Bundesgerichtshof Urteil, 22. Nov. 2016 - 1 StR 329/16

ECLI:ECLI:DE:BGH:2016:221116U1STR329.16.0
22.11.2016

Gericht

Bundesgerichtshof


Der Bundesgerichtshof (BGH) ist das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland.  Der BGH besteht aus 16 Senaten, die jeweils von einem Vorsitzenden und mehreren anderen Richtern geleitet werden. Die Zusammensetzung der Senate

Richter

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 329/16
vom
22. November 2016
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:221116U1STR329.16.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung vom 8. November 2016 in der Sitzung am 22. November 2016, an denen teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Graf als Vorsitzender, der Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Jäger, die Richterin am Bundesgerichtshof Cirener, und die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Radtke, Prof. Dr. Mosbacher, Staatsanwältin - in der Verhandlung vom 8. November 2016 -, Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof - bei der Verkündung am 8. November 2016 -, Bundesanwalt beim Bundesgerichtshof - bei der Verkündung am 22. November 2016 -, als Vertreter der Bundesanwaltschaft, Rechtsanwalt - in der Verhandlung vom 8. November 2016 -, Rechtsanwalt - in der Verhandlung vom 8. November 2016 - als Verteidiger,
Justizangestellte - in der Verhandlung vom 8. November 2016 und bei der Verkündung am 22. November 2016 -, Justizobersekretärin - bei der Verkündung am 8. November 2016-, als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hof vom 23. März 2016 wird mit der Maßgabe verworfen , dass die Angeklagte im Fall II.2. der Urteilsgründe statt wegen unerlaubter Abgabe wegen unerlaubter Verbrauchsüberlassung von Betäubungsmitteln an eine Person unter 18 Jahren strafbar ist. Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 24 Fällen, davon in 14 Fällen in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, sowie wegen unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjäh- rige zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten verurteilt. Daneben hat es hinsichtlich eines Geldbetrages in Höhe von 12.000 Euro den Verfall von Wertersatz angeordnet. Mit ihrer Revision beanstandet die Angeklagte allgemein die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel führt lediglich zu einer Abänderung des Schuldspruchs im Fall II.2. der Urteilsgründe; im Übrigen hat es keinen Erfolg.

I.

2
1. Nach den Feststellungen des Landgerichts baute sich die Angeklagte spätestens ab April 2014 von ihrer Wohnung in S. aus ein Geschäft mit dem An- und Verkauf von Methamphetamin auf. Die Betäubungsmittel erwarb sie in erheblicher Menge bei einer Vielzahl von Gelegenheiten entweder von anderen Händlern in Deutschland oder sie beschaffte sie sich selbst oder durch von ihr beauftragte Personen in der Tschechischen Republik. Das so erworbene Methamphetamin veräußerte die Angeklagte gewinnbringend im Großraum C. . Sie erlangte hierdurch einen Gesamtveräußerungserlös von mindestens 35.943 Euro.
3
Im Einzelnen hat das Landgericht folgende Tathandlungen festgestellt:
4
a) Tatkomplex II.1. der Urteilsgründe
5
Zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt im April 2014 fuhr die Angeklagte mit einer unbekannt gebliebenen Person in die Tschechische Republik und erwarb dort auf einem sog. Vietnamesenmarkt zur gewinnbringenden Weiterveräußerung mindestens 15 g Methamphetamin mit einem Mindestwirkstoffgehalt von 60 % Methamphetaminbase zu einem Preis von 18 Eu- ro je Gramm. Sie verbrachte die Betäubungsmittel anschließend in die Bundesrepublik Deutschland und verkaufte sie von ihrer Wohnung aus zu einem Grammpreis von 25 Euro weiter.
6
b) Tatkomplex II.2. der Urteilsgründe
7
Am 19. April 2014 übergab die Angeklagte in ihrer Wohnung an den damals fünfzehnjährigen L. , der schon bei früheren Gelegenheiten Methamphetamin konsumiert hatte, mindestens eine Konsumeinheit von 0,1 Methamphetamin (UA S. 19). Diese nahm L. vor den Augen der Angeklagten ein.
8
c) Tatkomplex II.3. der Urteilsgründe
9
Im Zeitraum von Juni bis Oktober 2014 erwarb die Angeklagte bei mindestens zehn Gelegenheiten von unbekannt gebliebenen Personen aus dem Großraum C. jeweils mindestens 15 g Methamphetamin mit einem Mindestwirkstoffgehalt von 60 % Methamphetaminbase zu einem Grammpreis von 30 Euro zur gewinnbringenden Weiterveräußerung. Von diesen Betäubungsmitteln bewahrte die Angeklagte am 25. September 2014 insgesamt 23,03 g Methamphetamin mit einem Wirkstoffgehalt von 16,89 g Methamphetaminbase in ihrer Wohnung auf; sie wurden sichergestellt. In zwei Fällen veräußerte die Angeklagte jeweils 2 g Methaphetamin zu einem Preis von 25 Euro je Gramm – und damit unter ihrem Einkaufspreis – an die anderweitig Verfolgte H. . Die übrigen Betäubungsmittel veräußerte sie zu einem Grammpreis von mindestens 40 Euro gewinnbringend weiter.
10
d) Tatkomplex II.4. der Urteilsgründe
11
Im Zeitraum von November 2014 bis zum 25. Juni 2015 erwarb die Angeklagte aus der Tschechischen Republik bei mindestens zehn Gelegenheiten jeweils mindestens 70 g Methamphetamin mit einem Mindestwirkstoffgehalt von 60 % Methamphetaminbase zu einem Gesamtpreis von jeweils 1.300 Euro. Zum Erwerb fuhr die Angeklagte entweder selbst oder gemeinsam mit unbekannt gebliebenen Personen in die Tschechische Republik oder sie beauftragte andere Personen, für sie dort Methamphetamin zu erwerben und zu ihr in die Bundesrepublik Deutschland zu bringen. Soweit andere Personen für sie den Erwerb vornahmen, gab die Angeklagte die Fahrtroute sowie den Einkaufsort vor und übergab ihnen vorab das erforderliche Kaufgeld. Die Angeklagte verkaufte die nach Deutschland eingeführten Betäubungsmittel anschließend mit Gewinn weiter. Dabei ließ sie in sechs Fällen jeweils mindestens 7 g Methamphetamin im Wege des Körperschmuggels in die Justizvollzugsanstalt C. verbringen und dort zu einem Grammpreis von mindestens 100 Euro weiterverkaufen.
12
e) Tatkomplex II.5. der Urteilsgründe
13
Bei zwei Fahrten zu einem sog. Vietnamesenmarkt in der Tschechischen Republik im Mai bzw. Juni 2015 erwarben die gesondert Verfolgten H. und W. im Auftrag der Angeklagten jeweils mindestens 80 g Methamphetamin mit einem Wirkstoffgehalt von 60 % Methamphetaminbase und verbrachten sie zur Angeklagten. Diese hatte ihnen zuvor für den Erwerb das Kaufgeld von jeweils mindestens 1.500 Euro übergeben und die Fahrtroute sowie den Einkaufsort für die Betäubungsmittel vorgegeben. Die Angeklagte verkaufte das Methamphetamin anschließend gewinnbringend weiter.
14
f) Tatkomplex II.6. der Urteilsgründe
15
In einem weiteren gleichartigen Fall erwarben die gesondertVerfolgten H. und W. am 25. Juni 2015 im Auftrag und mit Kaufgeld der Angeklagten auf einem „Vietnamesenmarkt“ in der Tschechischen Republik 71,2 g Methamphetamin mit einem Wirkstoffgehalt von 56 g Methamphetaminbase. Zum Transport nach Deutschland hatte ihnen die Angeklagte den in ihrem Eigentum stehenden BMW 320d mit einem Wert von etwa 5.000 Euro zur Verfügung gestellt. Kurz nach dem Grenzübertritt wurden im Rahmen einer polizeilichen Kontrolle die Betäubungsmittel sichergestellt. Der ebenfalls sichergestellte Pkw wurde später neben Mobiltelefonen, die bei den Taten Verwendung fanden, mit Zustimmung der Angeklagten form- und entschädigungslos eingezogen.

II.

16
Die Revision der Angeklagten führt lediglich zu einer Richtigstellung des Schuldspruchs im Fall II.2. der Urteilsgründe. Im Übrigen hat die Nachprüfung des angefochtenen Urteils aufgrund der Sachrüge keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben.
17
1. Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen werden von der Beweiswürdigung getragen.

18
a) Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts (§ 261 StPO). Ihm allein obliegt es, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein, es genügt, dass sie möglich sind. Die revisionsgerichtliche Prüfung ist darauf beschränkt, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen die Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 21. April 2016 – 1 StR 629/15, BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 43; vom 11. Februar 2016 – 3 StR 436/15 und vom 14. Dezember 2011 – 1 StR 501/11, NStZ-RR 2012, 148, jeweils mwN).
19
b) Derartige Rechtsfehler liegen nicht vor.
20
aa) Das Landgericht hat sich rechtsfehlerfrei auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung aller für die Beweiswürdigung bedeutsamen Umstände von den Taten und der Täterschaft der Angeklagten überzeugt. Es durfte sich dabei maßgeblich auf das in objektiver und subjektiver Hinsicht umfassende Geständnis der Angeklagten stützen, dessen Glaubhaftigkeit es eingehend überprüft hat (UA S. 13).
21
bb) Die Beweiswürdigung des Landgerichts ist auch nicht lückenhaft. Angesichts des vollumfänglichen Geständnisses der Angeklagten gilt dies auch im Hinblick auf die im Rahmen der Strafzumessung berücksichtigte Feststellung des Landgerichts, dass die Angeklagte „sich als Anlaufstelle für Konsumenten im Großraum C. bereits einen Ruf erarbeitet und die Veräußerungsgeschäfte in ihrer Wohnung als Massengeschäft abgewickelt“ hatte (UA S. 18).
22
2. Im Fall II.2. der Urteilsgründe ist der Schuldspruch hinsichtlich der angewendeten Tatbestandsvariante des § 29a Abs. 1 Nr. 1 BtMG rechtsfehlerhaft und dem Antrag des Generalbundesanwalts entsprechend zu ändern.
23
Eine Abgabe von Betäubungsmitteln im Sinne dieser Vorschrift bedeutet jede Gewahrsamsübertragung an eine andere Person zur freien Verfügung. An einer solchen fehlt es aber, wenn das Betäubungsmittel, wie dies die Angeklagte getan hat, zum sofortigen Gebrauch an Ort und Stelle hingegeben wird; diese Fallgestaltung wird von der weiteren Tatbestandsvariante des § 29a Abs. 1 Nr. 1 BtMG, dem Überlassen zum unmittelbaren Verbrauch erfasst (zur Abgrenzung vgl. BGH, Beschlüsse vom 14. April 2015 – 5 StR 109/15, NStZRR 2015, 218; vom 5. Februar 2014 – 1 StR 693/13, NStZ 2014, 717 und vom 8. Juli 1998 – 3 StR 241/98, NStZ-RR 1998, 347; Patzak in Körner/Patzak/ Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 29a Rn. 12 f.). § 265 StPO steht der Änderung des Schuldspruchs nicht entgegen.
24
3. Im Übrigen ist der Schuldspruch frei von Rechtsfehlern.
25
a) Die Urteilsfeststellungen tragen hinsichtlich der in den Tatkomplexen II.1. sowie II.3. bis II.6. der Urteilsgründe begangenen Taten jeweils den Schuldspruch des unerlaubten Handeltreibens von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG. Rechtsfehlerfrei ist auch die Verurteilung der Angeklagten in den Tatkomplexen II.1. sowie II.4. bis II.6. der Urteilsgründe wegen jeweils tateinheitlich hierzu verwirklichter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG. Die Urteilsfeststellungen belegen jeweils die eigenhändig oder in Mittäterschaft (§ 25 Abs. 2 StGB) vorgenommene Einfuhr der Betäubungsmittel in nicht gerin- ger Menge (vgl. dazu auch Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 29 Teil 5 Rn. 168).
26
b) Die Annahme von Tatmehrheit zwischen den Tatenin den Fällen II.1. und II.2. der Urteilsgründe hält – entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts – ebenfalls rechtlicher Nachprüfung stand.
27
Zwar kann die Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige mit Gewinnerzielungsabsicht Teil eines einheitlichen Handeltreibens mit den Betäubungsmitteln sein (vgl. BGH, Urteil vom 26. Oktober 2015 – 1 StR 317/15 und Beschluss vom 8. Januar 2015 – 2 StR 252/14, BGHR BtMG § 30 Abs. 1 Nr. 2 Konkurrenzen 2). Bei der hier vorliegenden Überlassung zum unmittelbaren Verbrauch an einen Minderjährigen ist aber schon nicht festgestellt, dass sie mit Gewinnerzielungsabsicht erfolgt ist (vgl. dazu Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 29a Rn. 31).
28
Auch die Voraussetzungen für die Annahme einer Bewertungseinheit mit den festgestellten Einzelverkäufen aus der im Fall II.1. der Urteilsgründe aus der Tschechischen Republik eingeführten Gesamtmenge an Methamphetamin liegen nicht vor. Denn mehrere Fälle des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln bilden nur dann eine einheitliche Tat, wenn sie ein und denselben Güterumsatz betreffen. Dies ist nicht der Fall, wenn offenbleibt, inwieweit die den einzelnen Verkäufen bzw. Abgaben jeweils zugrunde liegenden Betäubungsmittel aus einem einheitlichen, zuvor erworbenen Vorrat herrühren (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Mai 2012 – 5 StR 12/12, NStZ 2012, 517).
29
So verhält es sich auch hier. Denn das Landgericht konnte nicht einmal feststellen, dass der Erwerb der Betäubungsmittel im Fall II.1. der Urteilsgründe vor Verbrauchsüberlassung der Konsumeinheit Methamphetamin an den Minderjährigen im Fall II.2. der Urteilsgründe erfolgt ist. Die Konsumeinheit konnte somit aus einer anderen Betäubungsmittelmenge stammen. Auch der Zweifelssatz gebietet in solchen Fällen nicht die Annahme einer einheitlichen Tat (st. Rspr.; vgl. z.B. BGH, Urteil vom 26. Oktober 2015 – 1 StR 317/15, Rn. 49 und Beschluss vom 23. Mai 2012 – 5 StR 12/12, NStZ 2012, 517 f. mwN).
30
c) Der Umstand, dass im Tatkomplex II.3. der Urteilsgründe am 25. September 2014 in der Wohnung der Angeklagten 23,03 g Methamphetamin sichergestellt wurden, führt nicht zur Annahme einer Bewertungseinheit zwischen zwei Fällen des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Zwar ist das Landgericht zugunsten der Angeklagten davon ausgegangen , dass die Beschaffungsmenge in den einzelnen Fällen dieses Tatkomplexes (nur) mindestens 15 g Methampetamin betrug. Da es sich hierbei jedoch um Mindestfeststellungen handelt, ist es möglich, dass die 23,03 g Methamphetamin aus einem einzelnen Erwerb stammten. Der Zweifelssatz gebietet auch in einem solchen Fall nicht die zu einer Bewertungseinheit führende Annahme, dass die sichergestellte Betäubungsmittelmenge aus mehreren Erwerbsvorgängen stammte. Selbst wenn diese Menge aus mehreren Rauschgifterwerben stammen sollte, würde der gleichzeitige Besitz dieser Mengen die hierauf bezogenen Handlungen nicht zu einer Tat des Handeltreibens verbinden.
31
d) Soweit die Angeklagte im Tatkomplex II.3. bei zwei Gelegenheiten je zwei Gramm Methamphetamin unter ihrem Einkaufspreis an die anderweitig Verfolgte H. abgab, steht dies auch hinsichtlich dieser Betäubungsmittelmenge einem strafbaren Handeltreiben beim Ankauf der Betäubungsmittel nicht entgegen. Denn nach den Feststellungen des Landgerichts erwarb die Angeklagte die Einzelmengen von jeweils mindestens 15 g Methamphetamin insgesamt zur gewinnbringenden Weiterveräußerung.
32
4. Der Rechtsfolgenausspruch hält rechtlicher Nachprüfung stand.
33
a) Auch der Strafausspruch hat im Ergebnis Bestand.
34
aa) Allerdings begegnet die vom Landgericht strafschärfend herangezogene Erwägung, die verfahrensgegenständlichen Wirkstoffmengen hätten den Grenzwert der nicht geringen Menge „in jedem Fall um ein Vielfaches“ über- schritten (UA S. 18), in den Tatkomplexen II.1. und II.3. der Urteilsgründe Bedenken. In diesen Fällen hat das Landgericht diese Erwägung sowohl im Rahmen der Prüfung, ob ein minder schwerer Fall im Sinne von § 29a Abs. 2 BtMG gegeben ist, als auch durch Verweisung bei der Strafzumessung im engeren Sinn herangezogen. Im Fall II.1. der Urteilsgründe hat es eine Einzelfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten festgesetzt; für jede der zehn Taten im Tatkomplex II.3. der Urteilsgründe hat das Landgericht eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verhängt. Die Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und drei Monaten hat das Landgericht unter Erhöhung der in den Tatkomplexen II.4. und II.5. der Urteilsgründe insgesamt zwölfmal verhängten Einsatzstrafe von vier Jahren gebildet.
35
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs beginnt bei Methamphetamin die nicht geringe Menge bei 5 g Methamphetaminbase (vgl. BGH, Urteil vom 3. Dezember 2008 – 2 StR 86/08, BGHSt 53, 89). Mithin erreichte in den Tatkomplexen II.1. und II.3. der Urteilsgründe mit einer Menge von jeweils 15 g Methamphetamin und einem Wirkstoffgehalt von jeweils 60 % Methamphetaminbase die Wirkstoffmenge mit 9 g Methamphetaminbase nur das 1,8-fache der nicht geringen Menge. Damit hat das Landgericht rechtsfehlerhaft das Handeltreiben mit einer Betäubungsmittelmenge, welche die Grenzmenge des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG nur unwesentlich überschreitet, straferschwerend bewertet. Eine geringe Überschreitung der Untergrenze zur nicht geringen Menge ist aber ein Strafmilderungsgrund. Auch das 1,8-fache der nicht geringen Menge an Betäubungsmitteln ist noch derart gering, dass dies jedenfalls nicht als bestimmender Strafzumessungsgrund gewertet werden kann (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. Februar 2016 – 2 StR 39/16, NStZ-RR 2016, 141 und vom 24. Juli 2012 – 2 StR 166/12, BGHR BtMG § 29 Strafzumessung 39).
36
Der Senat schließt jedoch aus, dass der Strafausspruch auf dieser rechtsfehlerhaften Erwägung beruht. Angesichts der festgestellten Strafschärfungsgründe kann er dabei auch unter Berücksichtigung des Geständnisses der Angeklagten, der Einziehung sichergestellter Mobiltelefone und ihres Pkw sowie ihrer gesundheitlichen Situation noch ausschließen, dass das Landgericht in den Tatkomplexen II.1. und II.3. vom Vorliegen minder schwerer Fälle gemäß § 29a Abs. 2 BtMG ausgegangen wäre, wenn es den Umstand der Überschreitung des Grenzwerts der nicht geringen Menge nicht strafschärfend gewertet hätte. Das Landgericht hat rechtsfehlerfrei zu Lasten der Angeklagten herangezogen , dass sie mehrfach vorbestraft war und die verfahrensgegenständlichen Taten unter laufender Bewährung beging. Ohne Rechtsfehler hat es auch berücksichtigt , dass das gesamte Tatbild von erheblicher krimineller Energie der Angeklagten geprägt war und die Tatausführung in besonderem Maße planvoll, strukturiert und geschäftsmäßig erfolgte. Nach den Feststellungen hatte sich die Angeklagte als Anlaufstelle für Konsumenten im Großraum C. bereits einen Ruf erarbeitet und die Veräußerungsgeschäfte in ihrer Wohnung als Massengeschäft abgewickelt.
37
bb) Die Richtigstellung im Schuldspruch im Fall II.2. der Urteilsgründe bleibt ohne Auswirkung auf den Strafausspruch. Der Senat schließt aus, dass das Landgericht die wegen dieser Tat verhängte Strafe bei zutreffender rechtlicher Wertung anders als geschehen bemessen hätte.
38
b) Die auf §§ 73, 73a und 73c StGB gestützte Verfallsentscheidung und die Nichtanordnung der Unterbringung der Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) halten ebenfalls rechtlicher Nachprüfung stand.

III.

39
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO. Graf Jäger Cirener Radtke Mosbacher

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(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer1.als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder2.

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(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren wird bestraft, wer1.Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt oder mit ihnen Handel treibt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung s

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Bundesgerichtshof Urteil, 02. März 2017 - 4 StR 397/16

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Bundesgerichtshof Beschluss, 20. März 2018 - 3 StR 86/18

bei uns veröffentlicht am 20.03.2018

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Bundesgerichtshof Urteil, 13. Juli 2017 - 1 StR 536/16

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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 1 StR 536/16 vom 13. Juli 2017 BGHSt: nein BGHR: ja Nachschlagewerk: ja Veröffentlichung: ja ________________________ AO § 370 Abs. 1; UStG § 18 Abs. 1, Abs. 3; StGB § 53 Unrichtige Ums

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Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 629/15
vom
21. April 2016
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:210416U1STR629.15.0

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat aufgrund der Hauptverhandlung vom 20. April 2016, in der Sitzung am 21. April 2016, an denen teilgenommen haben: Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Raum und die Richter am Bundesgerichtshof Prof. Dr. Graf, Prof. Dr. Jäger, Prof. Dr. Mosbacher, Dr. Bär,
Staatsanwalt – in der Verhandlung vom 20. April 2016 –, Oberstaatsanwältin beim Bundesgerichtshof – bei der Verkündung vom 21. April 2016 –, als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt – in der Verhandlung vom 20. April 2016 – als Verteidiger,
Justizangestellte – in der Verhandlung vom 20. April 2016 –, Justizobersekretärin – bei der Verkündung vom 21. April 2016 – als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Weiden in der Oberpfalz vom 25. August 2015 wird verworfen. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tatmehrheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg.

I.


2
Das Landgericht hat folgende Feststellungen getroffen:
3
1. Am 24. Dezember 2014 verbrachte der Angeklagte gegen 16.50 Uhr mehr als 10,9 Kilogramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 1.483,22 Gramm Tetrahydrocannabinol (THC) aus der Tschechischen Republik in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Er transportierte das Marihuana mit einem auf seinen Neffen D. zugelassenen Pkw auf der Bundesautobahn 6 über den ehemaligen Grenzübergang W. nach Deutschland. Die Betäubungsmittel waren geruchsdicht in Vakuumiertüten verpackt, die sich zum Teil in einer anderen Tüte im Kofferraum und zum Teil im Reserveradfach unter dem Kofferraum befanden. Der Angeklagte beabsichtigte, das Marihuana gewinnbringend im Raum München weiterzuverkaufen.
4
Im Rahmen einer polizeilichen Kontrolle wurden die Betäubungsmittel sichergestellt und der Angeklagte festgenommen. Bei der Kontrolle führte der Angeklagte weder ein Mobilfunkgerät noch andere Dokumente, welche Rückschlüsse auf seine Identität zuließen, mit sich. Er wies sich mit einem auf eine falsche Identität ausgestellten und vollständig gefälschten polnischen Führerschein aus.
5
2. Gleichzeitig bewahrte der Angeklagte in einer von ihm und seinem Neffen D. genutzten Wohnung in G. , welche von seiner Schwester angemietet worden war, knapp 1,7 Kilogramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 216,82 Gramm THC auf. Auch diese Betäubungsmittel, die nicht aus der Einfuhr vom selben Tag stammten, waren zum gewinnbringenden Weiterverkauf durch den Angeklagten bestimmt. Sie wurden am Folgetag unter dem Bett des Angeklagten neben Utensilien zum Drogenhandel (wie Vakuumiertüten , einem Laminiergerät, mehreren Mobiltelefonen, die zum Teil farbig markiert und von denen mehrere noch originalverpackt waren, sowie einer Packung Einmalhandschuhe und einer Digitalwaage) sichergestellt.

II.


6
Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat keinen Erfolg; das angefochtene Urteil ist rechtsfehlerfrei.
7
1. Der Schuldspruch hält rechtlicher Nachprüfung stand.
8
a) Die Feststellungen werden von der Beweiswürdigung getragen.
9
aa) Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts (§ 261 StPO). Ihm allein obliegt es, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein, es genügt, dass sie möglich sind. Die revisionsgerichtliche Prüfung ist darauf beschränkt, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen die Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 11. Februar 2016 – 3 StR 436/15 und vom 14. Dezember 2011 – 1 StR 501/11, NStZ-RR 2012, 148; jeweils mwN).
10
bb) Derartige Rechtsfehler werden durch die Revision nicht aufgedeckt.
11
(1) Das Landgericht hat sich rechtsfehlerfrei auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung aller für die Beweiswürdigung bedeutsamen Umstände von den Taten und der Täterschaft des Angeklagten überzeugt.
12
Der Angeklagte hatte die Taten – nach einer Verständigung im Sinne von § 257c StPO – auf der Grundlage einer Verteidigererklärung eingeräumt. Seine ergänzende Einlassung, nach der er jeweils für eine nicht näher bezeichnete andere Person gehandelt habe, hat das Landgericht rechtsfehlerfrei als nicht glaubhafte Schutzbehauptung gewertet. Die Würdigung des Landgerichts, dies sei der bloße Versuch, die Tathandlungen als Beihilfehandlungen zu den Taten eines anderen erscheinen zu lassen, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Dies gilt sowohl für die Einlassung des Angeklagten, er habe im Fall II.1 der Urteilsgründe von einer Person, die er nicht namentlich nennen wollte, für die Einfuhr der Drogen aus Tschechien 2.000 Euro in Aussicht gestellt bekommen, als auch für seine Einlassung, er habe im Fall II.2 der Urteilsgründe die unter seinem Bett aufgefundenen Drogen, Mobiltelefone und Utensilien von einer Person , die er ebenfalls nicht bezeichnen wollte, gegen ein nicht näher vereinbartes Entgelt zur Aufbewahrung erhalten.
13
Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landgericht die Einlassung des Angeklagten, eine namentlich nicht bezeichnete Person habe ihm die in seiner Wohnung aufgefundenen und offensichtlich für einen Drogenverkauf genutzten Gegenstände mit Antragungen von THC, Kokain und Heroin gegen ein nicht näher vereinbartes Entgelt zur bloßen Verwahrung übergeben, als nicht glaubhaft gewertet hat. Das Landgericht durfte aus der Auffindesituation den Schluss ziehen, dass der Angeklagte selbst und auf eigene Rechnung mit Betäubungsmitteln handelte. Das Landgericht hat zudem seine Behauptung, der (konspirativ geführte) SMS-Verkehr über „2k“ bzw. „4k“ habe sich nicht auf Drogen, sondern auf Reifengeschäfte am Münchner Ostbahnhof bezogen, rechtsfehlerfrei als widerlegt angesehen. Es durfte im Rahmen der Gesamtwürdigung auch in den Blick nehmen, dass von den unter dem Bett des Angeklagten sichergestellten Mobiltelefonen jeweils lediglich mit einer Empfängernummer kommuniziert worden war und dass der Angeklagte bei der Haftbefehlseröffnung die aufgefundenen Drogen als ihm gehörend bezeichnet hatte. Dassel- be gilt für den Umstand, dass der Angeklagte bei der Einfuhr einen gefälschten und auf eine andere Identität lautenden polnischen Führerschein mit sich führte, während er auf das Mitführen eines Mobiltelefons verzichtete, und damit zur Verdeckung seiner wahren Identität einen erheblichen Aufwand betrieb.
14
(2) Die Beweiswürdigung des Landgerichts ist auch nicht lückenhaft.
15
(a) Auf die Sachrüge hin prüft das Revisionsgericht, ob die tatrichterliche Beweiswürdigung so, wie sie sich aus den Urteilsgründen ergibt, den Beweisstoff lückenlos ausgeschöpft hat (vgl. BGH, Urteil vom 10. Dezember 1986 – 3 StR 500/86; Ott in KK-StPO, 7. Aufl., § 261 Rn. 81). Lückenhaft ist eine Beweiswürdigung namentlich dann, wenn sie wesentliche Feststellungen nicht erörtert (vgl. BGH, Urteil vom 3. Dezember 2015 – 4 StR 387/15, Rn. 13, StraFo 2016, 110; Beschluss vom 12. November 2015 – 2 StR 197/15, Rn. 14; Urteile vom 22. Mai 2007 – 1 StR 582/06 und vom 5. Dezember 2013 – 4 StR 371/13, NStZ-RR 2014, 87).
16
Im Übrigen liegt ein Erörterungsmangel und damit eine Lücke nur dann vor, wenn sich das Tatgericht mit tatsächlich vorhandenen Anhaltspunkten für nahe liegende andere Möglichkeiten nicht auseinandergesetzt hat (vgl. BGH, Beschlüsse vom 12. November 2015 – 2 StR 197/15, Rn. 14 und vom 30. April 1987 – 4 StR 164/87, BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung, unzureichende 6; Urteil vom 5. Dezember 1986 – 2 StR 566/86, BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung , unzureichende 4). Es ist aber weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst geboten, zu Gunsten des Angeklagten Tatvarianten zu unterstellen, für deren Vorliegen keine konkreten Anhaltspunkte erbracht sind (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 27. April 2010 – 1 StR 454/09, wistra 2010, 310, 312mwN; Beschluss vom 23. August 2011 – 1 StR 153/11, Rn. 24, in BGHSt 57, 1 nicht abgedruckt; Urteil vom 23. März 1995 – 4 StR 746/94, BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 4). Deshalb braucht das tatrichterliche Urteil bloß theoretische Möglichkeiten auch nicht zu erörtern (BGH, Beschlüsse vom 12. November 2015 – 2 StR 197/15, Rn. 14; vom 23. Mai 2012 – 1 StR 208/12, Rn. 7, wistra 2012, 355 und vom 23. August 2011 – 1 StR 153/11, Rn. 24; Urteil vom 26. Mai 2011 – 1 StR 20/11, NStZ 2011, 688), sondern muss sich nur mit nach der Sachlage naheliegenden Möglichkeiten auseinandersetzen (vgl. BGH, Beschluss vom 12. November 2015 – 2 StR 197/15, Rn. 14; Urteil vom 11. Januar 2005 – 1 StR 478/04, NStZ-RR 2005, 147; Beschluss vom 29. August 1974 – 4 StR 171/74, BGHSt 25, 365, 367; Ott in KK-StPO, 7. Aufl., § 261 Rn. 49 mwN). Wenn sich in der Hauptverhandlung keine Anhaltspunkte dafür ergeben haben, dass an sich selbständige Betäubungsmittelgeschäfte dieselbe Betäubungsmittelmenge betreffen, stellt es daher auch keinen Rechtsfehler dar, wenn das Tatgericht im Urteil die Frage einer Tat im Rechtssinne nicht erörtert (vgl. BGH, Urteil vom 23. März 1995 – 4 StR 746/94, BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit

4).


17
Grundlage der materiell-rechtlichen Überprüfung durch das Revisionsgericht ist allein das tatrichterliche Urteil. Sollen daher Erörterungsmängel geltend gemacht werden, die sich nicht aus den Urteilsgründen selbst ergeben, sondern ihre Grundlage in Umständen außerhalb des Urteils finden, sind diese mit einer ausgeführten Verfahrensrüge geltend zu machen (vgl. Ott in KK-StPO, 7. Aufl., § 261 Rn. 82). Dies gilt in gleicher Weise für die Revision eines Angeklagten gegen seine Verurteilung (vgl. BGH, Beschluss vom 23. August 2011 – 1 StR 153/11, Rn. 24) wie für die Revision der Staatsanwaltschaft oder eines Nebenklägers gegen einen Freispruch (vgl. dazu BGH, Urteile vom 3. Dezember 2015 – 4 StR 387/15, Rn. 13, StraFo 2016, 110 und vom 5. Dezember 2013 – 4 StR 371/13, NStZ-RR 2014, 87).

18
(b) Ausgehend von diesen Grundsätzen enthält die Beweiswürdigung auch keine Erörterungsmängel und sonstigen Lücken.
19
Insbesondere ergibt sich allein aus der theoretischen Möglichkeit, der Angeklagte könnte das in der von ihm genutzten Wohnung aufgefundene Rauschgift einerseits und die am 24. Dezember 2014 aus der Tschechischen Republik eingeführten Betäubungsmittel andererseits aufgrund einer zuvor getroffenen Absprache, eine konkret bestimmte Gesamtmenge sukzessiv abzunehmen , im Rahmen mehrerer Beschaffungsfahrten eingeführt haben, keine Lücke in der Beweiswürdigung des Landgerichts. Die Möglichkeit eines solchen Geschehens hat weder der Angeklagte behauptet, noch ergeben sich dafür aus den Urteilsfeststellungen Anhaltspunkte. Vielmehr hat sich das Landgericht rechtsfehlerfrei sogar davon überzeugt, dass die von dem Angeklagten am 23. Dezember 2014, dem Tag vor der Einfuhr, geführte SMS-Kommunikation (UA S. 10) der Absprache eines neuen Drogengeschäfts und nicht bloß der Übergabe bereits bestellter Betäubungsmittel diente (UA S. 17).
20
Auch sonst sind Anhaltspunkte dafür, dass zwischen den beiden Betäubungsmittelmengen ein Zusammenhang – etwa die Bezahlung einer ersten Lieferung anlässlich einer zweiten (vgl. BGH, Beschlüsse vom 13. Januar 2016 – 4 StR 322/15 und vom 22. Januar 2010 – 2 StR 563/09, NStZ 2011, 97) – bestehen könnte, nicht erkennbar. Eine solche – hier ebenfalls rein theoretische und deshalb im Urteil nicht zu erörternde – Möglichkeit wird im Übrigen auch von der Revision nicht behauptet.
21
b) Die Urteilsfeststellungen tragen den Schuldspruch.

22
aa) Das Landgericht hat im Fall II.1 der Urteilsgründe den festgestellten Sachverhalt als unerlaubte Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG) in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG) gewertet. Dies hält rechtlicher Nachprüfung stand.
23
(1) Handeltreiben mit Betäubungsmitteln im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jede eigennützige auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 26. Oktober 2005 – GSSt 1/05, BGHSt 50, 252 und vom 3. September 2015 – 3 StR 236/15, StraFo 2016, 37; jeweils mwN). Dabei bilden verschiedene Betätigungen, die auf die Förderung ein und desselben Güterumsatzes abzielen, eine tatbestandliche Bewertungseinheit (vgl. BGH, Beschluss vom 3. September 2015 – 3 StR 236/15, StraFo 2016, 37).
24
(2) Die aus Tschechien eigenhändig eingeführte Wirkstoffmenge von 1.483,22 Gramm THC überschritt den Grenzwert für die nicht geringe Menge von 7,5 Gramm THC (vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. Dezember 1995 – 3 StR 245/95 und vom 1. August 2006 – 4 StR 261/06) um mehr als das 197-fache.
25
(3) Die Urteilsfeststellungen belegen sowohl für die Einfuhr als auch für das Handeltreiben täterschaftliches Handeln des Angeklagten.
26
Er führte das Marihuana eigenhändig aus Tschechien nach Deutschland ein und war dabei auch nicht lediglich als Kurierfahrer tätig (UA S. 22). Somit war er Täter der Einfuhr. Die Wertung des Landgerichts, der Angeklagte habe mit den eingeführten und nicht für den Eigenverbrauch bestimmten Betäubungsmitteln selbst Handel getrieben und sei nicht nur für eine andere Person unterstützend tätig geworden, hält ebenfalls rechtlicher Nachprüfung stand.
27
bb) Auch im Fall II.2 der Urteilsgründe tragen die Feststellungen des Landgerichts den Schuldspruch wegen täterschaftlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG). Die Wirkstoffmenge des in der Wohnung des Angeklagten aufgefundenen und nach rechtsfehlerfreier Würdigung des Landgerichts zum Verkauf bestimmten Marihuanas von 216,82 Gramm THC überschritt den Grenzwert zur nicht geringen Menge um das 28-fache.
28
cc) Die Annahme von Tatmehrheit (§ 53 StGB) zwischen Fall II.1 und Fall II.2 der Urteilsgründe wird ebenfalls von den Feststellungen getragen. Die festgestellten Tathandlungen des Angeklagten bildeten keine einheitliche Tat.
29
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine einheitliche Tat des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln dann anzunehmen , wenn ein und derselbe Güterumsatz Gegenstand der strafrechtlichen Bewertung ist (vgl. nur BGH, Urteil vom 23. März 1995 – 4 StR 746/94, BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 4). Dies ist nach den Urteilsfeststellungen hier jedoch nicht der Fall.
30
(1) Die Feststellungen des Landgerichts belegen, dass das in der vom Angeklagten benutzten Wohnung aufgefundene Marihuana nicht aus der am 24. Dezember 2014 eingeführten Rauschgiftmenge stammte. Der Angeklagte erlangte die Betäubungsmittel somit aufgrund unterschiedlicher Beschaffungsvorgänge.

31
(2) Beide Taten wurden auch nicht aufgrund einer Bewertungseinheit zu einer einheitlichen Tat verbunden.
32
(a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs werden mehrere Verkaufsvorgänge durch den Erwerb und Besitz der hierzu bestimmten Gesamtmenge zu einer Bewertungseinheit verbunden, wenn sie denselben Güterumsatz betreffen. Dabei setzt die Annahme einer Bewertungseinheit konkrete Anhaltspunkte dafür voraus, dass bestimmte Einzelverkäufe aus einer einheitlich erworbenen Gesamtmenge herrühren (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. April 2012 – 3 StR 81/12 und vom 5. März 2002 – 3 StR 491/01, BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 21). Eine willkürliche Zusammenfassung kommt dagegen nicht in Betracht (BGH aaO).
33
(b) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs begründet der Besitz verschiedener und zu unterschiedlichem Handel bestimmter Betäubungsmittel , die zu keinem Zeitpunkt zu einem Depot verbunden waren, nicht bereits aufgrund einer zeitlichen Überschneidung eine Bewertungseinheit (vgl. BGH, Beschlüsse vom 14. Januar 2015 – 4 StR 440/14, Rn. 3, NStZ-RR 2015, 113 und vom 23. Oktober 1996 – 5 StR 505/96; BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 9). So verhält es sich auch hier.
34
Zwar verwirklicht der gleichzeitige Besitz unterschiedlicher Betäubungsmittelmengen den Tatbestand des unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln nur einmal (vgl. BGH, Beschlüsse vom 3. Dezember 2015 – 4 StR 430/15, NStZ-RR 2016, 82 und vom 25. Februar 2015 – 4 StR 516/14, Rn. 5, NStZ-RR 2015, 175; jeweils mwN). Dient aber der Besitz an den Betäubungsmitteln dem Zweck der gewinnbringenden Weiterveräußerung, tritt die Strafbarkeit wegen Besitzes hinter das unerlaubte Handeltreiben mit Betäubungsmitteln zurück (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 3. Dezember 2015 – 4 StR 430/15, NStZRR 2016, 82; vom 25. Februar 2015 – 4 StR 516/14, Rn. 5, NStZ-RR 2015, 175 und vom 16. Juli 2013 – 4 StR 144/13, NStZ 2014, 162; jeweils mwN). Der Besitz hat deshalb mangels Wertgleichheit nicht die Kraft, selbständige, die Voraussetzungen des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG erfüllende Taten des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge untereinander zur Tateinheit zu verbinden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 3. Dezember 2015 – 4 StR 430/15, NStZ-RR 2016, 82; vom 16. Juli 2013 – 4 StR 144/13, Rn. 9, NStZ 2014, 162 und vom 17. Mai 1996 – 3 StR 631/95, BGHSt 42, 162, 165 f.; Weber, BtMG, 4. Aufl., § 29 Rn. 1380; jeweils mwN).
35
(c) Allerdings ist bei (teilweiser) Identität der tatbestandlichen Ausführungshandlungen – etwa einheitlicher Verkaufsfahrten – Tateinheit anzunehmen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 14. Januar 2015 – 4 StR 440/14, Rn. 3, NStZRR 2015, 113 mwN und vom 27. Januar 2016 – 5 StR 497/15).
36
Lässt sich eine vorherige Absprache feststellen, so kommt eine Bewertungseinheit dann in Betracht, wenn sie sich auf die Lieferung einer Gesamtmenge bezieht; denn in solchen Fällen ist der Tatbestand des Handeltreibens mit der Gesamtmenge bereits mit der Absprache erfüllt (Weber, BtMG, 4. Aufl., Vor §§ 29 ff., Rn. 577; vgl. auch BGH, Beschlüsse vom 14. Januar 2015 – 4 StR 440/14, Rn. 3, NStZ-RR 2015, 113 und vom 16. September 2014 – 3 StR 413/14, StV 2015, 642; jeweils mwN). Bei der Absprache über eine sukzessive Lieferung von Teilmengen sind die aufeinanderfolgenden Teilakte jedoch nur dann zu einer Tat zusammenzufassen, wenn vereinbart wurde, eine konkret bestimmte Gesamtmenge in Teilmengen zu liefern (vgl. BGH, Urteil vom 23. März 1995 – 4 StR 746/94, BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 4; Weber, BtMG, 4. Aufl., Vor §§ 29 ff., Rn. 578).
37
Allein der Umstand, dass mehrere Beschaffungsfahrten der gewinnbringenden Weiterveräußerung der Betäubungsmittel dienen, verklammert diese indes nicht zu einer einheitlichen Tat des Handeltreibens (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Dezember 2015 – 4 StR 430/15, NStZ-RR 2016, 82). Dies gilt selbst dann, wenn das gesamte eingekaufte Rauschgift aus demselben Vorrat des Lieferanten stammt (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Januar 2010 – 1 StR 587/09, NStZ-RR 2011, 25 mwN).
38
Ein einheitliches Handeltreiben könnte hier deshalb allenfalls dann vorliegen , wenn die vom Angeklagten am 24. Dezember 2014 eingeführte Menge an Marihuana und die bei ihm am Folgetag in der Wohnung sichergestellte Menge aufgrund einer vor der Beschaffung durch den Angeklagten getroffenen Vereinbarung über eine konkret bestimmte Gesamtmenge an denselben Abnehmer ausgeliefert werden sollten. Eine derartige Absprache hat das Landgericht jedoch nicht festgestellt. Vielmehr tätigte der Angeklagte noch am Abend des 23. Dezember 2014, dem Vorabend der Einfuhrfahrt, als er bereits im Besitz der in der von ihm genutzten Wohnung aufgefundenen Betäubungsmittel war, per SMS-Kommunikation Verhandlungen über ein Drogengeschäft (UA S. 10, 17). Daher lagen die Voraussetzungen für eine Zusammenfassung des Handeltreibens mit den beiden verfahrensgegenständlichen Betäubungsmittelmengen zu einer Bewertungseinheit nicht vor.
39
Auch der Grundsatz „im Zweifel für den Angeklagten“ gebietet es nicht, zugunsten des Angeklagten von der Verbindung mehrerer Betäubungsmittelgeschäfte zu einer Tat im Rechtssinne auszugehen. Grundsätzlich sind mehrere natürliche Handlungen auch mehrere Taten im Rechtssinne. Wenn sich – wie hier – in der Hauptverhandlung keine Anhaltspunkte dafür ergeben haben, dass an sich selbständige Rauschgiftgeschäfte dieselbe Rauschgiftmenge betreffen, stellt es keinen Rechtsfehler dar, wenn das Tatgericht die Frage einer Tat im Rechtssinne nicht erörtert (BGH, Urteil vom 23. März 1995 – 4 StR 746/94, BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 4). Der Zweifelssatz bedeutet nämlich nicht, dass der Richter von der günstigsten Fallgestaltung auch dann ausgehen muss, wenn hierfür keine Anhaltspunkte bestehen. Nur wenn Umstände bekannt geworden sind, nach denen die mehreren natürlichen Handlungen zu einer Tat im Rechtssinne zusammengefasst werden könnten, gebietet der Zweifelssatz die Annahme von Tateinheit statt Tatmehrheit (BGH aaO mwN). Dies ist hier nicht der Fall.
40
(3) Selbst eine andere rechtliche Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses würde aber den materiellen Unrechts- und Schuldgehalt der Taten insgesamt nicht beeinflussen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 1. März 2004 – 2 BvR 2251/03, BVerfGK 3, 20; BGH, Beschlüsse vom 14. Januar 2015 – 4 StR 440/14, Rn. 5, NStZ-RR 2015, 113 und vom 21. Januar 2014 – 2 StR 507/13; jeweils mwN).
41
2. Der Strafausspruch hält rechtlicher Nachprüfung stand.
42
Die Strafzumessung ist grundsätzlich Sache des Tatgerichts. Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den es in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und hierbei gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des Revisionsgerichts in diese Einzelakte der Strafzumessung ist in der Regel nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 17. September 1980 – 2 StR 355/80, BGHSt 29, 319, 320; vom 7. Februar 2012 – 1 StR 525/11, Rn. 17, BGHSt 57, 123, 127 und vom 12. Januar 2016 – 1 StR 414/15, Rn. 12, BFH/NV 2016, 719; jeweils mwN). Nur in diesem Rahmen kann eine „Verletzung des Gesetzes“ (§ 337 Abs. 1 StPO) vorliegen. Dagegen ist eine ins Einzelne ge- hende Richtigkeitskontrolle ausgeschlossen (st. Rspr.; vgl. nur BGH GS, Beschluss vom 10. April 1987 – GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 349; BGH, Urteile vom 12. Januar 2005 – 5 StR 301/04, wistra 2005, 144; vom 7. Februar2012 – 1 StR 525/11, Rn. 17, BGHSt 57, 123, 127 und vom 12. Januar 2016 – 1 StR 414/15, Rn. 12, BFH/NV 2016, 719).
43
Solche Rechtsfehler liegen hier nicht vor. Das Landgericht hat das Vorliegen minder schwerer Fälle der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30 Abs. 2 BtMG) bzw. des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 2 BtMG) mit tragfähigen Erwägungen verneint. Die Strafzumessung ist auch im Übrigen rechtsfehlerfrei.

III.


44
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.
Raum Graf Jäger
Mosbacher Bär

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
3 StR 436/15
vom
11. Februar 2016
in der Strafsache
gegen
wegen sexueller Nötigung u.a.
ECLI:DE:BGH:2016:110216U3STR436.15.0

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 11. Februar 2016, an der teilgenommen haben:
Richter am Bundesgerichtshof Dr. Schäfer als Vorsitzender,
die Richter am Bundesgerichtshof Hubert, Mayer, Gericke, Dr. Tiemann als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts Stade vom 8. Mai 2015 wird verworfen.
2. Die Kosten des Rechtsmittels und die dem Angeklagten hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen sexueller Nötigung und versuchter Nötigung zur Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt und eine Kompensationsentscheidung getroffen. Im Übrigen hat es den Angeklagten vom Vorwurf der Vergewaltigung in vier Fällen und der vorsätzlichen Körperverletzung freigesprochen. Die zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte - vom Generalbundesanwalt nicht vertretene - Revision der Staatsanwaltschaft wendet sich gegen den Teilfreispruch sowie gegen die Verurteilung im Fall II. 3 a) der Urteilsgründe (allein) wegen versuchter Nötigung und rügt insoweit die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.

I.


2
Das Landgericht hat zur Verurteilung des Angeklagten das Folgende festgestellt:
3
Der Angeklagte und die Nebenklägerin hatten ab Dezember 2010 eine Beziehung, die zunächst harmonisch verlief, in der es allerdings einige Wochen nach ihrem Beginn zu Spannungen und Streit kam.
4
1. Am Abend des 23. Mai 2011 kam es zwischen dem Angeklagten und der Nebenklägerin (wieder einmal) zu Streitigkeiten. Auf dem gemeinsamen Weg zu ihren Wohnungen fasste der Angeklagte auf der Straße vor dem Krankenhaus B. die Nebenklägerin fest am Arm und forderte sie auf, mit in seine Wohnung zu kommen, obwohl er wusste, dass sie damit nicht einverstanden war. Dabei äußerte er: "Du kommst mit zu mir!". Als der Angeklagte wegen eines Telefonanrufes abgelenkt war, flüchtete die Nebenklägerin. Der Angeklagte versuchte noch, sie mit einem Fußtritt zu Fall zu bringen, was indes nicht gelang. Die Nebenklägerin hielt ein sich näherndes Auto an und stieg in dieses ein, bevor der ihr folgende Angeklagte sie erreichen konnte. Den Versuch des Angeklagten, ebenfalls in dieses Auto einzusteigen, verhinderte der Fahrer des Fahrzeugs.
5
2. Nachdem die Nebenklägerin die Beziehung telefonisch beendet hatte, wartete der Angeklagte am 12. Februar 2012 gegen 19:30 Uhr vor ihrer Wohnung , als sie mit ihrem Auto von einem Wochenendbesuch zurückkam. Für die Nebenklägerin unerwartet stieg der Angeklagte auf der Beifahrerseite ein, verriegelte die Fahrertür und forderte sie auf, mit ihm über die Trennung zu sprechen. Nachdem beide sich darauf verständigt hatten, dies bei der Mutter des Angeklagten in A. zu tun, fuhr die Nebenklägerin los. Unterwegs öffnete der Angeklagte seine Hose und forderte die Nebenklägerin auf, ihn mit der Hand zu befriedigen. Nachdem sie dies zunächst abgelehnt hatte und der Angeklagte daraufhin immer aggressiver geworden war, kam die Nebenklägerin seinem Verlangen nach; sie unterbrach ihre Tätigkeit indes mehrfach, worauf der Angeklagte sie an den Haaren zog, um sie zum Weitermachen anzuhalten. Deshalb setzte sie die Manipulationen am Penis des Angeklagten fort.

II.


6
Darüber hinaus lag dem Angeklagten nach der unverändert zur Hauptverhandlung zugelassenen Anklage im Wesentlichen das Folgende zur Last:
7
1. Zwischen Februar und April 2011 kamen der Angeklagte und die Nebenklägerin nach einem Abend in der Diskothek "M. " in H. zurück in die Wohnung der Nebenklägerin in B. . Beide legten sich zunächst ins Bett. Als der Angeschuldigte sie zu berühren begann und ihr mitteilte, dass er mit ihr schlafen wolle, lehnte die Nebenklägerin dies ab. Daraufhin begann der Angeschuldigte zu onanieren und forderte die Nebenklägerin auf, weiterzumachen und ihn oral zu befriedigen. Als die Nebenklägerin dies ablehnte, fuhr sie der Angeklagte an und sagte: "Das machst Du jetzt". Die Nebenklägerin gab aus Angst nach. Als der Angeklagte ihr mitteilte, dass die orale Stimulation aus seiner Sicht nicht ausreichend war, entgegnete diese, dass sie hierauf keine Lust habe und er sie in Ruhe lasse solle. Daraufhin packte sie der Angeklagte am Oberkörper und warf sie mit dem Rücken auf das Bett; sein Versuch in die Nebenklägerin einzudringen, misslang aufgrund heftiger Gegenwehr zunächst. Daraufhin setzte sich der Angeklagte auf den Oberkörper der Nebenklägerin, sodass er ihre Arme mit seinen Knien nach unten drückte, hielt ihren Kopf fest und drängte sein Glied in ihren Mund, sodass sie Angst hatte zu ersticken. Zwar konnte sich die Nebenklägerin danach kurzzeitig befreien, der Angeklagte zog sie jedoch zurück und vollzog dann den Geschlechtsverkehr an der Nebenklägerin , die sich nicht mehr wehren konnte.
8
2. Im Frühjahr 2011 gingen der Angeschuldigte und die Nebenklägerin aus der Diskothek "G. " in die Wohnung des Angeklagten in B. . Erneut war es zu einem Streit gekommen, weshalb die Nebenklägerin ihre dort befindlichen Schlafsachen aus der Wohnung nehmen und nach Hause gehen wollte. Hierzu kam es jedoch nicht, da der Angeklagte die Wohnungstür verschloss und die Nebenklägerin dazu aufforderte, mit ihm zu schlafen, was diese jedoch ablehnte. Sie sollte den Angeklagten sodann oral befriedigen, wollte dem aber nicht nachkommen, worauf der Angeklagte ihr Schläge androhte und ihr den Mund zuhielt. Die Nebenklägerin wehrte sich während des gesamten Geschehens, dem Angeklagten gelang es jedoch, sie auf das Sofa zu befördern und dort gegen ihren Willen den Geschlechtsverkehr an ihr auszuüben.
9
3. Nach dem Vollzug des Geschlechtsverkehrs ließ der Angeklagte von der Nebenklägerin ab und öffnete die Wohnungstür, worauf sich die Nebenklägerin auf den Heimweg machte. Nach einiger Zeit folgte ihr der Angeklagte. Er teilte ihr mit, dass die Beziehung nun ja beendet sei und er nur noch seine Sachen abholen wolle. Die Nebenklägerin glaubte ihm. Allerdings verschloss der Angeschuldigte die Wohnung der Nebenklägerin nach der Ankunft und es kam zu einer erneuten Auseinandersetzung, in deren Verlauf der Angeklagte sinngemäß mitteilte, nun könne er alles mit der Nebenklägerin machen, es sei ihm egal, ob er ins Gefängnis müsse. Der Angeklagte wollte erneut Geschlechtsverkehr. Es kam zu einem Kampf in der Wohnung der Nebenklägerin, in dessen Verlauf der Angeklagte ihr ganze Haarbüschel ausriss. Letztlich vollzog der Angeschuldigte auch hier an der sich wehrenden, aber körperlich unterlegenen Nebenklägerin den Geschlechtsverkehr.
10
4. Anfang Dezember 2011 wollte die Nebenklägerin die Beziehung erneut beenden. Der Angeklagte packte sie daraufhin am Arm, worauf diese schrie. Sodann schubste er die Nebenklägerin in ein Gebüsch und trat sie.
11
5. Am 12. Dezember 2011 kam es zu einem Gespräch im Beisein der Zeugen Me. und Ma. R. , in dem sich der Angeklagte reuig zeigte. Die Nebenklägerin fuhr den Angeklagten zurück nach B. ; dort gab er vor, Bekleidung in ihre Wohnung tragen zu wollen. Dort bestand der Angeschuldigte allerdings auf Geschlechtsverkehr als "Abschlussgeschenk". Die Nebenklägerin lehnte dies ab, worauf der Angeklagte die sich wehrende Nebenklägerin zum Geschlechtsverkehr zwang.
12
Von diesen Tatvorwürfen hat das Landgericht den Angeklagten aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Es hat sich allein aufgrund der Angaben der Nebenklägerin nicht davon überzeugen können, dass diese zutreffen.

III.


13
Die aufgrund der Revision der Staatsanwaltschaft vorzunehmende Überprüfung des Urteils ergibt im Ergebnis weder zum Vorteil noch - im Fall II. 3 a) der Urteilsgründe - zum Nachteil des Angeklagten (§ 301 StPO) einen durchgreifenden Rechtsfehler.
14
1. Soweit die Beschwerdeführerin beanstandet, das Landgericht habe den Angeklagten im Fall II. 3 a) der Urteilsgründe auf der Grundlage der Feststellung , dass er die Nebenklägerin durch einen Fußtritt zu Fall bringen wollte, nicht auch wegen - tateinheitlich zur versuchten Nötigung begangener - versuchter Körperverletzung verurteilt, zeigt sie einen durchgreifenden Rechtsfehler nicht auf.
15
Der Versuch einer Straftat ist die begonnene, aber nicht vollendeteTat, also die zwischen Vorbereitung und Vollendung einer vorsätzlichen Straftat liegende Handlung, die den subjektiven Tatbestand vollständig, den objektiven Tatbestand aber nur teilweise verwirklicht oder dazu unmittelbar ansetzt. Die Urteilsfeststellungen belegen dies nicht. Das Landgericht hat zwar festgestellt, dass der Angeklagte noch "versuchte, die Nebenklägerin mit einem Fußtritt zu Fall zu bringen", was ihm aber nicht gelang. Nicht festgestellt hat das Landgericht jedoch, ob der Angeklagte durch diese Handlung die Nebenklägerin im Sinne des § 223 Abs. 1 StGB verletzen wollte oder dies für möglich hielt und billigte.
16
2. Ein durchgreifender Verstoß gegen die sich aus § 267 Abs. 5 Satz 1 StPO ergebenden Anforderungen an die Begründung eines freisprechenden Urteils ist im Ergebnis nicht gegeben.
17
Bei einem Freispruch aus tatsächlichen Gründen müssen nach Mitteilung des Anklagevorwurfs im Urteil zunächst grundsätzlich diejenigen Tatsachen festgestellt werden, die das Tatgericht für erwiesen erachtet. Erst auf dieser Grundlage ist in der Beweiswürdigung darzulegen, aus welchen Gründen die zur Verurteilung notwendigen Feststellungen nicht getroffen werden konnten. Nur hierdurch wird das Revisionsgericht in die Lage versetzt, nachprüfen zu können, ob der Freispruch auf rechtlich bedenkenfreien Erwägungen beruht (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 8. Mai 2014 - 1 StR 722/13, juris Rn. 6 mwN). Insoweit verbietet sich indes eine schematische Betrachtung; die Entscheidung , ob ein Verstoß gegen § 267 Abs. 5 Satz 1 StPO vorliegt, ist aufgrund der jeweiligen Umstände des Einzelfalles zu treffen (vgl. BGH, Urteil vom 5. März 2015 - 3 StR 514/14, NStZ-RR 2015, 180).
18
Danach liegt hier ein durchgreifender Rechtsfehler nicht vor; denn jedenfalls aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ergibt sich hinreichend, von welchen Feststellungen das Landgericht im Rahmen des Teilfreispruchs ausgegangen ist. Jedenfalls wird der Senat in die Lage versetzt, nachprüfen zu können, ob der Freispruch auf rechtlich bedenkenfreien Erwägungen beruht.
19
3. Auch die Beanstandungen der dem Teilfreispruch zugrunde liegenden Beweiswürdigung bleiben ohne Erfolg.

20
a) Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts (§ 261 StPO). Diesem obliegt es, sich unter dem umfassenden Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu bilden. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein; es genügt, dass sie möglich sind. Die revisionsgerichtliche Prüfung hat sich darauf zu beschränken, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind, was in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall ist, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder an die Überzeugung von der Schuld des Angeklagten überhöhte Anforderungen gestellt werden (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2015 - 3 StR 199/15, juris Rn. 16 mwN). Daran gemessen unterliegt die Beweiswürdigung des angefochtenen Urteils im Ergebnis keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
21
b) Ein durchgreifender Rechtsfehler ergibt sich nicht daraus, dass das Landgericht die Angaben der Nebenklägerin nur teilweise als überzeugend angesehen hat; denn der Tatrichter ist nicht gehindert, Aussagen eines Zeugen teilweise zu glauben und teilweise nicht. Eine derartige Beweiswürdigung bedarf aber einer besonders eingehenden Begründung (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Juni 2003 - 3 StR 96/03, NStZ-RR 2003, 332). Diesen Anforderungen werden die umfangreichen Urteilsgründe zum Teilfreispruch noch gerecht. Es wird insbesondere deutlich, dass das Landgericht den Angaben der Nebenklägerin nicht gefolgt ist, soweit diese nicht durch andere Beweismittel bestätigt worden sind. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
22
c) Soweit die Revision im Einzelnen als rechtsfehlerhaft beanstandet, dass das Landgericht zur Begründung seiner Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Angaben der Nebenklägerin anführt, es seien im Rahmen ihrer Vernehmung in der Hauptverhandlung kaum Emotionen erkennbar gewesen und dies als ungewöhnlich einschätzt, zieht das Tatgericht mögliche Schlüsse, die das Revisionsgericht hinzunehmen hat. Gleiches gilt für den Umstand, dass das Landgericht das Zugeben von Erinnerungslücken durch die Nebenklägerin als (gewichtiges ) Glaubwürdigkeitskriterium ansieht. Die Revision zeigt in diesem Zusammenhang insbesondere keinen revisionsrechtlich erheblichen Widerspruch auf: Die Auffassung des Landgerichts, dass das offene Einräumen von Erinnerungslücken durch die Nebenklägerin ein Indiz für die Glaubhaftigkeit ihrer Aussage sei, widerspricht nicht der Feststellung im Rahmen der Konstanzanalyse, dass - bei im Übrigen wenigen Ansatzpunkten für eine zuverlässige Glaubhaftigkeitsbeurteilung - die Angabe einer konkreten Erinnerungslücke nicht mit früheren Angaben übereinstimmt. Schließlich ist auch nicht erkennbar, dass das Landgericht bei den freigesprochenen Fällen an die zu einer Verurteilung erforderliche Gewissheit überspannte Anforderungen gestellt hat. Schäfer Hubert Mayer Gericke Tiemann

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
1 StR 501/11
vom
14. Dezember 2011
in der Strafsache
gegen
wegen gefährlicher Körperverletzung
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom
14. Dezember 2011, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof
Nack
und die Richter am Bundesgerichtshof
Rothfuß,
Hebenstreit,
die Richterin am Bundesgerichtshof
Elf,
der Richter am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Jäger,
Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof
als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Rechtsanwalt ,
Rechtsanwalt ,
als Verteidiger des Angeklagten,
Justizangestellte – bei der Verhandlung –,
Justizangestellte – bei der Verkündung –
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 24. Mai 2011 wird verworfen. 2. Der Angeklagte hat die Kosten des Rechtsmittels und die dadurch der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Von Rechts wegen

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

I.

2
1. Nach den Urteilsfeststellungen hatte der verheiratete Angeklagte seit dem Jahr 2005 ein Verhältnis mit F. Ö. . Zu Beginn des Verhältnisses lebte er noch in seiner ehelichen Wohnung. Die Beziehung zum Angeklagten wurde von F. Ö. als gut empfunden. Dies änderte sich jedoch, als der Angeklagte im Jahr 2009 A. K. kennenlernte und mit ihr ein sexuelles Verhältnis einging. F. Ö. beauftragte einen Detektiv, der den Angeklag- ten überwachen sollte. Aufgrund von dessen Erkenntnissen gelang es F. Ö. , den Angeklagten im Bett mit A. K. zu überraschen.
3
Nach einer vorübergehenden Trennung versöhnten sich beide wieder. Sein Versprechen, sich nicht mehr mit A. K. zu treffen, hielt der Angeklagte allerdings nicht ein. Wegen der Vermutung F. Ö. s, dass das Verhältnis zur neuen Freundin andauere, kam es immer wieder zum Streit zwischen beiden. Dabei wurde der Angeklagte auch handgreiflich gegen F. Ö. . Auch diese ergriff bei einer solchen Gelegenheit einmal ein Messer und verletzte den Angeklagten an der Hüfte. Im Januar 2010 kam es dann zu einem Vorfall, bei dem der Angeklagte auf F. Ö. einschlug und dabei sagte, sie solle "verrecken". Um dies zu erreichen, werde er sie "bis morgen früh festhalten". F. Ö. gelang es jedoch zu flüchten und Strafanzeige zu erstatten. Ein behördliches Annäherungsverbot missachtete der Angeklagte mehrfach. Dabei führte er u.a., wenn sie ihm das Gesicht zuwandte, seinen Zeigefinger an seinem Hals vorbei, womit er zum Ausdruck bringen wollte, dass er ihr den Hals abschneiden wolle. Außerdem schlug er mit der Handkante mehrfach schnell auf seine Handfläche, um ihr zu verdeutlichen, dass er sie zerstückeln wolle. Nachdem F. Ö. ihn deswegen angezeigt hatte und er als Beschuldigter vernommen worden war, nahm sie ihn aber auf sein Drängen hin wieder in ihrer Wohnung auf. Den gestellten Strafantrag nahm sie mit der Begründung wieder zurück, sie sei mit dem Angeklagten verlobt.
4
2. Zum Tatgeschen hat das Landgericht Folgendes festgestellt: Der Angeklagte wurde zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt zwischen dem 22. und 26. März 2010 auf F. Ö. in deren Wohnung wütend, weil sie verlangt hatte, dass er aus ihrer Wohnung ausziehe. Er vermutete, dass sie eine Beziehung zu einem anderen Mann habe. Dies wollte er sich nicht gefallen lassen. Er bezichtigte F. Ö. der Untreue und packte sie, als sie dies bestritt, mit beiden Händen am Hals. Dann drückte er sie der Länge nach auf das Sofa, so dass sie auf dem Rücken zum liegen kam, kniete sich über sie, fixierte ihre Arme, indem er seine Knie auf ihren Oberarmen aufstützte, und drückte mit beiden Händen mindestens dreimal ihren Hals zu. Dabei legte er die Handflächen seitlich an ihren Hals und die Daumen auf ihre Halsvorderseite an den Kehlkopf. Beim dritten Mal drückte er so heftig und so lange zu, nämlich mindestens 10 bis 15 Sekunden, dass F. Ö. das Bewusstsein verlor. Als sie entgegen seiner Erwartung wieder aus ihrer Bewusstlosigkeit erwachte, sagte er zu ihr: "Bist Du noch immer nicht verreckt", nahm aber von ihm möglichen , weiteren tätlichen Angriffen auf F. Ö. Abstand. Während sie seinem Würgegriff ausgesetzt war, erlebte F. Ö. Schmerzen und Todesangst. Nach dem Erwachen aus der Bewusstlosigkeit musste sie sich übergeben. Danach hatte sie am Hals Druckstellen sowie zwei Tage lang Hautrötungen und litt mehrere Tage unter Schluckbeschwerden. Seitdem kann sie aus Angst nicht mehr alleine schlafen.
5
Aus Angst vor dem Angeklagten wagte sie zunächst nicht, zum Arzt zu gehen, Anzeige zu erstatten oder jemandem von dem Vorfall zu berichten. Erst am 11. April 2010 vertraute sie sich ihrer Freundin C. an und erstattete dann Strafanzeige gegen den Angeklagten, weil er ihr in der Woche vom 22. bis 26. März 2010 im Streit die Kehle zugedrückt habe, bis sie ohnmächtig geworden sei. Am Tag nach der Strafanzeige flog F. Ö. mit ihren beiden Kindern in die Türkei und kehrte erst im Juni 2010 wieder nach Deutschland zurück.
6
Der Angeklagte nahm in der Folge mit A. K. eine gemeinsame Wohnung. Nach F. Ö. s Rückkehr aus der Türkei traf er auch mit dieser bei wenigen Gelegenheiten nochmals zusammen. U.a. besuchten sie gemeinsam ein Spielkasino. Dabei wusste der Angeklagte noch nicht, dass er von F. Ö. angezeigt worden war; sie ließ sich auch nichts anmerken. Erst am 12. Juli 2010 wurde der Angeklagte angesichts einer Vorladung bei der Polizei mit dem Tatvorwurf konfrontiert.
7
3. Nachdem der Angeklagte zunächst gegenüber den Ermittlungsbehörden keine Angaben zur Sache gemacht hatte, bestritt er in der Hauptverhandlung , seine damalige Freundin F. Ö. gewürgt zu haben. Er habe sich wegen A. K. von F. Ö. getrennt, sei aber dann mit ihr wieder zusammengekommen und habe sich mit ihr verlobt. Am 11. April 2010 habe er sich dann erneut von ihr getrennt, wobei sie geweint und ihn bedroht habe. Nach zwei bis drei Monaten habe er dann Anrufe von F. Ö. erhalten, die sich wieder mit ihm versöhnen wollte, was er aber abgelehnt habe. Dann sei er überraschend von der Polizei festgenommen worden. Die Anschuldigungen von F. Ö. träfen nicht zu. Sie habe diese nur erhoben, weil er eine viel hübschere und viel intelligentere neue Freundin habe.
8
4. Demgegenüber hat F. Ö. in der Hauptverhandlung den Sachverhalt wie vom Landgericht festgestellt geschildert. Als sie den Angeklagten aufgefordert habe, aus ihrer Wohnung auszuziehen, habe er "durchgedreht" und geschrien "Du hast mich betrogen!". Er habe sich dann mit seinenKnien auf ihre Arme gesetzt und sie dreimal gewürgt, bis sie bewusstlos geworden sei. Als sie wieder zu sich gekommen sei, habe er gesagt: "Bist Du noch immer nicht verreckt". Sie habe durch das Würgen rote Druckstellen am Hals gehabt, die zwei Tage sichtbar gewesen seien. Allerdings habe sie einen Schal um den Hals getragen; die Druckstellen habe sie niemandem gezeigt.
9
Nach der Tat habe sie weiter mit dem Angeklagten in der Wohnung gelebt. Sie habe ihn auch chauffiert, da er keinen Führerschein gehabt habe. Am Tag nach der Tat habe sie zwar zum Arzt gehen wollen, der Angeklagte habe ihr dies aber verboten. Aus Angst vor dem Angeklagten sei sie auch nicht zur Polizei gegangen. Erst am 11. April 2010 habe sie den Mut gefunden, den Angeklagten zu verlassen und habe sich drei Freundinnen offenbart. Ihre Freundin C. habe sie dabei aufgefordert Strafanzeige gegen den Angeklagten zu erstatten, was sie dann auch getan habe. Nach der Anzeigeerstattung bei der Polizei sei sie für mehrere Wochen in die Türkei geflogen.
10
5. Das Landgericht hält den Angeklagten aufgrund einer Gesamtwürdigung der erhobenen Beweise, insbesondere aufgrund der Angaben der Zeugin F. Ö. , für überführt. Es ist davon überzeugt, dass deren Angaben einem tatsächlichen Erleben entsprechen und glaubhaft sind, zumal sie schon in der Vergangenheit vom Angeklagten misshandelt worden war. Auch die Beobachtungen von Zeugen, welche F. Ö. am Tag der Anzeigenerstattung erlebt hatten, sprächen dafür, dass sie das Geschilderte tatsächlich erlebt habe.

II.

11
Die Revision des Angeklagten bleibt ohne Erfolg; sie ist unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. Die Verfahrensrügen greifen nicht durch und die Nachprüfung des Urteils aufgrund der näher ausgeführten Sachrüge hat keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben.
12
1. Die erhobenen Verfahrensrügen sind aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 27. September 2011 genannten Gründen jedenfalls unbegründet. Einer Erörterung bedarf Folgendes:
13
Soweit die Revision im Rahmen einer Aufklärungsrüge die Behauptung aufstellt, das Landgericht habe die von der Zeugin F. Ö. im Ermitt- lungsverfahren gemachten Angaben in wesentlichen Teilen nicht zum Gegenstand der Beweisaufnahme gemacht und dadurch gegen § 244 Abs. 2 StPO verstoßen (zu den Voraussetzungen einer solchen Rüge vgl. BGH, Urteil vom 6. Februar 2002 - 1 StR 506/01), trifft dies nicht zu. Vielmehr hat das Landgericht in den Urteilsgründen nach der Schilderung der Angaben der Zeugin Ö. in der Hauptverhandlung (UA S. 19 - 23) die "Aussagequalität" einer eingehenden Untersuchung unterzogen. Dabei hat es auch die Aussagen der Zeugin in der Hauptverhandlung mit denen bei der Anzeigeerstattung am 11. April 2010 und mit denen bei einer weiteren polizeilichen Vernehmung am 29. Juni 2010 verglichen. Hierzu hat es ausweislich der Urteilsgründe die jeweiligen Vernehmungsbeamten als Zeugen vernommen und deren Angaben in den Urteilsgründen wiedergegeben (UA S. 23 - 25). Die auf der Basis des Vergleichs der Angaben der Zeugin F. Ö. vorgenommene Wertung des Landgerichts, deren Aussage sei "von Anfang an logisch, konsistent und detailliert gewesen, (habe) Einzelheiten und psychische Vorgänge enthalten und (sei) konstant gewesen", ist rechtlich nicht zu beanstanden. Entgegen der Auffassung der Revision stellt es keinen "Wechsel in der Beschreibung, wie es zur Tat gekommen" ist, dar, wenn F. Ö. bei der ersten Vernehmung als Grund für die Tat lediglich angegeben hat, der Angeklagte habe ihr "im Streit" die Kehle zugedrückt, und die Eifersucht des Angeklagten als Tatmotiv erst bei späteren Vernehmungen erwähnt hat.
14
2. Auch die Sachrüge, mit der im Wesentlichen die Beweiswürdigung des Landgerichts beanstandet wird, deckt keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler auf.
15
a) Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatgerichts. Ihm allein obliegt es, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen (BGHSt 21, 149, 151). Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein, es ge- nügt, dass sie möglich sind (BGHSt 29, 18, 20). Die revisionsgerichtliche Prüfung ist darauf beschränkt, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich , unklar oder lückenhaft ist oder gegen die Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 2, 16; BGH, Urteil vom 27. Juli 1994 - 3 StR 225/94, StV 1994, 580). Derartige Rechtsfehler werden durch die Revision nicht aufgedeckt.
16
b) Das Landgericht hat im Rahmen der Beweiswürdigung auch in den Blick genommen, dass für das eigentliche Tatgeschehen außer der Belastungszeugin F. Ö. keine weiteren Tatzeugen vorhanden waren und die von ihr geschilderten (UA S. 20) Druckstellen am Hals von Dritten nicht wahrgenommen worden waren (UA S. 37).
17
In einem solchen Fall, in dem Aussage gegen Aussage steht, müssen die Urteilsgründe erkennen lassen, daß das Tatgericht alle Umstände, welche die Entscheidung zugunsten oder zuungunsten des Angeklagten zu beeinflussen geeignet sind, erkannt, in seine Überlegungen einbezogen (vgl. BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 1, 13; StGB § 177 Abs. 1 Beweiswürdigung 15) und auch in einer Gesamtschau gewürdigt hat (st. Rspr.; vgl. nur BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 14; BGH, Beschluss vom 12. November 1998 - 4 StR 511/98, NStZ-RR 1999, 139). Dies hat das Landgericht hier rechtsfehlerfrei getan.
18
aa) Das Landgericht hat die Aussage der Belastungszeugin F. Ö. "auf aussageimmanente Qualitätsmerkmale wie logische Konsistenz, quantitativen Detailreichtum, Schilderung ausgefallener Einzelheiten und psychischer Vorgänge, deliktsspezifische Aussageelemente, auf Konstanz und Motivation unter Berücksichtigung der Persönlichkeit" überprüft und hat dabei die Überzeugung gewonnen, dass ihre Angaben einem persönlichen Erleben entsprechen und deshalb glaubhaft sind.
19
Zur Überprüfung der Qualität der Aussage der F. Ö. hat das Landgericht deren Aussagen im Ermittlungsverfahren mit den Angaben in der Hauptverhandlung verglichen. Es hat dabei festgestellt, dass die Angaben von Anfang an detailreich und konstant gewesen waren. Zu keinem Zeitpunkt habe F. Ö. Angaben, die sie gegenüber dritten Personen oder gegenüber den Ermittlungsbehörden gemacht habe, korrigiert oder auch nur korrigieren wollen (UA S. 58). Den erkennbar fehlenden Belastungseifer von F. Ö. hat das Landgericht ebenso in die Gesamtwürdigung einbezogen wie die "rechtsmedizinische Plausibilität" der von ihr geschilderten Verletzungen und den Umstand, dass der Angeklagte F. Ö. bereits mehrfach verletzt und - unter Zeugen - auch mit Gesten bedroht hatte.
20
bb) Den bedeutsamen Umstand, dass objektive Spuren für das Würgen nicht gesichert werden konnten, hat das Landgericht eingehend erörtert. Es hat dabei berücksichtigt, dass F. Ö. angeben hatte, die durch das Würgen entstandenen Hautrötungen seien zwei Tage sichtbar gewesen. Um diese zu verbergen, habe sie ein Halstuch getragen. Die Tatsache, dass F. Ö. tatsächlich einen Schal getragen habe, hat deren Mutter als Zeugin bestätigt.
21
cc) Mit dem Umstand, dass F. Ö. auch anhand eines Kalenders den Zeitpunkt der Tatbegehung nicht genauer eingrenzen konnte als durch Angabe der Woche vom 22. bis 26. März 2010, hat das Landgericht ebenfalls eingehend erörtert (UA S. 43 ff.). Es hat dabei ebenso berücksichtigt, dass die Tage der F. Ö. als Hausfrau eintönig verlaufen waren, wie, dass die Vernehmungsbeamtin bei der Anzeigeerstattung nicht den Versuch unternommen hatte, sie zu einer näheren Festlegung zu veranlassen. Samstag und Sonntag konnte F. Ö. als Tattag ausschließen, weil ihre Kinder in der Schule gewesen seien.
22
dd) Die Möglichkeit einer Falschbelastung des Angeklagten durchF. Ö. hat das Landgericht ebenfalls erörtert und im Rahmen der Gesamtwürdigung rechtsfehlerfrei verneint. Es hat dabei nicht nur Eifersucht, sondern auch finanzielle Gründe als mögliches Falschbelastungsmotiv in den Blick genommen. Dabei hat das Landgericht auch berücksichtigt, dass F. Ö. den Angeklagten nicht nur be-, sondern auch entlastet habe, indem sie insbesondere darauf hingewiesen habe, dass der Angeklagte sie nicht habe umbringen wollen, weil er sie "doch so geliebt habe". Auch habe sie geschildert, dass der Angeklagte, "nachdem sie wieder zu sich gekommen sei, nicht mehr tätlich geworden sei, obwohl er ohne weiteres die Gelegenheit dazu gehabt hätte".
23
ee) Schließlich hat das Landgericht in die Gesamtwürdigung der für und gegen eine Tatbegehung des Angeklagten sprechenden Umstände auch einbezogen , dass der Angeklagte F. Ö. bereits im Januar 2010 geschlagen , getreten und später auch noch bedroht hatte und von F. Ö. wegen dieser Vorgänge zu Recht angezeigt worden war.
24
ff) Den Grund für den "auffälligen" (UA S. 45) Umstand, dass F. Ö. mit dem Angeklagten nach dessen "Würgeangriff" weiter in einer Wohnung zusammengelebt und ihn - weil er im Jahr 2009 seinen Führerschein verloren hatte - abends und nachts zu den Gaststätten gefahren hat, in denen der Angeklagte als Automatenaufsteller Geldspielautomaten aufgestellt hatte, hat das Landgericht ebenso wie den Grund für die späte Anzeigerstattung in ihrer Einschüchterung durch den Angeklagten gesehen (UA S. 45). Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, zumal sich die Angabe der F. Ö. , sie habe erst am 11. April 2010 den Mut gefunden, den Angeklagten anzuzei- gen, weil ihr an diesem Tag die Hilfe und Unterstützung der Familie und ihrer Freundinnen zuteil geworden sei, mit den Wahrnehmungen der Zeuginnen C. sowie F. und Ka. K. deckte (UA S. 41).
25
c) Die von der Revision behaupteten Lücken in der Beweiswürdigung liegen nicht vor.
26
aa) Den Umstand, dass F. Ö. nach der Tat und auch noch nach ihrer im unmittelbaren Anschluss an die Anzeigeerstattung am 11. April 2010 angetretenen Reise in die Türkei Angst vor dem Angeklagten hatte, hat das Landgericht gesehen (UA S. 16) und auch mit Blick auf die Frage der Glaubhaftigkeit ihrer Angaben erörtert. Es hat dabei insbesondere berücksichtigt, dass F. Ö. in den Tagen nach der Tat die Möglichkeit hatte, Zeiten der Abwesenheit des Angeklagten zum Arztbesuch auszunutzen oder um eine Strafanzeige zu erstatten. Das Landgericht hat sich dabei rechtsfehlerfrei die Überzeugung gebildet, dass das zögerliche Verhalten der Zeugin auf deren Angst vor dem Angeklagten zurückzuführen war (UA S. 45). Insbesondere angesichts der vom Landgericht in den Blick genommenen Erfahrungen der ZeuginF. Ö. nach der Strafanzeige gegen den Angeklagten wegen des Vorfalls im Januar 2010 (UA S. 46), ist diese Überzeugung rechtlich nicht zu beanstanden. Der Angeklagte hatte F. Ö. nach jener Strafanzeige bedroht und bedrängt , bis sie ihn schließlich wieder in ihre Wohnung aufnahm und den Strafantrag zurücknahm (UA S. 12).
27
bb) Das Landgericht hat auch erörtert, dass sich F. Ö. noch nach ihrer Rückkehr aus der Türkei mit dem Angeklagten traf, obwohl sie bereits Anzeige gegen ihn erstattet hatte (UA S. 15, 56). Es musste diese Treffen auch nicht als gegen die Glaubhaftigkeit der belastenden Angaben der Zeugin Ö. sprechenden Umstand werten. Denn nach den Feststellungen des Landgerichtswusste der Angeklagte bei diesen Treffen noch nicht, dass F. Ö. Anzeige gegen ihn erstattet hatte; sie hat ihn davon auch nicht unterrichtet. Dass die Initiative zu diesen Treffen von der Zeugin ausgegangen sei, hat das Landgericht nicht festgestellt. Vielmehr hat ihr das Landgericht geglaubt , dass sie keine Versuche unternommen hat, den Angeklagten wieder für sich zu gewinnen (UA S. 56). Diese - rechtsfehlerfreien - Erwägungen belegen auch, dass das Landgericht entgegen der Annahme der Revision bei der Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Angaben F. Ö. s im Blick hatte, dass diese auch nach ihrer Rückkehr aus der Türkei noch Angst vor dem Angeklagten hatte.
28
cc) Auch den Umstand, dass F. Ö. die von ihr beschriebenen und nur kurze Zeit sichtbaren (UA S. 28) Druckstellen am Hals niemandem - und damit auch nicht ihren Kindern - zeigte und im Übrigen ein Halstuch trug, hat das Landgericht ausdrücklich erörtert. Eine Aufklärungsrüge zu den Wahrnehmungen ihrer Kinder ist nicht erhoben. Mit den Angaben der Schwester der F. Ö. , sie habe keine Verletzungen am Hals ihrer Schwester gesehen, hat sich das Landgericht rechtsfehlerfrei auseinandergesetzt (UA S. 38).
Nack Rothfuß Hebenstreit Elf Jäger

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
5 StR109/15
vom
14. April 2015
in der Strafsache
gegen
wegen Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige u.a.
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. April 2015 beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Flensburg vom 8. Dezember 2014 gemäß § 349 Abs. 4 StPO
a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der Überlassung von Betäubungsmitteln zum unmittelbaren Verbrauch an Minderjährige in vier Fällen und der Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige schuldig ist, und
b) mit den zugehörigen Feststellungen im gesamten Strafausspruch aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO verworfen.

Gründe:


1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Abgabe von Betäubungsmitteln an einen Minderjährigen in vier Fällen und Überlassung von Betäubungsmitteln zum unmittelbaren Verbrauch an einen Minderjährigen unter Einbeziehung der Strafe aus einer früheren Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
2
1. Nach den Feststellungen ließ der Angeklagte an vier Tagen den im Tatzeitraum März/April 2013 15-jährigen Sohn seiner früheren Lebensgefährtin Marihuana mitrauchen, das er für den gemeinsamen Konsum in eine Pfeife bzw. einen Joint gefüllt hatte (Fälle 1 bis 4 der Urteilsgründe). Schließlich überließ er dem Jugendlichen, der an dem Betäubungsmittelkonsum inzwischen Gefallen gefunden hatte, eine Menge von 6,6 Gramm Marihuana. Davon konsumierte der Jugendliche gemeinsam mit Mitschülern am 26. April 2013, bevor das Rauschgift anschließend sichergestellt wurde (Fall 5 der Urteilsgründe).
3
2. Der Schuldspruch ist hinsichtlich der angewendeten Tatbestandsvarianten des § 29a Abs. 1 Nr. 1 BtMG rechtsfehlerhaft und dem Antrag des Generalbundesanwalts entsprechend zu ändern. Danach hat der Angeklagte sich nur im Fall 5 der Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige nach § 29a Abs. 1 Nr. 1 Fall 1 BtMG und in den ersten vier Fällen jeweils des Überlassens von Betäubungsmitteln zum unmittelbaren Gebrauch an Minderjährige nach § 29a Abs. 1 Nr. 1 Fall 3 BtMG schuldig gemacht. Eine Abgabe von Betäubungsmitteln im Sinne dieser Vorschrift bedeutet jede Gewahrsamsübertragung an eine andere Person zur freien Verfügung. An der Gewahrsamsübertragung zur freien Verfügung fehlt es aber, wenn das Betäubungsmittel, wie dies der Angeklagte getan hat, zum sofortigen Verbrauch an Ort und Stelle hingegeben wird; eine solche Fallgestaltung wird von der weiteren Tatbestandsvariante der Verbrauchsüberlassung erfasst (vgl. zur Abgrenzung BGH, Beschlüsse vom 8. Juli 1998 – 3 StR 241/98, NStZ-RR 1998, 347, und vom 5. Februar 2014 – 1 StR 693/13, NStZ 2014, 717; Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 7. Aufl., § 29a Rn. 13 f.).
4
Der Richtigstellung des Schuldspruchs steht § 265 StPO nicht entgegen.
5
3. Die Strafzumessungsentscheidungen weisen durchgreifende Rechtsfehler auf.
6
a) Das Landgericht hat bei den einzelnen Taten jeweils das Vorliegen eines minder schweren Falls im Sinne von § 29a Abs. 2 BtMG verneint und sowohl bei der Strafrahmenwahl als auch bei der konkreten Strafzumessung als strafschärfenden Umstand berücksichtigt, dass der Angeklagte als Lebensge- fährte der Mutter des Jugendlichen „zu diesem in einem betreuungsähnlichen Verhältnis stand und quasi in der Rolle eines Stiefvaters war“ (UA S. 13). Diese Bewertung steht jedoch im Widerspruch zu den Feststellungen und den weiteren Gründen des angefochtenen Urteils. Danach hat zwischen dem zur Tatzeit 25 Jahre alten Angeklagten und dem im großmütterlichen Haushalt lebenden Sohn seiner Lebensgefährtin ein „freundschaftliches Verhältnis“ (UA S. 4)be- standen. Nach Überzeugung des Landgerichts ist dem Angeklagten klar gewe- sen, dass der Jugendliche „ihn als den Älteren bewundert, auch und gerade wenn es sich eher um eine kumpelhafte Beziehung als um eine väterliche han- delt“ (UA S. 13).Hierfür hat sich das Landgericht in der Beweiswürdigung ersichtlich auch auf die Aussage der Großmutter und gesetzlichen Vertreterin des Jugendlichen gestützt. Nach deren Beschreibung des engen freundschaftlichen Verhältnisses, die in der Sache den Bekundungen des Jugendlichen selbst entspricht , seien „die beiden wie zwei Schulfreunde gewesen, wie zwei alberne Kinder“ (UA S. 11).
7
b) Bei Fall 5 hat das Landgericht zudem straferschwerend gewertet, dass es sich bei den vom Angeklagten überlassenen 6,6 Gramm Marihuana nicht mehr nur um eine geringe, sondern um eine „normale“ Menge gehandelt habe. Ungeachtet seiner bereits zweifelhaften Annahme, bezüglich des hier zu beurteilenden Cannabiskrauts gelte eine Bruttogewichtsmenge von 6 Gramm als Obergrenze einer geringen Menge, wie sie in der Rechtsprechung für Cannabisharz (Haschisch) bisweilen angenommen worden ist (vgl. BayObLG, NJW 2003, 1681; Patzak, aaO, § 29 Teil 28 Rn. 39 mwN; siehe aber auch BGH, Beschluss vom 20. Dezember 1995 – 3 StR 245/95, BGHSt 42, 1, 10 f.), hat das Landgericht damit einem – ohnehin nicht existenten (vgl. BGH, Beschluss vom 10. April 1987 – GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 349 ff.) – „Normalfall“ der Tatbestandsverwirklichung strafschärfende Wirkung beigemessen. Hierdurch hat es gegen § 46 Abs. 3 StGB verstoßen.
8
c) Der Senat kann daher nicht ausschließen, dass das Landgericht bei rechtsfehlerfreier Vorgehensweise zur Anwendung des § 29a Abs. 2 BtMG und deshalb zu milderen Einzelstrafen gelangt wäre.
9
d) Schon die Aufhebung der Einzelstrafen entzieht der Gesamtfreiheitsstrafe die Grundlage. Überdies kann der Ausspruch über die Gesamtstrafe auch deshalb nicht bestehen bleiben, weil das Landgericht bezüglich der nach § 55 Abs. 1 StGB einbezogenen Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten aus dem Urteil des Amtsgerichts Schleswig vom 2. Juli 2014 zwar das Delikt und die Tatzeit benannt, jedoch die herangezogenen wesentlichen Zumessungserwägungen nicht nachvollziehbar dargestellt hat. Das vorliegende Urteil lässt deshalb eine vollständige Überprüfung der Bildung der Gesamtfreiheitsstrafe nicht zu (vgl. BGH, Beschlüsse vom 12. Mai 2009 – 4 StR 130/09, NStZ-RR 2009, 277, und vom 8. Februar 2011 – 4 StR 658/10; Schäfer /Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 5. Aufl., Rn. 1475 mwN; Fischer, StGB, 62. Aufl., § 55 Rn. 17).
10
Schließlich hat das Landgericht bei der Gesamtstrafenbildung strafschär- fend berücksichtigt, dass der Angeklagte „im Zeitpunkt der Hauptverhandlung nunmehr zweifach (vorbestraft)“ gewesen sei (UA S. 14).Damit hat es rechtsfehlerhaft die einbezogene Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Schleswig vom 2. Juli 2014 als Vorstrafe gewertet und dabei verkannt, dass als solche nur eine Verurteilung, die vor der dem aktuellen Verfahren zugrunde liegenden Straftat erfolgt ist, in Betracht kommt.
Sander Dölp König
Berger Bellay

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 S t R 6 9 3 / 1 3
vom
5. Februar 2014
in der Strafsache
gegen
wegen gewerbsmäßiger unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln an
Minderjährige u.a.
Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. Februar 2014 gemäß
§ 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts München I vom 15. Juli 2013
a) im Schuldspruch geändert und neu gefasst: Der Angeklagte ist schuldig der unerlaubten gewerbsmäßigen Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige in 36 Fällen, des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 17 Fällen sowie der unerlaubten Verbrauchsüberlassung an Minderjährige in drei tateinheitlichen Fällen;
b) mit den Feststellungen aufgehoben (1) im Strafausspruch hinsichtlich der Einzelstrafen, soweit der Angeklagte wegen versuchter unerlaubter gewerbsmäßiger Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige in 18 Fällen verurteilt wurde, (2) im Gesamtstrafausspruch sowie (3) im Ausspruch über den Verfall. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter gewerbsmäßiger Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige in 36 Fällen sowie wegen versuchter unerlaubter gewerbsmäßiger Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige in 18 Fällen, hiervon in einem Fall in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, und in einem weiteren Fall hiervon in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln sowie wegen vorsätzlicher unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige in drei tateinheitlichen Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Ferner hat es Wertersatzverfall in Höhe von 650 Euro sowie die Einziehung mehrerer Mobiltelefone angeordnet.
2
Die gegen diese Verurteilung gerichtete Revision des Angeklagten, begründet mit der Verletzung formellen und materiellen Rechts, hat auf die Sachrüge hinsichtlich des Schuldspruchs, soweit dieser die Verurteilung wegen unerlaubter gewerbsmäßiger Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige in 18 Fällen betrifft, und der dafür festgesetzten Einzelstrafen sowie der Gesamtfreiheitsstrafe und des angeordneten Verfalls Erfolg. Im Übrigen ist sein Rechtsmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

I.


3
Der Generalbundesanwalt hat hinsichtlich der Verurteilung wegen unerlaubter gewerbsmäßiger Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige in 18 Fällen in seiner Antragsschrift vom 14. Januar 2014 u.a. zutreffend ausgeführt : „Rechtlichen Bedenkenbegegnet die Verurteilung des Angeklagten wegen versuchter unerlaubter gewerbsmäßiger Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige gemäß §§ 29a Abs. 1 Satz 1, 30 Abs. 1 Nr. 2 BtMG. Objektive Voraussetzung des Versuchs ist, dass der Täter nach Maßgabe seines Tatplans zur Tat unmittelbar ansetzt (Fischer, StGB, 61. Auflage, § 22 Rn. 9). Die Verurteilung des Angeklagten in den betroffenen Fällen beruht darauf, dass der Angeklagte in 18 Fällen Betäubungsmittel gekauft, übernommen, in seine Wohnung verbracht und dort zum gewinnbringenden Weiterverkauf aufbewahrt hat (UA S. 12-14). Damit hat der Angeklagte jedoch noch nicht unmittelbar zur Tat der Abgabe angesetzt. … Im Übrigen setzt das Tatbestandsmerkmal des Abgebens im Sinne der §§ 29a Abs. 1 Nr. 1, 30 Abs. 1 Nr. 2 BtMG eine Übertragung der eigenen tatsächlichen Verfügungsmacht an den Betäubungsmitteln auf einen Minderjährigen zu dessen eigener freier Verfügung voraus (vgl. BGHR BtMG § 29a Abs. 1 Nr. 1 Abgabe 1). Die Strafbarkeit knüpft - im Unterschied zum weiter gefassten Begriff des Handeltreibens - damit an die tatsächliche Verschaffung der Verfügungsmacht an. Vor diesem Hintergrund kann in dem bloßen Aufbewahren von Betäubungsmitteln, auch wenn es dem gewinnbringenden Weiterverkauf dient, ein unmittelbares Ansetzen zum Tatbestand der unerlaubten gewerbsmäßigen Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige nicht gesehen werden. Die Feststellungen tragen in den betroffenen Fällen jedoch eine Verurteilung wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG in 17 Fällen (Fall 3: restliche 15 Fälle soweit geringe Mengen an Betäubungsmitteln, Fälle 4 und 6), … sowie wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG (Fall 3: 2 kg Marihuana). Die in den betroffenen Fällen verhängten Einzelstrafen können nicht bestehen bleiben. Zwar ist nach den Feststellungen in den Fällen des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG von der Verwirklichung des Regelbeispiels der Gewerbsmäßigkeit gemäß § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG auszugehen. Dennoch wird der Strafzumessung ein Strafrahmen zugrunde zu legen sein, der von einem Jahr bis zu 15 Jahren reicht. Demgegenüber ist das Landgericht von dem nicht gemäß § 23 Abs. 2 StGB gemilderten Strafrahmen des §§ 29a Abs. 1 Nr. 1, 30 Abs. 1 Nr. 2 BtMG ausgegangen , der von zwei bis zu 15 Jahren reicht. … Der Schuldspruch im Fall fünf ist ebenfalls nicht rechtsfehlerfrei. Nach den Feststellungen hat der Angeklagte in seiner Wohnung einen Joint mit Tabak- Marihuana-Gemisch an drei Minderjährige zum sofortigen gemeinsamen Konsum an Ort und Stelle überlassen (UA S. 14). Der Schuldspruch lässt erkennen, dass das Landgericht insoweit nicht von einer gewerbsmäßigen Überlassung ausgegangen ist (UA S. 3). Nach den Feststellungen liegt somit keine Abgabe, sondern lediglich eine Verbrauchsüberlassung an Minderjährige im Sinne von § 29a Abs. 1 Nr. 1 BtMG vor, was auch in der Entscheidungsformel zum Ausdruck zu bringen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 04.01.2000 - 3 StR 561/99).“
4
Dem schließt sich der Senat weitgehend an. Allerdings kann dem Generalbundesanwalt insoweit nicht gefolgt werden, als dieser der Auffassung ist, es sei nur von einer einzigen Tat auszugehen, wenn ein Täter - wie hier - in einer Konsumrunde ein Betäubungsmittel an mehrere Abnehmer überlässt (so auch Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 7. Aufl., § 29 Teil 15 Rn. 158). Tatsächlich überlässt er die zum Konsum übergebenen Betäubungsmittel jedem einzelnen der Minderjährigen, welche insoweit besonders schützenswert sind. Bereits die Überlassung zum Konsum an Minderjährige ist ebenso wie die Abgabe von Betäubungsmitteln an diese Personengruppe besonders verwerflich und deshalb vom Gesetzgeber als Verbrechen in § 29a Abs. 1 Nr. 1 BtMG aufgenommen worden (vgl. BT-Drucks. 12/989 S. 30 u. 54 f.). Der durch die Überlassung ermöglichte Konsum betrifft drei Minderjährige, von denen jeder höchstpersönlich durch diese Vorschrift geschützt wird, sodass von drei Fällen auszugehen ist, welche allerdings tateinheitlich begangen sind.
5
Außerdem hatte die tateinheitliche Verurteilung wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln im Fall 4 zu entfallen, da neben der Verurteilung wegen unerlaubten Handeltreibens der Besitz dieser zum Handeltreiben beschafften Betäubungsmittel als unselbständiges Teilstück im Handeltreiben aufgeht (BGHSt 25, 290, 291).
6
§ 265 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen, da sich der Angeklagte nicht erfolgreicher hätte verteidigen können.

II.

7
Hinsichtlich der Verfallsanordnung hat der Generalbundesanwalt ausgeführt : „Die Anordnung des Wertersatzverfalls erweist sich ebenfalls als rechtsfehler- haft. Die Urteilsgründe lassen nicht erkennen, ob das Landgericht das Vorliegen eines Härtefalls gemäß § 73c StGB geprüft hat (vgl. UA S. 27). Vor dem Hintergrund, dass der Angeklagte seit dem Jahr 2006 arbeitsunfähig ist und Arbeitslosengeld II bezieht (UA S. 7), wäre dies angezeigt gewesen.“
8
Dem kann sich der Senat letztlich nicht verschließen. Wahl Rothfuß Graf Jäger Mosbacher

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt oder mit ihnen Handel treibt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat,
2.
im Falle des § 29a Abs. 1 Nr. 1 gewerbsmäßig handelt,
3.
Betäubungsmittel abgibt, einem anderen verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt und dadurch leichtfertig dessen Tod verursacht oder
4.
Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt einführt.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht.

(2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

49
Die bloße Möglichkeit, dass Einzelmengen einer Gesamtmenge entnommen sein können, genügt dabei nicht, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für eine konkrete Zuordnung bestimmter Einzelverkäufe zu einer bestimmten erworbenen Gesamtmenge fehlen. Eine lediglich willkürliche Zusammenfassung ohne ausreichende Tatsachengrundlage kommt dabei nicht in Betracht, auch der Zweifelssatz gebietet in solchen Fällen nicht die Annahme einer einheitlichen Tat (st. Rspr.; vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 23. Mai 2012 – 5 StR 12/12, NStZ 2012, 517 f. mwN; Patzak, aaO, § 29, Teil 4, Rn. 412 mwN).

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 S t R 2 5 2 / 1 4
vom
8. Januar 2015
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge u.a.
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts
am 8. Januar 2015 gemäß § 349 Abs. 2 StPO beschlossen:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Bonn vom 26. Februar 2014 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass der Angeklagte des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln in zwei Fällen, der gewerbsmäßigen Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln und mit Erwerb von Betäubungsmitteln in vier Fällen, der gewerbsmäßigen Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln, der gewerbsmäßigen Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und mit Erwerb von Betäubungsmitteln, und der gewerbsmäßigen Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und mit Verstoß gegen Weisungen der Führungsaufsicht schuldig ist; im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten schuldig gesprochen des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln in sechs Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit sechs tateinheitlich zusammentreffenden Fällen der unerlaubten Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige, in zwei Fällen jeweils in Tateinheit mit sieben tateinheitlich zusammentreffenden Fällen der unerlaubten Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige, sowie in einem Fall in Tateinheit mit neun tateinheitlich zusammentreffenden Fällen der unerlaubten Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige. Weiterhin hat es den Angeklagten schuldig gesprochen des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit neun tateinheitlich zusammentreffenden Fällen der unerlaubten Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige , in einem Fall in Tateinheit mit zehn tateinheitlich zusammentreffenden Fällen der unerlaubten Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige und in einem Fall in Tateinheit mit drei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen der unerlaubten Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige und einem Verstoß gegen die Weisung der Führungsaufsicht, keinen Kontakt zu Kindern und Jugendlichen (also Personen unter 18 Jahren) aufzunehmen. Das Landgericht hat den Angeklagten deshalb zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.
2
Die Überprüfung des Urteils im Rahmen der erhobenen Sachrüge hat keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler ergeben. Allerdings war der Schuldspruch entsprechend der Beschlussformel zu korrigieren.
3
Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen liegt in den Fällen 3 bis 9 eine gewerbsmäßige Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige vor (§ 30 Abs. 1 Nr. 2 BtMG). Diese erfasst auch das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (siehe Senat, Beschluss vom 31. Januar 2007 - 2 StR 605/06). Insoweit bilden der jeweilige Erwerb der Rauschgiftmenge und deren nachfolgende sukzessive Veräußerung auch dann eine Bewertungseinheit, wenn - wie hier - aus der Erwerbsmenge Rauschgift an Minderjährige abgegeben wird; mehrere solcher Abgaben sind dann Teil einer Tat im Rechtssinne (vgl. BGH, Urteil vom 24. Juli 1997- 4 StR 222/97, juris Rn. 10; BGH, Urteil vom 17. August 2000 - 4 StR 233/00, juris Rn. 12; Senat, Beschluss vom 17. Juni 2003 - 2 StR 94/03, juris Rn. 7; BGH, Beschluss vom 6. August 2013 - 5 StR 255/13, juris Rn. 4, 7).
4
Zum Verhältnis zwischen den einzelnen Taten der gewerbsmäßigen Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige zum Erwerb bzw. Besitz von sowie Handeltreiben mit Betäubungsmitteln hat der Generalbundesanwalt in seiner Zuschrift Folgendes ausgeführt: Dazu in Tateinheit steht das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge jedenfalls dann, wenn die zur Veräußerung bestimmte Erwerbsmenge nicht nur vorsätzlich an Minderjährige verkauft wird (vgl. dazu BGH, Urteil vom 24. Juli 1997 - 4 StR 222/97, juris Rn. 16; Senat, Beschluss vom 17. Juni 2003 - 2 StR 94/03, juris Rn. 7; BGH, Beschluss vom 8. Mai 2003 - 3 StR 123/03, juris Rn. 5; BGH, Beschluss vom 27. Juli 2010 - 4 StR 165/10, juris Rn. 4; BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2010 - 3 StR 353/10, juris Rn. 5 f.). Entsprechendes gilt für das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (in nicht geringer Menge), soweit dieses nicht durch den Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verdrängt wird. Beim Erwerb von Betäubungsmitteln sowohl zum Zweck der Veräußerung als auch zum Zweck des Eigenverbrauchs hängt die rechtliche Bewertung davon ab, welchen Wirkstoffgehalt die jeweiligen Teilmengen haben (vgl. dazu MK/Rahlf, 2. Aufl., § 29a Rn. 104 f. m.N.). Wenn nicht nur die Verkaufsmenge und die Eigenverbrauchsmenge jeweils gering sind, sondern auch die Gesamtmenge , liegt Handeltreiben in Tateinheit mit Erwerb vor. Sind die Verkaufsmenge und die Eigenverbrauchsmenge jeweils gering , die Gesamtmenge jedoch nicht gering, liegt Besitz in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben vor (vgl. BGH, Urteil vom 12. März 2002 - 3 StR 404/01, juris Rn. 3). Wenn die Verkaufsmenge nicht gering, die Eigenverbrauchsmenge jedoch gering ist, liegt Handeltreiben in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Erwerb vor. Sind sowohl die Verkaufsmenge als auch die Eigenverbrauchsmenge jeweils nicht gering, liegt Handeltreiben in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Besitz einer nicht geringen Menge vor (vgl. BGH, Beschluss vom 21. April 2005 - 3 StR 112/05, juris Rn. 4).
5
Diesen Ausführungen schließt sich der Senat an und korrigiert den Schuldspruch entsprechend.
6
Es beschwert den Angeklagten nicht, dass das Landgericht in den Fällen 3 bis 9 nicht von der Anwendbarkeit des § 30 Abs. 1 Nr. 2 BtMG ausgegangen ist. Fischer Schmitt Krehl Eschelbach Zeng

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt oder mit ihnen Handel treibt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat,
2.
im Falle des § 29a Abs. 1 Nr. 1 gewerbsmäßig handelt,
3.
Betäubungsmittel abgibt, einem anderen verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt und dadurch leichtfertig dessen Tod verursacht oder
4.
Betäubungsmittel in nicht geringer Menge unerlaubt einführt.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

5 StR 12/12

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 23. Mai 2012
in der Strafsache
gegen
wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Mai 2012

beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 11. Oktober 2011 mit den Feststellungen gemäß § 349 Abs. 4 StPO aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Jugendstrafe von drei Jahren verurteilt und gegen ihn den Verfall von Wertersatz in Hö- he eines Betrages von 22.980 € angeordnet. Die auf die allgemeine Sachrü- ge gestützte Revision des Angeklagten hat Erfolg.
2
Nach den Feststellungen des Landgerichts schlossen sich der Angeklagte , die gesondert verfolgten Y. E. , A. , G. E. , A. E. und Y. sowie weitere Personen zusammen, „um in einer Vielzahl von Fällen Heroin- und Kokaingemische zu erwerben und organisiert in wechselseitigem Zusammenwirken an Endabnehmer und weitere Zwischenhändler zu veräußern, wobei die Gewinne aufgeteilt wurden“ (UA S. 3). Der Angeklagte verkaufte als sogenannter Läufer von Anfang Januar 2011 bis zu seiner Festnahme am 5. Mai 2011 aus „einem einheitlichen Vorrat“ (UA S. 3) dreimal wöchentlich je Verkaufstag durchschnittlich 50 Szeneku- geln Heroin und Kokain zu je 10 €. Die Verkaufserlöse in Höhe von insgesamt 24.000 € leitete er jeweils an den gesondert verfolgten Y. weiter und erhielt als Lohn hierfür von einem anderen Mitglied der Gruppierung jeweils 50 bis 60 €. Die insgesamt im Tatzeitraum vorgenommenen Drogengeschäf- te des Angeklagten wertete die Jugendkammer als eine Tat. Ausgehend von einem Verkaufserlös von 24.000 € hat das Landgericht einen Abzug „des bereits einbehaltenen Geldes von 650 und 370 €“ (UA S. 6)vorgenommen und den tenorierten Betrag von 22.980 € errechnet.
3
1. Der Schuldspruch hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
4
a) Die Feststellungen der Jugendkammer rechtfertigen nicht die Zusammenfassung der einzelnen Verkäufe des Angeklagten zu einer einheitlichen Tat. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bilden mehrere Fälle des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln nur dann eine einheitliche Tat, wenn sie ein und denselben Güterumsatz betreffen (BGH, Urteil vom 26. Februar 1997 – 3 StR 586/96, BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 12; BGH, Beschlüsse vom 7. Januar 1981 – 2StR 618/80, BGHSt 30, 28, und vom 11. Januar 2012 – 5 StR 445/11, NStZ-RR 2012, 121). Vorliegend bleibt jedoch offen, inwieweit die den einzelnen Verkäufen jeweils zugrunde liegenden Betäubungsmittel aus einem einheitlichen, zuvor erworbenen, Vorrat herrühren. Die im Urteil floskelhaft gewählte Formulierung, die Betäubungsmittel stammten „aus einem einheitlichen Vorrat“ (UA S. 3) wird vom Landgericht weder im Einzelnen näher kon- kretisiert noch von Tatsachen gestützt.
5
Eine eingehende Erörterung hätte sich für die Jugendkammer bereits deshalb aufdrängen müssen, weil nicht nur die Anklage und der Eröffnungsbeschluss von mehreren Heroinlieferungen an die Gruppierung ausgingen, sondern auch die Jugendkammer an anderer Stelle festgestellt hat, dass anlässlich der Festnahmen des Angeklagten und der weiteren Bandenmitglieder an mehreren Stellen Rauschgift sichergestellt wurde. Zudem bestanden ausweislich der Urteilsgründe deutliche Unterschiede in den Wirkstoffmengen zwischen dem am 14. März 2011 und dem am 5. Mai 2011 sichergestell- ten Heroin und Kokain sowie zwischen den weiteren sichergestellten Heroinkugeln (UA S. 5).
6
Nicht einmal der Zweifelsgrundsatz gebietet es, eine einheitliche Tat im Sinne der Bewertungseinheit anzunehmen, wenn sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass mehrere Fälle des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln ein und dieselbe Rauschgiftmenge betreffen (BGH, Urteil vom 23. März 1995 – 4 StR 746/94, NJW 1995, 2300; BGH, Beschluss vom 7. August 1996 – 3 StR 69/96; BGH, Urteile vom 26. Februar 1997 – 3 StR 586/96, NStZ 1997, 137 und 344, und vom 16. November 2005 – 2 StR 296/05, NStZ-RR 2006, 55). Die mit der Zusammenfassung der ein- zelnen Taten verbundene Addition der Betäubungsmittelmengen kann den Angeklagten gerade durch das Erreichen der nicht geringen Menge in den Verbrechenstatbeständen des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG und – sofern eine bandenmäßige Tatbegehung vorliegt – des § 30a Abs. 1 BtMG beschweren (vgl. Rissing-van Saan in LK, 12. Aufl., Vor § 52 Rn. 44).
7
Das neue Tatgericht wird bei der Prüfung, ob die einzelnen Drogengeschäfte zu einer oder mehreren Bewertungseinheiten zusammenzufassen sind, zu prüfen haben, inwieweit die Betäubungsmittel aus einer oder mehreren Erwerbsmengen stammen. Dabei wird es zu beachten haben, dass auch die Wirkstoffmengen der umgesetzten Drogen neu zu bestimmen sind und ob – sollte es mehrere Taten feststellen können – jeweils die nicht geringe Menge der verfahrensgegenständlichen Drogen überschritten und deshalb der Tatbestand des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG und – sofern eine bandenmäßige Tatbegehung vorliegt – des § 30a Abs. 1 BtMG anzuwenden ist. Auch sind die bisherigen Angaben zum Mengenverhältnis der von dem Angeklagten verkauften Heroin- und Kokainkugeln in den Urteilsgründen widersprüchlich. Während die Jugendkammer in der Beweiswürdigung, ausgehend von beschlagnahmten 80 Kugeln Heroin und 17 Kugel Kokain, das Verhältnis dieser Drogen mit 4:1 zueinander bestimmt (entspräche angesichts der umgesetzten Gesamtmenge von 2.400 Kugeln: 1.920 Kugeln Heroin und 480 Kugeln Kokain), legt sie den Feststellungen ein Verhältnis von 7:1 (2.100 Kugeln Heroin und 300 Kugeln Kokain) zugrunde.
8
b) Ebenso können die Feststellungen zur bandenmäßigen Begehungsweise nicht bestehen bleiben, denn sie erschöpfen sich in einer formelhaften Wiedergabe der Bandenvereinbarung und werden nicht näher mit konkreten Tatsachen belegt. Angesichts des Umstandes, dass der Angeklag- te als weisungsgebundener „Läufer“ von dem anderweitig verfolgten Y. die Drogen in kleinen Mengen erhielt und an diesen auch den Erlös abzugeben hatte, dafür von einem anderen Mitglied einen Tageslohn erhielt, erschließt sich nicht, inwieweit der Angeklagte verbindlich in die Bande eingegliedert und am Gewinn beteiligt werden sollte. Feststellungen hierzu wären vom neuen Tatgericht nachzuholen.
9
2. Der Ausspruch über den Wertersatzverfall kann ebenfalls keinen Bestand haben.
10
Die Anordnung des Verfalls begegnet angesichts der vollständigen Weiterleitung der Verkaufserlöse an ein Mitglied der Gruppierung sogar ohne Nachweis eines Anteils des Angeklagten am Gruppenerlös durchgreifenden Bedenken (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Oktober 2009 – 5 StR 242/09, BGHR StGB § 73 Erlangtes 9; BGH, Urteil vom 27. Oktober 2011 – 5 StR 14/11, NJW 2012, 92). Das Landgericht hätte zudem prüfen müssen, ob eine Verfallsanordnung in dieser Höhe für den Angeklagten eine unbillige Härte im Sinne des § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB bedeuten würde oder ob ge- mäß § 73c Abs. 1 Satz 2, 1. Alt. StGB von einem Verfall wenigstens teilweise abgesehen werden soll (BGH, Beschluss vom 10. Januar 2008 – 5 StR 365/07, NStZ 2008, 565, 566).
Basdorf Schaal Schneider König Bellay
49
Die bloße Möglichkeit, dass Einzelmengen einer Gesamtmenge entnommen sein können, genügt dabei nicht, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für eine konkrete Zuordnung bestimmter Einzelverkäufe zu einer bestimmten erworbenen Gesamtmenge fehlen. Eine lediglich willkürliche Zusammenfassung ohne ausreichende Tatsachengrundlage kommt dabei nicht in Betracht, auch der Zweifelssatz gebietet in solchen Fällen nicht die Annahme einer einheitlichen Tat (st. Rspr.; vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 23. Mai 2012 – 5 StR 12/12, NStZ 2012, 517 f. mwN; Patzak, aaO, § 29, Teil 4, Rn. 412 mwN).
5 StR 12/12

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
vom 23. Mai 2012
in der Strafsache
gegen
wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht
geringer Menge
Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 23. Mai 2012

beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 11. Oktober 2011 mit den Feststellungen gemäß § 349 Abs. 4 StPO aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
G r ü n d e
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Jugendstrafe von drei Jahren verurteilt und gegen ihn den Verfall von Wertersatz in Hö- he eines Betrages von 22.980 € angeordnet. Die auf die allgemeine Sachrü- ge gestützte Revision des Angeklagten hat Erfolg.
2
Nach den Feststellungen des Landgerichts schlossen sich der Angeklagte , die gesondert verfolgten Y. E. , A. , G. E. , A. E. und Y. sowie weitere Personen zusammen, „um in einer Vielzahl von Fällen Heroin- und Kokaingemische zu erwerben und organisiert in wechselseitigem Zusammenwirken an Endabnehmer und weitere Zwischenhändler zu veräußern, wobei die Gewinne aufgeteilt wurden“ (UA S. 3). Der Angeklagte verkaufte als sogenannter Läufer von Anfang Januar 2011 bis zu seiner Festnahme am 5. Mai 2011 aus „einem einheitlichen Vorrat“ (UA S. 3) dreimal wöchentlich je Verkaufstag durchschnittlich 50 Szeneku- geln Heroin und Kokain zu je 10 €. Die Verkaufserlöse in Höhe von insgesamt 24.000 € leitete er jeweils an den gesondert verfolgten Y. weiter und erhielt als Lohn hierfür von einem anderen Mitglied der Gruppierung jeweils 50 bis 60 €. Die insgesamt im Tatzeitraum vorgenommenen Drogengeschäf- te des Angeklagten wertete die Jugendkammer als eine Tat. Ausgehend von einem Verkaufserlös von 24.000 € hat das Landgericht einen Abzug „des bereits einbehaltenen Geldes von 650 und 370 €“ (UA S. 6)vorgenommen und den tenorierten Betrag von 22.980 € errechnet.
3
1. Der Schuldspruch hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
4
a) Die Feststellungen der Jugendkammer rechtfertigen nicht die Zusammenfassung der einzelnen Verkäufe des Angeklagten zu einer einheitlichen Tat. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bilden mehrere Fälle des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln nur dann eine einheitliche Tat, wenn sie ein und denselben Güterumsatz betreffen (BGH, Urteil vom 26. Februar 1997 – 3 StR 586/96, BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 12; BGH, Beschlüsse vom 7. Januar 1981 – 2StR 618/80, BGHSt 30, 28, und vom 11. Januar 2012 – 5 StR 445/11, NStZ-RR 2012, 121). Vorliegend bleibt jedoch offen, inwieweit die den einzelnen Verkäufen jeweils zugrunde liegenden Betäubungsmittel aus einem einheitlichen, zuvor erworbenen, Vorrat herrühren. Die im Urteil floskelhaft gewählte Formulierung, die Betäubungsmittel stammten „aus einem einheitlichen Vorrat“ (UA S. 3) wird vom Landgericht weder im Einzelnen näher kon- kretisiert noch von Tatsachen gestützt.
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Eine eingehende Erörterung hätte sich für die Jugendkammer bereits deshalb aufdrängen müssen, weil nicht nur die Anklage und der Eröffnungsbeschluss von mehreren Heroinlieferungen an die Gruppierung ausgingen, sondern auch die Jugendkammer an anderer Stelle festgestellt hat, dass anlässlich der Festnahmen des Angeklagten und der weiteren Bandenmitglieder an mehreren Stellen Rauschgift sichergestellt wurde. Zudem bestanden ausweislich der Urteilsgründe deutliche Unterschiede in den Wirkstoffmengen zwischen dem am 14. März 2011 und dem am 5. Mai 2011 sichergestell- ten Heroin und Kokain sowie zwischen den weiteren sichergestellten Heroinkugeln (UA S. 5).
6
Nicht einmal der Zweifelsgrundsatz gebietet es, eine einheitliche Tat im Sinne der Bewertungseinheit anzunehmen, wenn sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass mehrere Fälle des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln ein und dieselbe Rauschgiftmenge betreffen (BGH, Urteil vom 23. März 1995 – 4 StR 746/94, NJW 1995, 2300; BGH, Beschluss vom 7. August 1996 – 3 StR 69/96; BGH, Urteile vom 26. Februar 1997 – 3 StR 586/96, NStZ 1997, 137 und 344, und vom 16. November 2005 – 2 StR 296/05, NStZ-RR 2006, 55). Die mit der Zusammenfassung der ein- zelnen Taten verbundene Addition der Betäubungsmittelmengen kann den Angeklagten gerade durch das Erreichen der nicht geringen Menge in den Verbrechenstatbeständen des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG und – sofern eine bandenmäßige Tatbegehung vorliegt – des § 30a Abs. 1 BtMG beschweren (vgl. Rissing-van Saan in LK, 12. Aufl., Vor § 52 Rn. 44).
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Das neue Tatgericht wird bei der Prüfung, ob die einzelnen Drogengeschäfte zu einer oder mehreren Bewertungseinheiten zusammenzufassen sind, zu prüfen haben, inwieweit die Betäubungsmittel aus einer oder mehreren Erwerbsmengen stammen. Dabei wird es zu beachten haben, dass auch die Wirkstoffmengen der umgesetzten Drogen neu zu bestimmen sind und ob – sollte es mehrere Taten feststellen können – jeweils die nicht geringe Menge der verfahrensgegenständlichen Drogen überschritten und deshalb der Tatbestand des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG und – sofern eine bandenmäßige Tatbegehung vorliegt – des § 30a Abs. 1 BtMG anzuwenden ist. Auch sind die bisherigen Angaben zum Mengenverhältnis der von dem Angeklagten verkauften Heroin- und Kokainkugeln in den Urteilsgründen widersprüchlich. Während die Jugendkammer in der Beweiswürdigung, ausgehend von beschlagnahmten 80 Kugeln Heroin und 17 Kugel Kokain, das Verhältnis dieser Drogen mit 4:1 zueinander bestimmt (entspräche angesichts der umgesetzten Gesamtmenge von 2.400 Kugeln: 1.920 Kugeln Heroin und 480 Kugeln Kokain), legt sie den Feststellungen ein Verhältnis von 7:1 (2.100 Kugeln Heroin und 300 Kugeln Kokain) zugrunde.
8
b) Ebenso können die Feststellungen zur bandenmäßigen Begehungsweise nicht bestehen bleiben, denn sie erschöpfen sich in einer formelhaften Wiedergabe der Bandenvereinbarung und werden nicht näher mit konkreten Tatsachen belegt. Angesichts des Umstandes, dass der Angeklag- te als weisungsgebundener „Läufer“ von dem anderweitig verfolgten Y. die Drogen in kleinen Mengen erhielt und an diesen auch den Erlös abzugeben hatte, dafür von einem anderen Mitglied einen Tageslohn erhielt, erschließt sich nicht, inwieweit der Angeklagte verbindlich in die Bande eingegliedert und am Gewinn beteiligt werden sollte. Feststellungen hierzu wären vom neuen Tatgericht nachzuholen.
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2. Der Ausspruch über den Wertersatzverfall kann ebenfalls keinen Bestand haben.
10
Die Anordnung des Verfalls begegnet angesichts der vollständigen Weiterleitung der Verkaufserlöse an ein Mitglied der Gruppierung sogar ohne Nachweis eines Anteils des Angeklagten am Gruppenerlös durchgreifenden Bedenken (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Oktober 2009 – 5 StR 242/09, BGHR StGB § 73 Erlangtes 9; BGH, Urteil vom 27. Oktober 2011 – 5 StR 14/11, NJW 2012, 92). Das Landgericht hätte zudem prüfen müssen, ob eine Verfallsanordnung in dieser Höhe für den Angeklagten eine unbillige Härte im Sinne des § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB bedeuten würde oder ob ge- mäß § 73c Abs. 1 Satz 2, 1. Alt. StGB von einem Verfall wenigstens teilweise abgesehen werden soll (BGH, Beschluss vom 10. Januar 2008 – 5 StR 365/07, NStZ 2008, 565, 566).
Basdorf Schaal Schneider König Bellay

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 39/16
vom
25. Februar 2016
in der Strafsache
gegen
wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
ECLI:DE:BGH:2016:250216B2STR39.16.0

Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts , zu 3. auf dessen Antrag, und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 25. Februar 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bonn vom 9. Oktober 2015
a) im Schuldspruch dahin neu gefasst, dass der Angeklagte des bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist,
b) im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten nach einer Verfahrensbeschrän1 kung wegen „unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht gerin- ger Menge, wobei er sonstige Gegenstände mit sich führte, die ihrer Art nach
zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind,“ zu einer Freiheits- strafe von zwei Jahren verurteilt. Gegen dieses Urteil richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten, bei der die Nichtanordnung einer Unterbringung in einer Entziehungsanstalt vom Rechtsmittelangriff ausgenommen wurde. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg.

I.

Nach den Feststellungen des Landgerichts versuchte der Angeklagte
2
am 21. November 2014 eine Teilmenge von 200 g aus einem im Übrigen für den Eigenkonsum bestimmten Vorrat von 385,15 g Amphetamingemisch mit einem Gesamtwirkstoffgehalt von 49,1 g Amphetaminbase an einen unbekannten Abnehmer zu verkaufen. Dabei führte er zwei Dolche, ein Jagdmesser, ein Bajonett und eine Machete sowie einen nicht funktionstüchtigen Revolver mit sich, die er an eine andere Person verkaufen wollte. Bei der Strafzumessung ist das Landgericht vom Vorliegen eines min3 der schweren Falls im Sinne von § 30a Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 BtMG ausgegangen. Dabei und bei der Strafzumessung im engeren Sinne hat es zulasten des Angeklagten gewertet, dass sich das Handeltreiben auf Amphetamin be- zog, welches „rund das 2,5-fache der nicht geringen Menge“ umfasste. Ferner hat es ihm angelastet, dass „er während des laufenden Verfahrens weiter – wenn auch reduziert – Betäubungsmittel konsumiert hat.“

II.

1. Die Revision des Angeklagten ist unbegründet, soweit sie sich gegen
4
den Schuldspruch richtet. Dieser ist zur Klarstellung neu zu fassen (vgl. BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2010 – 3 StR 353/10). 2. Die Strafzumessungsentscheidung des Landgerichts begegnet
5
durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
a) Eine geringe Überschreitung der Untergrenze zur nicht geringen
6
Menge ist ein Strafmilderungsgrund (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Juli 2012 – 2 StR166/12, BGHR BtMG § 29 Strafzumessung 39). Das Zweieinhalbfache der nicht geringen Menge an Betäubungsmitteln ist auch noch derart gering, dass dies jedenfalls nicht als bestimmender Strafschärfungsgrund gewertet werden kann.
b) Die weitere Bemerkung des Landgerichts, dass auch die Fortsetzung
7
des Betäubungsmittelkonsums als Strafschärfungsgrund bewertet wurde, ist ebenfalls rechtsfehlerhaft. Nach den Feststellungen „raucht der Angeklagte gelegentlich Joints und konsumierte jedenfalls zweimal Amphetamin“, seit er aus der Untersuchungshaft wegen der vorliegenden Tat entlassen wurde. Um den Marihuanakonsum zu vermeiden, nimmt er zudem Beruhigungsmittel. Bei dieser Sachlage ist der für sich genommen straflose Eigenkonsum von (zuletzt nur noch weichen) Drogen als Nachtatverhalten kein bestimmender Strafschär- fungsgrund. Die Urteilsgründe lassen auch nicht erkennen, aus welchem strafzumessungsrechtlichen Gesichtspunkt – der Schuld (§ 46 Abs. 1 Satz 1), der Spezialprävention (§ 46 Abs. 1 Satz 2 StGB) oder der Generalprävention – das Landgericht diesen Aspekt hervorgehoben hat. Fischer Appl Eschelbach Ott Zeng

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 166/12
vom
24. Juli 2012
in der Strafsache
gegen
wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in
nicht geringer Menge
Der 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Generalbundesanwalts
und des Beschwerdeführers am 24. Juli 2012 gemäß § 349
Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Trier vom 2. Februar 2012 im Ausspruch über die Einzelfreiheitsstrafe im Fall II. 2 der Urteilsgründe und im Gesamtstrafenausspruch aufgehoben; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels , an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:

1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Gegen die Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Beanstandung der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat auf die Sachrüge den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
2
Der Ausspruch über die im Fall II. 2 der Urteilsgründe verhängte Einzelfreiheitsstrafe von zwei Jahren hat keinen Bestand. Das Landgericht hat das Vorliegen eines minder schweren Falles im Sinne von § 29a Abs. 2 BtMG rechtsfehlerhaft verneint. Die Strafkammer hat bei der Strafrahmenwahl eine Reihe strafmildernder Zumessungsgesichtspunkte aufgezählt: So war der Angeklagte geständig und nicht vorbestraft. Außerdem konnte ein erheblicher Teil des vom Angeklagten gelieferten Amphetamins (379 Gramm von insgesamt 500 Gramm) sichergestellt werden. Als strafschärfend hat das Landgericht lediglich angeführt, dass im Fall II. 2 "das 1,8-fache der nicht geringen Menge gegeben" sei und es "deshalb" beim Regelstrafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG verbleibe (UA S. 12).
3
Damit hat das Landgericht rechtsfehlerhaft das Handeltreiben mit einer Betäubungsmittelmenge, welche die Grenzmenge des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG nur unwesentlich überschreitet, straferschwerend bewertet. Tatsächlich stellt das Handeltreiben mit einer noch im näheren Grenzbereich liegenden Betäubungsmittelmenge indes einen Umstand dar, der eher für die Annahme eines minder schweren Falls sprechen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 3. April 2000 - 5 StR 87/00, StV 2000, 620; Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, BtMG 7. Aufl., § 29a Rn. 122). Das Landgericht hat neben den strafmildernden Gesichtspunkten nichts angeführt, was in diesem Fall zu Lasten des Angeklagten wirkt und dazu führen könnte, das Vorliegen eines minder schweren Falles abzulehnen. Der Senat kann daher nicht ausschließen, dass das Landgericht bei rechtsfehlerfreier Vorgehensweise zur Anwendung des § 29a Abs. 2 BtMG und deshalb zu einer milderen Einzelstrafe gelangt wäre.
4
Die Aufhebung der Einzelstrafe entzieht der Gesamtfreiheitsstrafe die Grundlage; diese kann daher ebenfalls nicht bestehen bleiben.
5
Die Feststellungen werden von dem aufgezeigten Wertungsfehler nicht berührt; sie können deshalb aufrechterhalten bleiben. Das neue Tatgericht ist nicht gehindert, ergänzende Feststellungen zu treffen, die den bisherigen nicht widersprechen.
Becker Fischer Schmitt Berger RiBGH Dr. Eschelbach befindet sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben.
Becker

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.

(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer

1.
als Person über 21 JahreBetäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs. 1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder
2.
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 erlangt zu haben.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

(1) Ist eine rechtswidrige Tat begangen worden, so ordnet das Gericht die Einziehung von Gegenständen des Täters oder Teilnehmers auch dann an, wenn diese Gegenstände durch andere rechtswidrige Taten oder für sie erlangt worden sind.

(2) Hat sich der Täter oder Teilnehmer vor der Anordnung der Einziehung nach Absatz 1 an einer anderen rechtswidrigen Tat beteiligt und ist erneut über die Einziehung seiner Gegenstände zu entscheiden, berücksichtigt das Gericht hierbei die bereits ergangene Anordnung.

Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Absatz 3 oder nach § 73b Absatz 3 abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Eine solche Anordnung trifft das Gericht auch neben der Einziehung eines Gegenstandes, soweit dessen Wert hinter dem Wert des zunächst Erlangten zurückbleibt.

Hat eine Person den Hang, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen, und wird sie wegen einer rechtswidrigen Tat, die sie im Rausch begangen hat oder die auf ihren Hang zurückgeht, verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil ihre Schuldunfähigkeit erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so soll das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt anordnen, wenn die Gefahr besteht, dass sie infolge ihres Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird. Die Anordnung ergeht nur, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, die Person durch die Behandlung in einer Entziehungsanstalt innerhalb der Frist nach § 67d Absatz 1 Satz 1 oder 3 zu heilen oder über eine erhebliche Zeit vor dem Rückfall in den Hang zu bewahren und von der Begehung erheblicher rechtswidriger Taten abzuhalten, die auf ihren Hang zurückgehen.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.