Bundesgerichtshof Beschluss, 27. Mai 2014 - 2 StR 354/13

bei uns veröffentlicht am27.05.2014

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 S t R 3 5 4 / 1 3
vom
27. Mai 2014
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 27. Mai 2014 gemäß § 349 Abs. 2
und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bonn vom 14. Januar 2013 aufgehoben
a) in den Fällen A.VI.1. der Urteilsgründe (Fälle 45 bis 75 der Anklageschrift) mit den zugehörigen Feststellungen,
b) im Ausspruch über die Einzelstrafen in den Fällen A.VI.1. (Fälle 91 bis 93 der Anklageschrift) und A.VI.2. bis 9. der Urteilsgründe sowie
c) im Ausspruch über die Gesamtstrafe. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln in 705 Fällen und wegen unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln als Person über 21 Jahren an eine Person unter 18 Jahren in 31 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Zudem hat es angeordnet , dass für den Fall des Widerrufs der Bewährung drei Monate als vollstreckt gelten. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

I.

2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Angeklagte als Substitutionsarzt tätig und verfügte über eine Sonderbedarfszulassung der Kassenärztlichen Vereinigung zur Behandlung von 100 Substitutionspatienten. Tatsächlich substituierte der Angeklagte jedoch etwa 400 Patienten. Im Zeitraum zwischen Juli 2006 und Februar 2009 überließ der Angeklagte neun Patienten in 705 Fällen Methadon und L-Polamidon in unterschiedlicher Menge zur eigenverantwortlichen Verwendung und händigte ihnen die für mehrere Tage vordosierten Substitutionsmittel zur freien Verfügung aus (Fälle A.VI.1. [Fälle 91 bis 93 der Anklageschrift] und A.VI.2. bis 9. der Urteilsgründe). In den Fällen A.VI.1. der Urteilsgründe (Fälle 45 bis 75 der Anklageschrift) überließ er der im Tatzeitraum siebzehnjährigen V. in 31 Fällen jeweils 40 mg Methadon zur unmittelbaren Einnahme in der Praxis.
3
2. Das Landgericht hat in der Mitgabe der vordosierten Substitutionsmittel eine unerlaubte Abgabe von Betäubungsmitteln gesehen. Es sei zwar nicht festzustellen, dass die Substitutionsbehandlungen und die „Take-HomeVerschreibungen“ medizinisch nicht indiziert gewesen seien (UA S. 32); der Angeklagte sei aber nicht befugt gewesen, die Substitutionsmittel an seine Patienten abzugeben, da er nicht im Besitz einer Erlaubnis gemäß § 3 BtMG gewesen sei und auch die Ausnahmeregelung des § 13 BtMG nicht eingreife. In den Fällen A.VI.1. der Urteilsgründe (Fälle 45 bis 75 der Anklageschrift) hat die Strafkammer den Angeklagten wegen unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln als Person über 21 Jahren an eine Person unter 18 Jahren verurteilt, da der Angeklagte die Substitutionsbehandlung ohne Einverständnis der Eltern durchgeführt habe.

II.

4
1. Die Verfahrensrüge ist aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
5
2. Die Überprüfung des Urteils auf die Sachrüge führt zur Aufhebung der Schuldsprüche in den Fällen A.VI.1. (Fälle 45 bis 75 der Anklageschrift), der Einzelstrafaussprüche in den Fällen A.VI.1. (Fälle 91 bis 93 der Anklageschrift) und A.VI.2. bis 9. der Urteilsgründe und zur Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs ; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
6
a) Soweit das Landgericht den Angeklagten in den Fällen A.VI.1. der Urteilsgründe (Fälle 45 bis 75 der Anklageschrift) wegen unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln als Person über 21 Jahren an eine Person unter 18 Jahren in 31 Fällen verurteilt hat (§ 29a Abs. 1 Nr. 1 BtMG), hält der Schuldspruch revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.
7
Nach den Feststellungen hat der Angeklagte die Substitutionsmittel nicht an die Patientin V. abgegeben; vielmehr nahm diese das Methadon unmit- telbar in der Praxis ein. Sie erhielt daher lediglich die Konsummöglichkeit, erlangte an den Betäubungsmitteln aber keine eigene Verfügungsgewalt. Darin liegt ein Überlassen zum unmittelbaren Gebrauch (vgl. Patzak in Körner /Patzak/Volkmer, BtMG, 7. Aufl., § 29 Teil 15 Rn. 100 f.).
8
Das Landgericht hätte daher Feststellungen treffen müssen, ob die Überlassung der Betäubungsmittel den Vorgaben des § 13 Abs. 1 BtMG iVm § 5 BtMVV entsprach, die in ihrem Zusammenspiel die materiellen Voraussetzungen einer erlaubten ärztlichen Substitutionsbehandlung normieren (vgl. BGH, Urteil vom 28. Januar 2014 - 1 StR 494/13, NStZ-RR 2014, 147). Entsprechende Feststellungen enthalten die Urteilsgründe indes nicht. Ihnen ist insbesondere nicht zu entnehmen, ob die Substitutionsbehandlung aus den in § 5 Abs. 2 BtMVV genannten Gründen unzulässig war (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 28. Januar 2014 - 1 StR 494/13, aaO).
9
Die Erwägung des Landgerichts, der Angeklagte habe den Straftatbestand des § 29a Abs. 1 Nr. 1 BtMG erfüllt, da er gewusst (vgl. UA S. 30) bzw. zumindest damit gerechnet habe (vgl. UA S. 14), dass die Substitutionsbehandlung ohne Zustimmung der Eltern der Patientin erfolgt sei, trägt den Schuldspruch nicht. Das Fehlen einer Zustimmung der Erziehungsberechtigten ist kein Tatbestandsmerkmal des § 29a Abs. 1 Nr. 1 BtMG und mit Blick auf den Zweck der §§ 29 ff. BtMG, den illegalen Umgang mit Betäubungsmitteln möglichst wirkungsvoll zu bekämpfen (vgl. Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, aaO, § 29 Teil 1 Rn. 1), für die Frage der Strafbarkeit ohne Bedeutung.
10
b) Soweit das Landgericht den Angeklagten in den Fällen A.VI.1. (Fälle 91 bis 93 der Anklageschrift) und A.VI.2. bis 9. der Urteilsgründe wegen unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln in 705 Fällen verurteilt hat, ist der Schuldspruch rechtsfehlerfrei; jedoch sind die Einzelstrafen aufzuheben.
11
aa) Die Mitgabe der vordosierten Substitutionsmittel durch den Angeklagten stellt eine gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG tatbestandsmäßige Abgabe von Betäubungsmitteln dar. Eine Abgabe ist gegeben, wenn es dem Empfänger - wie hier - freigestellt wird, über die Betäubungsmittel zu verfügen und er an den Betäubungsmitteln Besitz erlangt (vgl. BGH, Beschluss vom 16. September 1998 - 1 StR 482/98).
12
Die Abgabe war auch unerlaubt. Der Angeklagte, der nicht über eine Erlaubnis gemäß § 3 BtMG verfügte (vgl. UA S. 34), war als Arzt nicht generell von der Erlaubnispflicht befreit. Auch ein Substitutionsarzt macht sich daher strafbar, wenn er sich - wie hier - nicht an die Voraussetzungen der § 13 BtMG, § 5 BtMVV hält (vgl. Senatsurteil vom 4. Juni 2008 - 2 StR 577/07, BGHSt 52, 271, 273; BGH, Urteil vom 2. Februar 2012 - 3 StR 321/11, NStZ 2012, 337,

338).

13
Gemäß § 13 Abs. 1 BtMG darf der Arzt Betäubungsmittel lediglich verschreiben , verabreichen oder einem anderen zum unmittelbaren Verbrauch überlassen. Die Abgabe von Betäubungsmitteln ist dagegen - von dem Ausnahmefall des zum Tatzeitpunkt nicht geltenden und hier nicht einschlägigen § 13 Abs. 1a BtMG abgesehen - nur im Rahmen des Betriebs einer öffentlichen Apotheke erlaubt (§ 4 Abs. 1 Nr. 1, § 13 Abs. 2 BtMG). Dementsprechend lässt auch die auf der Grundlage des § 13 Abs. 3 BtMG erlassene BetäubungsmittelVerschreibungsverordnung , die in § 5 BtMVV die Voraussetzungen für eine ärztliche Substitutionsbehandlung normiert, eine Abgabe von Betäubungsmitteln durch den Arzt nicht zu.
14
Die Abgabe der Substitutionsmittel war dem Angeklagten auch nicht in entsprechender Anwendung des § 13 Abs. 2 BtMVV erlaubt (offen gelassen von BGH, Beschluss vom 28. Juli 2009 - 3 StR 44/09, BGHR BtMG § 13 Abs. 1 Abgabe 1). Die Voraussetzungen einer Analogie liegen nicht vor. Die Regelung des § 13 Abs. 2 BtMG, die eine Abgabe von Betäubungsmitteln im Rahmen einer ärztlichen Behandlung nicht vorsieht, beruht auf einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers (vgl. BT-Drucks. 8/3551, S. 31 f.). Sie soll die Sicherheit des Betäubungsmittelverkehrs gewährleisten und dazu beitragen, Missbräuche zu verhindern (vgl. Weber, BtMG, 4. Aufl., § 29 Rn. 1477; Winkler, A&R 2010, 38, 39). Die Abgabe von Betäubungsmitteln durch einen Arzt ist daher auch dann strafbar, wenn sie im Rahmen einer Substitutionsbehandlung erfolgt (vgl. Hügel/Junge/Lander/Winkler, Deutsches Betäubungsmittelrecht, 8. Aufl., § 5 BtMVV Rn. 12.1; Nestler, MedR 2009, 211, 213; Winkler, aaO; Weber, aaO Rn. 1476 f.).
15
bb) Dagegen hat der Strafausspruch in den Fällen A.VI.1. (Fälle 91 bis 93 der Anklageschrift) und A.VI.2. bis 9. der Urteilsgründe keinen Bestand.
16
Das Landgericht hat im Rahmen der Strafzumessung nicht erkennbar berücksichtigt , dass der Unrechtsgehalt der Taten erheblich verringert war, da die Taten anlässlich der ärztlichen „Behandlung einer Opiatabhängigkeit“ (vgl. § 5 Abs. 1 BtMVV) begangen wurden. Erfolgt die Abgabe von Betäubungsmitteln im Rahmen einer Substitutionsbehandlung, stellt dies jedenfalls dann einen bestimmenden Strafmilderungsgrund im Sinne des § 267 Abs. 3 Satz 1 StPO dar, wenn - wie hier (vgl. UA S. 32) - feststeht oder nicht auszuschließen ist, dass die Behandlung medizinisch indiziert war (vgl. auch BGH, Beschluss vom 28. September 1994 - 4 StR 280/94 NStZ 1995, 85, 86; Urteil vom 5. Dezember 2002 - 3 StR 161/02, NJW 2003, 1198, 1200). Dies führt zur Aufhebung aller Einzelstrafen. Da es sich um einen reinen Wertungsfehler handelt, können die zugehörigen Feststellungen bestehen bleiben.
17
c) Infolge der Aufhebung der Einzelstrafen entfällt zugleich die Grundlage für den Gesamtstrafenausspruch.
18
3. Die aufgrund einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung getroffene Kompensationsentscheidung wird von den aufgezeigten Rechtsfehlern nicht berührt und kann daher bestehen bleiben. Fischer RiBGH Prof. Dr. Schmitt Krehl ist aus tatsächlichen Gründen an der Unterschrift gehindert. Fischer Eschelbach Zeng

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Strafprozeßordnung - StPO | § 349 Entscheidung ohne Hauptverhandlung durch Beschluss


(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen. (2) Das Revisionsgeric

Strafprozeßordnung - StPO | § 267 Urteilsgründe


(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 29 Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer1.Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt,

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 29a Straftaten


(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer1.als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder2.

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 3 Erlaubnis zum Verkehr mit Betäubungsmitteln


(1) Einer Erlaubnis des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte bedarf, wer 1. Betäubungsmittel anbauen, herstellen, mit ihnen Handel treiben, sie, ohne mit ihnen Handel zu treiben, einführen, ausführen, abgeben, veräußern, sonst in den

Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung - BtMVV 1998 | § 5 Substitution, Verschreiben von Substitutionsmitteln


(1) Substitution im Sinne dieser Verordnung ist die Anwendung eines Substitutionsmittels. Substitutionsmittel im Sinne dieser Verordnung sind ärztlich verschriebene Betäubungsmittel, die bei einem opioidabhängigen Patienten im Rahmen eines Therapieko

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 13 Verschreibung und Abgabe auf Verschreibung


(1) Die in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel dürfen nur von Ärzten, Zahnärzten und Tierärzten und nur dann verschrieben oder im Rahmen einer ärztlichen, zahnärztlichen oder tierärztlichen Behandlung einschließlich der ärztlichen Behandlung ein

Betäubungsmittelgesetz - BtMG 1981 | § 4 Ausnahmen von der Erlaubnispflicht


(1) Einer Erlaubnis nach § 3 bedarf nicht, wer 1. im Rahmen des Betriebs einer öffentlichen Apotheke oder einer Krankenhausapotheke (Apotheke) a) in Anlage II oder III bezeichnete Betäubungsmittel oder dort ausgenommene Zubereitungen herstellt,b) in

Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung - BtMVV 1998 | § 13 Nachweisführung


(1) Der Nachweis von Verbleib und Bestand der Betäubungsmittel in den in § 1 Abs. 3 genannten Einrichtungen ist unverzüglich nach Bestandsänderung nach amtlichem Formblatt zu führen. Es können Karteikarten oder Betäubungsmittelbücher mit fortlaufend

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(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Einer Erlaubnis des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte bedarf, wer

1.
Betäubungsmittel anbauen, herstellen, mit ihnen Handel treiben, sie, ohne mit ihnen Handel zu treiben, einführen, ausführen, abgeben, veräußern, sonst in den Verkehr bringen, erwerben oder
2.
ausgenommene Zubereitungen (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) herstellen
will.

(2) Eine Erlaubnis für die in Anlage I bezeichneten Betäubungsmittel kann das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nur ausnahmsweise zu wissenschaftlichen oder anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken erteilen.

(1) Die in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel dürfen nur von Ärzten, Zahnärzten und Tierärzten und nur dann verschrieben oder im Rahmen einer ärztlichen, zahnärztlichen oder tierärztlichen Behandlung einschließlich der ärztlichen Behandlung einer Betäubungsmittelabhängigkeit verabreicht oder einem anderen zum unmittelbaren Verbrauch oder nach Absatz 1a Satz 1 überlassen werden, wenn ihre Anwendung am oder im menschlichen oder tierischen Körper begründet ist. Die Anwendung ist insbesondere dann nicht begründet, wenn der beabsichtigte Zweck auf andere Weise erreicht werden kann. Die in Anlagen I und II bezeichneten Betäubungsmittel dürfen nicht verschrieben, verabreicht oder einem anderen zum unmittelbaren Verbrauch oder nach Absatz 1a Satz 1 überlassen werden.

(1a) Zur Deckung des nicht aufschiebbaren Betäubungsmittelbedarfs eines ambulant versorgten Palliativpatienten darf der Arzt diesem die hierfür erforderlichen, in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel in Form von Fertigarzneimitteln nur dann überlassen, soweit und solange der Bedarf des Patienten durch eine Verschreibung nicht rechtzeitig gedeckt werden kann; die Höchstüberlassungsmenge darf den Dreitagesbedarf nicht überschreiten. Der Bedarf des Patienten kann durch eine Verschreibung nicht rechtzeitig gedeckt werden, wenn das erforderliche Betäubungsmittel

1.
bei einer dienstbereiten Apotheke innerhalb desselben Kreises oder derselben kreisfreien Stadt oder in einander benachbarten Kreisen oder kreisfreien Städten nicht vorrätig ist oder nicht rechtzeitig zur Abgabe bereitsteht oder
2.
obwohl es in einer Apotheke nach Nummer 1 vorrätig ist oder rechtzeitig zur Abgabe bereitstünde, von dem Patienten oder den Patienten versorgenden Personen nicht rechtzeitig beschafft werden kann, weil
a)
diese Personen den Patienten vor Ort versorgen müssen oder auf Grund ihrer eingeschränkten Leistungsfähigkeit nicht in der Lage sind, das Betäubungsmittel zu beschaffen, oder
b)
der Patient auf Grund der Art und des Ausmaßes seiner Erkrankung dazu nicht selbst in der Lage ist und keine Personen vorhanden sind, die den Patienten versorgen.
Der Arzt muss unter Hinweis darauf, dass eine Situation nach Satz 1 vorliegt, bei einer dienstbereiten Apotheke nach Satz 2 Nummer 1 vor Überlassung anfragen, ob das erforderliche Betäubungsmittel dort vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht. Über das Vorliegen der Voraussetzungen nach den Sätzen 1 und 2 und die Anfrage nach Satz 3 muss der Arzt mindestens folgende Aufzeichnungen führen und diese drei Jahre, vom Überlassen der Betäubungsmittel an gerechnet, aufbewahren:
1.
den Namen des Patienten sowie den Ort, das Datum und die Uhrzeit der Behandlung,
2.
den Namen der Apotheke und des kontaktierten Apothekers oder der zu seiner Vertretung berechtigten Person,
3.
die Bezeichnung des angefragten Betäubungsmittels,
4.
die Angabe der Apotheke, ob das Betäubungsmittel zum Zeitpunkt der Anfrage vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht,
5.
die Angaben über diejenigen Tatsachen, aus denen sich das Vorliegen der Voraussetzungen nach den Sätzen 1 und 2 ergibt.
Über die Anfrage eines nach Satz 1 behandelnden Arztes, ob ein bestimmtes Betäubungsmittel vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht, muss der Apotheker oder die zu seiner Vertretung berechtigte Person mindestens folgende Aufzeichnungen führen und diese drei Jahre, vom Tag der Anfrage an gerechnet, aufbewahren:
1.
das Datum und die Uhrzeit der Anfrage,
2.
den Namen des Arztes,
3.
die Bezeichnung des angefragten Betäubungsmittels,
4.
die Angabe gegenüber dem Arzt, ob das Betäubungsmittel zum Zeitpunkt der Anfrage vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht.
Im Falle des Überlassens nach Satz 1 hat der Arzt den ambulant versorgten Palliativpatienten oder zu dessen Pflege anwesende Dritte über die ordnungsgemäße Anwendung der überlassenen Betäubungsmittel aufzuklären und eine schriftliche Gebrauchsanweisung mit Angaben zur Einzel- und Tagesgabe auszuhändigen.

(1b) Abweichend von Absatz 1 dürfen die in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel durch Notfallsanitäter im Sinne des Notfallsanitätergesetzes ohne vorherige ärztliche Anordnung im Rahmen einer heilkundlichen Maßnahme verabreicht werden, wenn diese nach standardisierten ärztlichen Vorgaben handeln, ein Eintreffen eines Arztes nicht abgewartet werden kann und die Verabreichung zur Abwendung von Gefahren für die Gesundheit oder zur Beseitigung oder Linderung erheblicher Beschwerden erforderlich ist. Die standardisierten ärztlichen Vorgaben müssen

1.
den handelnden Notfallsanitätern in Textform vorliegen,
2.
Regelungen zu Art und Weise der Verabreichung enthalten und
3.
Festlegungen darüber treffen, in welchen Fällen das Eintreffen eines Arztes nicht abgewartet werden kann.

(2) Die nach Absatz 1 verschriebenen Betäubungsmittel dürfen nur im Rahmen des Betriebs einer Apotheke und gegen Vorlage der Verschreibung abgegeben werden. Diamorphin darf nur vom pharmazeutischen Unternehmer und nur an anerkannte Einrichtungen nach Absatz 3 Satz 2 Nummer 2a gegen Vorlage der Verschreibung abgegeben werden. Im Rahmen des Betriebs einer tierärztlichen Hausapotheke dürfen nur die in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel und nur zur Anwendung bei einem vom Betreiber der Hausapotheke behandelten Tier abgegeben werden.

(3) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Verschreiben von den in Anlage III bezeichneten Betäubungsmitteln, ihre Abgabe auf Grund einer Verschreibung und das Aufzeichnen ihres Verbleibs und des Bestandes bei Ärzten, Zahnärzten, Tierärzten, in Apotheken, tierärztlichen Hausapotheken, Krankenhäusern, Tierkliniken, Alten- und Pflegeheimen, Hospizen, Einrichtungen der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung, Einrichtungen der Rettungsdienste, Einrichtungen, in denen eine Behandlung mit dem Substitutionsmittel Diamorphin stattfindet, und auf Kauffahrteischiffen zu regeln, soweit es zur Sicherheit oder Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs erforderlich ist. Insbesondere können

1.
das Verschreiben auf bestimmte Zubereitungen, Bestimmungszwecke oder Mengen beschränkt,
2.
das Verschreiben von Substitutionsmitteln für Drogenabhängige von der Erfüllung von Mindestanforderungen an die Qualifikation der verschreibenden Ärzte abhängig gemacht und die Festlegung der Mindestanforderungen den Ärztekammern übertragen,
2a.
das Verschreiben von Diamorphin nur in Einrichtungen, denen eine Erlaubnis von der zuständigen Landesbehörde erteilt wurde, zugelassen,
2b.
die Mindestanforderungen an die Ausstattung der Einrichtungen, in denen die Behandlung mit dem Substitutionsmittel Diamorphin stattfindet, festgelegt,
3.
Meldungen
a)
der verschreibenden Ärzte an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte über das Verschreiben eines Substitutionsmittels für einen Patienten in anonymisierter Form,
b)
der Ärztekammern an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte über die Ärzte, die die Mindestanforderungen nach Nummer 2 erfüllen und
Mitteilungen
c)
des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte an die zuständigen Überwachungsbehörden und an die verschreibenden Ärzte über die Patienten, denen bereits ein anderer Arzt ein Substitutionsmittel verschrieben hat, in anonymisierter Form,
d)
des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte an die zuständigen Überwachungsbehörden der Länder über die Ärzte, die die Mindestanforderungen nach Nummer 2 erfüllen,
e)
des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte an die obersten Landesgesundheitsbehörden über die Anzahl der Patienten, denen ein Substitutionsmittel verschrieben wurde, die Anzahl der Ärzte, die zum Verschreiben eines Substitutionsmittels berechtigt sind, die Anzahl der Ärzte, die ein Substitutionsmittel verschrieben haben, die verschriebenen Substitutionsmittel und die Art der Verschreibung
sowie Art der Anonymisierung, Form und Inhalt der Meldungen und Mitteilungen vorgeschrieben,
4.
Form, Inhalt, Anfertigung, Ausgabe, Aufbewahrung und Rückgabe des zu verwendenden amtlichen Formblattes für die Verschreibung, das Verfahren für die Verschreibung in elektronischer Form sowie Form und Inhalt der Aufzeichnungen über den Verbleib und den Bestand der Betäubungsmittel festgelegt und
5.
Ausnahmen von § 4 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe c für die Ausrüstung von Kauffahrteischiffen erlassen werden.
Für das Verfahren zur Erteilung einer Erlaubnis nach Satz 2 Nummer 2a gelten § 7 Satz 2 Nummer 1 bis 4, § 8 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 und 3 Satz 1 bis 3, § 9 Absatz 2 und § 10 entsprechend. Dabei tritt an die Stelle des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte jeweils die zuständige Landesbehörde, an die Stelle der zuständigen obersten Landesbehörde jeweils das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Die Empfänger nach Satz 2 Nr. 3 dürfen die übermittelten Daten nicht für einen anderen als den in Satz 1 genannten Zweck verwenden. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte handelt bei der Wahrnehmung der ihm durch Rechtsverordnung nach Satz 2 zugewiesenen Aufgaben als vom Bund entliehenes Organ des jeweils zuständigen Landes; Einzelheiten einschließlich der Kostenerstattung an den Bund werden durch Vereinbarung geregelt.

(1) Erachtet das Revisionsgericht die Vorschriften über die Einlegung der Revision oder die über die Anbringung der Revisionsanträge nicht für beobachtet, so kann es das Rechtsmittel durch Beschluß als unzulässig verwerfen.

(2) Das Revisionsgericht kann auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, der zu begründen ist, auch dann durch Beschluß entscheiden, wenn es die Revision einstimmig für offensichtlich unbegründet erachtet.

(3) Die Staatsanwaltschaft teilt den Antrag nach Absatz 2 mit den Gründen dem Beschwerdeführer mit. Der Beschwerdeführer kann binnen zwei Wochen eine schriftliche Gegenerklärung beim Revisionsgericht einreichen.

(4) Erachtet das Revisionsgericht die zugunsten des Angeklagten eingelegte Revision einstimmig für begründet, so kann es das angefochtene Urteil durch Beschluß aufheben.

(5) Wendet das Revisionsgericht Absatz 1, 2 oder 4 nicht an, so entscheidet es über das Rechtsmittel durch Urteil.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Die in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel dürfen nur von Ärzten, Zahnärzten und Tierärzten und nur dann verschrieben oder im Rahmen einer ärztlichen, zahnärztlichen oder tierärztlichen Behandlung einschließlich der ärztlichen Behandlung einer Betäubungsmittelabhängigkeit verabreicht oder einem anderen zum unmittelbaren Verbrauch oder nach Absatz 1a Satz 1 überlassen werden, wenn ihre Anwendung am oder im menschlichen oder tierischen Körper begründet ist. Die Anwendung ist insbesondere dann nicht begründet, wenn der beabsichtigte Zweck auf andere Weise erreicht werden kann. Die in Anlagen I und II bezeichneten Betäubungsmittel dürfen nicht verschrieben, verabreicht oder einem anderen zum unmittelbaren Verbrauch oder nach Absatz 1a Satz 1 überlassen werden.

(1a) Zur Deckung des nicht aufschiebbaren Betäubungsmittelbedarfs eines ambulant versorgten Palliativpatienten darf der Arzt diesem die hierfür erforderlichen, in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel in Form von Fertigarzneimitteln nur dann überlassen, soweit und solange der Bedarf des Patienten durch eine Verschreibung nicht rechtzeitig gedeckt werden kann; die Höchstüberlassungsmenge darf den Dreitagesbedarf nicht überschreiten. Der Bedarf des Patienten kann durch eine Verschreibung nicht rechtzeitig gedeckt werden, wenn das erforderliche Betäubungsmittel

1.
bei einer dienstbereiten Apotheke innerhalb desselben Kreises oder derselben kreisfreien Stadt oder in einander benachbarten Kreisen oder kreisfreien Städten nicht vorrätig ist oder nicht rechtzeitig zur Abgabe bereitsteht oder
2.
obwohl es in einer Apotheke nach Nummer 1 vorrätig ist oder rechtzeitig zur Abgabe bereitstünde, von dem Patienten oder den Patienten versorgenden Personen nicht rechtzeitig beschafft werden kann, weil
a)
diese Personen den Patienten vor Ort versorgen müssen oder auf Grund ihrer eingeschränkten Leistungsfähigkeit nicht in der Lage sind, das Betäubungsmittel zu beschaffen, oder
b)
der Patient auf Grund der Art und des Ausmaßes seiner Erkrankung dazu nicht selbst in der Lage ist und keine Personen vorhanden sind, die den Patienten versorgen.
Der Arzt muss unter Hinweis darauf, dass eine Situation nach Satz 1 vorliegt, bei einer dienstbereiten Apotheke nach Satz 2 Nummer 1 vor Überlassung anfragen, ob das erforderliche Betäubungsmittel dort vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht. Über das Vorliegen der Voraussetzungen nach den Sätzen 1 und 2 und die Anfrage nach Satz 3 muss der Arzt mindestens folgende Aufzeichnungen führen und diese drei Jahre, vom Überlassen der Betäubungsmittel an gerechnet, aufbewahren:
1.
den Namen des Patienten sowie den Ort, das Datum und die Uhrzeit der Behandlung,
2.
den Namen der Apotheke und des kontaktierten Apothekers oder der zu seiner Vertretung berechtigten Person,
3.
die Bezeichnung des angefragten Betäubungsmittels,
4.
die Angabe der Apotheke, ob das Betäubungsmittel zum Zeitpunkt der Anfrage vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht,
5.
die Angaben über diejenigen Tatsachen, aus denen sich das Vorliegen der Voraussetzungen nach den Sätzen 1 und 2 ergibt.
Über die Anfrage eines nach Satz 1 behandelnden Arztes, ob ein bestimmtes Betäubungsmittel vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht, muss der Apotheker oder die zu seiner Vertretung berechtigte Person mindestens folgende Aufzeichnungen führen und diese drei Jahre, vom Tag der Anfrage an gerechnet, aufbewahren:
1.
das Datum und die Uhrzeit der Anfrage,
2.
den Namen des Arztes,
3.
die Bezeichnung des angefragten Betäubungsmittels,
4.
die Angabe gegenüber dem Arzt, ob das Betäubungsmittel zum Zeitpunkt der Anfrage vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht.
Im Falle des Überlassens nach Satz 1 hat der Arzt den ambulant versorgten Palliativpatienten oder zu dessen Pflege anwesende Dritte über die ordnungsgemäße Anwendung der überlassenen Betäubungsmittel aufzuklären und eine schriftliche Gebrauchsanweisung mit Angaben zur Einzel- und Tagesgabe auszuhändigen.

(1b) Abweichend von Absatz 1 dürfen die in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel durch Notfallsanitäter im Sinne des Notfallsanitätergesetzes ohne vorherige ärztliche Anordnung im Rahmen einer heilkundlichen Maßnahme verabreicht werden, wenn diese nach standardisierten ärztlichen Vorgaben handeln, ein Eintreffen eines Arztes nicht abgewartet werden kann und die Verabreichung zur Abwendung von Gefahren für die Gesundheit oder zur Beseitigung oder Linderung erheblicher Beschwerden erforderlich ist. Die standardisierten ärztlichen Vorgaben müssen

1.
den handelnden Notfallsanitätern in Textform vorliegen,
2.
Regelungen zu Art und Weise der Verabreichung enthalten und
3.
Festlegungen darüber treffen, in welchen Fällen das Eintreffen eines Arztes nicht abgewartet werden kann.

(2) Die nach Absatz 1 verschriebenen Betäubungsmittel dürfen nur im Rahmen des Betriebs einer Apotheke und gegen Vorlage der Verschreibung abgegeben werden. Diamorphin darf nur vom pharmazeutischen Unternehmer und nur an anerkannte Einrichtungen nach Absatz 3 Satz 2 Nummer 2a gegen Vorlage der Verschreibung abgegeben werden. Im Rahmen des Betriebs einer tierärztlichen Hausapotheke dürfen nur die in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel und nur zur Anwendung bei einem vom Betreiber der Hausapotheke behandelten Tier abgegeben werden.

(3) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Verschreiben von den in Anlage III bezeichneten Betäubungsmitteln, ihre Abgabe auf Grund einer Verschreibung und das Aufzeichnen ihres Verbleibs und des Bestandes bei Ärzten, Zahnärzten, Tierärzten, in Apotheken, tierärztlichen Hausapotheken, Krankenhäusern, Tierkliniken, Alten- und Pflegeheimen, Hospizen, Einrichtungen der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung, Einrichtungen der Rettungsdienste, Einrichtungen, in denen eine Behandlung mit dem Substitutionsmittel Diamorphin stattfindet, und auf Kauffahrteischiffen zu regeln, soweit es zur Sicherheit oder Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs erforderlich ist. Insbesondere können

1.
das Verschreiben auf bestimmte Zubereitungen, Bestimmungszwecke oder Mengen beschränkt,
2.
das Verschreiben von Substitutionsmitteln für Drogenabhängige von der Erfüllung von Mindestanforderungen an die Qualifikation der verschreibenden Ärzte abhängig gemacht und die Festlegung der Mindestanforderungen den Ärztekammern übertragen,
2a.
das Verschreiben von Diamorphin nur in Einrichtungen, denen eine Erlaubnis von der zuständigen Landesbehörde erteilt wurde, zugelassen,
2b.
die Mindestanforderungen an die Ausstattung der Einrichtungen, in denen die Behandlung mit dem Substitutionsmittel Diamorphin stattfindet, festgelegt,
3.
Meldungen
a)
der verschreibenden Ärzte an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte über das Verschreiben eines Substitutionsmittels für einen Patienten in anonymisierter Form,
b)
der Ärztekammern an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte über die Ärzte, die die Mindestanforderungen nach Nummer 2 erfüllen und
Mitteilungen
c)
des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte an die zuständigen Überwachungsbehörden und an die verschreibenden Ärzte über die Patienten, denen bereits ein anderer Arzt ein Substitutionsmittel verschrieben hat, in anonymisierter Form,
d)
des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte an die zuständigen Überwachungsbehörden der Länder über die Ärzte, die die Mindestanforderungen nach Nummer 2 erfüllen,
e)
des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte an die obersten Landesgesundheitsbehörden über die Anzahl der Patienten, denen ein Substitutionsmittel verschrieben wurde, die Anzahl der Ärzte, die zum Verschreiben eines Substitutionsmittels berechtigt sind, die Anzahl der Ärzte, die ein Substitutionsmittel verschrieben haben, die verschriebenen Substitutionsmittel und die Art der Verschreibung
sowie Art der Anonymisierung, Form und Inhalt der Meldungen und Mitteilungen vorgeschrieben,
4.
Form, Inhalt, Anfertigung, Ausgabe, Aufbewahrung und Rückgabe des zu verwendenden amtlichen Formblattes für die Verschreibung, das Verfahren für die Verschreibung in elektronischer Form sowie Form und Inhalt der Aufzeichnungen über den Verbleib und den Bestand der Betäubungsmittel festgelegt und
5.
Ausnahmen von § 4 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe c für die Ausrüstung von Kauffahrteischiffen erlassen werden.
Für das Verfahren zur Erteilung einer Erlaubnis nach Satz 2 Nummer 2a gelten § 7 Satz 2 Nummer 1 bis 4, § 8 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 und 3 Satz 1 bis 3, § 9 Absatz 2 und § 10 entsprechend. Dabei tritt an die Stelle des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte jeweils die zuständige Landesbehörde, an die Stelle der zuständigen obersten Landesbehörde jeweils das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Die Empfänger nach Satz 2 Nr. 3 dürfen die übermittelten Daten nicht für einen anderen als den in Satz 1 genannten Zweck verwenden. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte handelt bei der Wahrnehmung der ihm durch Rechtsverordnung nach Satz 2 zugewiesenen Aufgaben als vom Bund entliehenes Organ des jeweils zuständigen Landes; Einzelheiten einschließlich der Kostenerstattung an den Bund werden durch Vereinbarung geregelt.

(1) Substitution im Sinne dieser Verordnung ist die Anwendung eines Substitutionsmittels. Substitutionsmittel im Sinne dieser Verordnung sind ärztlich verschriebene Betäubungsmittel, die bei einem opioidabhängigen Patienten im Rahmen eines Therapiekonzeptes zur medizinischen Behandlung einer Abhängigkeit, die durch den Missbrauch von erlaubt erworbenen oder durch den Missbrauch von unerlaubt erworbenen oder erlangten Opioiden begründet ist, angewendet werden.

(2) Im Rahmen der ärztlichen Therapie soll eine Opioidabstinenz des Patienten angestrebt werden. Wesentliche Ziele der Substitution sind dabei insbesondere

1.
die Sicherstellung des Überlebens,
2.
die Besserung und Stabilisierung des Gesundheitszustandes,
3.
die Abstinenz von unerlaubt erworbenen oder erlangten Opioiden,
4.
die Unterstützung der Behandlung von Begleiterkrankungen oder
5.
die Verringerung der durch die Opioidabhängigkeit bedingten Risiken während einer Schwangerschaft sowie während und nach der Geburt.

(3) Ein Arzt darf einem Patienten Substitutionsmittel unter den Voraussetzungen des § 13 Absatz 1 des Betäubungsmittelgesetzes verschreiben, wenn er die Mindestanforderungen an eine suchtmedizinische Qualifikation erfüllt, die von den Ärztekammern nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft festgelegt werden (suchtmedizinisch qualifizierter Arzt). Zudem muss er die Meldeverpflichtungen nach § 5b Absatz 2 erfüllen.

(4) Erfüllt der Arzt nicht die Mindestanforderungen an eine suchtmedizinische Qualifikation nach Absatz 3 Satz 1 (suchtmedizinisch nicht qualifizierter Arzt), muss er zusätzlich zu der Voraussetzung nach Absatz 3 Satz 2

1.
sich zu Beginn der Behandlung mit einem suchtmedizinisch qualifizierten Arzt abstimmen sowie
2.
sicherstellen, dass sich sein Patient zu Beginn der Behandlung und mindestens einmal in jedem Quartal dem suchtmedizinisch qualifizierten Arzt nach Nummer 1 im Rahmen einer Konsiliarbehandlung vorstellt.
Ein suchtmedizinisch nicht qualifizierter Arzt darf gleichzeitig höchstens zehn Patienten mit Substitutionsmitteln behandeln. Er darf keine Behandlung nach § 5a durchführen.

(5) Im Vertretungsfall soll der substituierende Arzt von einem suchtmedizinisch qualifizierten Arzt vertreten werden. Gelingt es dem substituierenden Arzt nicht, einen Vertreter nach Satz 1 zu bestellen, so kann er von einem suchtmedizinisch nicht qualifizierten Arzt vertreten werden. In diesem Fall darf die Vertretung einen zusammenhängenden Zeitraum von bis zu vier Wochen und höchstens insgesamt zwölf Wochen im Jahr umfassen. Der Vertreter hat sich mit dem zu vertretenden Arzt grundsätzlich vor Beginn des Vertretungsfalles abzustimmen. Notfallentscheidungen bleiben in allen Vertretungsfällen unberührt. Der Vertreter fügt den Schriftwechsel sowie die sonstigen Aufzeichnungen zwischen den an der Vertretung beteiligten Ärzten der Dokumentation nach Absatz 11 bei. Der Vertreter nach Satz 2 darf im Rahmen seiner Vertretung keine Behandlung nach § 5a durchführen.

(6) Als Substitutionsmittel im Sinne von Absatz 1 darf der substituierende Arzt nur Folgendes verschreiben:

1.
ein zur Substitution zugelassenes Arzneimittel, das nicht den Stoff Diamorphin enthält,
2.
eine Zubereitung von Levomethadon, von Methadon oder von Buprenorphin oder
3.
in begründeten Ausnahmefällen eine Zubereitung von Codein oder Dihydrocodein.
Die in Satz 1 genannten Substitutionsmittel dürfen nicht zur intravenösen Anwendung bestimmt sein. Die Verschreibung eines in Satz 1 genannten Substitutionsmittels ist mit dem Buchstaben „S“ zu kennzeichnen. Für die zur Substitution zugelassenen Arzneimittel mit dem Stoff Diamorphin gilt § 5a.

(7) Dem Patienten oder bei dem Patienten ist das vom Arzt verschriebene Substitutionsmittel von den in Absatz 9 Satz 1 und 2 bezeichneten Personen oder dem dort bezeichneten Personal in den in Absatz 9 Satz 1 und 2 genannten Einrichtungen zum unmittelbaren Verbrauch zu überlassen, zu verabreichen oder gemäß dem in der arzneimittelrechtlichen Zulassung vorgesehenen Verfahren anzuwenden. Im Fall des Verschreibens von Codein oder Dihydrocodein kann dem Patienten nach der Überlassung jeweils einer Dosis zum unmittelbaren Verbrauch die für einen Tag zusätzlich benötigte Menge des Substitutionsmittels in abgeteilten Einzeldosen ausgehändigt und ihm die eigenverantwortliche Einnahme gestattet werden, sofern dem Arzt keine Anhaltspunkte für eine nicht bestimmungsgemäße Einnahme des Substitutionsmittels vorliegen.

(8) Abweichend von Absatz 7 Satz 1 darf der substituierende Arzt dem Patienten Substitutionsmittel zur eigenverantwortlichen Einnahme gemäß den Feststellungen der Bundesärztekammer nach Absatz 11 Satz 1 Nummer 3 Buchstabe b verschreiben,

1.
sobald und solange er zu dem Ergebnis kommt, dass eine Überlassung des Substitutionsmittels zum unmittelbaren Verbrauch nach Absatz 7 nicht mehr erforderlich ist, oder
2.
ausnahmsweise, wenn
a)
die Kontinuität der Substitutionsbehandlung des Patienten nicht anderweitig gewährleistet werden kann,
b)
der Verlauf der Behandlung dies zulässt,
c)
Risiken der Selbst- oder Fremdgefährdung soweit wie möglich ausgeschlossen sind und
d)
die Sicherheit und Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs nicht beeinträchtigt werden.
Der substituierende Arzt darf dem Patienten Substitutionsmittel in der für bis zu sieben aufeinanderfolgende Tage benötigten Menge nach Satz 1 verschreiben. Im Fall von Satz 1 Nummer 1 darf er dem Patienten in begründeten Einzelfällen Substitutionsmittel in der für bis zu 30 aufeinanderfolgende Tage benötigten Menge nach Satz 1 verschreiben. Ein begründeter Einzelfall im Sinne des Satzes 3 kann nur durch einen medizinischen oder einen anderen Sachverhalt begründet sein. Ein durch einen anderen Sachverhalt begründeter Einzelfall liegt vor, wenn der Patient aus wichtigen Gründen, die seine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben oder seine Erwerbstätigkeit betreffen, darauf angewiesen ist, eine Verschreibung des Substitutionsmittels zur eigenverantwortlichen Einnahme für bis zu 30 Tage zu erhalten. Der Patient hat dem Substitutionsarzt diese Sachverhalte glaubhaft zu machen. Medizinische Sachverhalte, die einen Einzelfall begründen, werden durch die Bundesärztekammer nach Absatz 11 Satz 1 Nummer 3 Buchstabe b festgestellt. Der substituierende Arzt darf die Verschreibung nach Satz 1 im Rahmen einer persönlichen Konsultation an den Patienten aushändigen oder infolge einer telemedizinischen Konsultation an ihn übermitteln; die nach § 365 Absatz 1 Satz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vereinbarten Anforderungen an die technischen Verfahren zu Videosprechstunden sind einzuhalten. In einem Zeitraum von 30 Tagen hat mindestens eine persönliche Konsultation stattzufinden. Die Verschreibung ist nach dem Buchstaben „S“ zusätzlich mit dem Buchstaben „T“ zu kennzeichnen. Der substituierende Arzt kann patientenindividuelle Zeitpunkte festlegen, zu denen Teilmengen des verschriebenen Substitutionsmittels in der Apotheke an den Patienten oder an die Praxis des substituierenden Arztes abgegeben oder zum unmittelbaren Verbrauch überlassen werden sollen.

(9) Substitutionsmittel nach Absatz 6 Satz 1 dürfen nur von folgenden Personen dem Patienten zum unmittelbaren Verbrauch überlassen, ihm verabreicht oder bei ihm gemäß dem in der arzneimittelrechtlichen Zulassung vorgesehenen Verfahren angewendet werden:

1.
dem substituierenden Arzt in der Einrichtung, in der er ärztlich tätig ist,
2.
dem vom substituierenden Arzt in der Einrichtung nach Nummer 1 eingesetzten medizinischen Personal oder
3.
dem medizinischen, pharmazeutischen, pflegerischen oder in begründeten Fällen, in denen die Abgabe nicht anderweitig gewährleistet werden kann, auch anderem geeigneten Personal, das vom substituierenden Arzt eingewiesen wurde, in
a)
einer stationären Einrichtung der medizinischen Rehabilitation,
b)
einem Gesundheitsamt,
c)
einem Alten- oder Pflegeheim,
d)
Anstalten und Einrichtungen des Justizvollzugs,
e)
einem Hospiz oder
f)
einer anderen geeigneten Einrichtung, die zu diesem Zweck von der zuständigen Landesbehörde anerkannt sein muss,
sofern der substituierende Arzt nicht selber in der jeweiligen Einrichtung tätig ist und er mit der jeweiligen Einrichtung eine Vereinbarung getroffen hat.
Außerdem darf ein Substitutionsmittel nach Absatz 6 Satz 1 dem Patienten zum unmittelbaren Verbrauch überlassen, ihm verabreicht oder bei ihm gemäß dem in der arzneimittelrechtlichen Zulassung vorgesehenen Verfahren angewendet werden
1.
bei einem Hausbesuch
a)
vom substituierenden Arzt oder dem von ihm eingesetzten medizinischen Personal oder
b)
vom medizinischen oder pflegerischen Personal, das von einem ambulanten Pflegedienst oder von einer Einrichtung der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung eingesetzt wird, sofern der substituierende Arzt für diesen Pflegedienst oder diese Einrichtung nicht selber tätig ist und er mit diesem Pflegedienst oder dieser Einrichtung eine Vereinbarung getroffen hat,
2.
in einer Apotheke von dem Apotheker oder von dem dort eingesetzten pharmazeutischen Personal, sofern der substituierende Arzt mit dem Apotheker eine Vereinbarung getroffen hat,
3.
in einem Krankenhaus von dem dort eingesetzten medizinischen oder pflegerischen Personal, sofern der substituierende Arzt für dieses Krankenhaus nicht selber tätig ist und er mit dem Krankenhaus eine Vereinbarung getroffen hat, oder
4.
in einer staatlich anerkannten Einrichtung der Suchtkrankenhilfe von dem dort eingesetzten und dafür ausgebildeten Personal, sofern der substituierende Arzt für diese Einrichtung nicht selber tätig ist und er mit der Einrichtung eine Vereinbarung getroffen hat.
Der substituierende Arzt hat sicherzustellen, dass das Personal nach den Sätzen 1 und 2 fachgerecht in das Überlassen des Substitutionsmittels zum unmittelbaren Verbrauch, in dessen Verabreichung oder dessen Anwendung gemäß dem in der arzneimittelrechtlichen Zulassung vorgesehenen Verfahren eingewiesen wird; eine invasive Verabreichung darf nur durch das in der arzneimittelrechtlichen Zulassung vorgesehene Personal erfolgen. Die Vereinbarung nach den Sätzen 1 und 2 hat schriftlich oder elektronisch zu erfolgen und muss bestimmen, wie das eingesetzte Personal einer Einrichtung nach den Sätzen 1 und 2 fachlich eingewiesen wird und muss daneben mindestens eine verantwortliche Person in der jeweiligen Einrichtung benennen sowie Regelungen über die Kontrollmöglichkeiten durch den substituierenden Arzt enthalten. Der substituierende Arzt darf die benötigten Substitutionsmittel in den in den Sätzen 1 und 2 genannten Einrichtungen unter seiner Verantwortung lagern. Die Einwilligung des über die jeweiligen Räumlichkeiten Verfügungsberechtigten bleibt unberührt.

(10) Der substituierende Arzt hat die Erfüllung seiner Verpflichtungen nach den Absätzen 1 bis 9 sowie nach § 5a Absatz 1 bis 4 und § 5b Absatz 2 und 4 gemäß den von der Bundesärztekammer nach Absatz 11 Satz 3 bestimmten Anforderungen zu dokumentieren. Die Dokumentation ist auf Verlangen der zuständigen Landesbehörde zur Einsicht und Auswertung vorzulegen oder einzusenden.

(11) Die Bundesärztekammer stellt den allgemein anerkannten Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft für die Substitution in einer Richtlinie fest, insbesondere für

1.
die Ziele der Substitution nach Absatz 2,
2.
die allgemeinen Voraussetzungen für die Einleitung und Fortführung einer Substitution nach Absatz 1 Satz 1,
3.
die Erstellung eines Therapiekonzeptes nach Absatz 1 Satz 2, insbesondere
a)
die Auswahl des Substitutionsmittels nach Absatz 1 Satz 2 und Absatz 6,
b)
die Voraussetzungen für das Verschreiben des Substitutionsmittels zur eigenverantwortlichen Einnahme nach den Absatz 8,
c)
die Entscheidung über die Erforderlichkeit einer Einbeziehung psychosozialer Betreuungsmaßnahmen sowie
d)
die Bewertung und Kontrolle des Therapieverlaufs.
Daneben kann die Bundesärztekammer nach dem allgemein anerkannten Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft weitere als die in Absatz 2 Satz 2 bezeichneten wesentliche Ziele der Substitution in dieser Richtlinie feststellen. Sie bestimmt auch die Anforderungen an die Dokumentation der Substitution nach Absatz 10 Satz 1 in dieser Richtlinie. Die Einhaltung des allgemein anerkannten Standes der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft wird vermutet, wenn und soweit die Feststellungen nach den Sätzen 1 und 2 beachtet worden sind.

(12) Vor der Entscheidung der Bundesärztekammer über die Richtlinie nach Absatz 11 Satz 1 bis 3 ist dem Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 91 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem allgemein anerkannten Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft für die Substitution zu geben. Die Stellungnahme ist von der Bundesärztekammer in ihre Entscheidung über die Richtlinie nach Absatz 11 Satz 1 bis 3 einzubeziehen.

(13) Die Bundesärztekammer hat dem Bundesministerium für Gesundheit die Richtlinie nach Absatz 11 Satz 1 bis 3 zur Genehmigung vorzulegen. Änderungen der vom Bundesministerium für Gesundheit genehmigten Richtlinie sind dem Bundesministerium für Gesundheit von der Bundesärztekammer ebenfalls zur Genehmigung vorzulegen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann von der Bundesärztekammer im Rahmen des Genehmigungsverfahrens zusätzliche Informationen und ergänzende Stellungnahmen anfordern. Das Bundesministerium für Gesundheit macht die genehmigte Richtlinie und genehmigte Änderungen der Richtlinie im Bundesanzeiger bekannt.

(14) Die Absätze 3 bis 10 sind entsprechend anzuwenden, wenn das Substitutionsmittel aus dem Bestand des Praxis- oder Stationsbedarfs zum unmittelbaren Verbrauch überlassen oder nach Absatz 7 Satz 2 ausgehändigt wird.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 494/13
vom
28. Januar 2014
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
__________________________
BtMG § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a, § 13 Abs. 1
1. Zur "begründeten Anwendung" im Sinne von § 13 Abs. 1 BtMG bei der ärztlichen
Verschreibung von Betäubungsmitteln im Rahmen der Substitutionstherapie opiatabhängiger
Patienten.
2. Die Stellung als behandelnder Substitutionsarzt eines opiatabhängigen Patienten
als solche begründet keine Handlungsherrschaft des Arztes bei missbräuchlicher
Verwendung des verschriebenen Substitutionsmedikaments durch den Patienten.
Ein Arzt kann in solchen Konstellationen lediglich als Täter eines Körperverletzungsoder
Tötungsdelikts strafbar sein, wenn die selbstschädigende oder selbstgefährdende
Handlung des Patienten nicht eigenverantwortlich erfolgte.
BGH, Urteil vom 28. Januar 2014 - 1 StR 494/13 - LG Deggendorf
in der Strafsache
gegen
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
28. Januar 2014, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Raum
und die Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß,
Dr. Graf,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Cirener,
der Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Radtke,
Erster Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung -,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung -
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Deggendorf vom 22. März 2013 werden verworfen. 2. Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels. Die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft und die hierdurch dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Verschreibens von Betäubungsmitteln in 125 Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 360 Tagessätzen zu je 110,00 Euro verurteilt. Zugleich hat es ihm für die Dauer von fünf Jahren untersagt, als Arzt drogenabhängige Patienten zu substituieren. Im Übrigen ist er freigesprochen worden.
2
Der Angeklagte wendet sich mit seiner Revision gegen die Verurteilung in 100 der ihm zur Last gelegten Fälle. Die Verurteilung in den sonstigen Fällen sowie den Maßregelausspruch hat er von seinem Rechtsmittelausgenommen. Die Staatsanwaltschaft beanstandet mit ihrer Revision, dass der Angeklagte nicht wegen eines Tötungsdelikts aufgrund des Todes eines von ihm substituierten Patienten verurteilt worden ist. Zudem rügt sie die Strafzumessung sowohl hinsichtlich der Einzelstrafen als auch der Gesamtstrafe.
3
Die Rechtsmittel bleiben ohne Erfolg.

A.

4
Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

I.

5
1. Der Angeklagte behandelte in seiner ärztlichen Praxis opiatabhängige Substitutionspatienten. Er führte bei diesen jeweils ordnungsgemäße Eingangsuntersuchungen durch und sorgte für deren psycho-soziale Betreuung. In den der Verurteilung zugrunde liegenden Einzelfällen verschrieb er zwischen Januar 2008 und August 2011 vier seiner Patienten die Substitutionsmittel Methadon oder Levomethadon im Rahmen von sog. Take-Home-Verordnungen. Bei dieser Art der Verordnung wird den Patienten eine Verschreibung über die für bis zu sieben Tage benötigte Menge des Mittels ausgehändigt und das Methadon diesen damit zur eigenverantwortlichen Einnahme überlassen (UA S. 23). In den verfahrensgegenständlichen Fällen hätten nach den Feststellungen und Wertungen des Tatgerichts Verschreibungen in diesem Verfahren nicht erfolgen dürfen. Die betroffenen Patienten waren entgegen den Voraussetzungen für Take-Home-Verschreibungen nicht stabil eingestellt. In einigen Einzelfällen fehlte es auch an der erforderlichen Kontrolle auf Beikonsum, also die zusätzliche Einnahme von unerlaubten Betäubungsmitteln zum Methadon. Teilweise hatten durchgeführte Tests auch den Nachweis von Beikonsum von verbotenen Betäubungsmitteln erbracht. In fünf den später an den Folgen der Methadoneinnahme verstorbenen Patienten K. betreffenden Fällen erfolgte die Verschreibung ohne einen persönlichen Kontakt zu diesem. Der Angeklagte nahm insgesamt billigend eine nicht ordnungsgemäße Verwendung des Methadons durch die vier betroffenen Patienten in Kauf.
6
2. Das Landgericht hat hinsichtlich der einzelnen Patienten Folgendes festgestellt:
7
a) Fälle 1 bis 35 (B.I. der Urteilsgründe)
8
Im Zeitraum zwischen Januar 2008 und Ende Juni 2009 verordnete der Angeklagte der Patientin H. in 35 Einzelfällen im Rahmen des TakeHome -Verfahrens Methadon, obwohl ihm bekannt war, dass die Patientin nicht stabil eingestellt war und sie ständig mehr Methadon konsumierte, als sie als Tagesdosen in den jeweiligen Verschreibungszeiträumen hätte zu sich nehmen dürfen. Den Mehrverbrauch dokumentierte der Angeklagte in einigen Fällen in der Patientenakte.
9
b) Fälle 36 bis 43 (B.II. der Urteilsgründe)
10
Zwischen Januar und Mai 2008 verschrieb der Angeklagte seinem Patienten He. in acht Einzelfällen Methadon im Take-Home-Verfahren. Dem Angeklagten war dabei bekannt, dass der Patient unzuverlässig und nicht stabil eingestellt war. Nach den weiteren Feststellungen des Tatgerichts hatten zwei Drogentests im Dezember 2007 ein negatives Ergebnis hinsichtlich Methadon erbracht. Damit wusste der Angeklagte um die fehlende Einnahme des Substitutionsmedikaments durch He. in diesem Monat. Tests Anfang und Ende 2008 waren zudem positiv auf THC ausgefallen.
11
c) Fälle 44 bis 65 (B.III. der Urteilsgründe)
12
Der Angeklagte verschrieb dem Patienten U. , der bereits seit rund 20 Jahren durch andere Ärzte verschriebene Substitutionsmedikamente eingenommen hatte, im Zeitraum von Anfang März bis Ende Dezember 2009 in 22 Einzelfällen durch Take-Home-Verordnung Methadon. Ihm war jedoch bekannt , dass bei dem Patienten Ende Februar 2009 ein Drogentest THC und ein weiterer Test rund vier Wochen später Benzodiazepine nachgewiesen hatte. Ein Drogentest Mitte Juni 2009 fiel wiederum positiv auf THC aus. In einer größeren Zahl von Einzelfällen hatte der Angeklagte den Mehrverbrauch des Patienten dokumentiert.
13
d) Fälle 66 bis 125 (B.IV. der Urteilsgründe)
14
Der zumindest seit 2005 opiatabhängige Patient K. befand sich ab dem Sommer 2009 in der Substitutionsbehandlung bei dem Angeklagten. Der Patient nahm das Methadon intravenös über seine Beinvenen ein.
15
Zwischen Mitte Januar 2010 und dem 22. August 2011 verschrieb der Angeklagte dem Patienten in 60 Einzelfällen Methadon. Im Jahr 2010 nahm er bei K. insgesamt acht Drogentests vor. Sechs dieser Tests wiesen kein Me- thadon nach. Dem Angeklagten war damit bekannt, dass „K. dasihm ver- ordnete Medikament nicht bestimmungsgemäß einnahm“ (UA S. 14). Der letzte, am 21. Oktober 2010 durchgeführte Test erbrachte wiederum ein Negativergebnis bezüglich Methadon. Die Ergebnisse der beiden weiteren Tests wiesen THC bzw. Benzodiazepine nach.
16
Die Verschreibung von Methadon an den Patienten erfolgte in der ganz überwiegenden Zahl der Fälle jeweils nach persönlichem Kontakt mit ihm. In den Fällen 121 bis 125 im Zeitraum von Mitte Juli bis Mitte August 2011 be- stand ein solcher Kontakt jedoch nicht. K. befand sich in diesem Zeitraum in der Justizvollzugsanstalt. Gegenüber dem Angeklagten hatte er vorgegeben, in der fraglichen Zeit in Oberbayern zu arbeiten, und ihn deshalb gebeten, die Methadonrezepte an seine (K. s) Ehefrau zu übergeben. Diesem Wunsch kam der Angeklagte nach. Die Ehefrau beschaffte das verschriebene Methadon in der Apotheke.
17
Nach der Entlassung des Patienten aus der Justizvollzugsanstalt Ende August 2011 waren in seiner Wohnung 35 Fläschchen Methadon vorhanden. In der Nacht vom 1. auf den 2. September 2011 wurde er dort tot aufgefunden. Er hatte den Inhalt von zumindest drei Fläschchen Methadon intravenös eingenommen und war an den Folgen der Überdosis gestorben.

II.

18
Das Landgericht hat in sämtlichen genannten Einzelfällen eine Strafbarkeit des Angeklagten aus § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a in Verbindung mit § 13 Abs. 1 BtMG und § 5 BtMVV (in der jeweils im Tatzeitraum maßgeblichen Fassung) angenommen. Dagegen hat es den Angeklagten nicht wegen eines Tötungsdelikts im Hinblick auf den Tod des Patienten K. verurteilt. Zudem hat es den Angeklagten in weiteren sechs Fällen vom Vorwurf des Verstoßes gegen § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a BtMG – teils aus tatsächlichen, teils aus rechtlichen Gründen – freigesprochen.
19
1. Das Tatgericht hat die Strafbarkeit des Angeklagten nach dem Betäubungsmittelgesetz damit begründet, dass der auf der Grundlage der Verordnungsermächtigung in § 13 Abs. 3 Satz 1 BtMG erlassene § 5 BtMVV eine Verschreibung von Substitutionsmedikamenten lediglich unter bestimmten Voraus- setzungen zulässt. Nach den inhaltlich weitgehend übereinstimmenden, im Tatzeitraum geltenden drei Fassungen von § 5 BtMVV ist dem behandelnden Arzt eine Verschreibung über die für bis zu sieben Tage benötigte Menge des Substitutionsmittels gestattet, wenn und solange der Behandlungsverlauf dies zulässt sowie dadurch die Sicherheit und Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs nicht beeinträchtigt werden. Die ab dem 25. März 2009 geltende Fassung der Verordnung schließe in § 5 Abs. 8 Satz 4 BtMVV eine Verschreibung der bis zu sieben Tage benötigten Menge des Substitutionsmittels aus, wenn die Untersuchungen und Erhebungen des Arztes zu Erkenntnissen geführt haben, nach denen der Patient Stoffe konsumiert, die ihn zusammen mit der der Einnahme des Substitutionsmittels gefährden, dieser unter Berücksichtigung der Toleranzentwicklung noch nicht auf eine stabile Dosis eingestellt ist oder der Patient missbräuchlich Stoffe konsumiert.
20
Um die Vorgaben der Verordnung inhaltlich näher auszufüllen, hat das Landgericht auf die Richtlinien der Bundesärztekammer zur Durchführung der substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger zurückgegriffen. Einen zum Ausschluss der Take-Home-Verordnung führenden „nicht regelgerechten Vorfall“ (UA S. 24) hat es dabei vorallem bei der Feststellung von Beikonsum, eines Mehrverbrauchs oder eines negativen Methadontests angenommen. Das Tatgericht hat allerdings zugunsten des Angeklagten unter Abweichung der genannten Richtlinien lediglich einen Zeitraum von einem Monat zugrunde gelegt, in dem der Patient sich als zuverlässig erwiesen haben muss, um vom TakeHome -Verfahren Gebrauch machen zu können. Die Richtlinien der Bundesärztekammer sehen dagegen nach der Darlegung des Tatgerichts eine wenigstens sechsmonatige Zuverlässigkeit des Patienten vor.
21
2. a) Anhand dieser Maßstäbe stützt das Landgericht die Strafbarkeit des Angeklagten in den 35 die Patientin H. (B.I. der Urteilsgründe) betref- fenden Fällen unter Darlegung im Einzelnen jeweils auf den ihm bekannten und in einigen Fällen sogar in den Patientenunterlagen dokumentierten Mehrverbrauch.
22
b) In den den Patienten He. (B.II. der Urteilsgründe) betreffenden Fällen 36 bis 38 leitet das Tatgericht den Verstoß des Angeklagten gegen das Betäubungsmittelgesetz aus den diesem bekannten Ergebnissen der Drogentests im Dezember 2007 und Januar 2008 ab. Diese hatten teils ein negatives Ergebnis auf Methadon, teils positive Ergebnisse auf Beikonsum erbracht. Die Verschreibung im Fall 39 erfolgte, obwohl He. sich nach dem Drogentest Ende Januar 2008 (positives Ergebnis auf Benzodiazepine) sich noch nicht über einen Monat als zuverlässig erwiesen hatte. Entsprechendes gilt in den Fällen 41 bis 43. Die Verschreibungen erfolgten in einem Zeitraum von 14 Tagen nach einem positiv auf THC ausgefallenen Test. Für den Fall 40 stützt sich das Tatgericht auf den dem Angeklagten bekannten Mehrverbrauch des Patienten , der daher nicht stabil eingestellt war.
23
c) Hinsichtlich des Patienten U. (B.III. der Urteilsgründe) hat das Tatgericht die Strafbarkeitsvoraussetzungen in den Fällen 44 bis 50 auf den dem Angeklagten durch die Ergebnisse von Drogentests bekannten Beikonsum von THC bzw. Benzodiazepinen gestützt. In den Fällen 51 bis 65 hat es unter näheren Darlegungen die zum Ausschluss des Take-Home-Verfahrens führende Unzuverlässigkeit des Patienten aus dessen Mehrverbrauch abgeleitet. Dieser war dem Angeklagten bekannt, zumal er ihn in einigen Fällen in den Patientenunterlagen dokumentiert hatte.
24
d) In Bezug auf die 60 den Patienten K. (B.IV. der Urteilsgründe) betreffenden Fälle hat das Tatgericht die Voraussetzungen der Strafbarkeit aus § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a i.V.m. § 13 Abs. 1 BtMG und § 5 BtMVV jeweils auf unterschiedliche Erwägungen gestützt.
25
In den Fällen 66 bis 69, 86 bis 89, 103 bis 106 hätten durchgeführte Drogentests jeweils ein negatives Ergebnis auf Methadon erbracht. Dementsprechend sei dem Angeklagten die nicht bestimmungsgemäße Verwendung des Substitutionsmedikaments durch den Patienten bekannt gewesen. Zudemläge in den Fällen 96 bis 102 neben einem Mehrverbrauch und dem daraus abzuleitenden Fehlen einer stabilen Einstellung des Patienten ebenfalls ein negatives Drogentestergebnis auf Methadon vor. Daraus ergebe sich zusätzlich das Fehlen der Voraussetzungen für das Take-Home-Verfahren.
26
Hinsichtlich der Fälle 70 und 71 sowie 78, 85, 90 und 115 bis 117 habe der Angeklagte nicht die monatlich zur Überprüfung der Zuverlässigkeit des Patienten notwendigen Drogentests durchgeführt. Deshalb hätten in den genannten Fällen keine Take-Home-Verordnungen erfolgen dürfen.
27
In den Fällen 72 bis 77, 91 bis 102 sowie 118 bis 120 hat das Tatgericht jeweils darauf abgestellt, dass bei dem Patienten ein dem Angeklagten bekannter , teils von ihm in den Patientenunterlagen vermerkter Mehrkonsum vorliege, aus dem sich das Fehlen einer ausreichend stabilen medikamentösen Einstellung des Patienten ergebe. Hinsichtlich der Fälle 96 bis 102 gründet sich die Unzuverlässigkeit des Patienten zudem auf das negativ auf Methadon ausgefallene Testergebnis.
28
Für die Fälle 79 bis 84 und 107 bis 114 hat sich das Tatgericht auf die den Nachweis von THC bzw. Benzodiazepine erbringenden Ergebnisse von Drogentests gestützt. Wegen des dem Angeklagten bekannten Beikonsums hätte er von dem Take-Home-Verfahren erst wieder Gebrauch machen dürfen, wenn sich der Patient K. für wenigstens einen Monat als zuverlässig erwiesen hätte.
29
Die Verschreibungen in den Fällen 121 bis 125 seien ohne den erforderlichen persönlichen Kontakt zu dem Patienten erfolgt.
30
3. Die Voraussetzungen einer tateinheitlich mit den Betäubungsmitteldelikten in den Fällen 121 bis 125 verwirklichten fahrlässigen Tötung (§ 222 StGB) des Angeklagten zu Lasten seines Patienten K. hat das Tatgericht verneint. Es liege eine Konstellation sog. eigenverantwortlicher Selbstgefährdung des zu Tode gekommenen Patienten vor. Bei dieser sei eine Strafbarkeit des daran Mitwirkenden, hier des Angeklagten, lediglich dann zu begründen, wenn er kraft überlegenen „Fachwissens“ das Risiko des selbstgefährdenden Verhaltens besser erfasst habe, als der sich Selbstgefährdende. Dies hat das Landgericht im Hinblick auf die Aussage der Ehefrau des verstorbenen Patienten K. verneint. Dieser habe Methadon bereits seit Jahren intravenös eingenommen und die damit verbundenen Risiken, auch die einer Überdosierung, gekannt. Gegen einen seine freie Willensentschließung beeinträchtigenden Zustand spreche, dass K. die Beschaffung von Substitutionsmedikamenten mit Hilfe seiner Ehefrau für die Dauer seiner Haft planmäßig vorbereitet habe.

III.

31
Gegen dieses Urteil wenden sich sowohl der Angeklagte mit seiner auf die Sachrüge gestützten, im Umfang beschränkten Revision als auch die Staatsanwaltschaft mit ihrem zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten Rechtsmittel.

32
Der Angeklagte hat die Verurteilungen in den fehlende oder negativ auf Methadon ausgefallene Drogentests betreffenden Fällen 36 bis 38, 66 bis 71, 78, 85, 86, 102, 108 bis 112, 115, 117 und 121 bis 125 sowie den Maßregelausspruch von seinem Rechtsmittelangriff ausgenommen. Hinsichtlich der verbleibenden Fälle wendet sich die Revision u.a. dagegen, dass das Tatgericht die Strafbarkeitsvoraussetzungen auf den dem Angeklagten bekannten Beikonsum von Rauschgiften bzw. auf die fehlende klinische Stabilität der betroffenen Patienten gestützt hat.
33
Die Staatsanwaltschaft beanstandet, dass der Angeklagte wegen der zwischen dem 25. Juli und dem 22. August 2011 (Fälle 121 bis 125) erfolgten Verschreibungen von Methadon für den Patienten K. nicht wegen eines Tötungsdelikts verurteilt worden ist. Darüber hinaus macht sie geltend, die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe würden dem Unrechtsgehalt der Taten nicht gerecht.

B.

34
Die Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg.

I.

35
Ob die Beschränkung der Revision des Angeklagten auch auf den Maßregelausspruch wirksam ist, kann dahinstehen, weil sein Rechtsmittel insgesamt ohne Erfolg bleibt.

II.

36
Das Landgericht hat auf der Grundlage rechtsfehlerfrei getroffener Feststellungen in sämtlichen noch verfahrensgegenständlichen Fällen die Verschreibungen von Methadon bzw. L-Polamidon (Levomethadon) durch den Angeklagten zutreffend als gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a i.V.m. § 13 Abs. 1 BtMG strafbares Verhalten gewertet.
37
1. § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a BtMG stellt das gegen § 13 Abs. 1 BtMG verstoßende Verschreiben von Betäubungsmitteln unter Strafe. Die letztgenannte Vorschrift bestimmt, dass Ärzte die in Anlage III des Betäubungsmittelgesetzes genannten Stoffe – wie hier Methadon und L-Polamidon – nur dann verschreiben dürfen, wenn ihre Anwendung im oder am menschlichen Körper „begründet“ ist. Unter welchen Voraussetzungen eine im Sinne von § 13 Abs. 1 BtMG „begründete Anwendung“ dererfassten Betäubungsmittel anzunehmen ist, legt das Betäubungsmittelgesetz selbst in den Einzelheiten nicht fest. Konkretisierungen der begründeten Anwendungen von Betäubungsmitteln ergeben sich aus der auf der Verordnungsermächtigung in § 13 Abs. 3 BtMG beruhenden (Rechts)Verordnung über das Verschreiben, die Abgabe und den Nachweis des Verbleibs von Betäubungsmitteln (Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung [BtMVV] in den jeweils im Tatzeitraum geltenden Fassungen). Für die hier in Rede stehende Substitutionsbehandlung von opiatabhängigen Patienten durch Ärzte ergeben sich nähere Beschreibungen der „begründeten Anwendung“ von Betäubungsmitteln bei deren Verschreibung aus § 5 BtMVV. So gestaltet § 5 Abs. 1 BtMVV (in der seit 21. Juli 2009 geltenden Fassung sowie entsprechend die Vorgängerregelungen) die Ziele einer Substitutionsbehandlung aus; Abs. 2 beschreibt die für eine Verschreibung gemäß § 13 Abs. 1 BtMG erforderlichen Voraussetzungen im Einzelnen. In § 5 Abs. 8 BtMVV hat der Verordnungsgeber die Erfordernisse für die Anwendung der sog. TakeHome -Verordnung in den Details festgelegt. Entsprechende Vorgaben fanden sich auch in den vom Tatgericht jeweils herangezogenen, in den jeweiligen Tatzeiträumen geltenden früheren Fassungen der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung.
38
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a i.V.m. § 13 Abs. 1 BtMG im Hinblick auf die Anforderungen des Bestimmtheitsgrundsatzes des Art. 103 Abs. 2 GG bestehen nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Mai 1991 – 3 StR 8/91, BGHSt 37, 383, 384 f.; Urteil vom 2. Februar 2012 – 3 StR 321/11, NStZ 2012, 337, 338; siehe auch Nestler MedR 2009, 211, 215 sowie BGH, Urteil vom 8. Mai 1979 – 1 StR 118/79, BGHSt 29, 6, 8 hinsichtlich der Vorgängerregelung § 11 Abs. 1 Nr. 9 Buchst. a BtMG aF). Die näheren Voraussetzungen der Strafbarkeit dürfen in einer Rechtsverordnung geregelt werden, wenn diese – wie vorliegend die Betäubungsmittel -Verschreibungsverordnung – Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG entspricht (BVerfGE 14, 174, 185) und die die Strafvorschrift ausfüllende Rechtsverordnung ihrerseits den Anforderungen aus Art. 103 Abs. 2 GG an die inhaltliche Bestimmtheit genügt (vgl. BVerfG NStZ-RR 2002, 22; Radtke in Epping/ Hillgruber, GG, 2. Aufl., Art. 103 Rn. 29 mwN). Die Voraussetzungen der Strafbarkeit müssen sich allerdings bereits dem Straftatbestand als solchem entnehmen lassen. Der Verordnung dürfen lediglich Konkretisierungen überlassen bleiben (BVerfGE 75, 329, 342; siehe auch BVerfGE 14, 174, 185 f.).
39
Dem genügen § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a, § 13 Abs. 1 BtMG i.V.m. § 5 BtMVV. Mit den gesetzlichen Regelungen selbst wird hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass (u.a.) Ärzten die Verschreibung von in Anlage III des Betäubungsmittelgesetzes erfassten Betäubungsmitteln lediglich dann ge- stattet ist, wenn die Anwendung der entsprechenden Stoffe am oder im menschlichen Körper medizinisch begründet ist, also eine Indikation für eine solche Anwendung nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft besteht (vgl. BGH, Urteil vom 2. Februar 2012 – 3 StR 321/11, NStZ 2012, 337, 338). Der Bundesgerichtshof hat in der Sache damit weitgehend übereinstimmend auch bereits die frühere Regelung in § 11 Abs. 1 Nr. 9 Buchst. a BtMG 1972 dahingehend ausgelegt, dass eine begründete Verschreibung von Betäubungsmitteln durch einen Arzt vorliegt, wenn das Mittel nach den allgemeinen oder weitaus überwiegend anerkannten Regeln der ärztlichen Wissenschaft als Heilmittel für das Leiden des Patienten geeignet ist (BGH, Urteil vom 8. Mai 1979 – 1 StR 118/79, BGHSt 29, 6, 9 mwN; siehe auch BGH, Beschluss vom 17. Mai 1991 – 3 StR 8/91, BGHSt 37, 383, 384). Ob an der vorgenannten Auslegung auch für das geltende Recht in jeder Hinsicht festgehalten werden kann, bedarf vorliegend keiner Entscheidung (siehe bereits BGH aaO, BGHSt 37, 383, 384). Für die geltende Strafvorschrift lässt sich jedenfalls aus § 13 Abs. 1 Satz 2 BtMG, der im Sinne einer ultima ratio (BGH, Urteil vom 2. Februar 2012 – 3 StR 321/11, NStZ 2012, 337, 338; näher Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 7. Aufl., § 13 Rn. 20-23) eine Anwendung von Betäubungsmitteln bei Vorhandensein anderer Möglichkeiten der Zweckerreichung ausschließt, erkennen , dass die in § 13 Abs. 1 BtMG enthaltene Verhaltensnorm auf die medizinische Notwendigkeit einer (Substitutions-)Behandlung mit an sich verbotenen Betäubungsmitteln, also eine ärztliche Bewertung der Voraussetzungen einer solchen Behandlung, abstellt (Nestler aaO). Das legt das erlaubte Verhalten von Ärzten und anderen in § 13 BtMG genannten Berufsgruppen im Umgang mit Betäubungsmitteln bei der Substitutionsbehandlung im Gesetz selbst ausreichend bestimmt fest. Da die Strafvorschrift § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a BtMG an eine gegen § 13 Abs. 1 BtMG verstoßende Verschreibung anknüpft, entspricht sie ihrerseits dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot. Die inhaltlich klaren und sehr detaillierten Vorgaben in § 5 BtMVV stehen mit Art. 103 Abs. 2 GG ebenfalls in Einklang. In ihrem Zusammenspiel normieren § 13 BtMG und § 5 BtMVV die materiellen Voraussetzungen einer erlaubten ärztlichen Substitutionsbehandlung (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juni 2008 – 2 StR 577/07, BGHSt 52, 271, 273 Rn. 11) bei Anwendung ansonsten unerlaubter Stoffe in einer für den solche Behandlungen durchführenden Arzt eindeutig erkennbaren Weise.
40
2. Die Verschreibungen von Methadon bzw. L-Polamidon (Levomethadon ) an die betroffenen Patienten erfolgte in sämtlichen noch verfahrensgegenständlichen Fällen ohne Vorliegen der materiellen Voraussetzungen einer Substitutionsbehandlung Opiatabhängiger aus § 13 BtMG i.V.m. § 5 BtMVV. Das begründet die Strafbarkeit aus § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a BtMG.
41
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verwirklicht eine ärztliche Substitutionsbehandlung den Straftatbestand § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a BtMG, wenn eine solche ohne Indikationsstellung oder ohne ausreichende Prüfung von Behandlungsalternativen (§ 13 Abs. 1 Satz 2 BtMG) erfolgt (BGH, Urteil vom 2. Februar 2012 – 3 StR 321/11, NStZ 2012, 337, 338). Gleiches gilt im Hinblick auf die Konkretisierung der gesetzlichen Verhaltensnormen durch § 5 Abs. 2 Satz 1 BtMVV bei einer unzureichenden Kontrolle bzw. Begleitung der Behandlung durch den verschreibenden Arzt (BGH aaO). Der in § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 BtMVV vorgegebene „erforderliche Umfang“ der Konsultati- on des behandelnden Arztes bildet dabei eine „verbindliche Richtschnur“ einer sorgfältigen Substitutionsbehandlung (BGH aaO).
42
Über die bereits in der bisherigen Rechtsprechung anerkannten Konstellationen einer aus der unterbliebenen oder unzureichenden Beachtung der in § 5 BtMVV enthaltenen Vorgaben abgeleiteten Strafbarkeit aus § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a i.V.m. § 13 BtMG hinaus erweisen sich auch andere Verstöße gegen die in der Verordnung niedergelegten Maßstäbe der Substitutionsbehandlung als Verletzung der materiellen Voraussetzungen dieser Therapie und damit als nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a BtMG strafbares Verhalten. Das gilt neben der Nichtbeachtung des in § 5 Abs. 1 BtMVV formulierten Behandlungsziels jedenfalls für die Ausschlussgründe des § 5 Abs. 2 BtMVV sowie die in § 5 Abs. 8 BtMVV niedergelegten Voraussetzungen bzw. spezifischen Ausschlussgründe von Take-Home-Verordnungen. Diese Vorschriften dienen der Sicherstellung der materiellen Erfordernisse in § 13 Abs. 1 BtMG, Ärzten eine Substitutionsbehandlung mit an sich unerlaubten Betäubungsmitteln lediglich im Rahmen einer entsprechenden Indikation unter Beachtung des ultima-ratio-Gedankens (§ 13 Abs. 1 Satz 2 BtMG) sowie bei Sicherstellung einer dem Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechenden Durchführung der Therapie zu gestatten.
43
Allerdings ist bei der Anwendung von § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a BtMG ungeachtet der Konkretisierungen der Bedingungen von Suchttherapien vor allem durch § 5 BtMVV dem Arzt eine gewisse Therapiefreiheit zu belassen (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Mai 1991 – 3 StR 8/91, BGHSt 37, 383, 385; siehe auch bereits BGH, Urteil vom 8. Mai 1979 – 1 StR 118/79, BGHSt 29, 6, 11 f.; Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, aaO, § 29 Teil 15 Rn. 9). Der Verordnungsgeber hat diesen Aspekt im Rahmen von § 5 BtMVV berücksichtigt, indem in einzelnen Regelungen, etwa in § 5 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 8 Satz 6 BtMVV, für die Bewertung von Voraussetzungen oder Ausschlussgründen der Substitutionstherapie auf den „allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft“ abgestellt wird. Zur Ausfüllung dessen kann auf die von der Bun- desärztekammer zuletzt am 19. Februar 2010 verabschiedeten Richtlinien zur Durchführung der substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger bzw. deren Vorgängerrichtlinien abgestellt werden. Für die hier relevanten Ver- schreibungen von Betäubungsmitteln im Rahmen der Substitutionstherapie ergibt sich bei Anwendung des Take-Home-Verfahrens aus § 5 Abs. 8 Satz 6 BtMVV, dass die Bewertung des Verlaufs der Behandlung dem behandelnden Arzt obliegt, der sich allerdings an dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft zu orientieren hat. Dies eröffnet dem Arzt im Rahmen der Therapiefreiheit in den Grenzen der Vorgaben der BetäubungsmittelVerschreibungsverordnung Bewertungsspielräume. Werden diese überschritten und die Voraussetzungen der Substitutionsbehandlung im Take-HomeVerfahren aus § 13 BtMG i.V.m. § 5 BtMVV nicht eingehalten, begründet dies die Strafbarkeit aus § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a BtMG.
44
b) Nach diesen Maßstäben tragen die vom Tatgericht getroffenen Feststellungen in sämtlichen noch verfahrensgegenständlichen Einzelfällen den Schuldspruch nach dieser Vorschrift.
45
aa) Fälle 1 bis 35 (Patientin H. – B.I. der Urteilsgründe)
46
(1) Hinsichtlich der Patientin H. ergibt sich das Fehlen einer begründeten Anwendung (§ 13 Abs. 1 BtMG) der Verschreibung in den das Jahr 2008 betreffenden Fällen 1 bis 13 bereits aus dem vom Tatgericht festgestellten Unterbleiben der erforderlichen regelmäßigen Drogentests während des gesamten Jahres (UA S. 5). § 5 Abs. 2 Satz 1 (insb. Nr. 4) sowie Abs. 8 BtMVV setzen die regelmäßige Durchführung von Tests des Patienten auf den Konsum anderer Stoffe als des Substitutionsmittels sowie auf die Einnahme des Substitutionsmittels selbst erkennbar voraus, auch wenn eine Anordnung entsprechender Tests nicht ausdrücklich vorgeschrieben wird. § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 BtMVV benennt „Untersuchungen und Erhebungen des Arztes“, die sich nach den Buchstaben c und d dieser Bestimmung auf den Gebrauch von Stoffen, deren Konsum die Substitution gefährden, sowie auf die bestimmungsgemäße Verwendung des verschriebenen Substitutionsmittels beziehen. Das TakeHome -Verfahren ist gemäß § 5 Abs. 8 Satz 5 BtMVV nicht zulässig, wenn die „Untersuchungen und Erhebungen des Arztes“Erkenntnisse über den Konsum den Patienten gefährdender Stoffe (Ziffer 1) sowie den missbräuchlichen Konsum von Stoffen (Ziffer 3) erbringen. Die angesprochenen Richtlinien der Bundesärztekammer sehen in Ziffer 11 eine Therapiekontrolle anhand klinischer und laborchemischer Parameter vor. Ein durchgängig geltendes Zeitintervall für die Kontrollen wird nicht vorgegeben. Diese sind dem Behandlungsverlauf anzupassen. Die Beurteilung des Therapieverlaufs obliegt zuvörderst dem behandelnden Arzt.
47
Auch unter Berücksichtigung des Vorgenannten hat der Bundesgerichtshof angesichts der Vorgaben der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung und der Richtlinien der Bundesärztekammer eine unzureichende ärztliche Kontrolle der Substitutionsbehandlung als gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a BtMG strafbares Verhalten bewertet (BGH, Urteil vom 2. Februar 2012 – 3 StR 321/11, NStZ 2012, 337, 338). Das vollständige Fehlen von Drogentests an der Patientin H. im Jahr 2008 macht die Verschreibung von Methadon bzw. Levomethadon in den Fällen 1 bis 13 jeweils zu einer nicht begründeten Anwendung im Sinne von § 13 Abs. 1 BtMG.
48
(2) In den den Zeitraum Anfang März bis Ende Juni 2009 betreffenden Fällen 14 bis 35 hat das Landgericht die Strafbarkeit des Angeklagten im Ergebnis zutreffend jeweils auf einen von ihm so bezeichneten Mehrverbrauch gestützt. Nach den getroffenen Feststellungen verschrieb der Angeklagte der Patientin H. im Rahmen von Take-Home-Verordnungen jeweils in den Einzelfällen unterschiedliche Tagesdosen des Substitutionsmittels. § 5 Abs. 8 Satz 4 BtMVV bzw. der inhaltsgleichen Vorgängerregelung folgend betrug die Anzahl der zunächst verschriebenen Tagesdosen maximal sieben Tage. Die Patientin verteilte den Konsum der jeweiligen Tagesdosen aber nicht über die entsprechende Anzahl von Tagen, sondern konsumierte die verordnete Gesamtmenge vorzeitig. Der Angeklagte verschrieb in Kenntnis dessen dennoch vor Ablauf der von ihm durch die Anzahl der verordneten Einzeldosen vorgesehenen Dauer der Einnahme des Substitutionsmittels weitere Einzeldosen. So hatte der Angeklagte etwa im Fall 20 der Patientin am 14. März 2009 sieben Einzeldosen (Tagesdosen) sowie eine weitere Einzeldosis verschrieben. Bereits am 17. März 2009 erfolgte jedoch die Verschreibung weiterer drei Einzeldosen (Fall 21), weil die Patientin die aus der vorhergehenden Verschreibung stammenden Dosen vorzeitig vollständig konsumiert hatte. In sämtlichen weiteren die Patientin H. betreffenden Fällen hat das Tatgericht entsprechende Feststellungen im Hinblick auf die Verschreibungen durch den Angeklagten getroffen.
49
Diese von ihm über einen Zeitraum von rund 1 ½ Jahren – auch bei den Verordnungen im Jahr 2008 hatte es außer dem Fehlen von Drogentests (Fälle 1 bis 13) bereits den vorstehend beschriebenen Mehrverbrauch gegeben – praktizierte Durchführung der Substitutionstherapie verstößt in schwerwiegender Weise gegen die Vorgaben der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung. Die Behandlung durch den Angeklagten erweist sich deshalb als insgesamt unsorgfältig (vgl. insoweit Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, aaO, § 29 Teil 15 Rn. 41 aE). Die Anwendung der verschriebenen Betäubungsmittel bei der Patientin war deshalb nicht im Sinne von § 13 Abs. 1 BtMG begründet.
50
Die Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung gestattet eine Verschreibung von Betäubungsmitteln unter den Voraussetzungen von § 13 Abs. 1 BtMG lediglich dann, wenn dem behandelnden Arzt aufgrund seiner Untersuchungen und Erhebungen keine Erkenntnisse über einen nicht bestimmungsgemäßen Gebrauch der verschriebenen Substitutionsmittel vorliegen (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Buchst. d BtMVV sowie entsprechend die Vorgängerregelungen ). Um einen nicht bestimmungsgemäßen Gebrauch möglichst auszuschließen , sieht § 5 Abs. 5 bis 7 BtMVV als Regelfall der Substitutionsbehandlung die Überlassung des Substitutionsmittels an den Patienten zum unmittelbaren Verbrauch vor (§ 5 Abs. 6 Satz 1 BtMVV). Dabei hat die Überlassung zum unmittelbaren Verbrauch in durch § 5 Abs. 7 Satz 1 BtMVV näher beschriebenen geeigneten Einrichtungen zu erfolgen. Der durch die Verordnungsgeber vorgesehene Regelfall der Substitutionsbehandlung ist damit die Einnahme des entsprechenden Mittels durch den Patienten unter kontrollierten Bedingungen, die eine missbräuchliche Verwendung durch diesen ausschließen.
51
Bei dem von dem Angeklagten angewendeten Take-Home-Verfahren gemäß § 5 Abs. 8 BtMVV handelt es sich um eine Ausnahme der Durchführung der Substitutionsbehandlung. Sie darf lediglich auf Substitutionspatienten angewendet werden, deren Zustand eine eigenverantwortliche, nicht mehr kontrollierte Einnahme (vgl. § 5 Abs. 6 und 7 BtMVV) gestattet. § 5 Abs. 8 Satz 1 BtMVV stellt ausdrücklich auf Patienten ab, bei denen der Verlauf der Behandlung eine eigenverantwortliche Einnahme gestattet. § 5 Abs. 8 Satz 4 BtMVV setzt zudem eine Stabilisierung des Zustands des Patienten voraus; § 5 Abs. 8 Satz 5 Nr. 2 BtMVV lässt die Anwendung des Take-Home-Verfahrens nicht zu, wenn dieser unter Berücksichtigung einer Toleranzentwicklung noch nicht auf eine stabile Dosis eingestellt worden ist. Bei der Anwendung der vorgenannten Vorgaben ist zudem das in den hier fraglichen Fällen allein relevante Ziel der Substitutionsbehandlung des Opiatabhängigen, die schrittweise Wiederherstellung der Betäubungsmittelabstinenz einschließlich der Besserung und Stabilisierung seines Gesundheitszustandes, zu berücksichtigen (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 BtMVV).

52
Vor dem Hintergrund des Ausnahmecharakters des Take-HomeVerfahrens sowie des genannten Ziels der Substitutionsbehandlung lagen auch unter Beachtung eines dem Angeklagten zustehenden Beurteilungsspielraums über den Behandlungsverlauf (vgl. § 5 Abs. 8 Satz 6 BtMVV) der Patientin H. die Voraussetzungen für Take-Home-Verordnungen nicht vor. Die Patientin war, wie sich aus ihrem durchgängig vorzeitigen Verbrauch der für einen längeren Zeitraum vom Angeklagten vorgesehenen Substitutionsmittel ergibt, gerade nicht zu deren eigenverantwortlicher Einnahme in der Lage. Sie war auch nicht auf eine stabile Dosis eingestellt. Denn es erfolgte aufgrund des Verschreibungsverhaltens des Angeklagten stets eine Verordnung von Substitutionsmitteln und dadurch bedingt deren Konsum in einem Umfang pro Zeiteinheit , der deutlich über den Umfang hinausging, den er an sich vorgesehen hatte. Die Behandlung der Patientin war im gesamten verfahrensgegenständlichen Zeitraum durch eine permanente Überschreitung der vom Angeklagten zunächst verschriebenen Einzeldosen pro Zeiteinheit gekennzeichnet. Eine Ausrichtung der Therapie auf das Behandlungsziel ist so nicht zu erkennen. Insgesamt stand die Durchführung der Substitutionstherapie damit nicht in Einklang mit den gesetzlichen und durch die Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung konkretisierten Voraussetzungen der Substitutionsbehandlung.
53
(3) Da dem Angeklagten die tatsächlichen Umstände bekannt waren, aus denen sich die Nichteinhaltung der Vorschriften über diese Behandlung ableitet (vgl. Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, aaO, § 29 Teil 15 Rn. 47), hat das Tatgericht zu Recht vorsätzliches Handeln angenommen. Das Vorbringen der Revision , der Angeklagte habe auf der Grundlage der Richtlinien der Bundesärztekammer in der Fassung vom 22. März 2002 (in Kraft bis zur Neufassung durch die Richtlinien vom 19. Februar 2010) davon ausgehen dürfen, über die Anwendung des Take-Home-Verfahrens entscheide ausschließlich der behandelnde Arzt, schließt den Tatbestandsvorsatz nicht aus. Maßgeblich sind die im Gesetz und der Verordnung normierten Voraussetzungen der Substitutionsbehandlung. Die Vorstellung, in Einklang mit den Richtlinien der Bundesärztekammer gehandelt zu haben, steht der Kenntnis der den Gesetzesverstoß begründenden Umstände gerade nicht entgegen.
54
bb) Fälle 39 bis 43 (Patient He. – B.II. der Urteilsgründe)
55
Die Substitutionsbehandlung des Patienten He. in den noch verfahrensgegenständlichen Fällen erfolgte – auch unter Berücksichtigung der nicht angefochtenen Fälle 36 bis 38 – ohne Vorliegen der Voraussetzungen des Take-Home-Verfahrens. Sie stellt sich insgesamt als unbegründete Anwendung von Betäubungsmitteln im Sinne von § 13 Abs. 1 BtMG dar.
56
In den Fällen 39 sowie 41 bis 43 hat das Landgericht die Strafbarkeit des Angeklagten zutreffend auf mangelnde Zuverlässigkeit (siehe B.II.2.b.aa.) des Patienten gestützt und diese mit den Ergebnissen durchgeführter Drogentests begründet. Diese hatten entweder ein auf Methadon negatives oder auf Beikonsum von THC bzw. auch Benzodiazepinen positives Ergebnis erbracht. Zwar führt nicht jeder Beikonsum von verbotenen Betäubungsmitteln während der Substitutionsbehandlung zu einer unbegründeten Anwendung und damit zu einem gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a i.V.m. § 13 Abs. 1 BtMG strafbaren Verhalten des Arztes. Im Hinblick auf den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum über die Therapie und deren Verlauf darf dieser trotz Beikonsums die Substitutionsbehandlung (weiter) durchführen, wenn noch berechtigte Aussichten darauf bestehen, den zusätzlichen Konsum von Betäubungsmitteln zu be- herrschen, indem dieser zunächst eingeschränkt und schließlich abgestellt wird (Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, aaO, § 29 Teil 15 Rn. 21).
57
Eine solche (normativ) berechtigte Erwartung bestand vorliegend jedoch nicht. Nach den Feststellungen des Tatrichters hatten die Drogentests innerhalb eines Zeitraums von wenigen Monaten die Einnahme verschiedener Betäubungsmittel belegt (Nachweis von THC sowie von Benzodiazepinen). Maßnahmen zur Eindämmung des Konsums sind nicht ersichtlich. Der Patient war zudem auch im Hinblick auf die Einnahme des Substitutionsmittels selbst unzuverlässig. Dies war dem Angeklagten aufgrund eines negativen Testergebnisses auf Methadon bekannt.
58
In der Gesamtschau der für die Bewertung der Therapievoraussetzungen maßgeblichen Umstände ergab sich selbst unter Berücksichtigung einer Einschätzungsprärogative zugunsten des Angeklagten eindeutig nicht die von § 5 Abs. 8 BtMVV verlangte Zuverlässigkeit und Stabilität des Patienten. Die Substitutionsbehandlung im Take-Home-Verfahren hätte daher nicht weiter durchgeführt werden dürfen. Dementsprechend verstieß auch die Verschreibung im Fall 41, bei der zusätzlich noch Mehrverbrauch vorlag, gegen die Vorgaben der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung. Aus den dargelegten Gründen war die Substitutionsbehandlung damit nicht im Sinne von § 13 Abs. 1 BtMVV begründet.
59
Die für die Beurteilung der Voraussetzungen der Therapie im Wege des Take-Home-Verfahrens maßgeblichen tatsächlichen Umstände waren dem Angeklagten voll umfänglich bekannt. Daraus und aus den tatsächlichen Verhältnissen selbst hat das Landgericht rechtsfehlerfrei auf eine vorsätzliche Verwirklichung von § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a BtMG geschlossen.

60
cc) Fälle 44 bis 65 (Patient U. – B.III. der Urteilsgründe)
61
Bei den 22 für den Patienten U. zwischen Anfang März und Ende Dezember 2009 erfolgten Verschreibungen von L-Polamidon (Levomethadon ) handelt es sich jeweils um unbegründete Anwendungen von Betäubungsmitteln. Aus den Ergebnissen im Februar, März und Juni 2009 durchgeführter Drogentests wusste der Angeklagte um den Beikonsum des Patienten, teils von THC-haltigen Betäubungsmitteln, teils von Benzodiazepinen. Angesichts der Dauer des nachgewiesenen Beikonsums sowie des Wechsels zwischen verschiedenen zusätzlich eingenommenen Rauschmitteln bestand keine berechtigte Erwartung auf eine Beherrschbarkeit des Beikonsums. Zudem lag bei U. nach den Feststellungen (Tabelle UA S. 12) spätestens ab dem 13. Juli 2009 (Fall 51) ein permanenter Mehrverbrauch (dazu B.II.2.b.aa.) vor. Dies war dem Angeklagten bekannt. Der Patient war daher insgesamt eindeutig nicht für die Substitutionstherapie im Rahmen des Take-Home-Verfahrens geeignet.
62
Angesichts dessen kann offenbleiben, ob bei dem Patienten bei der bereits seit mehr als 20 Jahre andauernden Substitutionstherapie überhaupt noch ein zulässiges Therapieziel (vgl. § 5 Abs. 1 BtMVV) verfolgt werden konnte.
63
dd) Fälle 72 bis 77, 79 bis 84, 87 bis 101, 103 bis 107, 113, 114, 116, 118 und 119 (Patient K. – B.IV. der Urteilsgründe)
64
Nach den unter B.II.2.b.aa. dargestellten Maßstäben hat das Tatgericht in sämtlichen den später verstorbenen Patienten K. betreffenden, noch verfahrensgegenständlichen Fällen die Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a BtMG rechtsfehlerfrei angenommen. Es fehlte sämtlich an den für eine begründete Anwendung gemäß § 13 Abs. 1 BtMG erforderlichen Vo- raussetzungen einer Substitutionstherapie im Take-Home-Verfahren. Es mangelte jeweils an der erforderlichen Sorgfalt der Substitutionsbehandlung und an der notwendigen Zuverlässigkeit des Patienten, derer es bedarf, um eine Einnahme des Substitutionsmittels außerhalb der in § 5 Abs. 5 bis 7 BtMVV genannten Rahmenbedingungen zu gestatten.
65
(1) In den Fällen 87 bis 89 sowie 103 und 106 erfolgten Verschreibungen , obwohl zuvor durchgeführte Drogentests jeweils ein negatives Ergebnis auf Methadon erbracht hatten. Dem Angeklagten war damit eine nicht bestimmungsgemäße , nämlich unterbliebene Verwendung des verschriebenen Substitutionsmittels bekannt. Dem kommt bei der Beurteilung einer begründeten Anwendung von Betäubungsmitteln im Rahmen der Substitutionstherapie erhebliche Bedeutung zu. § 13 BtMG bezweckt wie die Regelungen der Betäubungsmittel -Verschreibungsverordnung, die Sicherheit und Kontrolle des legalen Betäubungsmittelverkehrs zu gewährleisten (Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, aaO, § 13 Rn. 2). Es soll gerade verhindert werden, dass außerhalb der therapeutischen Anwendung verbotene Betäubungsmittel aufgrund ärztlicher Verschreibungen auf den illegalen Markt gelangen, indem Substitutionspatienten die ihnen verschriebenen Medikamente nicht einnehmen, sondern in Verkehr bringen. Unter anderem um dieser Gefahr zu begegnen, sieht § 5 Abs. 5 bis 7 BtMVV für die Substitutionstherapie – wie dargelegt – grundsätzlich lediglich die Überlassung des Substitutionsmittels zum unmittelbaren kontrollierten Verbrauch vor. Die Verschreibung eines Rezepts im Take-Home-Verfahren, bei der die Einnahme des verordneten Mittels gerade ohne (weitere) Kontrolle erfolgt, setzt deshalb gemäß § 5 Abs. 8 BtMVV die Zuverlässigkeit des Patienten voraus. Unterbleibt die Einnahme, fehlt es an dieser Zuverlässigkeit und es droht gerade die Realisierung der Gefahr eines In-den-Markt-Gelangens außerhalb der Therapie unerlaubter Mittel. Setzt der Arzt trotz Kenntnis der Nichtein- nahme des Mittels durch den Patienten über einen gewissen Zeitraum das Take-Home-Verfahren fort, ist die Anwendung nicht mehr begründet.
66
(2) In weiteren Fällen (90 und 116 – sowie in den vom Rechtsmittelangriff ausgenommen) resultiert die unbegründete Anwendung aus dem Unterbleiben erforderlicher regelmäßiger Drogentests oder auf durch Tests nachgewiesenem und wegen der festgestellten Umstände nicht mehr beherrschbarem Beikonsum (Fälle 79 bis 84 sowie 107 und 114). Im Übrigen hat das Landgericht die Strafbarkeitsvoraussetzungen zutreffend auf den langandauernden, dem Angeklagten bekannten Mehrverbrauch (B.II.2.b.aa.) des Patienten gestützt.

III.

67
Soweit sich die Revision gegen die Strafzumessung des Tatgerichts wendet, hat das Rechtsmittel aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 1. Oktober 2013 dargelegten Gründen (dort Ziffer II.2.) keinen Erfolg.
68
Die Anordnung des auf die ärztliche Tätigkeit der Substitution drogenabhängiger Patienten beschränkten und auf fünf Jahre befristeten Berufsverbots (§ 70 Abs. 1 StGB) ist rechtsfehlerfrei.

C.

69
Die Revision der Staatsanwaltschaft bleibt ebenfalls ohne Erfolg.
70
Das Landgericht hat auf der Grundlage der von ihm rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zu Recht die Voraussetzungen einer Strafbarkeit des Angeklagten aus einem Tötungsdelikt wegen der Verschreibung von Methadon in den Fällen 121 bis 125 und des durch eine Überdosis Methadon eingetretenen Todes seines Patienten K. verneint. Es hat dabei zutreffend zwischen einer strafbaren täterschaftlichen Begehung eines Tötungsdelikts und einer straflosen Beteiligung an einer Selbstgefährdung bzw. Selbstverletzung des zu Tode gekommenen Rechtsgutsinhabers abgegrenzt.

I.

71
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unterfällt eine eigenverantwortlich gewollte und verwirklichte Selbstgefährdung grundsätzlich nicht den Tatbeständen eines Körperverletzungs- oder Tötungsdelikts, wenn sich das mit der Gefährdung vom Opfer bewusst eingegangene Risiko realisiert. Wer eine solche Gefährdung veranlasst, ermöglicht oder fördert, kann daher nicht wegen eines Körperverletzungs- oder Tötungsdelikts verurteilt werden ; denn er nimmt an einem Geschehen teil, welches – soweit es um die Strafbarkeit wegen Tötung oder Körperverletzung geht – kein tatbestandsmäßiger und damit kein strafbarer Vorgang ist (BGH, Urteile vom 14. Februar1984 – 1StR 808/83, BGHSt 32, 262, 264 f.; vom 7. August 1984 – 1 StR 200/84, NStZ 1985, 25, 26; vom 11. April 2000 – 1 StR 638/99, NStZ 2001, 205; vom 7. Februar 2001 – 5 StR 474/00, BGHSt 46, 279, 288 f.; vom 29. April 2009 – 1StR 518/08, BGHSt 53, 288, 290 Rn. 5; BGH, Beschluss vom 11. Januar 2011 – 5 StR 491/10, NStZ 2011, 341, 342). Diese Grundsätze gelten sowohl für die vorsätzliche als auch die fahrlässige Veranlassung, Ermöglichung oder Förderung einer eigenverantwortlichen Selbstgefährdung oder Selbstverletzung (einschließlich der Selbsttötung; vgl. BGH, Urteil vom 14. Februar 1984 – 1 StR 808/83, BGHSt 32, 262, 264 f.).

72
2. Maßgebend ist damit die Eigen- bzw. Freiverantwortlichkeit des Entschlusses des Rechtsgutsinhabers, sein Leben oder seine körperliche Unversehrtheit selbst zu gefährden oder zu verletzen. Fehlt es daran, kann sich der an dem entsprechenden Geschehen Beteiligende als Täter eines fahrlässigen oder vorsätzlichen Körperverletzungs- oder Tötungsdelikts strafbar machen.
73
In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist bereits über Konstellationen entschieden worden, in denen es an der Eigenverantwortlichkeit des sich selbst gefährdenden oder verletzenden Rechtsgutsinhabers fehlt und deshalb eine zur Täterschaft des sich Beteiligenden führende – normativ zu bestimmende – Handlungsherrschaft gegeben ist. Dies ist dann der Fall, wenn der sich beteiligende Dritte kraft überlegenen Fachwissens das Risiko besser erfasst als der sich selbst Gefährdende oder Verletzende (siehe BGH, Urteile vom 9. November 1984 – 2 StR 257/84, NStZ 1985, 319, 320; vom 11. April 2000 – 1 StR 638/99, NStZ 2001, 205; vom 29. April 2009 – 1 StR 518/08, BGHSt 53, 288, 290; BGH, Beschluss vom 11. Januar 2011 – 5 StR 491/10, NStZ 2011, 341, 342). Ein solches überlegenes Wissen kommt vor allem bei einem Irrtum des sich Gefährdenden in Betracht (BGH aaO NStZ 2011, 341, 342); wobei es sich lediglich um für die Entscheidung zur Gefährdung oder Verletzung des Rechtsguts bedeutsame Irrtümer handeln kann. Darüber hinaus hat der Bundesgerichtshof die Eigenverantwortlichkeit ausgeschlossen, wenn der sich Gefährdende oder Verletzende infolge einer Intoxikation bzw. Intoxikationspsychose nicht (mehr) zu einer hinreichenden Risikobeurteilung und -abwägung in der Lage ist (vgl. BGH, Urteile vom 27. November 1985 – 3 StR 426/85, NStZ 1986, 266, 267; vom 29. April 2009 – 1 StR 518/08, BGHSt 53, 288, 290 Rn. 7; BGH, Beschluss vom 11. Januar 2011 – 5 StR 491/10, NStZ 2011, 341, 342).

II.

74
Unter Anwendung dieser Grundsätze hat das Landgericht eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen eines Tötungsdelikts zu Lasten seines Patienten Karlin ohne Rechtsfehler verneint.
75
1. In tatsächlicher Hinsicht hat der später zu Tode gekommene K. durch die intravenöse Einnahme von drei Fläschchen Methadon eine selbstschädigende Handlung vorgenommen. Das Landgericht ist daher im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, zu einem strafbaren Verhalten des Angeklagten durch die Verschreibung von Methadon lediglich bei fehlender Eigenverantwortlichkeit K. s bei der Vornahme der Injektion gelangen zu können.
76
2. Fehlende Eigenverantwortlichkeit lässt sich angesichts der Feststellungen des Tatgerichts jedoch unter keinem der vorstehend genannten Gesichtspunkte annehmen.
77
a) Ein zur täterschaftlichen Begehung eines Tötungsdelikts durch den Angeklagten führendes, gegenüber K. überlegenes Sachwissen liegt nicht vor.
78
Das Landgericht hat insoweit festgestellt, dass der Patient bereits seit mehreren Jahren die ihm verschriebenen Substitutionsmittel nicht wie vorgesehen oral, sondern intravenös über die Beinvenen einnahm. Er war daher gerade bei dieser Anwendungsform erfahren (UA S. 22). Ihm waren die Risiken dieser Anwendungsform sowie diejenigen einer Überdosierung bekannt.
79
Diese Feststellungen konnte das Landgericht ohne revisiblen Rechtsfehler auf die als detailliert und glaubhaft bewerteten Aussagen der Ehefrau K. s stützen. Lücken oder Widersprüche in der Beweiswürdigung liegen nicht vor. Aus dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen und der ihnen zugrunde liegenden Beweiswürdigung lässt sich ableiten, dass dem Patienten auch das Risiko bekannt gewesen ist, durch eine zu hohe Dosis Methadon, insbesondere bei intravenöser Einnahme, sterben zu können.
80
Ob er Kenntnis über eventuell in der medizinischen Wissenschaft vorhandene Erkenntnisse hinsichtlich erfahrungsgemäß zum Tod führender Dosen von Methadon oder Levomethadon hatte, ist zwar nicht festgestellt. Darauf kommt es aber für die Eigenverantwortlichkeit der Entscheidung zur Einnahme von drei Fläschchen Methadon auch nicht an. Maßgebend ist, ob der sich selbst Gefährdende bzw. Verletzende das rechtsgutsbezogene Risiko seines Verhaltens zutreffend eingeschätzt hat. Dafür bedarf es – jedenfalls bei den sonstigen festgestellten Umständen des Einzelfalls – nicht der exakten medizinischen Wirkzusammenhänge zwischen der Einnahme eines bei Überdosierung als lebensgefährlich bekannten Mittels und den Auswirkungen auf das eigene Leben und die eigene körperliche Unversehrtheit.
81
Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof auch bereits entschieden, dass es der Eigenverantwortlichkeit nicht entgegensteht, wenn die sich selbst gefährdende Person bei grundsätzlich vorhandener Kenntnis über die Risiken der Einnahme von ihnen bekannten Stoffen nicht über sämtliche vorhandenen Risiken aufgeklärt war (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Januar 2011 – 5 StR 491/10, NStZ 2011, 341, 342).
82
Auch wenn der Angeklagte genauere Erkenntnisse über die – falls medizinisch überhaupt generell benennbar – regelmäßig tödliche Dosis bei der Ein- nahme von Methadon oder Levomethadon als sein Patient K. gehabt haben sollte, stünde dies der Eigenverantwortlichkeit K. s bei der Einnahme der zu seinem Tod führenden Dosis Methadon nicht entgegen. Das Tatgericht war daher nicht gehalten, weitergehende Feststellungen darüber zu treffen.
83
b) Die Feststellungen ergeben auch keine aufgrund der allgemein bestehenden Opiatabhängigkeit oder den Folgen des der übermäßigen Methadoneinnahme vorausgehenden Strafvollzuges eingetretene Einschränkung der Fähigkeit des Patienten K. , eigenverantwortlich das Risiko seines selbstgefährdenden Verhaltens einzuschätzen und abzuwägen. K. stand bei der Einnahme des zum Tode führenden Methadons nicht unter dem Einfluss von Alkohol oder von unerlaubten Betäubungsmitteln (UA S. 21).
84
c) Ob eine relevante Einschränkung der Fähigkeit zu freiverantwortlicher Entscheidung über die Vornahme als risikoreich erkannten selbstgefährdenden Verhaltens bei Vorliegen von akuten körperlichen Entzugserscheinungen oder bei Angst vor solchen aufgrund früher erlebter Wirkungen des Entzugs (vgl. dazu für den Fall der Einschränkung der Schuldfähigkeit bei Straftatbegehung durch Abhängige BGH, Urteil vom 2. November 2005 – 2 StR 389/05, NStZ 2006, 151, 152) eintreten kann, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Solche Umstände hat das Tatgericht nicht festgestellt. Die getroffenen Feststellungen erlauben auch keinen tragfähigen Rückschluss auf einen derartigen Zustand des Patienten nach seiner Entlassung aus der Justizvollzugsanstalt am 29. August 2011. Die planmäßige Beschaffung eines größeren Vorrats des Substitutionsmittels unter Einschaltung seiner Ehefrau lässt unter Berücksichtigung der sonstigen Feststellungen keinen Schluss auf eine durch Suchtdruck – in dem vorgenannten Sinne – hervorgerufene Einschränkung der Fähigkeit zu eigenverantwortlichem Handeln im Umgang mit den verschriebenen Substitutionsmitteln zu. Ausweislich der mitgeteilten Ergebnisse der durchgeführten Dro- gentests hatte K. auch bereits früher über längere Zeiten hinweg das Substitutionsmittel gerade nicht eingenommen. Der festgestellte Umfang des durch Tests nachgewiesenen (Bei)Konsums verbotener Betäubungsmittel trägt zwar die Bewertung, der Patient sei unzuverlässig und daher nicht für das TakeHome -Verfahren geeignet. Anhaltspunkte dahingehend, dass der Patient die Kontrolle über sich und damit die Fähigkeit zu freiverantwortlicher, risikoabwägender Entscheidung verlieren werde, lassen sich dem jedoch nicht entnehmen.
85
Soweit die Staatsanwaltschaft nähere Feststellungen über das Vorhandensein von erheblichen Entzugserscheinungen bei dem Patienten K. nach dem Ende des Strafvollzuges im August 2011 vermisst, hätte es der Erhebung einer entsprechenden Aufklärungsrüge bedurft.
86
d) Die getroffenen Feststellungen schließen auch eine sukzessive Einnahme der drei Fläschchen Methadon, bei der nach der ersten Einnahme die Eigenverantwortlichkeit durch die Wirkungen des Mittels beeinträchtigt gewesen sein könnte, aus.
87
3. Soweit dem Urteil des Senats vom 18. Juli 1978 (1 StR 209/78, JR 1979, 429) über die Besonderheiten des dortigen konkreten Falles hinaus allgemein die Rechtsauffassung entnommen werden könnte, die aus der Behandlung eines opiatabhängigen Patienten resultierende Garantenpflicht des behan- delnden Substitutionsarztes begründe eine „besondere Sorgfaltspflicht“ des Arztes, Schaden von seinem Patienten abzuwenden, und führe – unabhängig von der Freiverantwortlichkeit des Patienten – stets zu einer Täterschaft begründenden Herrschaft des Arztes über das selbstschädigende Verhalten des Patienten, wäre daran nicht festzuhalten.

III.

88
Angesichts der fehlenden Zurechenbarkeit des Todes des Patienten K. zum Verhalten des Angeklagten war das Tatgericht unter Berücksichtigung der sonst getroffenen Feststellungen nicht gehalten, einen unbeschriebenen besonders schweren Fall gemäß § 29 Abs. 3 Satz 1 BtMG in Betracht zu ziehen. Die Strafzumessung weist auch im Übrigen keine Rechtsfehler auf. Raum Rothfuß Graf RinBGH Cirener ist erkrankt und deshalb an der Unterschriftsleistung gehindert. Raum Radtke

(1) Substitution im Sinne dieser Verordnung ist die Anwendung eines Substitutionsmittels. Substitutionsmittel im Sinne dieser Verordnung sind ärztlich verschriebene Betäubungsmittel, die bei einem opioidabhängigen Patienten im Rahmen eines Therapiekonzeptes zur medizinischen Behandlung einer Abhängigkeit, die durch den Missbrauch von erlaubt erworbenen oder durch den Missbrauch von unerlaubt erworbenen oder erlangten Opioiden begründet ist, angewendet werden.

(2) Im Rahmen der ärztlichen Therapie soll eine Opioidabstinenz des Patienten angestrebt werden. Wesentliche Ziele der Substitution sind dabei insbesondere

1.
die Sicherstellung des Überlebens,
2.
die Besserung und Stabilisierung des Gesundheitszustandes,
3.
die Abstinenz von unerlaubt erworbenen oder erlangten Opioiden,
4.
die Unterstützung der Behandlung von Begleiterkrankungen oder
5.
die Verringerung der durch die Opioidabhängigkeit bedingten Risiken während einer Schwangerschaft sowie während und nach der Geburt.

(3) Ein Arzt darf einem Patienten Substitutionsmittel unter den Voraussetzungen des § 13 Absatz 1 des Betäubungsmittelgesetzes verschreiben, wenn er die Mindestanforderungen an eine suchtmedizinische Qualifikation erfüllt, die von den Ärztekammern nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft festgelegt werden (suchtmedizinisch qualifizierter Arzt). Zudem muss er die Meldeverpflichtungen nach § 5b Absatz 2 erfüllen.

(4) Erfüllt der Arzt nicht die Mindestanforderungen an eine suchtmedizinische Qualifikation nach Absatz 3 Satz 1 (suchtmedizinisch nicht qualifizierter Arzt), muss er zusätzlich zu der Voraussetzung nach Absatz 3 Satz 2

1.
sich zu Beginn der Behandlung mit einem suchtmedizinisch qualifizierten Arzt abstimmen sowie
2.
sicherstellen, dass sich sein Patient zu Beginn der Behandlung und mindestens einmal in jedem Quartal dem suchtmedizinisch qualifizierten Arzt nach Nummer 1 im Rahmen einer Konsiliarbehandlung vorstellt.
Ein suchtmedizinisch nicht qualifizierter Arzt darf gleichzeitig höchstens zehn Patienten mit Substitutionsmitteln behandeln. Er darf keine Behandlung nach § 5a durchführen.

(5) Im Vertretungsfall soll der substituierende Arzt von einem suchtmedizinisch qualifizierten Arzt vertreten werden. Gelingt es dem substituierenden Arzt nicht, einen Vertreter nach Satz 1 zu bestellen, so kann er von einem suchtmedizinisch nicht qualifizierten Arzt vertreten werden. In diesem Fall darf die Vertretung einen zusammenhängenden Zeitraum von bis zu vier Wochen und höchstens insgesamt zwölf Wochen im Jahr umfassen. Der Vertreter hat sich mit dem zu vertretenden Arzt grundsätzlich vor Beginn des Vertretungsfalles abzustimmen. Notfallentscheidungen bleiben in allen Vertretungsfällen unberührt. Der Vertreter fügt den Schriftwechsel sowie die sonstigen Aufzeichnungen zwischen den an der Vertretung beteiligten Ärzten der Dokumentation nach Absatz 11 bei. Der Vertreter nach Satz 2 darf im Rahmen seiner Vertretung keine Behandlung nach § 5a durchführen.

(6) Als Substitutionsmittel im Sinne von Absatz 1 darf der substituierende Arzt nur Folgendes verschreiben:

1.
ein zur Substitution zugelassenes Arzneimittel, das nicht den Stoff Diamorphin enthält,
2.
eine Zubereitung von Levomethadon, von Methadon oder von Buprenorphin oder
3.
in begründeten Ausnahmefällen eine Zubereitung von Codein oder Dihydrocodein.
Die in Satz 1 genannten Substitutionsmittel dürfen nicht zur intravenösen Anwendung bestimmt sein. Die Verschreibung eines in Satz 1 genannten Substitutionsmittels ist mit dem Buchstaben „S“ zu kennzeichnen. Für die zur Substitution zugelassenen Arzneimittel mit dem Stoff Diamorphin gilt § 5a.

(7) Dem Patienten oder bei dem Patienten ist das vom Arzt verschriebene Substitutionsmittel von den in Absatz 9 Satz 1 und 2 bezeichneten Personen oder dem dort bezeichneten Personal in den in Absatz 9 Satz 1 und 2 genannten Einrichtungen zum unmittelbaren Verbrauch zu überlassen, zu verabreichen oder gemäß dem in der arzneimittelrechtlichen Zulassung vorgesehenen Verfahren anzuwenden. Im Fall des Verschreibens von Codein oder Dihydrocodein kann dem Patienten nach der Überlassung jeweils einer Dosis zum unmittelbaren Verbrauch die für einen Tag zusätzlich benötigte Menge des Substitutionsmittels in abgeteilten Einzeldosen ausgehändigt und ihm die eigenverantwortliche Einnahme gestattet werden, sofern dem Arzt keine Anhaltspunkte für eine nicht bestimmungsgemäße Einnahme des Substitutionsmittels vorliegen.

(8) Abweichend von Absatz 7 Satz 1 darf der substituierende Arzt dem Patienten Substitutionsmittel zur eigenverantwortlichen Einnahme gemäß den Feststellungen der Bundesärztekammer nach Absatz 11 Satz 1 Nummer 3 Buchstabe b verschreiben,

1.
sobald und solange er zu dem Ergebnis kommt, dass eine Überlassung des Substitutionsmittels zum unmittelbaren Verbrauch nach Absatz 7 nicht mehr erforderlich ist, oder
2.
ausnahmsweise, wenn
a)
die Kontinuität der Substitutionsbehandlung des Patienten nicht anderweitig gewährleistet werden kann,
b)
der Verlauf der Behandlung dies zulässt,
c)
Risiken der Selbst- oder Fremdgefährdung soweit wie möglich ausgeschlossen sind und
d)
die Sicherheit und Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs nicht beeinträchtigt werden.
Der substituierende Arzt darf dem Patienten Substitutionsmittel in der für bis zu sieben aufeinanderfolgende Tage benötigten Menge nach Satz 1 verschreiben. Im Fall von Satz 1 Nummer 1 darf er dem Patienten in begründeten Einzelfällen Substitutionsmittel in der für bis zu 30 aufeinanderfolgende Tage benötigten Menge nach Satz 1 verschreiben. Ein begründeter Einzelfall im Sinne des Satzes 3 kann nur durch einen medizinischen oder einen anderen Sachverhalt begründet sein. Ein durch einen anderen Sachverhalt begründeter Einzelfall liegt vor, wenn der Patient aus wichtigen Gründen, die seine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben oder seine Erwerbstätigkeit betreffen, darauf angewiesen ist, eine Verschreibung des Substitutionsmittels zur eigenverantwortlichen Einnahme für bis zu 30 Tage zu erhalten. Der Patient hat dem Substitutionsarzt diese Sachverhalte glaubhaft zu machen. Medizinische Sachverhalte, die einen Einzelfall begründen, werden durch die Bundesärztekammer nach Absatz 11 Satz 1 Nummer 3 Buchstabe b festgestellt. Der substituierende Arzt darf die Verschreibung nach Satz 1 im Rahmen einer persönlichen Konsultation an den Patienten aushändigen oder infolge einer telemedizinischen Konsultation an ihn übermitteln; die nach § 365 Absatz 1 Satz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vereinbarten Anforderungen an die technischen Verfahren zu Videosprechstunden sind einzuhalten. In einem Zeitraum von 30 Tagen hat mindestens eine persönliche Konsultation stattzufinden. Die Verschreibung ist nach dem Buchstaben „S“ zusätzlich mit dem Buchstaben „T“ zu kennzeichnen. Der substituierende Arzt kann patientenindividuelle Zeitpunkte festlegen, zu denen Teilmengen des verschriebenen Substitutionsmittels in der Apotheke an den Patienten oder an die Praxis des substituierenden Arztes abgegeben oder zum unmittelbaren Verbrauch überlassen werden sollen.

(9) Substitutionsmittel nach Absatz 6 Satz 1 dürfen nur von folgenden Personen dem Patienten zum unmittelbaren Verbrauch überlassen, ihm verabreicht oder bei ihm gemäß dem in der arzneimittelrechtlichen Zulassung vorgesehenen Verfahren angewendet werden:

1.
dem substituierenden Arzt in der Einrichtung, in der er ärztlich tätig ist,
2.
dem vom substituierenden Arzt in der Einrichtung nach Nummer 1 eingesetzten medizinischen Personal oder
3.
dem medizinischen, pharmazeutischen, pflegerischen oder in begründeten Fällen, in denen die Abgabe nicht anderweitig gewährleistet werden kann, auch anderem geeigneten Personal, das vom substituierenden Arzt eingewiesen wurde, in
a)
einer stationären Einrichtung der medizinischen Rehabilitation,
b)
einem Gesundheitsamt,
c)
einem Alten- oder Pflegeheim,
d)
Anstalten und Einrichtungen des Justizvollzugs,
e)
einem Hospiz oder
f)
einer anderen geeigneten Einrichtung, die zu diesem Zweck von der zuständigen Landesbehörde anerkannt sein muss,
sofern der substituierende Arzt nicht selber in der jeweiligen Einrichtung tätig ist und er mit der jeweiligen Einrichtung eine Vereinbarung getroffen hat.
Außerdem darf ein Substitutionsmittel nach Absatz 6 Satz 1 dem Patienten zum unmittelbaren Verbrauch überlassen, ihm verabreicht oder bei ihm gemäß dem in der arzneimittelrechtlichen Zulassung vorgesehenen Verfahren angewendet werden
1.
bei einem Hausbesuch
a)
vom substituierenden Arzt oder dem von ihm eingesetzten medizinischen Personal oder
b)
vom medizinischen oder pflegerischen Personal, das von einem ambulanten Pflegedienst oder von einer Einrichtung der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung eingesetzt wird, sofern der substituierende Arzt für diesen Pflegedienst oder diese Einrichtung nicht selber tätig ist und er mit diesem Pflegedienst oder dieser Einrichtung eine Vereinbarung getroffen hat,
2.
in einer Apotheke von dem Apotheker oder von dem dort eingesetzten pharmazeutischen Personal, sofern der substituierende Arzt mit dem Apotheker eine Vereinbarung getroffen hat,
3.
in einem Krankenhaus von dem dort eingesetzten medizinischen oder pflegerischen Personal, sofern der substituierende Arzt für dieses Krankenhaus nicht selber tätig ist und er mit dem Krankenhaus eine Vereinbarung getroffen hat, oder
4.
in einer staatlich anerkannten Einrichtung der Suchtkrankenhilfe von dem dort eingesetzten und dafür ausgebildeten Personal, sofern der substituierende Arzt für diese Einrichtung nicht selber tätig ist und er mit der Einrichtung eine Vereinbarung getroffen hat.
Der substituierende Arzt hat sicherzustellen, dass das Personal nach den Sätzen 1 und 2 fachgerecht in das Überlassen des Substitutionsmittels zum unmittelbaren Verbrauch, in dessen Verabreichung oder dessen Anwendung gemäß dem in der arzneimittelrechtlichen Zulassung vorgesehenen Verfahren eingewiesen wird; eine invasive Verabreichung darf nur durch das in der arzneimittelrechtlichen Zulassung vorgesehene Personal erfolgen. Die Vereinbarung nach den Sätzen 1 und 2 hat schriftlich oder elektronisch zu erfolgen und muss bestimmen, wie das eingesetzte Personal einer Einrichtung nach den Sätzen 1 und 2 fachlich eingewiesen wird und muss daneben mindestens eine verantwortliche Person in der jeweiligen Einrichtung benennen sowie Regelungen über die Kontrollmöglichkeiten durch den substituierenden Arzt enthalten. Der substituierende Arzt darf die benötigten Substitutionsmittel in den in den Sätzen 1 und 2 genannten Einrichtungen unter seiner Verantwortung lagern. Die Einwilligung des über die jeweiligen Räumlichkeiten Verfügungsberechtigten bleibt unberührt.

(10) Der substituierende Arzt hat die Erfüllung seiner Verpflichtungen nach den Absätzen 1 bis 9 sowie nach § 5a Absatz 1 bis 4 und § 5b Absatz 2 und 4 gemäß den von der Bundesärztekammer nach Absatz 11 Satz 3 bestimmten Anforderungen zu dokumentieren. Die Dokumentation ist auf Verlangen der zuständigen Landesbehörde zur Einsicht und Auswertung vorzulegen oder einzusenden.

(11) Die Bundesärztekammer stellt den allgemein anerkannten Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft für die Substitution in einer Richtlinie fest, insbesondere für

1.
die Ziele der Substitution nach Absatz 2,
2.
die allgemeinen Voraussetzungen für die Einleitung und Fortführung einer Substitution nach Absatz 1 Satz 1,
3.
die Erstellung eines Therapiekonzeptes nach Absatz 1 Satz 2, insbesondere
a)
die Auswahl des Substitutionsmittels nach Absatz 1 Satz 2 und Absatz 6,
b)
die Voraussetzungen für das Verschreiben des Substitutionsmittels zur eigenverantwortlichen Einnahme nach den Absatz 8,
c)
die Entscheidung über die Erforderlichkeit einer Einbeziehung psychosozialer Betreuungsmaßnahmen sowie
d)
die Bewertung und Kontrolle des Therapieverlaufs.
Daneben kann die Bundesärztekammer nach dem allgemein anerkannten Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft weitere als die in Absatz 2 Satz 2 bezeichneten wesentliche Ziele der Substitution in dieser Richtlinie feststellen. Sie bestimmt auch die Anforderungen an die Dokumentation der Substitution nach Absatz 10 Satz 1 in dieser Richtlinie. Die Einhaltung des allgemein anerkannten Standes der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft wird vermutet, wenn und soweit die Feststellungen nach den Sätzen 1 und 2 beachtet worden sind.

(12) Vor der Entscheidung der Bundesärztekammer über die Richtlinie nach Absatz 11 Satz 1 bis 3 ist dem Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 91 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem allgemein anerkannten Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft für die Substitution zu geben. Die Stellungnahme ist von der Bundesärztekammer in ihre Entscheidung über die Richtlinie nach Absatz 11 Satz 1 bis 3 einzubeziehen.

(13) Die Bundesärztekammer hat dem Bundesministerium für Gesundheit die Richtlinie nach Absatz 11 Satz 1 bis 3 zur Genehmigung vorzulegen. Änderungen der vom Bundesministerium für Gesundheit genehmigten Richtlinie sind dem Bundesministerium für Gesundheit von der Bundesärztekammer ebenfalls zur Genehmigung vorzulegen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann von der Bundesärztekammer im Rahmen des Genehmigungsverfahrens zusätzliche Informationen und ergänzende Stellungnahmen anfordern. Das Bundesministerium für Gesundheit macht die genehmigte Richtlinie und genehmigte Änderungen der Richtlinie im Bundesanzeiger bekannt.

(14) Die Absätze 3 bis 10 sind entsprechend anzuwenden, wenn das Substitutionsmittel aus dem Bestand des Praxis- oder Stationsbedarfs zum unmittelbaren Verbrauch überlassen oder nach Absatz 7 Satz 2 ausgehändigt wird.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 494/13
vom
28. Januar 2014
BGHSt: ja
BGHR: ja
Nachschlagewerk: ja
Veröffentlichung: ja
__________________________
BtMG § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a, § 13 Abs. 1
1. Zur "begründeten Anwendung" im Sinne von § 13 Abs. 1 BtMG bei der ärztlichen
Verschreibung von Betäubungsmitteln im Rahmen der Substitutionstherapie opiatabhängiger
Patienten.
2. Die Stellung als behandelnder Substitutionsarzt eines opiatabhängigen Patienten
als solche begründet keine Handlungsherrschaft des Arztes bei missbräuchlicher
Verwendung des verschriebenen Substitutionsmedikaments durch den Patienten.
Ein Arzt kann in solchen Konstellationen lediglich als Täter eines Körperverletzungsoder
Tötungsdelikts strafbar sein, wenn die selbstschädigende oder selbstgefährdende
Handlung des Patienten nicht eigenverantwortlich erfolgte.
BGH, Urteil vom 28. Januar 2014 - 1 StR 494/13 - LG Deggendorf
in der Strafsache
gegen
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
28. Januar 2014, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Dr. Raum
und die Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß,
Dr. Graf,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Cirener,
der Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Radtke,
Erster Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung -,
Rechtsanwalt - in der Verhandlung -
als Verteidiger,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Deggendorf vom 22. März 2013 werden verworfen. 2. Der Angeklagte trägt die Kosten seines Rechtsmittels. Die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft und die hierdurch dem Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Verschreibens von Betäubungsmitteln in 125 Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 360 Tagessätzen zu je 110,00 Euro verurteilt. Zugleich hat es ihm für die Dauer von fünf Jahren untersagt, als Arzt drogenabhängige Patienten zu substituieren. Im Übrigen ist er freigesprochen worden.
2
Der Angeklagte wendet sich mit seiner Revision gegen die Verurteilung in 100 der ihm zur Last gelegten Fälle. Die Verurteilung in den sonstigen Fällen sowie den Maßregelausspruch hat er von seinem Rechtsmittelausgenommen. Die Staatsanwaltschaft beanstandet mit ihrer Revision, dass der Angeklagte nicht wegen eines Tötungsdelikts aufgrund des Todes eines von ihm substituierten Patienten verurteilt worden ist. Zudem rügt sie die Strafzumessung sowohl hinsichtlich der Einzelstrafen als auch der Gesamtstrafe.
3
Die Rechtsmittel bleiben ohne Erfolg.

A.

4
Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

I.

5
1. Der Angeklagte behandelte in seiner ärztlichen Praxis opiatabhängige Substitutionspatienten. Er führte bei diesen jeweils ordnungsgemäße Eingangsuntersuchungen durch und sorgte für deren psycho-soziale Betreuung. In den der Verurteilung zugrunde liegenden Einzelfällen verschrieb er zwischen Januar 2008 und August 2011 vier seiner Patienten die Substitutionsmittel Methadon oder Levomethadon im Rahmen von sog. Take-Home-Verordnungen. Bei dieser Art der Verordnung wird den Patienten eine Verschreibung über die für bis zu sieben Tage benötigte Menge des Mittels ausgehändigt und das Methadon diesen damit zur eigenverantwortlichen Einnahme überlassen (UA S. 23). In den verfahrensgegenständlichen Fällen hätten nach den Feststellungen und Wertungen des Tatgerichts Verschreibungen in diesem Verfahren nicht erfolgen dürfen. Die betroffenen Patienten waren entgegen den Voraussetzungen für Take-Home-Verschreibungen nicht stabil eingestellt. In einigen Einzelfällen fehlte es auch an der erforderlichen Kontrolle auf Beikonsum, also die zusätzliche Einnahme von unerlaubten Betäubungsmitteln zum Methadon. Teilweise hatten durchgeführte Tests auch den Nachweis von Beikonsum von verbotenen Betäubungsmitteln erbracht. In fünf den später an den Folgen der Methadoneinnahme verstorbenen Patienten K. betreffenden Fällen erfolgte die Verschreibung ohne einen persönlichen Kontakt zu diesem. Der Angeklagte nahm insgesamt billigend eine nicht ordnungsgemäße Verwendung des Methadons durch die vier betroffenen Patienten in Kauf.
6
2. Das Landgericht hat hinsichtlich der einzelnen Patienten Folgendes festgestellt:
7
a) Fälle 1 bis 35 (B.I. der Urteilsgründe)
8
Im Zeitraum zwischen Januar 2008 und Ende Juni 2009 verordnete der Angeklagte der Patientin H. in 35 Einzelfällen im Rahmen des TakeHome -Verfahrens Methadon, obwohl ihm bekannt war, dass die Patientin nicht stabil eingestellt war und sie ständig mehr Methadon konsumierte, als sie als Tagesdosen in den jeweiligen Verschreibungszeiträumen hätte zu sich nehmen dürfen. Den Mehrverbrauch dokumentierte der Angeklagte in einigen Fällen in der Patientenakte.
9
b) Fälle 36 bis 43 (B.II. der Urteilsgründe)
10
Zwischen Januar und Mai 2008 verschrieb der Angeklagte seinem Patienten He. in acht Einzelfällen Methadon im Take-Home-Verfahren. Dem Angeklagten war dabei bekannt, dass der Patient unzuverlässig und nicht stabil eingestellt war. Nach den weiteren Feststellungen des Tatgerichts hatten zwei Drogentests im Dezember 2007 ein negatives Ergebnis hinsichtlich Methadon erbracht. Damit wusste der Angeklagte um die fehlende Einnahme des Substitutionsmedikaments durch He. in diesem Monat. Tests Anfang und Ende 2008 waren zudem positiv auf THC ausgefallen.
11
c) Fälle 44 bis 65 (B.III. der Urteilsgründe)
12
Der Angeklagte verschrieb dem Patienten U. , der bereits seit rund 20 Jahren durch andere Ärzte verschriebene Substitutionsmedikamente eingenommen hatte, im Zeitraum von Anfang März bis Ende Dezember 2009 in 22 Einzelfällen durch Take-Home-Verordnung Methadon. Ihm war jedoch bekannt , dass bei dem Patienten Ende Februar 2009 ein Drogentest THC und ein weiterer Test rund vier Wochen später Benzodiazepine nachgewiesen hatte. Ein Drogentest Mitte Juni 2009 fiel wiederum positiv auf THC aus. In einer größeren Zahl von Einzelfällen hatte der Angeklagte den Mehrverbrauch des Patienten dokumentiert.
13
d) Fälle 66 bis 125 (B.IV. der Urteilsgründe)
14
Der zumindest seit 2005 opiatabhängige Patient K. befand sich ab dem Sommer 2009 in der Substitutionsbehandlung bei dem Angeklagten. Der Patient nahm das Methadon intravenös über seine Beinvenen ein.
15
Zwischen Mitte Januar 2010 und dem 22. August 2011 verschrieb der Angeklagte dem Patienten in 60 Einzelfällen Methadon. Im Jahr 2010 nahm er bei K. insgesamt acht Drogentests vor. Sechs dieser Tests wiesen kein Me- thadon nach. Dem Angeklagten war damit bekannt, dass „K. dasihm ver- ordnete Medikament nicht bestimmungsgemäß einnahm“ (UA S. 14). Der letzte, am 21. Oktober 2010 durchgeführte Test erbrachte wiederum ein Negativergebnis bezüglich Methadon. Die Ergebnisse der beiden weiteren Tests wiesen THC bzw. Benzodiazepine nach.
16
Die Verschreibung von Methadon an den Patienten erfolgte in der ganz überwiegenden Zahl der Fälle jeweils nach persönlichem Kontakt mit ihm. In den Fällen 121 bis 125 im Zeitraum von Mitte Juli bis Mitte August 2011 be- stand ein solcher Kontakt jedoch nicht. K. befand sich in diesem Zeitraum in der Justizvollzugsanstalt. Gegenüber dem Angeklagten hatte er vorgegeben, in der fraglichen Zeit in Oberbayern zu arbeiten, und ihn deshalb gebeten, die Methadonrezepte an seine (K. s) Ehefrau zu übergeben. Diesem Wunsch kam der Angeklagte nach. Die Ehefrau beschaffte das verschriebene Methadon in der Apotheke.
17
Nach der Entlassung des Patienten aus der Justizvollzugsanstalt Ende August 2011 waren in seiner Wohnung 35 Fläschchen Methadon vorhanden. In der Nacht vom 1. auf den 2. September 2011 wurde er dort tot aufgefunden. Er hatte den Inhalt von zumindest drei Fläschchen Methadon intravenös eingenommen und war an den Folgen der Überdosis gestorben.

II.

18
Das Landgericht hat in sämtlichen genannten Einzelfällen eine Strafbarkeit des Angeklagten aus § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a in Verbindung mit § 13 Abs. 1 BtMG und § 5 BtMVV (in der jeweils im Tatzeitraum maßgeblichen Fassung) angenommen. Dagegen hat es den Angeklagten nicht wegen eines Tötungsdelikts im Hinblick auf den Tod des Patienten K. verurteilt. Zudem hat es den Angeklagten in weiteren sechs Fällen vom Vorwurf des Verstoßes gegen § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a BtMG – teils aus tatsächlichen, teils aus rechtlichen Gründen – freigesprochen.
19
1. Das Tatgericht hat die Strafbarkeit des Angeklagten nach dem Betäubungsmittelgesetz damit begründet, dass der auf der Grundlage der Verordnungsermächtigung in § 13 Abs. 3 Satz 1 BtMG erlassene § 5 BtMVV eine Verschreibung von Substitutionsmedikamenten lediglich unter bestimmten Voraus- setzungen zulässt. Nach den inhaltlich weitgehend übereinstimmenden, im Tatzeitraum geltenden drei Fassungen von § 5 BtMVV ist dem behandelnden Arzt eine Verschreibung über die für bis zu sieben Tage benötigte Menge des Substitutionsmittels gestattet, wenn und solange der Behandlungsverlauf dies zulässt sowie dadurch die Sicherheit und Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs nicht beeinträchtigt werden. Die ab dem 25. März 2009 geltende Fassung der Verordnung schließe in § 5 Abs. 8 Satz 4 BtMVV eine Verschreibung der bis zu sieben Tage benötigten Menge des Substitutionsmittels aus, wenn die Untersuchungen und Erhebungen des Arztes zu Erkenntnissen geführt haben, nach denen der Patient Stoffe konsumiert, die ihn zusammen mit der der Einnahme des Substitutionsmittels gefährden, dieser unter Berücksichtigung der Toleranzentwicklung noch nicht auf eine stabile Dosis eingestellt ist oder der Patient missbräuchlich Stoffe konsumiert.
20
Um die Vorgaben der Verordnung inhaltlich näher auszufüllen, hat das Landgericht auf die Richtlinien der Bundesärztekammer zur Durchführung der substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger zurückgegriffen. Einen zum Ausschluss der Take-Home-Verordnung führenden „nicht regelgerechten Vorfall“ (UA S. 24) hat es dabei vorallem bei der Feststellung von Beikonsum, eines Mehrverbrauchs oder eines negativen Methadontests angenommen. Das Tatgericht hat allerdings zugunsten des Angeklagten unter Abweichung der genannten Richtlinien lediglich einen Zeitraum von einem Monat zugrunde gelegt, in dem der Patient sich als zuverlässig erwiesen haben muss, um vom TakeHome -Verfahren Gebrauch machen zu können. Die Richtlinien der Bundesärztekammer sehen dagegen nach der Darlegung des Tatgerichts eine wenigstens sechsmonatige Zuverlässigkeit des Patienten vor.
21
2. a) Anhand dieser Maßstäbe stützt das Landgericht die Strafbarkeit des Angeklagten in den 35 die Patientin H. (B.I. der Urteilsgründe) betref- fenden Fällen unter Darlegung im Einzelnen jeweils auf den ihm bekannten und in einigen Fällen sogar in den Patientenunterlagen dokumentierten Mehrverbrauch.
22
b) In den den Patienten He. (B.II. der Urteilsgründe) betreffenden Fällen 36 bis 38 leitet das Tatgericht den Verstoß des Angeklagten gegen das Betäubungsmittelgesetz aus den diesem bekannten Ergebnissen der Drogentests im Dezember 2007 und Januar 2008 ab. Diese hatten teils ein negatives Ergebnis auf Methadon, teils positive Ergebnisse auf Beikonsum erbracht. Die Verschreibung im Fall 39 erfolgte, obwohl He. sich nach dem Drogentest Ende Januar 2008 (positives Ergebnis auf Benzodiazepine) sich noch nicht über einen Monat als zuverlässig erwiesen hatte. Entsprechendes gilt in den Fällen 41 bis 43. Die Verschreibungen erfolgten in einem Zeitraum von 14 Tagen nach einem positiv auf THC ausgefallenen Test. Für den Fall 40 stützt sich das Tatgericht auf den dem Angeklagten bekannten Mehrverbrauch des Patienten , der daher nicht stabil eingestellt war.
23
c) Hinsichtlich des Patienten U. (B.III. der Urteilsgründe) hat das Tatgericht die Strafbarkeitsvoraussetzungen in den Fällen 44 bis 50 auf den dem Angeklagten durch die Ergebnisse von Drogentests bekannten Beikonsum von THC bzw. Benzodiazepinen gestützt. In den Fällen 51 bis 65 hat es unter näheren Darlegungen die zum Ausschluss des Take-Home-Verfahrens führende Unzuverlässigkeit des Patienten aus dessen Mehrverbrauch abgeleitet. Dieser war dem Angeklagten bekannt, zumal er ihn in einigen Fällen in den Patientenunterlagen dokumentiert hatte.
24
d) In Bezug auf die 60 den Patienten K. (B.IV. der Urteilsgründe) betreffenden Fälle hat das Tatgericht die Voraussetzungen der Strafbarkeit aus § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a i.V.m. § 13 Abs. 1 BtMG und § 5 BtMVV jeweils auf unterschiedliche Erwägungen gestützt.
25
In den Fällen 66 bis 69, 86 bis 89, 103 bis 106 hätten durchgeführte Drogentests jeweils ein negatives Ergebnis auf Methadon erbracht. Dementsprechend sei dem Angeklagten die nicht bestimmungsgemäße Verwendung des Substitutionsmedikaments durch den Patienten bekannt gewesen. Zudemläge in den Fällen 96 bis 102 neben einem Mehrverbrauch und dem daraus abzuleitenden Fehlen einer stabilen Einstellung des Patienten ebenfalls ein negatives Drogentestergebnis auf Methadon vor. Daraus ergebe sich zusätzlich das Fehlen der Voraussetzungen für das Take-Home-Verfahren.
26
Hinsichtlich der Fälle 70 und 71 sowie 78, 85, 90 und 115 bis 117 habe der Angeklagte nicht die monatlich zur Überprüfung der Zuverlässigkeit des Patienten notwendigen Drogentests durchgeführt. Deshalb hätten in den genannten Fällen keine Take-Home-Verordnungen erfolgen dürfen.
27
In den Fällen 72 bis 77, 91 bis 102 sowie 118 bis 120 hat das Tatgericht jeweils darauf abgestellt, dass bei dem Patienten ein dem Angeklagten bekannter , teils von ihm in den Patientenunterlagen vermerkter Mehrkonsum vorliege, aus dem sich das Fehlen einer ausreichend stabilen medikamentösen Einstellung des Patienten ergebe. Hinsichtlich der Fälle 96 bis 102 gründet sich die Unzuverlässigkeit des Patienten zudem auf das negativ auf Methadon ausgefallene Testergebnis.
28
Für die Fälle 79 bis 84 und 107 bis 114 hat sich das Tatgericht auf die den Nachweis von THC bzw. Benzodiazepine erbringenden Ergebnisse von Drogentests gestützt. Wegen des dem Angeklagten bekannten Beikonsums hätte er von dem Take-Home-Verfahren erst wieder Gebrauch machen dürfen, wenn sich der Patient K. für wenigstens einen Monat als zuverlässig erwiesen hätte.
29
Die Verschreibungen in den Fällen 121 bis 125 seien ohne den erforderlichen persönlichen Kontakt zu dem Patienten erfolgt.
30
3. Die Voraussetzungen einer tateinheitlich mit den Betäubungsmitteldelikten in den Fällen 121 bis 125 verwirklichten fahrlässigen Tötung (§ 222 StGB) des Angeklagten zu Lasten seines Patienten K. hat das Tatgericht verneint. Es liege eine Konstellation sog. eigenverantwortlicher Selbstgefährdung des zu Tode gekommenen Patienten vor. Bei dieser sei eine Strafbarkeit des daran Mitwirkenden, hier des Angeklagten, lediglich dann zu begründen, wenn er kraft überlegenen „Fachwissens“ das Risiko des selbstgefährdenden Verhaltens besser erfasst habe, als der sich Selbstgefährdende. Dies hat das Landgericht im Hinblick auf die Aussage der Ehefrau des verstorbenen Patienten K. verneint. Dieser habe Methadon bereits seit Jahren intravenös eingenommen und die damit verbundenen Risiken, auch die einer Überdosierung, gekannt. Gegen einen seine freie Willensentschließung beeinträchtigenden Zustand spreche, dass K. die Beschaffung von Substitutionsmedikamenten mit Hilfe seiner Ehefrau für die Dauer seiner Haft planmäßig vorbereitet habe.

III.

31
Gegen dieses Urteil wenden sich sowohl der Angeklagte mit seiner auf die Sachrüge gestützten, im Umfang beschränkten Revision als auch die Staatsanwaltschaft mit ihrem zu Ungunsten des Angeklagten eingelegten Rechtsmittel.

32
Der Angeklagte hat die Verurteilungen in den fehlende oder negativ auf Methadon ausgefallene Drogentests betreffenden Fällen 36 bis 38, 66 bis 71, 78, 85, 86, 102, 108 bis 112, 115, 117 und 121 bis 125 sowie den Maßregelausspruch von seinem Rechtsmittelangriff ausgenommen. Hinsichtlich der verbleibenden Fälle wendet sich die Revision u.a. dagegen, dass das Tatgericht die Strafbarkeitsvoraussetzungen auf den dem Angeklagten bekannten Beikonsum von Rauschgiften bzw. auf die fehlende klinische Stabilität der betroffenen Patienten gestützt hat.
33
Die Staatsanwaltschaft beanstandet, dass der Angeklagte wegen der zwischen dem 25. Juli und dem 22. August 2011 (Fälle 121 bis 125) erfolgten Verschreibungen von Methadon für den Patienten K. nicht wegen eines Tötungsdelikts verurteilt worden ist. Darüber hinaus macht sie geltend, die Einzelstrafen und die Gesamtstrafe würden dem Unrechtsgehalt der Taten nicht gerecht.

B.

34
Die Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg.

I.

35
Ob die Beschränkung der Revision des Angeklagten auch auf den Maßregelausspruch wirksam ist, kann dahinstehen, weil sein Rechtsmittel insgesamt ohne Erfolg bleibt.

II.

36
Das Landgericht hat auf der Grundlage rechtsfehlerfrei getroffener Feststellungen in sämtlichen noch verfahrensgegenständlichen Fällen die Verschreibungen von Methadon bzw. L-Polamidon (Levomethadon) durch den Angeklagten zutreffend als gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a i.V.m. § 13 Abs. 1 BtMG strafbares Verhalten gewertet.
37
1. § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a BtMG stellt das gegen § 13 Abs. 1 BtMG verstoßende Verschreiben von Betäubungsmitteln unter Strafe. Die letztgenannte Vorschrift bestimmt, dass Ärzte die in Anlage III des Betäubungsmittelgesetzes genannten Stoffe – wie hier Methadon und L-Polamidon – nur dann verschreiben dürfen, wenn ihre Anwendung im oder am menschlichen Körper „begründet“ ist. Unter welchen Voraussetzungen eine im Sinne von § 13 Abs. 1 BtMG „begründete Anwendung“ dererfassten Betäubungsmittel anzunehmen ist, legt das Betäubungsmittelgesetz selbst in den Einzelheiten nicht fest. Konkretisierungen der begründeten Anwendungen von Betäubungsmitteln ergeben sich aus der auf der Verordnungsermächtigung in § 13 Abs. 3 BtMG beruhenden (Rechts)Verordnung über das Verschreiben, die Abgabe und den Nachweis des Verbleibs von Betäubungsmitteln (Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung [BtMVV] in den jeweils im Tatzeitraum geltenden Fassungen). Für die hier in Rede stehende Substitutionsbehandlung von opiatabhängigen Patienten durch Ärzte ergeben sich nähere Beschreibungen der „begründeten Anwendung“ von Betäubungsmitteln bei deren Verschreibung aus § 5 BtMVV. So gestaltet § 5 Abs. 1 BtMVV (in der seit 21. Juli 2009 geltenden Fassung sowie entsprechend die Vorgängerregelungen) die Ziele einer Substitutionsbehandlung aus; Abs. 2 beschreibt die für eine Verschreibung gemäß § 13 Abs. 1 BtMG erforderlichen Voraussetzungen im Einzelnen. In § 5 Abs. 8 BtMVV hat der Verordnungsgeber die Erfordernisse für die Anwendung der sog. TakeHome -Verordnung in den Details festgelegt. Entsprechende Vorgaben fanden sich auch in den vom Tatgericht jeweils herangezogenen, in den jeweiligen Tatzeiträumen geltenden früheren Fassungen der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung.
38
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a i.V.m. § 13 Abs. 1 BtMG im Hinblick auf die Anforderungen des Bestimmtheitsgrundsatzes des Art. 103 Abs. 2 GG bestehen nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Mai 1991 – 3 StR 8/91, BGHSt 37, 383, 384 f.; Urteil vom 2. Februar 2012 – 3 StR 321/11, NStZ 2012, 337, 338; siehe auch Nestler MedR 2009, 211, 215 sowie BGH, Urteil vom 8. Mai 1979 – 1 StR 118/79, BGHSt 29, 6, 8 hinsichtlich der Vorgängerregelung § 11 Abs. 1 Nr. 9 Buchst. a BtMG aF). Die näheren Voraussetzungen der Strafbarkeit dürfen in einer Rechtsverordnung geregelt werden, wenn diese – wie vorliegend die Betäubungsmittel -Verschreibungsverordnung – Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG entspricht (BVerfGE 14, 174, 185) und die die Strafvorschrift ausfüllende Rechtsverordnung ihrerseits den Anforderungen aus Art. 103 Abs. 2 GG an die inhaltliche Bestimmtheit genügt (vgl. BVerfG NStZ-RR 2002, 22; Radtke in Epping/ Hillgruber, GG, 2. Aufl., Art. 103 Rn. 29 mwN). Die Voraussetzungen der Strafbarkeit müssen sich allerdings bereits dem Straftatbestand als solchem entnehmen lassen. Der Verordnung dürfen lediglich Konkretisierungen überlassen bleiben (BVerfGE 75, 329, 342; siehe auch BVerfGE 14, 174, 185 f.).
39
Dem genügen § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a, § 13 Abs. 1 BtMG i.V.m. § 5 BtMVV. Mit den gesetzlichen Regelungen selbst wird hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass (u.a.) Ärzten die Verschreibung von in Anlage III des Betäubungsmittelgesetzes erfassten Betäubungsmitteln lediglich dann ge- stattet ist, wenn die Anwendung der entsprechenden Stoffe am oder im menschlichen Körper medizinisch begründet ist, also eine Indikation für eine solche Anwendung nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft besteht (vgl. BGH, Urteil vom 2. Februar 2012 – 3 StR 321/11, NStZ 2012, 337, 338). Der Bundesgerichtshof hat in der Sache damit weitgehend übereinstimmend auch bereits die frühere Regelung in § 11 Abs. 1 Nr. 9 Buchst. a BtMG 1972 dahingehend ausgelegt, dass eine begründete Verschreibung von Betäubungsmitteln durch einen Arzt vorliegt, wenn das Mittel nach den allgemeinen oder weitaus überwiegend anerkannten Regeln der ärztlichen Wissenschaft als Heilmittel für das Leiden des Patienten geeignet ist (BGH, Urteil vom 8. Mai 1979 – 1 StR 118/79, BGHSt 29, 6, 9 mwN; siehe auch BGH, Beschluss vom 17. Mai 1991 – 3 StR 8/91, BGHSt 37, 383, 384). Ob an der vorgenannten Auslegung auch für das geltende Recht in jeder Hinsicht festgehalten werden kann, bedarf vorliegend keiner Entscheidung (siehe bereits BGH aaO, BGHSt 37, 383, 384). Für die geltende Strafvorschrift lässt sich jedenfalls aus § 13 Abs. 1 Satz 2 BtMG, der im Sinne einer ultima ratio (BGH, Urteil vom 2. Februar 2012 – 3 StR 321/11, NStZ 2012, 337, 338; näher Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 7. Aufl., § 13 Rn. 20-23) eine Anwendung von Betäubungsmitteln bei Vorhandensein anderer Möglichkeiten der Zweckerreichung ausschließt, erkennen , dass die in § 13 Abs. 1 BtMG enthaltene Verhaltensnorm auf die medizinische Notwendigkeit einer (Substitutions-)Behandlung mit an sich verbotenen Betäubungsmitteln, also eine ärztliche Bewertung der Voraussetzungen einer solchen Behandlung, abstellt (Nestler aaO). Das legt das erlaubte Verhalten von Ärzten und anderen in § 13 BtMG genannten Berufsgruppen im Umgang mit Betäubungsmitteln bei der Substitutionsbehandlung im Gesetz selbst ausreichend bestimmt fest. Da die Strafvorschrift § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a BtMG an eine gegen § 13 Abs. 1 BtMG verstoßende Verschreibung anknüpft, entspricht sie ihrerseits dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot. Die inhaltlich klaren und sehr detaillierten Vorgaben in § 5 BtMVV stehen mit Art. 103 Abs. 2 GG ebenfalls in Einklang. In ihrem Zusammenspiel normieren § 13 BtMG und § 5 BtMVV die materiellen Voraussetzungen einer erlaubten ärztlichen Substitutionsbehandlung (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juni 2008 – 2 StR 577/07, BGHSt 52, 271, 273 Rn. 11) bei Anwendung ansonsten unerlaubter Stoffe in einer für den solche Behandlungen durchführenden Arzt eindeutig erkennbaren Weise.
40
2. Die Verschreibungen von Methadon bzw. L-Polamidon (Levomethadon ) an die betroffenen Patienten erfolgte in sämtlichen noch verfahrensgegenständlichen Fällen ohne Vorliegen der materiellen Voraussetzungen einer Substitutionsbehandlung Opiatabhängiger aus § 13 BtMG i.V.m. § 5 BtMVV. Das begründet die Strafbarkeit aus § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a BtMG.
41
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verwirklicht eine ärztliche Substitutionsbehandlung den Straftatbestand § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a BtMG, wenn eine solche ohne Indikationsstellung oder ohne ausreichende Prüfung von Behandlungsalternativen (§ 13 Abs. 1 Satz 2 BtMG) erfolgt (BGH, Urteil vom 2. Februar 2012 – 3 StR 321/11, NStZ 2012, 337, 338). Gleiches gilt im Hinblick auf die Konkretisierung der gesetzlichen Verhaltensnormen durch § 5 Abs. 2 Satz 1 BtMVV bei einer unzureichenden Kontrolle bzw. Begleitung der Behandlung durch den verschreibenden Arzt (BGH aaO). Der in § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 BtMVV vorgegebene „erforderliche Umfang“ der Konsultati- on des behandelnden Arztes bildet dabei eine „verbindliche Richtschnur“ einer sorgfältigen Substitutionsbehandlung (BGH aaO).
42
Über die bereits in der bisherigen Rechtsprechung anerkannten Konstellationen einer aus der unterbliebenen oder unzureichenden Beachtung der in § 5 BtMVV enthaltenen Vorgaben abgeleiteten Strafbarkeit aus § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a i.V.m. § 13 BtMG hinaus erweisen sich auch andere Verstöße gegen die in der Verordnung niedergelegten Maßstäbe der Substitutionsbehandlung als Verletzung der materiellen Voraussetzungen dieser Therapie und damit als nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a BtMG strafbares Verhalten. Das gilt neben der Nichtbeachtung des in § 5 Abs. 1 BtMVV formulierten Behandlungsziels jedenfalls für die Ausschlussgründe des § 5 Abs. 2 BtMVV sowie die in § 5 Abs. 8 BtMVV niedergelegten Voraussetzungen bzw. spezifischen Ausschlussgründe von Take-Home-Verordnungen. Diese Vorschriften dienen der Sicherstellung der materiellen Erfordernisse in § 13 Abs. 1 BtMG, Ärzten eine Substitutionsbehandlung mit an sich unerlaubten Betäubungsmitteln lediglich im Rahmen einer entsprechenden Indikation unter Beachtung des ultima-ratio-Gedankens (§ 13 Abs. 1 Satz 2 BtMG) sowie bei Sicherstellung einer dem Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechenden Durchführung der Therapie zu gestatten.
43
Allerdings ist bei der Anwendung von § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a BtMG ungeachtet der Konkretisierungen der Bedingungen von Suchttherapien vor allem durch § 5 BtMVV dem Arzt eine gewisse Therapiefreiheit zu belassen (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Mai 1991 – 3 StR 8/91, BGHSt 37, 383, 385; siehe auch bereits BGH, Urteil vom 8. Mai 1979 – 1 StR 118/79, BGHSt 29, 6, 11 f.; Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, aaO, § 29 Teil 15 Rn. 9). Der Verordnungsgeber hat diesen Aspekt im Rahmen von § 5 BtMVV berücksichtigt, indem in einzelnen Regelungen, etwa in § 5 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 8 Satz 6 BtMVV, für die Bewertung von Voraussetzungen oder Ausschlussgründen der Substitutionstherapie auf den „allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft“ abgestellt wird. Zur Ausfüllung dessen kann auf die von der Bun- desärztekammer zuletzt am 19. Februar 2010 verabschiedeten Richtlinien zur Durchführung der substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger bzw. deren Vorgängerrichtlinien abgestellt werden. Für die hier relevanten Ver- schreibungen von Betäubungsmitteln im Rahmen der Substitutionstherapie ergibt sich bei Anwendung des Take-Home-Verfahrens aus § 5 Abs. 8 Satz 6 BtMVV, dass die Bewertung des Verlaufs der Behandlung dem behandelnden Arzt obliegt, der sich allerdings an dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft zu orientieren hat. Dies eröffnet dem Arzt im Rahmen der Therapiefreiheit in den Grenzen der Vorgaben der BetäubungsmittelVerschreibungsverordnung Bewertungsspielräume. Werden diese überschritten und die Voraussetzungen der Substitutionsbehandlung im Take-HomeVerfahren aus § 13 BtMG i.V.m. § 5 BtMVV nicht eingehalten, begründet dies die Strafbarkeit aus § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a BtMG.
44
b) Nach diesen Maßstäben tragen die vom Tatgericht getroffenen Feststellungen in sämtlichen noch verfahrensgegenständlichen Einzelfällen den Schuldspruch nach dieser Vorschrift.
45
aa) Fälle 1 bis 35 (Patientin H. – B.I. der Urteilsgründe)
46
(1) Hinsichtlich der Patientin H. ergibt sich das Fehlen einer begründeten Anwendung (§ 13 Abs. 1 BtMG) der Verschreibung in den das Jahr 2008 betreffenden Fällen 1 bis 13 bereits aus dem vom Tatgericht festgestellten Unterbleiben der erforderlichen regelmäßigen Drogentests während des gesamten Jahres (UA S. 5). § 5 Abs. 2 Satz 1 (insb. Nr. 4) sowie Abs. 8 BtMVV setzen die regelmäßige Durchführung von Tests des Patienten auf den Konsum anderer Stoffe als des Substitutionsmittels sowie auf die Einnahme des Substitutionsmittels selbst erkennbar voraus, auch wenn eine Anordnung entsprechender Tests nicht ausdrücklich vorgeschrieben wird. § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 BtMVV benennt „Untersuchungen und Erhebungen des Arztes“, die sich nach den Buchstaben c und d dieser Bestimmung auf den Gebrauch von Stoffen, deren Konsum die Substitution gefährden, sowie auf die bestimmungsgemäße Verwendung des verschriebenen Substitutionsmittels beziehen. Das TakeHome -Verfahren ist gemäß § 5 Abs. 8 Satz 5 BtMVV nicht zulässig, wenn die „Untersuchungen und Erhebungen des Arztes“Erkenntnisse über den Konsum den Patienten gefährdender Stoffe (Ziffer 1) sowie den missbräuchlichen Konsum von Stoffen (Ziffer 3) erbringen. Die angesprochenen Richtlinien der Bundesärztekammer sehen in Ziffer 11 eine Therapiekontrolle anhand klinischer und laborchemischer Parameter vor. Ein durchgängig geltendes Zeitintervall für die Kontrollen wird nicht vorgegeben. Diese sind dem Behandlungsverlauf anzupassen. Die Beurteilung des Therapieverlaufs obliegt zuvörderst dem behandelnden Arzt.
47
Auch unter Berücksichtigung des Vorgenannten hat der Bundesgerichtshof angesichts der Vorgaben der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung und der Richtlinien der Bundesärztekammer eine unzureichende ärztliche Kontrolle der Substitutionsbehandlung als gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a BtMG strafbares Verhalten bewertet (BGH, Urteil vom 2. Februar 2012 – 3 StR 321/11, NStZ 2012, 337, 338). Das vollständige Fehlen von Drogentests an der Patientin H. im Jahr 2008 macht die Verschreibung von Methadon bzw. Levomethadon in den Fällen 1 bis 13 jeweils zu einer nicht begründeten Anwendung im Sinne von § 13 Abs. 1 BtMG.
48
(2) In den den Zeitraum Anfang März bis Ende Juni 2009 betreffenden Fällen 14 bis 35 hat das Landgericht die Strafbarkeit des Angeklagten im Ergebnis zutreffend jeweils auf einen von ihm so bezeichneten Mehrverbrauch gestützt. Nach den getroffenen Feststellungen verschrieb der Angeklagte der Patientin H. im Rahmen von Take-Home-Verordnungen jeweils in den Einzelfällen unterschiedliche Tagesdosen des Substitutionsmittels. § 5 Abs. 8 Satz 4 BtMVV bzw. der inhaltsgleichen Vorgängerregelung folgend betrug die Anzahl der zunächst verschriebenen Tagesdosen maximal sieben Tage. Die Patientin verteilte den Konsum der jeweiligen Tagesdosen aber nicht über die entsprechende Anzahl von Tagen, sondern konsumierte die verordnete Gesamtmenge vorzeitig. Der Angeklagte verschrieb in Kenntnis dessen dennoch vor Ablauf der von ihm durch die Anzahl der verordneten Einzeldosen vorgesehenen Dauer der Einnahme des Substitutionsmittels weitere Einzeldosen. So hatte der Angeklagte etwa im Fall 20 der Patientin am 14. März 2009 sieben Einzeldosen (Tagesdosen) sowie eine weitere Einzeldosis verschrieben. Bereits am 17. März 2009 erfolgte jedoch die Verschreibung weiterer drei Einzeldosen (Fall 21), weil die Patientin die aus der vorhergehenden Verschreibung stammenden Dosen vorzeitig vollständig konsumiert hatte. In sämtlichen weiteren die Patientin H. betreffenden Fällen hat das Tatgericht entsprechende Feststellungen im Hinblick auf die Verschreibungen durch den Angeklagten getroffen.
49
Diese von ihm über einen Zeitraum von rund 1 ½ Jahren – auch bei den Verordnungen im Jahr 2008 hatte es außer dem Fehlen von Drogentests (Fälle 1 bis 13) bereits den vorstehend beschriebenen Mehrverbrauch gegeben – praktizierte Durchführung der Substitutionstherapie verstößt in schwerwiegender Weise gegen die Vorgaben der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung. Die Behandlung durch den Angeklagten erweist sich deshalb als insgesamt unsorgfältig (vgl. insoweit Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, aaO, § 29 Teil 15 Rn. 41 aE). Die Anwendung der verschriebenen Betäubungsmittel bei der Patientin war deshalb nicht im Sinne von § 13 Abs. 1 BtMG begründet.
50
Die Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung gestattet eine Verschreibung von Betäubungsmitteln unter den Voraussetzungen von § 13 Abs. 1 BtMG lediglich dann, wenn dem behandelnden Arzt aufgrund seiner Untersuchungen und Erhebungen keine Erkenntnisse über einen nicht bestimmungsgemäßen Gebrauch der verschriebenen Substitutionsmittel vorliegen (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 Buchst. d BtMVV sowie entsprechend die Vorgängerregelungen ). Um einen nicht bestimmungsgemäßen Gebrauch möglichst auszuschließen , sieht § 5 Abs. 5 bis 7 BtMVV als Regelfall der Substitutionsbehandlung die Überlassung des Substitutionsmittels an den Patienten zum unmittelbaren Verbrauch vor (§ 5 Abs. 6 Satz 1 BtMVV). Dabei hat die Überlassung zum unmittelbaren Verbrauch in durch § 5 Abs. 7 Satz 1 BtMVV näher beschriebenen geeigneten Einrichtungen zu erfolgen. Der durch die Verordnungsgeber vorgesehene Regelfall der Substitutionsbehandlung ist damit die Einnahme des entsprechenden Mittels durch den Patienten unter kontrollierten Bedingungen, die eine missbräuchliche Verwendung durch diesen ausschließen.
51
Bei dem von dem Angeklagten angewendeten Take-Home-Verfahren gemäß § 5 Abs. 8 BtMVV handelt es sich um eine Ausnahme der Durchführung der Substitutionsbehandlung. Sie darf lediglich auf Substitutionspatienten angewendet werden, deren Zustand eine eigenverantwortliche, nicht mehr kontrollierte Einnahme (vgl. § 5 Abs. 6 und 7 BtMVV) gestattet. § 5 Abs. 8 Satz 1 BtMVV stellt ausdrücklich auf Patienten ab, bei denen der Verlauf der Behandlung eine eigenverantwortliche Einnahme gestattet. § 5 Abs. 8 Satz 4 BtMVV setzt zudem eine Stabilisierung des Zustands des Patienten voraus; § 5 Abs. 8 Satz 5 Nr. 2 BtMVV lässt die Anwendung des Take-Home-Verfahrens nicht zu, wenn dieser unter Berücksichtigung einer Toleranzentwicklung noch nicht auf eine stabile Dosis eingestellt worden ist. Bei der Anwendung der vorgenannten Vorgaben ist zudem das in den hier fraglichen Fällen allein relevante Ziel der Substitutionsbehandlung des Opiatabhängigen, die schrittweise Wiederherstellung der Betäubungsmittelabstinenz einschließlich der Besserung und Stabilisierung seines Gesundheitszustandes, zu berücksichtigen (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 BtMVV).

52
Vor dem Hintergrund des Ausnahmecharakters des Take-HomeVerfahrens sowie des genannten Ziels der Substitutionsbehandlung lagen auch unter Beachtung eines dem Angeklagten zustehenden Beurteilungsspielraums über den Behandlungsverlauf (vgl. § 5 Abs. 8 Satz 6 BtMVV) der Patientin H. die Voraussetzungen für Take-Home-Verordnungen nicht vor. Die Patientin war, wie sich aus ihrem durchgängig vorzeitigen Verbrauch der für einen längeren Zeitraum vom Angeklagten vorgesehenen Substitutionsmittel ergibt, gerade nicht zu deren eigenverantwortlicher Einnahme in der Lage. Sie war auch nicht auf eine stabile Dosis eingestellt. Denn es erfolgte aufgrund des Verschreibungsverhaltens des Angeklagten stets eine Verordnung von Substitutionsmitteln und dadurch bedingt deren Konsum in einem Umfang pro Zeiteinheit , der deutlich über den Umfang hinausging, den er an sich vorgesehen hatte. Die Behandlung der Patientin war im gesamten verfahrensgegenständlichen Zeitraum durch eine permanente Überschreitung der vom Angeklagten zunächst verschriebenen Einzeldosen pro Zeiteinheit gekennzeichnet. Eine Ausrichtung der Therapie auf das Behandlungsziel ist so nicht zu erkennen. Insgesamt stand die Durchführung der Substitutionstherapie damit nicht in Einklang mit den gesetzlichen und durch die Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung konkretisierten Voraussetzungen der Substitutionsbehandlung.
53
(3) Da dem Angeklagten die tatsächlichen Umstände bekannt waren, aus denen sich die Nichteinhaltung der Vorschriften über diese Behandlung ableitet (vgl. Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, aaO, § 29 Teil 15 Rn. 47), hat das Tatgericht zu Recht vorsätzliches Handeln angenommen. Das Vorbringen der Revision , der Angeklagte habe auf der Grundlage der Richtlinien der Bundesärztekammer in der Fassung vom 22. März 2002 (in Kraft bis zur Neufassung durch die Richtlinien vom 19. Februar 2010) davon ausgehen dürfen, über die Anwendung des Take-Home-Verfahrens entscheide ausschließlich der behandelnde Arzt, schließt den Tatbestandsvorsatz nicht aus. Maßgeblich sind die im Gesetz und der Verordnung normierten Voraussetzungen der Substitutionsbehandlung. Die Vorstellung, in Einklang mit den Richtlinien der Bundesärztekammer gehandelt zu haben, steht der Kenntnis der den Gesetzesverstoß begründenden Umstände gerade nicht entgegen.
54
bb) Fälle 39 bis 43 (Patient He. – B.II. der Urteilsgründe)
55
Die Substitutionsbehandlung des Patienten He. in den noch verfahrensgegenständlichen Fällen erfolgte – auch unter Berücksichtigung der nicht angefochtenen Fälle 36 bis 38 – ohne Vorliegen der Voraussetzungen des Take-Home-Verfahrens. Sie stellt sich insgesamt als unbegründete Anwendung von Betäubungsmitteln im Sinne von § 13 Abs. 1 BtMG dar.
56
In den Fällen 39 sowie 41 bis 43 hat das Landgericht die Strafbarkeit des Angeklagten zutreffend auf mangelnde Zuverlässigkeit (siehe B.II.2.b.aa.) des Patienten gestützt und diese mit den Ergebnissen durchgeführter Drogentests begründet. Diese hatten entweder ein auf Methadon negatives oder auf Beikonsum von THC bzw. auch Benzodiazepinen positives Ergebnis erbracht. Zwar führt nicht jeder Beikonsum von verbotenen Betäubungsmitteln während der Substitutionsbehandlung zu einer unbegründeten Anwendung und damit zu einem gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a i.V.m. § 13 Abs. 1 BtMG strafbaren Verhalten des Arztes. Im Hinblick auf den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum über die Therapie und deren Verlauf darf dieser trotz Beikonsums die Substitutionsbehandlung (weiter) durchführen, wenn noch berechtigte Aussichten darauf bestehen, den zusätzlichen Konsum von Betäubungsmitteln zu be- herrschen, indem dieser zunächst eingeschränkt und schließlich abgestellt wird (Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, aaO, § 29 Teil 15 Rn. 21).
57
Eine solche (normativ) berechtigte Erwartung bestand vorliegend jedoch nicht. Nach den Feststellungen des Tatrichters hatten die Drogentests innerhalb eines Zeitraums von wenigen Monaten die Einnahme verschiedener Betäubungsmittel belegt (Nachweis von THC sowie von Benzodiazepinen). Maßnahmen zur Eindämmung des Konsums sind nicht ersichtlich. Der Patient war zudem auch im Hinblick auf die Einnahme des Substitutionsmittels selbst unzuverlässig. Dies war dem Angeklagten aufgrund eines negativen Testergebnisses auf Methadon bekannt.
58
In der Gesamtschau der für die Bewertung der Therapievoraussetzungen maßgeblichen Umstände ergab sich selbst unter Berücksichtigung einer Einschätzungsprärogative zugunsten des Angeklagten eindeutig nicht die von § 5 Abs. 8 BtMVV verlangte Zuverlässigkeit und Stabilität des Patienten. Die Substitutionsbehandlung im Take-Home-Verfahren hätte daher nicht weiter durchgeführt werden dürfen. Dementsprechend verstieß auch die Verschreibung im Fall 41, bei der zusätzlich noch Mehrverbrauch vorlag, gegen die Vorgaben der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung. Aus den dargelegten Gründen war die Substitutionsbehandlung damit nicht im Sinne von § 13 Abs. 1 BtMVV begründet.
59
Die für die Beurteilung der Voraussetzungen der Therapie im Wege des Take-Home-Verfahrens maßgeblichen tatsächlichen Umstände waren dem Angeklagten voll umfänglich bekannt. Daraus und aus den tatsächlichen Verhältnissen selbst hat das Landgericht rechtsfehlerfrei auf eine vorsätzliche Verwirklichung von § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a BtMG geschlossen.

60
cc) Fälle 44 bis 65 (Patient U. – B.III. der Urteilsgründe)
61
Bei den 22 für den Patienten U. zwischen Anfang März und Ende Dezember 2009 erfolgten Verschreibungen von L-Polamidon (Levomethadon ) handelt es sich jeweils um unbegründete Anwendungen von Betäubungsmitteln. Aus den Ergebnissen im Februar, März und Juni 2009 durchgeführter Drogentests wusste der Angeklagte um den Beikonsum des Patienten, teils von THC-haltigen Betäubungsmitteln, teils von Benzodiazepinen. Angesichts der Dauer des nachgewiesenen Beikonsums sowie des Wechsels zwischen verschiedenen zusätzlich eingenommenen Rauschmitteln bestand keine berechtigte Erwartung auf eine Beherrschbarkeit des Beikonsums. Zudem lag bei U. nach den Feststellungen (Tabelle UA S. 12) spätestens ab dem 13. Juli 2009 (Fall 51) ein permanenter Mehrverbrauch (dazu B.II.2.b.aa.) vor. Dies war dem Angeklagten bekannt. Der Patient war daher insgesamt eindeutig nicht für die Substitutionstherapie im Rahmen des Take-Home-Verfahrens geeignet.
62
Angesichts dessen kann offenbleiben, ob bei dem Patienten bei der bereits seit mehr als 20 Jahre andauernden Substitutionstherapie überhaupt noch ein zulässiges Therapieziel (vgl. § 5 Abs. 1 BtMVV) verfolgt werden konnte.
63
dd) Fälle 72 bis 77, 79 bis 84, 87 bis 101, 103 bis 107, 113, 114, 116, 118 und 119 (Patient K. – B.IV. der Urteilsgründe)
64
Nach den unter B.II.2.b.aa. dargestellten Maßstäben hat das Tatgericht in sämtlichen den später verstorbenen Patienten K. betreffenden, noch verfahrensgegenständlichen Fällen die Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a BtMG rechtsfehlerfrei angenommen. Es fehlte sämtlich an den für eine begründete Anwendung gemäß § 13 Abs. 1 BtMG erforderlichen Vo- raussetzungen einer Substitutionstherapie im Take-Home-Verfahren. Es mangelte jeweils an der erforderlichen Sorgfalt der Substitutionsbehandlung und an der notwendigen Zuverlässigkeit des Patienten, derer es bedarf, um eine Einnahme des Substitutionsmittels außerhalb der in § 5 Abs. 5 bis 7 BtMVV genannten Rahmenbedingungen zu gestatten.
65
(1) In den Fällen 87 bis 89 sowie 103 und 106 erfolgten Verschreibungen , obwohl zuvor durchgeführte Drogentests jeweils ein negatives Ergebnis auf Methadon erbracht hatten. Dem Angeklagten war damit eine nicht bestimmungsgemäße , nämlich unterbliebene Verwendung des verschriebenen Substitutionsmittels bekannt. Dem kommt bei der Beurteilung einer begründeten Anwendung von Betäubungsmitteln im Rahmen der Substitutionstherapie erhebliche Bedeutung zu. § 13 BtMG bezweckt wie die Regelungen der Betäubungsmittel -Verschreibungsverordnung, die Sicherheit und Kontrolle des legalen Betäubungsmittelverkehrs zu gewährleisten (Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, aaO, § 13 Rn. 2). Es soll gerade verhindert werden, dass außerhalb der therapeutischen Anwendung verbotene Betäubungsmittel aufgrund ärztlicher Verschreibungen auf den illegalen Markt gelangen, indem Substitutionspatienten die ihnen verschriebenen Medikamente nicht einnehmen, sondern in Verkehr bringen. Unter anderem um dieser Gefahr zu begegnen, sieht § 5 Abs. 5 bis 7 BtMVV für die Substitutionstherapie – wie dargelegt – grundsätzlich lediglich die Überlassung des Substitutionsmittels zum unmittelbaren kontrollierten Verbrauch vor. Die Verschreibung eines Rezepts im Take-Home-Verfahren, bei der die Einnahme des verordneten Mittels gerade ohne (weitere) Kontrolle erfolgt, setzt deshalb gemäß § 5 Abs. 8 BtMVV die Zuverlässigkeit des Patienten voraus. Unterbleibt die Einnahme, fehlt es an dieser Zuverlässigkeit und es droht gerade die Realisierung der Gefahr eines In-den-Markt-Gelangens außerhalb der Therapie unerlaubter Mittel. Setzt der Arzt trotz Kenntnis der Nichtein- nahme des Mittels durch den Patienten über einen gewissen Zeitraum das Take-Home-Verfahren fort, ist die Anwendung nicht mehr begründet.
66
(2) In weiteren Fällen (90 und 116 – sowie in den vom Rechtsmittelangriff ausgenommen) resultiert die unbegründete Anwendung aus dem Unterbleiben erforderlicher regelmäßiger Drogentests oder auf durch Tests nachgewiesenem und wegen der festgestellten Umstände nicht mehr beherrschbarem Beikonsum (Fälle 79 bis 84 sowie 107 und 114). Im Übrigen hat das Landgericht die Strafbarkeitsvoraussetzungen zutreffend auf den langandauernden, dem Angeklagten bekannten Mehrverbrauch (B.II.2.b.aa.) des Patienten gestützt.

III.

67
Soweit sich die Revision gegen die Strafzumessung des Tatgerichts wendet, hat das Rechtsmittel aus den in der Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 1. Oktober 2013 dargelegten Gründen (dort Ziffer II.2.) keinen Erfolg.
68
Die Anordnung des auf die ärztliche Tätigkeit der Substitution drogenabhängiger Patienten beschränkten und auf fünf Jahre befristeten Berufsverbots (§ 70 Abs. 1 StGB) ist rechtsfehlerfrei.

C.

69
Die Revision der Staatsanwaltschaft bleibt ebenfalls ohne Erfolg.
70
Das Landgericht hat auf der Grundlage der von ihm rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zu Recht die Voraussetzungen einer Strafbarkeit des Angeklagten aus einem Tötungsdelikt wegen der Verschreibung von Methadon in den Fällen 121 bis 125 und des durch eine Überdosis Methadon eingetretenen Todes seines Patienten K. verneint. Es hat dabei zutreffend zwischen einer strafbaren täterschaftlichen Begehung eines Tötungsdelikts und einer straflosen Beteiligung an einer Selbstgefährdung bzw. Selbstverletzung des zu Tode gekommenen Rechtsgutsinhabers abgegrenzt.

I.

71
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unterfällt eine eigenverantwortlich gewollte und verwirklichte Selbstgefährdung grundsätzlich nicht den Tatbeständen eines Körperverletzungs- oder Tötungsdelikts, wenn sich das mit der Gefährdung vom Opfer bewusst eingegangene Risiko realisiert. Wer eine solche Gefährdung veranlasst, ermöglicht oder fördert, kann daher nicht wegen eines Körperverletzungs- oder Tötungsdelikts verurteilt werden ; denn er nimmt an einem Geschehen teil, welches – soweit es um die Strafbarkeit wegen Tötung oder Körperverletzung geht – kein tatbestandsmäßiger und damit kein strafbarer Vorgang ist (BGH, Urteile vom 14. Februar1984 – 1StR 808/83, BGHSt 32, 262, 264 f.; vom 7. August 1984 – 1 StR 200/84, NStZ 1985, 25, 26; vom 11. April 2000 – 1 StR 638/99, NStZ 2001, 205; vom 7. Februar 2001 – 5 StR 474/00, BGHSt 46, 279, 288 f.; vom 29. April 2009 – 1StR 518/08, BGHSt 53, 288, 290 Rn. 5; BGH, Beschluss vom 11. Januar 2011 – 5 StR 491/10, NStZ 2011, 341, 342). Diese Grundsätze gelten sowohl für die vorsätzliche als auch die fahrlässige Veranlassung, Ermöglichung oder Förderung einer eigenverantwortlichen Selbstgefährdung oder Selbstverletzung (einschließlich der Selbsttötung; vgl. BGH, Urteil vom 14. Februar 1984 – 1 StR 808/83, BGHSt 32, 262, 264 f.).

72
2. Maßgebend ist damit die Eigen- bzw. Freiverantwortlichkeit des Entschlusses des Rechtsgutsinhabers, sein Leben oder seine körperliche Unversehrtheit selbst zu gefährden oder zu verletzen. Fehlt es daran, kann sich der an dem entsprechenden Geschehen Beteiligende als Täter eines fahrlässigen oder vorsätzlichen Körperverletzungs- oder Tötungsdelikts strafbar machen.
73
In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist bereits über Konstellationen entschieden worden, in denen es an der Eigenverantwortlichkeit des sich selbst gefährdenden oder verletzenden Rechtsgutsinhabers fehlt und deshalb eine zur Täterschaft des sich Beteiligenden führende – normativ zu bestimmende – Handlungsherrschaft gegeben ist. Dies ist dann der Fall, wenn der sich beteiligende Dritte kraft überlegenen Fachwissens das Risiko besser erfasst als der sich selbst Gefährdende oder Verletzende (siehe BGH, Urteile vom 9. November 1984 – 2 StR 257/84, NStZ 1985, 319, 320; vom 11. April 2000 – 1 StR 638/99, NStZ 2001, 205; vom 29. April 2009 – 1 StR 518/08, BGHSt 53, 288, 290; BGH, Beschluss vom 11. Januar 2011 – 5 StR 491/10, NStZ 2011, 341, 342). Ein solches überlegenes Wissen kommt vor allem bei einem Irrtum des sich Gefährdenden in Betracht (BGH aaO NStZ 2011, 341, 342); wobei es sich lediglich um für die Entscheidung zur Gefährdung oder Verletzung des Rechtsguts bedeutsame Irrtümer handeln kann. Darüber hinaus hat der Bundesgerichtshof die Eigenverantwortlichkeit ausgeschlossen, wenn der sich Gefährdende oder Verletzende infolge einer Intoxikation bzw. Intoxikationspsychose nicht (mehr) zu einer hinreichenden Risikobeurteilung und -abwägung in der Lage ist (vgl. BGH, Urteile vom 27. November 1985 – 3 StR 426/85, NStZ 1986, 266, 267; vom 29. April 2009 – 1 StR 518/08, BGHSt 53, 288, 290 Rn. 7; BGH, Beschluss vom 11. Januar 2011 – 5 StR 491/10, NStZ 2011, 341, 342).

II.

74
Unter Anwendung dieser Grundsätze hat das Landgericht eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen eines Tötungsdelikts zu Lasten seines Patienten Karlin ohne Rechtsfehler verneint.
75
1. In tatsächlicher Hinsicht hat der später zu Tode gekommene K. durch die intravenöse Einnahme von drei Fläschchen Methadon eine selbstschädigende Handlung vorgenommen. Das Landgericht ist daher im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, zu einem strafbaren Verhalten des Angeklagten durch die Verschreibung von Methadon lediglich bei fehlender Eigenverantwortlichkeit K. s bei der Vornahme der Injektion gelangen zu können.
76
2. Fehlende Eigenverantwortlichkeit lässt sich angesichts der Feststellungen des Tatgerichts jedoch unter keinem der vorstehend genannten Gesichtspunkte annehmen.
77
a) Ein zur täterschaftlichen Begehung eines Tötungsdelikts durch den Angeklagten führendes, gegenüber K. überlegenes Sachwissen liegt nicht vor.
78
Das Landgericht hat insoweit festgestellt, dass der Patient bereits seit mehreren Jahren die ihm verschriebenen Substitutionsmittel nicht wie vorgesehen oral, sondern intravenös über die Beinvenen einnahm. Er war daher gerade bei dieser Anwendungsform erfahren (UA S. 22). Ihm waren die Risiken dieser Anwendungsform sowie diejenigen einer Überdosierung bekannt.
79
Diese Feststellungen konnte das Landgericht ohne revisiblen Rechtsfehler auf die als detailliert und glaubhaft bewerteten Aussagen der Ehefrau K. s stützen. Lücken oder Widersprüche in der Beweiswürdigung liegen nicht vor. Aus dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen und der ihnen zugrunde liegenden Beweiswürdigung lässt sich ableiten, dass dem Patienten auch das Risiko bekannt gewesen ist, durch eine zu hohe Dosis Methadon, insbesondere bei intravenöser Einnahme, sterben zu können.
80
Ob er Kenntnis über eventuell in der medizinischen Wissenschaft vorhandene Erkenntnisse hinsichtlich erfahrungsgemäß zum Tod führender Dosen von Methadon oder Levomethadon hatte, ist zwar nicht festgestellt. Darauf kommt es aber für die Eigenverantwortlichkeit der Entscheidung zur Einnahme von drei Fläschchen Methadon auch nicht an. Maßgebend ist, ob der sich selbst Gefährdende bzw. Verletzende das rechtsgutsbezogene Risiko seines Verhaltens zutreffend eingeschätzt hat. Dafür bedarf es – jedenfalls bei den sonstigen festgestellten Umständen des Einzelfalls – nicht der exakten medizinischen Wirkzusammenhänge zwischen der Einnahme eines bei Überdosierung als lebensgefährlich bekannten Mittels und den Auswirkungen auf das eigene Leben und die eigene körperliche Unversehrtheit.
81
Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof auch bereits entschieden, dass es der Eigenverantwortlichkeit nicht entgegensteht, wenn die sich selbst gefährdende Person bei grundsätzlich vorhandener Kenntnis über die Risiken der Einnahme von ihnen bekannten Stoffen nicht über sämtliche vorhandenen Risiken aufgeklärt war (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Januar 2011 – 5 StR 491/10, NStZ 2011, 341, 342).
82
Auch wenn der Angeklagte genauere Erkenntnisse über die – falls medizinisch überhaupt generell benennbar – regelmäßig tödliche Dosis bei der Ein- nahme von Methadon oder Levomethadon als sein Patient K. gehabt haben sollte, stünde dies der Eigenverantwortlichkeit K. s bei der Einnahme der zu seinem Tod führenden Dosis Methadon nicht entgegen. Das Tatgericht war daher nicht gehalten, weitergehende Feststellungen darüber zu treffen.
83
b) Die Feststellungen ergeben auch keine aufgrund der allgemein bestehenden Opiatabhängigkeit oder den Folgen des der übermäßigen Methadoneinnahme vorausgehenden Strafvollzuges eingetretene Einschränkung der Fähigkeit des Patienten K. , eigenverantwortlich das Risiko seines selbstgefährdenden Verhaltens einzuschätzen und abzuwägen. K. stand bei der Einnahme des zum Tode führenden Methadons nicht unter dem Einfluss von Alkohol oder von unerlaubten Betäubungsmitteln (UA S. 21).
84
c) Ob eine relevante Einschränkung der Fähigkeit zu freiverantwortlicher Entscheidung über die Vornahme als risikoreich erkannten selbstgefährdenden Verhaltens bei Vorliegen von akuten körperlichen Entzugserscheinungen oder bei Angst vor solchen aufgrund früher erlebter Wirkungen des Entzugs (vgl. dazu für den Fall der Einschränkung der Schuldfähigkeit bei Straftatbegehung durch Abhängige BGH, Urteil vom 2. November 2005 – 2 StR 389/05, NStZ 2006, 151, 152) eintreten kann, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Solche Umstände hat das Tatgericht nicht festgestellt. Die getroffenen Feststellungen erlauben auch keinen tragfähigen Rückschluss auf einen derartigen Zustand des Patienten nach seiner Entlassung aus der Justizvollzugsanstalt am 29. August 2011. Die planmäßige Beschaffung eines größeren Vorrats des Substitutionsmittels unter Einschaltung seiner Ehefrau lässt unter Berücksichtigung der sonstigen Feststellungen keinen Schluss auf eine durch Suchtdruck – in dem vorgenannten Sinne – hervorgerufene Einschränkung der Fähigkeit zu eigenverantwortlichem Handeln im Umgang mit den verschriebenen Substitutionsmitteln zu. Ausweislich der mitgeteilten Ergebnisse der durchgeführten Dro- gentests hatte K. auch bereits früher über längere Zeiten hinweg das Substitutionsmittel gerade nicht eingenommen. Der festgestellte Umfang des durch Tests nachgewiesenen (Bei)Konsums verbotener Betäubungsmittel trägt zwar die Bewertung, der Patient sei unzuverlässig und daher nicht für das TakeHome -Verfahren geeignet. Anhaltspunkte dahingehend, dass der Patient die Kontrolle über sich und damit die Fähigkeit zu freiverantwortlicher, risikoabwägender Entscheidung verlieren werde, lassen sich dem jedoch nicht entnehmen.
85
Soweit die Staatsanwaltschaft nähere Feststellungen über das Vorhandensein von erheblichen Entzugserscheinungen bei dem Patienten K. nach dem Ende des Strafvollzuges im August 2011 vermisst, hätte es der Erhebung einer entsprechenden Aufklärungsrüge bedurft.
86
d) Die getroffenen Feststellungen schließen auch eine sukzessive Einnahme der drei Fläschchen Methadon, bei der nach der ersten Einnahme die Eigenverantwortlichkeit durch die Wirkungen des Mittels beeinträchtigt gewesen sein könnte, aus.
87
3. Soweit dem Urteil des Senats vom 18. Juli 1978 (1 StR 209/78, JR 1979, 429) über die Besonderheiten des dortigen konkreten Falles hinaus allgemein die Rechtsauffassung entnommen werden könnte, die aus der Behandlung eines opiatabhängigen Patienten resultierende Garantenpflicht des behan- delnden Substitutionsarztes begründe eine „besondere Sorgfaltspflicht“ des Arztes, Schaden von seinem Patienten abzuwenden, und führe – unabhängig von der Freiverantwortlichkeit des Patienten – stets zu einer Täterschaft begründenden Herrschaft des Arztes über das selbstschädigende Verhalten des Patienten, wäre daran nicht festzuhalten.

III.

88
Angesichts der fehlenden Zurechenbarkeit des Todes des Patienten K. zum Verhalten des Angeklagten war das Tatgericht unter Berücksichtigung der sonst getroffenen Feststellungen nicht gehalten, einen unbeschriebenen besonders schweren Fall gemäß § 29 Abs. 3 Satz 1 BtMG in Betracht zu ziehen. Die Strafzumessung weist auch im Übrigen keine Rechtsfehler auf. Raum Rothfuß Graf RinBGH Cirener ist erkrankt und deshalb an der Unterschriftsleistung gehindert. Raum Radtke

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.

(1) Einer Erlaubnis des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte bedarf, wer

1.
Betäubungsmittel anbauen, herstellen, mit ihnen Handel treiben, sie, ohne mit ihnen Handel zu treiben, einführen, ausführen, abgeben, veräußern, sonst in den Verkehr bringen, erwerben oder
2.
ausgenommene Zubereitungen (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) herstellen
will.

(2) Eine Erlaubnis für die in Anlage I bezeichneten Betäubungsmittel kann das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nur ausnahmsweise zu wissenschaftlichen oder anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken erteilen.

(1) Die in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel dürfen nur von Ärzten, Zahnärzten und Tierärzten und nur dann verschrieben oder im Rahmen einer ärztlichen, zahnärztlichen oder tierärztlichen Behandlung einschließlich der ärztlichen Behandlung einer Betäubungsmittelabhängigkeit verabreicht oder einem anderen zum unmittelbaren Verbrauch oder nach Absatz 1a Satz 1 überlassen werden, wenn ihre Anwendung am oder im menschlichen oder tierischen Körper begründet ist. Die Anwendung ist insbesondere dann nicht begründet, wenn der beabsichtigte Zweck auf andere Weise erreicht werden kann. Die in Anlagen I und II bezeichneten Betäubungsmittel dürfen nicht verschrieben, verabreicht oder einem anderen zum unmittelbaren Verbrauch oder nach Absatz 1a Satz 1 überlassen werden.

(1a) Zur Deckung des nicht aufschiebbaren Betäubungsmittelbedarfs eines ambulant versorgten Palliativpatienten darf der Arzt diesem die hierfür erforderlichen, in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel in Form von Fertigarzneimitteln nur dann überlassen, soweit und solange der Bedarf des Patienten durch eine Verschreibung nicht rechtzeitig gedeckt werden kann; die Höchstüberlassungsmenge darf den Dreitagesbedarf nicht überschreiten. Der Bedarf des Patienten kann durch eine Verschreibung nicht rechtzeitig gedeckt werden, wenn das erforderliche Betäubungsmittel

1.
bei einer dienstbereiten Apotheke innerhalb desselben Kreises oder derselben kreisfreien Stadt oder in einander benachbarten Kreisen oder kreisfreien Städten nicht vorrätig ist oder nicht rechtzeitig zur Abgabe bereitsteht oder
2.
obwohl es in einer Apotheke nach Nummer 1 vorrätig ist oder rechtzeitig zur Abgabe bereitstünde, von dem Patienten oder den Patienten versorgenden Personen nicht rechtzeitig beschafft werden kann, weil
a)
diese Personen den Patienten vor Ort versorgen müssen oder auf Grund ihrer eingeschränkten Leistungsfähigkeit nicht in der Lage sind, das Betäubungsmittel zu beschaffen, oder
b)
der Patient auf Grund der Art und des Ausmaßes seiner Erkrankung dazu nicht selbst in der Lage ist und keine Personen vorhanden sind, die den Patienten versorgen.
Der Arzt muss unter Hinweis darauf, dass eine Situation nach Satz 1 vorliegt, bei einer dienstbereiten Apotheke nach Satz 2 Nummer 1 vor Überlassung anfragen, ob das erforderliche Betäubungsmittel dort vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht. Über das Vorliegen der Voraussetzungen nach den Sätzen 1 und 2 und die Anfrage nach Satz 3 muss der Arzt mindestens folgende Aufzeichnungen führen und diese drei Jahre, vom Überlassen der Betäubungsmittel an gerechnet, aufbewahren:
1.
den Namen des Patienten sowie den Ort, das Datum und die Uhrzeit der Behandlung,
2.
den Namen der Apotheke und des kontaktierten Apothekers oder der zu seiner Vertretung berechtigten Person,
3.
die Bezeichnung des angefragten Betäubungsmittels,
4.
die Angabe der Apotheke, ob das Betäubungsmittel zum Zeitpunkt der Anfrage vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht,
5.
die Angaben über diejenigen Tatsachen, aus denen sich das Vorliegen der Voraussetzungen nach den Sätzen 1 und 2 ergibt.
Über die Anfrage eines nach Satz 1 behandelnden Arztes, ob ein bestimmtes Betäubungsmittel vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht, muss der Apotheker oder die zu seiner Vertretung berechtigte Person mindestens folgende Aufzeichnungen führen und diese drei Jahre, vom Tag der Anfrage an gerechnet, aufbewahren:
1.
das Datum und die Uhrzeit der Anfrage,
2.
den Namen des Arztes,
3.
die Bezeichnung des angefragten Betäubungsmittels,
4.
die Angabe gegenüber dem Arzt, ob das Betäubungsmittel zum Zeitpunkt der Anfrage vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht.
Im Falle des Überlassens nach Satz 1 hat der Arzt den ambulant versorgten Palliativpatienten oder zu dessen Pflege anwesende Dritte über die ordnungsgemäße Anwendung der überlassenen Betäubungsmittel aufzuklären und eine schriftliche Gebrauchsanweisung mit Angaben zur Einzel- und Tagesgabe auszuhändigen.

(1b) Abweichend von Absatz 1 dürfen die in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel durch Notfallsanitäter im Sinne des Notfallsanitätergesetzes ohne vorherige ärztliche Anordnung im Rahmen einer heilkundlichen Maßnahme verabreicht werden, wenn diese nach standardisierten ärztlichen Vorgaben handeln, ein Eintreffen eines Arztes nicht abgewartet werden kann und die Verabreichung zur Abwendung von Gefahren für die Gesundheit oder zur Beseitigung oder Linderung erheblicher Beschwerden erforderlich ist. Die standardisierten ärztlichen Vorgaben müssen

1.
den handelnden Notfallsanitätern in Textform vorliegen,
2.
Regelungen zu Art und Weise der Verabreichung enthalten und
3.
Festlegungen darüber treffen, in welchen Fällen das Eintreffen eines Arztes nicht abgewartet werden kann.

(2) Die nach Absatz 1 verschriebenen Betäubungsmittel dürfen nur im Rahmen des Betriebs einer Apotheke und gegen Vorlage der Verschreibung abgegeben werden. Diamorphin darf nur vom pharmazeutischen Unternehmer und nur an anerkannte Einrichtungen nach Absatz 3 Satz 2 Nummer 2a gegen Vorlage der Verschreibung abgegeben werden. Im Rahmen des Betriebs einer tierärztlichen Hausapotheke dürfen nur die in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel und nur zur Anwendung bei einem vom Betreiber der Hausapotheke behandelten Tier abgegeben werden.

(3) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Verschreiben von den in Anlage III bezeichneten Betäubungsmitteln, ihre Abgabe auf Grund einer Verschreibung und das Aufzeichnen ihres Verbleibs und des Bestandes bei Ärzten, Zahnärzten, Tierärzten, in Apotheken, tierärztlichen Hausapotheken, Krankenhäusern, Tierkliniken, Alten- und Pflegeheimen, Hospizen, Einrichtungen der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung, Einrichtungen der Rettungsdienste, Einrichtungen, in denen eine Behandlung mit dem Substitutionsmittel Diamorphin stattfindet, und auf Kauffahrteischiffen zu regeln, soweit es zur Sicherheit oder Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs erforderlich ist. Insbesondere können

1.
das Verschreiben auf bestimmte Zubereitungen, Bestimmungszwecke oder Mengen beschränkt,
2.
das Verschreiben von Substitutionsmitteln für Drogenabhängige von der Erfüllung von Mindestanforderungen an die Qualifikation der verschreibenden Ärzte abhängig gemacht und die Festlegung der Mindestanforderungen den Ärztekammern übertragen,
2a.
das Verschreiben von Diamorphin nur in Einrichtungen, denen eine Erlaubnis von der zuständigen Landesbehörde erteilt wurde, zugelassen,
2b.
die Mindestanforderungen an die Ausstattung der Einrichtungen, in denen die Behandlung mit dem Substitutionsmittel Diamorphin stattfindet, festgelegt,
3.
Meldungen
a)
der verschreibenden Ärzte an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte über das Verschreiben eines Substitutionsmittels für einen Patienten in anonymisierter Form,
b)
der Ärztekammern an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte über die Ärzte, die die Mindestanforderungen nach Nummer 2 erfüllen und
Mitteilungen
c)
des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte an die zuständigen Überwachungsbehörden und an die verschreibenden Ärzte über die Patienten, denen bereits ein anderer Arzt ein Substitutionsmittel verschrieben hat, in anonymisierter Form,
d)
des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte an die zuständigen Überwachungsbehörden der Länder über die Ärzte, die die Mindestanforderungen nach Nummer 2 erfüllen,
e)
des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte an die obersten Landesgesundheitsbehörden über die Anzahl der Patienten, denen ein Substitutionsmittel verschrieben wurde, die Anzahl der Ärzte, die zum Verschreiben eines Substitutionsmittels berechtigt sind, die Anzahl der Ärzte, die ein Substitutionsmittel verschrieben haben, die verschriebenen Substitutionsmittel und die Art der Verschreibung
sowie Art der Anonymisierung, Form und Inhalt der Meldungen und Mitteilungen vorgeschrieben,
4.
Form, Inhalt, Anfertigung, Ausgabe, Aufbewahrung und Rückgabe des zu verwendenden amtlichen Formblattes für die Verschreibung, das Verfahren für die Verschreibung in elektronischer Form sowie Form und Inhalt der Aufzeichnungen über den Verbleib und den Bestand der Betäubungsmittel festgelegt und
5.
Ausnahmen von § 4 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe c für die Ausrüstung von Kauffahrteischiffen erlassen werden.
Für das Verfahren zur Erteilung einer Erlaubnis nach Satz 2 Nummer 2a gelten § 7 Satz 2 Nummer 1 bis 4, § 8 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 und 3 Satz 1 bis 3, § 9 Absatz 2 und § 10 entsprechend. Dabei tritt an die Stelle des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte jeweils die zuständige Landesbehörde, an die Stelle der zuständigen obersten Landesbehörde jeweils das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Die Empfänger nach Satz 2 Nr. 3 dürfen die übermittelten Daten nicht für einen anderen als den in Satz 1 genannten Zweck verwenden. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte handelt bei der Wahrnehmung der ihm durch Rechtsverordnung nach Satz 2 zugewiesenen Aufgaben als vom Bund entliehenes Organ des jeweils zuständigen Landes; Einzelheiten einschließlich der Kostenerstattung an den Bund werden durch Vereinbarung geregelt.

(1) Substitution im Sinne dieser Verordnung ist die Anwendung eines Substitutionsmittels. Substitutionsmittel im Sinne dieser Verordnung sind ärztlich verschriebene Betäubungsmittel, die bei einem opioidabhängigen Patienten im Rahmen eines Therapiekonzeptes zur medizinischen Behandlung einer Abhängigkeit, die durch den Missbrauch von erlaubt erworbenen oder durch den Missbrauch von unerlaubt erworbenen oder erlangten Opioiden begründet ist, angewendet werden.

(2) Im Rahmen der ärztlichen Therapie soll eine Opioidabstinenz des Patienten angestrebt werden. Wesentliche Ziele der Substitution sind dabei insbesondere

1.
die Sicherstellung des Überlebens,
2.
die Besserung und Stabilisierung des Gesundheitszustandes,
3.
die Abstinenz von unerlaubt erworbenen oder erlangten Opioiden,
4.
die Unterstützung der Behandlung von Begleiterkrankungen oder
5.
die Verringerung der durch die Opioidabhängigkeit bedingten Risiken während einer Schwangerschaft sowie während und nach der Geburt.

(3) Ein Arzt darf einem Patienten Substitutionsmittel unter den Voraussetzungen des § 13 Absatz 1 des Betäubungsmittelgesetzes verschreiben, wenn er die Mindestanforderungen an eine suchtmedizinische Qualifikation erfüllt, die von den Ärztekammern nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft festgelegt werden (suchtmedizinisch qualifizierter Arzt). Zudem muss er die Meldeverpflichtungen nach § 5b Absatz 2 erfüllen.

(4) Erfüllt der Arzt nicht die Mindestanforderungen an eine suchtmedizinische Qualifikation nach Absatz 3 Satz 1 (suchtmedizinisch nicht qualifizierter Arzt), muss er zusätzlich zu der Voraussetzung nach Absatz 3 Satz 2

1.
sich zu Beginn der Behandlung mit einem suchtmedizinisch qualifizierten Arzt abstimmen sowie
2.
sicherstellen, dass sich sein Patient zu Beginn der Behandlung und mindestens einmal in jedem Quartal dem suchtmedizinisch qualifizierten Arzt nach Nummer 1 im Rahmen einer Konsiliarbehandlung vorstellt.
Ein suchtmedizinisch nicht qualifizierter Arzt darf gleichzeitig höchstens zehn Patienten mit Substitutionsmitteln behandeln. Er darf keine Behandlung nach § 5a durchführen.

(5) Im Vertretungsfall soll der substituierende Arzt von einem suchtmedizinisch qualifizierten Arzt vertreten werden. Gelingt es dem substituierenden Arzt nicht, einen Vertreter nach Satz 1 zu bestellen, so kann er von einem suchtmedizinisch nicht qualifizierten Arzt vertreten werden. In diesem Fall darf die Vertretung einen zusammenhängenden Zeitraum von bis zu vier Wochen und höchstens insgesamt zwölf Wochen im Jahr umfassen. Der Vertreter hat sich mit dem zu vertretenden Arzt grundsätzlich vor Beginn des Vertretungsfalles abzustimmen. Notfallentscheidungen bleiben in allen Vertretungsfällen unberührt. Der Vertreter fügt den Schriftwechsel sowie die sonstigen Aufzeichnungen zwischen den an der Vertretung beteiligten Ärzten der Dokumentation nach Absatz 11 bei. Der Vertreter nach Satz 2 darf im Rahmen seiner Vertretung keine Behandlung nach § 5a durchführen.

(6) Als Substitutionsmittel im Sinne von Absatz 1 darf der substituierende Arzt nur Folgendes verschreiben:

1.
ein zur Substitution zugelassenes Arzneimittel, das nicht den Stoff Diamorphin enthält,
2.
eine Zubereitung von Levomethadon, von Methadon oder von Buprenorphin oder
3.
in begründeten Ausnahmefällen eine Zubereitung von Codein oder Dihydrocodein.
Die in Satz 1 genannten Substitutionsmittel dürfen nicht zur intravenösen Anwendung bestimmt sein. Die Verschreibung eines in Satz 1 genannten Substitutionsmittels ist mit dem Buchstaben „S“ zu kennzeichnen. Für die zur Substitution zugelassenen Arzneimittel mit dem Stoff Diamorphin gilt § 5a.

(7) Dem Patienten oder bei dem Patienten ist das vom Arzt verschriebene Substitutionsmittel von den in Absatz 9 Satz 1 und 2 bezeichneten Personen oder dem dort bezeichneten Personal in den in Absatz 9 Satz 1 und 2 genannten Einrichtungen zum unmittelbaren Verbrauch zu überlassen, zu verabreichen oder gemäß dem in der arzneimittelrechtlichen Zulassung vorgesehenen Verfahren anzuwenden. Im Fall des Verschreibens von Codein oder Dihydrocodein kann dem Patienten nach der Überlassung jeweils einer Dosis zum unmittelbaren Verbrauch die für einen Tag zusätzlich benötigte Menge des Substitutionsmittels in abgeteilten Einzeldosen ausgehändigt und ihm die eigenverantwortliche Einnahme gestattet werden, sofern dem Arzt keine Anhaltspunkte für eine nicht bestimmungsgemäße Einnahme des Substitutionsmittels vorliegen.

(8) Abweichend von Absatz 7 Satz 1 darf der substituierende Arzt dem Patienten Substitutionsmittel zur eigenverantwortlichen Einnahme gemäß den Feststellungen der Bundesärztekammer nach Absatz 11 Satz 1 Nummer 3 Buchstabe b verschreiben,

1.
sobald und solange er zu dem Ergebnis kommt, dass eine Überlassung des Substitutionsmittels zum unmittelbaren Verbrauch nach Absatz 7 nicht mehr erforderlich ist, oder
2.
ausnahmsweise, wenn
a)
die Kontinuität der Substitutionsbehandlung des Patienten nicht anderweitig gewährleistet werden kann,
b)
der Verlauf der Behandlung dies zulässt,
c)
Risiken der Selbst- oder Fremdgefährdung soweit wie möglich ausgeschlossen sind und
d)
die Sicherheit und Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs nicht beeinträchtigt werden.
Der substituierende Arzt darf dem Patienten Substitutionsmittel in der für bis zu sieben aufeinanderfolgende Tage benötigten Menge nach Satz 1 verschreiben. Im Fall von Satz 1 Nummer 1 darf er dem Patienten in begründeten Einzelfällen Substitutionsmittel in der für bis zu 30 aufeinanderfolgende Tage benötigten Menge nach Satz 1 verschreiben. Ein begründeter Einzelfall im Sinne des Satzes 3 kann nur durch einen medizinischen oder einen anderen Sachverhalt begründet sein. Ein durch einen anderen Sachverhalt begründeter Einzelfall liegt vor, wenn der Patient aus wichtigen Gründen, die seine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben oder seine Erwerbstätigkeit betreffen, darauf angewiesen ist, eine Verschreibung des Substitutionsmittels zur eigenverantwortlichen Einnahme für bis zu 30 Tage zu erhalten. Der Patient hat dem Substitutionsarzt diese Sachverhalte glaubhaft zu machen. Medizinische Sachverhalte, die einen Einzelfall begründen, werden durch die Bundesärztekammer nach Absatz 11 Satz 1 Nummer 3 Buchstabe b festgestellt. Der substituierende Arzt darf die Verschreibung nach Satz 1 im Rahmen einer persönlichen Konsultation an den Patienten aushändigen oder infolge einer telemedizinischen Konsultation an ihn übermitteln; die nach § 365 Absatz 1 Satz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vereinbarten Anforderungen an die technischen Verfahren zu Videosprechstunden sind einzuhalten. In einem Zeitraum von 30 Tagen hat mindestens eine persönliche Konsultation stattzufinden. Die Verschreibung ist nach dem Buchstaben „S“ zusätzlich mit dem Buchstaben „T“ zu kennzeichnen. Der substituierende Arzt kann patientenindividuelle Zeitpunkte festlegen, zu denen Teilmengen des verschriebenen Substitutionsmittels in der Apotheke an den Patienten oder an die Praxis des substituierenden Arztes abgegeben oder zum unmittelbaren Verbrauch überlassen werden sollen.

(9) Substitutionsmittel nach Absatz 6 Satz 1 dürfen nur von folgenden Personen dem Patienten zum unmittelbaren Verbrauch überlassen, ihm verabreicht oder bei ihm gemäß dem in der arzneimittelrechtlichen Zulassung vorgesehenen Verfahren angewendet werden:

1.
dem substituierenden Arzt in der Einrichtung, in der er ärztlich tätig ist,
2.
dem vom substituierenden Arzt in der Einrichtung nach Nummer 1 eingesetzten medizinischen Personal oder
3.
dem medizinischen, pharmazeutischen, pflegerischen oder in begründeten Fällen, in denen die Abgabe nicht anderweitig gewährleistet werden kann, auch anderem geeigneten Personal, das vom substituierenden Arzt eingewiesen wurde, in
a)
einer stationären Einrichtung der medizinischen Rehabilitation,
b)
einem Gesundheitsamt,
c)
einem Alten- oder Pflegeheim,
d)
Anstalten und Einrichtungen des Justizvollzugs,
e)
einem Hospiz oder
f)
einer anderen geeigneten Einrichtung, die zu diesem Zweck von der zuständigen Landesbehörde anerkannt sein muss,
sofern der substituierende Arzt nicht selber in der jeweiligen Einrichtung tätig ist und er mit der jeweiligen Einrichtung eine Vereinbarung getroffen hat.
Außerdem darf ein Substitutionsmittel nach Absatz 6 Satz 1 dem Patienten zum unmittelbaren Verbrauch überlassen, ihm verabreicht oder bei ihm gemäß dem in der arzneimittelrechtlichen Zulassung vorgesehenen Verfahren angewendet werden
1.
bei einem Hausbesuch
a)
vom substituierenden Arzt oder dem von ihm eingesetzten medizinischen Personal oder
b)
vom medizinischen oder pflegerischen Personal, das von einem ambulanten Pflegedienst oder von einer Einrichtung der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung eingesetzt wird, sofern der substituierende Arzt für diesen Pflegedienst oder diese Einrichtung nicht selber tätig ist und er mit diesem Pflegedienst oder dieser Einrichtung eine Vereinbarung getroffen hat,
2.
in einer Apotheke von dem Apotheker oder von dem dort eingesetzten pharmazeutischen Personal, sofern der substituierende Arzt mit dem Apotheker eine Vereinbarung getroffen hat,
3.
in einem Krankenhaus von dem dort eingesetzten medizinischen oder pflegerischen Personal, sofern der substituierende Arzt für dieses Krankenhaus nicht selber tätig ist und er mit dem Krankenhaus eine Vereinbarung getroffen hat, oder
4.
in einer staatlich anerkannten Einrichtung der Suchtkrankenhilfe von dem dort eingesetzten und dafür ausgebildeten Personal, sofern der substituierende Arzt für diese Einrichtung nicht selber tätig ist und er mit der Einrichtung eine Vereinbarung getroffen hat.
Der substituierende Arzt hat sicherzustellen, dass das Personal nach den Sätzen 1 und 2 fachgerecht in das Überlassen des Substitutionsmittels zum unmittelbaren Verbrauch, in dessen Verabreichung oder dessen Anwendung gemäß dem in der arzneimittelrechtlichen Zulassung vorgesehenen Verfahren eingewiesen wird; eine invasive Verabreichung darf nur durch das in der arzneimittelrechtlichen Zulassung vorgesehene Personal erfolgen. Die Vereinbarung nach den Sätzen 1 und 2 hat schriftlich oder elektronisch zu erfolgen und muss bestimmen, wie das eingesetzte Personal einer Einrichtung nach den Sätzen 1 und 2 fachlich eingewiesen wird und muss daneben mindestens eine verantwortliche Person in der jeweiligen Einrichtung benennen sowie Regelungen über die Kontrollmöglichkeiten durch den substituierenden Arzt enthalten. Der substituierende Arzt darf die benötigten Substitutionsmittel in den in den Sätzen 1 und 2 genannten Einrichtungen unter seiner Verantwortung lagern. Die Einwilligung des über die jeweiligen Räumlichkeiten Verfügungsberechtigten bleibt unberührt.

(10) Der substituierende Arzt hat die Erfüllung seiner Verpflichtungen nach den Absätzen 1 bis 9 sowie nach § 5a Absatz 1 bis 4 und § 5b Absatz 2 und 4 gemäß den von der Bundesärztekammer nach Absatz 11 Satz 3 bestimmten Anforderungen zu dokumentieren. Die Dokumentation ist auf Verlangen der zuständigen Landesbehörde zur Einsicht und Auswertung vorzulegen oder einzusenden.

(11) Die Bundesärztekammer stellt den allgemein anerkannten Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft für die Substitution in einer Richtlinie fest, insbesondere für

1.
die Ziele der Substitution nach Absatz 2,
2.
die allgemeinen Voraussetzungen für die Einleitung und Fortführung einer Substitution nach Absatz 1 Satz 1,
3.
die Erstellung eines Therapiekonzeptes nach Absatz 1 Satz 2, insbesondere
a)
die Auswahl des Substitutionsmittels nach Absatz 1 Satz 2 und Absatz 6,
b)
die Voraussetzungen für das Verschreiben des Substitutionsmittels zur eigenverantwortlichen Einnahme nach den Absatz 8,
c)
die Entscheidung über die Erforderlichkeit einer Einbeziehung psychosozialer Betreuungsmaßnahmen sowie
d)
die Bewertung und Kontrolle des Therapieverlaufs.
Daneben kann die Bundesärztekammer nach dem allgemein anerkannten Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft weitere als die in Absatz 2 Satz 2 bezeichneten wesentliche Ziele der Substitution in dieser Richtlinie feststellen. Sie bestimmt auch die Anforderungen an die Dokumentation der Substitution nach Absatz 10 Satz 1 in dieser Richtlinie. Die Einhaltung des allgemein anerkannten Standes der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft wird vermutet, wenn und soweit die Feststellungen nach den Sätzen 1 und 2 beachtet worden sind.

(12) Vor der Entscheidung der Bundesärztekammer über die Richtlinie nach Absatz 11 Satz 1 bis 3 ist dem Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 91 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem allgemein anerkannten Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft für die Substitution zu geben. Die Stellungnahme ist von der Bundesärztekammer in ihre Entscheidung über die Richtlinie nach Absatz 11 Satz 1 bis 3 einzubeziehen.

(13) Die Bundesärztekammer hat dem Bundesministerium für Gesundheit die Richtlinie nach Absatz 11 Satz 1 bis 3 zur Genehmigung vorzulegen. Änderungen der vom Bundesministerium für Gesundheit genehmigten Richtlinie sind dem Bundesministerium für Gesundheit von der Bundesärztekammer ebenfalls zur Genehmigung vorzulegen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann von der Bundesärztekammer im Rahmen des Genehmigungsverfahrens zusätzliche Informationen und ergänzende Stellungnahmen anfordern. Das Bundesministerium für Gesundheit macht die genehmigte Richtlinie und genehmigte Änderungen der Richtlinie im Bundesanzeiger bekannt.

(14) Die Absätze 3 bis 10 sind entsprechend anzuwenden, wenn das Substitutionsmittel aus dem Bestand des Praxis- oder Stationsbedarfs zum unmittelbaren Verbrauch überlassen oder nach Absatz 7 Satz 2 ausgehändigt wird.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 321/11
vom
2. Februar 2012
in der Strafsache
gegen
wegen Abgabe von Betäubungsmitteln u.a.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Verhandlung vom
19. Januar 2012 in der Sitzung am 2. Februar 2012, an denen teilgenommen
haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Becker,
die Richter am Bundesgerichtshof
von Lienen,
Dr. Schäfer,
Mayer,
Richterin am Bundesgerichtshof
Dr. Menges
als beisitzende Richter,
Staatsanwalt
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Justizangestellte
- in der Verhandlung -,
Justizamtsinspektor
- bei der Verkündung -
als Urkundsbeamte der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Auf die Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Lüneburg vom 15. Februar 2011 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte verurteilt worden ist. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorbezeichnete Urteil darüber hinaus mit den Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte freigesprochen worden ist mit Ausnahme des Freispruchs zu den Fällen unter C.X. der Urteilsgründe (Fälle 940 bis 942 der Anklageschrift). Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel und die dem Angeklagten durch die Revision der Staatsanwaltschaft entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision der Staatsanwaltschaft wird verworfen.

Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Abgabe von Betäubungsmitteln in 49 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Vom Vorwurf des Verschreibens von Betäubungsmitteln in 829 Fällen und vom Vorwurf des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in drei Fällen hat es den Angeklagten freigesprochen. Weiter hat es das Vorliegen einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung festgestellt und für den Fall, dass die Strafaussetzung zur Bewährung widerrufen werde, angeordnet, dass zwei Monate der Gesamtfreiheitsstrafe für vollstreckt gelten. Es hat dem Angeklagten untersagt, für die Dauer von drei Jahren Substitutionsbehandlungen durchzuführen. Die zuungunsten des Angeklagten eingelegte, vom Generalbundesanwalt vertretene Revision der Staatsanwaltschaft, mit der sie das Verfahren beanstandet und die allgemeine Sachrüge erhebt, ist zum überwiegenden Teil begründet. Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, hat mit der Sachbeschwerde Erfolg.

A.


2
I. Mit der unverändert zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklage hatte die Staatsanwaltschaft dem Angeklagten, der über eine Erlaubnis zum Verkehr mit Betäubungsmitteln nicht verfügt, zur Last gelegt, in der Zeit von Januar 2004 bis Mai 2006 in 110 Fällen (Fälle 830 bis 939 der Anklageschrift) Betäubungsmittel unerlaubt abgegeben zu haben, indem er in seiner Eigenschaft als mit der Substitution Betäubungsmittelabhängiger befasster Arzt für Patienten bestimmtes Methadon oder Levomethadon ("L-Polamidon") an Dritte mit dem Auftrag übergeben habe, es den an der Substitutionsbehandlung Teilnehmenden auszuhändigen. Weiter hatte sie dem Angeklagten vorgeworfen, in diesem Tatzeitraum in 829 Fällen (Fälle 1 bis 829 der Anklageschrift) Betäubungsmittel entgegen den Vorgaben des Betäubungsmittelgesetzes verschrieben zu haben, da die Substitutionsbehandlung des Angeklagten, in deren Rahmen die Verschreibungen vorgenommen worden seien, den gesetzlichen Bestimmungen nicht entsprochen habe, und in drei Fällen (Fälle 940 bis 942 der Anklageschrift ) mit Betäubungsmitteln gehandelt zu haben, indem er einem Patienten Methadon gegen Zahlung eines Entgelts überlassen habe. Im Übrigen hatte sie gemäß § 154 Abs. 1 StPO von der Verfolgung weiterer, nicht angeklagter Taten abgesehen bzw. gemäß § 154a Abs. 1 StPO die Strafverfolgung auf die angeklagten Gesetzesverletzungen beschränkt.
3
II. Das Landgericht hat nach Einstellung des Verfahrens gemäß § 154 Abs. 2 StPO in neun Fällen den Angeklagten in 49 Fällen (Fälle A.IV.3 der Urteilsgründe ) der Abgabe von Betäubungsmitteln (Methadongemisch mit einem Anteil von 1% Methadonhydrochlorid) schuldig gesprochen. Dabei hat es einzelne Fälle einer Herausgabe von Methadon zugunsten des Angeklagten zu einer Bewertungseinheit zusammengefasst, da es nicht habe ausschließen können, dass die Gaben aus einer einheitlichen größeren Lieferung einer Apotheke gestammt hätten. In einem Teil der Fälle hat es die zusätzliche oder neuerliche Mitgabe von Methadon verneint, in einem Fall hat es sich nicht von einer Tatbeteiligung des Angeklagten zu überzeugen vermocht. Insoweit hat es aufgrund seiner konkurrenzrechtlichen Bewertung - tateinheitliche statt, wie angeklagt und zur Grundlage des Eröffnungsbeschlusses gemacht, tatmehrheitliche Begehung - von einem Teilfreispruch abgesehen. Von einem gewerbsmäßigen Handeln des Angeklagten ist es nicht ausgegangen, weil für sein Tun nicht leitend gewesen sei, sich eine fortlaufende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer zu verschaffen.
4
In den Fällen 1 bis 829 der Anklageschrift (Fälle C.I. der Urteilsgründe) hat es den Angeklagten freigesprochen und hierzu ausgeführt, eine Strafbarkeit wegen einer Verschreibung von Betäubungsmitteln im Zuge einer ärztlichen Substitutionsbehandlung komme nur dann in Betracht, wenn der Arzt Substitutionsmittel entweder einem nicht-opiatabhängigen Patienten verschreibe oder dies mit der Zielsetzung einer intravenösen Anwendung oder in Kenntnis nachfolgender körperlicher Beeinträchtigungen oder in dem Wissen um eine anderweitige Substitutionsbehandlung tue; diese Voraussetzungen seien hier nicht erfüllt gewesen. Es hat weiter angenommen, dem Angeklagten, einem approbierten niedergelassenen Arzt, der im Jahr 2000 einen insgesamt fünfzigstündigen Lehrgang zu den betäubungsmittelrechtlichen Vorgaben einer Substitutionsbehandlung absolviert habe, habe jedenfalls der erforderliche Vorsatz gefehlt , sofern eine Verschreibung engeren Voraussetzungen als den vom Landgericht angenommenen unterlegen habe.
5
In den Fällen 940 bis 942 der Anklageschrift (Fälle C.X. der Urteilsgründe ) ist es zu einem Freispruch gelangt, weil es nicht die Überzeugung gewonnen hat, Zahlungen des Patienten an den Angeklagten hätten in Zusammenhang mit der Überlassung von Betäubungsmitteln gestanden.

B.


6
I. Die Revision der Staatsanwaltschaft, mit der der gesamte Urteilsausspruch zur Überprüfung des Senats steht, ist mit der allgemeinen Sachrüge überwiegend erfolgreich. Die nach § 301 StPO zugunsten des Angeklagten gebotene Überprüfung hat Rechtsfehler auch zu seinem Nachteil ergeben, soweit er verurteilt worden ist. Auf die von der Staatsanwaltschaft erhobenen Verfahrensrügen kommt es nicht an.
7
1. Die Verurteilung des Angeklagten wegen Abgabe von Betäubungsmitteln in 49 Fällen, bei der das Landgericht im Ausgangspunkt zutreffend die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juni 2008 - 2 StR 577/07, BGHSt 52, 271, 273 f.; Beschluss vom 28. Juli 2009 - 3 StR 44/09, BGHR BtMG § 13 Abs. 1 Abgabe 1) zugrunde gelegt hat, hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.
8
a) Die getroffenen Feststellungen ergeben keine hinreichende Grundlage für die konkurrenzrechtliche Bewertung des Landgerichts, in den Fällen 1 bis 3, 5, 6, 8, 10 bis 12, 14, 16 bis 23, 27 bis 32, 34 bis 36, 38 und 47 bis 49 unter A.IV.3 der Urteilsgründe sei von einer tateinheitlichen statt von einer durchgängig tatmehrheitlichen Begehungsweise auszugehen.
9
aa) Sämtliche Betätigungen, die sich auf den Vertrieb derselben, in einem Akt erworbenen Betäubungsmittel beziehen, sind als eine Tat anzusehen, wenn bereits der Erwerb der Betäubungsmittel, die zum Zweck der Weitergabe beschafft werden, den Tatbestand einer Variante des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG in Bezug auf die Gesamtmenge erfüllt; denn in diesem Fall bilden die aus dem einheitlich bezogenen Betäubungsmittelvorrat vorgenommenen Weitergaben von Einzelmengen lediglich unselbständige Teilakte ein und desselben strafbaren Güterumsatzes im Sinne einer strafrechtlichen Bewertungseinheit (vgl. BGH, Urteil vom 24. Juli 1997 - 4 StR 222/97, BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 15). Ist der Erwerb des Betäubungsmittelvorrats dagegen für sich nicht strafbewehrt und greift eine Strafnorm des Betäubungsmittelgesetzes erst mit der Weitergabe hieraus entnommener Teilmengen ein, fehlt es an einem die Einzeltaten zu einer Bewertungseinheit verbindenden einheitlichen Güterumsatz.
10
bb) Ob schon der Erwerb der Substitutionsmittel den Straftatbestand des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG erfüllte, lässt sich den Feststellungen des Landgerichts nicht entnehmen, weil die Urteilsgründe über den Hinweis, sie hätten aus dem Bestand einer Apotheke gestammt, keine weitere Aufklärung darüber geben, auf welche Weise der Angeklagte an die Substitutionsmittel gelangte. Feststellungen zu einem Erwerb nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a BtMG fehlen. Insbesondere zu den Voraussetzungen der § 2 Abs. 3, § 5 Abs. 5 Satz 2, Abs. 7 Satz 2 BtMVV bzw. zu einem Erwerb zu gesetzlich zulässigen Zwecken und nicht schon mit dem Ziel einer Abgabe entgegen betäubungsmittelrechtlicher Vorschriften ist den Urteilsgründen hinreichendes nicht zu entnehmen. Deshalb kommt eine Änderung des Schuldspruchs durch den Senat in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO nicht in Betracht. Vielmehr wird der neue Tatrichter die angeklagten Taten trotz der Beschränkung der Strafverfolgung auf die Abgabe von Betäubungsmitteln unter dem Aspekt der tateinheitlichen (§ 264 StPO) Mitverwirklichung weiterer Varianten des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG zu untersuchen und danach das Konkurrenzverhältnis zu bestimmen haben; denn die Verfahrensbeschränkung nach § 154a Abs. 1 StPO hat auf die konkurrenzrechtliche Bewertung keinen Einfluss (vgl. BGH, Beschluss vom 6. September 1988 - 1 StR 481/88, BGHR StPO § 154a Klammerwirkung

1).


11
b) Rechtsfehlerhaft hat das Landgericht in diesem Tatkomplex darüber hinaus zulasten des Angeklagten von einem Teilfreispruch abgesehen, soweit es sich nicht von einer Täterschaft des Angeklagten hat überzeugen können. Sämtliche Fälle der unerlaubten Abgabe von Betäubungsmitteln waren als tatmehrheitlich begangen (§ 53 StGB) angeklagt; dem ist das Landgericht im Eröffnungsbeschluss gefolgt. Es hätte deshalb, um den Eröffnungsbeschluss zu erschöpfen, ohne Rücksicht auf die dem Urteil zugrunde gelegte konkurrenzrechtliche Bewertung den Angeklagten teilweise freisprechen müssen (vgl. BGH, Urteil vom 24. September 1998 - 4 StR 272/98, BGHSt 44, 196, 202; Beschluss vom 30. Mai 2008 - 2 StR 174/08, NStZ-RR 2008, 287; Beschluss vom 3. Juni 2008 - 3 StR 163/08, NStZ-RR 2008, 316; Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 260 Rn. 13).
12
c) Der Senat hebt den gesamten Schuldspruch samt der zugehörigen Feststellungen (§ 353 Abs. 2 StPO) auf, um dem neuen Tatrichter in Anbetracht der eng verwobenen Tatvorwürfe eine umfassende Beurteilung zu ermöglichen. Damit entfällt der gesamte Rechtsfolgenausspruch.
13
2. Weiter unterliegt das Urteil samt den insoweit getroffenen Feststellungen (§ 353 Abs. 2 StPO, vgl. Meyer-Goßner, aaO, § 353 Rn. 15a) der Aufhebung , soweit das Landgericht den Angeklagten vom Vorwurf des unerlaubten Verschreibens von Betäubungsmitteln in den Fällen unter C.I. der Urteilsgründe (Fälle 1 bis 829 der Anklageschrift) freigesprochen hat; denn es hat hierzu aufgrund eines rechtsfehlerhaften Beurteilungsmaßstabs nur unzureichende Feststellungen getroffen.
14
a) Ein im Rahmen der Substitutionsbehandlung von Betäubungsmittelabhängigen tätiger Arzt verstößt gegen § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a BtMG, wenn er als Substitutionsmittel verwendete Betäubungsmittel der in Anlage III zum Betäubungsmittelgesetz bezeichneten Art entgegen § 13 Abs. 1 BtMG verschreibt (BGH, Urteil vom 4. Juni 2008 - 2 StR 577/07, BGHSt 52, 271, 273). Nach § 13 Abs. 1 BtMG dürfen die in Anlage III zum Betäubungsmittelgesetz bezeichneten Betäubungsmittel von Ärzten nur dann verschrieben werden, wenn ihre Anwendung am oder im menschlichen Körper begründet ist.
15
Eine Substitutionsbehandlung ist nach § 13 Abs. 1 Satz 2 BtMG nur als ultima ratio zulässig (vgl. Nestler, MedR 2009, 211, 214). Eine Verschreibung von Betäubungsmitteln ohne Indikationsstellung und ohne Prüfung von Behandlungsalternativen ist unbegründet und nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a BtMG strafbar (Körner/Patzak, BtMG, 7. Aufl., § 29 Teil 15 Rn. 14 a.E.), weil sie nicht gewährleistet, dass gegebenenfalls andere und damit vorrangige Behandlungsmethoden zur Anwendung kommen.
16
b) Gleiches gilt, wenn der Substitutionsbehandlung eine unzureichende ärztliche Kontrolle zugrunde liegt (Körner/Patzak, aaO, § 29 Teil 15 Rn. 21 a.E.), wobei § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 BtMVV der Umfang der erforderlichen ärztlichen Begleitung und damit die innerhalb der § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a, § 13 BtMG verbindliche Richtschnur der sorgfältigen Substitutionsbehandlung zu entnehmen ist (Körner/Patzak, aaO, § 29 Teil 15 Rn. 41 a.E.).
17
Einer Strafbarkeit nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a BtMG wegen einer unzureichenden ärztlichen Begleitung der Substitutionsbehandlung steht nicht entgegen, dass eine Verschreibung unter Missachtung des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 BtMVV nicht nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 BtMG, § 16 Nr. 2 Buchst. a BtMVV bestraft werden kann. § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 BtMG in Verbindung mit der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung sanktioniert Verstöße gegen formelle Voraussetzungen der Substitutionsbehandlung. Materielle Zuwiderhandlungen, zu denen es gehört, wenn der Arzt Substitutionsmittel verschreibt , obwohl er sich nicht fortlaufend in Übereinstimmung mit der Subsidiaritätsregel des § 13 Abs. 1 Satz 2 BtMG über die Fortschritte der Behandlung unterrichtet, sind nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a BtMG strafbar, ohne dass § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 BtMG Sperrwirkung entfaltet (Nestler, MedR 2009, 211, 215; aA von Glahn, ZAP Fach 21, S. 213, 215 f.).
18
c) Diese Maßgaben einer zulässigen Substitutionsbehandlung sind aus den §§ 29, 13 BtMG, § 5 BtMVV ohne weiteres ersichtlich, so dass für den Arzt als Adressaten der Strafnorm - den verfassungsrechtlichen Vorgaben entsprechend (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Mai 1991 - 3 StR 8/91, BGHSt 37, 383, 384 f.; Nestler, MedR 2009, 211, 215) - klar erkennbar ist, unter welchen Voraussetzungen er sich durch das Verschreiben eines zur ärztlichen Medikation zugelassenen Substitutionsmittels strafbar macht.
19
d) Zu den gesetzlichen Voraussetzungen ordnungsgemäßer Verschreibungen fehlen hinreichende Feststellungen. Das Landgericht hat sich lediglich mit der Ermittlung des für die Erfüllung der Verschreibungsvoraussetzungen im Rahmen einer Substitutionsbehandlung nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 2 und 4 Buchst. c BtMVV gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 BtMVV maßgebenden Standes der medizinischen Wissenschaft befasst und sich weitestgehend auf die Prüfung beschränkt, ob dieser vom Angeklagten gewahrt wurde. Ob die in § 5 Abs. 2 Satz 1 BtMVV aufgezählten sonstigen rechtlichen Voraussetzungen einer zulässigen Verschreibung zu Substitutionszwecken erfüllt wurden, hat es dagegen nicht oder nur unzureichend in den Blick genommen. Insbesondere der Frage der Eingangs- und fortlaufender Kontrolluntersuchungen (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 BtMVV) durch den Angeklagten und der Erstellung eines auf das Erreichen einer Betäubungsmittelabstinenz zielenden Behandlungskonzepts als Voraussetzungen einer betäubungsmittelrechtlich unbedenklichen Verschreibung von Substitutionsmitteln ist es nicht weiter nachgegangen. Eine regelmäßige oder gar wöchentliche Konsultation des Angeklagten hat es nicht festgestellt, sondern festgehalten, ein "direkter Arzt-Patienten-Kontakt" habe hauptsächlich stattgefunden, "wenn der Patient ein konkretes Anliegen, z.B. körperliche Beschwerden und/oder den Wunsch nach Änderung der Dosierung", gehabt habe. Regelmäßiger, vom Angeklagten initiierter Konsultationen hätte es indessen bedurft, um eine Verschreibung von Substitutionsmitteln in Einklang mit § 13 BtMG zu bringen. "[A]ußerhalb einer förmlichen Untersuchungssituation, z.B. am Tresen", "im Vorbeigehen" oder über den Mobilfunkanschluss geführte Gespräche des Angeklagten mit Patienten, bei denen eine körperliche Untersuchung oder eine Unterredung unter vier Augen nicht stattfand und entsprechend der Fortschritt der Substitutionstherapie und die weiter unabdingbare Verschreibung von Substitutionsmitteln nicht überprüft werden konnten, waren entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht geeignet, den gesetzlichen, insoweit einer abweichenden Bewertung aufgrund sachverständiger Beweiserhebung zu alternativen Behandlungsansätzen nicht zugänglichen Anforderungen Genüge zu tun.
20
e) Das Landgericht hat darüber hinaus ein vorsätzliches - im Gegensatz zu einem bloß fahrlässigen und damit im Gegenschluss nach § 29 Abs. 4 BtMG nicht strafbaren - Handeln des Angeklagten aufgrund unzureichender Feststellungen verneint. Der das Substitutionsmittel entgegen § 13 BtMG verschreibende Arzt handelt vorsätzlich, wenn er zumindest billigend in Kauf nimmt, dass seine Verschreibung nicht den gesetzlichen Vorschriften entspricht und Verschreibungen von Betäubungsmitteln ohne Untersuchung oder ohne medizinische Indikation bzw. ohne ausreichende Kontrolle einen ärztlichen Kunstfehler darstellen (Körner/Patzak, aaO, § 29 Teil 15 Rn. 47). Mit der Frage diesbezüglicher (Er-)Kenntnisse des Angeklagten hat sich das Landgericht nicht hinreichend befasst. Es hat allein aufgrund des Umstands erhebliche Zweifel am subjektiven Tatbestand des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 Buchst. a BtMG gehegt , dass es bei der Ermittlung des allgemein anerkannten Stands der medizi- nischen Wissenschaft nach § 5 Abs. 2 Satz 2 BtMVV in der Hauptverhandlung erhebliche Zeit aufgewandt und divergierende Auffassungen ermittelt hat. Der Stand der medizinischen Wissenschaft spielt indessen für die rechtliche Voraussetzung hinreichender Untersuchungen als Maßgabe einer zulässigen Substitutionsbehandlung keine Rolle. Das Landgericht hätte daher der Frage nachgehen müssen, ob der Angeklagte im Zuge des von ihm im Jahr 2000 absolvierten Lehrgangs - den Vorwurf bedingt vorsätzlichen Handelns im angeklagten Zeitraum begründend - über die gesetzlichen Voraussetzungen einer Substitutionsbehandlung unterrichtet worden war.
21
3. Die Revision der Staatsanwaltschaft ist dagegen unbegründet, soweit sie sich gegen den Freispruch in den Fällen unter C.X. der Urteilsgründe (Fälle 940 bis 942 der Anklageschrift) richtet.
22
a) Das Landgericht ist für sich genommen rechtsfehlerfrei davon ausgegangen , der Angeklagte könne in diesen drei Fällen nicht des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln schuldig gesprochen werden, weil ihm ein eigennütziges Verhalten als Voraussetzung eines täterschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (vgl. BGH, Urteil vom 24. Juni 1986 - 5 StR 153/86, BGHSt 34, 124, 126; Beschluss vom 28. Juli 2009 - 3 StR 44/09, BGHR BtMG § 13 Abs. 1 Abgabe 1; Beschluss vom 18. Januar 2011 - 3 StR 479/10, juris; st. Rspr.) nicht nachweisbar sei. Es hat in einer den Anforderungen des § 267 Abs. 5 StPO genügenden Weise dargelegt, es habe Zahlungen zugunsten des Angeklagten Zug um Zug gegen die Übergabe von Methadon nicht festgestellt.
23
b) Dass das Landgericht die angeklagten Taten nicht (auch) unter dem Gesichtspunkt der unerlaubten Abgabe von Betäubungsmitteln gewertet hat, führt nicht zum Erfolg der Revision der Staatsanwaltschaft.

24
Zwar ist der Tatrichter grundsätzlich gehalten, die angeklagte Tat unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten zu würdigen. Dieser Kognitionspflicht dürfen aber keine verfahrensrechtlichen Hindernisse entgegenstehen. Wird die Strafverfolgung wie hier durch die Staatsanwaltschaft vor Anklageerhebung nach § 154a Abs. 1 StPO auf eine Gesetzesverletzung - konkret das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln - beschränkt, so können, wie sich aus der Notwendigkeit einer formellen Wiedereinbeziehung nach § 154a Abs. 3 Satz 1 StPO ergibt, zunächst ausgeschiedene Gesetzesverletzungen nur dann Gegenstand einer Verurteilung sein, wenn die Entscheidung über die Beschränkung zuvor rückgängig gemacht wird. Da es sich hierbei um einen Verfahrensvorgang handelt, kann die unterbliebene Wiedereinbeziehung als Verfahrensverstoß nur mit einer den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO entsprechenden, von der Staatsanwaltschaft indessen nicht erhobenen Verfahrensbeschwerde gerügt werden. Die Beanstandung einer Verletzung materiellen Rechts genügt nicht (vgl. BGH, Urteil vom 14. Dezember 1995 - 4 StR 370/95, BGHR StPO § 154a Abs. 3 Wiedereinbeziehung 3; MeyerGoßner , aaO, § 264 Rn. 12 a.E.).
25
Der Senat ist an der daher gebotenen teilweisen Verwerfung der Revision der Staatsanwaltschaft nicht durch das Urteil des 1. Strafsenats vom 18. Juli 1995 (1 StR 320/95, NStZ 1995, 540) gehindert. Denn soweit dort die Ansicht vertreten wird, das Unterlassen einer Wiedereinbeziehung ausgeschiedener Gesetzesverletzungen könne mit der Sachrüge geltend gemacht werden, handelt es sich nicht um eine die Entscheidung tragende Erwägung (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Mai 1963 - GSSt 2/62, BGHSt 19, 7, 9; Kissel/Mayer, GVG, 6. Aufl., § 132 Rn. 20). In dem genannten Fall unterlag der Freispruch (auch) der Aufhebung, weil das Landgericht den festgestellten Sachverhalt unter wei- teren rechtlichen Gesichtspunkten zu würdigen unterlassen hatte, die von der Beschränkung nach § 154a StPO nicht erfasst waren. Das Urteil des 2. Strafsenats vom 19. Februar 1997 (2 StR 561/96, BGHR StPO § 154a Abs. 3 Wiedereinbeziehung 4) lässt die Beachtlichkeit eines Verstoßes gegen § 154a Abs. 3 StPO auf die allgemeine Sachrüge ausdrücklich dahinstehen.
26
II. Die Revision des Angeklagten gegen seine Verurteilung in den Fällen unter A.IV.3 der Urteilsgründe ist mit der Sachbeschwerde aus den oben dargelegten Gründen gerechtfertigt. Auf die Verfahrensbeanstandungen kommt es daher nicht mehr an.
27
III. Mit der Aufhebung und Zurückverweisung nach § 354 Abs. 2 StPO entfällt die Kostenentscheidung des Landgerichts. Die Kostenbeschwerde des Angeklagten (§ 464 Abs. 3 StPO) ist damit gegenstandslos (Meyer-Goßner, aaO, § 464 Rn. 20).
Becker von Lienen Schäfer Mayer Menges

(1) Die in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel dürfen nur von Ärzten, Zahnärzten und Tierärzten und nur dann verschrieben oder im Rahmen einer ärztlichen, zahnärztlichen oder tierärztlichen Behandlung einschließlich der ärztlichen Behandlung einer Betäubungsmittelabhängigkeit verabreicht oder einem anderen zum unmittelbaren Verbrauch oder nach Absatz 1a Satz 1 überlassen werden, wenn ihre Anwendung am oder im menschlichen oder tierischen Körper begründet ist. Die Anwendung ist insbesondere dann nicht begründet, wenn der beabsichtigte Zweck auf andere Weise erreicht werden kann. Die in Anlagen I und II bezeichneten Betäubungsmittel dürfen nicht verschrieben, verabreicht oder einem anderen zum unmittelbaren Verbrauch oder nach Absatz 1a Satz 1 überlassen werden.

(1a) Zur Deckung des nicht aufschiebbaren Betäubungsmittelbedarfs eines ambulant versorgten Palliativpatienten darf der Arzt diesem die hierfür erforderlichen, in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel in Form von Fertigarzneimitteln nur dann überlassen, soweit und solange der Bedarf des Patienten durch eine Verschreibung nicht rechtzeitig gedeckt werden kann; die Höchstüberlassungsmenge darf den Dreitagesbedarf nicht überschreiten. Der Bedarf des Patienten kann durch eine Verschreibung nicht rechtzeitig gedeckt werden, wenn das erforderliche Betäubungsmittel

1.
bei einer dienstbereiten Apotheke innerhalb desselben Kreises oder derselben kreisfreien Stadt oder in einander benachbarten Kreisen oder kreisfreien Städten nicht vorrätig ist oder nicht rechtzeitig zur Abgabe bereitsteht oder
2.
obwohl es in einer Apotheke nach Nummer 1 vorrätig ist oder rechtzeitig zur Abgabe bereitstünde, von dem Patienten oder den Patienten versorgenden Personen nicht rechtzeitig beschafft werden kann, weil
a)
diese Personen den Patienten vor Ort versorgen müssen oder auf Grund ihrer eingeschränkten Leistungsfähigkeit nicht in der Lage sind, das Betäubungsmittel zu beschaffen, oder
b)
der Patient auf Grund der Art und des Ausmaßes seiner Erkrankung dazu nicht selbst in der Lage ist und keine Personen vorhanden sind, die den Patienten versorgen.
Der Arzt muss unter Hinweis darauf, dass eine Situation nach Satz 1 vorliegt, bei einer dienstbereiten Apotheke nach Satz 2 Nummer 1 vor Überlassung anfragen, ob das erforderliche Betäubungsmittel dort vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht. Über das Vorliegen der Voraussetzungen nach den Sätzen 1 und 2 und die Anfrage nach Satz 3 muss der Arzt mindestens folgende Aufzeichnungen führen und diese drei Jahre, vom Überlassen der Betäubungsmittel an gerechnet, aufbewahren:
1.
den Namen des Patienten sowie den Ort, das Datum und die Uhrzeit der Behandlung,
2.
den Namen der Apotheke und des kontaktierten Apothekers oder der zu seiner Vertretung berechtigten Person,
3.
die Bezeichnung des angefragten Betäubungsmittels,
4.
die Angabe der Apotheke, ob das Betäubungsmittel zum Zeitpunkt der Anfrage vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht,
5.
die Angaben über diejenigen Tatsachen, aus denen sich das Vorliegen der Voraussetzungen nach den Sätzen 1 und 2 ergibt.
Über die Anfrage eines nach Satz 1 behandelnden Arztes, ob ein bestimmtes Betäubungsmittel vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht, muss der Apotheker oder die zu seiner Vertretung berechtigte Person mindestens folgende Aufzeichnungen führen und diese drei Jahre, vom Tag der Anfrage an gerechnet, aufbewahren:
1.
das Datum und die Uhrzeit der Anfrage,
2.
den Namen des Arztes,
3.
die Bezeichnung des angefragten Betäubungsmittels,
4.
die Angabe gegenüber dem Arzt, ob das Betäubungsmittel zum Zeitpunkt der Anfrage vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht.
Im Falle des Überlassens nach Satz 1 hat der Arzt den ambulant versorgten Palliativpatienten oder zu dessen Pflege anwesende Dritte über die ordnungsgemäße Anwendung der überlassenen Betäubungsmittel aufzuklären und eine schriftliche Gebrauchsanweisung mit Angaben zur Einzel- und Tagesgabe auszuhändigen.

(1b) Abweichend von Absatz 1 dürfen die in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel durch Notfallsanitäter im Sinne des Notfallsanitätergesetzes ohne vorherige ärztliche Anordnung im Rahmen einer heilkundlichen Maßnahme verabreicht werden, wenn diese nach standardisierten ärztlichen Vorgaben handeln, ein Eintreffen eines Arztes nicht abgewartet werden kann und die Verabreichung zur Abwendung von Gefahren für die Gesundheit oder zur Beseitigung oder Linderung erheblicher Beschwerden erforderlich ist. Die standardisierten ärztlichen Vorgaben müssen

1.
den handelnden Notfallsanitätern in Textform vorliegen,
2.
Regelungen zu Art und Weise der Verabreichung enthalten und
3.
Festlegungen darüber treffen, in welchen Fällen das Eintreffen eines Arztes nicht abgewartet werden kann.

(2) Die nach Absatz 1 verschriebenen Betäubungsmittel dürfen nur im Rahmen des Betriebs einer Apotheke und gegen Vorlage der Verschreibung abgegeben werden. Diamorphin darf nur vom pharmazeutischen Unternehmer und nur an anerkannte Einrichtungen nach Absatz 3 Satz 2 Nummer 2a gegen Vorlage der Verschreibung abgegeben werden. Im Rahmen des Betriebs einer tierärztlichen Hausapotheke dürfen nur die in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel und nur zur Anwendung bei einem vom Betreiber der Hausapotheke behandelten Tier abgegeben werden.

(3) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Verschreiben von den in Anlage III bezeichneten Betäubungsmitteln, ihre Abgabe auf Grund einer Verschreibung und das Aufzeichnen ihres Verbleibs und des Bestandes bei Ärzten, Zahnärzten, Tierärzten, in Apotheken, tierärztlichen Hausapotheken, Krankenhäusern, Tierkliniken, Alten- und Pflegeheimen, Hospizen, Einrichtungen der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung, Einrichtungen der Rettungsdienste, Einrichtungen, in denen eine Behandlung mit dem Substitutionsmittel Diamorphin stattfindet, und auf Kauffahrteischiffen zu regeln, soweit es zur Sicherheit oder Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs erforderlich ist. Insbesondere können

1.
das Verschreiben auf bestimmte Zubereitungen, Bestimmungszwecke oder Mengen beschränkt,
2.
das Verschreiben von Substitutionsmitteln für Drogenabhängige von der Erfüllung von Mindestanforderungen an die Qualifikation der verschreibenden Ärzte abhängig gemacht und die Festlegung der Mindestanforderungen den Ärztekammern übertragen,
2a.
das Verschreiben von Diamorphin nur in Einrichtungen, denen eine Erlaubnis von der zuständigen Landesbehörde erteilt wurde, zugelassen,
2b.
die Mindestanforderungen an die Ausstattung der Einrichtungen, in denen die Behandlung mit dem Substitutionsmittel Diamorphin stattfindet, festgelegt,
3.
Meldungen
a)
der verschreibenden Ärzte an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte über das Verschreiben eines Substitutionsmittels für einen Patienten in anonymisierter Form,
b)
der Ärztekammern an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte über die Ärzte, die die Mindestanforderungen nach Nummer 2 erfüllen und
Mitteilungen
c)
des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte an die zuständigen Überwachungsbehörden und an die verschreibenden Ärzte über die Patienten, denen bereits ein anderer Arzt ein Substitutionsmittel verschrieben hat, in anonymisierter Form,
d)
des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte an die zuständigen Überwachungsbehörden der Länder über die Ärzte, die die Mindestanforderungen nach Nummer 2 erfüllen,
e)
des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte an die obersten Landesgesundheitsbehörden über die Anzahl der Patienten, denen ein Substitutionsmittel verschrieben wurde, die Anzahl der Ärzte, die zum Verschreiben eines Substitutionsmittels berechtigt sind, die Anzahl der Ärzte, die ein Substitutionsmittel verschrieben haben, die verschriebenen Substitutionsmittel und die Art der Verschreibung
sowie Art der Anonymisierung, Form und Inhalt der Meldungen und Mitteilungen vorgeschrieben,
4.
Form, Inhalt, Anfertigung, Ausgabe, Aufbewahrung und Rückgabe des zu verwendenden amtlichen Formblattes für die Verschreibung, das Verfahren für die Verschreibung in elektronischer Form sowie Form und Inhalt der Aufzeichnungen über den Verbleib und den Bestand der Betäubungsmittel festgelegt und
5.
Ausnahmen von § 4 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe c für die Ausrüstung von Kauffahrteischiffen erlassen werden.
Für das Verfahren zur Erteilung einer Erlaubnis nach Satz 2 Nummer 2a gelten § 7 Satz 2 Nummer 1 bis 4, § 8 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 und 3 Satz 1 bis 3, § 9 Absatz 2 und § 10 entsprechend. Dabei tritt an die Stelle des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte jeweils die zuständige Landesbehörde, an die Stelle der zuständigen obersten Landesbehörde jeweils das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Die Empfänger nach Satz 2 Nr. 3 dürfen die übermittelten Daten nicht für einen anderen als den in Satz 1 genannten Zweck verwenden. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte handelt bei der Wahrnehmung der ihm durch Rechtsverordnung nach Satz 2 zugewiesenen Aufgaben als vom Bund entliehenes Organ des jeweils zuständigen Landes; Einzelheiten einschließlich der Kostenerstattung an den Bund werden durch Vereinbarung geregelt.

(1) Einer Erlaubnis nach § 3 bedarf nicht, wer

1.
im Rahmen des Betriebs einer öffentlichen Apotheke oder einer Krankenhausapotheke (Apotheke)
a)
in Anlage II oder III bezeichnete Betäubungsmittel oder dort ausgenommene Zubereitungen herstellt,
b)
in Anlage II oder III bezeichnete Betäubungsmittel erwirbt,
c)
in Anlage III bezeichnete Betäubungsmittel auf Grund ärztlicher, zahnärztlicher oder tierärztlicher Verschreibung abgibt,
d)
in Anlage II oder III bezeichnete Betäubungsmittel an Inhaber einer Erlaubnis zum Erwerb dieser Betäubungsmittel zurückgibt oder an den Nachfolger im Betrieb der Apotheke abgibt,
e)
in Anlage I, II oder III bezeichnete Betäubungsmittel zur Untersuchung, zur Weiterleitung an eine zur Untersuchung von Betäubungsmitteln berechtigte Stelle oder zur Vernichtung entgegennimmt oder
f)
in Anlage III bezeichnete Opioide in Form von Fertigarzneimitteln in transdermaler oder in transmucosaler Darreichungsform an eine Apotheke zur Deckung des nicht aufschiebbaren Betäubungsmittelbedarfs eines ambulant versorgten Palliativpatienten abgibt, wenn die empfangende Apotheke die Betäubungsmittel nicht vorrätig hat,
2.
im Rahmen des Betriebs einer tierärztlichen Hausapotheke in Anlage III bezeichnete Betäubungsmittel in Form von Tierarzneimitteln
a)
für ein von ihm behandeltes Tier miteinander, mit anderen Tierarzneimitteln oder arzneilich nicht wirksamen Bestandteilen zum Zwecke der Anwendung durch ihn oder für die Immobilisation eines von ihm behandelten Zoo-, Wild- und Gehegetieres mischt,
b)
erwirbt,
c)
für ein von ihm behandeltes Tier oder Mischungen nach Buchstabe a für die Immobilisation eines von ihm behandelten Zoo-, Wild- und Gehegetieres abgibt oder
d)
an Inhaber der Erlaubnis zum Erwerb dieser Betäubungsmittel zurückgibt oder an den Nachfolger im Betrieb der tierärztlichen Hausapotheke abgibt,
3.
in Anlage III bezeichnete Betäubungsmittel
a)
auf Grund ärztlicher, zahnärztlicher oder tierärztlicher Verschreibung,
b)
zur Anwendung an einem Tier von einer Person, die dieses Tier behandelt und eine tierärztliche Hausapotheke betreibt, oder
c)
von einem Arzt nach § 13 Absatz 1a Satz 1
erwirbt,
4.
in Anlage III bezeichnete Betäubungsmittel
a)
als Arzt, Zahnarzt oder Tierarzt im Rahmen des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs oder
b)
auf Grund ärztlicher, zahnärztlicher oder tierärztlicher Verschreibung erworben hat und sie als Reisebedarf
ausführt oder einführt,
5.
gewerbsmäßig
a)
an der Beförderung von Betäubungsmitteln zwischen befugten Teilnehmern am Betäubungsmittelverkehr beteiligt ist oder die Lagerung und Aufbewahrung von Betäubungsmitteln im Zusammenhang mit einer solchen Beförderung oder für einen befugten Teilnehmer am Betäubungsmittelverkehr übernimmt oder
b)
die Versendung von Betäubungsmitteln zwischen befugten Teilnehmern am Betäubungsmittelverkehr durch andere besorgt oder vermittelt oder
6.
in Anlage I, II oder III bezeichnete Betäubungsmittel als Proband oder Patient im Rahmen einer klinischen Prüfung oder in Härtefällen nach § 21 Absatz 2 Nummer 3 des Arzneimittelgesetzes in Verbindung mit Artikel 83 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Festlegung der Verfahren der Union für die Genehmigung und Überwachung von Humanarzneimitteln und zur Errichtung einer Europäischen Arzneimittel-Agentur (ABl. L 136 vom 30.4.2004, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/5 (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 24) geändert worden ist, erwirbt.

(2) Einer Erlaubnis nach § 3 bedürfen nicht Bundes- und Landesbehörden für den Bereich ihrer dienstlichen Tätigkeit sowie die von ihnen mit der Untersuchung von Betäubungsmitteln beauftragten Behörden.

(3) Wer nach Absatz 1 Nr. 1 und 2 keiner Erlaubnis bedarf und am Betäubungsmittelverkehr teilnehmen will, hat dies dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zuvor anzuzeigen. Die Anzeige muß enthalten:

1.
den Namen und die Anschriften des Anzeigenden sowie der Apotheke oder der tierärztlichen Hausapotheke,
2.
das Ausstellungsdatum und die ausstellende Behörde der apothekenrechtlichen Erlaubnis oder der Approbation als Tierarzt und
3.
das Datum des Beginns der Teilnahme am Betäubungsmittelverkehr.
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte unterrichtet die zuständige oberste Landesbehörde unverzüglich über den Inhalt der Anzeigen, soweit sie tierärztliche Hausapotheken betreffen.

(1) Die in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel dürfen nur von Ärzten, Zahnärzten und Tierärzten und nur dann verschrieben oder im Rahmen einer ärztlichen, zahnärztlichen oder tierärztlichen Behandlung einschließlich der ärztlichen Behandlung einer Betäubungsmittelabhängigkeit verabreicht oder einem anderen zum unmittelbaren Verbrauch oder nach Absatz 1a Satz 1 überlassen werden, wenn ihre Anwendung am oder im menschlichen oder tierischen Körper begründet ist. Die Anwendung ist insbesondere dann nicht begründet, wenn der beabsichtigte Zweck auf andere Weise erreicht werden kann. Die in Anlagen I und II bezeichneten Betäubungsmittel dürfen nicht verschrieben, verabreicht oder einem anderen zum unmittelbaren Verbrauch oder nach Absatz 1a Satz 1 überlassen werden.

(1a) Zur Deckung des nicht aufschiebbaren Betäubungsmittelbedarfs eines ambulant versorgten Palliativpatienten darf der Arzt diesem die hierfür erforderlichen, in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel in Form von Fertigarzneimitteln nur dann überlassen, soweit und solange der Bedarf des Patienten durch eine Verschreibung nicht rechtzeitig gedeckt werden kann; die Höchstüberlassungsmenge darf den Dreitagesbedarf nicht überschreiten. Der Bedarf des Patienten kann durch eine Verschreibung nicht rechtzeitig gedeckt werden, wenn das erforderliche Betäubungsmittel

1.
bei einer dienstbereiten Apotheke innerhalb desselben Kreises oder derselben kreisfreien Stadt oder in einander benachbarten Kreisen oder kreisfreien Städten nicht vorrätig ist oder nicht rechtzeitig zur Abgabe bereitsteht oder
2.
obwohl es in einer Apotheke nach Nummer 1 vorrätig ist oder rechtzeitig zur Abgabe bereitstünde, von dem Patienten oder den Patienten versorgenden Personen nicht rechtzeitig beschafft werden kann, weil
a)
diese Personen den Patienten vor Ort versorgen müssen oder auf Grund ihrer eingeschränkten Leistungsfähigkeit nicht in der Lage sind, das Betäubungsmittel zu beschaffen, oder
b)
der Patient auf Grund der Art und des Ausmaßes seiner Erkrankung dazu nicht selbst in der Lage ist und keine Personen vorhanden sind, die den Patienten versorgen.
Der Arzt muss unter Hinweis darauf, dass eine Situation nach Satz 1 vorliegt, bei einer dienstbereiten Apotheke nach Satz 2 Nummer 1 vor Überlassung anfragen, ob das erforderliche Betäubungsmittel dort vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht. Über das Vorliegen der Voraussetzungen nach den Sätzen 1 und 2 und die Anfrage nach Satz 3 muss der Arzt mindestens folgende Aufzeichnungen führen und diese drei Jahre, vom Überlassen der Betäubungsmittel an gerechnet, aufbewahren:
1.
den Namen des Patienten sowie den Ort, das Datum und die Uhrzeit der Behandlung,
2.
den Namen der Apotheke und des kontaktierten Apothekers oder der zu seiner Vertretung berechtigten Person,
3.
die Bezeichnung des angefragten Betäubungsmittels,
4.
die Angabe der Apotheke, ob das Betäubungsmittel zum Zeitpunkt der Anfrage vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht,
5.
die Angaben über diejenigen Tatsachen, aus denen sich das Vorliegen der Voraussetzungen nach den Sätzen 1 und 2 ergibt.
Über die Anfrage eines nach Satz 1 behandelnden Arztes, ob ein bestimmtes Betäubungsmittel vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht, muss der Apotheker oder die zu seiner Vertretung berechtigte Person mindestens folgende Aufzeichnungen führen und diese drei Jahre, vom Tag der Anfrage an gerechnet, aufbewahren:
1.
das Datum und die Uhrzeit der Anfrage,
2.
den Namen des Arztes,
3.
die Bezeichnung des angefragten Betäubungsmittels,
4.
die Angabe gegenüber dem Arzt, ob das Betäubungsmittel zum Zeitpunkt der Anfrage vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht.
Im Falle des Überlassens nach Satz 1 hat der Arzt den ambulant versorgten Palliativpatienten oder zu dessen Pflege anwesende Dritte über die ordnungsgemäße Anwendung der überlassenen Betäubungsmittel aufzuklären und eine schriftliche Gebrauchsanweisung mit Angaben zur Einzel- und Tagesgabe auszuhändigen.

(1b) Abweichend von Absatz 1 dürfen die in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel durch Notfallsanitäter im Sinne des Notfallsanitätergesetzes ohne vorherige ärztliche Anordnung im Rahmen einer heilkundlichen Maßnahme verabreicht werden, wenn diese nach standardisierten ärztlichen Vorgaben handeln, ein Eintreffen eines Arztes nicht abgewartet werden kann und die Verabreichung zur Abwendung von Gefahren für die Gesundheit oder zur Beseitigung oder Linderung erheblicher Beschwerden erforderlich ist. Die standardisierten ärztlichen Vorgaben müssen

1.
den handelnden Notfallsanitätern in Textform vorliegen,
2.
Regelungen zu Art und Weise der Verabreichung enthalten und
3.
Festlegungen darüber treffen, in welchen Fällen das Eintreffen eines Arztes nicht abgewartet werden kann.

(2) Die nach Absatz 1 verschriebenen Betäubungsmittel dürfen nur im Rahmen des Betriebs einer Apotheke und gegen Vorlage der Verschreibung abgegeben werden. Diamorphin darf nur vom pharmazeutischen Unternehmer und nur an anerkannte Einrichtungen nach Absatz 3 Satz 2 Nummer 2a gegen Vorlage der Verschreibung abgegeben werden. Im Rahmen des Betriebs einer tierärztlichen Hausapotheke dürfen nur die in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel und nur zur Anwendung bei einem vom Betreiber der Hausapotheke behandelten Tier abgegeben werden.

(3) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Verschreiben von den in Anlage III bezeichneten Betäubungsmitteln, ihre Abgabe auf Grund einer Verschreibung und das Aufzeichnen ihres Verbleibs und des Bestandes bei Ärzten, Zahnärzten, Tierärzten, in Apotheken, tierärztlichen Hausapotheken, Krankenhäusern, Tierkliniken, Alten- und Pflegeheimen, Hospizen, Einrichtungen der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung, Einrichtungen der Rettungsdienste, Einrichtungen, in denen eine Behandlung mit dem Substitutionsmittel Diamorphin stattfindet, und auf Kauffahrteischiffen zu regeln, soweit es zur Sicherheit oder Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs erforderlich ist. Insbesondere können

1.
das Verschreiben auf bestimmte Zubereitungen, Bestimmungszwecke oder Mengen beschränkt,
2.
das Verschreiben von Substitutionsmitteln für Drogenabhängige von der Erfüllung von Mindestanforderungen an die Qualifikation der verschreibenden Ärzte abhängig gemacht und die Festlegung der Mindestanforderungen den Ärztekammern übertragen,
2a.
das Verschreiben von Diamorphin nur in Einrichtungen, denen eine Erlaubnis von der zuständigen Landesbehörde erteilt wurde, zugelassen,
2b.
die Mindestanforderungen an die Ausstattung der Einrichtungen, in denen die Behandlung mit dem Substitutionsmittel Diamorphin stattfindet, festgelegt,
3.
Meldungen
a)
der verschreibenden Ärzte an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte über das Verschreiben eines Substitutionsmittels für einen Patienten in anonymisierter Form,
b)
der Ärztekammern an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte über die Ärzte, die die Mindestanforderungen nach Nummer 2 erfüllen und
Mitteilungen
c)
des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte an die zuständigen Überwachungsbehörden und an die verschreibenden Ärzte über die Patienten, denen bereits ein anderer Arzt ein Substitutionsmittel verschrieben hat, in anonymisierter Form,
d)
des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte an die zuständigen Überwachungsbehörden der Länder über die Ärzte, die die Mindestanforderungen nach Nummer 2 erfüllen,
e)
des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte an die obersten Landesgesundheitsbehörden über die Anzahl der Patienten, denen ein Substitutionsmittel verschrieben wurde, die Anzahl der Ärzte, die zum Verschreiben eines Substitutionsmittels berechtigt sind, die Anzahl der Ärzte, die ein Substitutionsmittel verschrieben haben, die verschriebenen Substitutionsmittel und die Art der Verschreibung
sowie Art der Anonymisierung, Form und Inhalt der Meldungen und Mitteilungen vorgeschrieben,
4.
Form, Inhalt, Anfertigung, Ausgabe, Aufbewahrung und Rückgabe des zu verwendenden amtlichen Formblattes für die Verschreibung, das Verfahren für die Verschreibung in elektronischer Form sowie Form und Inhalt der Aufzeichnungen über den Verbleib und den Bestand der Betäubungsmittel festgelegt und
5.
Ausnahmen von § 4 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe c für die Ausrüstung von Kauffahrteischiffen erlassen werden.
Für das Verfahren zur Erteilung einer Erlaubnis nach Satz 2 Nummer 2a gelten § 7 Satz 2 Nummer 1 bis 4, § 8 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 und 3 Satz 1 bis 3, § 9 Absatz 2 und § 10 entsprechend. Dabei tritt an die Stelle des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte jeweils die zuständige Landesbehörde, an die Stelle der zuständigen obersten Landesbehörde jeweils das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Die Empfänger nach Satz 2 Nr. 3 dürfen die übermittelten Daten nicht für einen anderen als den in Satz 1 genannten Zweck verwenden. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte handelt bei der Wahrnehmung der ihm durch Rechtsverordnung nach Satz 2 zugewiesenen Aufgaben als vom Bund entliehenes Organ des jeweils zuständigen Landes; Einzelheiten einschließlich der Kostenerstattung an den Bund werden durch Vereinbarung geregelt.

(1) Substitution im Sinne dieser Verordnung ist die Anwendung eines Substitutionsmittels. Substitutionsmittel im Sinne dieser Verordnung sind ärztlich verschriebene Betäubungsmittel, die bei einem opioidabhängigen Patienten im Rahmen eines Therapiekonzeptes zur medizinischen Behandlung einer Abhängigkeit, die durch den Missbrauch von erlaubt erworbenen oder durch den Missbrauch von unerlaubt erworbenen oder erlangten Opioiden begründet ist, angewendet werden.

(2) Im Rahmen der ärztlichen Therapie soll eine Opioidabstinenz des Patienten angestrebt werden. Wesentliche Ziele der Substitution sind dabei insbesondere

1.
die Sicherstellung des Überlebens,
2.
die Besserung und Stabilisierung des Gesundheitszustandes,
3.
die Abstinenz von unerlaubt erworbenen oder erlangten Opioiden,
4.
die Unterstützung der Behandlung von Begleiterkrankungen oder
5.
die Verringerung der durch die Opioidabhängigkeit bedingten Risiken während einer Schwangerschaft sowie während und nach der Geburt.

(3) Ein Arzt darf einem Patienten Substitutionsmittel unter den Voraussetzungen des § 13 Absatz 1 des Betäubungsmittelgesetzes verschreiben, wenn er die Mindestanforderungen an eine suchtmedizinische Qualifikation erfüllt, die von den Ärztekammern nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft festgelegt werden (suchtmedizinisch qualifizierter Arzt). Zudem muss er die Meldeverpflichtungen nach § 5b Absatz 2 erfüllen.

(4) Erfüllt der Arzt nicht die Mindestanforderungen an eine suchtmedizinische Qualifikation nach Absatz 3 Satz 1 (suchtmedizinisch nicht qualifizierter Arzt), muss er zusätzlich zu der Voraussetzung nach Absatz 3 Satz 2

1.
sich zu Beginn der Behandlung mit einem suchtmedizinisch qualifizierten Arzt abstimmen sowie
2.
sicherstellen, dass sich sein Patient zu Beginn der Behandlung und mindestens einmal in jedem Quartal dem suchtmedizinisch qualifizierten Arzt nach Nummer 1 im Rahmen einer Konsiliarbehandlung vorstellt.
Ein suchtmedizinisch nicht qualifizierter Arzt darf gleichzeitig höchstens zehn Patienten mit Substitutionsmitteln behandeln. Er darf keine Behandlung nach § 5a durchführen.

(5) Im Vertretungsfall soll der substituierende Arzt von einem suchtmedizinisch qualifizierten Arzt vertreten werden. Gelingt es dem substituierenden Arzt nicht, einen Vertreter nach Satz 1 zu bestellen, so kann er von einem suchtmedizinisch nicht qualifizierten Arzt vertreten werden. In diesem Fall darf die Vertretung einen zusammenhängenden Zeitraum von bis zu vier Wochen und höchstens insgesamt zwölf Wochen im Jahr umfassen. Der Vertreter hat sich mit dem zu vertretenden Arzt grundsätzlich vor Beginn des Vertretungsfalles abzustimmen. Notfallentscheidungen bleiben in allen Vertretungsfällen unberührt. Der Vertreter fügt den Schriftwechsel sowie die sonstigen Aufzeichnungen zwischen den an der Vertretung beteiligten Ärzten der Dokumentation nach Absatz 11 bei. Der Vertreter nach Satz 2 darf im Rahmen seiner Vertretung keine Behandlung nach § 5a durchführen.

(6) Als Substitutionsmittel im Sinne von Absatz 1 darf der substituierende Arzt nur Folgendes verschreiben:

1.
ein zur Substitution zugelassenes Arzneimittel, das nicht den Stoff Diamorphin enthält,
2.
eine Zubereitung von Levomethadon, von Methadon oder von Buprenorphin oder
3.
in begründeten Ausnahmefällen eine Zubereitung von Codein oder Dihydrocodein.
Die in Satz 1 genannten Substitutionsmittel dürfen nicht zur intravenösen Anwendung bestimmt sein. Die Verschreibung eines in Satz 1 genannten Substitutionsmittels ist mit dem Buchstaben „S“ zu kennzeichnen. Für die zur Substitution zugelassenen Arzneimittel mit dem Stoff Diamorphin gilt § 5a.

(7) Dem Patienten oder bei dem Patienten ist das vom Arzt verschriebene Substitutionsmittel von den in Absatz 9 Satz 1 und 2 bezeichneten Personen oder dem dort bezeichneten Personal in den in Absatz 9 Satz 1 und 2 genannten Einrichtungen zum unmittelbaren Verbrauch zu überlassen, zu verabreichen oder gemäß dem in der arzneimittelrechtlichen Zulassung vorgesehenen Verfahren anzuwenden. Im Fall des Verschreibens von Codein oder Dihydrocodein kann dem Patienten nach der Überlassung jeweils einer Dosis zum unmittelbaren Verbrauch die für einen Tag zusätzlich benötigte Menge des Substitutionsmittels in abgeteilten Einzeldosen ausgehändigt und ihm die eigenverantwortliche Einnahme gestattet werden, sofern dem Arzt keine Anhaltspunkte für eine nicht bestimmungsgemäße Einnahme des Substitutionsmittels vorliegen.

(8) Abweichend von Absatz 7 Satz 1 darf der substituierende Arzt dem Patienten Substitutionsmittel zur eigenverantwortlichen Einnahme gemäß den Feststellungen der Bundesärztekammer nach Absatz 11 Satz 1 Nummer 3 Buchstabe b verschreiben,

1.
sobald und solange er zu dem Ergebnis kommt, dass eine Überlassung des Substitutionsmittels zum unmittelbaren Verbrauch nach Absatz 7 nicht mehr erforderlich ist, oder
2.
ausnahmsweise, wenn
a)
die Kontinuität der Substitutionsbehandlung des Patienten nicht anderweitig gewährleistet werden kann,
b)
der Verlauf der Behandlung dies zulässt,
c)
Risiken der Selbst- oder Fremdgefährdung soweit wie möglich ausgeschlossen sind und
d)
die Sicherheit und Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs nicht beeinträchtigt werden.
Der substituierende Arzt darf dem Patienten Substitutionsmittel in der für bis zu sieben aufeinanderfolgende Tage benötigten Menge nach Satz 1 verschreiben. Im Fall von Satz 1 Nummer 1 darf er dem Patienten in begründeten Einzelfällen Substitutionsmittel in der für bis zu 30 aufeinanderfolgende Tage benötigten Menge nach Satz 1 verschreiben. Ein begründeter Einzelfall im Sinne des Satzes 3 kann nur durch einen medizinischen oder einen anderen Sachverhalt begründet sein. Ein durch einen anderen Sachverhalt begründeter Einzelfall liegt vor, wenn der Patient aus wichtigen Gründen, die seine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben oder seine Erwerbstätigkeit betreffen, darauf angewiesen ist, eine Verschreibung des Substitutionsmittels zur eigenverantwortlichen Einnahme für bis zu 30 Tage zu erhalten. Der Patient hat dem Substitutionsarzt diese Sachverhalte glaubhaft zu machen. Medizinische Sachverhalte, die einen Einzelfall begründen, werden durch die Bundesärztekammer nach Absatz 11 Satz 1 Nummer 3 Buchstabe b festgestellt. Der substituierende Arzt darf die Verschreibung nach Satz 1 im Rahmen einer persönlichen Konsultation an den Patienten aushändigen oder infolge einer telemedizinischen Konsultation an ihn übermitteln; die nach § 365 Absatz 1 Satz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vereinbarten Anforderungen an die technischen Verfahren zu Videosprechstunden sind einzuhalten. In einem Zeitraum von 30 Tagen hat mindestens eine persönliche Konsultation stattzufinden. Die Verschreibung ist nach dem Buchstaben „S“ zusätzlich mit dem Buchstaben „T“ zu kennzeichnen. Der substituierende Arzt kann patientenindividuelle Zeitpunkte festlegen, zu denen Teilmengen des verschriebenen Substitutionsmittels in der Apotheke an den Patienten oder an die Praxis des substituierenden Arztes abgegeben oder zum unmittelbaren Verbrauch überlassen werden sollen.

(9) Substitutionsmittel nach Absatz 6 Satz 1 dürfen nur von folgenden Personen dem Patienten zum unmittelbaren Verbrauch überlassen, ihm verabreicht oder bei ihm gemäß dem in der arzneimittelrechtlichen Zulassung vorgesehenen Verfahren angewendet werden:

1.
dem substituierenden Arzt in der Einrichtung, in der er ärztlich tätig ist,
2.
dem vom substituierenden Arzt in der Einrichtung nach Nummer 1 eingesetzten medizinischen Personal oder
3.
dem medizinischen, pharmazeutischen, pflegerischen oder in begründeten Fällen, in denen die Abgabe nicht anderweitig gewährleistet werden kann, auch anderem geeigneten Personal, das vom substituierenden Arzt eingewiesen wurde, in
a)
einer stationären Einrichtung der medizinischen Rehabilitation,
b)
einem Gesundheitsamt,
c)
einem Alten- oder Pflegeheim,
d)
Anstalten und Einrichtungen des Justizvollzugs,
e)
einem Hospiz oder
f)
einer anderen geeigneten Einrichtung, die zu diesem Zweck von der zuständigen Landesbehörde anerkannt sein muss,
sofern der substituierende Arzt nicht selber in der jeweiligen Einrichtung tätig ist und er mit der jeweiligen Einrichtung eine Vereinbarung getroffen hat.
Außerdem darf ein Substitutionsmittel nach Absatz 6 Satz 1 dem Patienten zum unmittelbaren Verbrauch überlassen, ihm verabreicht oder bei ihm gemäß dem in der arzneimittelrechtlichen Zulassung vorgesehenen Verfahren angewendet werden
1.
bei einem Hausbesuch
a)
vom substituierenden Arzt oder dem von ihm eingesetzten medizinischen Personal oder
b)
vom medizinischen oder pflegerischen Personal, das von einem ambulanten Pflegedienst oder von einer Einrichtung der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung eingesetzt wird, sofern der substituierende Arzt für diesen Pflegedienst oder diese Einrichtung nicht selber tätig ist und er mit diesem Pflegedienst oder dieser Einrichtung eine Vereinbarung getroffen hat,
2.
in einer Apotheke von dem Apotheker oder von dem dort eingesetzten pharmazeutischen Personal, sofern der substituierende Arzt mit dem Apotheker eine Vereinbarung getroffen hat,
3.
in einem Krankenhaus von dem dort eingesetzten medizinischen oder pflegerischen Personal, sofern der substituierende Arzt für dieses Krankenhaus nicht selber tätig ist und er mit dem Krankenhaus eine Vereinbarung getroffen hat, oder
4.
in einer staatlich anerkannten Einrichtung der Suchtkrankenhilfe von dem dort eingesetzten und dafür ausgebildeten Personal, sofern der substituierende Arzt für diese Einrichtung nicht selber tätig ist und er mit der Einrichtung eine Vereinbarung getroffen hat.
Der substituierende Arzt hat sicherzustellen, dass das Personal nach den Sätzen 1 und 2 fachgerecht in das Überlassen des Substitutionsmittels zum unmittelbaren Verbrauch, in dessen Verabreichung oder dessen Anwendung gemäß dem in der arzneimittelrechtlichen Zulassung vorgesehenen Verfahren eingewiesen wird; eine invasive Verabreichung darf nur durch das in der arzneimittelrechtlichen Zulassung vorgesehene Personal erfolgen. Die Vereinbarung nach den Sätzen 1 und 2 hat schriftlich oder elektronisch zu erfolgen und muss bestimmen, wie das eingesetzte Personal einer Einrichtung nach den Sätzen 1 und 2 fachlich eingewiesen wird und muss daneben mindestens eine verantwortliche Person in der jeweiligen Einrichtung benennen sowie Regelungen über die Kontrollmöglichkeiten durch den substituierenden Arzt enthalten. Der substituierende Arzt darf die benötigten Substitutionsmittel in den in den Sätzen 1 und 2 genannten Einrichtungen unter seiner Verantwortung lagern. Die Einwilligung des über die jeweiligen Räumlichkeiten Verfügungsberechtigten bleibt unberührt.

(10) Der substituierende Arzt hat die Erfüllung seiner Verpflichtungen nach den Absätzen 1 bis 9 sowie nach § 5a Absatz 1 bis 4 und § 5b Absatz 2 und 4 gemäß den von der Bundesärztekammer nach Absatz 11 Satz 3 bestimmten Anforderungen zu dokumentieren. Die Dokumentation ist auf Verlangen der zuständigen Landesbehörde zur Einsicht und Auswertung vorzulegen oder einzusenden.

(11) Die Bundesärztekammer stellt den allgemein anerkannten Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft für die Substitution in einer Richtlinie fest, insbesondere für

1.
die Ziele der Substitution nach Absatz 2,
2.
die allgemeinen Voraussetzungen für die Einleitung und Fortführung einer Substitution nach Absatz 1 Satz 1,
3.
die Erstellung eines Therapiekonzeptes nach Absatz 1 Satz 2, insbesondere
a)
die Auswahl des Substitutionsmittels nach Absatz 1 Satz 2 und Absatz 6,
b)
die Voraussetzungen für das Verschreiben des Substitutionsmittels zur eigenverantwortlichen Einnahme nach den Absatz 8,
c)
die Entscheidung über die Erforderlichkeit einer Einbeziehung psychosozialer Betreuungsmaßnahmen sowie
d)
die Bewertung und Kontrolle des Therapieverlaufs.
Daneben kann die Bundesärztekammer nach dem allgemein anerkannten Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft weitere als die in Absatz 2 Satz 2 bezeichneten wesentliche Ziele der Substitution in dieser Richtlinie feststellen. Sie bestimmt auch die Anforderungen an die Dokumentation der Substitution nach Absatz 10 Satz 1 in dieser Richtlinie. Die Einhaltung des allgemein anerkannten Standes der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft wird vermutet, wenn und soweit die Feststellungen nach den Sätzen 1 und 2 beachtet worden sind.

(12) Vor der Entscheidung der Bundesärztekammer über die Richtlinie nach Absatz 11 Satz 1 bis 3 ist dem Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 91 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem allgemein anerkannten Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft für die Substitution zu geben. Die Stellungnahme ist von der Bundesärztekammer in ihre Entscheidung über die Richtlinie nach Absatz 11 Satz 1 bis 3 einzubeziehen.

(13) Die Bundesärztekammer hat dem Bundesministerium für Gesundheit die Richtlinie nach Absatz 11 Satz 1 bis 3 zur Genehmigung vorzulegen. Änderungen der vom Bundesministerium für Gesundheit genehmigten Richtlinie sind dem Bundesministerium für Gesundheit von der Bundesärztekammer ebenfalls zur Genehmigung vorzulegen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann von der Bundesärztekammer im Rahmen des Genehmigungsverfahrens zusätzliche Informationen und ergänzende Stellungnahmen anfordern. Das Bundesministerium für Gesundheit macht die genehmigte Richtlinie und genehmigte Änderungen der Richtlinie im Bundesanzeiger bekannt.

(14) Die Absätze 3 bis 10 sind entsprechend anzuwenden, wenn das Substitutionsmittel aus dem Bestand des Praxis- oder Stationsbedarfs zum unmittelbaren Verbrauch überlassen oder nach Absatz 7 Satz 2 ausgehändigt wird.

(1) Der Nachweis von Verbleib und Bestand der Betäubungsmittel in den in § 1 Abs. 3 genannten Einrichtungen ist unverzüglich nach Bestandsänderung nach amtlichem Formblatt zu führen. Es können Karteikarten oder Betäubungsmittelbücher mit fortlaufend numerierten Seiten verwendet werden. Die Aufzeichnung kann auch mittels elektronischer Datenverarbeitung erfolgen, sofern jederzeit der Ausdruck der gespeicherten Angaben in der Reihenfolge des amtlichen Formblattes gewährleistet ist. Im Falle des Überlassens eines Substitutionsmittels zum unmittelbaren Verbrauch nach § 5 Absatz 7 Satz 1 oder eines Betäubungsmittels nach § 5c Absatz 2 ist der Verbleib patientenbezogen nachzuweisen.

(2) Die Eintragungen über Zugänge, Abgänge und Bestände der Betäubungsmittel sowie die Übereinstimmung der Bestände mit den geführten Nachweisen sind

1.
von dem Apotheker für die von ihm geleitete Apotheke,
2.
von dem Tierarzt für die von ihm geleitete tierärztliche Hausapotheke und
3.
von dem in den §§ 2 bis 4 bezeichneten, verschreibungsberechtigten Arzt, Zahnarzt oder Tierarzt für den Praxis- oder Stationsbedarf,
4.
von einem nach § 5d Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 beauftragten Arzt für Hospize und Einrichtungen der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung sowie von dem nach § 6 Absatz 2 beauftragten Arzt für Einrichtungen des Rettungsdienstes,
5.
vom für die Durchführung der medizinischen Betreuung nach den seearbeitsrechtlichen Vorschriften Verantwortlichen für das jeweilige Kauffahrteischiff, das die Bundesflagge führt,
6.
im Falle des Nachweises nach Absatz 1 Satz 4 von den in § 5 Absatz 9 Satz 1 und 2 oder den in § 5c Absatz 2 benannten Personen,
7.
vom Verantwortlichen im Sinne des § 5a Absatz 2 Satz 2 Nummer 3
am Ende eines jeden Kalendermonats zu prüfen und, sofern sich der Bestand geändert hat, durch Namenszeichen und Prüfdatum zu bestätigen. Für den Fall, daß die Nachweisführung mittels elektronischer Datenverarbeitung erfolgt, ist die Prüfung auf der Grundlage zum Monatsende angefertigter Ausdrucke durchzuführen. Sobald und solange der Arzt die Nachweisführung und Prüfung nach Satz 1 Nummer 6 nicht selbst vornimmt, hat er sicherzustellen, dass er durch eine Person nach § 5 Absatz 9 Satz 1 und 2 oder § 5c Absatz 2 am Ende eines jeden Kalendermonats über die erfolgte Prüfung und Nachweisführung schriftlich oder elektronisch unterrichtet wird.

(3) Die Karteikarten, Betäubungsmittelbücher oder EDV-Ausdrucke nach Absatz 2 Satz 2 sind in den in § 1 Abs. 3 genannten Einrichtungen drei Jahre, von der letzten Eintragung an gerechnet, aufzubewahren. Bei einem Wechsel in der Leitung einer Krankenhausapotheke, einer Einrichtung eines Krankenhauses, einer Tierklinik oder einem Wechsel des beauftragten Arztes nach § 5c Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 oder § 6 Absatz 2 Satz 1 sind durch die in Absatz 2 genannten Personen das Datum der Übergabe sowie der übergebene Bestand zu vermerken und durch Unterschrift zu bestätigen. Die Karteikarten, die Betäubungsmittelbücher und die EDV-Ausdrucke sind auf Verlangen der nach § 19 Abs. 1 Satz 3 des Betäubungsmittelgesetzes zuständigen Landesbehörde einzusenden oder Beauftragten dieser Behörde vorzulegen. In der Zwischenzeit sind vorläufige Aufzeichnungen vorzunehmen, die nach Rückgabe der Karteikarten und Betäubungsmittelbücher nachzutragen sind.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 44/09
vom
28. Juli 2009
in der Strafsache
gegen
wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 28. Juli 2009 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Verden vom 6. August 2008 wird
a) für die Tat II. 132 der Urteilsgründe eine Einzelfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten festgesetzt ,
b) das vorbezeichnete Urteil mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit das Landgericht eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung festgestellt, von einer darüber hinausgehenden Kompensation aber abgesehen hat. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 146 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Ferner hat es den (Wertersatz -)Verfall eines Geldbetrages in Höhe von 7.958,93 Euro angeordnet und dem Angeklagten für die Dauer von zwei Jahren und sechs Monaten die Ausübung einer Tätigkeit als Arzt in der Drogensubstitution untersagt. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat nur den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Der Schuldspruch hält rechtlicher Nachprüfung stand.
3
a) Nach den Feststellungen gab der Angeklagte, der als niedergelassener Arzt auch in der Drogensubstitution tätig war, das in Anlage III des BtMG aufgeführte Substitutionsmittel Methadon in 146 Fällen an (zwölf) Privatpatienten in der Weise ab, dass er ihnen alsbald nach Behandlungsbeginn - zum Teil bereits nach wenigen Tagen - ohne ausreichende Kontrolle etwa im Hinblick auf den Beikonsum anderer Betäubungsmittel und/oder trotz anderweitiger offensichtlicher Unzuverlässigkeiten eine für mehrere Tage bemessene Dosis des Substitutionsmittels als Gesamtmenge zur eigenverantwortlichen Einnahme unmittelbar aus seinem Praxisbestand aushändigte. Er stellte den Patienten während des jeweiligen Abgabezeitraumes neben dem Einkaufspreis des Methadons monatliche Pauschalbeträge in Höhe zwischen 90 Euro und 113 Euro in Rechnung. Im Besitz einer Erlaubnis zum Verkehr mit Betäubungsmitteln gemäß § 3 BtMG war der Angeklagte zu keinem Zeitpunkt.
4
b) Die festgestellte Art und Weise der Abgabe des Substitutionsmittels Methadon durch den Angeklagten unterlag der Erlaubnispflicht des § 3 BtMG, über die der Angeklagte nicht verfügte. Das Gesetz sieht weder eine generelle Befreiung eines Substitutionsarztes von dieser Erlaubnispflicht vor noch unter- fällt die vom Angeklagten geübte Abgabepraxis der Ausnahmeregelung des § 13 BtMG (BGHSt 52, 271).
5
Diese Vorschrift sieht Ausnahmen von der Erlaubnispflicht des § 3 BtMG nur dann vor, wenn Substitutionsmittel ärztlich verschrieben oder im Rahmen der Behandlung einer Betäubungsmittelabhängigkeit dem Patienten verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überlassen, ihm also zum sofortigen Gebrauch ausgehändigt werden, ohne dass der Patient an dem Betäubungsmittel eigene Verfügungsmacht erlangt. Keiner dieser Erlaubnistatbestände war vorliegend gegeben. Der Angeklagte gab den Patienten vielmehr das Methadon jeweils zum eigenverantwortlichen Verbrauch für mehrere Tage mit und verschaffte ihnen so die unmittelbare Sachherrschaft an den Substanzen. Die Befugnis , betäubungsmittelabhängigen Personen Substitutionsmittel zur freien Verfügung auszuhändigen, ist jedoch ausweislich der Regelung des § 13 Abs. 2 BtMG dem Apotheker auf der Grundlage einer den Anforderungen der BtMVV genügenden ärztlichen Verschreibung vorbehalten. Eine entsprechende Regelung für eine unmittelbare Abgabe der Substitutionsmittel durch Ärzte enthält das BtMG nicht.
6
Die Frage, ob - was angesichts des eindeutigen Wortlauts des § 13 Abs. 1 und 2 BtMG freilich zweifelhaft erscheint - eine analoge Anwendung des § 13 BtMG in Betracht kommt, wenn die Voraussetzungen für eine so genannte Take-Home-Verschreibung gemäß § 5 Abs. 8 BtMVV gegeben sind und der Arzt lediglich anstelle des Apothekers die Substitutionsmittel an den Patienten aushändigt, bedarf - worauf der Generalbundesanwalt zu Recht hingewiesen hat - hier keiner Entscheidung. Denn nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen lag in keinem der ausgeurteilten Fälle ein Behandlungsverlauf vor, der - gemessen am allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wis- senschaft - eine Take-Home-Verschreibung und damit die Mitgabe der Substitutionsmittel an die Patienten gerechtfertigt hätte.
7
Da der Angeklagte deshalb außerhalb der Grenzen des § 13 BtMG und des § 5 BtMVV (in der zu den jeweiligen Tatzeiten gültigen Fassung) und somit ohne Erlaubnis nach § 3 BtMG die Substitutionsmittel an die Patienten abgab, unterlag er ohne Einschränkungen der Strafvorschrift des § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG. Etwas anderes ergibt sich auch nicht mit Blick auf die Regelungen des § 29 Abs. 1 Nr. 6 und Nr. 14 BtMG, deren Voraussetzungen hier nicht vorliegen. Diese Vorschriften entfalten keine Sperrwirkung, wenn ein Substitutionsarzt, wie hier, zum Zweck der Substituierung mit Betäubungsmitteln verkehrt, ohne dass die Voraussetzungen des § 13 BtMG oder der BtMVV gegeben sind (BGHSt 52, 271, 273).
8
Da der Angeklagte die Betäubungsmittel über den Einstandspreis hinaus zu monatlichen (Behandlungs-) Pauschalen an die Patienten abgab, ist das Landgericht zu Recht von einem eigennützigen Handeln und einer Strafbarkeit wegen (gewerbsmäßigen) Handeltreibens mit Betäubungsmitteln ausgegangen.
9
2. Das Landgericht hat es im Fall II. 132 versehentlich unterlassen, eine Einzelstrafe festzusetzen. Der Senat kann dies in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO nachholen. Er setzt die Einzelfreiheitsstrafe für diese Tat aus den vom Generalbundesanwalt dargelegten Gründen auf ein Jahr und acht Monate fest.
10
3. Die Ausführungen der Strafkammer zum Vorliegen einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung halten hingegen rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
11
Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass das Verfahren nach Rückkunft der Akten vom Oberlandesgericht, das im Beschwerdeverfahren das Hauptverfahren eröffnet hatte, vom 1. Juni 2006 bis zum Beginn der Hauptverhandlung am 18. März 2008, mithin über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr und neun Monaten aus Gründen, die der Justiz anzulasten seien, nicht angemessen gefördert worden sei. Die Strafkammer hat es bei der Feststellung des Vorliegens einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung bewenden lassen und eine weitergehende Kompensation des Konventionsverstoßes für nicht geboten erachtet.
12
Die Überprüfung dieser Entscheidung auf ihre Angemessenheit ist dem Senat verwehrt, da das Landgericht den Umfang der Verfahrensverzögerung in mehrfacher Hinsicht nicht rechtsfehlerfrei bestimmt hat.
13
a) Es hat zum einen außer Acht gelassen, dass das Oberlandesgericht bereits am 2. Februar 2006 über die Eröffnung des Hauptverfahrens entschieden hatte, die Akten aber erst vier Monate später am 1. Juni 2006 wieder beim Landgericht eingingen. Es liegt nahe, dass die verzögerte Rücksendung der Akten vom Oberlandesgericht ebenfalls auf Umstände, die im Verantwortungsbereich der Justiz liegen, zurückzuführen ist. Der Senat kann deshalb nicht ausschließen, dass das Landgericht bei seiner Entscheidung zu Lasten des Angeklagten von einem zu geringen Ausmaß der Verfahrensverzögerung ausgegangen ist.
14
b) Zum anderen begegnet auch der von der Strafkammer zu Grunde gelegte rein rechnerische Maßstab zur Feststellung des Umfangs der rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
15
Der Senat hat in seinem Urteil vom 18. Juni 2009 - 3 StR 89/09 - hierzu Folgendes ausgeführt:
16
"Ein rein rechnerischer Maßstab ist zur Feststellung einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung und ihres Ausmaßes nicht geeignet. Vielmehr beurteilt sich die Angemessenheit der Frist, innerhalb derer über eine strafrechtliche Anklage gegen einen - gegebenenfalls in Untersuchungshaft einsitzenden - Angeklagten verhandelt werden muss und ein Urteil zu ergehen hat (Art. 5 Abs. 3 Satz 1 2. Halbs., Art. 6 Abs. 1 Satz 1 MRK), nach den besonderen Umständen des Einzelfalles, die in einer umfassenden Gesamtwürdigung gegeneinander abgewogen werden müssen. Zu berücksichtigen sind dabei namentlich der durch die Verzögerungen der Justizorgane verursachte Zeitraum der Verfahrensverlängerung, die Gesamtdauer des Verfahrens, der Umfang und die Schwierigkeit des Verfahrensgegenstandes, die Art und Weise der Ermittlungen sowie das Ausmaß der mit dem Andauern des schwebenden Verfahrens für den Betroffenen verbundenen besonderen Belastungen. Keine Berücksichtigung finden hingegen Verfahrensverzögerungen, die der Beschuldigte selbst, sei es auch durch zulässiges Prozessverhalten, verursacht hat (vgl. BVerfG, Beschl. vom 10. März 2009 - 2 BvR 49/09; Meyer-Goßner, StPO 52. Aufl. Art. 6 MRK Rdn. 7 a m. w. N.). Nicht eingerechnet werden auch solche Zeiträume, die bei zeitlich angemessener Verfahrensgestaltung beansprucht werden durften (vgl. BGH NStZ 2008, 478). Zu beachten ist ferner, dass eine Verzögerung während eines einzelnen Verfahrensabschnitts für sich allein keinen Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot begründet, wenn das Strafverfahren insge- samt in angemessener Zeit abgeschlossen wurde (vgl. BGH StraFo 2008, 513 m. w. N.)."
17
Eine Auseinandersetzung mit all diesen Umständen lässt das angefochtene Urteil vermissen, so dass dem Senat eine Überprüfung des vom Landgericht angenommenen Umfangs der rechtsstaatswidrigen Verfahrenverzögerung verwehrt ist.
18
4. Sollte der neue Tatrichter auf neu festzustellender Tatsachengrundlage ebenfalls eine der Justiz zuzurechnende Verzögerung des Verfahrens für gegeben erachten, wird er mit Blick auf das gebotene Maß der Kompensation die von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs insoweit entwickelten Rechtsgrundsätze zu beachten haben (vgl. BGH - GS - NJW 2008, 860, 866; Senatsurteil vom 18. Juni 2009 aaO Rdn. 35 f.).
Becker von Lienen Sost-Scheible
Hubert Mayer

(1) Die in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel dürfen nur von Ärzten, Zahnärzten und Tierärzten und nur dann verschrieben oder im Rahmen einer ärztlichen, zahnärztlichen oder tierärztlichen Behandlung einschließlich der ärztlichen Behandlung einer Betäubungsmittelabhängigkeit verabreicht oder einem anderen zum unmittelbaren Verbrauch oder nach Absatz 1a Satz 1 überlassen werden, wenn ihre Anwendung am oder im menschlichen oder tierischen Körper begründet ist. Die Anwendung ist insbesondere dann nicht begründet, wenn der beabsichtigte Zweck auf andere Weise erreicht werden kann. Die in Anlagen I und II bezeichneten Betäubungsmittel dürfen nicht verschrieben, verabreicht oder einem anderen zum unmittelbaren Verbrauch oder nach Absatz 1a Satz 1 überlassen werden.

(1a) Zur Deckung des nicht aufschiebbaren Betäubungsmittelbedarfs eines ambulant versorgten Palliativpatienten darf der Arzt diesem die hierfür erforderlichen, in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel in Form von Fertigarzneimitteln nur dann überlassen, soweit und solange der Bedarf des Patienten durch eine Verschreibung nicht rechtzeitig gedeckt werden kann; die Höchstüberlassungsmenge darf den Dreitagesbedarf nicht überschreiten. Der Bedarf des Patienten kann durch eine Verschreibung nicht rechtzeitig gedeckt werden, wenn das erforderliche Betäubungsmittel

1.
bei einer dienstbereiten Apotheke innerhalb desselben Kreises oder derselben kreisfreien Stadt oder in einander benachbarten Kreisen oder kreisfreien Städten nicht vorrätig ist oder nicht rechtzeitig zur Abgabe bereitsteht oder
2.
obwohl es in einer Apotheke nach Nummer 1 vorrätig ist oder rechtzeitig zur Abgabe bereitstünde, von dem Patienten oder den Patienten versorgenden Personen nicht rechtzeitig beschafft werden kann, weil
a)
diese Personen den Patienten vor Ort versorgen müssen oder auf Grund ihrer eingeschränkten Leistungsfähigkeit nicht in der Lage sind, das Betäubungsmittel zu beschaffen, oder
b)
der Patient auf Grund der Art und des Ausmaßes seiner Erkrankung dazu nicht selbst in der Lage ist und keine Personen vorhanden sind, die den Patienten versorgen.
Der Arzt muss unter Hinweis darauf, dass eine Situation nach Satz 1 vorliegt, bei einer dienstbereiten Apotheke nach Satz 2 Nummer 1 vor Überlassung anfragen, ob das erforderliche Betäubungsmittel dort vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht. Über das Vorliegen der Voraussetzungen nach den Sätzen 1 und 2 und die Anfrage nach Satz 3 muss der Arzt mindestens folgende Aufzeichnungen führen und diese drei Jahre, vom Überlassen der Betäubungsmittel an gerechnet, aufbewahren:
1.
den Namen des Patienten sowie den Ort, das Datum und die Uhrzeit der Behandlung,
2.
den Namen der Apotheke und des kontaktierten Apothekers oder der zu seiner Vertretung berechtigten Person,
3.
die Bezeichnung des angefragten Betäubungsmittels,
4.
die Angabe der Apotheke, ob das Betäubungsmittel zum Zeitpunkt der Anfrage vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht,
5.
die Angaben über diejenigen Tatsachen, aus denen sich das Vorliegen der Voraussetzungen nach den Sätzen 1 und 2 ergibt.
Über die Anfrage eines nach Satz 1 behandelnden Arztes, ob ein bestimmtes Betäubungsmittel vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht, muss der Apotheker oder die zu seiner Vertretung berechtigte Person mindestens folgende Aufzeichnungen führen und diese drei Jahre, vom Tag der Anfrage an gerechnet, aufbewahren:
1.
das Datum und die Uhrzeit der Anfrage,
2.
den Namen des Arztes,
3.
die Bezeichnung des angefragten Betäubungsmittels,
4.
die Angabe gegenüber dem Arzt, ob das Betäubungsmittel zum Zeitpunkt der Anfrage vorrätig ist oder bis wann es zur Abgabe bereitsteht.
Im Falle des Überlassens nach Satz 1 hat der Arzt den ambulant versorgten Palliativpatienten oder zu dessen Pflege anwesende Dritte über die ordnungsgemäße Anwendung der überlassenen Betäubungsmittel aufzuklären und eine schriftliche Gebrauchsanweisung mit Angaben zur Einzel- und Tagesgabe auszuhändigen.

(1b) Abweichend von Absatz 1 dürfen die in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel durch Notfallsanitäter im Sinne des Notfallsanitätergesetzes ohne vorherige ärztliche Anordnung im Rahmen einer heilkundlichen Maßnahme verabreicht werden, wenn diese nach standardisierten ärztlichen Vorgaben handeln, ein Eintreffen eines Arztes nicht abgewartet werden kann und die Verabreichung zur Abwendung von Gefahren für die Gesundheit oder zur Beseitigung oder Linderung erheblicher Beschwerden erforderlich ist. Die standardisierten ärztlichen Vorgaben müssen

1.
den handelnden Notfallsanitätern in Textform vorliegen,
2.
Regelungen zu Art und Weise der Verabreichung enthalten und
3.
Festlegungen darüber treffen, in welchen Fällen das Eintreffen eines Arztes nicht abgewartet werden kann.

(2) Die nach Absatz 1 verschriebenen Betäubungsmittel dürfen nur im Rahmen des Betriebs einer Apotheke und gegen Vorlage der Verschreibung abgegeben werden. Diamorphin darf nur vom pharmazeutischen Unternehmer und nur an anerkannte Einrichtungen nach Absatz 3 Satz 2 Nummer 2a gegen Vorlage der Verschreibung abgegeben werden. Im Rahmen des Betriebs einer tierärztlichen Hausapotheke dürfen nur die in Anlage III bezeichneten Betäubungsmittel und nur zur Anwendung bei einem vom Betreiber der Hausapotheke behandelten Tier abgegeben werden.

(3) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Verschreiben von den in Anlage III bezeichneten Betäubungsmitteln, ihre Abgabe auf Grund einer Verschreibung und das Aufzeichnen ihres Verbleibs und des Bestandes bei Ärzten, Zahnärzten, Tierärzten, in Apotheken, tierärztlichen Hausapotheken, Krankenhäusern, Tierkliniken, Alten- und Pflegeheimen, Hospizen, Einrichtungen der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung, Einrichtungen der Rettungsdienste, Einrichtungen, in denen eine Behandlung mit dem Substitutionsmittel Diamorphin stattfindet, und auf Kauffahrteischiffen zu regeln, soweit es zur Sicherheit oder Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs erforderlich ist. Insbesondere können

1.
das Verschreiben auf bestimmte Zubereitungen, Bestimmungszwecke oder Mengen beschränkt,
2.
das Verschreiben von Substitutionsmitteln für Drogenabhängige von der Erfüllung von Mindestanforderungen an die Qualifikation der verschreibenden Ärzte abhängig gemacht und die Festlegung der Mindestanforderungen den Ärztekammern übertragen,
2a.
das Verschreiben von Diamorphin nur in Einrichtungen, denen eine Erlaubnis von der zuständigen Landesbehörde erteilt wurde, zugelassen,
2b.
die Mindestanforderungen an die Ausstattung der Einrichtungen, in denen die Behandlung mit dem Substitutionsmittel Diamorphin stattfindet, festgelegt,
3.
Meldungen
a)
der verschreibenden Ärzte an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte über das Verschreiben eines Substitutionsmittels für einen Patienten in anonymisierter Form,
b)
der Ärztekammern an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte über die Ärzte, die die Mindestanforderungen nach Nummer 2 erfüllen und
Mitteilungen
c)
des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte an die zuständigen Überwachungsbehörden und an die verschreibenden Ärzte über die Patienten, denen bereits ein anderer Arzt ein Substitutionsmittel verschrieben hat, in anonymisierter Form,
d)
des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte an die zuständigen Überwachungsbehörden der Länder über die Ärzte, die die Mindestanforderungen nach Nummer 2 erfüllen,
e)
des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte an die obersten Landesgesundheitsbehörden über die Anzahl der Patienten, denen ein Substitutionsmittel verschrieben wurde, die Anzahl der Ärzte, die zum Verschreiben eines Substitutionsmittels berechtigt sind, die Anzahl der Ärzte, die ein Substitutionsmittel verschrieben haben, die verschriebenen Substitutionsmittel und die Art der Verschreibung
sowie Art der Anonymisierung, Form und Inhalt der Meldungen und Mitteilungen vorgeschrieben,
4.
Form, Inhalt, Anfertigung, Ausgabe, Aufbewahrung und Rückgabe des zu verwendenden amtlichen Formblattes für die Verschreibung, das Verfahren für die Verschreibung in elektronischer Form sowie Form und Inhalt der Aufzeichnungen über den Verbleib und den Bestand der Betäubungsmittel festgelegt und
5.
Ausnahmen von § 4 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe c für die Ausrüstung von Kauffahrteischiffen erlassen werden.
Für das Verfahren zur Erteilung einer Erlaubnis nach Satz 2 Nummer 2a gelten § 7 Satz 2 Nummer 1 bis 4, § 8 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 und 3 Satz 1 bis 3, § 9 Absatz 2 und § 10 entsprechend. Dabei tritt an die Stelle des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte jeweils die zuständige Landesbehörde, an die Stelle der zuständigen obersten Landesbehörde jeweils das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Die Empfänger nach Satz 2 Nr. 3 dürfen die übermittelten Daten nicht für einen anderen als den in Satz 1 genannten Zweck verwenden. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte handelt bei der Wahrnehmung der ihm durch Rechtsverordnung nach Satz 2 zugewiesenen Aufgaben als vom Bund entliehenes Organ des jeweils zuständigen Landes; Einzelheiten einschließlich der Kostenerstattung an den Bund werden durch Vereinbarung geregelt.

(1) Substitution im Sinne dieser Verordnung ist die Anwendung eines Substitutionsmittels. Substitutionsmittel im Sinne dieser Verordnung sind ärztlich verschriebene Betäubungsmittel, die bei einem opioidabhängigen Patienten im Rahmen eines Therapiekonzeptes zur medizinischen Behandlung einer Abhängigkeit, die durch den Missbrauch von erlaubt erworbenen oder durch den Missbrauch von unerlaubt erworbenen oder erlangten Opioiden begründet ist, angewendet werden.

(2) Im Rahmen der ärztlichen Therapie soll eine Opioidabstinenz des Patienten angestrebt werden. Wesentliche Ziele der Substitution sind dabei insbesondere

1.
die Sicherstellung des Überlebens,
2.
die Besserung und Stabilisierung des Gesundheitszustandes,
3.
die Abstinenz von unerlaubt erworbenen oder erlangten Opioiden,
4.
die Unterstützung der Behandlung von Begleiterkrankungen oder
5.
die Verringerung der durch die Opioidabhängigkeit bedingten Risiken während einer Schwangerschaft sowie während und nach der Geburt.

(3) Ein Arzt darf einem Patienten Substitutionsmittel unter den Voraussetzungen des § 13 Absatz 1 des Betäubungsmittelgesetzes verschreiben, wenn er die Mindestanforderungen an eine suchtmedizinische Qualifikation erfüllt, die von den Ärztekammern nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft festgelegt werden (suchtmedizinisch qualifizierter Arzt). Zudem muss er die Meldeverpflichtungen nach § 5b Absatz 2 erfüllen.

(4) Erfüllt der Arzt nicht die Mindestanforderungen an eine suchtmedizinische Qualifikation nach Absatz 3 Satz 1 (suchtmedizinisch nicht qualifizierter Arzt), muss er zusätzlich zu der Voraussetzung nach Absatz 3 Satz 2

1.
sich zu Beginn der Behandlung mit einem suchtmedizinisch qualifizierten Arzt abstimmen sowie
2.
sicherstellen, dass sich sein Patient zu Beginn der Behandlung und mindestens einmal in jedem Quartal dem suchtmedizinisch qualifizierten Arzt nach Nummer 1 im Rahmen einer Konsiliarbehandlung vorstellt.
Ein suchtmedizinisch nicht qualifizierter Arzt darf gleichzeitig höchstens zehn Patienten mit Substitutionsmitteln behandeln. Er darf keine Behandlung nach § 5a durchführen.

(5) Im Vertretungsfall soll der substituierende Arzt von einem suchtmedizinisch qualifizierten Arzt vertreten werden. Gelingt es dem substituierenden Arzt nicht, einen Vertreter nach Satz 1 zu bestellen, so kann er von einem suchtmedizinisch nicht qualifizierten Arzt vertreten werden. In diesem Fall darf die Vertretung einen zusammenhängenden Zeitraum von bis zu vier Wochen und höchstens insgesamt zwölf Wochen im Jahr umfassen. Der Vertreter hat sich mit dem zu vertretenden Arzt grundsätzlich vor Beginn des Vertretungsfalles abzustimmen. Notfallentscheidungen bleiben in allen Vertretungsfällen unberührt. Der Vertreter fügt den Schriftwechsel sowie die sonstigen Aufzeichnungen zwischen den an der Vertretung beteiligten Ärzten der Dokumentation nach Absatz 11 bei. Der Vertreter nach Satz 2 darf im Rahmen seiner Vertretung keine Behandlung nach § 5a durchführen.

(6) Als Substitutionsmittel im Sinne von Absatz 1 darf der substituierende Arzt nur Folgendes verschreiben:

1.
ein zur Substitution zugelassenes Arzneimittel, das nicht den Stoff Diamorphin enthält,
2.
eine Zubereitung von Levomethadon, von Methadon oder von Buprenorphin oder
3.
in begründeten Ausnahmefällen eine Zubereitung von Codein oder Dihydrocodein.
Die in Satz 1 genannten Substitutionsmittel dürfen nicht zur intravenösen Anwendung bestimmt sein. Die Verschreibung eines in Satz 1 genannten Substitutionsmittels ist mit dem Buchstaben „S“ zu kennzeichnen. Für die zur Substitution zugelassenen Arzneimittel mit dem Stoff Diamorphin gilt § 5a.

(7) Dem Patienten oder bei dem Patienten ist das vom Arzt verschriebene Substitutionsmittel von den in Absatz 9 Satz 1 und 2 bezeichneten Personen oder dem dort bezeichneten Personal in den in Absatz 9 Satz 1 und 2 genannten Einrichtungen zum unmittelbaren Verbrauch zu überlassen, zu verabreichen oder gemäß dem in der arzneimittelrechtlichen Zulassung vorgesehenen Verfahren anzuwenden. Im Fall des Verschreibens von Codein oder Dihydrocodein kann dem Patienten nach der Überlassung jeweils einer Dosis zum unmittelbaren Verbrauch die für einen Tag zusätzlich benötigte Menge des Substitutionsmittels in abgeteilten Einzeldosen ausgehändigt und ihm die eigenverantwortliche Einnahme gestattet werden, sofern dem Arzt keine Anhaltspunkte für eine nicht bestimmungsgemäße Einnahme des Substitutionsmittels vorliegen.

(8) Abweichend von Absatz 7 Satz 1 darf der substituierende Arzt dem Patienten Substitutionsmittel zur eigenverantwortlichen Einnahme gemäß den Feststellungen der Bundesärztekammer nach Absatz 11 Satz 1 Nummer 3 Buchstabe b verschreiben,

1.
sobald und solange er zu dem Ergebnis kommt, dass eine Überlassung des Substitutionsmittels zum unmittelbaren Verbrauch nach Absatz 7 nicht mehr erforderlich ist, oder
2.
ausnahmsweise, wenn
a)
die Kontinuität der Substitutionsbehandlung des Patienten nicht anderweitig gewährleistet werden kann,
b)
der Verlauf der Behandlung dies zulässt,
c)
Risiken der Selbst- oder Fremdgefährdung soweit wie möglich ausgeschlossen sind und
d)
die Sicherheit und Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs nicht beeinträchtigt werden.
Der substituierende Arzt darf dem Patienten Substitutionsmittel in der für bis zu sieben aufeinanderfolgende Tage benötigten Menge nach Satz 1 verschreiben. Im Fall von Satz 1 Nummer 1 darf er dem Patienten in begründeten Einzelfällen Substitutionsmittel in der für bis zu 30 aufeinanderfolgende Tage benötigten Menge nach Satz 1 verschreiben. Ein begründeter Einzelfall im Sinne des Satzes 3 kann nur durch einen medizinischen oder einen anderen Sachverhalt begründet sein. Ein durch einen anderen Sachverhalt begründeter Einzelfall liegt vor, wenn der Patient aus wichtigen Gründen, die seine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben oder seine Erwerbstätigkeit betreffen, darauf angewiesen ist, eine Verschreibung des Substitutionsmittels zur eigenverantwortlichen Einnahme für bis zu 30 Tage zu erhalten. Der Patient hat dem Substitutionsarzt diese Sachverhalte glaubhaft zu machen. Medizinische Sachverhalte, die einen Einzelfall begründen, werden durch die Bundesärztekammer nach Absatz 11 Satz 1 Nummer 3 Buchstabe b festgestellt. Der substituierende Arzt darf die Verschreibung nach Satz 1 im Rahmen einer persönlichen Konsultation an den Patienten aushändigen oder infolge einer telemedizinischen Konsultation an ihn übermitteln; die nach § 365 Absatz 1 Satz 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch vereinbarten Anforderungen an die technischen Verfahren zu Videosprechstunden sind einzuhalten. In einem Zeitraum von 30 Tagen hat mindestens eine persönliche Konsultation stattzufinden. Die Verschreibung ist nach dem Buchstaben „S“ zusätzlich mit dem Buchstaben „T“ zu kennzeichnen. Der substituierende Arzt kann patientenindividuelle Zeitpunkte festlegen, zu denen Teilmengen des verschriebenen Substitutionsmittels in der Apotheke an den Patienten oder an die Praxis des substituierenden Arztes abgegeben oder zum unmittelbaren Verbrauch überlassen werden sollen.

(9) Substitutionsmittel nach Absatz 6 Satz 1 dürfen nur von folgenden Personen dem Patienten zum unmittelbaren Verbrauch überlassen, ihm verabreicht oder bei ihm gemäß dem in der arzneimittelrechtlichen Zulassung vorgesehenen Verfahren angewendet werden:

1.
dem substituierenden Arzt in der Einrichtung, in der er ärztlich tätig ist,
2.
dem vom substituierenden Arzt in der Einrichtung nach Nummer 1 eingesetzten medizinischen Personal oder
3.
dem medizinischen, pharmazeutischen, pflegerischen oder in begründeten Fällen, in denen die Abgabe nicht anderweitig gewährleistet werden kann, auch anderem geeigneten Personal, das vom substituierenden Arzt eingewiesen wurde, in
a)
einer stationären Einrichtung der medizinischen Rehabilitation,
b)
einem Gesundheitsamt,
c)
einem Alten- oder Pflegeheim,
d)
Anstalten und Einrichtungen des Justizvollzugs,
e)
einem Hospiz oder
f)
einer anderen geeigneten Einrichtung, die zu diesem Zweck von der zuständigen Landesbehörde anerkannt sein muss,
sofern der substituierende Arzt nicht selber in der jeweiligen Einrichtung tätig ist und er mit der jeweiligen Einrichtung eine Vereinbarung getroffen hat.
Außerdem darf ein Substitutionsmittel nach Absatz 6 Satz 1 dem Patienten zum unmittelbaren Verbrauch überlassen, ihm verabreicht oder bei ihm gemäß dem in der arzneimittelrechtlichen Zulassung vorgesehenen Verfahren angewendet werden
1.
bei einem Hausbesuch
a)
vom substituierenden Arzt oder dem von ihm eingesetzten medizinischen Personal oder
b)
vom medizinischen oder pflegerischen Personal, das von einem ambulanten Pflegedienst oder von einer Einrichtung der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung eingesetzt wird, sofern der substituierende Arzt für diesen Pflegedienst oder diese Einrichtung nicht selber tätig ist und er mit diesem Pflegedienst oder dieser Einrichtung eine Vereinbarung getroffen hat,
2.
in einer Apotheke von dem Apotheker oder von dem dort eingesetzten pharmazeutischen Personal, sofern der substituierende Arzt mit dem Apotheker eine Vereinbarung getroffen hat,
3.
in einem Krankenhaus von dem dort eingesetzten medizinischen oder pflegerischen Personal, sofern der substituierende Arzt für dieses Krankenhaus nicht selber tätig ist und er mit dem Krankenhaus eine Vereinbarung getroffen hat, oder
4.
in einer staatlich anerkannten Einrichtung der Suchtkrankenhilfe von dem dort eingesetzten und dafür ausgebildeten Personal, sofern der substituierende Arzt für diese Einrichtung nicht selber tätig ist und er mit der Einrichtung eine Vereinbarung getroffen hat.
Der substituierende Arzt hat sicherzustellen, dass das Personal nach den Sätzen 1 und 2 fachgerecht in das Überlassen des Substitutionsmittels zum unmittelbaren Verbrauch, in dessen Verabreichung oder dessen Anwendung gemäß dem in der arzneimittelrechtlichen Zulassung vorgesehenen Verfahren eingewiesen wird; eine invasive Verabreichung darf nur durch das in der arzneimittelrechtlichen Zulassung vorgesehene Personal erfolgen. Die Vereinbarung nach den Sätzen 1 und 2 hat schriftlich oder elektronisch zu erfolgen und muss bestimmen, wie das eingesetzte Personal einer Einrichtung nach den Sätzen 1 und 2 fachlich eingewiesen wird und muss daneben mindestens eine verantwortliche Person in der jeweiligen Einrichtung benennen sowie Regelungen über die Kontrollmöglichkeiten durch den substituierenden Arzt enthalten. Der substituierende Arzt darf die benötigten Substitutionsmittel in den in den Sätzen 1 und 2 genannten Einrichtungen unter seiner Verantwortung lagern. Die Einwilligung des über die jeweiligen Räumlichkeiten Verfügungsberechtigten bleibt unberührt.

(10) Der substituierende Arzt hat die Erfüllung seiner Verpflichtungen nach den Absätzen 1 bis 9 sowie nach § 5a Absatz 1 bis 4 und § 5b Absatz 2 und 4 gemäß den von der Bundesärztekammer nach Absatz 11 Satz 3 bestimmten Anforderungen zu dokumentieren. Die Dokumentation ist auf Verlangen der zuständigen Landesbehörde zur Einsicht und Auswertung vorzulegen oder einzusenden.

(11) Die Bundesärztekammer stellt den allgemein anerkannten Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft für die Substitution in einer Richtlinie fest, insbesondere für

1.
die Ziele der Substitution nach Absatz 2,
2.
die allgemeinen Voraussetzungen für die Einleitung und Fortführung einer Substitution nach Absatz 1 Satz 1,
3.
die Erstellung eines Therapiekonzeptes nach Absatz 1 Satz 2, insbesondere
a)
die Auswahl des Substitutionsmittels nach Absatz 1 Satz 2 und Absatz 6,
b)
die Voraussetzungen für das Verschreiben des Substitutionsmittels zur eigenverantwortlichen Einnahme nach den Absatz 8,
c)
die Entscheidung über die Erforderlichkeit einer Einbeziehung psychosozialer Betreuungsmaßnahmen sowie
d)
die Bewertung und Kontrolle des Therapieverlaufs.
Daneben kann die Bundesärztekammer nach dem allgemein anerkannten Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft weitere als die in Absatz 2 Satz 2 bezeichneten wesentliche Ziele der Substitution in dieser Richtlinie feststellen. Sie bestimmt auch die Anforderungen an die Dokumentation der Substitution nach Absatz 10 Satz 1 in dieser Richtlinie. Die Einhaltung des allgemein anerkannten Standes der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft wird vermutet, wenn und soweit die Feststellungen nach den Sätzen 1 und 2 beachtet worden sind.

(12) Vor der Entscheidung der Bundesärztekammer über die Richtlinie nach Absatz 11 Satz 1 bis 3 ist dem Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 91 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem allgemein anerkannten Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft für die Substitution zu geben. Die Stellungnahme ist von der Bundesärztekammer in ihre Entscheidung über die Richtlinie nach Absatz 11 Satz 1 bis 3 einzubeziehen.

(13) Die Bundesärztekammer hat dem Bundesministerium für Gesundheit die Richtlinie nach Absatz 11 Satz 1 bis 3 zur Genehmigung vorzulegen. Änderungen der vom Bundesministerium für Gesundheit genehmigten Richtlinie sind dem Bundesministerium für Gesundheit von der Bundesärztekammer ebenfalls zur Genehmigung vorzulegen. Das Bundesministerium für Gesundheit kann von der Bundesärztekammer im Rahmen des Genehmigungsverfahrens zusätzliche Informationen und ergänzende Stellungnahmen anfordern. Das Bundesministerium für Gesundheit macht die genehmigte Richtlinie und genehmigte Änderungen der Richtlinie im Bundesanzeiger bekannt.

(14) Die Absätze 3 bis 10 sind entsprechend anzuwenden, wenn das Substitutionsmittel aus dem Bestand des Praxis- oder Stationsbedarfs zum unmittelbaren Verbrauch überlassen oder nach Absatz 7 Satz 2 ausgehändigt wird.

(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.

(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.

(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.

(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.

(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.

(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.