitgeteilt, ob die Angeklagte sich überhaupt zu dem Anklagevorwurf geäußert hat. Soweit sich den Gründen der angefochtenen Entscheidung entnehmen lässt, dass die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen der Angeklagten auf ihren Angaben beruhen, lässt dies - entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts - nicht den Schluss zu, dass die Angeklagte über Erklärungen zur Person hinaus keine Angaben zur Sache gemacht hat. Infolgedessen ist das Urteil mangels einer durch das Revisionsgericht überprüfbaren Beweiswürdigung aufzuheben. Fischer Appl Schmitt Krehl Ott

(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.

(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.

(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.

(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.

(1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer als Arbeitgeber

1.
der für den Einzug der Beiträge zuständigen Stelle über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder
2.
die für den Einzug der Beiträge zuständige Stelle pflichtwidrig über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt
und dadurch dieser Stelle vom Arbeitgeber zu tragende Beiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält.

(3) Wer als Arbeitgeber sonst Teile des Arbeitsentgelts, die er für den Arbeitnehmer an einen anderen zu zahlen hat, dem Arbeitnehmer einbehält, sie jedoch an den anderen nicht zahlt und es unterlässt, den Arbeitnehmer spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach über das Unterlassen der Zahlung an den anderen zu unterrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Satz 1 gilt nicht für Teile des Arbeitsentgelts, die als Lohnsteuer einbehalten werden.

(4) In besonders schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
aus grobem Eigennutz in großem Ausmaß Beiträge vorenthält,
2.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Beiträge vorenthält,
3.
fortgesetzt Beiträge vorenthält und sich zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege von einem Dritten verschafft, der diese gewerbsmäßig anbietet,
4.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zum fortgesetzten Vorenthalten von Beiträgen zusammengeschlossen hat und die zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege vorhält, oder
5.
die Mithilfe eines Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht.

(5) Dem Arbeitgeber stehen der Auftraggeber eines Heimarbeiters, Hausgewerbetreibenden oder einer Person, die im Sinne des Heimarbeitsgesetzes diesen gleichgestellt ist, sowie der Zwischenmeister gleich.

(6) In den Fällen der Absätze 1 und 2 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Arbeitgeber spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach der Einzugsstelle schriftlich

1.
die Höhe der vorenthaltenen Beiträge mitteilt und
2.
darlegt, warum die fristgemäße Zahlung nicht möglich ist, obwohl er sich darum ernsthaft bemüht hat.
Liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 vor und werden die Beiträge dann nachträglich innerhalb der von der Einzugsstelle bestimmten angemessenen Frist entrichtet, wird der Täter insoweit nicht bestraft. In den Fällen des Absatzes 3 gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

(1a) Eine Beschäftigung besteht auch in Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung von mehr als einem Monat, wenn

1.
während der Freistellung Arbeitsentgelt aus einem Wertguthaben nach § 7b fällig ist und
2.
das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die vorausgegangenen zwölf Kalendermonate abweicht, in denen Arbeitsentgelt bezogen wurde.
Satz 1 gilt entsprechend, wenn während einer bis zu dreimonatigen Freistellung Arbeitsentgelt aus einer Vereinbarung zur flexiblen Gestaltung der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder dem Ausgleich betrieblicher Produktions- und Arbeitszeitzyklen fällig ist. Beginnt ein Beschäftigungsverhältnis mit einer Zeit der Freistellung, gilt Satz 1 Nummer 2 mit der Maßgabe, dass das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die Zeit der Arbeitsleistung abweichen darf, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll. Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt besteht während der Zeit der Freistellung auch, wenn die Arbeitsleistung, mit der das Arbeitsentgelt später erzielt werden soll, wegen einer im Zeitpunkt der Vereinbarung nicht vorhersehbaren vorzeitigen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses nicht mehr erbracht werden kann. Die Vertragsparteien können beim Abschluss der Vereinbarung nur für den Fall, dass Wertguthaben wegen der Beendigung der Beschäftigung auf Grund verminderter Erwerbsfähigkeit, des Erreichens einer Altersgrenze, zu der eine Rente wegen Alters beansprucht werden kann, oder des Todes des Beschäftigten nicht mehr für Zeiten einer Freistellung von der Arbeitsleistung verwendet werden können, einen anderen Verwendungszweck vereinbaren. Die Sätze 1 bis 4 gelten nicht für Beschäftigte, auf die Wertguthaben übertragen werden. Bis zum 31. Dezember 2024 werden Wertguthaben, die durch Arbeitsleistung im Beitrittsgebiet erzielt werden, getrennt erfasst; sind für die Beitrags- oder Leistungsberechnung im Beitrittsgebiet und im übrigen Bundesgebiet unterschiedliche Werte vorgeschrieben, sind die Werte maßgebend, die für den Teil des Inlandes gelten, in dem das Wertguthaben erzielt worden ist.

(1b) Die Möglichkeit eines Arbeitnehmers zur Vereinbarung flexibler Arbeitszeiten gilt nicht als eine die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber begründende Tatsache im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 1 des Kündigungsschutzgesetzes.

(2) Als Beschäftigung gilt auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung.

(3) Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gilt als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat. Eine Beschäftigung gilt auch als fortbestehend, wenn Arbeitsentgelt aus einem der Deutschen Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben bezogen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn Krankengeld, Krankentagegeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Pflegeunterstützungsgeld oder Mutterschaftsgeld oder nach gesetzlichen Vorschriften Erziehungsgeld oder Elterngeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen oder Wehrdienst oder Zivildienst geleistet wird. Satz 1 gilt auch nicht für die Freistellung nach § 3 des Pflegezeitgesetzes.

(4) Beschäftigt ein Arbeitgeber einen Ausländer ohne die nach § 284 Absatz 1 des Dritten Buches erforderliche Genehmigung oder ohne die nach § 4a Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit, wird vermutet, dass ein Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt für den Zeitraum von drei Monaten bestanden hat.

(1) Handelsvertreter ist, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer (Unternehmer) Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen. Selbständig ist, wer im wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann.

(2) Wer, ohne selbständig im Sinne des Absatzes 1 zu sein, ständig damit betraut ist, für einen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen, gilt als Angestellter.

(3) Der Unternehmer kann auch ein Handelsvertreter sein.

(4) Die Vorschriften dieses Abschnittes finden auch Anwendung, wenn das Unternehmen des Handelsvertreters nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 275/18
vom
13. Dezember 2018
in der Strafsache
gegen
wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt
ECLI:DE:BGH:2018:131218B5STR275.18.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 13. Dezember 2018 gemäß § 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Göttingen vom 24. Januar 2018 wird verworfen. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 161 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt und gegen die Nebenbeteiligte l. G. GmbH die Einziehung des Wertes des Erlangten in Höhe von 383.106,84 € angeordnet. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg.

I.


2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts hat der Angeklagte als Geschäftsführer der l. G. GmbH (im Folgenden: l. ), die unter anderem Personal für Bühnenaufbau, Licht- und Tontechnik für Veranstaltungen bereitstellte (sogenanntes „Booking“), im Zeitraum Oktober 2010 bis September 2013 Sozialversicherungsbeiträge (Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteil ) in Höhe des Einziehungsbetrages für Arbeitnehmer nicht abgeführt, die fälschlicherweise als Selbständige behandelt worden waren. Diese Veranstaltungen fanden vor allem in der „Lo. “ in Göttingen statt, bei der es sich um eine Multifunktionshalle handelt, in der im Vorfeld von Veranstaltungen jeweils hierfür erforderliche Aufbauten (z. B. Bühnen) unter Einsatz von mehreren Personen erstellt werden müssen. Betreiberin der „Lo. “ ist die G. W. G. mbH (G. ), die mit dem Management der im Eigentum der Stadt Göttingen stehenden „Lo. “ sowie der Stadthalle betraut war.
3
Das „Booking“ umfasste die Kontaktaufnahme zu einem Kreis von ar- beitswilligen Personen sowie deren Buchung und Einteilung für bestimmte Veranstaltungen. Sie wurden im Team unter anderem beim Auf- und Abbau von Bühnen tätig. Dabei beschränkte sich der Angeklagte nicht auf die bloße Vermittlung von Personen aus einem bereits vorhandenen Pool der in Frage kommenden Helfer, sondern erstrebte – ebenso wie die G. – die Schaffung einer professionellen Gruppe zur Durchführung der im Vorfeld der Veranstaltungen in der „Lo. “ erforderlichen Arbeiten. Er wollte diese Tätigkeit langfristig aus- üben, das eingesetzte Personal schulen und hierdurch die Arbeitsabläufe in der „Lo. “ verbessern. Von dem früher tätigen „Booker“ übernahm der Ange- klagte die Kontaktdaten einer Gruppe von Personen, die bereits zuvor regelmäßig für die G. in der „Lo. “, auch als Team in dem von dem Angeklagten betreuten Bereich der Veranstaltungstechnik, tätig gewesen waren, wobei sie stets als Subunternehmer behandelt worden waren.
4
Im Zusammenhang mit der Übernahme der „Booker“-Tätigkeit wurde der Angeklagte zum Thema der Scheinselbständigkeit durch einen Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, den Zeugen P. , beraten, auf dessen Empfehlung er von jedem „Subunternehmer“ einen Fragebogen ausfüllen ließ. Dieser umfasste unter anderem folgende Aussagen, die mit „Ja“ oder „Nein“ gekennzeichnet werden konnten: „Meine Tätigkeit besteht in eigenverantwortlicher, kreativer, freiberufli- cher Leistung.“ „Ich kann den Ort der Auftragserfüllung frei wählen.“ „In der Art der Auftragserfüllung bin ich weitgehend frei.“
5
Diese Aussagen wurden von den Arbeitskräften in allen verfahrensgegenständlichen Fällen bejaht. In dem Merkblatt zum Fragebogen wurde in Fett- druck erläutert: „Sofern beim folgenden Fragebogen drei oder gar mehr Fragen mit ,nein‘ beantwortet werden müssen, ist die baldige Abklärung des Status des Mitarbeiters dringend zu empfehlen, da dann bereits sehr starke Merkmale für das Vorliegen einer abhängigen Arbeitnehmertätigkeit (also ,Schein- selbständigkeit‘) im Raum stehen.“ Aufgrund dieser Hinweise und seiner Kennt- nisse von den tatsächlichen Arbeitsabläufen wusste der Angeklagte, dass die Einstufung der von der l. zur Verfügung gestellten Personen als Selbständige „höchst fragwürdig“ war, und er erkannte die Möglichkeit, dass er gegen die Pflicht zur Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen verstoßen könnte, und nahm dies billigend in Kauf.
6
Der organisatorische Ablauf bei der Gestellung von Personen durch den Angeklagten stellte sich während des gesamten Zeitraums, in dem das „Booking“ durchdie l. (zunächst als Einzelgewerbe des Angeklagten, ab April 2010 als GmbH) übernommen wurde, wie folgt dar:
7
Potentiellen Auftraggebern, überwiegend der G. , wurde seitens der l. ein Bestellformular zur Verfügung gestellt, in welchem zum Zwecke der Kalkulation eines konkreten Angebots die zu erwartenden Arbeiten, die Anzahl der benötigten Personen und die erwartete Qualifizierung des Personals eingetragen werden sollten sowie eine zeitliche Einteilung der Arbeitsabläufe. Für Veranstaltungen in der „Lo. “ erfolgte die Planung mit Erstellung der Baupläne und der Pläne für die Bestuhlung durch deren Hallenmeister, den Zeugen S. . Er informierte die l. , wie viele Personen wann zur Realisierung der Veranstaltung gebraucht werden und gab dabei teilweise auch die Namen der gewünschten Techniker an. Die durchzuführenden Tätigkeiten wurden in kurzen Stichworten durch Angabe der erforderlichen Qualifikation der Arbeitskräfte umschrieben. Seinem auf dieser Grundlage erstellten Angebot legte der Angeklagte feste Stundensätze je nach durchzuführender Tätigkeit zugrunde.
8
Sodann schloss er mit dem jeweiligen Auftraggeber einen Vertrag, in dem er sich verpflichtete, die angeforderte Anzahl an Arbeitern zur Verfügung zu stellen. Folgende Tätigkeiten wurden seitens der von dem Angeklagten eingesetzten Personen ausgeführt und in der Bezahlung und Abrechnung differen- ziert: Bühnenhelfertätigkeiten („Stagehand“), Tribünenaufbau („Steelhand“), Höhenarbeiten beim Gerüst- und Tribünenbau bzw. Traversenmontage („Clim- ber“ und „Rigger“), Crewchef,Gabelstaplerfahrer, Tontechniker, Lichttechniker, Videotechniker, Messebauer, Tätigkeit durchgeführt durch Fachkraft für Veranstaltungstechnik , Einsatz einer Elektrofachkraft. Durch die l. wurde sodann ein Personalplan erstellt, der den vorgesehenen Arbeitskräften übermittelt wurde. Er enthielt neben der Angabe, für welche Veranstaltung die jeweilige Person vorgemerkt wurde, auch Einsatzort und -zeit sowie die Einteilung der auszuführenden Tätigkeit je nach Ausbildungsstand oder Fähigkeiten.

9
Entsprechend den Vorgaben der Auftraggeber zu Ort und Zeit der Einsätze waren die vom Angeklagten angefragten Personen, nach ihrer Zusage, verpflichtet, am Einsatzort zu der bestimmten Uhrzeit zu erscheinen. Ablehnungen von Anfragen konnten im Wiederholungsfall zum Ausbleiben weiterer Anfragen führen.
10
Die Einteilung der Kräfte vor Ort in Arbeitsgruppen, die bestimmte Aufbauten vorzunehmen hatten (z. B. Stehtribüne, Traversen), erfolgte durch den Angeklagten selbst oder den jeweiligen „Crewchef“. Bei der Einteilung wurde darauf geachtet, dass unerfahrene Leute mit erfahrenen zusammenarbeiteten. Bei größeren Projekten wurde eine Art „Vorarbeiter“ in den einzelnenGruppen bestimmt. Da die eingesetzten Teams zunehmend eingespielt waren, bedurfte es allerdings nicht immer einer ausdrücklichen Einteilung.
11
Die eingesetzten Personen erstellten die Aufbauten gemeinsam. Die von jedem konkret zu erledigenden Arbeiten ergaben sich aus den Absprachen mit den anderen für den Aufbau eingeteilten Personen bzw. den Crewchefs, so dass keinem der Eingesetzten von vornherein die Verantwortung für einen abgrenzbaren Leistungsteil oblag. Der Crewchef traf die erforderlichen Absprachen mit dem jeweiligen technischen Leiter des Auftraggebers. Zumeist übte der Zeuge St. die Funktion des Crewchefs aus, der ab Anfang 2011 beim Angeklagten fest angestellt war, jedoch schon zuvor für ihn gearbeitet hatte. Die Arbeiten wurden während ihrer Ausführung gelegentlich kontrolliert.
12
Erforderliche Ladearbeiten wurden von den gestellten Arbeitskräften gemeinsam ausgeführt. Dabei wurden nicht nur Personen tätig, die für Helfertätig- keiten eingeteilt waren, sondern auch für speziellere (technische) Bereiche eingeteilte Kräfte. Sofern bestimmte Arbeitsbereiche bereits vor Abschluss des Gesamtauftrages fertiggestellt waren und entsprechender Bedarf bestand, halfen die dann wieder verfügbaren Personen in den anderen Arbeitsbereichen mit. Die wenigen vor Ort benötigten Werkzeuge brachten die Arbeiter in den meisten Fällen selbst mit, ebenso etwa erforderliche Schutzbekleidung. Der Angeklagte stellte den für ihn tätigen Personen Bekleidung mit dem Firmenlogo, deren Tragen zumindest erwünscht war.
13
Nach Fertigstellung der Arbeiten erfolgte eine Kontrolle durch den Crewchef; der Beauftragte der „Lo. “ oder der jeweilige Projektleiter nahm die Arbeiten ab. Nach der Veranstaltung kamen die von dem Angeklagten zur Verfügung gestellten Personen wieder beim Abbau zum Einsatz.
14
Die jeweils gebuchten und eingesetzten Personen stellten Rechnungen an die l. . Es bestanden feste vom Angeklagten vorgegebene, nicht verhandelbare Vergütungssätze, die sich zum einen nach den konkret ausgeführten Arbeiten, zum anderen auch nach der Dauer der Tätigkeit für die l. richtete. Die Arbeiter trugen ihre Arbeitszeit in ein von der l. zur Verfügung gestelltes Formular unter Angabe von Beginn, Ende und eventuell Pausenzeiten sowie jeweils ausgeführter Tätigkeit ein. Diese Angaben dienten auch als Grundlage für die Abrechnung der l. gegenüber dem jeweiligen Auftraggeber. Eine konkrete Aufschlüsselung nach einzelnen Arbeitskräften – insbesonderederen namentliche Nennung – fand auf den Rechnungen nicht statt; vielmehr wurde für eine Veranstaltung lediglich die Gesamtsumme der abgeleisteten Stunden in einzelnen Qualifikationen in Rechnung gestellt.
15
Formell behandelte der Angeklagte die eingesetzten Personen als Selbständige. Alle hatten ein Gewerbe angemeldet und nahmen auch selbst an, selbständig zu sein. Nicht in jedem Fall erzielten sie ihre Einnahmen überwiegend durch ihre Tätigkeit für die l. . Der Angeklagte gewährte ihnen weder Urlaub noch Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Auch gab es keine schriftliche Rahmenvereinbarung dahingehend, dass die Arbeiter zur Ableistung einer Mindeststundenzahl pro Monat verpflichtet gewesen wären. Auch im Übrigen existierte keine schriftliche Vereinbarung für die zu leistende Tätigkeit.
16
Da seine erweiterte Geschäftstätigkeit einen kaufmännischen Geschäftsbetrieb erforderte, ließ der Angeklagte im Jahr 2009 sein Einzelunternehmen in das Handelsregister eintragen. Zur Bewältigung der administrativen und Buchführungsaufgaben stellte er seine Ehefrau ein. Im Frühjahr 2010 wurde im We- ge der Ausgliederung aus dem Einzelunternehmen des Angeklagten die „l. G. GmbH“ gegründet. Im Zuge der Umstrukturierung des Unter- nehmens stellte der Angeklagte aus dem Kreis der für ihn tätigen Personen mehrere als Arbeitnehmer an, so im Januar 2011 den Zeugen St. . Der Zeuge F. war von November 2011 bis Ende 2013 bei der l. angestellt. Für diese Personen erfolgten jeweils Meldungen zur Sozialversicherung.
17
Die Gründung der l. GmbH geschah auf Drängen der G. . Aufgrund entsprechender Beratung durch den Steuerberater und Wirtschaftsprüfer P. hatte sie es zur Bedingung für ihre weitere Zusammenarbeit mit dem Angeklagten gemacht, dass er seine Tätigkeit nicht mehr als Einzelunternehmer , sondern in der Rechtsform einer GmbH ausüben solle. Ausgangspunkt dieser Forderung war die Problematik einer eventuellen Scheinselbständigkeit sowohl in Bezug auf den Einsatz des Angeklagten für die G. als auch auf denjenigen der von ihm vermittelten Personen. Hintergrund der Empfehlung des Zeugen P. war es, eventuellen sozialversicherungsrechtlichen Beitragsforderungen gegenüber der G. entgegenzuwirken.
18
Zur Regelung der Zusammenarbeit mit der G. wurde schließlich ein Rahmenvertrag geschlossen. In diesem war vorgesehen, dass seitens der Firma des Angeklagten der Auf- und Abbau von Bühnen und Tribünen sowie der entsprechenden Technik für die Veranstaltungen in der „Lo. “ und der Stadthalle erfolgen sollte. Aus einer als „Vertragsbestandteile Veranstaltungs- dienstleistungen für ‚ Lo. ‘ und Stadthalle vom 20.09.2010“ bezeichneten Anlage ergaben sich die Stundensätze des für den jeweiligen Auftrag einzusetzenden Personals.
19
Dem Angeklagten, der seine Tätigkeit als faktischer technischer Leiter der „Lo. “ bei hoher, kaum zu bewältigender Auftragslage in erheblichem Umfang ausübte, wurde seitens der G. wiederholt eine Festanstellung angeboten. Als er diese Ende des Jahres 2010 oder Anfang 2011 erneut ablehnte, wurde eine andere Person in Festanstellung mit seinen vorherigen Aufgaben im Bereich Veranstaltungstechnik betraut. In der Folge war er in diesem Bereich zwar weiterhin tätig, jedoch in begrenzterem Umfang. Das „Booking“ führte er allerdings über die l. für die G. fort.
20
Nachdem Anfang 2011 eine Sozialversicherungsprüfung bei der l. G. GmbH angekündigt worden war, kontaktierte der Angeklagte erneut den Steuerberater P. . Dieser bat ihn, die Unterlagen, unter anderem die Fragebögen zur Scheinselbständigkeit zu vervollständigen und auszuwerten. Hierauf veranlasste der Angeklagte eine Versammlung der von ihm eingesetzten Arbeitskräfte. Bereits in der Einladung hierzu wurde angekündigt, dass inhaltlich eine Besprechung zum Thema „Scheinselbständigkeit/Prüfung durch die BfA“ erfolgen solle, und die eingeladenen Personen wurden aufgefordert, unter anderem eine Aufstellung ihrer Auftraggeber in den Jahren 2009 und 2010 mit den jeweiligen Umsätzen mitzubringen. Diejenigen, die nach ihren Auskünften 5/6 oder mehr ihrer Umsätze bei der l. machten, beschäftigte er in geringerem Umfang. Weitere Konsequenzen zog er nicht.
21
Im Zuge der im Jahr 2012 durchgeführten Betriebsprüfung durch die Deutsche Rentenversicherung bei der l. erfolgte eine nicht den tatsächlichen Umständen entsprechende Darstellung der für die Beitrags- und Abführungspflicht wesentlichen Umstände. Dies war dem Angeklagten bewusst und er bezweckte dies auch, um den Eindruck der Selbständigkeit der eingesetzten Personen zu begründen. Die von ihm spätestens 2009 erkannte Möglichkeit , dass diese Einstufung falsch sein könnte, nahm er bewusst hin, weil ihm eine weitere Durchführung seines Geschäftsmodells mit abhängig Beschäftigten nicht möglich erschien. Im Rahmen der Prüfung, für die der Angeklagte den im Sozialversicherungsrecht spezialisierten Rechtsanwalt Gr. , einen seiner Instanzverteidiger, beauftragt hatte, wurden durch diesen – mit Kenntnis und Billigung des Angeklagten – die Arbeitsabläufe unzutreffend ins- besondere dahingehend beschrieben, dass die „Subunternehmer“ einzelne Gewerke eigenständig und weisungsfrei erstellen würden und mit diesen je Auftrag ein Honorar separat verhandelt werde. Im Ergebnis der Betriebsprüfung wurden keine negativen Feststellungen getroffen.
22
2. Nach der rechtlichen Würdigung der Wirtschaftsstrafkammer hat sich der Angeklagte als strafrechtlich verantwortliches Organ (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB) der l. G. GmbH nach § 266a Abs. 1 und 2 StGB strafbar gemacht. Die Tätigkeit von 28 näher bezeichneten Personen für die l. im Tatzeitraum sei als abhängige Beschäftigung einzustufen und habe damit der Sozialversicherungspflicht unterlegen. Bei einer Gesamtwürdigung der für und gegen eine abhängige Beschäftigung sprechenden Merkmale überwögen die ersten deutlich. Sobald die jeweiligen Arbeitskräfte einen von der l. angebotenen Einsatz angenommen hätten, seien sie in deren Betriebsablauf weisungsabhängig eingegliedert gewesen. Abhängig Beschäftigte seien auch diejenigen, deren Tätigkeit für die l. nur einen relativ geringen Anteil ihrer Gesamteinnahmen begründet habe. Da es vorliegend nicht um die Abgrenzung von Dauerarbeitsverhältnissen zu selbständiger Tätigkeit gehe, sondern um die Abgrenzung kurzfristiger Beschäftigungsverhältnisse für nur jeweils einen Arbeitseinsatz von in selbständiger Tätigkeit erfüllten Einzelaufträgen , sei es für die Bewertung dieser kurzfristigen Beschäftigungsverhältnisse „kaum aussagekräftig“, dass eine Person gleichartige Tätigkeiten auch anderen Firmen gegenüber erbracht habe.

II.


23
Das Urteil hält sachlich-rechtlicher Prüfung stand.
24
1. Ohne Rechtsfehler ist das Landgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Bühnenarbeiter (abhängig) Beschäftigte der vom Angeklagten vertretenen l. G. GmbH waren und als solche der Sozialversicherungspflicht unterlagen.
25
a) Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (BSGE 119, 216, 218; BSG, ZIP 2006, 678, 679 f.; NZS 2007, 648, 649 f.; Urteil vom 28.Mai 2008 – B 12 KR 13/07 R, Rn. 15; vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 24. Juni 2015 – 1 StR 76/15, NStZ 2015, 648, 649, und vom 4. September 2013 – 1 StR 94/13, NStZ 2014, 321, 323; Diepenbrock NZS 2016, 127). Ausgangs- punkt der Beurteilung ist dabei das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt und sich aus ihrer „gelebten Beziehung“ erschließen lässt (vgl. BSGE 111, 257, 260; BSG, ZIP 2006, 678, 680; NZS 2007, 648, 650; jeweils mwN). Manche Tätigkeiten können sowohl in abhängiger Beschäftigung als auch im Rahmen einer Selbständigkeit ausgeübt werden (BSGE 123, 50, 54; vgl. z. B. einerseits BSG, Urteil vom 31. März 2015 – B 12 KR 17/13 R und anderseits BSGE 120, 99 zum „Rackjobbing“; zur möglichen selbständigen Tätigkeit von Bühnenarbeitern BGH, Beschluss vom 24. Juni 2015 – 1 StR 76/15, NStZ 2015, 648). Die sozialversicherungsrechtliche Bewertung ist nicht von einem abstrakten Tätigkeitsbild , sondern von der konkreten Gestaltung der jeweiligen Tätigkeit abhängig (KassKomm/Seewald, SGB IV, 101. EL, § 7 Rn. 47b; vgl. auch Knickrehm /Kreikebohm/Waltermann/Berchtold, SGB IV, 5. Aufl., § 7 Rn. 18).
26

b) Nach Maßgabe dieser Grundsätze bestanden zwischen der l. und den 28 im Urteil näher bezeichneten Personen sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse.
27
aa) Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbständigkeit ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen (BSGE 119, 216, 218 f.; 120, 99, 104). Schriftliche Vereinbarungen bestanden zwischen der l. und den von ihr „vermittelten“ Arbeitskräften nicht. Insbesondere gab es auch keine Rahmenverträge als Rechtsgrundlagen für die einzelnen mit jeder Auftragsannahme begründeten Rechtsverhältnisse. Den einzelnen Arbeitseinsätzen lagen lediglich mündliche Absprachen zugrunde, wonach die angefragten Arbeitskräfte sich verpflichteten, zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Veranstaltungsort bestimmte Verrichtungen durchzuführen, und die l. sich verpflichtete, diese nach festgelegten Sätzen zu vergüten.
28
Angesichts der lediglich rudimentären Vertragsvereinbarungen zwischen der l. und den jeweiligen Arbeitskräften kommt ihrer im Rahmen der Vertragsdurchführung „gelebten Beziehung“ eine entscheidende Rolle zu. Zu- treffend hat das Landgericht insoweit auf die Verhältnisse während der Einsätze , das heißt nach Annahme des jeweiligen Einzelauftrags, abgestellt (vgl. BSGE 103, 17, 26; 120, 99, 105; BSG, Urteile vom 4. Juni 1998 – B 12 KR 5/97 R; vom 28. Mai 2008 – B 12 KR 13/07 R, Rn. 24, 26; vom 24. März 2016 – B 12 KR 20/14 R, Rn. 17, mwN).
29
bb) Das Landgericht ist rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass vorliegend die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Merkmale deutlich diejenigen überwiegen, die auf eine selbständige Tätigkeit hindeuten. Die Arbeitskräfte waren – sobald sie einen angebotenen Einsatz angenommen hatten – in den Betrieb der l. eingegliedert, auch wenn sie ihre Tätigkeit an den Veranstaltungsorten erbrachten (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juni 1998 – B 12 KR 5/97 R, aber auch BGH, Beschluss vom 24. Juni 2015 – 1 StR 76/15, NStZ 2015, 648), und wirkten an der von ihr der gegenüber ihren jeweiligen Auftraggebern zu erbringenden Leistung mit.
30
Unter Geltung des mit der G. abgeschlossenen Rahmenvertrages, wonach sie den Auf- und Abbau von Bühnen und Tribünen sowie der entsprechenden Technik für die Veranstaltungen in der „Lo. “ und der Stadthalle übernehmen sollte, führte die l. die erforderlichen Arbeiten aufgrund von Werkverträgen aus. Zu diesem Zweck setzte sie die Arbeitskräfte ein, die jeweils kein selbständiges Gewerk zu erstellen hatten, sondern gemeinsam das von der l. geschuldete Gewerk errichteten. Auch soweit den Arbeitseinsätzen bei anderen Auftraggebern lediglich eine vertragliche Verpflichtung der l. zugrunde lag, „die für die Vorbereitung von Veranstaltungen angeforderte Anzahl an Arbeitern zur Verfügung zu stellen“, ging die zwischen den Beteiligten „gelebte Beziehung“ nach den Feststellungen (vgl. I.1.) deutlich über die bloße Vermittlung von selbstbestimmt tätigen „Subunternehmern“ hin- aus. Nach dem zwischen der l. – im Rahmen ihrer vertraglichen Beziehungen zu den jeweiligen Auftraggebern – und den Arbeitskräften bei den einzelnen Arbeitseinsätzen praktizierten Abläufen ergibt sich vielmehr folgendes Bild, nach dem die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung diejenigen einer selbständigen Tätigkeit der Bühnenarbeiter und Techniker deutlich überwogen und sich die l. als deren Arbeitgeberin darstellte:
31
(1) Die Arbeiter übten ihre Tätigkeit in Teams nach Weisungen der Crewchefs oder der – nach den Gesamtumständen vom Angeklagten hierzu ermächtigten – vor Ort Verantwortlichen der jeweiligen Auftraggeber aus. Dabei spielt ihre Bindung an die terminlichen und örtlichen Vorgaben der für die l. Handelnden, die diese von den Auftraggebern erhalten hatten, keine entscheidende Rolle. Denn auch der Selbständige kann seine Tätigkeit oft nur an bestimmten Orten erbringen und ohne Gefährdung seines Status einer Terminbindung unterworfen sein (vgl. Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann/ Berchtold, aaO, Rn. 23). Jedoch beschränkten sich die den eingesetzten Kräften erteilten Vorgaben nicht auf ein innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens an einem bestimmten Ort herzustellendes abgrenzbares Werk. Vielmehr nahmen die Arbeiter gemeinsam mit weiteren, von der l. ausgesuchten Personen nach Vor-Ort-Einteilung die einzelnen Auf- und Abbauten oder andere umschriebene Verrichtungen vor und schuldeten der l. , zu der allein sie in vertraglichen Beziehungen standen, keinen Erfolg, sondern lediglich ihre Arbeit. Bei Bedarf führten sie im Verlauf ihres jeweiligen Einsatzes aufgrund von Einzelweisungen ergänzende Arbeiten durch, die nicht ihrer Qualifikation entsprachen. Die einzelnen Helfer mussten sich demnach in eine fremdbestimmte Arbeitsorganisation einfügen. Soweit der Angeklagte oder der für ihn tätige Zeuge St. im Rahmen der Personalplanung mit ihren Weisungen das weitergaben, was von den Veranstaltern vertraglich vorgegeben worden war, ist dies kein der Arbeitgebereigenschaft der l. widersprechendes Indiz. Denn dies ist die Regel, wenn sich Unternehmer zur Ausführung der von ihnen übernommenen (Werk-)Vertragsverpflichtungen ihrer Beschäftigten bedienen (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juni 1998 – B 12 KR 5/97 R, Rn. 22). Dass die für die l. Tätigen ihre Arbeiten nicht in deren Betriebsstätte verrichteten, ist rechtlich ebenfalls ohne Bedeutung, weil die Struktur und Arbeitsorganisation als Übernahme und Erfüllung von Aufträgen in den jeweiligen Veranstaltungsstätten gekennzeichnet war (vgl. BSG, aaO, Rn. 19).
32
Für eine abhängige Beschäftigung der eingesetzten Personen im Betrieb der l. spricht ferner, dass sie höchstpersönlich zur Leistung verpflichtet waren und von der l. nach festen, nicht verhandelbaren Stundensätzen bezahlt wurden. Sie schrieben keine Rechnungen, sondern trugen lediglich ihre Arbeitszeit in von der l. zur Verfügung gestellte Formulare ein. Die Abrechnung ihnen gegenüber erfolgte durch die l. . Das Tragen einheitlicher Firmenkleidung war zumindest erwünscht, so dass die Arbeitskräfte nach außen im Namen der l. auftraten und der Eindruck einer „corporate identity“ entstand (vgl. zu den Indizien abhängiger Beschäfti- gung gegenüber Selbständigkeit Metz, NStZ-RR 2013, 333, 334; MüKo/Radtke, StGB, 3. Aufl., § 266a Rn. 13 f.).
33
Die Eingliederung in fremdbestimmte organisatorische Abläufe galt – wie das Landgericht zu Recht festgestellt hat – auch für die Crewchefs. In der sozialgerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass die Weisungsgebundenheit – vornehmlichbei Diensten höherer Art – eingeschränkt und zur „funktionsge- recht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinert sein kann (vgl. z. B. BSG, Urteil vom 26. September 2017 – B 1 KR 31/16 R, Rn. 20 [für den Abdruck in BSGE vorgesehen]). Die Crewchefs arbeiteten nicht mit selbst ausgewähltem Personal; es wurde vielmehr eine fremdbestimmte personelle Zusammensetzung vorgenommen. Sie waren zwar gegenüber den gebuchten Personen weisungsberechtigt, handelten dabei allerdings als funktionsgerecht Dienende innerhalb eines fremdbestimmten Arbeitsprozesses.
34
Der Eingliederung der Arbeiter in den Betrieb der l. stand nicht entgegen, dass sie das einzelne Arbeitsangebot des Angeklagten ablehnen konnten (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juni 1998 – B 12 KR 5/97 R, Rn. 20). Zwar ist die Möglichkeit, Aufträge anzunehmen oder abzulehnen, grundsätzlich ein Indiz für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit. Doch sind auch im Rahmen von (abhängigen) Beschäftigungen wie etwa Abrufarbeitsverhältnissen (§ 12 TzBfG) Vertragsgestaltungen nicht unüblich, die es weitgehend dem Arbeitnehmer überlassen, ob er im Anforderungsfall tätig werden will oder ein Angebot ablehnt. Nimmt der Betroffene es jedoch an, übt er die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit in einem fremden Betrieb und damit im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung aus und wird nicht allein wegen der grundsätzlich bestehenden Ablehnungsmöglichkeit zum selbständig Tätigen (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21. November 2008 – L 4 KR 4098/06, Rn. 30; Hessisches LSG, Urteil vom 24. Februar 2009 – L 1 KR 249/08, Rn. 28).
35
(2) Auch soweit die l. G. GmbH gegenüber anderen Auftraggebern als der G. tätig wurde, war sie – und nicht der jeweilige Auftraggeber – Arbeitgeberin der eingesetzten Kräfte. Der für sie handelnde Angeklagte entschied über die Aufnahme von Personen in seinen Pool, deren Schulung , deren Bezahlung und über deren Einsatz bei bestimmten Aufträgen, teilweise allerdings auf Wunsch der Auftraggeber. Die Einteilung der hierarchisch strukturierten Arbeitsgruppen bei den einzelnen Einsätzen wurde ebenfalls durch den Angeklagten oder die jeweiligen Crewchefs, häufig durch den ab Januar 2011 bei der l. angestellten Zeugen St. , vorgenommen. Soweit neben dem Angeklagten und den Crewchefs auch vor Ort Verantwortliche der Auftraggeber den Arbeitskräften Anweisungen erteilten, weist dies allein noch nicht auf eine – durch die Wirtschaftsstrafkammer in Betracht gezogene – (unerlaubte) Arbeitnehmerüberlassung durch die l. hin (vgl. BGH, Urteil vom 16. April 2014 – 1 StR 516/13, NJW 2014, 1975, 1977; Beschluss vom 12. Februar 2003 – 5 StR 165/02, NJW 2003, 1821; Höpfner in Henssler /Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, 8. Aufl., § 1 AÜG, Rn. 26 ff.; Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann/Berchtold, aaO, Rn. 52). Auch im Fall der unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung gälte im Übrigen die l. als lohnzahlende Verleiherin gemäß § 10 Abs. 3 AÜG, § 28e Abs. 2 Sätze 3 und 4 SGB IV gegenüber der Einzugsstelle als Arbeitgeberin und hätte neben dem Entleiher für den auf das Arbeitsentgelt entfallenden Gesamtsozialversicherungsbeitrag einzutreten (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juni 2001 – 3 StR 126/01, NStZ 2001, 599).
36
(3) Im Rahmen ihrer Tätigkeit für den Angeklagten trugen die Arbeitskräfte kein Unternehmerrisiko und erfüllten damit gerade dieses maßgeblich für eine selbständige Tätigkeit sprechende Merkmal nicht.
37
Wesentliches Kriterium für ein Unternehmerrisiko ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch unter Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, so dass der Erfolg des Einsatzes der sächlichen und persönlichen Mittel ungewiss ist (BSG, Urteile vom 4. Juni 1998 – B 12 KR 5/97 R, Rn. 23; vom 28. Mai 2008 – B 12 KR 13/07 R, Rn. 27; vom 25. Januar 2001 – B12 KR 17/00 R, Rn. 24). Die Bühnenarbeiter und Techniker wandten, was arbeitnehmertypisch ist, nur ihre eigene Arbeitskraft und Berufserfahrung auf. Sie stellten keine Arbeitsmittel mit der ungewissen Aussicht zur Verfügung, Einnahmen zu erzielen. Auch die eigene Arbeitskraft wurde nicht mit ungewissem Erfolg aufgewandt, da ihre Tätigkeit nach festen Sätzen vergütet wurde. Es ist arbeitnehmertypisch und spricht für eine (abhängige) Beschäftigung, wenn Erwerbstätigen – wie vorliegend – die Vergütung unabhängig vom Ergebnis ihrer Tätigkeit und vom wirtschaftlichen Ergebnis des Auftraggebers zusteht und sie keine Abzüge wegen Schlechtleistung zu befürchten haben (Mette, NZS 2015, 721, 725). Die Tatsache, dass die Arbeiter außerhalb der Erledigung der Einzelaufträge frei über ihre Arbeitszeit und Arbeitskraft verfügen konnten, hatte keinen Bezug zu der Vergütungsregelung für die geleistete Arbeit. Das hieraus folgende Risiko, zeitweise die eigene Arbeitskraft nicht verwerten zu können, begründete kein Unternehmerrisiko während der Arbeitseinsätze (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juni 1998 – B 12 KR 5/97 R, Rn. 23).
38
Es ist insoweit auch nicht aussagekräftig, dass die eingesetzten Personen jeweils ein Gewerbe, manche auch im Bereich der Veranstaltungstechnik oder des Bühnenbaus, angemeldet hatten, „weil es Voraussetzung war, überhaupt zu arbeiten“. Das Gewerbeaufsichtsamt prüft nicht, ob tatsächlich eine Beschäftigung vorliegt. Die für die l. Tätigen traten über die Verteilung von Visitenkarten hinaus nicht werbend am Markt auf und keinem von ihnen „kam es darauf an, mit dem unternehmerischen Risiko verbundene Freiheiten zur eigenen unternehmerischen Entfaltung zu nutzen, sondern allein darauf, durch den Einsatz ihrer Arbeitskraft Geld zu verdienen“.
39
(4) Dass die Arbeiter im streitigen Zeitraum auch für andere Auftraggeber tätig waren, ist ohne Bedeutung für ihre Eingliederung in den Betrieb der Klägerin während des jeweiligen Arbeitseinsatzes und mithin kein entscheidendes Kriterium für eine selbständige Tätigkeit (vgl. BSG, aaO, Rn. 21). Dies gilt – wie die Wirtschaftsstrafkammer zu Recht annimmt – auch für diejenigen Personen, bei denen die Tätigkeit für den Angeklagten nur einen relativ geringen Anteil ihrer Gesamteinnahmen ausmachte. Die Tätigkeit nur für einen Auftraggeber spricht zwar für eine abhängige Beschäftigung; der Umkehrschluss, dass eine Tätigkeit für mehrere Auftraggeber einem Beschäftigungsverhältnis entgegenstehe , ist aber nicht zulässig (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21. November 2008 – L 4 KR 4098/06, Rn. 7). Auch ein abhängig Beschäftigter kann bei mehreren Arbeitgebern beschäftigt sein. Soweit die Wirtschaftsstrafkammer nicht ausschließen konnte, dass nicht sozialversicherungspflichtige kurzfristige oder (regelmäßig) geringfügige Beschäftigungen (§ 8 SGB IV) vorlagen, hat sie dies berücksichtigt.
40
(5) Der Nichtgewährung von Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sowie Urlaub kommt im Rahmen der nach § 7 Abs. 1 SGB IV vorzunehmenden Gesamtabwägung keine eigenständige Bedeutung zu. Vielmehr setzt der Ausschluss ansonsten zwingender arbeits- und sozialrechtlicher Rechte und Pflichten das Fehlen des Status als Beschäftigter voraus. Allein die Vorenthaltung von Rechten oder die Belastung eines Erwerbstätigen, der im Übrigen nach der tatsächlichen Gestaltung des gegenseitigen Verhältnisses als abhängig Beschäftigter anzusehen ist, mit zusätzlichen Risiken rechtfertigt nicht die Annahme von Selbständigkeit im Rechtssinne (vgl. BSGE 120, 99, 108 mwN).
41
c) Entgegen der Auffassung der Revision ist eine Beschränkung des objektiven Tatbestandes des § 266a StGB unter dem Gesichtspunkt der Vertretbarkeit der für den Betroffenen günstigen Rechtsansicht zu seiner Arbeitgebereigenschaft nicht vorzunehmen. Abgesehen von der Frage, wie eine solche dogmatisch verortet werden könnte (vgl. gegen eine „autonome“ strafrechtliche Definition des Arbeitgeberbegriffs Kudlich, ZIS 2011, 482, 488), besteht hierfür schon kein Bedürfnis. Denn der Angeklagte war nicht darauf verwiesen, diese Frage – gegebenenfalls nach fachkundiger Beratung – aufgrund eigener rechtlicher Beurteilung zu entscheiden. Vielmehr hätte er es in der Hand gehabt, einen (kostenlosen) Antrag nach § 7a SGB IV bei der Deutschen Rentenversicherung Bund zu stellen und auf diesem Wege, gegebenenfalls durch weitere – die Fälligkeit des Gesamtsozialversicherungsbeitrages hinausschiebende (§ 7a Abs. 6 Satz 2 SGB IV) – Anrufung der Sozialgerichte, klären zu lassen, ob eine Beschäftigung im Sinne des § 7 SGB IV vorliegt (vgl. Mette, NZS 2015, 721, 722; KassKomm/Seewald, SGB IV, 101. EL, § 7 Rn. 49). Ungeachtet des Um- stands, dass die Entscheidung im sozialversicherungsrechtlichen Anfrageverfahren und selbst eine entsprechende rechtskräftige sozialgerichtliche Entscheidung im Hinblick auf das Bestehen oder Nichtbestehen eines Beschäftigungsverhältnisses rechtlich keine Bindungswirkung entfaltet (vgl. MüKo/Radtke, StGB, 3. Aufl., § 266a Rn. 15; Kudlich aaO 484), hätte der Angeklagte mit der Stellung des Antrags ein Strafbarkeitsrisiko vermeiden können.
42
2. Die Wirtschaftsstrafkammer ist ohne Rechtsfehler zu der Überzeugung gelangt, dass der Angeklagte im Tatzeitraum ernsthaft mit der Möglichkeit rechnete , gegen die Pflicht zur Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen zu verstoßen , und dies billigend in Kauf nahm.
43
Sie schließt dies zum einen aus den mit der Verteilung und Beantwortung des von dem Zeugen P. ausgearbeiteten Fragebogens zusammenhängenden Umständen. Vor dem Hintergrund, dass die in den Feststellungen genannten Fragen angesichts der dem Angeklagten bekannten Umstände durch die Arbeiter nicht wahrheitsgemäß mit „nein“ beantwortet werden konnten, ergab sich bereits aus den Hinweisen im Fragebogen selbst, dass „sehr starke Merkmale für das Vorliegen einer abhängigen Arbeitnehmertätigkeit (also ,Scheinselbständigkeit‘)“ vorlagen. Zudem war dem Angeklagten bekannt, dass die G. die Gründung einer GmbH durch ihn als Bedingung der Fortführung der Geschäftsbeziehungen gerade deshalb verlangte, weil sie eine eigene Beitragspflicht für Scheinselbständige vermeiden wollte. Hierdurch drängte sich für den Angeklagten auf, dass das Problem der Scheinselbständigkeit der „vermittelten“ Personen auch die von ihm geführte GmbH als mögliche Arbeitgeberin betraf.
44
Einem Irrtum in Bezug auf die Arbeitgeberstellung der l. unterlag der Angeklagte demnach nicht. Er kannte nicht nur die hierfür maßgeblichen tatsächlichen Umstände, sondern erkannte auch, dass auf deren Grundlage die l. möglicherweise als Arbeitgeberin anzusehen war, und billigte dies.

Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob eine etwaige Fehlvorstellung über die Arbeitgebereigenschaft in § 266a StGB und die daraus folgende Abführungspflicht insgesamt als Tatbestandsirrtum zu behandeln wäre (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 2018 – 1 StR 331/17, NStZ-RR 2018, 180, 182 mwN).
Mutzbauer Sander Schneider
Mosbacher Köhler

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 626/12
vom
5. Juni 2013
in der Strafsache
gegen
wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. Juni 2013 beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 19. Juni 2012 wird
a) das Verfahren eingestellt, soweit die Angeklagte im Fall 18 der Urteilsgründe wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung tateinheitlich mit Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt verurteilt worden ist; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Angeklagten der Staatskasse zur Last;
b) das vorgenannte Urteil im Schuldspruch dahingehend geändert und klarstellend gefasst, dass die Angeklagte der Beihilfe zur Steuerhinterziehung tateinheitlich mit Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in 17 Fällen schuldig ist;
c) das vorgenannte Urteil im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit der Maßgabe aufgehoben, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe gemäß §§ 460, 462 StPO, auch über die verbleibenden Kosten des Rechtsmittels, zu treffen ist. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung tateinheitlich mit Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in 18 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und zwei Monaten verurteilt.
2
Gegen dieses Urteil wendet sich die Angeklagte mit ihrer auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel erzielt mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es unbegründet i.S.v. § 349 Abs. 2 StPO.

I.


3
Die Verfahrensrügen haben aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 9. Februar 2013 zutreffend dargelegten Gründen keinen Erfolg.

II.


4
1. Auf die Revision der Angeklagten ist das Verfahren gemäß § 206a Abs. 1 StPO i.V.m. § 354 Abs. 1 StPO wegen eines Verfahrenshindernisses einzustellen, soweit die Angeklagte im Fall 18 der Urteilsgründe wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung tateinheitlich mit Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt verurteilt worden ist. Wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend ausgeführt hat, war die abgeurteilte Tat nicht Gegenstand der unverändert zugelassenen Anklage; eine Nachtragsanklage gemäß § 266 StPO ist nicht erhoben worden.
5
2. In den Fällen 1 bis 17 der Urteilsgründe weist der Schuldspruch wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung in Tateinheit mit Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt keine durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten auf.
6
a) Aus den Urteilsgründen in ihrer Gesamtheit ist die Eigenschaft der Kolonnenführer als Arbeitgeber i.S.v. § 266a Abs. 1 und 2 StGB hinsichtlich der zur Durchführung der Bauarbeiten eingesetzten Arbeiter hinreichend deutlich zu entnehmen. Die Bestimmung des Arbeitgeberbegriffs in § 266a StGB richtet sich nach dem Sozialversicherungsrecht, das wiederum auf das Arbeitsrecht Bezug nimmt (Radtke in Münchener Kommentar zum StGB, § 266a Rn. 8 f. mwN). Arbeitgeber ist dementsprechend der nach §§ 611 ff. BGB Dienstberechtigte , also derjenige, dem der Arbeitnehmer nicht selbständige Dienste gegen Entgelt leistet und zu dem er in einem Verhältnis persönlicher Abhängigkeit steht, das sich vornehmlich in seiner regelmäßig mit einem Weisungsrecht des Arbeitgebers verbundenen Eingliederung in den Betrieb des Arbeitgebers äußert (vgl. Fischer, StGB, 60. Aufl., § 266a Rn. 4 und 4a mwN; Matt in Matt/Renzikowski, StGB, § 266a StGB Rn. 16 mwN). Für die Beurteilung, ob ein sozialversicherungs- und lohnsteuerpflichtiges Arbeitsverhältnis vorliegt, sind allein die tatsächlichen Gegebenheiten maßgeblich (vgl. Senat, Beschluss vom 7. Oktober 2009 - 1 StR 478/09, wistra 2010, 29; Urteil vom 2. Dezember 2008 - 1 StR 416/08, NJW 2009, 528). Nach der von der Strafkammer rechtsfehlerfrei insoweit als glaubhaft angesehenen Einlassung der Angeklagten hatte nicht die O. GmbH, sondern die Kolonnenführer dafür Sorge zu tragen, dass die für die Durchführung der Aufträge benötigten Arbeiter zur Verfügung standen. Entsprechend wurden die Planung und die Durchführung der Bauarbeiten von den den Auftraggebern unter den Namen „M. “, „P. “ und „E. “ bekannten Kolonnenführern übernommen,die auch die für die jeweilige Baustelle erforderlichen Arbeiter stellten und diese als „Bauleiter“ anwiesen und überwachten.
7
b) Indem die Kolonnenführer ihren steuerrechtlichen und sozialversicherungsrechtlichen Pflichten als Arbeitgeber zur monatlichen Abgabe von Lohnsteuer -Anmeldungen sowie zur Anmeldung und Abführung der Arbeitnehmerund Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung im Zeitraum Juli 2007 bis November 2008 nicht nachgekommen sind, haben diese sich wegen Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO und wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt gemäß § 266a Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 StGB in jeweils 17 Fällen strafbar gemacht.
8
c) Zu diesen Taten hat die Angeklagte Hilfe geleistet (§ 27 StGB). Die Angeklagte ermöglichte es den Kolonnenführern, ihre Bauleistungen unter Einsatz nicht ordnungsgemäß bei dem zuständigen Finanzamt und den Sozialversicherungsträgern gemeldeter Arbeitnehmer „schwarz“ zu erbringen, indem sie ihnen die nur zum Schein als Baufirma auftretende O. GmbH zur Verfügung stellte. Die Angeklagte erstellte nach den Vorgaben der Kolonnenführer unter dem Namen der O. GmbH Rechnungen an die Auftraggeber. Nach Eingang der Zahlungen reichte die Angeklagte die Beträge nach Abzug einer Provision in Höhe von 8 % an die Kolonnenführer weiter, die die Gelder teils zur Auszahlung von Schwarzlöhnen verwendeten und teils als Gewinn behielten.
9
Das Landgericht hat die Beihilfehandlungen der Angeklagten zu Recht als rechtlich selbständige Fälle der Beihilfe zur Steuerhinterziehung tateinheitlich mit Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt beurteilt. Wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat, erschöpfte sich die Hilfeleistung der Angeklagten nicht im Aufbau und der Aufrechterhaltung eines auf Straftaten ausgerichteten Betriebes („uneigentliches Organisationsdelikt“, vgl. hierzu BGH, Beschlüsse vom 14. Juni 2011 - 1 StR 90/11, wistra 2011, 344; und vom 26. August 2003 - 5 StR 145/03, BGHSt 48, 331, 343; Urteile vom 17. Juni 2004 - 3 StR 344/03, BGHSt 49, 177, 184, und vom 11. Dezember 1997 - 4 StR 323/97, BGHR StGB § 263 Täterschaft 1). Vielmehr hat die Angeklagte durch Rechnungserstellung und Weiterleitung der Gelder in jedem der monatlichen Anmeldungs- bzw. Beitragszeiträume einen Beitrag zu jeder einzelnen Tat geleistet.
10
3. Aufgrund der Verfahrenseinstellung im Fall 18 der Urteilsgründe war der Schuldspruch dahingehend zu ändern und klarstellend zu fassen, dass die Angeklagte der Beihilfe zur Steuerhinterziehung in Tateinheit mit Beihilfe zum Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in 17 Fällen schuldig ist.
11
4. Der Strafausspruch hat hinsichtlich der in den Fällen 1 bis 17 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen im Ergebnis Bestand.
12
Zwar hat das Landgericht bei der Strafzumessung rechtsfehlerhaft eine Verurteilung der Angeklagten wegen Steuerhinterziehung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen aus dem Jahr 2006 berücksichtigt, obwohl gemäß § 46 Abs. 1 Nr. 1 BZRG bereits Tilgungsreife eingetreten ist und diese damit nicht mehr zum Nachteil der Angeklagten hätte verwertet werden dürfen (§ 51 Abs. 1 BZRG). Die verhängten Einzelstrafen erweisen sich jedoch als angemessen i.S.v. § 354 Abs. 1a Satz 1 StPO.
13
Die bei verfassungskonformer Auslegung erforderlichen Voraussetzungen für eine Entscheidung nach dieser Vorschrift (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Juni 2007 - 2 BvR 1447/05, 2 BvR 136/05, BVerfGE 118, 212) sind hier gegeben. Dem Senat steht ein zutreffend ermittelter, vollständiger und aktueller Strafzumessungssachverhalt zur Verfügung. Es gibt keine Anhaltspunkte für erst nach der erstinstanzlichen Hauptverhandlung eingetretene und dementsprechend bisher nicht berücksichtigte Entwicklungen oder Ereignisse, die ein neuer Tatrichter nahe liegend feststellen und zu Gunsten der Angeklagten berücksichtigen würde. Der Senat hat die Angeklagte zudem auf die aus seiner Sicht für eine Sachentscheidung nach § 354 Abs. 1a Satz 1 StPO sprechenden Gründe hingewiesen und ihr Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
14
Unter Abwägung aller für die Strafzumessung bedeutsamen Urteilsfeststellungen sowie unter Berücksichtigung der Ausführungen des Verteidigers in dem Schriftsatz vom 11. Mai 2013 hält der Senat die vom Landgericht in den Fällen 1 bis 17 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen für angemessen. Die Angeklagte hat wesentliche Beiträge zu einem von Anfang an auf die Hinterziehung von Lohnsteuern und das Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen ausgelegten System geleistet, wodurch im Zeitraum Juli 2007 bis November 2008 Steuer- und Beitragsschäden von mehr als zwei Millionen Euro verursacht wurden. Den Straftaten der Angeklagten kam angesichts ihrer zeitlichen und sachlichen Verschränkung Seriencharakter zu, so dass bereits bei der Zumessung der Einzelstrafen die Gesamtserie und der dadurch verursachte Gesamtschaden in den Blick zu nehmen ist (vgl. Senat, Beschluss vom 29. November 2011 - 1 StR 459/11, wistra 2012, 151; Urteil vom 17. März 2009 - 1 StR 627/08, BGHR StGB § 46 Begründung 1).
15
5. Der Senat hat mit Blick auf die im eingestellten Fall verhängte Einzelfreiheitstrafe von einem Jahr und sieben Monaten den Ausspruch über die Gesamtstrafe mit der Maßgabe aufgehoben, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach §§ 460, 462 StPO, auch hinsichtlich der verbleibenden Kosten des Rechtsmittels, zu treffen ist (§ 354 Abs. 1b StPO).
Wahl Rothfuß Graf Radtke Zeng

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR 94/13
vom
4. September 2013
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. September 2013 gemäß
§ 154 Abs. 2, § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 14. August 2012 wird
a) das Verfahren eingestellt, soweit die Angeklagten wegen der Beschäftigung von Ausländern ohne Genehmigung in größerem Umfang verurteilt worden sind; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Angeklagten jeweils der Staatskasse zur Last;
b) das vorgenannte Urteil in den Schuldsprüchen dahingehend geändert, dass der Angeklagte S. des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 69 Fällen und der Angeklagte Sc. des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 42 Fällen schuldig sind.
2. Die weitergehenden Revisionen werden als unbegründet verworfen.
3. Die Beschwerdeführer haben die verbleibenden Kosten ihres jeweiligen Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten S. wegen Beschäftigung von Ausländern ohne Genehmigung in größerem Umfang sowie wegen 69 Fällen des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt, „hierbei in 58 Fällen in Tateinheit mit Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt“, zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Den Angeklagten Sc. hat es ebenfalls wegen Beschäftigung von Ausländern ohne Genehmigung in größerem Umfang sowie wegen des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 42 Fällen, „hierbei in 33 Fällen in Tateinheit mit Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt“, schuldig gesprochen und eine Freiheitsstrafe von drei Jahren verhängt. Von den erkannten Freiheitsstrafen hat es jeweils drei Monate als vollstreckt geltend festgestellt.
2
Gegen dieses Urteil wenden sich die Angeklagten mit ihren jeweils auf die Sachrüge gestützten Revisionen. Die Rechtsmittel haben lediglich den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg.

I.


3
Nach den Feststellungen des Tatgerichts betrieben bzw. betreiben die Angeklagten eine große Champignonzuchtanlage. Innerhalb des verfahrensgegenständlichen Tatzeitraums von Oktober 2004 bis Ende Mai 2007 kam es im Juni 2006 zu einem Übergang der Betriebsinhaberschaft von dem Angeklagten S. und dessen nicht revidierender, mitangeklagter Ehefrau auf den Angeklagten Sc. , deren gemeinsamen Sohn. Die Angeklagten hatten vor dem Beitritt Polens zur Europäischen Union (EU) in großem Umfang unter Einhaltung der damaligen gesetzlichen Vorschriften polnische Staatsangehörige als Saisonarbeiter eingesetzt. Die ganz überwiegende Anzahl von ihnen war in mehreren Jahren für die Angeklagten tätig gewesen.
4
Nach dem EU-Beitritt Polens meldeten auf Anregung der Angeklagten drei zuvor für diese tätige Saisonarbeiter in Polen jeweils Gewerbe mit dem Geschäftsbereich Dienstleistung im Bereich von Ackerbau u.ä. an. Mit diesen schlossen die Angeklagten ab Mai 2004 als „Werksverträge“ bezeichnete Ver- träge ab. Danach sollten die polnischen Gewerbetreibenden mit eigenen, geeigneten Fachkräften die Ernte von Champignons sowie die Kulturpflege (gießen und säubern) im Betrieb der Angeklagten übernehmen. Der Einsatz sowohl der drei polnischen Firmeninhaber als auch der von diesen eingesetzten - bereits früher für die Angeklagten tätigen - polnischen Arbeitnehmer erfolgte allerdings entgegen der gewählten vertraglichen Gestaltung unter Eingliederung in den Betriebsablauf des Unternehmens der Angeklagten sowie unter deren Weisungshoheit. Ausländerrechtliche Genehmigungen lagen für die eingesetzten polnischen Staatsangehörigen nicht vor. Deren Anmeldung bei den zuständigen Sozialversicherungsträgern erfolgte ebenso wenig wie die fristgerechte Abführung der entsprechenden Sozialversicherungsbeiträge. Insgesamt wurden nach den Feststellungen des Tatgerichts im Tatzeitraum Sozialversicherungsbeiträge von rund 880.000 Euro nicht an die Sozialversicherungsträger abgeführt.

II.


5
Der Senat stellt das Verfahren auf Antrag des Generalbundesanwalts gemäß § 154 Abs. 2 StPO ein, soweit beide Angeklagte wegen Beschäftigung von Ausländern ohne Genehmigung im großen Umfang (§ 11 Abs. 1 SchwarzArbG ) verurteilt worden sind. Die insoweit verhängten Einzelstrafen von acht Monaten fallen gegenüber den für die Taten gemäß § 266a StGB verhängten Strafen insgesamt nicht ins Gewicht.
6
Die Einstellung des Verfahrens wegen der dem Vorwurf des Verstoßes gegen § 11 Abs. 1 SchwarzArbG zugrunde liegenden jeweiligen Tat erfolgt im Interesse der Verfahrensökonomie. Die bisher vom Tatgericht getroffenen Feststellungen würden nicht ausreichen, um eine entsprechende Verurteilung zu tragen. Es ist insbesondere nicht ausreichend berücksichtigt worden - was von den Revisionen im Grundsatz zu Recht geltend gemacht wird -, ob und ggf. welche der im Tatzeitraum beschäftigten polnischen Arbeitnehmer bereits vor dem EU-Beitritt Polens mindestens 12 Monate für den deutschen Arbeitsmarkt zugelassen waren. Läge diese Voraussetzung vor, hätten die entsprechenden polnischen Arbeitgeber bereits ab dem Zeitpunkt des Unionsbeitritts in vollem Umfang die unionsrechtliche Arbeitnehmerfreizügigkeit genossen (Mosbacher in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2011, § 404 SGB III Rn. 25 mwN). Eine Strafbarkeit gemäß § 11 Abs. 1 SchwarzArbG bestünde dann nicht. Angesichts der Vielzahl der nach den landgerichtlichen Feststellungen in dem Betrieb der Angeklagten eingesetzten polnischen Arbeitnehmer sowie der zumindest überwiegend saisonalen Beschäftigung ist aber keineswegs ausgeschlossen, dass eine zur Tatbestandsverwirklichung („gleichzeitig mehr als fünf Ausländer“) ausreichende Zahl polnischer Arbeitnehmer im Tatzeitraum ohne die erforderlichen Genehmigungen beschäftigt wurden. Die Klärung der relevanten Verhältnisse verlangte weitere umfangreiche Sachverhaltsfeststellungen. Dessen bedarf es jedoch wegen der Einstellungsvoraussetzungen gemäß § 154 Abs. 2 StPO nicht.
7
Für den Schuldumfang der den Angeklagten vorgeworfenen Tat gemäß § 11 Abs. 1 SchwarzArbG hätte zudem bedacht werden müssen, dass für eine innerhalb des Tatzeitraums liegende Zeitspanne aufgrund eines gesetzgeberischen Versehens (ausführlich dazu Mosbacher wistra 2005, 54 ff.) eine Strafbarkeit inländischer Arbeitgeber wegen der (ungenehmigten) Beschäftigung von Arbeitnehmern aus den zum 1. Mai 2004 der EU beigetretenen Staaten nicht angenommen werden kann (Mosbacher in Graf/Jäger/Wittig, aaO, § 10 SchwarzArbG Rn. 4). Auch vor dem Hintergrund dieses dadurch - gegenüber dem von dem Tatgericht angenommenen Schuldumfang - geringen Umfangs des verschuldeten Unrechts erfolgt die Einstellung des Verfahrens durch den Senat.

III.


8
Die gegen die Verurteilung wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt (§ 266a StGB) gerichteten Revisionen bleiben mit Ausnahme der aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Schuldspruchänderung ohne Erfolg. Die auf einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung beruhenden Feststellungen des Tatgerichts über die tatsächliche Durchführung der von den polnischen Staatsangehörigen ausgeführten Tätigkeiten im Betrieb der Angeklagten tragen in diesem Umfang die Schuldsprüche.
9
1. Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass es sich zunächst bei dem Angeklagten S. und nach dem Betriebsübergang bei dem Angeklagten Sc. um Arbeitgeber im Sinne von § 266a Abs. 1 und 2 StGB handelte, zu denen die fraglichen ausländischen Arbeit- nehmer in einem inländischen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis (vgl. § 7 Abs. 1 SGB IV) standen.
10
a) Ob eine Person Arbeitgeber im Sinne von § 266a StGB ist, richtet sich nach dem Sozialversicherungsrecht, das seinerseits diesbezüglich auf das Dienstvertragsrecht der §§ 611 ff. BGB abstellt. Arbeitgeber ist danach derjenige , dem gegenüber der Arbeitnehmer zur Erbringung von Arbeitsleistungen verpflichtet ist und zu dem er in einem persönlichen Abhängigkeitsverhältnis steht, das sich vor allem durch die Eingliederung des Arbeitnehmers in den Betrieb des Arbeitgebers ausdrückt (siehe etwa BSGE 34, 111, 113). Das Bestehen eines solchen Beschäftigungsverhältnisses zum Arbeitgeber bestimmt sich dabei nach den tatsächlichen Gegebenheiten (st. Rspr., etwa BGH, Urteil vom 2. Dezember 2008 - 1 StR 416/08, BGHSt 53, 71, 77; Beschlüsse vom 7. Oktober 2009 - 1 StR 478/09, NStZ 2010, 337 f., und vom 27. September 2011 - 1 StR 399/11, NStZ-RR 2012, 13; siehe auch BGH, Urteil vom 13. Juni 2001 - 3 StR 126/01, NStZ 2001, 599, 600). Die Vertragsparteien können aus einem nach den tatsächlichen Verhältnissen bestehenden Beschäftigungsverhältnis resultierende sozialversicherungsrechtliche Abführungspflichten nicht durch eine abweichende Vertragsgestaltung beseitigen (BGH jeweils aaO; ebenso BSGE 45, 199, 200; BSG NZS 2007, 648, 650; siehe auch die Nachw. bei Seewald in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 7 SGB IV Rn. 53 ff.).
11
Um auf der Grundlage der maßgeblichen tatsächlichen Gegebenheiten das Vorliegen eines (inländischen) sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses zu beurteilen, ist eine wertende Gesamtbetrachtung bzw. Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände vorzunehmen (BSGE 51, 164, 167; BSG NZS 2007, 648, 649; siehe auch Baier in Krauskopf, Soziale Kran- kenversicherung, SGB IV § 7 Rn. 11; in der Sache ebenso BAG NJW 2010, 2455, 2456). In diese Gesamtbetrachtung sind vor allem das Vorliegen eines umfassenden arbeitsrechtlichen Weisungsrechts, die Gestaltung des Entgelts und seiner Berechnung (etwa Entlohnung nach festen Stundensätzen), Art und Ausmaß der Einbindung in den Betriebsablauf des Arbeitgeberbetriebes sowie die Festlegung des täglichen Beginns und des Endes der konkreten Tätigkeit einzustellen (siehe BGH, Urteil vom 13. Juni 2001 - 3 StR 126/01, NStZ 2001, 599 f.; Beschluss vom 7. Oktober 2009 - 1 StR 478/09, NStZ 2010, 337 f.; siehe auch Beschluss vom 27. September 2011 - 1 StR 399/11, NStZ-RR 2012, 13 mit Nachw. zum unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff). Die in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs herangezogenen Kriterien für die Beurteilung des Vorliegens eines Beschäftigungsverhältnisses stimmen mit der Rechtsprechung des Bundesarbeits- und des Bundesozialgerichts überein. Diese halten im Rahmen der erforderlichen Gesamtwürdigung ebenfalls das Vorliegen einer Weisungsgebundenheit in sachlicher und zeitlicher Hinsicht, das Fehlen bzw. das Vorhandensein von Freiheit bei der inhaltlichen Gestaltung der Tätigkeit sowie den Ort der Leistungserbringung für regelmäßig zu berücksichtigende Kriterien (vgl. BAG NJW 2010, 2455, 2456; BSGE 45, 199, 200; BSG NZS 2007, 648, 649).
12
b) An diesen Maßstäben gemessen hat das Tatgericht zu Recht das Bestehen inländischer Beschäftigungsverhältnisse zwischen den im Betrieb der Angeklagten tätigen polnischen Staatsangehörigen und den Angeklagten angenommen. Es hat die betrieblichen Abläufe im Einzelnen festgestellt (UA S. 9 ff., 38 ff.) und dabei u.a. auf die Gestaltung der täglichen Arbeitszeiten, die Arbeitsorganisation im Betrieb, das Vorliegen von Weisungen zur Ausführung der konkreten Tätigkeit sowie zur Erfassung der jeweils geernteten Pilzmengen Bedacht genommen. Es hat zudem die Überlassung von Arbeitsgeräten seitens der Angeklagten sowie das Fehlen eigener Geschäftslokale und das von weiteren Auftraggebern der drei polnischen Gewerbetreibenden (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Oktober 2009 - 1 StR 478/09, NStZ 2010, 337) mit in die Betrachtungen einbezogen. Die von dem Tatgericht aus den festgestellten tatsächlichen Gegebenheiten gezogenen Schlüsse auf das Bestehen sozialversicherungsrechtlicher Beschäftigungsverhältnisse und die Arbeitgebereigenschaft der Angeklagten sind ohne Rechtsfehler.
13
Entgegen der Auffassung der Revision ist es auch nicht zu beanstanden, dass das Tatgericht im Rahmen der gebotenen Gesamtbewertung von der Erteilung arbeitsrechtlicher Weisungen seitens der Angeklagten und nicht von werkbezogenen Weisungen des Auftraggebers eines Werkvertrages ausgegangen ist. Der auf die Angaben der Zeugin A. gestützte Schluss auf das Vorhandensein arbeitsrechtlicher Weisungen ist möglich und damit revisionsrechtlich hinzunehmen.
14
c) Es handelte sich ungeachtet der möglichen vertraglichen Beziehungen zwischen den drei polnischen Gewerbetreibenden und den eingesetzten polnischen Arbeitnehmern auch um inländische Beschäftigungsverhältnisse mit den Angeklagten. Maßgeblich für ein solches ist grundsätzlich eine hier jeweils vorliegende im Inland ausgeübte Beschäftigung (§ 3 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 2 und § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Sozialversicherungsrechtliche Ausnahmetatbestände greifen nicht ein. Die Voraussetzungen einer sog. Einstrahlung gemäß § 5 Abs. 1 SGB IV liegen nach den Feststellungen ersichtlich nicht vor. Es mangelt von vornherein an den dafür erforderlichen ausländischen Beschäftigungsverhältnissen , in deren Zuge die betreffenden Arbeitnehmer für eine zeitweilige Erbringung in das Inland entsandt werden.
15
Unionsrechtliche Entsendebescheinigungen (E-101, nunmehr A1) waren für keinen der von den Angeklagten beschäftigten Arbeitnehmer erteilt worden (UA S. 15).
16
d) Die zu den tatsächlichen Gegebenheiten getroffenen Feststellungen tragen ohne weiteres auch den vom Tatgericht gezogenen Schluss auf vorsätzliches Handeln der Angeklagten. Die für das Bestehen inländischer Beschäftigungsverhältnisse und der daraus resultierenden Abführungspflicht maßgeblichen Tatsachen waren ihnen sämtlich bekannt. Haben die an einem (sozialversicherungsrechtlichen ) Beschäftigungsverhältnis Beteiligten wie hier eine vertragliche Gestaltung als Werkvertrag gewählt, handelt es sich aber aufgrund der relevanten tatsächlichen Gegebenheiten arbeits- und sozialrechtlich um ein Arbeitsverhältnis, kommt auf Seiten des vertraglichen „Auftraggebers“, der sich rechtlich als Arbeitgeber darstellt, allenfalls ein Verbotsirrtum (§ 17 StGB) in Betracht (BGH aaO), wenn diesem die tatsächlichen Verhältnisse bekannt sind (Wiedner in Graf/Jäger/Wittig, aaO, § 266a Rn. 80). Einen solchen Verbotsirrtum der Angeklagten hat das Tatgericht aber vorliegend auf der Grundlage einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung ausgeschlossen (UA S. 49).
17
2. Das Tatgericht hat in den festgestellten Fällen im Sinne von § 8 SGB IV, § 249b SGB V; § 172 Abs. 3 SGB VI geringfügiger Beschäftigungen die Angeklagten zutreffend lediglich wegen des Nichtabführens der Arbeitgeberbeiträge gemäß § 266a Abs. 2 StGB verurteilt.
18
Soweit dagegen in den übrigen Fällen der unterbliebenen Abführung von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträgen eine tateinheitliche Verurteilung aus § 266a Abs. 1 und Abs. 2 StGB erfolgt ist, bedurfte es der aus der Beschlussformel ersichtlichen Änderung der Schuldsprüche. Dazu hat der Generalbundesanwalt in seinen Antragsschriften ausgeführt: „In Fällen der vorliegenden Art ist im Tenor eine Verurteilung wegen Ver- stoßes gegen § 266a StGB nur als 'Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt' zum Ausdruck zu bringen. Die neben § 266a Abs. 1 StGB erfolgende Anwendung des § 266a Abs. 2 StGB wirkt sich lediglich auf den Schuldumfang aus und führt nicht zu einer tateinheitlichen Verwirklichung verschiedener Tatbestände (Senat Beschluss vom 18. Mai2010 - 1 StR 111/10). § 265 StPO steht nicht entgegen, da eine andere Verteidigung als geschehen nicht möglich ist.“
19
Dem folgt der Senat.

IV.


20
Die Revision bleibt auch hinsichtlich der Strafaussprüche ohne Erfolg.
21
Die für die zahlreichen Taten gemäß § 266a StGB verhängten Einzelstrafen sind im Hinblick auf die Höhe der in den jeweiligen Abführungszeiträumen nicht abgeführten Beiträge streng, lösen sich aber nicht von ihrer Funktion, gerechter Schuldausgleich zu sein.
22
Der Senat vermag auszuschließen, dass sich der mit der Einstellung des Verfahrens bezüglich des Verstoßes gegen § 11 Abs. 1 SchwarzArbG verbundene Wegfall der Einzelstrafen von jeweils acht Monaten auf die Höhe der Gesamtstrafen ausgewirkt hat. Das Tatgericht hat gegen den Angeklagten Sc. u.a. Einzelstrafen von sieben Mal neun Monaten, von vier Mal einem Jahr, von vier Mal einem Jahr und zwei Monaten, von sechs Mal einem Jahr und vier Monaten sowie von einem Jahr und sechs Monaten verhängt. Selbst ohne Berücksichtigung der in den verbleibenden 20 Fällen angeordneten kurzen Freiheitsstrafen zwischen einem und vier Monaten bestehen angesichts der dargestellten Relationen keine Anhaltspunkte dafür, dass ohne Berücksichtigung der nunmehr weggefallenen Einzelstrafe eine niedrigere Gesamtstrafe gebildet worden wäre.
23
Gleiches gilt für den Angeklagten S. In die Gesamtstrafe hat das Tatgericht hier u.a. 15 Einzelstrafen von neun Monaten, neun Einzelstrafen von elf Monaten, zwei von einem Jahr und einem Monat sowie - als Einsatzstrafe - eine solche von einem Jahr und drei Monaten einbezogen. In den übrigen 36 Fällen sind ebenfalls durchgängig kurze Einzelfreiheitsstrafen angeordnet worden.
Wahl Rothfuß Graf Radtke Mosbacher

(1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer als Arbeitgeber

1.
der für den Einzug der Beiträge zuständigen Stelle über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder
2.
die für den Einzug der Beiträge zuständige Stelle pflichtwidrig über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt
und dadurch dieser Stelle vom Arbeitgeber zu tragende Beiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält.

(3) Wer als Arbeitgeber sonst Teile des Arbeitsentgelts, die er für den Arbeitnehmer an einen anderen zu zahlen hat, dem Arbeitnehmer einbehält, sie jedoch an den anderen nicht zahlt und es unterlässt, den Arbeitnehmer spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach über das Unterlassen der Zahlung an den anderen zu unterrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Satz 1 gilt nicht für Teile des Arbeitsentgelts, die als Lohnsteuer einbehalten werden.

(4) In besonders schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
aus grobem Eigennutz in großem Ausmaß Beiträge vorenthält,
2.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Beiträge vorenthält,
3.
fortgesetzt Beiträge vorenthält und sich zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege von einem Dritten verschafft, der diese gewerbsmäßig anbietet,
4.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zum fortgesetzten Vorenthalten von Beiträgen zusammengeschlossen hat und die zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege vorhält, oder
5.
die Mithilfe eines Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht.

(5) Dem Arbeitgeber stehen der Auftraggeber eines Heimarbeiters, Hausgewerbetreibenden oder einer Person, die im Sinne des Heimarbeitsgesetzes diesen gleichgestellt ist, sowie der Zwischenmeister gleich.

(6) In den Fällen der Absätze 1 und 2 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Arbeitgeber spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach der Einzugsstelle schriftlich

1.
die Höhe der vorenthaltenen Beiträge mitteilt und
2.
darlegt, warum die fristgemäße Zahlung nicht möglich ist, obwohl er sich darum ernsthaft bemüht hat.
Liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 vor und werden die Beiträge dann nachträglich innerhalb der von der Einzugsstelle bestimmten angemessenen Frist entrichtet, wird der Täter insoweit nicht bestraft. In den Fällen des Absatzes 3 gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 StR76/15
vom
24. Juni 2015
in der Strafsache
gegen
1.
2.
wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. Juni 2015 gemäß § 349
Abs. 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Deggendorf vom 7. Oktober 2014, soweit dort das Verfahren nicht eingestellt worden ist, mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel , an eine Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Landshut zurückverwiesen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat beide Angeklagte wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 501 Fällen, jeweils in Tateinheit mit Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt verurteilt. Gegen den Angeklagten B. hat es eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten und gegen die Angeklagte K. eine solche von zehn Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde, verhängt. Im Übrigen ist das Verfahren wegen Verjährung eingestellt worden. Ferner hat das Landgericht festgestellt, dass der Anordnung des Verfalls in Höhe von 471.932,98 Euro bei beiden Angeklagten Ansprüche der Geschädigten entgegenstehen.
2
Auf die vom Angeklagten B. erhobenen Verfahrensrügen, denen auch Gewicht beizumessen ist, kommt es vorliegend nicht an, da die Revisionen bereits auf die von beiden Angeklagten erhobene Sachrüge hin in vollem Umfang Erfolg haben (§ 349 Abs. 4 StPO).
3
1. Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen :
4
Der Angeklagte B. bat die Angeklagte K. im November 2005, einen Gewerbebetrieb zu eröffnen, da er „Probleme mit Behörden“ habe. Die Angeklagte K. meldete sodann unter der Firma „E. “ einen Gewerbebetrieb an, dessen Zweck mit Bühnenaufbau angegeben wurde. Unter dieser Firma schloss der Angeklagte B. unter Verwendung seiner aus seiner früheren Einzelfirma resultierenden Datenbank mit Kontakten zu Aufbaufirmen und arbeitswilligen Personen Verträge mit diversen Aufbaufirmen, in denen er sich verpflichtete, die geforderte Anzahl an Arbeitern zur Verfügung zu stellen. Diese Arbeiter verstanden sich selber als Selbständige, hatten einen Gewerbeschein für Bühnenaufbauarbeiten und konnten die Aufträge des Angeklagten B. aus freien Stücken annehmen oder ablehnen. Einige Arbeiter waren regelmäßig, zum Teil auch mehrere Monate oder Jahre - allerdings in sehr unterschiedlichem Umfang - am Stück, für die Firma „E. “ tätig, andere nur ganz vereinzelt. Eine Lohnsteuerkarte bzw. Arbeitspapiere gaben die Arbeiter weder bei den Angeklagten noch bei den Aufbaufirmen ab. Alle Arbeiter waren auch für andere Auftraggeber tätig. Der Angeklagte B. teilte den Arbeitern die Einsatzorte und Zeitpunkte von Fall zu Fall entspre- chend seiner Verträge mit den Aufbaufirmen mit. Die Arbeiter hatten sich bei Annahme des Auftrags sodann an diese Vorgaben zu halten, konnten insbesondere keine anderen Einsatzzeitpunkte oder -orte auswählen. Grundsätzlich oblag es den Arbeitern, selbständig zum Einsatzort zu kommen, zum Teil bildeten diese Fahrgemeinschaften. In Einzelfällen erhielten sie die Fahrtkosten erstattet oder der Angeklagte B. stellte Übernachtungsmöglichkeiten zur Verfügung und kam für die Verpflegung vor Ort auf. Bei größeren Veranstaltungen kontrollierte der Angeklagte B. oder ein von ihm eingesetzter „Crew-Chief“ die Anwesenheit der Arbeiter und teilte diese in verschiedene Ar- beitsgruppen ein. Nach dieser Einteilung arbeiteten die Arbeiter auf Weisung der vor Ort verantwortlichen Techniker bzw. Produktionsleiter der Aufbaufirmen. Konkrete Arbeitsanweisungen des Angeklagten B. gab es nicht. Die von den Arbeitern auszuführenden Verrichtungen waren durchweg einfache Helfertätigkeiten wie z.B. das Ent- und Beladen von Lkws und der Auf- und Abbau der Bühnen. Letztverantwortlich hierfür waren die Techniker und Produktionsleiter der Aufbaufirmen. Weder der Angeklagte B. noch die eingesetzten Arbeiter schuldeten einen Erfolg. Die wenigen Werkzeuge, die die Arbeiter vor Ort benötigten, brachten sie in aller Regel zusammen mit gegebenenfalls benötigter Schutzbekleidung selber mit. Der Angeklagte B. gewährte ihnen weder Urlaub noch Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Es existierten keinerlei schriftliche Vereinbarungen über die zu erbringende Tätigkeit zwischen den Arbeitern und der Firma „E. “, insbesondere auch keine Rahmenvereinbarung dahingehend, dass die Arbeiter eine bestimmte Mindeststundenzahl pro Monat erbringen müssten. Die Firma „E. “ zahlte ihnen auch kein Mindestentgelt. In einem Fall sorgte der Angeklagte B. dafür, dass seine Haftpflichtversicherung einen von einem von ihm eingesetzten Arbeiter verursachten Schaden an einem Plasma-Bildschirm regulierte.
5
Der Angeklagte B. war nach der Wertung des Landgerichts „faktischer Geschäftsführer“, während die Angeklagte K. als reine „Strohfrau“ nur Sekretärinnentätigkeiten verrichtete und auf Anweisung des Angeklag- ten B. die Rechnungen der Arbeiter beglich und Rechnungen an die Auftraggeberfirmen stellte, die lediglich die geleisteten Stunden enthielten, eine Aufschlüsselung nach einzelnen Arbeitern fand nicht statt. Hierfür erhielt die Angeklagte K. ein Gehalt in Höhe von 1.000 Euro monatlich. Die Bankkarte des Firmenkontos stellte sie dem Angeklagten B. zur Verfügung. Eine kaufmännisch ordnungsgemäße Betriebsführung existierte nicht, Rechnungen wurden nicht über den erforderlichen Zeitraum aufgehoben. Lediglich für den letzten Abrechnungszeitraum hatte der Angeklagte B. in seinem Pkw einen Leitzordner mit Rechnungen.
6
Der Angeklagte B. war sich nach den Feststellungen des Landgerichts in allen Fällen dessen bewusst, dass es sich bei den von ihm eingesetzten Arbeitern um seine Arbeitnehmer handelte, für die er Sozialversicherungsbeiträge abführen musste.
7
Die Angeklagte K. nahm danach zumindest billigend in Kauf, dass die eingesetzten Arbeiter Arbeitnehmer der Firma „E. “ waren. Sie kannte insbesondere den Umfang der Arbeitseinsätze und war sich auch der Sozialversicherungspflicht bewusst.
8
Es wurden auf diese Weise im Zeitraum von Juni 2006 bis Juli 2011 in 501 Fällen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge zur Arbeitslosen- und Rentenversicherung in Höhe von insgesamt 471.932,98 Euro vorenthalten.
9
2. Die Feststellungen tragen den Schuldspruch nicht. Das Landgericht hat bei der Bestimmung der Arbeitgebereigenschaft nicht den von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aufgestellten Maßstab zugrunde gelegt.
10
Ob eine Person Arbeitgeber ist, richtet sich nach dem Sozialversicherungsrecht , das wiederum auf das Arbeitsrecht Bezug nimmt. Arbeitgeber ist danach derjenige, dem der Arbeitnehmer nicht selbständige Dienste gegen Entgelt leistet und zu dem er in einem Verhältnis persönlicher Abhängigkeit steht, wobei besondere Bedeutung dem Weisungsrecht sowie der Eingliederung in den Betrieb des Arbeitgebers zukommt. Entscheidend sind hierbei allein die tatsächlichen Gegebenheiten (BGH, Beschluss vom 5. Juni 2013 - 1 StR 626/12, NStZ-RR 2013, 278). Grundsätzlich ist der Wille der Vertragsparteien zwar ausschlaggebend, eine nach den tatsächlichen Verhältnissen bestehende Sozialversicherungspflicht können die Beteiligten jedoch nicht durch abweichende Vertragsgestaltung umgehen. Maßgeblich ist eine abwägende Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände (BGH, Beschluss vom 4. September 2013 - 1 StR 94/13, NStZ 2014, 321, 322). Diese hat das Landgericht rechtsfehlerhaft nicht hinreichend vorgenommen.
11
Zwar schuldeten die eingesetzten Arbeiter nach den Feststellungen des Landgerichts keinen Erfolg, sondern nur ihre Dienste und trugen keinerlei unternehmerisches Risiko. Sie stellten selber auch keine weiteren Arbeiter an. Nach Annahme des Auftrags hatten die Arbeiter keinerlei Dispositionsfreiheit mehr und wurden zum Teil vor Ort auf ihre Anwesenheit hin von dem Angeklagten B. kontrolliert. Sie führten einfachste Helfertätigkeiten aus und rechneten nach Stunden ab. Abrechnungen nach Pauschalen erfolgten nur aufgrund der Vereinbarung, dass mindestens sechs Stunden abgerechnet werden durften. Die Rechnungen stellten die Arbeiter an die Firma „E. “, von der sie auch bezahlt wurden. Die Firma „E. “ rechnete dann wiede- rum mit den Auftraggeberfirmen ab, wobei eine bloße Stundenauflistung erfolgte , keine Aufspaltung nach den einzelnen Arbeitern. Deren Namen waren den Auftraggebern nur in den Fällen bekannt, in denen sie sich diese aus Sicherheitsgründen nennen ließen. Auch andersherum kannten die Arbeiter die Auftraggeberfirmen in aller Regel nicht. Vor allem mit diesem Argument schließt das Landgericht eine Arbeitgeberstellung der Auftraggeberfirmen aus.
12
Allerdings war es nach den Feststellungen des Landgerichts der Wille der Arbeiter, nicht als Arbeitnehmer, sondern als Selbständige tätig zu werden. Die Arbeiter waren ferner absolut frei darin, die Aufträge vom Angeklagten B. anzunehmen oder abzulehnen. Dementsprechend wurden sie auch in sehr unterschiedlichem Umfang - selbst bei den länger Beschäftigten ohne erkennbare Regelmäßigkeit im Ausmaß - für die Firma „E. “ tätig. Ferner erfüllten sie alle formalen Kriterien der Selbständigkeit, hatten insbesondere einen Gewerbeschein und zum Teil auch eigene Betriebs- und Steuernummern , und schlossen auch Verträge mit anderen Auftraggebern. Weisungen im Einzelfall vor Ort wurden von dem Angeklagten B. nicht erteilt. Auch beanstandete weder das Gewerbeamt noch das Finanzamt das Geschäftsmodell.
13
Das Landgericht hat sich rechtsfehlerhaft nicht damit auseinandergesetzt , welchen Umfang die von den Arbeitern bei anderen Auftraggebern verrichteten Tätigkeiten hatten. Dies wäre jedoch in Anbetracht der aufgezeigten anderweitigen, widersprüchlichen Kriterien erforderlich gewesen, um abschließend beurteilen zu können, ob die Arbeiter als Arbeitnehmer der Firma „E. “ oder als Selbständige tätig waren.
14
Vor diesem Hintergrund bestehen nach den bisher getroffenen Feststel- lungen Bedenken, dass es sich bei den Arbeitern tatsächlich um „Scheinselbständige“ handelte, deren Arbeitgeber die Angeklagten waren. Die Arbeit- nehmerstellung zeichnet sich gemeinhin vor allem dadurch aus, dass der Arbeiter weisungsabhängig und in den Betrieb des Arbeitgebers eingebunden ist (vgl. vor allem Wortlaut des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV, aber auch die strafrechtliche Rechtsprechung wie z.B. BGH, Urteil vom 16. April 2014 - 1 StR 638/13, NStZ-RR 2014, 246, 247 f.; Beschluss vom 11. August 2011 - 1 StR 295/11, NJW 2011, 3047). Hier fehlt es völlig an einer Einbindung in den Betrieb. Viel- mehr bestand die Firma „E. “ quasi nur aus einer im Pkw des Ange- klagten B. aufbewahrten Datenbank mit Adressen von möglicherweise arbeitswilligen Personen und möglichen Auftraggeberfirmen. Deshalb wird auch der „Sonderfall M. “ von dem Rechtsfehler erfasst, der von den Angeklagten selbst als Arbeitnehmer gemeldet war (UA S. 61).
15
Der Schuldspruch, der ohnehin nicht der Rechtsprechung des Senats entspricht, wonach bei gleichzeitigem Vorenthalten von Arbeitgeberbeiträgen nach § 266a Abs. 1 StGB und Arbeitnehmerbeiträgen nach § 266a Abs. 2 Nr. 2 StGB keine Tateinheit, sondern eine einheitliche Tat vorliegt, bei der die zusätzliche Verwirklichung von § 266a Abs. 2 Nr. 2 StGB lediglich im Rahmen des Schuldumfangs Berücksichtigung findet (BGH, Beschluss vom 18. Mai 2010 - 1 StR 111/10, wistra 2010, 408; so auch MüKoStGB/Radtke, 2. Aufl., § 266a Rn. 99), war daher insgesamt aufzuheben.
16
Danach hat auch die Feststellung nach § 111i Abs. 2 StPO keinen Bestand.
17
Die jeweils zugrundeliegenden Feststellungen waren ebenfalls aufzuheben , da diese vom Landgericht unter Zugrundelegung eines rechtsfehlerhaften Maßstabes getroffen wurden und die Gefahr widersprüchlicher Feststellungen vermieden werden muss.
18
Da der Senat nicht ausschließen kann, dass ein neuer Tatrichter Feststellungen treffen kann, die erneut zu einer Verurteilung führen, war die Sache im Umfang der Aufhebung zurückzuverweisen.
19
3. Der Senat weist darauf hin, dass - sollte das Landgericht bei Beachtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung erneut zur Arbeitgebereigenschaft der Angeklagten gelangen - zur Beurteilung der Frage, ob es sich möglicherweise bei einzelnen Arbeitern um nur geringfügig oder unständig Beschäftigte mit entsprechend geringeren Sozialversicherungspflichten (vgl. auch BGH, Urteil vom 11. August 2010 - 1 StR 199/10, NStZ-RR 2010, 376) gehandelt hat, auch die Tätigkeiten und Verdienste bei anderen Auftraggebern von Bedeutung sein können.
20
4. Der Senat macht von der Möglichkeit Gebrauch, die Sache an ein anderes Landgericht zurückzuverweisen (§ 354 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 StPO). Hierbei ist die Zurückverweisung an eine Wirtschaftsstrafkammer angezeigt, da zur Beurteilung des Falles besondere Kenntnisse des Wirtschaftslebens erfor- derlich sind (vgl. BGH, Urteile vom 13. April 2010 - 5 StR 428/09, wistra 2010, 268, 270; und vom 26. August 2014 - 5 StR 185/14, wistra 2015, 18, 20; Franke in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 355 Rn. 2).
Raum Rothfuß Graf
Cirener Radtke

(1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer als Arbeitgeber

1.
der für den Einzug der Beiträge zuständigen Stelle über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder
2.
die für den Einzug der Beiträge zuständige Stelle pflichtwidrig über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt
und dadurch dieser Stelle vom Arbeitgeber zu tragende Beiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält.

(3) Wer als Arbeitgeber sonst Teile des Arbeitsentgelts, die er für den Arbeitnehmer an einen anderen zu zahlen hat, dem Arbeitnehmer einbehält, sie jedoch an den anderen nicht zahlt und es unterlässt, den Arbeitnehmer spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach über das Unterlassen der Zahlung an den anderen zu unterrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Satz 1 gilt nicht für Teile des Arbeitsentgelts, die als Lohnsteuer einbehalten werden.

(4) In besonders schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
aus grobem Eigennutz in großem Ausmaß Beiträge vorenthält,
2.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Beiträge vorenthält,
3.
fortgesetzt Beiträge vorenthält und sich zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege von einem Dritten verschafft, der diese gewerbsmäßig anbietet,
4.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zum fortgesetzten Vorenthalten von Beiträgen zusammengeschlossen hat und die zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege vorhält, oder
5.
die Mithilfe eines Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht.

(5) Dem Arbeitgeber stehen der Auftraggeber eines Heimarbeiters, Hausgewerbetreibenden oder einer Person, die im Sinne des Heimarbeitsgesetzes diesen gleichgestellt ist, sowie der Zwischenmeister gleich.

(6) In den Fällen der Absätze 1 und 2 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Arbeitgeber spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach der Einzugsstelle schriftlich

1.
die Höhe der vorenthaltenen Beiträge mitteilt und
2.
darlegt, warum die fristgemäße Zahlung nicht möglich ist, obwohl er sich darum ernsthaft bemüht hat.
Liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 vor und werden die Beiträge dann nachträglich innerhalb der von der Einzugsstelle bestimmten angemessenen Frist entrichtet, wird der Täter insoweit nicht bestraft. In den Fällen des Absatzes 3 gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 275/18
vom
13. Dezember 2018
in der Strafsache
gegen
wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt
ECLI:DE:BGH:2018:131218B5STR275.18.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 13. Dezember 2018 gemäß § 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Göttingen vom 24. Januar 2018 wird verworfen. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 161 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt und gegen die Nebenbeteiligte l. G. GmbH die Einziehung des Wertes des Erlangten in Höhe von 383.106,84 € angeordnet. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg.

I.


2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts hat der Angeklagte als Geschäftsführer der l. G. GmbH (im Folgenden: l. ), die unter anderem Personal für Bühnenaufbau, Licht- und Tontechnik für Veranstaltungen bereitstellte (sogenanntes „Booking“), im Zeitraum Oktober 2010 bis September 2013 Sozialversicherungsbeiträge (Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteil ) in Höhe des Einziehungsbetrages für Arbeitnehmer nicht abgeführt, die fälschlicherweise als Selbständige behandelt worden waren. Diese Veranstaltungen fanden vor allem in der „Lo. “ in Göttingen statt, bei der es sich um eine Multifunktionshalle handelt, in der im Vorfeld von Veranstaltungen jeweils hierfür erforderliche Aufbauten (z. B. Bühnen) unter Einsatz von mehreren Personen erstellt werden müssen. Betreiberin der „Lo. “ ist die G. W. G. mbH (G. ), die mit dem Management der im Eigentum der Stadt Göttingen stehenden „Lo. “ sowie der Stadthalle betraut war.
3
Das „Booking“ umfasste die Kontaktaufnahme zu einem Kreis von ar- beitswilligen Personen sowie deren Buchung und Einteilung für bestimmte Veranstaltungen. Sie wurden im Team unter anderem beim Auf- und Abbau von Bühnen tätig. Dabei beschränkte sich der Angeklagte nicht auf die bloße Vermittlung von Personen aus einem bereits vorhandenen Pool der in Frage kommenden Helfer, sondern erstrebte – ebenso wie die G. – die Schaffung einer professionellen Gruppe zur Durchführung der im Vorfeld der Veranstaltungen in der „Lo. “ erforderlichen Arbeiten. Er wollte diese Tätigkeit langfristig aus- üben, das eingesetzte Personal schulen und hierdurch die Arbeitsabläufe in der „Lo. “ verbessern. Von dem früher tätigen „Booker“ übernahm der Ange- klagte die Kontaktdaten einer Gruppe von Personen, die bereits zuvor regelmäßig für die G. in der „Lo. “, auch als Team in dem von dem Angeklagten betreuten Bereich der Veranstaltungstechnik, tätig gewesen waren, wobei sie stets als Subunternehmer behandelt worden waren.
4
Im Zusammenhang mit der Übernahme der „Booker“-Tätigkeit wurde der Angeklagte zum Thema der Scheinselbständigkeit durch einen Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, den Zeugen P. , beraten, auf dessen Empfehlung er von jedem „Subunternehmer“ einen Fragebogen ausfüllen ließ. Dieser umfasste unter anderem folgende Aussagen, die mit „Ja“ oder „Nein“ gekennzeichnet werden konnten: „Meine Tätigkeit besteht in eigenverantwortlicher, kreativer, freiberufli- cher Leistung.“ „Ich kann den Ort der Auftragserfüllung frei wählen.“ „In der Art der Auftragserfüllung bin ich weitgehend frei.“
5
Diese Aussagen wurden von den Arbeitskräften in allen verfahrensgegenständlichen Fällen bejaht. In dem Merkblatt zum Fragebogen wurde in Fett- druck erläutert: „Sofern beim folgenden Fragebogen drei oder gar mehr Fragen mit ,nein‘ beantwortet werden müssen, ist die baldige Abklärung des Status des Mitarbeiters dringend zu empfehlen, da dann bereits sehr starke Merkmale für das Vorliegen einer abhängigen Arbeitnehmertätigkeit (also ,Schein- selbständigkeit‘) im Raum stehen.“ Aufgrund dieser Hinweise und seiner Kennt- nisse von den tatsächlichen Arbeitsabläufen wusste der Angeklagte, dass die Einstufung der von der l. zur Verfügung gestellten Personen als Selbständige „höchst fragwürdig“ war, und er erkannte die Möglichkeit, dass er gegen die Pflicht zur Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen verstoßen könnte, und nahm dies billigend in Kauf.
6
Der organisatorische Ablauf bei der Gestellung von Personen durch den Angeklagten stellte sich während des gesamten Zeitraums, in dem das „Booking“ durchdie l. (zunächst als Einzelgewerbe des Angeklagten, ab April 2010 als GmbH) übernommen wurde, wie folgt dar:
7
Potentiellen Auftraggebern, überwiegend der G. , wurde seitens der l. ein Bestellformular zur Verfügung gestellt, in welchem zum Zwecke der Kalkulation eines konkreten Angebots die zu erwartenden Arbeiten, die Anzahl der benötigten Personen und die erwartete Qualifizierung des Personals eingetragen werden sollten sowie eine zeitliche Einteilung der Arbeitsabläufe. Für Veranstaltungen in der „Lo. “ erfolgte die Planung mit Erstellung der Baupläne und der Pläne für die Bestuhlung durch deren Hallenmeister, den Zeugen S. . Er informierte die l. , wie viele Personen wann zur Realisierung der Veranstaltung gebraucht werden und gab dabei teilweise auch die Namen der gewünschten Techniker an. Die durchzuführenden Tätigkeiten wurden in kurzen Stichworten durch Angabe der erforderlichen Qualifikation der Arbeitskräfte umschrieben. Seinem auf dieser Grundlage erstellten Angebot legte der Angeklagte feste Stundensätze je nach durchzuführender Tätigkeit zugrunde.
8
Sodann schloss er mit dem jeweiligen Auftraggeber einen Vertrag, in dem er sich verpflichtete, die angeforderte Anzahl an Arbeitern zur Verfügung zu stellen. Folgende Tätigkeiten wurden seitens der von dem Angeklagten eingesetzten Personen ausgeführt und in der Bezahlung und Abrechnung differen- ziert: Bühnenhelfertätigkeiten („Stagehand“), Tribünenaufbau („Steelhand“), Höhenarbeiten beim Gerüst- und Tribünenbau bzw. Traversenmontage („Clim- ber“ und „Rigger“), Crewchef,Gabelstaplerfahrer, Tontechniker, Lichttechniker, Videotechniker, Messebauer, Tätigkeit durchgeführt durch Fachkraft für Veranstaltungstechnik , Einsatz einer Elektrofachkraft. Durch die l. wurde sodann ein Personalplan erstellt, der den vorgesehenen Arbeitskräften übermittelt wurde. Er enthielt neben der Angabe, für welche Veranstaltung die jeweilige Person vorgemerkt wurde, auch Einsatzort und -zeit sowie die Einteilung der auszuführenden Tätigkeit je nach Ausbildungsstand oder Fähigkeiten.

9
Entsprechend den Vorgaben der Auftraggeber zu Ort und Zeit der Einsätze waren die vom Angeklagten angefragten Personen, nach ihrer Zusage, verpflichtet, am Einsatzort zu der bestimmten Uhrzeit zu erscheinen. Ablehnungen von Anfragen konnten im Wiederholungsfall zum Ausbleiben weiterer Anfragen führen.
10
Die Einteilung der Kräfte vor Ort in Arbeitsgruppen, die bestimmte Aufbauten vorzunehmen hatten (z. B. Stehtribüne, Traversen), erfolgte durch den Angeklagten selbst oder den jeweiligen „Crewchef“. Bei der Einteilung wurde darauf geachtet, dass unerfahrene Leute mit erfahrenen zusammenarbeiteten. Bei größeren Projekten wurde eine Art „Vorarbeiter“ in den einzelnenGruppen bestimmt. Da die eingesetzten Teams zunehmend eingespielt waren, bedurfte es allerdings nicht immer einer ausdrücklichen Einteilung.
11
Die eingesetzten Personen erstellten die Aufbauten gemeinsam. Die von jedem konkret zu erledigenden Arbeiten ergaben sich aus den Absprachen mit den anderen für den Aufbau eingeteilten Personen bzw. den Crewchefs, so dass keinem der Eingesetzten von vornherein die Verantwortung für einen abgrenzbaren Leistungsteil oblag. Der Crewchef traf die erforderlichen Absprachen mit dem jeweiligen technischen Leiter des Auftraggebers. Zumeist übte der Zeuge St. die Funktion des Crewchefs aus, der ab Anfang 2011 beim Angeklagten fest angestellt war, jedoch schon zuvor für ihn gearbeitet hatte. Die Arbeiten wurden während ihrer Ausführung gelegentlich kontrolliert.
12
Erforderliche Ladearbeiten wurden von den gestellten Arbeitskräften gemeinsam ausgeführt. Dabei wurden nicht nur Personen tätig, die für Helfertätig- keiten eingeteilt waren, sondern auch für speziellere (technische) Bereiche eingeteilte Kräfte. Sofern bestimmte Arbeitsbereiche bereits vor Abschluss des Gesamtauftrages fertiggestellt waren und entsprechender Bedarf bestand, halfen die dann wieder verfügbaren Personen in den anderen Arbeitsbereichen mit. Die wenigen vor Ort benötigten Werkzeuge brachten die Arbeiter in den meisten Fällen selbst mit, ebenso etwa erforderliche Schutzbekleidung. Der Angeklagte stellte den für ihn tätigen Personen Bekleidung mit dem Firmenlogo, deren Tragen zumindest erwünscht war.
13
Nach Fertigstellung der Arbeiten erfolgte eine Kontrolle durch den Crewchef; der Beauftragte der „Lo. “ oder der jeweilige Projektleiter nahm die Arbeiten ab. Nach der Veranstaltung kamen die von dem Angeklagten zur Verfügung gestellten Personen wieder beim Abbau zum Einsatz.
14
Die jeweils gebuchten und eingesetzten Personen stellten Rechnungen an die l. . Es bestanden feste vom Angeklagten vorgegebene, nicht verhandelbare Vergütungssätze, die sich zum einen nach den konkret ausgeführten Arbeiten, zum anderen auch nach der Dauer der Tätigkeit für die l. richtete. Die Arbeiter trugen ihre Arbeitszeit in ein von der l. zur Verfügung gestelltes Formular unter Angabe von Beginn, Ende und eventuell Pausenzeiten sowie jeweils ausgeführter Tätigkeit ein. Diese Angaben dienten auch als Grundlage für die Abrechnung der l. gegenüber dem jeweiligen Auftraggeber. Eine konkrete Aufschlüsselung nach einzelnen Arbeitskräften – insbesonderederen namentliche Nennung – fand auf den Rechnungen nicht statt; vielmehr wurde für eine Veranstaltung lediglich die Gesamtsumme der abgeleisteten Stunden in einzelnen Qualifikationen in Rechnung gestellt.
15
Formell behandelte der Angeklagte die eingesetzten Personen als Selbständige. Alle hatten ein Gewerbe angemeldet und nahmen auch selbst an, selbständig zu sein. Nicht in jedem Fall erzielten sie ihre Einnahmen überwiegend durch ihre Tätigkeit für die l. . Der Angeklagte gewährte ihnen weder Urlaub noch Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Auch gab es keine schriftliche Rahmenvereinbarung dahingehend, dass die Arbeiter zur Ableistung einer Mindeststundenzahl pro Monat verpflichtet gewesen wären. Auch im Übrigen existierte keine schriftliche Vereinbarung für die zu leistende Tätigkeit.
16
Da seine erweiterte Geschäftstätigkeit einen kaufmännischen Geschäftsbetrieb erforderte, ließ der Angeklagte im Jahr 2009 sein Einzelunternehmen in das Handelsregister eintragen. Zur Bewältigung der administrativen und Buchführungsaufgaben stellte er seine Ehefrau ein. Im Frühjahr 2010 wurde im We- ge der Ausgliederung aus dem Einzelunternehmen des Angeklagten die „l. G. GmbH“ gegründet. Im Zuge der Umstrukturierung des Unter- nehmens stellte der Angeklagte aus dem Kreis der für ihn tätigen Personen mehrere als Arbeitnehmer an, so im Januar 2011 den Zeugen St. . Der Zeuge F. war von November 2011 bis Ende 2013 bei der l. angestellt. Für diese Personen erfolgten jeweils Meldungen zur Sozialversicherung.
17
Die Gründung der l. GmbH geschah auf Drängen der G. . Aufgrund entsprechender Beratung durch den Steuerberater und Wirtschaftsprüfer P. hatte sie es zur Bedingung für ihre weitere Zusammenarbeit mit dem Angeklagten gemacht, dass er seine Tätigkeit nicht mehr als Einzelunternehmer , sondern in der Rechtsform einer GmbH ausüben solle. Ausgangspunkt dieser Forderung war die Problematik einer eventuellen Scheinselbständigkeit sowohl in Bezug auf den Einsatz des Angeklagten für die G. als auch auf denjenigen der von ihm vermittelten Personen. Hintergrund der Empfehlung des Zeugen P. war es, eventuellen sozialversicherungsrechtlichen Beitragsforderungen gegenüber der G. entgegenzuwirken.
18
Zur Regelung der Zusammenarbeit mit der G. wurde schließlich ein Rahmenvertrag geschlossen. In diesem war vorgesehen, dass seitens der Firma des Angeklagten der Auf- und Abbau von Bühnen und Tribünen sowie der entsprechenden Technik für die Veranstaltungen in der „Lo. “ und der Stadthalle erfolgen sollte. Aus einer als „Vertragsbestandteile Veranstaltungs- dienstleistungen für ‚ Lo. ‘ und Stadthalle vom 20.09.2010“ bezeichneten Anlage ergaben sich die Stundensätze des für den jeweiligen Auftrag einzusetzenden Personals.
19
Dem Angeklagten, der seine Tätigkeit als faktischer technischer Leiter der „Lo. “ bei hoher, kaum zu bewältigender Auftragslage in erheblichem Umfang ausübte, wurde seitens der G. wiederholt eine Festanstellung angeboten. Als er diese Ende des Jahres 2010 oder Anfang 2011 erneut ablehnte, wurde eine andere Person in Festanstellung mit seinen vorherigen Aufgaben im Bereich Veranstaltungstechnik betraut. In der Folge war er in diesem Bereich zwar weiterhin tätig, jedoch in begrenzterem Umfang. Das „Booking“ führte er allerdings über die l. für die G. fort.
20
Nachdem Anfang 2011 eine Sozialversicherungsprüfung bei der l. G. GmbH angekündigt worden war, kontaktierte der Angeklagte erneut den Steuerberater P. . Dieser bat ihn, die Unterlagen, unter anderem die Fragebögen zur Scheinselbständigkeit zu vervollständigen und auszuwerten. Hierauf veranlasste der Angeklagte eine Versammlung der von ihm eingesetzten Arbeitskräfte. Bereits in der Einladung hierzu wurde angekündigt, dass inhaltlich eine Besprechung zum Thema „Scheinselbständigkeit/Prüfung durch die BfA“ erfolgen solle, und die eingeladenen Personen wurden aufgefordert, unter anderem eine Aufstellung ihrer Auftraggeber in den Jahren 2009 und 2010 mit den jeweiligen Umsätzen mitzubringen. Diejenigen, die nach ihren Auskünften 5/6 oder mehr ihrer Umsätze bei der l. machten, beschäftigte er in geringerem Umfang. Weitere Konsequenzen zog er nicht.
21
Im Zuge der im Jahr 2012 durchgeführten Betriebsprüfung durch die Deutsche Rentenversicherung bei der l. erfolgte eine nicht den tatsächlichen Umständen entsprechende Darstellung der für die Beitrags- und Abführungspflicht wesentlichen Umstände. Dies war dem Angeklagten bewusst und er bezweckte dies auch, um den Eindruck der Selbständigkeit der eingesetzten Personen zu begründen. Die von ihm spätestens 2009 erkannte Möglichkeit , dass diese Einstufung falsch sein könnte, nahm er bewusst hin, weil ihm eine weitere Durchführung seines Geschäftsmodells mit abhängig Beschäftigten nicht möglich erschien. Im Rahmen der Prüfung, für die der Angeklagte den im Sozialversicherungsrecht spezialisierten Rechtsanwalt Gr. , einen seiner Instanzverteidiger, beauftragt hatte, wurden durch diesen – mit Kenntnis und Billigung des Angeklagten – die Arbeitsabläufe unzutreffend ins- besondere dahingehend beschrieben, dass die „Subunternehmer“ einzelne Gewerke eigenständig und weisungsfrei erstellen würden und mit diesen je Auftrag ein Honorar separat verhandelt werde. Im Ergebnis der Betriebsprüfung wurden keine negativen Feststellungen getroffen.
22
2. Nach der rechtlichen Würdigung der Wirtschaftsstrafkammer hat sich der Angeklagte als strafrechtlich verantwortliches Organ (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB) der l. G. GmbH nach § 266a Abs. 1 und 2 StGB strafbar gemacht. Die Tätigkeit von 28 näher bezeichneten Personen für die l. im Tatzeitraum sei als abhängige Beschäftigung einzustufen und habe damit der Sozialversicherungspflicht unterlegen. Bei einer Gesamtwürdigung der für und gegen eine abhängige Beschäftigung sprechenden Merkmale überwögen die ersten deutlich. Sobald die jeweiligen Arbeitskräfte einen von der l. angebotenen Einsatz angenommen hätten, seien sie in deren Betriebsablauf weisungsabhängig eingegliedert gewesen. Abhängig Beschäftigte seien auch diejenigen, deren Tätigkeit für die l. nur einen relativ geringen Anteil ihrer Gesamteinnahmen begründet habe. Da es vorliegend nicht um die Abgrenzung von Dauerarbeitsverhältnissen zu selbständiger Tätigkeit gehe, sondern um die Abgrenzung kurzfristiger Beschäftigungsverhältnisse für nur jeweils einen Arbeitseinsatz von in selbständiger Tätigkeit erfüllten Einzelaufträgen , sei es für die Bewertung dieser kurzfristigen Beschäftigungsverhältnisse „kaum aussagekräftig“, dass eine Person gleichartige Tätigkeiten auch anderen Firmen gegenüber erbracht habe.

II.


23
Das Urteil hält sachlich-rechtlicher Prüfung stand.
24
1. Ohne Rechtsfehler ist das Landgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Bühnenarbeiter (abhängig) Beschäftigte der vom Angeklagten vertretenen l. G. GmbH waren und als solche der Sozialversicherungspflicht unterlagen.
25
a) Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (BSGE 119, 216, 218; BSG, ZIP 2006, 678, 679 f.; NZS 2007, 648, 649 f.; Urteil vom 28.Mai 2008 – B 12 KR 13/07 R, Rn. 15; vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 24. Juni 2015 – 1 StR 76/15, NStZ 2015, 648, 649, und vom 4. September 2013 – 1 StR 94/13, NStZ 2014, 321, 323; Diepenbrock NZS 2016, 127). Ausgangs- punkt der Beurteilung ist dabei das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt und sich aus ihrer „gelebten Beziehung“ erschließen lässt (vgl. BSGE 111, 257, 260; BSG, ZIP 2006, 678, 680; NZS 2007, 648, 650; jeweils mwN). Manche Tätigkeiten können sowohl in abhängiger Beschäftigung als auch im Rahmen einer Selbständigkeit ausgeübt werden (BSGE 123, 50, 54; vgl. z. B. einerseits BSG, Urteil vom 31. März 2015 – B 12 KR 17/13 R und anderseits BSGE 120, 99 zum „Rackjobbing“; zur möglichen selbständigen Tätigkeit von Bühnenarbeitern BGH, Beschluss vom 24. Juni 2015 – 1 StR 76/15, NStZ 2015, 648). Die sozialversicherungsrechtliche Bewertung ist nicht von einem abstrakten Tätigkeitsbild , sondern von der konkreten Gestaltung der jeweiligen Tätigkeit abhängig (KassKomm/Seewald, SGB IV, 101. EL, § 7 Rn. 47b; vgl. auch Knickrehm /Kreikebohm/Waltermann/Berchtold, SGB IV, 5. Aufl., § 7 Rn. 18).
26

b) Nach Maßgabe dieser Grundsätze bestanden zwischen der l. und den 28 im Urteil näher bezeichneten Personen sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse.
27
aa) Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbständigkeit ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen (BSGE 119, 216, 218 f.; 120, 99, 104). Schriftliche Vereinbarungen bestanden zwischen der l. und den von ihr „vermittelten“ Arbeitskräften nicht. Insbesondere gab es auch keine Rahmenverträge als Rechtsgrundlagen für die einzelnen mit jeder Auftragsannahme begründeten Rechtsverhältnisse. Den einzelnen Arbeitseinsätzen lagen lediglich mündliche Absprachen zugrunde, wonach die angefragten Arbeitskräfte sich verpflichteten, zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Veranstaltungsort bestimmte Verrichtungen durchzuführen, und die l. sich verpflichtete, diese nach festgelegten Sätzen zu vergüten.
28
Angesichts der lediglich rudimentären Vertragsvereinbarungen zwischen der l. und den jeweiligen Arbeitskräften kommt ihrer im Rahmen der Vertragsdurchführung „gelebten Beziehung“ eine entscheidende Rolle zu. Zu- treffend hat das Landgericht insoweit auf die Verhältnisse während der Einsätze , das heißt nach Annahme des jeweiligen Einzelauftrags, abgestellt (vgl. BSGE 103, 17, 26; 120, 99, 105; BSG, Urteile vom 4. Juni 1998 – B 12 KR 5/97 R; vom 28. Mai 2008 – B 12 KR 13/07 R, Rn. 24, 26; vom 24. März 2016 – B 12 KR 20/14 R, Rn. 17, mwN).
29
bb) Das Landgericht ist rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass vorliegend die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Merkmale deutlich diejenigen überwiegen, die auf eine selbständige Tätigkeit hindeuten. Die Arbeitskräfte waren – sobald sie einen angebotenen Einsatz angenommen hatten – in den Betrieb der l. eingegliedert, auch wenn sie ihre Tätigkeit an den Veranstaltungsorten erbrachten (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juni 1998 – B 12 KR 5/97 R, aber auch BGH, Beschluss vom 24. Juni 2015 – 1 StR 76/15, NStZ 2015, 648), und wirkten an der von ihr der gegenüber ihren jeweiligen Auftraggebern zu erbringenden Leistung mit.
30
Unter Geltung des mit der G. abgeschlossenen Rahmenvertrages, wonach sie den Auf- und Abbau von Bühnen und Tribünen sowie der entsprechenden Technik für die Veranstaltungen in der „Lo. “ und der Stadthalle übernehmen sollte, führte die l. die erforderlichen Arbeiten aufgrund von Werkverträgen aus. Zu diesem Zweck setzte sie die Arbeitskräfte ein, die jeweils kein selbständiges Gewerk zu erstellen hatten, sondern gemeinsam das von der l. geschuldete Gewerk errichteten. Auch soweit den Arbeitseinsätzen bei anderen Auftraggebern lediglich eine vertragliche Verpflichtung der l. zugrunde lag, „die für die Vorbereitung von Veranstaltungen angeforderte Anzahl an Arbeitern zur Verfügung zu stellen“, ging die zwischen den Beteiligten „gelebte Beziehung“ nach den Feststellungen (vgl. I.1.) deutlich über die bloße Vermittlung von selbstbestimmt tätigen „Subunternehmern“ hin- aus. Nach dem zwischen der l. – im Rahmen ihrer vertraglichen Beziehungen zu den jeweiligen Auftraggebern – und den Arbeitskräften bei den einzelnen Arbeitseinsätzen praktizierten Abläufen ergibt sich vielmehr folgendes Bild, nach dem die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung diejenigen einer selbständigen Tätigkeit der Bühnenarbeiter und Techniker deutlich überwogen und sich die l. als deren Arbeitgeberin darstellte:
31
(1) Die Arbeiter übten ihre Tätigkeit in Teams nach Weisungen der Crewchefs oder der – nach den Gesamtumständen vom Angeklagten hierzu ermächtigten – vor Ort Verantwortlichen der jeweiligen Auftraggeber aus. Dabei spielt ihre Bindung an die terminlichen und örtlichen Vorgaben der für die l. Handelnden, die diese von den Auftraggebern erhalten hatten, keine entscheidende Rolle. Denn auch der Selbständige kann seine Tätigkeit oft nur an bestimmten Orten erbringen und ohne Gefährdung seines Status einer Terminbindung unterworfen sein (vgl. Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann/ Berchtold, aaO, Rn. 23). Jedoch beschränkten sich die den eingesetzten Kräften erteilten Vorgaben nicht auf ein innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens an einem bestimmten Ort herzustellendes abgrenzbares Werk. Vielmehr nahmen die Arbeiter gemeinsam mit weiteren, von der l. ausgesuchten Personen nach Vor-Ort-Einteilung die einzelnen Auf- und Abbauten oder andere umschriebene Verrichtungen vor und schuldeten der l. , zu der allein sie in vertraglichen Beziehungen standen, keinen Erfolg, sondern lediglich ihre Arbeit. Bei Bedarf führten sie im Verlauf ihres jeweiligen Einsatzes aufgrund von Einzelweisungen ergänzende Arbeiten durch, die nicht ihrer Qualifikation entsprachen. Die einzelnen Helfer mussten sich demnach in eine fremdbestimmte Arbeitsorganisation einfügen. Soweit der Angeklagte oder der für ihn tätige Zeuge St. im Rahmen der Personalplanung mit ihren Weisungen das weitergaben, was von den Veranstaltern vertraglich vorgegeben worden war, ist dies kein der Arbeitgebereigenschaft der l. widersprechendes Indiz. Denn dies ist die Regel, wenn sich Unternehmer zur Ausführung der von ihnen übernommenen (Werk-)Vertragsverpflichtungen ihrer Beschäftigten bedienen (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juni 1998 – B 12 KR 5/97 R, Rn. 22). Dass die für die l. Tätigen ihre Arbeiten nicht in deren Betriebsstätte verrichteten, ist rechtlich ebenfalls ohne Bedeutung, weil die Struktur und Arbeitsorganisation als Übernahme und Erfüllung von Aufträgen in den jeweiligen Veranstaltungsstätten gekennzeichnet war (vgl. BSG, aaO, Rn. 19).
32
Für eine abhängige Beschäftigung der eingesetzten Personen im Betrieb der l. spricht ferner, dass sie höchstpersönlich zur Leistung verpflichtet waren und von der l. nach festen, nicht verhandelbaren Stundensätzen bezahlt wurden. Sie schrieben keine Rechnungen, sondern trugen lediglich ihre Arbeitszeit in von der l. zur Verfügung gestellte Formulare ein. Die Abrechnung ihnen gegenüber erfolgte durch die l. . Das Tragen einheitlicher Firmenkleidung war zumindest erwünscht, so dass die Arbeitskräfte nach außen im Namen der l. auftraten und der Eindruck einer „corporate identity“ entstand (vgl. zu den Indizien abhängiger Beschäfti- gung gegenüber Selbständigkeit Metz, NStZ-RR 2013, 333, 334; MüKo/Radtke, StGB, 3. Aufl., § 266a Rn. 13 f.).
33
Die Eingliederung in fremdbestimmte organisatorische Abläufe galt – wie das Landgericht zu Recht festgestellt hat – auch für die Crewchefs. In der sozialgerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass die Weisungsgebundenheit – vornehmlichbei Diensten höherer Art – eingeschränkt und zur „funktionsge- recht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinert sein kann (vgl. z. B. BSG, Urteil vom 26. September 2017 – B 1 KR 31/16 R, Rn. 20 [für den Abdruck in BSGE vorgesehen]). Die Crewchefs arbeiteten nicht mit selbst ausgewähltem Personal; es wurde vielmehr eine fremdbestimmte personelle Zusammensetzung vorgenommen. Sie waren zwar gegenüber den gebuchten Personen weisungsberechtigt, handelten dabei allerdings als funktionsgerecht Dienende innerhalb eines fremdbestimmten Arbeitsprozesses.
34
Der Eingliederung der Arbeiter in den Betrieb der l. stand nicht entgegen, dass sie das einzelne Arbeitsangebot des Angeklagten ablehnen konnten (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juni 1998 – B 12 KR 5/97 R, Rn. 20). Zwar ist die Möglichkeit, Aufträge anzunehmen oder abzulehnen, grundsätzlich ein Indiz für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit. Doch sind auch im Rahmen von (abhängigen) Beschäftigungen wie etwa Abrufarbeitsverhältnissen (§ 12 TzBfG) Vertragsgestaltungen nicht unüblich, die es weitgehend dem Arbeitnehmer überlassen, ob er im Anforderungsfall tätig werden will oder ein Angebot ablehnt. Nimmt der Betroffene es jedoch an, übt er die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit in einem fremden Betrieb und damit im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung aus und wird nicht allein wegen der grundsätzlich bestehenden Ablehnungsmöglichkeit zum selbständig Tätigen (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21. November 2008 – L 4 KR 4098/06, Rn. 30; Hessisches LSG, Urteil vom 24. Februar 2009 – L 1 KR 249/08, Rn. 28).
35
(2) Auch soweit die l. G. GmbH gegenüber anderen Auftraggebern als der G. tätig wurde, war sie – und nicht der jeweilige Auftraggeber – Arbeitgeberin der eingesetzten Kräfte. Der für sie handelnde Angeklagte entschied über die Aufnahme von Personen in seinen Pool, deren Schulung , deren Bezahlung und über deren Einsatz bei bestimmten Aufträgen, teilweise allerdings auf Wunsch der Auftraggeber. Die Einteilung der hierarchisch strukturierten Arbeitsgruppen bei den einzelnen Einsätzen wurde ebenfalls durch den Angeklagten oder die jeweiligen Crewchefs, häufig durch den ab Januar 2011 bei der l. angestellten Zeugen St. , vorgenommen. Soweit neben dem Angeklagten und den Crewchefs auch vor Ort Verantwortliche der Auftraggeber den Arbeitskräften Anweisungen erteilten, weist dies allein noch nicht auf eine – durch die Wirtschaftsstrafkammer in Betracht gezogene – (unerlaubte) Arbeitnehmerüberlassung durch die l. hin (vgl. BGH, Urteil vom 16. April 2014 – 1 StR 516/13, NJW 2014, 1975, 1977; Beschluss vom 12. Februar 2003 – 5 StR 165/02, NJW 2003, 1821; Höpfner in Henssler /Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, 8. Aufl., § 1 AÜG, Rn. 26 ff.; Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann/Berchtold, aaO, Rn. 52). Auch im Fall der unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung gälte im Übrigen die l. als lohnzahlende Verleiherin gemäß § 10 Abs. 3 AÜG, § 28e Abs. 2 Sätze 3 und 4 SGB IV gegenüber der Einzugsstelle als Arbeitgeberin und hätte neben dem Entleiher für den auf das Arbeitsentgelt entfallenden Gesamtsozialversicherungsbeitrag einzutreten (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juni 2001 – 3 StR 126/01, NStZ 2001, 599).
36
(3) Im Rahmen ihrer Tätigkeit für den Angeklagten trugen die Arbeitskräfte kein Unternehmerrisiko und erfüllten damit gerade dieses maßgeblich für eine selbständige Tätigkeit sprechende Merkmal nicht.
37
Wesentliches Kriterium für ein Unternehmerrisiko ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch unter Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, so dass der Erfolg des Einsatzes der sächlichen und persönlichen Mittel ungewiss ist (BSG, Urteile vom 4. Juni 1998 – B 12 KR 5/97 R, Rn. 23; vom 28. Mai 2008 – B 12 KR 13/07 R, Rn. 27; vom 25. Januar 2001 – B12 KR 17/00 R, Rn. 24). Die Bühnenarbeiter und Techniker wandten, was arbeitnehmertypisch ist, nur ihre eigene Arbeitskraft und Berufserfahrung auf. Sie stellten keine Arbeitsmittel mit der ungewissen Aussicht zur Verfügung, Einnahmen zu erzielen. Auch die eigene Arbeitskraft wurde nicht mit ungewissem Erfolg aufgewandt, da ihre Tätigkeit nach festen Sätzen vergütet wurde. Es ist arbeitnehmertypisch und spricht für eine (abhängige) Beschäftigung, wenn Erwerbstätigen – wie vorliegend – die Vergütung unabhängig vom Ergebnis ihrer Tätigkeit und vom wirtschaftlichen Ergebnis des Auftraggebers zusteht und sie keine Abzüge wegen Schlechtleistung zu befürchten haben (Mette, NZS 2015, 721, 725). Die Tatsache, dass die Arbeiter außerhalb der Erledigung der Einzelaufträge frei über ihre Arbeitszeit und Arbeitskraft verfügen konnten, hatte keinen Bezug zu der Vergütungsregelung für die geleistete Arbeit. Das hieraus folgende Risiko, zeitweise die eigene Arbeitskraft nicht verwerten zu können, begründete kein Unternehmerrisiko während der Arbeitseinsätze (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juni 1998 – B 12 KR 5/97 R, Rn. 23).
38
Es ist insoweit auch nicht aussagekräftig, dass die eingesetzten Personen jeweils ein Gewerbe, manche auch im Bereich der Veranstaltungstechnik oder des Bühnenbaus, angemeldet hatten, „weil es Voraussetzung war, überhaupt zu arbeiten“. Das Gewerbeaufsichtsamt prüft nicht, ob tatsächlich eine Beschäftigung vorliegt. Die für die l. Tätigen traten über die Verteilung von Visitenkarten hinaus nicht werbend am Markt auf und keinem von ihnen „kam es darauf an, mit dem unternehmerischen Risiko verbundene Freiheiten zur eigenen unternehmerischen Entfaltung zu nutzen, sondern allein darauf, durch den Einsatz ihrer Arbeitskraft Geld zu verdienen“.
39
(4) Dass die Arbeiter im streitigen Zeitraum auch für andere Auftraggeber tätig waren, ist ohne Bedeutung für ihre Eingliederung in den Betrieb der Klägerin während des jeweiligen Arbeitseinsatzes und mithin kein entscheidendes Kriterium für eine selbständige Tätigkeit (vgl. BSG, aaO, Rn. 21). Dies gilt – wie die Wirtschaftsstrafkammer zu Recht annimmt – auch für diejenigen Personen, bei denen die Tätigkeit für den Angeklagten nur einen relativ geringen Anteil ihrer Gesamteinnahmen ausmachte. Die Tätigkeit nur für einen Auftraggeber spricht zwar für eine abhängige Beschäftigung; der Umkehrschluss, dass eine Tätigkeit für mehrere Auftraggeber einem Beschäftigungsverhältnis entgegenstehe , ist aber nicht zulässig (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21. November 2008 – L 4 KR 4098/06, Rn. 7). Auch ein abhängig Beschäftigter kann bei mehreren Arbeitgebern beschäftigt sein. Soweit die Wirtschaftsstrafkammer nicht ausschließen konnte, dass nicht sozialversicherungspflichtige kurzfristige oder (regelmäßig) geringfügige Beschäftigungen (§ 8 SGB IV) vorlagen, hat sie dies berücksichtigt.
40
(5) Der Nichtgewährung von Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sowie Urlaub kommt im Rahmen der nach § 7 Abs. 1 SGB IV vorzunehmenden Gesamtabwägung keine eigenständige Bedeutung zu. Vielmehr setzt der Ausschluss ansonsten zwingender arbeits- und sozialrechtlicher Rechte und Pflichten das Fehlen des Status als Beschäftigter voraus. Allein die Vorenthaltung von Rechten oder die Belastung eines Erwerbstätigen, der im Übrigen nach der tatsächlichen Gestaltung des gegenseitigen Verhältnisses als abhängig Beschäftigter anzusehen ist, mit zusätzlichen Risiken rechtfertigt nicht die Annahme von Selbständigkeit im Rechtssinne (vgl. BSGE 120, 99, 108 mwN).
41
c) Entgegen der Auffassung der Revision ist eine Beschränkung des objektiven Tatbestandes des § 266a StGB unter dem Gesichtspunkt der Vertretbarkeit der für den Betroffenen günstigen Rechtsansicht zu seiner Arbeitgebereigenschaft nicht vorzunehmen. Abgesehen von der Frage, wie eine solche dogmatisch verortet werden könnte (vgl. gegen eine „autonome“ strafrechtliche Definition des Arbeitgeberbegriffs Kudlich, ZIS 2011, 482, 488), besteht hierfür schon kein Bedürfnis. Denn der Angeklagte war nicht darauf verwiesen, diese Frage – gegebenenfalls nach fachkundiger Beratung – aufgrund eigener rechtlicher Beurteilung zu entscheiden. Vielmehr hätte er es in der Hand gehabt, einen (kostenlosen) Antrag nach § 7a SGB IV bei der Deutschen Rentenversicherung Bund zu stellen und auf diesem Wege, gegebenenfalls durch weitere – die Fälligkeit des Gesamtsozialversicherungsbeitrages hinausschiebende (§ 7a Abs. 6 Satz 2 SGB IV) – Anrufung der Sozialgerichte, klären zu lassen, ob eine Beschäftigung im Sinne des § 7 SGB IV vorliegt (vgl. Mette, NZS 2015, 721, 722; KassKomm/Seewald, SGB IV, 101. EL, § 7 Rn. 49). Ungeachtet des Um- stands, dass die Entscheidung im sozialversicherungsrechtlichen Anfrageverfahren und selbst eine entsprechende rechtskräftige sozialgerichtliche Entscheidung im Hinblick auf das Bestehen oder Nichtbestehen eines Beschäftigungsverhältnisses rechtlich keine Bindungswirkung entfaltet (vgl. MüKo/Radtke, StGB, 3. Aufl., § 266a Rn. 15; Kudlich aaO 484), hätte der Angeklagte mit der Stellung des Antrags ein Strafbarkeitsrisiko vermeiden können.
42
2. Die Wirtschaftsstrafkammer ist ohne Rechtsfehler zu der Überzeugung gelangt, dass der Angeklagte im Tatzeitraum ernsthaft mit der Möglichkeit rechnete , gegen die Pflicht zur Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen zu verstoßen , und dies billigend in Kauf nahm.
43
Sie schließt dies zum einen aus den mit der Verteilung und Beantwortung des von dem Zeugen P. ausgearbeiteten Fragebogens zusammenhängenden Umständen. Vor dem Hintergrund, dass die in den Feststellungen genannten Fragen angesichts der dem Angeklagten bekannten Umstände durch die Arbeiter nicht wahrheitsgemäß mit „nein“ beantwortet werden konnten, ergab sich bereits aus den Hinweisen im Fragebogen selbst, dass „sehr starke Merkmale für das Vorliegen einer abhängigen Arbeitnehmertätigkeit (also ,Scheinselbständigkeit‘)“ vorlagen. Zudem war dem Angeklagten bekannt, dass die G. die Gründung einer GmbH durch ihn als Bedingung der Fortführung der Geschäftsbeziehungen gerade deshalb verlangte, weil sie eine eigene Beitragspflicht für Scheinselbständige vermeiden wollte. Hierdurch drängte sich für den Angeklagten auf, dass das Problem der Scheinselbständigkeit der „vermittelten“ Personen auch die von ihm geführte GmbH als mögliche Arbeitgeberin betraf.
44
Einem Irrtum in Bezug auf die Arbeitgeberstellung der l. unterlag der Angeklagte demnach nicht. Er kannte nicht nur die hierfür maßgeblichen tatsächlichen Umstände, sondern erkannte auch, dass auf deren Grundlage die l. möglicherweise als Arbeitgeberin anzusehen war, und billigte dies.

Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob eine etwaige Fehlvorstellung über die Arbeitgebereigenschaft in § 266a StGB und die daraus folgende Abführungspflicht insgesamt als Tatbestandsirrtum zu behandeln wäre (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 2018 – 1 StR 331/17, NStZ-RR 2018, 180, 182 mwN).
Mutzbauer Sander Schneider
Mosbacher Köhler

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 15.11.2013 wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. Im Übrigen werden außergerichtliche Kosten nicht erstattet.

3. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand

1

Streitig ist, ob die Beigeladene zu 1) ihre Tätigkeit für die Klägerin in dem Zeitraum vom 1.9.2010 bis zum 28.2.2011 als Selbstständige oder als abhängig Beschäftigte ausübte und ob sie der Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung unterlag.

2

Die 1970 geborene Beigeladene zu 1) war in dem Zeitraum vom 1.9.2010 bis zum 28.2.2011 für die Klägerin, einem Unternehmen für Logistik- und Transportdienstleistungen, im Transportdienstleistungsbereich tätig. Einer der Hauptkunden der Klägerin ist die Firma H Logistik Deutschland GmbH (im folgenden H GmbH). Die H GmbH ist Logistik-Dienstleister. Sie beauftragt selbständige Unternehmer mit der Zustellung von Sendungen.

3

Der Geschäftsführer der Klägerin ist gleichzeitig Geschäftsführer der T Diese erbringt auf der Grundlage eines Satellitendepotvertrages mit der H GmbH Transportdienstleistungen. Mit der Klägerin ist ein solcher Satellitendepotvertrag nach deren Angaben nicht geschlossen worden. Allerdings hat auch die Klägerin einen schriftlichen Kooperationsvertrag geschlossen, der dem Satellitendepotvertrag weitgehend entspricht. Bei der Durchführung von vertraglich geschuldeten Leistungen für die H GmbH muss die Klägerin die von der H GmbH vorgegebenen standardisierten Formulare und Sachmittel verwenden und die im "H Qualitätshandbuch" vorgegebenen Serviceanforderungen erfüllen.

4

Die Beigeladene zu 1) war nach eigenen Angaben zuvor bereits im Paketdienstgewerbe tätig, und zwar ab dem 1.12.2009 zusammen mit ihrem Ehemann für das Transportunternehmen N K. Dieses Unternehmen war wiederum ebenfalls für die H GmbH tätig und benutzte die gleichen Formulare wie die Klägerin.

5

Die Beigeladene zu 1) hatte am 12.7.2010 ein Gewerbe für eine Tätigkeit im Internethandel und Paketdienst bei der Verbandsgemeindeverwaltung A angemeldet. Sie erwarb zwecks Durchführung ihrer Tätigkeit von der T GmbH einen gebrauchten Ford Transit Kastenwagen für 4000 Euro. Am 14.3.2011 erfolgte die Abmeldung des Gewerbes.

6

Ein zwischen ihr und der Klägerin am 26.8.2010 geschlossener "Unternehmer-Partnerschaftsvertrag" enthielt folgende Regelungen:

7

1. Grundlagen

8

1.1. Der Auftragnehmer erbringt die Dienstleistung gegenüber dem Kunden des Auftraggebers selbständig im Auftrag des Auftraggebers. Die selbständige Erledigung des Auftrages erfordert die Anmeldung eines Gewerbes. Der Auftragnehmer handelt im eigenen Namen und auf eigene Rechnung. Die Gewerbeanmeldung ist dem Auftraggeber schriftlich nachzuweisen. Die Ausführung der Einzelaufträge erfolgt durch den Auftragnehmer selbst oder durch unselbständige Dritte. In jedem Fall hat der Auftragnehmer zu gewährleisten, dass die Auftragsausführung nach den gesetzlichen sowie sonstigen sicherheitstechnischen Vorschriften erfolgt.

9

1.2. Der Auftragnehmer führt seinen Gewerbebetrieb unter Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns, weiter unter Einhaltung aller gesetzlichen Bestimmungen (insbesondere der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften) sowie der für das Transportwesen geltenden besonderen Regelungen (z.B. Ladungssicherheit, Lenkzeitverordnung, Straßenverkehrsordnung, Vorschriften der Berufsgenossenschaft u.a.). Der Auftragnehmer führt die von ihm zu leistenden Steuern regelmäßig an das Finanzamt ab.

10

1.3. Der Auftragnehmer verpflichtet sich, für die Dauer des Vertrages dafür Sorge zu tragen, dass etwaige öffentlich rechtliche Genehmigungen vorliegen und sein Gewerbebetrieb auch in wirtschaftlicher und finanzieller Hinsicht so organisiert ist, dass die nach diesem Vertrag geschuldeten Leistungen erfüllt werden können. Der Auftragnehmer verpflichtet sich, Änderungen in seinem Unternehmen, die insbesondere auch dessen Leistungsfähigkeit (z.B. die Anzahl der Mitarbeiter oder den Fuhrpark) betreffen, dem Auftraggeber unverzüglich mitzuteilen. Der Auftragnehmer ist damit einverstanden, dass der Auftraggeber jederzeit Auskunft über die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Auftragnehmers verlangen kann. Der Auftraggeber hat das Recht sich, auch durch unangemeldete Kontrollen, bei dem Auftragnehmer von der Qualität der Leistungserbringung zu vergewissern.

11

1.4. Die vom Auftragnehmer zu erbringenden Leistungen dürfen nicht ohne schriftliche Zustimmung des Auftraggebers zur selbständigen Ausführung auf andere Dritte übertragen werden.

12

1.5 Bei Verletzung von Pflichten sowie von sonstigen Kriterien, die gegen eine Unternehmenseigenschaft sprechen, ist der Auftragnehmer dem Auftraggeber zum Ersatz des hieraus entstehenden Schadens verpflichtet.

13

1.6 Der Auftragnehmer hat den Auftraggeber schriftlich darüber zu informieren, falls er als Kleinstunternehmer nach § 19 UStG geführt wird.

14

2. Qualität der Leistungen

15

2.1. Der Auftragnehmer haftet für die ordnungsgemäße Durchführung der übernommenen Aufgaben. Weiterführende Beschreibungen der Aufgaben sind im H Qualitätshandbuch (aktuelle Auflage) definiert. Er stellt die Qualität der Leistungserbringung auch durch seine Mitarbeiter stets sicher. Erfüllt ein Mitarbeiter des Auftragnehmers nicht die Anforderungen des Auftraggebers, kann dieser verlangen, dass der betreffende Mitarbeiter für Auslieferungen nicht mehr eingesetzt wird.

16

2.2 Die vom Auftragnehmer eingesetzten Mitarbeiter tragen während der Zustell- oder Abholtätigkeit eine geeignete, gepflegte Berufskleidung mit der vom Auftraggeber vorgegebenen Kennzeichnung. Der Auftragnehmer kann vom Auftraggeber diese Berufskleidung zum marktüblichen Preis entgeltlich erwerben.

17

2.3. Für die nach diesem Vertrag geschuldeten Transportleistungen stellt der Auftragnehmer in erforderlicher Anzahl Kraftfahrzeuge zur Verfügung. Die Fahrzeuge sind mit dem Hinweis "im Auftrag der H Logistik Gruppe" zu versehen. Der Auftragnehmer kann vom Auftraggeber solche Hinweistafeln anfordern. Darüber hinaus ist an den Fahrzeugen während der Dauer der Erbringung der Dienstleistung für den Auftraggeber keine Werbung zulässig. Die Fahrzeuge sind in einer neutralen Farbe (weiß) zu halten.

18

3. Vertragsgebiet

19

3.1. Der Auftragnehmer erbringt seine Transportdienstleistungen in dem in der Anlage 1 a beschriebenen Vertragsgebiet. Der Auftraggeber ist nicht verpflichtet, seine ablauforganisatorischen Verfahren in unveränderter und uneingeschränkter Form fortzuführen.

20

Änderungen in der räumlichen Festlegung des Zustellgebiets sind zwischen den Parteien schriftlich zu vereinbaren.

21

3.2. Der Auftraggeber ist berechtigt, in diesem Vertragsgebiet selbst tätig zu werden.

22

3.3. Dem Auftragnehmer können vom Auftraggeber auch Transportdienstleistungen in anderen als dem Vertragsgebiet übertragen werden.

23

4. Vergütung

24

4.1. Der Auftragnehmer erhält für seine Transportdienstleistung eine Vergütung entsprechend der Anlage 1 zzgl. gesetzl. Mehrwertsteuer. Bei Kleinstunternehmern nach § 19 UStG erfolgt keine Auszahlung der Mehrwertsteuer. Vergebliche Kundenanfahrten werden nicht vergütet.

25

4.2. Die Vereinbarungen über die Vergütung sind unabhängig von den übrigen Bestimmungen dieses Vertrages gesondert mit einer Frist von 2 Wochen zum Monatsende durch den Auftraggeber kündbar. Die Kündigung bedarf der Schriftform.

26

4.3. Der Auftragnehmer erhält vom Auftraggeber Gutschriften für seine Dienstleistungen jeweils bis zum 15. des Folgemonats für den Vormonat. Die Zahlung erfolgt innerhalb von 30 Tagen nach Erstellung der Gutschrift. Der Auftraggeber ist berechtigt, Teil- und Abschlagszahlung zu leisten, ein Anspruch seitens des Auftragnehmers entsteht darauf nicht.

27

Der Auftraggeber ist berechtigt, Kosten für Sachmittel nach Anlage 3 oder andere Forderungen wie z.B. Mietwagen, Schadenersatz von Sendungen bei der Auszahlung zu verrechnen.

28

Maßgebend für die Berechnung der monatlichen Mengen sind die mittels Scanner erfassten, zugestellten und der beim Kunden abgeholten Sendungen, sowie der Zeitpunkt der Übertragung der Scannerdaten an die Vertragspartner des Auftraggebers (z.B. H L GmbH H ).

29

4.4. Eine Auszahlung kann nur erfolgen, wenn dem Auftraggeber alle Unterlagen des Auftragnehmers vorliegen, die für eine ordnungsgemäße Buchführung notwendig sind (insbesondere Gewerbeanmeldung und Steuernummer).

30

4.5 In der Anlage 1 ist für die Sendungsklasse 100 bereits ein Qualitätsbonus in Höhe von 0,05 EUR je Paket enthalten. Wird die Qualität (H Zustellvorgabe) am Monatsende nicht erreicht, wird der Qualitätsbonus wieder in Abzug gebracht.

31

5. Haftung und Versicherungsschutz

32

5.1. Der Auftragnehmer haftet nach den gesetzlichen Bestimmungen für den Schaden, der durch Verlust oder Beschädigung der Sendung in der Zeit von der Übernahme der Sendung bis zu Ablieferung oder durch eine Überschreitung der Auslieferfrist entsteht. Das gleiche gilt für Handlungen und Unterlassungen derjenigen Personen, derer sich der Auftragnehmer bei der Ausführung der Transportdienstleistungen bedient. Eine Sendung gilt als übergeben, sobald Sie mit dem Scanner erfasst wurde.

33

5.2. Die vom Auftragnehmer zu leistende Entschädigung wegen Verlust, falscher Zustellung oder Beschädigung von Sendungen wird durch den Vertragspartner des Auftraggebers (z.B. H ) festgesetzt und entspricht dem tatsächlichen Wert der Sendung zuzüglich festgesetzter Vertragsstrafen. Der Auftragnehmer bestätigt, dass er über die Vertragsstrafen in Kenntnis gesetzt wurde. Der Auftragnehmer haftet generell mindestens in dem Umfang, wie der Auftraggeber von seinen Auftraggebern (z.B. H ) in Regress genommen wird.

34

5.4. Die Haftungsbegrenzung gilt nicht, wenn der Schaden auf eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Handlung des Auftragnehmers oder von ihm eingesetzter Personen zurückzuführen ist. Soweit der Auftragnehmer nach den gesetzlichen Vorschriften einer Haftungsbefreiung oder Haftungsbegrenzung unterliegt, hat er nachzuweisen, dass er nicht vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewusstsein, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde, gehandelt hat.

35

5.4. Bei etwaigen durch den Auftragnehmer verursachten Schadensfällen wird der Auftraggeber dem Auftragnehmer innerhalb von 21 Tagen nach Eintritt des Schadens eine vorläufige Schadensmeldung einreichen. Bei Transportverlusten, die dem Auftragnehmer zuzurechnen sind, besteht für den Auftraggeber eine Anmeldefrist von 8 Monaten beginnend ab dem Transportdatum.

36

5.5. Der Auftragnehmer verpflichtet sich, für einen ausreichenden Versicherungsschutz Sorge zu tragen. Er hat eine Schadensversicherung für die von ihm beförderten Güter abzuschließen. Er tritt schon jetzt dem annehmenden Auftraggeber den Anspruch auf Leistung aus der Versicherung gegen die Versicherung an den Auftraggeber ab. Der Auftragnehmer ist ferner verpflichtet, eine Betriebshaftpflichtversicherung abzuschließen. Die entsprechenden Versicherungspolicen sind dem Auftraggeber vom Auftragnehmer auf Anforderung jederzeit vorzulegen.

37

5.6. Der Auftragnehmer haftet für Schäden an den ihm mietweise überlassenen Sachmitteln.

38

6. Leistungsverzug

39

6.1. Erbringt der Auftragnehmer die ihm obliegenden Transportdienstleistungen nicht oder nicht ordnungsgemäß, ist er unter Fristsetzung zur vertragsgemäßen Leistungserbringung aufzufordern. Die Fristsetzung kann unterbleiben, wenn die Leistungserbringung als Terminsache keinen Aufschub duldet oder der Auftragnehmer - auch mündlich - die Leistung verweigert.

40

6.2. Im Fall des Leistungsverzuges ist der Auftraggeber berechtigt, einen Dritten zu beauftragen oder selbst tätig zu werden. Der entstehende Aufwand ist von dem Auftragnehmer zu tragen. Schadensersatzansprüche bleiben unberührt.

41

Der Auftragnehmer zahlt für jeden Einzelfall des Verzuges eine Vertragsstrafe in Höhe von 70 Euro (in Worten siebzig Euro) an den Auftraggeber.

42

7. Vertraulichkeit, Datenschutz, Konkurrenzklausel

43

7.1. Der Auftragnehmer verpflichtet sich, die sich aus der Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber ergebenen Kenntnisse, insbesondere über Geschäftsbeziehungen, Kunden und Ablauforganisation, das Warenverteilungskonzept, sowie die Ablauforganisation vertraulich zu behandeln. Die gleiche Verpflichtung wird der Auftragnehmer auch den von ihm eingesetzten Personen auferlegen. Die Parteien sind sich darüber einig, dass die vereinbarte Vertraulichkeit auch nach Beendigung des Vertrages fort gilt.

44

7.2. Der Auftragnehmer ist damit einverstanden, dass personenbezogene Daten vom Auftraggeber über dessen elektronische Datenverarbeitung verarbeitet werden. Ihm ist bekannt, dass die Daten nicht an Dritte weitergegeben werden. Der Auftragnehmer kann diese Einwilligung jederzeit widerrufen.

45

7.3 Die Parteien sind verpflichtet, personenbezogene Daten nur dem Vertragszweck und den jeweils gültigen Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) entsprechend zu verarbeiten. Das Postgeheimnis ist zu wahren. Hiermit erfüllt die jeweils übermittelnde Partei ihre Hinweispflicht nach § 28 Abs. 4 BDSG.

46

7.4 Der Auftragnehmer ist frei, selbständig am Markt weitere Leistungen anzubieten und zu erbringen, soweit diese die Erfüllung dieses Vertrages nicht beeinträchtigen.

47

8. Vertragsstrafe

48

8.1. Verstößt der Auftragnehmer gegen die Verpflichtung zum Nachweis des Gewerbes (Ziff. 1.1) oder nach Ziffer 4, so zahlt er für jeden Fall des Verstoßes eine Vertragsstrafe in Höhe von 2500 Euro (in Worten Zweitausendfünfhundert Euro) an den Auftraggeber. Gleiches gilt für einen schuldhaften Verstoß des Auftragnehmers im Hinblick auf seine Qualifikation zur Durchführung des Auftrages durch den Auftragnehmer selbst oder von ihm beauftragte oder angestellte Dritte.

49

8.2. Weitergehende Schadensersatzansprüche bleiben unberührt.

50

9. Vertragsdauer

51

9.1 Der Vertrag tritt am 01.09.2010 in Kraft und ersetzt alle vorherigen Verträge.

52

9.2. Der Vertrag wird auf unbestimmte Zeit geschlossen.

53

9.3 Der Vertrag kann von beiden Vertragspartnern mit einer Frist von vier Wochen zum Monatsende gekündigt werden. Die Kündigung bedarf der Schriftform. Maßgeblich für die Einhaltung der Kündigungsfrist ist der Eingang beim Auftraggeber.

54

9.4. Das Recht zur außerordentlichen - fristlosen - Kündigung bleibt unberührt. Als wichtiger Grund, der die sofortige Beendigung des Vertrages rechtfertigt, gilt insbesondere

55

Kündigung des Dienstleistungsvertrages der H gegenüber dem Auftraggeber

56

Einleitung eines Insolvenzverfahrens

57

wiederholte mangelhafte Leistungserbringung durch den Auftragnehmer

58

oder wiederholte nicht Erfüllung der Qualitätsanforderungen durch den Auftragnehmer

59

Vermögensdelikte an zur Beförderung übergebenen Sendungen

60

10. Schlussbestimmungen

61

10.1. Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform. Dies gilt auch für eine Änderung der Schriftformklausel selbst. Auch eine Aufhebung des Vertrages ist nur schriftlich möglich.

62

10.2. Sollte eine Bestimmung dieses Vertrages ganz oder teilweise gegen gesetzliche Regelungen verstoßen oder aus sonstigen Gründen nichtig sein, wird dadurch die Gültigkeit des übrigen Vertrages nicht berührt.

63

Die Parteien werden die unwirksame oder die nichtige Bestimmung im gegenseitigen Einvernehmen durch eine andere ersetzen, die dem wirtschaftlichen Zweck der ursprünglich gewollten Bestimmung am nächsten kommt.

64

10.3. Die diesem Vertrag beigefügten Anlagen sind wesentliche Bestandteile des Vertrages. Sollten die Anlagen im Widerspruch zu diesem Vertrag stehen, gegen die Regelungen dieses Vertrages vor. Dies gilt auch für zukünftig dem Vertrag beizufügende Anlagen.

65

10.4. Der Auftragnehmer kann lediglich mit einer unbestrittenen oder rechtskräftig festgestellten Forderung gegen eine Forderung des Auftraggebers aufrechnen. Ansonsten ist jede Aufrechnung durch den Auftragnehmer ausgeschlossen.

66

10.5 Im Fall der Beendigung des Vertragsverhältnisses sind beide Parteien verpflichtet, alle von der anderen Partei überlassenen Sachmittel und Unterlagen vollständig und in ordnungsgemäßem Zustand unverzüglich zurückzugeben. Ein Zurückbehaltungsrecht an den überlassenen Sachmitteln sowie an den im Besitz des Auftragnehmers befindlichen Sendungen ist ausgeschlossen. Deren Herausgabe hat jederzeit auf erstes Anfordern an den Auftraggeber zu erfolgen.

67

10.6. Erfüllungsort und Gerichtsstand ist Koblenz

68

Dem Unternehmer-Partnerschaftsvertrag waren jeweils gesondert unterzeichnete Anlagen beigefügt (Anlage 1 Preisvereinbarung, gültig ab 1.9.2010, Anlage 2 Abwicklungsbeschreibung, Anlage 3 Sachmittel, Anlage 4 Strafenkatalog), die Gegenstand des Unternehmer-Partnerschaftsvertrages waren. Auf deren Inhalt wird verwiesen.

69

Am 5.5.2011 beantragte die Beigeladene zu 1) bei der Beklagten ein Statusfeststellungsverfahren nach § 7a Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV).

70

Neben dem Unternehmer-Partnerschaftsvertrag und dessen Anlagen legte die Beigeladene zu 1) verschiedene Gutschriften für geleistete Paketdienste vor, außerdem eine Aufstellung "Verbindliche Tourenelemente zu Anlage 1 Unternehmer-Partnerschaftsvertrag", mit handschriftlichem Vermerk "Fr. K S gültig bis 30.9.2010", ein Schreiben der Klägerin vom 2.8.2010, in dem der Beigeladenen zu 1) bestätigt wurde, dass ihr "die Tour" bestimmter namentlich genannter Personen verbindlich angeboten werde, die Zulassung für einen Kleintransporter (Ford Transit) und ihre Kündigung vom 15.2.2010 zum 28.2.2010.

71

Die Beigeladene zu 1) führte auf Nachfrage der Beklagten aus, dass die gefahrene Tour, die eine Gültigkeitsdauer bis zum 30.9.2010 gehabt habe, ihrem Mann und ihr in dieser Form angeboten worden sei. Aufgrund der Größe der Tour sei in den Monaten November und Dezember 2010 eine Arbeitszeit von bis weit nach 21 Uhr nötig gewesen. Im Januar 2011 seien ohne weitere Absprache Orte aus der Tour entfernt und an andere Unternehmer verteilt worden. Verhandlungen über den Betrag oder die Tour seien nicht geführt worden. Sonderfahrten für Koffer, Fahrräder oder Großteile hätten nicht abgelehnt werden können, auch eine Preisverhandlung sei nicht angenommen worden. Es sei ihnen nicht freigestellt gewesen, eine Rechnung zu schreiben, sondern die Klägerin habe auf der Erteilung von Gutschriften bestanden. Hilfskräfte, die nur nach vorheriger Absprache hätten eingestellt werden können, habe sie nicht eingestellt. Dienstbeginn sei um 7.30 Uhr gewesen, das Zuspätkommen sei mit einer Geldstrafe geahndet worden. Es habe die Verpflichtung bestanden, den Zuliefer-Lkw auszuladen, die Ware einzuscannen, zu sortieren, die Tour zu scannen, die Ware zu verladen und auszuliefern. Die Ablehnung einer Zustellung sei meist untersagt worden. Das Fahrzeug habe sie von der Firma T erworben, es aber wieder mit einem bestimmten Verkaufspreis zurückgeben müssen. Der zeitliche Rahmen für die Tätigkeit sei festgelegt gewesen, die Kunden hätten bis maximal 21 Uhr angefahren werden können. Spezielle Terminzustellungen seien vorgeschrieben worden. Die Touren seien festgelegt gewesen und geändert worden, wenn man zu schnell mit der Tour fertig gewesen sei. Gelegentlich habe man Waren eines anderen Unternehmers zustellen müssen, dies sei vom Geschäftsführer bestimmt worden. Eine eigene Absprache mit anderen Unternehmern sei untersagt worden. Es habe eine Pflicht zur Erledigung von Terminzustellungen und Abholaufträgen bestanden, eine Verweigerung sei nicht angenommen worden. Die Arbeitsmittel hätten gemietet werden müssen (Scanner, Fahrzeuge), andere Sachen (Scannertasche, Bekleidung) hätten gekauft werden müssen. Dienstkleidung sei vorgeschrieben gewesen. Die Fahrzeuge hätten auf eigene Kosten angeschafft oder von ihr gemietet werden können. Eigene Kundenwerbung sei nicht betrieben worden. Gehaftet habe man selbst. Die Versicherungspflichten seien vertraglich geregelt gewesen.

72

Die Klägerin führte hierzu aus, der Beigeladenen zu 1) seien keine Vorschriften hinsichtlich der Dauer und des Endes ihrer Arbeitszeit gemacht worden. Außerdem verfüge die Beigeladene zu 1) über zwei eigene Kfz. Sie habe einen eigenen Mitarbeiter, Herrn U S , eingesetzt. Es seien keine Touren vorgegeben worden, sondern die Beigeladene zu 1) habe selbst entschieden, welche Sendungen sie in welcher Reihenfolge zustelle. Die Touren seien nur geographisch aufgeteilt gewesen. Eine Ablehnung von Aufträgen sei möglich gewesen. Nach Absprache hätten Orte zusätzlich mitgenommen werden können, dazu habe aber keine Verpflichtung bestanden. Es erfolge eine Qualitätskontrolle durch sie und ihren Kunden, die H GmbH, der Richtlinien in einem Qualitätshandbuch vorgebe. Sei ein Zusteller verhindert, habe er selbst für Ersatz zu sorgen, ansonsten drohe eine Vertragsstrafe. Sachmittel würden nicht zur Verfügung gestellt, für den Scanner sei eine Sachmittelpauschale zu entrichten. Der Zusteller hafte für Schäden und Verluste. Es bestünden insofern deutliche Unterschiede zu ihren eigenen Angestellten.

73

Mit Schreiben vom 18.7.2011 wurden die Klägerin und die Beigeladene zu 1) nach § 24 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) i.V.m. § 7a ff SGB lV angehört. Die Beklagte teilte in ihrem Schreiben mit, dass sie beabsichtige, einen Bescheid über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ab dem 1.9.2010 zu erlassen. Somit würde Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung dem Grunde nach bestehen.

74

Mit an die Klägerin und an die Beigeladene zu 1) gerichteten Bescheiden vom 12.9.2011 stellte die Beklagte fest, dass die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) im Bereich Paketzustellung bei der Klägerin vom 1.9.2010 bis zum 28.2.2011 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde. Die Versicherungspflicht beginne mit dem Tag der Aufnahme der Beschäftigung. Nach Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Tatsachen überwögen die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Merkmale. Die Beigeladene zu 1) sei seit dem 1.9.2010 auf Basis einer schriftlichen Vereinbarung für die Klägerin tätig. Aus der Tätigkeit für mehrere Vertragspartner könne nicht zwangsläufig auf das Nichtvorhandensein einer abhängigen Beschäftigung geschlossen werden, da auch bei abhängiger Beschäftigung eine Tätigkeit für mehrere Auftraggeber/Arbeitgeber möglich sei. Hinsichtlich der Ausgestaltung der von der Beigeladenen zu 1) zu erbringenden Arbeiten habe nur ein geringer Gestaltungsspielraum bestanden. Einem erheblichen unternehmerischen Risiko habe sie nicht unterlegen, unternehmerische Chancen seien ihr nicht eröffnet worden. Die im Rahmen der Anhörung vorgebrachten Einwände führten nicht zu einer anderen Entscheidung. Mit der Aufnahme der Beschäftigung sei Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung eingetreten. Zwar sehe § 7a Abs 6 Satz 1 SGB IV vor, dass die Versicherungspflicht beim Vorliegen gewisser Voraussetzungen erst mit der Bekanntgabe der Entscheidung der Beklagten eintrete. Der Antrag nach § 7a Abs 1 SGB IV sei aber nicht innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Beschäftigung am 1.9.2010 gestellt worden, sondern erst im Mai 2011.

75

Im Widerspruchsverfahren wies die Klägerin darauf hin, dass die Eheleute S wohl schon länger im Kurierdienstgewerbe tätig seien und je nach wirtschaftlicher Situation abwechselnd ein Gewerbe angemeldet hätten. In welchem Umfang diese als Selbständige gewerblich tätig gewesen seien, sei ihr nicht bekannt. Jedenfalls seien beide an sie herangetreten, um eine bestimmte Tour zu übernehmen. Die Angaben der Beigeladenen zu 1) seien von der Beklagten unkritisch übernommen worden. Der Beigeladenen zu 1) habe es freigestanden, zu entscheiden, wie sie wann und wo welche Sendungen in welcher Reihenfolge zustelle.

76

Mit Widerspruchsbescheid vom 8.2.2012 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Widerspruchsbegründung enthalte keine neuen Gesichtspunkte.

77

Am 27.2.2012 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht (SG) Koblenz erhoben.

78

Die Klägerin hat vorgetragen, die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) sei keine abhängige Beschäftigung. Vielmehr betätige sich die Beigeladene zu 1) selbständig, indem sie Leistungen im Bereich des Paketdienstes erbringe. Für welche weiteren Auftraggeber die Beigeladene zu 1) tätig werde sei ihr nicht bekannt. Tatsache sei, dass sie bereits ein selbständiges Gewerbe betrieben habe, bevor sie mit ihr einen Vertrag geschlossen habe. Sie habe gewerbliche Dienstleistungen für das Transportunternehmen K erbracht. Es sei nicht bekannt, ob sie das Gewerbe abgemeldet habe. Sie sei nicht in ihren Betrieb und ihre Organisation eingebunden gewesen. Es seien keine Touren vorgegeben gewesen, sondern es sei lediglich das Gebiet (A W ) vertraglich festgelegt gewesen. Die Beigeladene zu 1) habe durch den Abschluss des Unternehmer-Partnerschaftsvertrages eine eigene unternehmerische Entscheidung getroffen und Leistungen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung erbracht. Sie habe eigene Betriebsmittel eingebracht und eigene Mitarbeiter und mehrere Fahrzeuge eingesetzt, so dass sie einem unternehmerischen Risiko unterlegen sei. Sie habe von der T GmbH, deren Geschäftsführer mit ihrem Geschäftsführer identisch sei, einen gebrauchten Ford Transit Kastenwagen für 4000 Euro erworben. Darüber hinaus habe sie noch zwei Fahrzeuge des Typs Ford Sierra Kombi (grün und rot) im Einsatz gehabt. Der Einsatz von Kombifahrzeugen und Kastenwagen sei im Kurierdienst und im Paketdienstgewerbe absolut üblich. Dies könne der Zeuge S S , einer ihrer Mitarbeiter, bestätigen. Er könne auch bestätigen, dass sie die Touren A und W mit eigenen Fahrzeugen gefahren sei.

79

Mit Beschluss vom 19.7.2012 hat das SG K S gemäß § 75 Abs 2 SGG zu dem Rechtsstreit beigeladen.

80

Das Gericht hat die Beigeladene zu 1) in einem Termin zur mündlichen Verhandlung zu ihrer Tätigkeit für die Klägerin befragt. Außerdem hat es den Geschäftsführer der Klägerin D T zu der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) angehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 15.11.2013 verwiesen.

81

Mit Urteil vom 15.11.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beigeladene zu 1) sei vom 1.9.2010 bis zum 28.2.2011 bei der Klägerin abhängig beschäftigt gewesen und es habe Sozialversicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung bestanden. Voraussetzung für die festgestellte Versicherungspflicht sei, dass es sich bei der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) um eine abhängige Beschäftigung im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV handele. Dies sei unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu entscheiden (§ 7a Abs. 2 SGB IV). Eine abhängige Beschäftigung sei Grundlage für die Versicherungspflicht zu allen Zweigen der Sozialversicherung. Beschäftigung sei die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung seien eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Eine Beschäftigung setze voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig sei. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb sei dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert sei und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliege. Demgegenüber sei eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig sei, hänge davon ab, welche Merkmale überwögen. Maßgebend sei stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Wichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, gäben letztere den Ausschlag. Aus dem Unternehmer-Partnerschaftsvertrag ergäben sich Anhaltspunkte für eine selbstständige Tätigkeit, etwa das Fehlen von Ansprüchen auf Urlaub, Urlaubsgeld oder Lohnfortzahlung oder auch die umfangreichen Haftungsregelungen. Eine Übertragung von Transportleistungen auf Selbständige habe der Zustimmung der Klägerin bedurft. Sie habe die Transportleistungen durch eigene Pkw erbringen müssen, aber Arbeitsmittel der Klägerin benutzen und dafür bezahlen müssen. Sie habe vorgeschriebene Arbeitskleidung nutzen und den PKW mit Hermes-Emblemen markieren müssen. Die Beigeladene habe ihren Umsatz/Gewinn nicht durch eigene unternehmerische Tätigkeiten steigern können und sei abhängig gewesen von den ihr von der Klägerin überlassenen Transportaufträgen. Sie habe die angelieferten Sendungen unter der Kontrolle eines Mitarbeiters der Klägerin einscannen müssen. Durch das Erfassen jeder Auslieferung mittels Scanner sei eine umfassende Kontrolle durch die Klägerin jederzeit möglich gewesen. Hiermit korrespondiere auch die Abrechnung der Leistungen, da nicht die Beigeladene diese der Klägerin in Rechnung gestellt, sondern die Klägerin anhand der Scannerprotokolle Abrechnungen (Gutschriften) erteilt habe, was gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis spreche. Eine eigene Entscheidungsbefugnis von einiger Bedeutung habe hinsichtlich der Beigeladenen nicht bestanden. Die Auslieferung der eingescannten Sendungen sei vorgeschrieben und die Nichterfüllung anhand eines umfangreichen Stationskataloges strafbewehrt gewesen. Das Gebiet sei vorgegeben gewesen und auch die Anzahl der Sendungen habe die Beigeladene nicht beeinflussen können. Dass für die Beigeladene die Möglichkeit bestanden habe, im Rahmen der grundsätzlich vorgegebenen Tour die einzelnen Ausbildungsorte in gewissem Umfang selbst festzulegen, bilde demgegenüber keine eigene unternehmerische Entscheidung. Insgesamt sei die Auslieferung nach der Abwicklungsbeschreibung streng reglementiert gewesen und habe keinen Spielraum für eigene Entscheidungen gelassen. Bei Würdigung der Umstände des Einzelfalles sei die Kammer zu der Überzeugung gelangt, dass die Beigeladene zu 1) bei der Klägerin abhängig beschäftigt gewesen sei.

82

Gegen das ihr am 16.12.2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 16.1.2014 Berufung erhoben.

83

Die Klägerin macht im Berufungsverfahren weiter geltend, durch das Benutzen bestimmter Arbeitsmittel, hier eines Scanners, das Tragen bestimmter Arbeitskleidung oder das Markieren eines Fahrzeugs mit einem Emblem werde die Selbständigkeit nicht in Frage gestellt. Das SG habe verkannt, dass die Beigeladene zu 1) insgesamt drei Fahrzeuge im Einsatz gehabt habe. Zwischen ihr und ihrem Ehemann habe ein Arbeitsverhältnis bestanden und sie sei auch für andere Auftraggeber im Paketdienst tätig gewesen. In ihrer unternehmerischen Betätigung sei sie nicht behindert worden. Sie habe den Kontakt zu ihr, der Klägerin, gesucht und nicht umgekehrt. Als maßgebliche Eingliederung in den Betrieb sei nicht zu werten, dass die Warensendungen von der Beigeladenen zu 1) hätten eingescannt werden müssen. Das Scannerprotokoll habe der Feststellung des Gefahrübergangs und der Abrechnung gedient. Eine eigene Entscheidungsbefugnis habe bestanden, auch wenn die Auslieferung der eingescannten Pakete vorgeschrieben und die Nichterfüllung anhand eines umfangreichen Sanktionskatalogs strafbewehrt gewesen sei. Denn es habe der Beigeladenen zu 1) freigestanden, einen solchen Vertrag abzuschließen. Außerdem habe die Reihenfolge der Anfahrten und die Aufteilung der Touren freigestanden. Es habe auch ein Preiszuschlag für Artikel über 31 Kilogramm ausgehandelt werden können. Auch die Standardpreise hätten bei Vertragsschluss ausgehandelt werden können. Dass ziemlicher Druck geherrscht haben solle habe die Beigeladene zu 1) zwar behauptet, aber nicht näher konkretisiert. Auch habe keine enge Qualitätskontrolle durch die Firma Hermes bestanden. Es habe im streitgegenständlichen Zeitraum nur eine einzige Schulungsmaßnahme durch die H GmbH stattgefunden. Das SG habe im Übrigen versäumt, die als präsente Zeugen zum Termin am 15.11.2013 gestellten Zeugen S S und A H zu vernehmen. Die Zeugin H , die im Personalbüro arbeite, könne bestätigen, dass die Tätigkeiten von Angestellten der Klägerin nicht mit Transportdienstleistungen der Beigeladenen zu 1) vergleichbar seien. Angestellte hätten jeweils nur eine Tour, zu der sie von der Disponentin vorher eingeteilt würden. Die Angestellten müssten Boten mitnehmen und würden auf allen Touren im Wechsel eingesetzt. Sie erhielten die Arbeitsmittel und -kleidung kostenlos, benutzten Firmenfahrzeuge mit einer Tankkarte und erhielten einen Stundenlohn.

84

Der Senat hat Auskünfte der Beigeladenen zu 1) eingeholt. Auf deren Inhalt wird verwiesen. Außerdem hat sich der Senat die Richtlinien der H GmbH ("H - Qualitätshandbuch") und den Kooperationsvertrag der T mit der H GmbH ("Satellitendepot-Vertrag") vorlegen lassen. Auf den Inhalt dieser Unterlagen wird verwiesen.

85

Mit Beschluss vom 26.11.2014 hat der Senat die für die Beigeladene zu 1) zuständige Krankenkasse, die Pflegekasse sowie die Bundesagentur für Arbeit gemäß § 75 Abs 2 SGG zu dem Rechtsstreit beigeladen.

86

Die Klägerin beantragt,

87

das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 15.11.2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12.9.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.2.2012 aufzuheben und festzustellen, dass die Beigeladene zu 1) ihre Tätigkeit in dem Zeitraum vom 1.9.2010 bis zum 28.2.2011 als Selbständige absolviert hat und somit nicht als abhängig Beschäftigte der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung sowie der sozialen Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag,

88

hilfsweise die Zeugen S S und A H zu vernehmen.

89

Die Beklagte beantragt,

90

die Berufung zurückzuweisen.

91

Die Beklagte erwidert, aus der Berufungsbegründung ergäben sich keine für die Entscheidung des Rechtsstreits wesentlichen neuen Erkenntnisse. Sie hat vorgetragen, zwar sei die Möglichkeit, Aufträge anzunehmen oder abzulehnen nach der Rechtsauffassung des LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.1.2012 - L 11 R 1138/10 grundsätzlich als Indiz für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit anzusehen, der Betroffene werde aber nicht alleine deshalb zum Selbständigen. Darüber hinaus habe sich die Beigeladene zu 1) im Verwaltungsverfahren dahingehend geäußert, dass die Touren überwiegend von der Klägerin festgelegt worden seien und es kaum Mitspracherechte gegeben habe. In einem Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 17.1.2014 - L 1 KR 358/12 sei ein ähnlicher Sachverhalt entschieden worden. Auch dort sei die Auftragnehmerin mit einem eigenen Fahrzeug tätig gewesen und habe keine eigene Werbung aufbringen dürfen. Das eigene Fahrzeug sei nicht als ausschlaggebendes Indiz gewertet worden.

92

Die Beigeladene zu 1) hat sich dem Antrag der Beklagten angeschlossen.

93

Die Beigeladenen zu 2) bis 4) haben keinen eigenen Antrag gestellt.

94

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie den der Verwaltungsakte Bezug genommen. Er war Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung.

Entscheidungsgründe

95

Die Rücknahme der Berufung durch den Kläger nach Schluss der mündlichen Verhandlung des Urteils entfaltete keine Wirkung, weil die Beklagte die nach § 156 Abs 1 S 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erforderliche Zustimmung nicht erklärte.

96

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.

97

Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 12.9.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.2.2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Das erstinstanzliche Urteil ist daher nicht zu beanstanden.

98

Entgegen der Auffassung der Klägerin war die Beigeladene zu 1) in dem Zeitraum vom 1.9.2010 bis zum 28.2.2011 bei ihr abhängig beschäftigt und es bestand Sozialversicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung.

99

Bei der am 5.5.2011 bei der Beklagten eingegangenen Anfrage der Beigeladenen zu 1) handelte es sich um einen Antrag im Rahmen eines sog. Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a SGB IV. Danach können die Beteiligten eine Entscheidung des Rentenversicherungsträgers dazu beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt oder nicht. Die Beklagte hat in diesem Anfrageverfahren zutreffend festgestellt, dass die Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 1.9.2010 bis zum 28.2.2011 als gegen Arbeitsentgelt Beschäftigte der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), der gesetzlichen Pflegeversicherung (§ 20 Abs. 1 S. 1 und S. 2 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) und in der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) unterlag sowie in einem Versicherungspflichtverhältnis nach dem Recht der Arbeitsförderung (§ 24 Abs. 1 i.V.m. § 25 Abs. 1 S. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) stand. Die Beklagte hat außerdem zutreffend ausgeführt, dass die Beigeladene zu 1) im streitigen Zeitraum eine Beschäftigung im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV ausübte. Die Voraussetzungen für einen späteren Beginn der Versicherungspflicht nach § 7a Abs. 6 SGB IV liegen aufgrund des nicht innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellten Antrags nicht vor.

100

Nach § 7 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urteil vom 25.1.2006 - B 12 KR 30/04 R, Urteil vom 29.8.2012 - B 12 KR 25/10 R, Urteil vom 29.8.2012 - B 12 R 14/10 R; Urteil vom 30.4.2013 - B 12 KR 19/11 R).

101

Diesen Grundsätzen folgend ist Ausgangspunkt der Prüfung des Status der Beigeladenen zu 1) der geschlossene Unternehmer-Partnerschaftsvertrag vom 26.8.2010 nebst dessen Anlagen 1 - 4, die nach Ziffer 10.3 wesentliche Bestandteile des Vertrages geworden sind. Änderungen und Ergänzungen jenes Vertrages, die zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform bedurft hätten (Ziffer 10.1. des Vertrages), sind nicht aktenkundig.

102

Nach dem Willen der Parteien dieses Vertrages, in dem die Begriffe Auftraggeber und Auftragnehmer gewählt wurden und der auch nach den sonstigen gewählten Formulierungen für selbständige Tätigkeit spricht, sollte die Beigeladene zu 1) als Selbständige Transportdienstleistungen erbringen (Ziffer 1 des Vertrages). Die Beigeladene zu 1) hatte ein entsprechendes Gewerbe für die streitgegenständliche Zeit angemeldet (Ziffer 1.3. des Vertrages). Sie hatte keinen Anspruch auf Urlaubsgeld, Urlaub und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und es galten außerdem umfangreiche Haftungsregelungen (Ziffer 5 des Vertrages).

103

Für die sozialversicherungsrechtliche Einordnung des bestehenden Rechtsverhältnisses ist weder die von den Beteiligten gewünschte Rechtsfolge noch die von ihnen gewählte Bezeichnung maßgeblich. Die Frage, ob eine Beschäftigung oder eine Selbständigkeit vorliegt, steht nicht zur Disposition der Beteiligten. Der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung schließt es aus, über die rechtliche Einordnung allein nach dem Willen der Vertragsparteien und deren Vereinbarung zu entscheiden. In der sogenannten "Freelancer-Entscheidung" des BSG vom 28.5.2008 - B 12 KR 13/07, die die Sozialversicherungspflicht eines Flugzeugführers im Flugbetrieb eines Luftfahrtunternehmens betrifft, hat das BSG ausgeführt, dass dem Willen der Vertragsparteien, kein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zu wollen, (nur) dann indizielle Bedeutung zukommt, wenn zusätzlich zwei weitere Voraussetzungen erfüllt sind, wenn dieser Wille nämlich 1. den festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnissen nicht offensichtlich widerspricht und er 2. durch weitere Aspekte gestützt wird. Aus den Entscheidungsgründen dieses BSG-Urteils ist zu entnehmen, dass die Annahme eines Unternehmerrisikos dann gerechtfertigt ist, wenn die Tätigkeit z.B. den Zweck verfolgt, eine erworbene Pilotenlizenz aufrechtzuerhalten, für deren Erwerb ein hohes Eigenkapital (dort 40.000 bis 50.000 Euro) eingesetzt wurde. Ein vergleichbares Risiko trug die Beigeladene zu 1) nicht. Der Wille wird auch nicht durch weitere Aspekte gestützt, wie im Folgenden noch dargelegt werden wird.

104

Bei der versicherungsrechtlichen Beurteilung von Fahrertätigkeiten kommt es - abgesehen von der erforderlichen rechtlichen Zulässigkeit der praktizierten Beziehung - darauf an, ob der Fahrer ein eigenes Fahrzeug für die Transporte einsetzt. Nach der Rechtsprechung des BSG kann die Benutzung eines eigenen Lkw und die damit einhergehende Lastentragung in Verbindung mit anderen Gesichtspunkten für eine selbstständige Tätigkeit sprechen (BSG, Urteil vom 22.6.2005 - B 12 KR 28/03 R und Urteil vom 19.8.2003 - B 2 U 38/02 R). Vorliegend erbrachte die Beigeladene zu 1) die vertraglich vereinbarten Transportleistungen nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht mit einem von der Klägerin gestellten Fahrzeug, sondern mit einem selbst erworbenen Fahrzeug (Kastenwagen) oder mit einem von ihrem Ehemann erworbenen Fahrzeug des Typs Ford Sierra (Ziffer 2.3. des Vertrages). Weitere Fahrzeuge waren nach ihren unwiderlegten Angaben nicht auf sie angemeldet. Allerdings führt dies jedoch nicht bereits zum Erfolg der Berufung. Wie bereits das LSG Berlin-Brandenburg ausgeführt hat (Urteil vom 17.1.2014 - L 1 KR 358/12) entspricht es keinem Unternehmerrisiko in dem hier maßgeblichen Sinne, wenn einem möglichen Verlust des Fahrzeugs keine unternehmerischen Chancen gegenüber stehen. Dieser Auffassung schließt sich der erkennende Senat an. Vorliegend war die Beigeladene zu 1) nach Ziffer 2 des Unternehmer-Partnerschaftsvertrages verpflichtet, das von ihr eingesetzte Fahrzeug mit dem Hinweis "im Auftrag der H -Logistikgruppe" zu versehen, andererseits wurde ihr keine weitere Werbung gestattet. Einem möglichen Verlust des eigenen Fahrzeugs standen daher keine unternehmerischen Chancen gegenüber. Bei dem Personenkreis der Kurierfahrer kann die selbständige Tätigkeit nicht am Merkmal eines eigenen Fahrzeugs festgemacht werden, wenn der wirtschaftliche Aufwand für den Erwerb eines solchen Fahrzeugs nicht so hoch ist, dass hierin ein mit einem erheblichen wirtschaftlichen Risiko verbundener Aufwand begründet werden kann und daher auch kein wesentliches unternehmerisches Risiko bestand. Abgesehen vom eigenen Pkw für die Fahrten zu den Orten der Tätigkeit und einer Sachmittelpauschale für den H -Scanner hielt die Beigeladene zu 1) keine eigene Betriebsstätte vor, tätigte keine Investitionen und nahm kein weiteres Risiko auf sich. Es handelte sich bei dem gekauften Fahrzeug auch nicht um einen Neuwagen, sondern um einen günstigen Gebrauchtwagen, den ihr der Geschäftsführer der Klägerin für 4000 Euro verkaufte, der auch gleichzeitig der Geschäftsführer der T GmbH war, so dass jedenfalls keine vergleichsweise höhere Investition erfolgte, als es auch bei abhängig beschäftigten Arbeitnehmern üblich ist, die einen eigenen Pkw für den Weg zur Arbeitsstelle einsetzen.

105

Das SG hat auch zutreffend angenommen, dass es sich bei der Beigeladenen zu 1) nicht zuletzt auch angesichts der fehlenden Erlaubnis nach § 3 des Güterkraftverkehrsgesetzes (GüKG) oder einer Lizenz nach Art. 3 der Verordnung EWG 881/92 nicht um eine selbständige Frachtführerin im Sinne der §§ 407 ff HGB gehandelt hat. Aber auch ungeachtet der (ausschließlich) für Frachtführer geltenden gesetzgeberischen Wertung als selbstständigem Gewerbetreibenden (§§ 407ff HGB) sind bei weitreichenden Weisungsrechten sowohl des Spediteurs als auch des Absenders und Empfängers des Frachtgutes Transportfahrer jedenfalls dann sozialversicherungsrechtlich wie abhängig Beschäftigte einzuordnen, wenn sich die Rechtsbeziehungen der Vertragsparteien nicht auf die jeden Frachtführer treffenden gesetzlichen Bestimmungen beschränken, sondern wenn Vereinbarungen getroffen und praktiziert werden, die die Tätigkeit engeren Bindungen unterwerfen (BSG-Urteil vom 11.3.2009 - B 12 KR 21/07 R). So lag der Fall hier. Im Ergebnis war die Beigeladene zu 1) wesentlich stärker in die betrieblichen Abläufe des Auftraggebers eingebunden gewesen wie ein nur den sich aus §§ 407ff HGB ergebenden Pflichten unterliegender Frachtführer. Ihr Tagesablauf war vorstrukturiert und es verblieb kein erheblicher Gestaltungsspielraum bei der Arbeits- und Toureneinteilung. Es gab keine ins Gewicht fallenden Unterschiede zu festangestellten Fahrern. Wie sich ihr Möglichkeiten geboten haben sollen, ihre Verdienstchancen durch rationelleres, schnelleres Arbeiten zu erhöhen, erschließt sich dem Senat nicht. Es war jedenfalls während der gefahrenen Touren nicht möglich, für andere vermeintliche Auftraggeber aus eigener Initiative ein höheres Einkommen aus der Tätigkeit zu erzielen.

106

Vorliegend liegt auch eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Klägerin vor. Denn im Ergebnis waren sowohl hinsichtlich der Arbeitszeit, des Arbeitsorts als auch hinsichtlich der Art und Weise der Tätigkeit maßgebliche eigene Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne einer selbständigen Tätigkeit nicht vorhanden. Ort, Zeit und Art und Weise der Ausführung der Tätigkeiten ergaben sich bereits aus dem übertragenen Auftrag. Nach Auftragsannahme hatte die Beigeladene zu 1) bestimmte Waren innerhalb eines zeitlichen Rahmens, d.h. spätestens bis zu festgelegten Lieferterminen, an einen bestimmten Ort zu bringen. Auch wenn innerhalb des Rahmens ein gewisser Spielraum bestanden haben könnte, konnte der Rahmen selbst nach Auftragsannahme nicht selbst bestimmt werden. Die Beigeladene zu 1) richtete sich hier nach den Vorgaben der Klägerin bzw. deren Kunden. Ihre Gestaltungsmöglichkeiten erschöpften sich in der Annahme oder Ablehnung eines von der Klägerin nach ihren Bedürfnissen aufgearbeiteten Auftrages. Die Tätigkeit wurde in einem eigenen PKW, d.h. einem durch die Klägerin zugewiesenen Dienstort, verrichtet. Es erfolge eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation und in die betrieblichen Abläufe der Klägerin.

107

Ohne Erfolg macht die Klägerin geltend, die eingeschränkte Gestaltungsmöglichkeit der Beigeladenen zu 1) und ihre strikte Bindung an die vertraglich im Einzelnen vorgegebenen Arbeitsanweisungen beruhe auf branchenimmanenten Zwängen, denen sie auch selbst unterliege. Wie das BSG in seinem Urteil vom 11.3.2009 B 12 KR 21/07 R zu einem vergleichbaren Fall einer Transportfahrerin ausgeführt hat, ist zu berücksichtigen, dass eine tatsächlich bestehende Eingliederung in den Betrieb des Dienstherrn nicht deshalb in ihrer Bedeutung zurücktritt, weil sie (auch) in der Eigenart der zu erbringenden Leistung begründet ist. Auch Transportfahrer können daher selbst bei einer für Frachtführer geltenden gesetzgeberischen Wertung als selbstständige Gewerbetreibende bei weitreichenden Weisungsrechten sowohl des Spediteurs als auch des Absenders und des Empfängers des Frachtgutes (§§ 407ff HGB) sowie Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 19.11.1997 - 5 AZR 653/96) jedenfalls dann sozialversicherungsrechtlich als abhängig Beschäftigte einzuordnen sein, wenn sich die Rechtsbeziehungen der Vertragsparteien nicht auf die jeden Frachtführer treffenden gesetzlichen Bindungen beschränken, sondern wenn Vereinbarungen getroffen und praktiziert werden, die die Tätigkeit engeren Bindungen unterwerfen. So liegt der Fall hier.

108

Im vorliegenden Fall enthielt der Unternehmer-Partnerschaftsvertrag - im Übrigen auch tatsächlich praktizierte Regelungen, die die Tätigkeit der Beigeladenen 1) engen Bindungen unterwarf.

109

So war die Beigeladene zu 1) nicht berechtigt, ohne Zustimmung der Klägerin Transportleistungen auf Dritte zu übertragen (Ziffer 1.4. des Unternehmer-Partnerschaftsvertrages). Ein selbständiger Frachtführer ist einer derartigen Beschränkung regelmäßig nicht unterworfen. Sie musste ihr Fahrzeug außerdem mit dem Logo "im Auftrag der H L Gruppe" versehen (Ziffer 2.3. des Vertrages). Eigene Werbung auf dem Fahrzeug war unzulässig. Sogar zur Farbe des Fahrzeugs (weiß) machte die Klägerin der Beigeladenen zu 1) Vorschriften (Ziffer 2.3. des Vertrages). Gerade diese Indizien beweisen die besonders enge, für Frachtführer unübliche Eingliederung in den Betrieb der Klägerin. Denn diese Gestaltung vermittelt nach außen das Erscheinungsbild des abhängig Beschäftigten und verhindert zudem eine eigene Kundenakquise mittels eines eigenen Logos am Fahrzeug. Die Beigeladene zu 1) musste zudem Berufskleidung mit der vom Auftraggeber vorgegebenen Kennzeichnung (H kleidung) tragen, so dass das Tätigwerden als Selbständiger für Außenstehende nicht erkennbar war. Ein Verstoß gegen diese Vorschrift wurde mit 5 Euro bestraft (Ziffer 2.2. des Vertrages, Anlage 4), was ebenfalls für eine Eingliederung in den Betrieb und gegen eine eigene unternehmerische Position spricht. Der Hauptkunde der Klägerin, die H GmbH, verbot letztlich den für sie tätigen Fahrern sogar, bei ihrer Tätigkeit kurze Hosen zu tragen - mit Ausnahme der zum H Bekleidungsangebot befindlichen Hosen (Satellitendepotvertrag: Ziffer 3.4.)

110

Die Beigeladene zu 1) war auch weisungsabhängig tätig. Abgesehen davon, dass den Transportdienstleistern feste morgendliche Anfangszeiten vorgegeben waren, deren Nichtbefolgung Sanktionen nach sich zog (Anlage 1, Ziffer 1 des Unternehmer-Partnerschaftsvertrages und Anlage 4 des Vertrages: morgendliche Ankunft nach dem vertraglich festgesetzten Zeitpunkt 8.15 Uhr: 20 Euro), war der Dienstleister sehr engen Weisungen unterworfen. Sein Zustellgebiet war räumlich festgelegt (Ziffer 3.1. des Vertrages) und auch wenn die Klägerin mehrfach betonte, dass keine "Touren" gefahren worden seien, so ist doch in den zu den Akten gelangten (Vertrags-) und sonstigen Unterlagen wiederholt von "Touren" die Rede. Der Beigeladenen zu 1) wurde beispielsweise in einem Schreiben der Klägerin vom 2.8.2010 "die Tour von Frau H oder Herrn P " und eben nicht nur der Zustellbezirk verbindlich angeboten. Die Beigeladene zu 1) war zwar festen Zustellbezirken zugeordnet, es gab aber auch Touren, wonach bestimmte Ziele in einer bestimmten Reihenfolge untereinander aufgelistet waren. Auch in der Abwicklungsbeschreibung (Anlage 2) ist davon die Rede, dass der Dienstleister verpflichtet ist, "alle Pakete seiner Tour" und nicht seines Zustellbezirks auszusortieren. Die Anzahl der Sendungen konnte nicht beeinflusst werden. Das Nichteinhalten der "vorgegebenen Scanreihenfolge" war strafbewehrt (Anlage 4, Strafenkatalog), was nur bedeuten kann, dass es eben doch eine bestimmte Scanreihenfolge gegeben hat und der Dienstleister allenfalls in einem geringen Umfang die Auslieferungsorte in einer für ihn optimale Reihenfolge wählen konnte, was allerdings keine ins Gewicht fallende unternehmerische Entscheidung darstellt. Es wurden nach dem Aussortieren aller Pakete seiner Tour auch "alle Sendungen auf das Fahrzeug des Dienstleisters gescannt und direkt geladen". Die Auslieferung der Sendungen hatte taggleich zu erfolgen (vgl. die Abwicklungsbeschreibung, Anlage 2 des Vertrages). Aus dem Strafenkatalog (Anlage 4 zum Vertrag) ergibt sich, dass Premiumsendungen und Eilsendungen in einem von der Klägerin vorgegebenen Zeitfenster zuzustellen waren. Es mussten nach den Angaben der Beigeladenen zu 1) in der mündlichen Verhandlung vor dem SG auch Sendungen von anderen Touren übernommen werden, wenn diese von den Fahrern nicht transportiert werden konnten. Sendungen durften nicht in der Nachbarschaft abgegeben werden. Dies wäre ebenfalls mit 5 Euro pro Sendung bestraft worden. Retourenabholkarten mit Anfahrtermin waren ebenfalls wie Eilsendungen zu behandeln. Eine Änderungsabsprache mit den Kunden war nicht gestattet. Dies entspricht auch den vertraglich vereinbarten Regelungen. Die Beigeladene zu 1) war nach der vertraglichen Ausgestaltung auch nicht berechtigt, in Auslieferungsangelegenheiten oder sonstigen den Auftraggeber betreffenden Umständen selbst mit den Geschäftspartnern des Auftraggebers zu verhandeln und/oder Absprachen zu treffen. Alle auftretenden Fragen hatte die Beigeladene zu 1) mit der Klägerin bzw. ihren Beauftragten zu klären. Für selbstständige Entscheidungen ist somit nach der vertraglichen Ausgestaltung kein Raum geblieben. Eine Zustellung einer Premiumsendung außerhalb des Zeitfensters wurde mit einer hohen Strafe, nämlich 70 Euro Strafe pro Sendung, geahndet. Dass - angesichts dieser ausnehmend hohen Strafe für eine einmalige Verfehlung, nämlich ein nur einmaliges verspätetes Zustellen, zumal ohne Exkulpationsmöglichkeit - insgesamt ein ziemlicher "Druck" herrschte, wie die Beigeladene zu 1) im Termin vor dem SG mehrfach, auch in anderem Zusammenhang (Verpflichtung zur Übernahme von Sendungen anderer Fahrer und zur Teilnahme an Fahrerbesprechungen), betonte, ist daher ohne Weiteres nachvollziehbar und auch nicht weiter erklärungsbedürftig. Dass es den Zustellern tatsächlich völlig freigestanden hätte, Aufträge anzunehmen oder abzulehnen, wie die Klägerin angibt, außerdem die Zusteller frei in ihrer Zeiteinteilung wären und ihre Arbeitszeit nach ihrem Belieben ausüben könnten, ist für den Senat nicht nachvollziehbar, da in diesem Fall die Fahrer ihre vertraglichen Verpflichtungen verletzen würden und auch die Klägerin wiederum ihrerseits ihre Verpflichtungen gegenüber dem Hauptkunden, der H GmbH, nicht erfüllen könnte, weil dann nicht sichergestellt werden könnte, dass das dem jeweiligen Fahrer zugeteilte Sendungsgut vereinbarungsgemäß rechtzeitig beim Kunden eintreffen würde. Selbst wenn man vorliegend annehme würde, dass die Beigeladene zu 1) völlig frei in der Entscheidung gewesen wäre, Aufträge anzunehmen oder abzulehnen, was sie in der mündlichen Verhandlung vor dem SG und auch mit Schriftsatz vom 30.5.2011 allerdings bestritten hat, würde zwar die Möglichkeit, Aufträge anzunehmen oder abzulehnen grundsätzlich als Indiz für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit angesehen werden können, weil der Betroffene damit den Umfang der Tätigkeit weitgehend selbst bestimmen könnte. Doch auch im Rahmen abhängiger Beschäftigungsverhältnisse sind Vertragsgestaltungen nicht unüblich, bei denen weitestgehend dem Arbeitnehmer überlassen wird, ob er beim Anforderungsfall tätig werden möchte oder ob er ein konkretes Angebot ablehnt. Denn auch in solchen Fällen, in denen auf Abruf oder bei Vertretungssituationen lediglich im Bedarfsfall auf bestimmte Kräfte zurückgegriffen wird, kann einem Arbeitnehmer die Möglichkeit eingeräumt sein, ein konkretes Arbeitsangebot abzulehnen (LSG Baden-Württemberg, Urteile vom 17.1.2012 - L 11 R 1138/10, vom 24.2.2006 - L 4 KR 763/04 und vom 21.11.2008 - L 4 KR 4098/06).

111

In Anbetracht der festen zeitlichen Vorgaben und daran anknüpfender Strafen vor allem hinsichtlich der Auslieferungszeitfenstern bei den Premium- und Eilsendungen sowie den Retourenabholkarten und der zum einen nicht vorhersehbaren und zum anderen auch nicht ablehnbaren Verpflichtung zur Übernahme von Sendungen anderer Fahrer ergab sich faktisch zwingend ebenfalls eine besonders enge Eingebundenheit in die Betriebsorganisation. Die Beigeladene zu 1) war als letztes Glied einer Kette arbeitsteiligen Zusammenwirkens in eine übergeordnete Organisation eingebunden. Ein unternehmerisches Handeln der Beigeladenen zu 1) auf dem freien Markt lässt sich dagegen nicht ableiten, weil aufgrund der vorgenannten Besonderheiten nur scheinbar Gestaltungsmöglichkeiten eingeräumt wurden und bei genauer Betrachtung nur ein unwesentlicher Gestaltungsspielraum bestanden hat. Die Tätigkeit hat ihr Gepräge gerade durch eine strenge Reglementierung erhalten. Da die gesamte Abwicklung auch vor dem Hintergrund der wiederum der Klägerin von der H Gruppe vorgegebenen Richtlinien (H -Qualitätshandbuch) und der Vertragsregelungen stark vorstrukturiert war, war die Beigeladene zu 1) weitaus stärker in die betrieblichen Abläufe der Klägerin eingebunden als ein nur den sich aus dem HGB ergebenden Pflichten unterliegender Frachtführer. Sie war auch über Ziffer 1.6 des Unternehmens-Partnerschaftsvertrages verpflichtet, die Serviceanforderungen der Klägerin zu erfüllen, die sich insbesondere aus dem H Qualitätshandbuch ergaben (u.a. die 10 Grundregeln für die kundenorientierte Zustellung und Abholung wie beispielsweise dem Rauchverbot im eigenen Fahrzeug.

112

Faktisch hat daher auch ein nur geringer Spielraum bestanden, noch anderweitig unternehmerisch tätig zu sein, weil praktisch mangels eigener Dispositionsmöglichkeit bei nicht vorhersehbaren Diensten und fehlendem Verhandlungsspielraum (z.B. beim Ausfall eines anderen Fahrers) und ebenfalls nicht vorhersehbarer Zustellungsverpflichtungen bei einer möglichen Häufung von Sendungen mit Zustellzeitfenstern ohne Absprachemöglichkeiten kein wesentlicher Gestaltungsspielraum für eigene unternehmerische Initiativen bestand. Unter Berücksichtigung der Vielzahl von Vorgaben zur Arbeitsweise verblieb der Beigeladenen zu 1) auch kein gestalterischer Spielraum zu Zeit, Ort und Art der Tätigkeit, der es ihr ermöglicht hätte, ihre Verdienstchancen etwa durch rationelleres, schnelleres Arbeiten oder durch preisgünstigeren Mitteleinsatz zu erhöhen. Ihr war es angesichts dieser - nicht auf Bedürfnissen der Kunden, sondern der H GmbH resultierenden Reglementierungen - folglich nicht möglich, aus eigener Initiative zusätzliches Frachtaufkommen zu akquirieren und ein höheres Einkommen aus der Tätigkeit zu erzielen.

113

Entgegen der Behauptung der Klägerin beschäftigte die Beigeladene zu 1) auch keinen weiteren Mitarbeiter/Fahrer. Ihr Ehemann stand zu ihr nach ihren unwiderlegten Angaben nicht in einem Arbeitsverhältnis, sondern nach ihren unwiderlegten Angaben im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat in einer GbR, d.h. nicht in einem Über-Unterordnungsverhältnis, wie es für ein Beschäftigungsverhältnis erforderlich wäre. Mit dem Fahren verschiedener Fahrzeuge durch ein Ehepaar ist auch nicht zwingend der Einsatz von einem oder mehreren Arbeitnehmern verbunden, wovon die Klägerin offenbar ausgeht. Selbst wenn insgesamt mehrere Fahrzeuge von den Eheleuten S. gehalten worden wären, lässt dies keine Schlussfolgerungen auf den Einsatz von Arbeitnehmern schließen, für deren Beschäftigung Arbeitgeberpflichten verletzt worden sein könnten, wie von der Klägerin in ihren Schriftsätzen mehrfach angedeutet. Es ist weit verbreitet, dass ein Ehepaar zwei Fahrzeuge hält, ohne dass hieraus Rückschlüsse auf den beruflichen Hintergrund der Anschaffung gezogen werden können. Die Fahrzeuge können ohne Weiteres auch dem nicht beruflich veranlassten Eigenbedarf dienen.

114

Dass die Klägerin zuvor bereits Transportleistungen für ein anderes Logistikunternehmen (N K ) erbracht hatte trifft zwar zu, ist allerdings vor dem Hintergrund zu würdigen, dass dieser wiederum selbst für die H GmbH tätig wurde, so dass die Beigeladene zu 1) auch damals quasi nur das letzte Glied in der Kette darstellte. Im Übrigen hat sie Transportleistungen nach ihren unwiderlegten Angaben lediglich in kleinem Umfang für die Firma N K erbracht. Da nur das konkrete Rechtsverhältnis zu betrachten ist, spielt der Umfang des Tätigwerdens für einen anderen Auftraggeber oder Arbeitgeber auch keine entscheidende Rolle.

115

Außerdem unterlag die Beigeladene zu 1) einer außergewöhnlich umfassenden Kontrolle in allen für den Geschäftszweck wichtigen Fragen. Besonders deutlich wird dies in der Regelung, wonach sich die Beigeladene zu 1) sogar vertraglich verpflichtete, jederzeit Kontrollen ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zuzulassen (Ziffer 1.3. des Vertrages). Eine derartige Vertragsgestaltung ist besonders untypisch für eine unternehmerische Tätigkeit.

116

Schließlich hat nicht die Beigeladene zu 1) der Klägerin für ihre Dienstleistungen Rechnungen vorgelegt, sondern diese hat umgekehrt Gutschriften anhand der Scannerprotokolle erstellt. Auch die Höhe der Vergütung ist nach der Überzeugung des Senats entgegen der Mitteilung der Klägerin zwischen den Vertragspartnern nicht verhandelt worden. Die Preisgestaltung war nicht verhandelbar, sondern ergab sich aus § 4 des Unternehmer-Partnerschaftsvertrages und der Anlage 1 des Vertrages zur Preisgestaltung, in der detailliert die Preise für jede Art von Leistung aufgelistet sind und ist, was entscheidend ist, deckungsgleich mit derjenigen, die die H GmbH ihren Vertragspartnern regelmäßig vorgibt (vgl. Satellitendepotvertrag mit der T , § 5), so dass im Grunde die Vorgaben der H GmbH an die Beigeladene zu 1) lediglich übertragen worden sind und nicht deren Einfluss unterlagen. Dies kommt auch darin zum Ausdruck, dass im Unternehmer - Partnerschaftsvertrag an zahlreichen Stellen auf Standards der H Gruppe und auf deren Richtlinien ("H Qualitätshandbuch") Bezug genommen wird. Auch wenn zwischen der Klägerin und der Hermes Gruppe kein Satellitendepotvertrag zustande gekommen ist, ergibt sich durch die mehrfachen Bezugnahme im Unternehmer-Partnerschaftsvertrag auf die Standards und Regelungen der H Gruppe, dass diese auch im Verhältnis der Klägerin zur Beigeladenen zu 1) galten. Nach Ziffer 9.4. des Partnerschaftsvertrages sollte das Recht zur außerordentlichen Kündigung bestehen und als wichtiger Grund, der die sofortige Beendigung des Vertrages rechtfertigt, gelten, dass eine Kündigung des Dienstleistungsvertrages der H gegenüber dem Auftraggeber erfolgt. Auch diese Regelung zeigt deutlich die in diesem Dreiecksverhältnis bestehende enge Verbindung bzw. Abhängigkeitsverhältnis.

117

Diese Regelungen entsprachen nicht nur der getroffenen vertraglichen Vereinbarung, sondern im Übrigen auch der praktizierten gelebten Beziehung und war auch angesichts der engen personellen Verflechtung der T mit der Klägerin, deren Geschäftsführer identisch ist, zu erwarten.

118

Es fehlte nicht nur an unternehmerischen Risiken, sondern auch an unternehmerischen Chancen. Der Einsatz ihres eigenen Fahrzeuges verschaffte der Beigeladenen zu 1) auch keine wesentlichen unternehmerischen Freiheiten. Der Zeuge ..., ein Mitarbeiter der Klägerin, brauchte zur Frage der Anzahl, zum Typus und zur Farbe der von der Beigeladenen zu 1) gefahrenen Fahrzeuge nicht befragt zu werden. Es waren unstreitig tatsächlich zwei Fahrzeuge im Einsatz bei der Klägerin, nämlich neben dem (weißen) Kastenwagen mit dem Logo der Klägerin noch ein Fahrzeug des Typs Ford Sierra in roter Farbe. Selbst wenn der Zeuge ... beobachtet haben sollte, dass die Beigeladene zu 1) außerdem ein drittes Fahrzeug, nämlich einen Ford Sierra in grüner Farbe gefahren haben sollte, bedeutet dies, da Fahrer und Halter nicht identisch sein müssen, nicht automatisch, dass dieses Fahrzeug von ihr finanziert worden ist. Nur ein von ihr finanziertes Fahrzeug würde jedoch den Umfang des unternehmerischen Risikos überhaupt beeinflussen können. Seitens des Senats brauchte der Zeuge S auch nicht dazu befragt zu werden, dass der Einsatz von Kombifahrzeugen und Kastenwagen im Kurierdienst und im Paketdienstgewerbe absolut üblich ist. Dies ist dem Senat - auch aus bereits entschiedenen Verfahren - bekannt und kann als wahr unterstellt werden. Außerdem hat der Vortrag der Klägerin dazu, wozu der Zeuge S etwas sagen kann, gewechselt. Zunächst soll dieser von einem Kombi berichtet haben, den die Beigeladene zu 1) gefahren haben soll. Nachdem die Beigeladene zu 1) dies bestritten hat, soll es später dann eine Limousine gewesen sein. Außerdem "glaubt" der Zeuge S , so der Vortrag der Klägerin, sich daran zu erinnern, dass es sich um ein ehemaliges Polizeiauto gehandelt habe. Er meint, dass die Beigeladene zu 1) die Touren A und W mit "eigenen" Fahrzeugen gefahren sei, wobei dem Senat bereits bekannt und es auch unstreitig ist, dass die Beigeladene zu 1) nicht mit Fahrzeugen der Klägerin gefahren ist. Das auf den Ehemann der Beigeladenen zu 1) angemeldete Fahrzeug kann allerdings nicht bei der Beurteilung der unternehmerischen Risiken der Beigeladenen zu 1) berücksichtigt werden.

119

Der Umstand, dass die Beigeladene zu 1) die vertragliche Möglichkeit hatte, ihre Leistung mit Zustimmung der Klägerin durch andere erbringen zu lassen, ist nach der Entscheidung des BSG vom 11.3.2009 B 12 BK 21/07 R ebenfalls kein entscheidender Gesichtspunkt. Wie das BSG ausführte, liegt in der Delegationsmöglichkeit der eigenen Arbeitsleistung kein entscheidendes Merkmal für das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit, wenn ein Transportfahrer diese Möglichkeit tatsächlich nur selten nutzt, regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt und damit die persönliche Arbeitsleistung die Regel ist. So liegt der Fall hier.

120

Die Beigeladene zu 1) hat auf entsprechende Nachfrage des Senats vorgetragen, dass ihr ein eigenes unternehmerisches Handeln "nicht möglich" gewesen sei, weil sie "nur mit H -Aufschrift auf dem Fahrzeugen und mit H -Aufschrift auf ihrer Kleidung fahren durfte". Insgesamt war sie durch die für die Klägerin umfangreich zu erbringenden Leistungen auch in einem Ausmaß beansprucht - im November und Dezember 2010 bis weit nach 21 Uhr, so die Angaben der Beigeladenen zu 1) im Verwaltungsverfahren, - dass ihr eine wesentliche zusätzliche Tätigkeit für andere Auftraggeber zur Überzeugung des Senats nicht mehr möglich war. Daraus wird deutlich, dass sie einer eigenen selbständigen Tätigkeit in einem nennenswerten Umfang nicht hätte nachgehen können. Dass die Beigeladene zu 1) keine anderen Endkunden akquirieren konnte, dürfte nicht an ihrer "Antriebsarmut" oder daran gelegen haben, dass sie "mit der Organisation ihres Unternehmens und ihrer persönlichen Lebenssituation überfordert" war, wie von der Klägerin in der Berufungsbegründung spekuliert wurde, sondern schlicht am Umfang der auszuliefernden Sendungen, der keinen Raum für anderweitiges Tätigwerden ließ. Dass die "Tour" der Beigeladenen zu 1) sehr umfangreich war, wird dadurch bestätigt, dass im Januar 2011 eine Änderung erfolgte und nur noch eine geringere Zahl von Sendungen von ihr ausgeliefert werden mussten.

121

Selbst wenn die Beigeladene zu 1) in dem streitigen Zeitraum auch für andere Auftraggeber gearbeitet hätte, wäre auch eine Tätigkeit für mehrere Auftraggeber noch kein Indiz für eine selbständige Tätigkeit. Jede Tätigkeit ist grundsätzlich getrennt zu beachten. Hiervon geht auch die Vorschrift des § 5 Abs. 5 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) aus. Denn danach kann neben einer hauptberuflichen Selbständigkeit auch eine abhängige Beschäftigung ausgeübt werden. Die Möglichkeit, auch andere Aufträge anzunehmen, belegt jedoch nicht das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit der Beigeladenen zu 1). Es ist möglich, mehrere Beschäftigungen bei verschiedenen Arbeitgebern anzunehmen oder auch neben einer abhängigen Beschäftigung noch selbständig zu arbeiten (LSG Bayern, Urteil vom 9.5.2012 - L 5 R 23/12).

122

Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass generell die Arbeitszeiten durch verschiedene Arbeitszeitmodelle zunehmend flexibler gestaltet worden sind. Auch die Inanspruchnahme freier Arbeitszeiten zwischen den Auslieferungsorten widerspricht damit nicht per se einem Arbeitnehmerstatus.

123

Das Erscheinungsbild der Beigeladenen zu 1) hat sich nicht grundlegend von einer abhängig beschäftigten Auslieferungsfahrerin unterschieden. Es kann dabei als wahr unterstellt werden, dass die Ausgestaltung der Tätigkeiten von Angestellten der Klägerin noch stärker auf eine abhängige Beschäftigung hinwies. Es kommt jedoch nicht auf die konkrete Ausgestaltung von Rechtsverhältnissen anderer Mitarbeiter der Klägerin an, sondern auf die Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses der Beigeladenen zu 1). Dass hinsichtlich der fest angestellten Beschäftigten noch mehr Merkmale für eine abhängige Beschäftigung sprachen als bei der Beigeladenen zu 1) begründet keinen Zweifel daran, dass bei der Beigeladenen zu 1) die überwiegende Zahl der Merkmale für abhängige Beschäftigung spricht. Es war daher nicht erforderlich, hierzu die Zeugin A H aus dem Personalbüro der Klägerin zu vernehmen.

124

Der Annahme eines Arbeitsverhältnisses steht auch nicht entgegen, dass die Zahlung einer Vergütung im Urlaubs- oder Krankheitsfall nicht erfolgte. Denn die Selbständigkeit eines Dienstverpflichteten wird nicht dadurch begründet, dass er durch den Verzicht auf Leistungen Verpflichtungen, Belastungen und Risiken übernimmt, die über die Pflichten eines Arbeitnehmers hinausgehen. Zu dem vertraglich geregelten Ausschluss von Urlaub und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und zu den verschärften Haftungsregeln für leichte Fahrlässigkeit ist festzustellen, dass Bedingungen, die einer gerichtlichen Überprüfung vor dem Arbeitsgericht nicht standhalten können, nicht automatisch die Sozialversicherungspflicht ausschließen. Die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall sowie der Urlaubsanspruch und die Haftungsregelungen stehen nicht zur Disposition des jeweiligen Beschäftigten. Viel mehr als eine Indizwirkung, dass die Beteiligten eine Selbständigkeit und einen solchen Ausschluss wünschen, kann einer solchen Vertragsvereinbarung somit nicht zukommen.

125

Soweit die Klägerin schließlich auf die Gewerbeanmeldung verweist, hat dies keine Bedeutung für die sozialversicherungsrechtliche Einordnung, da die hierfür zuständige Behörde vor der Eintragung nicht zur Prüfung des Status berufen ist und die Gewerbeanmeldung alleine auf dem Willen des Antragstellers beruht.

126

Im vorliegenden Fall überwiegen nach dem Gesamtbild der Tätigkeit die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Merkmale (Eingliederung in einen fremden Betrieb, Vorhandensein eines Weisungsrechts des Arbeitgebers hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung, fehlendes Unternehmerrisiko, fehlende eigene Betriebsstätte, fehlende Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft, fehlende im Wesentlichen freie Gestaltung der Tätigkeit und der Arbeitszeit).

127

Die Berufung der Klägerin ist daher zurückzuweisen.

128

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Kosten der Beigeladenen zu 1) sind zu erstatten, da sie einen Antrag gestellt hat. Die Kosten der Beigeladenen zu 2) bis 4) sind nicht erstattungsfähig (§ 162 Abs. 3 VwGO).

129

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.

130

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 und 2, § 63 Abs. 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Bei einem Streit über den sozialversicherungsrechtlichen Status nach § 7a SGB IV ist vom Regelstreitwert auszugehen, da sich der wirtschaftliche Wert der Feststellung der Versicherungspflicht nicht beziffern lässt (Urteile des Senats vom 9.12.2014 - L 6 R 235/12 und vom 10.12.2013 - L 6 R 44/13; Beschlüsse des Senats vom 8.7.2014 - L 6 R 69/14 B und vom 23.7.2014 - L 6 R 288/14 B).  

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Schwerin vom 30.01.2015 – 3 Ca 34/14 – zu Ziffer 2 des Tenors abgeändert.

Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist hinsichtlich des Zahlungsantrages zu Ziffer 5 aus der Klageschrift eröffnet.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des sofortigen Beschwerdeverfahrens.

3. Die Rechtsbeschwerde gegen diese Entscheidung wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Parteien streiten über die Beendigung ihres Vertragsverhältnisses sowie um Zahlungsansprüche und in diesem Zusammenhang über die Rechtswegzuständigkeit zu den Gerichten für Arbeitssachen.

2

Der Kläger ist seit dem 01.03.2006 als Paketzusteller/Kurierfahrer für die Beklagte tätig. Seit dieser Zeit stellt er mit Hilfe seines Kleintransporters termingebundene Sendungen an die Auftraggeberin der Beklagten (DHL Express Germany Express GmbH) zu bzw. holt diese bei den Kunden ab. Der Kläger wird bei der Beklagten als sogenannter „Subunternehmer/Frachtführer“ geführt. Die Beklagte erwartet von dem Kläger, dass er eine Gewerbeerlaubnis besitzt und seine Vergütung als Einnahme aus selbstständiger Tätigkeit behandelt. Seit Vertragsbeginn im Jahre 2006 ist der Kläger ausschließlich für die Beklagte tätig gewesen. Ein schriftlicher Vertrag besteht zwischen den Parteien nicht.

3

Der werktägliche Ablauf stellt sich im Wesentlichen so dar, dass sich der Kläger bei der Auftraggeberin der Beklagten (künftig DHL) jeden Morgen gegen ca. 05:00 Uhr im Depot der DHL einzufinden hat, um die zuzustellenden Waren zu übernehmen. Das Depot wird von der DHL in eigener Verantwortung betrieben und enthält sämtliche Pakete und Sendungen, die der Kläger im Verlaufe des Vormittags zuzustellen hat (sogenannte erste Welle). Jede Sendung ist dabei mit einem Barcode versehen, der die Vorgabe enthält, bis zu welchem Zeitpunkt sie zugestellt werden muss. Der Kläger erhielt die entsprechenden Informationen, in dem er mit dem Scanner – ein von der DHL zur Verfügung gestelltes Gerät – den Barcode erfasste. Dabei wurden von der DHL als zeitliche Zustelloptionen Zeiten von vor 08:00 Uhr bis vor 12:00 Uhr vorgegeben. Eine Zustellung nach 12:00 Uhr war nur dann vorgesehen, wenn sie als sogenannte Zweitzustellung erfolgen sollte. Diese Zweitzustellung war im Laufe des Tages durch den Kläger bis spätestens 17:00 Uhr vorzunehmen. Ausnahmsweise kam es gelegentlich zu Zustellungen durch den Kläger in der Zeit von 17:00 Uhr bis 22:00 Uhr. Für die Zeit nach 12:00 Uhr hatte der Kläger vor allem die Aufgabe, die Abholung der von den Kunden aufgegebenen Sendungen vorzunehmen. Die Informationen zur Abholung wurden dem Kläger während der Tour auf elektronischem Wege auf sein Empfangsgerät übermittelt. Auf diese Weise war der Kläger werktäglich bis mindestens um 17:00 Uhr im Einsatz. Das von dem Kläger genutzte Arbeitsmaterial wie z. B. Scanner, Empfangsgerät, Formblätter, Mitteilungskarten und Aufkleber wurden durch die DHL gestellt. Das im Eigentum des Klägers befindliche Zustellfahrzeug war erkennbar als ein Fahrzeug der DHL lackiert und beschriftet. Dem Kläger war es durch die Beklagte formal freigestellt, seine vertraglichen Verpflichtungen durch eigene Mitarbeiter zu erfüllen, ohne dass allerdings ein solcher Fall in der Vergangenheit vorgekommen wäre. Vielmehr wurde durch die Beklagte von den Fahrern – und so auch vom Kläger – die Gestellung des eigenen Fahrzeuges erwartet, wenn eine Tour aus persönlichen Gründen nicht gefahren werden konnte. Ausfallzeiten des Klägers in der Vergangenheit wurden regelmäßig durch Mitarbeiter der Beklagten aufgefangen.

4

Mit dem Klageantrag zu 1 aus der Klageschrift begehrt der Kläger die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten auf Grund der Kündigung der Beklagten vom 16.12.2013 nicht beendet worden ist. Mit dem Klageantrag zu Ziffer 3 aus der Klageschrift verlangt der Kläger die Verurteilung der Beklagten, ihn als Paketzusteller/Kurierfahrer im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses weiterzubeschäftigen. Mit dem Antrag zu Ziffer 5 aus der Klageschrift begehrt der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines Betrages von 2.457,55 Euro nebst Zinsen. Die Anträge zu den Ziffern 2 und 4 aus der Klageschrift sind zwischenzeitlich zurückgenommen worden.

5

Mit Beschluss vom 30.01.2015 hat das Arbeitsgericht den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für die Anträge zu den Ziffern 1 und 3 aus der Klageschrift für eröffnet angesehen und die Rechtswegzuständigkeit für den Zahlungsantrag zu Ziffer 5 aus der Klageschrift abgelehnt. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, die praktische Vertragshandhabung befinde sich im Rahmen einer für einen Frachtführer typischen Weisungsgebundenheit. Der Kläger sei nicht stärker in die Organisation und Arbeitsabläufe der Beklagten eingebunden, als dies auch für einen Frachtführer nach den gesetzlichen Vorschriften üblich sei. Mithin fehle es an einem schlüssigen Tatsachenvortrag des Klägers zur Darlegung der notwendigen Arbeitnehmereigenschaft. Auch könne der Kläger angesichts der von ihm erzielten Einkünfte nicht als arbeitnehmerähnliche Person im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 ArbGG angesehen werden.

6

Gegen diese am 12.02.2015 zugestellte Entscheidung hinsichtlich der verneinten Rechtswegzuständigkeit für den Zahlungsantrag richtet sich die am 25. Februar 2015 bei dem Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern eingegangene sofortige Beschwerde des Klägers nebst Begründung.

7

Mit Beschluss vom 10.04.2015 hat das Arbeitsgericht entschieden, der sofortigen Beschwerde nicht abzuhelfen.

8

In dem sofortigen Beschwerdeverfahren führt der Kläger aus, dass Arbeitsgericht sei zwar im Ansatz von den richtigen Rechtsgrundsätzen ausgegangen, habe jedoch den Sachverhalt rechtlich unzutreffend subsumiert. Auf Grund der engen zeitlichen Vorgaben habe der Kläger keinen Spielraum für eigene Entscheidungen gehabt. Der Kläger habe sich an die konkreten Vorgaben der DHL bei der Art und Weise der zu erledigenden Aufgaben halten müssen. Tatsächlich habe keine Möglichkeit bestanden, auch für andere Auftraggeber tätig zu werden. Ebenfalls sei es dem Kläger nicht möglich gewesen, die Vertragserfüllung durch eigene Mitarbeiter ausführen zu lassen.

9

Die Beklagte hält an ihrer Rechtsauffassung fest, der Kläger habe das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses hinsichtlich des gestellten Zahlungsantrages nicht schlüssig dargelegt. Die Beklagte habe dem Kläger nicht die Möglichkeit genommen, selbstständig bei freier eigenständiger Zeiteinteilung die Arbeitsorganisation vorzunehmen. Eine über das übliche Frachtführergeschäft hinausgehende Weisungsgebundenheit liege nicht vor. Der Kläger verfüge hinsichtlich der von ihm durchzuführenden Zustellungen über den für die Annahme eines selbstständigen Frachtführers erforderlichen Grad der persönlichen Unabhängigkeit. Anweisungen zur Übernahme und Ablieferung der zuzustellenden Güter seien Ausfluss und Konkretisierung des Frachtführervertrages. Dem Spediteur stehe naturgemäß gegenüber dem Frachtführer hinsichtlich der Bestimmung der vom Frachtführer aufgesuchten Kunden unter Durchführung der Kundenbesuche im gewissen Umfang ein Weisungsrecht zu. In Bezug auf die Zeitfenster für die Abholung der Waren sei dies im Rahmen des Frachtvertrages eine übliche Vereinbarung zur Konkretisierung der fraglichen Pflichten und deren Erfüllung. Soweit die mit den Kunden vereinbarten Zeitpunkte zur Ablieferung in engen zeitlichen Fenstern liegen, resultiere das aus der zunehmenden Geschäftsentwicklung im Transportbereich. Dem Kläger sei es überlassen gewesen, wie er seine Arbeitsabläufe organisiere. Der Kläger sei nicht verpflichtet gewesen, seine Tätigkeit zwingend höchstpersönlich zu erbringen. Die Entscheidung über das Ob, die Auswahl und den näheren Einsatz des Personals sei für den Kläger durch den Vertrag zunächst in keiner Weise vorgegeben oder irgendwie sonst eingeschränkt gewesen. Einzige Einschränkung sei, dass das eingesetzte Personal über ein „sauberes Führungszeugnis“ verfügen müsse, da dies Voraussetzung sei, um das Betriebsgelände der DHL, auf dem teilweise eine zollrechtliche Abfertigung erfolge, zu betreten. Der Kläger habe daher vollkommen frei entscheiden können, ob er Hilfspersonen einsetze. Mit Ausnahme der Festlegung des dem Kläger zugewiesenen Bezirkes würden Ort, Zeit, Art und Weise der Tätigkeit des Klägers durch die vertragliche Vereinbarung nicht näher festgelegt. Auch eine Meldepflicht bei Abwesenheit stehe der Annahme eines selbstständigen Frachtführers nicht entgegen. Der Kläger habe vertraglich die Übernahme der Frachtbeförderung in einem bestimmten Gebiet übernommen. Daher sei es zwingend, dass der Kläger mitteile, wann er Aufträge übernehme und wann er keine Aufträge übernehme. Dies zeuge auch von der selbstständigen Position des Klägers, der selbst habe bestimmen können, wann er eine Tour übernehme. Er habe auch bestimmen können, ob er auf dieser Tour Hilfspersonal einsetze.

10

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

11

Die zulässige sofortige Beschwerde des Klägers ist begründet.

12

Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG auch für den Zahlungsantrag zu Ziffer 5 aus der Klageschrift eröffnet. Nach der benannten gesetzlichen Vorgabe sind die Gerichte für Arbeitssachen ausschließlich zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus dem Arbeitsverhältnis.

13

Als Arbeitnehmer im Sinne der genannten Norm ist unter Berücksichtigung der gesetzgeberischen Wertung nach § 84 Abs. 1 Satz 2 Abs. 2 HGB insbesondere derjenige anzusehen, der auf Grund eines privatrechtlichen Vertrages im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist und seine Arbeitszeit nicht selbst bestimmen kann (BAG vom 20.01.2010 – 5 AZR 99/09 – juris, Rn. 13). Allerdings ist in diesem Zusammenhang ebenfalls anerkannt, dass die Weisungsgebundenheit sowie das Merkmal der fremdbestimmten Arbeitszeitgestaltung keine Ausschließlichkeitskriterien darstellen. Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt immer auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Abstrakte, für alle Arbeitsverhältnisse geltende Merkmale lassen sich nicht aufstellen. Letztendlich kommt es für die Beantwortung der Frage, welches Rechtsverhältnis im konkreten Fall vorliegt, auf eine Gesamtwürdigung aller maßgebenden Umstände des Einzelfalles an. Der jeweilige Vertragstyp ergibt sich aus dem wirklichen Geschäftsinhalt (BAG vom 20.01.2010, a. a. O.). Diese Grundsätze sind auch im Bereich Transport und Verkehr anzuwenden. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber den Frachtführer als selbstständigen Gewerbetreibenden und damit nicht als Arbeitnehmer eingeordnet hat, obwohl der Frachtführer schon von Gesetzes wegen weitreichenden Weisungsrechten unterliegt (§ 418 HGB). Der Frachtführer ist regelmäßig auch dann selbstständiger Gewerbetreibender, wenn die Zusammenarbeit mit seinem Aufraggeber auf einem auf Dauer angelegten entsprechenden Rahmenvertrag beruht und das Fahrzeug – wie in der Branche üblich – die Farben und das Firmenzeichen eines anderen Unternehmers aufweist. Insoweit ist die gesetzgeberische Wertung, wonach Frachtführer Gewerbetreibende und damit Selbstständige sind (§ 407 HGB) zu Grunde zu legen. Ein Arbeitsverhältnis kann aber dann zu bejahen sein, wenn Vereinbarungen getroffen und praktiziert werden, die zur Folge haben, dass der betreffende Fahrer in der Ausübung seiner Tätigkeit weit weniger frei ist, als ein Frachtführer im Sinne des HGB, er also nicht mehr im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Wirtschaftliche Zwänge allein können die Arbeitnehmereigenschaft nicht begründen. Entscheidend ist vielmehr, welche Gestaltungsspielräume den Beschäftigen in dem System noch verbleiben und ob seine persönliche Abhängigkeit das für Arbeitsverhältnisse typische Maß erreicht (BAG vom 13.03.2008 – 2 AZR 1037/06 – NZA 2008, Seite 878).

14

Gemessen an den benannten Voraussetzungen ist der Kläger vorliegend Arbeitnehmer der Beklagten.

15

Zwar wird gemäß § 407 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 HGB auch der gewerbsmäßig tätige Frachtführer durch den Frachtvertrag gegenüber dem Absender verpflichtet, das Gut zum Bestimmungsort zu befördern und dort an den Empfänger abzuliefern. Danach setzt der Frachtvertrag ein Gewerbe und damit auch eine selbstständige Tätigkeit des Frachtführers nach dem Willen des Gesetzgebers voraus. Der selbstständige Frachtführer ist – im Vergleich zu anderen selbstständigen Unternehmen – nach seinem Berufsbild zudem in hohem Maße weisungsabhängig. Dies gilt insbesondere in Bezug auf die Arbeitszeit. Die Beförderung von Gütern ist zumeist abhängig von einzuhaltenden Lieferterminen. Insoweit kann der Frachtführer nicht frei festlegen, wann er das Gut zum Empfänger befördert. Er ist allenfalls darin frei, den angebotenen Beförderungsauftrag anzunehmen oder nicht anzunehmen, um gegebenenfalls einen lukrativeren Fuhrauftrag zu realisieren (LAG Rheinland-Pfalz vom 05.03.2010 – 10 Ta 10/10 -, juris Rn. 16,17).

16

Jedoch ergibt sich vorliegend aus der gebotenen Gesamtschau der tatsächlichen Handhabung bzw. der tatsächlichen Vertragsgestaltung, dass der Umfang sowie die Art und Weise der Vertragsdurchführung den Kläger in einem noch stärkeren Maß an die Beklagte gebunden hat, als dies ohnehin für einen Frachtführervertrag nach den §§ 407 ff HGB üblich und notwendig ist. Dabei ist zunächst der erstinstanzlichen Entscheidung insoweit beizutreten, als eine isolierte Betrachtung der in diesen Fällen in der Rechtsprechung üblicherweise herangezogenen einzelnen Kriterien für sich genommen keine eindeutigen Rückschlüsse auf den Bestand eines Arbeitsverhältnisses zulassen. Denn sowohl eine umfassende zeitliche Gebundenheit bei der Auftragsverrichtung, als auch die Eigenschaft als sogenannter „Selbstfahrer“ und die Verpflichtung, das eigene Fahrzeug mit den Farben und dem Firmenzeichen des Auftraggebers (hier DHL) auszustatten und von diesem gestellte technische Arbeitsmittel zu nutzen, verhalten sich jeweils für sich betrachtet im Rahmen der gesetzlichen Ausgestaltung eines Frachtführervertrages nach den §§ 407 ff HGB. Dies gilt grundsätzliche ebenfalls für die Umstände einer unbefristeten vertraglichen Tätigkeit für nur einen Unternehmer sowie die tägliche Weisungsmöglichkeit zur Erledigung bestimmter Aufgaben wie z. B. hier die Abholung bestimmter Post- und Paketsendungen durch den Auftraggeber (hier DHL) an den (Unter)Frachtführer (hier Kläger).

17

Bei der gebotenen Durchführung der Gesamtbetrachtung der Einzelfallumstände ergibt sich jedoch eine deutlich stärkere Einbindung des Klägers in die betriebliche Organisation und in die betrieblichen Abläufe der Beklagten, als dies für die Durchführung eines Frachtführervertrages nach den gesetzlichen Vorgaben notwendig und erforderlich gewesen wäre. Diesbezüglich ist vorab zu bedenken, dass die Beklagte vertraglich von der DHL die Aufgabe der Zustellung bzw. Abholung termingebundener Sendungen für von der DHL vorgegebene „Zustellbezirke“ übernommen hat und nach dem Vortrag der Parteien in diesem Zusammenhang von dem von ihr insoweit zur eigenen Vertragserfüllung eingesetzten Personen vertraglich die Nutzung der von der DHL gestellten Betriebsablaufstrukturen (Art und Weise der Warenannahme, technische Ausrüstung der Fahrzeuge, zeitliche Staffelung der Zustellreihenfolge etc.) erwartet. Die Beklagte hat sich mithin im Rahmen der vertraglichen Verpflichtung gegenüber der DHL die dortigen Vorgaben zu den Tätigkeitsabläufen im Verhältnis der vertraglichen Ausgestaltung zu diesbezüglich selbst eingesetzten Personen zu Eigen gemacht.

18

Davon ausgehend erbringt der Kläger die vertraglich gegenüber der Beklagten geschuldeten Tätigkeiten unter Berücksichtigung des hier gegebenen Sach- und Streitstandes im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses.

19

Der Kläger war auf der Grundlage der vertraglichen Verpflichtungen der Beklagten gegenüber der DHL gehalten, die anfallenden Zustellungen bzw. Abholungen von überwiegend Post- und Paketsendungen in einem von der Beklagten zugewiesenen Zustellbezirk zu realisieren. Dazu war es tatsächlich notwendig, sich um 05:00 Uhr morgens im Zentraldepot der DHL in B-Stadt einzufinden, um die ersten zuzustellenden Gegenstände entgegenzunehmen und sodann in einem engen zeitlichen Rahmen die Zustellungen vorzunehmen, zur Aufnahme neuer Waren zurückzukehren und diese dann wiederum zuzustellen u. s. w., und zwar nach den Prioritätenvorgaben der DHL (1. Fahrzeug ist einsatzfähig und sauber; 2. Fahrerausstattung ist vollständig; 3. Scanner + Handy sind funktionsfähig und aufgeladen; Zeitoptionen/AA – vor 08:00 Uhr/ A – vor 09:00 Uhr/ B – vor 10:00 Uhr/ C – vor 12:00 Uhr/ D – über Nacht/ F – 17:00 Uhr bis 22:00 Uhr/ ZP - Zeitpunktzustellung/ E – 12:00 Uhr bis 17:00 Uhr – nur als ZZ möglich). Zudem muss sich die Beklagte im Rahmen ihrer Verpflichtungen gegenüber der DHL die in den sogenannten „Handouts“ der DHL enthaltenen Tätigkeitshinweise an die Fahrer – und so auch an den Kläger – zurechnen lassen. Diese sogenannten „Handouts“ enthalten hinsichtlich der jeweiligen Tätigkeitsschritte zum Teil sehr exakte Hinweise. Das „Handout - Sendungsübergabe“ beinhaltet, wie die Zustellung in unterschiedlichen Konstellationen zu erfolgen und welche Meldungen der Fahrer in die EDV einzustellen hat, wobei es für die jeweiligen Zustellarten jeweils spezielle Regelungen gibt. In dem „Handout - Zustellhindernisse“ wird den Fahrern aufgegeben, wie im Falle von Zustellhindernissen zu verfahren ist und welche Meldungen in die EDV einzustellen sind. In dem „Handout - Packstation“ wird den Fahrern vorgegeben, wie zu verfahren ist, wenn Sendungen in die Packstation bei der DHL zu legen sind. In Problemfällen ist die bei der DHL eingerichtete Hotline anzurufen, um sich von dort das weitere Vorgehen erläutern zu lassen. Nach dem „Handout - Abholung“ werden den Fahrern die Abholungen per elektronischer Mitteilung übersandt. Vorgegeben wird die Abholzeit, die ein Zeitfenster von 90 bzw. 120 Minuten hat. Die Fahrer haben diesbezüglich feste Vorgaben, wie die Abholsendungen erfasst werden und gegebenenfalls abzurechnen sind. In dem „Handout - Qualität und Kundenorientierung“ werden die Fahrer auf Verhaltensmöglichkeiten im Umgang mit den Kunden der DHL hingewiesen. Dazu gehört beispielsweise die Anweisung, dass das Fahrzeug stets abzuschließen ist oder die Verpflichtung, den Ausweis stets sichtbar zu tragen. Auch besteht insoweit ein Rauchverbot. Im Einzelnen heißt es in der „Information für Fahrer/Handout – Qualität und Kundenorientierung“ wie folgt:

20

„BEI JEDER FAHRT DABEI:
DIE 10 GOLDENEN REGELN.

Sie sind das Aushängeschild von DHL Express in Deutschland. Daher empfehlen wir Ihnen die folgenden 10 Goldenen Regeln, die für die Zufriedenheit der Kunden, ihr Tagesgeschäft, Ihre Sicherheit und einen reibungslosen Betriebsablauf wichtig sind.

1. Begegnen Sie den Kunden mit Freundlichkeit, Höflichkeit und Respekt.
2. Helfen Sie Kunden und Kollegen, immer dann wenn es nötig ist.
3. Bleiben Sie auch bei wütenden Kunden ruhig. Lassen sie sich nie provozieren.
4. Verzichten Sie darauf vor Kunden und in deren Räumen zu rauchen.
5. Tragen Sie die Fahrerkleidung und achten Sie auf ein gepflegtes Erscheinungsbild.
6. Beladen Sie Ihr Fahrzeug sicher, so dass während der Fahrt und beim Ausladen keine Sendung beschädigt wird.
7. Schließen Sie Ihr Fahrzeug immer ab, wenn Sie es verlassen.
8. Beachten Sie alle Verkehrsregeln und verhalten Sie sich im Straßenverkehr angemessen.
9. Tragen Sie Ihren Legitimationsausweis immer sichtbar.
10. Gehen Sie mit der Ihnen anvertrauten Ausstattung wie dem Scanner vorsichtig um.“

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Bereits die vorstehenden Umstände ergeben nach Auffassung des erkennenden Gerichts eine deutlich höhere Einschränkung des Klägers, als dies bei Frachtführern nach den gesetzlichen Vorgaben der §§ 407 ff HGB der Fall ist.

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Zusätzlich wird dieses Ergebnis noch dadurch verstärkt, dass nach dem unstreitigen Vortrag der Parteien auch die als selbstständig geführten Fahrer der Beklagten – und so auch der Kläger – im Falle der krankheitsbedingten und freizeitbedingten Abwesenheit verpflichtet sind, ihre Fahrzeuge zur Verfügung zu stellen, damit diese von anderen Fahrern genutzt werden können, um die vertraglichen Verpflichtungen der Beklagten gegenüber der DHL zu erfüllen. Auch dieser Umstand geht deutlich über die gesetzlich vorgegebene Einschränkung eines Frachtführers nach §§ 407 ff HGB hinaus.

23

Soweit die Beklagte dem entgegenhält, der Kläger habe – unstreitig – ein Gewerbe angemeldet, berechne ihr gegenüber die Umsatzsteuer und könne selbst entscheiden, ob er die Frachtbeförderung annehmen wolle oder nicht, so rechtfertigen diese Überlegungen ein anderes Ergebnis nicht. Nach den geschilderten Gepflogenheiten der konkreten Vertragsdurchführung war der Kläger in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht so stark in die sich aus der vertraglichen Verpflichtung der Beklagten gegenüber der DHL ergebenden Arbeitsabläufe eingebunden, wie dies für ein Arbeitsverhältnis typisch ist.

24

Auch der Vortrag der Beklagten, dem Kläger habe es frei gestanden, eigene Mitarbeiter einzusetzen, überzeugt das erkennende Gericht nicht.

25

Ob ein Rechtsverhältnis als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren ist oder nicht, hängt eben maßgeblich auch davon ab, inwieweit der Schuldner die Leistung persönlich zu erbringen hat. Dabei ist die Verpflichtung zur persönlichen Leistungserbringung ein typisches Merkmal für ein Arbeitsverhältnis. Ist der zur Leistung verpflichtete dagegen berechtigt, die Leistung durch Dritte erbringen zu lassen, so steht ihm ein eigener Gestaltungsspielraum zu, der gegen die Annahme eines Arbeitsverhältnisses spricht. Dennoch ist es nicht gerechtfertigt, wegen der Berechtigung des Vertragspartners, die vertraglich geschuldete Leistung durch Dritte erbringen zu lassen, von vornherein ein Arbeitsverhältnis auszuschließen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn – wie hier – die persönliche Leistungserbringung die Regel ist und – wie hier – eine (theoretische) Leistungserbringung durch Dritte tatsächlich während der Vertragslaufzeit zu keinen Zeitpunkt erfolgt ist (vgl. insoweit auch BAG vom 19.11.1997 – 5 AZR 653/96 -, juris Rn. 125). In diesem Fall stellt die Möglichkeit, Dritte zur Leistungserbringung einsetzen zu dürfen, lediglich eines von mehreren im Rahmen einer Gesamtwürdigung zu berücksichtigendes Anzeichen dar.

26

Nach alledem ist wie erkannt zu entscheiden.

27

Die Beklagte hat als unterlegene Partei die Kosten des sofortigen Beschwerdeverfahrens zu tragen.

28

Diese Entscheidung ergeht ohne mündliche Verhandlung durch den Vorsitzenden allein.

29

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht ersichtlich.

30

Mithin ist ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung nicht gegeben.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 S t R 5 1 6 / 1 3
vom
16. April 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
16. April 2014, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Raum,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Dr. Graf,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Cirener
und der Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Radtke,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Landshut vom 13. März 2013 im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
3. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorbezeichnete Urteil im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.
4. Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 194 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.
2
Die auf mehrere Verfahrensrügen und die näher ausgeführte Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten bleibt im Schuldspruch erfolglos, hat aber zum Strafausspruch Erfolg. Auch die auf die näher ausgeführte Sachrüge gestützte Revision der Staatsanwaltschaft zum Nachteil des Angeklagten, die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt ist, führt zur Aufhebung des Urteils im Strafausspruch.

I.

3
Der Verurteilung liegt im Kern Folgendes zugrunde:
4
Der Angeklagte hat als Geschäftsführer einer GmbH (vgl. § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB) in 194 Fällen Sozialversicherungsbeiträge für Fahrer, die als Arbeitnehmer bei der GmbH beschäftigt waren, nicht bzw. nicht vollständig abgeführt. Hierdurch wurden den Sozialversicherungsträgern im Zeitraum Januar 2003 bis August 2006 Sozialversicherungsbeiträge in einem Umfang von 245.025,24 Euro vorenthalten. Im Jahr 2013 wurden durch eine vom Angeklagten vertretene GmbH 41.000 Euro auf die Beitragsrückstände gezahlt.
5
1. Im Einzelnen ist Folgendes festgestellt:
6
a) Der Angeklagte war im Tatzeitraum Geschäftsführer der W. Transportgesellschaft mbH (nachfolgend: W. GmbH). Diese hatte sich als Subunternehmerin gegenüber den Kurier-Express-Dienstleistern G. GmbH & Co. OHG (nachfolgend: G. ) sowie P. GmbH (nachfolgend: P. ) zur Abholung und Auslieferung von Sendungen in einem bestimmten Gebiet verpflichtet. Die Verträge enthielten detaillierte Regelungen zur Durchführung der Transportaufträge - z.B. zum technischen Ablauf der Auslieferung und Abholung der Pakete, zu Auftreten und Kleidung der Fahrer sowie zur Beschriftung, Reinigung und Wartung der Fahrzeuge -, deren Einhaltung im Einverständnis mit dem Angeklagten durch die Auftraggeber überwacht wurde.
7
Obwohl die W. GmbH nach dem Vertrag mit der G. ihrerseits keine Subunternehmer heranziehen durfte, schloss die W. GmbH mit zahlreichen Fahrern als Subunternehmerverträge bezeichnete Verträge ab. Um dies zu verschleiern , beschäftigte die W. GmbH die für die G. tätigen Fahrer zusätzlich als Paketsortierer und meldete sie insoweit mit einem Bruttolohn von 600 Euro zur Sozialversicherung an. Darüber hinaus schloss der Angeklagte als Geschäftsführer einer weiteren GmbH - der B. GmbH (nachfolgend: B. GmbH) - mit allen Fahrern „Subunternehmerverträge“ ab. Auch dies diente der Verschleierung der wahren Verhältnisse. Die B. GmbH stand in keinen vertraglichen Beziehungen zu der G. und der P. . Die Fahrer erhielten als Gegenleistung für die Abholung und Auslieferung der Sendungen für die genannten Kurier-Express-Dienstleister Vergütungen scheinbar sowohl von der W. GmbH als auch von der B. GmbH. Gründe, die diese Aufteilung objektiv nachvollziehbar erscheinen lassen könnten, ergaben sich nicht.
8
b) Zu den Arbeitsabläufen:
9
Der Angeklagte organisierte und koordinierte die Fahrer untereinander. Er teilte die übernommenen Einsatzgebiete in kleinere Zustellbezirke und wies den Fahrern jeweils eine feste Route zu. Zudem hielt er Springer vor, die bei Verhinderung oder Überlastung eines Fahrers zum Einsatz kamen. Neben dem Zustellgebiet bestimmte der Angeklagte Start- und Endpunkt der Tour sowie Arbeitsbeginn und Arbeitsende. Den Fahrern wurde in der Regel aufgrund von Kfz-Nutzungsverträgen gegen Entgelt ein Fahrzeug zur Verfügung gestellt. Während der Fahrt mussten die Fahrer telefonisch sowohl für den Angeklagten als auch für die G. bzw. die P. erreichbar sein. Die Vorgaben von G. bzw. P. zur Durchführung der Transportaufträge reichte der Angeklagte an die Fahrer weiter, Verstöße dagegen wurden mit Vertragsstrafen sanktioniert. Die Fahrer waren durch ihre Tätigkeit für die W. GmbH bzw. scheinbar die B. GmbH voll ausgelastet; sie boten ihre Leistungen keinem Dritten an und bedienten keine weiteren Auftraggeber. Die Abrechnung mit den Fahrern erfolgte monatlich mittels Gutschriften mit Umsatzsteuerausweis der W. GmbH bzw. der B. GmbH in Abhängigkeit von der Anzahl der ausgelieferten und abgeholten Pakete bzw. der Anzahl der Stopps, wobei das für die Fahrzeugnutzung anfallende Entgelt sowie weitere Beträge - etwa für Vertragsstrafen - in Abzug gebracht wurden.
10
c) Zum Vorsatz des Angeklagten:
11
Der Angeklagte hielt es zumindest für möglich, dass es sich bei den Fahrern nicht um selbständige Subunternehmer, sondern um abhängig beschäftigte Arbeitnehmer handelte, und billigte dies.
12
Der Angeklagte wurde in Rechtsstreitigkeiten regelmäßig durch Rechtsanwalt N. vertreten. Einen Auftrag, den Angeklagten über grundsätzliche sozialversicherungsrechtliche Fragen - insbesondere darüber, ob die Fahrer als Arbeitnehmer oder als selbständige Subunternehmer anzusehen waren - zu beraten, hatte der Angeklagte Rechtsanwalt N. nicht erteilt. Dementsprechend hat der Angeklagte Rechtsanwalt N. wesentliche Umstände der Vertragsdurchführung - etwa die Verträge mit der G. , die Aufspaltung in Sortierund Fahrtätigkeit bei den für die G. tätigen Fahrern und die willkürliche Abrechnung über die W. GmbH bzw. die B. GmbH - auch nicht mitgeteilt.
13
2. Nach Auffassung der Strafkammer handelte es sich bei den Fahrern nicht um selbständige Subunternehmer, sondern um abhängig beschäftigte Arbeitnehmer. Als Arbeitgeberin sei - trotz der weitgehenden Überlagerung des Vertragsverhältnisses durch die detaillierten Regelungen zur Durchführung der Transporte in den Verträgen mit G. bzw. P. - die W. GmbH anzusehen , die gegenüber G. und P. zur Durchführung der Transporte verpflichtet war. Aus der Kenntnis aller wesentlichen tatsächlichen Umstände hat die Strafkammer darauf geschlossen, dass der Angeklagte die Möglichkeit , dass es sich bei den Fahrern um Arbeitnehmer handelte, in seinen Vorsatz aufgenommen hatte. Einen Verbotsirrtum hat die Strafkammer verneint , der Angeklagte habe die Fahrer nicht irrig für selbständige Subunternehmer gehalten.
14
Der Schadensberechnung hat die Strafkammer die in den Gutschriften ausgewiesenen „Nettoumsätze“ (gemeint: ohne Umsatzsteuer) ohne Berück- sichtigung der vorgenommenen Abzüge für die Fahrzeugnutzung, Vertragsstrafen u.a. zugrunde gelegt und diese gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV auf ein Bruttoentgelt hochgerechnet.

II.

15
Der Schuldspruch wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 194 Fällen hält revisionsgerichtlicher Überprüfung stand.
16
1. Grundlage der den Schuldspruch betreffenden Verfahrensrüge ist die von der Strafkammer vorgenommene Verfahrensbeschränkung nach § 154 Abs. 2, § 154a Abs. 2 StPO.
17
a) Der Verfahrensrüge liegt Folgendes zugrunde:
18
Ursprünglich lagen dem Angeklagten wesentlich mehr gleichartige Straftaten zur Last; weitere Fahrer seien ebenfalls Arbeitnehmer der W. GmbH gewesen. Im Laufe der Hauptverhandlung hat die Strafkammer nach Verneh- mung „nahezu sämtlicher“ von W. GmbHund B. GmbH eingesetzter Fahrer in erheblichem Umfang Vorwürfe gemäß § 154 Abs. 2, § 154a Abs. 2 StPO aus dem Verfahren ausgeschieden. Die Revision verkennt nicht, dass diese Entscheidung - von möglichen von der Revision nicht angesprochenen kostenrechtlichen Konsequenzen abgesehen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. August 1996 - 2 BvR 662/95, NJW 1997, 46) - den Angeklagten nicht beschweren kann. Sie meint aber, im Zusammenhang mit der Verfahrensbeschränkung könnten nicht mitgeteilte Erkenntnisse angefallen sein, die sich im Hinblick auf die abgeurteilten Taten günstig für den Angeklagten ausgewirkt hätten.
19
b) Grundsätzlich kann es geboten sein, die Gründe einer Verfahrensbeschränkung in der Beweiswürdigung zu erörtern, etwa wenn mehrere gleichartige Anklagevorwürfe sich allein auf die Aussage eines Belastungszeugen stützen und ein Teil dieser Vorwürfe dann aus dem Verfahren ausgeschieden wird (vgl. BGH, Beschlüsse vom 9. Dezember 2008 - 5 StR 511/08, NStZ 2009, 228 mwN und vom 30. Mai 2000 - 1 StR 183/00, NStZ-RR 2001, 174). Eine derartige Konstellation liegt hier nicht vor.
20
c) Im Urteil sind die Gründe der Verfahrensbeschränkung im Kern dargelegt. Sie ergeben, dass hinsichtlich einer Reihe von Fahrern die Annahme eines Arbeitnehmerverhältnisses und damit eine Verurteilung des Angeklagten nicht ohne weitere Überprüfungen (z.B. zum Umfang zusätzlich durchgeführter Aufträge ) möglich gewesen wäre. Es ist nicht ersichtlich, wieso die tatsächlichen Umstände in den eingestellten Fällen die von der Revision auch nicht konkret beanstandeten Feststellungen zu den tatsächlichen Umständen in den abgeurteilten Fällen in Frage stellen könnten.
21
d) Soweit die Revision meint, bei breiterer Darlegung hätten sich neue bisher nicht erkennbare Umstände ergeben, die den Angeklagten auch in den abgeurteilten Fällen entlasten würden, zeigt sie die Möglichkeit eines Rechtsfehlers nicht auf. Von der hier nicht einschlägigen Frage abgesehen, ob die Berücksichtigung von Erkenntnissen aus eingestellten Verfahrensteilen - regelmäßig zum Nachteil des Angeklagten - einen Hinweis erfordert (vgl. Radtke in Radtke/Hohmann, StPO, § 154 Rn. 47 mwN), gelten im Zusammenhang mit der Behandlung derartiger Erkenntnisse die allgemeinen Grundsätze (vgl. Weßlau in SK-StPO, 4. Aufl., § 154 Rn. 55). Daraus folgt: Eine Überprüfung der Frage, ob die Zeugen weitere in den Urteilsgründen nicht mitgeteilte Aussagen gemacht haben, ist nicht möglich, da das Revisionsgericht die Beweisaufnahme nicht rekonstruiert. Auf die Feststellung weiterer Tatsachen gerichtete Verfahrensrügen - insbesondere Aufklärungsrügen - sind nicht erhoben.
22
2. Auch die auf die Sachrüge vorzunehmende Nachprüfung des angefochtenen Urteils hat hinsichtlich des Schuldspruchs keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
23
Die Strafkammer ist ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass es sich bei der W. GmbH um eine Arbeitgeberin i.S.v. § 266a StGB handelte, zu der die Fahrer in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis (vgl. § 7 Abs. 1 SGB IV) standen.
24
a) Wer Arbeitgeber i.S.v. § 266a StGB ist, richtet sich nach dem Sozialversicherungsrecht , das seinerseits diesbezüglich auf das Dienstvertragsrecht der §§ 611 ff. BGB abstellt. Arbeitgeber ist danach derjenige, dem gegenüber der Arbeitnehmer zur Erbringung von Arbeitsleistungen verpflichtet ist und zu dem er in einem persönlichen Abhängigkeitsverhältnis steht, das sich vor allem durch die Eingliederung des Arbeitnehmers in den Betrieb des Arbeitgebers ausdrückt. Das Bestehen eines solchen Beschäftigungsverhältnisses zum Arbeitgeber bestimmt sich dabei nach den tatsächlichen Gegebenheiten, die einer wertenden Gesamtbetrachtung zu unterziehen sind. In diese Gesamtbetrachtung sind vor allem das Vorliegen eines umfassenden arbeitsrechtlichen Weisungsrechts, die Gestaltung des Entgelts und seiner Berechnung (etwa Entlohnung nach festen Stundensätzen), Art und Ausmaß der Einbindung in den Betriebsablauf des Arbeitgeberbetriebes sowie die Festlegung des täglichen Beginns und des Endes der konkreten Tätigkeit einzustellen. Die Vertragsparteien können aus einem nach den tatsächlichen Verhältnissen bestehenden Beschäftigungsverhältnis resultierende sozialversicherungsrechtliche Abführungspflichten nicht durch eine abweichende Vertragsgestaltung beseitigen (insgesamt st. Rspr. vgl. zusammenfassend zuletzt BGH, Beschluss vom 4. September 2013 - 1 StR 94/13, wistra 2014, 23 mwN).
25
b) An diesen Maßstäben gemessen hat die Strafkammer rechtsfehlerfrei das Bestehen sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse zwischen der W. GmbH und den Fahrern angenommen. Sie hat die betrieblichen Abläufe sowohl hinsichtlich der Durchführung der Transporte für dieG. (UA S. 9 ff.) als auch für die P. (UA S. 15 f.) im Einzelnen festgestellt und dabei insbesondere die betriebliche Arbeitsorganisation, das Bestehen von Weisungsrechten des Angeklagten im Hinblick auf die detaillierten Regelungen zur Durchführung der Transporte in den Verträgen mit den Auftraggebern G. bzw. P. sowie das Fehlen weiterer Auftraggeber der Fahrer in Bedacht genommen. Sie hat in ihre Betrachtungen aber auch gegenläufige Gesichtspunkte einbezogen, nämlich dass die Vergütung der Fahrer aufgrund der Bemessung nach der Anzahl der Pakete bzw. Anzahl der Stopps monatlich variierte, die Fahrer die Kosten für die Nutzung der Fahrzeuge selbst trugen, die Fahrer die Reihenfolge der Auslieferung bzw. Abholung innerhalb der ihnen zugeteilten festen Route selbst bestimmen konnten und dass die Fahrer jeweils ein Gewerbe angemeldet und Umsatzsteuer abgeführt hatten. Die auf Grundlage der festgestellten tatsächlichen Gegebenheiten erfolgte Bewertung als sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis ist nach alledem nicht zu beanstanden.
26
c) Der Senat hat erwogen, ob die Fahrer im Wege einer - dann ersichtlich unerlaubten - Arbeitnehmerüberlassung bei der G. und der P. tätig waren. Allerdings wäre die W. GmbH auch in diesem Fall Arbeitgeberin und der Angeklagte damit tauglicher Täter. Gemäß § 10 Abs. 1 AÜG i.V.m. § 9 Nr. 1 AÜG wäre ein Arbeitsverhältnis zwischen der G. bzw. der P. als Entleiherinnen und den Fahrern entstanden. Da jedoch die W. GmbH als Verleiherin das Entgelt an die Fahrer gezahlt hat, würde sie neben den Entleiherfirmen G. bzw. P. als Arbeitgeberin gelten und mit diesen als Gesamtschuldnerin haften soweit sich die Sozialversicherungsbeiträge auf das von ihr gezahlte Entgelt beziehen (vgl. § 28e Abs. 2 Sätze 3 und 4 SGB IV). Dies hätte allerdings gegebenenfalls Auswirkungen auf die Bestimmung der subjektiven Tatseite oder auch auf die Strafzumessung wegen der dann im Innenverhältnis möglicherweise primären Haftung der G. und der P. . Letztlich kann dies jedoch offen bleiben, weil kein Fall der Arbeitnehmerüberlassung vorliegt.
27
(1) Eine Überlassung zur Arbeitsleistung i.S.v. § 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 AÜG liegt vor, wenn einem Entleiher Arbeitskräfte zur Verfügung gestellt werden , die in dessen Betrieb eingegliedert sind und ihre Arbeit allein nach Weisungen des Entleihers und in dessen Interesse ausführen (vgl. BAG, Urteile vom 18. Januar 2012 - 7 AZR 723/10, EzA AÜG § 1 Nr. 14, und vom 6. August 2003 - 7 AZR 180/03, EzA AÜG § 1 Nr. 13).
28
Von der Arbeitnehmerüberlassung zu unterscheiden ist die Tätigkeit eines Arbeitnehmers bei einem Dritten aufgrund eines Werk- oder Dienstvertrags. In diesen Fällen wird der Unternehmer für einen anderen tätig. Der Unternehmer organisiert die zur Erreichung eines wirtschaftlichen Erfolgs notwendigen Handlungen nach eigenen betrieblichen Voraussetzungen und bleibt für die Erfüllung der in dem Vertrag vorgesehenen Dienste oder für die Herstellung des geschuldeten Werks gegenüber dem Drittunternehmen verantwortlich. Die zur Ausführung des Dienst- oder Werkvertrags eingesetzten Arbeitnehmer unterliegen den Weisungen des Unternehmers und sind dessen Erfüllungsgehilfen. Der Werkbesteller kann jedoch dem Werkunternehmer selbst oder dessen Erfüllungsgehilfen Anweisungen für die Ausführungen des Werks erteilen. Entsprechendes gilt für Dienstverträge. Über die rechtliche Einordnung eines Vertrags entscheidet der Geschäftsinhalt und nicht die von den Parteien gewünschte Rechtsfolge oder eine Bezeichnung, die dem Geschäftsinhalt tatsächlich nicht entspricht (vgl. BAG aaO).
29
(2) Gegenstand des Vertrages zwischen der W. GmbH und der G. bzw. der P. war die Auslieferung und Abholung von Sendungen in einem bestimmten Gebiet. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Strafkammer im Rahmen der auch hier gebotenen Gesamtbewertung - auch unter Berücksichtigung des genannten Inhalts der Verträge zwischen der W. GmbH und den Express-Kurier-Dienstleistern und den Vorgaben zu deren Einhaltung - insbesondere im Hinblick auf die eigenständige Organisation der Touren und des Einsatzes der Fahrer von der Erteilung arbeitsrechtlicher Weisungen durch den Angeklagten und nicht durch G. bzw. P. ausgegangen ist.
30
d) Die Kammer hat rechtsfehlerfrei ein vorsätzliches Verhalten des Angeklagten festgestellt. Die für das Bestehen von sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen und der daraus resultierenden Abführungspflicht maßgeblichen Tatsachen waren dem Angeklagten bekannt. Er hat versucht, diese dadurch zu verschleiern, dass er durch Abschluss von "Subunternehmerverträgen" zwischen den Fahrern und der B. GmbH einen weiteren Auftraggeber der Fahrer vortäuschte und in nicht nachvollziehbarer Weise auch namens der B. GmbH abrechnete. Da die Strafkammer rechtfehlerfrei festgestellt hat, dass der Angeklagte sich nicht geirrt hat, können ihre der Sache nach hilfsweisen Erwägungen, wonach ein etwaiger Verbotsirrtum vermeidbar gewesen wäre, auf sich beruhen bleiben.

III.

31
Dagegen war der Strafausspruch auf die Revision des Angeklagten aufzuheben. Die Strafkammer hat den Schuldumfang nicht rechtsfehlerfrei bestimmt.
32
1. Allerdings greift die Rüge der Verletzung von § 393 Abs. 2 AO nicht durch.
33
Der Rüge liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
34
Im Rahmen einer Außenprüfung des zuständigen Finanzamts bei der B. GmbH im April 2007 wurden Kontrollmitteilungen über an Paketfahrer gezahlte Vergütungen erstellt. Zum Zeitpunkt der Durchführung der Außenprüfung war dem Angeklagten nicht bekannt, dass gegen ihn bereits am 14. November 2006 durch das Hauptzollamt ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt, der Steuerhinterziehung und des Betruges eingeleitet worden war. Die Kontrollmitteilungen wurden im Selbstleseverfahren in die Hauptverhandlung eingeführt und für die Feststel- lung der an die Fahrer gezahlten Beträge herangezogen, die die Grundlage der Schadensberechnung bilden.
35
Grundlage von im Rahmen einer Außenprüfung (§ 193 AO) gefertigten Kontrollmitteilungen sind regelmäßig Unterlagen, die aufgrund gesetzlicher, nicht ausschließlich der Sicherstellung der Besteuerung dienender Aufzeichnungspflichten (z.B. Buchführungspflicht gemäß § 140 AO i.V.m. § 238 HGB) erstellt und in Erfüllung der Mitwirkungspflichten aus § 200 AO vorgelegt werden. Solche gesetzlichen Aufzeichnungs- und Vorlagepflichten betreffen den Kernbereich der grundgesetzlich gewährleisteten Selbstbelastungsfreiheit auch dann nicht, wenn die zu erstellenden oder vorzulegenden Unterlagen auch zur Ahndung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten verwendet werden dürfen (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 27. April 2010 - 2 BvL 13/07, wistra 2010, 341 [zu § 393 Abs. 2 AO], vom 22. Oktober 1980 - 2 BvR 1172/79, 2 BvR 1238/79, BVerfGE 55, 144, und vom 7. Dezember 1991 - 2 BvR 1172/81, NJW 1982, 568). Eine Tatsachengrundlage dafür, dass der Inhalt der Kontrollmitteilungen hier ausnahmsweise auf Angaben des Angeklagten als gesetzlichem Vertreter der B. GmbH, die dieser im Rahmen der Außenprüfung gemacht hat, und damit auf von ihm offenbarten Tatsachen beruhen, hat die Revision nicht vorgetragen. Ebenso wenig lässt sich ihrem Vortrag entnehmen, welche konkreten Tatsachen auf den Angaben des Angeklagten beruhen. Anhaltspunkte dafür ergeben sich weder aus den Urteilsgründen, wonach die Betriebsprüferin Gr. die Kontrollmitteilungen auf Grundlage der in der Buchhaltung der B. GmbH vorhandenen Gutschriften und Belege erstellt hat, noch aus sonstigen Umständen.
36
2. Jedoch erweist sich die Berechnung der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge als rechtsfehlerhaft.
37
a) Allerdings ist die Strafkammer entgegen der Auffassung der Revision zutreffend davon ausgegangen, dass „illegale Beschäftigungsverhältnisse“ i.S.v. § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV vorlagen und eine Hochrechnung auf ein Bruttoentgelt vorzunehmen war. Die Urteilsfeststellungen ergeben nämlich objektiv eine Verletzung von zentralen arbeitgeberbezogenen Pflichten des Sozialversicherungsrechts durch die Nichtzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen (vgl. § 28d, 28e SGB IV) und die Verletzung von Meldepflichten (vgl. § 28a SGB IV) sowie subjektiv einen auf die Verletzung dieser Arbeitgeberpflichten gerichteten (bedingten) Vorsatz (vgl. zu den Voraussetzungen der Annahme eines illegalen Beschäftigungsverhältnisses BSG, Urteil vom 9. November 2011 - B 12 R 18/09 R, BSGE 109, 254).
38
b) Die konkrete Bemessungsgrundlage für die Hochrechnung hat die Strafkammer aber nicht rechtsfehlerfrei bestimmt.
39
Grundlage der Beitragsbemessung ist das Arbeitsentgelt aus der versicherungspflichtigen Tätigkeit (vgl. §§ 223, 226 SGB V, §§ 161, 162 SGB VI, §§ 341, 342 SGB III sowie §§ 54, 57 SGB XI). Arbeitsentgelt sind nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung , gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden.
40
Auf dieser Grundlage ist die Strafkammer zutreffend davon ausgegangen , dass die von der W. GmbH an die Fahrer ausgezahlte und von diesen abgeführte Umsatzsteuer nicht Teil des Arbeitsentgelts ist, da diese zu keiner spürbaren, nachhaltigen Bereicherung bei den Fahrern geführt hat (Werner in jurisPK-SGB IV, 2. Aufl., § 14 Rn. 45, 46).
41
Es ist auch nicht zu beanstanden, dass die Strafkammer die Abzüge für Vertragsstrafen bei der Ermittlung des Arbeitsentgelts unberücksichtigt gelassen hat. Die Entstehung der Beitragspflicht hängt nicht davon ab, ob das geschuldete Arbeitsentgelt gezahlt und dem Arbeitnehmer zugeflossen ist. Gegenforderungen eines Arbeitgebers können unabhängig von der Art ihrer Ausgestaltung im Einzelnen nicht dazu führen, dass ein Arbeitnehmer zwar arbeitet und dabei uneingeschränkt versichert ist, der hierfür der Versichertengemeinschaft zustehende Anspruch sich aber (im Extremfall auf Null) reduziert (vgl. näher dazu BSG, Urteil vom 21. Mai 1996 - 12 RK 64/94, BSGE 78, 224; Roßbach in Kreikebohm, Sozialrecht, 3. Aufl., § 22 SGB IV Rn. 4, 5).
42
Die Auffassung der Strafkammer, dass auch die Beträge, die für die Überlassung der Fahrzeuge und sonstige Fahrzeugkosten in Abzug gebracht wurden, Teil des Arbeitsentgelts sind, beruht dagegen auf einer lückenhaften Beweiswürdigung. Es liegt nahe und wäre daher zu erörtern gewesen, dass die gewählte vertragliche Konstruktion - Abschluss eines "Subunternehmervertrages" einerseits, Abschluss eines gesonderten Kfz-Nutzungsvertrages andererseits - hier der Verschleierung des Bestehens eines sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisses diente. Wäre hiervon auszugehen, wäre zwischen der W. GmbH und den Fahrern lediglich ein Entgelt in Höhe der um die Fahrzeugnutzung und die Kosten für den Erhalt des Fahrzeugs gekürzten Beträge vereinbart gewesen.
43
3. Die rechtsfehlerhafte Bemessung der Höhe der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge und damit des Schuldumfangs zieht die Aufhebung des Strafausspruchs mit den zugehörigen Feststellungen nach sich. Deshalb kommt es nicht mehr auf das für sich genommen keinen Verfahrensfehler belegende Vorbringen der Revision an, die Strafkammer habe den Inhalt der Urkunden unter Verstoß gegen § 261 StPO ausgelegt, weil sie die von den Gutschriften vorgenommenen Abzüge für die Fahrzeugnutzung unberücksichtigt gelassen hat.

IV.

44
Die vom Generalbundesanwalt vertretene Revision der Staatsanwaltschaft führt zur Aufhebung des Urteils im Strafausspruch. Die Strafzumessung ist auch nicht frei von Rechtsfehlern zugunsten des Angeklagten.
45
Die Revision macht zu Recht geltend, das Landgericht habe bei der Strafzumessung zu Unrecht „sehr zugunsten des Angeklagten“ berücksichtigt, dass der Angeklagte nicht von Rechtsanwalt N. auf die Sozialversicherungspflicht der Paketfahrer hingewiesen worden sei und sich dadurch in seiner Vorgehensweise bestätigt gefühlt habe. Rechtsanwalt N. , der den Angeklagten schon seit vielen Jahren in Rechtsstreitigkeiten vertreten und zu dem der Angeklagte Vertrauen aufgebaut habe, habe nichts unternommen, die Einzelheiten genauer zu hinterfragen und eine genaue rechtliche Prüfung vorzunehmen. Zwar liege formal kein Verbotsirrtum vor, dies sei aber „im Unrechtsgehalt kein großer Unterschied“.
46
Diese Erwägung ist nicht tragfähig. Der Angeklagte hat Rechtsanwalt N. weder die maßgeblichen tatsächlichen Umstände mitgeteilt, noch hat er ihn um Beratung in der hier einschlägigen sozialversicherungsrechtlichen Frage gebeten. Unter diesen Umständen ist nicht ersichtlich, warum der Schuldgehalt der Taten etwa ebenso zu bewerten gewesen wäre, als wenn der Angeklagte den Rat eines über alle Umstände informierten Rechtsanwalts eingeholt hätte, von diesem aber nicht richtig beraten worden wäre. Eine Rechtspflicht eines Rechtsanwalts, in Fragen, zu denen er nicht mandatiert wurde, aus eigenem Antrieb den Sachverhalt zu ermitteln und Belehrungen zu erteilen, gibt es nicht. Für die Möglichkeit, dass der Angeklagte gleichwohl von einer solchen Pflicht des Rechtsanwalts N. ausgegangen wäre, spricht nichts. RiBGH Dr. Graf ist im Urlaub und deshalb an der Unterschriftsleistung verhindert. Raum Wahl Raum Cirener Radtke

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR 275/18
vom
13. Dezember 2018
in der Strafsache
gegen
wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt
ECLI:DE:BGH:2018:131218B5STR275.18.0

Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 13. Dezember 2018 gemäß § 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Göttingen vom 24. Januar 2018 wird verworfen. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 161 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt und gegen die Nebenbeteiligte l. G. GmbH die Einziehung des Wertes des Erlangten in Höhe von 383.106,84 € angeordnet. Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg.

I.


2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts hat der Angeklagte als Geschäftsführer der l. G. GmbH (im Folgenden: l. ), die unter anderem Personal für Bühnenaufbau, Licht- und Tontechnik für Veranstaltungen bereitstellte (sogenanntes „Booking“), im Zeitraum Oktober 2010 bis September 2013 Sozialversicherungsbeiträge (Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteil ) in Höhe des Einziehungsbetrages für Arbeitnehmer nicht abgeführt, die fälschlicherweise als Selbständige behandelt worden waren. Diese Veranstaltungen fanden vor allem in der „Lo. “ in Göttingen statt, bei der es sich um eine Multifunktionshalle handelt, in der im Vorfeld von Veranstaltungen jeweils hierfür erforderliche Aufbauten (z. B. Bühnen) unter Einsatz von mehreren Personen erstellt werden müssen. Betreiberin der „Lo. “ ist die G. W. G. mbH (G. ), die mit dem Management der im Eigentum der Stadt Göttingen stehenden „Lo. “ sowie der Stadthalle betraut war.
3
Das „Booking“ umfasste die Kontaktaufnahme zu einem Kreis von ar- beitswilligen Personen sowie deren Buchung und Einteilung für bestimmte Veranstaltungen. Sie wurden im Team unter anderem beim Auf- und Abbau von Bühnen tätig. Dabei beschränkte sich der Angeklagte nicht auf die bloße Vermittlung von Personen aus einem bereits vorhandenen Pool der in Frage kommenden Helfer, sondern erstrebte – ebenso wie die G. – die Schaffung einer professionellen Gruppe zur Durchführung der im Vorfeld der Veranstaltungen in der „Lo. “ erforderlichen Arbeiten. Er wollte diese Tätigkeit langfristig aus- üben, das eingesetzte Personal schulen und hierdurch die Arbeitsabläufe in der „Lo. “ verbessern. Von dem früher tätigen „Booker“ übernahm der Ange- klagte die Kontaktdaten einer Gruppe von Personen, die bereits zuvor regelmäßig für die G. in der „Lo. “, auch als Team in dem von dem Angeklagten betreuten Bereich der Veranstaltungstechnik, tätig gewesen waren, wobei sie stets als Subunternehmer behandelt worden waren.
4
Im Zusammenhang mit der Übernahme der „Booker“-Tätigkeit wurde der Angeklagte zum Thema der Scheinselbständigkeit durch einen Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, den Zeugen P. , beraten, auf dessen Empfehlung er von jedem „Subunternehmer“ einen Fragebogen ausfüllen ließ. Dieser umfasste unter anderem folgende Aussagen, die mit „Ja“ oder „Nein“ gekennzeichnet werden konnten: „Meine Tätigkeit besteht in eigenverantwortlicher, kreativer, freiberufli- cher Leistung.“ „Ich kann den Ort der Auftragserfüllung frei wählen.“ „In der Art der Auftragserfüllung bin ich weitgehend frei.“
5
Diese Aussagen wurden von den Arbeitskräften in allen verfahrensgegenständlichen Fällen bejaht. In dem Merkblatt zum Fragebogen wurde in Fett- druck erläutert: „Sofern beim folgenden Fragebogen drei oder gar mehr Fragen mit ,nein‘ beantwortet werden müssen, ist die baldige Abklärung des Status des Mitarbeiters dringend zu empfehlen, da dann bereits sehr starke Merkmale für das Vorliegen einer abhängigen Arbeitnehmertätigkeit (also ,Schein- selbständigkeit‘) im Raum stehen.“ Aufgrund dieser Hinweise und seiner Kennt- nisse von den tatsächlichen Arbeitsabläufen wusste der Angeklagte, dass die Einstufung der von der l. zur Verfügung gestellten Personen als Selbständige „höchst fragwürdig“ war, und er erkannte die Möglichkeit, dass er gegen die Pflicht zur Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen verstoßen könnte, und nahm dies billigend in Kauf.
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Der organisatorische Ablauf bei der Gestellung von Personen durch den Angeklagten stellte sich während des gesamten Zeitraums, in dem das „Booking“ durchdie l. (zunächst als Einzelgewerbe des Angeklagten, ab April 2010 als GmbH) übernommen wurde, wie folgt dar:
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Potentiellen Auftraggebern, überwiegend der G. , wurde seitens der l. ein Bestellformular zur Verfügung gestellt, in welchem zum Zwecke der Kalkulation eines konkreten Angebots die zu erwartenden Arbeiten, die Anzahl der benötigten Personen und die erwartete Qualifizierung des Personals eingetragen werden sollten sowie eine zeitliche Einteilung der Arbeitsabläufe. Für Veranstaltungen in der „Lo. “ erfolgte die Planung mit Erstellung der Baupläne und der Pläne für die Bestuhlung durch deren Hallenmeister, den Zeugen S. . Er informierte die l. , wie viele Personen wann zur Realisierung der Veranstaltung gebraucht werden und gab dabei teilweise auch die Namen der gewünschten Techniker an. Die durchzuführenden Tätigkeiten wurden in kurzen Stichworten durch Angabe der erforderlichen Qualifikation der Arbeitskräfte umschrieben. Seinem auf dieser Grundlage erstellten Angebot legte der Angeklagte feste Stundensätze je nach durchzuführender Tätigkeit zugrunde.
8
Sodann schloss er mit dem jeweiligen Auftraggeber einen Vertrag, in dem er sich verpflichtete, die angeforderte Anzahl an Arbeitern zur Verfügung zu stellen. Folgende Tätigkeiten wurden seitens der von dem Angeklagten eingesetzten Personen ausgeführt und in der Bezahlung und Abrechnung differen- ziert: Bühnenhelfertätigkeiten („Stagehand“), Tribünenaufbau („Steelhand“), Höhenarbeiten beim Gerüst- und Tribünenbau bzw. Traversenmontage („Clim- ber“ und „Rigger“), Crewchef,Gabelstaplerfahrer, Tontechniker, Lichttechniker, Videotechniker, Messebauer, Tätigkeit durchgeführt durch Fachkraft für Veranstaltungstechnik , Einsatz einer Elektrofachkraft. Durch die l. wurde sodann ein Personalplan erstellt, der den vorgesehenen Arbeitskräften übermittelt wurde. Er enthielt neben der Angabe, für welche Veranstaltung die jeweilige Person vorgemerkt wurde, auch Einsatzort und -zeit sowie die Einteilung der auszuführenden Tätigkeit je nach Ausbildungsstand oder Fähigkeiten.

9
Entsprechend den Vorgaben der Auftraggeber zu Ort und Zeit der Einsätze waren die vom Angeklagten angefragten Personen, nach ihrer Zusage, verpflichtet, am Einsatzort zu der bestimmten Uhrzeit zu erscheinen. Ablehnungen von Anfragen konnten im Wiederholungsfall zum Ausbleiben weiterer Anfragen führen.
10
Die Einteilung der Kräfte vor Ort in Arbeitsgruppen, die bestimmte Aufbauten vorzunehmen hatten (z. B. Stehtribüne, Traversen), erfolgte durch den Angeklagten selbst oder den jeweiligen „Crewchef“. Bei der Einteilung wurde darauf geachtet, dass unerfahrene Leute mit erfahrenen zusammenarbeiteten. Bei größeren Projekten wurde eine Art „Vorarbeiter“ in den einzelnenGruppen bestimmt. Da die eingesetzten Teams zunehmend eingespielt waren, bedurfte es allerdings nicht immer einer ausdrücklichen Einteilung.
11
Die eingesetzten Personen erstellten die Aufbauten gemeinsam. Die von jedem konkret zu erledigenden Arbeiten ergaben sich aus den Absprachen mit den anderen für den Aufbau eingeteilten Personen bzw. den Crewchefs, so dass keinem der Eingesetzten von vornherein die Verantwortung für einen abgrenzbaren Leistungsteil oblag. Der Crewchef traf die erforderlichen Absprachen mit dem jeweiligen technischen Leiter des Auftraggebers. Zumeist übte der Zeuge St. die Funktion des Crewchefs aus, der ab Anfang 2011 beim Angeklagten fest angestellt war, jedoch schon zuvor für ihn gearbeitet hatte. Die Arbeiten wurden während ihrer Ausführung gelegentlich kontrolliert.
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Erforderliche Ladearbeiten wurden von den gestellten Arbeitskräften gemeinsam ausgeführt. Dabei wurden nicht nur Personen tätig, die für Helfertätig- keiten eingeteilt waren, sondern auch für speziellere (technische) Bereiche eingeteilte Kräfte. Sofern bestimmte Arbeitsbereiche bereits vor Abschluss des Gesamtauftrages fertiggestellt waren und entsprechender Bedarf bestand, halfen die dann wieder verfügbaren Personen in den anderen Arbeitsbereichen mit. Die wenigen vor Ort benötigten Werkzeuge brachten die Arbeiter in den meisten Fällen selbst mit, ebenso etwa erforderliche Schutzbekleidung. Der Angeklagte stellte den für ihn tätigen Personen Bekleidung mit dem Firmenlogo, deren Tragen zumindest erwünscht war.
13
Nach Fertigstellung der Arbeiten erfolgte eine Kontrolle durch den Crewchef; der Beauftragte der „Lo. “ oder der jeweilige Projektleiter nahm die Arbeiten ab. Nach der Veranstaltung kamen die von dem Angeklagten zur Verfügung gestellten Personen wieder beim Abbau zum Einsatz.
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Die jeweils gebuchten und eingesetzten Personen stellten Rechnungen an die l. . Es bestanden feste vom Angeklagten vorgegebene, nicht verhandelbare Vergütungssätze, die sich zum einen nach den konkret ausgeführten Arbeiten, zum anderen auch nach der Dauer der Tätigkeit für die l. richtete. Die Arbeiter trugen ihre Arbeitszeit in ein von der l. zur Verfügung gestelltes Formular unter Angabe von Beginn, Ende und eventuell Pausenzeiten sowie jeweils ausgeführter Tätigkeit ein. Diese Angaben dienten auch als Grundlage für die Abrechnung der l. gegenüber dem jeweiligen Auftraggeber. Eine konkrete Aufschlüsselung nach einzelnen Arbeitskräften – insbesonderederen namentliche Nennung – fand auf den Rechnungen nicht statt; vielmehr wurde für eine Veranstaltung lediglich die Gesamtsumme der abgeleisteten Stunden in einzelnen Qualifikationen in Rechnung gestellt.
15
Formell behandelte der Angeklagte die eingesetzten Personen als Selbständige. Alle hatten ein Gewerbe angemeldet und nahmen auch selbst an, selbständig zu sein. Nicht in jedem Fall erzielten sie ihre Einnahmen überwiegend durch ihre Tätigkeit für die l. . Der Angeklagte gewährte ihnen weder Urlaub noch Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Auch gab es keine schriftliche Rahmenvereinbarung dahingehend, dass die Arbeiter zur Ableistung einer Mindeststundenzahl pro Monat verpflichtet gewesen wären. Auch im Übrigen existierte keine schriftliche Vereinbarung für die zu leistende Tätigkeit.
16
Da seine erweiterte Geschäftstätigkeit einen kaufmännischen Geschäftsbetrieb erforderte, ließ der Angeklagte im Jahr 2009 sein Einzelunternehmen in das Handelsregister eintragen. Zur Bewältigung der administrativen und Buchführungsaufgaben stellte er seine Ehefrau ein. Im Frühjahr 2010 wurde im We- ge der Ausgliederung aus dem Einzelunternehmen des Angeklagten die „l. G. GmbH“ gegründet. Im Zuge der Umstrukturierung des Unter- nehmens stellte der Angeklagte aus dem Kreis der für ihn tätigen Personen mehrere als Arbeitnehmer an, so im Januar 2011 den Zeugen St. . Der Zeuge F. war von November 2011 bis Ende 2013 bei der l. angestellt. Für diese Personen erfolgten jeweils Meldungen zur Sozialversicherung.
17
Die Gründung der l. GmbH geschah auf Drängen der G. . Aufgrund entsprechender Beratung durch den Steuerberater und Wirtschaftsprüfer P. hatte sie es zur Bedingung für ihre weitere Zusammenarbeit mit dem Angeklagten gemacht, dass er seine Tätigkeit nicht mehr als Einzelunternehmer , sondern in der Rechtsform einer GmbH ausüben solle. Ausgangspunkt dieser Forderung war die Problematik einer eventuellen Scheinselbständigkeit sowohl in Bezug auf den Einsatz des Angeklagten für die G. als auch auf denjenigen der von ihm vermittelten Personen. Hintergrund der Empfehlung des Zeugen P. war es, eventuellen sozialversicherungsrechtlichen Beitragsforderungen gegenüber der G. entgegenzuwirken.
18
Zur Regelung der Zusammenarbeit mit der G. wurde schließlich ein Rahmenvertrag geschlossen. In diesem war vorgesehen, dass seitens der Firma des Angeklagten der Auf- und Abbau von Bühnen und Tribünen sowie der entsprechenden Technik für die Veranstaltungen in der „Lo. “ und der Stadthalle erfolgen sollte. Aus einer als „Vertragsbestandteile Veranstaltungs- dienstleistungen für ‚ Lo. ‘ und Stadthalle vom 20.09.2010“ bezeichneten Anlage ergaben sich die Stundensätze des für den jeweiligen Auftrag einzusetzenden Personals.
19
Dem Angeklagten, der seine Tätigkeit als faktischer technischer Leiter der „Lo. “ bei hoher, kaum zu bewältigender Auftragslage in erheblichem Umfang ausübte, wurde seitens der G. wiederholt eine Festanstellung angeboten. Als er diese Ende des Jahres 2010 oder Anfang 2011 erneut ablehnte, wurde eine andere Person in Festanstellung mit seinen vorherigen Aufgaben im Bereich Veranstaltungstechnik betraut. In der Folge war er in diesem Bereich zwar weiterhin tätig, jedoch in begrenzterem Umfang. Das „Booking“ führte er allerdings über die l. für die G. fort.
20
Nachdem Anfang 2011 eine Sozialversicherungsprüfung bei der l. G. GmbH angekündigt worden war, kontaktierte der Angeklagte erneut den Steuerberater P. . Dieser bat ihn, die Unterlagen, unter anderem die Fragebögen zur Scheinselbständigkeit zu vervollständigen und auszuwerten. Hierauf veranlasste der Angeklagte eine Versammlung der von ihm eingesetzten Arbeitskräfte. Bereits in der Einladung hierzu wurde angekündigt, dass inhaltlich eine Besprechung zum Thema „Scheinselbständigkeit/Prüfung durch die BfA“ erfolgen solle, und die eingeladenen Personen wurden aufgefordert, unter anderem eine Aufstellung ihrer Auftraggeber in den Jahren 2009 und 2010 mit den jeweiligen Umsätzen mitzubringen. Diejenigen, die nach ihren Auskünften 5/6 oder mehr ihrer Umsätze bei der l. machten, beschäftigte er in geringerem Umfang. Weitere Konsequenzen zog er nicht.
21
Im Zuge der im Jahr 2012 durchgeführten Betriebsprüfung durch die Deutsche Rentenversicherung bei der l. erfolgte eine nicht den tatsächlichen Umständen entsprechende Darstellung der für die Beitrags- und Abführungspflicht wesentlichen Umstände. Dies war dem Angeklagten bewusst und er bezweckte dies auch, um den Eindruck der Selbständigkeit der eingesetzten Personen zu begründen. Die von ihm spätestens 2009 erkannte Möglichkeit , dass diese Einstufung falsch sein könnte, nahm er bewusst hin, weil ihm eine weitere Durchführung seines Geschäftsmodells mit abhängig Beschäftigten nicht möglich erschien. Im Rahmen der Prüfung, für die der Angeklagte den im Sozialversicherungsrecht spezialisierten Rechtsanwalt Gr. , einen seiner Instanzverteidiger, beauftragt hatte, wurden durch diesen – mit Kenntnis und Billigung des Angeklagten – die Arbeitsabläufe unzutreffend ins- besondere dahingehend beschrieben, dass die „Subunternehmer“ einzelne Gewerke eigenständig und weisungsfrei erstellen würden und mit diesen je Auftrag ein Honorar separat verhandelt werde. Im Ergebnis der Betriebsprüfung wurden keine negativen Feststellungen getroffen.
22
2. Nach der rechtlichen Würdigung der Wirtschaftsstrafkammer hat sich der Angeklagte als strafrechtlich verantwortliches Organ (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB) der l. G. GmbH nach § 266a Abs. 1 und 2 StGB strafbar gemacht. Die Tätigkeit von 28 näher bezeichneten Personen für die l. im Tatzeitraum sei als abhängige Beschäftigung einzustufen und habe damit der Sozialversicherungspflicht unterlegen. Bei einer Gesamtwürdigung der für und gegen eine abhängige Beschäftigung sprechenden Merkmale überwögen die ersten deutlich. Sobald die jeweiligen Arbeitskräfte einen von der l. angebotenen Einsatz angenommen hätten, seien sie in deren Betriebsablauf weisungsabhängig eingegliedert gewesen. Abhängig Beschäftigte seien auch diejenigen, deren Tätigkeit für die l. nur einen relativ geringen Anteil ihrer Gesamteinnahmen begründet habe. Da es vorliegend nicht um die Abgrenzung von Dauerarbeitsverhältnissen zu selbständiger Tätigkeit gehe, sondern um die Abgrenzung kurzfristiger Beschäftigungsverhältnisse für nur jeweils einen Arbeitseinsatz von in selbständiger Tätigkeit erfüllten Einzelaufträgen , sei es für die Bewertung dieser kurzfristigen Beschäftigungsverhältnisse „kaum aussagekräftig“, dass eine Person gleichartige Tätigkeiten auch anderen Firmen gegenüber erbracht habe.

II.


23
Das Urteil hält sachlich-rechtlicher Prüfung stand.
24
1. Ohne Rechtsfehler ist das Landgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Bühnenarbeiter (abhängig) Beschäftigte der vom Angeklagten vertretenen l. G. GmbH waren und als solche der Sozialversicherungspflicht unterlagen.
25
a) Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (BSGE 119, 216, 218; BSG, ZIP 2006, 678, 679 f.; NZS 2007, 648, 649 f.; Urteil vom 28.Mai 2008 – B 12 KR 13/07 R, Rn. 15; vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 24. Juni 2015 – 1 StR 76/15, NStZ 2015, 648, 649, und vom 4. September 2013 – 1 StR 94/13, NStZ 2014, 321, 323; Diepenbrock NZS 2016, 127). Ausgangs- punkt der Beurteilung ist dabei das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt und sich aus ihrer „gelebten Beziehung“ erschließen lässt (vgl. BSGE 111, 257, 260; BSG, ZIP 2006, 678, 680; NZS 2007, 648, 650; jeweils mwN). Manche Tätigkeiten können sowohl in abhängiger Beschäftigung als auch im Rahmen einer Selbständigkeit ausgeübt werden (BSGE 123, 50, 54; vgl. z. B. einerseits BSG, Urteil vom 31. März 2015 – B 12 KR 17/13 R und anderseits BSGE 120, 99 zum „Rackjobbing“; zur möglichen selbständigen Tätigkeit von Bühnenarbeitern BGH, Beschluss vom 24. Juni 2015 – 1 StR 76/15, NStZ 2015, 648). Die sozialversicherungsrechtliche Bewertung ist nicht von einem abstrakten Tätigkeitsbild , sondern von der konkreten Gestaltung der jeweiligen Tätigkeit abhängig (KassKomm/Seewald, SGB IV, 101. EL, § 7 Rn. 47b; vgl. auch Knickrehm /Kreikebohm/Waltermann/Berchtold, SGB IV, 5. Aufl., § 7 Rn. 18).
26

b) Nach Maßgabe dieser Grundsätze bestanden zwischen der l. und den 28 im Urteil näher bezeichneten Personen sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse.
27
aa) Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbständigkeit ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen (BSGE 119, 216, 218 f.; 120, 99, 104). Schriftliche Vereinbarungen bestanden zwischen der l. und den von ihr „vermittelten“ Arbeitskräften nicht. Insbesondere gab es auch keine Rahmenverträge als Rechtsgrundlagen für die einzelnen mit jeder Auftragsannahme begründeten Rechtsverhältnisse. Den einzelnen Arbeitseinsätzen lagen lediglich mündliche Absprachen zugrunde, wonach die angefragten Arbeitskräfte sich verpflichteten, zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Veranstaltungsort bestimmte Verrichtungen durchzuführen, und die l. sich verpflichtete, diese nach festgelegten Sätzen zu vergüten.
28
Angesichts der lediglich rudimentären Vertragsvereinbarungen zwischen der l. und den jeweiligen Arbeitskräften kommt ihrer im Rahmen der Vertragsdurchführung „gelebten Beziehung“ eine entscheidende Rolle zu. Zu- treffend hat das Landgericht insoweit auf die Verhältnisse während der Einsätze , das heißt nach Annahme des jeweiligen Einzelauftrags, abgestellt (vgl. BSGE 103, 17, 26; 120, 99, 105; BSG, Urteile vom 4. Juni 1998 – B 12 KR 5/97 R; vom 28. Mai 2008 – B 12 KR 13/07 R, Rn. 24, 26; vom 24. März 2016 – B 12 KR 20/14 R, Rn. 17, mwN).
29
bb) Das Landgericht ist rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass vorliegend die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Merkmale deutlich diejenigen überwiegen, die auf eine selbständige Tätigkeit hindeuten. Die Arbeitskräfte waren – sobald sie einen angebotenen Einsatz angenommen hatten – in den Betrieb der l. eingegliedert, auch wenn sie ihre Tätigkeit an den Veranstaltungsorten erbrachten (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juni 1998 – B 12 KR 5/97 R, aber auch BGH, Beschluss vom 24. Juni 2015 – 1 StR 76/15, NStZ 2015, 648), und wirkten an der von ihr der gegenüber ihren jeweiligen Auftraggebern zu erbringenden Leistung mit.
30
Unter Geltung des mit der G. abgeschlossenen Rahmenvertrages, wonach sie den Auf- und Abbau von Bühnen und Tribünen sowie der entsprechenden Technik für die Veranstaltungen in der „Lo. “ und der Stadthalle übernehmen sollte, führte die l. die erforderlichen Arbeiten aufgrund von Werkverträgen aus. Zu diesem Zweck setzte sie die Arbeitskräfte ein, die jeweils kein selbständiges Gewerk zu erstellen hatten, sondern gemeinsam das von der l. geschuldete Gewerk errichteten. Auch soweit den Arbeitseinsätzen bei anderen Auftraggebern lediglich eine vertragliche Verpflichtung der l. zugrunde lag, „die für die Vorbereitung von Veranstaltungen angeforderte Anzahl an Arbeitern zur Verfügung zu stellen“, ging die zwischen den Beteiligten „gelebte Beziehung“ nach den Feststellungen (vgl. I.1.) deutlich über die bloße Vermittlung von selbstbestimmt tätigen „Subunternehmern“ hin- aus. Nach dem zwischen der l. – im Rahmen ihrer vertraglichen Beziehungen zu den jeweiligen Auftraggebern – und den Arbeitskräften bei den einzelnen Arbeitseinsätzen praktizierten Abläufen ergibt sich vielmehr folgendes Bild, nach dem die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung diejenigen einer selbständigen Tätigkeit der Bühnenarbeiter und Techniker deutlich überwogen und sich die l. als deren Arbeitgeberin darstellte:
31
(1) Die Arbeiter übten ihre Tätigkeit in Teams nach Weisungen der Crewchefs oder der – nach den Gesamtumständen vom Angeklagten hierzu ermächtigten – vor Ort Verantwortlichen der jeweiligen Auftraggeber aus. Dabei spielt ihre Bindung an die terminlichen und örtlichen Vorgaben der für die l. Handelnden, die diese von den Auftraggebern erhalten hatten, keine entscheidende Rolle. Denn auch der Selbständige kann seine Tätigkeit oft nur an bestimmten Orten erbringen und ohne Gefährdung seines Status einer Terminbindung unterworfen sein (vgl. Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann/ Berchtold, aaO, Rn. 23). Jedoch beschränkten sich die den eingesetzten Kräften erteilten Vorgaben nicht auf ein innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens an einem bestimmten Ort herzustellendes abgrenzbares Werk. Vielmehr nahmen die Arbeiter gemeinsam mit weiteren, von der l. ausgesuchten Personen nach Vor-Ort-Einteilung die einzelnen Auf- und Abbauten oder andere umschriebene Verrichtungen vor und schuldeten der l. , zu der allein sie in vertraglichen Beziehungen standen, keinen Erfolg, sondern lediglich ihre Arbeit. Bei Bedarf führten sie im Verlauf ihres jeweiligen Einsatzes aufgrund von Einzelweisungen ergänzende Arbeiten durch, die nicht ihrer Qualifikation entsprachen. Die einzelnen Helfer mussten sich demnach in eine fremdbestimmte Arbeitsorganisation einfügen. Soweit der Angeklagte oder der für ihn tätige Zeuge St. im Rahmen der Personalplanung mit ihren Weisungen das weitergaben, was von den Veranstaltern vertraglich vorgegeben worden war, ist dies kein der Arbeitgebereigenschaft der l. widersprechendes Indiz. Denn dies ist die Regel, wenn sich Unternehmer zur Ausführung der von ihnen übernommenen (Werk-)Vertragsverpflichtungen ihrer Beschäftigten bedienen (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juni 1998 – B 12 KR 5/97 R, Rn. 22). Dass die für die l. Tätigen ihre Arbeiten nicht in deren Betriebsstätte verrichteten, ist rechtlich ebenfalls ohne Bedeutung, weil die Struktur und Arbeitsorganisation als Übernahme und Erfüllung von Aufträgen in den jeweiligen Veranstaltungsstätten gekennzeichnet war (vgl. BSG, aaO, Rn. 19).
32
Für eine abhängige Beschäftigung der eingesetzten Personen im Betrieb der l. spricht ferner, dass sie höchstpersönlich zur Leistung verpflichtet waren und von der l. nach festen, nicht verhandelbaren Stundensätzen bezahlt wurden. Sie schrieben keine Rechnungen, sondern trugen lediglich ihre Arbeitszeit in von der l. zur Verfügung gestellte Formulare ein. Die Abrechnung ihnen gegenüber erfolgte durch die l. . Das Tragen einheitlicher Firmenkleidung war zumindest erwünscht, so dass die Arbeitskräfte nach außen im Namen der l. auftraten und der Eindruck einer „corporate identity“ entstand (vgl. zu den Indizien abhängiger Beschäfti- gung gegenüber Selbständigkeit Metz, NStZ-RR 2013, 333, 334; MüKo/Radtke, StGB, 3. Aufl., § 266a Rn. 13 f.).
33
Die Eingliederung in fremdbestimmte organisatorische Abläufe galt – wie das Landgericht zu Recht festgestellt hat – auch für die Crewchefs. In der sozialgerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass die Weisungsgebundenheit – vornehmlichbei Diensten höherer Art – eingeschränkt und zur „funktionsge- recht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinert sein kann (vgl. z. B. BSG, Urteil vom 26. September 2017 – B 1 KR 31/16 R, Rn. 20 [für den Abdruck in BSGE vorgesehen]). Die Crewchefs arbeiteten nicht mit selbst ausgewähltem Personal; es wurde vielmehr eine fremdbestimmte personelle Zusammensetzung vorgenommen. Sie waren zwar gegenüber den gebuchten Personen weisungsberechtigt, handelten dabei allerdings als funktionsgerecht Dienende innerhalb eines fremdbestimmten Arbeitsprozesses.
34
Der Eingliederung der Arbeiter in den Betrieb der l. stand nicht entgegen, dass sie das einzelne Arbeitsangebot des Angeklagten ablehnen konnten (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juni 1998 – B 12 KR 5/97 R, Rn. 20). Zwar ist die Möglichkeit, Aufträge anzunehmen oder abzulehnen, grundsätzlich ein Indiz für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit. Doch sind auch im Rahmen von (abhängigen) Beschäftigungen wie etwa Abrufarbeitsverhältnissen (§ 12 TzBfG) Vertragsgestaltungen nicht unüblich, die es weitgehend dem Arbeitnehmer überlassen, ob er im Anforderungsfall tätig werden will oder ein Angebot ablehnt. Nimmt der Betroffene es jedoch an, übt er die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit in einem fremden Betrieb und damit im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung aus und wird nicht allein wegen der grundsätzlich bestehenden Ablehnungsmöglichkeit zum selbständig Tätigen (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21. November 2008 – L 4 KR 4098/06, Rn. 30; Hessisches LSG, Urteil vom 24. Februar 2009 – L 1 KR 249/08, Rn. 28).
35
(2) Auch soweit die l. G. GmbH gegenüber anderen Auftraggebern als der G. tätig wurde, war sie – und nicht der jeweilige Auftraggeber – Arbeitgeberin der eingesetzten Kräfte. Der für sie handelnde Angeklagte entschied über die Aufnahme von Personen in seinen Pool, deren Schulung , deren Bezahlung und über deren Einsatz bei bestimmten Aufträgen, teilweise allerdings auf Wunsch der Auftraggeber. Die Einteilung der hierarchisch strukturierten Arbeitsgruppen bei den einzelnen Einsätzen wurde ebenfalls durch den Angeklagten oder die jeweiligen Crewchefs, häufig durch den ab Januar 2011 bei der l. angestellten Zeugen St. , vorgenommen. Soweit neben dem Angeklagten und den Crewchefs auch vor Ort Verantwortliche der Auftraggeber den Arbeitskräften Anweisungen erteilten, weist dies allein noch nicht auf eine – durch die Wirtschaftsstrafkammer in Betracht gezogene – (unerlaubte) Arbeitnehmerüberlassung durch die l. hin (vgl. BGH, Urteil vom 16. April 2014 – 1 StR 516/13, NJW 2014, 1975, 1977; Beschluss vom 12. Februar 2003 – 5 StR 165/02, NJW 2003, 1821; Höpfner in Henssler /Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, 8. Aufl., § 1 AÜG, Rn. 26 ff.; Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann/Berchtold, aaO, Rn. 52). Auch im Fall der unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung gälte im Übrigen die l. als lohnzahlende Verleiherin gemäß § 10 Abs. 3 AÜG, § 28e Abs. 2 Sätze 3 und 4 SGB IV gegenüber der Einzugsstelle als Arbeitgeberin und hätte neben dem Entleiher für den auf das Arbeitsentgelt entfallenden Gesamtsozialversicherungsbeitrag einzutreten (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juni 2001 – 3 StR 126/01, NStZ 2001, 599).
36
(3) Im Rahmen ihrer Tätigkeit für den Angeklagten trugen die Arbeitskräfte kein Unternehmerrisiko und erfüllten damit gerade dieses maßgeblich für eine selbständige Tätigkeit sprechende Merkmal nicht.
37
Wesentliches Kriterium für ein Unternehmerrisiko ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch unter Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, so dass der Erfolg des Einsatzes der sächlichen und persönlichen Mittel ungewiss ist (BSG, Urteile vom 4. Juni 1998 – B 12 KR 5/97 R, Rn. 23; vom 28. Mai 2008 – B 12 KR 13/07 R, Rn. 27; vom 25. Januar 2001 – B12 KR 17/00 R, Rn. 24). Die Bühnenarbeiter und Techniker wandten, was arbeitnehmertypisch ist, nur ihre eigene Arbeitskraft und Berufserfahrung auf. Sie stellten keine Arbeitsmittel mit der ungewissen Aussicht zur Verfügung, Einnahmen zu erzielen. Auch die eigene Arbeitskraft wurde nicht mit ungewissem Erfolg aufgewandt, da ihre Tätigkeit nach festen Sätzen vergütet wurde. Es ist arbeitnehmertypisch und spricht für eine (abhängige) Beschäftigung, wenn Erwerbstätigen – wie vorliegend – die Vergütung unabhängig vom Ergebnis ihrer Tätigkeit und vom wirtschaftlichen Ergebnis des Auftraggebers zusteht und sie keine Abzüge wegen Schlechtleistung zu befürchten haben (Mette, NZS 2015, 721, 725). Die Tatsache, dass die Arbeiter außerhalb der Erledigung der Einzelaufträge frei über ihre Arbeitszeit und Arbeitskraft verfügen konnten, hatte keinen Bezug zu der Vergütungsregelung für die geleistete Arbeit. Das hieraus folgende Risiko, zeitweise die eigene Arbeitskraft nicht verwerten zu können, begründete kein Unternehmerrisiko während der Arbeitseinsätze (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juni 1998 – B 12 KR 5/97 R, Rn. 23).
38
Es ist insoweit auch nicht aussagekräftig, dass die eingesetzten Personen jeweils ein Gewerbe, manche auch im Bereich der Veranstaltungstechnik oder des Bühnenbaus, angemeldet hatten, „weil es Voraussetzung war, überhaupt zu arbeiten“. Das Gewerbeaufsichtsamt prüft nicht, ob tatsächlich eine Beschäftigung vorliegt. Die für die l. Tätigen traten über die Verteilung von Visitenkarten hinaus nicht werbend am Markt auf und keinem von ihnen „kam es darauf an, mit dem unternehmerischen Risiko verbundene Freiheiten zur eigenen unternehmerischen Entfaltung zu nutzen, sondern allein darauf, durch den Einsatz ihrer Arbeitskraft Geld zu verdienen“.
39
(4) Dass die Arbeiter im streitigen Zeitraum auch für andere Auftraggeber tätig waren, ist ohne Bedeutung für ihre Eingliederung in den Betrieb der Klägerin während des jeweiligen Arbeitseinsatzes und mithin kein entscheidendes Kriterium für eine selbständige Tätigkeit (vgl. BSG, aaO, Rn. 21). Dies gilt – wie die Wirtschaftsstrafkammer zu Recht annimmt – auch für diejenigen Personen, bei denen die Tätigkeit für den Angeklagten nur einen relativ geringen Anteil ihrer Gesamteinnahmen ausmachte. Die Tätigkeit nur für einen Auftraggeber spricht zwar für eine abhängige Beschäftigung; der Umkehrschluss, dass eine Tätigkeit für mehrere Auftraggeber einem Beschäftigungsverhältnis entgegenstehe , ist aber nicht zulässig (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21. November 2008 – L 4 KR 4098/06, Rn. 7). Auch ein abhängig Beschäftigter kann bei mehreren Arbeitgebern beschäftigt sein. Soweit die Wirtschaftsstrafkammer nicht ausschließen konnte, dass nicht sozialversicherungspflichtige kurzfristige oder (regelmäßig) geringfügige Beschäftigungen (§ 8 SGB IV) vorlagen, hat sie dies berücksichtigt.
40
(5) Der Nichtgewährung von Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sowie Urlaub kommt im Rahmen der nach § 7 Abs. 1 SGB IV vorzunehmenden Gesamtabwägung keine eigenständige Bedeutung zu. Vielmehr setzt der Ausschluss ansonsten zwingender arbeits- und sozialrechtlicher Rechte und Pflichten das Fehlen des Status als Beschäftigter voraus. Allein die Vorenthaltung von Rechten oder die Belastung eines Erwerbstätigen, der im Übrigen nach der tatsächlichen Gestaltung des gegenseitigen Verhältnisses als abhängig Beschäftigter anzusehen ist, mit zusätzlichen Risiken rechtfertigt nicht die Annahme von Selbständigkeit im Rechtssinne (vgl. BSGE 120, 99, 108 mwN).
41
c) Entgegen der Auffassung der Revision ist eine Beschränkung des objektiven Tatbestandes des § 266a StGB unter dem Gesichtspunkt der Vertretbarkeit der für den Betroffenen günstigen Rechtsansicht zu seiner Arbeitgebereigenschaft nicht vorzunehmen. Abgesehen von der Frage, wie eine solche dogmatisch verortet werden könnte (vgl. gegen eine „autonome“ strafrechtliche Definition des Arbeitgeberbegriffs Kudlich, ZIS 2011, 482, 488), besteht hierfür schon kein Bedürfnis. Denn der Angeklagte war nicht darauf verwiesen, diese Frage – gegebenenfalls nach fachkundiger Beratung – aufgrund eigener rechtlicher Beurteilung zu entscheiden. Vielmehr hätte er es in der Hand gehabt, einen (kostenlosen) Antrag nach § 7a SGB IV bei der Deutschen Rentenversicherung Bund zu stellen und auf diesem Wege, gegebenenfalls durch weitere – die Fälligkeit des Gesamtsozialversicherungsbeitrages hinausschiebende (§ 7a Abs. 6 Satz 2 SGB IV) – Anrufung der Sozialgerichte, klären zu lassen, ob eine Beschäftigung im Sinne des § 7 SGB IV vorliegt (vgl. Mette, NZS 2015, 721, 722; KassKomm/Seewald, SGB IV, 101. EL, § 7 Rn. 49). Ungeachtet des Um- stands, dass die Entscheidung im sozialversicherungsrechtlichen Anfrageverfahren und selbst eine entsprechende rechtskräftige sozialgerichtliche Entscheidung im Hinblick auf das Bestehen oder Nichtbestehen eines Beschäftigungsverhältnisses rechtlich keine Bindungswirkung entfaltet (vgl. MüKo/Radtke, StGB, 3. Aufl., § 266a Rn. 15; Kudlich aaO 484), hätte der Angeklagte mit der Stellung des Antrags ein Strafbarkeitsrisiko vermeiden können.
42
2. Die Wirtschaftsstrafkammer ist ohne Rechtsfehler zu der Überzeugung gelangt, dass der Angeklagte im Tatzeitraum ernsthaft mit der Möglichkeit rechnete , gegen die Pflicht zur Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen zu verstoßen , und dies billigend in Kauf nahm.
43
Sie schließt dies zum einen aus den mit der Verteilung und Beantwortung des von dem Zeugen P. ausgearbeiteten Fragebogens zusammenhängenden Umständen. Vor dem Hintergrund, dass die in den Feststellungen genannten Fragen angesichts der dem Angeklagten bekannten Umstände durch die Arbeiter nicht wahrheitsgemäß mit „nein“ beantwortet werden konnten, ergab sich bereits aus den Hinweisen im Fragebogen selbst, dass „sehr starke Merkmale für das Vorliegen einer abhängigen Arbeitnehmertätigkeit (also ,Scheinselbständigkeit‘)“ vorlagen. Zudem war dem Angeklagten bekannt, dass die G. die Gründung einer GmbH durch ihn als Bedingung der Fortführung der Geschäftsbeziehungen gerade deshalb verlangte, weil sie eine eigene Beitragspflicht für Scheinselbständige vermeiden wollte. Hierdurch drängte sich für den Angeklagten auf, dass das Problem der Scheinselbständigkeit der „vermittelten“ Personen auch die von ihm geführte GmbH als mögliche Arbeitgeberin betraf.
44
Einem Irrtum in Bezug auf die Arbeitgeberstellung der l. unterlag der Angeklagte demnach nicht. Er kannte nicht nur die hierfür maßgeblichen tatsächlichen Umstände, sondern erkannte auch, dass auf deren Grundlage die l. möglicherweise als Arbeitgeberin anzusehen war, und billigte dies.

Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob eine etwaige Fehlvorstellung über die Arbeitgebereigenschaft in § 266a StGB und die daraus folgende Abführungspflicht insgesamt als Tatbestandsirrtum zu behandeln wäre (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 2018 – 1 StR 331/17, NStZ-RR 2018, 180, 182 mwN).
Mutzbauer Sander Schneider
Mosbacher Köhler

(1) Der gewerbliche Güterkraftverkehr ist erlaubnispflichtig, soweit sich nicht aus dem unmittelbar geltenden europäischen Gemeinschaftsrecht etwas anderes ergibt.

(2) Die Erlaubnis wird einem Unternehmer, dessen Unternehmen seinen Sitz im Inland hat, für die Dauer von bis zu zehn Jahren erteilt, wenn er die in Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 zur Festlegung gemeinsamer Regeln für die Zulassung zum Beruf des Kraftverkehrsunternehmers und zur Aufhebung der Richtlinie 96/26/EG (ABl. L 300 vom 14.11.2009, S. 51) genannten Voraussetzungen für die Ausübung des Berufs eines Kraftverkehrsunternehmers erfüllt.

(3) Der Erlaubnisinhaber erhält auf Antrag neben der Erlaubnis so viele Erlaubnisausfertigungen, wie ihm weitere Fahrzeuge und die für diese erforderliche finanzielle Leistungsfähigkeit nach der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 in der jeweils geltenden Fassung zur Verfügung stehen. Eigenkapital und Reserven, auf Grund deren beglaubigte Kopien der Gemeinschaftslizenz nach der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über gemeinsame Regeln für den Zugang zum Markt des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs (ABl. L 300 vom 14.11.2009, S. 72) in der jeweils geltenden Fassung erteilt wurden, können im Verfahren auf Erteilung der Erlaubnis und Erlaubnisausfertigung nicht nochmals in Ansatz gebracht werden. Verringert sich nach der Ausstellung von Ausfertigungen der Erlaubnis der Fahrzeugbestand nicht nur vorübergehend, so hat das Unternehmen überzählige Ausfertigungen an die zuständige Behörde zurückzugeben. Stellt das Unternehmen den Betrieb endgültig ein, so hat es die Erlaubnis und alle Ausfertigungen unverzüglich zurückzugeben.

(4) Die Erlaubnis kann befristet, unter Bedingungen oder mit Auflagen erteilt werden.

(5) Eine Erlaubnis ist zurückzunehmen, wenn nachträglich bekannt wird, dass die Erlaubnis hätte versagt werden müssen. Eine Erlaubnis ist zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Die Finanzbehörden dürfen die nach Landesrecht zuständigen Behörden davon in Kenntnis setzen, dass der Unternehmer die ihm obliegenden steuerrechtlichen Verpflichtungen wiederholt nicht erfüllt hat oder eine eidesstattliche Versicherung nach § 284 der Abgabenordnung abgegeben hat.

(5a) Rechtzeitig vor der Entscheidung über die Erteilung, die Rücknahme oder den Widerruf der Erlaubnis und von Erlaubnisausfertigungen gibt die nach Landesrecht zuständige Behörde dem Bundesamt für Logistik und Mobilität, den beteiligten Verbänden des Verkehrsgewerbes, der fachlich zuständigen Gewerkschaft und der zuständigen Industrie- und Handelskammer Gelegenheit zur Stellungnahme. Vor der Entscheidung über die Erteilung, die Rücknahme oder den Widerruf von Erlaubnisausfertigungen kann die nach Landesrecht zuständige Behörde hiervon absehen.

(5b) Rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass der Unternehmer oder der Verkehrsleiter die Voraussetzungen hinsichtlich der Zuverlässigkeit nach Artikel 6 der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 nicht erfüllt, kann dem Unternehmer oder dem Verkehrsleiter die Führung von Güterkraftverkehrsgeschäften untersagt werden. Das Untersagungsverfahren gegen diese Personen kann unabhängig vom Verlauf eines Verfahrens auf Widerruf der Erlaubnis fortgesetzt werden. Auf Antrag ist dem Unternehmer oder dem Verkehrsleiter die Führung von Güterkraftverkehrsgeschäften wieder zu gestatten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass eine Unzuverlässigkeit im Sinne des Satzes 1 nicht mehr vorliegt. Vor Ablauf eines Jahres nach Bestandskraft der Untersagungsverfügung kann die Wiederaufnahme nur gestattet werden, wenn hierfür besondere Gründe vorliegen. Rechtzeitig vor der Entscheidung über die Untersagung der Führung von Güterkraftverkehrsgeschäften gegenüber dem Unternehmer oder dem Verkehrsleiter gibt die nach Landesrecht zuständige Behörde dem Bundesamt für Logistik und Mobilität Gelegenheit zur Stellungnahme.

(6) Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur wird ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung Vorschriften zu erlassen, durch die

1.
die Anforderungen an die Berufszugangsvoraussetzungen zur Gewährleistung eines hohen Niveaus näher bestimmt werden und
2.
a)
das Verfahren zur Erteilung, zur Rücknahme und zum Widerruf der Erlaubnis und zur Erteilung und Einziehung der Erlaubnisausfertigungen einschließlich der Durchführung von Anhörungen,
b)
Form und Inhalt, insbesondere die Geltungsdauer der Erlaubnis und der Ausfertigungen,
c)
das Verfahren bei Eintritt wesentlicher Änderungen nach Erteilung der Erlaubnis und der Ausfertigungen,
3.
die Voraussetzungen für die Erteilung zusätzlicher beglaubigter Kopien nach Maßgabe der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 in der jeweils geltenden Fassung sowie
4.
die Voraussetzungen zur Rücknahme und zum Widerruf der Entscheidung über die Erteilung der beglaubigten Kopien entsprechend Artikel 12 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1072/2009 in der jeweils geltenden Fassung
geregelt werden.

(7) Die nach Landesrecht zuständigen Behörden führen dieses Gesetz, die Verordnungen (EG) Nr. 1071/2009 und (EG) Nr. 1072/2009 und die auf diesem Gesetz beruhenden Verordnungen aus, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist. Örtlich zuständig ist die Behörde, in deren Zuständigkeitsbereich das Unternehmen seine Niederlassung im Sinne von Artikel 5 der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 hat. Soweit keine Niederlassung besteht, richtet sich die Zuständigkeit nach dem Wohnsitz des Betroffenen.

Der Frachtführer ist verpflichtet, das Gut innerhalb der vereinbarten Frist oder mangels Vereinbarung innerhalb der Frist abzuliefern, die einem sorgfältigen Frachtführer unter Berücksichtigung der Umstände vernünftigerweise zuzubilligen ist (Lieferfrist).

(1) Der Absender ist berechtigt, über das Gut zu verfügen. Er kann insbesondere verlangen, daß der Frachtführer das Gut nicht weiterbefördert oder es an einem anderen Bestimmungsort, an einer anderen Ablieferungsstelle oder an einen anderen Empfänger abliefert. Der Frachtführer ist nur insoweit zur Befolgung solcher Weisungen verpflichtet, als deren Ausführung weder Nachteile für den Betrieb seines Unternehmens noch Schäden für die Absender oder Empfänger anderer Sendungen mit sich zu bringen droht. Er kann vom Absender Ersatz seiner durch die Ausführung der Weisung entstehenden Aufwendungen sowie eine angemessene Vergütung verlangen; der Frachtführer kann die Befolgung der Weisung von einem Vorschuß abhängig machen.

(2) Das Verfügungsrecht des Absenders erlischt nach Ankunft des Gutes an der Ablieferungsstelle. Von diesem Zeitpunkt an steht das Verfügungsrecht nach Absatz 1 dem Empfänger zu. Macht der Empfänger von diesem Recht Gebrauch, so hat er dem Frachtführer die entstehenden Mehraufwendungen zu ersetzen sowie eine angemessene Vergütung zu zahlen; der Frachtführer kann die Befolgung der Weisung von einem Vorschuß abhängig machen.

(3) Hat der Empfänger in Ausübung seines Verfügungsrechts die Ablieferung des Gutes an einen Dritten angeordnet, so ist dieser nicht berechtigt, seinerseits einen anderen Empfänger zu bestimmen.

(4) Ist ein Frachtbrief ausgestellt und von beiden Parteien unterzeichnet worden, so kann der Absender sein Verfügungsrecht nur gegen Vorlage der Absenderausfertigung des Frachtbriefs ausüben, sofern dies im Frachtbrief vorgeschrieben ist.

(5) Beabsichtigt der Frachtführer, eine ihm erteilte Weisung nicht zu befolgen, so hat er denjenigen, der die Weisung gegeben hat, unverzüglich zu benachrichtigen.

(6) Ist die Ausübung des Verfügungsrechts von der Vorlage des Frachtbriefs abhängig gemacht worden und führt der Frachtführer eine Weisung aus, ohne sich die Absenderausfertigung des Frachtbriefs vorlegen zu lassen, so haftet er dem Berechtigten für den daraus entstehenden Schaden. Die Haftung ist auf den Betrag begrenzt, der bei Verlust des Gutes zu zahlen wäre.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 S t R 5 1 6 / 1 3
vom
16. April 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
16. April 2014, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Raum,
die Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Wahl,
Dr. Graf,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Cirener
und der Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Radtke,
Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Landshut vom 13. März 2013 im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.
3. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorbezeichnete Urteil im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.
4. Im Umfang der Aufhebungen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 194 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.
2
Die auf mehrere Verfahrensrügen und die näher ausgeführte Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten bleibt im Schuldspruch erfolglos, hat aber zum Strafausspruch Erfolg. Auch die auf die näher ausgeführte Sachrüge gestützte Revision der Staatsanwaltschaft zum Nachteil des Angeklagten, die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt ist, führt zur Aufhebung des Urteils im Strafausspruch.

I.

3
Der Verurteilung liegt im Kern Folgendes zugrunde:
4
Der Angeklagte hat als Geschäftsführer einer GmbH (vgl. § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB) in 194 Fällen Sozialversicherungsbeiträge für Fahrer, die als Arbeitnehmer bei der GmbH beschäftigt waren, nicht bzw. nicht vollständig abgeführt. Hierdurch wurden den Sozialversicherungsträgern im Zeitraum Januar 2003 bis August 2006 Sozialversicherungsbeiträge in einem Umfang von 245.025,24 Euro vorenthalten. Im Jahr 2013 wurden durch eine vom Angeklagten vertretene GmbH 41.000 Euro auf die Beitragsrückstände gezahlt.
5
1. Im Einzelnen ist Folgendes festgestellt:
6
a) Der Angeklagte war im Tatzeitraum Geschäftsführer der W. Transportgesellschaft mbH (nachfolgend: W. GmbH). Diese hatte sich als Subunternehmerin gegenüber den Kurier-Express-Dienstleistern G. GmbH & Co. OHG (nachfolgend: G. ) sowie P. GmbH (nachfolgend: P. ) zur Abholung und Auslieferung von Sendungen in einem bestimmten Gebiet verpflichtet. Die Verträge enthielten detaillierte Regelungen zur Durchführung der Transportaufträge - z.B. zum technischen Ablauf der Auslieferung und Abholung der Pakete, zu Auftreten und Kleidung der Fahrer sowie zur Beschriftung, Reinigung und Wartung der Fahrzeuge -, deren Einhaltung im Einverständnis mit dem Angeklagten durch die Auftraggeber überwacht wurde.
7
Obwohl die W. GmbH nach dem Vertrag mit der G. ihrerseits keine Subunternehmer heranziehen durfte, schloss die W. GmbH mit zahlreichen Fahrern als Subunternehmerverträge bezeichnete Verträge ab. Um dies zu verschleiern , beschäftigte die W. GmbH die für die G. tätigen Fahrer zusätzlich als Paketsortierer und meldete sie insoweit mit einem Bruttolohn von 600 Euro zur Sozialversicherung an. Darüber hinaus schloss der Angeklagte als Geschäftsführer einer weiteren GmbH - der B. GmbH (nachfolgend: B. GmbH) - mit allen Fahrern „Subunternehmerverträge“ ab. Auch dies diente der Verschleierung der wahren Verhältnisse. Die B. GmbH stand in keinen vertraglichen Beziehungen zu der G. und der P. . Die Fahrer erhielten als Gegenleistung für die Abholung und Auslieferung der Sendungen für die genannten Kurier-Express-Dienstleister Vergütungen scheinbar sowohl von der W. GmbH als auch von der B. GmbH. Gründe, die diese Aufteilung objektiv nachvollziehbar erscheinen lassen könnten, ergaben sich nicht.
8
b) Zu den Arbeitsabläufen:
9
Der Angeklagte organisierte und koordinierte die Fahrer untereinander. Er teilte die übernommenen Einsatzgebiete in kleinere Zustellbezirke und wies den Fahrern jeweils eine feste Route zu. Zudem hielt er Springer vor, die bei Verhinderung oder Überlastung eines Fahrers zum Einsatz kamen. Neben dem Zustellgebiet bestimmte der Angeklagte Start- und Endpunkt der Tour sowie Arbeitsbeginn und Arbeitsende. Den Fahrern wurde in der Regel aufgrund von Kfz-Nutzungsverträgen gegen Entgelt ein Fahrzeug zur Verfügung gestellt. Während der Fahrt mussten die Fahrer telefonisch sowohl für den Angeklagten als auch für die G. bzw. die P. erreichbar sein. Die Vorgaben von G. bzw. P. zur Durchführung der Transportaufträge reichte der Angeklagte an die Fahrer weiter, Verstöße dagegen wurden mit Vertragsstrafen sanktioniert. Die Fahrer waren durch ihre Tätigkeit für die W. GmbH bzw. scheinbar die B. GmbH voll ausgelastet; sie boten ihre Leistungen keinem Dritten an und bedienten keine weiteren Auftraggeber. Die Abrechnung mit den Fahrern erfolgte monatlich mittels Gutschriften mit Umsatzsteuerausweis der W. GmbH bzw. der B. GmbH in Abhängigkeit von der Anzahl der ausgelieferten und abgeholten Pakete bzw. der Anzahl der Stopps, wobei das für die Fahrzeugnutzung anfallende Entgelt sowie weitere Beträge - etwa für Vertragsstrafen - in Abzug gebracht wurden.
10
c) Zum Vorsatz des Angeklagten:
11
Der Angeklagte hielt es zumindest für möglich, dass es sich bei den Fahrern nicht um selbständige Subunternehmer, sondern um abhängig beschäftigte Arbeitnehmer handelte, und billigte dies.
12
Der Angeklagte wurde in Rechtsstreitigkeiten regelmäßig durch Rechtsanwalt N. vertreten. Einen Auftrag, den Angeklagten über grundsätzliche sozialversicherungsrechtliche Fragen - insbesondere darüber, ob die Fahrer als Arbeitnehmer oder als selbständige Subunternehmer anzusehen waren - zu beraten, hatte der Angeklagte Rechtsanwalt N. nicht erteilt. Dementsprechend hat der Angeklagte Rechtsanwalt N. wesentliche Umstände der Vertragsdurchführung - etwa die Verträge mit der G. , die Aufspaltung in Sortierund Fahrtätigkeit bei den für die G. tätigen Fahrern und die willkürliche Abrechnung über die W. GmbH bzw. die B. GmbH - auch nicht mitgeteilt.
13
2. Nach Auffassung der Strafkammer handelte es sich bei den Fahrern nicht um selbständige Subunternehmer, sondern um abhängig beschäftigte Arbeitnehmer. Als Arbeitgeberin sei - trotz der weitgehenden Überlagerung des Vertragsverhältnisses durch die detaillierten Regelungen zur Durchführung der Transporte in den Verträgen mit G. bzw. P. - die W. GmbH anzusehen , die gegenüber G. und P. zur Durchführung der Transporte verpflichtet war. Aus der Kenntnis aller wesentlichen tatsächlichen Umstände hat die Strafkammer darauf geschlossen, dass der Angeklagte die Möglichkeit , dass es sich bei den Fahrern um Arbeitnehmer handelte, in seinen Vorsatz aufgenommen hatte. Einen Verbotsirrtum hat die Strafkammer verneint , der Angeklagte habe die Fahrer nicht irrig für selbständige Subunternehmer gehalten.
14
Der Schadensberechnung hat die Strafkammer die in den Gutschriften ausgewiesenen „Nettoumsätze“ (gemeint: ohne Umsatzsteuer) ohne Berück- sichtigung der vorgenommenen Abzüge für die Fahrzeugnutzung, Vertragsstrafen u.a. zugrunde gelegt und diese gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV auf ein Bruttoentgelt hochgerechnet.

II.

15
Der Schuldspruch wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 194 Fällen hält revisionsgerichtlicher Überprüfung stand.
16
1. Grundlage der den Schuldspruch betreffenden Verfahrensrüge ist die von der Strafkammer vorgenommene Verfahrensbeschränkung nach § 154 Abs. 2, § 154a Abs. 2 StPO.
17
a) Der Verfahrensrüge liegt Folgendes zugrunde:
18
Ursprünglich lagen dem Angeklagten wesentlich mehr gleichartige Straftaten zur Last; weitere Fahrer seien ebenfalls Arbeitnehmer der W. GmbH gewesen. Im Laufe der Hauptverhandlung hat die Strafkammer nach Verneh- mung „nahezu sämtlicher“ von W. GmbHund B. GmbH eingesetzter Fahrer in erheblichem Umfang Vorwürfe gemäß § 154 Abs. 2, § 154a Abs. 2 StPO aus dem Verfahren ausgeschieden. Die Revision verkennt nicht, dass diese Entscheidung - von möglichen von der Revision nicht angesprochenen kostenrechtlichen Konsequenzen abgesehen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15. August 1996 - 2 BvR 662/95, NJW 1997, 46) - den Angeklagten nicht beschweren kann. Sie meint aber, im Zusammenhang mit der Verfahrensbeschränkung könnten nicht mitgeteilte Erkenntnisse angefallen sein, die sich im Hinblick auf die abgeurteilten Taten günstig für den Angeklagten ausgewirkt hätten.
19
b) Grundsätzlich kann es geboten sein, die Gründe einer Verfahrensbeschränkung in der Beweiswürdigung zu erörtern, etwa wenn mehrere gleichartige Anklagevorwürfe sich allein auf die Aussage eines Belastungszeugen stützen und ein Teil dieser Vorwürfe dann aus dem Verfahren ausgeschieden wird (vgl. BGH, Beschlüsse vom 9. Dezember 2008 - 5 StR 511/08, NStZ 2009, 228 mwN und vom 30. Mai 2000 - 1 StR 183/00, NStZ-RR 2001, 174). Eine derartige Konstellation liegt hier nicht vor.
20
c) Im Urteil sind die Gründe der Verfahrensbeschränkung im Kern dargelegt. Sie ergeben, dass hinsichtlich einer Reihe von Fahrern die Annahme eines Arbeitnehmerverhältnisses und damit eine Verurteilung des Angeklagten nicht ohne weitere Überprüfungen (z.B. zum Umfang zusätzlich durchgeführter Aufträge ) möglich gewesen wäre. Es ist nicht ersichtlich, wieso die tatsächlichen Umstände in den eingestellten Fällen die von der Revision auch nicht konkret beanstandeten Feststellungen zu den tatsächlichen Umständen in den abgeurteilten Fällen in Frage stellen könnten.
21
d) Soweit die Revision meint, bei breiterer Darlegung hätten sich neue bisher nicht erkennbare Umstände ergeben, die den Angeklagten auch in den abgeurteilten Fällen entlasten würden, zeigt sie die Möglichkeit eines Rechtsfehlers nicht auf. Von der hier nicht einschlägigen Frage abgesehen, ob die Berücksichtigung von Erkenntnissen aus eingestellten Verfahrensteilen - regelmäßig zum Nachteil des Angeklagten - einen Hinweis erfordert (vgl. Radtke in Radtke/Hohmann, StPO, § 154 Rn. 47 mwN), gelten im Zusammenhang mit der Behandlung derartiger Erkenntnisse die allgemeinen Grundsätze (vgl. Weßlau in SK-StPO, 4. Aufl., § 154 Rn. 55). Daraus folgt: Eine Überprüfung der Frage, ob die Zeugen weitere in den Urteilsgründen nicht mitgeteilte Aussagen gemacht haben, ist nicht möglich, da das Revisionsgericht die Beweisaufnahme nicht rekonstruiert. Auf die Feststellung weiterer Tatsachen gerichtete Verfahrensrügen - insbesondere Aufklärungsrügen - sind nicht erhoben.
22
2. Auch die auf die Sachrüge vorzunehmende Nachprüfung des angefochtenen Urteils hat hinsichtlich des Schuldspruchs keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
23
Die Strafkammer ist ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass es sich bei der W. GmbH um eine Arbeitgeberin i.S.v. § 266a StGB handelte, zu der die Fahrer in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis (vgl. § 7 Abs. 1 SGB IV) standen.
24
a) Wer Arbeitgeber i.S.v. § 266a StGB ist, richtet sich nach dem Sozialversicherungsrecht , das seinerseits diesbezüglich auf das Dienstvertragsrecht der §§ 611 ff. BGB abstellt. Arbeitgeber ist danach derjenige, dem gegenüber der Arbeitnehmer zur Erbringung von Arbeitsleistungen verpflichtet ist und zu dem er in einem persönlichen Abhängigkeitsverhältnis steht, das sich vor allem durch die Eingliederung des Arbeitnehmers in den Betrieb des Arbeitgebers ausdrückt. Das Bestehen eines solchen Beschäftigungsverhältnisses zum Arbeitgeber bestimmt sich dabei nach den tatsächlichen Gegebenheiten, die einer wertenden Gesamtbetrachtung zu unterziehen sind. In diese Gesamtbetrachtung sind vor allem das Vorliegen eines umfassenden arbeitsrechtlichen Weisungsrechts, die Gestaltung des Entgelts und seiner Berechnung (etwa Entlohnung nach festen Stundensätzen), Art und Ausmaß der Einbindung in den Betriebsablauf des Arbeitgeberbetriebes sowie die Festlegung des täglichen Beginns und des Endes der konkreten Tätigkeit einzustellen. Die Vertragsparteien können aus einem nach den tatsächlichen Verhältnissen bestehenden Beschäftigungsverhältnis resultierende sozialversicherungsrechtliche Abführungspflichten nicht durch eine abweichende Vertragsgestaltung beseitigen (insgesamt st. Rspr. vgl. zusammenfassend zuletzt BGH, Beschluss vom 4. September 2013 - 1 StR 94/13, wistra 2014, 23 mwN).
25
b) An diesen Maßstäben gemessen hat die Strafkammer rechtsfehlerfrei das Bestehen sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse zwischen der W. GmbH und den Fahrern angenommen. Sie hat die betrieblichen Abläufe sowohl hinsichtlich der Durchführung der Transporte für dieG. (UA S. 9 ff.) als auch für die P. (UA S. 15 f.) im Einzelnen festgestellt und dabei insbesondere die betriebliche Arbeitsorganisation, das Bestehen von Weisungsrechten des Angeklagten im Hinblick auf die detaillierten Regelungen zur Durchführung der Transporte in den Verträgen mit den Auftraggebern G. bzw. P. sowie das Fehlen weiterer Auftraggeber der Fahrer in Bedacht genommen. Sie hat in ihre Betrachtungen aber auch gegenläufige Gesichtspunkte einbezogen, nämlich dass die Vergütung der Fahrer aufgrund der Bemessung nach der Anzahl der Pakete bzw. Anzahl der Stopps monatlich variierte, die Fahrer die Kosten für die Nutzung der Fahrzeuge selbst trugen, die Fahrer die Reihenfolge der Auslieferung bzw. Abholung innerhalb der ihnen zugeteilten festen Route selbst bestimmen konnten und dass die Fahrer jeweils ein Gewerbe angemeldet und Umsatzsteuer abgeführt hatten. Die auf Grundlage der festgestellten tatsächlichen Gegebenheiten erfolgte Bewertung als sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis ist nach alledem nicht zu beanstanden.
26
c) Der Senat hat erwogen, ob die Fahrer im Wege einer - dann ersichtlich unerlaubten - Arbeitnehmerüberlassung bei der G. und der P. tätig waren. Allerdings wäre die W. GmbH auch in diesem Fall Arbeitgeberin und der Angeklagte damit tauglicher Täter. Gemäß § 10 Abs. 1 AÜG i.V.m. § 9 Nr. 1 AÜG wäre ein Arbeitsverhältnis zwischen der G. bzw. der P. als Entleiherinnen und den Fahrern entstanden. Da jedoch die W. GmbH als Verleiherin das Entgelt an die Fahrer gezahlt hat, würde sie neben den Entleiherfirmen G. bzw. P. als Arbeitgeberin gelten und mit diesen als Gesamtschuldnerin haften soweit sich die Sozialversicherungsbeiträge auf das von ihr gezahlte Entgelt beziehen (vgl. § 28e Abs. 2 Sätze 3 und 4 SGB IV). Dies hätte allerdings gegebenenfalls Auswirkungen auf die Bestimmung der subjektiven Tatseite oder auch auf die Strafzumessung wegen der dann im Innenverhältnis möglicherweise primären Haftung der G. und der P. . Letztlich kann dies jedoch offen bleiben, weil kein Fall der Arbeitnehmerüberlassung vorliegt.
27
(1) Eine Überlassung zur Arbeitsleistung i.S.v. § 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 AÜG liegt vor, wenn einem Entleiher Arbeitskräfte zur Verfügung gestellt werden , die in dessen Betrieb eingegliedert sind und ihre Arbeit allein nach Weisungen des Entleihers und in dessen Interesse ausführen (vgl. BAG, Urteile vom 18. Januar 2012 - 7 AZR 723/10, EzA AÜG § 1 Nr. 14, und vom 6. August 2003 - 7 AZR 180/03, EzA AÜG § 1 Nr. 13).
28
Von der Arbeitnehmerüberlassung zu unterscheiden ist die Tätigkeit eines Arbeitnehmers bei einem Dritten aufgrund eines Werk- oder Dienstvertrags. In diesen Fällen wird der Unternehmer für einen anderen tätig. Der Unternehmer organisiert die zur Erreichung eines wirtschaftlichen Erfolgs notwendigen Handlungen nach eigenen betrieblichen Voraussetzungen und bleibt für die Erfüllung der in dem Vertrag vorgesehenen Dienste oder für die Herstellung des geschuldeten Werks gegenüber dem Drittunternehmen verantwortlich. Die zur Ausführung des Dienst- oder Werkvertrags eingesetzten Arbeitnehmer unterliegen den Weisungen des Unternehmers und sind dessen Erfüllungsgehilfen. Der Werkbesteller kann jedoch dem Werkunternehmer selbst oder dessen Erfüllungsgehilfen Anweisungen für die Ausführungen des Werks erteilen. Entsprechendes gilt für Dienstverträge. Über die rechtliche Einordnung eines Vertrags entscheidet der Geschäftsinhalt und nicht die von den Parteien gewünschte Rechtsfolge oder eine Bezeichnung, die dem Geschäftsinhalt tatsächlich nicht entspricht (vgl. BAG aaO).
29
(2) Gegenstand des Vertrages zwischen der W. GmbH und der G. bzw. der P. war die Auslieferung und Abholung von Sendungen in einem bestimmten Gebiet. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Strafkammer im Rahmen der auch hier gebotenen Gesamtbewertung - auch unter Berücksichtigung des genannten Inhalts der Verträge zwischen der W. GmbH und den Express-Kurier-Dienstleistern und den Vorgaben zu deren Einhaltung - insbesondere im Hinblick auf die eigenständige Organisation der Touren und des Einsatzes der Fahrer von der Erteilung arbeitsrechtlicher Weisungen durch den Angeklagten und nicht durch G. bzw. P. ausgegangen ist.
30
d) Die Kammer hat rechtsfehlerfrei ein vorsätzliches Verhalten des Angeklagten festgestellt. Die für das Bestehen von sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen und der daraus resultierenden Abführungspflicht maßgeblichen Tatsachen waren dem Angeklagten bekannt. Er hat versucht, diese dadurch zu verschleiern, dass er durch Abschluss von "Subunternehmerverträgen" zwischen den Fahrern und der B. GmbH einen weiteren Auftraggeber der Fahrer vortäuschte und in nicht nachvollziehbarer Weise auch namens der B. GmbH abrechnete. Da die Strafkammer rechtfehlerfrei festgestellt hat, dass der Angeklagte sich nicht geirrt hat, können ihre der Sache nach hilfsweisen Erwägungen, wonach ein etwaiger Verbotsirrtum vermeidbar gewesen wäre, auf sich beruhen bleiben.

III.

31
Dagegen war der Strafausspruch auf die Revision des Angeklagten aufzuheben. Die Strafkammer hat den Schuldumfang nicht rechtsfehlerfrei bestimmt.
32
1. Allerdings greift die Rüge der Verletzung von § 393 Abs. 2 AO nicht durch.
33
Der Rüge liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
34
Im Rahmen einer Außenprüfung des zuständigen Finanzamts bei der B. GmbH im April 2007 wurden Kontrollmitteilungen über an Paketfahrer gezahlte Vergütungen erstellt. Zum Zeitpunkt der Durchführung der Außenprüfung war dem Angeklagten nicht bekannt, dass gegen ihn bereits am 14. November 2006 durch das Hauptzollamt ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt, der Steuerhinterziehung und des Betruges eingeleitet worden war. Die Kontrollmitteilungen wurden im Selbstleseverfahren in die Hauptverhandlung eingeführt und für die Feststel- lung der an die Fahrer gezahlten Beträge herangezogen, die die Grundlage der Schadensberechnung bilden.
35
Grundlage von im Rahmen einer Außenprüfung (§ 193 AO) gefertigten Kontrollmitteilungen sind regelmäßig Unterlagen, die aufgrund gesetzlicher, nicht ausschließlich der Sicherstellung der Besteuerung dienender Aufzeichnungspflichten (z.B. Buchführungspflicht gemäß § 140 AO i.V.m. § 238 HGB) erstellt und in Erfüllung der Mitwirkungspflichten aus § 200 AO vorgelegt werden. Solche gesetzlichen Aufzeichnungs- und Vorlagepflichten betreffen den Kernbereich der grundgesetzlich gewährleisteten Selbstbelastungsfreiheit auch dann nicht, wenn die zu erstellenden oder vorzulegenden Unterlagen auch zur Ahndung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten verwendet werden dürfen (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 27. April 2010 - 2 BvL 13/07, wistra 2010, 341 [zu § 393 Abs. 2 AO], vom 22. Oktober 1980 - 2 BvR 1172/79, 2 BvR 1238/79, BVerfGE 55, 144, und vom 7. Dezember 1991 - 2 BvR 1172/81, NJW 1982, 568). Eine Tatsachengrundlage dafür, dass der Inhalt der Kontrollmitteilungen hier ausnahmsweise auf Angaben des Angeklagten als gesetzlichem Vertreter der B. GmbH, die dieser im Rahmen der Außenprüfung gemacht hat, und damit auf von ihm offenbarten Tatsachen beruhen, hat die Revision nicht vorgetragen. Ebenso wenig lässt sich ihrem Vortrag entnehmen, welche konkreten Tatsachen auf den Angaben des Angeklagten beruhen. Anhaltspunkte dafür ergeben sich weder aus den Urteilsgründen, wonach die Betriebsprüferin Gr. die Kontrollmitteilungen auf Grundlage der in der Buchhaltung der B. GmbH vorhandenen Gutschriften und Belege erstellt hat, noch aus sonstigen Umständen.
36
2. Jedoch erweist sich die Berechnung der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge als rechtsfehlerhaft.
37
a) Allerdings ist die Strafkammer entgegen der Auffassung der Revision zutreffend davon ausgegangen, dass „illegale Beschäftigungsverhältnisse“ i.S.v. § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV vorlagen und eine Hochrechnung auf ein Bruttoentgelt vorzunehmen war. Die Urteilsfeststellungen ergeben nämlich objektiv eine Verletzung von zentralen arbeitgeberbezogenen Pflichten des Sozialversicherungsrechts durch die Nichtzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen (vgl. § 28d, 28e SGB IV) und die Verletzung von Meldepflichten (vgl. § 28a SGB IV) sowie subjektiv einen auf die Verletzung dieser Arbeitgeberpflichten gerichteten (bedingten) Vorsatz (vgl. zu den Voraussetzungen der Annahme eines illegalen Beschäftigungsverhältnisses BSG, Urteil vom 9. November 2011 - B 12 R 18/09 R, BSGE 109, 254).
38
b) Die konkrete Bemessungsgrundlage für die Hochrechnung hat die Strafkammer aber nicht rechtsfehlerfrei bestimmt.
39
Grundlage der Beitragsbemessung ist das Arbeitsentgelt aus der versicherungspflichtigen Tätigkeit (vgl. §§ 223, 226 SGB V, §§ 161, 162 SGB VI, §§ 341, 342 SGB III sowie §§ 54, 57 SGB XI). Arbeitsentgelt sind nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung , gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden.
40
Auf dieser Grundlage ist die Strafkammer zutreffend davon ausgegangen , dass die von der W. GmbH an die Fahrer ausgezahlte und von diesen abgeführte Umsatzsteuer nicht Teil des Arbeitsentgelts ist, da diese zu keiner spürbaren, nachhaltigen Bereicherung bei den Fahrern geführt hat (Werner in jurisPK-SGB IV, 2. Aufl., § 14 Rn. 45, 46).
41
Es ist auch nicht zu beanstanden, dass die Strafkammer die Abzüge für Vertragsstrafen bei der Ermittlung des Arbeitsentgelts unberücksichtigt gelassen hat. Die Entstehung der Beitragspflicht hängt nicht davon ab, ob das geschuldete Arbeitsentgelt gezahlt und dem Arbeitnehmer zugeflossen ist. Gegenforderungen eines Arbeitgebers können unabhängig von der Art ihrer Ausgestaltung im Einzelnen nicht dazu führen, dass ein Arbeitnehmer zwar arbeitet und dabei uneingeschränkt versichert ist, der hierfür der Versichertengemeinschaft zustehende Anspruch sich aber (im Extremfall auf Null) reduziert (vgl. näher dazu BSG, Urteil vom 21. Mai 1996 - 12 RK 64/94, BSGE 78, 224; Roßbach in Kreikebohm, Sozialrecht, 3. Aufl., § 22 SGB IV Rn. 4, 5).
42
Die Auffassung der Strafkammer, dass auch die Beträge, die für die Überlassung der Fahrzeuge und sonstige Fahrzeugkosten in Abzug gebracht wurden, Teil des Arbeitsentgelts sind, beruht dagegen auf einer lückenhaften Beweiswürdigung. Es liegt nahe und wäre daher zu erörtern gewesen, dass die gewählte vertragliche Konstruktion - Abschluss eines "Subunternehmervertrages" einerseits, Abschluss eines gesonderten Kfz-Nutzungsvertrages andererseits - hier der Verschleierung des Bestehens eines sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisses diente. Wäre hiervon auszugehen, wäre zwischen der W. GmbH und den Fahrern lediglich ein Entgelt in Höhe der um die Fahrzeugnutzung und die Kosten für den Erhalt des Fahrzeugs gekürzten Beträge vereinbart gewesen.
43
3. Die rechtsfehlerhafte Bemessung der Höhe der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge und damit des Schuldumfangs zieht die Aufhebung des Strafausspruchs mit den zugehörigen Feststellungen nach sich. Deshalb kommt es nicht mehr auf das für sich genommen keinen Verfahrensfehler belegende Vorbringen der Revision an, die Strafkammer habe den Inhalt der Urkunden unter Verstoß gegen § 261 StPO ausgelegt, weil sie die von den Gutschriften vorgenommenen Abzüge für die Fahrzeugnutzung unberücksichtigt gelassen hat.

IV.

44
Die vom Generalbundesanwalt vertretene Revision der Staatsanwaltschaft führt zur Aufhebung des Urteils im Strafausspruch. Die Strafzumessung ist auch nicht frei von Rechtsfehlern zugunsten des Angeklagten.
45
Die Revision macht zu Recht geltend, das Landgericht habe bei der Strafzumessung zu Unrecht „sehr zugunsten des Angeklagten“ berücksichtigt, dass der Angeklagte nicht von Rechtsanwalt N. auf die Sozialversicherungspflicht der Paketfahrer hingewiesen worden sei und sich dadurch in seiner Vorgehensweise bestätigt gefühlt habe. Rechtsanwalt N. , der den Angeklagten schon seit vielen Jahren in Rechtsstreitigkeiten vertreten und zu dem der Angeklagte Vertrauen aufgebaut habe, habe nichts unternommen, die Einzelheiten genauer zu hinterfragen und eine genaue rechtliche Prüfung vorzunehmen. Zwar liege formal kein Verbotsirrtum vor, dies sei aber „im Unrechtsgehalt kein großer Unterschied“.
46
Diese Erwägung ist nicht tragfähig. Der Angeklagte hat Rechtsanwalt N. weder die maßgeblichen tatsächlichen Umstände mitgeteilt, noch hat er ihn um Beratung in der hier einschlägigen sozialversicherungsrechtlichen Frage gebeten. Unter diesen Umständen ist nicht ersichtlich, warum der Schuldgehalt der Taten etwa ebenso zu bewerten gewesen wäre, als wenn der Angeklagte den Rat eines über alle Umstände informierten Rechtsanwalts eingeholt hätte, von diesem aber nicht richtig beraten worden wäre. Eine Rechtspflicht eines Rechtsanwalts, in Fragen, zu denen er nicht mandatiert wurde, aus eigenem Antrieb den Sachverhalt zu ermitteln und Belehrungen zu erteilen, gibt es nicht. Für die Möglichkeit, dass der Angeklagte gleichwohl von einer solchen Pflicht des Rechtsanwalts N. ausgegangen wäre, spricht nichts. RiBGH Dr. Graf ist im Urlaub und deshalb an der Unterschriftsleistung verhindert. Raum Wahl Raum Cirener Radtke

(1) Der Frachtführer haftet für den Schaden, der durch Verlust oder Beschädigung des Gutes in der Zeit von der Übernahme zur Beförderung bis zur Ablieferung oder durch Überschreitung der Lieferfrist entsteht.

(2) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verhalten des Absenders oder des Empfängers oder ein besonderer Mangel des Gutes mitgewirkt, so hängen die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes davon ab, inwieweit diese Umstände zu dem Schaden beigetragen haben.

(1) Durch den Frachtvertrag wird der Frachtführer verpflichtet, das Gut zum Bestimmungsort zu befördern und dort an den Empfänger abzuliefern.

(2) Der Absender wird verpflichtet, die vereinbarte Fracht zu zahlen.

(3) Die Vorschriften dieses Unterabschnitts gelten, wenn

1.
das Gut zu Lande, auf Binnengewässern oder mit Luftfahrzeugen befördert werden soll und
2.
die Beförderung zum Betrieb eines gewerblichen Unternehmens gehört.
Erfordert das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht und ist die Firma des Unternehmens auch nicht nach § 2 in das Handelsregister eingetragen, so sind in Ansehung des Frachtgeschäfts auch insoweit die Vorschriften des Ersten Abschnitts des Vierten Buches ergänzend anzuwenden; dies gilt jedoch nicht für die §§ 348 bis 350.