Bundesgerichtshof Urteil, 13. Sept. 2017 - 2 StR 238/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2017:130917U2STR238.16.0
bei uns veröffentlicht am13.09.2017

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
2 StR 238/16
vom
13. September 2017
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
ECLI:DE:BGH:2017:130917U2STR238.16.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 13. September 2017, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof Dr. Appl als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Krehl, Zeng, Dr. Grube, Schmidt als beisitzende Richter,
Bundesanwältin beim Bundesgerichtshof in der Verhandlung, Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof bei der Verkündung als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt als Verteidiger,
Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hanau vom 8. Januar 2016 wird verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde, und eine Einziehungsentscheidung getroffen.
2
Die auf eine Verfahrensbeanstandung und die ausgeführte Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg.

I.

3
Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
4
1. Der heute 44-jährige Angeklagte leidet seit seiner Kindheit an Akne inversa. Dabei handelt es sich um eine Erkrankung der Haut, die zu schmerzhaften Entzündungen und Abszessen, insbesondere an den Achseln, im Genitalbereich und in der Leistenregion, führt. Die Krankheit entwickelte sich beim Angeklagten seit dessen 13. Lebensjahr schubweise stetig fort. Infolge der ihn erheblich beeinträchtigenden Krankheitssymptome, zu denen auch eine starke Geruchsbildung gehört, geht der Angeklagte seit seinem 30. Lebensjahr keiner Berufstätigkeit mehr nach und wohnt zurückgezogen und nahezu ohne soziale Kontakte in einer vom Sozialleistungsträger bezahlten Mietwohnung. Er lebt von Sozialleistungen, Zuwendungen der Eltern und Zuverdienst.
5
Zur Behandlung der Erkrankung unterzog sich der Angeklagte den schulmedizinisch zur Verfügung stehenden Therapiemöglichkeiten, die in der Gabe von Antibiotika und lokalen chirurgischen Eingriffen bestehen. Eine dauernde Verbesserung oder Stabilisierung des Krankheitsbildes trat dadurch nicht ein. Gegen die mit der Krankheit einhergehenden Schmerzen nahm der Angeklagte bei Bedarf starke Schmerzmittel ein, die aber zu Unverträglichkeiten führten. Obwohl – wie dem Angeklagten bewusst ist – die Krankheitserscheinungen der Akne inversa durch Rauchen begünstigt werden, konsumiert er täglich bis zu 20 selbstgedrehte Zigaretten.
6
Im Alter von 15 Jahren begann der Angeklagte mit dem Konsum von Cannabis, der sich bis zum Tatzeitpunkt auf ca. fünf bis sieben Gramm Cannabis täglich steigerte; zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung hatte der Angeklagte seine Tagesdosis auf ca. zwei Gramm reduziert und kam damit „gut zurecht“.
7
Da sich der Marihuanakonsum beim Angeklagten positiv auf die Erkrankung auswirkte und dazu führte, dass er nahezu beschwerdefrei war, entschloss er sich, Cannabis im Rahmen der Eigenbehandlung als Medikament zu benutzen.
8
Um zur Selbstmedikation ständig Cannabis zur Verfügung zu haben, unterhielt der Angeklagte in seiner Wohnung jedenfalls seit 2012 eine Indoorplantage , in der er Hanfpflanzen anbaute. Am 24. März 2014 verfügte er dort über insgesamt 1,718 kg Marihuana mit einem THC-Gehalt von 78,46 g, das ausschließlich zum Eigenkonsum bestimmt war. Die Gesamtmenge setzte sich aus Cannabispflanzen unterschiedlicher Wachstumsstadien sowie aus abgeernteten Pflanzen zusammen, die in Plastiktüten und Beuteln im Gefrierschrank eingefroren bzw. im Kühlschrank verwahrt waren. Außerdem bewahrte der Angeklagte eine Kleinstmenge lose auf dem Wohnzimmertisch auf. In unmittelbarer Nähe des Kühlschranks befanden sich vier geladene Schusswaffen.
9
Der Angeklagte war zur Tatzeit nicht im Besitz einer betäubungsmittelrechtlichen Erlaubnis nach § 3 BtMG. Einen Antrag auf Erteilung einer Ausnahmeerlaubnis nach § 3 Abs. 2 BtMG bei der zuständigen Behörde hatte der Angeklagte weder gestellt noch Anstrengungen hierzu unternommen, obwohl er hierüber mittels Internetrecherche und Büchern Informationen eingeholt hatte und ihm die Möglichkeit eines entsprechenden Antragsverfahrens zur Erlangung einer Ausnahmeerlaubnis ebenso bekannt war wie der Umstand, dass etwa bereits 400 Ausnahmeerlaubnisse erteilt worden waren. Auch die Möglichkeit, nach Erteilung einer Ausnahmeerlaubnis über das Internet Cannabisblüten zu kaufen, war dem Angeklagten bekannt. Die Entscheidung, das Antragsverfahren nicht zu beschreiten, beruhte zum Teil darauf, dass der Angeklagte davon ausging, auch bei Erteilung einer Erlaubnis den Erwerb der Substanzen nicht bezahlen zu können, zum Teil auf „Faulheit“, zum Teil aber auch, weil ihm der Betrieb der Indoorplantage „Spaß machte“ und einen Lebensinhalt bot.
10
Das Landgericht hat angenommen, dass die Voraussetzungen für die Erlangung einer Ausnahmeerlaubnis nach § 3 Abs. 2 BtMG jedenfalls zum Erwerb von Cannabis tatsächlich vorlagen; bei entsprechender Antragstellung hätte der Angeklagte aufgrund seiner Erkrankung eine Ausnahmeerlaubnis auch im Zeitraum vor der Tat erhalten können. Darüber hinaus habe für den Angeklagten auch die konkrete Möglichkeit bestanden, zur ausreichenden Therapie der Erkrankung und Linderung der Beschwerden Cannabisblüten zum Preis von monatlich ca. 300 € auf legalem Weg zu erhalten, die Kosten durch die Krankenkasse oder ein Sozialversicherungsträger ersetzt zu bekommen oder sogar eine Erlaubnis zum Anbau von Marihuana zu erlangen.
11
Eine Einschränkung der Schuldfähigkeit des Angeklagten zum Tatzeitpunkt hat die Strafkammer verneint.
12
2. Das Landgericht hat die Tat als unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gewertet.
13
Im Hinblick auf die aus Sicht des Landgerichts unwiderlegte Einlassung, dass das Marihuana nur zum Eigenkonsum bestimmt gewesen sei, hat die Strafkammer keine Strafbarkeit wegen bewaffneten unerlaubten Handeltreibens angenommen. Eine Rechtfertigung nach § 34 StGB und eine Entschuldigung nach § 35 StGB hat das Landgericht verneint, da der Angeklagte keinen Antrag auf Erteilung einer Ausnahmeerlaubnis nach § 3 Abs. 2 BtMG gestellt habe, obwohl ihm die Möglichkeit dieses Verfahrens bekannt und ihm dessen Durchführung zumutbar gewesen sei, die Voraussetzungen für eine Erteilung vorgelegen hätten und die Finanzierung des legalen Bezuges von Cannabis habe sichergestellt werden können.
14
Das Landgericht hat die Tat als minder schweren Fall gemäß § 29a Abs. 2 BtMG gewertet. Da es nicht auszuschließen vermochte, dass der Angeklagte einem vermeidbaren Irrtum hinsichtlich der Möglichkeit der Finanzierung des aufgrund einer Ausnahmeerlaubnis erwerblichen Cannabis unterlag , hat es eine weitere Strafrahmenverschiebung nach § 35 Abs. 2 i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB vorgenommen.
15
Soweit dem Angeklagten auch der Besitz von weiteren Betäubungsmitteln (Haschisch, Psilocybin-Pilze, Ecstasy und Amphetamin) zur Last lag, hat das Landgericht die Strafverfolgung gemäß § 154a Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StPO auf den Besitz von Marihuana beschränkt.

II.

16
Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung hat im Schuld- und Strafausspruch keinen Rechtsfehler zulasten des Angeklagten ergeben.
17
1. Die erhobene Rüge der Verletzung von § 244 Abs. 2 StPO ist aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts nicht in einer den Anforderungen von § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügenden Weise erhoben worden.
18
2. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge.
19
a) Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass wegen der fehlenden Zuordnungsmöglichkeit der Einzelportionen zu bestimmten Ernten zu Gunsten des Angeklagten davon auszugehen ist, dass dieses Marihuana aus verschiedenen Ernten stammt, die jeweils die Grenze der nicht geringen Menge nicht überschritten haben, und daher der Vergehenstatbestand des unerlaubten Anbaus hinter den Verbrechenstatbestand des unerlaubten Besitzes der nicht geringen Menge zurücktritt (vgl. BGH, Urteil vom 16. Oktober 2014 – 3 StR 268/14, NStZ-RR 2015, 14, 15; Weber, BtMG, 5. Aufl., § 29 Rn. 120 mwN).
20
b) Zu Gunsten des Angeklagten greifen weder Rechtfertigungs- noch Entschuldigungsgründe ein.
21
aa) Der Besitz des Marihuanas war nicht durch Notstand gemäß § 34 StGB gerechtfertigt.
22
(1) Zwar sah sich der Angeklagte aufgrund seiner Erkrankung einer gegenwärtigen Gefahr für seine Gesundheit ausgesetzt. Diese Gefahr konnte aber auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen anders als durch den unerlaubten Besitz von Marihuana im Kilogrammbereich abgewendet werden.
23
(2) Ob die Gefahr für das bedrohte Rechtsgut anders als durch die Vornahme der straftatbestandsmäßigen Handlung abgewendet werden kann, bestimmt sich anhand der Erforderlichkeit der Notstandshandlung. Die Notstandshandlung muss unter den konkreten Umständen des Einzelfalles zum Schutz des Erhaltungsguts nicht nur geeignet sein, es darf darüber hinaus auch kein milderes, gleichermaßen geeignetes Mittel vorhanden sein.
24
Der unerlaubte Umgang mit Betäubungsmitteln zum Zweck der Eigenbehandlung ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs regelmäßig nicht im Sinne des § 34 StGB erforderlich, wenn die Lösung der Konfliktlage zwischen dem Erhaltungsgut und dem Eingriffsgut innerhalb des Rechtsregimes des Betäubungsmittelrechts gefunden werden kann, weil die Möglichkeit einer Erlaubnis des Einsatzes zur Selbstmedikation gemäß § 3 Abs. 2 BtMG besteht (BGH, Beschluss vom 28. Juni 2016 – 1 StR 613/15, NJW 2016, 2818 Rn. 13). Dabei kommt es darauf, ob die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmeerlaubnis konkret vorlagen und zu welchem Ergebnis das Genehmigungsverfahren geführt hätte, nicht an. Denn das Betäubungsmittelgesetz nimmt eine abschließende Bewertung für den zulässigen Umgang mit Betäubungsmitteln vor, die den Zugriff auf § 34 StGB im Grundsatz ausschließt, auch wenn ein ansonsten unerlaubter Umgang mit erfassten Stoffen zu therapeutischen Zwecken erfolgt (BGH, Beschluss vom 28. Juni 2016 – 1 StR 613/15, aaO, Rn. 14).
25
(3) Anders als vom Landgericht angenommen, kommt es in der vorliegenden Konstellation jedoch auf das (zwischenzeitlich durch die Neuregelung der Verkehrs- und Verschreibungsfähigkeit von Cannabisarzneimitteln durch das Gesetz zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 6. März 2017 (BGBl. I, 403) überholte) Erfordernis der Durchführung des Genehmigungsverfahrens nach § 3 Abs. 2 BtMG nicht an. Eine Rechtfertigung der Tat scheidet vielmehr schon im Hinblick auf die festgestellte Menge des vom Angeklagten besessenen Marihuanas aus.
26
Unter dem Gesichtspunkt der geringst möglichen Aufopferung des Eingriffsguts kommt nämlich bereits der Betäubungsmittelmenge entscheidende Bedeutung zu. Der Besitz von Marihuana kann nach § 34 StGB überhaupt nur in dem Umfang gerechtfertigt sein, der für den Konsum zur Linderung der Gesundheitsbeeinträchtigungen erforderlich ist (OLG Karlsruhe, NJW 2004, 3645, 3646; Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., BtMG § 29 Teil 13 Rn. 62). Da Sinn und Zweck der Strafandrohung für den unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln im Vergleich zum straflosen Konsum gerade darin bestehen, dass die Vorratshaltung die abstrakte Gefahr der Weitergabe an Dritte in sich birgt (vgl. BGH, Beschluss vom 4. September 1996 – 3 StR 355/96, NStZ-RR 1997, 49, 50), scheidet eine Rechtfertigung jedenfalls im vorliegenden Fall aus. Bezogen auf den vom Landgericht zum Tatzeitpunkt festgestellten Tageskonsum von bis zu sieben Gramm Cannabis täglich verfügte der Angeklagte über eine Menge, die für 245 Tage ausgereicht hätte, bezogen auf den von der Strafkammer als ausreichend angesehenen Tageskonsum von zwei Gramm Cannabis besaß der Angeklagte eine Menge, die seinen Bedarf für mehr als zwei Jahre gedeckt hätte.
27
bb) Eine Entschuldigung gemäß § 35 StGB scheidet ebenfalls wegen der anderweitigen Abwendbarkeit der Gefahr für die Gesundheit des Angeklagten aus (zur Identität des Maßstabs in § 34 und § 35 StGB siehe Perron in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 35 Rn. 13).
28
3. Auch der Strafausspruch hält rechtlicher Nachprüfung stand. Im Rahmen der Strafzumessung hat das Landgericht insbesondere zu Gunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass dieser schwer erkrankt war und die Tat lediglich aus Leidensdruck zum Zwecke der (medizinisch indizierten) Selbsttherapie begangen hat (vgl. Senat, Beschluss vom 27. Mai 2014 – 2 StR 354/13, StV 2014, 609, 610). Appl Krehl Zeng Grube Schmidt

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Lastenausgleichsgesetz - LAG

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(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen. (2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer R

Strafprozeßordnung - StPO | § 244 Beweisaufnahme; Untersuchungsgrundsatz; Ablehnung von Beweisanträgen


(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme. (2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

Strafgesetzbuch - StGB | § 49 Besondere gesetzliche Milderungsgründe


(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes: 1. An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.2. Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf hö

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 29a Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer1.als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder2.

Strafprozeßordnung - StPO | § 154a Beschränkung der Verfolgung


(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind, 1. für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder2. neben einer Strafe oder Maß

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 3 Erlaubnis zum Verkehr mit Betäubungsmitteln


(1) Einer Erlaubnis des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte bedarf, wer 1. Betäubungsmittel anbauen, herstellen, mit ihnen Handel treiben, sie, ohne mit ihnen Handel zu treiben, einführen, ausführen, abgeben, veräußern, sonst in den

Strafgesetzbuch - StGB | § 34 Rechtfertigender Notstand


Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung der

Strafgesetzbuch - StGB | § 35 Entschuldigender Notstand


(1) Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib oder Freiheit eine rechtswidrige Tat begeht, um die Gefahr von sich, einem Angehörigen oder einer anderen ihm nahestehenden Person abzuwenden, handelt ohne Schuld. Dies g

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(1) Einer Erlaubnis des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte bedarf, wer

1.
Betäubungsmittel anbauen, herstellen, mit ihnen Handel treiben, sie, ohne mit ihnen Handel zu treiben, einführen, ausführen, abgeben, veräußern, sonst in den Verkehr bringen, erwerben oder
2.
ausgenommene Zubereitungen (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) herstellen
will.

(2) Eine Erlaubnis für die in Anlage I bezeichneten Betäubungsmittel kann das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nur ausnahmsweise zu wissenschaftlichen oder anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken erteilen.

Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Dies gilt jedoch nur, soweit die Tat ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden.

(1) Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib oder Freiheit eine rechtswidrige Tat begeht, um die Gefahr von sich, einem Angehörigen oder einer anderen ihm nahestehenden Person abzuwenden, handelt ohne Schuld. Dies gilt nicht, soweit dem Täter nach den Umständen, namentlich weil er die Gefahr selbst verursacht hat oder weil er in einem besonderen Rechtsverhältnis stand, zugemutet werden konnte, die Gefahr hinzunehmen; jedoch kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden, wenn der Täter nicht mit Rücksicht auf ein besonderes Rechtsverhältnis die Gefahr hinzunehmen hatte.

(2) Nimmt der Täter bei Begehung der Tat irrig Umstände an, welche ihn nach Absatz 1 entschuldigen würden, so wird er nur dann bestraft, wenn er den Irrtum vermeiden konnte. Die Strafe ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

(1) Einer Erlaubnis des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte bedarf, wer

1.
Betäubungsmittel anbauen, herstellen, mit ihnen Handel treiben, sie, ohne mit ihnen Handel zu treiben, einführen, ausführen, abgeben, veräußern, sonst in den Verkehr bringen, erwerben oder
2.
ausgenommene Zubereitungen (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) herstellen
will.

(2) Eine Erlaubnis für die in Anlage I bezeichneten Betäubungsmittel kann das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nur ausnahmsweise zu wissenschaftlichen oder anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken erteilen.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Ist eine Milderung nach dieser Vorschrift vorgeschrieben oder zugelassen, so gilt für die Milderung folgendes:

1.
An die Stelle von lebenslanger Freiheitsstrafe tritt Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.
2.
Bei zeitiger Freiheitsstrafe darf höchstens auf drei Viertel des angedrohten Höchstmaßes erkannt werden. Bei Geldstrafe gilt dasselbe für die Höchstzahl der Tagessätze.
3.
Das erhöhte Mindestmaß einer Freiheitsstrafe ermäßigt sichim Falle eines Mindestmaßes von zehn oder fünf Jahren auf zwei Jahre,im Falle eines Mindestmaßes von drei oder zwei Jahren auf sechs Monate,im Falle eines Mindestmaßes von einem Jahr auf drei Monate,im übrigen auf das gesetzliche Mindestmaß.

(2) Darf das Gericht nach einem Gesetz, das auf diese Vorschrift verweist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern, so kann es bis zum gesetzlichen Mindestmaß der angedrohten Strafe herabgehen oder statt auf Freiheitsstrafe auf Geldstrafe erkennen.

(1) Fallen einzelne abtrennbare Teile einer Tat oder einzelne von mehreren Gesetzesverletzungen, die durch dieselbe Tat begangen worden sind,

1.
für die zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung oder
2.
neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat,
nicht beträchtlich ins Gewicht, so kann die Verfolgung auf die übrigen Teile der Tat oder die übrigen Gesetzesverletzungen beschränkt werden. § 154 Abs. 1 Nr. 2 gilt entsprechend. Die Beschränkung ist aktenkundig zu machen.

(2) Nach Einreichung der Anklageschrift kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft die Beschränkung vornehmen.

(3) Das Gericht kann in jeder Lage des Verfahrens ausgeschiedene Teile einer Tat oder Gesetzesverletzungen in das Verfahren wieder einbeziehen. Einem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Einbeziehung ist zu entsprechen. Werden ausgeschiedene Teile einer Tat wieder einbezogen, so ist § 265 Abs. 4 entsprechend anzuwenden.

(1) Nach der Vernehmung des Angeklagten folgt die Beweisaufnahme.

(2) Das Gericht hat zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind.

(3) Ein Beweisantrag liegt vor, wenn der Antragsteller ernsthaft verlangt, Beweis über eine bestimmt behauptete konkrete Tatsache, die die Schuld- oder Rechtsfolgenfrage betrifft, durch ein bestimmt bezeichnetes Beweismittel zu erheben und dem Antrag zu entnehmen ist, weshalb das bezeichnete Beweismittel die behauptete Tatsache belegen können soll. Ein Beweisantrag ist abzulehnen, wenn die Erhebung des Beweises unzulässig ist. Im Übrigen darf ein Beweisantrag nur abgelehnt werden, wenn

1.
eine Beweiserhebung wegen Offenkundigkeit überflüssig ist,
2.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, für die Entscheidung ohne Bedeutung ist,
3.
die Tatsache, die bewiesen werden soll, schon erwiesen ist,
4.
das Beweismittel völlig ungeeignet ist,
5.
das Beweismittel unerreichbar ist oder
6.
eine erhebliche Behauptung, die zur Entlastung des Angeklagten bewiesen werden soll, so behandelt werden kann, als wäre die behauptete Tatsache wahr.

(4) Ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Sachverständigen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch abgelehnt werden, wenn das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. Die Anhörung eines weiteren Sachverständigen kann auch dann abgelehnt werden, wenn durch das frühere Gutachten das Gegenteil der behaupteten Tatsache bereits erwiesen ist; dies gilt nicht, wenn die Sachkunde des früheren Gutachters zweifelhaft ist, wenn sein Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn das Gutachten Widersprüche enthält oder wenn der neue Sachverständige über Forschungsmittel verfügt, die denen eines früheren Gutachters überlegen erscheinen.

(5) Ein Beweisantrag auf Einnahme eines Augenscheins kann abgelehnt werden, wenn der Augenschein nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Unter derselben Voraussetzung kann auch ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen abgelehnt werden, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre. Ein Beweisantrag auf Verlesung eines Ausgangsdokuments kann abgelehnt werden, wenn nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts kein Anlass besteht, an der inhaltlichen Übereinstimmung mit dem übertragenen Dokument zu zweifeln.

(6) Die Ablehnung eines Beweisantrages bedarf eines Gerichtsbeschlusses. Einer Ablehnung nach Satz 1 bedarf es nicht, wenn die beantragte Beweiserhebung nichts Sachdienliches zu Gunsten des Antragstellers erbringen kann, der Antragsteller sich dessen bewusst ist und er die Verschleppung des Verfahrens bezweckt; die Verfolgung anderer verfahrensfremder Ziele steht der Verschleppungsabsicht nicht entgegen. Nach Abschluss der von Amts wegen vorgesehenen Beweisaufnahme kann der Vorsitzende eine angemessene Frist zum Stellen von Beweisanträgen bestimmen. Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt werden, können im Urteil beschieden werden; dies gilt nicht, wenn die Stellung des Beweisantrags vor Fristablauf nicht möglich war. Wird ein Beweisantrag nach Fristablauf gestellt, sind die Tatsachen, die die Einhaltung der Frist unmöglich gemacht haben, mit dem Antrag glaubhaft zu machen.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 S t R 2 6 8 / 1 4
vom
16. Oktober 2014
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 16. Oktober
2014, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
Hubert,
Dr. Schäfer,
Gericke,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Spaniol
als beisitzende Richter,
Staatsanwältin
als Vertreterin der Bundesanwaltschaft,
Justizobersekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 6. November 2013 im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des Herstellens von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in jeweils nicht geringer Menge schuldig ist. Die weitergehende Revision wird verworfen. Die Kosten des Rechtsmittels trägt die Staatskasse.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Anbau von Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Mit ihrer Revision beanstandet die Staatsanwaltschaft die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel führt zu der aus der Urteilsformel ersichtlichen Schuldspruchänderung ; im Übrigen ist es unbegründet.
2
1. Nach den Feststellungen baute der Angeklagte ausschließlich zum Eigenkonsum Cannabis an. Er zog Cannabispflanzen in dem von ihm bewohnten Anwesen und brachte Stecklinge in Maisfeldern im Raum S. aus. Die abgeernteten Pflanzen trocknete er zur weiteren Verwendung sowohl in seinem Anwesen als auch in demjenigen seiner Eltern. Im Einzelnen pflanzte er auf Maisfeldern 17 Cannabispflanzen an, die bei ihrer Sicherstellung am 11. September 2012 ein Gesamtgewicht von 5.030 Gramm und einen Wirkstoffgehalt von 1,79% +/- 0,19% auswiesen, was 90,1 Gramm +/- 9,4 Gramm THC entspricht. In dem Anwesen der Eltern befanden sich am 18. Oktober 2012 214,7 Gramm getrocknete Cannabispflanzen mit einem Wirkstoffgehalt von 10,2% +/- 1,1% entsprechend 21,9 Gramm +/- zwei Gramm THC, die aus dem Anbau an der A. stammten. In seinem eigenen Anwesen wurden am selben Tag zehn Cannabispflanzen, eine Mutterpflanze, acht Setzlinge sowie abgeerntetes Marihuana sichergestellt. Das Gesamtgewicht dieser Rauschmittel betrug 433,92 Gramm; der Gesamtwirkstoffgehalt belief sich auf 29,7 Gramm +/- 3,1 Gramm THC.
3
Das Landgericht hat sich nicht davon überzeugt, dass der Angeklagte mit dem Rauschgift Handel trieb. Es hat den Sachverhalt rechtlich als Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG gewertet und "aus Klarstellungsgründen" dahin erkannt, der Angeklagte habe tateinheitlich Betäubungsmittel angebaut.
4
Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit sachlichrechtlichen Einwendungen gegen die Beweiswürdigung und meint insbesondere, die Strafkammer habe die konsumfähige Menge der auf den Maisfeldern sichergestellten Betäubungsmittel zu gering berechnet. Außerdem sei der Schuldspruch rechtsfehlerhaft ; denn nach den Feststellungen seien bezüglich der auf den Feldern sowie in den Anwesen des Angeklagten und seiner Eltern aufgefundenen Mengen jeweils materiellrechtlich selbstständige, mithin insgesamt drei Taten gegeben; das Landgericht habe den Angeklagten zudem hinsichtlich der bereits abgeern- teten Pflanzen wegen Herstellens von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilen müssen.
5
2. Das Rechtsmittel hat im Ergebnis den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg.
6
a) Die Beweiswürdigung des Landgerichts hält gemessen an dem eingeschränkten Maßstab der Überprüfung in der Revisionsinstanz (st. Rspr., vgl. etwa BGH, Urteil vom 12. Juni 2014 - 3 StR 154/14, NStZ 2014, 507, 508 mwN) materiellrechtlicher Nachprüfung stand. Die Strafkammer hat sich insbesondere rechtsfehlerfrei davon überzeugt, dass die aufgefundenen Betäubungsmittel zum Eigenkonsum des Angeklagten bestimmt waren.
7
aa) Zu den vor allem gegen die Bestimmung der Menge der Betäubungsmittel gerichteten Einwendungen der Staatsanwaltschaft gilt:
8
Die Strafkammer war zunächst nicht gehalten anzunehmen, dass die gesamte auf den Maisfeldern sichergestellte Menge zum Konsum bestimmt und geeignet war. Sie hat vielmehr rechtsfehlerfrei aus einem Vergleich des Wirkstoffgehalts mit demjenigen des bei den Eltern des Angeklagten sichergestellten Rauschgifts, das ebenfalls aus dem Anbau an der A. stammte, insoweit auf eine Menge von etwa einem Kilogramm an getrocknetem und gebrauchsfertigen Marihuana geschlossen. Dieser Schluss erweist sich - auch vor dem Hintergrund der plausiblen Einlassung des Angeklagten, er habe lediglich die Blüten geraucht und mit Ausnahme der kleinen Blätter an den Blüten die übrigen Pflanzenteile, die kaum Wirkstoff enthielten, weggeworfen - als jedenfalls möglich, wenn nicht naheliegend. Mit Blick auf den geringen Wirkstoffgehalt von etwa 2% und darauf, dass dieser bei auf einem Feld angebauten Pflanzen unmittelbar nach der Ernte bzw. Sicherstellung zu bestimmen ist, weil das Pflanzenmaterial je nach Lagerungszeit, Lagerungsort und Lagerungstem- peratur rasch verdirbt, vertrocknet, verfault oder verschimmelt (vgl. etwa OLG Dresden, Beschluss vom 5. August 1999 - 1 Ss 60/99, NStZ-RR 1999, 372, 373; Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 7. Aufl., § 29a Rn. 65), musste die Strafkammer entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft auch nicht davon ausgehen, dass es sich bei den etwa fünf Kilogramm insgesamt um bereits getrocknetes und konsumfähiges Material handelte. Ein Abweichen von der üblichen Vorgehensweise bei der Bestimmung des Wirkstoffgehalts ist im vorliegenden Fall nicht ersichtlich; die von der Revision in Anspruch genommene Rechtsprechung betrifft andere Fälle.
9
bb) Mit Blick auf die im Übrigen umfassende Würdigung der erhobenen Beweise stellt es auch keinen durchgreifenden Rechtsfehler dar, dass die Strafkammer keine weiteren Ausführungen zum Umfang der Betäubungsmittelproduktion in dem Anwesen des Angeklagten gemacht hat. Das Landgericht hat sich bei seiner Wertung - unter jeweils detaillierter Darlegung - im Einzelnen darauf gestützt, dass der von einer polizeilichen Vertrauensperson behauptete gemeinsame Anbau durch den Angeklagten und den Zeugen So. nicht zu belegen gewesen ist. Weiter haben keine Abnehmer für das Rauschgift ermittelt werden können. Den Betäubungsmittelanbau durch den Angeklagten hat es nachvollziehbar als eher unorganisiert bewertet. In den Blick genommen hat es ebenfalls die Lebensumstände sowie die strafrechtlichen Vorbelastungen des Angeklagten. Damit beruht seine Überzeugung insgesamt auf einer tragfähigen , revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Grundlage.
10
cc) Schließlich lässt der Zusammenhang der Urteilsgründe entgegen der Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft Koblenz eindeutig erkennen, dass die verschiedenen Wirkstoffgehalte durch entsprechende Sachverständigengutachten belegt sind. Es stellt hier keinen Verstoß gegen die materiellrechtlichen Darlegungsanforderungen dar, dass die Urteilsgründe keine weiteren Ausführungen zu diesen Gutachten enthalten; denn es handelt sich bei der Bestimmung des Wirkstoffgehalts von Rauschmitteln um weitgehend standardisierte Verfahren, bei denen die Mitteilung des Ergebnisses jedenfalls dann ausreichen kann, wenn keine Einwände gegen die Zuverlässigkeit der Begutachtung erhoben worden sind (KK-Kuckein, StPO, 7. Aufl., § 267 Rn. 16 mwN). Solches wird aus den im Rahmen der Sachrüge maßgeblichen Urteilsgründen nicht ersichtlich. Eine Verfahrensrüge, mit der etwa geltend gemacht wird, die Sachverständigengutachten seien nicht oder nicht ordnungsgemäß in die Hauptverhandlung eingeführt worden, ist ebenfalls nicht erhoben.
11
b) Die rechtliche Würdigung des festgestellten Sachverhalts durch das Landgericht hält demgegenüber sachlichrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
12
aa) Bezüglich der auf den Maisfeldern sowie im Anwesen des Angeklagten sichergestellten Betäubungsmittel, die noch nicht geerntet waren, ist der Angeklagte wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) strafbar. Es bestand hinsichtlich dieser Betäubungsmittel ein von einem Besitzwillen getragenes tatsächliches Herrschaftsverhältnis im Sinne einer tatsächlichen Verfügungsmacht über das Rauschgift, die es dem Angeklagten ermöglichte, mit den Betäubungsmitteln nach Belieben zu verfahren (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Januar 2011 - 5 StR 555/10 juris Rn. 12 f. mwN). Die Strafbarkeit wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verdrängt insoweit diejenige wegen Anbaus von Betäubungsmitteln ; denn derjenige, der Cannabispflanzen aufzieht und dabei Besitz an ihnen hat, macht sich bei Überschreiten der Grenze zur nicht geringen Menge nicht nur wegen des Vergehens des Anbaus von Betäubungsmitteln nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG, sondern wegen des Verbrechens des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge strafbar (BGH, Beschluss vom 26. Januar 2011 - 5 StR 555/10, juris Rn. 12; Weber, BtMG, 4. Aufl., § 29 Rn. 113 mwN).
Eine tateinheitliche Aburteilung aus "Klarstellungsgründen" scheidet insoweit aus. Da schon der Wirkstoffgehalt der auf den Maisfeldern aufgefundenen Betäubungsmittel über der Grenze zur nicht geringen Menge lag, kann bei der rechtlichen Bewertung als Besitz in nicht geringer Menge dahinstehen, ob dies bei den im Anwesen des Angeklagten sichergestellten Pflanzen auch der Fall war.
13
bb) Hinsichtlich des in seinem sowie dem Anwesen seiner Eltern aufgefundenen Rauschgifts, das bereits abgeerntet und getrocknet war, ist der Angeklagte des Herstellens von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) schuldig. Der Angeklagte erntete ausweislich der Feststellungen das Rauschgift und machte es verbrauchsfähig; damit sind die Voraussetzungen des Herstellens erfüllt (Körner/Patzak/Volkmer, aaO, § 29 Teil 3 Rn. 11 ff.). Hinter dieser Tatbestandsalternative tritt der hier bezüglich dieser Betäubungsmittel ebenfalls gegebene Auffangtatbestand des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zurück (Weber, aaO, § 29a Rn. 196 mwN). Weil bereits die Wirkstoffmenge des in dem Anwesen der Eltern des Angeklagten sichergestellten getrockneten Marihuanas die Grenze zur nicht geringen Menge überschritt, kommt es für den Schuldspruch wegen Herstellens von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nicht darauf an, ob der Wirkstoffgehalt des abgeernteten Rauschgifts, das sich in dem Anwesen des Angeklagten befand, für sich betrachtet ebenfalls über dieser Grenze lag.
14
cc) Es liegt insgesamt nur eine Tat im materiellrechtlichen Sinne vor (§ 52 StGB). Der gleichzeitige Besitz verschiedener, zum Eigenverbrauch bestimmter Betäubungsmittel durch den Angeklagten ist nur als ein Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz zu werten. Dies gilt auch dann, wenn wie hier verschiedene Rauschgiftmengen separat an unterschiedlichen Orten aufbewahrt werden (BGH, Beschluss vom 12. Oktober 2004 - 4 StR 358/04, BGHR BtMG § 29a Abs. 1 Nr. 2 Besitz 4; Weber, aaO, § 29 Rn. 1365 mwN) und wenn der Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge teilweise hinter das Herstellen von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zurücktritt.
15
3. Der Senat ändert den Schuldspruch in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO selbst ab. § 265 StPO steht nicht entgegen, weil der Angeklagte sich gegen den geänderten Schuldvorwurf nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
16
4. Die Änderung des Schuldspruchs lässt den Strafausspruch unberührt. Der Senat schließt aus, dass das Landgericht eine andere Strafe verhängt hätte , hätte es den Sachverhalt rechtlich zutreffend gewertet. Der vom Landgericht zugrunde gelegte Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG wird von der Schuldspruchänderung ebenso wenig berührt wie der Unrechts- und Schuldgehalt der Tat, den die Strafkammer bei ihrer Entscheidung im Blick hatte.
17
5. Die materiellrechtliche Nachprüfung des Urteils hat einen Rechtsfehler zu Lasten des Angeklagten nicht ergeben (§ 301 StPO).
Becker Hubert Schäfer Gericke Spaniol

Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Dies gilt jedoch nur, soweit die Tat ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden.

(1) Einer Erlaubnis des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte bedarf, wer

1.
Betäubungsmittel anbauen, herstellen, mit ihnen Handel treiben, sie, ohne mit ihnen Handel zu treiben, einführen, ausführen, abgeben, veräußern, sonst in den Verkehr bringen, erwerben oder
2.
ausgenommene Zubereitungen (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) herstellen
will.

(2) Eine Erlaubnis für die in Anlage I bezeichneten Betäubungsmittel kann das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nur ausnahmsweise zu wissenschaftlichen oder anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken erteilen.

13
(b) Ebenso scheidet eine Rechtfertigung durch § 34 StGB regelmäßig aus, wenn die Lösung der von dieser Vorschrift vorausgesetzten Konfliktlage zwischen dem Erhaltungsgut und dem Eingriffsgut einem besonderen Verfahren oder einer bestimmten Institution vorbehalten ist (Perron in Schönke/ Schröder aaO § 34 Rn. 41; siehe auch Erb in Münchener Kommentar zum StGB aaO § 34 Rn. 192 sowie Gerhold HRRS 2011, 477, 478). Diesem Gedanken folgend ist in der jüngeren Rechtsprechung der Oberlandesgerichte bezüglich des Ausschlusses einer Rechtfertigung des unerlaubten Umgangs mit Cannabis durch § 34 StGB zutreffend auf die Möglichkeit einer Genehmigung des Einsatzes von Cannabis zum Zweck der schmerzlindernden Eigenbehandlung gemäß § 3 Abs. 2 BtMG abgestellt worden (OLG Braunschweig, Beschluss vom 16. Mai 2013 – 1 Ss 20/13, StV 2013, 708 f.; zur Möglichkeit einer solchen Genehmigung BVerwG, Urteile vom 19. Mai 2005 – 3 C 17.04, BVerwGE 123, 352, 354 ff. und vom 6. April 2016 – 3 C 10.14, juris Rn. 12 ff.).

Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Dies gilt jedoch nur, soweit die Tat ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden.

13
(b) Ebenso scheidet eine Rechtfertigung durch § 34 StGB regelmäßig aus, wenn die Lösung der von dieser Vorschrift vorausgesetzten Konfliktlage zwischen dem Erhaltungsgut und dem Eingriffsgut einem besonderen Verfahren oder einer bestimmten Institution vorbehalten ist (Perron in Schönke/ Schröder aaO § 34 Rn. 41; siehe auch Erb in Münchener Kommentar zum StGB aaO § 34 Rn. 192 sowie Gerhold HRRS 2011, 477, 478). Diesem Gedanken folgend ist in der jüngeren Rechtsprechung der Oberlandesgerichte bezüglich des Ausschlusses einer Rechtfertigung des unerlaubten Umgangs mit Cannabis durch § 34 StGB zutreffend auf die Möglichkeit einer Genehmigung des Einsatzes von Cannabis zum Zweck der schmerzlindernden Eigenbehandlung gemäß § 3 Abs. 2 BtMG abgestellt worden (OLG Braunschweig, Beschluss vom 16. Mai 2013 – 1 Ss 20/13, StV 2013, 708 f.; zur Möglichkeit einer solchen Genehmigung BVerwG, Urteile vom 19. Mai 2005 – 3 C 17.04, BVerwGE 123, 352, 354 ff. und vom 6. April 2016 – 3 C 10.14, juris Rn. 12 ff.).

(1) Einer Erlaubnis des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte bedarf, wer

1.
Betäubungsmittel anbauen, herstellen, mit ihnen Handel treiben, sie, ohne mit ihnen Handel zu treiben, einführen, ausführen, abgeben, veräußern, sonst in den Verkehr bringen, erwerben oder
2.
ausgenommene Zubereitungen (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) herstellen
will.

(2) Eine Erlaubnis für die in Anlage I bezeichneten Betäubungsmittel kann das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nur ausnahmsweise zu wissenschaftlichen oder anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken erteilen.

Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Dies gilt jedoch nur, soweit die Tat ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden.

(1) Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib oder Freiheit eine rechtswidrige Tat begeht, um die Gefahr von sich, einem Angehörigen oder einer anderen ihm nahestehenden Person abzuwenden, handelt ohne Schuld. Dies gilt nicht, soweit dem Täter nach den Umständen, namentlich weil er die Gefahr selbst verursacht hat oder weil er in einem besonderen Rechtsverhältnis stand, zugemutet werden konnte, die Gefahr hinzunehmen; jedoch kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden, wenn der Täter nicht mit Rücksicht auf ein besonderes Rechtsverhältnis die Gefahr hinzunehmen hatte.

(2) Nimmt der Täter bei Begehung der Tat irrig Umstände an, welche ihn nach Absatz 1 entschuldigen würden, so wird er nur dann bestraft, wenn er den Irrtum vermeiden konnte. Die Strafe ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Dies gilt jedoch nur, soweit die Tat ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden.

(1) Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib oder Freiheit eine rechtswidrige Tat begeht, um die Gefahr von sich, einem Angehörigen oder einer anderen ihm nahestehenden Person abzuwenden, handelt ohne Schuld. Dies gilt nicht, soweit dem Täter nach den Umständen, namentlich weil er die Gefahr selbst verursacht hat oder weil er in einem besonderen Rechtsverhältnis stand, zugemutet werden konnte, die Gefahr hinzunehmen; jedoch kann die Strafe nach § 49 Abs. 1 gemildert werden, wenn der Täter nicht mit Rücksicht auf ein besonderes Rechtsverhältnis die Gefahr hinzunehmen hatte.

(2) Nimmt der Täter bei Begehung der Tat irrig Umstände an, welche ihn nach Absatz 1 entschuldigen würden, so wird er nur dann bestraft, wenn er den Irrtum vermeiden konnte. Die Strafe ist nach § 49 Abs. 1 zu mildern.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 S t R 3 5 4 / 1 3
vom
27. Mai 2014
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 27. Mai 2014 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bonn vom 14. Januar 2013 aufgehoben
a) in den Fällen A.VI.1. der Urteilsgründe (Fälle 45 bis 75 der Anklageschrift) mit den zugehörigen Feststellungen,
b) im Ausspruch über die Einzelstrafen in den Fällen A.VI.1. (Fälle 91 bis 93 der Anklageschrift) und A.VI.2. bis 9. der Urteilsgründe sowie
c) im Ausspruch über die Gesamtstrafe. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln in 705 Fällen und wegen unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln als Person über 21 Jahren an eine Person unter 18 Jahren in 31 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Zudem hat es angeordnet , dass für den Fall des Widerrufs der Bewährung drei Monate als vollstreckt gelten. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

I.

2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Angeklagte als Substitutionsarzt tätig und verfügte über eine Sonderbedarfszulassung der Kassenärztlichen Vereinigung zur Behandlung von 100 Substitutionspatienten. Tatsächlich substituierte der Angeklagte jedoch etwa 400 Patienten. Im Zeitraum zwischen Juli 2006 und Februar 2009 überließ der Angeklagte neun Patienten in 705 Fällen Methadon und L-Polamidon in unterschiedlicher Menge zur eigenverantwortlichen Verwendung und händigte ihnen die für mehrere Tage vordosierten Substitutionsmittel zur freien Verfügung aus (Fälle A.VI.1. [Fälle 91 bis 93 der Anklageschrift] und A.VI.2. bis 9. der Urteilsgründe). In den Fällen A.VI.1. der Urteilsgründe (Fälle 45 bis 75 der Anklageschrift) überließ er der im Tatzeitraum siebzehnjährigen V. in 31 Fällen jeweils 40 mg Methadon zur unmittelbaren Einnahme in der Praxis.
3
2. Das Landgericht hat in der Mitgabe der vordosierten Substitutionsmittel eine unerlaubte Abgabe von Betäubungsmitteln gesehen. Es sei zwar nicht festzustellen, dass die Substitutionsbehandlungen und die „Take-HomeVerschreibungen“ medizinisch nicht indiziert gewesen seien (UA S. 32); der Angeklagte sei aber nicht befugt gewesen, die Substitutionsmittel an seine Patienten abzugeben, da er nicht im Besitz einer Erlaubnis gemäß § 3 BtMG gewesen sei und auch die Ausnahmeregelung des § 13 BtMG nicht eingreife. In den Fällen A.VI.1. der Urteilsgründe (Fälle 45 bis 75 der Anklageschrift) hat die Strafkammer den Angeklagten wegen unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln als Person über 21 Jahren an eine Person unter 18 Jahren verurteilt, da der Angeklagte die Substitutionsbehandlung ohne Einverständnis der Eltern durchgeführt habe.

II.

4
1. Die Verfahrensrüge ist aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
5
2. Die Überprüfung des Urteils auf die Sachrüge führt zur Aufhebung der Schuldsprüche in den Fällen A.VI.1. (Fälle 45 bis 75 der Anklageschrift), der Einzelstrafaussprüche in den Fällen A.VI.1. (Fälle 91 bis 93 der Anklageschrift) und A.VI.2. bis 9. der Urteilsgründe und zur Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs ; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
6
a) Soweit das Landgericht den Angeklagten in den Fällen A.VI.1. der Urteilsgründe (Fälle 45 bis 75 der Anklageschrift) wegen unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln als Person über 21 Jahren an eine Person unter 18 Jahren in 31 Fällen verurteilt hat (§ 29a Abs. 1 Nr. 1 BtMG), hält der Schuldspruch revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.
7
Nach den Feststellungen hat der Angeklagte die Substitutionsmittel nicht an die Patientin V. abgegeben; vielmehr nahm diese das Methadon unmit- telbar in der Praxis ein. Sie erhielt daher lediglich die Konsummöglichkeit, erlangte an den Betäubungsmitteln aber keine eigene Verfügungsgewalt. Darin liegt ein Überlassen zum unmittelbaren Gebrauch (vgl. Patzak in Körner /Patzak/Volkmer, BtMG, 7. Aufl., § 29 Teil 15 Rn. 100 f.).
8
Das Landgericht hätte daher Feststellungen treffen müssen, ob die Überlassung der Betäubungsmittel den Vorgaben des § 13 Abs. 1 BtMG iVm § 5 BtMVV entsprach, die in ihrem Zusammenspiel die materiellen Voraussetzungen einer erlaubten ärztlichen Substitutionsbehandlung normieren (vgl. BGH, Urteil vom 28. Januar 2014 - 1 StR 494/13, NStZ-RR 2014, 147). Entsprechende Feststellungen enthalten die Urteilsgründe indes nicht. Ihnen ist insbesondere nicht zu entnehmen, ob die Substitutionsbehandlung aus den in § 5 Abs. 2 BtMVV genannten Gründen unzulässig war (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 28. Januar 2014 - 1 StR 494/13, aaO).
9
Die Erwägung des Landgerichts, der Angeklagte habe den Straftatbestand des § 29a Abs. 1 Nr. 1 BtMG erfüllt, da er gewusst (vgl. UA S. 30) bzw. zumindest damit gerechnet habe (vgl. UA S. 14), dass die Substitutionsbehandlung ohne Zustimmung der Eltern der Patientin erfolgt sei, trägt den Schuldspruch nicht. Das Fehlen einer Zustimmung der Erziehungsberechtigten ist kein Tatbestandsmerkmal des § 29a Abs. 1 Nr. 1 BtMG und mit Blick auf den Zweck der §§ 29 ff. BtMG, den illegalen Umgang mit Betäubungsmitteln möglichst wirkungsvoll zu bekämpfen (vgl. Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, aaO, § 29 Teil 1 Rn. 1), für die Frage der Strafbarkeit ohne Bedeutung.
10
b) Soweit das Landgericht den Angeklagten in den Fällen A.VI.1. (Fälle 91 bis 93 der Anklageschrift) und A.VI.2. bis 9. der Urteilsgründe wegen unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln in 705 Fällen verurteilt hat, ist der Schuldspruch rechtsfehlerfrei; jedoch sind die Einzelstrafen aufzuheben.
11
aa) Die Mitgabe der vordosierten Substitutionsmittel durch den Angeklagten stellt eine gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG tatbestandsmäßige Abgabe von Betäubungsmitteln dar. Eine Abgabe ist gegeben, wenn es dem Empfänger - wie hier - freigestellt wird, über die Betäubungsmittel zu verfügen und er an den Betäubungsmitteln Besitz erlangt (vgl. BGH, Beschluss vom 16. September 1998 - 1 StR 482/98).
12
Die Abgabe war auch unerlaubt. Der Angeklagte, der nicht über eine Erlaubnis gemäß § 3 BtMG verfügte (vgl. UA S. 34), war als Arzt nicht generell von der Erlaubnispflicht befreit. Auch ein Substitutionsarzt macht sich daher strafbar, wenn er sich - wie hier - nicht an die Voraussetzungen der § 13 BtMG, § 5 BtMVV hält (vgl. Senatsurteil vom 4. Juni 2008 - 2 StR 577/07, BGHSt 52, 271, 273; BGH, Urteil vom 2. Februar 2012 - 3 StR 321/11, NStZ 2012, 337,

338).

13
Gemäß § 13 Abs. 1 BtMG darf der Arzt Betäubungsmittel lediglich verschreiben , verabreichen oder einem anderen zum unmittelbaren Verbrauch überlassen. Die Abgabe von Betäubungsmitteln ist dagegen - von dem Ausnahmefall des zum Tatzeitpunkt nicht geltenden und hier nicht einschlägigen § 13 Abs. 1a BtMG abgesehen - nur im Rahmen des Betriebs einer öffentlichen Apotheke erlaubt (§ 4 Abs. 1 Nr. 1, § 13 Abs. 2 BtMG). Dementsprechend lässt auch die auf der Grundlage des § 13 Abs. 3 BtMG erlassene BetäubungsmittelVerschreibungsverordnung , die in § 5 BtMVV die Voraussetzungen für eine ärztliche Substitutionsbehandlung normiert, eine Abgabe von Betäubungsmitteln durch den Arzt nicht zu.
14
Die Abgabe der Substitutionsmittel war dem Angeklagten auch nicht in entsprechender Anwendung des § 13 Abs. 2 BtMVV erlaubt (offen gelassen von BGH, Beschluss vom 28. Juli 2009 - 3 StR 44/09, BGHR BtMG § 13 Abs. 1 Abgabe 1). Die Voraussetzungen einer Analogie liegen nicht vor. Die Regelung des § 13 Abs. 2 BtMG, die eine Abgabe von Betäubungsmitteln im Rahmen einer ärztlichen Behandlung nicht vorsieht, beruht auf einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers (vgl. BT-Drucks. 8/3551, S. 31 f.). Sie soll die Sicherheit des Betäubungsmittelverkehrs gewährleisten und dazu beitragen, Missbräuche zu verhindern (vgl. Weber, BtMG, 4. Aufl., § 29 Rn. 1477; Winkler, A&R 2010, 38, 39). Die Abgabe von Betäubungsmitteln durch einen Arzt ist daher auch dann strafbar, wenn sie im Rahmen einer Substitutionsbehandlung erfolgt (vgl. Hügel/Junge/Lander/Winkler, Deutsches Betäubungsmittelrecht, 8. Aufl., § 5 BtMVV Rn. 12.1; Nestler, MedR 2009, 211, 213; Winkler, aaO; Weber, aaO Rn. 1476 f.).
15
bb) Dagegen hat der Strafausspruch in den Fällen A.VI.1. (Fälle 91 bis 93 der Anklageschrift) und A.VI.2. bis 9. der Urteilsgründe keinen Bestand.
16
Das Landgericht hat im Rahmen der Strafzumessung nicht erkennbar berücksichtigt , dass der Unrechtsgehalt der Taten erheblich verringert war, da die Taten anlässlich der ärztlichen „Behandlung einer Opiatabhängigkeit“ (vgl. § 5 Abs. 1 BtMVV) begangen wurden. Erfolgt die Abgabe von Betäubungsmitteln im Rahmen einer Substitutionsbehandlung, stellt dies jedenfalls dann einen bestimmenden Strafmilderungsgrund im Sinne des § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO dar, wenn - wie hier (vgl. UA S. 32) - feststeht oder nicht auszuschließen ist, dass die Behandlung medizinisch indiziert war (vgl. auch BGH, Beschluss vom 28. September 1994 - 4 StR 280/94 NStZ 1995, 85, 86; Urteil vom 5. Dezember 2002 - 3 StR 161/02, NJW 2003, 1198, 1200). Dies führt zur Aufhebung aller Einzelstrafen. Da es sich um einen reinen Wertungsfehler handelt, können die zugehörigen Feststellungen bestehen bleiben.
17
c) Infolge der Aufhebung der Einzelstrafen entfällt zugleich die Grundlage für den Gesamtstrafenausspruch.
18
3. Die aufgrund einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung getroffene Kompensationsentscheidung wird von den aufgezeigten Rechtsfehlern nicht berührt und kann daher bestehen bleiben. Fischer RiBGH Prof. Dr. Schmitt Krehl ist aus tatsächlichen Gründen an der Unterschrift gehindert. Fischer Eschelbach Zeng